Direkt zum Inhalt Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 87
NACH REDAKTIONSSCHLUSS
4 Bericht aus dem Vorstand (Gallus Astrid)
5 Mond bedeckt Venus am 9. November 2023 (Melchert Sven)
SPT/PLANETENBEOBACHTUNG
6 Zum Schwerpunktthema Planeten (Libert Maciej)
8 Meine Planetenwelt (Burkart Ralf)
16 Atmosphärische Dispersion - Gute Planetenbilder trotz niedriger Horizonthöhe (Detken Kai-Oliver)
18 Jupiter multispektral - Einsatz von Filtern in der Planetenfotografie (Bischof Wolfgang)
23 Einsatz von IR-Passfiltern bei Planetenaufnahmen - Wirkt das Ausblenden des kurzwelligen Spektrums seeingberuhigend? (Detken Kai-Oliver)
IMPRESSION
25 Konjunktion über der Nordsee (Libert Maciej)
SPT/PLANETENBEOBACHTUNG
26 Jupiter-Beobachtungen im Radiobereich (Theede Frank)
28 Neue Seeingvorhersage für Planetenfotografen entsteht (Burkart Ralf)
30 Die Jupitersaison 2023/2024 (Libert Maciej)
32 Bilderstrecke Planeten (Libert Maciej)
AMATEURTELESKOPE/SELBSTBAU
48 Yolo-Schiefspiegler: Astigmatischer Sekundärspiegel verspannt oder geschliffen? (Küchler Beat)
51 Der Umbau eines Schneckengetriebes mit einfachsten Mitteln (Wacker Wilfried)
ASTROFOTOGRAFIE
55 Missverständnisse und Irrtümer bei der Astrofotografie mit Schmalbandfiltern (Teil 2) (Köchling Peter, Riepe Peter)
60 Extragalaktische Supernovae, aufgenommen im Frühjahr 2023 (Riepe Peter)
ATMOSPHäRISCHE ERSCHEINUNGEN
65 AKM-Seminar 2023: Breites Themenspektrum, interessant und ansprechend präsentiert, oder: "Ich hätte gern eine Elmsfeuerplatte" (Strunk Petra)
ASTROPHYSIK & ALGORITHMEN
68 Erscheinungen auf dem Mond selbst vorhersagen, Beispiel Hesiodus-Strahl (Pilz Uwe)
DEEP SKY
70 Skyguide 2023 - 3 (Herbst) (Zebahl Robert, Merting Rene)
72 NGC 1275 - die dominierende Galaxie im Perseus-Galaxienhaufen (Wenzel Klaus)
JUGENDARBEIT
75 Junge Sterne in Erkrath - der 3. Innovationsworkshop für Jugendliche in der Astronomie (Heims Georg)
KLEINE PLANETEN
76 Kosmische Begegnungen (Hohmann Klaus, Ries Wolfgang)
KOMETEN
78 Bedeutende Kometen des ersten Quartals 2023 (Pilz Uwe)
SONNE
80 Jahresbericht 2022 des SONNE-Relativzahlnetzes (Bulling Andreas)
SPEKTROSKOPIE
82 RowShooter-C: Gekühlte Zeilenkamera zur Erfassung spektroskopischer Messungen an astronomischen Objekten (Sablowski Daniel P., Sengebusch Karsten)
88 Das Echelle-Treffen am AIP in Potsdam am 29. und 30. Oktober 2022 (Wierzbowski Jakob)
STERNBEDECKUNGEN
92 Einmal im Leben: Beteigeuze (α Ori) wird bedeckt (Bredner Eberhard H. R., Guhl Konrad)
92 Kleinplanet (319) Leona bedeckt Beteigeuze! (Slansky Peter C., Gährken Bernd)
96 Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 4. Quartal 2023 (Riedel Eberhard)
VDS-NACHRICHTEN
103 Nachruf: Hans Zimmermann (Sternfreunde Braunschweig-Hondelage)
VDS VOR ORT / TAGUNGSBERICHTE
104 Astronomie-Workshop 2023 des Astronomischen Arbeitskreises Salzkammergut (AAS) am Attersee mit vielen neuen Eindrücken (Detken Kai-Oliver)
VDS-NACHRICHTEN
107 Wir begrüßen neue Mitglieder (VdS-Geschäftsstelle)
BEOBACHTERFORUM
111 Kleinplanet (1) Ceres begegnet zwei Galaxien (Riepe Peter)
113 Das Smartphone für die Astrofotografie (Riepe Peter)
114 Ningaloo Eclipse - 20. April 2023 (Otto Silvia)
REZENSION
116 Reiseführer zum Mond, den Planeten und ganz viel mehr (Melchert Sven)
Textinhalt des Journals 87
Der Textinhalt dient zum Durchsuchen, zum Ausschneiden vorn Text und für internetgestützte Übersetzungs-Software.
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Zum Lesen ist das Journal als pdf vorgesehen.
Nach Redaktionsschluss
Bericht aus dem Vorstand
von Astrid Gallus
An dieser Stelle berichtet der Vorstand der Vereinigung der Sternfreunde e.V. über seine Arbeit der letzten drei Monate.
Erstmals wieder eine Vorstandssitzung vor Ort Nach fast dreijähriger Zoom-Zeit trafen sich am 29.07.2023 neun Vorstandsmitglieder persönlich zu einer Vorstandssitzung! Das war wirklich sehr schön, musste aber auch geübt werden - wir stellten fest, dass wir per Zoom viel konzentrierter und disziplinierter gearbeitet hatten. Der Vorstand war mehrheitlich der Meinung, dass Zoom-Treffen zeitlich und finanziell für den Verein vorteilhafter sind und es bei einem persönlichen Treffen pro Jahr bleiben soll. Aber darüber muss natürlich der neue Vorstand entscheiden, der im November in Bremen gewählt werden wird. Nicht alle derzeitigen Vorstandsmitglieder werden erneut kandidieren.
Vorbereitung der Mitgliederversammlung und VdS-Tagung in Bremen Eine Mitgliederversammlung erfordert einiges an Vorbereitung, so war die Konzent-ration der Vorstandssitzung vor allem auf die Organisation derselben ausgerichtet. Jede Mitgliederversammlung wird von einer VdS-Tagung begleitet, auch dieser Ablauf muss bis ins Detail ausgearbeitet werden. Dabei ist es üblich, dass der ausrichtende Verein, in diesem Fall die OlbersGesellschaft e.V., dabei hilft. Die Fachgruppe Astronomische Vereinigungen wird ihr Jahrestreffen dort am 17.11.2023 abhalten. In der schriftlichen Einladung werden außerdem astronomische Sehenswürdigkeiten vorgestellt, die eine Fahrt nach Bremen zusätzlich interessant machen.
tigste jährliche Veranstaltung der VdS, sind doch die Fachgruppen die Säulen, die das astronomische Geschehen vor Ort tragen und im Journal abbilden. Wenn der Himmel mitspielt, wird nachts gemeinsam beobachtet, als krönender Abschluss des arbeitsreichen Tages. Der persönliche Austausch unter den Leitern und Redakteuren ist enorm wichtig; dabei werden u.a. die zukünftigen Schwerpunktthemen der Journale besprochen und Manöverkritik an den zurückliegenden geübt. Die Sternwarte Kirchheim erweist sich jedes Jahr als herzlicher und engagierter Gastgeber.
Umweltfreundliche Druckerei Der Vorstand hat eine Druckerei gefunden, die das Journal klimaneutral herstellt und dabei lediglich 1% teurer als das bisherige Druckverfahren ist. Mit Journal 86 hielten die Mitglieder es erstmalig in ihren Händen und aufgrund der positiven Resonanz - auch in Bezug auf die Qualität der Bilder - wurde entschieden, bei der Druckerei ABT Print in Weinheim zukünftig zu bleiben.
Produkte der VdS Das Einsteigerbuch der VdS ,,ASTRONOMIE - IHR NEUES HOBBY" erfreut sich großer Nachfrage und wird nun in zweiter Auflage nachgedruckt. Es ist das erste Buch, welches die VdS selbst herausgibt, und es war eine gute Idee, die Autorenschaft in die Hände des Vorstandsmitgliedes Torsten Güths zu legen.
Aufgrund dieses Erfolgs hat der Vorstand weitere Werbemittel in Angriff genommen, die in Bremen vorgestellt werden! Lassen Sie sich dort positiv überraschen. Später werden einige dieser Produkte auf unserer Webseite dargestellt und können dort online gekauft werden.
Service für Sternwarten und Vereine Dieses Einsteigerbuch der VdS können Sternwarten und Vereine ab 10 Stück zu einem deutlich reduzierten Preis von der VdS erwerben und sich für ihre Mitglieder oder Besucher zusenden lassen, zum Verschenken oder zum Weiterverkauf. Wenden Sie sich an unsere Geschäftsstelle, Frau Annika Elsner, in Heppenheim!
Auf der Webseite der VdS, Fachgruppe Astronomische Vereinigungen, können Sie Referentenangebote für Vorträge in Ihrem Verein oder Ihrer Sternwarte finden. Klicken Sie sich da mal rein! Und, falls Sie selbst einen Vortrag anbieten möchten, können Sie auf dieser interaktiven Seite Ihren eigenen Vortrag selbst vorstellen.
Weiterer Service für spezielle Themenfragen steht Ihnen zusätzlich jederzeit durch die entsprechenden Fachgruppen zur Verfügung, deren Kontaktdaten Sie in jedem Journal finden können.
Sie sehen, bei uns ist immer viel los! Es grüßt Sie bis zum nächsten Mal Ihre VdS
Fachgruppentagung in Kirchheim Am 24. Juni 2023 fand das jährliche Fachgruppentreffen der VdS in Kirchheim statt. Von 19 Fachgruppen nahmen 15 live oder per Zoom teil. Diese Tagung ist die wich-
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Nach Redaktionsschluss
Mond bedeckt Venus am 9. November 2023
von Sven Melchert
Am Vormittag des 9. November, ein Donnerstag, wird der abnehmende Mond die Venus bedecken. Das Ereignis findet also am Taghimmel statt, doch bei ausreichend klarem Himmel sollte einer Beobachtung nichts im Wege stehen. Je nach Standort tritt Venus vor 11 Uhr hinter den Mond und taucht nach 12 Uhr an der anderen, unbeleuchteten Mondseite wieder auf.
Mond und Venus befinden sich am südwestlichen Himmel, zu Beginn der Bedeckung in 36 Grad, zu Ende der Bedeckung in 28 Grad Höhe. Eine Aufsuchkarte erübrigt sich wohl für dieses Ereignis, die Mondsichel wird man auf den ersten Blick finden, klaren Himmel vorausgesetzt. Kritischer sind die exakten Zeiten von Beginn und Ende der Bedeckung, die je nach Standort erheblich variieren. So beginnt die Bedeckung in Hamburg bereits um 10:47 Uhr MEZ, in München erst um 11:00 Uhr. Ähnlich verhält es sich mit den Austrittszeiten. Die Abbildungen unten zeigen neben einem Überblick links oben die Verhältnisse und Zeiten für einige große Städte kurz vor Bedeckungsbeginn. Wie immer bei solchen Ereignissen ist man aber gut beraten, sich die Situation für seinen Standort
in einem Planetariumsprogramm genau anzuschauen - und natürlich zeitig mit der Beobachtung zu beginnen.
Venus weist an diesem Tag eine Helligkeit von -4,4 mag auf, ist zu rund 60% beleuchtet und misst 20 Bogensekunden. Bei sehr guter Transparenz sollte es möglich sein, Venus neben dem Mond mit bloßem Auge zu entdecken. Ein Fernglas macht die Sache leichter, um ihre Phasengestalt zu sehen, benötigt man aber schon ein kleines Teleskop.
Für Übersichtsaufnahmen empfehlen sich Brennweiten ab 200 mm, kurz vor der Bedeckung kann man den Mond formatfüllend (ca. 1300 mm bei APS-C-Format, ca. 2000 mm bei Vollformat) einstellen. Die Planetenspezialisten werden natürlich noch längere Brennweiten mit einer Kamera für Planetenaufnahmen einsetzen und dazu einen möglichst dunklen Rotfilter verwenden, um den Kontrast zum hellen Taghimmelshintergrund zu erhöhen (siehe dazu auch ,,Einsatz von IR-Passfiltern bei Planetenaufnahmen" auf Seite 23). Dann ist die Herausforderung aber umso größer, die Venus beim Austritt zu erwischen. Wohl dem, der eine gut eingenordete Montierung nutzen kann.
Allen Beobachterinnen und Beobachtern klaren Himmel und gutes Gelingen mit der Venusbedeckung! Die Fachgruppe Planeten freut sich über Bildeinsendungen, sei es auf der Webseite der Fachgruppe (siehe Seite 6) oder per Mail an redaktion-planeten@ sternfreunde.de, damit wir die Aufnahmen im VdS-Journal bewundern können.
Tabelle 1
Venusbedeckung am 9.11.2023
Ort
Berlin Dresden Frankfurt/Main Hamburg Hannover Kassel Köln Leipzig München Stuttgart
Eintritt
10:51 10:55 10:53 10:47 10:49 10:51 10:50 10:53 11:00 10:57
Austritt
12:06 12:09 12:04 12:00 12:01 12:03 12:00 12:07 12:12 12:07
Zeitangaben in MEZ
Berlin 10:51:18 Uhr Dresden 10:54:48 Uhr
Hamburg 10:46:53 Uhr Kassel 10:51:23 Uhr Stuttgart 10:56:53 Uhr
Köln 10:50:43 Uhr Frankfurt 10:53:33 Uhr München 10:59:58 Uhr
1 Links oben: Pfad der Be-
deckung von Venus durch den Mond nach einer Vorlage von Occult 4; Mondbild: NASA/SVS. Die Detailansichten zeigen die Situationen für einige größere Städte kurz vor Bedeckungsbeginn; erstellt mit Guide 9.
Journal für Astronomie Nr. 87 | 5
Planetenbeobachtung
Zum Schwerpunktthema Planeten
von Maciej Libert
Die Planeten unseres Sonnensystems sind für viele Menschen ein Einstieg in die Erkundung des Nachthimmels. Viele erfahrene Amateur-Astronomen berichten nostalgisch von ihrem ersten Blick durch das Teleskop auf Jupiter oder Saturn und davon, welche Faszination der Anblick der galileischen Monde oder der Saturnringe auf sie ausgeübt haben. Nicht selten war die Begegnung mit Planeten der Beginn einer lebenslangen Leidenschaft für Astronomie. Mit dem Schwerpunktthema dieses Journals dürften sich daher Anfänger wie ,,alte Hasen" angesprochen fühlen. Auf den folgenden Seiten werfen wir erneut einen Blick auf unsere kosmische Nachbarschaft und widmen uns ganz den Wanderern am Himmel. Der Grund dafür ist vor allem der momentan günstige Zeitpunkt für Beobachtungen und Aufnahmen von Planeten. Während die letzten Jahre durch eher geringe Kulminationshöhen der Planeten und damit durch bescheidene Beobachtungsbedingungen von Deutschland aus gekennzeichnet waren, verbessern sich die Verhältnisse zunehmend. Bereits das Jahr 2022 bot uns günstige Beobachtungsperioden für Jupiter und Mars, bei der zahlreiche Planetenfreunde auf ihre Kosten kamen (s. a. die Bilderstrecke in diesem Heft). Dieser Trend setzt sich in den kommenden Jahren fort, insbesondere beim ,,König der Planeten", dem Jupiter, der 2023 eine Wiederholung seiner sehr guten Opposition von 2011 durchmacht. Sein beringter Nachbar Saturn lässt sich zwar noch mehr als zehn Jahre Zeit, bis er vergleichbare Höhen erklimmt, er zeigt aber in der Saison 2023 nochmal eine vergleichsweise gute Öffnung seiner Ringe. Eine günstige Gelegenheit, um neben den bekannten Ringteilungen auch nach dem Phänomen der Ringspeichen Ausschau zu halten. Auch das vermehrte Auftauchen von Stürmen ist durch den allmählichen Wechsel der Jahreszeiten auf Saturn sehr wahrscheinlich.
1 Die neue Webseite der Fachgruppe Planeten bietet auch eine Bilderdatenbank
- jeder kann mitmachen.
Hinzu kommt, dass die diesjährige SaturnOpposition in den späten Sommer fällt, was allgemein gute Beobachtungsbedingungen verspricht. Nicht zu vergessen ist die uns gerade bevorstehende exzellente Morgensichtbarkeit der Venus, mit einer maximalen Elongation am 23. Oktober.
Der verheißungsvolle Ausblick auf die kommenden Jahre hat wohl auch dazu geführt, dass die VdS-Fachgruppe Planeten momentan eine kleine Renaissance erlebt. Die Mitglieder tauschen sich vor allem über eine Mailingliste aus, die auf der Basis von Google Groups funktioniert [1]. Täglich werden hier Bilder von Planeten, aber auch von anderen Himmelskörpern des Sonnensystems wie der Sonne selbst oder von Kometen gezeigt und diskutiert. Man berät sich gegenseitig zu Fragen der Aufnahmetechnik und Bildbearbeitung und wertet die Beobachtungen aus. Es entstehen dabei mitunter Diskussionen und Ergebnisse, die sich auf einem sehr hohen fachlichen Niveau bewegen.
Daneben treffen sich Interessierte der Fachgruppe einmal pro Quartal zu einem Video-Meeting und seit 2022, dank der Initiative von Paul Hombach, wieder jährlich in Präsenz zu einer Fachtagung in Bonn. Außerdem wurde 2023 eine neue eigene Homepage aus der Taufe gehoben, auf der die Fachgruppe ihre Ergebnisse präsentieren und archivieren wird [2]. Ebenfalls findet man dort einen Wissensspeicher mit Themen, Artikeln und Erkenntnissen aus den Diskussionen rund um Planetenfotografie.
Die Artikel des Schwerpunktthemas in diesem Heft bieten einen kleinen Einblick in die Arbeit der Fachgruppe und sind sehr praxisorientiert aufgebaut. So berichtet Ralf Burkart ausführlich und von Grund auf über seine persönliche Herangehensweise und Methodik bei der Gewinnung von Planetenbildern - ein hervorragender Leitfaden für eigene Versuche und Experimente am Teleskop. Wolfgang Bischof gibt
6 | Journal für Astronomie Nr. 87
Planetenbeobachtung
Kulminationshöhe auf 50 Grad Nord
70 Grad Mars 16.1.25 Ø 14,5''
60 Grad
50 Grad
40 Grad
Jupiter
Mars 19.2.27 Ø 13,8''
Saturn
Mars 25.3.29 Ø 14,4''
30 Grad Mars 4.5.31 Ø 16,8''
Mars 19.11.37 Ø 18,7''
Mars 15.9.35 Ø 24,5''
20 Grad
Mars 28.6.33 Ø 21,9'' 10 Grad
Mars 2.1.40 Ø 15,3''
Mars 6.2.42 Ø 13,9''
Mars 11.3.44 Ø 14,0''
Mars 17.4.46 Ø 15,6''
Mars 3.6.48 Ø 19,5''
Mars 14.8.50 Ø 25,0''
2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 2031 2032 2033 2034 2035 2036 2037 2038 2039 2040 2041 2042 2043 2044 2045 2046 2047 2048 2049 2050 2051
2 Die Kulminationshöhen von Mars, Jupiter und Saturn bis Ende 2050. Für Mars sind nur die Oppositionstermine und der
scheinbare Durchmesser des Planetenscheibchens angegeben (VdS-Grafik).
uns am Beispiel Jupiter einen Einblick in multispektrale Erkenntnisse, die man bei der Verwendung von verschiedenen Filtern gewinnen kann. Kai-Oliver Detken beschreibt die Möglichkeiten und Grenzen bei der Verwendung von Infrarot-Filtern und nimmt darüber hinaus das Thema der atmosphärischen Dispersion samt Gegenmaßnahmen unter die Lupe. Einen etwas anderen Blick auf Jupiter gewährt uns Frank Theede mit seinem Artikel über Radio-Bursts. Wobei ,,Blick" eigentlich nicht richtig ist, denn obwohl man die Signale durchaus visualisieren kann, werden sie im hörbaren, langwelligen Wellenspektrum detektiert. Wer Jupiter noch nie gehört hat, wird über die Mitteilsamkeit dieses Himmelskörpers erstaunt sein. Das Schwerpunktthema wird mit einem Bericht von Ralf Burkart zu dem aus der Fachgruppe entstandenen Projekt zur Verbesserung der Seeing-Vorhersage für Planetenbeobachter und -fotografen abgerundet. Angelegt von Michael Theusner und Ralf Burkart als ein
Projekt aus der Praxis für die Praxis verspricht es, die Bedingungen am Himmel realistischer als die bisherigen, bekannten Modelle einzuschätzen.
Den Übergang zur Bilderstrecke macht ein Artikel zu den wichtigsten Ereignissen der aktuellen Jupiter-Saison. Die Zusammenstellung soll erfahrenen Amateur-Astronomen sowie Neuinfizierten Orientierung bieten und dazu motivieren, das Sofa zu verlassen und zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein: draußen unterm Sternenhimmel.
Wir wünschen Ihnen aus diesem Schwerpunktthema viele neue Erkenntnisse und Anregungen für die eigene Beobachtungspraxis. Vielleicht wird einer der Artikel erneut dafür sorgen, dass der Anblick eines Planeten eine neue, lebenslange Leidenschaft weckt.
Internethinweise (Stand 01.05.2023): [1] Mailingliste der Fachgruppe Planeten:
Zum Anmelden eine E-Mail mit dem Betreff ,,hinzufügen" an listmaster@ planeten-liste.de senden. [2] Webseite der Fachgruppe Planeten: https://planeten.vdsastro.de
Journal für Astronomie Nr. 87 | 7
Planetenbeobachtung
Meine Planetenwelt
von Ralf Burkart
Für mich ist Planetenfotografie ein bisschen wie Angeln und Wellenreiten zugleich. In manchen Nächten passiert gar nichts, ich schaue stundenlang auf den Schwimmer, will sagen auf ein unscharfes Planetenscheibchen, und ich gehe ohne Fang nach Hause. An anderen Tagen merke ich schon beim Ausrichten des Teleskops, dass das Seeing außergewöhnlich gut ist. Das sind Momente, in denen ich Herzklopfen bekomme und hoch konzentriert versuche, alle Erfahrungen aus vergangenen Nächten anzuwenden, denn die gute Situation kann auch ganz schnell wieder vorbei sein, und ich will diese eine perfekte Welle abreiten, so lange und so gut und so effektiv, wie es geht.
Ich bin übrigens weder Angler noch Surfer, aber beiden Aktivitäten ist gemein, dass der Erfolg nicht planbar ist. Nicht planbar, aber dennoch ist es kein Glücksspiel, denn man kann durch Sachverstand, sorgfältiges Handeln, und vor allem durch das Vermeiden von Fehlern die Statistik zu seinen Gunsten beeinflussen.
Hier beschreibe ich meinen Weg, wie ich zu guten Planetenfotos komme. Es gibt andere Wege, bessere und schlechtere, und selbst ich ändere zuweilen meine Richtung. Gerade das ist aber für mich ein sehr großer Reiz in der Planetenfilmerei, denn hier kann man noch einen neuen Weg beschreiten, noch selbst Erkenntnisse sammeln und nicht nur nachlesen, denn im Gegensatz zur DeepSky-Fotografie haben wir keine großen Brüder, denen wir nacheifern, schließlich arbeiten die echten Planetenprofis anders, und die Amateurszene ist zu klein, als dass nicht doch immer mal wieder etwas Neues versucht wird, das zu mehr Erfolg, also zu schärferen Planetenbildern führen kann.
Eine erfolgreiche Planetennacht beginnt bei mir mit dem Blick in meinen Terminkalender und der Frage, ob ich am Morgen
1 Zwei unscharfe Sternscheibchen. Links schlechtes Seeing, rechts gutes Seeing.
noch zu ein paar Stunden Schlaf kommen kann, denn in aller Regel wird die Nacht lang werden. Als Morgenmuffel gelingt es mir nur äußerst selten, frühmorgens aufzustehen, stattdessen bleibe ich also wach, belichte Deep-Sky-Bilder oder warte einfach ab, bis die Planeten hoch genug stehen. Schon oft habe ich mir gewünscht, dass sich die Erde andersherum drehen würde und die Planeten am Abendhimmel zuerst sichtbar würden, aber das wäre nur der halbe Erfolg, denn nach einer nicht repräsentativen Stichprobe, die nicht nach wissenschaftlichem Standard erstellt wurde, habe ich festgestellt, dass von den 10 besten Planetenbildern, die ich spontan im Internet fand, neun nach Mitternacht entstanden sind. Dasselbe gilt für meine eigenen ,,Best of ". Die Gründe liegen in einer besseren Angleichung des Teleskops an die Umgebungstemperatur und an allgemein ruhigerer Luft in den unteren Luftschichten. Vergegenwärtigt man sich, dass es im Laufe einer Nacht zu Temperaturgradienten von 20 Grad C und mehr kommen kann, dann belächelt man so manchen gut gemeinten Tipp. Egal, ob es heißt, man solle sein Teleskop zwei Stunden oder auch mal drei Stunden auskühlen lassen. Unter bestimmten Bedingungen erreicht der Spiegel oder die
Linse nie - oder eben erst in der zweiten Nachthälfte - die Umgebungstemperatur, denn diese sinkt ja weiter ab und das optische System hinkt immer hinterher. Mag sein, dass normalerweise ein Temperaturunterschied von ein oder zwei Grad nicht viel ist, für die optische Leistung eines Spiegels sind das aber Welten. Und nicht nur das Teleskop bleibt noch lange wärmer als die Luft, auch Asphalt, Gehwegplatten, Mauern und Teleskop-Fundamente brauchen lange, um ihre Wärme abzugeben, und wenn sie das tun, dann verwirbeln sie die unteren Luftschichten, und das ist niemals gut. Ich gebe zu, dass es schon etwas merkwürdig aussieht, wenn ich vor einer Beobachtung erst einmal das Betonfundament und die Gartenwege mit einer Gießkanne beregne. Die Nachbarn fragten auch schon, ob ich glaube, dass das Teleskop noch wachsen würde, aber der Effekt ist unbestritten, erst recht, wenn ich einen Tischventilator dazu stelle und die Verdunstungskälte nutze, um den Tubus mit etwa 2 Grad C kühlerer Luft zu umspülen.
Die Sache mit dem Seeing Das Studieren von Wetterkarten gehört für mich zur Astronomie wie eine Tauschutzkappe. Es geht auch ohne, aber es
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Planetenbeobachtung
2 Zur Justage muss
der Stern in die Richtung bewegt werden, die am dunkelsten ist, bzw. dorthin, wo der Ring am breitesten ist.
Miete. Was ich aber immer sehen kann, ist ein Gekräusel und ein Wabern. Ihr vermutet richtig, schnelle Veränderungen sind schlecht, langsame sind besser. Sehe ich auf Anhieb Beugungsringe, dann pocht mein Herz wie bei meinem ersten Date. Und dann heißt es, genau wie damals, bloß keine Fehler machen. Gerne vergesse ich in so einer Situation schon mal die Justage, die ich eigentlich immer mache, manchmal sogar zweimal in einer Nacht.
hilft. Als Planetenfotograf bin ich natürlich besonders an den Seeingbedingungen interessiert. Da ich keine glaubwürdige Seeingvorhersage kenne, leite ich mir einige Faktoren selbst her. Vielleicht wird das eines Tages besser (s. a. den anderen Beitrag zu diesem Thema hier im Heft), aber im Moment bin ich noch auf eigene Spekulationen angewiesen. Positiv bewerte ich sehr ruhige untere Luftschichten, am besten Windstille. Dann schaue ich mir die darüberliegenden Schichten an und deren Trajektorien, also die Richtungen, aus denen sie wehen. Kommen sie alle aus mehr oder weniger gleicher Richtung, so bewerte ich das positiv. Manchmal aber wehen die Winde in hohen Luftschichten genau aus entgegengesetzter Richtung, das wirft dann Fragen auf. Den Jetstream betrachte ich auch, seine Geschwindigkeit hat aber in meiner subjektiven Beurteilung nicht die größte Bedeutung. Und wenn dann alles passt, dann ist eine erfolgreiche Nacht angesagt. Wenn es nicht so gut aussieht, denn gehe ich oft trotzdem raus, denn erstens: ,,man kann nie wissen", und zweitens: ,,alles ist relativ".
Man könnte nun meinen, am Anfang einer Session gehöre mein erster Blick den Sternen und ihrem Funkeln, aber das stimmt nicht, mein erstes Ohr gehört der nahegelegenen Autobahn A40 und ich schließe
dabei die Augen. Kann man gutes Seeing hören? Ich sage ,,ja". Ist das Rauschen gleichmäßig und ruhig, dann habe ich Chancen auf eine gute Nacht. Kommt das Rauschen schwallartig an, dann ist es noch zu früh oder ich habe einfach Pech. Glück und Pech gleichzeitig habe ich mit einer Reihe großer Pappeln in meiner Umgebung. Pech, weil sie mir meinen Himmel deutlich verkleinern, aber Glück, weil sie recht zuverlässige Windindikatoren in der Höhe bis 30 m sind. Der leiseste Wind erzeugt ein Rauschen der Blätter und ich habe eine deutliche Korrelation zwischen Blätterrauschen und schlechtem Seeing festgestellt. Aber auch hier gilt natürlich, dass sich alles auch ganz schnell ändern kann. Erst jetzt sind die Sterne dran. Flackern sie bis auf 45 Grad Höhe oder noch höher, so interessiert mich das nicht. Mich interessiert nur, wie schnell sie flackern. Ein langsames Flackern bedeutet oft gutes Planetenseeing.
Das alles passiert quasi nebenbei, wenn ich mich auf die Nacht vorbereite, wirklich spannend wird es, wenn ich das erste Mal durchs Okular schaue. Für das Alignment meines GoTo-Dobsons muss ich einen hellen Stern einstellen, diesen belasse ich unscharf und schaue mir die flächigen Bereiche an. Kann ich da ansatzweise Ringe sehen (Abb. 1)? Das wäre schon die halbe
Die Justage Ich erlebe immer wieder, dass die Leute großen Respekt davor haben, einen Newton zu kollimieren. Das ist auch gerechtfertigt, wenn man das Ding komplett auseinandergebaut hat, aber bei mir ist nur noch eine Feinjustage nötig, und die mache ich in einer Minute mit zwei Justierschrauben am Hauptspiegel (das sind drei, ich weiß). Zwei deshalb, weil ich so verhindern kann, dass mir der Spiegel eines Tages wegkippt, weil alles lose ist. Ich gehe wie folgt vor: Ich baue alles so an, wie ich auch den Planeten filmen würde, und schaue mir den Stern auf meinem Laptop an. Bei sehr tief stehenden Planeten schaue ich auch einen tief stehenden Stern an. Der ist unscharf und zeigt in der Mitte den Fangspiegelschatten. Ist der einigermaßen mittig? Wenn ja, dann ist alles gut und ich fokussiere weiter in Richtung Fokuspunkt. Und was ist mit dem berühmten Offset? Der wird von mir ignoriert. Solange der Fangspiegelschatten mittig ist, ist alles gut und ich fokussiere weiter. Der Stern wird kleiner und die flächigen Bereiche immer enger. Diese verdichten sich kurz vor dem echten Fokuspunkt zu einem Ring. Dieser wabert und zappelt natürlich herum, aber meine Augen können trotzdem zwei Parameter beurteilen. Erstens, ist die mittige Verdunkelung wirklich mittig? Und zweitens, hat der Ring eine hellere Seite (Abb. 2)? Überraschenderweise, oder eben auch nicht, ist dies dann die Seite, zu
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Planetenbeobachtung
3 Ein gut justiertes Teleskop zeigt das Sternscheibchen symmetrisch, auch kurz
vor dem Schärfepunkt sieht man im Mittel einen Ring. Die Luftunruhe deformiert diesen Ring aber oft stark.
4 Ausbrüche oder
Fähnchen bei einem ansonsten runden Sternscheibchen deuten auf thermisches Ungleichgewicht hin.
der sich auch der Fangspiegelschatten hingezogen fühlt. Mich aber interessiert die andere Seite, die dunkle Seite ist es, über die ich die Macht erlangen will, und das mache ich mithilfe der beiden Justierschrauben am Hauptspiegel. Bewege ich eine Schraube, so bewegt sich auch der Stern auf meinem Laptop. Mit ,,vor" und ,,zurück", mit ,,beide" oder ,,einzeln" versuche ich, den Stern in Richtung der dunklen Seite zu bewegen. Wenn ich den Stern mit der Teleskopsteuerung wieder mittig ins Gesichtsfeld bringe (das ist sehr wichtig), dann ist die dunkle Seite etwas heller geworden und die hellere etwas dunkler. Manchmal muss ich das Ganze öfter wiederholen, doch am Ende ist der Ring in alle Richtungen etwa gleich hell (Abb. 3). Das ist wichtig: zur Beurteilung muss der Stern auf der optischen Achse in der Bildmitte stehen. Sehr dumm ist es, wenn der Stern dabei eine Art Ausbuchtung bzw. ein Fähnchen zeigt, also fast schon zu einem winzig kleinen Kometen wird (Abb. 4). Testet mal kurz die Rich-
tung, in der sich der Schweif befindet, indem ihr eure Hand vors Teleskop haltet. Verzerrt sich der Stern weiter in dieselbe Richtung? Genau, es ist warme Luft, die am Hauptspiegel (bei SCs auch gerne an der Schmidtplatte) aufsteigt. Das Thema hatten wir ja schon.
Eine sorgfältige Analyse des Sternscheibchens und des fokussierten Sterns ist so etwas wie das ,,große Blutbild" des Teleskops, aber auch der Beobachtungsbedingungen. Man kann hier wirklich fast alles ablesen.
Zwei Kameras im Wechsel Nun geht es aber endlich zum Planeten. Ich gehöre wohl zu den wenigen Astrofotografen, die kein Filterrad besitzen. Stattdessen habe ich zwei Kameras, eine Farbkamera und eine Monokamera. In meinem Fall eine ASI178MM und eine 178MC. Wenn das Seeing außergewöhnlich gut ist, dann klemme ich die Farbkamera an, und die läuft und läuft und läuft. Ich muss
nichts weiter machen. Die Aufnahmesoftware macht dann z. B. bei Jupiter jeweils ein 30-sekündiges Video, eines nach dem anderen. In der Regel sieht es aber anders aus und das Seeing ist mäßig bis vielleicht gut. Dann klemme ich auch zuerst meine Farbkamera an, aber nach zwei Minuten wechsle ich zur Monokamera mit rotem Kantenfilter und belichte etwa 10 bis 20 Minuten. Danach wieder die Farbkamera für zwei Minuten. Diese sind dann schon wieder die ersten zwei Minuten für die nächste Serie, und so geht es weiter. Bei der späteren Verarbeitung bringe ich die beiden Farbbilder, die meist deutlich schlechter sind, zur Deckung. Ebenso verfahre ich mit den Mono-Rotbildern. Von dem Farbbild wird später lediglich die reine Farbinformation genutzt, nur das Rotbild wird zur Darstellung der Luminanz verwendet. Ein R(RGB) ist so entstanden. Mit IR(RGB), also einer noch längeren Wellenlänge, habe ich keine wirklich guten Erfahrungen gemacht und setze diese Technik nur sehr speziell ein. Jetzt könnte man meinen, bei sehr guten Bedingungen würde ich vielleicht auch ein G(RGB) kombinieren, die kürzere Wellenlänge erzeugt schließlich (wenn das Seeing mitspielt) ein schärferes Bild; das mache ich auch, aber anders. Das erledigt nämlich meine Farbkamera automatisch. Habe ich nur die Farbkamera am Start, dann besteht zu 70 % die Luminanz aus dem Grünkanal. Dazu kommen noch 25 % Rot und 5 % Blau. Der geringe Blauanteil in der Luminanz kann schon mal stören, vor allem, wenn man bläuliche Wolken auf Mars darstellen will. Aber auch ein R(RGB) gibt die Farbverhältnisse nicht perfekt wieder. Gerade bei Jupiter wird der GRF blass und die Äquatorbänder verlieren ihre Dominanz. Einen Tod muss man halt sterben. In gewisser Weise wäre ein gefiltertes RGB mit jeweils 33 % Anteil ,,echter", aber es gibt bei meiner Vorgehensweise auch entsprechende Vorteile. Für unbedeutend hingegen halte ich die Aussage, dass
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Planetenbeobachtung
eine Farbkamera eine höhere Brennweite benötigt.
Optimale Brennweite Nun sind wir schon bei der Brennweite. Mein optisches System arbeitet bei einer Blendenzahl, die knapp das 5-fache der Sensorpixelgröße beträgt. Zu kompliziert? Ich arbeite bei f/12. Das sagt aber nicht viel aus, denn bei einer Sensorpixelgröße von 5 m wäre das zu wenig (vermutlich), und bei meinen 2,45 m ist das wohl ganz brauchbar. Ihr könnt Euch denken, was ich von Aussagen halte, dass man für gute Planetenbilder f/20 oder f/30 braucht. Es gibt aber Leute, die vehement vertreten, dass man auch bei zweifacher Pixelgröße auflösungsbegrenzt arbeiten kann, und es gibt Leute, die lieben die wirklich langen Brennweiten. Wie ich eingangs schon sagte, die Szene ist so klein, dass es mehrere Wahrheiten gleichzeitig gibt.
Dasselbe gilt übrigens auch für die Einzelbelichtungszeit. Wenn möglich, nutze ich etwa 10 bis 15 ms. Es gibt aber Beobachter, die schwören darauf, dass das Seeing bei Zeiten um etwa eine Millisekunde pro Einzelbild noch besser eingefroren wird. Der Kollege macht Superbilder, ich kann nicht sagen, dass er Unrecht hätte, aber bei mir ist es anders.
Gerade dann, wenn das Bildfeld verkleinert wird, kommt man teilweise auf enorme Bildraten. 700 Bilder pro Sekunde sind möglich. Mein Versuch, bei 10 ms Einzelbelichtungszeit auf 200 Bilder/Sekunde zu kommen, wollte aber einfach nicht funktionieren. Umgekehrt, bei 5 ms und 100 fps, verschenkt man natürlich einiges an Photonen.
Dass ich eine Barlowlinse benutze, ist sicher schon klar geworden, erwähnen muss ich noch, dass ich immer einen ADC im Strahlengang habe, um die Brechung der Atmo-
sphäre zu korrigieren. Bei der Farbkamera ist das absolut notwendig. Bei den Monobildern mit Filtern und hochstehenden Planeten nicht ganz so sehr, aber ich lasse das Teil auch dann einfach immer drin.
Die Aufnahmen Nun laufen die Belichtungen und ich schaue mir das Live-Bild an. Sehr schön sehe ich dann, wie sich die Bedingungen innerhalb von Sekunden ändern können, und ist das Bild einmal längere Zeit sehr scharf, dann mache ich auch gleich - parallel - einen Teststack. Zu oft ist es mir passiert, dass ich dachte ,,tolles Video, ist später bestimmt ganz scharf " und es war gar nicht so, oder aber auch andersherum, wenn ich meine Serie abgebrochen hatte, weil ich dachte, das wird nichts mehr, und später sehen musste, dass gerade die letzten Bilder die besten waren.
Das Fokussieren erledige ich übrigens während der Aufnahmen, und das recht häufig. Witzigerweise ist es so, dass ich überhaupt keine Probleme habe, wenn das Seeing gut ist. Ist es mäßig oder schlecht, dann eiere ich immer vor und zurück. Es hat sich bei mir sogar eine Logik etabliert, die besagt, je besser ich fokussieren kann, umso schärfer wird später das Bild.
Nun sitze ich da und genieße den Augenblick. Das sollte man nicht vergessen, auch das gehört dazu. Der Igel, der sich anhört, als sei er ein Wildschwein, ein einzelnes Blatt, das im Wald herunterfällt, das Schnauben der Pferde, die Lichter der Nachbarn, die angehen, wenn sie frühmorgens zur Schicht müssen, aber auch die kalte klare Luft und viele weitere, scheinbar unbedeutende Erlebnisse gehören für mich zu einer perfekten Nacht dazu.
Zufrieden, aber oft mit kalten Händen und Füßen, genehmige ich mir dann gerne noch ein Gute-Nacht-Bier. Die Zeit kann
ich natürlich auch noch nutzen, um schon mal zu sehen, was ich so alles eingefahren habe, und wenn ich nicht aufpasse, dann dauert die Nacht noch zwei Stunden länger. Das Stacken erledige ich im Batch-Modus, meist über Nacht, denn das sind oft mehrere hundert Filme.
Das Stacken Welche Verwendungsrate nehme ich? Das ist ein komplexes Thema und ich muss etwas ausholen. Das böseste Wort in der Planetenfilmerei ist für mich der Begriff ,,Lucky Imaging". Ich nenne ihn hier auch nur einmal und danach nie wieder. Mag sein, dass der Begriff früher mal passend war, aber er hat in meiner Welt keine Berechtigung mehr, denn es ist heute so, dass wir beim Stacken eine aktive und sogar eine adaptive Optik simulieren, nur so kommen wir an das theoretische Auflösungsvermögen unserer Teleskope heran. Wer aber nur die ,,glücklichsten Bilder" aussucht, der hat schon verloren. Machen wir ein Gedankenexperiment: Wird das Bild besser, wenn wir nur die besten 50 % verwenden? Die meisten Leute würden sagen ,,ja". Wird das Bild besser, wenn wir nur 25 % verwenden? Oder 10 %? 1 %? Dieser Logik folgend, könnte man das beste Einzelbild heraussuchen, und man wäre ein ,,Lucky Planetenfotograf ". Wo liegt der Fehler? Meine Antwort: im Signal-zu-Rausch-Verhältnis, kurz SNR. Die Deep-Sky-Fotografen kennen den Begriff schon länger. Beim Stacken reduzieren wir das (zufällige) Rauschen und das (nicht zufällige) Signal wird dadurch herausgehoben. Am Ende haben wir einen Abstand vom Signal zum Rauschen. Das ist gewollt, denn damit kann man etwas anstellen. Entweder man streckt das Bild, um schwächere Details zu zeigen (Deep Sky), oder man kann es schärfen. Ich verstehe Schärfen als eine Kontrastanhebung auf sehr kleinen Skalen. Nehmen wir das Ein-Prozent-Bild, dann ist kaum eine
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Planetenbeobachtung
5 Ein fokussierter Stern bei gutem Seeing und bei schlechten
Bedingungen. Je ein Stack von 100 Bildern.
Schärfung möglich. Nehmen wir hingegen 50 % aller Bilder, so ist das SNR deutlich besser, man kann stärker schärfen und sieht mehr Details. Ich habe oft genug Testreihen gemacht, allenfalls sind die Bilder gleich gut, aber häufig ist die höhere Verwendungsrate, kombiniert mit einer stärkeren Schärfung, im Vorteil, und dies gerade bei kontrastarmen und flächigen Bereichen auf Planeten.
Und jetzt kommt das große ABER: Sind die Bedingungen schlecht und wird eine punktförmige Lichtquelle (Stern) als weicher Wattebausch abgebildet, so ist es sinnvoller, die kleinsten Wattebäusche auszusuchen, sprich, eine kleine Verwendungsrate zu nutzen. Die daraus resultierende Frage lautet: Ab wann ist es besser, eine kleine Verwendungsrate zu nutzen, und ab wann ist es besser, eine größere zu verwenden, und warum ist das überhaupt so? Dazu muss man sich einen Stern anschauen, nicht den Stern selbst, sondern seine Abbildung im Teleskop. Diese zeigt ihn nicht einfach als Punkt, sondern als eine mehr oder weniger große Fläche, bestehend aus Ringen, den Beugungsringen (Abb. 5). Unter sehr guten Bedingungen oder bei kleineren Teleskopen kann man diese Ringe auch live, durch das ,,Seeing-Gewabere" hindurch erkennen. Warum aber rede ich hier über Sterne und nicht über flächige Planeten? Ganz einfach, weil eine Fläche aus endlos vielen Einzelpunkten besteht, und ein Stern ist so ein Einzelpunkt. Auf die Fläche verteilt, sieht man natürlich keine Beugungsmuster mehr, aber sie geben trotzdem die Größe für die kleinsten darstellbaren Details vor. Diese liegt, vereinfacht beschrieben, bei der
Größe des zentralen hellen Punktes. Dieser wird von einem dunklen Ring umrandet, dem ersten Minimum, und einem zweiten Ring und weiteren Ringen. Das erste Minimum hilft uns sehr, die zentrale Aufhellung zu erkennen, erst recht, wenn wir das Bild schärfen, also alle Werte überhöhen, ist es klar begrenzt. Zurück zu unseren Wattebäuschen, da gibt es kein erstes Minimum, in der Folge können wir auch nicht viel überhöhen, und was bleibt, sind große Stern-Bildpunkte und kleine SternBildpunkte, also macht es hier Sinn, nur die Bilder mit den kleinen Durchmessern auszuwählen. Man könnte es ,,Lucky ..." nennen, nein, ich sag`s nicht.
In meiner Praxis sieht das so aus. Wenn ich nicht glaube, an das Auflösungsvermögen meines Teleskops zumindest ansatzweise heranzukommen, dann lasse ich es eh. Also liegt meine Verwendungsrate oft bei 70 %. Gerade bei Tagaufnahmen (Venus, Merkur, Sonne) nutze ich aber kleinere Verwendungsraten, oft 10 % oder 20 %, da ich hier meine 16 Zoll praktisch nie komplett ausreizen kann.
