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Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 88

NACH REDAKTIONSSCHLUSS
  4 Mitgliedsbeiträge und Bezugskosten von "Sterne und Weltraum" (Pilz Uwe)
  4 Hinweise zur Beitragsrechnung für das Kalenderjahr 2024 (Klug Andreas)

IMPRESSION
  4 Venus am Morgenhimmel (Reitz Gerhard)

NACH REDAKTIONSSCHLUSS
  5 Der Charme einer Sternbedeckung (Bredner Ebernard H. R.)

SPT/SUPERNOVAE
  6 Unser Schwerpunktthema: Supernovae (Riepe Peter, Bannuscher Dietmar)
  6 Ein ganz besonderes Ereignis: Supernova (Bannuscher Dietmar, Wenzel Klaus)
  10 Die Supernova SN 2023ixf in M 101 (Bannuscher Dietmar, Wenzel Klaus)
  13 Spektroskopie der Supernova SN 2023ixf in Messier 101 (König Michael)
  18 Die seltsame Lichtkurve der Supernova SN 2022xxf in NGC 3705 (Wenzel Klaus)
  22 Die Supernova SN 2023ixf in der Galaxie M 101 (Riepe Peter, Bannuscher Dietmar)

AMATEURTELESKOPE/SELBSTBAU
  30 Sol'Ex, der Spektroheliograph für jedermann (Mauer Sabine)
  33 Das StarSense Explorer von Celestron - Platesolving mit dem Handy (Gährken Bernd)

ASTROFOTOGRAFIE
  36 50 mm, unmodifiziert und dennoch … (Herzog Karl)
  37 Einfache Himmelsaufnahmen mit dem Smartphone (Behler Jürgen)
  39 NGC 6951 im Cepheus, eine Galaxie hinter Staub (Binnewies Stefan)
  41 Der Nordamerikanebel und sein anregender Stern (Unger Frank, Riepe Peter)
  ATMOSPHäRISCHE ERSCHEINUNGEN
  43 Die Polarlichter des ersten Halbjahres 2023 (Theusner Michael)

ASTRONOMISCHE VEREINIGUNGEN
  47 Süddeutsches Sternwarten-Treffen in Traunstein 2023 (Mirwald Benjamin, Steinmüller Harald, Gallus Astrid, Hilger Tom)
  49 Workshop: Astronomie für blinde und sehbehinderte Menschen - die Unendlichkeit erfahrbar machen (Otte Birgit, Grünzinger Eberhard, Vorbrugg Harald)
  ASTROPHYSIK & ALGORITHMEN
  52 Warum ist der Ring des Saturn so dünn? (Jahns Helmut)
  54 Erscheinungen auf dem Mond selbst vorhersagen - Beispiel Hesiodusstrahl (Teil 2) (Pilz Uwe)

DARK SKY
  55 Messung der Himmelshelligkeit für den Erhalt der Biodiversität (Hänel Andreas)

DEEP SKY
  57 Skyguide 2023 - 4 (Winter) (Zebahl Robert, Merting Rene)

GESCHICHTE
  59 Keine babylonische Schaltregel auf der Himmelsscheibe von Nebra? (Filling Holger)
  62 17. Tagung der Fachgruppe Geschichte der Astronomie in Freiburg (Steinicke Wolfgang)

KLEINE PLANETEN
  66 Kosmische Begegnungen (Hohmann Klaus, Ries Wolfgang)
  70 Zwergplanet (1) Ceres (Bodenmüller Wolfgang)

KOMETEN
  75 Begegnung zwischen C/2021 A1 (Leonard) und Messier 3 (Sawo Mathias)
  76 Bedeutende Kometen des 2. Quartals 2023 (Pilz Uwe)

MOND
  77 Der Erdtrabant mit neuen Aspekten (Riepe Peter)

RADIOASTRONOMIE
  81 Neues aus der Fachgruppe Radioastronomie (Juli 2023) (Theede Frank)
  81 Aufbau und Merkmale von leistungsfähigen Parabolantennensystemen (Freina Thomas)
  84 Radioastronomie-Fachgruppentreffen 2023 in Nürnberg (Woyth Beatrix, Freina Thomas)

SONNE
  86 Meine Erfahrungen beim Zeichnen der Sonne (Leich Jens)

STERNBEDECKUNGEN
  89 Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 1. Quartal 2024 (Riedel Eberhard)

VDS-NACHRICHTEN
  93 Das Fachgruppentreffen der VdS im Juni 2023 (Gallus Astrid)
  94 Wir begrüßen neue Mitglieder (VdS-Geschäftsstelle)
  95 VdS-Tagung und Mitgliederversammlung 2023 in Bremen (Gallus Astrid)

BEOBACHTERFORUM
  101 Nachweis von Eigenbewegungen von Fixsternen (Craanen Michael)

IMPRESSION
  101 Mond bei Venus (Melchert Sven)

BEOBACHTERFORUM
  102 Pleiten, Pech und Pannen, ein Nachtrag - drei (fast) missglückte Beobachtungserlebnisse (Behler Jürgen)
  104 Die ISS vor der Sonne am 22.06.2023 (Petzl Uwe)
  105 Neue Astroaufnahmen (Riepe Peter)

Textinhalt des Journals 88

Der Textinhalt dient zum Durchsuchen, zum Ausschneiden vorn Text und für internetgestützte Übersetzungs-Software. Der Text ist nicht formatiert, Bildunterschriften sind irgendwo im Text eingefügt.
Nach seiten suchen: str-f, dann für gerade Seitennummer z.B. 24 | , für ungerade | 79
Zum Lesen ist das Journal als pdf vorgesehen.



Nach Redaktionsschluss

Mitgliedsbeiträge und Bezugskosten von ,,Sterne und Weltraum"
von Uwe Pilz, VdS-Vorsitzender

Die Mitgliedsbeiträge für 2024 bleiben auf Beschluss der Mitgliederversammlung vom 18. November 2023 unverändert. Mitglieder, die jünger als 30 Jahre sind, können weiterhin die Möglichkeit einer kostenlosen Mitgliedschaft nutzen, in der das ,,VdS-Journal für Astronomie" aber nur als PDF-Datei enthalten ist. Alle anderen Mitglieder erhalten unsere Vereinszeitschrift wie gehabt als gedrucktes Heft. Die einmalige Aufnahmegebühr entfällt auf Beschluss des Vorstandes vom 5. Februar 2022.

Die Mitgliedsbeiträge für 2023 betragen:

Normalbeitrag Inland und EU:

40,00

Normalbeitrag außerhalb der EU: 45,00

Ermäßigter Beitrag Inland und EU: 25,00

Ermäßigter Beitrag außerhalb der EU: 30,00

VdS-Mitglieder können die monatlich erscheinende Zeitschrift ,,Sterne und Weltraum" zu deutlich ermäßigten Bezugs-

kosten über die VdS abonnieren. Ab der Ausgabe 05/2023 wurden die Preise vom Spektrum Verlag wie folgt mitgeteilt:

Abo Inland:

105,60 für VdS-Mitglieder: 79,20

Abo Inland ermäßigt: 82,10 für VdS-Mitglieder: 69,60

Abo Ausland:

116,40 für VdS-Mitglieder: 90,00

Abo Ausland ermäßigt: 92,90 für VdS-Mitglieder: 80,40

Impression
Venus am Morgenhimmel
Aufgenommen am 26. September 2023 um 5:30 Uhr von Gerhard Reitz. Verwendet wurde ein Smartphone Google Pixel 7 im Astromodus auf einem Stativ; Belichtungszeit: ca. zwei Minuten.

Hinweise zur Beitragsrechnung
für das Kalenderjahr 2024
von Dr. Andreas Klug, VdS-Vorstand
Dieser Ausgabe des Journals ist wieder eine Beitragsrechnung beigefügt. Der Versand des Journals erfolgte in einer Fensterversandtasche, dabei diente das Adressfeld auf der Beitragsrechnung gleichzeitig dem Versand. Wer diese Hinweise liest, hat auch eine Beitragsrechnung erhalten.
Bitte gleichen Sie den Betrag der Beitragsrechnung möglichst umgehend aus, idealerweise indem Sie uns eine Lastschriftvollmacht erteilen. Soweit eine Lastschriftvollmacht vorliegt, ist dies auf der Rechnung vermerkt. Sollten Sie tatsächlich noch zu den Selbstzahlern gehören, geben Sie bei Ihrer Zahlung bitte unbedingt Ihre Mitgliedsnummer an.
Bei SEPA-Überweisungen sind folgende Angaben notwendig: Sparkasse Starkenburg, IBAN = DE79 5095 1469 0000 0117 45 BIC/SWIFT-Code = HELADEF1HEP
Sollen die Beiträge ab 2024 eingezogen werden, kann das Lastschriftverfahren vereinbart werden. Setzen Sie sich in diesem Fall bitte mit der Geschäftsstelle in Verbindung bzw. nutzen Sie den Anhang zur Beitragsrechnung. Lastschrifteneinzüge werden dann schon für das Beitragsjahr 2024 ausgeführt. Die große Mehrheit der Sternfreunde vertraut uns und hat uns eine Einzugsermächtigung erteilt - bitte schließen Sie sich denen an, das macht uns die Arbeit in der Geschäftsstelle erheblich einfacher - danke! Um die Beiträge in der Steuererklärung geltend zu machen, bedarf es keiner gesonderten Zuwendungsbestätigung. Bis zu einem Betrag (Beitrag/Spende) von nicht mehr als 300,00 reicht der Zahlungsnachweis in Verbindung mit der auf der Beitragsrechnung abgedruckten Bestätigung. Bei Fragen im Zusammenhang mit der Beitragszahlung können Sie sich per E-Mail unter schatzmeister@sternfreunde.de direkt an mich wenden. Bitte geben Sie dabei eine Telefonnummer an, da sich viele Fragen telefonisch schneller klären lassen.

4 | Journal für Astronomie Nr. 88

Nach Redaktionsschluss

Der Charme einer Sternbedeckung
von Eberhard H. R. Bredner

Wenn Sie diese Zeilen lesen, ist eines der spektakulärsten Ereignisse des vergangenen Jahres schon historisch, das ,,Once in a lifetime-Event" vom 12. Dezember, als der Kleinplanet (319) Leona den Hauptstern im Orion, Beteigeuze, bedeckt hat. Eine Vielzahl von Amateurastronomen war zur Beobachtung aufgerufen worden, war doch diese Bedeckung natürlich viel seltener als eine totale Sonnenfinsternis.

Etwas nachvollziehen können wir die Begeisterung bei einem ähnlichen Ereignis, wenn nämlich 42 Librae am frühen Morgen des 4. Februar - also in den nächsten Tagen - durch den Mond bedeckt wird (Abb. 1).

Der Eintritt am hellen Rand wird durch den abnehmenden, zu 38% beleuchteten Mond herausfordernd, aber der Austritt lässt sich mit kleinen Fernrohren oder vielleicht bei klarem Wetter auch mit einem Fernglas beobachten.

Allerdings: Keine Rose ohne Dornen. Der Mond steht horizontnah in südöstlicher Richtung, das erfordert schon am Tage eine umsichtige Planung. Es lohnt sich aber.

Man sollte dann die Nacht für die Beobachtung unterbrechen und später euphorisch wieder ins warme Bett zurückkehren. Es ist auf jeden Fall ein ästhetisch sehr beeindruckender Vorgang in der Welt um uns herum. Wir wünschen uns einen klaren Himmel.

Einmal von diesen Ereignissen eingenommen, können Sie sich natürlich weitere ähnliche Beobachtungen vornehmen. Im Himmelskalender des VdS-Journals für Astronomie werden diese besonderen totalen Bedeckungen in monatlichen Übersichten herausgestellt. Viel Erfolg!

Nachfragen jederzeit an die Fachgruppe Sternbedeckungen. Und vielleicht schreiben Sie uns von Ihren Erlebnissen einen kurzen Bericht.

1 Bedeckung des 4,95 mag hellen Sterns
42 Librae am Morgen des 04.02.2024. Angegeben sind Bedeckungszeiten sowie Ein- und Austrittspunkte für verschiedene Beobachtungsorte.

Journal für Astronomie Nr. 88 | 5

Supernovae

Unser Schwerpunktthema: Supernovae

Das Schwerpunktthema in dieser Journalausgabe 88 kam unvermittelt angeflogen. Ursache war unser Beitrag über extragalaktische Supernovae des Frühjahres 2023 im VdS-Journal für Astronomie Nr. 87, S. 60-64. Etliche Sternfreunde nahmen sich die helle, neue SN 2023ixf in Messier 101 vor, so dass wir zusätzliche gelungene Aufnahmen erhielten. Dafür den Einsendern vielen Dank!
Das brachte die Redaktion auf die Idee, neben einer Bilderstrecke noch zwei, drei Textbeiträge zum Thema Supernovae in die vorliegende Ausgabe einzubauen und auf diese Weise spontan ein Schwerpunktthema nachzulegen. Zwar haben wir diesmal keine 40 bis 50 Seiten,

aber auch ein kurzes Schwerpunktthema kann höchst informativ sein. Eine ganz besondere Freude bereitete uns Michael König: Er erstellte auf unsere Anfrage hin einen hervorragenden Artikel zur Spektrografie der SN 2023ixf. Darin zeigt er als aktives VdS-Mitglied erstmals in angemessener Breite, wie sich die astrophysikalischen Verhältnisse auf einem und um einen explodierten Stern herum nach einem Supernova-Event allmählich ändern.
Und nun wünschen wir allen Lesern eine lehrreiche und interessante Lektüre.
Peter Riepe und Dietmar Bannuscher

Ein ganz besonderes Ereignis: Supernova
von Dietmar Bannuscher und Klaus Wenzel
Die Veränderlichenbeobachtung beschäftigt sich mit den Helligkeitsänderungen von Sternen, mit mehr oder weniger hohen Amplituden und unterschiedlichen Zeitskalen, von Minuten bis hin zu Jahrzehnten.
Dazu zählen auch plötzliche, so genannte kataklysmische Ereignisse. Hierunter fallen Zwergnova-Ausbrüche, Novae selbst und dann auch, als extremste Variante, Supernovae (SN).
Bei Zwergnovae und Novae liegt immer ein Doppelsternsystem vor, darin ein Weißer Zwerg und ein oft aufgeblähter Partner. Ab einer bestimmten Nähe zueinander gibt dieser Stern fortlaufend Materie an den Weißen Zwerg ab, welcher das Material in einer Akkretionsscheibe sammelt. Daraus folgen dann öfters oder auch selten Explosionen in dieser Scheibe (Zwergnova-Ausbruch) oder auf der Oberfläche des Weißen Zwergs (Nova), letztendlich bleibt das System erhalten und nach einer gewissen Zeit können sich diese Ereignisse wiederholen.
Eine Supernova (bei der zumindest auch eine Variante etwas mit einem Weißen Zwerg in einem Doppelsternsystem zu tun hat) ist im Gegensatz dazu ein einmaliger Vorgang, unwiederholbar und endet entweder mit der kompletten Zerstörung des Weißen Zwerges,
1 Künstlerische Darstellung eines Doppelsternsystems mit
einem Weißen Zwerg und einem materiegebenden Partnerstern. Quelle: ESO [7], mit freundlicher Genehmigung
6 | Journal für Astronomie Nr. 88

Supernovae

oder es bildet sich ein Überrest des Sternkerns (bei Sternen von >8 Sonnenmassen), wovon später noch die Rede sein wird.

Die Helligkeiten von Supernovae sind enorm und übersteigen die Explosion von z. B. einer Nova um das 10.000-Fache (siehe Abb. 2). Da diese Ereignisse seit Hunderten von Jahren nur in fernen Galaxien stattzufinden scheinen (für unsere Galaxie wäre eine Supernova längst überfällig, wenn man die Gesamtzahl der Sterne anschaut), erreichen SN nicht so häufig Helligkeiten von mehr als 11 mag, sind meist im Bereich von 17-21 mag im Maximum zu sehen. Supernovae in unserer Galaxis können jedoch u. U. am Tage sichtbar sein, wie die SN von 1054 (M 1, Krebs-Nebel, siehe weiter unten im Artikel) mit wohl -6 mag Helligkeit, wie man aus chinesischen Quellen weiß.
Supernova-Typen Grundlegend gibt es zwei unterschiedliche Ursachen, welche zur Supernova führen können (stark vereinfachte Darstellung): Die Supernova Typ Ia entsteht, wenn ein Weißer Zwerg in einem Doppelsternsystem wie oben bei (Zwerg-)Novae beschrieben, von seinem Partner so viel Materie erhält, dass er dann die Masse von 1,4 Sonnenmassen überschreitet (Chandrasekhar-Grenze). Diese Masse bringt die so genannte entartete Materie des Weißen Zwerges (der ja meist 0,5 bis 0,8 Sonnenmassen aufweist) plötzlich zur Kontraktion und in der Umkehrfolge zerstört die entstehende Explosion den Stern komplett.
Der Typ Ib entspringt aus einem massereichen Stern mit mehr als 8 Sonnenmassen (im Spektrum der SN ist dann kein Wasserstoff sichtbar, aber viel Helium). Im Rahmen seiner Entwicklung erzeugt er in seinem Kern immer weitere, schwerere Elemente. Wenn dort Eisen gebildet wird, enden für die Sterne weitere Energiegewin-

2 Künstlerische Darstellung einer Supernova Typ Ia, darin Untersuchungen von 17 Super-
novae in 10 Jahren mit Polarisations- und Spektroskopie-Messungen. Quelle: ESO, mit freundlicher Genehmigung

nungswege. Die Schwerkraft des riesigen Sternenleibs lässt die Materie in sich zusammenfallen und sie trifft dann auf den Kern. Dadurch entsteht eine Explosion, welche die Materie ins All schleudert. Aus dem Kern, der weiter kollabiert, entsteht ein Pulsar (ein ca. 30 km durchmessender Stern, welcher sich schnell dreht und an einer Stelle Materie ausströmen lässt) oder ein Schwarzes Loch. Stellt sich der Pulsar so zur Erde, dass wir diese ausströmende Materie sehen können, entsteht für uns der Anblick eines schnell pulsierenden Lichtblitzes wie bei einem Leuchtturm. Die Abstände kann man messen und erhält so die Umdrehungsgeschwindigkeit des Sternenrests. Beim Crab-Nebel-Pulsar sind es immerhin 33 Millisekunden (so schnell dreht sich die rund 30-km-Kugel um sich selbst).
Eine zusätzliche Unterteilung wären noch Supernovae Ic; als Vorgänger ein massereicher Stern mit mehr als 8 Sonnenmassen, kein Wasserstoff und nur wenig Helium im SN-Spektrum.
Eine Supernova vom Typ II-L hätte auch mehr als 8 Sonnenmassen gehabt, Wasserstoff im Spektrum der SN, die Lichtkurve

fällt langsam, aber stetig nach dem Maximum ab. Der Vorläuferstern einer Supernova vom Typ II-P wäre auch mehr als 8 Sonnenmassen schwer gewesen, würde dabei Wasserstoff im SN-Spektrum zeigen und hätte eine mehr oder weniger lange Plateau-Phase in der Lichtkurve.
Beobachtung Oftmals werden heutzutage Supernovae vor dem Maximum entdeckt, so dass man durchaus die Chance hat, nach einer rechtzeitigen Alarmmeldung den Anstieg der Helligkeit und das Licht-Maximum zu sehen.
Das Erstellen einer Lichtkurve erfolgt bei den Supernovae wie bei allen anderen Veränderlichen auch, beobachtete Helligkeiten (visuell, per Astrometrie-Auswertung von CCD- und/oder DSLR-Aufnahmen) werden über die Zeit aufgetragen und man erhält mit etwas Wetterglück eine schöne, aussagekräftige Lichtkurve. Mit dem Hintergrundwissen zur Sternentwicklung, zu den Vorgängen während einer Sternenexplosion und ggf. wissenschaftlichen Veröffentlichungen gelingt ein Mit-Erlebnis am Teleskop der besonderen Art.

Journal für Astronomie Nr. 88 | 7

Supernovae

Woher weiß man, wann oder wo eine Supernova ausbricht? Man könnte sich natürlich selbst ein Programm von Galaxien erstellen, die dann regelmäßig angeschaut und auf Supernovae geprüft werden. Das ist sehr aufwändig, und die Wahrscheinlichkeit einer rechtzeitigen Entdeckung ist sehr gering. Man müsste schon möglichst täglich Galaxienfelder aufnehmen und sie dann schauen oder auswerten lassen. Dies wird durchaus von einigen (Amateur-) Astronomen getan, z. B. in Japan und USA. Automatische Himmelsüberwachungsprogramme der Wissenschaft detektieren grundsätzlich Zwergnovae und weitere kataklysmische Vorkommnisse, darunter auch Supernovae. Daraus erfolgen dann Alarmmeldungen, je nach Institution kann man diese als E-Mail abonnieren oder man muss auf gewissen Webseiten dann möglichst täglich nachsehen.
Eine der wichtigsten Seiten ist die von David Bishop [1], er arbeitet für die Astronomie-Abteilung der Purdue University in West Lafayette, Indiana, USA. Darin sind alle Supernovae seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts verzeichnet (auch die historischen SN sind erwähnt, beginnend im Jahr 185 unserer Zeitrechnung). Über Links gibt es viele Hintergrundinformationen zu jeder SN, ggf. auch kleine Fotos. Alle aktiven SN zumindest über 17 mag sind hier sofort nach Helligkeit sortiert einsehbar.
Entdeckungen und Beschreibungen des Ereignisses bietet auch ,,The Astronomer`s Telegram" [2], dieses kann zwar unter Umständen abonniert werden, aber jedermann kann dort aktiv nachschauen.
Im VSNET (Mailingliste Astronomisches Institut, Kyoto/Japan) [3], in der BAAVSS Alert Group (Veränderlichenbeobachter der British Astronomical Association, England) [4] und der AAVSO (Amerikanische Verän-

derlichenbeobachter, Cambridge, Massachusetts, USA) [5] kann man sich anmelden und erhält bei jeder Entdeckung oder Beobachtung eine Meldung, zumindest über spektakuläre oder wichtige Ereignisse.
Rückblick und Ausblick Die für uns wohl berühmteste Supernova ist 1054 n.Chr. im Sternbild Taurus explodiert, bekannt unter M 1 oder Krebs-Nebel (Crab-Nebula) mit einer damaligen Helligkeit von -6 mag. Inmitten einer weiterhin expandierenden Materiewolke finden wir den Pulsar, der sich innerhalb von 33 Millisekunden einmal um sich selber dreht (siehe oben). Andere Supernovae wie Keplers Stern (V843 Oph, Typ Ia) erreichten -2,5 mag im Jahr 1604.

ausrichten und wichtige, neue Erkenntnisse sammeln.
Gemäß den neuen Untersuchungen von Seio et al. [6] wäre Beteigeuze ein guter Kandidat für die nächste galaktische Supernova.
So beinhaltet die Beschäftigung mit Sternentwicklung, Veränderlichen und schließlich auch Supernovae ein reiches Betätigungsfeld für viele Astro-Amateure, DeepSky-Beobachter, genauso wie Freunde der Veränderlichen und auch Astrofotografen.

1987 konnte die Wissenschaft bei der Supernova 1987A in der Großen Magellanschen Wolke alle modernen Geräte darauf

Internethinweise (Stand 06.08.2023): [1] Latest Supernovae:
www.rochesterastronomy.org/ supernova.html

[5] AAVSO Alerts: www.aavso.org/ aavso-alert-notices-for-observingcampaigns-and-discoveries

[2] The Astronomer`s Telegram: www.astronomerstelegram.org
[3] VSNET: www.kusastro.kyoto-u.ac.jp

[6] Seio et al., 2023: ,,The evolutionary stage of Betelgeuse inferred from its pulsation periods", arXiv: 2306.00287, http://arxiv.org/ abs/2306.00287/

[4] BAAVSS: http://britastro.org/vss/ alert.html

[7] ESO (European Southern Observatory): www.eso.org/public/germany/ images/viewall

8 | Journal für Astronomie Nr. 88

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Supernovae

Die Supernova SN 2023ixf in M 101
von Dietmar Bannuscher und Klaus Wenzel

Eine sehr helle Supernova (SN) ereignete sich am 19. Mai 2023 in der ,,Feuerrad"Galaxie M 101 (NGC 5457). Der japanische Amateur-Astronom Koichi Itagaki fand die Sternexplosion auf einer ungefilterten CCD-Aufnahme (Abb. 1), die er an dem betreffenden Abend aufgenommen hatte. Er entdeckte schon öfters Supernovae [1].

Die Galaxie M 101 ist leicht zu finden, bildet sie am Himmel doch ein fast gleichseitiges Dreieck mit den Deichselsternen Eta UMa (Alkaid) und Zeta UMa (Mizar) des Großen Wagens (Abb. 2). Mit ca. 6,4 Mpc Entfernung gilt sie als ,,nah" und enthält viele mit NGC-Nummern versehene HII-Regionen (Abb. 3). Entdeckt wurde die Galaxie von Pierre Mechain 1781, gelangte dann in den Katalog von Charles Messier und ist bereits in kleinen Geräten sichtbar (100 mm Öffnung sollten es schon sein, auch wenn kleinere Optiken eine Sichtbarkeit ermöglichen) [2, 3]. Wegen der Anordnung der HII-Regionen in den weit geöffneten Spiralarmen, die an ein rotierendes Feuerrad erinnern, wird M 101 auch ,,Feuerrad"-Galaxie genannt. Neben den wunderschönen DeepSky-Qualitäten hat sie auch eine Veränderlichen-Vorgeschichte (und damit wären wir wieder beim Thema Supernovae).

1 SN 2023ixf, Entdeckungsaufnahme der Supernova von Koichi Itagaki, 14,9 mag,
mit freundlicher Genehmigung

Mit der Supernova SN 2023ixf flammte bereits die fünfte Sternexplosion seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts in M 101 auf. Bereits 1909 (21. Februar) entdeckte Max Wolf in Heidelberg auf einer Aufnahme des Waltz-Reflektors einen ,,neuen Stern" im Nordwestbereich von M 101. Leider war die Entdeckungsaufnahme (Platte D 469) die einzige Aufnahme dieses Sterns in Heidelberg, sie ist heute verschollen. Man geht aber davon aus, dass Wolf eine Supernova (diese Objektklasse war damals ja noch nicht bekannt) entdeckt hatte. Diese SN erhielt auch eine eigene VeränderlichenBezeichnung, nämlich SS UMa. Weiter

2 M 101, Aufsuchkarte im Deichselbereich des Großen Wagens, erstellt mit Cartes du Ciel

10 | Journal für Astronomie Nr. 88

Supernovae

ging es mit der Supernova SN 1951H, 13,2 mag hell, auch hier der Typ nicht bekannt. Supernova SN 1970G erreichte immerhin 11 mag im Maximum, sie war eine Typ IISN. Mit SN 2011fe explodierte ein Weißer Zwerg (Typ Ia-SN) im ,,Feuerrad", 10,3 mag wurden erreicht [4].

Das derzeitige Ereignis klingt bereits wieder ab, SN 2023ixf hatte im Maximum 10,6 mag (lt. AAVSO-Lichtkurve (Abb. 5) [5]). Die Beobachtungen von Klaus Wenzel (Abb. 4) weisen eine etwas geringere Maximalhelligkeit aus, allerdings bedingen Teleskop, Augen und auch der Vergleich von Einzelbeobachter-Lichtkurven und Gemeinschaftslichtkurven Maximalhelligkeitsunterschiede. Der Verlauf der Lichtkurve an sich ist in beiden Fällen gleich. Deshalb wird SN 2023ixf als Typ II-L-SN in die Geschichte eingehen (linearer Abfall der Helligkeit nach dem Maximum). In der Lichtkurve von Klaus Wenzel deutet sich

3 M 101 mit Objekten, die eine NGC-Nummer erhalten haben, abgewandelte Aufnahme
von Klaus Wenzel, 22.05.2023, SN-Helligkeit 11,3 mag

4 Lichtkurve von SN 2023ixf,
erstellt von Klaus Wenzel

5 Lichtkurve von SN 2023ixf der AAVSO, mit freundlicher Genehmigung

Journal für Astronomie Nr. 88 | 11

Supernovae

6 Vergleichssternkarte für SN 2023ixf der AAVSO, mit freundlicher Genehmigung

ein breites Maximum mit einem kleinen Helligkeitseinbruch in der Mitte an, dies ändert aber nicht den Typ der SN. Wenn man die Lichtkurve der AAVSO ganz genau anschaut, könnte sich auch dort eine winzige Delle im Maximum mit einem kleinen Wiederanstieg erahnen lassen. Aus den Reihen der Wissenschaft gibt es auch schon viele Arbeiten darüber, z. B. [6].
Bei Redaktionsschluss dieses Heftes (11.08.2023) scheint sich ein Einbruch des bisherigen linearen Abstiegs der Lichtkurve abzuzeichnen.
Es war ein tolles Ereignis, hatte sehr viele Beobachter im In- und Ausland. Supernovae sind etwas für fast jeden Amateurastronomen, liegen auch die Interessen für Deep-Sky-Beobachtungen, Astrofotografie und Veränderliche nur bedingt nahe beieinander. Solche Besonderheiten führen sie aber sicherlich immer wieder zusammen.
Mit der Vergleichssternkarte der AAVSO kann man das Geschehen weiterverfolgen und diese auch für zukünftige SupernovaBeobachtungen in M 101 verwenden (Abb. 6).

Literatur- und Internethinweise (Stand 10.8.2023) [1] K. Itagaki: Homepage, www.k-itagaki.jp

[5] AAVSO (amerikanische VeränderlichenOrganisation): www.aavso.org

[2] R. Stoyan, 2008: ,,Atlas of the Messier Objects", Cambridge University Press, Cambridge, England
[3] Fachgruppe Deep Sky der VdS, 2012: ,,Deep-SkyListe 2012", 9. Auflage, Eigenverlag
[4] Latest Supernovae: www.rochesterastronomy. org/supernovae.html

[6] G. Bianciardi et al., 2023: ,,Multiband Photometry Evolution in the First Weeks of SN 2023ixf", arXiv: 2307.05612, https://arxiv.org/ abs/2307.05612

12 | Journal für Astronomie Nr. 88

Supernovae

Spektroskopie der Supernova SN 2023ixf in Messier 101
von Michael König

Die Entdeckung der SN 2023ixf Supernovae sind seltene Ereignisse. In einem Jahrhundert gibt es in einer typischen Spiralgalaxie nur ein oder zwei solche Explosionen. Mit Hilfe von speziellen Super-

nova-Suchprojekten ist es in den letzten zwanzig Jahren gelungen, die Anzahl von einigen Hundert nachgewiesenen Supernovae pro Jahr auf einen Wert von über 1.000 heraufzusetzen. In der Milchstraße

liegt übrigens mit Keplers Supernova aus dem Jahr 1604 die letzte heimische Explosion schon deutlich zurück. Unsere Heimatgalaxie ist also überfällig.

1 M 101 mit SN 2023ixf am 28.05.2023, Teleskop: 10-Zoll-Newton, Belichtung 22 x 300 s, Ort: Haltern am See. Bild: Rainer Sparenberg
Journal für Astronomie Nr. 88 | 13

Supernovae

wenig Helium und auch kein Silizium. Im ersten Spektrum der Supernova SN 2023 ixf wurde ein deutlich blaues Kontinuum nachgewiesen, auf dem prominente, schmale Emissionslinien zu sehen waren. Die zugehörigen Elemente waren vornehmlich Wasserstoff, Helium und Kohlenstoff. In den ersten drei Tagen nach der Entdeckung nahm die visuelle Helligkeit von SN 2023ixf zu und lag bei 11 mag. Das Zwicky Transient Facility Project hat die M 101-Region zwei Tage vor der Entdeckung beobachtet und den vermeintlichen Vorgängerstern mit 15,9 mag fotometriert.

2 Ein atmosphäreloser Stern kann weder Absorptions- noch Emissionslinien zeigen. Sein
Spektrum ist ein reines thermisches Kontinuum mit einem Maximum, welches umso weiter in den kurzwelligen Bereich wandert, je heißer der Stern ist. Man kann diesen Intensitätsverlauf des Sternkontinuums sehr gut mit dem Profil der Planckschen Strahlungskurve eines ,,Schwarzen Körpers" vergleichen. Hier im Bild ist sie für einen 10.000 K heißen Stern mit Maximum bei 290 nm (UV) dargestellt. Wir danken Matthias Borchardt für die Erlaubnis zur Nutzung und Publikation seiner selbst erstellten Datei ,,Planck.exe" [7]. Das reale Spektrum in Abb. 3 hingegen zeigt, dass die Sternatmosphäre noch weitere charakteristische Details erzeugt, etwa die dunklen Einsenkungen der Absorptionslinien aller vorkommenden chemischen Elemente. Sterne wie die Be-Sterne oder auch Supernovae zeigen auch zusätzliche Emissionslinien. Würde die Sequenz all dieser Spektrallinien über den gesamten erfassten Wellenlängenbereich aus dem Planckverlauf ,,herausgelöst" und per Programm als horizontaler Verlauf dargestellt, so entsteht das normalisierte Spektrum wie in Abb. 4.

Auch das Interesse vieler Amateurastronomen konzentriert sich auf Supernovae und mit Hilfe eigener Suchprogramme machen sie den Profis Konkurrenz. Dass man dabei Erfolg haben kann, zeigte sich am 19.05.2023, als Koichi Itagaki eine Supernova in M 101 entdeckte [1]. Zum Zeitpunkt der Entdeckung war die Supernova mit der Bezeichnung SN 2023ixf 15 mag hell. Ihre Position liegt am Rand der hellen HII-Region NGC 5461 in M 101 (Abb. 1). Mit dem Liverpool Telescope, einem 2-m-RemoteSpiegelteleskop auf La Palma, wurde nur wenige Stunden danach SN 2023ixf als eine Typ-II-Supernova klassifiziert [2].

