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Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 84

NACH REDAKTIONSSCHLUSS
  5 Wissenschaftsjahr 2023 - unser Universum (VdS-Redaktion)
  SPT/ASTROPROJEKTE FüR JUGENDLICHE
  6 Kinder- und Jugendarbeit an der Walter-Hohmann-Sternwarte e.V. (Piworun Alexandra)
  9 Zwei Wochen unter dem Sternenhimmel (Caballero Isabel, Lehnert Lana, Knie Enzo)
  12 Zweiter Innovationsworkshop für Jugendliche in Ottobeuren 2022 (Kohler Markus, Renz Justin)
  14 Die Gründung der Jugendgruppe TTT (Kohler Markus, Biegert Lukas)
  19 Warum Sat-Tracking - was ist das? (Kohler Markus, Schell Louis)

IMPRESSION
  22 M 78 und Barnards Loop (Breslawski Frank)
  SPT/ASTROPROJEKTE FüR JUGENDLICHE
  23 Jugend forscht: Synchrone Radio- und Videobeobachtungen von Perseiden-Meteoren (Sorg Linus, Eissler Till)
  28 Die Phase des Mondes und Phasen auf der Erde (Credner Till)
  30 Das Kepler Teleskoptreffen (KTT) - ein Treffen, das Jugend und Astronomie zusammenbringt (Steinkellner Norbert)
  32 TUTY - The Universe to Youth (Steinkellner Norbert)
  34 Auf der Suche nach Außerirdischen (Guse Reiner)
  37 Jugendarbeit bei der Astronomischen Vereinigung Vulkaneifel am Hohen List e.V. (Klein Uli)

AMATEURTELESKOPE/SELBSTBAU
  41 Die Eieruhr-Barndoor-Montierung - eine einfache Selbstbau-Nachführung (Fuhrmann Guido)
  45 Ein chinesischer 20x100-Feldstecher oder wie ich zu einem Zweizöller kam (Thomas Axel)
  47 Das Glück, eine kleine Vereinssternwarte bauen zu können (Ohle, Winfried von)

ASTROFOTOGRAFIE
  50 Missverständnisse und Irrtümer bei der Astrofotografie mit Schmalbandfiltern (Teil 1) (Köchling Peter, Riepe Peter)
  54 Die Galaxie Messier 96 im Leo (Celnik Werner E.)

IMPRESSION
  60 IC 63 in der Cassiopeia (Breslawski Frank)

ASTRONOMISCHE VEREINIGUNGEN
  61 Goldener Herbst zur VdS-Tagung in Halle (Schomann Michael)
  ATMOSPHäRISCHE ERSCHEINUNGEN
  65 Der Hunga-Tonga-Ausbruch und dessen atmosphärische Auswirkung auf die Südhalbkugel (Hinz Claudia)
  ASTROPHYSIK & ALGORITHMEN
  69 Woher stammt die Idee der Dunklen Materie? (Pilz Uwe)

DARK SKY
  70 Zehn Gründe dafür, jetzt das Hobby Astronomie aufzugeben … (Althoff Gerd)

IMPRESSION
  72 NGC 7129 (Dörfeldt Bernd)

DARK SKY
  73 15. Europäisches Symposium zum Schutz des Nachthimmels in Fulda (Hänel Andreas)

DEEP SKY
  74 Skyguide 2022 - 4 (Winter) (Zebahl Robert, Merting Rene)

KLEINE PLANETEN
  76 2022 DX - die erste NEO-Entdeckung am Schmidt-Teleskop auf dem Calar Alto (Schwab Erwin)
  79 Die "zweite" Online-Kleinplanetentagung (Andersson Sven)
  81 Kosmische Begegnungen (Hohmann Klaus, Ries Wolfgang)

KOMETEN
  83 Bedeutende Kometen des zweiten Quartals 2022 (Pilz Uwe)

PLANETEN
  84 8. Norddeutsche Tagung der Planetenfotografen (NTP) (Detken Kai-Oliver)

IMPRESSION
  87 Messier 67 (Kerschhuber Günter)

PLANETEN
  88 Mond trifft Merkur und die Plejaden (Sparenberg Rainer, Wassmuth Thomas)

STERNBEDECKUNGEN
  89 Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 1. Quartal 2023 (Riedel Eberhard)
  VERäNDERLICHE
  93 SN 2022hrs in NGC 4647 - helle Supernova im Virgo-Cluster (Wenzel Klaus)