Das Schärfen Und nun kommt der für mich spannendste Moment in der Bildbearbeitung, die Schärfung. Ich erinnere mich noch an meine Schulzeit, in der ich im Fotolabor unter Rotlicht auf ein weißes Blatt gestarrt habe und wartete, bis dort langsam ein Bild entstand. Das war für mich ein magischer Moment, und so ähnlich empfinde ich das bei der Schärfung von Planetenbildern. Hier entsteht zum ersten Mal ein echtes Bild. Die Abbildungen zuvor waren kaum voneinander zu unterscheiden, aber nun sehe ich, was wirklich an Details in dem Material steckt. Vielleicht ist es sogar dieser Um-
stand, dass meiner Meinung nach die Bedeutung der Schärfung überschätzt wird. Natürlich muss man richtig schärfen, Fehler sollte man nicht machen, aber am Ende holt man das heraus, was drinsteckt, nicht mehr. Wie viel drinsteckt, das haben die obigen Faktoren bestimmt, einen Geheimtipp kann ich hier also leider nicht weitergeben. Es gibt so viele Schärfungsmöglichkeiten und Tools, teilweise speziell auf Planetenfotos zugeschnitten, und was mache ich? Ich schärfe in Photoshop mit ,,unscharfer Maskierung", dem wohl einfachsten Tool von allen. Das Ganze läuft wieder automatisch ab, bei zum Teil 300 Bildern ist das eine echte Erleichterung. Ich richte in Photoshop eine ,,Aktion" ein und wende diese dann auf einen ganzen Ordner an. Nach zwei Minuten habe ich einen weiteren Ordner mit lauter geschärften Bildern. Ich reize die Grenzen noch nicht ganz aus, aber ich schärfe so weit, dass ich leicht ein Rauschen erkennen kann. Rauschen, wo kommt das her? Ich habe das SNR aufgebraucht und mein Signal-Rausch-Abstand ist wieder recht gering geworden, dafür sehe ich jetzt aber feinere Details. Meine eingestellten Werte lassen sich natürlich nicht verallgemeinern, aber es gibt eine Grundregel. Den Radius so gering wie möglich und so groß wie nötig halten. Und bei der Stärke klotze ich rein, bis ich das Rauschen sehe, und wenn 500 % nicht reichen, dann wird der Regler noch mal erneut benutzt. Den dritten Schieber ,,Schwellenwert" lasse ich bei ,,0" stehen. Jetzt kann ich mir einen Kaffee oder ein Bier holen und genieße es, die besten Sequenzen herauszusuchen. So ein 30-Sekunden-Bild zeigt schon sehr viele Details und ist dem fertigen Bild später oft nur wenig unterlegen (Abb. 6).
Jetzt muss ich aber auch noch etwas zu den ganzen anderen Schärfungsmethoden sagen. Halte ich diese für überflüssig? Nein, sie machen schon Sinn, und bei einem di-
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Planetenbeobachtung
6 Ausschnitt einer Aufnahmeserie von Mars. Jedes Bild wurde gleich belichtet und bearbeitet.
Gutes Seeing kann ganz spontan auftreten, und genauso schnell kann es wieder verschwinden.
rekten Vergleich sehen die Bilder oft sogar besser aus. Der Grund: diese Filter, oder besser Algorithmen, arbeiten geschickter und versuchen, die Form unseres Sternscheibchens zu berücksichtigen. Was wir von diesem brauchen, ist ja nur das hellere Zentrum, die Ringe stören und machen das Bild weicher. Zur Erinnerung, ein Planet besteht aus lauter ,,Stern-Punkten". Ein Schärfungsalgorithmus in Form eines mexikanischen Hutes berücksichtigt das zum Beispiel. Am Rand wird wenig geschärft und zur Mitte hin das Zentrum betont, passt also. Auch die häufig verwendeten WaveletFilter arbeiten so, nur muss man da als Bildbearbeiter selbst Entscheidungen treffen, und das sind viele. Zu viele für mich, aber hat man gute Einstellungen gefunden, dann arbeitet auch diese Schärfung ähnlich gut. Noch geschickter arbeiten die Deconvolution-Filter. Wenn wir wissen, was unser optisches System aus einer punktförmigen Lichtquelle macht, dann können wir diese Informationen ja sozusagen zurückrechnen. Man kann hierzu einen Stern konstruieren, oder noch eleganter, man filmt
einen Stern, der schön seine Ringe zeigt, und nutzt diesen dann als Blaupause für die Schärfung. Das habe ich auch längere Zeit gemacht. Der Aufwand war hoch, aber der Erfolg lag im Bereich der subjektiven Wahrnehmung einer guten Wavelet-Schärfung. Gegenüber meiner einfachen PhotoshopSchärfung zeigten diese Bilder etwas mehr und sie rauschten auch weniger. Nun, Ihr könnt es Euch denken, verschenken will ich diese Details natürlich auch nicht. Ich mache das deshalb etwas anders, ich gehe sozusagen zwei Schritte vor und einen wieder zurück. Es gibt nämlich auch Wavelet-Glättungsfilter. Im Grunde ist meine Schärfung dann doch wieder wie jede andere, denn ich schärfe stark und dann glätte ich die äußeren Bereiche, also die ,,Hutkrempe", mit eben jenen Glättungsfiltern (Abb. 7). Besser ist das alles nicht, und ich hoffe, es ist auch nicht schlechter. Hatte ich schon erwähnt, dass ich die Bedeutung der Schärfung für überbewertet halte? Und doch habe ich in meinem Leben mehr Zeit mit Schärfungsexperimenten bei Planeten verbracht als mit allen anderen Bearbeitungen zusammen,
inklusive stundenlanger Belichtungen. Das Wetter ist halt oft schlecht. Derotieren Habe ich nun einige Bilder in Folge, die schön scharf sind, so möchte ich diese natürlich auch überlagern, das verbessert das Signal-Rausch-Verhältnis erneut und ich kann weiter schärfen, wenn auch jetzt nicht mehr ganz so viel. Dumm ist nur, dass sich die Planeten drehen. Deshalb habe ich die
7 Schematische Darstellung eines
mexikanischen Hutes und eines Sterns mit Beugungsringen.
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Planetenbeobachtung
8 Eines meiner schönsten
Jupiterbilder.
einzelnen Aufnahmen auch nur 30 Sekunden lang gefilmt (bei Jupiter), bei Mars und Saturn sind es oft 60 Sekunden, denn selbst in dieser kurzen Zeit ist die Rotation schon erkennbar. In der Literatur findet man häufig den Wert von 90 Sekunden, die man problemlos belichten könne, aber das ist nur eine grobe Mittelung. Ich selbst sehe bei Jupiter eine Rotation bereits nach 10 bis 15 Sekunden. Das macht noch kein unscharfes Bild, aber erkennbar ist es schon. Bei geschickter Verwendung der Ausrichtungskästchen kann man sogar noch deutlich länger belichten, ohne Einbußen der Bildqualität befürchten zu müssen. Bei Jupiter ist es mir bis zu vier Minuten gelungen, bei Mars sogar bis zu 20 Minuten. Aber warum der ganze Aufwand, es geht viel schneller und einfacher, und zwar mittels Derotation. Ich habe schon Leute erlebt, die bereits bei der Nennung des Wortes aufgegeben haben, dabei ist es denkbar einfach. Mein typischer Arbeitsablauf bei der Derotation sieht so aus: Bild öffnen - Bild speichern - Bild öffnen - Bild speichern ... usw. In fünf Minuten habe ich so 30 Bilder oder mehr ausge-
messen. Dann muss ich noch die entstandenen 30 Ausmessungsdateien auswählen, auf ,,Start" klicken, und in wenigen Sekunden habe ich das fertige Bild in meinem Ordner.
Ich kann aber gut nachvollziehen, dass man mit dem Programm Startschwierigkeiten hat, so ging es mir nämlich auch. Ich hatte mir das Programm WinJupos heruntergeladen und war zunächst etwas erschlagen von den vielen Reitern und Möglichkeiten. 95 % der Funktionen benötigen wir aber gar nicht, die dienen der Vermessung von Details auf der Planetenkugel. Die Derotation ist fast schon so etwas wie ein Nebenprodukt. Ja, und dann saß ich davor und wollte ein Bild öffnen. Ging aber nicht, da gab es kein ,,open". Beim nächsten Stammtisch hat mir das jemand erklärt. Ich habe es nur einmal gesehen, aber danach konnte ich alles derotieren, was ich wollte, ich habe es sogar einmal mit einem Hausschuh versucht (interessantes Ergebnis). Von da an waren meine Planetenbilder im Schnitt doch eindeutig besser. Und wie öffnet man nun ein Bild? Mein Geheimtipp: unter ,,Datenerfassung" und dann ,,Bildausmessung". Zuvor müssen wir aber noch einen ganz kleinen Schritt zurück machen, und zwar zu unse-
9 Der Autor bei der Arbeit (hier allerdings ohne Barlow und ohne ADC).
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rem Aufnahmeprogramm. Dort kann man nämlich einstellen, wie die Videos benannt werden sollen. Zum Beispiel als Datum im europäischen Format oder im amerikanischen. Und dort gibt es doch glatt die Einstellung ,,WinJupos-kompatible Dateinamen erstellen" ..., klick. Nun öffne ich so ein Bild in WinJupos. Ich sehe jetzt das Bild und eine Maske. Beim ersten Bild passt die Maske vermutlich nicht mit dem Bild überein, deshalb muss ich einmal den Planeten einmessen, also die Maske passend zum Planeten ausrichten. Das geht über ,,Justieren" und die Steuertasten auf der Tastatur. Drehen kann man die Maske übrigens mit ,,P" und mit ,,N". Der aufmerksame Beobachter wird feststellen, dass das Datum bereits korrekt übernommen wurde. Klicke ich nun auf ,,Speichern", so wird neben meinem Bild im gleichen Ordner eine Datei abgelegt. Das nächste Bild kann ich nun, oh Wunder, mit ,,Bild öffnen" laden. Die Maske stimmt, die Zeit stimmt und ich kann es wieder speichern. Ich gebe zu, dass ich bei mir noch ein kleines nerviges Problem ha-
be. Ich arbeite nämlich mit einem Dobson und da der nur azimutal nachführt, habe ich eine Bildfelddrehung meiner Bilder. Ich muss also tatsächlich jedes zweite oder dritte Bild noch mal neu einmessen und die Rotation korrigieren. Aber am Ende habe ich auch all diese schönen Ausmessungsdateien neben den eigentlichen Bildern liegen. Bei ,,Werkzeuge" lese ich diese dann ein und sage ,,Derotation von Bildern". Das wars.
Finale Das fertige Bild kann ich nun noch weiter bearbeiten, es wird geschärft, entrauscht, nochmal etwas nachgeschärft, die Farbe etwas besser eingestellt, etwas gedreht, damit Norden auch oben ist, oder soll Norden unten sein? Egal. Dann noch etwas die Farbe, ach nee, wieder zurück. Ihr kennt das.
Und dann kommen neuerdings diese intelligenten Entrauschungs- und Schärfungstools dazu. Ich empfinde sie als Fluch und Segen zugleich. Der Fluch ist schnell beschrieben, denn sie bringen manchmal
Details in Bilder, die gar nicht da sind. Da finde ich doch bei einem drittklassigen Handyfoto von Saturn eine Encke-Teilung oder einen Fisch in einem Deep-Sky-Nebel oder Bäume und Büsche im Orionnebel. Auf der anderen Seite wirkt das Bild nach einer vorsichtigen Bearbeitung oft subjektiv schärfer oder ,,knackiger". Ich sehe da keine falschen Details, die hinzukommen, somit ist die Wirkung positiv. Die Entscheidung muss ich ganz allein treffen. Ich darf sie ganz allein treffen, denn wir Planetenfilmer haben keine großen Brüder, die uns den Weg vorgeben.
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Planetenbeobachtung
Atmosphärische Dispersion
Gute Planetenbilder trotz niedriger Horizonthöhe
von Kai-Oliver Detken
Planetenbeobachter auf der Nordhemisphäre waren in den letzten Jahren nicht zu beneiden, denn die meisten Objekte wanderten in niedriger Horizonthöhe über den Nachthimmel. Durch den tiefen Stand muss die atmosphärische Dispersion ausgeglichen werden, weshalb einige der besten Planetenfotografen sogar in südlichere Gefilde (z. B. La Palma, Chile oder Namibia) ausgewichen sind. Für Daheimgebliebene gibt es allerdings die Möglichkeit, mittels eines Atmosphärischen Dispersionskorrektors (ADC) den Brechungseffekt des Lichts in Horizontnähe zu kompensieren. Über die Problematik der atmosphärischen Dispersion und den ADC-Einsatz möchte dieser Beitrag daher informieren.
Dazu muss man sich zunächst mit der grundsätzlichen Fragestellung beschäftigen. Wenn man ein Objekt dicht über dem Horizont beobachtet, kann es sein, dass das Objekt eigentlich schon untergegangen ist (s. Abb. 1). Dieser Effekt, den man als astronomische Refraktion bezeichnet, wird durch die Lichtbrechung in unserer Atmosphäre hervorgerufen. Zum Vergleich kann man einen Strohhalm in einem Wasserglas betrachten. Das Wasser ist dabei ein optisch dichteres Medium, so dass der Strohhalm im Wasser und in der Luft jeweils anders dargestellt wird - der Strohhalm wirkt gebrochen. Diesen Effekt können wir auch in unserer Atmosphäre beobachten, da das Licht in Horizontnähe durch mehrere Luftschichten hindurchmuss und dadurch mehrfach gebrochen wird. Diese Ablenkung des Lichts führt dabei zu einer ähnlichen Farbaufspaltung wie bei einem Prisma; es findet eine unterschiedlich starke Brechung des Lichts je nach Wellenlänge statt, was als atmosphärische Dispersion bezeichnet wird (s. Abb. 2). Dadurch kommt es zu unschönen Effekten an den Planetenrändern: Die beobachteten Objekte bekommen einen unterschiedli-
1 Brechung des Lichts eines Sterns durch zunehmende Dichte der Erdatmosphäre
in etwas übertriebener Darstellung (Quelle: Wikipedia, Public Domain)
chen Farbrand, der in der Bildverarbeitung schwer zu retuschieren ist. Zudem wirken Planetenaufnahmen zusätzlich kontrastärmer sowie unschärfer.
Die atmosphärische Dispersion wurde von Sir George Biddell Airy (1801-1892) bereits im Jahr 1869 beobachtet. Airy war Mathematiker und Astronom, der bedeutende Beiträge zur Himmelsmechanik, Astronomie und Optik leistete. In Cambridge forschte er u. a. an der Lichtbrechung von Linsengläsern und entdeckte den Astigmatismus des Auges (Hornhautverkrümmung). Das so genannte Airy-Scheibchen (Beugungsscheibchen) wird heute noch zur Beurteilung der Qualität von Teleskopen genutzt. Er und sein Assistent schlugen damals bereits verschiedene Maßnahmen gegen die atmosphärische Dispersion vor. Giovanni Battista Amici (1786-1863) war hingegen ein italienischer Astronom, Optiker und Physiker. Er stellte optische Instrumente (Mikroskope und Teleskope) in
herausragender Qualität her. Amici begann seine Karriere als Instrumentenbauer mit der Verbesserung von katoptrischen Mikroskopen. Diese Instrumente vergrößern mit Hilfe von Spiegeln und nicht von Glaslinsen. Zu Amicis Zeiten hatten achromatische Mikroskop-Objektive drei farbfehlerkorrigierende Linsenpaare. Amici ersetzte das erste durch eine einzelne, halbkugelförmige Linse. Eine einzelne Linse mit kurzer Brennweite erzeugt allerdings einen Farbfehler. Diesen korrigierte er innerhalb der beiden anderen Linsenpaare. Das ermöglichte einen größeren Öffnungswinkel und eine bessere numerische Apertur (Effektivität der Lichtfokussierung). Zur Kompensation der atmosphärischen Dispersion werden daher in heutigen Teleskopen Geradsichtprismen nach Amici eingesetzt.
Durch gegenseitiges Verdrehen zweier Prismen um 90 Grad kann nämlich eine gegenteilige Dispersion hervorgerufen werden, was durch einen ,,Atmospheric Dispersion
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Planetenbeobachtung
-5
Atmosphärische Dispersion
Corrector" (ADC) ermöglicht wird. Man produziert dadurch einen negativen Farbfehler, der die Atmosphärenwirkung kompensiert. Die Anordnung muss allerdings entgegengesetzt zur atmosphärischen Dispersion ausgerichtet werden, da sonst der Negativeffekt noch verstärkt wird. Ändert sich die Höhe des Objekts, muss ebenfalls nachgeregelt werden, da sich der Effekt unter 20 Grad Höhe stärker bemerkbar macht. Zusätzlich wird das Auflösungsvermögen eines Teleskops durch die atmosphärische Dispersion begrenzt, was man ebenfalls vermeiden möchte. Die Kompensation hat sowohl Auswirkungen auf die visuelle Beobachtung als auch auf die Astrofotografie. Die Vorteile eines ADC lassen sich daher wie folgt zusammenfassen: Korrigieren der atmosphärischen Dispersion, Reduzierung von Farbsäumen und Steigerung der Schärfe sowie des Kontrasts. Professionelle Großteleskope nutzen dazu einen variabel einstellbaren Korrektor im Strahlengang, der sowohl die Auswirkungen der atmosphärischen Dispersion in Abhängigkeit von der Höhe korrigiert als auch das Auflösungsvermögen des Teleskops bei Aufnahmen im gesamten zugänglichen Spektralbereich erhält.
Für Amateurastronomen sind ADC-Korrektoren von unterschiedlichen Herstellern erhältlich. Mit als erster auf dem Markt war ZWO [1], bei dessen ADC mit Hilfe von zwei Hebeln die inneren Prismen so lange verdreht werden, bis die Farbsäume stark reduziert oder komplett verschwunden sind. Der ADC sitzt direkt im Okularauszug vor der Planetenkamera. Als Alternative kann der ADC Mk III von der Firma Pierro Astro [2] genannt werden. Er hat den Vorteil, dass er nur einen Hebel besitzt, um beide Prismen zu bewegen, was die Handhabung wesentlich erleichtert. Auch besitzt dieser ADC einen 120-Grad-Drehbereich, wodurch er sich ohne Lösen der Verklem-
0
5 0 Grad
20 Grad
40 Grad
60 Grad
Zenitdistanz
mung in der Lage verändern lässt. Denn für die richtige Wirkung muss der Korrektor richtig zum Horizont orientiert sein. Das ist üblicherweise dann der Fall, wenn der Griff des Kompensators parallel zur Horizontlinie im Okularauszug liegt. Zur Justage-Hilfe kann das Programm FireCapture [3] von Torsten Edelmann genannt werden. Es bietet bei Einsatz einer Farbkamera eine ADC-Tuning-Funktion an, die Auskunft über die Lage der Prismen gibt. Erst wenn die verschiedenen Kreise (weiß, blau und rot) exakt übereinanderliegen, ist die Justage perfekt (s. Abb. 3). Leider kann man dies nicht mit einer Monochromkamera bewerkstelligen. Hier müsste dann nachträglich die Kamera am Teleskop gewechselt werden.
Gerade Jupiter, Saturn und Mars machten es den Planetenfotografen in den letzten fünf Jahren nicht einfach, sie aufzunehmen. Die Oberflächenstrukturen ließen sich nur herausarbeiten, wenn man einen ADC einsetzte oder in südlichere Gefilde auswich. Bei niedriger Objekthöhe verliert der Planet zudem stark an Kontrast und die Luftunruhe wird stärker. Längere Aufnahmen zu erstellen war aber auch keine Lösung, da sich beispielsweise Jupiter enorm schnell dreht. Bei einer Monochromkamera wird das Aufnahmezeitfenster dabei noch kleiner, da man die Farbkanäle getrennt aufnimmt. Daher bleibt nur, die Aufnahme
1
2 Atmosphärische Dispersion
bei unterschiedlichen Neigungs-
winkeln eines Teleskops
(VdS-Grafik nach einer Vorlage
der ESO, www.eso.org)
80 Grad
pro Farbe auf ca. 30 Sekunden zu begrenzen oder später längere Aufnahmen mit Hilfe des Programms WinJUPOS [4] von Grischa Hahn zu derotieren. Die Abbildung 3 zeigt eine Jupiter-Aufnahme mit seinem Mond Kallisto von 2017 mit ADC-Tuning mittels FireCapture. In den darauffolgenden Jahren verschlechterte sich die Objekthöhe von Jupiter weiter, so dass ohne ADC im Grunde keine guten Aufnahmen mehr möglich waren.
Dabei ist das ADC-Handling nicht so einfach, denn in vielen Fällen lassen sich zum einen die Kreise bei FireCapture nicht immer übereinander bringen, ohne das ADC loszuschrauben und zu drehen. Zum anderen bewirkt die Drehung der Prismen auch ein Herauswandern des Planeten aus dem Bildausschnitt (Region Of Interest, ROI). Das heißt, man kann die Einstellung eines ADC nicht bei höchster Vergrößerung vornehmen, sondern zuerst nur bei minimaler Vergrößerung bzw. maximaler Kameraauflösung. Setzt man zudem noch auf eine Monochromkamera, muss nach der Justierung die Farbkamera abgenommen und ersetzt werden. Da sich durch die parallaktische Nachführung der Montierung der Winkel zum Objekt kontinuierlich verändert, ist die Justage nur eine gewisse Zeit gültig, bevor man sie verändern muss. Daher ist man am Teleskop stark gefordert und permanent im Einsatz.
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Planetenbeobachtung
Als abschließendes Fazit kann man festhalten, dass der ADCEinsatz bei einer Farbkamera unerlässlich ist, aber auch bei Monochromkameras sinnvoll sein kann. Trotz getrennter Aufnahmen der Farbkanäle kann ein ADC damit Folgendes bewirken: Erhöhung der Bildschärfe und Verringerung des Lichtbrechungseffekts. Eine Fokussierung am Okular oder an einer Kamera mit ADC ist dabei nicht so leicht, da das einzustellende Objekt durch die Prismen-Anordnung immer wieder aus dem Blickfeld verschwindet. Man muss den Einsatz daher üben, bis er zu einer Routine wird.
Internethinweise (Stand 08.04.2023): [1] Herstellerseite von ZWO: https://astronomy-
imaging-camera.com [2] Herstellerseite von Pierro Astro: www.pierro-astro.com [3] Programm-Webseite von FireCapture:
www.firecapture.de [4] Programm-Webseite von WinJUPOS: www.grischa-hahn.
homepage.t-online.de/winjupos_download.htm [5] Homepage von Kai-Oliver Detken: www.detken.net
3 Aufnahme von Jupiter und dessen Mond Kallisto mit Celestron C11
SC XLT (280 mm / 2.800 mm); Belichtungen: 55,92 ms (R), 27,44 ms (G), 63,38 ms (B), L-RGB-Filtersatz: Typ II C von Astronomik. Grasberg am 23. April 2017 (Bild: Kai-Oliver Detken).
Jupiter multispektral
Einsatz von Filtern in der Planetenfotografie
von Wolfgang Bischof
Wozu Filter verwenden? Planetenbeobachter und Planetenfotografen verwenden aus unterschiedlichen Gründen sehr gern Farbfilter. Die vordergründige Absicht dabei ist, dass man mit bestimmten Filtern manche Einzelheiten mit höherem Kontrast auf den Planeten erkennen und damit strukturreichere und interessantere Bilder gewinnen kann. Andererseits lassen sich auch Schwächen der Optik durch Filtereinsatz unterdrücken.
Vor allem Linsenoptiken haben die beste Korrektur meist im roten bis nahinfraroten Wellenlängenbereich, in dem man deshalb meist die schärfsten Bilder erhält. Leider nimmt das Auflösungsvermögen und damit die Abbildungsschärfe des Teleskops in
Richtung langer Wellenlängen ab, so dass es irgendwo ein Optimum der Schärfe geben muss, das von den Eigenschaften des Teleskops abhängt. Vor allem für die Benutzer kleinerer Optiken ist es sehr wichtig, ein Gerät zu haben, das bereits im blauen bis grünen Spektralbereich gut korrigiert ist. So kann man das höhere Auflösungsvermögen im kurzwelligen Bereich besser nutzen. Bei Spiegelteleskopen stellt sich der Sachverhalt etwas anders dar. Hier kommt es darauf an, nicht nur im langwelligen Bereich eine knapp beugungsbegrenzte Auflösung zu haben, sondern man braucht im roten Licht einen überdurchschnittlichen Strehlwert, womit auch im blauen Wellenlängenbereich noch beugungsbegrenzt gearbeitet werden kann.
Auch die Luftunruhe (das ,,Seeing") spielt eine wichtige Rolle. Meist erscheint die Atmosphäre im roten Licht ruhiger als im blauen Licht. Noch besser wird es, wenn man gar in den nahen Infrarotbereich geht. Hier werden so genannte IR-Passfilter speziell für die Planetenbeobachtung im Handel angeboten. Diese Filter sind allerdings zur langwelligen Seite hin nicht begrenzt. Das könnte zu Problemen führen, wenn das Teleskopsystem im IR unzureichend korrigiert ist. In jedem Fall wird das langwellige Ende des gesamten Transmissionsbereichs durch die Quantenausbeute der verwendeten Kamera begrenzt. Ergebnisse, die mit verschiedenen Kameras gewonnen wurden, können deshalb unterschiedlich ausfallen und nur eingeschränkt vergleichbar sein.
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Planetenbeobachtung
1 Transmissionskurven der verwendeten Filter
Jupiter in verschiedenen Spektralbereichen Während der Oppositionsperiode 2022 wurde Jupiter in mehreren Spektralbändern fotografiert, die fast lückenlos das gesamte Spektrum zwischen 370 nm und 1.000 nm Wellenlänge überdecken, ohne sich wesentlich zu überlappen. Dieser Aspekt ist besonders wichtig, damit es möglichst keine Querempfindlichkeiten zwischen den einzelnen Filterbändern gibt. Dazu wurden Filter der Marke Astrodon verwendet. Das waren einmal die Filter des normalen R-G-B-I-Satzes. Außerhalb dieses Bereichs kamen die fotometrischen Filter des Astrodon-Sloan-Satzes, im Bereich des UV des Astrodon-Johnson-Cousins-Filtersatzes zum Einsatz. Solche Filter benutzen auch professionelle Astronomen zu fotometrischen Zwecken. Im Gegensatz zu einigen üblichen Farbfiltern kann man davon ausgehen, dass es bei fotometrischen Filtern keine Lecks außerhalb der spezifizierten Filterbänder gibt. Die Filterbänder sind in der Abbildung 1 dargestellt. Zusätzlich ist noch die Transmissionkurve eines Methanbandfilters der Marke ZWO eingetragen sowie gestrichelt das RGB-Lu-
minanzfilterband und ein nach oben offenes IR-Passfilterband. Zu beachten ist auch die graublau eingetragene Durchlasskurve des Staubschutzfensters der verwendeten ZWO-ASI-178MM-Kamera. Man sieht, dass dieses ,,Klarglas" die Transmission im UV-Bereich bereits entscheidend heruntersetzt. Deshalb wurde es entfernt, was man leicht selbst erledigen kann. Die Kamera ist im gesamten untersuchten Spektralbereich empfindlich, hat aber bei 1.000 nm nur noch 9 % Quanteneffizienz.
Als Teleskop stand ein 200 mm / 1.200 mm Newton-Reflektor zur Verfügung, dessen Brennweite mittels einer Zeiss-Abbe-Barlowlinse auf 2.800 mm verlängert wurde. Die optische Qualität dieser Barlowlinse ist sehr gut und die Transmissionskurve ist bekannt. Weitere Linsenelemente wurden nicht verwendet. Damit wurde sichergestellt, dass über den gesamten untersuchten Wellenlängenbereich genügend Transmission zur Verfügung stand. Als Kamera kam eine ASI178MM zum Einsatz. Die deutlich absinkende Quanteneffizienz an den Enden des Empfindlichkeitsbereichs konnte durch entsprechende Steigerung der Be-
lichtungszeit und der Verstärkung ausgeglichen werden.
Am 24. August 2022 herrschte ein sehr gutes Seeing, und Jupiter konnte mit allen Filtern aufgenommen werden. Die Ergebnisse sind in der Abbildung 2 dargestellt. Ins Auge fällt sofort der abnehmende Kontrast der Hauptbänder vom UV zum IR. Ebenfalls sehr auffällig ist der unterschiedliche Anblick des GRF. Im UV ist er nahezu das dunkelste Objekt auf Jupiter, bei 1.000 nm nahezu das hellste Objekt. Dabei nimmt seine Helligkeit und damit auch seine Albedo im Verhältnis zur Gesamtalbedo zu langen Wellenlängen hin kontinuierlich zu! Ähnlich verhält sich interessanterweise auch das Äquatorialband (EB). Im Bereich zwischen R und IR z_s erkennt man sehr ähnliche Strukturen. Auffällig ist hier aber der Verlust an Auflösung zu größeren Wellenlängen hin. Das im UV und B sehr auffällige NEB verblasst, je weiter man ins IR kommt und verschwindet bei 1.000 nm völlig. Der Detailreichtum zwischen NEB und SEB ist im R- und im langwellig angrenzenden IR-Filterband am größten.
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Planetenbeobachtung 20 | Journal für Astronomie Nr. 87
Planetenbeobachtung
Welche Ursache haben die sehr unterschiedlichen Anblicke eines Planeten in verschiedenen Wellenlängenbereichen? Planeten beobachten wir im reflektierten Sonnenlicht. Wären sie ein idealer Spiegel, hätten sie in allen Wellenlängenbereichen eine Albedo von 100 %, und wir würden nur unverändertes Sonnenlicht sehen. Alle Planeten hätten dann die gleiche Farbe wie die Sonne. Sie wären fast weiß und Strukturen könnten nur durch Licht-Schatten-Effekte erkannt werden. Der Mond ist dafür ein gutes Beispiel, obwohl man bei genauem Hinsehen hier auch Farben erkennen kann, wenn auch deutlich schwächer als an vielen Planeten. Wodurch entstehen aber die Farben?
In der Atmosphäre und auf der Oberfläche der Planeten wird einfallendes Licht nicht nur reflektiert, sondern es wird auch gestreut und absorbiert. Damit fehlt es im reflektierten Spektrum, in dem man cha-
2 Linke Seite: Jupiteraufnahmen in ver-
schiedenen Spektralbereichen (Bild: Wolfgang Bischof)
3 Jupiterspektrum mit freundlicher Genehmigung von Christophe Pellier,
Filterbänder vom Autor eingefügt.
rakteristische Einbrüche (Absorptionsbanden) erkennt (Abb. 3). Diese erlauben Rückschlüsse auf die Materialien der reflektierenden Oberflächen. Deshalb wird die Reflexionsspektroskopie gern zur Material-Fernerkundung eingesetzt. Bei Gasplaneten muss man berücksichtigen, dass die Sonnenstrahlung je nach Wellenlänge des einfallenden Lichts in unterschiedlichen Tiefen der Gasatmosphäre reflektiert wird. Im Spektrum sind zusätzlich Absorptionsbanden markiert, die aus der Erdatmosphäre stammen oder bereits im Sonnenlicht vorhanden waren (Fraunhoferlinien). Die Filterkurven aus der Abbildung 1 sind ebenfalls eingefügt.
Leider hängt das Reflexionsspektrum auch vom Reflexionswinkel ab, weshalb man zur Materialerkundung einen standardisierten Reflexionswinkel von 180 Grad anstrebt. Bei der Beobachtung der äußeren Planeten ist diese Bedingung meist gut genug erfüllt. Bei den inneren Planeten Merkur, Venus und auch dem Mond kann die Reflexion dagegen un-
ter beliebigen Winkeln erfolgen und Farbe und Erscheinungsbild des Objekts wesentlich beeinflussen!
Im Spektrum ist noch der Transmissionsbereich eines Methanbandfilters eingezeichnet, der genau auf der Absorptionsbande von Methan bei 889 nm liegt. Methan ist zwar nur mit einem Anteil von 0,3 % in der Jupiteratmosphäre enthalten, dennoch macht sich seine Lichtabsorption sehr stark bemerkbar und führt im Spektrum zu ausgeprägten Absorptionslinien. (Anmerkung: Genau daran erkennt man, dass Methan ein starkes Treibhausgas sein muss!) Mit einem Methanbandfilter wird der komplette Planet stark abgedunkelt, mit Ausnahme der Bereiche, die wenig oder kein Methan enthalten. Zum Beispiel werden die Jupitermonde sehr hell abgebildet und können sogar im Transit vor der Planetenscheibe leicht erkannt werden. Aber auch der Planet selbst erscheint im Methanband völlig verändert und ist auch wenig vergleichbar mit dem Bild im breit-
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4 Jupiter als G-RGB-Bearbeitung (Bild: Wolfgang Bischof)
bandigen IR-z_s-Filter, in dessen Bereich das Methanband enthalten ist. Gemeinsam ist beiden lediglich die Tatsache, dass GRF und Äquatorialband am hellsten erscheinen. Man sollte auch sehen, dass das so genannte ,,Methanband" nur eines von mehreren ist! Die Linie bei ca. 889 nm wirkt sich im Bereich unterhalb von 1.000 nm allerdings am stärksten aus. Eine Aufnahme mit Methanbandfilter ist in der Abbildung 2 enthalten.
Fazit Jupiter zeigt in allen Filterbereichen sehr unterschiedliche Gesichter! Das hat natürlich auch Auswirkungen auf Farbaufnahmen, die als LRGB zusammengesetzt werden und macht sich bereits im visuellen Spektralbereich bemerkbar. Erstellt man aus monochromen R-, G- und B-Bildern ein RGB und verwendet einmal das G-Bild und einmal das R-Bild als Luminanz, zeigen sich bereits deutliche Unterschiede in Struktur und Farbe. Das R(RGB) zeigt mehr Strukturen als das RGB, allerdings auf Kosten der Helligkeitsunterschiede der Bänder. Als
Folge davon verändert sich auch die Farbe. Die Rottöne werden heller dargestellt und driften dadurch stark ins Rosa ab. Dieser Effekt steigert sich noch, wenn man auch IR-Bilder einmischt. Die Abbildung 4 zeigt Jupiter als G-RGB-Bearbeitung. Die Wahl des Grünkanals als Luminanz ergibt ein Bild, das dem visuellen Eindruck sehr nahe kommt.
Beim Einsatz von Filtern sollte man sich bewusst sein, dass jeglicher Filtereinsatz nicht nur Qualität und Detailreichtum der Bilder beeinflusst. Vielmehr wird das Erscheinungsbild des aufgenommenen Objekts durch die Selektion der Wellenlänge grundsätzlich verändert. Man sollte immer darüber nachdenken, was man eigentlich zeigen will, den visuellen Anblick oder spezielle strukturelle Dinge, die dann allerdings farblich verändert sein können. Die Vermischung beider Ziele führt leicht zu unerwünschten Komplikationen.
Literatur- und Internethinweise (Stand 08.04.2023): [1] Chr. Pellier: "Planetary Astronomy",
www.planetary-astronomy-andimaging.com/en [2] J. O'Donoghue et al., 2016: "Heating of Jupiter's upper atmosphere above the Great Red Spot", Nature 536, p.190-192, www.nature.com/articles/ nature18940 [3] www.scinexx.de/news/kosmos/ jupiters-geheime-heizung-entraetselt [4] S. Wienstein, Homepage: www. svenwienstein.de/HTML/themen. html [5] W. Bischof, Homepage: https:// magicviews.de/astrofotografie.htm
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Einsatz von IR-Passfiltern bei Planetenaufnahmen
Wirkt das Ausblenden des kurzwelligen Spektrums seeingberuhigend?
von Kai-Oliver Detken
Planetenaufnahmen erfordern den Einsatz von langen Brennweiten (teilweise bis zu 6 m), die sich dadurch sehr seeingabhängig verhalten. Denn die Luftunruhe der Atmosphäre wirkt sich, je stärker die Vergrößerung ausfällt, negativ auf die Bildqualität aus. Zwar wird das Seeing bei der Aufnahme von Planeten durch das so genannte ,,Lucky Imaging" ausgetrickst, indem Videos aufgenommen und die besten kurzbelichteten Bilder daraus verarbeitet werden, aber die Ergebnisse können je nach verwendetem Filter sehr unterschiedlich ausfallen. So sind beispielsweise in den meisten Fällen die Aufnahmen mittels Rotfilter weniger anfällig als jene mittels Blaufilter. Zusätzlich werden von den Astronomie-Anbietern IRPassfilter zur Qualitätsverbesserung des Seeings beworben, indem nur eine bestimmte Wellenlänge durchgelassen wird, die nicht so seeinganfällig sein soll. Ob dies wirklich so ist, berichtet dieser Beitrag.
Dazu muss zuerst einmal der Begriff ,,Seeing" näher betrachtet werden. In der Astronomie bedeutet es, dass eine Bewertung der Bildunschärfe durch die vorhandene Luftunruhe vorgenommen wird. Eine Verschlechterung des Seeings entsteht durch Turbulenzen in den Luftschichten, die das von außerhalb der Erdatmosphäre ankommende Licht unregelmäßig ablenken (brechen). Bei der Beobachtung mit dem bloßen Auge ist der Effekt als Blinken und Funkeln der Sterne zu erkennen. Was für den Romantiker willkommen ist, wirkt auf den Astronomen störend. Denn auf Bildern mit längerer Belichtungszeit führt dieses schlechte Seeing dazu, dass der Lichtstrahl einer punktförmigen Quelle über einen größeren Bereich ,,verschmiert" und das Bild unscharf wird. Der Ablenkungseffekt ist dabei umso größer und schneller veränderlich, je kürzer die beobachtete Wellenlänge ist! Die Luftunruhe ist daher in jedem Fall für
Planetenaufnahmen problematisch. Dabei ist der Jetstream in der Hochatmosphäre allerdings zu vernachlässigen, weil er keine sichtbaren Turbulenzen verursacht. Der Übergang zu tieferen Luftschichten ist hingegen oftmals turbulent und eine Hauptursache für schlechteres Seeing. Dieser Begriff soll an dieser Stelle wie folgt unterschieden werden: Seeing in den Luftschichten (Bewegung zwischen den Luftschichten), Boden-Seeing (bodennahe Thermik durch Temperaturunterschiede bei aufgeheiztem Erdboden und kühler Nachtluft) und Tubus- oder Kuppel-Seeing (Thermik des Teleskops und der Sternwarte). Nur die beiden letztgenannten Seeing-Typen lassen sich dabei selbst beeinflussen.
Die sogenannte Halbwertsbreite der Abbildung einer Punktquelle (wie z. B. einem Stern) wird als FWHM-Wert (Full Width at Half Maximum) während einer Aufnahme ermittelt und lässt nun eine quantitative Aussage über die Qualität des Seeings zu. Denn kein Stern kann bei dem Weg durch unsere Atmosphäre exakt punktförmig abgebildet werden. Es ergibt sich immer eine gaußförmige Helligkeitsverteilung um einen Stern herum (s. Abb. 1). Der FWHMWert gibt nun den Winkeldurchmesser dieser Helligkeitsverteilung an, bei dem der Helligkeitswert gegenüber dem Maximalwert in der Mitte auf die Hälfte abgefallen ist. Dabei ist der FWHM-Wert nicht kon-
1 Gaußförmige
Helligkeitsverteilung um eine punktförmige Quelle [1]
stant, sondern ändert sich pro Aufnahme. Typische Werte sind 1,5 bis 2,5 für sehr gutes Seeing und 4 bis 6 für mittleres Seeing. Durch Auswahl der Bilder mit besseren FWHM-Werten kann man allerdings ein besseres Stacking-Ergebnis erreichen. Daher wird das ,,Lucky Imaging" bei Planetenaufnahmen angewandt. Hiermit lässt sich dann der FWHM-Wert sogar auf unter 1 bringen.
Das Seeing des Teleskopstandorts wird durch zwei Parameter bestimmt: die Ortsskala 0 und die Zeitskala t0. Bei Teleskopen mit einem Durchmesser D kleiner als 0 ist die Halbwertsbreite FWHM einer Punktquelle (Stern) bei einer Langzeitaufnahme proportional zur Wellenlänge und umgekehrt proportional zum Teleskopdurchmesser: FWHM = /D. Die Ortsskala 0 beträgt für sichtbares Licht bei guten Bedingungen 10 bis 20 cm. Teleskope mit einem größeren Durchmesser als 0 haben durch 0 eine beschränkte Halbwertsbreite: FWHM = /0. Die typische Zeitskala t0 für die atmosphärische Fluktuation ergibt sich über die mittlere Windgeschwindigkeit wind wie folgt: t0 = 0,3 x 0/wind. Daraus lässt sich ableiten, dass Teleskope mit größerer Öffnung als 0 bei unseren normalen Seeing-Werten durch FWHM begrenzt werden, es sei denn, man beobachtet in längeren Wellenlängen. Die Zeitskala t0 im sichtbaren Licht liegt im Bereich weniger Millisekunden,
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2 Eigene Monochrom-Aufnahmen von Mars mit unterschiedlichen Filtern [2]
was zur Folge hat, dass die atmosphärischen Störungen quasi eingefroren werden, wenn die Aufnahmezeit kleiner als t0 ist. Genau darauf baut das ,,Lucky Imaging" auf: das Seeing wird ausgetrickst, ähnlich wie bei adaptiven Optiken.
Die Oberflächenstrukturen kommen klar heraus, die Polkappe lässt sich gut erkennen und auch bläuliche Wolkenbildungen sind auszumachen. Allerdings hat sich durch die Kombination von IR mit RGB auch die Farbgebung leicht verändert. Ähnliches ist
bei einer R-RGB-Aufnahme zu erkennen. Hier bekommt man ein vergleichbares Ergebnis wie bei der IR-RGB-Aufnahme. Nur der Schärfegrad ist etwas abgeschwächter; die Strukturen wirken verschwommener. Abschließend kann also festgestellt werden,
Die IR-Passfilter, die für Planetenaufnahmen von den Händlern beworben werden, wollen ebenfalls das Seeing austricksen, indem sie das Wellenlängenspektrum von beispielsweise 350 nm bis 790 nm blockieren (abhängig vom IR-Passfiltertyp). Es werden dadurch auf das Seeing besonders empfindlich reagierende Bereiche des Lichts geblockt und die für das Seeing deutlich weniger empfindlicheren Bereiche des langwelligeren Lichtes durchgelassen. Einen weiteren Effekt kann man ausmachen, wenn man Rot, Grün und Blau separat mit einer Monochromkamera aufnimmt. Meistens ist dabei das Bild des Rotfilters den anderen überlegen. Einen Vergleich zeigen die Aufnahmen vom Mars mit den verschiedenen Filtertypen in der Abbildung 2. Hier lassen sich die meisten Oberflächendetails beim Einsatz eines Rot- und IR-Passfilters erkennen. Beim Blaufilter verschwinden die Strukturen sogar fast vollständig, aber es kommt dafür die Polkappe besser zum Vorschein.
Nun lassen sich diese Bilder der unterschiedlichen Filter auf verschiedene Weise miteinander kombinieren (s. Abb. 3). Eine reine RGB-Kombination lässt hierbei die Strukturen noch erkennen, bringt sie aber nicht deutlicher hervor. Eine IR-RGB-Kombination sieht dann schon ganz anders aus.
3 Unterschiedliche Kombination der Filteraufnahmen RGB, IR-RGB und R-RGB.
Celestron C11 SC XLT (280 mm / 2.800 mm), TeleVue 2x Powermate, Brennweite 5.600 mm, Kamera: ASI178MM, Filter: RGB-Filter (Typ II C) und ProPlanet-807-IR-Passfilter, jeweils von Astronomik, Belichtung pro Bild: 22,69 ms (R), 29,92 ms (G), 28,81 ms (B), 46,61 ms (IR) [2].
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dass das Seeing durchaus besser erscheint, je länger die Wellenlänge ist, in der man die Aufnahmen macht. Es kommt zu einem besseren Kontrast und es lassen sich mehr Details erkennen. Das Bild wirkt qualitativ besser bzw. schärfer. Aber das Auflösungsvermögen ist auch abhängig von der Wellenlänge (z. B. ergibt die doppelte Wellenlänge die halbe Auflösung), wodurch die Auflösung z. B. beim Grünfilter um ca. 30 % höher ist als beim IR-Passfilter. Das bedeutet im Umkehrschluss: eine Teleskopöffnung von 10 Zoll wirkt bei Einsatz eines Grünfilters wie eine 13-Zoll-Öffnung. Und bei Verwendung eines IR-Passfilters wird eine 12-ZollTeleskopöffnung zu einer 9-Zoll-Öffnung. Daher macht es durchaus Sinn, auch G-
RGB-Kombinationen neben R-RGB und IR-RGB auszuprobieren. Zusätzlich lässt sich festhalten, dass die maximale Schärfe bei Einsatz eines Grünfilters erreicht werden kann, wenn das Seeing ausreichend gut ist. Ein IR-Passfilter macht hingegen Sinn, wenn das Seeing mittel oder schlecht ist, um die damit maximale Schärfe trotz Auflösungsverlust zu erhalten. Da kleinere Teleskope mit weniger Öffnung auch weniger seeingnfällig sind, macht hier ein IR-Passfilter am wenigsten Sinn.
Insgesamt lässt sich als Fazit damit festhalten, dass ein IR-Passfilter sinnvoll sein kann, aber eben nicht immer. Die höhere Schärfe bei schlechtem Seeing wird durch
einen Auflösungsverlust erkauft. Oberflächendetails wirken irgendwie ,,abgerundet", der Doppelring um den Planeten ist breiter bzw. auffälliger und es treten manchmal sogar Überschwinger auf der Oberfläche auf. Es ist daher von Vorteil, einem IR-RGB-Bild eine R-RGB- oder GRGB-Kombination gegenüberzustellen und das beste Ergebnis auszuwählen.