Zur Information: Eine Typ-II-Supernova, wie auch die Typen Ib/c, werden durch den Kollaps eines massereichen Sterns erklärt. Bei einer Supernova des Typs Ia kommt es zu einer thermonuklearen Fusion von Material auf der Oberfläche eines Weißen Zwerges, auf dem sich überströmendes Material des Doppelsternpartners angesammelt hat. Die Ia-Typen sind eine relativ homogene Gruppe, hier findet man in der Regel keinen Wasserstoff oder Helium. Ihr Spektrum zeigt breite und tiefe SiliziumAbsorptionslinien. Bei den SternkollapsTypen unterscheidet man (grob): Typ II zeigt Wasserstofflinien, Typ Ib enthält viel Helium, aber kein Silizium, und Typ Ic hat

Die Theorie der Typ-II-Supernovae - ,,in a nutshell" Ausgangspunkt ist das Erlöschen der Fusion im Zentrum des Vorläufersterns. Dessen Kern besteht zu dieser Zeit aus Eisen, dem Element, das am Ende der Fusionskette steht. Der Strahlungsdruck fällt weg und die Gravitationskraft gewinnt die Überhand. Die zentralen Bereiche des Riesensterns stürzen dann nach innen, prallen auf den kompaktierten Kern und werden zurückgeschleudert. Die Zeitdauer dieses Zusammenstürzens liegt bei wenigen Hundert Millisekunden. Aus diesem Kern kann dann ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch entstehen.
Was in den ersten Sekunden nach dem Kollaps abläuft, ist noch nicht vollständig verstanden. Man muss dabei bedenken, dass die Stoßwelle auch ,,nach innen" weiterläuft und aus den freien Protonen durch Neutronisation einen enormen Neutrinoausbruch hervorruft. In den folgenden Sekunden kühlt der Proto-Neutronenstern ab. Der Neutrinostrom ist so stark, dass trotz der nur schwach wechselwirkenden Neutrinos deren Energie auf die Sternmaterie übertragen wird. Mit der nötigen Rechenpower kann man zu diesen Prozessen auch 3DAnimationen erstellen, die veranschau-

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Supernovae

lichen, wie blumenkohlartige Strukturen diese Explosion ausformen. Deren Größenskala liegt bei einigen Tausend Kilometern. Die beim Kollaps frei werdende Gravitationsenergie ist der Antrieb der Supernovaexplosion. Die meiste Energie nehmen die Neutrinos mit, nur etwa 1% wird in die Sternhülle übertragen. Hierbei spielen Absorption und Emission von Neutrinos eine wichtige Rolle. Als Effekt läuft dann eine Stoßwelle nach außen. In modernen Theorien erhält diese Welle einen zusätzlichen, zweiten Energieschub durch Wechselwirkung von thermischen Neutrinos mit freien Protonen, die es reichlich hinter der Stoßwellenfront gibt [3].
Die Explosionswelle braucht einige Stunden bis wenige Tage, bis sie die äußere Schicht des Sterns erreicht hat. Dann folgt die ,,eigentliche" Supernova-Explosion, die visuell zu sehen ist und die eine Supernova so hell aufleuchten lassen kann wie alle Sterne ihrer Galaxie zusammen. Zum Zeitpunkt der Supernova-Explosion liegt die Temperatur der weggeschleuderten Gasmassen bei über 1 Million Kelvin. Das Kontinuum des Spektrums passt dann gut zu einem ebenso heißen Schwarzen Körper (Abb. 2). Mit der weiteren Entwicklung folgt dann eine schnelle Abkühlung und nach wenigen Jahrzehnten sind es nur noch einige 10 Kelvin. Die Supernova hat dann mehrere Phasen durchlaufen und fristet fortan ihr Dasein als Supernova-Überrest.
Kündigt sich eine Supernova an? Meist liest man die verbreitete Lehrmeinung: Bis zum Durchstoßen der Explosionswelle durch die äußeren Schichten würde man nichts von einer Supernova sehen. In den letzten Jahren gab es Fachartikel zu alternativen Prozessen, die etwa durch Schallwellen einen schnelleren Energietransport von ,,innen" nach ,,außen" ermöglichen. Diese Wellen würden stoßweise

3 Spektrum von SN 2023ixf vom 19.05.2023 (nach [1]). Die hochragenden Emissionslinien
sitzen auf der abfallenden Flanke des bunten optischen Kontinuums der Planck-Kurve in Abb. 2, das Spektrum ist noch nicht normalisiert wie in Abb. 4.

in der Randzone Ausbrüche verursachen. Man darf sich das so vorstellen, dass der Rand des Riesensterns zu brodeln beginnt. In einer Modellrechnung, die für einen 15 Sonnenmassen schweren roten Überriesen durchgeführt wurde, ergab sich ein ,,milder" Ausbruch mit etwa 1 Sonnenmasse an Material. Dieses wurde mit einer Geschwindigkeit von 50 km/s rund 1 Jahr vor dem Supernova-Ereignis abgestoßen [4].
Als Motor dieser Schallwellen, die man im Englischen ,,shock waves" nennt, dienen sehr wahrscheinlich auch wieder Neutrinos. Diese würden dann nicht nur bei der Supernova-Explosion selbst, sondern schon zeitlich davor den SchallwellenEnergietransport anregen. Die folgenden Ausbrüche würden dann Materie abströmen lassen, aus der eine zirkumstellare Hülle um den Vorläuferstern entsteht.
Die besondere Schwierigkeit ist nun, zu unterscheiden, welches zirkumstellare Material (engl. circum-stellar material, ,,CSM")

kurz vorher abgestoßen wurde oder aber welches sich schon über eine längere Zeit, etwa während der Phasen intensiver Sternwinde, bereits über Tausende von Jahren in der Umgebung angesammelt hat. Noch ist man sich nicht sicher, aber es gibt Hinweise, dass das meiste CSM aus der Zeit unmittelbar vor der Explosion stammen könnte. Das wäre dann eine neue Stufe in der Theorie der Entwicklung von Sternen mit 10 bis 20 Sonnenmassen. Wobei diese Stufe optional ist, da nicht alle Typ-II-Supernovae diese durchlaufen, wie man aus vergleichenden Beobachtungen weiß. Die Vielfalt der Entwicklungswege erkennt man in den letzten Jahrzehnten an dem immer größer werdenden ,,Zoo" aus Supernova-Untertypen.
Es gab auch schon Belege dieser CSMTheorie: Bei der Supernova SN 2013fs in der Galaxie NGC 7610 gelang der Nachweis durch einen beobachteten ,,shock-breakout", also eines Durchbruchs der Strahlung durch die Außenhülle des sterbenden Sterns [5]. Bei der Strahlung handelt es sich

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4 Zeitliche Entwicklung der Spektren von SN 2023ixf. Bei allen Profilen wurde das Kontinuum entfernt und diese auf 1 normali-
siert (Mittelwert zw. 490 bis 520 nm auf 1 in BASS-Software). Die Profile wurden in Y-Richtung zur besseren Darstellung versetzt - die relativen Intensitäten lassen sich vergleichen. Zur Aufnahme diente ein 14-Zoll-Hypergraph mit einem LISA-Spektrografen. Für die einzelnen Spektren wurden bis zu zehn Einzelaufnahmen à 15 min Belichtungszeit kombiniert. Die Aufnahmezeitpunkte der Spektren sind im Titel und in der Legende eingetragen.
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Supernovae

um UV- und Röntgenstrahlung, die dicht der Explosionswelle vorausläuft. Wie durch ein Blitzlicht wurde bei SN 2013fs dabei das CSM ionisiert und zeigte sich in den frühen Supernova-Spektren durch charakteristische Emissionslinien hochionisierter Elemente.
Die Spektren der Supernova SN 2023ixf Die ,,Blitzspektroskopie" maß auch bei SN 2023ixf die schmalen Linien (Abb. 3). Schmal sind sie deshalb, weil sich das CSM nicht schnell bewegt und eine geringe Dispersion aufweist. Diese Linien sind daher feine Messfühler für die Rotverschiebung der Heimatgalaxie der Supernova und verorten SN 2023ixf sicher in M 101. Das leuchtende CSM-Material rekombiniert und die schmalen Linien verschwinden wieder - bei SN 2023ixf dauerte dies nur wenige Tage. Ich war mit meinem ersten Spektrum, das fünf Tage nach der Explosion entstand, schon zu spät (Abb. 4).
Was auch passieren kann und wohl auch bei SN 2023ixf der Fall war, ist, dass die beim Supernova-Event abgestoßene Materie, also die ,,zerfetzte Sternhülle", einige Tage nach der Explosion das CSM-Material erreicht, dieses brachial verteilt und verdünnt. Die wenigen Tage Laufzeit passen zur Geschwindigkeit von einigen 1.000 km/s und einem CSM-Abstand von wenigen 100 AE bzw. einigen Tausend Sonnenradien. Die frühen Supernova-CSMSpektren kann man gut mit den WolfRayet-Sternmodellen abgleichen, wo auch schnelle Winde eine wichtige Rolle bei der Ionisation spielen.
Schaut man auf meine Spektren und den schon nicht mehr sichtbaren H-Fluss, so kann man aus dem Modell von C. S. Kochanek [6] grob schätzen, dass der Vorläuferstern einen Radius von weniger als 800 Sonnenradien besessen haben muss. Ansonsten hätte sich am 29.05. noch eine deutlich prominentere H-Linie zeigen

müssen. Das Modell liefert auch eine mögliche Vorläufermasse von 10 bis 15 Sonnenmassen. Die Deutlichkeit der H-Emission in einem frühen Spektrum ist im Vergleich zum Mini-Peak im Profil vom 29.05. frappierend (Abb. 3 und 4).
In dem Zeitraum von fünf Wochen, den meine Spektren abdecken (Abb. 4), kommen mehr und mehr Absorptions-Strukturen zum Vorschein, die auf eine expandierende Hüllenstruktur hinweisen. Hier lassen sich auch die Elemente Silizium und Eisen nachweisen. In den Profilen erkennt man ab dem 10.06. die zugehörigen breiten Einsenkungen, die relativ zur Ruhewellenlänge blauverschoben sind (die geringe Rotverschiebung von M 101 macht nur 3 Pixel ,,nach rechts" aus). Mit Hilfe der Wasserstofflinien kann man diese Expansionsgeschwindigkeit zu (7.340 +- 380) km/s bestimmen.
Bei der H-Linie arbeitete sich in den letzten beiden Spektren ein deutliches PCygni-Profil heraus. Dieses ist typisch für eine expandierende Hülle, die, bezogen auf unsere Blickrichtung, sowohl absorbiert als auch emittiert. Der blau verschobene Absorptionstrog liegt links des breiten Emissions-Peaks. Bei genauer Betrachtung ist der Trog zweigeteilt, es gibt noch eine zweite Einsenkung, die auf besonders schnelles Wasserstoffgas hinweist. In einigen Artikeln liest man von einer ,,Cachito"-Struktur. Dieses Hochgeschwindigkeits-Feature (mit etwa 12.000 km/s) geht vermutlich auf schnelle Fragmente zurück und verschwindet nach einiger Zeit wieder.
SN 2023ixf gehört mit ihren ,,nur" 17 Millionen Lichtjahren Abstand zu uns nicht nur zu den nächstgelegen Supernovae der letzten Jahrzehnte. Das ,,Blitzlicht" ihrer Explosion hat uns auch den Blick auf die letzten Momente im Leben des Vorgängersterns erlaubt.

Literatur- und Internethinweise (Stand Juli 2023): [1] Transient Name Server, SN
2023ixf: www.wis-tns.org/ astronotes/astronote/ 2023-119 [2] The Liverpool Telescope, Homepage mit SN2023ixf: https://telescope.livjm.ac.uk/ News/#sn2023ixf [3] T. Feser, 2004: ,,Echtzeit-Suche nach Neutrinoausbrüchen von Supernovae mit dem AMANDA-II Detektor", Dissertation, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz [4] J. Fuller, 2017: "Pre-supernova outbursts via wave heating in massive stars - I. Red supergiants", Mon. Not. Roy. Astr. Soc. 470, pp. 1642-1656, https://ui.adsabs.harvard.edu/ abs/2017MNRAS.470.1642F/ abstract [5] O. Yaron et al., 2017: "Confined dense circumstellar material surrounding a regular type II supernova", Nature Physics 13, pp. 510-517, https://ui.adsabs.harvard.edu/ abs/2017NatPh..13..510Y/ abstract [6] C. S. Kochanek, 2019: "The physics of flash (supernova) spectroscopy", Mon. Not. Roy. Astr. Soc. 483, pp. 3762-3772, https://ui.adsabs.harvard.edu/ abs/2019MNRAS.483.3762K/ abstract [7] M. Borchert: http://mabophysik.de/plancksche_ strahlungskurve.html [8] M. König: Homepage, www.astro-images.de

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Supernovae

Die seltsame Lichtkurve der Supernova SN 2022xxf in NGC 3705
von Klaus Wenzel

Es war wie so oft, am 17.10.2022 entdeckte der Japaner Koichi Itagaki mit dem 0,5-mTeleskop seines Observatoriums bei Yamagata ein 15,5 mag helles Objekt, etwa 30 Bogensekunden nordwestlich des Kerns der Galaxie NGC 3705. Zwei Tage später, am 19.10.2022, wurde dieses stellare Objekt von dem Italiener Claudio Balcon als Supernova des relativ seltenen Typs Ic-BL (BL steht für Broad Line) klassifiziert. Bei Supernovae des Typs Ic handelt es sich um den Kollaps eines massenreichen Sterns mit mehr als acht Sonnenmassen. Im Spektrum ist, wie bei allen Supernovae vom Typ I, kein Wasserstoff nachweisbar.

Die Muttergalaxie NGC 3705 NGC 3705 ist eine Spiralgalaxie im Sternbild Löwe, am Rande des Virgo-Clusters. Die Entfernung liegt bei etwa 20 Mpc. Allan Sandage beschrieb die Galaxie im Hubble Atlas of Galaxies nach einer Aufnahme, die Edwin Hubble am 07. März 1948 am 100-Zöller des Mount-Wilson-Observatoriums aufgenommen hatte. Sandage verglich die Galaxie aufgrund eines markanten Rings, der den hellen Kern umschließt, mit der prominenteren Galaxie NGC 4274. Er klassifizierte sie aber trotz dieser Besonderheit als Typ Sb und erklärte den Ring mit zwei sich aufgrund des Blickwinkels überlappenden Spiralarmen [1]. Heute geht

man davon aus, dass es sich um eine Balkenspirale handelt.
Eine weitere Besonderheit ist ein etwa 1314 mag heller Vordergrundstern, der zurzeit etwa acht Bogensekunden nordwestlich der Zentralregion postiert ist. Dieser Stern weist eine deutliche Eigenbewegung auf, die ihn zu Zeiten der historischen visuellen Beobachter (Fam. Herschel, Lord Rosse) fast genau vor die Zentralregion projizierte und damit einen sehr hellen Kern vortäuschte. Diese Eigenbewegung konnte BAV-Mitglied Uli Bastian anhand von Daten des Satelliten Gaia nachweisen. Hierüber wurde an anderer Stelle schon ausführlich berichtet [2].

1 NGC 3705 mit der Supernova SN 2022xxf. Unmittelbar nordwestlich des Kerns ist der Eigenbewegungsstern deutlich getrennt
von der Zentralregion erkennbar. CCD-Aufnahme (remote) vom 27.11.2022 (17-Zoll-COAST-Teleskop Teneriffa), SN-Helligkeit 15,8 mag; Bildgröße ca. 11` x 7`
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Supernovae
2 Zwei CCD-Aufnahmen (8,3-Zoll-Newton) der Galaxie NGC 3705 mit SN 2022xxf, oben: 25.10.2022, SN-Helligkeit 14,9 mag,
unten: 21.01.2023, SN-Helligkeit 15,9 mag
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Supernovae

3 Die außergewöhnliche Lichtkurve von SN
2022xxf nach CCD-Beobachtungen in meiner Dachsternwarte sowie einigen remote-Beob-
achtungen am COAST-Teleskop in Teneriffa.

Beobachtungen und Lichtkurve der Supernova Kurz nach der Entdeckung durch Itagaki am 17.10.2022 konnte die Supernova nur unmittelbar vor der Morgendämmerung tief im Osten beobachtet werden. So musste ich mich bis zum 25.10.2022 gedulden, bis es die Bedingungen möglich machten, eine erste Aufnahme der Supernova zu erhalten. Bei dieser ersten Beobachtung lag die Helligkeit von SN 2022xxf mit 14,8 mag noch kurz vor dem Maximum. Ende Oktober stand die Supernova im Maximum bei 14,6 mag und ab dem 03.11.2022 konnte

ich dann den zu erwartenden Helligkeitsrückgang registrieren. Bis Ende November lag die Helligkeit von SN 2022xxf nur noch bei 15,8 mag, also etwa eine Größenklasse schwächer als im Maximum (Abb. 3).
Dann geschah etwas Erstaunliches: Am 13.12.2022 war die Helligkeit der Supernova wieder bei 15,2 mag. Sie war also in etwa 2 Wochen wieder um eine halbe Größenklasse heller geworden. Es folgte eine Phase mit kurzen, schnellen Schwankungen, doch ab dem 23.12.2022 stieg die Helligkeit weiter an. Zum Jahreswechsel am 01.01.2023

beobachtete ich SN 2022xxf wieder mit 14,6 mag, der Ende Oktober erreichten Maximalhelligkeit. Bei diesem Wert verharrte die Supernova bis zum 11.01.2023 und brach dann mit der Helligkeit abrupt ein, so dass sie bis Mitte Februar nur noch bei etwa 18 mag lag. Die Helligkeit fiel also innerhalb von rund vier Wochen um etwa 3,5 Magnituden. So ein Verhalten hatte ich bis dato noch nicht bei einer Supernova beobachtet.
Alle hier beschriebenen Beobachtungen wurden an den beiden Newton-Teleskopen, 6 Zoll Öffnung (f/6) und 8,3 Zoll Öffnung (f/3,9), in meiner Dachsternwarte in Wenigumstadt durchgeführt. Einige Beobachtungen, insbesondere um Schlechtwetterlücken zu überbrücken, wurden remote vom COAST-Teleskop in Teneriffa erhalten.

Ähnlichkeit mit der exotischen Supernova iPTF14his BAV-Mitglied Uli Bastian wies mich auf die Supernova iPTF14his hin, die ebenfalls mehrere Helligkeitsanstiege durchlebte und über mehr als zwei Jahre zu beobachten war [3].

Diese Supernova wurde im September 2014 durch die intermediate Palomar Transient Factory (iPTF) auf dem Mount Palomar in einer anonymen Galaxie in Ursa Major unweit von NGC 2841 entdeckt und aufgrund des Spektrums als Typ II-P klassifiziert [4]. Doch die Lichtkurve und der lange Ausbruch ließen sich nicht mit diesem Typ in

4 Die extrem schwache Muttergalaxie von
iPTF14his im Feld südlich von NGC 2841, CCD-Aufnahme vom 08.02.2023 am 8,3-ZollNewton-Teleskop.

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Übereinstimmung bringen. Noch kurioser wird die Geschichte, weil bei der Durchsicht alter Aufnahmen auf der gleichen Position ein weiterer Ausbruch im Jahre 1954 erkennbar ist.
Die Supernova iPTF14his verblieb etwa 400 Tage nach Ausbruch auf hohem Niveau, bis ein kontinuierlicher Abstieg einsetzte. Zuvor konnten drei markante und mehrere kleine Anstiege beobachtet werden. Ein abrupter Helligkeitsrückgang setzte dann 1.000 Tage nach dem Ausbruch ein, bis die SN schließlich verschwand.
Eine mögliche Erklärung hierfür könnte sein, dass ein besonders massereicher Stern mehrere Kontraktionsphasen durchlebt und dabei immer wieder Masse verliert, bis er schließlich endgültig zu einem Neutronenstern oder Schwarzen Loch zusammenbricht [5].
Bei SN 2022xxf dauerte der Ausbruch etwa 80 Tage, bis die Helligkeit markant einbrach, zuvor konnten zwei größere Anstiege und einige schnelle, kleinere Helligkeitsschwankungen registriert werden. Etwa 80 Tage nach dem Ausbruch brach die Helligkeit (auf Maximalniveau) von SN 2022xxf dann drastisch ein.
Beide SN gehen auf den Kollaps eines massenreichen Sterns (>8 Sonnenmassen) zurück, jedoch wurde SN 2022xxf als Typ Ic (kein Wasserstoff im Spektrum) und iPTF14his als Typ II-P (Wasserstoff im Spektrum vorhanden) klassifiziert.
Die Lichtkurven beider Supernovae zeigten durchaus gewisse Ähnlichkeiten, doch die Länge des Ausbruchs war bei SN 2022xxf deutlich kürzer als der Ausbruch von iPTF14his. Möglicherweise war bei iPTF14his deutlich mehr Masse im Spiel.
Literatur- und Internethinweise (Stand 04.08.2023): [1] A. Sandage, 1961: "The Hubble Atlas of Galaxies",
Carnegie Institution of Washington, Washington D.C., Publication 618, p. 21ff., http://shelf2.library.cmu.edu/ Tech/00537465.pdf [2] U. Bastian, K. Wenzel, 2022: ,,Blick über den Tellerrand bei der Supernova SN 2022xxf in NGC 3705", BAV Rundbrief 4/2022, S. 212, www.bav-astro.eu/rb/rb2022-4/212.html [3] J. Sollerman et al., 2019: "Late-time observations of the extraordinary Typ II supernova iPTF14his", Astron Astrophys. 621, A30 [4] Wenxiong Li et al., 2015: "Spectroscopic Classification of CSS141118:092034+504148 as a Type II-P Supernova", The Astronomers Telegram #6898 (11.01.2015), http://astronomerstelegram.org [5] H. Pfister, W. Hillebrandt, 2022: ,,Die Supernova, die nicht sterben wollte", Sterne und Weltraum 7/2022, S. 7

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Supernovae
Die Supernova SN 2023ixf in der Galaxie M 101
Bereits im vorigen Journal für Astronomie Nr. 87 (4/2023) wurden im Rahmen der Supernovafotografie auch zwei Bilder der SN 2023ixf gezeigt. In den Wochen danach verfolgten weitere Sternfreunde fotografisch diese helle Supernova und schickten uns ihre Ergebnisse. Und so ist es uns ein Vergnügen, in der folgenden Bilderstrecke neue Aufnahmen der SN 2023ixf präsentieren zu können. Einen großen Dank an die Bildeinsender, zumal im Zeitraum Juni bis Anfang Juli die Mitternachtsdämmerung für einen aufgehellten Nachthimmel sorgte und dadurch den Objektkontrast minderte. Zum Glück stand M 101 recht hoch in der Zenitregion. Besonders erfreut sind wir über eine Aufnahme, welche die SN 2023ixf tatsächlich noch kurz vor der offiziellen Entdeckung durch den Japaner Koichi Itagaki zeigt - eine ,,Pre-Discovery-Aufnahme" also! Viel Spaß bei der Bilderschau! Peter Riepe und Dietmar Bannuscher
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Supernovae

1 18.05.2023
Linke Seite: Bildautor Rainer Kleibrink schreibt: ,,Ich habe zufällig M 101 in der Nacht vom 18. auf den 19.05.2023 von 20:47 Uhr bis 23:57 Uhr UTC fotografiert. Nach Bekanntwerden der Supernova stellte ich fest, dass auf meinen Aufnahmen die SN 2023ixf im Frühstadium vor der Entdeckung durch den Japaner Koichi Itagaki sichtbar ist." Teleskop: 10-Zoll-Newton (Lacerta f/5), Kamera: QHY268C, Montierung: 10Micron GM1000 HPS, Einzelbelichtungen je 5 Minuten. Aufnahmeort: Ostwestfalen-Lippe.

2 25.05.2023
Die SN 2023ixf in M 101 am 25.05.2023, Teleskop: Celestron 14 Hyperstar (f = 688 mm, Öffnungsverhältnis 1:1,9), Kamera: ZWO ASI294MM, Baader-Luminanzfilter Belichtungszeit 360 x 30 s, Bildbearbeitung mit PixInsight und Photoshop, Aufnahmeort: Kirberg/ Taunus, Bildautor: Peter Remmel.

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Supernovae
3 25.05.2023
Messier 101 mit SN 2023ixf, 25./26.05.2023, Celestron 11 Edge HD mit Reducer (f = 1.960 mm), Kamera: ALccd9 mit Filterrad, Belichtung ab 22:50 Uhr MESZ wie folgt: R, G und B jeweils 8 x 5 min, L 18 x 5 min, insgesamt 3,5 Stunden. Aufnahmeort: Peine, Niedersachsen. Bildautor: Reiner Guse.
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Supernovae
4 03., 04. und 05.06.2023
SN 2023ixf in M 101, Teleskop: Meade LX200 16 Zoll EMC, mit Reducer Starizona 0,65x, Kamera: SBIG ST-4000XM, LRGB-Aufnahme vom 03.06.2023 mit Optolong-L-Pro-Filter (belichtet 8 x 10 min) und vom 04.(bei Vollmond) und 05.06.2023 mit Baader-RGB-Filtern (belichtet je 8 x 5 min). Aufnahmeort: Oer-Erkenschwick (Westfalen). Bildautor: Thomas Wahl. Dieses Bild ist auf dem Titel dieses Heftes zu sehen.
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Supernovae

5 12.06.2023
M 101 mit SN 2023ixf, Teleskop: Vixen Cassegrain VC-200L (200 mm / 1.800 mm), Kamera: ZWO ASI2600MC-Pro, belichtet 60 x 1 min am 12.06.2023 bei Gain 100 (von 450), Bildautor: Johann Spuling.

6 14.06.2023
Messier 101 und ihr Begleiter NGC 5474 mit SN 2023ixf in der Nacht 14./15.06.2023, Teleskop: 130-mm-Refraktor (f/6) mit 0,8-fachem Reducer (f = 624 mm), Kamera: ZWO ASI294MM Pro mit 2x2-Binning, Belichtung: 100 x 60 s mit L-Filter bei Gain 100 (von 450) und Kühlung auf -15 Grad C, Aufnahmeort: Gartensternwarte in Bad Camberg. Bildautor: Dietmar Bode.
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Supernovae
7 17.06.2023
Messier 101 mit und ohne Supernova 2023ixf, GSO-RC-Teleskop von TS Optics (204 mm / 1.624 mm), gekühlte CMOS-Kamera Altair Hypercam 26C APS-C Colour TEC, Montierung: iOptron CEM60-EC. Oben: Aufnahme am 08.03.2022 ohne SN 2023ixf, 144 min belichtet, unten: am 17.06.2023 mit SN 2023ixf, 225 min belichtet, dieses Bild einschließlich TS-CCD-Reducer 0,67x und Schmalbandfilter Optolong L-enhance für H + [NII] sowie für [OIII]. Himmelsqualität Bortle 6, Aufnahmeort: Rottenburg/Laaber, Bildautor: Hans Gerhard Weber.
8 30.06.2023
SN 2023ixf am 30.6.2023 um 22:38 Uhr UT, Helligkeit 11,9 mag. Einzelaufnahme 2 min remote am PIRATE-Teleskop (Öffnung 61 cm, CCD-Kamera und BVR-Filter) der OpenScience Observatories am Teide-Observatorium, Teneriffa. Bildautor: Klaus Wenzel.
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Supernovae
9 31.05. bis 07.07.2023
M 101 mit SN 2023ixf und Begleitgalaxie NGC 5474 (unten). Kombination von Beobachtungen in 7 Nächten vom 31.05. bis 07.07.2023. Davon 5 Nächte Luminanz mit Celestron 11 HyperStar und Mono-Kamera Altair AA26mTec, kombiniert mit Farbaufnahmen aus 2 Nächten mit Kamera Altair AA26cTec, dazu 7 Nächte Farbe mit einem Celestron 14 Edge HD mit Reducer 0,7x. Insgesamt 19,4 Stunden mit dem C11 bei f/2 und 15,3 Stunden mit dem C14 bei f/7,7, in der Summe 34,7 Stunden. Montierung: 10Micron GM2000 HPS, Aufnahmeort: Rheinberg/Niederrhein, Bildautor: Werner E. Celnik.
1 0 31.05. bis 06.07.2023
Bildserie mit Bildausschnitten des hellen südöstlichen Spiralarms von M 101 mit der SN 2023ixf vom 31.05. bis zum 06.07.2023. Teleskop: C14 Edge HD mit Reducer 0,7x (f = 2.737 mm). Die SN ist am 06.07. deutlich schwächer und röter geworden (siehe dazu auch den Bericht von Michael König zur Spektroskopie der Supernova SN 2023 ixf). Aufnahmeort: Rheinberg/Niederrhein, Bildautor: Werner E. Celnik.
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Amateurteleskope/Selbstbau

Sol`Ex, der Spektroheliograph für jedermann
von Sabine Mauer

Der Begriff Sol`Ex steht für ,,Solar Exploration" oder ,,Solar Explorer". Es handelt sich um einen Selbstbau-Spektroheliographen zur Erforschung und zum Studium der Sonne und ihrer verschiedenen Phänomene. Mit Sol`Ex kann die Oberfläche unserer Sonne im Licht verschiedener Spektrallinien abgescannt und in Form von Videos aufgezeichnet werden. Die Methode dazu ist nicht neu, und der Selbstbau ist heute mit 3D-Druckern einfach umzusetzen.
Eine Gruppe um Christian Buil hat einen Selbstbausatz für den 3D-Drucker mit dem französischen Hersteller Shelyak verwirklicht [1, 2, 3]. Die Software INTI zum Auslesen der Videos wurde von Valerie Desnoux und ihren Mitarbeitern geschrieben [4]. Eine weitere gibt es von Douglas Smith [5]. Das Design ist auf kleine Teleskope und Objektive abgestimmt.
Nachdem der Sol`Ex erfolgreich an ein Teleskop oder Objektiv adaptiert wurde,

1 Der Sol`Ex, angeschlossen
am Teleskop
werden Videosequenzen in der Wellenlänge der vorgesehenen Absorptionslinie wie zum Beispiel H aufgenommen. Dabei wird die Sonne einmal komplett abgescannt. Den Rest erledigt die entsprechende Software. Auf die Sonnenphysik und deren Beobachtung gehe ich in diesem Artikel jetzt nicht ausführlich ein.
An ein wenig Theorie kommen wir aber doch nicht vorbei. Der Spektroheliograph Sol`Ex zerlegt in erster Linie das Sonnenlicht in seine einzelnen Wellenlängen. Der Instrumenteneingang besteht aus einem schmalen, 10 Mikrometer breiten und 4,5 mm hohen Eintrittsspalt, der sich im Brennpunkt des Teleskops befindet. Danach folgt ein achromatisches Dublett mit 80 mm Brennweite, das speziell für Sol`Ex optimiert wurde. Diese Linsen sorgen dafür, dass die aus einem Spalt austretenden Lichtstrahlen parallel zueinander verlaufen und dann auf ein holografisches Beugungsgitter mit 2.400 Linien/mm treffen, das für die spektrale Streuung des Lichts sorgt. Ein Objektiv mit einer Brennweite von 125 mm, das ebenfalls speziell für Sol`Ex hergestellt wurde, bündelt schließlich alle Strahlen in der Detektorebene.
In der Gitterebene beträgt das Öffnungsverhältnis des angenommenen Strahlenbündels etwa 1:10,6. Das ist auch das optimale Arbeitsöffnungsverhältnis. Die optimale Brennweite des Objektivs beträgt, um die Sonne komplett abzubilden, abhängig von der Pixelgröße der Aufnahmekamera ungefähr 420 mm. Der Sol`Ex funktioniert bis zu einer Brennweite von 1.200 mm. Für diese längeren Brennweiten müssen die jeweiligen Teilbereiche der Sonne gescannt

werden, um ein Gesamtmosaik zu erstellen. Ich habe mich für die Umsetzung mit einem preiswerten Einsteiger-Teleskop von Acuter entschieden, dem Maksutov-Teleskop MC 60/750 Maksy 60 Discovery. Dafür musste ich mir noch einige Teile für die Adaption selbst drucken. Als Aufnahmekamera habe ich sowohl die PlanetPro USB3.0 (IMX178 mono) von Lacerta als auch die ZWO ASI178MM (Mono) verwendet. Beide verfügen über eine hohe Empfindlichkeit und eine schnelle Ausleserate. Überhaupt ist Geschwindigkeit und Leistung des verwendeten Computers auf jeden Fall ein Vorteil bei der Datengewinnung. Als Aufnahmesoftware eignen sich SharpCap und auch FireCapture.
Nun stelle ich kurz mein persönliches Vorgehen bei einer Aufnahmesequenz mit der Software SharpCap vor (Abb. 1). Das Teleskop wird auf die Montierung gesetzt und in Richtung Sonne geschwenkt. Dabei halte ich die Hand oder ein Blatt Papier über den Okularauszug, um so zu erkennen, wann sich die Sonne ins Blickfeld bewegt. Die Interpretation des Schattens des Teleskopes ist hilfreich bei der Beurteilung, in welche Richtung die Montierung geschwenkt werden sollte. Ist dies gelungen, setze ich den Sol`Ex an das Teleskop und befestige ihn. Hierbei ist es wichtig, dass er entsprechend der Stundenachse ausgerichtet wird, d. h.: Hat man den Sol`Ex mit dem ,,gesunden Augenmaß" parallel zur Prismenschiene des Teleskops ausgerichtet, wird die nötige Genauigkeit meist schon erreicht. Die Nachführung wird auf Solar eingestellt. Die Kamera wird mit dem Notebook verbunden und SharpCap gestartet. Ob die Montierung über den PC oder über den Handcontroller gesteuert wird, sei jedem selbst überlassen. Ich nehme beim Sol`Ex den Handcontroller meiner Sky-WatcherMontierung AZ-EQ6.

30 | Journal für Astronomie Nr. 88

Amateurteleskope/Selbstbau

2 H-Aufnahme vom 01.06.2023

3 H-Aufnahme vom 28.05.2023

4 Ca-Aufnahme vom 28.05.2023

5 H-Aufnahme vom 28.05.2023

Amateurteleskope/Selbstbau

Meine Einstellungen für die ZWO-Kamera ASI178MM sind: - Output Format = SER file (*.ser) (Auto) - Colour Space = MONO16 - High Speed Mode = On - Turbo USB = 80 - Gain = 206 - Exposure = 3,157 ms
Das sollten für jeden zumindest gute Ausgangswerte sein. Zuerst wird auf das Spektrum selbst fokussiert. Dies geschieht am Sol`Ex selbst mit dem Heliofokalauszug, an dem die Kamera sich befindet. Goldene Regel: Lasst Euch bei jedem Fokussieren immer genug Zeit. Sitzt der Fokus nicht, ist die folgende Arbeit für die Katz`.
Jetzt wird in unserem Falle eine ROI (region of interest) um die H-Absorptionslinie gezogen. Da die Linie konstruktionsbedingt etwas gekrümmt ist, sollte die Höhe 120 bis 160 Pixel betragen. Ist die Linie zentriert, suchen wir uns den Sonnenrand. Dieser wird nun am Teleskop selbst fokussiert. Auch hier lieber mehr Zeit investieren als zu wenig. Da wir die Sonne über die Stundenachse entlang der Rektaszension scannen, bewegen wir das Teleskop mit der Steuerung an den oberen Rand mit der entsprechenden Steuerungstaste. Dabei fällt auf, dass in der Absorptionslinie - senkrecht zum Verlauf - schwarze Linien erscheinen und verschwinden. Das sind die Filamente der Sonne und wir können diese verwenden, um unseren Fokus noch ein wenig zu verbessern. Bei der Ca-Linie sieht man weiße Auslöschungen, die ebenfalls hervorragend zum Nachfokussieren geeignet sind. Obacht! Wechselt man die Absorptionslinie, muss das Spektrum noch einmal am Sol`Ex nachfokussiert werden [6].
Der Scanvorgang selbst hängt wieder von der eigenen Technik ab. In meinem Fall ergibt Rate 2 (8-fache Geschwindigkeit) die

besten Ergebnisse. Das muss jeder selbst für sich und sein Equipment herausfinden. Mein Teleskop hat eine Brennweite von 720 mm und so passt die Sonne nicht komplett auf den Chip. Deswegen mache ich drei Durchgänge pro Sonnenbild. Es reichen zwar zwei, aber beim Zusammensetzen des Mosaiks gibt es öfter Probleme. Zurzeit ist die Sonne sehr aktiv, und so gibt es genug Details für das automatische Zusammensetzen eines Sonnenmosaiks durch Programme wie z. B. Photomerge unter Photoshop (,,Stitchingprogramme"). Das wird nicht so bleiben, denn das nächste Sonnenminimum ist gewiss. Außerdem gab es unsaubere Übergänge. Zunächst fahre ich also zum oberen Rand der Sonne und richte diesen am linken Rand der ROI aus. Danach befördere ich die Sonne einmal ganz aus dem Bild, denn wir wollen keine Protuberanz abschneiden. Nun wird die Aufnahme gestartet und die Sonne
Internethinweise (Stand Juli 2023): [1] C. Buil: ,,Theorie zum Sol`Ex",
www.astrosurf.com/solex/solextheory-en.html
[2] C. Buil: Homepage, www.astrosurf. com/solex/sol-ex-presentation-en. html
[3] C. Buil: ,,Astro-Spectro YouTube Kanal", www.youtube.com/ @astro-spectro280

mit achtfacher Geschwindigkeit durch das Bild bewegt. Es ist auch möglich, die Sonne von unten nach oben, also in umgekehrter Richtung, zu scannen. Pro Bildabschnitt mache ich fünf Durchläufe. Die Auswertung erfolgt über die beiden Programme, die ich schon erwähnt habe. Welches man bevorzugt, ist wiederum Geschmackssache. Die Software kann einige Aufnahmefehler korrigieren, reagiert allerdings sehr empfindlich auf Verwacklungen. Es sollte also eine Phase zur Aufnahme abgewartet werden, in der es möglichst windstill ist. Die Weiterverarbeitung erfolgt in der Regel mit der üblichen Bildbearbeitung (Abb. 2-5).
[4] V. Desnoux: ,,INTI-Software", http://valerie.desnoux.free.fr/inti/
[5] D. Smith: Software für Sol`Ex, https://github.com/thelondonsmiths/ Solex_ser_recon_EN/releases
[6] Sol'Ex-Videos von Beispielscans: https://stadtlandhunsrueck.de/ solex/

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Amateurteleskope/Selbstbau

Das StarSense Explorer von Celestron
- Platesolving mit dem Handy
von Bernd Gährken

Um mit einem Teleskop Objekte schneller zu finden, gibt es verschiedene Ansätze zur Automatisierung. Klassisch sind die GoToSysteme, die ihre Position über die Motorumdrehung finden. Daneben haben sich Encoder-Systeme etabliert, die mit einer optoelektronischen Hardware arbeiten. Mit der steigenden Leistungsfähigkeit der Computer kam in den letzten Jahren das Platesolving hinzu. Das Platesolving nutzt eine empfindliche Webcam, um Fotos des Sternenhimmels zu erstellen und die Sternmuster mit gespeicherten Sternkarten abzugleichen. Daraus wird dann die Position des Teleskops abgeleitet. Während GoTo und Encoder vor dem Start mit Hilfe von Ort, Datum und Uhrzeit am Sternenhimmel eingeeicht werden müssen, ist das Platesolving flexibler im Handling.

1 StarSense mit eingelegtem Handy

Die erste Generation der Platesolving-Systeme arbeitete noch mit einer speziellen Kamera und einem Laptop. Inzwischen sind die Computer und Kameras in den Smartphones so leistungsfähig, dass auf eine externe Hardware verzichtet werden kann. Platesolving in der Hosentasche - kann das funktionieren? Die Firma Celestron sagt ja und hat eine Serie von Anfängerteleskopen auf den Markt gebracht, die mit einem Spiegelsystem ausgestattet sind, in das Smartphones eingelegt werden können. Das System wird unter dem Begriff ,,StarSense Explorer" vertrieben (Abb. 1).
Aktuell ist das StarSense Explorer nur in Verbindung mit einem Celestron-Teleskop erhältlich. Das einfachste Modell ist ein 70-mm-Refraktor für etwa 300 Euro. Das Spitzenmodell ist ein 10-Zoll-Dobson zum 5-fachen Preis. Ein StarSense Explorer ohne Teleskop ist nicht erhältlich. Wer also mit einem bereits vorhandenen Gerät die neue Technik nutzen möchte, muss sich ein günstiges Teleskop kaufen und etwas basteln.