VDS-NACHRICHTEN
  96 Bericht aus dem Vorstand (Gallus Astrid)

IMPRESSION
  96 Mond bedeckt Mars (Melchert Sven)

VDS-NACHRICHTEN
  97 Wir begrüßen neue Mitglieder (VdS-Geschäftsstelle)

VDS VOR ORT / TAGUNGSBERICHTE
  98 Astronomie-Börse Kreuznach ein voller Erfolg (Lind Johannes)
  100 45. Würzburger Frühjahrstagung - zum 2. Mal online (Detken Kai-Oliver)

BEOBACHTERFORUM
  107 Die Sonne im Weißlicht (Rammerstorfer Corina)
  108 Astronomische Motive am Niederrhein (Kaltenböck Rainer)
  110 Helle Leuchtende Nachtwolken über dem Limfjord in Norddänemark Mitte Juli 2022 (Leich Jens)
  113 Merkurtransit mit Flugzeugquerung am 11. November 2019 (Klausmann Steffen)

REZENSION
  114 Johann Elert Bode (1747-1826), der Astronom der Berliner Aufklärung - Leben und Werk in dokumentarischer Darstellung (Steinicke Wolfgang)

IMPRESSION
  115 Heller Taurid (Kiau Manfred)

Textinhalt des Journals 84

Der Textinhalt dient zum Durchsuchen, zum Ausschneiden vorn Text und für internetgestützte Übersetzungs-Software. Der Text ist nicht formatiert, Bildunterschriften sind irgendwo im Text eingefügt.
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Zum Lesen ist das Journal als pdf vorgesehen.



Nach Redaktionsschluss

Mitgliedsbeiträge und Bezugskosten von ,,Sterne und Weltraum"
von Sven Melchert, VdS-Vorsitzender

Die Mitgliedsbeiträge für 2023 bleiben unverändert. Mitglieder, die jünger als 30 Jahre sind, können weiterhin die Möglichkeit einer kostenlosen Mitgliedschaft nutzen, in der das ,,VdS-Journal für Astronomie" aber nur als PDF-Datei enthalten ist. Alle anderen Mitglieder erhalten unsere Vereinszeitschrift wie gehabt als gedrucktes Heft. Die einmalige Aufnahmegebühr entfällt auf Beschluss des Vorstandes vom 5. Februar 2022.

Die Mitgliedsbeiträge für 2023 betragen:

Normalbeitrag Inland und EU:

40,00

Normalbeitrag außerhalb der EU: 45,00

Ermäßigter Beitrag Inland und EU: 25,00

Ermäßigter Beitrag außerhalb der EU: 30,00

VdS-Mitglieder können die monatlich erscheinende Zeitschrift ,,Sterne und Weltraum" zu deutlich ermäßigten Bezugs-

kosten über die VdS abonnieren. Für 2023 erfolgt durch den Spektrum-Verlag eine leichte Erhöhung der Bezugskosten

bedingt durch die in der letzten Zeit extrem gestiegenen Energie-, Fracht- und Papierkosten.

Abo Inland:

98,40

für VdS-Mitglieder: 73,80

Abo Inland ermäßigt: 72,60

für VdS-Mitglieder: 61,20

Abo Ausland:

108,00

für VdS-Mitglieder: 83,40

Abo Ausland ermäßigt: 82,20

für VdS-Mitglieder: 70,80

Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie
Nachdem wir unser Schwerpunktthema für das Journal 85 ,,Verunglückte Beobachtungserlebnisse" abgeschlossen haben, möchten wir auf unsere zukünftigen Schwerpunktthemen hinweisen:
,,Veränderliche" in Journal 86 Redaktionsschluss: 01.01.2023 Redakteur: Dietmar Bannuscher, redaktionveraenderliche@sternfreunde.de
,,Planetenbeobachtung" in Journal 87 Redaktionsschluss: 01.04.2023 Redakteur: Sven Melchert, redaktionplaneten@sternfreunde.de
Zur Gestaltung unserer Journale benötigen wir Ihre Beiträge. Dies kann sowohl ein wissenschaftlich fundierter Artikel als auch ein einfaches Beobachtungserlebnis sein. Außerdem soll es möglichst regelmäßig eine Galerie von Fotografien und Zeichnungen geben. Wer nicht gerne schreibt, kann also auch auf diese Weise vertreten sein! Wir freuen uns über alle Einsendungen!
Beiträge sollen an die zuständigen Redakteure (siehe auch Liste der VdS-Fachgruppen-Redakteure) oder an die VdS-Geschäftsstelle (Mail/Postadresse) geschickt werden. Vorher empfehlen wir, als Hilfestellung die Autorenhinweise zu nutzen (siehe www.sternfreunde.de/ astronomie-fuer-mitglieder/fuer-alle-mitglieder/vdsjournal/autorenhinweise-journal-fuer-astronomie/). Dort finden Sie auch einen Musterartikel als Vorbild und das Artikeldeckblatt zum Eintragen der wichtigsten Daten.
Mit dem Einsenden gibt der Autor gleichzeitig sein Einverständnis zum Abdruck im ,,VdS-Journal für Astronomie" und zur Veröffentlichung auf den Webseiten der VdS. Es besteht jedoch keine Veröffentlichungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter Form abzudrucken. Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion
4 | Journal für Astronomie Nr. 84

Hinweise zur Beitragsrechnung
für das Kalenderjahr 2023
von Dr. Andreas Klug, VdS-Vorstand
Dieser Ausgabe des Journals ist wieder eine Beitragsrechnung beigefügt. Der Versand des Journals erfolgte in einer Fensterversandtasche, dabei diente das Adressfeld auf der Beitragsrechnung gleichzeitig dem Versand. Wer diese Hinweise liest, hat auch eine Beitragsrechnung erhalten.
Bitte gleichen Sie den Betrag der Beitragsrechnung möglichst umgehend aus. Soweit eine Lastschriftvollmacht vorliegt, ist dies auf der Rechnung vermerkt. Bei Zahlungen geben Sie bitte unbedingt Ihre Mitgliedsnummer an.
Bei SEPA-Überweisungen sind folgende Angaben notwendig: Bank: Sparkasse Starkenburg IBAN: DE79 5095 1469 0000 0117 45 BIC/SWIFT-Code: HELADEF1HEP
Sollen die Beiträge ab 2023 eingezogen werden, kann das Lastschriftverfahren vereinbart werden. Setzen Sie sich in diesem Fall bitte mit der Geschäftsstelle in Verbindung. Lastschrifteneinzüge werden dann schon für das Beitragsjahr 2023 ausgeführt. Die große Mehrheit der Sternfreunde vertraut uns und hat uns eine Einzugsermächtigung erteilt - bitte schließen Sie sich ihnen an, das macht uns die Arbeit in der Geschäftsstelle erheblich einfacher - danke! Um die Beiträge in der Steuererklärung geltend zu machen, bedarf es keiner gesonderten Zuwendungsbestätigung. Bis zu einem Betrag (Beitrag/Spende) von nicht mehr als 300,00 reicht der Zahlungsnachweis in Verbindung mit der auf der Beitragsrechnung abgedruckten Bestätigung. Bei Fragen im Zusammenhang mit der Beitragszahlung können Sie sich per E-Mail unter schatzmeister@sternfreunde.de direkt an mich wenden. Bitte geben Sie dabei eine Telefonnummer an, da sich viele Fragen telefonisch schneller klären lassen.

Nach Redaktionsschluss

Wissenschaftsjahr 2023 - unser Universum

,,Unser Universum" - das ist nicht nur im Wissenschaftsjahr 2023 ganz unser Ding und bietet allen Vereinen, Sternwarten, Planetarien und in der Öffentlichkeit aktiven Amateurastronomen vielfältige Gelegenheit, unsere Begeisterung für das Hobby mit anderen zu teilen. Die VdS wird das Wissenschaftsjahr natürlich tatkräftig unterstützen, wobei ,,die VdS" hier in erster Linie die lokalen Vereinigungen sein werden. Über Aktuelles zum Wissenschaftsjahr werden wir unter sternfreunde.de und in den weiteren JournalAusgaben berichten. Zum Auftakt nachfolgend die Kurzbeschreibung der Veranstalter:

Die Wissenschaftsjahre sind eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und von Wissenschaft im Dialog (WiD). Sie bieten seit mehr als 20 Jahren eine Plattform für den Austausch zwischen Gesellschaft und Forschung.
Übergeordnetes Ziel des ,,Wissenschaftsjahres 2023 - Unser Universum" ist es, die Öffentlichkeit stärker für Wissenschaft und Forschung zu begeistern und mit Menschen in vielfältigen Formaten in Dialog zu treten. Zielgruppen sind unterschiedliche Öffentlichkeiten, Kinder ab dem Kindergartenalter und Jugendliche, Studierende, Nachwuchsforschende sowie Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in Wissenschaft, Bildung, Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien. Ein besonderer Fokus liegt auf Personen, die bisher nur wenige direkte Berührungspunkte mit Wissenschaft hatten. Das Wissenschaftsjahr 2023 erklärt, wie Grundlagenforschung rund um das Thema Universum funktioniert, vermittelt Einblicke in wissenschaftliche Erkenntnisprozesse und zeigt, wie relevant Erkenntnisse aus der Weltraumforschung für große aktuelle Themen wie Klima- und Umweltschutz sind. Im Mittelpunkt steht dabei die Faszin ation, die Astronomie auf Jung und Alt ausübt.
Das Wissenschaftsjahr 2023 beleuchtet die großen Fragen unseres Universums und verbindet uralte Menschheitsfragen nach Sein und Sinn mit aktuellen Forschungsvorhaben und Zukunftsperspektiven: ,,Sind wir allein im Kosmos?", ,,Was macht unsere Erde zu einem bewohnbaren Pla-

neten?", ,,Was sind Schwarze Löcher?" und ,,Wie sieht die Zukunft unseres Planeten aus und wie können wir unseren Lebensraum schützen?" Fragen wie diese werden im Wissenschaftsjahr 2023 disziplinübergreifend und im Verbund unterschiedlicher Forschungsbereiche behandelt - von Naturwissenschaften über Sozial-, Geistes- und Kulturwissenschaften bis zu Philosophie und Kunst, unterteilt in vier Themenfelder: ,,Faszination Weltall", ,,Mensch, Natur und Universum", ,,Wirtschaftsraum Universum und Astronomie", ,,Blick auf den Planeten".

Das Wissenschaftsjahr 2023 wird von einer Mobilisierungsaktion begleitet, die sich aus der Roadshow ,,Universe on Tour" und einem Citizen-Science-Element als Webanwendung zusammensetzt. Während die 15 Tourhalte umfassende Roadshow ein mobiles Planetarium durch die Bundesrepublik begleitet, ist die Webanwendung über die Website ,,Nachtlicht-BüHNE" erreichbar. Mit ihr können Teilnehmende Lichtverschmutzungsquellen dokumentieren, Daten aufzeichnen und übermitteln. So gestalten sie das Citizen-Science-Projekt aktiv mit - von der Weiterentwicklung der App bis zur Datenanalyse.

Für das mobile Planetarium ,,Universe on

Tour" sind 15 Tourstopps eingeplant:

-Rostock -Bamberg -Bonn

-Potsdam -München -Dortmund

-Hoyerswerda -Tübingen -Bielefeld

- Jena

-Heidelberg -Oldenburg

-Göttingen -Frankfurt am

- Fulda

Main

Auch im Wissenschaftsjahr 2023 geht das schwimmende Science Center ,,MS Wissenschaft" wieder auf Reisen. In einer interaktiven Ausstellung an Deck des Binnenschiffes können Besucherinnen und Besucher die Welt der Wissenschaft entdecken. Im Frühjahr 2023 startet das Schiff seine Reise in Berlin und macht auf seiner Route Halt in vielen Häfen in Deutschland.
Das Wissenschaftsjahr lebt von seinen vielen Formaten, Veranstaltungen und Einzelinitiativen. Nur mit einem Netzwerk von starken Partnern kann es zu einem Erfolg werden und auf vielfältigen Wegen Neugierde auf Wissenschaft und Forschung wecken. So ist auch in diesem Jahr ein Begleitkreis als wertvolles Gremium in die Mitgestaltung des Wissenschaftsjahres 2023 involviert. Doch die Möglichkeiten einer Partnerschaft sind selbstverständlich nicht darauf beschränkt, sondern können verschiedenste Formen annehmen. Zum Beispiel: - Umsetzung von (bestehenden oder neuen)
Formaten unter dem Dach des Wissenschaftsjahres 2023 - Beteiligung an Aktionen des Wissenschaftsjahres 2023 - Verbreitung von Inhalten des Wissenschaftsjahres 2023 über die eigenen Kanäle
Auch die Partner profitieren von einer Kooperation, denn das Wissenschaftsjahr erreicht viele Menschen und schafft eine hohe Aufmerksamkeit - für Forschung und Wissenschaft!
Kontakt Redaktionsbüro Wissenschaftsjahr 2023 - Unser Universum Gustav-Meyer-Allee 25 | Gebäude 13/5 13355 Berlin Telefon: +49 30 818777-173 Telefax: +49 30 818777-125 redaktionsbuero@wissenschaftsjahr.de www.wissenschaftsjahr.de