Internethinweise (Stand 08.04.2023): [1] A. Nordmann. 2007: ,,Halbwertsbreite
in einer Funktion", Wikipedia, Nov. 2007 [2] Kai-Oliver Detken, Homepage: www.detken.net
Konjunktion über der Nordsee
Impression
Ein himmlisches Trio vereinte sich am 22.06.2023 über dem malerischen Leuchtturm ,,Kleiner Preuße" im Wremer Tief: Mars, Venus und der Mond. Canon EOS R und 14-mm-Objektiv bei ISO 6400, Stack aus 15 Bildern, das Bild wurde beschnitten. Bild: Maciej Libert.
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Jupiter-Beobachtungen im Radiobereich
von Frank Theede
Jupiter mit seinen Galileischen Monden ist ein schönes und einfaches Ziel für Beobachtungen im Optischen: Er ist leicht am Himmel zu finden, und schon in einem Fernglas kann man die Abplattung und seine vier größten Monde sehen. Auch im Radiobereich kann man ohne großen Aufwand Signale von Jupiter beobachten. Dazu braucht man nicht unbedingt ein eigenes Radioteleskop. Entdeckt wurde die Radiostrahlung von Jupiter im Jahr 1955, damals waren noch große Anordnungen mit 66 Dipolen auf einer Fläche von ca. 38 Hektar notwendig. Aufgrund des Fortschrittes in der Elektronik und der digitalen Signalverarbeitung kann das heute mit viel kleineren Antennen erfolgen. Die Beobachtungen im Radiobereich führten zu einer genaueren Bestimmung der Rotationsperiode von Jupiter als dies anhand von Beobachtungen der Wolkenstrukturen möglich ist.
Die Radiostrahlung von Jupiter Radiostrahlung kann man in zwei Gruppen einteilen: thermisch und nicht-thermisch. Im Folgenden geht es um die Beobachtungen der Jupiter-Bursts, also der nicht-thermischen Radiostrahlung. Die von Jupiter ausgesandte Radiostrahlung ist sehr stark, im Bereich der Hochfrequenz (3 bis 30 MHz), zeitweise in der Größenordnung der Sonne und stärker [1].
Jupiter hat ein sehr starkes Magnetfeld und eine sehr ausgedehnte Magnetosphäre. Diese ist die größte Einzelstruktur im Sonnensystem und würde, wenn man sie mit dem Auge von der Erde aus sehen könnte, drei Vollmonddurchmessern entsprechen. Erzeugt wird das Magnetfeld vermutlich gemäß der Dynamotheorie durch Ströme in einer Schicht aus flüssigem, leitendem Wasserstoff im Innern von Jupiter [2]. Dieses Magnetfeld ist an der Erzeugung der Radiostrahlung maßgeblich beteiligt. Hinzu kommt die komplexe Wechselwirkung
mit den Monden, deren Umlaufbahnen sich in der inneren Magnetosphäre befinden. Hier ist insbesondere der innerste Galileische Mond Io von Bedeutung. Dieser ist vulkanisch sehr aktiv und eine starke Plasmaquelle, die pro Sekunde ca. eine Tonne an Schwefel- und Sauerstoff-Ionen in die innere Magnetosphäre einträgt. So bildet sich ein Plasmatorus, der mit dem starken Magnetfeld interagiert. Dadurch entstehen Plasmawellen und durch die Beschleunigung der geladenen Teilchen Zyklotronstrahlung, die wir dann als Dekameterwellen beobachten können. Dieser Einfluss wurde 1965 entdeckt und ist bis heute nicht vollständig verstanden. Daher sind die Signale auch nicht kontinuierlich, sondern abhängig von der Anordnung von Erde, Jupiter und Io und somit in gewissen Grenzen vorhersagbar. Entsprechende Einflüsse der anderen Monde wurden auch gefunden, sind aber deutlich schwächer. Wichtig ist natürlich auch die hohe Dynamik in der Magnetosphäre durch die schnelle Rotation von Jupiter in nur knapp zehn Stunden.
Die im Radiobereich beobachtbaren Effekte bilden einen ganzen Zoo und haben verschiedene Abkürzungen erhalten: HOM, bKOM, non-Io DAM, Io DAM, ... Hier sind die Io DAM von besonderer Relevanz. DAM steht für ,,decametric radio emmision", also für Radiostrahlung mit Wellenlängen im Bereich von zehn Metern (18 MHz 17 m, 40 MHz 8 m). Die Io DAM beruhen auf den oben angegebenen Mechanismen, non-Io DAM entstehen insbesondere durch Polarlicht-Phänomene. Zu erwähnen ist noch, dass es einen scharfen Cut-off bei ca. 40 MHz gibt, d. h. darüber hinaus werden aufgrund des Entstehungsmechanismus keine Radioemissionen mehr beobachtet.
Sowohl der ,,Burst-Charakter" als auch der beobachtbare Frequenzbereich zeigen,
dass es sich nicht um thermische Radiostrahlung handeln kann. Die Strahlung entsteht, wenn geladene Teilchen beschleunigt werden, was insbesondere bei der Richtungsänderung durch die Lorentzkraft in Magnetfeldern geschieht. Die Teilchen werden auf Kreisbahnen gezwungen. Bei langsamen Ladungsträgern, d. h. die Geschwindigkeit ist sehr viel kleiner als die Lichtgeschwindigkeit, spricht man von Zyklotronstrahlung, bei schnellen Teilchen von Synchrotronstrahlung.
Beobachtungen mit Amateurmitteln Zur Beobachtung der Radiostrahlung gibt es mehrere Möglichkeiten. Hier ist insbesondere das Projekt ,,Radio Jove" der NASA zu erwähnen [3]. Dieses Projekt läuft seit 1999, feiert also 2024 25-jähriges Bestehen. Es bietet Hardwarebausätze inklusive Antennen an. Die spezielle Hardware der Ursprungsversion wurde im Projekt Radio Jove 2.0 durch ein Software Defined Radio (SDR) ersetzt, das auch leicht in Deutschland beschafft werden kann. Ferner gibt es ausführliche Dokumentationen zu den verwendbaren Antennen. Die empfohlene - und auch käuflich zu erwerbende - besteht aus einem Doppel-Dipol, der in Nord-SüdRichtung ca. 9 m und in Ost-West Richtung ca. 14 m Ausdehnung hat. Eine ausführliche Bauanleitung ist im Internet verfügbar. Diese sollte zudem zur Minimierung der Störungen möglichst weit von elektrischen Leitungen, Störquellen und Häusern aufgebaut werden - dazu wird nicht jeder die Möglichkeiten haben. Es können auch andere Antennen verwendet werden. Wer keine eigene Beobachtungstation aufbauen will oder kann, kann sich mit der Software auch im Client-Modus an bestehende Beobachtungsstationen andocken und so in Echtzeit mitbeobachten. Weiterhin stehen die Messergebnisse bereits durchgeführter Beobachtungen zur Verfügung und es können per Data-Mining eigene Aus-
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Planetenbeobachtung
1 Das Spektrogramm der Beobachtung der Radiostrahlung von Jupiter am 07.04.2023
um 16:30 Uhr MESZ über den Youtube-Kanal [4].
wertungen erstellt werden. Die einfachste Möglichkeit ist sicherlich, die Live-Übertragung auf YouTube zu verfolgen [4], die Larry Dodd aus Jasper, Georgia, USA anbietet. Dargestellt werden die Signale im so genannten Wasserfall-Diagramm - eine Spektrometeranzeige, die die Intensität der empfangenen Strahlung für eine Frequenz und einen Zeitpunkt darstellt. Für die Beobachtung muss Jupiter natürlich am Ort der Beobachtung über dem Horizont stehen, d. h. beim Live-Channel in Jasper! Für die Beobachtung ist der Frequenzbereich zwischen 18 und 40 MHz möglich, wobei sich der Bereich um 21 MHz besonders anbietet. Dabei muss man Radiostationen und Funksignalen ausweichen, das ist auch möglich, da sie viel schmalbandiger als die Signale von Jupiter sind.
Und wie erkennt man nun, dass die Signale vom Jupiter stammen und nicht etwa von der Sonne? Am Klang! So kann man zum Beispiel zwischen den so genannten L-Bursts (L für long) und S-Bursts (S für short) unterscheiden. L-Bursts dauern
zwischen Zehntelsekunden und einigen Sekunden und klingen wie brechende Wellen am Strand. S-Bursts währen von einigen Tausendstel- bis Hundertstelsekunden und klingen wie Kieselsteine, die auf ein Metalldach prasseln.
Zurzeit führen die Mitglieder der Fachgruppe Radioastronomie keine Beobachtungen von Jupiter durch, doch das kann sich ändern. Wer daran Interesse hat, mag sich gerne an die Fachgruppe Radioastronomie [5] wenden.
Die Mechanismen der Entstehung und Systematik sind noch nicht vollständig verstanden, daher können Amateure noch Beiträge zur Forschung liefern (Stichwort ,,Citizen science").
Literatur- und Internethinweise (Stand 07.04.2023): [1] J. Lashley, 2010: ,,The Radio Sky and How to Observe It", S. 15 ff,
ISBN: 978-1-4419-0882-7, www.researchgate.net/publication/252296758_The_ Radio_Sky_and_How_to_Observe_It [2] F. Bagenal et al, 2006: ,,Jupiter - The planet, satellites and magnetosphere", Cambridge University Press, S. 49 ff [3] Projekt Radio Jove, Homepage: https://radiojove.gsfc.nasa.gov/ [4] Radio Jove live auf Youtube: https://youtube.com/channel/ UCtawz3MnMBwjz9ShhSC0ygQ/live. [5] VdS-Fachgruppe Radioastronomie, Homepage: https://radioastronomie. vdsastro.de/doku.php
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Neue Seeingvorhersage für Planetenfotografen entsteht
von Ralf Burkart
Gute Planetenfotos oder auch erfolgreiche Beobachtungen korrelieren mit der Qualität des Seeings, das ist kein Geheimnis. Und je größer die Geräte sind, umso wichtiger werden die atmosphärischen Bedingungen. Mit einer guten, also einigermaßen verlässlichen Vorhersage würden wir nicht nur unseren Schlafhaushalt optimieren, sondern wir könnten auch im Vorfeld schon entscheiden, welches Teleskop und welche Filter wohl geeignet wären. Das Problem dabei: Es gibt diese gute und verlässliche Vorhersage nicht.
Die meisten Planetenfreunde kennen sicher die Website von meteoblue und deren Seeingvorhersage. Die Macher der Seite sehen das sicher etwas anders, aber aus meiner Praxis weiß ich, dass die Trefferquote (zumindest in der Planetenfotografie) doch recht gering ist. Warum ist das so?
Ein wichtiger Punkt ist der des lokalen Seeings, denn zentral in Sachen Seeing sind die örtlichen Bedingungen für die Beobachtung. Wer über ein aufgewärmtes Hausdach hinweg beobachten muss, der wird sicher keine einfache Korrelation mit einer allgemeinen Seeingvorhersage feststellen.
Ein anderer Punkt ist schon etwas interessanter, denn Planetenfotografen brauchen ein ganz besonderes Seeing, nämlich ein ,,Millisekunden-Seeing". Klassische Seeingmessungen und Modelle beziehen sich auf eine Mittelung über zehn Sekunden. Ein erfahrener Planetenfilmer hat in dieser Zeit aber schon bis zu 7.000 (!) Einzelbilder im Kasten. Ob die Bilder hinund herzappeln ist dabei nicht wichtig, in der späteren Verarbeitung werden diese ja aufeinander ausgerichtet. Wichtiger als die Luftunruhe, oder positiv ausgedrückt die Luftruhe, ist die Luftschärfe, und da gibt es deutliche Unterschiede. Da sich aber
die Profis mit solchen Dingen gar nicht beschäftigen müssen, denn die haben ja Raumsonden oder Weltraumteleskope, kann man wohl sagen, dass dieser Bereich regelrecht unerforscht ist.
Ein weiterer Punkt ist noch entscheidender: Welches Seeingmodell wird angewendet? Was berücksichtigt es? Welche Luftbewegungen werden als relevant bewertet und in welchem Maße abgebildet? Ist zum Beispiel die Geschwindigkeit des Jetstreams wichtig oder nur die Differenz zur darunterliegenden Schicht? Ist die bodennahe Luftbewegung überproportional von Bedeutung oder ist das nur ein lokaler Effekt? Allgemeiner ausgedrückt: Welche Wetterverhältnisse sollte man betrachten, um daraus die Qualität des Seeings abzuleiten? Dabei kann man davon ausgehen, dass gutes Planeten-Seeing auch einigermaßen gutes Deep-Sky-Seeing bedeutet, aber umgekehrt gilt das wohl nur bedingt. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf traf ich auf der Bonner Planetentagung im Herbst 2022 auf Michael Theusner und kam mit ihm zu meinen Problemen mit den gängigen Seeingvorhersagen ins Gespräch. Michael ist Meteorologe, er ist IT-Spezialist und er ist aktiver Amateurastronom. (Er hat übrigens auch die Stackingsoftware AviStack entwickelt.) Ich rannte offene Türen ein, und noch am selben Abend hatten wir ein Projekt aus der Taufe gehoben: Eine Seeingvorhersage, basierend auf einem eigenen Modell, speziell - aber nicht nur - für Planetenbeobachter.
Am Anfang einer jeden Untersuchung stehen die Daten, doch woher sollten wir diese nehmen? Selbst wenn es offizielle Seeingmessungen gäbe, sie würden das Deep-SkySeeing beschreiben, das uns nur bedingt weiterhelfen würde. Auch die Idee, vor den eigentlichen Planetenaufnahmen jeweils
den FWHM-Wert zu ermitteln, also vereinfacht gesagt, die Größe der Sterne aus Astrofotos auszumessen, käme unseren Bedürfnissen nicht nahe.
Wenn es diese Daten also nicht gibt, dann müssen wir sie eben selbst erheben, überlegten wir. Was zunächst völlig aussichtslos erschien, entpuppte sich aber doch als machbar, denn für unsere Zwecke sind keine flächendeckenden Messungen notwendig und auch keine Seeingwerte in absoluten Maßstäben.
Was wir brauchen, sind relative Werte einzelner Beobachter, die möglichst oft ihre Beobachtungsverhältnisse beschreiben. Mit vergleichsweise wenigen ,,Messstellen" könnte man so eine Korrelation mit den Wetterverhältnissen herleiten, und nur darum geht es ja, denn die Wetterverhältnisse selbst werden in diversen Modellen schon sehr gut vorhergesagt.
Nachdem die Grundannahmen also feststanden, machte sich Michael an die Programmierarbeit. Im Mittelpunkt der Datenerhebung steht die subjektive Einschätzung der jeweiligen Seeingverhältnisse auf einer Skala von -3 bis +3. Die von uns gewählte ,,Seeing-Skala" soll bewusst keiner bekannten Skala ähnlich sein, und vermutlich sind selbst die von uns gewählten sieben Stufen schon zu viel.
Inzwischen ist die Website ,,Seeing-Reporter" (Abb. 1) online und steht zum Datensammeln bereit. Und hier kommt ihr ins Spiel, denn nur durch verlässliche ,,Messstellen" kommen die benötigten Werte zusammen. Wer hat also Lust, so eine ,,Messstelle" in unserem Seeingprojekt zu werden? Wer möchte an dieser ,,Grundlagenforschung" beteiligt sein und einen Beitrag leisten? Wer möchte ,,Seeing-Reporter" werden?
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1 Die Eingabemaske für den Seeingbericht
Die Voraussetzungen dazu sind einfach. Du solltest etwas Erfahrung aus der Planetenbeobachtung oder -fotografie mitbringen, und du solltest möglichst bei allen Beobachtungen die Seeingqualitäten festhalten - wohlgemerkt, die relativen Seeingqualitäten, also: ,,Ist es heute eher gut für mich oder eher schlecht?" Die Wetterverhältnisse musst du nicht dokumentieren, die laden wir in allen Einzelheiten schon seit Wochen herunter. Wenn du Zeit hast oder direkt vor Ort vom Handy gibst du deine Daten auf unserer Website ein.
Wir brauchen den Ort, das Datum und die Zeit deiner Seeingeinschätzung. Wenn die Beobachtung über Mitternacht läuft, ist es schwierig, das Datum anzugeben, deshalb hat Michael die Optionen ,,tagsüber" und ,,nachts" hinzugefügt, so dass die Software die Berechnung übernimmt. Wenn sich das Seeing während der Beobachtung geändert hat, so ist es sinnvoll, die Zeit zu unterteilen und zwei Berichte zu verfassen. Wichtigster Teil deiner Eingabe ist die von dir wahrgenommene Seeingqualität. Das ins Visier genommene Objekt anzugeben ist insofern von Bedeutung, weil wir so die Horizonthöhe berücksichtigen können. Unter ,,Bemerkungen" können zusätzlich noch spezielle seeingrelevante Informationen (z. B. ,,vom Balkon, 2. Etage, Altbau") hinterlegt werden.
Wie werdet ihr nun Seeing-Reporter? Schreibt mir eine Mail an: ralf@burkart-kreuels.de. Ich lege ein Nutzerkonto an. Eure Mailadresse ist eure Nutzer-ID. Ihr bekommt die Zugangsdaten und ein Passwort. Und schon kann es losgehen.
Ihr könnte es Euch denken, so eine Erhebung braucht etwas Zeit, und wir rechnen mit mindestens einem Jahr, um alle jahreszeitlichen Wettereinflüsse abdecken zu können. Vielleicht brauchen wir auch ein zweites Jahr, ein etwas längerer Atem ist also angebracht.
Dafür ist dann aber der Ausblick sehr vielversprechend: Entstehen soll eine Seeing-App, auf die man sich verlassen kann und mit der man guten Gewissens schlafen gehen kann, ohne Angst haben zu müssen, etwas zu verpassen. Oder andersherum, um zu wissen, dass man nicht enttäuscht wird, wenn man sich sehr früh morgens aus dem Bett quält.
Möge das Projekt erfolgreich sein.
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Die Jupitersaison 2023/2024
von Maciej Libert
Jupiter ist einer der faszinierendsten Himmelskörper in unserem Sonnensystem. Bereits durch ein einfaches Fernglas kann man den Planeten und die ihn umkreisenden Monde beobachten und damit einen räumlichen Eindruck von der Ausdehnung unseres Sonnensystems erhalten. Aufgrund seiner enormen Größe und seiner auffälligen Oberflächendetails bietet Jupiter zahlreiche Möglichkeiten für Beobachtung und Fotografie. Die aktuelle Oppositionsperiode wird aufgrund der günstigen Position am Himmel ganz besonders dafür geeignet sein, dem Gasriesen faszinierende Details zu entlocken.
Warum ist diese Saison besonders? Die diesjährige Opposition findet am 3. November 2023 statt. Der Planet durchwandert zu diesem Zeitpunkt das Sternbild Widder, seine Deklination wird bei sehr guten +13,5 Grad liegen, was bedeutet, dass er hoch über dem Horizont stehen und deutlich weniger von atmosphärischer Refraktion und von Luftturbulenzen betroffen sein wird. Jupiter benötigt für eine Sonnenumrundung knapp 12 Jahre, damit ist diese Opposition praktisch eine Wiederholung der Opposition von 2011, mit einer Position fast genau an der gleichen Stelle des Nachthimmels. Das Jahr 2011 wird vielen von uns noch in Erinnerung sein als ein ganz besonders gutes Jahr für Jupiterbeobachtungen und Aufnahmen (Abb. 1).
Jupiter erreicht 2023 seine nahezu maximale Helligkeit von -2,9 mag und hat einen scheinbaren Durchmesser, der nur geringfügig kleiner ist als bei der vorherigen Opposition, die beim sonnennächsten Punkt seiner Bahn, dem Perihel, stattfand. Der Durchmesser beträgt dieses Mal immer noch beeindruckende 49,5 Bogensekunden, wodurch es selbst mit kleinen Teleskopen möglich sein wird, Details auf dem Scheibchen zu entdecken. Ein weite-
1 Jupiter am 02.09.2011. Teleskop: Celestron C11, Kamera: DMK 21, RGB-Astronomik-Filter
(Bild: Maciej Libert)
rer, wichtiger Pluspunkt der diesjährigen Beobachtungsperiode ist, dass sie im Spätsommer und Herbst stattfindet, was oft mit Phasen von gutem Wetter und sehr gutem Seeing verbunden sein kann. In der Vergangenheit hat sich dieser Zeitraum als besonders ergiebig erwiesen, da er zu einer hohen Anzahl von klaren Nächten geführt hat. Damit bietet sich für Beobachter eine ausgezeichnete Gelegenheit, das Optimum aus der am Teleskop investierten Zeit herauszuholen.
Wann ist die beste Beobachtungszeit? Am 11.04.2023 stand Jupiter in Konjunktion zur Sonne, ab dem letzten Maidrittel machte der Planet sich dann langsam am Morgenhimmel bemerkbar, bevor er seit Ende Juli zu einem interessanten Beobachtungsobjekt für Frühaufsteher wurde. Pünktlich zu den wetterstabilen Sommermonaten öffnete sich schließlich das Hauptfenster für Beobachtungen und de-
taillierte, hochaufgelöste Aufnahmen, das sich im bevorstehenden Herbst fortsetzen wird. Am 03.11.2023 wird Jupiter schließlich in Opposition zur Sonne stehen.
Auch in den Wintermonaten nach der Opposition wird Jupiter ein spannendes und relativ gut zu beobachtendes Objekt bleiben. Zu diesem Zeitpunkt ist zwar mit einer Verschlechterung der Wetterlage zu rechnen, da Jupiter dann aber die ganze Nacht zu sehen sein wird, kann man hier mit etwas Glück und Ausdauer ebenfalls wolkenfreie und geeignete Nächte erwischen.
Im Februar und März 2024, wenn der Planet am Abendhimmel wieder der Sonnenkonjunktion zustrebt, ist der Winkel der Ekliptik zum Horizont sehr steil, was weiterhin gute Beobachtungen ermöglichen wird. Eine Beobachtung während dieser Zeit bleibt relativ günstig, und es kann auch sehr interessant sein, unerwartete Aktivitäten auf dem Planeten zu erfassen.
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Planetenbeobachtung
Rotation
f (following)
N3TZ North north temperate zone NNTZ
North temperate zone NTZ
NPR
North polar region
North tropical zone NTrZ
p (preceding)
N3TB NNTB North north temperate belt NTB North temperate belt NEB North equatorial belt
Equatorial zone EZ
EB Equatorial belt
South tropical zone STrZ
South temperate zone STZ South south temperate zone SSTZ
S3TZ
South polar region
SPR
SEB South equatorial belt
STB South temperate belt SSTB South south temperate belt S3TB
2 Nomenklatur der
Jupiter-Wolkenstruktur (VdS-Grafik)
Was kann beobachtet werden? Das nördliche Äquatorialband (NEB) ist derzeit turbulent und aktiv. Das Band scheint sich nach Norden auszudehnen, und es ist davon auszugehen, dass sich diese Entwicklung in der kommenden Saison fortsetzen wird. Damit verspricht das NEB in jedem Fall ein spannendes Beobachtungsziel zu werden (Abb. 2).
Eine interessante Beobachtung der vergangenen Jupitersaison war, dass das dünne, nördliche gemäßigte Band (NTB) vollständig verblasste und nun nicht mehr sichtbar ist. Regelmäßig erlebt das NTB jedoch dramatische Wiederkehr-Ereignisse, die mit einem Auftauchen von hellen Spots/Flecken beginnen. Diese Flecken transportieren weitere Materie an die Oberfläche und verbinden sich mit den vorherrschenden Jetstreams, wodurch eine Neubildung des NTB befördert wird. Es ist möglich, dass wir in der aktuellen Saison Zeugen dieses Ereignisses werden.
Die südliche Äquatorialregion erscheint derzeit stabil breit und dunkel, während der turbulente Bereich nach dem Großen
Roten Fleck (GRF) wie eine ausgedehnte Fahne weiterhin aktiv ist. Der GRF ist in seiner rötlich-orangen Färbung intensiv geblieben, obwohl seine Ausdehnung aufgrund von turbulenten Aktivitäten in den letzten Jahren merklich geschrumpft ist. Veränderungen rund um den GRF werden also auch in den nächsten Monaten sowohl für visuelle Beobachter als auch für Fotografen interessant sein.
Jupiters Rotationsachse ist nur um drei Grad gegen die Ekliptik geneigt. Seine vier bekanntesten Monde (Kallisto, Io, Europa und Ganymed) umkreisen den Riesenplaneten in seiner Äquatorebene. Dies führt dazu, dass die Monde für irdische Beobachter vor Jupiter durchziehen und von ihm oder seinem Schatten verdeckt werden. Diese Transit- und Bedeckungsereignisse wirken wie eine Miniatur der Abläufe in unserem Sonnensystem und gehören zu den spektakulärsten Erscheinungen, die man auf dem Gasriesen beobachten kann. In den nächsten Monaten werden wir wieder eine ganze Reihe an solchen Ereignissen beobachten können (s. dazu auch die Himmelsvorschau in jedem Heft). Da wir
aber momentan auf Jupiters Äquatorebene nördlich herabschauen, werden wir keine Bedeckungen und Transite des Mondes Kallisto sehen können.
Fazit Die aktuelle Jupitersaison wird in jeglicher Hinsicht eine besonders ergiebige Zeit für begeisterte Planetenbeobachter und -fotografen sein. Der Planet nimmt einen sehr günstigen, hohen Stand am Himmel ein und erreicht fast wieder seinen maximalen scheinbaren Durchmesser und eine nahezu maximale Helligkeit. Der für Beobachtungen interessante Zeitraum liegt weitgehend in Monaten, die gute Chancen auf wolkenfreien Himmel versprechen und stabile Beobachtungsbedingungen mit sich bringen. Diese Jupitersaison 2023/2024 ist eigentlich eine Wiederholung der exzellenten Situation von 2011, jedoch mit einer um 12 Jahre weiterentwickelten Kamera- und Softwaretechnik. Es ist daher zu erwarten, dass die nächsten Monate durch Erfolgserlebnisse am Teleskop gekennzeichnet sein werden und dass die von Planetenfotografen gewonnenen Ergebnisse von hoher Qualität sein werden.
Planetenbeobachtung
Bilderstrecke Planeten
zusammengestellt von Maciej Libert
Teil 1 - Abschied von Jupiter
Jupiter erreichte am 26.09.2022 seine Opposition, seine Helligkeit nahm im letzten Quartal 2022 langsam, aber stetig ab. Dennoch bot der Gasriese weiterhin gute Möglichkeiten für Beobachtungen. So gelang es Bernd Gährken am 02.11.2022 von München aus, einen Doppeltransit von Jupiters Trabanten Ganymed und Europa zu dokumentieren, während Markus Vertesich am 16. und 17.10.2022 mit seinem 8-Zoll-Newton eine erstaunlich detaillierte Karte des Planeten erstellen konnte. Michael Büchner widmete seine Aufmerksamkeit hingegen den Wellenlängen außerhalb des sichtbaren Spektrums und belichtete am gleichen Abend den Gasriesen im Ultraviolett und im Methanlicht. Er schreibt dazu: ,,Der Methanfilter (CH4) ist im nahen Infrarot bei 890 nm zentriert und gibt je nach Albedo die relative Höhe der Wolken wieder, hell ist höher, dunkel ist niedriger. Jupiter absorbiert Licht im UVBereich stark. Der UV-Bessel-Filter ist auf 350 nm zentriert. Im UV erscheint der GRF dunkler durch die stärkere Absorption der oberen Wolkenschichten."
1 Jupiter am 02.11.2022, 21:45 - 23:11 Uhr MEZ. Die Aufnahmen zeigen die Transite von Europa und Ganymed. Celestron C11 mit Barlow
1,6x, ADC, ZWO ASI462, IR-Sperrfilter (Bild: Bernd Gährken)
32 | Journal für Astronomie Nr. 87
Planetenbeobachtung
2 Gesamtkarte von Jupiter, aufgenommen am 16. und 17.10.2022. 200-mm-Newton (Skywatcher) mit Barlow 2,7x (APM), ADC, RGB-Filter
(Baader), ZWO ASI178MM (Bild: Markus Vertesich)
3 Jupiter am 04.10.2022. Takahashi Mewlon 250 CRS bei feff = 5.350 mm, ADC (Gutekunst). Rechts:
Aufnahme mit UV-Filter (Chroma-U-Bessel-Filter, ZWO ASI290MM), 23:18 Uhr MEZ; links: Aufnahme mit Methanbandfilter (Chroma-CH4-Filter, ZWO ASI 462MC), 23:48 Uhr MEZ (Bild: Michael Büchner)
Planetenbeobachtung
Teil 2 - Die Mars-Opposition 2022/23
Die Monate um den Jahreswechsel 2022/2023 waren für Planetenbeobachter durch die Präsenz von Mars am Himmel gekennzeichnet. Der rote Planet erreichte seine Opposition zur Sonne am 08.12.2022 im Sternbild Stier und kam der Erde bei seiner maximalen Annährung auf 81,5 Millionen Kilometer oder 0,54 Astronomische Einheiten nahe. Neben der relativ geringen Entfernung war diesmal die hohe Position des Planeten mit einer Deklination von 25 Grad nördlich der Ekliptik besonders günstig für astronomische Beobachtungen und Aufnahmen.
Kein Wunder also, dass zahlreiche Beobachter unseren Nachbarplaneten ausgiebig von ihren Sternwarten, Gärten und Balkonen aus ins Visier nahmen. Bemerkenswert für diese Saison war eine ausgeprägte Wolkenbildung um den Nordpol des Planeten. Die Strukturen zeigten von Tag zu Tag eine hochdynamische Entwicklung und waren ein spannendes und oft diskutiertes Thema innerhalb der Fachgruppe.
4 Mars am 05.11.2022 um 01:11 Uhr MEZ. Meade LX200 16 Zoll EMC
plus Barlow 1,4x (Baader Q-Turret), feff = 5.700 mm, UV/IR-Cut-Filter, ZWO ASI462MC (Bild: Thomas Wahl)
5 Mars am 11.11.2022 um 00:10 Uhr UT. Aufnahmedaten
wie Abb. 4 (Bild: Thomas Wahl)
6 Mars am 11.11.2022 um 22:27 Uhr MEZ und am
13.11.2022 um 23:32 Uhr MEZ. Die Aufnahmen zeigen die Dynamik der Marswolken am Nordpol im Abstand von zwei Tagen. Im Bereich des Mare Acidalium ist vermutlich Bodenalbedo durch die Marswolken zu sehen. Dobson-Newton 16 Zoll, f = 5.075 mm, ADC, ZWO ASI178MM (mit Rotfilter) und ASI178MC (mit UV/IR-Cut-Filter). (Bild: Ralf Burkart)
7 Mars vom 19.11. um 22:07 Uhr MEZ (links) bis
20.11.2022 um 02:05 Uhr MEZ (rechts). Aufnahmedaten wie Abb. 4 (Bild: Thomas Wahl)
34 | Journal für Astronomie Nr. 87
Planetenbeobachtung
8 Mars am 20.11.2022. Maksutov-Newton
14 Zoll, UV/IR-Cut-Filter, QHY462C (Bild: Martin Fiedler)
9 Mars am 20.11.2022. Newton 8 Zoll (Eigenbau), Zeiss-Abbe-Barlow
(feff = 2.500 mm), ZWO ASI178MM mit RGB-Filtern (Bild: Wolfgang Bischof)
1 0 Mars am 25.11.2022 um 23:45 Uhr
MEZ. Aufnahmedaten wie Abb. 4 (Bild: Thomas Wahl)
1 1 Mars am 08.12.2022 um 22:40 Uhr UT und 53 Minuten später. Celestron C14
bei feff = 10.900 mm. ZWO ASI290MM mit RGB-Filtern (Astrolumina) (Bild: Rudolf A. Hillebrecht)
1 2 Mars am 11.12.2022 um 21:55 Uhr MEZ.
Celestron C14 bei feff = 14.400 mm. ZWO ASI290MM mit RGB-Filtern (Astrolumina) . (Bild: Rudolf A. Hillebrecht)
1 3 Mars am 12.12.2022 um 21:15 und 22:05 Uhr MEZ. Takahashi Mewlon 250
CRS bei feff = 5.800 mm, ADC (Gutekunst). Links: ZWO ASI224MC mit UV/IR-CutFilter (Baader), rechts: ZWO ASI290MM mit Chroma-U-Bessel-Filter. Sichtbare Regionen: Aurorae Sinus, Valles Marineris, Solis Lacus (,,Auge des Mars"), links am Rand Olympus Mons; weiterhin komplexe Struktur der Nordpolarhaube und Wolkenschleppe im Süden. (Bild: Michael Büchner)
Planetenbeobachtung
1 4 Mars am 12.12.2022 um 20:25 Uhr MEZ. Meade LX200
16 Zoll EMC plus Barlow 1,6x (Baader Q-Turret), feff = 6.250 mm, UV/IR-Cut-Filter, ZWO ASI178MC (Bild: Thomas Wahl)
1 5 Mars am 13.12.2022 um 22:39 Uhr MEZ. Celestron C11 XLT
bei feff = 5.600 mm, RGB-Filter und ProPlanet-Filter für 642 nm (alle Astronomik). Über dem Nordpol sind bläuliche Wolken zu erkennen, die sich als Eisnebel über der Eiskappe gebildet haben und als Nordpolarhaube (NPH = North Polar Hood) bezeichnet werden. Von der eigentlichen Polkappe sieht man dadurch nichts. Oben ist Olympus Mons zu erkennen. (Bild: Kai-Oliver Detken)
1 6 Mars am 13.12.2022 um 22:32 Uhr MEZ. Celestron C14,
f = 3.910 mm, IR- und RGB-Filter (Astronomik), ZWO ASI290MM. Starke Wolkenbildung am Nordpol des Mars, die Nordpolarhaube (NPH) dominiert das Erscheinungsbild des roten Planeten. Neben der Großen Syrte ist der Vulkan Olympus Mons gut im Bild erkennbar. (Bild: Maciej Libert)
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1 7 Mars am 15.12.2022 um 21:10 Uhr MEZ. Dobson-Newton
16 Zoll, f = 5.075 mm, ADC, ZWO ASI178MM (mit Rotfilter) und ASI178MC (mit UV/IR-Cut-Filter) (Bild: Ralf Burkart)
Planetenbeobachtung
1 8 Mars am 25.12.2022 um 20:30 Uhr MEZ. Takahashi
Mewlon 250 CRS bei feff = 5.800 mm, ADC (Gutekunst), RGBFilter (Baader), ZWO ASI290MM. Sichtbare Regionen: Große Syrte und das helle Hellas-Becken. (Bild: Michael Büchner)
1 9 Mars am 03.01.2023 ab 17:30 Uhr MEZ, Celestron C14 bei
feff = 14.000 mm, ZWO ASI290MM mit RGB-Filtern (Astrolumina) (Bild: Rudolf A. Hillebrecht)
Planetenbeobachtung
Teil 3 - Marskarten 2022/23
Ein erklärtes Ziel dieser Opposition war es, vollständige Karten der Marsoberfläche herzustellen. Da der Planet in 24 Stunden und 37,4 Minuten um die eigene Achse rotiert, sind für eine Abbildung der gesamten Oberfläche mehrere Beobachtungsabende notwendig. Rudolf A. Hillebrecht, Michael Büchner und Wolfgang Bischof haben sich dieser Herausforderung gestellt und dabei erstaunlich detaillierte Ergebnisse erzielt (in Farbe und s/w). Eine Besonderheit dabei ist der Vergleich von Mars-Strukturen in zwei verschiedenen Wellenlängen: UV und Rot. Wolfgang Bischof schreibt dazu: ,,Ausgangspunkt war die bereits öfter gemachte Beobachtung, dass Mars das UV-Licht ausnahmslos in seiner Atmosphäre reflektiert. Oberflächenstrukturen sind dagegen im UV völlig unsichtbar, während sie im B-Band noch durchscheinen. Die folgenden Auswertungen resultieren aus den Beobachtungsabenden am 12. und 14. Dezember 2022. Die Ergebnisse im R-Band und im UV-Band wurden zunächst in Gesamtkarten umgerechnet. Im Vergleich ist sehr deutlich zu sehen, dass im UV ausschließlich Wolkenstrukturen und im R ausschließlich Oberflächenstrukturen sichtbar sind, was eine vollkommene Separation dieser Strukturen ermöglicht."
2 0 Albedo-Karte von Mars. Celestron C14, ZWO ASI290MM mit RGB-Filtern (Astrolumina) (Bild: Rudolf A. Hillebrecht)
2 1 Albedo-Karte von Mars, aufgenommen von November 2022 bis Januar 2023 und erstellt mit WinJupos. Takahashi Mewlon
250 CRS bei feff = 5.800 mm, ADC (Gutekunst), Rotfilter (Baader), ZWO ASI290MM. (Bild: Michael Büchner)
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Planetenbeobachtung
2 2 Albdo-Karte von Mars, aufgenommen am 12.12.2022. Newton 8 Zoll (Eigenbau), Zeiss-Abbe-Barlow
(feff = 2.500 mm), ZWO ASI178MM mit Rotfilter. (Bild: Wolfgang Bischof)
2 3 Karte von Mars im UV-Licht, aufgenommen am 12.12.2022. Newton 8 Zoll (Eigenbau), Zeiss-Abbe-Barlow
(feff = 2.500 mm), ZWO ASI178MM mit UV-Filter. (Bild: Wolfgang Bischof)
2 4 Karte von Mars im UV-Licht, aufgenommen am 14.12.2022. Newton 8 Zoll (Eigenbau), Zeiss-Abbe-Barlow
(feff = 2.500 mm), ZWO ASI178MM mit UV-Filter. (Bild: Wolfgang Bischof)
Planetenbeobachtung
2 5 Mond und Mars am 08.12.2022 um 06:06 Uhr MEZ.
Mosaik mit Refraktor 72 mm / 432 mm, ZWO ASI290MC (Bild: Bernd Gährken)
2 6 Mars und Mond im Fokus: Aufnahme um 05:41 Uhr MEZ
am 08.12.2022. Maksutov-Teleskop 150 mm / 1.800 mm, ZWO ASI533MC Pro (Bild: Jürgen Burghard)
40 | Journal für Astronomie Nr. 87
Planetenbeobachtung
2 7 Links: Die Annäherung von Mars und
Mond am 08.12.2022 um 05:51 Uhr, 05:56 Uhr, 06:02 Uhr und 06:06 Uhr MEZ. Aufgenommen mit Refraktor 72 mm / 432 mm und ZWO ASI290MC (Bild: Bernd Gährken)
Teil 4 - Die Marsbedeckung durch den Mond am 08.12.2022
In den Morgenstunden des 08.12.2022 zeigte sich ein bemerkenswertes Schauspiel am Himmel: Der Planet Mars wurde am Tag seiner Oppositionsstellung zur Sonne für ungefähr eine Stunde vom Mond bedeckt. Leider war in vielen Teilen Deutschlands der Himmel bewölkt, so dass es nur wenigen gelang, Aufnahmen von diesem schönen Ereignis zu machen - herzlichen Glückwunsch an die erfolgreichen ,,Jäger"!
2 8 Marsbedeckung! Den exakten Zeitpunkt der Bedeckung um 06:06 Uhr MEZ hat Jörg Dubiel mit dem 7-Zoll-Refraktor
(Astrophysics, f = 1.620 mm) der Sternwarte Weil der Stadt abgepasst. Kamera: QHY5III 462C mit UV/IR-Cut-Filter.
2 9 Nach der Bedeckung:
Mond und Mars über schneebedeckten Hügeln (Bild: Bernd Gährken)
Journal für Astronomie Nr. 87 | 41
Planetenbeobachtung
3 0 Die Annäherung von Venus und Jupiter von Ende
Februar bis Anfang März 2023. An fünf hintereinander folgenden Abenden ungefähr zur gleichen Uhrzeit konnten Jupiter und Venus fotografiert und die einzelnen Bilder mit der Annährung der Planeten zu einer Collage zusammengestellt werden. Die Fotos wurden mit einer Canon R5 und einem Canon EF 200 (f/2,8) belichtet. (Bild: Rainer Sparenberg)
3 1 Am Abend des 22.02.2023 ergänzte die schmale
Mondsichel das Duett aus Venus und Jupiter zu einem Trio. Bernd Flach-Wilken hat den kosmischen Dreiklang mit orientalischem Flair bei angenehmen 25 Grad vom Oman aus beobachtet.
3 2 Venus und Jupiter am 01.03.2023. Im Vordergrund
die Skulptur ,,Fährmann," der Rhein sowie die Rheinbrücke Kleve-Emmerich. Aufgenommen um 19:22 Uhr MEZ mit Canon EOS 100 D, Objektiv Canon EF 50 mm, ISO 200, f/11, t = 6,0 s. (Bild: Reinhard Kaltenböck)
42 | Journal für Astronomie Nr. 87
Teil 5 - Die Konjunktion von Venus und Jupiter 2023
Im März 2023 ereignete sich ein besonderes Phänomen am Sternenhimmel: Die Konjunktion der beiden hellsten Planeten Venus und Jupiter, die auch von Laien und ohne besondere Instrumente gut beobachtet werden konnte. Das Ereignis war über mehrere Tage am Abendhimmel gut verfolgbar und wurde von zahlreichen Fotografen dokumentiert. Die größte Annäherung der beiden Planeten fand am 01. und 02. März 2023 statt. Ein so auffälliges Ereignis begeistert nicht nur Amateur-Astronomen, sondern auch Menschen, die sich normalerweise nicht mit dem Sternenhimmel beschäftigen. Es zeigte uns einmal mehr, wie faszinierend und zugänglich die Schönheit des Universums sein kann, wenn wir nur unsere Blicke zum Himmel richten.
3 3 In Groß Schwülper verfolgte Jürgen Burg-
hard die Konjunktion von Venus und Jupiter am 01. März 2023. Die Übersichtsaufnahme vermittelt einen guten Eindruck vom visuellen Anblick.
Planetenbeobachtung
3 4 Die Konjunktion von Jupiter und Venus am 01. März in Großaufnahme, deutlich ist der Helligkeitsunterschied der Planeten zu erkennen.
Refraktor 127 mm / 952 mm (Omegon-Apochromat), ZWO ASI 1600MM Pro, IR-Pass-Filter (742 nm). (Bild: Jürgen Burghard)
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Teil 6 - Venus bei den Plejaden im April 2023
Über die Osterfeiertage 2023 zog die Venus am Westhorizont an den Plejaden vorbei, am 10.04.2023 näherte sie sich dem Siebengestirn bis auf 2,6 Grad . Eine Dokumentation dieses Vorübergangs gelang Bernd Gährken an sechs aufeinanderfolgenden Abenden während seines Astro-Urlaubs in Andalusien. Das Ergebnis: zwei schöne Kompositionen (jeweils drei Abende) dieses außergewöhnlichen Ensembles (rechte Seite).
3 5 Das Planetentreffen von Jupiter und Venus am Abend des
01. März über der Johanneskirche am Feuersee in Stuttgart. Canon 6D mit 24-mm-Objektiv (Bild: Sven Melchert)
3 6 Am 03. März, zwei Tage nach der Konjunktion, schmückten
Venus und Jupiter den Abendhimmel über Dortmund. Das Abschiedsbild hat Ralf Schäfer mit einer Nikon Z5 und Nikkor 70-200 mm bei f = 70 mm aufgenommen.
44 | Journal für Astronomie Nr. 87
3 7 Venus und das Siebengestirn am 08., 09. und 10. April 2023.
Bei den Plejaden sind die bekannten Reflexionsnebel zu sehen, bei der Aufnahme von Venus am 10.04. irdische Schleierwolken. Canon EOS M mit 180-mm-Objektiv von Nikon. (Bild: Bernd Gährken)
3 8 Venus bei den Plejaden am 11., 12. und 14. April 2023.
Die ,,Strahlen" der Venus sind durch die Blende des Objektivs entstanden. Sony Alpha 7S mit 180-mm-Objektiv von Nikon. (Bild: Bernd Gährken)
Journal für Astronomie Nr. 87 | 45
Planetenbeobachtung
Teil 7 - Merkur
Im April 2023 bot sich eine günstige Gelegenheit, den innersten Planeten unseres Sonnensystems, Merkur, zu beobachten. Aufgrund seiner engen Umlaufbahn innerhalb der Erdumlaufbahn kann Merkur nur in bestimmten, relativ kurzen Zeitfenstern in der Abend- oder Morgendämmerung gesichtet werden. Die Abendsichtbarkeit im April war besonders günstig, da zu dieser Zeit die Ekliptik steil zum Horizont steht und Merkur angenehm hoch am Himmel zu sehen war.
Die Fotografie von Merkur ist an sich schon eine herausfordernde Aufgabe. Doch es gibt noch ein zusätzliches, weniger bekanntes Phänomen, dem man sich widmen kann: Merkurs Natriumschweif. Dieser entsteht, wenn der Sonnenwind, ein Strom geladener Teilchen, auf die Atmosphäre des Merkurs trifft. Dabei werden Natriumatome aus der Oberfläche und der dünnen Atmosphäre des Planeten herausgelöst. Durch die Sonnenstrahlung werden diese Natriumatome ionisiert und zu Natriumionen. Der Sonnenwind drückt die Natriumionen dann in Richtung des Weltraums, weg von der Sonne, und bildet so den Natriumschweif.