Für den eigenen Test wurde der preiswerte StarSense Explorer-Refrakor mit 70 mm Öffnung erworben und das Spiegelsystem vom Tubus abgeschraubt. Im Internet fand sich eine STL-Datei zum 3D-Druck eines Adapters für Sucherschuhe [1]. Der Charme dieser Lösung ist, dass man so den StarSense Explorer zwischen mehreren Teleskopen wechseln kann. Zusätzliche Sucherschuhe gibt es für wenige Euro im Astrohandel. Wer keine Löcher in den Tubus bohren möchte, kann zur Parallelmontage des vorhandenen Suchers auch einen Omegon-Tri-Finder verwenden (Abb. 2).
Bei einem Dobson lohnt sich die Montage eines weiteren Sucherschuhs auf der Drehachse, um eine Kopflastigkeit zu vermeiden. Die Smartphonehalterung hat ein Spiegelsystem. Das Handy liegt dadurch flach auf dem Teleskop, was den Anblick bei der Ausrichtung erleichtert. Für den ersten Test wurde ein zwei Jahre altes Huawei-Handy für 200 Euro verwendet. Die Installation der StarSense Explorer-Software war problemlos. Mit dem Teleskop werden

fünf Freischaltcodes geliefert. Das Handy wird in die Handy-Halterung geklemmt und über den Spiegel justiert. In der Anleitung empfiehlt der Hersteller die Justage am Tag. Zum Üben ist das in Ordnung, doch i. d. R. ist nachts eine erneute Justage notwendig. Dabei ist es wichtig, das Handy auf den ,,Nacht-Modus" zu schalten. Viele Nutzer übersehen das dafür vorhandene Häkchen bei der Handy-Ausrichtung. Die Ausrichtung ist ansonsten schnell gemacht. Das Teleskop wird auf einen hellen Stern eingestellt. Im Nachtmodus ist der Stern auch auf dem Handy zu sehen. Dort wird hochgezoomt und mit einem Fadenkreuz auf den Stern geklickt - fertig! Das Handy und die Software stimmen sich ab. Danach drückt man auf das Lupen-Symbol, um das Zielobjekt zu wählen. Es werden verschiedene Kataloge angeboten. Im Suchfeld kann einfach eine Katalognummer eingeben werden. Neben dem NGC/IC sind auch einige exotische Kataloge eingebunden. Wichtig ist bei der Suche, dass der erste Buchstabe der Katalogbezeichnung groß geschrieben wird. ,,Sh2-71" führt zum Ziel, aber ,,sh2-


Amateurteleskope/Selbstbau

nötigten zwei oder drei Anläufe, bis sie im Aufsuchokular standen.

2 Die Doppelmontage mit einem ,,Trifinder" erspart das Bohren neuer Löcher im Tubus.

Der dritte Test erfolgte in den Hochalpen unter besten Bedingungen im Juli 2022 (Abb. 3 und [2]). Nach der Kalibration an Arktur wurde die Vorschlagsliste ,,Heute Nacht" angeklickt. Dort wurden 20 helle Objekte und 30 Herausforderungen angezeigt. Zu den Highlights der Nacht zählte auch der Komet C/2017 K2 (PANSTARRS). Als er eingestellt wurde, stand der Komet unweit des Westhorizontes. Dabei fiel auf, dass die StarSense Explorer-Software über den Standort das lokale Alpenpanorama berechnet und in die Simulation einbaut.

71" wird nicht angezeigt. Getestet wurde auch Pgc143. Die Zwerggalaxie mit dem Eigennamen Wolf-Lundmark-Melotte war im Datensatz ebenfalls vorhanden. Exoten scheinen also gut abgedeckt zu sein. Nachteilig ist, dass keine eigenen Benutzerobjekte definiert werden können. Falls am Himmel etwas Neues auftaucht, müsste die Software aktualisiert werden. Ansonsten ist der Offline-Betrieb weltweit möglich.
Der erste Test erfolgte auf dem heimischen Balkon in der Innenstadt von München. Obwohl die Sicht eingeschränkt war und nur wenige Sterne sichtbar waren, gelang es doch, M 13 zu finden. Wenn die Handy-Kamera durch Bäume oder durch die Decke des darüberliegenden Balkons teilweise abgedeckt war, gelang das Platesolving nicht. Der Einsatz auf dem Balkon funktionierte zwar, aber es machte keinen Spaß.
Der zweite Test erfolgte unter ländlichem Himmel. Verwendet wurde diesmal ein StarSense-Seriengerät: der ,,Celestron N 130/650 Explorer DX 130 AZ". Bereits in der Dämmerung am noch stark aufgehellten Abendhimmel führte die Navigation per Smartphone zielsicher zum Kleider-

bügel-Haufen Collinder 399. Eine manuelle Suche per Starhopping war zu diesem Zeitpunkt unmöglich, da mit bloßem Auge schlichtweg zu wenig Sterne zur Orientierung sichtbar waren. Mit gleichmäßiger Aufhellung kommt die Technik gut zurecht. Anders verhält sich das bei ausgeprägten Helligkeitsgradienten am Himmel. Das kann zum einen bei vertikalen Gradienten durch Lichtverschmutzung in Horizontnähe verursacht werden. Aber auch Himmelsaufhellung durch den Mond wirkt sich bei Annäherung an unseren Trabanten störend auf die Treffsicherheit von StarSense aus, wie eine Beobachtung bei zunehmendem Mond (Mondalter 6 Tage) gezeigt hat. Die App findet dann nicht die ideale Einstellung aus Kameraempfindlichkeit und Belichtungszeit, um die Sterne in dem ungleichmäßig dunklen Himmelsausschnitt abzubilden, und die Zielgenauigkeit lässt nach.
Andere Standardobjekte in der Sommermilchstraße wurden an einem Beobachtungsabend zielsicher gefunden. Darunter Objekte wie M 56, M 71, M 11, M 26. Tief stehende Objekte wie M 6 oder M 7 wurden nicht mehr so zuverlässig gefunden und be-

Auf dem Handydisplay war zu sehen, dass der Komet bald hinter einem Berg verschwinden würde. Trotzdem gelang es noch, den Schweifstern aufzufinden. Das Aufsuchen ist ein iterativer Prozess. Die Software zeigt mit einem Pfeil, in welche Richtung man sich bewegen soll. Nach jeder Bewegung des Teleskops macht das Handy ein neues Foto und führt das Platesolving durch. Das dauert ein paar Sekunden. Auf dem Display kann man dann sehen, wo das Fernrohr am Himmel steht und in welche Richtung man sich als nächstes bewegen soll. Der Maßstab der Simulation passt sich dabei automatisch an. In der Nähe des Zielobjektes wird die Karte vergrößert und der Nutzer weiß, dass er nun feinfühlig vorgehen soll. Nach einem halben Dutzend Iterationen ist das Zielobjekt gefunden. Die Genauigkeit der Positionierung liegt mit etwas Übung bei etwa einem Monddurchmesser. Eine geringe Vergrößerung beim Okular ist also sinnvoll. Helle Objekte findet man so leicht. Bei schwachen Objekten kann der StarSense Explorer eine gute Vorbereitung mit gedrucktem POSS-Foto oder einer Detailkarte nicht ersetzen, ist bei der Lokalisierung aber trotzdem eine große Hilfe.

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Amateurteleskope/Selbstbau

Weitere Testobjekte waren der 9 mag helle Kugelsternhaufen NGC 6229 und der Gasnebel M 8. Das Aufsuchen von NGC 6229 klappte problemlos, doch M 8 stand schon sehr nah am Horizont und war kurz vor dem Untergang. Bei einem Standort im Flachland hätte man den Lagunennebel in dieser Höhe nicht mehr eingestellt, doch in den Hochalpen war das noch möglich. Es zeigte sich, dass bei Objekten mit weniger als 10 Grad Horizontabstand das Platesolving nicht mehr gut funktioniert. Für die Kamera ist dort schon zu viel vom Sternenhimmel abgedeckt und vielleicht spielt auch der Sternversatz durch die Refraktion eine Rolle.

Die sommerliche Beobachtungsnacht dauerte ca. 4 Stunden. Zu Beginn hatte das Handy einen Ladestand von 85%. Am Ende waren noch 18% übrig. Die StarSense-App benötigt reichlich Strom und das Handy war spürbar wärmer als die Umgebung. In einer langen Winternacht wird ein HandyLadekabel mit einer externen USB-Powerbank nötig sein.
Fazit Mit dem StarSense Explorer präsentiert Celestron bereits im ersten Schritt eine überraschend ausgereifte und funktionstüchtige Aufsuchhilfe für das Handy. Kleinigkeiten sind noch zu verbessern, aber das unkomplizierte Handling und der Verzicht auf zusätzliche Hardware zeigen: dem Platesolving per Handy gehört die Zukunft! Ein Handyhalter ist viel einfacher zu installieren als ein Encodersystem und passt an JEDES Teleskop. Bei Encodern ist eine Adaption an ein vorhandenes Teleskop manchmal mechanisch aufwändig und keineswegs trivial. Die Bewegung der Montierungsachsen und der Encoderachsen müssen aufeinander abgestimmt werden - eine Hürde, die beim Platesolving keinerlei Rolle spielt.

3 Beobachtungsnacht im Juli 2022 in Sölden

Noch ist das Platesolving mit dem StarSense Explorer auf eine kleine Baureihe von Celestron-Teleskopen beschränkt, doch das könnte sich in Zukunft ändern. Bei den zahlreichen Planetariumsprogrammen am Markt sind schon 90% des Weges geschafft und der Rest hängt eher an der immer besseren Technik der Handys. Encoderlösungen haben noch einen Platz als Nischentechnik. Sie sind überlegen, wenn es nur Wolkenlücken gibt oder vom Balkon nur kleine Himmelsausschnitte zu sehen sind.

Internethinweise (Stand Juli 2023): [1] 3D-Druck: Adapter für Sucher-
schuhe, www.thingiverse.com/ thing:4868065/files [2] B. Gährken, 2022: ,,Beobachtungsbericht Juli 2022", http://astrode. de/7kallist25j22c.htm

Das Aufsuchen per Platesolving erfolgt schrittweise und dauert ein oder zwei Minuten. Bei bekannten Standardobjekten wird ein erfahrener Beobachter mit dem Sucher schneller sein, doch gerade erfahrene Beobachter mögen es auch, schwierige Objekte abseits der üblichen Pfade aufzusuchen. Da fehlen dann oft die nötigen Orientierungssterne und der StarSense Explorer ist ein Schritt nach vorn. Wenig erfahrene Anfänger können vom StarSense Explorer am meisten profitieren. Das Handling ist einfach und das Starhopping per Sternkarte muss nicht mehr erlernt werden.


Astrofotografie

50 mm, unmodifiziert und dennoch ...
von Gerhard Herzog

Als ,,klassischer" Sternfreund, ausgestattet mit nur sehr bescheidener Ausrüstung, sieht man sich angesichts der im Journal für Astronomie immer wieder abgedruckten Bilder fast ständig im Abseits der Astrofotografen stehen. Durch die Verhältnisse bedingt ist eben doch nicht jeder in der Lage, sich ein häufig mehrere tausend Euro teures Teleskop und eine dementsprechende Kameraausrüstung zu leisten. Das Ergebnis: Viele geben sich, gelenkt durch den Gedanken an die ,,Nichtmachbarkeit" der Astro- oder gar der Deep-Sky-Fotografie, der Abstinenz auf diesem Gebiet hin.

Dass das allerdings völlig unnötig ist, sei einmal an einem kleinen Beispiel gezeigt. Voraussetzung ist jedoch, dass man sich von vornherein über die Machbarkeit seines Vorhabens Gedanken macht: - Gibt die Himmelsgüte (Lichtverschmut-
zung etc.) eine Aufnahme überhaupt her? - Verfügt mein Standort über die Möglich-
keit, auch einmal etwas längere Belichtungszeiten zu realisieren? - Und beherrsche ich die zur Verfügung stehende Technik gut genug, um erfolgversprechend zumindest einmal den Versuch zu wagen? - Gleichzeitig eignen sich für Besitzer kleiner und kleinster Ausrüstungen natürlich nur einigermaßen großflächige Deep-Sky-Objekte.

Dementsprechend informierte ich mich im Frühherbst 2022 über die Himmelsgüte an meinem Standort im Randbereich der heimatlichen Kleinstadt Bad Krozingen. Die Lichtverschmutzungskarten (Internet) zeigten einen Himmel der Klasse Bortle 4. Bei der visuellen Kontrolle konnte ich aus meinem Garten heraus nach Eintritt vollständiger Dunkelheit sowohl die Milchstraße als auch den Andromeda-Nebel mit bloßem Auge wahrnehmen. Dies sollte für das Geplante also ausreichen.

1 Der Nordamerika-Nebel, aufgenommen mit einfachen Mitteln, Aufnahmedaten im Text.
Bild: Gerhard Herzog.

Die einfache Technik Gleichzeitig hatte ich bereits einige Erfahrungen mit der Kombination einer einfachen Uhrwerksnachführung auf Fotostativ und einer nicht astromodifizierten DSLRKamera gesammelt. Über einen Adapterring wurde an diese Kamera, eine Canon

EOS 1200D, ein uraltes (knapp 50 Jahre!) 50-mm-Objektiv mit einer Offenblende von 1,8 angeschlossen. Nach Einnordung mittels Polsucherfernrohr konnte dann das Objekt der Begierde ins Visier genommen werden. Die im Lieferumfang der Kamera enthaltene Software zur Einstellung an

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Astrofotografie

einem Laptop kam zur Scharfstellung der Sternabbildungen, zur Abbildungskontrolle und zur Programmierung einer kleinen Serienbelichtung zum Einsatz. Es zeigte sich, dass ein minimales Abblenden des Objektivs auf Blende 2,8 der Sternabbildung vor allem in den Ecken des Bildfeldes zuträglich sein würde. Danach wurde die Kamera mittels Kugelkopf anhand des freien Planetariumprogrammes Stellarium auf einen Bereich knapp östlich des Sterns Deneb im Schwan ausgerichtet. Probeaufnahmen hatten mir einige Tage zuvor schon gezeigt - der auf dem Programm stehende Nordamerika-Nebel war auf Einzelaufnahmen einfach nicht sichtbar -, welche Konstellation auf dem Laptop-Bild bei maximaler Chipempfindlichkeit zu sehen sein müsste.
Die Aufnahmen Und so wurde dann eine kleine Aufnahmeserie gestartet, die ich leider aufgrund durchziehender Schleierbewölkung schon relativ bald abbrechen musste. Die insgesamt 35 Einzelbelichtungen erfolgten bei ISO 400 und 60 Sekunden Belichtungszeit. Eher zweifelnd, ob diese gewählten Parameter ausreichen würden, um überhaupt

etwas erkennen zu können, lud ich die Bilder zum Stacking in das frei im Internet verfügbare Programm Sequator. Durch Vorversuche schlau gemacht, verwendete ich auch das in Sequator verfügbare Verfahren ,,Merge 4 Pixels", welches einem 2-fachen Binning entspricht.
Die Bearbeitung Und es war erstaunlich: Natürlich noch ohne große Farbigkeit zu zeigen, erschien im resultierenden Bild bereits der bekannte, typische Nebelumriss. Dieses Summenbild wurde danach in das ebenso frei herunterladbare Bildbearbeitungsprogramm GIMP (Version 2.10) geladen und mittels Erhöhung der Farbsättigung, eines mehrstufigen Stretchings sowie einer nochmaligen RGB-Korrektur (starkes Anheben der Rotanteile im Bild und mäßige Rücknahme der Grün- und Blauanteile) in das Endergebnis überführt.
Und siehe da: Sowohl der Nordamerika-Nebel NGC 7000 als auch der Pelikan-Nebel und die schmetterlingsförmige HII-Region bei Cygni kommen im Bild klar zum Vorschein. Ob im Druck noch erkennbar oder nicht, zeigt

An unsere Leser
Eine gute Mischung an Artikeln ist unser Rezept. Deshalb bieten wir unseren Mitgliedern nicht nur Highend-Artikel und Astrofotos auf höchstem Niveau. Alle Astrofotografen - auch Einsteiger und solche, die ihr Hobby mit einfacher Ausrüstung betreiben - haben die Möglichkeit, ihre Erfahrungen und Ergebnisse in unserem Journal zu veröffentlichen. Die folgenden Beiträge von Gerhard Herzog und Jürgen Behler gehen genau in diese Richtung.
Peter Riepe, Redaktion
das Originalbild in einer Ecke sogar noch eine Spur des östlichen Cirrusnebels NGC 6992. Fazit: Auch mit kleiner und kleinster Ausrüstung, etwas Erfahrung und Geduld ist - zumindest bei gewissen Objekten - ein erfolgreiches Ablichten von Deep-Sky-Objekten möglich. Dies zu zeigen, war, wie eingangs schon gesagt, mein Hauptanliegen.

Einfache Himmelsaufnahmen mit dem Smartphone
von Jürgen Behler

Nach einer längeren astrofotografischen Pause habe ich in der letzten Zeit mal wieder Aufnahmen gemacht, nichts Besonderes, aber für mich gab es eine freudige Überraschung. Ich habe nämlich entdeckt, dass einfache Aufnahmen auch mit simpler Technik sehr schön machbar sind und zwar mit einem Handy als Aufnahmekamera. Es handelt sich um ein Xiaomi Smartphone REDMI Note 10 Pro.
Um Strichspuren der Sterne zu vermeiden, habe ich das Handy in einer selbst gebauten Halterung mit einem Kugelkopf auf eine

ältere Selbstbaumontierung gesetzt, diese auf ein Stativ (Abb. 1). Alles kurz auf den Polarstern ausgerichtet und schon konnte ich per Kurbel der Himmelsdrehung folgen. Die Stunden-Drehachse liegt rechts außen an dem runden Knopf der doppelten Aluminiumplatte, die kleine Winkelkurbel ist links unten zu sehen. Beide Aluplatten können so einfach gegeneinander verschoben werden. Die Abbildung 2 entstand am 15.12.2022 in meinem Heimatort Geseke.
1 Meine kleine selbstgebaute Montierung
mit dem Smartphone auf dem Stativ


Astrofotografie
2 Die aufgehenden Wintersternbilder (Aufnahmedaten siehe Text)
Am Osthorizont verläuft eine Allee, dazu nahm ich einen Hochstand mit ins Bildfeld. Direkt über den Bäumen geht der Orion mit seinen markanten drei Gürtelsternen in Schieflage auf. Darüber erstreckt sich der Stier bis zu den Hyaden, wo auch Mars hell leuchtet. Es ist schon toll, was diese kleinen Technikwunder zustande bringen. Und dabei nicht zu vergessen: Die Optik der Smartphone-Kamera hat nur 3 mm Durchmesser! Belichtet wurde 10 Sekunden bei ISO 6400, maximal sind 30 Sekunden möglich.
3 Ausschnitt aus Abb. 2 zur
Bestimmung der Sterngrenzgröße, im Kontrast verstärkt
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25 Jahre Very Large Telescope
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NGC 6951 im Cepheus, eine Galaxie hinter Staub
von Stefan Binnewies

Gleich zwei Entdecker kann diese Spiralgalaxie vorweisen: Jerome Coggia 1877 in Marseille und unabhängig davon 1885 Lewis Swift in den USA. Heute kennen wir auch die Entfernung dieser als Typ SAB(rs) bc klassifizierten Galaxie, es sind 73 Millionen Lichtjahre. NGC 6951 besitzt einen Durchmesser von 83.000 Lichtjahren, sie ist damit etwas kleiner als unsere Milchstraße,
1 Seite 40: NGC 6951, aufgenommen
zwischen dem 01. und 22.08.2022 mit einem 60-cm-Hypergraphen im Primärfokus (f = 1.816 mm) am SkinakasObservatorium auf der Insel Kreta, Gesamtbelichtungszeit 425 min mit einer ZWO ASI 094 MC Pro-Kamera. Norden ist rechts. Bildautoren: Josef Pöpsel, Stefan Binnewies, Frank Sackenheim.

hat darüber hinaus aber einen aktiven Seyfert-2-Kern. Diese Galaxie wird von Amateuren gerne fotografiert, garnieren das Feld doch neben NGC 6951 auffällig bräunlich gelbliche Nebelschwaden. Das ist der galaktische Zirrus, der unsere gesamte Milchstraßenebene umgibt. Insbesondere im Sternbild Cepheus finden sich viele dieser Nebelschwaden, fadenförmig, in Girlanden- oder Knotenform gehören sie zur ausgedehnten Cepheus-Molekülwolke. Der mit dieser Molekülwolke assoziierte Staub besteht aus sehr kleinen Partikeln (Durchmesser 10 nm bis 100 nm) und beinhaltet Silikate und kohlenstoffbasierte Konglomerate, abgestoßen von roten Riesensternen vor und während einer Supernova. Die Entfernung dieser Schwaden ist nicht gut bestimmbar, sie dürfte nur wenige Zehntausend AE bis einige 100 Lichtjahre betragen.


Astrofotografie

Der Nordamerikanebel und sein anregender Stern
von Frank Unger und Peter Riepe

Der Nordamerikanebel zählt zu den beliebten Standardmotiven, die jeder Astrofotograf irgendwann einmal in guter Qualität aufgenommen haben muss - dazu noch möglichst in Farbe. Darum geht es aber in diesem Beitrag gar nicht, sondern um einen Aspekt, der den meisten neu sein dürfte.
In den Tagen der weißen Nächte, also rund um die Sommersonnenwende, wird es im Rhein-Main-Gebiet nicht astronomisch dunkel. Zu dieser Zeit waren aber die Nächte sternenklar. Um diese Möglichkeiten nicht ungenutzt zu lassen, entschied Frank sich für eine monochrome Schmalbandaufnahme in der Filterung H+[NII].
Ziel war NGC 7000, der bekannte Nordamerikanebel im Sternbild Schwan (Cygnus). Die Abbildung 1 zeigt eine Detailaufnahme des ,,Golfs von Mexiko". Seine südöstliche

Umrandung ist auch als ,,The Great Wall" oder als ,,Cygnus Wall" bekannt. In der Hauptlinie H des ionisierten Wasserstoffs zeichnet sich der Cygnus Wall besonders markant als unregelmäßige Stoßfront ab. Seine hellen Bereiche sind höher verdichtet. Auch viele zarte Ausläufer sind erkennbar. Die Aufnahme entstand in der Nacht vom 17.06. auf den 18.06.2023 mit einem 6-zölligen Ritchey-Chretien-Teleskop 154 mm / 1.380 mm (d. h. bei f/9) von Omegon. Dazu wurde ein H-Filter (2 Zoll) von Optolong verwendet. Kamera war eine ZWO ASI1600MM (pro). Bei Gain 121 und Kühlung auf -5 Grad C wurde insgesamt 50 x 300 Sekunden belichtet. Die Montierung ist eine AZ EQ5 GT. Zur Kalibrierung dienten 15 Darks, 20 Flats, 20 Bias. Verwendete Software: ASIAIRplus, Astro Pixel Processor und PixInsight.

Eine typische Stoßfront wie der Cygnus Wall wird stets von den Sternwinden und der UV-Energie eines jungen, heißen Sterns des Spektraltyps O erzeugt. An dieser Stoßfront (engl. shock, deutsch: Stoß, Aufprall) prallt der Sternwind mit hoher Wucht auf eine Molekülwolke. Diese verformt sich dadurch, wird weiter nach außen gedrückt und löst sich im Laufe der Zeit allmählich auf. Oft bilden sich in solchen Stoßzonen Verdichtungen, Elefantenrüssel oder Globulen aus und dann auch neue Sterne. Das sind dann ,,Sterne der zweiten Generation". Der Cygnus Wall formt im Bild eine gebogene Stoßfront, ähnlich einem Viertelkreis. Da liegt der Verdacht nahe: ,,Nahe dem Kreiszentrum sollte sich der helle, ionisierende Stern befinden." Doch man sieht keinen solchen. Er müsste sich oben rechts außerhalb des Bildfeldes befinden. Dort liegen aber die dichten Dunkelwolken des

1 Der ,,Cygnus Wall", eine stark erodierte Stoßfront (monochrome H-Aufnahme, Daten im Text, Bild: Frank Unger).
Journal für Astronomie Nr. 88 | 41

Astrofotografie

weil an seinem Ort eine Extinktion von 9,6 mag herrscht. Das bedeutet: Wären die verdunkelnden Staubwolken von LDN 935 nicht vorhanden, käme [CP2005] 4 auf 3,64 mag und würde rund 13-mal heller leuchten als 57 Cygni mit 4,77 mag.

2 Das gesamte Gebiet zwischen NGC 7000 und Pelikannebel IC 5070: Einige markante De-
tails sind bezeichnet. Das Bild aus Simbad/Aladin [3] wurde farblich ein wenig angepasst.

,,Golfs von Mexiko" und des Lynds-Dunkelnebels LDN 935, der Nordamerikanebel und Pelikannebel trennt. Lange Zeit suchten die Astronomen nach möglichen O-Sternen in dieser Dunkelzone, aber ohne Erfolg. 2005 erschien eine Publikation von F. Comerón und A. Pasquali [1]. Sie durchsuchten die Breitbandfotometrie im infraroten Two Micron All Sky Survey (2MASS)

und fanden bei Rektasz. = 20 h 55 min 51 s und Dekl. = +43 Grad 52' 24'' den Stern 2MASS J205551.25+435224.6 = [CP2005] 4 (Abb. 2). Seine IR-Eigenschaften deckten sich mit einem Hauptreihenstern des Spektraltyps O5. Optische Spektren, gewonnen am Observatorium auf dem Calar Alto in Südspanien, bestätigten diesen Befund. Der Stern hat visuell 13,24 mag und ist stark gerötet,

Die Ausschnittsvergrößerung (Abb. 3) zeigt [CP2005] 4 deutlicher. Inzwischen wurde erkannt [2], dass der Stern sogar einen zahlenmäßig noch kleineren (= früheren) Spektraltyp hat, nämlich O3.5III (III = Leuchtkraftklasse Riesen). So frühe Spektraltypen sind äußerst selten, und O3.5III bedeutet rund 70 Sonnenmassen. Man sieht es dem winzigen Sternpünktchen absolut nicht an, dass es sich um einen derart massereichen, leuchtkräftigen Riesen handelt. Jetzt das Wichtigste: Hinter LDN 935 stehend regt [CP2005] 4 als Zentralstern sowohl den Nordamerika- als auch den Pelikannebel zur Emission an. Könnte man den trennenden Dunkelnebel zwischen beiden entfernen, so würde sich uns eine zusammenhängende HII-Region aus NGC 7000 und IC 5070 darbieten.

Literatur- und Internethinweise (Stand Juli 2023): [1] F. Comerón, A. Pasquali, 2005:
,,The ionizing star of the North America and Pelican nebulae", Astron. Astroph. 430, pp. 541548; www.aanda.org/articles/aa/ pdf/2005/05/aa1788.pdf [2] J. Maíz Apellaniz et al., 2016: ,,The Galactic O-star Spectroscopic Survey (GOSSS). III. 142 additional O-type systems"; Astrophys. J. Suppl. Ser. 224:4 (42 pp); https://iopscience.iop.org/ article/10.3847/0067-0049/ 224/1/4/pdf [3] Datenbank Simbad mit dem Himmelsatlas AladinLight; Datenbank Simbad, http://simbad.u-strasbg. fr/simbad/sim-fid
42 | Journal für Astronomie Nr. 88

3 Im vergrößerten Ausschnitt der Abb. 2 wird der Stern [CP2005] 4 deutlich sichtbar
(nach Simbad/Aladin).

Atmosphärische Erscheinungen

Die Polarlichter des ersten Halbjahres 2023
von Michael Theusner

Mit der weiter ansteigenden Sonnenaktivität und den Sonnenfleckenrelativzahlen sind wir in die aktive Phase des 25. Sonnenfleckenzyklus eingetreten. Dieser begann offiziell im Dezember 2019, also schon vor dreieinhalb Jahren.
Über die zu erwartende Stärke des aktuellen Zyklus herrscht weiterhin keine Einigkeit. Die Konsensvorhersage des Solar Cycle 25 Prediction Panel, die im April 2019 veröffentlicht wurde [1], ging von einem schwachen Sonnenfleckenzyklus aus, der im Juli 2025 (+- 8 Monate) sein Maximum mit einer Sonnenfleckenrelativzahl von 115 erreichen soll. Zum Vergleich: Das ist ziemlich genau der Wert, den auch der schwache 24. Zyklus als Spitzenwert aufwies. Die aktiven Zyklen 22 und 23 dagegen hatten geglättete Maxima der Sonnenfleckenrelativzahl von etwa 210 und 180 (Abb. 1).
Die aktuellen Relativzahlen liegen jedoch schon auf dem Maximalniveau des 24. Zyklus und scheinen weiter anzusteigen. Insofern besteht die Möglichkeit, dass die optimistischeren Vorhersagen eintreten könnten, die einen Zyklus aktiver als den 24. oder sogar so aktiv wie den 23. vorhergesagt haben. Dies zeigt einmal mehr, dass die Sonnenphysik noch immer viele Geheimnisse birgt.

Beobachtung von Polarlichtern im AKM-Gebiet (Mitteleuropa) Für Polarlichtenthusiasten ist die höher als vorhergesagte Sonnenaktivität somit potenziell eine gute Nachricht. Denn für diejenigen, die schon den 23. Zyklus miterleben durften und das Glück hatten, die Polarlichter im April und Juli 2000 sowie im Oktober und November 2003 bestaunen zu können, war der 24. Zyklus doch eine größere Enttäuschung, da keines der Polarlichter an die Großartigkeit der vorgenannten heranreichte.
Während im vorletzten Zyklus jedoch nur die außergewöhnlicheren Polarlichter beobachtet wurden, gibt es inzwischen eine viel größere Anzahl von Beobachtungen. Die Hauptursachen dafür sind die Digitalisierung der Fotografie und das Vorhandensein automatischer Beobachtungs(Webcams) und Warnsysteme. Wurden so im gesamten 23. Zyklus 88 Polarlichter im AKM-Gebiet dokumentiert, so waren es im 24. schon 189. Und im 25. Zyklus sind es seit dem Januar 2020 immerhin 85, also fast so viele wie im gesamten 23. Zyklus [2].
Im ersten Halbjahr 2023 konnten aufgrund der großen Aufmerksamkeit der Beobachterinnen und Beobachter (bis 22.05.) in 27 Nächten Polarlichter dokumentiert werden. Also mehr als einmal pro Woche.

Fünfzehn dieser Polarlichter waren rein fotografisch, sechs konnten schwach visuell wahrgenommen werden, vier deutlich, und zwei wurden sogar als hell eingestuft [3].
Das spektakuläre und außergewöhnliche Polarlichtereignis vom 23./24.4.2023 wird im Weiteren detaillierter beschrieben.
23./24.4.2023 - Helles Polarlicht mit pulsierenden, grünen Flecken über Deutschland In der Nacht des 23./24. April 2023 ereignete sich das wohl bislang spektakulärste Polarlicht des 25. Zyklus. Knapp nördlich von Hamburg erstreckte es sich bis auf eine Höhe von 25 Grad über dem Südhorizont! Mond und Venus über dem Westhorizont waren von rotem und grünem Polarlicht umgeben. Ein solches Ereignis hat es wohl seit dem Morgen des 31.10.2003 nicht mehr gegeben, also seit knapp 20 Jahren.
Ausgelöst wurde dieses Polarlicht durch eine M1.7-Filamenteruption aus der Nähe der Fleckengruppe AR 13283, die einen direkt auf die Erde gerichteten, koronalen Massenauswurf zur Folge hatte. Der Zeitpunkt war etwa 18 Uhr UTC am 21. April. Den DSCOVR-Satelliten erreichte die Schockwelle um genau 17 Uhr UTC am 23. April (und knapp 1 Stunde später die Erde), und die Sonnenwindgeschwindigkeit

1 Monatliche Sonnenfleckenrelativzahl (schwarz) und geglätteter Wert (violett) sowie Konsensvorhersage (rot)
mit Fehlerbereich (graue Schattierung) [1].
Journal für Astronomie Nr. 88 | 43

Atmosphärische Erscheinungen

2 Verlauf der Sonnen-
winddaten, gemessen am DSCOVR-Satelliten in den 24 Stunden nach 12 Uhr UTC am 23.04.2023. [3]

sprang von um 350 km/s auf über 470 km/s (Abb. 2). Im weiteren Verlauf der Nacht stieg sie auf 720 km/s. Gleichzeitig sackte die für Polarlicht entscheidende z-Komponente des Sonnenwindmagnetfelds (Bz) auf Werte um -21 nT ab. Diese hatte jedoch schon seit etwa 12 Uhr UTC bei -5 bis -10 nT verharrt, so dass über einen Zeitraum von sechs Stunden die Teilchen des Sonnenwindes vom Erdmagnetfeld eingefangen werden konnten (bei negativen Bz-Werten können sich die Magnetfeldlinien des im Sonnenwind eingelagerten Magnetfelds und die des Erdmagnetfelds verbinden und so potenziell große Mengen an Elektronen und Protonen vom Erdmagnetfeld eingefangen werden und für Polarlicht sorgen).
Aus geomagnetischer Sicht waren die Vorbedingungen für ein spektakuläres Polarlichtereignis somit gegeben. Leider zog zu diesem Zeitpunkt von Westen die Front eines Tiefs mit dichten Wolken nach Deutschland herein. Beobachtet werden konnte das Polarlicht deswegen vor allem östlich einer Linie Weser-Erzgebirge. Aber auch dort nicht überall.

Die ersten Polarlichtsichtungen gab es schon in der Abenddämmerung. Sobald es dunkel genug war, konnte man praktisch Polarlicht beobachten (ab etwa 19:30 Uhr UTC im Osten). Sofort fiel auf, dass es sich nicht um eine normale Art des Polarlichts handelte. Helle, grüne, pulsierende Flecken und Girlanden, die recht statisch in ihrer Position waren, zogen sich über den Himmel. Fotografisch waren diese von diffusem, rotem Polarlicht umgeben, das teilweise auch schwache Strahlen aufwies. Außerdem erstreckte sich das Polarlicht im Norden Deutschlands fast über den ganzen Himmel. Nördlich von Hamburg reichte es bis auf eine Höhe von 25 Grad über dem Südhorizont.
Phasenweise zeigte sich eine rote Polarlichtkorona. Mond und Venus über dem Westhorizont waren ebenfalls von Polarlicht umgeben - ein wahrlich spektakulärer Anblick. Am Nordhorizont stand gleichzeitig ein schwacher Polarlichtvorhang, der vielleicht 40 Grad Höhe erreichte. Diese Phase des extrem südlichen Polarlichts hielt bis etwa 20:45 Uhr UTC an (Abb. 3).

Die südlichste Beobachtung des Abends im AKM-Raum stammt aus Steyr in Oberösterreich von 48,1 Grad N. Aus der vorliegenden Aufnahme ist ersichtlich, dass das Polarlicht dort mindestens 56 Grad hoch gereicht haben muss.
Nach 20 Uhr UTC drehte Bz zeitweise auf stärker positive Werte, wodurch die Vorbedingungen für Polarlicht ungünstiger wurden. Gleichzeitig zog die Front des Tiefs weiter Richtung Osten und sorgte vielfach für bedeckten Himmel. Trotzdem konnte die ganze Nacht hindurch örtlich Polarlicht nachgewiesen werden.
Nach 1 Uhr UTC wurden die Sonnenwindverhältnisse wieder extrem günstig. Bz war auf Werte um -30 nT abgestürzt und verharrte dort für mehrere Stunden. Dadurch zeigte sich in der Morgendämmerung nochmals stärkere Aktivität mit einem schönen Strahlenvorhang am Nordhorizont (etwa 2:15 Uhr UTC), der jedoch alsbald in der zunehmenden Himmelshelligkeit unterging (Abb. 4).

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Atmosphärische Erscheinungen
3 Panorama aus 6 Aufnahmen mit 14 mm Brennweite von 20:13 UTC am 23.04.2023 in
der Nähe von Bad Oldesloe in Schleswig-Holstein (53,8 Grad N). Norden ist links, Westen oben.
Journal für Astronomie Nr. 88 | 45

Atmosphärische Erscheinungen

4 Panorama des Strahlenvorhangs in der Morgendämmerung des 24.04.2023 um 02:19 Uhr UTC
in der Nähe von Braak, östlich von Hamburg (53,6 Grad N).