Journal für Astronomie Nr. 84 | 5

Astroprojekte für Jugendliche

Kinder- und Jugendarbeit an der Walter-Hohmann-Sternwarte e.V.
von Alexandra Piworun

Kinder interessieren sich für viele Dinge und lassen sich auch hervorragend für alles Mögliche begeistern. Aber für Astronomie?

Oh ja!

Ganz besonders für Astronomie: Was kann es Spannenderes geben, als in die Tiefen des Weltalls zu blicken? Eine visuelle Wanderung auf dem Mond zu machen und zu sehen, wo Apollo 11 landete. Zu erfahren, wie Sternschnuppen entstehen. Die Sonne mit einem speziellen Sonnenteleskop plötzlich in einem neuen Licht zu sehen und dabei echte ,,Sonnenexplosionen" zu beobachten. Nicht zu vergessen die ganzen Planeten, wie zum Beispiel Saturn und seine großartigen Ringe.
Für all diese Themen interessieren sich Kinder sehr wohl. Dies merke ich immer wieder bei Besuchen in Kitas oder wenn mich Kinder auf unserer Sternwarte in Essen besuchen. Viele stellen mir kluge Fragen und erinnern mich daran, wie wertvoll diese Neugier ist. Auf dem diesjährigen ATT (Astronomie- und Techniktreff) in Essen hielt ich einen Kindervortrag ,,Reise ins Weltall". Dort fragte mich ein Junge: ,,Warum fällt der Mond eigentlich nicht auf die Erde?" Berechtigte Frage, oder? Hier versuche ich anzuknüpfen, um die Kinder genau da abzuholen, wo sie sind.
Bei einem komplexen Thema wie Astronomie ist das gar nicht immer so einfach, wie mir auch Huberta zu Bentheim-Deuse von der Kita ,,Zwergen Reich" beipflichtete. Ende März 2022 besuchte ich sie und die Kinder aus der Maxigruppe im Auftrag unserer Sternwarte als Jugendvertreterin. ,,Maxigruppe" ist eine Bezeichnung für die Kinder im Vorschulalter. Das Weltall wurde dort als Projekt für drei Monate behandelt. Gemeinsam mit den Kindern bastelten sie zum Beispiel eine Mondlandschaft aus Ker-

zenwachs, um die Oberfläche unseres Trabanten darzustellen. So haben die Kinder etwas zum Anfassen und eine Vorstellung davon, wie sich der Mond anfühlt, erklärte mir die Erzieherin. Natürlich wissen die kleinen ,,Forscher", dass er nicht aus Kerzenwachs besteht. Aber eben genau darum geht es - Kindern ein schwieriges Thema auf eine kreative Art und Weise verständlich zu vermitteln.
Natürlich funktioniert eine solche Vermittlung am besten, wenn Kinder sich ihre eigenen Gedanken zu einem Thema machen. Bei der Frage, wie sie sich das Weltall vorstellen, sind wunderschöne Bilder entstanden. Dabei haben sie Raketen aus Papierschnipseln aufgeklebt und mit ihren

1 Alexandra Piworun
mit Kindern am Solarscope. Der Flyer im Karton hilft, die Sonnenflecken zu erkennen.
Namen versehen. Drum herum stellt sich ihre eigene Interpretation des Universums in Form von bunten Planeten und vielen Sternen dar. Sie kommen der Realität schon sehr nahe, ohne jemals selbst im All gewesen zu sein. Vergleicht man die unterschiedlichen Bilder miteinander, fällt eine gewisse Ähnlichkeit auf. Das mag vielleicht an den gleichen, ihnen zur Verfügung stehenden Materialien zum Malen und Basteln gelegen haben. Im Kern aber haben die Kinder eine ähnliche Vorstellung vom Weltall.
Interessant ist es auch zu sehen, was für spannende Fragen die kleinen Entdecker dazu stellen, z. B.: ,,Was muss ich anziehen, wenn ich den Weltraum besuchen will?"