3 9 Merkur am Horizont, darüber ist Venus an den
Plejaden vorbeigezogen. Aufnahme am 14. April 2023, Brennweite 24 mm, 10 s belichtet bei Blende 6,3 und ISO 1600. Die beste Merkursichtbarkeit des Jahres. (Bild: Otto Guthier)
46 | Journal für Astronomie Nr. 87
4 0 Merkur zeigt Oberflächenstrukturen am
06.04.2023 um 18:13 Uhr UT, aufgenommen an der Sternwarte Radebeul mit einem MaksutovNewton-Teleskop mit 14 Zoll Öffnung (f/4,5). Die Brennweite wurde mit einem Baader FFC verlängert, resultierend in f/20. Kamera: QHY462c, belichtet wurden 5.000 Frames mit 45 ms Einzelbelichtungszeit. Die Verwendungsrate war 50%. (Bild: Martin Fiedler)
4 1 Nachweis des Merkur-Natriumschweifs
am 11. April 2023 um 19:14 Uhr UT. Teleskop: Williams Megrez 72 mm / 432 mm, Kamera: ASI290MM, 50 x 10 s belichtet durch einen Natrium-Engbandfilter mit Halbwertsbreite 3 nm, Aufnahmeort war Bad Gandersheim. (Bild: Rudolf A. Hillebrecht)
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Amateurteleskope/Selbstbau
Yolo-Schiefspiegler:
Astigmatischer Sekundärspiegel verspannt oder geschliffen?
von Beat Küchler
Nachdem ich den Yolo-Schiefspiegler im VdS-Journal für Astronomie habe vorstellen dürfen [1], möchte ich ergänzend über den astigmatisch zu deformierenden Sekundärspiegel und ein kürzlich durchgeführtes Experiment berichten.
Astigmatischer (torisch deformierter) Sekundärspiegel Der ,,Yolo", dieser exzellente Reflektor, ist kommerziell nicht verfügbar, aber ein interessantes Eigenbauprojekt. Die zwei notwendigen Spiegel sind langbrennweitig konkav. Einer davon, am besten der Sekundärspiegel, muss horizontal und vertikal zwei unterschiedlich lange Krümmungsradien aufweisen. Er erhält damit eine torische Fläche, welche den systembedingten Astigmatismus ausgleicht. Dies ist für einen Teleskopspiegel vielleicht ungewohnt, nicht aber in der Brillen-Industrie, wo Linsen geschliffen werden, welche die Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) korrigieren.
habe ich bisher keine gefunden. Dies hat mich bewogen, selbst einen Test durchzuführen.
Experiment mit Verspannung Erwin Herrig aus Chemnitz, der Erfinder eines in der Folge patentierten Schiefspieglers, hat sich auch mit dem Yolo-Teleskop beschäftigt. In einem Artikel über torische Spiegel für Yolo-Reflektoren (nicht mehr allgemein verfügbar) hat er eine Verspan-
1 Prinzip der Verspannung nach
A. S. Leonard (Skizze)
Wie in [1] ausgeführt, kann diese Asphärizität durch geeignete Schleifbewegungen (,,Striche") in hoher optischer Qualität erreicht werden. Dies sei schwierig, lese ich in Internet-Foren von ATMs (Amateur Telescope Makers) wie z. B. Astrotreff [2] immer wieder und diese Auffassung findet sich auch in der Fachliteratur [3].
Der Erfinder des Yolo, A. S. Leonard, Professor an der University of California, verspannte einen sphärisch geschliffenen Sekundärspiegel mechanisch und erreichte damit nach seinen Angaben die nötige Deformation. Er benutzte ein senkrecht aufeinander stehendes Stabsystem (,,warping harness"), welches den Spiegel in einer Ebene zieht und in der anderen stößt (Abb. 1).
Über die Herstellung von Yolo-Spiegeln, welche mittels Verspannung die gewünschte Oberfläche aufweisen sollen, liest man in astronomischen Foren regelmäßig. Quantitative Angaben über deren optische Güte
2 4-Zoll-Spiegel in Verspannungsring
48 | Journal für Astronomie Nr. 87
Amateurteleskope/Selbstbau
3 Konfiguration für den Ellipsoid-Stern-
test aus ,,The Yolo Reflector", A. S. Leonard, undatiert
nung vorgestellt, welche derjenigen von Leonard im Prinzip entspricht. Sie ist ringförmig gebaut und greift am Spiegelrand in Vertiefungen derart, dass im verspannten Zustand sogar eine Politur möglich wäre: Sphärisch poliert würde nach Entfernung der Verspannung der Spiegel in die gewünschte torische Form ,,zurückspringen" [3].
4 Beugungsbild beim Ellipsoid-Sterntest
des verspannten 4-Zoll Spiegels
Meine ATM-Kollegen Markus Früh und Rainer Lange haben mir in ihrer mechanischen Werkstatt eine Verspannung nach dem Vorbild von Herrig gebaut. Ein sehr guter, neu dafür hergestellter sphärischer 4-Zoll-Spiegel mit 4 Metern Krümmungsradius wurde eingepasst (Abb. 2). Die Verspannung wurde so eingestellt, dass die Differenz des langen zum kurzen Radius 50 mm betrug. Dies ist eine vergleichsweise geringe astigmatische Differenz und entsprechend wäre eine gute toroidale Spiegeloberfläche zu erwarten.
Optische Analyse Einen astigmatischen Spiegel kann man in der Ellipsoid-Konfiguration einfach mit einem künstlichen Stern testen (Abb. 3 und [4]). Am Okular soll ein Beugungsscheibchen mit Beugungsringen zu sehen sein, wie wir es vom sphärischen Spiegel in der klassischen Testkonfiguration kennen. Bei meinem verspannten Spiegel war das nicht der Fall: Wie die fotografische Aufnahme (Abb. 4) zeigt, sieht man ein Beugungsscheibchen und kreuzförmig angrenzend
5 Interferometrie-Protokoll des verspannten 4-Zoll-Spiegels
Journal für Astronomie Nr. 87 | 49
Amateurteleskope/Selbstbau
6 Beugungsbild beim Ellipsoid-Sterntest des auf 2/3
abgeblendeten verspannten 4-Zoll-Spiegels
7 5-Zoll-Yolo auf AltAz-Montierung
Beugungserscheinungen. Auf Anhieb wird klar, dass mit der Verspannung nicht die gewünschte Spiegeloberfläche generiert wird. Es kommt eine zusätzliche Deformation ins Spiel, die man Astigmatismus 2. Ordnung nennt. Mittels Interferometrie lässt sich dieser Fehler quantifizieren und man stellt fest, dass er den Spiegel ruiniert (Abb. 5).
Wenn man ihn auf 2/3 der Öffnung abblenden würde, könnte man einen guten Spiegel erhalten. Der mit dieser Blende am künstlichen Stern durchgeführte Test zeigt das Beugungsscheibchen mit einem fast perfekten Beugungsring (Abb. 6) und die Interferometrie ergibt einen Strehl-Wert von 0,98. Praktikabel ist die Abblendung nicht: Der Spiegel müsste im selben Verhältnis überdimensioniert werden. Dies führt nicht nur zu mehr Gewicht. Die Kippwinkel des Schiefspieglers müssten vergrö-
ßert werden, damit es nicht zu einer Abschattung kommt. Der daraus resultierende stärkere Astigmatismus verlangt dann eine ausgeprägtere toroidale Deformation und man gerät in eine Art Teufelskreis.
Fazit Mit der beschriebenen Verspannung habe ich keine für das Yolo-Teleskop brauchbare torische Deformation des Yolo-Sekundärspiegels erreicht. Die Frage ist offen, ob sie mit einer komplexeren Verspannung gelingen kann. Die astigmatische Deformation in den Sekundärspiegel zu schleifen (polieren) scheint mir die Methode der Wahl für Teleskopbauer, die ein Yolo-Teleskop herstellen wollen. Man erreicht die notwenige Güte mit durchaus vertretbarem Aufwand. Unter dieser Voraussetzung habe ich inzwischen ein weiteres Yolo-Teleskop fertiggestellt (Abb. 7). Meinen Freund Re-
nato darf ich zurzeit beim Bau eines 6-ZollYolos beraten. Es ist sein erstes Projekt und er ist mit dem Schliff des Toroids auf sehr gutem Weg.
Literatur- und Internethinweise (Stand April 2023): [1] B. Küchler, 2021: ,,Ein exzellentes
Teleskop im Eigenbau: Der YoloReflektor",, VdS-Journal für Astronomie 78, März 2021, S. 44-48 [2] Astrotreff - Die Astronomie- und Raumfahrt-Community: www.astrotreff.de/ [3] G. H. Smith et al., 2012: ,,Telescopes Eyepieces Astrographs",, WillmanBell, S. 344 f [4] L. Howald, 1993: ,,Der Schliff eines toroidischen Spiegels", Orion 51, Heft 259, www.e-periodica.ch > cntmng
50 | Journal für Astronomie Nr. 87
Amateurteleskope/Selbstbau
Der Umbau eines Schneckengetriebes mit einfachsten Mitteln
von Wilfried Wacker
Für die visuelle Astronomie ist der Anspruch an eine Montierung nicht zwingend so hoch wie für die Fotografie. Dafür benötigt man schon eine ausreichend stabile Montierung mit guten Antrieben. Der Haken an diesen genannten Tatsachen ist aber: So etwas kostet Geld! Und wie das leider oft so ist: je teurer, desto besser - meistens jedenfalls. Seitdem bei mir in jungen Jahren der Astrovirus gezündet hatte, war ich wegen finanzieller Engpässe gezwungen, die Dinge so weit als möglich selbst zu fertigen. Aus meiner Lehrzeit als Autoschlosser bei der Bundesbahn konnte ich zwar umfangreiche handwerkliche Kenntnisse einbringen, leider aber nicht die notwendigen Maschinen. So entwickelte sich über die Jahre zunehmend eine Art Hobby im Hobby. Oder scherzhaft gesagt: Kaufen ist doch langweilig!
Ähnlich individuell hat sich mein Interesse in der Astronomie entwickelt. Mich interessiert mehr die physikalische Natur der ausgesuchten Objekte als deren farbenfrohe Darstellung. Ich bezeichne das auch gerne als ,,fotografisches Spechteln". Und je tiefer sie sich im All verstecken, je kleiner und schwerer sie nachzuweisen sind, desto spannender ist das für mich! Da kamen mir die zu der Jahrtausendwende neu in der Astroszene auftauchenden, japanischen Watec-Videokameras äußerst gelegen. Eine solche Kamera zeichnete sich durch sehr hohe Empfindlichkeit aus. Damit war ich in der Lage, noch einige Jahre mit meinen Wackelmonstern - wie ich diese Montierungen scherzhaft nannte - und entsprechender Bildbearbeitung interessante Astrofotografie zu betreiben.
von zwei Maschinenbauingenieuren im Eigenbau gefertigt. Die Achsantriebe wurden über doppelte Schneckengetriebe mittels Elektromotoren ausgeführt, inklusive einer höchst interessanten elektromechanischen Nachführregelung. Leider war das für die CCD-Fotografie weniger geeignet. Deswegen baute ich mir die Montierung auf computergestützte Schrittmotorantriebe um, was problemlos klappte. Der Deklinationsantrieb ist bis heute unverändert, er funktioniert einfach gut. Problematischer war der Stundentrieb. Schon nach den ersten Fotoversuchen musste ich feststellen, dass die Stundenschnecke einen so genannten großen, aber langsamen Rundlauffehler aufwies. Dass dieser Fehler in keiner Weise etwas mit der doch gut gearbeiteten Schnecke zu tun hat, sondern durch - ich muss es leider sagen - eigene Dummheit entstanden war, sollte ich erst viel später merken ...
Im Januar 2001 änderte sich das. Von einem lieben Sternfreund aus Brittheim (Grüß Dich, Gerhard!) erstand ich eine 95 kg schwere, deutsche Montierung. Diese Montierung wurde Ende der 90er Jahre
Es ist erfreulich, dass so mancher Amateurastronom doch noch die Zeit zum Selbstbau findet. Manchmal sind es nur die kleinen Zubehörteile, manchmal aber auch interessante Umbauten oder Ergänzungen. Der Autor dieses Berichts musste nur kurz ,,angestupst" werden, und schon hatte er die Idee, im VdS-Journal für Astronomie seinen Umbau darzustellen.
Wir würden uns sehr freuen, wenn der eine oder andere Leser sich hiermit auch ,,kurz angestupst" fühlt und über seine Erfahrungen im teleskopischen Selbstbau berichten könnte. Es kann auch ein kurzer Beitrag sein. Peter Riepe, Redaktion
1 Ursprüng-
liche Schneckenjustiervorrichtung - zugegeben: Ein wenig chaotisch sieht es ja schon aus.
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Amateurteleskope/Selbstbau
2 Kugellagerhalter und -führung in
neuer Ausführung
Aber als nicht einfach zu handhaben erwies sich die vorhandene Schneckenjustierung. Allerdings: Die gleiche Stellfunktion weist auch der Deklinationsantrieb auf, funktioniert jedoch bis heute problemlos. Auch wohl, weil ich hier nie etwas einstellen musste.
Der Urzustand Schauen wir uns dazu einmal Abbildung 1 an: Man erkennt sofort, dass die Schnecke
in dem Verstellrad aus der Mitte versetzt angeordnet ist. Das ist auf der gegenüberliegenden Seite ebenso, nur dass die beiden Verstellräder nicht miteinander verbunden sind. Ich war also gezwungen, jedesmal die beiden Stellräder synchron zu verdrehen, da sonst die Schnecke verkippen würde. Das wäre zwar für die radiale Position im Schneckenrad nicht weiter tragisch, jedoch ist auf einer Seite der Schnecke ja das Motor-/Vorgetriebesystem angeflanscht. Und das ist starr an einem Haltewinkel befestigt (s. Abb. 3 im Vorgriff). Es könnten dann unerwünschte Verspannungen im Antrieb auftreten! Zurück zur Abbildung 1. Ein Verdrehen der Schnecke mittels der Verstellräder bewirkt eine Rotation der Schnecke.
Und somit greift die Schnecke nicht mehr mittig in die Hohlkehle der Schneckenradverzahnung, sondern wandert seitlich die Zahnflanken hoch, ja - bis sie nur noch eben in die Zähne des Rades eingreift. Das könnte unter Umständen sogar zu Abbrüchen an den Zahnspitzen führen! Mir ist bis heute unklar, was die Erbauer zu dieser Idee geführt hat. Klar ist nur: das funktioniert so niemals.
Der Umbau Ich hatte mich über die Jahre mit guten Freunden und Bekannten über dieses Problem unterhalten, aber alle Ratschläge liefen auf den Neubau eines Lagerbockes hinaus. Bei uns im Ort sind geeignete Schlossereien nicht vorhanden, und es wäre auch vermutlich kein preiswertes Vergnügen geworden, mal so lax gesagt. Aber zwei meiner Freunde wurden nicht müde, mich immer wieder anzustoßen: ,,Willi, Du musst da einfach was unternehmen!"
Irgendwann trieb mich dieses freundliche Anstoßen dazu, noch einmal meine Materialkisten zu durchsuchen. Und dabei fiel mir ein kurzes Stück Aluminium mit U-Profil in die Hand! Und da kam wie aus heiterem Himmel der Geistesblitz (Abb. 2). Passen die Kugellager in diese U-Form? Ja, als wären sie dafür gemacht! Nach diesem ersten Test war mir sofort die ganze Konstruktion klar vor Augen! Erst einmal wurden neue Kugellager bestellt, die Alten knirschten doch schon mächtig. Und bei derselben hervorragenden Firma [1] auch ein Kugelgelenk als Kupplung (Abb. 4) mit einer Sondergröße als Kopfbohrung bestellt (eine Seite 6 mm, die andere 8 mm). Mit rund 70 Euro war das noch das teuerste
3 Fertig anmontierter Schneckenlagerbock
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4 Die neue Kugelgelenkkupplung
Amateurteleskope/Selbstbau
Bauteil. Insgesamt habe ich keine 100 Euro für den gesamten Umbau bezahlen müssen. Ein Wort noch zu der verwendeten Kupplung: vorher übernahm eine drehstarre Klauenkupplung die Kraftübertragung. Diese ist in Abbildung 3 noch zu sehen (die neue Kugelgelenkkupplung hatte ich erst danach eingebaut). Die beiden Endstücke mit dem jeweiligen schwarzen Puffer waren aber nicht fest miteinander verbunden, sie konnten so auseinandergezogen werden. Was natürlich dann eventuelle Längsbewegungen der Schnecke zuließ. Und da diese Verbindung niemals vollkommen synchron Kopf vor Kopf der Achsen lief, gab es immer mal winzigste Ruckelbewegungen der alten Klauenkupplungspuffer. Die wirkten sich tatsächlich negativ auf die Aufnahmen aus! Auch diesen Sachverhalt habe ich erst jetzt, durch den Umbau begriffen. Die neue Kugelgelenkkupplung hat dagegen fast gar kein Längsspiel, der neu gebaute Schneckentrieb eigentlich auch nicht. Aber falls doch, wird das durch die neue Kugelgelenkkupplung mit abgepuffert. Und dadurch, dass diese Verbindung eben nicht starr ist, steht ein gewisses Maß frei zur Höhenjustierung.
Die Abbildung 3 zeigt die fertige Konstruktion. Von links nach rechts: der Motor mit dem Vorgetriebe zur Untersetzung 1:14, dann die eben erwähnte, vormalige Klauenkupplung mit den Kunststoffpuffern, dann der ehemalige Schneckenlagerbock, jetzt mit den neuen Kugellagerkonstruktionen aus der Abbildung 2 auf jeder Seite. Die lange Schraube mit der Kontermutter, die im Kopf der Lagerung sitzt, drückt auf die Kugellager und ermöglicht damit ein feinfühliges Anpressen der Lager mitsamt Schnecke an das Schneckenrad. Ein Kugellager ist so gerade noch oberhalb der Messingmutter im Bild zu erkennen. Unterhalb des Kugellagers (hier nicht sichtbar) befindet sich eine Druck-
5 Zwei Rohbildausschnitte zum Vergleich, Erläuterungen dazu siehe Text.
feder. Die Feder hat lediglich die Aufgabe, nach dem Lösen der oberen Stellschraube die Schnecke ein klein wenig hochzudrücken. Alles in allem sehr einfach und stabil.
Zu der oben scherzhaft erwähnten ,,eigenen Dummheit": Nach dem ersten Aufstecken der neuen Kupplung fiel mir auf, dass das irgendwie schief saß. Und da sah
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Amateurteleskope/Selbstbau
ich es: Ich hatte damals mal den Durchmesser des Schneckenstummels händisch mit der Feile verringern wollen. Das ist wohl gehörig schief gegangen! ,,Schief " im wahrsten Sinne des Wortes. Und genau hier lag der Grund für den eingangs erwähnten Rundlauffehler. Der Schneckenstummel war einfach schief geworden, eigentlich unbrauchbar. Doch da er insgesamt noch eine genügende Länge hatte, konnte ich gut einen Zentimeter davon mit einer kleinen Flex abschneiden. Und schon war dieser ominöse Rundlauffehler beseitigt!
In der Abbildung 5 zeige ich zwei Rohbildausschnitte zum Vergleich. Beide entstanden ohne Binning am 300-mm-Newton, f = 1.200 mm, Kamera war eine Starlight SXV H-9.
- Der obere Bildausschnitt stammt aus einer der wenigen, einigermaßen brauchba-
ren Serien von 120 Sekunden Belichtungszeit pro Bild. Motiv: NGC 1193, 25.02.2019, mittlere brauchbare Menge einer solchen Serie: ca. 30-50%, d. h. hoher Ausschuss. Nur wenige Einzelbilder erreichten diese Qualität. Auch bei den sonst üblichen Serien von 60 Sekunden pro Bild lag der Ausschuss etwa bei 30-40%. Und schaut man sich die Sterne an, kann man von ,,Qualität" eigentlich nicht sprechen. Hier half dann ein gutes Stacking-Programm und viel Nachbearbeitung.
- Der untere Bildausschnitt zeigt ein 180 s belichtetes Rohbild einer aktuellen Serie, Motiv: Feld um Camelopardalis B, 20.03.2023. Bei dieser Serie kam die mittlere brauchbare Menge an Einzelbildern auf nahezu 100%! Und auch dieses Bild zählt noch nicht zu den besten der Serie. Als Nächstes plane ich eine Belichtungszeit von 300 Sekunden pro Bild. Bin sehr gespannt ...
Wer mag, kann kurzweilig meinen astrotechnischen Werdegang einmal in Ruhe nachverfolgen [2].
Internethinweise (Stand April 2023): [1] Firma Mädler, Stuttgart/Düsseldorf/
Hamburg, www.maedler.de/ [2] W. Wacker, Homepage, www.
starwack.de/Astrostory_1.htm
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Astrofotografie
Missverständnisse und Irrtümer bei der Astrofotografie mit Schmalbandfiltern (Teil 2)
von Peter Köchling und Peter Riepe
Schmalbandfilter sind in der Astrofotografie schon seit den 1980er Jahren populär, sie kosteten seinerzeit aber auch eine Stange Geld. In den letzten Jahren hat sich das geändert: Die Fotografie mit Schmalbandfiltern wurde aufgrund wachsender Beliebtheit deutlich preiswerter und führte so zu einer kleinen Revolution in der Hobbyastronomie. Im ersten Teil unseres Themas [1] wurden die Grundlagen der Technik zu den Schmalbandfiltern erläutert und einige Mythen und Irrtümer aufgeklärt. In diesem zweiten Teil wird dies vertieft.
,,Mit Schmalbandfiltern braucht man keine Darks und Flats." Nein, optimale Aufnahmen mit Schmalbandfiltern brauchen genauso Dunkelbilder (Darks) und eine nachträgliche Bildebnung mittels Flats. Für die Aufnahme der Flats muss der Filter auch eingesetzt sein. Für die Dunkelbilder braucht man keinen Filter.
Fokuseinstellungen benötigt. Kombiniert man die optimal fokussierten Bilder verschiedener Filter, erhält man feinere Sterne als ohne Filter.
,,Um die Luftunruhe möglichst zu
reduzieren, sollte man im H
fotografieren." Nicht ganz. Mit größerer Wellenlänge verringert sich tatsächlich die Wirkung der atmosphärischen Turbulenzen. Bei starker Luftunruhe zeigt eine stark vergrößerte Deep-Sky-Aufnahme mit H-Filter feinere Details als bei Verwendung eines [OIII]-Filters. Gleichzeitig verschlechtert sich aber das theoretische Auflösungsvermögen, welches umgekehrt proportional zur Wellenlänge ist. Zudem steigt durch
die Filterwirkung auch die notwendige Belichtungszeit, so dass ein Schmalbandfilter bei eher lichtschwachen Planeten nicht zu empfehlen ist. Für die Sonnenfotografie ist ein H-Schmalbandfilter ideal, weil in diesem Licht Störeffekte der Erdatmosphäre minimiert werden und unter anderem Protuberanzen zu sehen sind.
,,Mit einem H-Filter für den
Deep-Sky-Bereich kann man Protuberanzen am Sonnenrand fotografieren." Nicht wirklich. Spezielle H-Filter zur Sonnenbeobachtung haben Halbwertsbreiten von 0,07 nm und weniger. Mit einem H-Filter für die Deep-Sky-Fotografie mit Halbwertsbreiten von 3 bis 12 nm ist die
,,Schmalbandfilter haben denselben Fokus wie RGB-Filter." Nein, nicht generell, denn jeder Filter bewirkt als planparalleler Glaskörper im konvergenten Strahlengang eine Brennpunktsverschiebung (Abb. 1), die von der zentralen Wellenlänge, von der Filterdicke und vom Brechungsindex abhängig ist. Bei einfachen Linsenobjektiven kann sich der wellenlängenabhängige Fokus durch den Farbfilter als chromatische Aberration bemerkbar machen. Bei der Fotografie beobachtet man dann um die Sterne abhängig vom Fokus und Bauweise einen roten oder blauen Saum. Was die Farbkorrektur angeht, hat das Objektiv Canon EF 200mm f/2.8L II USM nach unseren Erfahrungen eine sehr gute und bezahlbare Abbildungsqualität. Für Optiken mit Farbfehlern werden für die weit auseinanderliegenden zentralen Wellenlängen eines H- und eines [OIII]-Filters jeweils verschiedene
1 Das einfallende achsenparallele Licht (eL) wird durch die Sammellinse (SL) gebündelt.
Im konvergenten Strahlengang sitzt eine planparallele Glasplatte (Filter, Dicke übertrieben). Wäre sie nicht vorhanden, würde das Licht im Brennpunkt F1 gesammelt. Das hindurchtretende Licht wird aber gebrochen, wie dargestellt. Dadurch verschiebt sich der neue Brennpunkt F2 nach hinten - abhängig (a) von der Dicke der Glasplatte bzw. des Filters, (b) von der Wellenlänge und (c) vom Brechungsindex des Glases. (Grafik: P. Riepe)
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Astrofotografie
2 Die HII-Region IC 1805 (Herznebel) wurde bei 560 mm Brennweite und Blende 2 in Summe 22,7 Stunden belichtet. Kameras dazu:
ZWO ASI1600MM und ZWO ASI1600MC. Es ist ein Hubble-Komposit, gewonnen mit Schmalbandfiltern von 12 nm Halbwertsbreite. Belichtung: 62 x 240 s mit einem [SII]-Filter für den Rotkanal, 173 x 240 s mit einem H-Filter für den Grünkanal und 106 x 240 s mit einem [OIII]-Filter für den blauen Kanal. [SII] leuchtet nur am Außenrand des Nebels. (Bild: P. Köchling)
Sonnenoberfläche entschieden heller als die Protuberanzen und überstrahlt diese ziemlich stark. In jedem Fall ist immer ein weiterer Energieschutzfilter für die Optik zu verwenden.
,,Ein [OIII]-Filter ist nur etwas für den blauen Kanal eines RGB-Sensors." Nein, das [OIII]-gefilterte Licht wird sowohl im blauen als auch im grünen Kanal registriert. Zur vollständigen Lichtausbeute sollte man die Pixelwerte beider Kanäle verarbeiten.
,,Die Falschfarbentechnik ,HubbleKomposit` erfand der Astronom Edwin Hubble." Nein, der Begriff ,,Hubble-Komposit" bezieht sich auf das ,,Hubble Spacetelescope",
das seinerseits nach dem Astronomen benannt worden ist. Dieses Weltraumteleskop ist mit üblichen Schmalbandfiltern ausgestattet. Hier ordnet man Bilder, gewonnen im Licht des ionisierten Schwefels [SII], des ionisierten Wasserstoffs H und des zweifach ionisierten Sauerstoffs [OIII] den Farbkanälen Rot, Grün und Blau zu. Als zusätzliche Erinnerung: Ein H-Filter mit einer Halbwertsbreite von 3 nm und weniger lässt korrekterweise nur die H-Linie passieren. Nur dann sollte er im Astrohandel als H-Filter bezeichnet werden. Ist die Halbwertsbreite deutlich größer (z. B. 12 nm wie in Abb. 4), so werden noch die beiden Emissionslinien des ionisierten Stickstoffs [NII] bei 654,8 und 658,4 nm mit durchgelassen. Dann sollte ein solcher Filter auch korrekt bezeichnet werden als ,,H+[NII]",
so wie in den astronomischen Fachartikeln üblich. Dies ist aber nur den wenigsten Herstellern bei ihren Filterbezeichnungen bekannt! Und deswegen nimmt der Amateur es auch nicht wahr.
Wir nutzen jetzt die Gelegenheit für ein paar Anmerkungen mehr zu dieser Aufnahmetechnik. Auch wenn das HubbleBild Farben aufweist - es ist ein Falschfarbenbild. Denn es werden ja nicht sämtliche Wellenlängen des sichtbaren Spektrums erfasst, sondern nur drei schmalbandige Bereiche. Der Rest fehlt. Aber das HubbleVerfahren hat große Vorteile bezüglich der getrennten Wiedergabe der beteiligten drei chemischen Elemente Schwefel (S), Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) im Nebel selbst. Vor allem wird eines deutlich: Wo im
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Astrofotografie
3 Die HII-Region Sh2-132 im Sternbild Cepheus, fotografiert gemäß der Hubble-Palette. Bei 560 mm Brennweite und Blende 2 wurde mit
einer Farbkamera ZWO ASI1600MC 394 x 120 s durch einen Dualbandfilter des Typs IDAS NBZ belichtet, welcher zwei Transmissionsfenster hat: eines für [OIII] bei 500 nm mit 13,6 nm Halbwertsbreite, das zweite für H-Licht bei 656 nm mit 12,2 nm Halbwertsbreite (Transmissionskurve des Herstellers). Dazu kamen dann noch 444 x 120 s durch einen [SII]-Filter (6,5 nm Halbwertsbreite) mit einer ZWO ASI1600MM. (Bild: P. Köchling)
Nebel befindet sich [SII] und wo H, und welche Intensitätsunterschiede beider Elemente liegen vor? Beides sind rote Wellenlängen, in einem (L)RGB-Bild also kaum voneinander zu unterscheiden. Wenn jetzt [SII] dem R-Kanal zugeordnet wird und H dem G-Kanal, sind beide Elementvorkommen im Bild farblich klar separiert. Meist führt das zu einer gelblichen [SII]Farbe. Weiterhin lassen sich die hoch angeregten Teile einer HII-Region - wenn sie vorhanden sind - sehr gut vom normalen H-Leuchten separieren. Das ist bei jungen HII-Regionen der Fall: Ihre hoch angeregten Zentren zeigen nämlich stets die blaue [OIII]-Emission.
Der Amateur wählt meist die ,,modifizierte" Hubble-Palette. Dabei wird das Signal
des [SII], das in der Realität in üblichen HII-Regionen nur in recht geringen Mengen vorkommt, stark hochgezogen. Damit können die [SII]-Anteile nicht nur schwach gelblich grün, sondern kräftig goldfarben dargestellt werden, und die Sterne sollten durchweg weiß erscheinen. Nun - die Farbästhetik ist ja für viele Astrofotografen ein entscheidender Punkt!
Wir zeigen hier zwei Aufnahmen nach der Hubble-Palette, die nicht so plakativ wirken. Stattdessen sollen sie mehr die wirkliche Mengenverteilung der Elemente im Nebel wiedergeben. Dazu wäre korrekterweise eine spezielle Farbkalibrierung an den Sternen sinnvoll. Die gibt es aber unseres Wissens fürs Schmalband noch nicht. Und die herkömmliche Farbkalibrierung für Breit-
bandfilter R, G und B kommt ja nicht in Frage, weil die Schmalbandfilter nur einen Bruchteil des gesamten sichtbaren Spektrums erfassen. Außerdem darf eine Farbkalibrierung auch deshalb entfallen, weil es sich ja bei der Hubble-Palette sowieso um Falschfarben handelt.
Man kann jedoch den Weg der Hubble-Palette durchaus auch einmal anders gehen. In unserer Abbildung 2 wurden die drei Kanäle so gewichtet, dass das helle Zentrum des Nebels in etwa weiß erscheint. Tatsächlich überwiegt der H-Anteil deutlich. Der Rand des Nebels erscheint gelb, da hier der [SII]-Anteil höher liegt. Die üblicherweise starke goldene Farbe der [SII]-Anteile gemäß der modifizierten Hubble-Palette wurde hier nicht gewählt, weil dadurch ein
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Astrofotografie
4 Links: Der 12-nm-Schmalbandfilter zeigt für nahegelegene Objekte der Radialgeschwindigkeit 0 die roten Emissionslinien H und [NII]
in ihrer ,,Ruhelage", sie werden im Transmissionsfenster voll erfasst. Rechts. Die Galaxie NGC 2998 hat eine Radialgeschwindigkeit von 4.732 km/s, so dass die genannten roten Emissionslinien wegen des Doppler-Effekts deutlich aus ihrer Ruhelage zu längeren Wellenlängen hin verschoben werden. Für NGC 2998 liegen sie bereits außerhalb des 12 nm breiten Transmissionsfensters. Der Schmalbandfilter kann das H- und [NII]-Licht nicht mehr erfassen. (Grafik: P. Riepe)
viel zu hoher [SII]-Gehalt suggeriert würde. Auch die Abbildung 3 entstand mit den drei Schmalbandfiltern nach Art der Hubble-Palette. Hier wurde jedoch einmal versucht, den Himmelshintergrund für alle Filterungen gleich dunkel zu halten. Das Ergebnis: Der ionisierte Schwefel fehlt. Es gibt ihn hier nicht oder nur minimal. Dafür jedoch wird sichtbar, dass der südwestliche schwächere Nebelbereich stärker in [OIII] leuchtet als in H. Eine Bestätigung ist in [2] zu lesen. Verursacher ist der frühe WolfRayet-Stern HD 211564. Im Hauptnebel überwiegt zweifelsfrei jedoch H+[NII].
,,Die eckigen Klammern bei [OIII] bedeuten, dass es nicht wirklich das Licht von Sauerstoffatomen ist." Nein. Ein [OIII]-Filter lässt an Emissionslinien nur das Dublett des zweifach ionisierten Sauerstoffs bei 495,9 und 500,7 nm durch. Mit den eckigen Klammern bei
[OIII] wird kenntlich gemacht, dass es sich um so genannte ,,verbotene Linien" handelt. Was steckt dahinter? Das [OIII]-Licht entsteht erst, wenn das [OIII]-Ion vom angeregten in den Grundzustand zurückkehrt. Jedoch hält der Anregungszustand im dünnen Gas der Emissionsnebel extrem lange an, und der Übergang des [OIII]-Ions in den Grundzustand ereignet sich äußerst selten. Also ist im Anregungszustand keine [OIII]-Lichtabstrahlung erkennbar. Jedoch löst die immense Fülle der Sauerstoffatome in einem riesigen Nebel insgesamt doch eine genügend hohe Zahl von beobachtbaren Lichtemissionen aus. Außer dem [OIII] gibt es auch [SII], [NII] und andere ,,verbotene" Emissionen.
,,Galaxien leuchten wie Gasnebel vor allem im Schmalband." Nein, Galaxien leuchten wie Sterne im kontinuierlichen Spektralbereich. Schmal-
bandfilter machen bei der Fotografie von Galaxien nur Sinn, wenn man die dort vorhandenen Gasnebel gegenüber den Sternen hervorheben möchte. So zeigt die benachbarte Dreiecksgalaxie M 33 rote und blaugrüne Emissionsnebel, die aber erst durch Schmalbandfilterungen spektakulär sichtbar werden. Bei entfernten Galaxien, die sich von uns wegbewegen, werden alle Spektrallinien durch den Doppler-Effekt zu längeren Wellenlängen verschoben. NGC 2998 z. B. hat bei 3 Bogenminuten Längsausdehnung schöne blaue Spiralarme. Wer hier nach H- oder [OIII]-Emissionen sucht und einen Filter von 12 nm Halbwertsbreite einsetzt, wird bitter enttäuscht. Bei einer Radialgeschwindigkeit von 4.732 km/s wird die hellste [OIII]-Linie von 500,7 nm um 7,9 nm nach 508,6 nm verschoben und die H-Linie sogar um 10,4 nm von 656,3 nm nach 666,7 nm. Auch die [NII-Linien] werden dopplerver-
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Astrofotografie
schoben. Sowohl in einem [OIII]- als auch in einem H-Filter von 12 nm Halbwertsbreite wären die jeweiligen Emissionslinien bereits aus dem Transmissionsfenster verschwunden (Abb. 4). Also: Obacht geben, ob die Bandbreite des geplanten Filters noch zur Radialgeschwindigkeit passt.
,,Viel rot leuchtendes H im Licht einer Galaxie ist ein Beleg für alte Rote Riesen." Nein, auch wenn Rote Riesen im gelben bis roten Licht leuchten. H-Licht wird von Wasserstoffatomen in Gaswolken emittiert, welche durch UV-Strahlung heißer blauer O-Sterne ionisiert werden. Dies sind vor allem junge, kurzlebige Sterne. Viel HLicht in einer Galaxie deutet auf eine aktive Galaxie hin, in der gerade viele neue Sterne entstanden sind, also genau umgekehrt zur Behauptung.
,,Da, wo viel Wasserstoff ist, muss
auch viel H-Licht sein."
Nicht unbedingt! Für H-Licht braucht es neben Wasserstoffgas auch anregendes UV-Licht, zum Beispiel durch nahegelegene heiße O-Sterne. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Rosettennebel, der durch die heißen Sterne des Sternhaufens NGC 2244 zum Leuchten angeregt wird. In anderen Bereichen der Galaxis gibt es auch viel Wasserstoffgas, welches aber schlichtweg neutral ist und daher nicht sichtbar leuchtet, da die heißen, ionisierenden Sterne in unmittelbarer Nähe fehlen. Bei sich schnell ausdehnenden planetarischen Nebeln und bei Supernovaüberresten kommen weitere physikalische Effekte zum Tragen, die das Gas zum Leuchten anregen.
,,Ein Schmalbandfilter eignet sich für alle Optiken, egal mit welchem Öffnungsverhältnis." Vorsicht! Die Transmissionskurve eines Schmalbandfilters gilt streng genommen
nur für senkrecht auftreffendes Licht. Aber je lichtstärker eine Optik ist, desto schräger (d. h. mit größerem Winkel) treffen insbesondere die Randstrahlen eines einfallenden Lichtbündels auf den Filter, der ja üblicherweise im konvergenten Strahlengang vor dem Fokus liegt. Das wiederum führt dazu, dass die Wellenlängen der Randstrahlen sich zu kürzeren Wellenlängen verschieben [3]. Je mehr der Winkel vom senkrechten Einfall abweicht, desto größer die Verschiebung. Das hat Auswirkungen auf lichtstarke Optiken, weil gerade sie große Winkel der Randstrahlen zur optischen Achse aufweisen. Die Folge für große Öffnungsverhältnisse ist: Das Licht der gewünschten Emissionslinie passiert für große Einfallswinkel den Filter nicht mehr zentral, sondern ist nach außerhalb des Transmissionsfensters blauverschoben. Es trägt dann nicht mehr zum gewünschten gefilterten Licht bei. Und das führt zu Kontrastverlusten gerade bei der gewünschten Emissionslinie. Der Vorteil der lichtstarken Optik wird also eingeschränkt, erst recht für sehr schmalbandige Filter. Altair Astro Ltd. gibt an, dass blaues Licht für ein großes Öffnungsverhältnis von 1:1,9 (Apertur f/1,9) noch 6 nm weiter blauverschoben wird. Für das kleinere Öffnungsverhältnis 1:4 (Apertur f/4) ist der Winkel der Randstrahlen nur noch halb so groß, so dass die meisten Schmalbandfilter keine merklichen Verluste erleiden.
Daher haben die Filterhersteller für ,,schnelle Optiken" Schmalbandfilter mit neu gerechneten Transmissionsfenstern entwickelt. Dazu wird die kurzwellige Kante des Transmissionsfensters zu noch kürzeren Wellenlängen in kalkulierter, angepasster Form verschoben (,,blue shift"). Da sich jedoch die gesamte Filterkurve verschiebt (auch die langwellige Filterkante), muss zum Erhalt des zentralen Durchlasses diese Kante wieder nach Rot verschoben werden,
d. h. der Filter wird insgesamt gesehen in seiner Halbwertsbreite vergrößert.
Werden schnelle Optiken mit Schmalbandfiltern für langwelliges Licht eingesetzt (z. B. H oder [SII]), ist der BlueShift-Effekt größer als für Filter bei kurzen Wellenlängen, d. h. schnelle Optiken benötigen für die Fotografie in H oder [SII] eine stärker verbreiterte Transmissionskurve größerer Halbwertsbreite als etwa ein [OIII]-Filter. Dadurch wird zwar die gewünscht zentrale Wellenlänge erfasst, durch die verbreiterte Halbwertsbreite aber der Kontrast verschlechtert.
Literatur- und Internethinweise (Stand Mai 2023): [1] P. Köchling, P. Riepe, 2023: ,,Miss-
verständnisse und Irrtümer bei der Astrofotografie mit Schmalbandfiltern (Teil 1)", VdS-Journal für Astronomie 84, I/2023, S. 50-53 [2] C. E. Cappa et al., 2010: "The radio and infrared counterparts of the ring nebula around HD 211564", Mon. Not. Roy. Astr. Soc. 403, pp. 387-397, https://arxiv.org/pdf/0912.0925.pdf [3] Altair Astro Limited, www.altairastro. help/info-instructions/cmos/affectsof-telescope-focal-ratio-on-lightpollution-filter-performance/
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Astrofotografie
Extragalaktische Supernovae, aufgenommen im Frühjahr 2023
zusammengestellt von Peter Riepe
In der Fachgruppe Astrofotografie haben sich einige Astrofotografen zusammengefunden, um Jagd auf extragalaktische Supernovae zu machen. Es gab zwar keine Entdeckungen, aber verschiedene gelungene Aufnahmen können hier gezeigt werden. Eines ist klar: Je größer die Entfernung der Supernova, desto geringer fällt ihre Magnitude aus und desto kleiner wird zwangsläufig der Durchmesser der Wirtsgalaxie. Die größte Aufmerksamkeit erzielte von daher die nahegelegene Galaxie Messier 101. Außer den Bildern und den Aufnahmedaten gibt es diesmal noch einige Zusatzinfos. Alle angegebenen Galaxienentfernungen wurden der NASA Extragalactic Database entnommen [1].
Am 31.12.2022 entdeckte der japanische Amateur Koichi Itagaki mit einem 350-mm-Teleskop in der 200 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie NGC 7769 im Pegasus die SN2022aedu vom Typ II. Sie hatte bei der Entdeckung 16,9 mag [2]. Manfred Mrotzek nahm diese Supernova am 11.01.2023 um 19:38 Uhr MEZ bei einer Helligkeit von 16,1 mag auf (Abb. 1). Teleskop war ein 140-mm-Apochromat mit Reducer (f = 750 mm). Mit einer monochromen Atik 460EX wurde die Supernova 22 x 180 s belichtet. Nach SN2022mxv war SN2022aedu bereits die zweite Supernova in NGC 7769 in einem Jahr.
1 SN2022aedu in NGC 7769, Aufnahmedaten im Text (Bild: Manfred Mrotzek)
Im Sternbild Hydra liegt die rund 130 Millionen Lichtjahre entfernte Galaxie NGC 2708. Darin wurde am 01.02.2023 im Rahmen des DLT40-Surveys [3] die SN2023bee entdeckt. Der DLT40-Survey wird von 12 Amerikanern in Chile über ein gemietetes 40-cm-Teleskop auf dem Gelände des Cerro Tololo Inter-American Observatory betrieben. Manfred Mrotzek nahm die Supernova des Typs Ia am 14.02.2023 um 20:57 Uhr MEZ auf (Abb. 2). Die Aufnahmetechnik war dieselbe wie für die erste Supernova, belichtet wurde 20 x 180 s. Zum
2 SN2023bee in NGC 2708, Aufnahmedaten im Text (Bild: Manfred Mrotzek)
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Astrofotografie
Aufnahmezeitpunkt hatte die Supernova eine Helligkeit um 13,3 mag. Sie liegt weit außerhalb der Galaxie: 53,6 östlich und 124,4 nördlich des Galaxienzentrums, gemessen in Manfreds Bild [4].
Die SN2022zut des Typs Ia explodierte in der ca. 45 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie NGC 3810 im Löwen. Sie wurde am 09.11.2022 durch das Frühwarnsystem ATLAS [5] entdeckt, das vor Asteroideneinschlägen warnen soll. Entwickelt von der Universität Hawaii und gegründet von der NASA, besteht ATLAS aus zwei Teleskopen auf Hawaii und je einem in Chile und Südafrika. Mehrmals pro Nacht wird der Himmel automatisch nach sich bewegenden Objekten abgesucht. Manfred Mrotzek nahm die Supernova am 15.03.2023 um 23:26 Uhr MEZ mit dem bereits beschriebenen Equipment auf (Abb. 3), belichtet wurde 22 x 180 s. Die SN2022zut steht mit 1,0 östlich und 5,2südlich sehr kernnah.
Das wechselwirkende Galaxienpaar NGC 4567/68 liegt ca. 60 Millionen Lichtjahre entfernt im Virgohaufen. Am 14.05.2023 registrierte das Projekt ,,All-Sky Automated Survey for Supernovae" (ASAS-SN) [6] in NGC 4568 die 16,8 mag helle SN2023ijd des Typs II, 26,2 westlich und 60,3 südlich des Galaxienkerns [7]. Das Projekt ASAS-SN verfügt z. Zt. über 24 Teleskope weltweit. Die SN2023ijd wurde mit der Beobachtungseinheit ,,Cassius" gefunden, die aus vier in Chile stationierten 14-cmTeles kopen besteht. Auch diese Supernova nahm Manfred Mrotzek auf. Vier Tage nach der Entdeckung belichtete er am 18.05.2023 um 23:55 Uhr MESZ mit der bereits genannten Kombination aus 140-mm-APO und Atik 460EX plus L-Filter 27 x 180 s bei leichter Zirrusbewölkung (Abb. 4).
Auch Peter Remmel nahm die SN2023ijd in NGC 4568 auf (Abb. 5). Er setzte ein
3 DSN2022zut in NGC 3810, Aufnahmedaten im Text (Bild: Manfred Mrotzek)
4 SN2023ijd
in NGC 4567/68, Aufnahmedaten im Text (Bild: Manfred Mrotzek)
5 SN2023ijd in NGC 4567/68,
Aufnahmedaten im Text (Bild: Peter Remmel)
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6 SN2023dbc in M 108, Aufnahmedaten im Text
(Bild: Manfred Mrotzek)
7 SN2023dbc in M 108, Aufnahmedaten im Text
(Bild: Thomas Rox)
Celestron 14 bei f/1,9 ein, dazu eine ZWO ASI294MM. Am 24.05.2023 belichtete er ab 21:00 Uhr UT 128 x 30 s. Der Vorteil größerer Öffnung wird im Vergleich zur Abbildung 4 sichtbar.