Besonders in Erinnerung bleibt jedoch das Polarlichtereignis am Abend. Und zwar wegen seiner extrem südlichen Lage, großen Ausdehnung am Himmel und wegen seines ungewöhnlichen Erscheinungsbilds. Es erinnert stark an ähnliche Beobachtungen während der größten Polarlichter des 23. Zyklus, nämlich in der Nacht des 6./7. April 2000 und 30./31.10.2003. Auch damals zeigten sich in rotes Polarlicht getauchte grüne, pulsierende Flecken (eigene Beobachtung des Autors).
Seit letztem Jahr ist bekannt [4], dass es sich dabei um ein Phänomen handelt, das kein ,,normales" Polarlicht ist. Es wird RAGDA = Red Arcs with Green Diffuse Aurora genannt. Es tritt auf der Äquatorseite des eigentlichen Polarlichtovals auf und zwar einige Grad näher am Äquator. Dadurch kann in Mitteleuropa Polarlicht im Zenit und in der Südhälfte des Himmels beobachtet werden, auch wenn das eigentliche Polarlichtoval gar nicht so weit südlich liegt. Die beobachteten grünen, recht stationären Flecken des RAGDA werden mit hoher Wahrscheinlichkeit durch aus der Magnetosphäre einströmende Protonen ausgelöst. Aber auch nicht direkt. Die Protonen schlagen wegen ihrer hohen Energie Elektronen aus den Atomen und Molekü-

len der Erdatmosphäre. Die freigesetzten Elektronen wiederum regen die Sauerstoffatome dazu an, das bekannte polarlichtgrüne Licht auszusenden.
Das genaue Zustandekommen der roten Strahlen über den grünen Flecken ist jedoch recht mysteriös. Die Forschung deutet darauf hin, dass hierbei niederenergetische Elektronen eine Rolle spielen. Doch woher diese kommen, ist unklar. RAGDA ist zwar schon oft und seit Jahrzehnten fotografiert worden, aber erst 2022 wissenschaftlich beschrieben und als eigenständiges Phänomen erkannt worden. Es ist deswegen aktuell eines der ,,heißen" Themen der Polarlichtforschung.
Fazit Der 25. Sonnenfleckenzyklus hatte einen sehr vielversprechenden Start. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob sich die optimistischeren Prognosen für seine weitere Entwicklung bewahrheiten werden. Doch selbst in dem Fall ist nicht sicher, dass wir ähnlich große Polarlichter wie im 23. Zyklus zu sehen bekommen werden. Denn dazu müssen viele Rahmenbedingungen zusammenkommen (erdgerichtete Massenauswürfe, Ankunft an der Erde zum richtigen Zeitpunkt für Europa, Ausrich-

tung und Stärke des Sonnenmagnetfelds) und auch noch das Wetter mitspielen. Es bleibt also, wie immer, spannend.
Internethinweise (Stand 18.08.2023): [1] Solar Cycle Progression:
www.swpc.noaa.gov/products/ solar-cycle-progression
[2] Polarlicht-Archiv: www.polarlichtarchiv.de
[3] Polarlicht-Archiv, 2023-04-23/24: www.polarlicht-archiv.de/events/ date/1/
[4] Nishimura et al., 2022: "Interaction Between Proton Aurora and Stable Auroral Red Arcs Unveiled by Citizen Scientist Photographs", https://doi. org/10.1029/2022JA030570

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Astronomische Vereinigungen

Süddeutsches Sternwarten-Treffen in Traunstein 2023
von Benjamin Mirwald, Harald Steinmüller, Astrid Gallus und Tom Hilger

Am Wochenende vom 02. bis zum 04.06.2023 fand im Bildungshaus St. Rupert in Traunstein das 4. Süddeutsche Sternwartentreffen statt, welches gut besucht war. Die Teilnehmer wurden über Neuigkeiten aus der VdS sowie der Fachgruppe Astronomische Vereinigungen informiert. Dazu gehörte auch der aktuelle Bericht über die bisherigen Workshops für Jugendliche, deren letztes Treffen erst kürzlich in der Sternwarte Neanderhöhe in ErkrathHochdahl stattfand. Dieses von der FG Astronomische Vereinigungen organisierte Projekt wurde nach 2019 und 2022 bereits zum dritten Mal veranstaltet, das nächste Treffen ist bereits in Planung. Die Jugendlichen und Jugendleiter/Jugendleiterinnen arbeiten derzeit an der bundesweiten Vernetzung und Intensivierung der Jugendarbeit in den Sternwarten. Der Austausch der anwesenden Sternwarten ergab, wie unterschiedlich Jugendliche im Sternwartenbetrieb integriert werden.
Ein ausführlicher Programmpunkt war auch die Diskussion unter Leitung von Harald Steinmüller über das Online-Sternwarten-Karten-Konzept der FG Astronomische Vereinigungen. Das Projekt hatte einen guten Start mit sehr viel Input. Die Sternwarten auf der Karte sollen angeklickt werden können, um direkt auf die Homepage der jeweiligen Sternwarte weiterzuleiten. Ebenfalls sollen Planetarien integriert werden; zu einem späteren Zeitpunkt ist geplant, die Karte um lohnenswerte astronomische Ausflugsziele wie historische Stätten, Planetenwege, astronomische Uhren etc. zu erweitern. Gerne können sich Interessierte jederzeit melden, um an dem spannenden Projekt mitzuarbeiten. Melden Sie sich bei fg-astronomischevereinigungen@sternfreunde.de.
Eingehend wurde auch das Mehrwertkonzept der VdS für Mitgliedssternwarten

1 Regionaltreffen Süd in der Ehrensberger Villa in Traunstein. Bild: Harald Steinmüller

diskutiert. Die Grundidee wurde positiv aufgenommen. Viel Beachtung fand hierbei das Remote-Teleskop der VdS, welches auch für die VdS-Sternwarten von hohem Interesse ist. Die Zertifizierung als VdSSternwarte muss attraktiv für die Sternwarten sein, freie Printprodukte, gemeinsame Sternwartenversicherung, Rechtsberatung, Technikhotline, Datenbanken sowie regelmäßig zur Verfügung gestelltes Social-Me-

dia-Material und als Highlight Zeit am Remote-Teleskop wurden u. a. hierfür herausgearbeitet.
Ein weiterer interessanter Themenschwerpunkt war u. a. ein Rückblick auf 4 Jahre ,,Paten der Nacht". Tom Hilger berichtete über den erfolgreichen Weg dieser Initiative zur Eindämmung der Lichtverschmutzung von Manuel Philipp. Es gibt bereits

Hinweis zum Referentenpool der VdS
Auf der Webseite www.sternfreunde.de unter Fachgruppen und dort unter Astronomische Vereinigungen finden Sie den Link zum Referentenpool (Projekt 07). Hier haben sich Vortragende mit ihren Themen und einer Kurzvorstellung eingetragen. Klicken Sie sich da hinein, wenn Sie einen Referenten für einen Vortragsabend suchen.
Wollen Sie einen eigenen Vortrag anbieten, können Sie sich auf der interaktiven Seite dort selbst eintragen. Astrid Gallus

Journal für Astronomie Nr. 88 | 47

Astronomische Vereinigungen
2 Der Zeiss-Refraktor von 1913 in der
Ehrensberger-Sternwarte in Traunstein. Bild: Harald Steinmüller einen Lampenhersteller, der mit der Initiative zusammenarbeitet und damit wirbt! Aber auch hier kann noch verstärkt geworben werden. Der in letzter Zeit angewachsene Referentenpool sowie das leider immer noch vernachlässigte Thema der Ehrenamtsstunden fanden viel Beachtung. Ebenfalls von hohem Interesse war die Bereitstellung von Livestreams über eine Plattform der VdS zur gemeinsamen Nutzung aller Sternwarten. Der Leser findet alle weiteren Projektideen der Fachgruppe im Internet: www.sternfreunde.de unter ,,Fachgruppen" und dort unter der Fachgruppe ,,Astronomische Vereinigungen". Die Tagung wurde von bestem Wetter begleitet, welches den Abend im Biergarten, auf der Sternwarte Traunstein sowie den Sonntag mit den Besuchen der Heidenhain-Sternwarte und der Solarstromsternwarte in Oberreith begünstigte.
3 Besichtigung der Solarstromsternwarte in Oberreith. Bild: Harald Steinmüller
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Astronomische Vereinigungen

Workshop: Astronomie für blinde und sehbehinderte Menschen
- die Unendlichkeit erfahrbar machen
von Birgit Otte, Eberhard Grünzinger und Harald Vorbrugg

Der Workshop ,,Astronomie für blinde und sehbehinderte Menschen" ist ein Gemeinschaftsprojekt der Beobachtergruppe der Sternwarte des Deutschen Museums und des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes (BBSB). Die Beobachtergruppe Sternwarte Deutsches Museum ist eine Vereinigung von ehrenamtlichen Mitgliedern, die seit 25 Jahren das Deutsche Museum im Bereich Astronomie mit dem Ziel unterstützt, astronomisches Wissen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Hauptsächlich geschieht das in Form von Sternenbeobachtungen in der

Sternwarte, durch Vorträge und Veranstaltungen, beispielsweise zur Sternen-Nacht oder zur Langen Nacht der Museen.
Mitglieder aus dieser Gruppe konzipierten einen Astronomie-Workshop, der sich gezielt an blinde und sehbehinderte Menschen richtet, um ihnen astronomische Themen zu vermitteln. Es gibt etliche Sachverhalte, die man gut erklären und mit Tastmodellen gut erfühlbar machen kann.
Am 20. Juli 2023 fand nun schon der vierte Astro-Workshop statt - diesmal in den

Räumen des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes (BBSB) in Nürnberg. 12 blinde und sehbehinderte Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten zusammen mit 5 Begleitpersonen an diesem Workshop teilnehmen. Das Interesse war deutlich größer und es musste sogar eine Warteliste angelegt werden.
Wieder einmal überraschte uns dieses große Interesse, hatten wir doch vorher die Vermutung, dass Menschen, die nicht sehen können, mit den Sternen am Himmel wenig anfangen können. Das erwies

1 a Workshop - Astronomie für blinde und sehbehinderte Menschen

Journal für Astronomie Nr. 88 | 49

1 b Teilnehmer des Workshops - Astronomie für blinde und sehbehinderte Menschen

sich als Irrtum. Fast alle blinden und sehbehinderten Teilnehmer schilderten, dass sie sich seit Langem für Astronomie interessierten. Einige hatten das Thema in der Schule und konnten sich auch noch recht gut daran erinnern. Vor allem Teilnehmer, die früher noch Rest-Sehvermögen hatten, hatten eine Vorstellung davon, wie Sonne und Planeten aussehen oder was auf Stern-
Hinweis zur SternwartenOnlinekarte der VdS
Auf der Webseite www.sternfreunde. de unter Fachgruppen und dort unter Astronomische Vereinigungen finden Sie den Link zu Karten für Sternfreunde (Projekt 04). Bitte prüfen Sie, ob Ihre Sternwarte dort eingetragen ist. Falls nicht, wenden Sie sich bitte an uns: fg-astronomische-vereinigungen@ sternfreunde.de. Die Karte soll möglichst alle Sternwarten und Astro-Vereine abbilden. Später wird ein Klick auf die entsprechende Sternwarte direkt auf die zugehörige Webseite führen. Astrid Gallus

karten dargestellt ist. Menschen, die von Geburt an blind sind, hatten teilweise auch in der Schule die Möglichkeit, Tastmodelle mit astronomischen Themen kennenzulernen. Eine der Teilnehmerinnen hatte sogar ihren eigenen Stern, den ihr Mann ihr symbolisch geschenkt hatte.
Die drei Referentinnen und Referenten Dr. Birgit Otte, Harald Vorbrugg und Eberhard Grünzinger fanden ein hochinteressiertes Publikum vor. Unterstützt wurden die drei von Louisa Bohn, die als Koordinatorin des Besucherservices der Zweigstelle des Deutschen Museums in Nürnberg ebenfalls großes Interesse an dem Thema und insbesondere an der Vermittlung für blinde Menschen hatte.
Der Abend begann damit, dass Harald Vorbrugg einen Überblick über die verschiedenen Arten von Himmelskörpern gab. Beschreibungen darüber, was Sonne und Planeten ausmacht, und dass es Kometen, Asteroiden und Meteoriten gibt, bildeten die ersten Grundlagen.
Beim Thema Mond angekommen, nahm Eberhard Grünzinger die Teilnehmer auf

eine gedankliche Reise mit zum Mond. Mit atmosphärischen Schilderungen konnte der erste Mondflug der Menschheit nachempfunden werden.
Diese Reise wurde dann mit einem MondErde-Modell nachgestellt: Die Teilnehmer konnten von einer Erdkugel mit 30 cm Durchmesser an einem Seil entlang zum Mond ,,fliegen", der nach 9 Metern Entfernung als 8 cm kleine Kugel endlich am Ende der Schnur tastbar wurde. Die große Distanz zwischen Erde und Mond und die Leere des Raums dazwischen beeindruckte die Teilnehmer sehr. Weitere Tastmodelle, wie der Stiefelabdruck, den der Astronaut Armstrong auf dem Mond hinterlassen hat, und die Modelle von Mondformationen wie Krater mit Zentralbergen, Gebirgen und Ebenen konnten die Teilnehmer nach und nach ertasten, um so eine Vorstellung von der Mondoberfläche zu bekommen (Abb. 1b + 3).
Noch beeindruckter waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, als Birgit Otte die Sonne als Modell in Form eines Reifens von 1,4 m Durchmesser durch die Reihen reichte (Abb. 2).

50 | Journal für Astronomie Nr. 88

2 Sonnenreif-Maßstab

Astronomische Vereinigungen

Der Reihe nach wurden alle Planeten unseres Sonnensystems in Form von kleinen Holz- oder Styroporkugeln von Teilnehmer zu Teilnehmer weitergereicht. Diese Kugeln hatten alle eine maßstabsgerechte Größe im Verhältnis zu diesem Sonnenreifen. Wer zuerst mit ausgestreckten Armen den Rand der Sonne mit 1,4 Metern umfasst, ist natürlich im höchsten Maße erstaunt, wenn danach die Erde mit 1,3 cm nur noch ganz klein mit den Fingerspitzen abgetastet werden kann. Die größeren Planeten Jupiter und Saturn haben in diesem Maßstab 14 beziehungsweise 11 cm im Durchmesser (Abb. 1a+3).

Diese Größenverhältnisse sind nicht nur beeindruckend, wenn man sie sieht, sondern auch, wenn man sie mit den Fingern und Händen ertastet. Diese Modelle schafften ein tieferes Verständnis für die Größenverhältnisse in unserem Sonnensystem. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren alle sehr erfreut über diese unmittelbaren Erfahrungen.

Ein weiteres Kapitel schlug dann Birgit Otte auf, in dem sie die Teilnehmenden gedanklich aus unserem Sonnensystem in die Weiten des Weltraums entführte.

Sie erklärte die Entstehung von Sternen, die Zusammenballung in Form von Sternhaufen, Galaxien und den Gasen dazwischen. Der große Weltraum mit Milliarden Galaxien, die wiederum aus Milliarden von Sternen und Planeten bestehen - das übersteigt die Vorstellung von allen, ob sie nun blind sind oder nicht.
Aufgrund des großen Interesses sind weitere Astro-W orkshops dieser Art geplant. Informationen hierzu bei: e.gruenzinger@ gmx.de

3 Modelle warten auf ihren Einsatz.

4 Tastmodell Helligkeitsverteilung, Galaxie von Birgit

Journal für Astronomie Nr. 88 | 51

Astrophysik & Algorithmen

Warum ist der Ring des Saturn so dünn?
von Helmut Jahns

Der Ringplanet Saturn ist bei Sternführungen, sei es für Freunde oder in einer Volkssternwarte, stets ein dankbares Objekt. Der Winkel, unter dem wir auf seinen Ring (bekanntermaßen handelt es sich nicht bloß um einen ,,Ring", sondern um eine Vielzahl kleiner Einzelringe) blicken, hängt von seiner Stellung auf seiner Umlaufbahn ab. Etwa alle 15 Jahre kommt es zu einer Kantenstellung, bei der die Ringe im Teleskop beinahe komplett verschwinden. Sie müssen demnach sehr dünn sein.
Aber wie dünn ist ,,dünn"? Und warum liegt die Ringebene genau in der Äquatorebene des Saturn? Wenn man in Büchern oder im Internet nachliest, bekommt man eine Dicke von 10 bis 100 Metern genannt [1]. Diesen Zahlenwert sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Dicke der Ringe beträgt nur etwa ein Zehnmillionstel seines Durchmessers (A-Ring: 273.000 km [1]); ist also um einen Faktor 10 hoch 7 geringer! In diesem Beitrag wollen wir uns auf eine kleine gedankliche Reise begeben und versuchen, das Phänomen ,,Feinheit der Ringe" besser zu verstehen.
Schon sehr früh begannen die Astronomen davon auszugehen, dass es sich beim Saturnring nicht um einen starren Körper, sondern um eine Schar unzähliger kleiner, voneinander losgelöster Teilchen handelt. Diese Teilchen befinden sich in einem Abstand von weniger als dem Zweieinhalbfachen des Radius des Planetenkörpers (Äquatordurchmesser 120.000 km) vom Planetenmittelpunkt; sie befinden sich zu nahe am Planeten, als dass sie größere Körper bilden könnten (s. Kasten: Roche-Grenze).
Begonnen haben die Saturnringe vor sehr langer Zeit als Teilchenwolke von kleinen Körpern, die

1 Ausgangslage ist eine Teilchenwolke, die den Planeten auf elliptischen
(Kepler-)Bahnen umgibt. Durch inelastische Stöße untereinander verlieren die Teilchen Relativgeschwindigkeit zueinander und somit auch an Geschwindigkeit in der z-Komponente (Bahnneigung!).

2 Aufgrund der Abplattung des Planetenkörpers ist dessen Schwerkraftfeld nicht
kugelsymmetrisch. Dies hat zur Folge, dass Teilchenbahnen im Raum nicht ortsfest sind, sondern dass sie sich im Laufe der Zeit um die Rotationsachse des Planeten anordnen.
52 | Journal für Astronomie Nr. 88

Astrophysik & Algorithmen

man sich auf wahllosen Umlaufbahnen mit variierenden Bahnradien, Exzentrizitäten und Bahnneigungen um den Planeten vorstellen kann (s. Abb. 1). Die Teilchen befinden sich innerhalb der Roche-Grenze, weshalb sie sich nicht zu größeren Körpern wie Monden zusammenfinden konnten (s. Kasten). Jedes Teilchen dieser Wolke umlief den Planeten auf seiner eigenen Keplerbahn. Die Vielzahl der Teilchen führte dazu, dass sich viele auf Kollisionskurs mit anderen Teilchen befanden. Die Stöße unter ihnen sind inelastisch, d. h., ein Teil der Bewegungsenergie wird in innere Energie (Wärme, Schwingungen) umgewandelt, mit der Folge, dass zwei kollidierende Teilchen nach dem Stoß eine geringere Relativgeschwindigkeit haben als vorher. Diese Reduzierung wirkt in alle Raumrichtungen x, y und z, also auch auf die z-Achse, sprich: die Bahnneigung nimmt ab. Dieser Vorgang setzte sich über die Jahrmillionen fort und die Bahnneigung näherte sich immer mehr dem Wert 0 an. Sie beginnen also, sich in Äquatornähe zu konzentrieren.
Jetzt kommt noch ein zweiter Akteur ins Spiel und zwar die Abplattung des Planetenkörpers. Saturn dreht sich mit etwas mehr als 10 Stunden um die eigene Achse und wird daher stark abgeplattet, mit der Folge, dass das Gravitationsfeld nicht mehr kugelsymmetrisch ist. Die nicht kugelsymmetrischen Anteile des Gravitationspotentials bewirken eine Präzession auf alle Teilchen, die eine von 0 verschiedene Bahnneigung haben (s. Abb. 2), also zu Beginn praktisch alle. Infolge der Präzession geraten die Teilchen immer wieder auf Kollisionskurs mit anderen Teilchen der Schar. Sie beginnen wieder, Bahnneigung abzubauen. Dieser Vorgang endet erst, wenn keine Bahnneigung mehr abzubauen ist, also für alle Teilchen gilt, dass die Bahnneigung 0 ist und sie sich auf der Äquatorebene des Planeten befinden.

3 Auf den Begleiter wirken sowohl die Schwerkraft des Hauptkörpers als auch die aus dem
Bahnumlauf resultierende Fliehkraft. Auf der dem Hauptkörper zugewandten Seite dominiert die Schwerkraft die Fliehkraft, während es auf der abgewandten Seite genau entgegengesetzt ist. Dieser Kräftegegensatz ist umso größer, je näher der Begleiter am Hauptkörper ist. Unterhalb eines Mindestabstands, der Roche-Grenze, wird der Gegensatz so groß, dass die Eigengravitation des Begleiters in Verbindung mit dessen Kohäsionskräften nicht mehr ausreichen, um den Begleiter zusammenzuhalten. Der Begleiter zerreißt bzw. wird gar nicht erst gebildet.

Offen ist in der Forschung noch, ob der Ring schon seit der Bildung des Planetensystems existiert, oder ob es sich hierbei um Fragmente eines früheren Mondes handelt, dessen Bahn durch gravitative Störungen instabil wurde, die den Mond in die Zone unterhalb der Roche-Grenze führte, woraufhin der Mond in viele Teile zerbarst. Aus dem Blickwinkel der reinen Himmelsmechanik ist es denkbar, dass der Ring schon in der Frühzeit des Sonnensystems gebildet wurde.

Internethinweise (Stand 18.08.2023): [1] Wikipedia: ,,Ringe des Saturn", https://
de.wikipedia.org/wiki/Ringe_des_ Saturn [2] J. N. Cuzzi et al., 1979: ,,The vertical structure and thickness of Saturn's rings", Icarus 38.1, pp. 54-68, www. sciencedirect.com/science/article/ abs/pii/0019103579900848?via%3 Dihub

Roche-Grenze
Für einen Himmelskörper, der einen Zentralkörper auf einer kreisförmigen Bahn umläuft (das ist natürlich eine vereinfachte Betrachtung, tatsächlich sind die Bahnen eher elliptisch), befinden sich die Schwerkraft des Hauptkörpers und die Fliehkraft im Gleichgewicht. Genau genommen gilt dies nur für punktförmige Himmelskörper. In der Realität haben sie natürlich eine von Null verschiedene Ausdehnung, mit der Konsequenz, dass die Zentralkörperschwerkraft auf der dem Zentralkörper zugewandten Seite des Begleiters etwas stärker ausfällt als auf der abgewandten Seite. Die umgekehrte Betrachtung gilt für die Fliehkraft, mit dem Resultat, dass auf ausgedehnte Körper entgegengerichtete Kräfte wirken (Abb. 3). Die Größe des Kräftegegensatzes hängt von mehreren Faktoren ab; entscheidend für unsere Betrachtungen ist, dass der Kräftegegensatz umso größer wird, je kleiner der Abstand zum Hauptkörper ist.
Unterhalb einer Schwelle im Abstand zum Zentralkörper, der Roche-Grenze, wird der Kräftegegensatz zu groß, als dass der Körper durch seine Eigengravitation zusammengehalten werden kann bzw. sich überhaupt erst bilden konnte. Innerhalb dieser Zone können nur Kleinkörper existieren, die durch Kohäsion zusammengehalten werden. Wo genau sich diese Roche-Grenze um den Hauptkörper herum befindet, hängt wiederum von mehreren Faktoren ab, z. B. von dessen Dichte und somit von dessen Schwerkraft. Als Daumenregel kann für die Roche-Grenze der 2,5-fache Radius des Hauptkörpers angesetzt werden.

Journal für Astronomie Nr. 88 | 53

Astrophysik & Algorithmen

Erscheinungen auf dem Mond selbst vorhersagen
- Beispiel Hesiodusstrahl (Teil 2)
von Uwe Pilz

Die Vorhersage von Beleuchtungsverhältnissen auf dem Mond ist nicht ganz einfach. Zunächst muss die relative Lage von Sonne und Mond zueinander bekannt sein, weil dies die Beleuchtung der Mondkugel bestimmt. Dazu kommt noch, dass man wissen muss, welche Stelle des Mondes der Sonne zugewandt ist. Neben der normalen Rotationsbewegung spielt hierbei die Unregelmäßigkeit dieser Rotation, die sogenannte Libration, eine Rolle.

Es gibt keine ausgearbeitete Theorie des he-

liozentrischen Mondortes. Unsere Berech-

nung stützt sich zunächst auf den geozent-

rischen Sonnenort (herzu gibt es Algorith-

men), welcher durch ,,Richtungsumkehr"

den heliozentrischen Ort der Erde ergibt.

Zusätzlich dazu benötigt man noch den geozentrischen Mondort. Mit diesen An-

1 Pitatusstrahl, gezeichnet am 24. August 2019 in der beginnenden Dämmerung

gaben lässt sich dann der heliozentrische (02:30 Uhr UT). Instrument: 4-Zoll-Refraktor, Vergrößerung 144x (Bild: Uwe Pilz)

Mondort ableiten. Zusätzlich benötigt man

eine Theorie für die Libration, und zwar

nicht wie üblich von der Erde aus

Kasten

gesehen, sondern von der Sonne

aus. Fertig anwendbare Algorith-

# Hauptprogramm

men für all diese Aufgaben sind

j = 2020 # Startjahr

im ,,Meeus" [1] enthalten. Die

J = 1 # Anzahl Jahre

Formelsätze sind teils umfang-

coZiel = 18.40 # was wird gesucht? Hesiodus: coZiel=18,40Â Grad

reich und ohne weitere Erläute-

rung nicht zu durchschauen. Ich

vorigeCo = 7e77

drucke sie deshalb hier nicht ab.

JD = getJD(j, 1, 1.0)

Auf der Internetseite ist jedoch

deltaJD = 1 / 24.0 # 2,4h

das komplette Programm hinter-

legt [2].

for i in range(24 * 366 * J):

co,b = colongitude(JD)

Hier abgedruckt ist das Haupt-

if ((co > coZiel) and (vorigeCo < coZiel)):

programm, welches eine Funk-

JDHesiodus=JD-1/24*(co-coZiel)/(co-vorigeCo);

tion zur Berechnung der so ge-

jahr, monat, tag, stunde, minute=getKalender(JDHesiodus) nannten ,,Colongitude" aufruft.

print(tag,monat,jahr," \t",stunde," ",minute," UT. b=",b) Zur Erinnerung: Die Colongitu-

JD = JD+deltaJD

de ist die Lage der Schattengrenze

vorigeCo = co

auf dem Mond. Als Eingangswer-

54 | Journal für Astronomie Nr. 88

Dark Sky

te dienen die Variablen j, J und coZiel. Mit diesen wird festgelegt, welche Formation das Programm berechnen soll und für welchen Zeitraum. Das Hauptprogramm berechnet stundenweise die Colongitude, bis der Referenzwert coZiel überschritten wird. Durch eine Interpolation wird schließlich dasjenige Julianische Datum bestimmt, an dem die Beleuchtungssituation derjenigen der Referenzbeobachtung entspricht.
Das Programm gibt keine Unterstützung zur lokalen Sichtbarkeit: Es erfolgt eine Ausgabe unabhängig davon, ob der Mond über dem Horizont ist. Der Hesiodusstrahl ist eine Erscheinung des zunehmenden Mondes, muss also am Abendhimmel beobachtet werden. Wann der Mond am

Abend untergeht, das hängt von der Jahreszeit ab, im Zweifelsfall genügt der Blick in ein astronomisches Jahrbuch.
Durch Angabe einer anderen Ziel-Colongitude kann das Programm andere Erscheinungen berechnen. Eine Übersicht über Strahlen in Kratern gibt es im Internet [3]. Ich selbst habe mich einmal am Gegenstück vom Hesiodusstrahl versucht, dem so genannten ,,Pitatusstrahl". Dies ist eine Erscheinung des abnehmenden Mondes, das Licht fällt durch dieselbe Lücke im Kraterrand, aber in umgekehrter Richtung (Abb. 1). Die Colongitude dieser Erscheinung beträgt 192 Grad.

Literatur- und Internethinweise (Stand 21.08.2023): [1] J. Meeus, 1998: ,,Astronomical Algo-
rithms", Atlantic Books [2] U. Pilz, 2020: ,,Berechnung von Licht-
erscheinungen auf dem Mond", https://fg-astrophysik.vdsastro.de/ prg88.html
[3] The Robinson Lunar Observatory; ,,Lunar sunrise / sunset crater rays", www.lunar-occultations.com/rlo/ rays/rays.htm

Messung der Himmelshelligkeit für den Erhalt der Biodiversität
von Andreas Hänel

2017 rüttelte die so genannte ,,Krefelder Studie" über die rasante Zunahme des Insektensterbens die Öffentlichkeit und die Politik auf. Dabei ist dies nur ein Teil des Verlusts der Artenvielfalt, der die Ökosysteme und ihre Leistungen auch als Lebensgrundlage für uns Menschen gefährdet. Daher wurde das Bundesnaturschutzgesetz geändert und die Vermeidung der Lichtverschmutzung explizit aufgenommen. Dem Schutz der Artenvielfalt sollen aber auch seit 2007 die ,,Nationalen Strategien zur biologischen Vielfalt in Deutschland" dienen. Nun hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) einen neuen Ziel- und Maßnahmenkatalog der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt bis 2030 (NBS2030) erarbeitet und zum

Dialog zur Ausgestaltung aufgerufen [1]. Eingebettet ist sie in die Biodiversitätsstrategie der Europäischen Kommission.
Zur Reduzierung von Stoffeinträgen und anderen Beeinträchtigungen von Ökosystemen gehört unter Punkt 16.4 nun auch die ,,Eindämmung der Lichtverschmutzung". Bis 2030 soll ,,die Zunahme der künstlichen Beleuchtung gestoppt und der Verlust der biologischen Vielfalt durch künstliche Beleuchtung auf ein Minimum reduziert werden". Zudem sollen ,,10% der Landesfläche für natürlich dunkle Nachtlandschaften gesichert werden". Das Erreichen dieses Ziels soll durch Messungen der Himmelshelligkeit überprüft werden. Bis 2026 dienen dazu zwei Maßnahmen: Durch eine Rechtsverordnung zur Neufassung des Bundesna-

turschutzgesetzes [2] sollen - Tiere und Pflanzen vor nachteiligen Aus-
wirkungen durch künstliche Beleuchtung geschützt werden und - bei Umrüstungen der Beleuchtungen des Bundes sollen nur noch ,,biodiversitätsfreundlichere Leuchtmittel und Leuchten verwendet werden".
Bezüglich der Himmelshelligkeit hat die Fachgruppe Dark Sky bereits umfangreiches Datenmaterial gesammelt, großenteils in existierenden oder geplanten Sternenparks. Für die Messungen wurde meist das Sky Quality Meter SQM eingesetzt, oft wurden auch genauere Messungen mit Fischaugenoptik und kalibrierter Digitalkamera durchgeführt. Deswegen war es naheliegend, dass die Fachgruppe zu dem

Journal für Astronomie Nr. 88 | 55

Dark Sky

Literatur- und Internethinweise (Stand 21.08.2023): [1] BMUV: ,,Dialog zur Nationalen
Strategie zur biologischen Vielfalt in Deutschland (NBS 2030)", https://dialog.bmuv.de/bmu/de/ process/58604/
[2] S. Frank, 2022: ,,Handlungsmöglichkeiten gegen Lichtverschmutzung im ,Lichte` der geltenden Rechtslage", VdS-Journal für Astronomie 82, S. 75
[3] F. Falchi, 2015: ,,Light Pollution Map": www.lightpollutionmap.info/
[4] France Nation Verte: ,,Strategie nationale biodiversite 2030", www.ecologie.gouv.fr/strategienationale-biodiversite/

1 Messungen der Himmelshelligkeit (in mag/arcsec2) in Deutschland, überlagert der Karte
der Himmelshelligkeit von F. Falchi (2015) [3]

Thema auch einen Kommentar abgegeben hat. Durch die Messungen wurde bestätigt, was auch bereits auf dem Lichtverschmutzungsatlas [3] erkennbar ist (Abb. 1): Die Westküste der Insel Pellworm und die Hallig Hooge dürften als dunkelste Orte in Deutschland und damit als Referenzpunkte angesehen werden. Bei klarem Himmel

ergibt sich für dunkle Stellen abseits der Milchstraße eine Himmelshelligkeit von 22,0 mag/arcsec2 = 0,17 mcd/m2. Daraus kann eine Beleuchtungsstärke von 1,0 mlx abgeleitet werden. Bei bedecktem Himmel ergibt sich 22,53 mag/arcsec2 = 0,1 mcd/m2, was eine Beleuchtungsstärke von 0,27 mlx erzeugt.

Übrigens hat auch Frankreich eine Biodiversitätsstrategie 2030 entwickelt und französische Dark-Sky-Aktivisten werden dazu ebenfalls Stellungnahmen in ihrem Land einreichen ... Das nationale Ziel dort ist, die Lichtverschmutzung bis 2030 zu halbieren [4]!

56 | Journal für Astronomie Nr. 88

Deep Sky

Skyguide 2023 - 4 (Winter)
von Robert Zebahl und Rene Merting

Den meisten Menschen der Nordhalbkugel sind Sternbilder wie der Große Bär oder Kassiopeia bekannt. Im Winter fällt dagegen vor allem der Orion auf, welcher so manche Blicke auf sich zieht. Besonders treten hier die so genannten Gürtelsterne, bestehend aus Alnitak, Alnilam und Mintaka, hervor, welche selbst unter starker Lichtverschmutzung nicht zu übersehen sind. Der Orion darf also zu Recht als Wahrzeichen des nächtlichen Winterhimmels bezeichnet werden und kann von nahezu jedem Ort auf der Erde beobachtet werden. Wegen seiner Präsenz am Himmel gibt es viele Mythen und Geschichten. Die griechische Mythologie sieht darin einen Jäger (daher kommen die Bezeichnungen wie Gürtelsterne oder Schwertgehänge um Messier 42), die Germanen sahen einen Pflug. Weitere Deutungen sprechen sogar von einem Kriegsboot oder Schmetterling. Doch nicht nur die Bezeichnungen sind vielfältig, sondern auch die Objekte, welche beobachtet werden können. Viele dieser Objekte sind bereits mit einem Fernglas gut sichtbar, teils auch mit freiem Auge.

Konzentrieren wollen wir uns auf die zentrale Region des Orion um die Gürtelsterne und den Großen Orionnebel. Die Zeichnung von Rene Merting (Abb. 1) zeigt eindrucksvoll diese Region. Alnilam, der mittlere der drei Gürtelsterne, liegt im Zentrum des offenen Sternhaufens Collinder 70. Dieser misst knapp 3 Grad im scheinbaren Durchmesser, wobei die äußeren Gürtelsterne am Rand liegen. Zwischen diesen zeigen sich auffällige, teils wunderschön geschwungene Sternketten. Ein Fernglas ist das optimale Instrument zur Beobachtung. Collinder 70 gehört nach der Ursa-MajorGruppe zu den großflächigsten Sternhaufen und ist mit einem geschätzten Alter von 5 Millionen Jahren jung. Wer ein Teleskop mit mindestens 100 mm Öffnung bereitstehen hat, kann sich auch an dem ungleichen Doppelstern Alnitak versuchen. Die Tren-

1 Collinder 70, NGC 1981 und Messier 42 - Zeichnung von Rene Merting an einem
12x42-Fernglas unter dunklem Landhimmel

Journal für Astronomie Nr. 88 | 57

Deep Sky

zu sehen sein. Durch seine Größe sind Unregelmäßigkeiten in Umriss und Helligkeitsverteilung selbst im Fernglas gut zu erkennen. Es lohnt durchaus, breitbandige Nebelfilter wie UHC oder UHC-S am Fernglas zu nutzen. Inmitten des Nebels liegt das berühmte Trapez (Theta 1 Orionis), ein Mehrfachsternsystem mit insgesamt 8 Komponenten. Die vier hellsten Komponenten (A - D) sind zusammen mit freiem Auge sichtbar, im Fernglas sind sie abhängig von der Vergrößerung teils getrennt wahrnehmbar. In einem 16x70-Fernglas gelingt eine Trennung aller vier Komponenten beinahe. Mit einem Teleskop sind dann auch die schwächeren Komponenten E und F bei hoher Vergrößerung erreichbar, sofern die Luft hinreichend ruhig ist.

Ebenfalls mit freiem Auge sichtbar ist der offene Sternhaufen NGC 1981. Er liegt nördlich von Messier 42. Obwohl der Sternhaufen nur wenige, locker verteilte Sterne enthält, ist er aufgrund der recht sternarmen Umgebung doch halbwegs auffällig. Bei schwacher Vergrößerung kommt er besonders gut zur Geltung.

2 Region um Messier 42 - Ausschnitt einer Aufnahme von Robert Zebahl aus einem Stadt-
park in Leipzig, Kamera: Nikon D3300, Objektiv: 50 mm bei Blende 4, ISO 1600, UHC-S-Filter, 24x30 Sekunden Belichtungszeit

Neben der rein visuellen Beobachtung bietet der Orion auch ein schönes Fotomotiv (Abb. 2). So sind bereits mit einer alltagstauglichen Einsteiger-Kamera unter Stadthimmel schon einige Objekte wie Sternhaufen oder Gasnebel zu sehen. Als astronomisches Zubehör kamen ein UHCS-Filter der Firma Baader sowie der Nanotracker als kleine Reisemontierung zum Einsatz. Die Bildbearbeitung wurde einfach gehalten und beschränkte sich auf die Programme Siril und Darktable.

nung der Komponenten bei einem Winkelabstand von 2,4 Bogensekunden erfordert eine höhere Vergrößerung.