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Astroprojekte für Jugendliche

,,Welche Temperatur herrscht da oben?" ,,Was ist der Unterschied zwischen Sternen und Planeten?" ,,Wie heiß ist die Sonne?"

Zum Glück konnte ich mit meiner ,,Reise ins Weltall" ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Denn genau diese Fragen werden unter anderem in diesem Vortrag kindgerecht beantwortet. Besonders erstaunt war ich darüber, wie viel die Fünf- bis Sechsjährigen bereits wussten. Alle waren so aufgeregt, dass es ihnen schwerfiel, still zu sitzen. Wie sollte das auch funktionieren bei all dem Wissen, welches in ihnen steckte?

2 Ein besonderes Highlight für die Kinder: das Bewegen des großen Teleskops
der Sternwarte.

Kinder seien so neugierig und würden alles aufsaugen wie ein Schwamm, berichtete Frau zu Bentheim-Deuse. Das will auch wieder herausgelassen werden. Diese Möglichkeit gab es, als wir während des Vortrages zu den Planeten kamen. Wie in einem galaktischen Chor wurden die Planeten in der richtigen Reihenfolge aufgezählt. Ohne dass einer der Erwachsenen dabei geholfen hat! Angefangen mit dem ersten unserer kosmischen Nachbarn, Merkur, bis hin zum letzten Planeten in unserem Sonnensystem, Neptun.
Am Ende meines Besuches und als Dankeschön überreichten die Kinder mir eine hübsche Zimmerpflanze, deren Blüten wie kleine Sternchen aussahen. Um auch weiterhin den Himmel beobachten zu können, bekamen die Kinder des Zwergen Reichs ein Teleskop von der Sternwarte Essen im Rahmen unserer Aktion ,,Sterne funkeln für jeden". Dies ist eine Daueraktion, bei der Kitas und Schulen die Möglichkeit haben, ein Linsenteleskop gegen eine kleine Spende zu erwerben. Nach einer kurzen Einweisung zum Gebrauch, können die Kinder direkt unter Aufsicht der Erzieher*innen mit der Beobachtung loslegen.

Auch die FRÖBEL Kita am Alfried-KruppKrankenhaus in Essen hat ein solches Teleskop erhalten. Seit März 2022 besteht zwischen der Walter-Hohmann-Sternwarte e.V. und diesem Kindergarten eine Kooperation. Es sollen verschiedene Aktionen stattfinden, wie zum Beispiel Mondbetrachtungen am Tag, Sonnenbeobachtungen, Bastelaktionen, Grillnachmittage im Herbst mit anschließender Beobachtung und noch vieles mehr. Alles in Zusammenarbeit mit der WHS e.V. Eine Beobachtung fand bereits statt. Mit dem Teleskop im Gepäck besuchte ich die Kindertagesstätte. Leider versperrten Wolken uns die freie Sicht auf den Mond. Dennoch hatten die Kinder große Freude daran, durch ein echtes Teleskop zu schauen und warteten geduldig in der Schlange, bis sie an der Reihe waren. Manche von ihnen konnten nicht fassen, wie nah die Blätter eines Baumes zu sehen waren, der doch so weit entfernt war. Andere von ihnen glaubten, Eichhörnchen gesehen zu haben.
Kathrin Luckstein, stellvertretende Leiterin der FRÖBEL Kita, leitet das hauseigene ,,Labor". In diesem hat sie extra eine kleine Astronomie-Ecke eingerichtet. Dort können die Kinder in Büchern blättern, die An-

ordnungen der Planeten an einem Mobile erkennen und ihre selbstgemalten Bilder zur Schau stellen.
Für die WHS e.V. ist die Kooperation von großer Bedeutung, insbesondere zur Nachwuchsgewinnung. Viele wissen nicht, dass es eine Sternwarte in Essen gibt, oder was das überhaupt ist. Durch die Zusammenarbeit entstehen Kontakte und erste Berührungen mit dem Thema Astronomie und somit eine nachhaltige Faszination für diese.
Es gibt aber auch diejenigen, die bereits über die Existenz unseres Observatoriums wissen und uns gezielt über die Homepage (www.sternwarte-essen.de) kontaktieren. So auch das Kinderhaus ,,VKJ, Verein für Kinder- und Jugendarbeit in sozialen Brennpunkten Ruhrgebiet e.V.". Die Erzieherinnen Melanie Stan und Eike Guse der Gruppe ,,Großstadtkrokodile" kamen Mitte Juni 2022 mit ihrer Maxigruppe zu uns. Es war der letzte Ausflug für die Kinder mit ihrem Kindergarten, bevor es in die Schule gehen würde. Eine gelungene Überraschung für sie. Denn sie wussten bis zum Eintreffen an der WHS e.V. nicht, wen oder was sie besichtigen würden. Die Freude war groß und spiegelte sich in ihren Augen wi-