Die Starburstgalaxie Messier 108 liegt rund 35 Millionen Lichtjahre entfernt im Großen Bären. Am 13.03.2023 wurde dort die Supernova SN2023dbc des Typs Ic durch das Zwicky Transient Facility (ZTF, USA) [8] entdeckt. Das ZTF ist ein internationales Projekt, komiteegeführt mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Zielen.
Eine Weitwinkelkamera ist am legendären 48-Zoll-Schmidtspiegel auf dem Mount Palomar installiert und arbeitet automatisiert. Man erkennt SN2023dbc ca. 7 nördlich eines Sternentstehungsgebietes. Im Monatsverlauf steigerte sich ihre Helligkeit von schwächer als 18,5 auf 17,2 mag. Manfred Mrotzek nahm sie am 26.03.23 um 22:57 Uhr MESZ mit dem o.g. Equipment auf (Abb. 6) und belichtete 22 x 180 s.
Thomas Rox fotografierte SN2023dbc in M 108 vom 19. auf den 20. März 2023 von La Palma aus (Abb. 7). Teleskop war ein
Newton R200SS von Vixen mit einer gekühlten CMOS-Kamera QHY 600M PH auf einer Montierung 10Micron GM1000 HPS. Belichtet wurde 13 x 5 min. Bessere Bedingungen herrschten am 30. Mai (Abb. 8), so dass eine Entwicklung zwischen Mai 2022 (keine Supernova) und März bis Mai 2023 gezeigt werden kann (Ausschnitte aus einem Timelapse-Video).
In der benachbarten 22 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie M 101 entdeckte Koichi Itagaki am 19.05.2023 auch die Supernova SN2023ixf (Abb. 9-12), zu dem
8 SN2023dbc in
M 108 zwischen 2022 und 2023 (Bild: Thomas Rox)
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Zeitpunkt 14,9 mag hell [9], Tendenz: weiter ansteigend. Schon einen Tag später wurden 12 bis 12,4 mag erreicht, einen Tag darauf waren es schon 11,5 bis 11,8 mag. In der Zeit bis zum 29. Mai wurden diese Werte gehalten. Interessant ist die SN-Position im östlichen Spiralarm von M 101, am Südwestrand der hellen, riesigen HII-Region NGC 5461.
Die Redaktion hofft, dass die gezeigten Bilder Anreiz zum Selbermachen bieten.
9 Wolfgang Lesnich verwendete einen Apochromaten Skywatcher Esprit 150 mm /
1.050 mm, dazu eine ZWO ASI533MC Pro, um die SN2023ixf vom 22. zum 23.05.2023 ohne Filter 82 x 30 s zu belichten.
1 0 Karl-Heinz Kower nahm die SN2023ixf am 24.05.2023 auf, um so seine neue Kamera QHY268M zu testen. Belichtet wurde 75 x 60 s
zwischen ca. 1 und 2 Uhr MESZ mit einem 10-Zoll-Newton f/4,9.
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1 1 Oliver Schneider nutzte am 24.05.2023 einen 130-mm-Reflektor Takahashi Epsilon mit f = 430 mm und als Aufnahmekamera eine ZWO
ASI533MC Pro (color) mit Baader-Luminanzfilter. Montierung war eine Equatorial Sky-Watcher EQ8. Die SN2023ixf wurde von 00:05 bis 02:05 Uhr MESZ belichtet.
Internethinweise (Stand Mai 2023): [1] NASA Extragalactic Database,
https://ned.ipac.caltech.edu [2] IAU Supernova Working Group,
www.wis-tns.org/object/2022aedu [3] DLT40 Survey, https://dark.physics.
ucdavis.edu/dlt40/DLT40 [4] Latest Supernovae,
www.rochesterastronomy.org/ sn2023/sn2023bee.html [5] Frühwarnsystem ATLAS, https:// fallingstar.com/ [6] Projekt ASAS-SN, www.astronomy. ohio-state.edu/asassn/index.shtml [7] TNS Discovery Certificate, www.wis-tns.org/object/2023ijd/ discovery-cert [8] Zwicky Transient Facility, www.ztf. caltech.edu/about-ztf.html [9] Latest Supernovae, www. rochesterastronomy.org/supernova. html#2023ixf
1 2 Kai-Oliver Detken nahm M 101 mit der SN2023ixf am 25.05.2023 auf. Teleskop war
ein Celestron 11 (280 mm / 2.800 mm) auf einer Montierung des Typs iOptron CEM60. Ein Reducer verkürzte die Brennweite auf 1.764 mm. Mit einer Lacerta DeepSkyPro2600c und IDAS-Nebelfilter LPS-P2-48 wurde 26 x 5 min belichtet.
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Atmosphärische Erscheinungen
AKM-Seminar 2023
Breites Themenspektrum, interessant und ansprechend präsentiert, oder: ,,Ich hätte gern eine Elmsfeuerplatte"
von Petra Strunk
Zum 43. Mal traf sich der Arbeitskreis Meteore e.V. vom 17.-19. März 2023 in Bad Kissingen. Dieses Seminar fand sowohl in Präsenz als auch online statt. Von den ca. 65 Teilnehmern hatte sich die Hälfte auf den Weg gemacht.
Eine gute Einleitung in ein vortragsreiches Wochenende bot der Beitrag von Elmar Schmidt ,,Blau - die Farbe des Himmels". Er umfasste die ersten Deutungen von 340 v. Chr. und Mythen des Himmelsblaus bis hin zu Polarisationsmessungen und Farbbestimmungen. Auch Ausflüge in die Kunst, zu anderen Planeten und ins Weltall bot dieser, die Farbe Blau umfassend beleuchtende Vortrag.
Die ersten Seminarblöcke am nächsten Morgen beinhalteten Vorträge zum Thema Meteorbeobachtung und deren Auswertung. Am 31.05.2022 gab es ein viel diskutiertes Ereignis: Berechnungen, die einen Ausbruch der Tau-Herkuliden vermuten ließen - ZHRs von mehreren tausend Meteoren sollten möglich sein - brachten einige Meteorbeobachter auf den Weg zu ferneren Beobachtungsorten. Die Raten und das genaue Maximum waren allerdings nicht exakt vorhersagbar. So gab es neben anderen Beobachtungsstationen eine in Texas, von der aus visuell und fotografisch die Aktivität der Tau-Herkuliden von Sirko Molau, Bernd Gährken und Mike Hankey verfolgt wurde. Bernd zeigte aufgrund seiner fotografisch aufgezeichneten Meteore
die Radiantenwanderung um die Maximumszeit. Eine Auszählung der Videometeore ergab eine Rate zwischen ca. 80 und 95 Meteoren. Demgegenüber beträgt die korrigierte visuelle ZHR (IMO-Daten) im Maximum ca. 50. Der erhoffte, spektakuläre Ausbruch blieb allerdings aus.
Prof. Dr. Peter C. Slansky reiste im Rahmen des Projektes PERAMIS während der Perseiden im August in die Schweiz. Ziel des Projektes ist die Aufklärung von Radianten-Mikrostrukturen der Perseiden. Dazu wurden jeweils zwei Kamerapaare mit einer Basislinie von 54 km betrieben, eine Station befand sich im Hochobservatorium Jungfraujoch und eine zweite im Observatorium Zimmerwald. Dabei sollten hoch-
1 Gruppenbild in Bad Kissingen (Bild: Andreas Möller)
Journal für Astronomie Nr. 87 | 65
Atmosphärische Erscheinungen
Auch im Vortrag von Bernd Klemt stand die Auswertung der AllSky7-Daten im Mittelpunkt.
2 Eigenwerbung (Bild: Andreas Möller)
Anschließend folgte die Präsentation von Peter Gärtner ,,Sternenstaub für jeden: Mikrometeorite vor der eigenen Haustür suchen und finden". Ein interessantes Thema. Kleiner Hinweis: Flachdächer, Regenrinnen etc. sind mal ein guter Anfang. Wer mehr dazu wissen möchte, kann sich unter www.mikrometeoriten.de informieren.
auflösende Doppelstations-Doppelmittelfeld-Videoaufnahmen in UHD-Qualität gemacht werden. Im Ergebnis konnten 50 Stunden Videomaterial in zwei von drei Nächten und 1,3 TB Videodaten gewonnen werden.
In einer weiteren Präsentation beschäftigte sich Mario K. mit ,,Videobeobachtungen der Geminiden unter Großstadtbedingungen und deren Auswertung". Unter herausfordernden Bedingungen wurden Meteore vom Balkon aus per 4K-Video aufgezeichnet und unter großem Arbeitsaufwand ausgewertet.
Es folgten zwei Vorträge von Sirko Molau. Im ersten ,,Und täglich grüßt der Mond" ging es um immer wieder auftretende Oszillationen bei der Analyse der Flussdichten, z. B. bei der Antihelionquelle. Im letzten Jahr wurde zur Lösung des Problems der Einsatz eines Mondfilters vorgestellt, allerdings geht dieser zu Lasten der Beobachtungen. Eine weiterführende Idee ist nun, den Einfluss des Mondes per Korrekturfaktoren herauszurechnen. Dabei wurden Möglichkeiten zur Korrektur der Mondphase, der Mondhöhe und des Mondabstandes untersucht. Im Ergebnis der Untersuchungen wurde jetzt in Meteorflux eine Tabelle eingebaut, in der alle Kombinationen von drei Parametern gewählt
werden können. Der zweite Vortrag bezog sich ebenfalls auf ,,Meteore und Wellen". Er untersuchte Videodaten der Leoniden von 1999 auf periodische Schwankungen mit modernen Berechnungstools wie Meteorflux. Die periodischen Variationen der Aktivität wurden bestätigt.
Immer mal wieder hört man vom gleichzeitigen Auftreten heller Meteore und begleitenden Geräuschen. Nikola Strah ging in ,,Meteore und elektrische Atmosphäre" diesem Phänomen sehr gründlich, umfassend und gut recherchiert nach. Im Ergebnis konnte der Vortragende feststellen, dass es eine Verbindung zwischen Meteoren und Signalen im VLF-ELF-Band gibt, die Entstehungsmechanismen sind jedoch noch nicht geklärt.
Im Vortrag ,,Bogu ist sauer - Ein Brief von Breslau nach Paris 1839" tauchte Ulrich Sperberg ins 19. Jh. ab und erzählte eine Begebenheit aus dem Leben von Palm Heinrich Ludwig von Boguslawski (1789-1851).
Nach dem Mittag ging es mit Sirko Molau und einem Update über das Allsky7-Netzwerk weiter, das in Deutschland über 30 und europaweit über 80 Meteorkameras umfasst. Softwareseitig stellte er die KI-Funktion vor, die, von den Benutzern trainiert, Fehldetektionen dramatisch senken kann.
In der folgenden Halosession ging es im ersten Vortrag von Elmar Schmidt um ,,Zirkumhorizontalbögen 2021/2022" (kurz ZHB). Diese Haloart kann erst bei einer Sonnenhöhe von 58 Grad entstehen und ist deshalb in Deutschland recht selten. Nach Analyse der Meldungen im AKM-Forum sowie der Ergebnisse der kontinuierlichen visuellen Halobeobachter gab es 2021 recht viele Sichtungen, das Jahr 2022 war dagegen unterdurchschnittlich. Insgesamt gibt es im AKM-Forum 224 ZHB-Sichtungen im Zeitraum 2015-2022.
Wolfgang Hinz gab im Anschluss einen Überblick zu den ZHB-Sichtungen der kontinuierlichen Halobeobachter von 1986-2022 (37 Jahre). In Summe fanden sich unter den insgesamt 185.055 Halosichtungen nur 396 ZHB`s. Am häufigsten treten sie bei einer Sonnenhöhe von 62 Grad auf und sind meist von kurzer Dauer (ca. 10 Minuten). Bisher gibt es keine visuellen Sichtungen von ZHB`s am Mond. Mit dem Ausbau von Webcamnetzwerken in den Alpen werden aber bei entsprechender Mondhöhe vermehrt ZHB`s auch am Mond dokumentiert.
Es folgte von ihm die Übersicht des Halobeobachtungsnetzes für das Jahr 2022. Insgesamt wurden 3.695 Haloerscheinungen von 24 beteiligten Beobachtern registriert.
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Atmosphärische Erscheinungen
Für die meisten Halos war das Sonnenlicht verantwortlich, bei 6,3 % der Mond und nur 0,3 % der Halos wurden von irdischen Lichtquellen gespeist. Es konnten 12 Halophänomene von 11 Beobachtern verzeichnet werden. Danach schlüsselte Wolfgang noch die einzelnen Halos nach Häufigkeit und jahreszeitlichem Auftreten auf. Insgesamt hielt sich die Haloaktivität 2022 auf niedrigem Niveau.
Der ,,Ausbruch des Hunga Tonga und atmosphärische Störungen auf der Südhalbkugel", präsentiert von Claudia Hinz, entführte die Zuhörer in den Südpazifischen Ozean. Nach einer explosiven Eruption am 14. und 15. Januar 2022 mit mehrfach um die Erde laufenden Druckwellen wurden die verschiedenen Vulkanaerosole über 30 km hoch in die Atmosphäre geschleudert und sorgten nachfolgend etwa ein Jahr lang für ungewöhnliche Dämmerungserscheinungen auf der Südhalbkugel.
Der Abend stand ganz unter dem Thema St. Elmsfeuer. Rainer Timm stellte die Statistik des umfangreichen Datenmaterials von Elmsfeuern für das Jahr 2022 vor, welches er dank automatischer Webcams vor allem im Alpenraum zusammengetragen hat. Nach gründlicher Auswertung aller zur Verfügung stehenden Daten konnte Rainer Timm folgendes Fazit ziehen: Ein Elmsfeuer ist eine Dauerentladung - keine Kurzzeitentladung wie ein Blitz, ist der ,,Blitz für arme Leute", wenn die Spannung nicht für eine Blitzentladung reicht, ist besonders nach Durchgang einer Blitzfront gut zu beobachten, ist fast ausnahmslos an Niederschläge gebunden. Es entsteht auch bei Starkregenschauern und Schneefall. Aufgrund der allgegenwärtigen Lichtverschmutzung kann Elmsfeuer vom menschlichen Auge fast nirgendwo mehr wahrgenommen werden. Versuche in abgelegenen dunklen Gebieten Deutschlands wären
3 Mikroskopie und Experimente zu den Mikrometeoriten (Bild: Andreas Möller)
sinnvoll. Günstige Locations: (Mobil-) Funkmasten, Kirchturmspitzen, Blitzableiter, sonstige Spitzen in dunkler Umgebung; das Auftreten von Elmsfeuern ist unabhängig vom ,,Untergrundmaterial".
Anschließend folgte ein Live-Experiment. Nachdem uns Reinhard Nitze im ersten Teil seines Vortrages in seine Überlegungen zum Erzeugen eines künstlichen Elmsfeuers miteinbezogen hatte und eine Reihe von Fotos selbst erzeugter Elmsfeuer an Haushaltsgegenständen präsentierte, ja, selbst Klobürsten können Träger von Elmsfeuern sein, schritt er zur Tat und produzierte live und vor Ort Elmsfeuer an unterschiedlichen Gegenständen - nur mit Hilfe einer Plexiglasscheibe aus dem Baumarkt (sie-
he Überschrift!). Dieser Vortrag wird uns noch lange in Erinnerung bleiben.
Georg Dittie zeigte am Sonntagvormittag Experimente und Aufnahmen mit unterschiedlichen lichtstarken Objektiven und testete deren Abbildungsqualität und weitere kameraseitige Parameter, um kurze Belichtungszeiten, z. B. auch Videoaufnahmen am Nachthimmel, realisieren zu können.
Elmar Schmidt gewann mit der Fotometrie der totalen Mondfinsternisse am 16. Mai 2022 in Chile sowie am 8. November in Kalifornien/USA neue Daten und stellte sie in ,,Neue Fotometrie von Mond und Mars" vor. Auch Andreas Möller beobachtete diese
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Astrophysik & Algorithmen
beiden Mondfinsternisse und präsentierte eindrucksvolle Bilder, sowohl von den MoFis als auch von der umgebenden Landschaft der Beobachtungsorte, schöne DeepSky-Aufnahmen und Fotos der ein oder anderen atmosphärischen Erscheinung.
Das Vortragsprogramm schloss mit dem Beitrag von Frank Wächter zum Thema ,,Atmosphärische Erscheinungen über der Ostsee".
Aber damit war das Seminar noch lange nicht zu Ende. Jeder Teilnehmer konnte 10 Best-of-Fotos in 5 min präsentieren. Es ist unglaublich, welche Schätze da ausgegraben wurden. Ein wirklich verbindendes, kurzweiliges und interessantes Format!
4 Reinhard Nitze erzeugte Elmsfeuer auch an Meteoros und am VdS-Journal für Astronomie
(Bild: Reinhard Nitze)
Erscheinungen auf dem Mond selbst vorhersagen, Beispiel Hesiodus-Strahl
von Uwe Pilz
Am 27. März 1988 gegen 4 Uhr UT beobachtete der amerikanische Amateurastronom Philip Koch erstmals einen seltsamen Lichtschein auf dem schattenbedeckten Boden des Kraters Hesiodus: Dieser Strahl schien den Krater zu halbieren. Erstmals öffentlich erwähnt wurde das Phänomen 1996 in einem Sky-and-Telescope-Aufsatz
[1]. Auch Sterne und Weltraum hat sich dieses Themas angenommen [2].
Ich habe die Erscheinung schon einige Male beobachtet und kann bestätigen: Es lohnt schon, sie einmal zu sehen (Abb. 1). Hervorgerufen wird der Effekt durch eine Lücke im Kraterrand, den sich Hesiodus und
1 Hesiodus-Strahl
am 04.11.2011, 19:20 Uhr UT, Colongitude 18,35 Grad, Libration in der Breite -6,0 Grad. Instrument: 15-cm-Maksutov bei 150x (Zeichnung: Uwe Pilz)
der benachbarte Pitatus teilen. Hesiodus ist nicht allzu groß, nur knapp 50 km. Man muss etwa 100x vergrößern, wenn man die Erscheinung deutlich sehen möchte. Dies gelingt aber mit jedem Amateurinstrument.
Die Vorhersage dieser Erscheinung ist nicht ganz einfach. Etwa 9 Tage nach Neumond oder 2 Tage nach dem ersten Viertel geht die Sonne über Hesiodus auf. Das ist aber nur eine erste, ungenaue Abschätzung. Auf welche Formation die Lichtgrenze fällt, hängt nämlich zusätzlich von der so genannten Libration ab (Abb. 2). Dies ist die Taumelbewegung des Mondes, welche dazu führt, dass wir von der Erde aus fast 60 % der Mondoberfläche beobachten können. Der erste Grund für die Libration ist die elliptische Bahn des Mondes um die Erde: Da die Eigenrotation gleichmäßig verläuft, können wir ein wenig ,,um die Ecke" sehen, wenn die Bahnbewegung der Rotation voran ist oder hinter ihr hier hinkt. Dies bewirkt die Libration in der Länge. Aber auch
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Astrophysik & Algorithmen
2 Libration am Vollmond, man beachte z. B. die Lage des Mare Crisium zum Mondrand. Links: 21.09.2021, rechts 17.03.2022
(Bild: Jürgen Kahlhöfer, Wikipedia)
in der Breite existiert eine Libration, welche auf der Neigung der Mondbahn gegenüber der Ekliptik beruht: Mal sehen wir ein wenig mehr von der Nordseite, zu anderen Zeiten blicken wir ein wenig hinter den Südpol.
Der Sonnenaufgang eines bestimmten Kraters hängt von der Libration der Länge ab. Durch die Libration der Breite werden zusätzlich die Beleuchtungsverhältnisse geändert: Der Lichtstrahl fällt immer unter einem anderen Winkel durch die Kraterlücke.
Zur Berechnung solcher Mondphänomene benötigt man zunächst die Schattengrenze der Erstbeobachtung, also die selenografische Länge, wo gerade die Sonne aufging, als der Effekt wirklich auftrat. Man muss dann ermitteln, zu welchem Zeitpunkt die Schattengrenze wieder diese Lage einnimmt. Die selenografische Länge des Morgenterminators wird Colongitude genannt. Bei Neumond ist die Colongitude ungefähr 270 Grad , bei Vollmond zirka 90 Grad , der genaue Wert hängt von der Libration ab.
Für die Erstbeobachtung des HesiodusStrahls im Frühjahr 1988 betrug die Colongitude 18,4 Grad. Für eine Vorhersage
muss man für jeden Monat ermitteln, wann die Colongitude wieder 18,4 Grad beträgt. Diese Schattengrenze wird von vielen elektronischen Sternkartenprogrammen angegeben, z. B. von Guide 9.1 [3]. Es ist also möglich, den Zeitpunkt der Erscheinung mit Hilfe eines solchen Programmes zu bestimmen, indem man für zwei Daten um den 9. Tag nach Neumond herum die Colongitude ermittelt und zwischen diesen Werten interpoliert. Außerdem sollte man noch die Libration in der Breite festhalten, welche die konkrete Geometrie festlegt - also in welchem Winkel der Lichtstrahl auf den Kraterboden fällt.
Dies ist ziemlich aufwändig. Im nächsten Heft wird ein Python-Programm vorgestellt, welches diese Rechnung übernimmt.
Literatur- und Internethinweise: [1] A. Macrobert, 1996: ,,The sunrise
ray in Hesiodus", Sky and Telescope 7/96, p. 74 [2] D. Büttner, 2008: ,,Der Lichtstrahl im Doppelkrater Hesiodus - Pitatus", Sterne und Weltraum 3/2008, S. 72 [3] Project Pluto, Homepage, www. projectpluto.com (abgerufen am 03.06.2023)
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Deep Sky
Skyguide 2023 - 3 (Herbst)
von Robert Zebahl und Rene Merting
In dieser Tour bewegen wir uns im Sternbild Fische (Pisces), welches zu den zwölf Tierkreissternbildern gehört und seit der Antike bekannt ist. Südlich von Andromeda und Pegasus ist es ein eher unauffälliges Sternbild. Der hellste Stern Eta Piscium (Alpherg) erreicht 3,6 mag. Zurzeit liegt der Frühlingspunkt, an welchem die Sonne den Himmelsäquator überquert, in den Fischen. Das Sternbild befindet sich weit entfernt von der Milchstraßenebene, bietet aber trotz seiner Größe nur wenig helle und bekannte Objekte. Einziges Messier-Objekt ist die Galaxie Messier 74, sonst sind die zahlreichen Galaxien eher schwach und klein. Neben wenigen exotischen Sternmustern sucht man andere Objekte wie Sternhaufen oder Nebel vergeblich. Mit
kleinem Instrument bietet das Sternbild allerdings einige schöne Doppelsterne.
Beginnen wollen wir mit Alpha Piscium (Alrischa) im Süden, ein Doppelstern mit einem Winkelabstand von knapp 1,9 Bogensekunden. Die Helligkeiten der Komponenten liegen bei 4,1 mag und 5,2 mag. Farblich mag dieser Doppelstern nicht überzeugen, doch Helligkeit und Abstand versprechen für Teleskope ab etwa 100 mm Öffnung einen reizvollen Anblick. Eine Trennung sollte ohne Weiteres möglich sein. Im Falle eines Refraktors bietet sich auch folgendes Experiment an: Mit Aperturblenden vor dem Objektiv kann man schrittweise die freie Öffnung reduzieren. Man sieht gut, wie die Beugungsscheibchen
der beiden Komponenten bei hinreichend großer Vergrößerung stetig größer werden und sich scheinbar annähern, bis sie sich schlussendlich überlappen. Je nach Bedingungen erkennt man ebenfalls den kleiner werdenden Einfluss von Luftturbulenzen, was die Abbildung ästhetischer wirken lässt. Daher ist es manchmal keine schlechte Idee, ein kleineres Teleskop zu nutzen. Für den Stadtbeobachter ist Alpha Piscium jedenfalls ein durchaus dankbares Objekt. Kommen wir nun zu Messier 74, eine Spiralgalaxie nahe Eta Piscium und damit leicht zu finden. Entdeckt wurde sie bereits im Jahr 1780 von dem französischen Astronomen Pierre-François-Andre Mechain, welcher seine Beobachtung an Charles Messier weitergab, um diese in den Messier-Ka-
41
Ari
Tri
M 33
1
M 74
NGC 660
Psc
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1
M 77
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Aufsuchkarte erstellt mit Cartes du Ciel
Deep Sky
1 Messier 74 (Quelle: DSS, gemeinfrei)
2 NGC 660 (Quelle: DSS, gemeinfrei)
talog aufnehmen zu lassen. Sie ist geprägt von zwei Spiralarmen, welche sich entgegen dem Uhrzeigersinn weit um das helle Zentrum winden. Auf Fotografien sind unzählige Emissionsnebel und Sternassoziationen zu erkennen. Bisher wurden in Messier 74 drei Supernovae beobachtet.
Die scheinbare Gesamthelligkeit liegt bei etwa 9,5 mag bei einem Winkeldurchmesser von knapp 10 Bogenminuten. Damit besitzt Messier 74 nach Messier 101 die geringste Flächenhelligkeit aller Objekte des MessierKatalogs. Unter aufgehelltem Himmel kann die Beobachtung deshalb eine Herausforderung werden. Unter dunklem Himmel ist sie schon in einem 8x20-Fernglas von einem erfahrenen und geduldigen Beobachter als extrem schwacher Nebel zu erkennen. Im größeren 16x70-Fernglas wird sie dann ein einfaches Ziel, wo sich ein recht großer, weitgehend homogener Nebel zeigt. Interessant wird es dann mit Teleskopen
ab mittlerer Öffnung. Rene Merting beschreibt die Galaxie in seinem 12,5-ZollDobson unter dunklem Landhimmel wie folgt: ,,Bei 36x ist die Galaxie als großer, schwacher Nebelfleck erkennbar - bei 72x zeigt sich eine schöne, große, diffuse Galaxie mit Helligkeitszunahme zum Zentrum hin, das sich fast stellar präsentiert - M 74 wird im Westen von drei und im Osten von zwei Sternen eingerahmt - mit 160x wirkt die Galaxie gemottelt, leichtere Kondensationen und dunklere Gebiete sind erkennbar, die Ränder wirken zerfranst - am Westrand sind drei Sterne in Reihe zu erkennen, der Kern wirkt nicht mehr stellar - bei 206x verstärken sich die Strukturen."
Es lohnt also, Messier 74 mit geduldigen Augen zu beobachten, um ihr ein paar Details zu entlocken. Eine Zeichnung oder auch nur eine Skizze können hier hilfreich sein.
Das dritte und letzte Objekt in dieser kleinen Tour soll die schwächere und kleinere Galaxie NGC 660 weiter südlich von Messier 74 sein. Sie gehört zur seltenen Gruppe der Polarring-Galaxien, bei welcher zwei Galaxien miteinander verschmolzen sind. Weitere bekannte Vertreter von Polarring-Galaxien sind NGC 4650A (Centaurus) sowie die höchst interessante, aber sehr schwache Galaxie PGC 54559 (Hoags Objekt, Serpens). NGC 660 sollte mit einer scheinbaren Gesamthelligkeit von 11,2 mag gut ab 8 Zoll Teleskopöffnung zugänglich sein, wobei der hellere Bereich oval erscheint. Eine Asymmetrie der Helligkeitsverteilung bzw. ein nicht ganz zentraler Kern deuten auf die beiden Staubbänder hin, welche in größeren Teleskopen auch direkt zu beobachten sind, ebenso wie die schwachen Ausläufer nach Norden und Süden.
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Deep Sky
NGC 1275 - die dominierende Galaxie im Perseus-Galaxienhaufen
von Klaus Wenzel
NGC 1275 ist die dominierende Galaxie im Perseus-Galaxienhaufen Abell 426. In ihrem Zentrum befindet sich ein so genannter Active Galactic Nucleus (AGN), bei dem man Aktivitäten auch optisch (visuell und digital) beobachten kann, wenn auch die Helligkeitsveränderungen nicht ganz so ausgeprägt sind, wie bei anderen AGNs (Quasare oder BL-Lacertae-Objekte). Nicht zuletzt deshalb steht diese Galaxie seit 1994 mehr oder weniger regelmäßig auf meinem Beobachtungsplan.
Entdeckung und Klassifizierung Am 17. Oktober 1786 richtete Wilhelm Herschel in Slough, nahe London, sein 18-zölliges Teleskop auf eine Stelle im Perseus, etwa 2 Grad nordöstlich von Algol (Beta Persei) und erkannte einen kleinen Nebel, den er folgendermaßen in seinem Beobachtungsbuch beschrieb:
,,pretty bright, stellar, or preceding considerabl star, with small very faint chevelure".
In seinem Katalog findet man diesen Nebel unter der Bezeichnung II-603 (Klasse II = faint nebulae). Ein Hinweis auf weitere Nebelflecken in dieser Region ist in seinen Veröffentlichungen nicht zu finden [1].
Etwa 40 Jahre später, an gleicher Stelle, nahm sein Sohn John diese Himmelsregion mit einem ähnlich großen Teleskop in Augenschein. Seine Beobachtung, ,,pretty bright, round, gradually brighter to the middle", deckt sich im Großen und Ganzen mit der Beobachtung seines Vaters. In John Herschels Nebelkatalog von 1833 findet man das Objekt unter der Nr. h 193. Doch auch in diesem Katalog ist kein Hinweis auf weitere Objekte in der Nähe [2].
In Dreyers Original-NGC von 1888 wurde dieser Fund fälschlicherweise als NGC 1278 bezeichnet und NGC 1275 Heinrich
1 Die Region um NGC 1275 mit im Text erwähnten Begleitgalaxien sowie zwei Vergleichs-
sternen. Aufgenommen am Newton 208 mm / 812 mm am 26.10.2022, 21:00 Uhr UT, Belichtung 6 x 60 s, Bildgröße ca. 9 x 14 Bogenminuten, Norden ist oben, Osten links
d`Arrest zugesprochen, der am 14.02.1863 diese Region ebenfalls beobachtete und etliche weitere Galaxien dieses reichen Galaxienhaufens entdeckte. NGC 1278 bildet jedoch, gemeinsam mit NGC 1277, unmittelbar nördlich von NGC 1275 eine deutlich schwächere Doppelgalaxie (Abb. 1)und es wäre doch sehr verwunderlich gewesen, wenn Herschel die wesentlich schwächere Galaxie gesehen und das eigentlich dominierende Objekt in unmittelbarer Nachbarschaft übersehen hätte.
1943 veröffentlichte Carl K. Seyfert im Astropysical Journal seine wegweisende Arbeit ,,Nuclear Emission in Spiral Nebulae" [3]. In dieser Arbeit wurden sechs Galaxien mit spektralen Besonderheiten vorgestellt, die man später als so genannte Seyfert-Galaxien oder Active Galactic Nuclei (AGN) bezeichnete. Eine dieser sechs Galaxien war NGC 1275, die allerdings hier bereits aus dem Rahmen fiel, da sie die einzige elliptische Galaxie dieser ersten sechs
Objekte ist, während die anderen fünf Galaxien allesamt Spiralnebel sind.
1952 wurde von B. Y. Mills ein Katalog mit Radioquellen veröffentlicht, von denen einige bereits 1953 mit optischen Gegenstücken identifiziert werden konnten. Eine dieser Quellen, Mills 03+4, besser bekannt als Perseus A (später auch 3C 84), konnte der Galaxie NGC 1275 zugeordnet werden. Anfang der 1950er Jahre war diese Galaxie das Ziel des neuen 5-m-Hale-Teleskops vom Mount Palomar. Walter Baade, Rudolf Minkowski und Milton Humason gelang es, eine Rotverschiebung von 4.500 km/s zu messen, was das Objekt in eine Entfernung von etwa 200 Mio. Lichtjahren rückt. Aufgrund der so ermittelten Entfernung wurde klar, dass die Radioquelle Perseus A eine etwa 300-mal höhere Radiostrahlung aussendet als das Zentrum unserer Galaxis. Aufgrund der eruptiven Erscheinung, die NGC 1275 auf den Platten des Hale-Teleskops zeigte, vermuteten Walter Baade und
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Deep Sky
Rudolf Minkowski, dass wir hier Zeuge einer gewaltigen extragalaktischen Galaxienkollision sind. Sie mutmaßten, dass eine elliptische und eine Spiralgalaxie gerade miteinander verschmelzen (Merging) [4]. Bei weiteren Beobachtungen konnte eine optische Variabilität des stellaren Kerngebietes (Seyfert-Kern) nachgewiesen werden, ähnlich wie bei einigen der Anfang der 1960er Jahre entdeckten quasistellaren Objekte, wie 3C 273 oder 3C 48.
1992 lieferte dann das Weltraum-Teleskop Hubble (HST) hochaufgelöste Bilder vom Kerngebiet von NGC 1275. Deutlich sind zwei verschmelzende Galaxien getrennt zu erkennen, eine kleinere Spiralgalaxie, die gerade in Kantenlage in eine elliptische staubreiche Riesengalaxie eindringt, deren Staubbänder sich spiralartig um das Kerngebiet anordnen. Im hellen Zentrum sitzt der AGN und unmittelbar nordöstlich des
2 Zeichnung der Region um NGC 1275 am Newton 317 mm / 1.500 mm bei 312-facher
Vergrößerung am 01.11.2003. Die Zahlen in Klammern geben die Sichtbarkeit des jeweiligen Objektes an, angelehnt an die ,,Deep-Sky-Liste" der VdS-Fachgruppe Deep Sky (z. B.: (2) direkt, einfach sichtbar; (3) direkt sichtbar, (4) indirekt sichtbar) [8]
3 Ausschnitt aus zwei Überwachungsaufnahmen am 8,3-Zoll-Newton (4 x 20 s), links: 20.08.2022 (AGN 13,1 mag), rechts: 29.01.2023
(AGN 12,7 mag (Flare))
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Deep Sky
4 Lichtkurve von NGC 1275 ab 2010
nach visuellen und CCD-Beobachtungen in meiner Dachsternwarte.
AGN befindet sich ein schwacher Vordergrundstern unserer Galaxis. Ein wahrhaft spektakuläres Bild [5]. Das Hubble-Teleskop gab Walter Baade und Rudolf Minkowski recht, sie lagen mit ihrer Vermutung, nämlich Galaxienkollision, richtig.
Visuelle Beobachtungen NGC 1275 ist mit einer visuellen Helligkeit um 13 mag nicht gerade ein helles Paradeobjekt, aber unter guten Bedingungen durchaus mit einem 6-Zöller relativ einfach erreichbar. Bei meiner ersten visuellen Beobachtung der Region, am 22. Dezember 1994, ohne detaillierte GSC-Karte, sah ich mit meinem 317 mm / 1.500 mm-Newton bei 75facher Vergrößerung, zunächst nur NGC 1275 im Zentrum einer Minikonstellation aus vier etwa 12-13 mag hellen Vordergrundsternen. Ich beschrieb damals einen ovalen, direkt sichtbaren Nebel mit deutlich hellerer Zentralregion. Die nördliche Galaxie NGC 1278 konnte ich neben den beiden westlich von NGC 1275 postierten NGC 1272 und NGC 1273 erst Tage später bei höherer Vergrößerung (170-fach) deutlich lichtschwächer auffinden. Ein klarer Hinweis, dass die beiden Herschels bei ihren Beobachtungen sicherlich NGC 1275 gesehen hatten und nicht NGC 1278. Eine erste Zeichnung fertigte ich am 05.12.1996 bei 170-facher Vergrößerung an [6, 7]. Eine weitere Zeichnung (Abb. 2) entstand bei für meine Verhältnisse besten Beobachtungsbedingungen (Ortsrand Wenigumstadt) am 01.11.2003 bei 312-facher Vergrößerung am selben Instrument.
Überwachung visuell und digital Seit 2010 begann ich dann, NGC 1275 regelmäßig in meiner Dachsternwarte in
Wenigumstadt zu überwachen. Zunächst visuell mit meinen beiden großen NewtonTeleskopen (12,5 und 16 Zoll) und ab 2018 auch digital (6- und 8,3-Zoll-Newton). Ziel war es, längerfristig Helligkeitsveränderungen in der Zentralregion nachzuweisen und dies eventuell in einer Lichtkurve darzustellen (Abb. 4). Schwierigkeiten bereitet natürlich, dass der aktive veränderliche Kern im Zentrum eines relativ hellen Nebels steht. Nach meinen Erfahrungen sind Beobachtungen bei aufgehelltem Himmel unproblematischer, weil der umgebende Nebel hier nicht so dominant ist. Ich konnte dann tatsächlich kleine Helligkeitsschwankungen der nahezu stellaren Zentralregion zwischen 12,9 und 13,2 mag erkennen.
Eine Überraschung gab es zum Jahresanfang 2023. Am 29.01.2023 erschien der Kern der Galaxie auf einer CCD-Aufnahme deutlich heller als normal. Dies ist eindrucksvoll beim Vergleich der beiden Aufnahmen in der Abbildung 3 erkennbar. Auch bei einer unmittelbar danach durchgeführten visuellen Beobachtung war der Kern von NGC 1275 schon bei schwacher Vergrößerung (75-fach) eindeutig heller als normal sichtbar. Erstmals konnte ich den AGN klar heller als den nur zwei Bogenminuten nordöstlich postierten Vergleichsstern (12,9 mag) beobachten. In den folgenden Tagen fiel die Helligkeit dann wieder auf Normalniveau um die 13 mag ab. Ob jetzt eine Phase mit erhöhter Aktivität einsetzt oder es sich hier nur um eine kurze Aktivität (Flare) gehandelt hat, müssen weitere Beobachtungen im Spätsommer 2023 zeigen, wenn NGC 1275 wieder am Morgenhimmel auftaucht.
Literatur- und Internethinweise (Stand 15.03.2023): [1] The Royal Society / The Royal Astro-
nomical Society, 1912: "The Scientific Papers of Sir Willliam Herschel", Dulau & Co., London, Vol. II [2] J. Herschel, 1833: "Observations of Nebulae and Clusters of Stars, made at Slough, with a twenty-feet reflector, between the years 1825 and 1833", Philosophical Transactions 123, pp. 359-509 [3] C. Seyfert, 1943: "Nuclear Emission in Spiral Nebulae", Astrophys. J. 97, p. 28 [4] W. Baade, R. Minkowski, 1954: "On the Identification of Radio Sources", Astrophys. J. 119, p. 215 [5] Fotografie: ,,Perseus A im Blick von Hubble", Sterne und Weltraum 7/2003, S. 14 [6] K. Wenzel, 1997: ,,Deep Sky Objekt des Monats - visuell beobachtet: NGC 1275 = Perseus A", Sterne und Weltraum 12/1997, S. 74 [7] K. Wenzel, W. Düskau, 2004: ,,NGC 1275 - im Herzen des Galaxienhaufens Abell 426", Sterne und Weltraum 10/2004, S. 64 [8] J. Lamprecht, D. Panczyk, D. Putz, 2012: ,,Deep-Sky-Liste (DSL) 2012", 9. und letzte Ausgabe, www.deepskybeobachtung.de
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Jugendarbeit
Junge Sterne in Erkrath
- der 3. Innovationsworkshop für Jugendliche in der Astronomie
von Georg Heims
Auch die dritte Auflage des Innovationsworkshops für Jugendliche in der Astronomie ist geglückt. Vom 12. bis zum 14.05.2023 kamen 25 Sternfreunde aus acht verschiedenen Sternwarten, die über vier Bundesländer verteilt sind, im Rheinland zusammen, um sich auszutauschen, zu vernetzen und natürlich, um zu beobachten.
Die Sternwarte Neanderhöhe Hochdahl e.V. (snh) hatte sich bereits im vergangenen Jahr dazu bereit erklärt, den 3. Innovationsworkshop auszurichten. Über viele Monate wurde zusammen mit den Fachgruppen ,,Astronomische Vereinigungen" und ,,Jugendarbeit" der VdS das Treffen vorbereitet. Die ausgiebige Planung zahlte sich aus. Am 12. Mai begrüßte der 2. Vorsitzende der snh, Max Mucha, die Teilnehmer im 360 Grad -Planetarium der snh. Anschließend wurden die Schwerpunkte des Workshops festgelegt. Am Abend konnte den Gästen die Jugendarbeit sowie die Instrumente der Gastgebersternwarte vorgestellt werden.
Der Workshop wurde zeitgleich zum ATT in Essen ausgerichtet. So ließ es sich der Innovationsworkshop nicht nehmen, dem Treff am Samstag einen Besuch abzustatten. Dort gab es im Seminarraum von 12:30 bis 13:00 Uhr auch einen Vortrag zum Thema ,,Junge Sterne - Der Weg zur Astronomie" von Georg Heims. Im Anschluss wurde die inhaltliche Arbeit aufgenommen. Tagungs-
leiter waren Lucia Härer als Fachthemenreferentin Jugendarbeit (auch Kooperation VEGA/VdS) und Max Mucha. Das Thema ,,Vernetzung mit anderen Sternwarten" war trotz guter Fortschritte in den letzten Jahren wieder im Mittelpunkt der Diskussionen. Auch der Aufbau einer aktiven Jugendgruppe war ein wichtiges Thema. Im Ergebnis konnten bereits vorhandene Ansätze aus den letzten Workshops weiterentwickelt werden und ebenso neue Ideenräume geschaffen werden.
Nach etwa vier Stunden konstruktiver Arbeit belohnten sich die Teilnehmer, dank sommerlichem Wetter, mit einem gemütlichen Grillabend im Freien und einem Kickerturnier. Die ,,Teleskop Teens Truppe" (TTT) mit dem RAMOTS-Teleskop um Markus Kohler kam von ihrem ATTStand nun ebenfalls zum Treffen nach Erkrath. Wie auch im vergangenen Jahr an der Volkssternwarte Ottobeuren herrschte eine tolle Atmosphäre und ein herzliches Miteinander.
Wie alle schönen Events fand auch der 3. Innovationsworkshop viel zu schnell ein Ende. Nach einer abschließenden Besprechung am Sonntag und einem Ausblick in die Zukunft traten die Teilnehmer den Heimweg an. Für den Innovationsworkshop ist bereits eine 4. Auflage nächstes Jahr sowie ein Nachtreffen in diesem Jahr ange-
1 Gruppenfoto der Teilnehmer beim
3. Innovationsworkshop für Jugendliche vor der Sternwarte Neanderhöhe Hochdahl e.V. (Bild: Michael Schomann)
setzt. Zum Thema ,,Jugendliche in der Astronomie" planen wir einen umfangreichen Bericht in einem der nächsten VdS-Journale. Man darf gespannt sein auf neue kreative Ideen und Ansätze der ,,Jungen Sterne".
Journal für Astronomie Nr. 87 | 75
Kleine Planeten
Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries
Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiterbewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.
Dem heutigen Objekt und Astrofotografen sind gemein, dass es sich um gute alte Freunde handelt. Der Krebsnebel Messier 1 begleitet alle Sterngucker, egal ob visuell oder fotografisch, ihr Hobbyleben lang, und Wolfgang Bodenmüller [1] unterstützt diese Artikelserie schon jahrelang mit seinen Bildern. Diesmal zeigt er uns die Begegnung vom Kleinplaneten (44) Nysa und M 1. Besten Dank nochmals auf diesem Weg!
Wolfgang ist ein versierter Nutzer von Remotesternwarten rund um den Globus. Auch dieses Bild entstand remote, diesmal in New Mexico. Eigentlich war eine Aufnahme von Deutschland aus geplant, aber eine terminliche Verpflichtung machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Kurzerhand disponierte er um und konnte die Begegnung mit sechs Stunden Zeitunterschied doch noch auf die Festplatte bannen. Das Ereignis fand am 19. März 2022 statt. Es fiel in eine Vollmondphase und daher war es kein Problem, kurzfristig Teleskopzeit zu bekommen. Durch die große Helligkeit vom Messier-Objekt und vom Kleinplaneten sowie die große Optik (17,5-Zoll-CDK) störte das Mondlicht kaum. Außerdem war der Mond ca. 120 Grad vom Aufnahmefeld entfernt und schien nicht direkt in den Tubus. Bei meinen Vorschlägen für die kosmischen Begegnungen versuche ich, auf den Mond Rücksicht zu nehmen, aber wie man
sieht, kann man auch bei Mondschein auf die Pirsch gehen, wenn die Rahmenbedingungen passen.
Diesmal zeigt Wolfgang den Kleinplanetenpfad in Form einer Perlenschnur. Dazu addierte er fünf Einzelbilder seiner Aufnahmeserie. Der Abstand zwischen den Kleinplanetenpositionen beträgt ca. acht Minuten. Diese Zeitdifferenz reicht schon aus, die Bewegung von (44) Nysa sehr schön zu zeigen.
Über den Krebsnebel Messier 1 wissen die meisten Leser sehr gut Bescheid. Er ist der Überrest einer Supernovaexplosion, die im Jahr 1054 auf der Erde registriert wurde. Der neue Stern war damals einige Monate am Taghimmel zu sehen und fast zwei Jahre am Nachthimmel. Heute haben die Nebelmassen eine Helligkeit von ca. 8,4 mag und nehmen eine Fläche von ca. 6' x 4' ein. Dass er sich ausdehnt, kann man leicht dokumentieren, indem man M 1 im zeitlichen Abstand von einigen Jahren fotografiert und die Bilder vergleicht. Vielleicht hat Wolfgang in ein paar Jahren noch einmal die Gelegenheit, den Krebsnebel für eine kosmische Begegnung mit demselben Equipment aufzunehmen.