Südlich von Collinder 70 ist der Große Orionnebel (Messier 42) sehr auffällig und sollte selbst unter städtischem Himmel mit moderater Lichtverschmutzung deutlich

Manchmal genügen auch einfache Mittel, um Freude an diesem schönen Hobby zu haben.

58 | Journal für Astronomie Nr. 88

Geschichte

Keine babylonische Schaltregel auf der Himmelsscheibe von Nebra?
von Holger Filling
Im Oktober 2021 besuchte ich die Sonderausstellung ,,Die Welt der Himmelsscheibe von Nebra - Neue Horizonte" im Museum für Vorgeschichte in Halle an der Saale. In dem zu dieser Ausstellung erschienenen Begleitband sind auf Seite 23 die fünf Phasen der Entwicklungsgeschichte der Himmelsscheibe dargestellt. Wenn man die Darstellung der 1. Phase auf das Wesentliche reduziert, ergibt sich der Anblick wie in der Abbildung 1 zu sehen.

Ich bin schon seit der Entdeckung dieses bemerkenswerten Objektes der Meinung, dass es sich bei dem großen, runden Goldobjekt nicht um die Sonne und auch nicht um den Mond handelt. Der Grund dafür ist, dass der Größenunterschied zu der dargestellten Mondsichel viel zu groß ist. Wie mir der im letzten Jahr verstorbene Professor Wolfhard Schlosser, der mit der Untersuchung der Himmelsscheibe beauftragt worden war, bereits vor Jahren mitteilte, gab es diesbezüglich viele Diskussionen, z. B. mit dem Dipl.-Psych. St. Mayer aus Passau. Ich glaube, dass der Hersteller der Himmelsscheibe diesen unnatürlichen Größenunterschied bewusst benutzte, um darauf hinzuweisen, dass es sich eben nicht um die Sonne oder den Vollmond handeln soll. Acht kleine Goldscheibchen die etwas unregelmäßig um das große, runde Goldobjekt angeordnet sind, geben einen Hinweis darauf, um was es sich eigentlich handeln soll, nämlich die Venus. Es gibt einen interessanten Zusammenhang zwischen dem siderischen Umlauf der Erde (Sonne) und den synodischen Umläufen von Mond und Venus.

1 Die Himmelsscheibe von Nebra (siehe Text)

Erde: 8 x 365,25636 Tage 2.922 Tage

Venus: 5 x 583,92140 Tage 2.920 Tage

Mond: 99 x 29,53059 Tage 2.924 Tage

2 Das Pentagramm der Venus für die unteren Konjunktionen

Journal für Astronomie Nr. 88 | 59

Geschichte

3 Das Pentagramm der Venus
auf der Himmelsscheibe
Der am Planetarium in Hamburg arbeitende Astronom Rahlf Hansen erkannte damals, dass es sich bei den Darstellungen auf der Himmelsscheibe um eine Anleitung dazu handelt, den Kalender des Mondes mit dem Sonnenkalender abzugleichen. Er berief sich dabei auf babylonische Schaltregeln nach MUL.APIN Tafel II Cap A 8 - 18 ii 1 - 6, die im Begleitband auf Seite 192 abgedruckt sind. Allerdings gab es seitens Herrn Dr. J. Koch aus Rothenburg o. d. T. er-

4 Drei Vorübergänge der
Venus an den Plejaden
5 Venus bei den Plejaden am 09.04.2023 gegen
21 Uhr MEZ. (Bild: Peter Stolzen)

60 | Journal für Astronomie Nr. 88

hebliche Bedenken, ob diese Schaltregeln sich so einfach auf die Sichtbarkeitsverhältnisse in Sachsen-Anhalt übertragen ließen, wie mir Prof. Schlosser berichtete. Die in der 2. Phase auf der Himmelsscheibe von Nebra angebrachten Horizontbögen liefern nämlich den Beweis dafür, dass die Himmelsscheibe auch in Sachsen-Anhalt hergestellt worden sein muss. Ein Bezug zu babylonischen Schaltregeln ist deshalb fragwürdig. Die beiden Bögen stehen eigentlich sinnbildlich für die Sonne.
Verbindet man die Punkte der aufeinanderfolgenden unteren Konjunktionen der Venus auf der Ekliptik durch Linien, entsteht ein Stern mit fünf Zacken, welcher auch als Pentagramm bezeichnet wird. Werden dann wiederum die Zackenspitzen des Pentagramms durch Linien miteinander verbunden, entsteht ein (fast geschlossenes) Fünfeck, welches auch als ,,Drudenfuß" bezeichnet wird (Abb. 2).
Das Pentagramm ist auch auf der Himmelsscheibe zu finden, wie die Abbildung 3 zeigt. Wozu sollen auf der Himmelsscheibe diese beiden kryptischen Hinweise auf den Planeten Venus nun eigentlich dienen? Sie sollen auf eine völlig andere Schaltregel mit Hilfe der Beobachtung der Venus bei den Plejaden hinweisen! Diese Schaltregel funktioniert sogar gegenwärtig noch. Dazu muss man wissen, dass die Venus in acht Jahren dreimal am Abendhimmel im April in der Nähe der Plejaden beobachtet werden kann. Vielleicht befinden sich deshalb auch drei Goldpunkte in dem kleinen Bogen, der als ,,Schiff " interpretiert wird (Abb. 4).
Die Schaltregel lautet: ,,Wenn beobachtet werden kann, dass im 1. Monat des Mondkalenders (bzw. gegenwärtig im April) die Venus an den Plejaden vorübergeht, dann muss nach diesem Monat ein Schalt-Mondmonat in den Mondkalender eingefügt werden."
Dazu die Tabelle. Die Einfügung der Schalt-Mondmonate S1, S2 und S3 erfolgt, wie aus der Tabelle ersichtlich wird, direkt an den I. Monat im Mondkalender, dessen Monate mit den römischen Ziffern I bis XII gekennzeichnet sind. Die Schaltmonate haben eine Länge von 30 Tagen, was der Dauer des Monats I im Mondkalender entspricht. Die Mondmonate haben in der Regel eine wechselnde Länge von 30 bzw. 29 Tagen, um damit im Mittel der Dauer des synodischen Mondumlaufes von 29,5 Tagen zu entsprechen. Der I. Monat wird also eigentlich nur wiederholt. Die ab-

Tabelle zu den Schalt-Mondmonaten (s. Text)
Jahr 1 (1998; 2006; 2014; 2022; 2030 ...)

Geschichte

gekürzten Monatsnamen im Sonnenkalender entsprechen unserem gegenwärtigen Kalender. Die letzten Vorübergänge der Venus an den Plejaden ereigneten sich am 25. April 2018, am 4. April 2020 und am 10. April 2023 (Abb. 5). Um das Jahr 1600 v. Chr. ereigneten sie sich am 7. März 1599 v. Chr., 26. Februar 1602 v. Chr. und am 21. März 1604 v. Chr. Der Vorübergang ist am besten zu beobachten, je früher er sich (gegenwärtig) im Monat April ereignet. Folglich ist die Bebobachtung am Monatsende am schwierigsten, wenn die Plejaden erst in einer Höhe von weniger als 10 Grad über dem Horizont sichtbar werden, weil dann die Dämmerung genügend weit vorangeschritten ist, damit diese für das bloße Auge über-

haupt sichtbar werden. Sie dürfen sich aber auch nicht in einer Höhe von weniger als 6 Grad befinden, weil sie dann für das bloße Auge durch die Extinktion unsichtbar werden. Die Tabelle startet im Jahr 1, wenn zwischen dem Monat April und dem Mondmonat I kein Unterschied besteht (Abweichung gleich 0 Tage). Im Oktober des 3. Jahres (Mondmonat VII) besteht zwischen dem Sonnen- und dem Mondkalender ebenfalls kein Unterschied, weil die Abweichung wieder 0 Tage beträgt. Dieses entspricht der Trieteris, einem Kalenderzyklus von drei Jahren mit zwei Mondjahren von 12 und einem von 13 Mondmonaten. Im Jahr 8 beträgt in den Monaten Januar und März bzw. den Mondmonaten X und XII die Ab-

weichung wieder 0 Tage. Der letzte Tag beendet den Kalenderzyklus der sogenannten Oktaeteris. Er entspricht damit genau 8 Sonnenjahren zu 365,25 Tagen = 2.922 Tagen, entsprechend 8 Mondjahren von 12 Monaten mit einer durchschnittlichen Länge von 29,5 Tagen = 2.832 Tagen, zuzüglich 3 Schalt-Mondmonaten von 30 Tagen = 90 Tage, zusammen also ebenfalls 2.832 + 90 = 2.922 Tage. Danach wiederholt sich der achtjährige Kalenderzyklus.

17. Tagung der Fachgruppe Geschichte der Astronomie in Freiburg
von Wolfgang Steinicke

Seit der letzten Tagung im November 2019 in Bamberg sind dreieinhalb Jahre vergangen. Der Grund für die lange Durststrecke ist klar: Covid. Um sie nicht noch weiter auszudehnen, wurde beschlossen, die nächste Tagung bereits im Frühjahr stattfinden zu lassen. So traf man sich zum siebzehnten Mal vom 21. bis 23. April 2023. Freiburg musste als Tagungsort kurzfristig einspringen, da ein erster Versuch in Nördlingen am Termin gescheitert war.

Freiburg im Breisgau hat viel zu bieten, insbesondere ein attraktives Tagungszentrum, die Katholische Akademie, zentral am Stadtgarten gelegen (Abb. 1). Der helle, große Raum bot bei bestem Wetter einen wunderbaren Blick auf die Stadt und das Münster. Ein Wermutstropfen war allerdings die geringe Beteiligung. Man hatte gehofft, dass nach der erzwungenen mehrjährigen Pause große Lust auf eine wissenschaftliche Tagung und das Zusammentreffen mit Gleichgesinnten bestünde. Dem war leider nicht so. Von der Flaute bei Veranstaltungen können derzeit auch viele andere Organisatoren berichten. Liegt das geringe Interesse

1 Der Tagungsort: die Katholische Akademie in Freiburg (alle Fotos: W. Steinicke)

für persönliche Begegnungen an der durchlebten Angst vor Kontakten, an der Inflation oder am deutlich gewachsenen OnlineBetrieb? Ob der negative Trend anhält, wird die Zukunft zeigen. Trotzdem, die Freiburger Tagung wurde von den 20 Teilnehmern als voller Erfolg gewertet. Wie üblich, gab es am Vorabend (Freitag) ein Treffen in einem

Restaurant. Das ,,Ochsebrugg" bot hervorragende Speisen und Getränke. Schnell kam man wieder ins Gespräch - auch neue Gesichter waren zu sehen.
Die Tagung startete am Samstag pünktlich um 10:00 Uhr. Während des gesamten Tages konnte man die von Karl-Peter Julius

62 | Journal für Astronomie Nr. 88

Geschichte

2 Blick auf die historischen Exponate von Karl-Peter Julius

und seiner Frau im Tagungsraum ausgestellten historischen Werke bewundern (Abb. 2). Sie waren eine Bereicherung und regten zu interessanten Diskussionen an.
Den obligatorischen Übersichtsvortrag zum Tagungsort hielt Karl-Ludwig Bath (Abb. 3). In ,,Zur astronomischen Geschichte des Schauinsland" referierte er über den 1.280 m hohen Freiburger Hausberg. Dessen astronomische Anfänge gehen auf das Jahr 1943 zurück, als Karl-Otto Kiepenheuer (1910-1975) dort eine Station zur Sonnenbeobachtung aufbaute, die schnell auf mehrere Bauten mit Teleskopen anwuchs. Noch während des Kriegs sollte ein 65-cm-Refraktor errichtet werden. Dazu kam es nicht mehr. Das imposante Teleskop ist noch heute auf der Sternwarte Pulkovo bei St. Petersburg im Einsatz. Seit 1984 betreiben die Sternfreunde Breisgau auf dem Gelände des Kiepenheuer-Instituts eine Amateursternwarte.

Sonnenspektrum". Bekannt ist die farbige Zeichnung mit rund 350 dunklen Linien von 1817. Relevanz erhält sie durch drei bisher nicht bekannte Briefe von Joseph Fraunhofer (1787-1826) an den deutschen Wissenschaftler Samuel Thomas Soemmerring (1755-1830) aus dem Jahr 1823. Der Referent hat sich eingehend mit den schwierig zu entziffernden Dokumenten befasst. Ein Brief beweist erstmals, dass der berühmte Optiker und Instrumentenbauer

sein Sonnenspektrum eigenhändig koloriert hat.
Dr. Michael Geffert vom (fiktiven) Birtzberg-Observatorium referierte anschließend zum Thema ,,Julius Schmidt (18251884) - Beobachtungen im Rheinland 1845-46". Schmidt war einer der bedeutendsten beobachtenden Astronomen des 19. Jahrhunderts. Grundlage des Vortrags sind die vor etwa 10 Jahren aufgefundenen

Die Sonne war auch Thema von Professor Jürgen Teichmann (Abb. 4). Er sprach über neue Erkenntnisse zu ,,Fraunhofers

3 Karl-Ludwig Bath referierte über die Astronomie auf dem Schauinsland.

Journal für Astronomie Nr. 88 | 63

Geschichte

5 Regina Umland bei ihrem Vortrag über Schumacher und die Astronomischen Nachrichten

4 Professor Jürgen Teichmann bei seinem
Vortrag über Fraunhofers Sonnenspektrum
Beobachtungstagebücher, die vom Referenten eingehend analysiert wurden. Sie geben einen umfangreichen Einblick in Schmidts Wirken im Rheinland. 1845 dokumentierte er in Düsseldorf und Bilk einige besondere astronomische Ereignisse wie den Merkur-

durchgang im Mai, die Entdeckung eines Kometen im Juni sowie die Marsopposition im August. Regelmäßig beobachtete und zeichnete er auch Sonnenflecken.
Die Mittagspause bot ausreichend Zeit, sich in der Stadt zu erholen. Ein kurzer Fußweg durch den Park und man war auf der beliebten Kaiser-Josef-Straße.
Das Nachmittagsprogramm wurde von Regina Umland eröffnet (Abb. 5). Sie hat bereits auf vielen Tagungen vorgetragen und sprach diesmal zum Thema ,,Heinrich

Christian Schumacher - Begründer der Astronomischen Nachrichten". Schumacher (1780-1850) wurde in Bramstedt in Schleswig-Holstein geboren (damals ein Teil von Dänemark). Er lehrte Astronomie in Kopenhagen, war zeitweilig Direktor der Sternwarte in Mannheim und besaß in Altona eine eigene Beobachtungsstation. 1821 gründete er die Astronomischen Nachrichten. Regelmäßig erscheinend und aktuell wurden die Mitteilungen schnell zum Sprachrohr der Astronomen. Die ,,AN" ist heute die älteste noch erscheinende astronomische Zeitschrift.

6 Gruppenfoto
64 | Journal für Astronomie Nr. 88

Geschichte

,,Der Stern von Bethlehem" war das Thema von Steffen Stolle. Er stellte die Ergebnisse seiner Forschungsarbeit vor - eine astronomische Analyse der in den Evangelien beschriebenen Geburtsgeschichte von Jesus Christus. Von der These ausgehend, dass es sich bei dieser Erzählung um eine Mischung aus Wahrheit und versteckter astrologischer Überhöhungsdichtung handelt, hat der Referent die relevanten Texte mit dem Sternenhimmel der Zeit um Jesu Geburt verglichen. Dabei wurde eine Reihe von Hinweisen gefunden, die das Geheimnis um den ominösen Stern von Bethlehem gelöst haben könnten. Es gab natürlich Kritik, aber auch viel Zustimmung für die mutige Präsentation, die Neues zu einem altbekannten Thema bot [1].
In der anschließenden Pause gab es Kaffee und Kuchen und viele anregende Gespräche. Hier entstand auch das obligatorische Gruppenfoto (Abb. 6).
Den zweiten Teil des Nachmittags eröffnete Dr. Wolfgang Steinicke mit dem Vortrag über ,,William Herschels ,Loch im Himmel` und die Entdeckung der Dunkelnebel" (Abb. 7). 1785 publizierte der deutschstämmige Astronom einen Artikel mit dem mysteriösen Titel ,,An opening or hole". Darin beschreibt er eine ungewöhnliche Sternenleere im Skorpion. Die Sache geriet in Vergessenheit, bis Caroline Herschel 1833 eine Korrespondenz mit ihrem Neffen John über das Thema begann. In einem ihrer Briefe zitiert sie ihren Bruder William mit den Worten ,,Hier ist wahrhaftig ein Loch im Himmel!". Weitere 100 Jahre später behauptete Johann Georg Hagen, Direktor der Vatikansternwarte, das ominöse ,,Loch" sei der von Edward E. Barnard katalogisierte Dunkelnebel B 86 im Schützen. Der Referent konnte die Identität des obskuren Objekts anhand von Herschels Originalaufzeichnungen klären [2].

7 Wolfgang Steinicke bei seinem Herschel-Vortrag

Abschließend berichtete Petra Mayer über ,,Historische Begegnungen zwischen Jupiter und Venus". Die beiden Objekte sind die am besten mit bloßem Auge sichtbaren Planeten unseres Sonnensystems. Sie begegnen sich vielfach und kamen sich manchmal sehr nah, was zu allerlei Spekulationen geführt hat. Die Referentin wusste Spannendes über die historischen Konjunktionen zu berichten. Dabei zeigte sie interessante Statistiken, basierend auf eigenen Recherchen.

Tagung, die in Erinnerung bleiben wird. Wann und wo die nächste stattfinden wird, steht noch in den Sternen. Wahrscheinlich kehren wir 2024 wieder zum bewährten Herbsttermin zurück, mit der Hoffnung auf eine größere Beteiligung. Ob wieder das Niveau wie vor Covid erreicht wird, ist allerdings fraglich. Näheres zur 18. Tagung finden Sie zu gegebener Zeit auf der Webseite der VdS-Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie" (http://geschichte.fg-vds. de).

Alle Referenten hielten sich mit großer Disziplin an den vorgegebenen Zeitplan. Das gab ausreichend Raum für Fragen und Diskussion. Der intensiv genutzte Tag fand seinen Ausklang im Restaurant ,,Korfou". Solche Nachsitzungen haben einen großen Wert: Man kann das erlangte Wissen im Gespräch vertiefen oder einfach die lockere Gemeinschaft genießen, sich entspannen und neue Freundschaften schließen.

Literaturhinweise: [1] S. Stolle, 2023: ,,Gedanken zum Stern
von Bethlehem", VdS-Journal für Astronomie 86, III/2023, S. 74-78 [2] W. Steinicke, 2021: "William Herschel - Discoverer of the Deep Sky", Books on Demand

Am Sonntagmorgen traf man sich am Predigertor zu einer historischen Stadtführung mit dem Thema ,,Münster, Tore, Stadtlegenden". Ein gelungener Abschluss einer

Journal für Astronomie Nr. 88 | 65

Kleine Planeten

Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries

Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiterbewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.
Im Frühjahr 2023 führte die Bahn des Zwergplaneten (1) Ceres durch das reiche Galaxienfeld in den Sternbildern Virgo und Coma Berenices. Dabei kam es zu einigen kosmischen Begegnungen. Eine der promi-

nentesten war die Begegnung mit der Galaxie M 100 am 26. März. Dieses Ereignis rief auch meinen eifrigsten Bildlieferanten Wolfgang Bodenmüller auf den Plan, der die kosmische Begegnung wegen schlechter Wetterbedingungen remote in Chile aufgenommen hat. Da Wolfgang sich auch sehr für Geschichte begeistert, beschäftigte er sich mit der spannenden Entdeckungsgeschichte von Ceres, des ersten Kleinkörpers im Asteroidengürtel. Dankenswerterweise hat er sich bereiterklärt, uns auf eine Zeitreise in die Vergangenheit mitzunehmen und einen Artikel über seine Recherchen zu schreiben, der nachfolgend ebenfalls in dieser Ausgabe zu finden ist.

Mit dem Wetter am 26. März 2023 klappte es leider in großen Teilen des deutschsprachigen Raums nicht. Einige Astrofotografen in den nördlichen Teilen hatten aber Wetterglück, so dass ich hier drei Bilder von dieser kosmischen Begegnung präsentieren kann. Die drei Fotografen sind in alphabetischer Reihenfolge Kai-Oliver Detken, Manfred Mrotzek und Oliver Schneider.
Der begeisterte Astrofotograf Kai-Oliver Detken [1] wohnt in der Nähe von Bremen. Der IT-Experte engagiert sich sehr stark innerhalb der VdS und anderen Vereinen wie der Astronomischen Vereinigung Lilienthal oder des Astronomischen Arbeitskreises Salzkammergut im fernen Österreich.

1 Die Galaxie M 100 und (1) Ceres, aufgenommen von Kai-Oliver Detken mit einem SC-Teleskop Celestron 11 XLT bei f/10
und einer Lacerta-Kamera DeepSkyPro2600c.
66 | Journal für Astronomie Nr. 88

Kleine Planeten

Unter anderem ist er stellvertretender Leiter der Fachgruppe Remote-Teleskope der VdS. Seine kosmische Begegnung entstand aber im heimischen Garten. Dort kämpft er, wie viele, mit der Lichtverschmutzung in Stadtnähe. Trotzdem gelang ihm ein tolles Bild [2] von Ceres vor M 100.

Kai-Oliver wollte den Zwergplaneten nicht als Strichspur darstellen, sondern stackte nur 4 Bilder à 5 Minuten einer längeren Aufnahmeserie. In den 20 Minuten ist Ceres noch ein heller, runder Stern vor der Spirale und der natürliche Look der Aufnahme bleibt erhalten. Astronomie als Hobby betreibt er seit mehr als 30 Jahren. Als Astrofotograf reichen seine Interessen von den irdischen Polarlichtern bis zu den fernen Galaxien, wobei ihn auch die astrophysikalischen Hintergründe seiner Motive interessieren. Von dieser kosmischen Begegnung hat er durch die Mailingliste der VdS-Arbeitsgruppe Astrofotografie erfahren. Der Wetterbericht war eigentlich für diese Nacht nicht vielversprechend und tatsächlich zogen ab und zu Wolken durch. Es gab sogar einen Schreckmoment, als es kurzzeitig etwas schneite. Wenn diese Begegnung nicht gewesen wäre, hätte Kai-Oliver sein Equipment gar nicht aufgebaut.
Tabelle

2 Die Galaxie M 100 und (1) Ceres, aufgenommen von Manfred Mrotzek mit einem
140-mm-Apo bei f/5,35 und einer Atik-Kamera 460EX.

Seine Mühen haben sich gelohnt und wir können sein Bild (Abb. 1) hier bewundern. Neben der Astrofotografie interessiert ihn auch die Geschichte der Astronomie und in seinem Heimatverein in Liliental [3] steht ein Nachbau eines historischen ,,Riesenteleskops", das auch in den Anfängen der Kleinplanetenentdeckungen eine Rolle

spielte. Ein Bild dieses historischen Fernrohres stellte Kai-Oliver daher Wolfgang Bodenmüller für seinen historischen Artikel zur Verfügung.
Etwas ruhiger in seinen Aktivitäten geht es Manfred Mrotzek [4] an. Kürzlich in den Ruhestand gewechselt, kann er sich

Ausgewählte besonders interessante kosmische Begegnungen im 1. Quartal 2024

Datum
06.01.2024 12.01.2024 09.02.2024 11.02.2024 08.03.2024 10.03.2024

Uhrzeit
24:00 20:00 20:00 22:00 22:00 20:00

Kleinkörper

vis. Hell./mag

(849) Ara

13,8

(4299) WIYN (4) Vesta

15,9 / 6,9

(1621) Druzhba

14,5

(175) Andromache / (3164) Prast 13,7 / 15,5

(117) Lomia

12,0

(38) Leda

12,0

Objekt
M 48 M 1 NGC 2304 NGC 3041 NGC 3664 M 67

Art vis. Hell./mag Abstand

OC

5,8

15'

SNR

8,4

6' / 31'

OC

10

1'

Gx

11,7

3' / 6 '

Gx

12,6

1'

OC

6,9

3'

Abkürzungen: Gx - Galaxie, OC - Offener Sternhaufen, SNR - Supernovarest.

Journal für Astronomie Nr. 88 | 67

3 Die Galaxie M 100 und (1) Ceres, aufgenommen von Oliver Schneider mit einem 340-mm-Keller-Hypergraph bei f/3,2
und einer Kamera Asi 2600mc pro.

nun nach Lust und Laune der Astronomie widmen. Er trifft sich regelmäßig zum Gedankenaustausch mit Gleichgesinnten der Astronomischen Arbeitsgemeinschaft der VHS Buxtehude. Manfred interessiert sich sehr für Galaxien, Galaxiengruppen und Supernovae. Daher beteiligt er sich auch am Projekt ,,Tief belichtete Galaxien" der FG Astrofotografie, obwohl sein Standort nicht optimal ist. Aber auch alle anderen Arten von Deep-Sky-Objekten nimmt er aufs Korn, wobei er Schmalbandfilter für Gasnebel verwendet und ansonsten meist monochrom arbeitet. Seine kosmische Begegnung [5] wurde vom heimischen Garten aus aufgenommen. Das Equipment steht in einer Schiebedachsternwarte, die er bequem vom Haus steuern und überwachen kann. Dieser Komfort entschädigt für die bescheidenen Bedingungen durch die Lichtverschmutzung im Großraum Hamburg und die unruhige Luft, die das bebaute Gebiet nun einmal mit sich bringt.

Von der Begegnung des Zwergplaneten mit der Messiergalaxie hat er ebenfalls durch Mailinglisten erfahren. Der Wetterbericht prognostizierte einen wolkenarmen Streifen in Norddeutschland und Manfred konnte bis ca. 4 Uhr früh zwei Galaxien mit Supernovae und das hier gezeigte Bild aufnehmen. Die Aufnahmeserie erstreckte sich über 2,5 Stunden. Auf seiner Homepage kann man sich eine Animation des Vorbeiflugs von Ceres ansehen. Für das Bild in der Abbildung 2 wurden vier mal vier Bilder aus der Serie gestackt, so dass die Bahn des Zwergplaneten als Punktlinie dargestellt wird. Seine Animation über die gesamte Länge seiner Beobachtung finden Sie unter [6].
Die dritte Aufnahme (Abb. 3) kommt von Oliver Schneider [7]. Auch er ist ein hochaktiver Astrofotograf, der im Rahmen der VdS und des Astronomischen Arbeitskreises Salzkammergut arbeitet. Außerdem ist er Organisator des Ostwestfälischen Astro-

nomie Stammtisches, der sich seit 2016 monatlich trifft. Oliver arbeitet entweder von der heimischen Sternwarte aus oder er trifft sich mit Gleichgesinnten auf Teleskoptreffen an Orten mit dunklerem Himmel. Aktuell beschäftigt er sich auch mit RemoteSternwarten in Südfrankreich, Österreich und in Namibia. Am 26. März kam er gerade von einem Wartungs-Trip zur ROSASternwarte in Frankreich zurück. Trotz der langen Reise aktivierte er seine Sternwarte, um die Begegnung von Ceres und M 100 zu fotografieren [8]. Auf Ceres im Galaxienfeld hat ihn einer seiner Sternfreunde vom Astrostammtisch aufmerksam gemacht. Eine Begegnung von Ceres mit M 91 [9] und mit M 88 [10] hatte er schon einige Zeit vorher aufgenommen, daher wollte er auch die Begegnung mit M 100 aufnehmen. Zum Glück spielte auch bei ihm das Wetter mit. Olivers Interessen sind weit gestreut und reichen von atmosphärischen Erscheinungen bis zu den Deep-Sky-Objekten. Alles, was am Himmel dynamisch erscheint, fin-

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Kleine Planeten

det er besonders spannend. Daher erstellt er sehr viele sehenswerte Animationen. Selbstverständlich gibt es daher auch eine Ceres-M-100-Animation [11].
Die Entdeckungsgeschichte von Ceres behandelt Wolfgang Bodenmüller in seinem Artikel, daher hier nur einige Daten zu Ceres. Mit 964 km Durchmesser ist sie der größte Brocken im Asteroidengürtel. Sie umrundet die Sonne in 4 Jahren und 219 Tagen. Zum Zeitpunkt der Aufnahmen war sie ca. 6,9 mag hell und 240 Millionen Kilometer von der Erde entfernt [12].
Die Balkenspirale Messier 100 wurde 1781 vom französischen Astronomen Pierre Mechain entdeckt. Am Himmel erscheint sie 9,3 mag hell und ca. 7 Bogenminuten groß. Ihr Balken ist sehr klein und man kann sie leicht mit einer Spiralgalaxie verwechseln. Sie gehört zu den hellsten Spiralen im Virgocluster und ist rund 55 Millionen Licht-

jahre von uns entfernt. Ihre Leuchtkraft entspricht ca. 100 Milliarden Sonnen. Ihr Durchmesser ist mit 120.000 Lichtjahren ähnlich groß wie unsere Galaxie [13]. Also ein passender Partner für eine kosmische Begegnung mit dem hellsten Objekt im Asteroidengürtel.
Kosmische Begegnungen finden täglich statt. Die Tabelle auf Seite 67 enthält eine kleine Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-SkyObjekten, die von uns erstellt wurde. Damit soll Ihnen Ihr Weg zum persönlichen Bild einer kosmischen Begegnung erleichtert werden.
Eine Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren, finden Sie auf der Homepage von Klaus Hohmann [14]. Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische Begegnun-

gen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit, verschiedene Parameter wie die Helligkeit des Deep-Sky-Objektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selbst auszuwählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden.
Wir möchten Sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS bitten, Ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals für Astronomie mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die Bilder per Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an ries@sternwarte-altschwendt.at. Bitte vergessen Sie nicht, das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.

Internethinweise (Stand 22.08.2023): [1] K. O. Detken: Homepage,
www.detken.net/
[2] K. O. Detken, 2023: ,,Ceres vor M 100", www.detken.net/images/celestial_ objects/planet/ceres.jpg
[3] Astronomische Vereinigung Lilienthal: www.avl-lilienthal.de/home.html
[4] M. Mrotzek: ,,Manfreds Astrofoto-Seiten", https://astro-photos.net/
[5] M. Mrotzek, 2023: ,,Ceres vor M 100", https://astro-photos.net/CCD/M100_ cctv.html

[8] O. Schneider, 2023: ,,Ceres vor M 100", https://telescopius.com/pictures/ view/145338/asteroid/by-oliverschneider-
[9] O. Schneider, 2023: ,,Ceres bei M 91": https://telescopius.com/pictures/ view/144124/deep_sky/M/91/galaxy/ by-oliver-schneider-
[10] O. Schneider, 2023: ,,Ceres bei M 88" (Animation), https://telescopius.com/ pictures/view/144528/asteroid/M/88/ galaxy/by-oliver-schneider-
[11] O. Schneider, 2023: ,,Ceres vor M 100" (Animation), https://telescopius.com/ pictures/view/145300/asteroid/M/100/ galaxy/by-oliver-schneider-
[12] Wikipedia: ,,(1) Ceres", https://de.wikipedia.org/wiki/(1)_Ceres

[6] M. Mrotzek, 2023: ,,Ceres vor M 100" (Animation), https://astro-photos.net/CCD/ CCD2/M100+Ceres.html
[7] O. Schneider: Homepage, www.balkonsternwarte.de

[13] Wikipedia: ,,Messier 100", https://de.wikipedia.org/wiki/ Messier_100
[14] K. Hohmann: ,,Astrofotografie: Kosmische Begegnungen", http://astrofotografie.hohmann-edv.de/ aufnahmen/kosmische.begegnungen.php

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Zwergplanet (1) Ceres
von Wolfgang Bodenmüller

Zum Jahresbeginn 2023 war Ceres in den galaxienreichen Regionen der Sternbilder Virgo und Coma Berenices unterwegs, passierte am 7. Mai die Grenze zum Löwen und machte sich dann um den 20. Mai 2023 wieder auf den Weg zurück Richtung Coma und Virgo. Auf ihrem Weg passierte Ceres immer wieder Galaxien, so z. B. NGC 4571, M 91, M 100 (Abb. 1), NGC 4119, NGC 4365, NGC 5324.

Des Weiteren wechselte ihre Klassifizierung im Laufe der Jahrhunderte vom vollwertigen Planeten zum Kleinplaneten und nun aktuell zum Zwergplaneten. Aus diesen Gründen ergab sich der Gedanke, die Entdeckungsgeschichte von Ceres zu recherchieren, ist sie doch das erste Objekt im Asteroidengürtel, welches entdeckt wurde, weshalb sie auch die Nummer 1 trägt.

1 Am 26.03.2023 passierte (1) Ceres die Galaxie M 100 innerhalb von 52 Minuten, auf-
genommen an einem 20-zölligen CDK (f/6,8) und mit einer CCD-Kamera FLI 16200. Bild: Wolfgang Bodenmüller

Das Thema beginnt im Grunde bereits ca. 30 Jahre vor der Entdeckung von Ceres. Erinnern wir uns an die Titius-Bode-Reihe, nach der die Abstände der Planeten einer mathematischen Formel folgen. Die daraus resultierende Zahlenreihe beschreibt sehr gut die Abstände von Merkur bis Saturn, wobei eine Stelle in der Reihe zwischen Mars und Jupiter ,,unbesetzt" blieb. Sie wurde von Johannes Daniel Titius (1729-1796) empirisch gefunden und von Johann Elert Bode (17471826) erstmals in seiner Publikation ,,Deutliche Anleitung zur Kenntnis des gestirnten Himmels", 2. Auflage 1772, Seite 462-463, in einer Fußnote publiziert. Hierbei bezogen sich die Angaben auf die damals bekannten 6 Hauptplaneten, also Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter und Saturn [1]. Im Text stellt Bode bereits hier die Frage: ,,... und wozu der große Raum, welcher sich zwischen Mars und Jupiter befindet, wo bis jetzt und noch kein Hauptplanet gesehen wird?" (Abb. 2).
Die Lücke zwischen Mars und Jupiter wird von J. E. Bode in seinen Werken immer

2 Fußnote von Johann Elert Bode (1747-1826) in seiner Publikation ,,Deutliche Anleitung zur
Kenntnis des gestirnten Himmels". Bild: Wolfgang Bodenmüller

wieder erwähnt, wobei er zunächst Titius nicht angab, dies aber später nachgeholt hat [1]. In Tafel 2 ,,Das Sonnensystem" in seiner Anleitung von 1777 hat er hier bereits

durch eine gestrichelte Linie die theoretische Bahn der Ceres im Abstand von 2,80 gemäß der Titius-Bode-Reihe eingezeichnet (Abb. 3).