Als Überbleibsel der Supernovaexplosion sind die Nebelmassen am augenscheinlichsten. Ein Teil der Masse des Ursprungssterns wird aber während der Supernova zu einem Neutronenstern verdichtet. In diesem Fall hat er einen Durchmesser von rund 30 km und die Masse unserer Sonne. Das ergibt eine unglaublich hohe Dichte. Ein Kubikzentimeter würde eine Milliarde Tonnen wiegen. Der Neutronenstern im Krebsnebel ist ein Pulsar und dreht sich ca. 30-mal pro Sekunde. Das wurde zuerst mit Radioteleskopen nachgewiesen. Heute lässt sich die Rotation in allen Wellenlängen messen. Der Pulsar trägt die Bezeichnung CM Tau-
ri. Im Optischen ist er ein Stern mit einer scheinbaren Helligkeit von 16 mag. Die Oberflächentemperatur beträgt ca. 500.000 Kelvin. Seine Energieabgabe, die ca. dem 30.000-Fachen unserer eigenen Sonne entspricht, regt den Krebsnebel zum Leuchten an. Gespeist wird die Energie durch eine allmähliche Verlangsamung der Rotation [2].
Das sind nun sehr viele physikalische Kennzahlen des Pulsars. Spannend ist es vielleicht, diese mit dem Kleinplaneten (44) Nysa zu vergleichen. In Sachen Größe hat Nysa die Nase vorne. Der Asteroid ist mit 70 km Durchmesser etwas mehr als doppelt so groß. Damit erzielt der Kleinplanet zum Glück für uns Erdenbürger den einzigen Punkt in diesem Vergleich. Ein Kubikzentimeter von ihm wiegt rund 2 Gramm. Der Hauptgürtelasteroid weist eine ungewöhnlich hohe Albedo von 0,482 auf. Nysa gehört damit zu den E-Asteroiden. Sie ist ein Steinasteroid und ihre helle Oberfläche wird durch das Mineral Enstatit (daher E-Asteroid) verursacht, das eine gelblichglänzende Farbe aufweist [3]. Nysa hat eine Rotationsperiode von 6 Stunden und 25 Minuten. Das kann es zwar nicht mit der irrsinnigen Rotationsgeschwindigkeit eines Pulsars aufnehmen, aber die scheibenförmige Form des Brockens verleiht ihr eine einzigartige Lichtkurve [4].
Zum Zeitpunkt der Aufnahme war (44) Nysa 10,8 mag hell und 282 Millionen km von der Erde entfernt. Entdeckt wurde der Asteroid 1857 von Hermann Mayer Salomon Goldschmidt in Paris. Der Kaufmannssohn aus Frankfurt am Main studierte und praktizierte Malerei in Paris und widmete sich auch astronomischen Beobachtungen. Dabei entdeckte er aus dem Fenster seiner Dachgeschosswohnung 14 Kleinplaneten und war damals Rekordhalter bei der Anzahl an Entdeckungen. Aus diesem Grund ist ein Kleinplanet und ein Mondkrater nach
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Kleine Planeten
ihm benannt [5]. Der Kleinplanet Nysa wurde nach einem Ort der griechischen Mythologie benannt. Es ist der Geburtsort des griechischen Gotts des Weines, Dionysos. Prost!
Eine Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren, finden Sie auf der Homepage von Klaus Hohmann. [6]
Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit, verschiedene Parameter wie die Helligkeit des Deep-Sky-Objektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selbst auszuwählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden.
Wir möchten Sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS bitten, Ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die Bilder per Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an ries@sternwartealtschwendt.at. Bitte vergessen Sie nicht, das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines
Tabelle 1
1 Der Kleinplanet (44) Nysa und Messier 1, remote aufgenommen von Wolfgang
Bodenmüller in New Mexico mit einem 17,5-zölligen CDK mit Reducer bei f/4,5 und einer FLI PL6303E-Kamera.
ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.
Internethinweise (Stand 05.06.2023): [1] W. Bodenmüller, Fotogalerie:
https://portfolio.fotocommunity.de/ wolfgang-bodenmueller [2] Krebsnebel, Wikipedia: https://de. wikipedia.org/wiki/Krebsnebel [3] Klassifikationsschemata von Asteroiden, Wikipedia: https://de. wikipedia.org/wiki/Asteroid#
Klassifikationsschemata_von_ Asteroiden [4] (44) Nysa, Wikipedia: https://de. wikipedia.org/wiki/(44)_Nysa [5] Hermann Mayer Salomon Goldschmidt, Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Mayer_Salomon_Goldschmidt [6] K. Hohmann: Astrofotografie: Kosmische Begegnungen, http:// astrofotografie.hohmann-edv.de/ aufnahmen/kosmische.begegnungen. php
Ausgewählte interessante kosmische Begegnungen im 4. Quartal 2023
Datum
19.10.2023 23.10.2023 14.11.2023 21.11.2023 08.12.2023 10.12.2023
Uhrzeit
22:00 23:00 20:00 21:00 23:00 21:00
Kleinkörper
mag
(420) Bertholda
13,1
(3118) Claytonsmith 15,7
(140) Siwa
12,3
(5192) Yabuki
14,8
(5042) Colpa
15,8
(1610) Mirnaya
15,0
Objekt
Art
mag
M 74
Gx
9,1
M 33
Gx
5,5
IC 1613
Gx
9,3
NGC 1087
Gx
10,8
M 1
SNR
8,4
M 45
OC
1,6
Abstand
5' 20' 17' 3' 3' 1'
Abkürzungen: Gx - Galaxie, OC - Offener Sternhaufen, SNR -Supernovarest
Journal für Astronomie Nr. 87 | 77
Kometen
Bedeutende Kometen des ersten Quartals 2023
von Uwe Pilz
Herausragend war die Erscheinung des Kometen C/2022 E3 (ZTF), der zum Monatswechsel Januar / Februar für das freie Auge erreichbar war. Diesem Kometen hatten wir im vorigen Heft einen ausführlichen Aufsatz gewidmet.
C/2022 U2 (Atlas) durchlief zum selben Zeitpunkt hoch am Abendhimmel das Helligkeitsmaximum von etwa 10,5 mag. ATLAS war diffus und nicht allzu hell und wurde visuell wenig beobachtet. Für die Fotografen war die Situation einfacher (Abb. 1).
C/2022 A2 (PANSTARRS) erlebte ebenfalls in diesem Quartal seine größte Helligkeit von 9 mag (Abb. 2). Allerdings stand er nicht allzu hoch am Himmel. Dennoch sah ich ihn unter guten Bedingungen ohne Schwierigkeiten im 7-cm-Fernglas. Der Komet ist gasreich, was ich durch Beobachtungen mit einem Swan-BandFilter gut feststellen konnte.
C/2020 V2 (ZTF) war weiter beobachtbar. Die Helligkeit von 10 mag hat sich seit Mitte Dezember kaum verändert (Abb. 3). Der Komet stand in guter Beobachtungsposition am Abendhimmel. Robin Hegenbarth schrieb dazu im Kometen-Forum der VdS: ,,Hab' diesen Kometen am 11.02.2023 um 19:00-19:15 UT mit meinem 20-Zoll-Dobson beobachtet. Schöne runde symmetrische Koma, von innen nach außen schwächer und mit False Nucleus. Richtung Norden bei 128x Vergrößerung ein etwa 2,5 Bogenminuten langer schwacher Schweifansatz, mit dem der Komet oval wirkte."
1 C/2022 U2 (Atlas), 10.02.2023, 18:45 Uhr UT, 9 min belichtet mit
80 mm Öffnung mit CMOS-Kamera (Bild: Walter Kutschera)
2 C/2022 A2 (PANSTARRS), 19.01.2023, 04:13 Uhr UT, 28 min be-
lichtet mit 100 mm Öffnung mit CCD-Kamera (Bild: Steffen Fritsche)
3 C/2020 V2 (ZTF), 18.03.2023, 20:06 Uhr UT, 30 min belichtet
mit 25 cm Öffnung mit CMOS-Kamera (Bild: Uwe Wohlrab)
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Sonne
Jahresbericht 2022 des SONNE-Relativzahlnetzes
von Andreas Bulling
Die Sonne ist immer für Überraschungen gut: Nachdem der Anstieg der Relativzahlkurve des SONNE-Netzes der Fachgruppe Sonne der VdS im Vorjahr an Fahrt aufgenommen hatte, setzte sich dies im ersten Halbjahr 2022 zunächst fort. In der zweiten Jahreshälfte schwankten die Monatsmittel dann nur noch wenig um Re = 60 herum - und schnellten dann mit dem DezemberWert plötzlich hoch, quasi als Vorbote einer anhaltend erhöhten Aktivität im ersten Quartal 2023 (Abb. 1).
Die Sonnenflecken-Relativzahl hat übrigens nichts mit Albert Einstein zu tun und berechnet sich wie folgt:
Re = 10 g (Anzahl der Fleckengruppen) + f (Anzahl der Sonnenflecken)
Das niedrigste Monatsmittel wurde im Januar mit Re = 39,7 und das höchste im Dezember mit 79,8 ermittelt, das Jahresmittel lag bei 57,6 (2021: 20,8). Nach den Daten des SONNE-Netzes gab es 2022 keine fleckenfreien Tage mehr - der letzte war am 11.12.2021.
1 Verlauf der Monatsmittel und der (geglätteten) P17-Monatsmittel der Wolf`schen
Relativzahl des SONNE-Netzes seit 2018. Bei den letzten vier Datenpunkten handelt es sich um provisorische, ansonsten um definitive Werte.
Von 6.875 verfügbaren Einzelbeobachtungen flossen 6.102 in die Jahresauswertung 2022 ein, die von 41 Beobachtern beigetragen wurden. Unabhängig davon ausgewertet wurden weitere 709 Beobachtungen durch zwei Beobachter, die öffentlich zugängliche Bilder von Sonnenobservatorien im Erdorbit (z. B. SDO) verwendeten. Diese sollen schnellstmöglich in die reguläre Auswertung einbezogen werden, sobald ein geeignetes Verfahren ausgearbeitet wurde. Die übrigen 64 Beobachtungen konnten auf Grund der Regeln zur Mindestzahl von fünf Vergleichstagen bzw. zur Mindestqualität (Seeing) nicht einbezogen werden.
Für jeden Tag des Jahres lag mindestens eine Beobachtung vor (4. Januar), am 18. April waren es 32 Einzelwerte. Dagegen gab
2 P17-Monatsmittel der Relativzahl Re nach Hemisphären getrennt.
es bei der Beck`schen Flächenzahl und bei der Relativzahl-Bestimmung nach Hemisphären einige Lückentage. Die Verteilung der Fleckenaktivität über die Nord- und Südhalbkugel der Sonne war im letzten Jahr in etwa ausgeglichen. Mit den aktuell verfügbaren P17-Monatsmitteln hat sich die Nordhalbkugel auf die Überholspur
gesetzt, nachdem der Süden ab Anfang 2020 vorne lag (Abb. 2). Vermutlich wird also auch dieses Mal wieder der Norden für das erste Maximum des aktuellen Zyklus verantwortlich sein und der Süden für das zweite. Spannend bleibt, welcher der beiden Peaks der höhere sein wird.
80 | Journal für Astronomie Nr. 87
Sonne
Gute Nachrichten gibt es von der mittleren Fleckenzahl pro Gruppe (Abb. 3). Die hatte 2020 einen Minimalwert von 3,05 erreicht und stieg mit dem Einsetzen des neuen Fleckenzyklus auch 2022 weiter an. Inzwischen können im Schnitt wieder mindestens fünf Flecken in einer Gruppe beobachtet werden. Ein in den letzten Jahren für möglich gehaltenes komplettes Verschwinden kleiner Flecken ohne Penumbra scheint vorerst nicht einzutreten. Ob allerdings Werte von 6 - 9 wie in den 80er / 90er Jahren im aktuellen Zyklus erreicht werden, bleibt fraglich.
Neben der Wolf`schen Relativzahl Re wird im SONNE-Netz von einigen Beobachtern auch die Beck`sche Flächenzahl RB (oder Re`) ermittelt, für die ein eigener k-Faktor bestimmt wird. Sie ist ein Maß für die Gesamtfläche der Sonnenflecken am Beobachtungstag. Einen aktuellen Vergleich mit dem P17-Mittel zeigt die Abbildung 4.
Die in den letzten Berichten vorgestellte Prognose zur Höhe des kommenden Maximums hat sich kaum geändert und liegt bei Re = 85,1. Sollte dies eintreffen, sind wir inzwischen nicht mehr weit weg vom Maximum - zumindest was die Höhe angeht.
Abschließend herzlichen Dank an alle Beobachter für die Mitarbeit am SONNE-Netz! Ein spezieller Dank an Michael Delfs für das Eintippen von Datenlisten! Die meisten Beobachter geben ihre Daten mittlerweile selbst ein. Das können Sie auch, unter www.vds-sonne.de/de/Relativzahl.php.
Wir freuen uns auf Ihre Beobachtungen!
3 Jahresmittel der Relativzahl Re (untere Kurve) und der Fleckenzahl pro Gruppe
(obere Kurve) seit 1977.
4 P17-Monatsmittel der Wolf`schen Relativzahl Re und der Beck`schen Flächenzahl
RB (oder Re`) im SONNE-Netz seit 1984. Anzeige
Spektroskopie
RowShooter-C: Gekühlte Zeilenkamera zur Erfassung spektroskopischer Messungen an astronomischen Objekten
von Daniel P. Sablowski und Karsten Sengebusch
Einleitung In Ausgabe 67 (IV/2018) des Journals für Astronomie wurde bereits eine Zeilenkamera mit ungekühltem Sensor vorgestellt. Dieser Artikel beschäftigt sich mit einer gekühlten Variante, welche auch wesentlich längere Belichtungszeiten erlaubt und daher für Anwendungen am Teleskop erheblich attraktiver ist. Der wesentliche Vorteil liegt im geringeren Preis gegenüber gekühlten Kameras mit Flächensensoren mit vergleichbarem Diagonalmaß. Allerdings ist die Ausrichtung des Spektrums auf einem Zeilensensor mit nur 0,2 mm ,,Pixelhöhe" erheblich schwieriger und daher insbesondere für fasergebundene Spektrografen attraktiv.
Zunächst wird in Abschnitt 1 die Technik für Kühlung und Kamera beschrieben. Der 2. Abschnitt beinhaltet eine kurze Vorstellung der Software, während im 3. Abschnitt erste Ergebnisse vorgestellt werden. Eine abschließende Zusammenfassung findet sich im 4. Abschnitt. Die hier verwendeten Kernkomponenten sind in der Tabelle 2 zusammengestellt.
Technik Im Wesentlichen kann man die Kamera in zwei Baugruppen unterteilen. Nämlich in die Elektronik für den Detektor und in die notwendigen Bauteile für die Kühlung. Im Folgenden soll auf beide Punkte genauer eingegangen werden, die verwendeten Komponenten vorgestellt und deren Zusammenbau beschrieben werden. Die Abbildung 1 zeigt einen Schnitt durch das Kameramodell, alle wichtigen Komponenten sind bezeichnet und dienen als Referenz für den Text.
1 Schnitt durch die Kamera
Kühlung Eine konstante Temperatur während der Belichtungszeit ist wichtig für eine gute Dunkelstromkorrektur der Aufnahmen und wird umso wichtiger, je höher die Belichtungszeiten liegen (Tab. 1). Daher wurde in der Kamera eine zweistufige Peltierkühlung eingebaut, welche einen maximalen Temperaturunterschied zur Umgebung von 44 K erreicht. Dies ist notwendig, wenn an warmen Sommerabenden die Temperaturen noch um 20 Grad C liegen. Denn die Reduktion des Dunkelstroms hat zwangsläufig auch eine Reduzierung des entsprechenden Rauschanteils zur Folge.
Für die Auslegung des Kühlsystems ist insbesondere der Kühlkörper für eine effektive Ableitung der vom Peltier erzeugten (elektronisch, Joul`sche) Wärme QJ und der Kühlleistung QW wichtig. Die Dimensionierung des Kühlkörpers kann mit
abgeschätzt werden. Dabei bezeichnet Rth den thermischen Widerstand und dT die Erwärmung des Kühlkörpers gegenüber der Umgebungstemperatur. Man beachte, dass die dT-Angabe bei Peltierelementen sich immer auf den Temperaturunterschied zwischen warmer und kalter Seite bezieht. Das hier verwendete Peltier zieht bei 7 V ca. 2,9 A und erwirkt eine Kühlleistung von 6 W. Bei einer Erwärmung um 10 K erhält man einen thermischen Widerstand von 0,38. Um den Kühlkörper auf handhabbaren Abmessungen zu halten, lässt sich dieser Wert nur in Verbindung mit einem Lüfter (erzwungene Konvektion) realisieren.
Neben einer korrekten Dimensionierung des Kühlkörpers ist die Behandlung der Kontaktflächen wichtig. Diese sollten in der Anzahl möglichst minimiert werden, eine geringe Rauheit und gute Parallelität
82 | Journal für Astronomie Nr. 87
Spektroskopie
aufweisen, so dass ein möglichst dichter (luftfreier) Kontakt erreicht wird. Wärmeleitpaste ist in einer dünnen Schicht aufzubringen. Die beiden kontaktierten Elemente werden durch leicht rotierende Bewegungen aneinandergedrückt, bis der Widerstand in der Bewegung merklich zunimmt. In dieser Kamera wurde das Peltier direkt auf den Kühlkörper gesetzt. Auf der kalten Seite war ein ,,Kühlfinger" notwendig, um den Sensor mit dem Peltier in Kontakt zu bringen. Diese Komponenten werden letztlich nur mit dem Sensor angedrückt. Der Kühlfinger (oder auch Cold Finger) besitzt an der Stirnseite eine kleine Sackbohrung, welche den Temperatursensor (auch mit Wärmeleitpaste) für den Temperaturregler des Peltiers aufnimmt.
Noch eine kurze Anmerkung zum Kühlfinger: Genau genommen handelt es sich um einen einfachen Abstandshalter (Spacer) und nicht um einen Kühlfinger. Eine solche Konfiguration führt zu einer Positionsänderung des Sensors, wenn die Elemente gekühlt werden (Kontraktion). Bei Systemen mit höheren Anforderungen wird daher ein Kühlfinger im eigentlichen Sinne verwendet. Dieser ist an den Peltierelementen kontaktiert und mit der CCD lateral verbunden (vorstellbar als thermische Feder). Die Position der CCD unterliegt dann nicht der Schrumpfung der Peltierelemente.
Peltierelemente unterliegen einem starken thermischen Stress, wenn diese oft an- und ausgeschaltet werden, da die damit verbundene thermisch bedingte Ausdehnung und Kontraktion zu Materialermüdung führt. Daher sind einfache On/Off-Temperaturregler nicht empfohlen. PWM-Regler arbeiten in dieser Applikation mit relativ hoher Frequenz, weswegen die Temperaturänderungen am Peltier relativ gering sind. Eine (teure) DC-Regelung wurde daher nicht angestrebt.
Zur Versorgung der Kühlung wurde eine Strom-/Spannungsquelle verwendet, welche auf eine maximale Spannung von 7 V für das Peltier eingestellt ist. An diese sind auch die 12V-DC-Lüfter angeschlossen. Hier ist insbesondere auf eine genügende Leistung und eine geringe Geräuschkulisse zu achten. Für Letzteres sollten daher die Lüfter möglichst groß sein und mit geringerer Spannung (langsamer) laufen. Auf hohe Qualität ist hier insbesondere in der Laufruhe (Vibrationen) zu achten.
Ein weiterer Punkt ist Kondensation an den kalten Oberflächen. Der Sensor ist im Kamerakopf (3D-Druckteil mit Resin) möglichst dicht verbaut. Hierzu sitzt ein 0-Ring zwischen Fenster und Kamerakopf, wie auch zwischen Kamerakopf und Kühlkörper. Des Weiteren verfügt der Sensorkopf
über eine seitliche Kammer, welche von außen mit Trockenmittel befüllt werden kann. Die erste Inbetriebnahme der Kühlung erfolgt dann in Schritten. Innerhalb von mehreren Minuten wird die Temperatur langsam schrittweise abgesenkt, so dass das Trockenmittel Zeit hat, die im Kamerakopf befindliche Feuchtigkeit aufzunehmen. Ein gebauter Prototyp (hier nicht gezeigt) konnte selbst nach einem Jahr Lagerung im Gartenhaus noch ohne Kondensation betrieben werden.
Sensor-Elektronik Die Zeilenkamera basiert auf dem CCDSensor TCD1304 der Firma Toshiba. Dieser Sensor wurde wegen seines günstigen Preis-Leistungsverhältnisses und der guten Verfügbarkeit gewählt und zeichnet sich insbesondere durch seine rechteckigen Pixel mit 8 m x 200 m, einen Conversion Gain von etwa 16 V/e- sowie eine hohe Quanteneffizienz bis in den nahen UV-Bereich aus.
Zu den wenigen Nachteilen dieses Sensors gehört zum einen ein Image Lag (ein gewisser Signalanteil der vorherigen Aufnahme wird mit der aktuellen gemischt) beim Auslesen der Photodioden sowie die fehlende Möglichkeit eines Correlated Double Sampling (CDS). CDS wird verwendet, um das so genannte kTC-Rauschen zu korrigie-
Tabelle 1
Dunkelstromstatistik für unterschiedliche Belichtungszeiten und CCD-Temperaturen
Angegeben sind Mittelwerte / Standardabweichung über alle Pixel
Belichtungszeit: 0,01 s
Temperatur
15 Grad C
2.982/28
0 Grad C
2.240/27
-25 Grad C
1.261/31
1 s
3.149/51 2.283/29 1.266/30
10 s
60 s
180 s
300 s
600 s
3.472/205 2.537/111 1.276/32
4.448/998 2.646/191 1.372/47
9.395/3.881 2.706/318 1.537/125
14.799/6.649 3.609/1.376
1.639/167
28.317/12.431 6.821/3.143 1.587/181
Journal für Astronomie Nr. 87 | 83
Spektroskopie
2 Blockschaltbild der Sensorelektronik
ren, indem der Spannungswert des Auslesekondensators vor der Belichtung über einen zweiten analogen Ausgang abfällt. Die Spannung des Auslesekondensators muss nach jedem Auslesen zurückgesetzt werden. Diese ist temperaturabhängig und unterliegt damit gewissen Schwankungen. Letzteres führt dazu, dass das Rauschen des Sensors durch das KTC-Rauschen dominiert wird, Artefakte durch den Image Lag konnten mittels geschickter Ansteuerung auf ein Minimum reduziert werden.
Die Fullwell Capacity des Sensors von mehr als 80 ke- erlaubt eine sinnvolle Digitalisierung mit 12 Bit.
Das in der Abbildung 2 gezeigte Blockschaltbild wurde auf den wesentlichen Teil der Signalerfassung reduziert, d. h. die Strukturen zum Schieben der Ladung sind der Übersichtlichkeit halber nicht gezeigt. Da der Schiebeprozess rein in der Ladungsdomäne erfolgt, ist dieser bei hinreichend hoher Charge Transfer Efficiency nahezu rauschfrei.
Um das volle Potenzial des Sensors nutzen zu können, sind einige Dinge zu beachten: Zum einen muss sichergestellt werden, dass kein zusätzliches Rauschen durch die Versorgung über USB die Signalqualität be-
einträchtigt, zum anderen müssen die Zeitpunkte der Takte und Wandlung sehr fein abgestimmt werden, um die Digitalisierung auf einem stabilen Signalplateau durchzuführen.
Die Stromversorgung wird dazu in fünf Bereiche unterteilt: 1. Die Versorgung des USB-Interfaces
Das USB-Interface wird direkt vom Host versorgt, wobei die Spezifikation für Spannungen und Störungen recht weit gefasst ist. 2. Die Versorgung der digitalen Elektronik Die digitale Elektronik umfasst insbesondere einen FPGA, der verschiedene eng tolerierte Spannungen benötigt. Durch die relativ hohen Spitzenströme beim Schalten vieler Bits im FPGA können auf diesen Spannungen deutliche Störungen entstehen, welche die weitere analoge Elektronik beeinflussen könnten. 3. Die Versorgung des digitalen Teils des ADCs und der Taktgenerierung Aus dem o. g. Grund gibt es eine weitere digitale Domäne, die eine gut geregelte rauscharme Spannungsversorgung bietet. Dabei wird auf eine hinreichende Isolation zur normalen digitalen Domäne geachtet. 4. Die Versorgung des analogen Teils der Taktgenerierung
Auf den ersten Blick scheinen die Takte eines CCDs digital zu sein. Wenn man sich die internen Strukturen des CCDs ansieht, so stellt man jedoch fest, dass diese Eingänge analog zu betrachten sind und sich die Taktsignale kapazitiv zum Ausgang durchsprechen. Da dies auch für Rauschanteile auf diesen Taktsignalen gilt, ist bei der Generierung der Taktsignale äußerste Vorsicht geboten, um die Signalqualität des Sensors nicht zu beeinträchtigen. 5. Die Versorgung des analogen Teils des ADCs Da der Sensor nur wenige V je Elektron liefert, ist es wichtig, im analogen Frontend sicherzustellen, dass die Spannungsversorgung in dieser Größenordnung stabil und frei von Artefakten ist.
Die Messung des Signals erfolgt durch Schieben der akkumulierten Elektronen auf die Gatekapazität eines als Sourcefolger betriebenen Feldeffekttransistors. Hier erfolgt die Umwandlung von Ladung in eine Spannung.
Nachgeschaltet wird diese Spannung so verstärkt, dass der Eingangsbereich des ADC vollständig durch den Bereich Dunkelheit bis maximale Helligkeit abgedeckt wird und gleichzeitig der Nullpunkt ent-
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Spektroskopie
3 GUI der Kamerasoftware. Links die Steuerung der Sensorelektronik und rechts des Peltier-Controllers
sprechend durch einen DAC verschoben. Der DAC ermöglicht damit eine individuelle Korrektur des Offsets des Sensors.
Nach der Digitalisierung durch den ADC wird das Ergebnis im FPGA linksbündig auf 16 Bit skaliert und die fehlenden vier Bit werden mittels weißem Rauschen maskiert, um eine Kompatibilität zu zukünftigen Produkten zu erreichen.
Die nötige Genauigkeit der Lage der Taktsignale zueinander lässt sich gut mittels des FPGA realisieren. Da das Timing des Sensors während des Auslesens im Bereich von wenigen ns stabil sein sollte, muss sichergestellt werden, dass die digitalisierten Daten auch bei stockender Verbindung zum PC nicht verloren gehen. Dazu befindet sich im FPGA ein entsprechender Speicher, in dem die Daten gepuffert werden.
Belichtung gesetzt. Es können gleich mehrere Aufnahmen gemittelt ausgegeben werden. Ebenso können der Mittelwert und die Standardabweichung (in einem bestimmten Pixelbereich) live ermittelt werden. In die abgespeicherten Dateien (ASCII) kann auch ein Header mit den wichtigsten Daten eingefügt werden. Ist die Kamera stabil am Spektrografen montiert, so kann auch ein File mit einer Wellenlängenskala direkt geladen werden, so dass anstelle Pixel die Wellenlänge im Grafen angezeigt wird.
Im rechten Teil wird der Peltier-Controller gesteuert. Im Wesentlichen werden die Solltemperatur sowie die PID-Werte gesetzt. Der Graf gibt den Temperaturver-
lauf an. Die Güte der Regelung kann über den angegebenen Mittelwert und die Standardabweichung beurteilt werden. Wird der Header in den Dateien hinzugefügt, so wird als Sensortemperatur der Mittelwert der während der Belichtung ausgelesenen Temperaturwerte angegeben.
Erste Beobachtungen Erste Sternspektren wurden mit dem MiniSpec aufgenommen. Dieser ist zusammen mit der Kamera in der Abbildung 4 gezeigt. Dort ist im rechten Teil der Spektrograf zu sehen, der über einen optischen Lichtwellenleiter an das Teleskop gekoppelt wird. Die Faser ist in allen drei Richtungen einstellbar, so dass diese genau auf die Zeile
Software Mit der Sensorelektronik wird auch ein SDK mitgeliefert. Damit und dem hervorragenden Support vom Hersteller wurde eine GUI-Anwendung mit C++ und Qt erstellt. Diese erlaubt sowohl die Steuerung der Kamera als auch die Steuerung des Peltier-Controllers.
Das GUI ist in der Abbildung 3 gezeigt. Im linken Teil werden die Parameter für die
4 MiniSpec-Spektrograf mit der Zeilenkamera (links). Über die Mikrometerschraube (oben)
wird das Beugungsgitter eingestellt. Rechts befindet sich eine Fokussierung und eine x-y-Einstellung, um die Faser genau auf den Zeilendetektor auszurichten.
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Spektroskopie
tionen und vielen Linien, welche mit der geringen spektralen Auflösung nicht dargestellt werden können.
5 Vega-Spektrum mit Neon-Kalibrationsspektrum
6 Spektrum von 02 Lyr mit 2 min Belichtungszeit
positioniert werden kann. Dieser Spektrograf wurde ursprünglich für erheblich kleinere Detektoren ausgelegt. Um die volle Länge des Zeilendetektors ausnutzen zu können, müssten einige Änderungen vorgenommen werden, welche wir im nächsten Abschnitt erläutern.
Um das Spektrum auf den Detektor auszurichten, wurde wie folgt vorgegangen: Zunächst wird die Faser am Spektrografen angeschraubt und mit Tageslicht beleuchtet. Die Kamera wird dann im 90 Grad -Winkel zum Spektrum gedreht. Damit erhält man einen Peak, den man nun durch Fokussieren der Kamera möglichst scharf stellt. Danach wird die Kamera langsam gedreht und dabei die x-y-Einstellung der Faser so justiert, dass immer maximales Signal erhalten bleibt. Am Ende liegt die CCD genau parallel auf dem Spektrum. Nun kann an der Faser fein nachfokussiert werden.
Der hier gezeigte einfache Spektrograf besitzt eine für diese Detektorgröße unzureichende Korrektur der Bildfeldkrümmung. Daher ist immer nur ein begrenzter Bereich im Spektrum scharf abzubilden. In der Abbildung 5 ist ein 0,1 s belichtetes Spektrum der Vega mit dem zugehörigen Neon-Kalibrationsspektrum gezeigt. Hier zeigt sich, dass die Neonlinien bei 7000 Å breitere ,,Füße" aufweisen als jene bei 6000 Å. Die starken Absorptionen im Vega-Spektrum gehören zum Wasserstoff. Die hier stärkste ist H. Weiter rotseitig im Neon-Wald liegt H, gefolgt von einer terrestrischen Sauerstoffbande. Blauseitig von H folgen die weiteren Linien der Balmer-Serie.
Als Test für längere Belichtungszeiten wurde 02 Lyr beobachtet und das Spektrum ist in der Abbildung 6 gezeigt. Hierbei handelt es sich um einen M-Stern mit einer visuellen Helligkeit von 4,3 mag. Das Spektrum ist durchzogen von molekularen Absorp-
Ein passender Spektrograf Wie im letzten Abschnitt bereits angemerkt, besitzt der für diese ersten Tests verwendete MiniSpec keine ausreichende Korrektur der Bildfeldkrümmung für einen solch langen Detektor. Daneben kommt noch die starke Vignettierung der Kamera-Optik hinzu, da diese nicht zur Ausleuchtung so langer Detektoren ausgelegt ist. In der Abbildung 7 ist dies durch ein optisches Layout verdeutlicht. Oben ist das hier verwendete Design gezeigt. Darunter eine Anpassung für einen großen Detektor bzw. Wellenlängenbereich. Während im oberen Design ein Detektor von lediglich 6 mm Kantenlänge und ein hier gezeigter Wellenlängenbereich von 560 bis 690 nm erreicht werden können (einstellbar), ist das untere Design für einen 30-mm-Detektor und für einen Bereich von 390 bis 880 nm anwendbar. Dabei wurde ein Beugungsgitter mit 600 l/mm angesetzt. Das Petzval-Objektiv ist aus zwei Achromaten von der Stange aufgebaut. Daher kann damit keine Korrektur bis zur 2-Pixel-Grenze erreicht werden. Dennoch genügt die Abbildung für niedrig aufgelöste Spektren. Des Weiteren wurde bei der Auswahl der Linsen insbesondere auf eine gute Transmission am blauen Ende des Wellenlängenbereiches geachtet und daher Linsen mit Schwerflintglas vermieden.
Die Abbildungsqualität ist anhand von Spotdiagrammen in der Abbildung 8 verglichen. Die obere Reihe zeigt den kleinen Bereich für den hier verwendeten Spektrografen (0,05-mm-Box), die zweite Reihe zeigt dann für selbigen einen großen Wellenlängenbereich (0,1-mm-Box), die dritte Reihe für die vorgeschlagene Anpassung (0,1-mm-Box) und die vierte, wenn die Anpassung mit einer einzelnen Linse
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(0,5-mm-Box) ausreichender Größe und gleicher Brennweite wie das Petzval-Objektiv realisiert wird. Wie geschrieben erreicht die obere Variante auf Grund des geringen Feldes und Wellenlängenbereiches die beste Abbildung und das Petzval-Objektiv wiederum eine signifikant verbesserte Abbildung gegenüber der eines einzelnen Achromaten.
Bei 2. sei daran erinnert, dass eine erhebliche Vignettierung auftritt. Setzt man sich in den astigmatischen Fokus quer zur Dispersionsrichtung (Spots elongiert), so kann selbst bei starkem Astigmatismus eine gute spektrale Auflösung erreicht werden. Bei einem Zeilendetektor mit nur 0,2 mm Höhe spielt dies allerdings wieder eine größere Rolle, da sonst erheblich Signal verloren geht. Angemerkt sei noch, dass wir hier nur Standardlinsen berücksichtigt haben. Ein speziell gerechnetes System wird signifikant bessere Leistung erbringen.
7 Layout des MiniSpec, oben in der hier verwendeten Variante, unten angepasst für größere
Bildebene / größeren Wellenlängenbereich.
Zusammenfassung Die Zeilenkamera von Eureca ermöglicht lange Belichtungszeiten und erfasst bei relativ geringem Preis einen großen Wellenlängenbereich, welcher sonst nur mit erheblich teureren Kameras mit Mittel- und Vollformat möglich wären (5-fache Kosten). Mit etwas handwerklichem Geschick kann eine Kühlung realisiert werden, welche den Rauschanteil erheblich reduziert. Damit wird eine solche Kamera zu einem attraktiven Detektor in der Astrospektroskopie.
Nichtsdestoweniger muss die Optik des Spektrografen die Abbildungsleistung über die Länge des Detektors gewährleisten. Dies ist bei einfachen Systemen, wie sie auch auf dem Markt angeboten werden (LHIRES III usw.), nicht gegeben. Fotoobjektive können für größere Detektoren i. A. verwendet werden, besitzen aber i. d.
8 Vergleich der Abbildung durch Spotdiagramme. Man beachte die unterschiedlichen
Boxgrößen. Erklärung siehe Text.
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Spektroskopie
Tabelle 2
Kernkomponenten der hier vorgestellten Zeilenkamera
Die Kosten dieser Komponenten belaufen sich auf ca. 540 EUR
Bauteil
Peltierelement Kühlkörper
Hersteller
Laird Thermal Systems Fischer Elektronik
Nummer
MS2-094-10-10-13-13-11-W8 KSK3
Peltier-Controller Tomorrow's System Sp. z o.o. TEC-8A-24V-PID-HC-RS232
Sensor
Toshiba
TCD1304DG
Kamera-Elektronik Spannungsquelle
Eureca Technischer Handel
9u-LSMD-TCD1304-TRG F.H.Kreidt XL-4015 CC-CV
Bemerkung
7,2 W, 2,8 A, 7,1 V
Rth ~ 0,4 (mit Konvektion), sehr zähes Aluminium
vergleichsweise günstig, T-Stabilität ~ 0,05 K
kostengünstig und praktikable Pixelabmessungen
kompakt
nutzbar als U- oder I-Quelle
R. einen erheblichen Farblängsfehler und eine geringe Effizienz zu den Rändern des visuellen Spektralbereiches. Außerdem sind diese für eine innenliegende Pupille gerechnet und leiden daher unter erhöhter Vignettierung im Feld. Der hier vorgestellte Petzval-Ansatz hingegen ermöglicht eine
gute Korrektur bei vignettierungsfreiem und hohem Durchsatz. Dieses Objektiv findet auch in einem breitbandigen und hochauflösenden Echellespektrografen seinen Einsatz, welcher in einer späteren Ausgabe dieses Journals vorgestellt werden soll.
Zeilensensoren sind auch mit Pixelhöhen von 1 bis 2,5 mm erhältlich. Dies würde eine Anwendung direkt am Teleskop erheblich erleichtern bzw. erst praktikabel machen. Software und weitere Hinweise zur Konstruktion sowie zur Faserkopplung können vom Autor bezogen werden.
Das Echelle-Treffen am AIP in Potsdam am 29. und 30. Oktober 2022
von Jakob Wierzbowski
Am 29. und 30. Oktober 2022 fand am Leibniz-Institut für Astrophysik (AIP) in Potsdam das Echelle-Treffen statt. Das EchelleTreffen hatte sich in den letzten Jahren als Plattform für den Erfahrungsaustausch von Amateur-Astrospektroskopikern etabliert, die eigene Echelle-Spektrografen bauen oder diese betreiben.
Auch dieses Mal empfing Gastgeber und Organisator Daniel Sablowski die EchelleGruppe herzlich in den Konferenzräumlichkeiten des AIP. Teilnehmer vor Ort waren Bernd Bitnar, Lothar Schanne, Siegfried Hold, Herbert Pühringer, Ulrich Waldschlaeger, Jakob Wierzbowski. Klaus Vollmann ergänzte die Gruppe online. Wie schon bei früheren Treffen, stellten die Teilnehmer ihre laufenden Aktivitäten vor. Den Anfang machte Herbert Pühringer zu einer kürzlich entdeckten Nova (TCP
J18573095 +1653396), aufgenommen an der VEGA-Sternwarte des Hauses der Natur Salzburg am 13.06.2022 mit einer geschätzen Magnitude von 6. Das HSpektrum nahm am Detektor fast eine ganze Ordnung ein. Herbert berechnete eine Expansionsgeschwindigkeit von über 4.000 km/s. Am Folgetag konnte aufgrund der um 3 bis 4 Magnituden reduzierten Helligkeit kein Spektrum mehr gemacht werden. Aus den Verschiebungen von
V(H) = 5.070,55 (+668,63, -646,43) km/s, V(H) = 3.820,39 (+492,62, -480,23) km/s, V(H) = 3.557,06 (+439,50, -429,20) km/s,
ergab sich eine mittlere Ausbreitungsgeschwindigkeit von V = 4.149,33 km/s. Anfangs noch von einem Messfehler überzeugt und nach längerer Recherche, fand Herbert heraus, dass das 80-cm-AsiagoTeleskop sehr ähnliche Daten (Dr. Munari)
Tagungsteilnehmer: Bernd Bitnar, Siegfried Hold, Herbert Pühringer, Daniel Sablowski, Lothar Schanne, Klaus Vollmann, Ulrich Waldschläger, Jakob Wierzbowski
Tagungsort: Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam, An der Sternwarte 16, 14482 Potsdam
veröffentlicht hat. Aufgrund der außergewöhnlichen Messwerte gab es viele Beobachtungen und Nachbeobachtungen. Beispielsweise durch den Röntgensatelliten FERMI und den Neutronendetektor ICE CUBE [1]. Die gesammelten Spektren lassen sich in der ARAS-Datenbank nachsehen [2]. Zusammenfassend, sagt Herbert, war es ein Glücksfall, dass er und seine Kol-
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legen eine Nova mit einer außergewöhnlich schnellen Expansionswolke detektieren konnten. Man ist sich immer noch nicht im Klaren, was diese Explosion hervorgerufen hat. Neuester Stand ist, dass sich der Weiße Zwerg wieder im Ruhezustand befindet und sich er und sein Begleitstern innerhalb von 8,4 min umrunden.
Siegfried Hold, der das Jahr mit intensiver Datenpflege hinsichtlich der Bereinigung von FITS-Headerdaten des Deneb-Systems verbrachte, stellte seine aggregierten Messdaten zur Nova Cassiopeiae vor, die er mit Hilfe seines selbst gebauten Observatoriums in der Nähe von Graz aufnahm. Baubeginn der Sternwarte war 1981. OTon: ,,Wird nie fertig, es gibt immer was zu tun." Die Daten wurden mit einem selbst gebauten FLISES [3] (Fiber-Linked ImageSliced Echelle-Spectrograf) aufgenommen, das am Teleskop mittels EasyFiber [4] und einer 50-m-Glasfaser gespeist wird. Das optische Design des FLISES und EasyFibers stammen von Dr. Daniel Sablowski (AIP). Die Auflösung beträgt R = 16.000 (0,1 Å/Pixel) unter der Verwendung eines Moravian-G2-1600-9-m-Pixel-Sensors. Der resultierende Arbeitsbereich umfasst 3930 - 7300 Å und wird mit Hilfe einer ThAr- Lampe kalibriert. Zur thermischen Stabilisierung ist eine Peltierkühlung installiert. Kühlleistung und Regelung (PID) müssen noch verbessert werden, um über das ganze Jahr eine konstante Temperatur halten zu können. Die Interpretation der komplexen Spektralprofile der NovaCas 2021 (V1405) erweist sich trotz eines achtmonatigen Beobachtungszeitraums als sehr schwierig. Anfangs (Pränova) sind Profile der Balmer-Linien als Voigt-Profile mit variablen, stark blauverschobenen Absorptionen und He-Linien mit P-Cygni-Profilen zu sehen. Spätere Profile weisen breite Plateaus auf. Möglicherweise ein Hinweis auf lokale Ejekta in die Hülle! Zu beobachten ist
1 FLECHAS-Spektrograf von Bernd Bitnar während des Aufbaus und der Justage
auch, dass Linien spontan erscheinen und nach wenigen Tagen nicht mehr detektiert werden können. Hierbei handelt es sich vermutlich um Phänomene, die beispielsweise (und nicht ausschließlich) auf eine sich ändernde Opazität hinweisen.
Im Folgenden präsentierte Bernd Bitnar Details zum Bau, zur Justage sowie zur Effizienzbestimmung des FLECHAS-Spektrometers.
Das FLECHAS ist ein fasergekoppelter Echelle-Spektrograf, der von der CAOSGruppe der ESO entwickelt wurde. Die Konstruktionszeichnungen und die Stückliste der Komponenten sind frei verfügbar, so dass der Spektrograf von jedem Interessenten nachgebaut werden kann [5]. Carlos Guirao, Mitentwickler dieses Spektrografen, hatte nach einem Kontaktgesuch diesen Aufbau tatkräftig unterstützt.
In seiner Dokumentation ging Bernd auf die Beschaffung der optischen und mechanischen Komponenten ein und verdeutlichte anhand von Fotos die einzelnen Bau- und Justierschritte des Spektrografen (Abb. 1).
Nach der Präsentation erster Testspektren wurde der Einbau eines Image-Slicers beschrieben. Leider erlauben die gängigen Programme zur Kalibration von EchelleSpektren bisher keine Verarbeitung von Spektren, die mit einem Image-Slicer aufgenommen wurden. Dieser Aufgabe hatte sich Jakob Wierzbowski angenommen, wie unten detaillierter dargestellt ist.
Im Anschluss an den ersten Teil der Vorträge führte Organisator Daniel Sablowski die Teilnehmer durch die Labore und Werkstätten des AIP. Das Highlight der Führung am AIP war die Tour durch die Labore und Integrationshallen, in denen zurzeit die Subsysteme des 4MOST-Instruments für die Systemintegration aufgebaut werden. 4MOST ist ein Multi-Objekt-Spektrograf und Survey-Instrument. Dieses Instrument wird in Chile als Nachfolger für VIRCAM an einem 4-Meter-Teleskop gebaut. Zu sehen war insbesondere der Wide-Field-Corrector mit Korrektor für die atmosphärische Dispersion, welcher aus sechs Linsen in vier Gruppen besteht, die Durchmesser von 0,9 und 0,65 m haben.
Außerdem war der Faserpositionierer, welcher in Australien gefertigt wurde, zu sehen.
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Spektroskopie
2 Gruppenfoto vor der Bibliothek. V.l.n.r: Siegfried Hold, Jakob Wierzbowski, Bernd Bitnar,
Ulrich Waldschlaeger. Unten: Herbert Pühringer, Daniel Sablowski, Lothar Schanne
Dieser verbindet die Teleskop-Fokalebene mit den drei Spektrografen via knapp 2.500 optischen Lichtleitern, welche alle über Piezo-Tiles positioniert werden können.
Autofokusfunktion am Spektrografen-Objektiv mit Hilfe eines Teleskop-Fokussierers der Fa. ZWO und der Software ASTROART.
Anschließend folgte das Gruppenfoto vor dem Bibliotheksgebäude (Abb. 2). Hierbei handelt es sich um ein älteres Teleskopgebäude, welches ein 122-cm-Spiegelteleskop beherbergte. Dieses ging allerdings nach dem 2. Weltkrieg als Reparationsleistung in die Sowjetunion. Die Kuppel dient heute als Bibliothek mit authentischem Ambiente.