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3 J. E. Bode zeigt in seiner Tafel 2 ,,Das Sonnensystem" von 1777 bereits durch eine gestrichelte Linie die theoretische Bahn der Ceres.
Bild: Wolfgang Bodenmüller

Dieses Thema des fehlenden Planeten zieht sich immer wieder durch Bodes Publikationen und war auch in der Fachwelt bekannt. Nach der Entdeckung des Uranus am 13. März 1781 durch William Herschel in übereinstimmender Entfernung mit der Vorhersage der Titius-Bode-Reihe, die hierdurch praktisch als gültig bestätigt wurde, hat Bode 1784 in seiner Publikation zu Uranus ,,Von dem neu entdeckten Planeten" auf Seite 51 in der Anmerkung auf den immer noch nicht gefundenen ,,8. Hauptplaneten" zwischen Mars und Jupiter erneut hingewiesen und auch angemerkt, dass er kleiner als Mars und lichtschwach sein könnte. Bei dieser Gelegenheit hat Bode auch auf Titius als Autor der Reihe hingewiesen (Abb. 4).
Trotzdem hat es dann noch bis zum 1. Januar des Jahres 1801 gedauert, bis Ceres entdeckt wurde, wobei sich die Bestätigung als Planet relativ lange hinzog. Dies wird umso verständlicher, wenn man sich vor Augen hält, wie zur damaligen Zeit

die Kommunikationswege waren, insbesondere auch unter dem Aspekt der napoleonischen Kriege (1792-1813). Die Astronomen dieser Epoche wie z. B. Herschel, Mechain, de la Lande, Bessel, Gauß, Triesnecker, Olbers, Schroeter, Bode und von Zach, um nur einige zu nennen, standen hauptsächlich per Brief miteinander in Kontakt. Brieflich wurden auch Beobachtungen ausgetauscht und neben der Vorstellung von Ergebnissen in den örtlichen Akademien der Wissenschaften waren das jährlich erscheinende ,,Astronomische Jahrbuch" von J. E. Bode (unter seiner Feder herausgegeben von 1776-1829) und auch die ,,Monatliche Korrespondenz zur Beförderung der Erd- und Himmelskunde" (erschienen von 1800-1813) von Xaver von Zach das ,,Publikationsorgan" in Sachen Astronomie der damaligen Zeit. Die Jahrbücher Bodes enthielten neben den Angaben zu Kalendern die Vorausberechnung der wichtigsten astronomischen Daten und Ereignisse für das jeweilige Jahr, wie z. B. die Ephemeriden der Planeten

für jeden Monat, die tägliche Stellung der Jupitertrabanten, Mond- und Sonnenfinsternisse, Venus- und Merkurtransite etc.
Neben diesem ephemeridischen Teil der Jahrbücher sandten die Astronomen ihre Entdeckungen und Beobachtungen zur Publikation in den Jahrbüchern an J. E. Bode oder auch an X. von Zach. So findet man nun im Jahrbuch für das Jahr 1804, gedruckt und publiziert 1801, die Beschreibung zur Entdeckung von Ceres, wobei zunächst absolut unklar war, ob es sich hier um den seit Langem gesuchten ,,8. Hauptplaneten" handelte.
Piazzi entdeckte Ceres eher zufällig. Er überprüfte in der fraglichen Nacht den im Sternkatalog von Wollaston mit ,,Nr. 87 bei Mayer" bezeichneten Stern, welcher allerdings nicht im Sternverzeichnis von Tobias Mayer vorkommt, dagegen aber im Sternverzeichnis von de la Caille mit Nr. 87 geführt wird. Wollaston hat hier ,,Mayer" und ,,de la Caille" verwechselt. Der neuentdeck-

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4 Der Hinweis auf Ceres und auf J. D. Titius
in der Publikation zu Uranus von 1784. Bild: Wolfgang Bodenmüller

te ,,Komet" stand in der Entdeckungsnacht am 1. Januar 1801 ,,nahe südwestlich bei Nr. 87 de la Caille" [2].
Da die Beschreibung im Jahrbuch für das Jahr 1804 relativ umfangreich ist, zitiere ich hier im Folgenden den zeitlichen Ablauf in Kurzform: Am 20. März 1801 erhält Bode einen Brief von Joseph Piazzi, dem königlichen Astronomen in Palermo, datiert vom 24.01.1801. In diesem schreibt Piazzi: ,,Den 1. Januar entdeckte ich einen Kometen (beweglichen Stern) unter 51 Grad 47' gerader Aufsteigung (= Rektaszension) und 16 Grad 8' nördlicher Abweichung (= Deklination). Am 11. Januar veränderte er seine rückläufige Bewegung in eine vorwärts gehende und am 23. hatte er 51 Grad 46' gerade Aufsteigung und 17 Grad 8' nördlicher Abweichung. Er ist sehr klein und gleicht einem Stern 8er Größe, ohne merklichen Nebel. Ich bitte Sie, mich wissen zu lassen, ob er schon von anderen Astronomen beobachtet worden ist."
Bode sieht den Piazzi'schen Stern nicht als Kometen und schreibt in seiner Abhandlung [3] hierzu: ,,Beim Durchlesen des Piazzi'schen Schreibens entstand bei mir sogleich der Gedanke: dieser so langsam sich rück- und vorwärts bewegende kleine Stern ohne merklichen Nebel sei wohl kein Komet, sondern wahrscheinlich schon der seit 30 Jahren auch von mir angekündigte, zwischen Mars und Jupiter befindliche Hauptplanet, dessen Abstand von der Sonne eine bekannte Progression von etwa 2,80 (Titius-Bode-

Reihe) angibt, und der in 4 Jahr 8 Monaten um die Sonne laufen muss."
Bode unternahm nun erste vorläufige Berechnungen einer Planetenbahn mit diesen Daten und kam zu dem Ergebnis, dass diese mit den von Piazzi angegebenen Positionen zum 1. Januar 1801, dem bemerkten Stillstand am 11. Januar und der von Piazzi angegebenen Position zum 23. Januar ,,ungemein gut zutraf ".
Bode bat Piazzi dann brieflich um die Angabe weiterer Beobachtungen, informierte zum 16. April die Akademie der Wissenschaften in Berlin über seine Vermutungen zu dem Piazzi'schen Stern und gab diese auch an Xaver von Zach weiter. Am 4. Mai schrieb dann von Zach an Bode, dass er seiner Meinung beipflichte, und teilte gleichzeitig mit, dass er ein Schreiben von dem italienischen Astronomen Barnaba Oriani aus Mailand erhalten habe, in welchem dieser ihm mitteilte, dass er in einem Brief mit Datum vom 24.01.1801 von Piazzi die Entdeckung des Sterns gemeldet bekam. B. Oriani bekundet hierin seine Meinung, dass der Stern ,,beständig ohne merklichen Nebel erscheine und er sich so langsam bewege, dass er mehrmals veranlasst gewesen sei, zu glauben, dass er wohl ein Planet und der zwischen Mars und Jupiter gesuchte sein könne".
Piazzi hat also am 24.01.1801 zwei Briefe versandt, einen an J. E. Bode und einen an B. Oriani in Mailand. Da der Brief an B. Oriani erst am 5. April in Mailand ankam und Bode seinen Brief bereits am 20. März erhalten hat, war Bode der erste, der den Piazzi'schen Stern als einen Planeten erklärte. Am 30. Mai 1801 erhielt Bode die 2. Nachricht von Piazzi (datiert am 10. April), dass er aus gesundheitlichen Gründen den Kometen nur bis 11. Februar beobachten konnte, aber unterdessen seine Beobach-

tungen auch an de la Lande in Paris weitergegeben hatte. Bode suchte im Mai den Stern im Sternbild Stier, konnte ihn aber nicht finden und hat dennoch zum 12. Mai seine Überlegungen zu diesem neuen Stern in den ,,öffentlichen Blättern bekannt gemacht".
Zum 11. Juni erhielt Bode dann in einem 3. Schreiben (datiert am 1. Mai) von Piazzi endlich die vollständigen Beobachtungen zu diesem neuen Stern.
Piazzi schreibt hierzu, dass er die vollständigen Beobachtungen des Kometen (Piazzi geht immer noch von einem Kometen aus) nicht vorher bekannt machen wollte, bis er diesen vollständig untersucht und berechnet habe, aber aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert wurde. Zusätzlich schreibt er Bode, ,,dass er es für misslich halte, den Komet für einen Planet zu halten" und bittet gleichzeitig darum, eigene Berechnungen und Resultate nicht früher als die von Piazzi bekannt zu machen.
Interessant ist, dass Piazzi in seinen vollständigen Beobachtungen (1. Januar bis 11. Februar 1801), also mit seinem 3. Schreiben, die Deklination des neuen Sterns vom 1. Januar mit 15 Grad 38' um 1/2 Grad geringer angibt als in seinem ersten Brief an Bode, in welchem die Deklination mit 16 Grad 08' angegeben war. Bode errechnete aus den ersten Angaben eine Bahnneigung von etwa 6 Grad , mit der veränderten, neuen Positionsangabe errechnet sich dann eine Bahnneigung von fast dem Doppelten, d. h. von 11 Grad 56' (basierend auf den wenigen Beobachtungen bzw. Positionsangaben, steht das relativ gut in Relation mit dem heutigen Wert von 10 Grad 35').
Bode folgert daraus, dass diese ,,unerhörte Bahnneigung" als Ursache zu sehen ist, warum dieser Planet nicht schon längst entdeckt wurde. Üblicherweise suchte und

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Kleine Planeten

5 Der Nachbau
des Schroeter'schen Teleskops in Lilienthal. Bild: Kai-Oliver Detken

erwartete man Planeten in der Nähe der Ekliptik innerhalb des Tierkreises und ein Planet mit dieser hohen Bahnneigung überschreitet oft die Grenzen des Tierkreises [4].

Xaver von Zach übermittelte an Bode auch die von anderen Astronomen nach und nach eingegangenen Untersuchungen und Berechnungen, so von Oriani, de la Place, Burckhardt und Olbers. Die Berechnungen zielten stets darauf ab, in die gemessenen Positionen entweder eine passende Parabel (= Komet) oder eine kreisförmige oder elliptische Bahn (= Planet) zu legen.
Burckhardts und Olbers' Berechnungen ergaben elliptische Bahnen und insbesondere Olbers legte dar, ,,dass sich die Piazzi'schen Beobachtungen mit keiner Parabel vereinigen lassen, sondern der Stern sich auf einer vom Kreise nicht sehr abweichenden Ellipse bewegen müsse"; ferner glaubt auch er, dass die große Neigung seiner Bahn gegen die Ekliptik kein Grund sei, dessen Planetennatur zu bezweifeln [5].
Der nächste Schritt, auf den es nun ankam, war, den neuen Stern nach seiner Konjunktion mit der Sonne am Morgenhimmel wiederzufinden. Bode hat dies zwischen dem 19. August und 19. September 1801 mehrfach auf Basis der von Burckhardt vorausberechneten Positionen versucht, jedoch ohne Erfolg. Er folgert daraus, dass der neue Stern dann doch beträchtlich von dem vorausberechneten Ort entfernt sei und das Auffinden immer unwahrscheinlicher werde, je länger es dauert.
Dies hält Bode jedoch nicht davon ab, im Falle, dass der Stern sich als Planet erweist, der Mythologie folgend den Namen Juno (griechisch Hera) vorzuschlagen, wie er es bereits im Mai 1801 an Xaver von Zach nach Gotha meldete.

Zum 25. September 1801 erhält Bode einen Brief (datiert am 1. August) von Piazzi, in welchem Piazzi Bode nun Recht gibt und ihm die vorläufigen Bahndaten auf Basis eines Kreisbogens übermittelt: ,,Ich glaube, dass Sie Recht haben, meinen Stern für einen wirklichen Planeten zu halten. Ich habe versucht, seinen Lauf durch eine Parabel vorstellig zu machen, aber vergeblich." Piazzi schreibt weiter, dass der vom Planeten zurückgelegte Weg noch zu klein ist, um eine genaue Berechnung der Bahnellipse zu ermöglichen, der Kreisbogen stimme am besten mit den Beobachtungen überein und sei hinreichend genau, um den Planeten wiederzufinden. Und schlussendlich: ,,Ich umarme Sie aufs herzlichste, dass Sie meinen neuen Planeten, dem ich gern den Namen Ceres Ferdinandea beigelegt sehen möchte, zuerst angekündigt haben." [6]
Die Ergänzung Ferdinandea war zur Ehrung von König Ferdinand IV. von Neapel gedacht, wurde aber später wieder fallen gelassen. So blieb es bei Ceres, der Göttin des Ackerbaues und Patronin von Sizilien (Abb. 6).
Hiermit endet der Bericht J. E. Bodes in seinem Jahrbuch für 1804 (1801).
Erstaunlich ist, wie die Namensgebung doch weite Kreise beschäftigt hat. So äußert sich Napoleon Bonaparte gegenüber de la Place, ,,dass er für den neuen Planeten den Namen Juno dem der Ceres vorziehe" [9]. Weniger bekannt ist, dass 1800, beim 2. eu-

ropäischen Astronomenkongress in Gotha, die ,,Himmelspolizey" als Kooperation europäischer Sternwarten, insbesondere aus Deutschland, Österreich und Italien, gegründet wurde. Initiatoren der Gründung waren Franz Xaver von Zach (SeebergSternwarte zu Gotha) und der Amateurastronom Johann Hieronymus Schroeter, wel-
6 Die Statue der Ceres im Apollosaal von
Schloss Esterhazy in Fertöd (Ungarn). Bild: Wolfgang Bodenmüller

Journal für Astronomie Nr. 88 | 73

Kleine Planeten

cher in Lilienthal eine sehr leistungsfähige Sternwarte (Abb. 5) besaß [7]. In Lilienthal steht heute ein Nachbau des damals größten Teleskops des europäischen Festlandes, mit welchem man auch beobachten kann. Vielen Dank an Kai-Oliver Detken für seinen Input.
Die wichtigste Aufgabe der Himmelspolizey war die planmäßige Durchmusterung des Sternenhimmels im Umkreis der Ekliptik, um den zwischen Mars und Jupiter vermuteten Planeten zu entdecken.
Der erste gemeinschaftliche Erfolg der Himmelspolizey war dann auch die Wiederentdeckung der Ceres Ende 1801. Ausschlaggebend für diesen Erfolg war die neue Bahnberechnung durch Carl Friedrich Gauß mit der von ihm entwickelten iterativen Vorgehensweise zur Bahnbestimmung (Methode der kleinsten Fehlerquadrate).
Franz Xaver von Zach entdeckte Ceres dann am 7. Dezember 1801 wieder, gefolgt von Olbers, welcher Ceres am 1. und 2. Januar 1802 beobachten konnte [8].
In den Folgejahren wurden 1802 (2) Pallas, 1804 (3) Juno und 1807 (4) Vesta entdeckt. Nach aktuellem Wissensstand sind im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter ca. 800.000 Objekte bekannt.

Eine Beschreibung dieses Gerätes findet man im 2. Supplementband zu Bodes Jahrbüchern, erschienen 1795, Seite 57 der Beobachtungen und Nachrichten [10]. Was würden Piazzi, von Zach, Olbers und Bode wohl sagen, wenn sie zur Ceres die heutigen Erkenntnisse und Bilder, z. B. der Raumsonde DAWN, vor Augen hätten?
Literatur- und Internethinweise (Stand 22.08.2023): [1] J. E. Bode: ,,Anleitung zur Kenntnis
des gestirnten Himmels", 3. Auflage 1777, S. 634-635 (Bode-Sammlung des Autors) [2] J. E. Bode, 1801: ,,Astronomisches Jahrbuch für das Jahr 1804", S. 252 (Bode-Sammlung des Autors) [3] J. E. Bode, 1801: ,,Astronomisches Jahrbuch für das Jahr 1804", S. 250 (Bode-Sammlung des Autors) [4] J. E. Bode, 1801: ,,Astronomisches Jahrbuch für das Jahr 1804", S. 253 (Bode-Sammlung des Autors) [5] J. E. Bode, 1801: ,,Astronomisches Jahrbuch für das Jahr 1804", S. 255 (Bode-Sammlung des Autors) [6] J. E. Bode, 1801: ,,Astronomisches Jahrbuch für das Jahr 1804", S. 259 (Bode-Sammlung des Autors) [7] Wikipedia: ,,Himmelspolizey", https://de.wikipedia.org/wiki/ Himmelspolizey

[9] J. E. Bode, 1802: ,,Von dem neuen zwischen Mars und Jupiter entdeckten achten Hauptplaneten des Sonnensystems", S. 37, Astronomierara, Deutsches Museum München, http://dx.doi.org/10.5079/dmm-5
[10] Sammlung astronomischer Abhandlungen, Beobachtungen und Nachrichten. 2. Supplementband über dessen astronomischen Jahrbüchern, 1795: www.google.de/books/ edition/Sammlung_astronomischer_ Abhandlungen_Beo/5nlbAAAAQAAJ?hl=de&gbpv=1&dq=J.+E.+Bode+2.+Supplement-Band+1795&pg =RA2-PA9&printsec=frontcover

Heute blicken wir mit Staunen und Ehrfurcht auf die vor über 200 Jahren erbrachten Leistungen dieser Astronomen zurück, welche lediglich mittels manueller Rechnung und mit Beobachtungsgeräten, die heute im Amateurbereich anzusiedeln wären, vollbracht wurden.
Das Beobachtungsinstrument von Piazzi war ein von Ramsden gefertigter Achromat mit 3 Zoll Öffnung bei 50-facher Vergrößerung und 5 Fuß (ca. 1,5 m) Brennweite.

[8] P. Brosche, 2002: ,,Die Wiederauffindung der Ceres im Jahre 1801", Acta Historica Astronomiae 14, pp. 80-88, https://ui.adsabs.harvard.edu/ abs/2002AcHA...14...80B/abstract

74 | Journal für Astronomie Nr. 88

Kometen

Begegnung zwischen C/2021 A1 (Leonard) und Messier 3

Die Erscheinung des Kometen C/2021 A1 (Leonard) ist schon eine Weile her. Dennoch ist uns dieser helle Komet noch in guter Erinnerung. Mathias hat jetzt eine Zeichnung nachgereicht, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Ich bin fasziniert von dem hohen Genauigkeitsgrad. Schaut einmal auf den Kugelsternhaufen! Uwe Pilz

Mathias schrieb: Das Ereignis fand in den frühen Morgenstunden des 3. Dezember 2021 statt. Der helle Komet C/2021 A1 (Leonard) zog seine Bahn durch unser Sonnensystem. Als Weihnachtskomet angekündigt, aber leider durch das schlechte Wetter im Dezember kaum zu beobachten. Unglaubliches Wetterglück hatte ich in der Nacht, als der Komet am Kugelsternhaufen M 3 sehr dicht vorbeizog. Nur mit meinem 10-ZollTeleskop und dem Deep-Sky-Atlas zum Aufsuchen von M 3 fuhr ich auf meinen schnell erreichbaren Platz unterm Landhimmel, bei erstaunlich guter Transparenz. Sehr gespannt und voller Vorfreude wollte ich noch eine Weile warten, bis alles höher am Himmel stand, zielte dann doch recht

schnell mit meinem Telrad auf M 3. Der Anblick war unglaublich und gehört sicher zu meinen schönsten Beobachtungen am Teleskop. Der helle Komet mit dem sehr

deutlichen Schweif stand sehr nahe am Kugelsternhaufen. M 3 war bei 57-fach nicht auflösbar, aber dafür deutlich granuliert. Mathias Sawo

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Journal für Astronomie Nr. 88 | 75

Kometen

Bedeutende Kometen des 2. Quartals 2023
von Uwe Pilz

C/2023 E1 (ATLAS) erlebte im 2. Quartal einen steilen Helligkeitsanstieg. Im April war er noch 14 mag schwach und für visuelle Beobachter nicht erreichbar. Die Helligkeit stieg aber stark an und erreichte Ende Juni das Maximum für diesen Kometen von etwa 9,5 mag. Der Grund dafür war, dass sich in diesem Quartal sowohl der Erdabstand als auch der Sonnenabstand verringerten. Der Komet erreichte sein Perihel am 1. Juli, näherte sich danach aber weiter der Erde an. Die Maximalhelligkeit bleibt deshalb auch im nächsten Quartal bestehen.

Kometen, welche ihre Helligkeit aus einem geringen Erdabstand gewinnen, sind diffus. Auch ATLAS ist davon betroffen (Abb. 1). Von lichtverschmutzten Standorten aus ließ er sich schwer beobachten. Allerdings war er sehr gasreich, so dass der Einsatz eines Swan-Band-Kometenfilters oder eines UHC-S-Filters die Sichtbarkeit deutlich verbesserte.

1 C/2023 E1 (ATLAS), 24.06.2023, 22:15 Uhr UT, 11-Zoll-SCT.
Bild: Jürgen Linder

Am Anfang des Quartals war C/2022 A2 (PANSTARRS) noch gut zu beobachten. Die Helligkeit betrug zunächst 10 mag (Abb. 2). Diese fiel aber rasch ab.

2 C/2022 A2 (PANSTARRS),
09.04.2023, 20:10 Uhr UT, 20 min belichtet mit CMOSKamera an einem 250-mm-Deltagraph (f/3,3). Bild: Uwe Wohlrab
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Mond

Der Erdtrabant mit neuen Aspekten

Wieder einmal dürfen wir einige schöne Schnappschüsse unseres Mondes präsentieren, diesmal auch während naher Konstellationen mit den Planeten. Ein herzlicher Dank geht dafür an die Bildautoren. Wir freuen uns, dass der Mond offenbar nichts von seiner Faszination verloren hat. Wer schöne, interessante Aufnahmen hat, reiche sie für diese Mondrubrik ein, zusammen mit ein paar passenden Informationen und technischen Beobachtungsdaten. Hier präsentieren wir diese Resultate sehr gern!

Viel Freude und Anregungen bei der Bilderschau.

Peter Riepe Redaktion

1 Peter Remmel gelang am 14.06.2023 gegen 5 Uhr
MESZ dieses reizvolle Motiv: Mond und Jupiter in Nahestellung, aufgenommen ohne Nachführung vom Fotostativ. Die Planetenmonde heben sich deutlich ab. Aufnahmeort war Torrevieja in Spanien. Kamera: Canon 60D mit einem ED-Objektiv 72 mm f/6,0. Für diese Darstellung wurden zwei Einzelaufnahmen des Motivs mit unterschiedlichen Belichtungszeiten für den Mond und Jupiter mit Monden übereinandergelegt.

2 Auch Bernd Gährken nahm am 14.06.2023 in München die Konstel-
lation zwischen Mond und Jupiter mit seinen Monden auf. Mit einer Canon EOS-M wurde an einem 80-mm-Refraktor f/5 (Fraunhofer) und Semi-Apo-Filter gemäß Automatik belichtet.

Mond
3 Manfred Gentsch nahm sich die Nahestellung Mond - Mars am 03.06.2023 um
23:27 Uhr MESZ von seiner Sternwarte in Mittelsten Thüle vor. Im Original erkennt man sogar eine unregelmäßige Planetenoberfläche. Kamera: Canon EOS 80D mit Objektiv f/6,3 (840 mm), 1/80 s bei ISO 200, Bearbeitung mit Adobe Lightroom und Photoshop.
78 | Journal für Astronomie Nr. 88

Mond
4 Rudolf Plohberger beobachtete am 23.08.2023 um 20:15 Uhr MESZ den rötlichen und unruhigen Mond in nur 15 Grad Höhe über
dem Südwesthorizont, Mondalter 6,7 Tage. Trotz dieser ungünstigen Bedingungen wurden die bekannten Formationen ,,Lunar X" und ,,Lunar V" im Bild festgehalten. Die am Terminator tiefstehende Sonne beleuchtet hochliegende Gebirgsformationen, während tiefergelegene Gebiete noch im Schatten liegen. Diese Leuchterscheinungen sind dann als einprägsame geometrische Strukturen wegen der Mondrotation nur wenige Stunden sichtbar. ,,Lunar X" wird durch beleuchtete Ränder der Krater Blanchinus, La Caille und Purbach gebildet, während ,,Lunar V" durch das Zusammenlaufen hochliegender Gebirgskämme östlich des Kraters Ukert zustande kommt. Ort: Sternwarte Pelmberg/Oberösterreich, 180-mm-Apochromat bei f/9 mit UV/IR-Cut-Filter und ADC (Dispersionskompensator) auf einer Montierung ALT-7AD, Kamera QHY268C. 30% von 1.000 Frames à 35 ms wurden weiterverarbeitet (SharpCapPro), Nachbearbeitung mit Autostakkert 3.1.4, Registax 6, Topaz und Photoshop.
5 Der rund 200 km durchmessen-
de Mondkrater Humboldt liegt an der Südwestseite des Mondes in der Librationszone (SW liegt oben). Werner Probst aus dem österreichischen Kärnten nutzte für diese Detailansicht einen 10-Zoll-Newton (f/6,3) mit 2,5-facher Barlowlinse und einer Kamera DMK21AU.618. AS. Die Bearbeitung erfolgte mit Autostakkert!2 und PixInsight.
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Mond

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6 Harald Kaiser nahm den
zunehmenden Halbmond am 27.05.2023 ab 19:56 Uhr UT auf. Kamera war eine ZWO ASI178 MC am Newton 1:4, f = 1.000 mm mit GPU-Korrektor und Rotfilter. Das Panorama besteht aus drei Serien zu je 2.000 Bildern je 5,5 ms. Verwendet wurden 400 Bilder aus der ersten, 250 aus der zweiten und 200 Bilder der dritten SER-Datei. Software: Firecapture, Affinity 1.1 und Topas Denoise.

Radioastronomie

Neues aus der Fachgruppe Radioastronomie (Juli 2023)

In der Fachgruppe Radioastronomie hat sich in den letzten Monaten einiges getan. Katja und Frederic Schuller haben die Fachgruppe die ersten fünf Jahre ihres Bestehens geleitet und vertreten. Nach einem kurzen, ,,kommissarischen" Intermezzo durch Frank Theede hat seit dem 1. Juli 2023 Beatrix Woyth diese Funktion übernommen. Beatrix ist an der Walter-Homann-Sternwarte in Essen aktiv und unter den E-Mail-Adressen fgradioastronomie@sternfreunde.de und beatrix.woyth@sternwarte-essen.de erreichbar.
Anlässlich des Fachgruppen-Jubiläums haben wir eine Online-Umfrage über die Mitglieder und Teilnehmer durchgeführt. Insgesamt 37 Rückmeldungen wurden gegeben und es zeigte sich das weite Spektrum der Interessen und verwendeten Instrumente. Von diesen 37 radioastronomisch Interessierten und Tätigen sind ca. 15 regelmäßig in der FG aktiv und nehmen z.B. an den seit 2022 bestehenden, regelmäßigen Online-Stammtischen teil. Diese finden ca. alle sechs Wochen als Zoom-Meetings statt. Ein Schwerpunktthema war die Charakterisierung von Beobachtungsanlagen und

die Voraussetzungen für die Beobachtung von Pulsaren mit kleineren Parabolspiegeln (ab 3 m Durchmesser) und bei Verwendung des kostengünstigen ,,Software Defined Radio" (SDR).
Ende April 2023 fand unser jährliches Fachgruppentreffen an der Regiomontanus Sternwarte in Nürnberg statt, den ausführlichen Bericht findet ihr in diesem Heft. Das nächste Fachgruppentreffen wird voraussichtlich im April oder Mai 2024 in Potsdam/Berlin stattfinden.
Zum Abschluss berichtet unser Fachgruppenmitglied Bernd Ofterdinger von der Unterstützung eines Projektes mit dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn durch unsere Fachgruppe: Moon-Bounce ist ein Projekt vom MPIfR und der Professur für Didaktik in der Physik an der Uni Siegen, das gemeinsam mit Schulen und Funkamateuren in Deutschland durchgeführt wird. Hier geht es darum, Radiosignale mittels einer portablen Sendeanlage auf 1296 MHz vom Schulgelände zum Mond zu senden. Dieser dient als Reflektor und in der Eifel wird das Si-

gnal vom 100-m-Radioteleskop Effelsberg empfangen. Das Feedback erhält die Schule dann per Datenleitung. Die Schülerinnen und Schüler erhalten vorher Informationen von einem Dozenten der Universität Siegen. Wie kommt man zu diesem Projekt? Ich bin Mitglied in der Vereinigung der Sternfreunde e.V. in der Fachgruppe Radioastronomie. Dort gab es einen Aufruf, sich am MPIfR als ,,Funker" für das Projekt zu bewerben. Funkamateure werden benötigt, da die Sendefrequenz im 23-cm-Amateurfunkband liegt. Nach etwa drei Wochen erhielt ich dann eine Einladung nach Bonn zum Kennenlernen und zur Einweisung in die portable Anlage. Ich bin dann nach Absprache mit den beiden Projektmitarbeiterinnen Jessica Koch und Viola Tegethoff vom MPIfR an zwei Schulen in Hannover und Buxtehude dabei. Mit beiden Schulen gab es bereits jeweils ein Zoom-Meeting. Die Termine für das Experiment sind der 7. und 8. September 2023.
Über die Ergebnisse wird Bernd dann nach Abschluss in einem ausführlichen Artikel berichten. Frank Theede

Aufbau und Merkmale von leistungsfähigen Parabolantennensystemen
von Thomas Freina

Genauso wie bei optischen Systemen will man bei Radioteleskopen durch einen idealen Aufbau ein Optimum an Effizienz bezüglich der empfangenen Signale erreichen. Dabei spielt in beiden Fällen der präzise mechanische Aufbau der Systeme eine entscheidende Rolle.
Um bei einem optischen Teleskop ein scharfes Bild zu erhalten, muss das gesamte System ordentlich fokussiert werden. Das-

selbe gilt prinzipiell auch für ein Radioteleskop. Im Unterschied zum optischen Teleskop erzeugt ein Radioteleskop allerdings kein Bild, welches man betrachten und so seine Qualität beurteilen kann. Besteht ein Radioteleskop zum Beispiel aus einem Parabolreflektor und einem Wellensensor in Form eines so genannten LNBs (Low Noise Block), welcher vor dem Reflektor angeordnet ist, spielt der Abstand zum Reflektor eine entscheidende Rolle bei der Emp-

fangsqualität des Gesamtsystems. Um nun den idealen Ort für ein LNB vor einem Reflektor zu ermitteln, müssen einige technische und physikalische Eigenschaften von Parabolantennen geklärt und in Betracht gezogen werden.
Antennen mit Parabolreflektoren sind wichtige Komponenten in der Kommunikation und der Radioastronomie. Sie bündeln elektromagnetische Wellen sehr effi-

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Radioastronomie

1 Einfacher Versuchsaufbau zur Ermittlung des optimalen Abstandes des Reflektors
von der Parabolantenne. Bild: Thomas Freina

stärkung. Der Hohlleiter selbst kann unterschiedliche Formen haben. Zum Beispiel gibt es den so genannten ,,Dosenstrahler" oder ,,Coffee Can Feed", bei dem der Hohlleiter auf der Vorderseite keine Veränderungen in der Form aufweist. Eine andere Bauform ist das klassische ,,Hörnchenfeed", das bei TV-SAT-LNBs verwendet wird. Dabei geht der Hohlleiter in einen trichterförmigen Bereich über, der innen konzentrische Rillen hat. Form und Ausprägung des Hohlleiters sind wichtig für den Übergang der Wellen von einer leitungsgebundenen Ausbreitung zu einer Ausbreitung im freien Raum. Aber zurück zum Reflektor.

zient. Parabolantennen gibt es in verschiedenen Größen und Formen. Angefangen von TV-SAT-Antennen mit einem Durchmesser von 40, 60 oder 80 Zentimetern über größere Richtfunkantennen zwischen 1 und 3 Metern bis hin zu den großen Antennen auf den Satellitenbodenstationen, wie man sie bei Fuchsstadt oder bei Usingen und auch in Raisting weithin sehen kann. Die größte Parabolantenne in Deutschland mit 100 Meter Durchmesser steht in der Eifel bei Effelsberg. Sie dient der Radioastronomie und ist Teil des Event-Horizon-Teleskopverbundes, mit dem vor Kurzem u. a. das Black Hole in M 87 abgebildet wurde.
Parabolantennen können Signale über große Entfernungen exakt übertragen oder von Satelliten und auch von fernen Sternen empfangen. In diesem Beitrag werden wir uns mit den technischen Leistungsmerkmalen von Parabolreflektoren befassen, einschließlich ihrer Fähigkeit, Signale zu fokussieren, ihrer Empfindlichkeit gegenüber Störungen und ihrer Anwendungsbereiche in verschiedenen Feldern.
In der Radioastronomie werden neben anderen Bauformen wie zum Beispiel den Dipolantennen beim LOFAR-Array oft

auch Antennen mit Parabolreflektoren verwendet. Sie sind zum Beispiel schon bei Mikrowellenfrequenzen sehr empfindlich. Eine 60 cm große Parabolantenne kann bei 10 GHz tausendmal mehr Richtwirkung haben als eine einfache Dipolantenne. Der Zugewinn an Richtwirkung hängt dabei nur von der Größe der Parabolantenne ab. Allerdings kann man solch hohe Gewinne nur erzielen, wenn das gesamte Antennensystem, bestehend aus Parabolantenne, Speisesystem und Halterung, die physikalischen Grundlagen der Wellenausbreitung optimal ausnutzt.
Das Speisesystem ist dabei ein wichtiger Bestandteil der Parabolantenne. Es sorgt dafür, dass die elektromagnetischen Wellen, welche vom Reflektor kommen, gut aufgenommen und effizient weiterverarbeitet werden können. Das Speisesystem besteht aus einem zylindrischen Hohlleiter, der auf der Seite zum Reflektor hin offen ist. Innen im Hohlleiter befindet sich ein kleines Metallstäbchen, das die Wellen aufnimmt und an ein Kabel weiterleitet. Bei radioastronomischen Anwendungen folgt auf den Hohlleiter idealerweise ein rauscharmer Verstärker (Low Noise Amplifier) mit geringem Rauschfaktor und hoher Ver-

Für diese Betrachtung beziehe ich mich auf einen rotationssymmetrischen Parabolreflektor, dessen Brennpunkt auf seiner Rotationsachse liegt. Die überall an Gebäuden sichtbaren TV-Satellitenempfangsschüsseln mit Offset-Reflektoren können nicht direkt mit den hier beschriebenen Primärfokus-Systemen verglichen werden.
Primärfokus-Parabolreflektoren Ein Primärfokus-Parabolreflektor ist ein Parabolreflektor, bei dem das Signal an einem Punkt namens Primärbrennpunkt gebündelt wird. Der Brennpunkt befindet sich direkt auf der Rotationsachse des Paraboloids vor dem Reflektor. Wenn Radiowellen den Paraboloiden treffen, werden alle Wellen eines parallelen Strahlungsbündels im Brennpunkt zusammengeführt. Je nach Krümmung des Paraboloids kann sich dieser Brennpunkt näher am oder weiter weg vom Zentrum des Reflektors befinden. Bei flachen Parabolreflektoren ist der Brennpunkt weiter entfernt als bei tiefen Systemen.
Das f/D-Verhältnis bei Parabolantennen ist das Verhältnis zwischen dem Abstand des Brennpunkts (f) und dem Durchmesser (D) des Reflektors. Ein höheres f/D-Ver-

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Radioastronomie

hältnis (> 0,5) bedeutet, dass der Brennpunkt weiter vom Reflektor entfernt ist. Ein niedrigeres f/D-Verhältnis (< 0,5) bedeutet, dass der Brennpunkt näher am Reflektor liegt.
Offsetsysteme, die bei TV-SAT-Anlagen häufig verwendet werden, haben normalerweise ein f/D-Verhältnis größer als 0,5 und sind daher als flacher zu beschreiben. Primärfokus-Systeme haben in der Regel ein f/D-Verhältnis kleiner als 0,5 und werden daher als tiefer betrachtet. Es ist deshalb zum Beispiel technisch nicht sinnvoll, ein handelsübliches TV-SAT-LNB, das für einen flachen Reflektor entwickelt wurde, zusammen mit einem tiefen PrimärfokusReflektor zu verwenden. In einem solchen Fall spricht man dann von einem nicht vollständig ausgeleuchteten Reflektor. Das System ist ineffizient. Die Ausleuchtung, also die Illumination eines Reflektors, spielt eine große Rolle für die Qualität und Leistungsfähigkeit eines Antennensystems.
Phasenzentrum des Speisesystems Das Phasenzentrum des Speisesystems ist der virtuelle Ort, an dem alle elektromagnetischen Wellen, die vom Reflektor kommen, phasengleich zusammentreffen. Es ist ein wichtiger Parameter, um die genaue Position und Ausrichtung des Speisesystems im Fokuspunkt zu bestimmen, da er beeinflusst, wie gut Signale empfangen werden. Eine Veränderung der Position kann zu Signalverzerrungen führen und die Genauigkeit und Effizienz des Antennensystems beeinträchtigen.
Es ist also wichtig, den genauen Ort des Phasenzentrums am Speisesystem zu kennen, insbesondere bei der Verwendung von Mikrowellensystemen, bei denen die Wellenlänge nur knapp drei Zentimeter beträgt. Dieser Ort sollte dann auf wenige Millimeter genau bestimmt werden können.

Ausleuchtung (Illumination) Die Ausleuchtung eines Reflektor-Antennensystems bezieht sich darauf, wie die elektromagnetische Energie auf der Oberfläche des Reflektors verteilt ist, wie sie von der Antenne gebündelt wird und durch das Speisesystem vor dem Reflektor aufgenommen werden kann. Man kann es sich vereinfacht so vorstellen, als würde man eine Wand mit einer Taschenlampe beleuchten wollen. Wenn man zu nah an der Wand steht, ist die beleuchtete Fläche klein, aber hell. Steht man weiter entfernt, wird die beleuchtete Fläche größer, aber lichtschwächer. Die Ausleuchtung eines Parabolreflektors ist ähnlich, aber komplexer. Es reicht nicht aus, den Reflektor nur optimal zu beleuchten. Die Phasenlage der elektromagnetischen Wellen, die auf das Paraboloid treffen und ins Speisesystem reflektiert werden, muss phasengerecht sein. Andernfalls könnten sich Wellen gegenseitig auslöschen und die Effizienz des Systems stark verringern.
Man kann die Ausleuchtung eines Reflektor-Antennensystems auf verschiedene Weisen bestimmen. Zum Beispiel kann man die Energieverteilung auf der Oberfläche des Reflektors messen und mit einer idealen Verteilung vergleichen. Man kann auch Simulationen mit elektromagnetischen Feldern durchführen, um die Ausleuchtung zu analysieren.
Vergleich zum Fokussieren bei optischen Systemen Wie bei einem optischen Teleskop erfolgt das ,,Fokussieren" eines Radioteleskops also durch Anpassung der Position des LNBs zur Position des Hauptspiegels. Dadurch wird ermöglicht, dass einfallende Radiowellen präzise auf einen Punkt fokussiert werden, um eine maximale Signalstärke des beobachteten Himmelsobjekts zu erhalten. Das Fokussieren bei einem optischen Teleskop erfolgt oft durch eine Feinjustierung

der Optik, um das bestmögliche Bild zu erzeugen. Im Unterschied dazu erfolgt das Fokussieren bei einem Radioteleskop durch Anpassung der Position des Speisesystems zum Reflektor. Obwohl Radiowellen viel größere Wellenlängen haben als optisches Licht, sind die Anforderungen an das Fokussieren nicht weniger präzise.
Ein weiterer Unterschied liegt in der Tatsache, dass optische Teleskope oft mit Okularen oder Kameras ausgestattet sind, die es ermöglichen, das fokussierte Bild direkt zu betrachten. Bei Radioteleskopen wird das empfangene Signal in der Regel auf elektronischem Wege verstärkt und analysiert, um Informationen über das beobachtete Himmelsobjekt zu extrahieren. Dadurch ist eine direkte Betrachtung der Signalqualität beim Fokussieren nicht immer möglich, wodurch der Abgleichprozess sehr schwierig werden kann. Er erfordert deshalb detaillierte Kenntnisse der technischen und physikalischen Grundlagen des Gesamtsystems Radioteleskop, um erfolgreich damit arbeiten zu können.
In der Abbildung 1 ist ein einfacher Versuchsaufbau zur Ermittlung der optimalen Einstellung des Choke-Rings am Speisesystem zu sehen. Dabei wird der Reflektor einer alten ,,Höhensonne" zusammen mit einer Energiespar-Leuchtstofflampe als sehr breitbandige Rauschquelle genutzt, was links im Bild zu erkennen ist. Das LNB zusammen mit dem Feed ist auf einem verschiebbaren Reiter auf der optischen Bank montiert, um den richtigen Abstand im Fernfeld zur Quelle einzustellen. Der Bildschirm im Hintergrund zeigt eine Linie (grün) mit zwei Höckern, die wiedergibt, bei welcher Einstellung des Choke-Rings wie viel Leistung aufgenommen wird. So konnte ich ermitteln, bei welchem Abstand der Spiegel mit einem f/D von 0,36 optimal ausgeleuchtet wird.

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Radioastronomie

Radioastronomie-Fachgruppentreffen 2023 in Nürnberg
von Beatrix Woyth und Thomas Freina

Die Mitglieder der Regiomontanus Sternwarte Nürnberg waren dieses Mal die Gastgeber unseres jährlichen Fachgruppentreffens vom 28. bis 30. April 2023. Es brachte Amateur-Radioastronomen aus ganz Deutschland zusammen. Das dreitägige Event bot zahlreiche spannende Vorträge und Diskussionen zu aktuellen Themen der Radioastronomie sowie die Möglichkeit, neueste Forschungsergebnisse und Technologien zu präsentieren und zu diskutieren. In diesem Bericht werden wir einen Überblick über die Highlights der Tagung geben und die wichtigsten Erkenntnisse und Entwicklungen in der Radioastronomie zusammenfassen.
Starten wir mit einem großen Lob und unserem Respekt für die Planung, Vorbereitung und Durchführung. Neue Maßstäbe für unsere Treffen setzte die liebevolle Kombination von Astronomie und Nürnberger Besonderheiten. Gut waren bisher alle Jahrestreffen. Dieses war (fast) perfekt. Entspannt fuhren wir zu den erwarteten Fachvorträgen, eingebettet in ein kleines Kulturprogramm und ein Buffet mit Getränken und verschiedenen Speisen, erwartete uns ein bis ins Kleinste liebevoll vorbereitetes Treffen.
Freitag Der erste Tagungstag begann am Freitag mit einem Besuch des Nürnberger Großplanetariums. Die Teilnehmer hatten die Gelegenheit, die technischen Möglichkeiten des Planetariums kennenzulernen und sich über aktuelle Entwicklungen in der Planetariumstechnologie zu informieren. Im Anschluss ging es zu Fuß durch die malerische Nürnberger Innenstadt zurück zum Hotel am Hauptmarkt, wo weitere Programmpunkte auf die Teilnehmer warteten. Der erste Tagungstag bot damit einen gelungenen Einstieg in die Tagung und

ermöglichte den Teilnehmern, sich in entspannter Atmosphäre kennenzulernen und auszutauschen.
Am Abend des ersten Tagungstages begaben sich die Teilnehmer erneut zu Fuß auf eine kurze Wanderung durch die historische Nürnberger Altstadt. Ziel war die traditionelle Gaststätte ,,zur Kuch'n", wo den Teilnehmern verschiedene regionale Spezialitäten serviert wurden. Das Abendessen bot eine hervorragende Gelegenheit, sich in gemütlicher Atmosphäre auszutauschen und die Eindrücke des Tages Revue passieren zu lassen. Dabei eröffnete sich den Teilnehmern auch die Möglichkeit, sich mit Kollegen und Kolleginnen zu vernetzen und Kontakte zu knüpfen. Insgesamt war der erste Tagungstag ein gelungener Auftakt für die Fachgruppe Radioastronomie der Vereinigung der Sternfreunde in Nürnberg.
Samstag Am zweiten Tagungstag fand das Hauptprogramm auf der historischen Regiomontanus Sternwarte in Nürnberg statt. Und wieder diese Liebe zum Detail. Auf jedem Platz lagen eine Ausgabe des Regiomontanus Boten, eine Informationsbroschüre über die Sternwarte Nürnberg und zwei Flyer für die freie Zeit: der Flyer zum Nürnberger Sonnenuhrenweg und der Flyer zum astronomischen Rundgang.
Außerdem versprach der Tag eine Reihe von Vorträgen über aktuelle Themen aus der Radioastronomie: Die neuesten Forschungsergebnisse zu Galaxien, Schwarzen Löchern und der kosmischen Hintergrundstrahlung standen auf dem Programm. Sie boten den Teilnehmern einen tiefen Einblick in die aktuelle Forschung und sorgten für interessante Diskussionen und Fragen. Michael Stöhr eröffnete den offiziellen Teil

mit einer kurzen Begrüßung, in der er auch die Agenda vorstellte und die Teilnehmer dazu aufrief, sich vorzustellen. Anschließend stellte Matthias Gräter die Sternwarte Nürnberg vor und erklärte ihre technischen Möglichkeiten.
Im ersten Vortrag des Tages referierte Wolfgang Herrmann über die Möglichkeiten und Grenzen der Amateur-Radioastronomie. Er zeigte auf, welche Beobachtungen auch für Amateurastronomen möglich sind und welche Instrumente dafür benötigt werden.
Danach gab Thomas Freina einen Einblick in seine persönliche Erfahrung als HobbyAstronom und erzählte von seinem Weg zu den Sternen. Anschließend gab es eine kurze Kaffeepause, bei der Matthias Gräter eine Führung durch die Sternwarte anbot. Natürlich ließen sich die Teilnehmer eine Führung durch das historische Gebäude nicht entgehen.
Nach der Pause referierte Alfred Schmidt über seine Beobachtungen und Forschungen im Bereich der Radioastronomie. Er zeigte auf, welche Erkenntnisse er durch seine Arbeit gewinnen konnte und welche Bedeutung diese für die Forschung haben. Anschließend sprach Thomas Freina über die Sonne im Radiolicht und stellte dabei die Bedeutung der Radioastronomie für die Erforschung der Sonne vor.
Nach dem Vormittagsprogramm auf der Regiomontanus Sternwarte fand am zweiten Tagungstag ein improvisiertes, aber dennoch opulentes Mittagessen statt, das die Teilnehmer mit regionalen Spezialitäten verwöhnte. Die Mittagspause ließ genügend Zeit, um viele Gruppenfotos vor dem Vereinsgebäude zu machen.

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Radioastronomie

Den Nachmittag eröffnete wieder Michael Stöhr mit einem Vortrag über den Sonnenfleckenzyklus in der Radiobeobachtung. Er erklärte, wie dieser Zyklus entsteht und welche Auswirkungen er auf das Klima auf der Erde hat.

Im nächsten Vortrag ging es um das Thema ,,Zielgruppenorientierte Kommunikation zur Radioastronomie". Harro Heinen berichtete dabei über die Herausforderungen und Lessons Learned bei der Vermittlung von Wissen aus der Radioastronomie an die breite Öffentlichkeit.
Nach einer kurzen Vorstellung des Aufbaus eines Radioteleskops durch Volker Pritsching folgte eine Kaffeepause mit Führung durch das Radioteleskop.
Im weiteren Verlauf des Nachmittags wurde das Pulsarprojekt vorgestellt und gemeinsam diskutiert. Der Tag endete schließlich mit einem Bericht und Organisatorischem zur Fachgruppe durch Frank Theede.
Die Vorträge und unsere Diskussionen waren so spannend, dass wir die uns gesetzte Zeit großzügig überzogen. Sicher hätten wir noch weiter diskutiert, doch es erwarteten uns noch zwei weitere Höhepunkte: ein Stadtrundgang durch Nürnberg mit anschließendem Essen in einem der ältesten Nürnberger-Würstchen-Restaurants.
So trafen wir uns abends auf dem Hauptmarkt und folgten Volker Pritsching, auch ein Mitglied der Regiomontanus Sternwarte, zu einer sehr persönlichen Stadtführung, gespickt mit astronomischen Informationen. Er führte uns zu einigen der reichlich vorhandenen Sonnenuhren in Nürnberg, vorbei am Wohnhaus von Albrecht Dürer, in dem von seinem Vorbesitzer eines der ersten Teleskope benutzt wurde,

1 Teilnehmer des Fachgruppentreffens vor der Regiomontanus Sternwarte.
Bild: Michael Stöhr

um den Kosmos zu beobachten, hoch zur Kaiserburg.
Zurück ging es vorbei am Meridian-Haus und dem Germanischen Nationalmuseum, in dem der Behaim-Globus ausgestellt ist, direkt zum Abendessen im Restaurant Bratwurst Röslin am Rathausplatz.
Bei diesem hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, sich weiter auszutauschen und Kontakte zu knüpfen. Dabei bot sich auch die Möglichkeit, den Tag noch einmal Revue passieren zu lassen und die Erlebnisse des Tages zu diskutieren. Insgesamt war der zweite Tagungstag ein gelungener Mix aus interessanten Vorträgen, praktischen Erfahrungen und sozialen Interaktionen.
Sonntag Am dritten und letzten Tag der Tagung der Fachgruppe Radioastronomie stand ein besonderes Programmhighlight auf dem Plan: eine gemeinsame Fahrt zum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. Der Historiker Michael Stöhr begleitete die Teilnehmer und führte sie über das Gelände.
Die Besichtigung des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes bot den Teilnehmern einen Einblick in die dunkle Geschichte

Deutschlands und zeigte eindrücklich, wie politische Propaganda aufgebaut und umgesetzt wurde. Michael Stöhr vermittelte dabei nicht nur historische Fakten, sondern auch seine persönlichen Einschätzungen und Perspektiven. Nach einer ausführlichen Besichtigung des Geländes fuhren die Teilnehmer zurück zum Hotel am Hauptmarkt. Hierbei hatten sie die Gelegenheit, die Eindrücke des Tages zu reflektieren und sich über das Erlebte auszutauschen.
Eine andere Gruppe nutzte die Zeit für einen Besuch des Dürer-Hauses, welches mehrere Etagen besitzt und neben einer großen Auswahl an Gemälden auch einen Einblick in die Arbeitstechniken und Wohnverhältnisse Dürers bietet, und für einen weiteren Stadtrundgang. Dabei entdeckten sie einen kleinen Barockpark in einem Hinterhaus, dessen Skulpturen die Planeten darstellten. So endete auch dieser Spaziergang astronomisch.
Insgesamt war die Tagung ein voller Erfolg und bot den Teilnehmern ein abwechslungsreiches und interessantes Programm in angenehmer Atmosphäre.

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Sonne

Meine Erfahrungen beim Zeichnen der Sonne
von Jens Leich

1 Weißlicht, AR2192, 24.10.2014, 09:57-
11:44 Uhr UT, Takahashi-60-CB-Apochromat, f = 355 mm, Delos-Okular 4,5 mm, BaaderHerschelprisma, Solar Continuum + ND3, Stifte: Härten 8B und 2H. Bild: Jens Leich

Art der Sonnenbeobachtung ist viel zu gefährlich!

Das Zeichnen begleitet mich schon mein ganzes Leben. Als Schüler habe ich u. a. Singvögel aus einem Bestimmungsbuch abgezeichnet. Was liegt also näher, als auch astronomische Objekte zeichnerisch darzustellen. Eines meiner astronomischen Steckenpferde ist die Sonne.

Zeichnungen erfolgten an diesem kleinen Refraktor mit einem Okularsonnenfilter. Davon kann man heute nur abraten! Diese

Mit zunehmendem Interesse an der Astronomie kam es folgerichtig zur Anschaffung eines größeren Gerätes und auch für die Sonnenbeobachtung wurde eine geeignete Filterung angeschafft. Lange Jahre beobachtete ich mit einem klassischen ,,4-Zöller", einem Fraunhofer-Refraktor Bresser Uranus mit 102 mm Öffnung und einer Brennweite von 1.002 mm. Als Sonnenfilter diente ein Glassonnenfilter von Thou-

Wie viele Hobbyastronomen habe auch ich mit einem kleinen Teleskop meine ersten ,,Sehversuche" gemacht. Mein Onkel kaufte sich in den späten 1970er Jahren einen kleinen 60-mm-Refraktor, welchen er mir schließlich 1980 schenkte. Das war das Jahr, ab dem ich mich mit der Astronomie intensiver beschäftigte. Und in der Tat war es neben dem Mond die Sonne, die mich am Teleskop faszinierte. Man mag es sich heute nicht mehr vorstellen, aber meine ersten Sonnenfleckenbeobachtungen und

2 Weißlicht, 02.03.2014, 12:58-13:02 Uhr
UT, Astrophysics Starfire 130 mm EDFS, f = 838 mm, Baader-Ortho 18 mm, Solar Continuum + ND3, 2-Zoll-Herschelprisma, Stifte: Penumbren mit Härte F, Umbren mit Härte 7B. Bild: Jens Leich
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Sonne

sand Oaks vor dem Objektiv. Im Jahr 2000 erfüllte ich mir den Traum eines 130-mmApochromaten der Marke Astrophysics, den ich auch heute noch bei der Sonnenbeobachtung erfolgreich im Einsatz habe. Bis zur Lieferung des Starfire-Refraktors gönnte ich mir auf der ATT-Messe in Essen ein Herschelprisma von Baader Planetarium. Die Beobachtung an diesem Prisma war eine Offenbarung! Für die Sonnenbeobachtung an einem Refraktor gibt es keine bessere Möglichkeit, kontrastreiche Beobachtungen zu machen. Selbst der 4-Zöller lieferte hervorragende Beobachtungen.
Nach einigen Jahren mit fotografischen Ergebnissen ist im Jahr 2013 das Zeichnen wieder in den Vordergrund gerückt.

Da ich beruflich viel am Bildschirm sitze, war das Zeichnen eine sehr willkommene Abwechslung zur Bildbearbeitung am PC. Außerdem stört beim Zeichnen eine gewisse Luftunruhe nicht so extrem wie bei fotografischer Beobachtung.
Die ersten Zeichnungen von Sonnenflecken offenbarten aber die mangelnde Praxis, denn die Dimensionen und Proportionen konnte ich anfangs noch nicht optimal darstellen. Die Sonnenflecken waren im Verhältnis zur Sonnenscheibe zu groß und auch die Abstände zueinander waren anfangs meist zu weit auseinander. Mit jeder weiteren Zeichnung änderte sich dies jedoch erfreulich, die Proportionen passten irgendwann und auch die Zeichentechnik

wurde besser. Neben dem Herschelprisma darf ich seit 2003 einen Protuberanzenansatz nach Lille mein Eigen nennen, ein passendes C-ERF-Energieschutzfilter inklusive. Das Vorhandensein des C-ERFFilters erlaubte mir, 2010 meinen ,,Werkzeugpark" um ein H-alpha-Oberflächenfilter der Marke Solarspectrum mit einer Halbwertsbreite von 0,05 nm zu erweitern, allerdings erst nach etlichen Monaten eisernen Sparens.
Mittlerweile habe ich auch die für mich geeigneten Papiersorten gefunden, mit denen ich meine Zeichnungen anfertige. Neben einem ,,schweren", weißen Zeichenpapier (Fabriano White 300g/m2) mit Bleistiften unterschiedlicher Härtegrade
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Sonne

3 Protuberanzen, 09.07.2023, 08:56-09:13 Uhr UT, Astrophysics Starfire 130 mm auf Astrophysics-900GTO-Montierung,
f = 838 mm, Meade 4000 Japan 26 mm, Protuberanzenansatz 0,6 nm + C-ERF, Papier: Canson XL Dessin Noire 150 g/m2, Stift: Faber Pit Pastel rot. Bild: Jens Leich

zeichne ich Protuberanzen auch schon mal auf schwarzem Papier (Canson XL Dessin Noire 150 g/m2) und Faber-Polychromosoder Conte-Pastel-Stiften. Die Zeichnungen werden nicht nachbearbeitet, sie sind fertig, sobald ich die Stifte beim Zeichnen am Okular zur Seite lege. Sie werden lediglich eingescannt und digital mit Masken und Texten versehen. Aber selbst das Einscannen zeigt nicht die Detailfülle der originalen Papierzeichnung.

Abschließend sei erwähnt, dass ich beim Zeichnen, z. B. auch am Mond oder an Deep-Sky-Objekten, sehr gut entspannen kann, womit das Zeichnen ein fester Bestandteil meines Hobbys ist und bleibt.

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Sternbedeckungen

Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 1. Quartal 2024
von Eberhard Riedel

Das erste Quartal des Jahres 2024 bietet insgesamt fünf sehenswerte streifende Bedeckungen von Sternen durch den Mond. Die Landkarte zeigt die Grenzlinien dieser Ereignisse quer über Deutschland, die der mittlere Mondrand während des Vorbeizuges am Stern beschreibt. Von jedem Punkt in der Nähe dieser Linien ist zum richtigen Zeitpunkt das oft mehrfache Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns zu verfolgen. Alle Streifungen finden am unbeleuchteten Mondrand zumeist ohne einen störenden Einfluss der Mondhelligkeit statt und sind bereits mit kleineren Fernrohren zu beobachten.

len zu können. Letzterer muss auch unter Berücksichtigung der Höhe optimiert werden, weil diese einen Einfluss auf den Blickwinkel zum Mond hat. Hierzu können höhenkorrigierte Grenzlinien automatisch in eine Google-Earth-Karte übertragen werden, mit der es dann einfach ist, die besten Beobachtungsstationen festzulegen.

oder sind direkt vom Autor (e_riedel@msn. com) oder über die IOTA/ES [2] zu beziehen. Weiterführende Informationen, z. B. über die Meldung der Bedeckungszeiten, sind dort ebenfalls erhältlich. Die VdS-Fachgruppe Sternbedeckungen informiert ferner über Beobachtungs- und Aufzeichnungstechniken dieser eindrucksvollen Ereignisse.

Die Software kann kostenlos unter [1] heruntergeladen und installiert werden (Password: IOTA/ES). Zusätzlich benötigte Vorhersagedateien sind dort ebenfalls herunterzuladen

Internethinweise (Stand 27.08.2023): [1] E. Riedel: GRAZPREP 4.33 Down-
load-Site, www.grazprep.com [2] IOTA/ES: www.iota-es.de

Karte mit den Grenzlinien der 5 Streifungsereignisse im 1. Quartal 2024

Alle Grafiken bis auf das Ereignis Nr. 2 sind für Meereshöhe gerechnet. Bei deutlich höher gelegenen Beobachtungsstationen muss deren Höhe unbedingt in die Berechnung einbezogen werden, um eine genügend genaue Vorhersage zu erhalten (zur Software s. u.).

Grundlage der hier veröffentlichten Profildaten sind Laser-Messungen des amerikanischen Lunar Reconaissance Orbiters, die in ein dichtes Netz von librationsabhängigen Profilwerten umgerechnet wurden.

Um streifende Sternbedeckungen erfolgreich beobachten zu können, werden eine ganze Reihe präziser Informationen benötigt. Die europäische Sektion der International Occultation Timing Association (IOTA/ES) stellt diese Daten zur Verfügung. Kernstück ist die Software ,GRAZPREP` des Autors, die sowohl eine komplette und stets aktualisierte Auflistung aller interessanten Ereignisse als auch für jedes Ereignis die genauen Koordinaten der Grenzlinien und viele weitere Informationen liefert. Darüber hinaus kann von jedem Standort aus das Profil des Mondes und die zu erwartende Sternbahn grafisch in verschiedensten Vergrößerungen dargestellt werden, um so den besten Beobachtungsstandort auswäh-

Journal für Astronomie Nr. 88 | 89

Sternbedeckungen

Ereignis 1: 20.01.2024

Am frühen Abend des 20. Januar bedeckt der zu 77% beleuchtete zunehmende Mond den 6,1 mag hellen Stern 33 Tauri mit seinem unbeleuchteten Südrand. Die Streifungslinie beginnt nördlich von Lörrach und zieht über Furtwangen im Schwarzwald, St. Georgen, Tübingen, Plochingen, Feuchtwangen und Ansbach nördlich an Nürnberg vorbei bis nach Oberwiesenthal. Die meisten Kontakte des Mondrandes mit dem Stern sind zu beobachten, wenn man sich ca. 1.120 m nordwestlich der vorhergesagten Streifungslinie positioniert. Die Abbildung 1 zeigt für die Länge 10 Grad Ost zwischen 18:43:21 und 18:46:36 Uhr MEZ das 12-fache Verschwinden und Wiedererscheinen des Sterns.

33 Tauri ist ein sehr enger Doppelstern. Eine Auflösung der beiden Komponenten wird in diesem Fall aber nicht möglich sein.

1 Die scheinbare Sternbahn von 33 Tauri,
6-fache Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +-3 km

Ereignis 2: 19.02.2024

Das Ereignis am 19. Februar ist nur im äußersten Südwesten Deutschlands in sehr frühen Morgenstunden ab 02:23 Uhr MEZ zu beobachten. Auf einer Linie von Bamlach, nördlich an Lörrach vorbei bis Rheinfelden (Baden) bedeckt der zu 73% beleuchtete zunehmende Mond den 5,6 mag hellen Stern SAO 77625 mit seinem unbeleuchteten Nordrand.

Bei 07 Grad 40' östlicher Länge in der Nähe von Lörrach sind die meisten Kontakte des Mondrandes mit dem Stern dann zu sehen, wenn man sich ca. 1.630 m südwestlich der vorhergesagten Streifungslinie positioniert. Die Abbildung 2 zeigt die Situation für eine Höhe von 350 m über dem Meeresspiegel, wo der Mondrand mit einem relativ flachen Terrain innerhalb von nur gut 1 Minute bis zu 16 Kontakte mit dem Stern haben kann. Die roten Begrenzungslinien zeigen den Versatz der scheinbaren Sternbahn in einem Abstand von +-1.000 m

2 Die scheinbare Sternbahn von SAO 77625, 12-fache Mondhöhendehnung,
rote Begrenzungslinien bei +-1.000 m

senkrecht zur Streifungslinie. Die Mondhöhen sind 12-fach überhöht dargestellt. Der relativ nahe Terminator könnte allerdings Überstrahlungseffekte am Mondrand verursachen, weshalb eine stärkere Vergrößerung empfohlen wird, um die hellen Anteile des Mondes an den Rand des Bildfeldes oder außerhalb platzieren zu können.

SAO 77625 ist ebenfalls ein sehr enger Doppelstern, was aber in diesem Fall wegen der Nähe des Terminators weder visuell noch lichtelektrisch auffallen dürfte.

90 | Journal für Astronomie Nr. 88

Sternbedeckungen

Ereignis 3: 15.03.2024

Kurz nach Sonnenuntergang findet am 15. März auf einem Streifen quer durch den Norden Deutschlands eine weitere streifende Sternbedeckung statt, die nur in den westlichsten Gebieten in der Nähe der Nordsee etwas durch die Terminatorhelligkeit gestört wird. Die Linie verläuft südlich von Husum über Rendsburg, Kiel, nördlich an Grömitz vorbei über Rerik, Kröpelin, südlich an Rostock vorbei über Gnoien und Demmin bis nach Anklam.
Der nur zu 35% beleuchtete zunehmende Mond bedeckt den 5,4 mag hellen Stern Chi Tauri. Die Abbildung 3 zeigt die Kontaktsituation auf einer Länge von 10 Grad Ost bei Kiel, wenn man von der für den mittleren Mondrand berechneten Linie ca. 1.870 m nach Süden ausweicht. Dort kann es ab 20:01:54 Uhr MEZ innerhalb von gut 2 Minuten zu 8 Kontakten kommen. Lediglich der letzte Kontakt am hellen Mondrand wird zeitlich nicht ge-

3 Die scheinbare Sternbahn von Chi Tauri, 6-fache Mondhöhendehnung,
rote Begrenzungslinien bei +-3 km

nau zu vermessen sein. Die roten Begrenzungslinien zeigen erneut den Versatz der scheinbaren Sternbahn in einem Abstand von +-3.000 m von der mittleren Streifungslinie an.
Chi Tauri ist ebenfalls ein sehr enger Doppelstern, dessen minimal zeitversetzte

Kontakte am dunklen Mondrand in einer Videoaufnahme bemerkbar sein könnten. Ein dritter 8,5 mag heller, ebenfalls zu diesem System gehörender Stern steht etwa 20 Bogensekunden nordöstlich vom Hauptsystem und wird von diesem Standort aus nicht bedeckt.

Ereignis 4: 17.03.2024

In der Nacht vom 16. auf dem 17. März wird der 7,4 mag helle Stern SAO 77224 vom 47% beleuchteten zunehmenden Mond am Nordrand bedeckt. Zu verfolgen ist dieses Ereignis ab ca. 00:30 Uhr MEZ auf einer Linie von Burg auf Fehmarn über Bastorf, Kröpelin, Güstrow, Waren (Müritz) und Eberswalde bis nach Frankfurt (Oder).

Die Abbildung 4 zeigt eine Situation bei 12 Grad östlicher Länge, bei der die mittlere Streifungslinie um 1.650 m nach Südwesten verlassen wird. Auf diese Weise zieht der hier 6-fach gedehnte Mondrand am Stern vorbei und bedeckt ihn mindestens 6-mal hintereinander. Die roten Begrenzungslinien zeigen in diesem Fall den Ver-

4 Die scheinbare Sternbahn von SAO 77224, 6-fache Mondhöhendehnung, rote Begren-
zungslinien bei +-1.000 m

satz der scheinbaren Sternbahn in einem Abstand von +-1.000 m senkrecht zur dargestellten Streifungslinie an.

SAO 77224 ist ebenfalls ein sehr enger Doppelstern, dessen minimal zeitversetzte Kontakte in einer Videoaufnahme bemerkbar sein können.

Journal für Astronomie Nr. 88 | 91

Sternbedeckungen

Ereignis 5: 16.04.2024

In der Nacht vom 15. auf den 16. April wird kurz nach Mitternacht der 5,9 mag helle Stern Omega1 Cancri vom Nordrand des zu 50% beleuchteten zunehmenden Mondes unter sehr günstigen Bedingungen streifend bedeckt. Die Linie verläuft von Ostfriesland bis Bayern von Aurich über Ahlhorn, nördlich von Minden über Göttingen, Bad Berneck im Fichtelgebirge, Weiden in der Oberpfalz und Cham bis nach Passau.

Auch hier sind die meisten Kontakte des Mondrandes mit dem Stern dann zu sehen, wenn man sich ca. 1.630 m südwestlich der vorhergesagten Streifungslinie positioniert. Die Abbildung 5 zeigt diese Situation bei 10 Grad östlicher Länge, wo der Mondrand zwischen ca. 00:13 und 00:16 Uhr MESZ 14 Kontakte mit dem Stern haben kann. Die Mondhöhen sind 12-fach gedehnt dargestellt. Die roten Begrenzungslinien

5 Die scheinbare Sternbahn von Omega1 Cancri, 12-fache Mondhöhendehnung,
rote Begrenzungslinien bei +-700 m

zeigen einen Versatz von 700 m senkrecht zur Streifungslinie. Die obere rote Linie macht dabei deutlich, dass es auch 700 Meter weiter nordöstlich zu zahlreichen Kontakten des Mondrandes mit dem Stern kommen kann.

Omega1 Cancri ist nicht als Doppelstern bekannt.

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VdS-Nachrichten

Das Fachgruppentreffen der VdS im Juni 2023
von Astrid Gallus

Am 24. Juni 2023 trafen sich 15 von 19 VdSFachgruppen in Kirchheim live und per Zoom. Jürgen Schulz, Leiter der Sternwarte Kirchheim, bewirtete seine Gäste herzlich von früh bis spät auf das Allerbeste. Das sei hier ausdrücklich erwähnt und soll Anreiz sein, nächstes Jahr persönlich teilzunehmen.

Wie immer begann die große Fachgruppentagung mit Manöverkritik zu den letzten vier Journal-Ausgaben. Peter Riepe erinnerte an die Vorgaben der Redaktion, insbesondere bei Zitaten, Links sowie zur Pünktlichkeit bei der Abgabe der Artikel. Es wurde der Wunsch geäußert, sämtliche Internetlinks im Journal mit QR-Codes zu versehen. (Anm. d. Red.: Im Heft 88 bereits umgesetzt.)

1 Eberhard Bredner bei der Vorbereitung der Videoaufzeichnung einer Sternbedeckung
durch den Mond am 60-cm-Teleskop der Sternwarte Kirchheim. Bild: Werner E. Celnik.

Sven Melchert informierte die teilnehmenden Fachgruppenleiter, deren Stellvertreter sowie Redakteure über die zukünftig umweltfreundliche Produktion des Journals, die erstaunlicherweise nur 1% teurer als das bisherige Druckverfahren ist. Dennoch sind die Druckpreise insgesamt deutlich angestiegen.

Der Kern oder das Herz des nur einmal jährlich stattfindenden großen Fachgruppenleiter-Treffens der VdS sind der persönliche Austausch untereinander sowie die Schwerpunktthemen der zukünftigen Journale. Diese Diskussionen sind immer total spannend und man findet sich plötzlich in einem hehren Wettstreit über die besten Themen wieder. Es macht wirklich richtig viel Spaß, dabei zu sein.

Danach folgten traditionell die Berichte aus den einzelnen Fachgruppen, z. B.: Wechsel in der Leitung, Ankündigung von Tagungen, Rückblicke auf Tagungen, sich zufällig ergebende Zusammenarbeit zwischen einzelnen Fachgruppen (z. B. Dark Sky und

2 Nach getaner Arbeit wurden mit dem 60-cm-Teleskop zahlreiche Objekte des Sommer-
himmels beobachtet, darunter einige Planetarische Nebel, bei denen die Farbkontraste deutlich wurden. Bild: Andreas Hänel.

Journal für Astronomie Nr. 88 | 93

VdS-Nachrichten

Meteore), Entwicklung in den Fachgruppen, personenbezogen oder durch technische Neuerungen (hier sticht die Fachgruppe Meteore besonders hervor durch das inzwischen riesengroße Feuerkugel-Kameranetz in Europa). Außerdem gab es die Angebote der Fachgruppe Astronomische Vereinigungen zum Mitmachen in Bezug auf einen Referentenpool, eine OnlineSternwarten-Karte und Vorstellungen der einzelnen VdS-Fachgruppen in den jeweiligen Regionen der VdS sowie den wichtigen Hinweis auf den jährlich stattfindenden Innovationsworkshop für Jugendliche.
Andreas Hänel berichtete über die Zusammenarbeit mit den Universitäten Olden-

burg, Aarhus und Groningen bezüglich Himmelshelligkeits-Messmethoden für das Wattenmeer, bei der auch die Fachgruppe Meteore mit ihrem Feuerkugel-Kameranetz einbezogen werden soll. Zum Thema Megakonstellationen (Satelliten) treffen sich verschiedene Institutionen wie MPI, DLR u. w. in einem Arbeitskreis demnächst in Effelsberg. Die EU will neue Satelliten starten und neue Windparks im Wattenmeer errichten, was im Widerspruch zum Schutz des Wattenmeers steht.
Der Abend klang in klarer Nacht am 60-cm-Teleskop der Sternwarte aus. Zufällig bedeckte der Mond in der noch sehr hellen Dämmerung einen 5,7 mag hellen

Stern, was sich Eberhard Bredner von der FG Sternbedeckungen natürlich nicht entgehen ließ. Mit zunehmender Dunkelheit wurden dann die Schaustücke des Sommerhimmels im Teleskop beäugt und bestaunt. Und sogar eine Leuchtende Nachtwolke konnte zu später Stunde über dem Nordhorizont ausgemacht werden.
Termin für das nächste FachgruppenleiterTreffen ist der 22.06.2024 in Kirchheim. Bitte unbedingt reservieren!

Wir begrüßen neue Mitglieder

Mitgl.-Nr. Vorname

Name

21784 Stephan

Hübner

21785 Pascal

Schwarz

21786 Dirk

Valbert

21787 Stefan

Botsch

21788 Lion

Hübner

21789 Wolfgang

Labudda

21790 Roland

Kuhn

21791 Eberhard

Briske

21792 Dr. Berthold

Kracke

21793 Robin

Hürten

21794 Andreas

Munsch

21795 Lena

Villis

21796 Leon

Heruth

21797 Kilian

Harras

21798 Volker

Paul

21799 Dr. Kevin

Dzialkowski

21800 Friedrich

Fischer

21801 Luna

Pfeiffer

21802 Kersten

Wöhrle

21803 Mats

Flottmann

21804 Wolfgang

Pasche

21805 Walter Leonhard Schramböck

21806 Robert

Lechner

21807 Ralf

Schalber

21808 William

Kretschmer

21809 Carsten

Hopf

21810 Wolfgang

Zenner

21811 Theo

Neuberger

Mitgl.-Nr. Vorname

Name

21812 Jan

Wehle

21813 Dr. Joerg

Poggenborg

21814 Axel

Janning

21815 Tanja

Steegmüller

21816 Dirk

Schaefer

21817 Michael

Klosch-Trageser

21818 Lucas

Kempe

21819 Alexander

Schuster

21820 Peter

Mahalsky

21821 Günter

Bickel

21822 Lucia

Wallis

21823 Roland

Miller

21824 Sascha

Preusse

21825 Sylvia

Rothgerber

21826 Thomas

Schwarz

21827 Achim

Fachbach

21828 Martin

Günster

21829 Dr. Ibrahim

Hasan

21830 Thorsten

Braun

21831 Thomas

Schmidt

21832 Dipl.-Ing. (FH) Thomas Regnery

21833 Ralf

Wittmann

21834 Fynn

Poredda

21835 Tino

Fanghänel

21836 Maik

Schmalstich

21837 Luca

Fiorenza

21838 Raphael

Pavanelli

21839 Annika

Koehler

Mitgl.-Nr. Vorname
21840 Stephen 21841 Roman 21842 Robert 21843 John 21844 Holger 21845 Stefanie 21846 Gerd 21847 Prof. Dr. Walter 21848 Felix 21849 Arthur 21850 Aurelius 21851 Robin 21852 Sebastian 21853 Siegfried 21854 Dirk 21855 Benedikt 21856 Hansruedi 21857 Horst 21858 Bernd 21859 Peter 21860 Dr. Ulrich 21861 Tom 21862 Michael 21863 Taha 21864 Klaus 21865 Anne

Name
Lutz Frozza Becker Imboden Koch Linz Festag Arnold Wenz Clement Baier Riesner Moews Behrens Lorenzen Hoffmann Elsener Posselmann Steiner Heinbuecher Künkel Schönwetter Renner Demir Weisensee Rudolph

94 | Journal für Astronomie Nr. 88

VdS-Nachrichten

VdS-Tagung und Mitgliederversammlung 2023 in Bremen
von Astrid Gallus

1 Die Teilnehmer der
36. VdS-Tagung - vor Ort und am Bildschirm. Bild: Michael Schomann.

Die 36. VdS-Tagung und Mitgliederversammlung war ein hybrider Termin: Unsere Mitglieder konnten vor Ort dabei sein oder am Bildschirm teilnehmen. Insgesamt gab es zeitweise über 120 Teilnehmer, etwa die Hälfte davon am Bildschirm. Diese hybride Form soll beibehalten werden, da nicht alle Mitglieder eine längere Reise auf sich nehmen können oder wollen. Die vor Ort Anwesenden bevorzugten das persönliche Miteinander und die vielen Gespräche. Dazu gehört auch das vorabendliche Treffen in einem Restaurant mit der Freude des Wiedersehens.

nahme des Remote-Teleskopes in Namibia hervor. Die Mitgliederversammlung war von den Fortschritten begeistert und beauftragte den Vorstand mit überwältigender Mehrheit, eine Nutzungsvereinbarung mit der Stiftung abzuschließen, welche das Teleskop finanziert. Mit Spannung wird erwartet, wie die Aktivitäten des RemoteTeleskopes in zwei Jahren bewertet werden. Ein weiterer richtiger Erfolg der zurückliegenden zwei Jahre ist das Angebot des

VdS-Astronomie-Einsteigerbuches, vor allem für die Mitgliedssternwarten. Die erste Auflage ist bereits vergriffen, aber die zweite Auflage ist, wenn Sie diese Zeilen lesen, längst wieder erhältlich.
Sven Melchert stellte weitere neue Werbeprodukte der VdS vor: T-Shirts, Polo-Shirts und Softshell-Jacken mit dem neuen Logo der VdS für Damen, Herren sowie für Kinder in allen Größen. Diese können direkt

Der Vormittag war dem Vortragsprogramm gewidmet. Die Themen reichten von Sternbedeckungen über den Bremer Astronomen Heinrich Wilhelm Olbers, Aktuelles von der Remote-Sternwarte bis hin zur ungewöhnlichen Idee des Asteroiden-Bergbaus. Die Berichte der VdS-Botschafter über ihre Tätigkeiten schlossen das Vormittagsprogramm ab. Alle Vorträge fanden reges Interesse.