Ulrich Waldschlaeger berichtete in seinem Beitrag über Effizienzmessungen an seinem Echelle-Spektrografen. Dabei wurden Signalverluste, die bei der Teleskopanbindung des Spektrografen mit Lichtleitfasern unterschiedlichen Querschnitts auftraten, miteinander verglichen. Die Untersuchungen hatten gezeigt, dass bei lichtschwächeren Objekten und den Seeing-Bedingungen am Standort Berlin eine oktogonale 90-mFaser im Gegensatz zu einer 50-m-Faser gleichen Typs der deutlich bessere Kompromiss ist.
Ergänzt wurde der Bericht zu HardwareFortschritten durch die Beschreibung einer
Im Rahmen seines Beobachtungsprojektes am Doppelsternsystem Mizar A thematisierte Ulrich eine interessante Veröffentlichung polnischer Astronomen [6], die unter anderem auch dieses Objekt auf der Basis von Daten des TESS-Satelliten fotometrisch untersucht hatten.
Lothar Schanne gab einen Einführungskurs zur Benutzung der Entwicklungsumgebung ,,Spyder", die im Python-Framework ,,Anaconda" integriert ist. Hauptblock des Tutoriums war das Näherbringen der Struktur und Funktionsweise der selbst programmierten Python-Routinen, z. B. derjenigen zur Bestimmung des Beobachtungswinkels anhand der lokalen Uhrzeit des Betrachters und die der systematischen Normierung großer Spektren. Alle Auswerteskripten lassen sich von dessen Homepage [7] herunterladen.
Klaus Vollmann verdeutlichte in seinem Vortrag die Wichtigkeit der Effizienzen einzelner Spektrometer- und Teleskop-
komponenten. Im Rahmen eines FLECHAS-Eigenbauprojekts hatten Bernd Bitnar, Karl-Heinz Wolf und Klaus Vollmann insgesamt sechs 79er R2-Echelle-Gitter von drei verschiedenen Lieferanten angeschafft: 3x Thorlabs, 1x Edmund-Optics und 2x aus dem Overstock von Richardson. Alle sechs Gitter wurden relativ gegeneinander in einem Echelle-Spektrografen vermessen, wobei das integrierte Gesamtsignal eines Flat-Frames als Maß verwendet und der jeweilige Hintergrund abgezogen wurde. Als Lichtquelle diente eine stromregulierte LED der Firma Thorlabs, die aufgrund einer Drift des Treibers vor der Messung in einen Gleichgewichtszustand gebracht wurde. Die Messergebnisse in ADU wurden auf das älteste und im Einsatz befindliche Thorlabs-Gitter (=1,00) normiert. Als Ergebnis wurde festgestellt, dass die beiden Overstock-Gitter von Richardson (Substrat aus ZeroRur®) etwa einen Faktor 2,30 bis 2,35 mehr Signal aufweisen als das gebrauchte Thorlabs-Gitter. Auch das vom Lieferanten Edmund-Optics (angegebener Hersteller Richardson; Substrat aus Pyrex) wies ebenfalls einen Faktor 2,32 mehr Signal auf. Die beiden neu angeschafften Gitter der Firma Thorlabs dagegen nur einen Faktor 1,26 bis 1,30 mehr Signal als das im Einsatz befindliche Vergleichsgitter. Das schlechtere Ergebnis des Vergleichsgitters muss vermutlich auf Reflexionsverluste aufgrund von Alterungseffekten durch den Außeneinsatz in der Sternwarte zurückgeführt werden. Zusammengefasst liefern die Reflexionsgitter von Richardson und Edmund-Optics eine um 83 % größere Reflektivität als die Gitter der Fa. Thorlabs.
Gastgeber Daniel Sablowski sprach eine Vielzahl an Themen an. Seinen neu aufgebauten Echelle-Spektrografen im sogenannten Weiß-Pupillen-Aufbau hat er bzgl. der Transmission der einzelnen Komponenten vermessen. Hier zeigte sich, dass
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insbesonderen die Prismen (aus einem alten Perkin-Elmer-Laborspektrografen), das Foto-Objektiv (Samyang 135 mm, f/2, genutzt zur Abbildung des Spektrums) und das Teleskop (MEADE) erhebliche Quellen zur Steigerung der Effizienz waren. Daher wurden die Prismen und das FotoObjektiv durch effizientere Komponenten ersetzt. Dies zeigt auch, wie wichtig eine gute Kenntnis der einzelnen Komponenten für die Gesamtperformance ist. Insgesamt konnte so eine erhebliche Effizienzsteigerung realisiert werden. Ebenso wurde die Faserkopplung, welche das Teleskop optisch mit dem Spektrografen verbindet, vermessen und mit besseren Optiken ausgerüstet. Der Einbau eines Image-Slicers zur Steigerung der Auflösung steht noch aus. Des Weiteren ist für die Zukunft ein Vier-Kanal-Fotometer geplant, das vier Wellenlängen simultan aufnehmen kann. Hiermit lassen sich dann zeitgleich Effekte in der Lichtkurve mit spektralen Veränderungen analysieren und evtl. Korrelationen erstellen. Daneben wurden kurz drei Software-Projekte vorgestellt: Spectangular zur Trennung der Spektren spektroskopischer Doppelsterne und gleichzeitiger Ableitung der Bahnparameter, SILENT zur Modellierung astronomischer Spektrografen und DataR zur Reduzierung von spektroskopischen CCD-Aufnahmen von klassischen, 3D- und Echelle-Spektrografen.
stellt. Getestet wird die Software an Bernd Bitnars FLECHAS mit Image-Slicer und Siegfried Holds FLISES.
In der offenen Runde im Anschluss an die Vorträge diskutierten die Teilnehmer über eine interne Standardisierung der HeaderDaten. Das Ziel ist hierbei, dass aufgenommene Spektren eine möglichst hohe Kompatibilität bei z. B. internationalem Austausch hätten. Insbesondere wurde auf den BeSS-Standard [8, 9, 10] verwiesen. Die Umsetzung bedarf der Vorsicht, da es ,,sehr leicht ist, Originaldaten zu überschreiben", was Siegfried Hold betonte.
Zu weiteren Diskussionsthemen gehörte eine Einigung auf einen regulären, gemeinsamen Austausch (letzter Donnerstag im Monat). Einen Link, um an einer Besprechung teilzunehmen, erhält man bei Daniel Sablowski.
Für einen Equipmentabgleich und Radialgeschwindigkeitsmessungen mittels G/FSternen der Hauptreihe wurde 7 Andromedae vorgeschlagen.
Ein offener Punkt ist die Absprache eines gemeinsames Objekts zur Beobachtung. Herbert (Zugriff auf externe Forschungsteleskope) und Siegfried unterstützen gerne. Ebenso bewarb Bernd das System Algol.
Jakob Wierzbowski stellte die Kalibriersoftware QtYETI auf Python-Basis vor. Dieses Projekt konzentriert sich auf eine robuste und semiautomatisierte Lokalisierung sowie Kalibration sichtbarer Ordnungen mit und ohne Image-Slicer. Dies geschieht mit Hilfe einer grafischen Benutzeroberfläche. Die kalibrierten und extrahierten Ordnungen werden im Anschluss im FITS-Standard zur Weiterverarbeitung gespeichert. Nicht angedacht ist das Einbetten von Auswerteroutinen, die Lothar Schanne bereit-
Die Teilnehmer bedanken sich herzlich bei Daniel Sablowski für die Organisation des Treffens und beim AIP für die freundliche Bereitstellung des Tagungsraums.
Literatur- und Internethinweise (Stand 07.06.2023): [1] U. Munari et al., 2021: ,,Spec-
troscopic classification of TCP J18573095+1653396 as a nova bordering naked-eye brightness"; The
Astronomer`s Telegram 12.06.2021,
www.astronomerstelegram.org/?
read=14704
[2] ARAS Spectral Database, 2021:
,,Nova Her 2021", ttps://aras-data-
base.
github.io/
database/novaher2021.html
[3] D. Sablowski, 2014: ,,FLISES - Fiber-
Linked Image-Sliced Echelle-Spec-
trograph", Spektrum, Mitteilungsblatt
der Fachgruppe Spektroskopie, Nr.
46 (1/2014), S. 10, http://spektro-
skopie.vdsastro.de/files/pdfs/Spekt-
rum46.pdf
[4] S. Hold, 2014: ,,EasyFiber - Erfah-
rungsbericht zur Fiber-Einkopplung
in den Spektrografen", VdS-Journal
für Astronomie 51, S. 131-135
[5] CAOS, 2017: ,,FLECHAS Opto-mecha-
nical Components",
https://spectroscopy.wordpress.
com/2017/06/22/flechas-opto-
mechanical-components
[6] P. A. Kotaczek et al., 2021: ,,Massive
heartbeat stars from TESS", Astron.
Astrophys. 647, A12, https://www.
aanda.org/articles/aa/abs/2021/03/
aa39553-20/aa39553-20.html
[7] L. Schanne, Astrospectroscopy,
https://lotharschanne.wordpress.
com
[8] IAU Comm. 5, Documentation and
Astronomical Data, 2018: ,,Defini-
tion of the Flexible Image Transport
System (FITS)", https://fits.gsfc.
nasa.gov/standard40/fits_
standard40aa-le.pdf
[9] Fits Data Dictionary, Keywords:
https://heasarc.gsfc.nasa.gov/docs/
fcg/standard_dict.html
[10] LESIA und ARAS, 2011: ,,Specificati-
ons of spectra eligible for BeSS (Be
Stars Spectra Database)",
http://basebe.obspm.fr/basebe/
Spec_spectres_BeSS_en.pdf
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Sternbedeckungen
Einmal im Leben: Beteigeuze ( Ori) wird bedeckt
von Eberhard Bredner und Konrad Guhl
Die Bedeckung dieses Sterns ist wohl seltener als eine Sonnenfinsternis. Weltweit bereiten sich Astronomen auf eine Beobachtung vor. Anfragen um logistische Unterstützung haben uns schon von Astronomen aus Japan erreicht. Die VdS-Fachgruppe Sternbedeckungen und die IOTA/ES (International Occultation Timing Association/European Section) überlegen schon seit geraumer Zeit, wie dieses Ereignis von Amateuren verfolgt werden kann. Dazu beschreiben Peter Slansky und Bernd Gährken in dem folgenden Beitrag sehr informativ einige Möglichkeiten.
Im Süden Italiens bereitet sich die Gruppe ,,Astrocampania" (https:// astrocampania.it/) vor, lokalen Support zu leisten und auch unmittelbar anschließend ein erstes Treffen zur Auswertung zu organisieren. Da Beteigeuze leicht mit dem bloßen Auge zu finden ist, soll auch ein Aufruf die Bevölkerung zur Beobachtung anregen. Die IOTA/ES wird dieses Ereignis als einen Schwerpunkt ihrer jährlichen Konferenz im September in Armagh/ Nordirland herausstellen und dafür ihr 50-cm-Expeditionsfernrohr für zwei Farbbereiche ertüchtigen. Der Strahlenteiler wirkt dabei auf zwei unabhängige Video-Kameras.
Wir sind natürlich auf die ,,Vorarbeit" von Amateurastronomen und auch von Profiastronomen angewiesen. Die zum Teil unbefriedigenden Vorausberechnungen - wie sie auch in dem folgenden Beitrag beschrieben werden - können bis zum Ereignis vielleicht noch präzisiert werden. Dazu die dringende Empfehlung, ,,last minute predictions" über die Homepage (www.iota-es.de) abzurufen.
... und dann noch: Wir wünschen uns eine wolkenfreie Nacht mit einem grandiosen Sternenhimmel - kurzzeitig ohne Beteigeuze.
Kleinplanet (319) Leona bedeckt Beteigeuze!
von Peter Slansky und Bernd Gährken
Seit um die Jahrtausendwende der Hipparcos-Katalog veröffentlicht wurde, sind die Positionen der Sterne ausreichend genau bekannt, so dass man mit guten Erfolgschancen Sternbedeckungen durch Asteroiden beobachten kann. Mit dem Gaia-Katalog werden nun auch die Asteroidenbahnen besser bestimmt und die Beobachtungen werden langsam zur Routine. Etwas Besonderes sind immer noch die Bedeckungen heller Sterne. Die Bedeckung eines 6-magSterns gibt es für Deutschland alle paar Jahre, doch ein 1-mag-Stern ist gleich 100-Mal seltener.
Die meisten Hauptgürtel-Asteroiden haben Bahnen in der Nähe der Ekliptik. Einer der wenigen hellen Sterne in diesem Bereich ist Regulus. Denis Denissenko fand in seiner Suche nach ,,einzigartigen Stern-
bedeckungen" gleich zwei Treffer für diesen Stern. Beide liegen schon in der Vergangenheit. Eine dritte Bedeckung fand er für Beteigeuze. Dieses seltene Ereignis wird in der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember 2023 in Südeuropa stattfinden (Abb. 1). Obwohl die Bedeckung nur wenige Sekunden dauern wird, kann sich doch eine Reise lohnen, denn es handelt sich um ein Ereignis, das wohl nur einmal in einem Menschenleben sichtbar sein wird.
Was ist zu erwarten? Was man von der Bedeckung erwarten darf, ist noch etwas unklar. Das liegt daran, dass der Kleinplanet (319) Leona bislang sehr wenig erforscht ist. Die Angaben über den mittleren Durchmesser schwanken zwischen etwa 50 und 85 km [1]. Das entspricht einem Durchmesser am Himmel von 38 bis
65 Millibogensekunden. Beteigeuze wird in der Literatur mit einem Durchmesser von 42 bis 55 Millibogensekunden angegeben. Der Durchmesser des Sterns schwankt unregelmäßig mit seiner Helligkeit. Ein weiterer Faktor ist die Änderung des Durchmessers mit dem Spektralbereich. Im Blauen ist der Stern deutlich kleiner als im Roten oder gar im Infraroten. Die tiefste Verfinsterung ist vermutlich im Ultraviolett zu beobachten. Dabei muss man jedoch sagen, dass der Stern als Roter Riese gerade dort am schwächsten strahlt.
Die Dauer der Verfinsterung ist nicht nur vom Stern, sondern auch vom Kleinplaneten abhängig. Gemessen an seiner niedrigen Ordnungszahl ist (319) Leona ungewöhnlich schlecht erforscht. In den Daten von EURASTER finden sich drei
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Sternbedeckungen
1 Pfad der Bedeckung von Beteigeuze durch (319) Leona am 12.12.2023 [7]. (Kartendaten: (C) 2023 GeoBasis-DE/BKG ((C) 2009) Google,
Inst. Geogr. Nacional, Mapa GISrael)
Bedeckungen, doch jedes Mal standen die Beobachter außerhalb des Pfades. Mehr Glück hatte man bei zwei Bedeckungen in Japan und Australien im Jahr 2010. Dort gab es aber jeweils nur einen erfolgreichen Beobachter. Mit nur einem Haar kann man schlecht eine Locke wickeln. So ließ sich durch beide Bedeckungen lediglich ein Mindestdurchmesser von etwa 50 km abschätzen [2].
Die englische Wikipedia-Seite kennt mehrere Arbeiten über die Bestimmung des Durchmessers, die sich zu widersprechen scheinen. Die fünf zitierten Arbeiten nennen Werte zwischen 50 und 85 km. Tatsächlich könnten aber alle diese Werte wahr sein. Während erste Messungen der Lichtkurve noch von einer regelmäßigen Kugelgestalt ausgingen [3], zeigten spätere genauere Analysen ein sehr ungewöhnliches Verhalten [4]. Demnach gehört Leona zu den 100 am langsamsten rotierenden Asteroiden, die bislang bekannt sind [6]. Beachtliche 430 Stunden benötigt Leona, um sich einmal um ihre Achse zu drehen. Die Amplitude beträgt ca. 0,5 mag, was sehr grob als ein Achsverhältnis von 2:2:3 interpretiert werden kann. Dabei ist die Ampli-
tude nicht konstant, sondern zeigt auffällige Schwankungen, die auf eine instabile Achslage hindeuten (Abb. 2). Derartige ,,Tumbler" stehen im Interesse der aktuellen Forschung [5]. (319) Leona genauer zu untersuchen, ist also auch ohne die Beteigeuze-Bedeckung interessant.
Spannender Vorläufer Eine weitere Leona-Stern-Bedeckung wird sich zufällig nur wenige Tage vor der Beteigeuze-Bedeckung ereignen: In der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember 2023 wird Leona den 12 mag hellen Stern TYC 0716-
01756-1 bedecken [7, 8]. Dieser Pfad wird über Tunesien, Malta, dem Peloponnes und die Südtürkei verlaufen. Es ist zu hoffen, dass auch diese Bedeckung fleißig beobachtet wird: Die Lage dieses Pfades wird helfen, die Position der Beteigeuze-Bedeckung sechs Tage später sehr genau zu bestimmen. Nach den aktuellen Prognosen soll der Pfad während der Beteigeuze-Bedeckung über die attraktivsten Ferienregionen Südeuropas verlaufen. Von der Algarve über Andalusien und Sardinien reicht der Pfad über Süditalien nach Nordgriechenland bis in die Türkei.
(319) Leona
10,2
10,4
Helligkeit (mag)
10,6
10,8
11,0
11,2
7600
7640
7680
7720
JD - 2450000
2 Lichtkurve von (319) Leona [2]
Journal für Astronomie Nr. 87 | 93
Sternbedeckungen
3 Das RGB-Prisma besteht aus einem preiswerten 3-fach-Effekt-
prisma und einer Pappblende mit dahinter geklebten Farbfolien in Rot, Grün und Blau.
4 Das RGB-Prisma vor
einem alten Canon-Objektiv FD 1:1,4 / 50 mm an einer Sony a7S. Achtung: Die effektive Eintrittspupille pro Farbkanal reduziert sich auf den Durchmesser der Pappblende. Die drei runden Löcher dürfen außen nicht über den freien Durchmesser der Frontlinse hinausragen; die Objektivblende muss voll geöffnet sein.
Beobachtungstechnik Beteigeuze wird an den genannten Standorten unweit des Meridians über 40 Grad hoch am mondfreien Nachthimmel stehen. Falls das Wetter passt, wird es eine einfache Beobachtung mit dem freien Auge sein. Fotometrische Lichtkurven können schon mit der Videofunktion der meisten DSLRs und Bridge-Kameras gelingen - ganz ohne Teleskop, mit einem normalen Fotoobjektiv.
Will man lediglich eine einzige Helligkeitskurve ermitteln, so ist eine Einstellung des Weißabgleichs der Kamera auf 3.600 K sinnvoll, da Beteigeuze eine solch geringe Farbtemperatur hat. Da Beteigeuze hell ist, genügt ein Fotoobjektiv. Natürlich ist eine ausreichende Lichtstärke vorteilhaft. Bei einem punktförmigen Objekt zählt aber weniger die relative Blendenzahl als vielmehr der absolute Durchmesser der Eintrittspupille. Geeignet ist z. B. ein Objektiv mit 50 mm Brennweite und einer Lichtstärke ab f/1,8. Hiermit genügt auch ein einfaches Fotostativ, denn die Verfinsterung geht ja nur über maximal 14 Sekunden.
Bei der Aufnahme kann es förderlich sein, den Stern etwas zu defokussieren. Dadurch verteilt sich das Licht auf eine größere Fläche, d. h. auf mehr Pixel der Kamera. Das ist günstig, weil so sowohl das Seeing als auch das Bildrauschen der Kamera ein Stück weit ausgemittelt werden. Außerdem kann hiermit eine Überbelichtung des Sterns
verhindert werden, die aufgrund der Signalbegrenzung das Ergebnis zu Beginn und Ende der Verfinsterung verfälschen würde. Allerdings darf man die Defokussierung auch nicht zu weit treiben, da sich damit der Kontrast zum Himmelshintergrund verschlechtert.
Wie schon weiter vorne ausgeführt wurde, ist der Durchmesser von Beteigeuze sehr stark von der Wellenlänge abhängig. Es dürfte sich daher besonders lohnen, separate Lichtkurven in unterschiedlichen Farb- bzw. Spektralbereichen zu erstellen. Das könnte z. B. in den Spektralbereichen Rot, Grün und Blau des visuellen Lichts erfolgen sowie im nahen Infrarot. Zusätzlich erscheint eine Beobachtung im nahen Ultraviolett sehr interessant. Nachfolgend werden dazu verschiedene Methoden vorgestellt.
Beobachtungen im visuellen Licht in Rot, Grün und Blau Bei einer handelsüblichen Digitalkamera mit einem CMOS-Sensor erfolgt die Farberkennung über eine Bayermaske, ein Mosaikfilter aus roten, grünen und blauen Filterelementen vor den Sensorpixeln. Aufgezeichnet werden jedoch keine Rot-, Grün- und Blausignale, sondern matrizierte Signale für Helligkeit und zwei Farbdifferenzen. Da jedes dieser Signale einzeln in seiner Amplitude begrenzt wird, führt eine Überbelichtung farbiger Objekte sehr schnell zu einem völligen Verlust der
Farbinformation. Daher erscheint die Auswertung einer einfachen Farbaufnahme getrennt nach Rot, Grün und Blau aussichtslos.
Für RGB-Lichtkurven bietet es sich vielmehr an, die Kamera rot, grün bzw. blau zu filtern. Um dennoch nur eine einzige Kamera einsetzen zu müssen, kann mit einem preiswerten 3-fach-Effektprisma gearbeitet werden. Hiermit wird der Stern drei Mal abgebildet. Zur Farbfilterung bringt man hinter dem Prisma eine Blende aus schwarzer Pappe mit drei runden Löchern an, die jeweils mit einer Filterfolie in den drei Farben Rot, Grün, Blau hinterklebt sind (Abb. 3).
Diese Folien müssen nicht besonders hochqualitativ sein, wenn defokussiert aufgenommen wird. Erfolgreich getestet wurde die Kombination der Folien Nr. 106 ,,Primary Red", Nr. 139 ,,Primary Green" und Nr. 119 ,,Dark Blue" der Firma Lee. Die meisten 3-fach-Effektprismen sind für Brennweiten bis maximal 85 mm bei Vollformat berechnet. Man kann also sehr gut ein 50-mm-Objektiv einsetzen. Es sollte lichtstark genug sein, weil die effektive Blende durch die Löcher der Pappblende gegeben wird. Diese dürfen nicht über den freien Durchmesser der Frontlinse hinausragen (Abb. 4). Mit einem solchen RGBPrismenvorsatz wird der Stern drei Mal aufgenommen, in Rot, in Grün und in Blau (Abb. 5). Die drei Abbilder können separat fotometriert werden.
94 | Journal für Astronomie Nr. 87
Sternbedeckungen
Beobachtungen im nahen Infrarot Da Beteigeuze im Infraroten am ausgedehntesten ist, ist zu erwarten, dass die Verfinsterung im Infraroten einen anderen zeitlichen Verlauf nimmt und dass sie im Maximum geringer ausfällt als im visuellen Licht. Eventuell wird es hier lediglich eine ringförmige Finsternis geben. Das nahe Infrarot von 700 bis 1.100 nm ist für Kameras mit einem IR-Passfilter statt einem IRSperrfilter noch gut zugänglich [9]. Geeignet sind sowohl monochrome Video- oder Astrokameras als auch Fotokameras, bei denen der UV-IR-Sperrfilter entfernt wurde. Das Strahlungsmaximum eines Roten Riesen liegt in den langen Wellenlängen, so dass auch bei Einsatz eines IR-Passfilters ab 700 bis 800 nm noch genügend Strahlung vorhanden ist. Das Objektiv muss daher nicht unbedingt sehr lichtstark sein. Für eine Auswertung der Lichtkurven sollte die NIR-Kamera allerdings zeitlich möglichst genau mit der visuellen Kamera synchronisiert werden.
Beobachtungen im nahen Ultraviolett Besonders reizvoll und ertragreich erscheint eine Beobachtung im (nahen) Ultraviolett, weil hier eine besonders tiefe Verfinsterung zu erwarten ist. Gleichzeitig ist eine Beobachtung im UV technisch aber auch besonders diffizil. Als Roter Riese strahlt Beteigeuze in den kurzen Wellenlängen sehr viel schwächer als in den längeren. ,,Entfilterte" Fotokameras scheiden aus, monochrome Video- oder Astrokameras mit ausreichender Empfindlichkeit bei 360 bis 400 nm sind gefragt. Auch an die Optik werden besondere Anforderungen gestellt: Einerseits wird eine genügend große Eintrittspupille benötigt, andererseits scheiden gerade hoch lichtstarke Fotoobjektive aus, weil ihre stark brechenden Gläser im UV nahezu undurchlässig sind. Ein empirischer Test hat das eindeutig bestätigt. Geeignet sind dagegen kurzbrennweitige, lichtstarke Spiegeloptiken sowie katadioptrische Systeme mit wenigen Glaselemen-
ten. Aufgrund der gegenüber Fotoobjektiven tendenziell längeren Brennweite wird aber eine parallaktische Montierung nötig, was das Reisegepäck stark anwachsen lässt.
Fazit Die Autoren wollen das volle, hier beschriebene Beobachtungsprogramm angehen und auf diese Weise Videoaufnahmen in den Spektralbereichen UV-A (360 bis 400 nm), Blau (400 bis 500 nm), Grün (500 bis 600 nm), Rot (600 bis 700 nm) und Nah-Infrarot (700 bis 1.100 nm) machen. Aufgrund des noch unsicheren Verfinsterungspfades und der ebenso unsicheren Wetterverhältnisse im Dezember sind Beobachtungen durch viele Teams wünschenswert. Ein Vergleich sowie die Analyse mehrerer erfolgreicher Dokumentationen lässt schließlich neue Erkenntnisse zu dem bisher wenig erforschten Kleinplaneten erwarten.
Literatur- und Internethinweise (Stand 07.06.2023): [1] Royal Astronomical Society of New
Zealand, 2010: ,,Occultation of UCAC2 33688276 by 319 Leona, 2010 October 22", www.occultations. org.nz/planet/2010results/ 20101022_319_Leona_Rep.htm [2] R. Behrend, ,,Asteroids and comets rotation curves, CdR, Regular variable stars light curves, CdL", http://
5 Testaufnahme von Be-
teigeuze mit dem RGB-Prisma an einer Sony a7S mit Canon FD 1:1,4 / 50 mm, ISO 3200, Weißabgleich 3.600 K, Belichtung 0,5 s bei f/1,4, in zehnfacher Vergrößerung. Für Filmaufnahmen mit 25 Bildern/s müsste der ISO-Wert bei sonst gleichbleibenden Einstellungen auf 40.000 hochgestellt werden.
obswww.unige.ch/~behrend/ page1cou.html#000319 [3] 319 Leona: Wikipedia, https://en. wikipedia.org/wiki/319_Leona [4] F. Pilcher et al., 2017: ,,(319) Leona and 341 California - Two Very Slow Rotating Asteroids", Minor Planet Bulletin 44.2, April-June 2017, https://articles.adsabs.harvard.edu/ full/2017MPBu...44...87P [5] D. Denissenko: ,,Unique Occultations", http://hea.iki.rssi.ru/~denis/special. html [6] A. Marciniak et al., 2022: "Focus on slow rotators - first results from stellar occultations campaign on longperiod asteroids", 16th Europlanet Science Congress, 18-23 September 2022, https://ui.adsabs.harvard.edu/ abs/2022EPSC...16..224M/abstract [7] S. Preston, 2023: ,,Future Global Asteroid Events", www.poyntsource.com/ New/Future.htm [8] IOTA/ES: ,,Call for Observations", https://call4obs.iota-es.de/ [9] P. C. Slansky, 2021: ,,Die Mondfinsternis vom 21.1.2019, analysiert mithilfe einer Vierkanal-Kamera-Fotometrie im visuellen Licht und Infrarot; Teil 1", VdS-Journal für Astronomie 75 (4/2020), S. 30-33; ,,Teil 2": VdSJournal für Astronomie 77 (2/2021), S. 93-96
Journal für Astronomie Nr. 87 | 95
Sternbedeckungen
Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 4. Quartal 2023
von Eberhard Riedel
In den letzten beiden Monaten des Jahres bietet der Nachthimmel fünf sehenswerte streifende Bedeckungen von Sternen durch den Mond. Da bereits am 4. Januar 2024 eine weitere spannende Streifung stattfindet, ist diese im Anschluss ebenfalls dargestellt. Die Landkarten zeigen die Grenzlinien dieser Ereignisse quer über Deutschland, die der mittlere Mondrand während des Vorbeizuges am Stern beschreibt. Von jedem Punkt in der Nähe dieser Linien ist zum richtigen Zeitpunkt das oft mehrfache Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns zu verfolgen. Alle Streifungen finden am unbeleuchteten Südrand des Mondes in zumeist ausreichendem Abstand zu den beleuchteten Mondstrukturen statt und sind bereits mit kleineren bis mittleren Fernrohren zu beobachten. Die nachfolgenden Erläuterungen und Grafiken verdeutlichen die genauen Umstände jedes Ereignisses.
und viele weitere Informationen liefert. Darüber hinaus kann von jedem Standort aus das Profil des Mondes und die zu erwartende Sternbahn grafisch in verschiedensten Vergrößerungen dargestellt werden, um so den besten Beobachtungsstandort auswählen zu können. Letzterer muss auch unter Berücksichtigung der Höhe optimiert werden, weil diese einen Einfluss auf den Blick-
winkel zum Mond hat. Hierzu können höhenkorrigierte Grenzlinien automatisch in eine Google Earth-Karte übertragen werden, mit der es dann einfach ist, die besten Beobachtungsstationen festzulegen.
Die Software kann kostenlos unter www. grazprep.com heruntergeladen und installiert werden (Password: IOTA/ES). Zu-
Karte mit den Grenzlinien der 5 Streifungsereignisse im November und Dezember 2023
Alle Grafiken sind für Meereshöhe gerechnet. Bei deutlich höher gelegenen Beobachtungsstationen muss deren Höhe unbedingt in die Berechnung einbezogen werden, um eine genügend genaue Vorhersage zu erhalten.
Grundlage der hier veröffentlichten Profildaten sind Laser-Messungen des amerikanischen Lunar Reconaissance Orbiters, die in ein dichtes Netz von librationsabhängigen Profilwerten umgerechnet wurden.
Um streifende Sternbedeckungen erfolgreich beobachten zu können, werden eine ganze Reihe präziser Informationen benötigt. Die europäische Sektion der International Occultation Timing Association (IOTA/ES) stellt diese Daten zur Verfügung. Kernstück ist die Software ,GRAZPREP` des Autors, die sowohl eine komplette und stets aktualisierte Auflistung aller interessanten Ereignisse als auch für jedes Ereignis die genauen Koordinaten der Grenzlinien
96 | Journal für Astronomie Nr. 87
Sternbedeckungen
sätzlich benötigte Vorhersagedateien sind dort ebenfalls herunterzuladen oder sind direkt vom Autor (e_riedel@ msn.com) oder über die IOTA/ES (www.iota-es.de) zu beziehen. Weiterführende Informationen, z. B. über die Meldung der Bedeckungszeiten, sind dort ebenfalls erhältlich. Die VdS-Fachgruppe Sternbedeckungen informiert ferner über Beobachtungs- und Aufzeichnungstechniken dieser eindrucksvollen Ereignisse.
Ereignis 1: 05.11.2023
Am frühen Morgen des 5. November zieht ab 05:27 Uhr MEZ der zu 51% beleuchtete abnehmende Mond mit seinem dunklen Südrand am 7,0 mag hellen Stern SAO 80529 vorbei. Die Streifung geht von West nach Ost quer durch die Mitte Deutschlands und ist auf einer Linie von Erkelenz über Köln, Haiger, nördlich an Gießen und Bad Kissingen vorbei bis nach Bayreuth und Windischeschenbach zu verfolgen.
Die Abbildung 1a zeigt für die Länge 10 Grad Ost, dass die scheinbare Sternbahn (blauweiß gestrichelte Linie mit Minutenangaben) den mittleren Mondrand (weiß gepunktet) in bequemem Abstand vom Terminator (links) tangential berührt. Bei der Beobachtung von der Zentrallinie aus (hier berechnet für Meereshöhe) würde der Mondrand den Stern jedoch deutlich verfehlen. Die roten Begrenzungslinien geben den durch die Mondparallaxe verursachten Versatz der scheinbaren Sternbahn an, wenn man sich 5.000 Meter beidseits von der Zentrallinie entfernt (jeweils senkrecht zum Verlauf der Zentrallinie gerechnet). Dadurch wird abschätzbar, wie weit man sich von der für den mittleren Mondrand gerechneten Linie entfernen muss, um mehrere Bedeckungen des Sterns sehen zu können. Da die Randstrukturen des Mondes hier in 6-facher Überhöhung dargestellt sind, verläuft die scheinbare Sternbahn gekrümmt.
1 a Die scheinbare Sternbahn von SAO 80529 (blauweiß gestrichelte Linie) bei
Beobachtung genau von der vorhergesagten Grenzlinie, mit 6-facher Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +- 5.000 Meter
1 b Die scheinbare Sternbahn von SAO 80529, 12-fache Mondhöhendehnung, rote
Begrenzungslinien bei +- 1.000 Meter
Bei diesem Ereignis kann an mehreren Beobachtungsstandorten verfolgt werden, dass der Stern in gut 1 Minute bis zu 6-mal hinter dem Mondrand verschwindet und wiedererscheint. Hierzu muss man sich z. B. ca. 2.500 Meter von der vorgesagten Linie nach Nordosten bewegen. Die Abbildung 1b zeigt in einem Ausschnitt den
Verlauf der scheinbaren Sternbahn an dieser Stelle. Die Tabelle gibt dabei die ungefähren Kontaktzeiten an. Das Mondrandprofil ist hier in 12-facher Überhöhung dargestellt.
SAO 80529 ist nicht als Doppelstern bekannt. Nicht selten wurden allerdings bei
Sternbedeckungen durch ein zeitversetztes Verschwinden und Wiedererscheinen des Sterns Doppelsterne entdeckt. Zu beobachten wären anstelle einer schlagartigen Bedeckung u. U. auch ein langsameres oder nur teilweises Verschwinden und Wiederauftauchen des Sternlichtes.
Journal für Astronomie Nr. 87 | 97
Sternbedeckungen
Ereignis 2: 07.11.2023
Nur zwei Morgen später wiederholt sich ein ähnliches Ereignis. Dann wird am 7. November der 7,1 mag helle Stern SAO 99149 vom Südrand des nur noch zu 33% beleuchteten Mondes gestreift. In den Genuss kommen Beobachter auf einer Linie von Schweich über Morbach, Hochstetten-Dhaun, Gernsheim, Bürgstadt, Ochsenfurt und Erlangen bis Wernberg-Koblitz.
Um möglichst viele Kontakte des Mondrandes mit diesem Stern zu sehen, sollte man sich ca. 3.900 Meter nordnordöstlich der für das mittlere Mondniveau berechneten Zentrallinie postieren. Die Abbildung 2 zeigt die Streifungssituation in dieser Ablage bei einer Länge von 10 Grad Ost südlich von Würzburg. Zu erwarten sind an dieser Stelle ab 04:04 Uhr MEZ inner-
2 Die scheinbare Sternbahn von SAO 99149, 12-fache Mondhöhendehnung, rote
Begrenzungslinien bei +- 2.000 Meter
halb von knapp drei Minuten mindestens 14 Kontakte des Mondrandes. Die Mondhöhen sind erneut 12-fach gedehnt dargestellt. Die roten Begrenzungslinien zeigen
den parallaktischen Versatz des Mondes bei +- 2.000 Metern auf der Erdoberfläche. SAO 99149 ist ebenfalls nicht als Doppelstern bekannt.
Ereignis 3: 22.11.2023
Die Streifungslinie am Abend des 22. November zieht von Eggenstein über Leopoldshafen, Karlstadt, Bad Kissingen, Ilmenau, Stadtilm, Apolda, Schkeuditz und südlich an Königs Wusterhausen vorbei diagonal durch Deutschland. Ab 21:21 Uhr MEZ wird der 7,1 mag helle Stern SAO 128607 ebenfalls vom Südrand des zu 76% beleuchteten zunehmenden Mondes gestreift.
Die Abbildung 3 zeigt die Situation erneut bei 10 Grad Ost mit einer Ablage von ca. 1.370 Metern nordwestlich der Zentrallinie, wo mit 16 Kontakten gerechnet werden kann. Die roten Begrenzungslinien zeigen den Versatz der scheinbaren Sternbahn von +- 2.000 Meter, so dass man abschätzen kann, dass von anderen Beobachtungsstationen wegen der relativ steilen Mondstrukturen (12-fach überhöht dargestellt) eher weniger Kontakte möglich sind. SAO 128607
3 Die scheinbare Sternbahn von SAO 128607, 12-fache Mondhöhendehnung, rote
Begrenzungslinien bei +- 2.000 Meter
ist ein sehr enger Doppelstern, dessen Komponenten 7,8 bzw. 8,3 mag hell sind. Visuell werden die Kontakte mit dem Mondrand aber schlagartig erfolgen. Nur eine Videoaufzeichnung dürfte das kurz
nacheinander erfolgende Verschwinden und Wiederauftauchen des Doppelsterns auflösen.
98 | Journal für Astronomie Nr. 87
Sternbedeckungen
Ereignis 4: 24.11.2023
Zwei Abende später, am 24. November, liegt der 5,9 mag helle 54 Cet in Aries (SAO 92659) auf der Bahn des südlichen Mondrandes, der den Stern ab 21:31 Uhr MEZ auf einer Linie von Kandern, Triberg im Schwarzwald, Horb am Neckar, Böblingen, Stuttgart, Schwäbisch-Hall, Rothenburg ob der Tauber, Bamberg, Glauchau, Riesa und Plessa bis in den südlichen Spreewald streifend bedeckt.
Da der Mond bereits zu 92% beleuchtet ist, wird die Beobachtung trotz der Helligkeit des Sterns durch den nahegelegenen Terminator deutlich erschwert.
Die Abbildung 4 zeigt diese Situation erneut bei 10 Grad Ost, wenn man sich ca. 1.100 Meter in südöstlicher Richtung von der
4 Die scheinbare Sternbahn von 54 (Ceti)/Arietis (SAO 92659), 12-fache
Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +- 2.000 Meter
vorhergesagten Grenzlinie entfernt. Das stark zerklüftete Mondrandprofil ermöglicht innerhalb von vier Minuten mindestens 14 Kontakte des Sterns. Im Maximum können sogar 24 Kontakte vorkommen.
54 Cet in Aries ist ebenfalls ein sehr enger Doppelstern mit zwei gleich hellen Komponenten von je 6,7 mag. Eine Auflösung des Doppelsterncharakters wird aber in Terminatornähe nicht möglich sein.
Ereignis 5: 01.12.2023
Das letzte einfach zu beobachtende Ereignis dieses Jahres findet am frühen Morgen des 1. Dezember erneut am Südrand des Mondes statt. Der zu 85% beleuchtete abnehmende Mond streift den 5,3 mag hellen Stern 76 Geminorum (SAO 79650). Die Zentrallinie verläuft von Rheine südlich an Bielefeld vorbei nach Bad Driburg, Friedland, Erfurt und Plauen bis nach Klingenthal.
Die meisten Bedeckungsereignisse geschehen in diesem Fall erneut nicht im Bereich des mittleren Mondrandes, sondern an einem Ort, der ca. 2.500 Meter nordöstlich der Zentrallinie liegt.
Die Abbildung 5 zeigt diese Situation bei 10 Grad Ost, wo ab 05:06 Uhr MEZ innerhalb einer Minute mindestens 14 Kontakte zu erwarten sind. Die Mondhöhen sind er-
5 Die scheinbare Sternbahn von 76 Geminorum (SAO 79650), 12-fache
Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +- 1.000 Meter
neut 12-fach gedehnt dargestellt. Die roten Begrenzungslinien zeigen den Versatz der scheinbaren Sternbahn von +- 1.000 Metern. 76 Geminorum ist nicht als Doppelstern bekannt.
Journal für Astronomie Nr. 87 | 99
Sternbedeckungen
Erstes Highlight im Januar 2024
Auch das neue Jahr wartet mit interessanten streifenden Sternbedeckungen durch den Mond auf. Das erste Highlight sollte nicht verpasst werden.
Karte mit der Grenzlinie des Streifungsereignisses am 4. Januar 2024
Ereignis 6: 04.01.2024
In der Nacht vom 3. auf den 4. Januar 2024 wird knapp zwei Stunden nach Mitternacht der 7,2 mag helle Stern SAO 138955 vom Südrand des zu 50% beleuchteten abnehmenden Mondes streifend bedeckt. Zu sehen ist dieses Ereignis auf einer Linie von Wettringen über Emsdetten, Bielefeld, Höxter, Nordheim, Nordhausen und Borna bis nach Freiberg. Leider findet das Ereignis in relativ geringer Horizonthöhe statt.
Die Abbildung 6 zeigt das Mondrandprofil in 12-facher Überhöhung mit roten Begrenzungslinien bei +- 3.000 Metern. Die scheinbare Sternbahn gilt für einen Beobachtungsort bei 10 Grad östl. Länge und einem Abstand von der Zentrallinie von ca. 3.060 Meter in Richtung Südsüdwest. Dort
6 Die scheinbare Sternbahn von SAO 138955, 12-fache Mondhöhendehnung, rote
Begrenzungslinien bei +- 3.000 Meter
können ab 01:56 Uhr MEZ mindestens 14 Kontakte des Sterns mit dem Mondrand beobachtet werden. Störende Mondhellig-
keit ist in diesem Bereich nicht vorhanden. SAO 138955 ist nicht als Doppelstern bekannt.
100 | Journal für Astronomie Nr. 87
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102 | Journal für Astronomie Nr. 87
Nachruf
Hans Zimmermann (1939 - 2023)
Auf deiner Reise zum Planeten Saturn (das war sein Wunsch, da dieser Planet so schöne Ringe hat) bist Du in unserem Gedenken und unserer Erinnerung. Wir gedenken Deiner in tiefer Freundschaft und Dankbarkeit.
VdS-Nachrichten
Die Sternfreunde Braunschweig-Hondelage trauern um ihren Vereinsgründer, langjährigen ersten Vorsitzenden, Erbauer der Sternwarte und Ehrenvorsitzenden.
Hans Zimmermann war ein Meister darin, die Faszination der Astronomie allen Menschen gleichermaßen nahezubringen. Er kannte den Sternenhimmel wie kaum ein anderer. Seine besondere Gabe war es, ihn mit ansteckender Begeisterung einem Publikum jeden Alters zu erklären. Schon Anfang der 1980er-Jahre scharte er einen Kreis von Interessierten um sich. Zunächst organisierte er Treffen im Gemeindehaus in Hondelage, aus denen 1984 die Sternfreunde Braunschweig-Hondelage e.V. hervorgingen. Bereits drei Jahre später wurde ein Freigelände bei Wendhausen erworben und zu einer barrierefreien Beobachtungsstation ausgebaut.
Durch Ausstellungen und Öffentlichkeitsarbeit in ganz Braunschweig gelang es ihm, die Mitgliederzahl des Vereins schnell auf über 70 zu erhöhen. Mit seinem eigenen Traum vom Bau einer Sternwarte steckte er die Mitglieder an. Unermüdlich sammelte er mit einem selbstgebauten Modell der Sternwarte Spenden und gewann Unterstützer, um diesen Traum zu verwirklichen. So konnte 2002 der Grundstein auf dem Gelände der Grundschule Hondelage gelegt und im März 2003 die Kuppel aufgesetzt werden. Im Mai 2004 wurde die Sternwarte eingeweiht.
Vereinsabende, ,,Offene Sternwarte", Vorträge (auch als Videokonferenzen), Kurse, Lehrerfortbildungen, Jugendarbeit (astroKids, Ferienprogramm FIBS der Stadt Braunschweig, Arbeitsgemeinschaften) finden in den Räumlichkeiten statt. Die Kinder und Jugendarbeit lag Hans Zimmermann immer besonders am Herzen. Dies zeigte sich nicht zuletzt in der Astronomie-AG, die er über viele Jahre wöchentlich für die Kinder der Grundschule Hondelage leitete. Anfangs tat er dies sogar während seiner beruflichen Tätigkeit in der Mittagspause.
Nach 34 Jahren Vorsitz der Sternfreunde Braunschweig-Hondelage übergab Hans Zimmermann das ,,Zepter" an ein Vorstandsteam um Thorsten Schipmann. Eine der ersten Amtshandlungen des neuen Vorstandes war die Ernennung von Hans Zimmermann zum Ehrenvorsitzenden, und in einem Festakt ehrten ihn die Mitglieder am 25. Mai 2018 mit der Umbenennung der Sternwarte in: ,,Hans-Zimmermann-Sternwarte Braunschweig".
Am 12. Februar 2023 verstarb Hans Zimmermann im Alter von 84 Jahren. Die Nachricht von seinem Tod hat die Mitglieder des Vereins sehr bewegt. In tiefer Trauer nahmen wir Abschied von unserem lieben Sternfreund.
Wir haben Hans als kompetenten Fachmann mit großer Erfahrung und herausragenden Kenntnissen in der astronomischen Beobachtungstechnik erlebt. In seiner freundlichen, klugen und besonnenen Art hat er das Vereinsleben gefördert, stets bereichert und es leidenschaftlich mitgestaltet. Er hatte sich zeitlebens und bis zum Schluss für Astronomie interessiert. Und es war immer sehr spannend und lehrreich, ihm zuzuhören.