Nach der Pause eröffnete Sven Melchert die Mitgliederversammlung. Er berichtete über die Tätigkeiten des Vorstandes in den zurückliegenden zwei Jahren. Die wichtigen Ergebnisse der Vereinsarbeit sind das VdSJournal, die Tagungen in Würzburg, Bochum und Halle sowie zwei Astronomietage. Besonderes Interesse rief die Inbetrieb-

2 Der Vorabend beim Italiener. Bild: Michael Schomann.

Journal für Astronomie Nr. 88 | 95

VdS-Nachrichten

3 Shirts, Kappen, Broschüren und Puzzles
am VdS-Stand. Bild: Bernd Gährken.
Sven Melchert trat nach 16-jähriger Vorstandstätigkeit nicht mehr an. Die Anwesenden dankten ihm mit starkem Applaus für seinen großen Einsatz und seine engagierte und verantwortungsbewusste Arbeit für die VdS. Als Redakteur der Endredaktion des VdS-Journals bleibt er der VdS erfreulicherweise erhalten.
Die Mitgliederversammlung wählte anschließend Uwe Pilz zum Vorsitzenden der Vereinigung der Sternfreunde. Er ist den meisten als Fachgruppenverantwortlicher der Kometenfreunde bereits bekannt. Ihm gebührt Dank und Respekt für die Übernahme dieser Verantwortung. Wir wünschen ihm zuversichtlich ein gutes Gelingen!

4 Eberhard Bredner bei seinem Vortrag über Sternbedeckungen. Bild: Bernd Gährken.

im neu eingerichteten VdS-Online-Shop bestellt werden. Für den Messestand vor Ort wurden VdS-Tassen mit dem Winterhimmel sowie ein kleines Puzzle mit dem Kometen Neowise sowie Wollmützen und Kappen präsentiert.
Erfolg kann der Vorstand auch bei der Jugendarbeit vorzeigen: Die kostenfreie Mitgliedschaft bis zu einem Alter von 30 Jahren hat von 45 jugendlichen Mitgliedern im Jahr 2021 zu 120 Jugendlichen in 2023 geführt! Unter der Leitung von Lucia Härer wurde dazu ein ,,Newsletter" der Jugend neu eingeführt.

Der Kassenwart präsentierte einen soliden Finanzbericht und die Kassenprüfer baten die Mitglieder um Entlastung des Vorstandes. Der Entlastung wurde einstimmig mit einer Enthaltung zugestimmt. Das gleiche Ergebnis erhielt der von Andreas Klug vorgelegte Wirtschaftsplan 2024 und 2025.
Dann übernahm Eberhard Bredner als Versammlungsleiter und führte die Mitgliederversammlung als selbsternannter ,,Alterspräsident" gewohnt charmant, gespickt mit viel Witz und Humor durch die anstehende Vorstandswahl, die eine große Überraschung barg:

5 Gudrun Wolfschmidt sprach über Heinrich
Wilhelm Olbers. Bild: Bernd Gährken.

96 | Journal für Astronomie Nr. 88

VdS-Nachrichten

6 Zum neuen VdS-Vorsitzenden
wurde Uwe Pilz (rechts) gewählt. Bild: Bernd Gährken.

Es gab einen weiteren Wechsel im Vorstand: An die Stelle von Lucia Härer trat eine Astronomie-Studentin: Yoshi Eschen. Lucia Härer wünscht, den Vorstand künftig als kooptiertes Mitglied zu unterstützen. Alle anderen Mitglieder des Vorstandes haben wieder kandidiert und wurden gewählt.

Der Ausklang fand bei einem gemeinsamen Abendessen in der ,,dunklen" Mensa statt. Zur allgemeinen Verwunderung ließ sich nämlich kein Licht einschalten, lediglich der Vorraum mit dem Buffet war beleuchtet. Ein Hausmeister war nicht in Sicht.

Aber, wie heißt es so schön: ,,Astronomers do it at night", und da dieses Motto niemand besser kennt als Astroamateure, nahmen die Teilnehmer das entsprechend sportlich auf, schließlich sind sie es gewohnt, im Dunkeln zu agieren.

Uwe Pilz präsentierte einige Gedanken zur zukünftigen Vorstandsarbeit. Er sieht in der Arbeit der Fachgruppen einen wesentlichen Bestandteil der Vereinsarbeit und möchte diese stützen. Dazu gehört auch, diese praktische Astronomie stärker in den Sternwarten und in der Jugendarbeit zu verankern. Sein Vorschlag, als Verein stärker in Schulen präsent zu sein, führte zu breiter Zustimmung.

7 Die VdS-Medaille
2023 wurde an Daniel Fischer verliehen. Bild: Bernd Gährken.

Als verdientes Mitglied der VdS wurde Joachim Herrmann aus Recklinghausen, ein Urgestein der VdS mit der Mitgliedsnummer 59 (!), zum Ehrenmitglied gewählt.

Die VdS-Medaille 2023 erhielt Daniel Fischer für seine unermüdliche, leidenschaftliche, gleichermaßen fundierte und allgemeinverständlich vorgetragene Berichterstattung aus Astronomie und Raumfahrt seit über 40 Jahren. Die Laudatio hielt Astrid Gallus.

Der neue Vorsitzende Uwe Pilz bedankte sich bei allen Mitwirkenden, insbesondere der Olbers-Gesellschaft Bremen, in deren schönen Räumen im Gebäude der Hochschule für Nautik und Betriebswirtschaft diese Tagung ausgerichtet werden konnte.

8 Dr. Carsten Reese (rechts) hielt den Abendvortrag. Bild: Bernd Gährken.

Journal für Astronomie Nr. 88 | 97

JAGDHUNDE

GROSSER BÄR

GIRAFFE Capella

HAAR DER BERENIKE
JUNGFRAU

KLEINER LÖWE

LÖWE

Regulus

LUCHS Castor
Pollux
KREBS

FUHRMANN

ZWILLINGE

Aldebaran

Procyon

KLEINER HUND

Beteigeuze

ORION

BECHER SÜDOST

SEXTANT

Alphard

EINHORN

RSCHLANGE WASSE

KOMPASS

HINTERDECK

Sirius
GROSSER HUND

Rigel HASE

Sternkarte exakt

gültig für 15. Februar 2024

22 Uhr MEZ

SÜD

Mondphasen im Februar 2024

PERSEUS Algol

ANDROMEDA DREIECK

STIER

WIDDER Uranus

FISCHE Jupiter

WALFISCH
ERIDANUS
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Alle Zeitangaben sind gültige Uhrzeiten (Sommerzeit bereits berücksichtigt) und für Standort bei 10 Grad ö.L. und 50 Grad n.Br., falls nicht anders angegeben. ,,Max. Libration Mond-O" bedeutet, dass das Mare Crisium sich weit weg vom westlichen Mondrand (Mond-Osten) befindet.

Letztes Viertel 3.2.

Neumond 9.2.

Ereignisse im Februar

01. 06:00 02. 22:41 02. 23:04 03. 00:18 05. 06:00 06. 08. 19:00-21:10 09. 03:35 09. 18:20-22:33
09. 22:45 09. 23:59 11. 19:15 14. 19:30 14. 23:00 15. 19:04
15. 19:38-23:06 16. 02:32 16. 16:01 16. 20:11-22:49
16. 22:00 16. 22:02
18. 19:30 18. 21:23 19.

Mond 2,1 Grad NW Spica (alpha Vir, 1,1 mag) BM Ori im Min HU Tau im Min Letztes Viertel Mond 2,7 Grad O Antares (alpha Sco, 1,1 mag) max. Libration Mond-NW, 9,5 Grad Io: Transit u. Schatten vor Jupiter AI Dra im Min Io: Verfinst. Ende; Europa: Bedeckung Ende, Verfinsterung Beginn u. Ende RW Tau im Min Neumond Mond bedeckt chi Aqr (5,1 mag), genaue Zeit abh. v. Standort Mond 7,8 Grad W Jupiter (-2,3 mag, 38,0'') Mond bedeckt 12 Ari (6,0 mag), genaue Zeit abh. v. Standort Mond bedeckt 40 Ari (5,8 mag, Doppelstern), genaue Zeit abh. v. Standort Io: Transit u. Schatten vor Jupiter RR Lyr im Max Erstes Viertel Europa: Bedeckung Beginn u. Ende, Verfinsterung Beginn; Io: Verfinsterung Ende Mond 53' S Plejaden (M 45) Mond bedeckt HR 1172 (5,5 mag, Doppelstern), genaue Zeit abh. v. Standort Mond 2,7 Grad O beta Tau (Elnath, 1,7 mag) RZ Cas im Min max. Libration Mond-SO, 9 Grad

Erstes Viertel 16.2.

Vollmond 24.2.

19. 02:23
19. 02:51
19. 18:48 21. 02:32 22. 10:45 24. 04:29 24. 13:30 25. 15:58 25. 19:46-22:09 28. 28. 19:12
28. 19:45

streifende Sternbedeckung durch d. Mond (N-Rand) an SAO 77625 (5,6 mag, Sternbild Taurus), Linie Bamlach - nördlich Lörrach - Rheinfelden Mond bedeckt 136 Tau (4,6 mag, Doppelstern), genaue Zeit abh. v. Standort Mond bedeckt 49 Aur (5,3 mag), genaue Zeit abh. v. Standort Mond bedeckt 76 Gem (5,3 mag), genaue Zeit abh. v. Standort Venus (-3,9 mag, 11,4'') 37' N Mars (1,3 mag, 4,2''), Taghimmel Mond 2,5 Grad NO Regulus (alpha Leo, 1,4 mag) Vollmond Mond erdfern, 29,21' Europa: Transit u. Schatten vor Jupiter Saturn in Konjunktion mit der Sonne Kleinplanet (7452) Izabelyuria bedeckt TYC 1880-01736-1 (9,1 mag) für 6,0 s, Hell.Abfall um 9,7 mag, Pfadverlauf W-NO-D. Mond 2,5 Grad O Spica (alpha Vir, 1,1 mag)

98 | Journal für Astronomie Nr. 88

NÖRDL. KRONE

Gemma

BOOTES

JAGDHUNDE

Arktur

HAAR DER BERENIKE

JUNGFRAU

Spica

SÜDOST

RABE

BECHER

Sternkarte exakt gültig für 15. März 2024 22 Uhr MEZ
Mondphasen im März 2024

GROSSER BÄR

LUCHS

Capella FUHRMANN

PERSEUS Plejaden

KLEINER LÖWE

Castor Pollux

ZWILLINGE

Aldebaran

STIER

LÖWE

Regulus

KREBS
KLEINER HUND Procyon

Beteigeuze EINHORN

ORION

SEXTANT

Alphard

Rigel

RSCHLANGE WASSE

KOMPASS HINTERDECK

Sirius

HASE

ROSSER G ND HU

SÜDWEST

ANUS ERID

Vereinigung der Sternfreunde e.V.

SÜD

www.sternfreunde.de

Quellen: Datendienst US Naval Observatory, Berechnungen der BAV, Berechnungen der IOTA/ ES (Eberhard Riedel [GRAZPREP]), Berechnungen von Steve Preston (Sternbedeckungen durch Kleinplaneten), International Meteor Organization (www.imo.net), Kosmos Himmelsjahr 2024, Kosmos Der Sternenhimmel 2024 und eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto)

Letztes Viertel 3.3.

Neumond 10.3.

Ereignisse im März

02. 19:17-21:26 Io: Transit u. Schatten vor Jupiter

03.

Kleinplanet (3) Juno (8,7 mag) in Opposition zur Sonne,

Sternbild Leo

03. 05:15

Mond 2,3 Grad W Antares (alpha Sco, 1,1 mag)

03. 16:23

Letztes Viertel

03. 21:19

Kleinplanet (16583) Oersted bedeckt TYC 738-01644-1

(8,7 mag) für 2,0 s, Hell.Abfall um 9,5 mag, Pfadverlauf

Österr.-SO-D.

05.

max. Libration Mond-NW, 10,1 Grad

08. 01:50

RR Lyr im Max

08. 22:02

HU Tau im Min

09. 05:00

Kleinplanet (43) Ariadne (11,7 mag) 1,5 Grad N rho Oph (5,0 mag)

10. 08:03

Mond erdnah, 33,57'

10. 10:00

Neumond

10. 23:23

HU Tau im Min

11. 19:00

Mond 7,3 Grad NO Merkur (-1,3 mag, 5,5''), W-Horizont

13. 05:00

Kleinplanet (43) Ariadne (11,6 mag) 1,4 Grad N Antares (alpha Sco,

1,1 mag) u. 5,7' NO 22 Sco (4,8 mag)

13. 19:30

Mond 4,4 Grad W Jupiter (-2,1 mag, 35,3'')

14. 20:15

Mond 5,6 Grad W Plejaden (M 45)

15. 19:37

Mond bedeckt chi Tau (5,4 mag, Doppelstern), genaue Zeit

abh. v. Standort

15. 20:01

streifende Sternbedeckung durch d. Mond (N-Rand) an chi

Tau (5,4 mag), Linie südl. Husum - Rendsburg - Kiel - nördl.

Grömitz - Rerik - Kröpelin - südl. Rostock - Gnoien - Demmin -

Anklam

15. 20:15

Mond 8,2 Grad O Plejaden und 9,5 Grad N Aldebaran (alpha Tau,

1,0 mag)

16. 20:15

Mond 1,4 Grad SW beta Tau (Elnath, 1,7 mag)

Erstes Viertel 17.3.

Vollmond 25.3.

16. 22:37

RW Tau im Min

17. 00:30

streifende Sternbedeckung durch d. Mond (N-Rand) an SAO

77224 (7,4 mag, Sternbild Taurus), Linie Burg/Fehmarn -

Bastorf - Kröpelin - Güstrow - Waren/Müritz - Eberswalde -

Frankfurt/Oder

17. 05:11

Erstes Viertel

18.

max. Libration Mond-SO, 9,6 Grad

18. 19:40-21:19 Ganymed: Schatten vor Jupiter; Io: Schatten Ende

19. 02:00

Mond 4,1 Grad SW Pollux (beta Gem, 1,2 mag)

20. 00:59

Mond bedeckt lambda Cnc (6,0 mag), genaue Zeit abh.

v. Standort

20. 04:06

Sonne im Frühlingspunkt, Frühlingstagundnachtgleiche

22. 02:35

AI Dra im Min

22. 03:00

Mond 4,3 Grad NW Regulus (alpha Leo, 1,4 mag)

23. 16:43

Mond erdfern, 29,39'

23. 22:08

Mond bedeckt sigma Leo (4,1 mag), genaue Zeit abh. v.

Standort

24.

Merkur (-0,3 mag, 7,45'') in größter Elongation Ost (19 Grad )

25. 08:00

Vollmond, Halbschatten-Mondfinsternis, beobachtbar in

N-/S-Amerika

25. 19:32-20:50 Io: Transit u. Schatten vor Jupiter; Ganymed: Transit Beginn

26. 23:00

Mond 1,1 Grad O Spica (alpha Vir, 1,1 mag)

29. 01:07

RR Lyr im Max

30. 04:00

Mond 6,2 Grad W Antares (alpha Sco, 1,1 mag)

31. 02:00

Umstellung von MEZ auf Sommerzeit MESZ, Uhr um

1 Stunde vorstellen

Journal für Astronomie Nr. 88 | 99

HERKULES NÖRDL. KRONE Gemma
SCHLANGE (KOPF)

BOOTES

JAGDHUNDE

Arktur

HAAR DER BERENIKE

JUNGFRAU

GROSSER BÄR

KLEINER LÖWE

LÖWE

Regulus

Capella FUHRMANN

LUCHS
Castor Pollux

ZWILLINGE

STIER

KREBS

ORION Beteigeuze

Procyon

KLEINER HUND

WAAGE SÜDOST

Spica RABE

BECHER

SEXTANT

Alphard

RSCHLANGE WASSE

Sternkarte exakt

gültig für 15. April 2024

23 Uhr MESZ

SÜD

Mondphasen im April 2024

EINHORN
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Zusammengestellt von Werner E. Celnik, mit Beiträgen von Andreas Barchfeld (Veränderliche Sterne), Eberhard Riedel (streifende Sternbedeckungen) und Oliver Klös (Sternbedeckungen durch Mond und Kleinplaneten).

Letztes Viertel 2.4.

Neumond 8.4.

Ereignisse im April

02. 02. 05:15 02. 22:02
06. 00:06
06. 02:45 07. 19:50 07. 22:31 08. 20:21
08. 21:30 09. 02:00 10. 21:15
11. 22:00
11. 22:41
12. 21:07
12. 22:00 12. 22:00 13. 21:56 14. 14. 04:00
15. 02:24

max. Libration Mond-NW, 9,9 Grad Letztes Viertel Kleinplanet (2120) Tyumenia bedeckt TYC 5494-00238-1 (10,0 mag) für 3,5 s, Hell.Abfall um 6,2 mag, Pfadverlauf Österr.-SO-NW-D. Kleinplanet (591) Irmgard bedeckt UCAC4 599-035515 (9,9 mag) für 2,5 s, Hell.Abfall um 5,6 mag U Oph im Min Mond erdnah, 33,16' RZ Cas im Min Neumond, totale Sonnenfinsternis, beobachtbar in Kanada, USA, Mexiko Vesta (8,2 mag) 22' N off. Hfn. M 35 (5,1 mag, 28') Kleinplanet (3) Juno (9,6 mag) 10,9' NO rho Leo (3,8 mag) Mond 3,3 Grad NW Jupiter (-2,0 mag, 33,6'') u. 3,8 Grad NW Uranus (5,8 mag, 3,4'') Mond 3,2 Grad O Plejaden (M 45) und 11,1 Grad NW Aldebaran (alpha Tau, 1,0 mag) Mond bedeckt 36 Tauri (5,5 mag, Doppelstern Dist. 5,5''), genaue Zeit abh. v. Standort Kleinplanet (372) Palma bedeckt HIP 46036 (9,1 mag) für 33,5 s, Hell.-Abfall um 3,3 mag Mond 5,8 Grad SW beta Tau (Elnath, 1,7 mag) HU Tau im Min RZ Cas im Min max. Libration Mond-SO, 9,6 Grad Kleinplanet (43) Ariadne (10,8 mag) 21' N Kugelhfn. M 19 (6,8 mag, 5,3'), Sternbild Ophiuchus Mond bedeckt 47 Gem (5,8 mag), genaue Zeit abh. v. Standort

Erstes Viertel 15.4.

Vollmond 24.4.

15. 21:13 15. 22:30 16. 00:05
16. 00:13
16. 04:08
16. 22:33
18.
18. 22:30 20. 04:09 21. 02:53 22. 23. 03:00 24. 01:49 25. 23:23 27. 03:30 27. 22:03 29.

Erstes Viertel Mond 3,7 Grad SO Pollux (beta Gem, 1,2 mag) Mond bedeckt omega1 Cnc (5,9 mag), genaue Zeit abh. v. Standort streifende Sternbedeckung durch d. Mond (N-Rand) an omega1 Cnc (5,9 mag), Linie Aurich - Ahlhorn - nördl. Minden Göttingen - Bad Berneck - Weiden - Cham - Passau Kleinplanet (546) Herodias bedeckt UCAC4 281-090630 (9,6 mag) für 7,8 s, Hell.Abfall um 4,5 mag Kleinplanet (599) Luisa bedeckt TYC 2941-01666-1 (9,6 mag) für 2,7 s, Hell.Abfall um 5,3 mag Kleinplanet (532) Herculina (9,1 mag) in Opposition zur Sonne, Sternbild Bootes Mond 4,0 Grad O Regulus (alpha Leo, 1,4 mag) Mond erdfern, 29,53' AI Dra im Min Meteorschauer Lyriden, ca. 18/h, 49 km/s Mond 1,6 Grad NW Spica (alpha Vir, 1,1 mag) Vollmond Mond bedeckt 42 Lib (5,0 mag), Zeitangabe f. Frankfurt/M. Mond 2,7 Grad SO Antares (alpha Sco, 1,1 mag) beta Per (Algol) im Min max. Libration Mond-NW, 9,1 Grad

100 | Journal für Astronomie Nr. 88

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Nachweis von Eigenbewegungen von Fixsternen
von Michael Craanen
Im Juni 2023 habe ich ein altes Projekt wieder aufgewärmt. Im Mai 2018 habe ich drei Sterne im Bootes fotografiert, von denen sich zwei stark bewegen. Nun habe ich die Beobachtung wiederholt und die beiden Bilder übereinandergelegt. Überhaupt nichts Spektakuläres, aber irgendwie spannend zu sehen, dass Sterne sich auch bewegen können, wenn man lang genug wartet. Hier sind es 5 Jahre.

Die Sterne heißen BD +24 2733 = SAO 83344 und BD +24 273B = SAO 83345, ein Doppelsternsystem in 53 Lichtjahren Entfernung und mit der hohen Eigenbewegung von 1,37" pro Jahr.

Beide Sterne haben eine Helligkeit von ca. 10 mag und sind rote Zwerge der Spektralklasse M, wie eineiige Zwillinge. [1]
Internetverweis (Stand: 27.07.2023): [1] https://simbad.cds.unistra.fr/

1 Die Sterne BD +24 2733 = SAO 83344 und BD +24 273B =
SAO 83345 im Bootes besitzen eine hohe Eigenbewegung, Details s. Text. Bild: Michael Craanen.

Mond bei Venus
Morgendlicher Himmelsanblick am 10. Oktober 2023: der abnehmende Mond und Venus begegnen sich im Löwen. Links oberhalb von Venus steht Regulus. Foto: Sven Melchert.

Impression

Journal für Astronomie Nr. 88 | 101

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Pleiten, Pech und Pannen, ein Nachtrag
- drei (fast) missglückte Beobachtungserlebnisse
von Jürgen Behler

Das Fernrohr Es war gegen Ende der 1970er Jahre, als ich im jugendlichen Alter zur Astronomischen Arbeitsgemeinschaft Geseke kam. Zu dieser Zeit sollte unsere damalige Sternwarte mit einem neuen Fernrohr ausgerüstet werden, einem lichtstarken 25-cm-Spiegelteleskop mit 1.000 mm Brennweite, was damals für Amateure ein echt großes Fernrohr war. Als das Fernrohr installiert war und wir schon einige Beobachtungen durchgeführt sowie Fotos damit gemacht hatten, kam jemand auf die Idee, dass man mit dem Ding auch Sonnenbeobachtungen machen könnte. Zwar hatten wir keinen Sonnenfilter, aber da gäbe es ja diese Projektionsmethode, bei der man das Sonnenbild auf einem Blatt Papier beobachten könnte. Der Sternfreund erklärte, dass er das schon mit seinem kleinen Refraktor gemacht hätte.
Also haben wir uns ein großes Stück weißer Pappe besorgt und dies so in der Sternwarte aufgehängt, dass ein Sonnenbild darauf projiziert werden konnte. Und es gelang nicht nur, sondern war wirklich beeindruckend. Das Sonnenbild war über 1/2 Meter groß, und es waren einige Flecken auf der Sonne zu sehen. Als wir dabei noch kurz diskutierten, machte es plötzlich ,,Pätsch!". Wohl niemand hatte mitbekommen, dass das Sonnenbild plötzlich verschwunden war, wir drehten uns alle um. ,,Da, das Okular raucht!" Tatsächlich, eine dünne Qualmwolke kräuselte sich aus dem Okular. Ein Sternfreund wollte es sogleich aus dem Fernrohr nehmen. ,,Sch..., ist das heiß!" Ein anderer drehte das Fernrohr aus dem Strahlengang der Sonne. Als das Okular abgekühlt war, sahen wir, dass die Linse geplatzt war und die Kunststofffassung geschmolzen und verkohlt war. Das kleine Okular hatte der geballten Lichtsammelleistung des 25-cm-Spiegels nicht lange etwas entgegenzusetzen gehabt. Danach haben wir beschlossen, einen Objek-

tiv-Sonnenfilter aus Glas für das Fernrohr zu kaufen. Das Okular haben wir behalten und es ist später in meinen Besitz gekommen. Ich habe es noch heute und zeige es manchmal bei Vorträgen zur Sonnenbeobachtung, zur Warnung, was alles passieren kann.
Das Polarlicht Ich erinnere mich noch gut, es war der 17.11.1989. An diesem Abend brannte der Himmel. Ein gewaltiges Polarlicht war in ganz Deutschland, sogar bis in den Alpenraum zu sehen. Ich hatte mich zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Jahre mit der Astrofotografie beschäftigt und dies war eine willkommene Abwechslung.
Also suchte ich schnell einiges von der Fotoausrüstung zusammen. Eine analoge Spiegelreflexkamera (Digitalkameras gab es noch nicht), ein Weitwinkel-Objektiv, einen Drahtauslöser und ein Fotostativ. Mehr war nicht nötig. Ach ja, doch, man fotografierte damals mit Film, den brauchte ich auch noch. Aber, oh Schreck, es fand sich kein einziger hochempfindlicher Diafilm in der ganzen Fotokiste. Normalerweise fotografierte ich damals mit einem 400-ASA-Diafilm (heute: ,,ISO 400"), der durch eine Spezialentwicklung auf 1.600 ASA ,,gepusht" werden konnte. Ich hatte schlichtweg alle Filme aufgebraucht und es versäumt, neue zu kaufen. So fiel mir lediglich ein 100-ASA-Farbfilm in die Hände. Na gut, besser als nichts, dachte ich mir. Dann muss ich eben einige Sekunden länger belichten. Also Film einlegen und dann nix wie nach draußen.
Ich wohnte damals noch im Elternhaus, und dort gab es einen großen Garten mit dunklen Ecken. Das Polarlicht war unglaublich beeindruckend. Der ganze Himmel war in rotes und grünes Leuchten getaucht, das mal mehr und mal weniger intensiv war.

Immer wieder tauchten helle Streamer an verschiedenen Stellen am Himmel auf, einfach fantastisch. Ich konnte mich nicht entscheiden, wohin ich die Kamera als erstes ausrichten sollte. Aber dann fing ich an zu fotografieren und so entstand ein Bild nach dem anderen, bis irgendwann alle 36 Bilder (mehr hatte ein Film nicht) verschossen waren. Das Polarlicht war dann aber noch längst nicht vorbei und so beobachtete ich es noch eine Weile. Schließlich nahm ich die Ausrüstung und ging ins Haus zurück.
Beim Zurückspulen der Filmrolle fiel mir dann etwas auf. Warum steht der Blendenring denn auf 22? In der Aufregung hatte ich womöglich die Blende ganz zu- statt ganz aufgedreht. Aber wann war das passiert? Erst gerade beim Zurückspulen oder schon ganz zu Anfang? Da ich diese Frage nicht beantworten konnte, beschloss ich, wenn auch mit einem mulmigen Gefühl, den Film trotzdem entwickeln zu lassen, und bestellte, ganz optimistisch, je einen Abzug pro Bild. Nun kam es, wie es kommen musste. Als ich die Bilder abholen wollte und dem Fotografen meinen Abholschein gab, schaute der mich nur komisch an und sagte, dass der Film zwar entwickelt wäre, aber es wäre nichts drauf. Dann gab er mir das Tütchen mit den Negativen.
Zu Hause schaute ich mir diese noch mal mit einer Lupe an, aber es war tatsächlich nichts drauf zu erkennen. Ich habe den Film dann weggeworfen und die Sache als Lehrgeld abgehakt. Einige Zeit später, es war der 1. Dezember 1989, gab es das nächste Mal ein Polarlicht zu sehen. Dieses Mal war ich besser vorbereitet und habe viele schöne Bilder von dem Ereignis machen können (Abb. 1).
Die Lichtung Es war so um das Jahr 2000. In der Nähe meines damaligen Beobachtungsplat-

102 | Journal für Astronomie Nr. 88

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zes gibt es einen Wald. Der asphaltierte Feldweg hört am Waldrand auf, und eine Schranke verhindert das Weiterkommen mit dem Auto. Aber man kann zu Fuß auf einem befestigten Schotterweg in den Wald gelangen. Folgt man dem Weg, gelangt man nach etwa 100 Metern zu einer Lichtung, einer großen Wiese mitten im Wald, auf der nur ganz vereinzelt alte große Bäume stehen. Dort ist es viel dunkler als vor dem Wald, denn die Bäume schirmen das Licht umgebender Ortschaften effektiv ab. Darum suche ich diese Stelle immer wieder gerne zum Beobachten auf.

1 1. Dezember 1989: Polarlicht im Sternbild Ursa Major über Deutschland.
Bild: Jürgen Behler.

So auch an bewusstem Abend, als ich zusammen mit einem Sternfreund dort war, um stimmungsvolle Fotos der Sternbilder mit den im Vordergrund stehenden Bäumen zu machen. Dazu hatten wir Fotostative und Spiegelreflexkameras dabei, die mit Hilfe einer mechanischen Nachführung zum Einsatz kommen sollten. Auf der Wiese angekommen, stellte mein Freund aber fest, dass er das falsche Objektiv auf seine Kamera geschraubt hatte, das Weitwinkel sei aber in der Fototasche im Auto, das vor dem Wald parkte. Ok, dann gehen wir eben noch mal zurück. Die Kameras auf dem Fotostativ ließen wir einfach auf der Wiese stehen. Ich war mir sicher, dass nachts niemand dorthin kommt.
Also zurück zum Auto, das Weitwinkel in die Tasche gesteckt und wieder zurück zur Lichtung. Auf dem Waldweg war es so dunkel, dass wir uns gegenseitig nur noch als dunkle Schatten wahrnehmen konnten. Zwar hatten wir Taschenlampen dabei, aber wir wollten sie wegen der bereits erfolgten Adaption der Augen nicht benutzen. Die Fotostative würden wir auch so wieder finden. Als wir zur Lichtung kamen und die Wiese betreten wollten, hörte ich plötzlich meinen Freund neben mir aufschreien. Ich wollte noch rufen ,,Was ist?", aber das

2 Auf einer Waldlichtung ,,so um das Jahr 2000". Erstaunlicherweise sind bereits
Barnard's Loop und der große Nebel um Lambda Orionis im Sternbild Orion schwach erkennbar, und das auf Diafilm und mit stehender Kamera. Bild: Jürgen Behler.

ging nicht mehr, denn ich trat ebenfalls ins Leere und fiel hin. Als wir uns wieder aufgerappelt hatten, mussten wir nun doch unsere Taschenlampen benutzen. So stellten wir fest, dass wohl vor einiger Zeit, und es muss da nass gewesen sein, ein Trecker vom Waldweg abgekommen war und mit seinen großen Reifen eine tiefe Spur in der Wiese hinterlassen hatte. Dort lagen wir nun, die Klamotten dreckig, aber wir hatten uns nicht verletzt. Wahrscheinlich sind wir

beim ersten Mal nur knapp an der Furche vorbeigelaufen.
Nachdem wir den Schrecken verdaut hatten und auch darüber lachen konnten, sind wir weitergegangen, haben unsere Geräte gefunden und konnten anschließend viele stimmungsvolle Fotos vom Sternhimmel machen (Abb. 2).

Journal für Astronomie Nr. 88 | 103

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Die ISS vor der Sonne am 22.06.2023
von Uwe Petzl

Am Morgen des 22.06.2023 um 10:35 Uhr MESZ ist es mir gelungen, die Internationale Raumstation ISS vor der Sonne zu fotografieren. Mein Standort, den ich vorher per ,,ISS Transit Finder" [1] aus dem Internet ausgewählt habe, war die ,,Schwedische Mehlbeerbaumallee" nahe Kefferhausen im thüringischen Eichsfeld. Damit lag ich fast genau auf der Zentrallinie des ISS-Transits. Der Transit dauerte weniger als eine Sekunde. Die Kamera kann 40 Bilder pro Sekunde bei elektronischem Verschluss belichten, so habe ich insgesamt 35 Bilder von dem Transit bekommen.
Fotografiert habe ich mit einem Teleobjektiv mit Festbrennweite, Canon RF 800 f/11

IS STM, an einer Canon EOS R6 Mark II. Zum Schutz diente ein Glassonnenfilter. Die Kamera hatte ich auf einem normalen Fotostativ befestigt, aber trotzdem in der Hand gehalten und per Hand den Auslöser betätigt. Deshalb waren ursprünglich auch nicht alle Bilder gleich zentriert. Die 35 Einzelaufnahmen habe ich per Hand im Programm ,,Digital Photo Professional 4" von Canon [2] übereinandergelegt. Das ist mir nicht perfekt gelungen, trotz leichter Nachbearbeitung in ,,Luminar AI". Aber man bekommt einen Eindruck, wie der Transit von Kefferhausen aus gesehen verlaufen ist. Die ISS kam von rechts oben ins Bild.

Internethinweise (Stand 28.08.2023): [1] ISS Transit Finder: https://transit-
finder.com
[2] Digital Photo Professional 4 for Windows: https://sas.image.canon/ st/en/dpp.html

1 Die ISS am 22.06.2023 vor der Sonnenscheibe mit Sonnenflecken. Kamera und Optik siehe Text,
Belichtungszeit pro Einzelbild 1/4.000 s bei ISO 4000 und Blende 11. Bild: Uwe Petzl.
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Neue Astroaufnahmen
zusammengestellt von Peter Riepe Die vorgestellten schönen Ergebnisse stammen aus dem Kreis der Fachgruppe Astrofotografie und ihrer Freunde. Bilder unseres Universums sind schließlich ein willkommener Anlass, mehr über Aufnahmetechniken zu erfahren, sich aber auch selbst mit den Objekten näher zu befassen. Unser Ziel ist es generell, dem Leser mit den Bilderstrecken neue Ideen und Anreize zum Selbermachen zu liefern. Sollte es Fragen geben - bitte an die Fachgruppenleitung wenden (fg-astrofotografie@vds-astro.de).
1 Die Weitwinkelaufnahme (Norden rechts, Osten oben) zeigt die Galaxie NGC 7331 und das wechselwirkende Stephans Quintett links unten.
Am 18.08.2023 setzte Harald Becher in seiner Gartensternwarte in Reicherthofen Winden einen 5-Zoll-Apochromaten mit einer Kamera des Typs Svbony 605MC Mono ein. Das LRGB-Bild wurde knapp 2/1/1/1 Stunden belichtet.
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2 Michael Deger verwendete einen 4,5-Zoll-Newton mit f = 440 mm und dazu eine SBIG ST-8300M auf einer Montierung des Typs
10Micron GM 1000 HPS. Am 08./09.03.2022 belichtete er von Erdweg/Bayern aus die Galaxie M 100 und ihre Umgebung mit BaaderFiltern wie folgt: 46 x 5 min (L), je 6 x 5 min für R, G und B, insgesamt 5 h 20 min (Norden links, Osten unten).
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3 Der Südostteil des Supernovarestes SNR G65.3+5.7 im Schwan (Norden auf etwa 13 Uhr; der hellste Stern im Bild oben links ist Phi Cygni).
Andreas Kempter nutzte am 24./25.06.2023 an seinem Aufnahmeort Hünstetten im Taunuskreis für die kurze Nacht bei durchgehender nautischer Dämmerung drei Apochromaten des Typs Takahashi TSA 120 mm / 900 mm, f = 630 mm mit Reducer, für das gezeigte HRGB-Bild. Als Kameras kamen zwei ZWO ASI2600MM (Pro) und eine ZWO ASI2600MC (Pro) hinzu. Montierungen: eine Skywatcher AZ EQ 6 GT und eine EQ6 R-Pro. Die Filter waren 36-mm-CCD-Filter von Astronomik in einem ZWO EFW 7x36 (H + [NII] mit 6 nm HWB, [OIII] ebenfalls 6 nm HWB). Belichtungszeiten bei Gain 100 und -15 Grad C: 183 x 60 s für die RGB-Serie mit der Farbkamera, H 32 x 6 min, [OIII] 42 x 6 min, insgesamt 10 h 27 min, Software: Autoguiding mit PHD2, Aufnahmesoftware N.I.N.A., Bildbearbeitung in PixInsight, weitere Bearbeitung in Luminar 4.
Journal für Astronomie Nr. 88 | 107

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