Lieber Hans, du wirst uns fehlen, als Mensch und als Freund! Günter Beck, Rudolf Michalik (Sternfreunde Braunschweig-Hondelage)
Journal für Astronomie Nr. 87 | 103
VdS vor Ort / Tagungsberichte
Astronomie-Workshop 2023
des Astronomischen Arbeitskreises Salzkammergut (AAS) am Attersee mit vielen neuen Eindrücken
von Kai-Oliver Detken
Der Astronomische Arbeitskreis Salzkammergut (AAS) [1] in Österreich organisiert einmal im Jahr einen Astronomie-Workshop am Fuße des Gahbergs, auf dem auch die Vereinssternwarte zu finden ist. Nachdem der Workshop im letzten Jahr aufgrund der Corona-Pandemie auf den Oktober verschoben wurde, fand er dieses Jahr wieder wie gewohnt Ende April statt. Das Programm teilte sich dabei in zwei Bereiche auf: Am ersten Tag gab es den AstronomieWorkshop mit einem bunten Mix aus Vorträgen von unterschiedlichen Referenten, während am zweiten Tag PixInsight in der Praxis auf der Agenda stand. Die Veranstaltung erfreut sich inzwischen einer so hohen Beliebtheit, dass man mit 96 Teilnehmern den Astronomie-Workshop zum ersten Mal im Pfarr- und Gemeindezentrum Weyregg durchführen musste.
Eingeleitet wurde die Veranstaltung vom Vereinsobmann Erwin Filimon, der die Aktivitäten des AAS vom letzten Jahr vorstellte. Der AAS wurde im Jahr 1980 gegründet und ist mit über 650 Mitgliedern einer der größten Astronomie-Vereine im deutschsprachigen Gebiet. Der Verein hat ein breites Anwendungsspektrum und unterhält eine eigene Sternwarte am Gahberg. Er besitzt zudem einen sehr großen Vorstand von 42 aktiven Mitgliedern. Durch den CCD-Guide [2], der von Bernhard Hubl vorgestellt wurde und der jährlich vom AAS seit 1997 erscheint, erhält er zudem internationale Aufmerksamkeit mit inzwischen mehr als 5.000 Aufnahmen von 56 bekannten Astrofotografen. Ein weiterer Mehrwert sind die enthaltenen SoftwareTools wie Object Tracker und Object Marker, die von AAS-Mitgliedern selbst entwi-
ckelt wurden und von der Planung bis hin zur Objekterkennung mittels Plate-Solving einer Aufnahme den Bogen schlagen.
Im Anschluss berichtete Peter Zeller über den Blitzschutz von Sternwarten. Dabei ist die Blitzphysik immer noch Gegenstand der Forschung, wie er ausführte. Die Blitzdichte eines Ortes kann man heute bequem über das Internet aufrufen (z. B. Kachelmannwetter [3]). Grundsätzlich weiß man bei einem Objekt nicht, wo ein Blitz einschlagen kann. Alle Leitungen, die nach draußen führen, können daher ein Gefahrenpotenzial beinhalten. Bei Sternwarten sind ein Blechdach und eine Blechverkleidung - auch nur bei entsprechender Stärke - ein guter Blitzschutz. Als Blitzschutz werden aber auch Isolatoren oder isolierte Ableitungen eingesetzt. Ebenso zu empfehlen sind Überspannungsableiter und geschützte Steckerleisten.
1 Tommy Nawratil berichtet, wie man Teleskope mittels Kamera als Messinstrument
justiert. (Bild: Wolfgang Vogel)
Wie man Teleskope mittels einer Kamera als Messinstrument justiert, stellte Tommy Nawratil [4] von Teleskop-Austria Lacerta vor (Abb. 1). Aufgrund der vielen Fragen, die er nach Auslieferungen der Lacerta-Foto-Newtons immer wieder bekommt, wurde von ihm die Dokumentation ,,Tommys Foto Newton Justage Primer" angefertigt [5]. Für die Grobjustage reicht ein Laser im ersten Schritt aus. Dieser sollte mit dem Korrektor verschraubt werden, um nicht unterschiedliche Ergebnisse durch Verkippung zu bekommen. Für die Feinjustage sollte dann eine Kamera am Korrektor zum Einsatz kommen. Dafür werden die Sterne leicht unscharf eingestellt, um intra- und extrafokal zu sehen, in welche Richtung die Sterne tendieren. Für eine komplette Kollimation müssen jeweils Haupt- und Fangspiegel justiert werden. Auch eine Verkippung kann durch diese Methode festgestellt
104 | Journal für Astronomie Nr. 87
VdS vor Ort / Tagungsberichte
2 Veränderung im Ionenschweif des Kometen C/2022 E3 (ZTF) innerhalb von 80 Minuten (Bild: Michael Jäger)
werden. Abhilfe kann im Anschluss nur ein Tilt-Adapter schaffen.
Im Anschluss wurde es sentimental, da Alfredo Segovia an Alois Ortner erinnerte, der 2019 verstarb. Alois Ortner war ein österreichischer Optiker und Amateurastronom, der einen ausgezeichneten Ruf als Feinoptiker und Berater in allen optischen Fragen besaß. Nach ihm wurde 2014 der Asteroid (367488) Aloisortner benannt. Segovia bezeichnete sich als seinen Lehrling, da er von ihm alles über Optiken und Interferometrie gelernt hat und über ihn überhaupt zum Hobby Astronomie kam. Heute kann Segovia diverse Tests (u. a. Laserinterferometrie, Foucault, Ronchi, Lyot {Phasenkontrasttest}, künstlicher Stern in Autokollimation) von Teleskopoptiken durchführen und stellt seine Expertise auch den beiden größten Astro-Anbietern in Deutschland zur Verfügung.
Einen Schwenk zu Astroreisen machte dann der Vortrag von Gabi Gegenbauer, die über ihr Traumland für Astrofotografen und Naturliebhaber Namibia berichtete. Sie teilte den Vortrag in Land und Leute und den Sternenhimmel auf. Höhepunkte der
letzten 18 Jahre waren der Hoba-Eisenmeteorit, Felsmalereien in Twyfelfontein oder die Big-Mama-Düne im Sossusvlei. Fünf Astrofarmen wurden miteinander verglichen, von denen sie selbst hauptsächlich Hakos besucht hatte. Abschließend wurden sehr schöne Astrofotos von Deep-Sky-Objekten wie Messier 83 oder dem Eta-Carinae-Nebel gezeigt und die diversen technischen Probleme vor Ort beschrieben, die allesamt gemeistert werden konnten.
Danach drehte sich das Thema ausschließlich um Kometen. Michael Jäger berichtete über den medial stark gehypten Kometen C/2022 E3 (ZTF). Er ging der Frage nach, wie das überhaupt passieren konnte, denn der Komet war mit dem bloßen Auge kaum sichtbar. Die Presse machte aus ihm aber den Neandertaler-Kometen, weil er vor 52.000 Jahren das letzte Mal die Erde besuchte, was wohl die Öffentlichkeit aufmerksam werden ließ. Jäger selbst fotografierte ihn zum ersten Mal am 24. Januar in der Slowakei, weil es in Österreich (wie in Deutschland) nur schlechtes Wetter gab. Er verbreitete seine Bilder über Twitter [6], weshalb sie auf einmal in diversen Zeitungen international veröffentlicht wurden.
Da der Ionenschweif immer unscheinbarer wurde, machte sich ein neuer Trend bei den Kometenfotografen bemerkbar: Es wurde zunehmend länger belichtet. Das ist aber bei Kometen nicht sinnvoll, wie Jäger betonte, da es sehr schnelle Schweifänderungen und -rotationen gibt, die dann mit zunehmender Belichtungszeit verwischen (Abb. 2). Interessantere Objekte, die auch freisichtig am Himmel erkennbar sein sollen, könnten hingegen im nächsten Jahr auf uns zukommen: Komet 12P/Pons-Brooks im April 2024 und Komet C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) im Oktober 2024. Auch ein Asteroid ist übrigens nach Jäger benannt worden: im Jahr 2004 der Asteroid (78391) Michaeljäger.
Von den Kometen ging es zur aktiven Sonne, die Michael Karrer als astronomisches Objekt bewarb. Aktuell steuert die Sonne auf ihr nächstes Aktivitätsmaximum zu, weshalb sie aufgrund der zunehmenden Fleckengruppen wieder interessanter wird. Beobachtet werden kann sie im Kontinuum (Weißlicht), H und Kalzium, was unterschiedliche Ergebnisse mit sich bringt. Klassisches Instrument für die Sonnenbeobachtung ist der Refraktor. Trotzdem
Journal für Astronomie Nr. 87 | 105
VdS vor Ort / Tagungsberichte
3 Sonnenfotografie mit einem C14-Teleskop (Bild: Michael Karrer)
wurde das eigene SC-Teleskop C14 mit einer Baader-Sonnenfolie für die Sonnenfotografie umgerüstet und dadurch ein noch höherer Detailgrad erreicht (Abb. 3). Weitere Equipment-Varianten wurden vorgestellt mit den entsprechenden Aufnahmeergebnissen.
Danach berichtete Kai-Oliver Detken [7], wie man auch mittels einer Farbkamera bereits in der Lage ist, Bilder in der Hubble-Palette anzufertigen. Zwar besitzt die Monochromkamera Vorteile durch die fehlende Bayer-Matrix, aber der Detailverlust bei Gasnebeln ist aus Sicht des Referenten vernachlässigbar. Die seit ein paar Jahren auf den Markt gekommenen Duofilter, die Gebiete mit H- und [OIII]-Emission gleichzeitig aufnehmen können, haben den Abstand zwischen Monochrom- und Farbkameras noch einmal schrumpfen lassen. Durch Hinzunahme eines separaten [SII]Filters gleicher Halbwertsbreite lassen sich nun Bilder gemäß der Hubble-Palette anfertigen, die nach Bob Franke [8] bearbei-
tet werden können, um die typischen goldgelben Farben zu erhalten, wie anhand der Aufnahmen von Eta-Carinae-, Garnelenund Lagunennebel gezeigt wurde.
Im letzten Vortrag stellte Hannes Schachtner die Aufnahmesoftware N.I.N.A. vor. Seine Motivation war die bessere Nutzung der knappen Beobachtungsnächte, weshalb er eine größere Automatisierung erreichen wollte. N.I.N.A. kontrolliert nun die Kamera, das Teleskop, das Filterrad und den Fokussierer. Auch ein Wetterdienst wurde mit eingebunden. Der Sky Atlas wurde ebenfalls integriert, um schnell auf ein neues Objekt ausrichten zu können. Die Einarbeitung in die Aufnahmesequenzen dauerte bei ihm nur zwei Abende.
Nachdem der Workshop am Samstagabend zu Ende gegangen war und das traditionelle Gruppenfoto gemacht wurde (Abb. 4), gab es noch eine Führung in der Sternwarte Gahberg sowie im Anschluss einen gemütlichen Ausklang in einem Restaurant.
Am nächsten Tag ging es dann in kleinerer Runde mit einem PixInsight-Workshop weiter, der aufgrund des Veranstaltungsortes nur 36 Teilnehmer zuließ. Die Hauptthemen des Workshops waren die Nutzung der Plugins NoiseXTerminator und BlurXTerminator von Russel Croman [9] sowie Generalized Hyperbolic Stretch (GHS) von Mike Cranfield [10].
Wer nach dem Workshop noch Kondition hatte, konnte zum Monatstreffen des AAS am Abend dazukommen, bei dem u. a. eine ORF-Dokumentation gezeigt wurde, die auch die Sternwarte Gahberg enthielt. So ging ein langes Wochenende mit vielen neuen Eindrücken zu Ende.
106 | Journal für Astronomie Nr. 87
VdS vor Ort / Tagungsberichte
4 Traditionelles Gruppenfoto des Astronomie-Workshops 2023 am Attersee mit 96 Teilnehmern (Bild: Wolfgang Vogel)
Literatur- und Internethinweise (Stand Mai 2023): [1] Astronomischer Arbeitskreis Salzkammergut (AAS): Homepage, www.astronomie.at [2] CCD Guide: Homepage, www.ccdguide.com [3] Kachelmann-Blitzstatistiken für Deutschland: https://kachelmannwetter.com/de/modellkarten/euro/blitzdichte.html [4] T. Nawratil: ,,AstroBin", www.astrobin.com/users/tommynawratil/ [5] T. Nawratil: ,,Tommys Foto Newton Justage Primer", https://teleskop-austria.at/information/pdf/ FN25010cPhotonewtonJustagePrimer.pdf [6] M. Jäger: Twitter-Seite, https://twitter.com/komet123jager?lang=de [7] K.-O. Detken: Homepage, www.detken.net [8] B. Franke: Homepage, http://bf-astro.com/hubbleP.htm [9] R. Croman: Homepage, www.rc-astro.com
[10] Generalized Hyperbolic Stretch (GHS): https://ghsastro.co.uk
Wir begrüßen neue Mitglieder
Mitgl.-Nr. Vorname
Name
Mitgl.-Nr. Vorname
Name
21752 21753 21754 21755 21756 21757 21758 21759 21760 21761 21762 21763 21764 21765 21766 21767
Marcel Jochen Markus Bernhard Thomas Amelie Maximilian Dr. Andreas Linus Michael Wilco Joe Peter Markus Rudi Stefan
Hoffmann Fischer Müller Bucher März Hohe Alt Janzen Janzen Meßmer Schillemans Henkel Tiefenbrunner Schulz Baier Buthe
21768 21769 21770 21771 21772 21773 21774 21775 21776 21777 21778 21779 21780 21781 21782 21783
Simon
Specht
Benjamin
Marquardt
Martin
Mundinger
Dipl. Päd. Manfred R. Dannenberg
Beatrix
Woyth
Marcel
Zöcklein
Astronomische Station Johannes Kepler Kanena e.V.
Dr. Maik
Schmerbauch
Alfred
Thomi
Christoph
Dombrowski
Tamino Samuel
Schieweck
Guido
Conen
Wolfgang
Boos
Ingmar
Gebhardt
Alina
Sander
Heiner
Diek
Journal für Astronomie Nr. 87 | 107
Castor Pollux
Capella
KASSIOPEIA
KEPHEUS
ZWILLINGE
Beteigeuze ORION
FUHRMANN Aldebaran
Algol
STIER
PERSEUS
Plejaden
DREIECK
WIDDER Uranus
ANDROM EDA
Jupiter
FISCHE
EIDECHSE
Deneb PEGASUS
Wega
LEIER
SCHWAN
Albireo
FÜCHSCHEN PFEIL
DELFIN
Atair
FÜLLEN
ADLER
Rigel
Mira WALFISCH
Neptun
WASSERMANN Saturn
SÜDOST
ERIDANUS
Sternkarte exakt gültig für 15. November 2023 22 Uhr MEZ
Mondphasen im November 2023
BILDHAUER SÜD
STEINBOCK FomalhautSÜDL. FISCH SÜDWEST
Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de
Zusammengestellt von Werner E. Celnik, mit Beiträgen von Dietmar Bannuscher (Veränderliche Sterne), Eberhard Riedel (streifende Sternbedeckungen), Oliver Klös (Sternbedeckungen durch Kleinplaneten).
Letztes Viertel 5.11.
Neumond 13.11.
Erstes Viertel 20.11.
Vollmond 27.11.
Ereignisse im November Zeitangaben in MEZ
03.
max. Libration Mond-SO, 8,5 Grad
03.
Jupiter (-2,9 mag, 49,5 arcsec) in Opposition zur Sonne,
Sternbild Widder
03. 23:00
Mond 3,2 Grad SO Pollux (1,2 mag)
04.
Saturn (0,7 mag, 17,7) wird wieder rechtläufig, Ende
Oppositionsschleife
04. 02:15-04:34 Europa mit Schatten vor Jupiter
04. 23:55
Beta Per (Algol) Minimum
05. 05:27
Streifende Sternbedeckung Mond - SAO 80529 (7,0 mag),
Linie Erkelenz - Köln - Haiger - nördlich Gießen - nördlich
Bad Kissingen - Bayreuth - Windischeschenbach
05. 09:37
Letztes Viertel
06.
Kleinplanet (18) Melpomene (8,1 mag) in Opposition
zur Sonne, Sternbild Eridanus
06. 23:21-01:36 Io mit Schatten vor Jupiter
07. 03:00
Mond 5,0 Grad O Regulus (1,4 mag)
07. 04:04
Streifende Sternbedeckung Mond - SAO 99149 (7,1 mag),
Linie Schweich - Morbach - Hochstetten-Dhaun - Gerns-
heim - Bürgstadt - Ochsenfurt - Erlangen - Wernberg-Koblitz
08.
Mond erdfern, 29,5
08. 22:02
RR Lyr Maximum
08. 22:48
X Tri Minimum
09. 10:47-12:19 Mond bedeckt Venus (-4,4 mag, 20,4), genaue Zeit
abh. vom Standort
10. 18:30-21:43 Ganymed mit Schatten vor Jupiter, am Jupiter-Südpol
11. 06:30
Mond 1,7 Grad N Spica (1,1 mag)
11. 22:18
U Sge Minimum
12. 21:21
RZ Cas Minimum
13.
Uranus (5,6 mag, 3,8) in Opposition zur Sonne, Sternbild Widder
13. 10:27
Neumond
14. 01:04-03:31 Io mit Schatten vor Jupiter
14. 18:08-20:28 Europa mit Schatten vor Jupiter
14. 21:38
Mond bedeckt Antares (1,1 mag), in Nordamerika
15. 19:30-22:00 Io mit Schatten vor Jupiter
17. 17. 21:43 17. 23:03-00:44 18. 06:00 18. 06:22 20. 11:50 20. 18:22 21. 19:49-23:03 21. 19:47-21:00
22. 21:21
22. 21:15-23:55 22. 23:23 24. 24. 21:31
25. 00:59-03:05 25. 01:38 25. 03:00 26. 04:00 27. 02:59 27. 10:16 27. 19:00 28. 22:04-01:39 29. 06:00 29. 23:00-01:51 30.
max. Libration Mond-NW, 7,5 Grad Ganymed vor Jupiter, am Jupiter-Südpol Ganymeds Schatten vor Jupiter Maximum Meteorschauer der Leoniden, ca. 71 km/s, ca. 0-15/h Mars in Konjunktion mit der Sonne Erstes Viertel Mond 3,3 Grad SO Saturn (0,8 mag, 17,2) Europa mit Schatten vor Jupiter Mond bedeckt Psi1 Aquarii (4,2 mag), genaue Zeit abh. vom Standort Streifende Sternbedeckung Mond - SAO 128607 (7,1 mag), Linie Eggenstein-Leopoldshafen - Karlstadt - Bad Kissingen - Ilmenau - Stadtilm - Apolda - Schkeuditz - südlich Königs Wusterhausen Io mit Schatten vor Jupiter Kallisto 11 N Jupiter-Nordpol Mond erdnah, 32,5 Streifende Sternbedeckung Mond - 54 Cet in Aries (SAO 92659) (5,9 mag), Linie Kandern - Triberg im Schwarzwald - Horb am Neckar - Böblingen - Stuttgart - Schwäbisch-Hall - Rothenburg ob der Tauber - Bamberg - Glauchau - Riesa Plessa - südlicher Spreewald Ganymed vor Jupiter, am Jupiter-Südpol Beta Per (Algol) Minimum Mond 5,6 Grad W Jupiter (-2,8 mag, 48,5) Mond 4,1 Grad NW Uranus (5,6 mag, 3,8) Beta Lyr Minimum Vollmond Mond 8,4 Grad N Aldebaran (1,0 mag) Europa mit Schatten vor Jupiter Venus (-4,2 mag, 17,4 arcsec) 4,2 Grad N Spica (1,1 mag) Io mit Schatten vor Jupiter max. Libration Mond-SO, 8 Grad
108 | Journal für Astronomie Nr. 87
LUCHS
Pollux Castor
KREBS
ZWILLINGE
KLEINER HUND
Procyon
Beteigeuze
GIRAFFE Capella
KASSIOPEIA
FUHRMANN
STIER Aldebaran
ORION
Algol PERSEUS
ANDROMEDA DREIECK
Plejaden Uranus
WIDDER Jupiter
FISCHE
HSE EIDEC
SCHWAN PEGASUS
EINHORN
GROSSER HUND Sirius SÜDOST
Rigel HASE
Sternkarte exakt gültig für 15. Dezember 2023 22 Uhr MEZ
Mondphasen im Dezember 2023
WALFISCH
ERIDANUS CHEMISCHER OFEN
SÜD
Neptun WASSERMANN
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de
Quellen: Datendienst US Naval Observatory, Berechnungen der BAV, Berechnungen der IOTA/ES (Eberhard Riedel [GRAZPREP]), Berechnungen von Steve Preston (Sternbedeckungen durch Kleinplaneten), International Meteor Organization (www.imo.net), Heavens-Above.com, Kosmos Himmelsjahr 2023, Kosmos Der Sternenhimmel 2023, eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto).
Letztes Viertel 5.12.
Neumond 13.12.
Erstes Viertel 19.12.
Vollmond 27.12.
Ereignisse im Dezember Zeitangaben in MEZ
01. 04:00
Mond 1,9 Grad S Pollux (1,2 mag)
01. 05:06
01. 18:10-20:20 04. 06:20 04.
05. 06:49 05. 17:48-19:19 05. 20:57-22:38 06. 06. 00:21-02:37 07.
07. 00:47-02:56 07. 23:46 08. 19:13-22:15 09. 06:00
10. 21:00
12. 06:11 12. 21:13-22:50 13. 00:32 13. 00:59-02:39 14. 14. 20:00 14. 21:31 15. 03:21 15. 21:01-00:11 17. 20:00
Streifende Sternbedeckung Mond - 76 Geminorum (SAO 79650) (5,3 mag), Linie Rheine - südlich Bielefeld - Bad Driburg - Friedland - Erfurt - Plauen - Klingenthal Io mit Schatten vor Jupiter Mond 3,2 Grad N Regulus (1,4 mag) Merkur (-0,5 mag, 6,7) in größter Elongation Ost (21 Grad), keine Merkursichtbarkeit Letztes Viertel Ganymed hinter Jupiter Ganymed wird verfinstert Mond erdfern, 29,6 Europa mit Schatten vor Jupiter Neptun (7,9 mag, 2,3) wird wieder rechtläufig, Ende Oppositionsschleife Io mit Schatten vor Jupiter RZ Cas Minimum Io mit Schatten vor Jupiter Mond 5,1 Grad SW Venus (-4,2 mag, 16,2) und 7,3 Grad O Spica (1,1 mag) Kleinplanet (4) Vesta (6,6 mag) 25 S Nebel Ced 67b, Sternbild Orion Mond bedeckt Antares (1,1 mag), in O-Asien Ganymed hinter Jupiter Neumond Ganymed wird verfinstert max. Libration Mond-NW, 7,4 Grad Maximum Meteorschauer der Geminiden, ca. 35 km/s, ca. 150/h X Tri Minimum Beta Per (Algol) Minimum Io mit Schatten vor Jupiter Mond 4,6 Grad SW Saturn (0,9 mag, 16,5)
17. 22:45
Kallisto 10 S Jupiter-Südpol
19. 19. 19:39 19. 22:37 20. 00:44-02:26 20. 20:59 21.
22.
22. 04:27 22. 18:00 22. 22:50-02:07 23. 18:13-22:44 23. 18:30 23. 19:13-20:52 24. 18:26-20:36 25. 03:00 27. 27. 01:33 28. 19:30 30. 18:20-20:08 30. 20:38-22:58 30. 23:00 30. 23:16-00:55 31.
31. 07:00 31. 19:08-22:32 31. 21:29
Mond erdnah, 32,2 Erstes Viertel RZ Cas Minimum Ganymed hinter Jupiter Beta Per (Algol) Minimum Kleinplanet (4) Vesta (6,4 mag) in Opposition zur Sonne, Sternbild Orion Kleinplanet (9) Metis (8,4 mag) in Opposition zur Sonne, Sternbild Zwillinge Wintersonnenwende, Winteranfang Mond 3,1 Grad NO Jupiter (-2,7 mag, 45,3) Io mit Schatten vor Jupiter Europa mit Schatten vor Jupiter Mond 3,3 Grad NO Uranus (5,7 mag, 3,7) Ganymeds Schatten vor Jupiter Io mit Schatten vor Jupiter Mond 8,8 Grad N Aldebaran (1,0 mag) max. Libration Mond-SO, 7,7 Grad Vollmond Mond 4,6 Grad SO Pollux (1,2 mag) Ganymed vor Jupiter, am Jupiter-Südpol Europa vor Jupiter Beginn Europas Schatten vor Jupiter Ganymeds Schatten vor Jupiter Jupiter (-2,6 mag, 44,0) wird wieder rechtläufig, Ende Oppositionsschleife Mond 4,4 Grad NW Regulus (1,4 mag) Io mit Schatten vor Jupiter RZ Cas Minimum
Journal für Astronomie Nr. 87 | 109
GROSSER BÄR
GIRAFFE
KASSIOPEIA
LÖW IN E E KLE R
LÖWE Regulus
LUCHS
Capella
Castor Pollux
KREBS
FUHRMANN ZWILLINGE
WASSERSCHLANGE Alphard
SÜDOST
KLEINER HUND
Procyon
Beteigeuze
EINHORN
Sirius
GROSSER HUND
Aldebaran ORION
Rigel HASE
Sternkarte exakt
gültig für 15. Januar 2024
22 Uhr MEZ
SÜD
Mondphasen im Januar 2024
Algol PERSEUS
ANDROMEDA DREIECK
Plejaden STIER
WIDDER Uranus Jupiter
PEGASUS FISCHE
ERIDANUS
WALFISCH
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de
Alle Zeitangaben für Standort bei 10 Grad ö.L. und 50 Grad n.Br., falls nicht anders angegeben. ,,Max. Libration Mond-O" bedeutet, dass das Mare Crisium sich weit weg vom westlichen Mondrand (Mond-Osten) befindet.
Letztes Viertel 4.1.
Neumond 11.1.
Erstes Viertel 18.1.
Vollmond 25.1.
Ereignisse im Januar Zeitangaben in MEZ
01. 16:28
Mond erdfern, 29,27
01. 17:29-19:59 Europa: Bed.-Ende/Verfinst.-Anf./Verfinst.-Ende, Io:
Verfinst.-Anf.
03. 02:38
Erde im Perihel, 147,1 Mio. km
04. 01:56
Streifende Sternbedeckung Südrand Mond an SAO 138955
(7,2 mag), Linie Wettringen - Emsdetten - Bielefeld - Höxter -
Nordheim - Nordhausen - Borna - Freiberg
04. 04:30
Letztes Viertel
04. 10:00
Maximum Meteorschauer der Quadrantiden, 41 km/s, 60-200/h,
Morgenhimmel
04. 22:53
RW Tau Minimum
05. 03:00
Mond 1,7 Grad NO Spica (1,1 mag) SO-Horizont
06. 20:45
RR Lyr Maximum
06. 22:04-01:26 Ganymed: Transit-Anf./-Ende, Europa: Transit-Anf./-Ende,
Io: Bed.-Anf.
07. 19:33
Kleinplanet (3174) Alcock bedeckt HIP 10476 (9,4 mag) für 2,3 s,
Hell. Abfall um 7,5 mag, Pfadverlauf in W- bis NO-D.
07. 21:01-00:28 Io: Transit-Anf./-Ende u. Schatten-Anf./-Ende
08. 07:30
Mond 8,4 Grad SW Venus (-4,0 mag, 13,6) u. 4,4 Grad W Antares
(1,1 mag), SO-Horizont
08. 17:39-22:38 Europa: Bed.-Anf./-Ende u Verfinst.-Anf./-Ende, Io: Bed.-Anf. u.
Verfinst.-Ende
09.
max. Libration Mond-NW, 8,3 Grad
09. 07:35
Mond 9,3 Grad SW Merkur (-0,2 mag, 7,1), SO-Horizont
09. 22:04
Beta Per (Algol) Minimum
10. 00:48
Kleinplanet (12039) 1997CB22 bedeckt TYC 2407-00533-1
(9,9 mag) für 1,34 s, Hell.Abfall um 7,6 mag, Pfadverlauf in S-D.
11. 12:57
Neumond
13. 11:37
Mond erdnah, 33,09
14. 18:00
Mond 3,9 Grad O Saturn (1,0 mag, 15,9), SW-Himmel
15. 20:08-23:36 Io: Bed.-Anf. u. Verfinst.-Ende, Europa: Bed.-Anf./-Ende u.
Verfinst.-Anf.
15. 23:15
X Tri Minimum
16. 18:43-20:53 17. 17:30-22:47
18. 04:52 18. 20:00 19. 06:00
19. 23:44
20. 18:30 21. 04:55 22. 05:20
23. 23. 19:17-22:49 24. 19:35-22:26
25. 01:37
25. 18:54 25. 23:40 27. 21:00 28. 03:52 29. 09:15 30. 21:13-23:24 31. 18:27-23:36
31. 21:42
Io: Schatten-Anf./-Ende u. Transit-Ende Europa: Schatten-Anf./-Ende, Ganymed: Bed.-Ende u. Verfinst.-Anf./-Ende Erstes Viertel Mond 2,1 Grad N Jupiter (-2,5 mag, 41,5), S-Himmel (532) Herculina 13 arcmin N Galaxie NGC 5248 (10,1 mag), Südhimmel Kleinplanet (7320) Potter bedeckt TYC 1927-01911-1 (9,7 mag) für 1,16 s, Hell.Abfall um 7,0 mag, Pfadverlauf in O- bis W-D. Mond 2,1 Grad SO Plejaden RZ Cas Minimum Kleinplanet (2486) Metsahovi bedeckt TYC 2415-00079-1 (9,3 mag) für 1,55 s, Hell.Abfall um 6,3 mag, Pfadverlauf in O- bis N-D. max. Libration Mond-SO, 8,1 Grad Io: Transit-Anf./-Ende u. Schatten-Anf./-Ende Ganymed: Bed.-Anf./-Ende, Europa: Transit-Ende u. SchattenAnf./-Ende, Io: Verfinst.-Ende Kleinplanet (5792) Unstrut bedeckt HIP 34640 (7,8 mag) für 1,57 s, Hell.Abfall um 8,5 mag, Pfadverlauf in Österr., SO- bis W-D. Vollmond RZ Cas Minimum Mond 3,0 Grad NO Regulus (1,4 mag) AI Dra Minimum Mond erdfern, 29,47 Io: Transit-Anf./-Ende u. Schatten-Anf. Io: Bed.-Anf. u. Verfinst.-Ende, Europa: Transit-Anf./-Ende u. Schatten-Anf., Ganymed: Bed.-Anf. HU Tau Minimum
110 | Journal für Astronomie Nr. 87
Beobachterforum
Kleinplanet (1) Ceres begegnet zwei Galaxien
Giuseppe Piazzi entdeckte Ceres als ersten Kleinplaneten in der Lücke zwischen Mars und Jupiter, daher die exakte Bezeichnung (1) Ceres. 2006 wurde (1) Ceres von der IAU als Zwergplanet eingestuft. Mit einem Durchmesser von etwa 964 km bewegt sie sich auf einer elliptischen Bahn zwischen Mars und Jupiter. Im März 2023 begegnete Ceres zwei Galaxien des Virgohaufens: Am 11. März passierte sie die Balkenspirale M 91 in etwa 4,5 Bogenminuten Distanz, am 27. März dann die SAB-Spirale M 100 in nur 2,8 Bogenminuten Distanz. Drei Mitglieder der Fachgruppe Astrofotografie nahmen diese Passagen auf und stellen ihre Bilder hier im Beobachterforum vor.
Peter Riepe
(1) Ceres bei M 91
Tipp. Rainer Kleibrink teilte mit, dass Ceres in der unmittelbaren Nähe von Messier 91 steht. In einem Planetariumsprogramm sah ich, dass ab 22:30 Uhr MEZ die Galaxie über unserem Hausdach aufgehen würde. Aus Westen kamen Wolken heran und ich war mir nicht sicher, ob das noch funktionieren würde. Ich schwenkte auf M 91 und wunderte mich über den hellen ,,Stern", der schon nach fünf Sekunden Belichtung ein Beugungskreuz der Fangspiegelhalterung meines Hypergrafen zeigte. Dieser Stern war gar kein Stern, sondern die 7 mag helle Ceres. Ich konnte 12 Bilder à fünf Minuten aufnehmen, bevor die ersten Wolken wieder am Himmel waren. Ohne meinen Sternfreund Rainer hätte ich das nicht gewusst, daher mein Dank an ihn."
1 (1) Ceres bei M 91, Details s. Text (Bild: Oliver Schneider)
Oliver Schneider berichtet über Ceres bei Messier 91: ,,Am 11.03.2023 war mein Zielobjekt die Galaxie NGC 4449 im Sternbild Jagdhunde. Während der Belichtung bekam ich über einen Nachrichtendienst, den wir in unserer Gruppe vom Ostwestfälischen Astrostammtisch eingerichtet haben, einen
Das Bild (Abb. 1) ist ein Summenbild aus zwei Einzelbildern, es zeigt die Bewegung des Kleinplaneten zwischen 22:51 und 23:56 Uhr MEZ. Aufnahmedaten: 340-mm-Kellerhypergraf im Primärfokus bei 1.100 mm Brennweite, Montierung: Eckhard Alt 7AD, Farbkamera ZWO ASI2600MC pro, Belichtungszeit: 5 min pro Einzelbild, hier das Summenbild (median) aus der ersten und letzten Aufnahme.
Eine Animation des Ereignisses ist im Internet zu finden unter https://telescopius.com/pictures/view/ 144123/M/91/galaxy/by-oliver-schneider
Journal für Astronomie Nr. 87 | 111
Beobachterforum
(1) Ceres bei M 100, zum Ersten
Manfred Mrotzek hat die Passage von Ceres bei M 100 am 27.03.2023 aufgenommen (Abb. 2). Dazu verwendete er seinen Apochromaten mit 140 mm Öffnung, der per Focalreducer auf 750 mm Brennweite kam. Nachgeführt wurde per TVGuider mit einer Watec 120N an einem 90-mm-Refraktor f/5,6. Insgesamt entstanden ab 00:27 Uhr MESZ mit einer Atik 460EX vier Einzelbelichtungen je 180 Sekunden im zeitlichen Abstand von je 48 Minuten. Dadurch ist der Weg des Kleinplaneten gut erkennbar.
Eine Animation des Vorgangs findet man unter https://astro-photos.net/CCD/CCD2/ M100+Ceres.html
2 (1) Ceres bei M 100, Details s. Text
(Bild: Manfred Mrotzek)
(1) Ceres bei M 100, zum Zweiten
3 (1) Ceres bei M 100, Details s. Text (Bild: Rüdiger Kortenkamp und
Thomas Rox)
Rüdiger Kortenkamp und Thomas Rox zeichneten im ATHOS Centro Astronómico auf La Palma die Ceres-Passage bei M 100 auf. Das Teleskop war ein Pentax 125 SDP mit 800 mm Brennweite plus Canon-EOS-6Da-Vollformatkamera auf einer Montierung des Typs 10Micron GM1000 HPS. Das Gesamtbild (Abb. 3) zeigt die helle Spur von Ceres am 25./26.05.2023 im Anflug (Position 1) und am 26./27.05.2023 im Vorbeiflug (Position 2). Die Lücke in der Spur bei 2 ist dem Meridiandurchgang geschuldet. Rechts unterhalb von M 100 steht die Galaxie NGC 4312. An beiden Tagen entstanden insgesamt 122 Aufnahmen zu je 180 s Einzelbelichtungszeit. Es wurden auch 30 min auseinanderliegende Aufnahmen gestackt, um einzelne Positionen in der Spur zu verdeutlichen (hier nicht gezeigt - ähnlich wie Abb. 2). Interessant war: Im Originalhochformat konnte später noch oben die Spur
112 | Journal für Astronomie Nr. 87
Beobachterforum
des Kleinplaneten (410) Chloris identifiziert werden (Abb. 4, mit Dank an Carolin Liefke). Links die Balkenspirale NGC 4340 und die Edge-on-Galaxie NGC 4350. Chloris lief mit etwas größerer Winkelgeschwindigkeit nahezu parallel zu Ceres.
Ein Timelapse-Video gibt es unter https:// www.dropbox.com/sh/zsq0gflxvsust1k/ AADsefF4_kAw3KAMl4C9Ms3Da?dl=0
4 (410) Chloris bei NGC 4340, Details s. Text
(Bild: Rüdiger Kortenkamp und Thomas Rox)
Das Smartphone für die Astrofotografie
Jan Kertzscher schickte diese Aufnahme an die Redaktion. Das Bild zeigt die südliche Milchstraße im Gebiet Eta Carinae und Kreuz des Südens mit dem Kohlensack bis zur Großen Magellanschen Wolke. Der Bildautor schreibt: ,,Das Bild entstand am 22.04.2023 um 12:57 Uhr UT in Western Australia mit einem Handy des Typs Google Pixel 6 bei f/1,9 und ISO 1000. Im Astromodus setzt dieses Handy tatsächlich selbstständig mehrere kurze Aufnahmen zu einer fertigen, 4-minütigen Aufnahme zusammen, so dass man vollkommen ohne externe Nachführung auskommt. Der Vordergrund (hier das Schild) wird dabei von der Kamerasoftware erkannt und belichtungstechnisch nur auf der ersten zugrunde liegenden Aufnahme berücksichtigt, so dass ,,Abwedeln" mit Licht eines weiteren Handydisplays über 3-4 Sekunden nur zu Beginn vollkommen ausgereicht hat."
1 Die südliche Milchstraße bis zur Großen Magellanschen Wolke,
Details s. Text (Bild: Jan Kertzscher)
Anmerkung der Redaktion: Es ist schon bemerkenswert, was Handys heute leisten. Dank fortentwickelter Software (oft chinesischen Ursprungs) sind Ergebnisse erzielbar, die man noch vor wenigen Jahren kaum für möglich hielt. Ich erinnere an einen sehr informativen Bericht von Michael Seeboerger-Weichselbaum aus 2019: ,,DeepSkyCamera-App für Android: Astrofotografie mit dem Smartphone (Teil 1)" in unserem
Journal Nr. 72, Seite 62-66. Schon damals wurde ausführlich mit tiefen Bildern dargestellt, welche Anwendungsgebiete dem Fotografen mit der entsprechenden Software offenstehen. Man sollte aber eines nicht aus den Augen verlieren: Die eingebaute Smartphone-Kamera ist und bleibt klein, mit winziger Optik. Die Ergebnisse von CCD- und CMOS-Kameras mit Anbindung an Teleskope mit großen Optiken
können bisher nicht erreicht werden, eher bleibt es bei Übersichtsaufnahmen von Mond-/Planetenkonstellationen, Sternbildern und Milchstraßenabschnitten. Aber die Entwicklung geht sicherlich weiter!
Peter Riepe
Journal für Astronomie Nr. 87 | 113
Beobachterforum
Ningaloo Eclipse - 20. April 2023
Im Norden von Westaustralien, in Exmouth, konnten wir bei idealen Bedingungen am 20. April die totale Sonnenfinsternis beobachten. Es war ein tolles Erlebnis, wenn auch mit 1 Minute und 2 Sekunden Dauer etwas zu kurz. Alle Fotos sind mit einer Canon EOS R6 und 1,4x-Telekonverter mit einem Zoom-Objektiv 100-500 mm ent-
standen. Belichtet wurde mit Brennweite 700 mm und ISO 800, mit unterschiedlichen Belichtungszeiten von 1/30 bis 1/400 s bei Blenden 10 bis 13.
Silvia Otto
114 | Journal für Astronomie Nr. 87
Beobachterforum
1 Linke Seite: Totale Sonnenfinsternis am
20.04.2023 gegen 03:30 Uhr UT in Exmouth / Australien. Vier verschiedene Belichtungen bei Brennweite 700 mm und ISO 800. (Bilder: Silvia Otto)
2 Einfache Kombination / Überlagerung der vier Aufnahmen
in der Abb. 1. (Originalaufnahmen: Silvia Otto, Bearbeitung: Werner E. Celnik)
Journal für Astronomie Nr. 87 | 115
Rezension
Reiseführer zum Mond, den Planeten und ganz viel mehr
Bibliografische Daten: Jan Hattenbach: ,,50 Attraktionen des Sonnensystems, die man kennen muss"; epubli, Neopubli GmbH, Berlin; ISBN 978-3-754123-00-3; 14,8 x 21,0 cm, 210 Seiten, broschiert, 14,99
,,Objekte des Sonnensystems für Einsteiger" - das ist doch nichts für mich, schoss es mir beim ersten Blick auf das Buchcover durch den Kopf. Doch eine längere Bahnfahrt stand an, und so konnte ich ja wenigstens einmal reinschauen, um herauszufinden, ob mir das Buch eine Rezension wert sein wird. Da Sie diese Rezension gerade lesen, ist die Frage offenbar beantwortet. Doch der Reihe nach.
,,Auf geht's zu einer außergewöhnliche Reise!" beginnt Jan Hattenbach das Vorwort, schon ruckelte der Zug in Stuttgart los und ich versank im Text. Auf das Vorwort folgt eine Einführung, was die Leser:innen im Buch erwartet, welche optischen Hilfsmittel man zur visuellen Erkundung des Sonnensystems so braucht sowie grundlegende Infos zu Größen und Helligkeiten am Himmel. So weit, so erwartbar. Der nächste Ab-
schnitt zur Schwärze der Nacht mit Eigenschaften der Erdatmosphäre ließ mich fast wegdämmern, doch dann ging es endlich los: Der Mond ist das erste Reiseziel. Gut 50 Seiten widmet das Buch dem Erdbegleiter, darin werden die bekannten Krater, aber auch weniger bekannte Oberflächenmerkmale beschrieben und zum Teil bebildert vorgestellt. ,,Das muss ich mir demnächst auch mal im Teleskop anschauen", motivierte mich das Buch, während draußen eine graue, wolkenverhangene Landschaft vorbeizog. Zurück zum Text: Weiter geht es mit Mondfinsternissen, und dann werden, ganz entgegen meiner Erwartung, auch Stern- und Planetenbedeckungen sowie Einschläge auf dem Mond vorgestellt. ,,Oha, das wird ja noch richtig interessant!", dachte ich und schaute auf die Uhr, denn in Zürich stand ein Zugwechsel auf dem Programm.
Neuer Zug, weiter ging`s im Text. Die nächsten drei Kapitel, 18 Seiten lang, widmen sich der Sonnenbeobachtung. Interessante Aspekte zur Randverdunkelung, Sonnenflecken, Flares und Finsternissen rauschten an mir vorbei und entlockten mir ein wohlwollendes Nicken, gute Arbeit. Dann endlich kamen die Planeten an die Reihe, und hier macht sich wie im ganzen Buch die Erfahrung des Autors als Hobbyastronom sehr positiv bemerkbar - er beschreibt sehr anschaulich, was man im Teleskop wirklich zu sehen bekommt und was nicht möglich ist.
Von Merkur über Venus hangelt sich das Buch entlang der Planeten nach außen, dabei halten einen verschmitzte Über-
schriften und die ein oder andere Anekdote wach. Mars zum Beispiel wird mit dem Titel ,,Erdbruder mit Nähe-Distanz-Problem" vorgestellt - herrlich! Überhaupt ist das Buch sehr lesbar und streckenweise unterhaltsam geschrieben, also keine bloße Auflistung von Fakten. Die Vorstellung der Planeten und Kleinplaneten ist viel ausführlicher und detaillierter, als ich es von so einem ,,Einsteigerbuch" erwartet hätte, zum Beispiel sind auch gegenseitige Bedeckungen der Jupitermonde ein Thema. Mein Herz als Planetenbeobachter hüpfte.
Meine Reise näherte sich dem Ende, und auch im Buch zeichnete sich langsam die Rückreise ab. Die Kometen bilden quasi den Übergang von den sehr weit entfernten zu den wieder erdnahen Objekten, was zwar etwas ungewöhnlich ist, aber mit Blick auf Kometenreste als Verursacher von Meteorströmen dann doch Sinn ergibt. Es schließen sich die Vorstellung des Zodiakallichts und des Gegenscheins an (noch so ein Thema, das ich hier nicht erwartet hätte), dann kommen Erscheinungen in der Erdatmosphäre wie Polarlichter und Satelliten an die Reihe, gekrönt von der Internationalen Raumstation und abgerundet durch einen ausführlichen Anhang.
Dieser Tag hat mich in zweierlei Hinsicht überrascht und Vorurteile widerlegt: Erstens ist das Buch von Jan Hattenbach nicht nur genau das, was es verspricht, es bietet noch sehr viel mehr und wäre als ,,Buch für Einsteiger" völlig unter Wert bezeichnet. Solch eine ausführliche, gut geschriebene Vorstellung der Objekte und Phänomene
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Vorschau
des Sonnensystems habe ich bis dato noch nicht in der Hand gehabt. Absolute Einsteiger mit kleiner Öffnung werden vielleicht etwas überfordert sein, wer das Hobby mit sechs oder acht Zoll Öffnung beginnt, für den ist dieser Reiseführer aber genau richtig. Und selbst mir nach vier Jahrzehnten als Amateurastronom ist noch das ein oder andere Licht aufgegangen, denn alles kann
man nicht behalten oder muss es sich aus unterschiedlichen Quellen erst zusammensuchen.
Gibt es auch Kritik? Ein klein wenig. Im Buch könnten mehr Abbildungen enthalten sein. Und nach den Lesepausen musste ich mich durch Zurückblättern erst wieder orientieren, welches Thema gerade be-
schrieben wird. Hier könnten Kolumnentitel und eine Nummerierung der 50 Sehenswürdigkeiten den Lesefluss erleichtern.
Was ist das zweite Vorurteil, das an diesem Tag widerlegt wurde? Die Bahn war pünktlich! Übrigens auch auf der Rückreise.
Sven Melchert