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Astroprojekte für Jugendliche

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3 Collage von Bildern zur Jugendarbeit an der Walter-Hohmann-Sternwarte

Astroprojekte für Jugendliche

der, als ich ihnen erklärte, wer ich bin und was ich für sie vorbereitet hatte.
Da ich im Vorfeld wusste, dass der Mond zum Zeitpunkt dieser Führung tagsüber nicht zu sehen sein würde, habe ich mich im Anschluss an meinen Kindervortrag für eine Sonnenbeobachtung entschieden. Gespannt lauschten die Maxis meinen Worten, beantworteten meine Fragen und freuten sich über das ein oder andere Experiment, welches ich vor Ort mit ihnen durchführte. Um unsere schützende Erdatmosphäre für sie spürbar zu machen, bat ich die Kinder vom Stuhl aufzustehen und sich großzügig im Vortragsraum zu verteilen, so dass jeder ausreichend Platz hatte. Nun sollten sie sich mit ausgestreckten Armen, wie ein Kreisel, so schnell um die eigene Achse drehen, wie sie nur konnten. Anschließend - und als alle ihren Schwindel überwunden hatten - fragte ich sie, was sie an ihren Händen fühlen konnten. Die Antworten waren selbstverständlich identisch und richtig. Wind! Auf diese spielerische

Weise lernen auch die Kleinsten, komplexe, chemische Prozesse zu verstehen. Ohne sie dabei zu verwirren. Aufbauend auf diesem Experiment war es schließlich ein Leichtes zu erklären, wie Sternschnuppen entstehen und warum sie beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglühen.
Nach der ganzen Theorie und dem ,,Frontalunterricht", der ungefähr dreißig Minuten dauerte, wollten sie endlich raus an die Ferngläser. Für die sichere und schnelle Sonnenbeobachtung haben wir ein spezielles Gerät, das ,,Solarscope". Eine recht einfache Apparatur, bestehend aus einem Karton und einem kleinen Linsenteleskop. Dieses wird zur Sonne ausgerichtet. Das eingefangene Licht wird in den Linsen gebündelt und durch ein Okular auf die Innenwand des Kartons zurückgeworfen. Zu sehen ist nun eine weiße Sonnenscheibe. Und da aktuell auf unserer Sonne ziemlich viel ,,Bewegung" ist, konnten wir viele ,,Sonnenflecken" beobachten. Zur Orientierung für die Kinder, wonach sie

Ausschau halten sollten, legte ich einen unserer Flyer zur Sonnenbeobachtung in den Karton. Der Wow-Effekt war kaum zu überhören. Auch die beiden Erzieherinnen Melanie Stan und Eike Guse waren fasziniert davon, wie man mit einfachen Mitteln etwas so weit Entferntes veranschaulichen kann. Zum Abschluss ihres Besuches an der WHS e.V. durften alle noch einen Blick in die wunderschöne Kuppel werfen, in der ein riesiges Teleskop steht. Zwar konnten wir aufgrund des Tageslichts keinen Himmelskörper beobachten. Zu sehen, wie dieser Koloss bewegt wird, sorgte dennoch für großes Staunen. Bei allen!
Es ist und bleibt für mich ein unglaublich schönes Gefühl, was meine Arbeit als Jugendvertreterin bei den Kindern hinterlässt. Und auch, wenn es das Perpetuum Mobile in der Realität nicht gibt, so sehe ich die entstehende, nicht enden wollende Energie in mir als Grund und Motivation genug, damit weiterzumachen!

Zwei Wochen unter dem Sternenhimmel
von Isabel Caballero, Lana Lehnert und Enzo Knie

Das Astronomische Sommerlager ist ein Ort, an dem sich Jugendliche zwischen 14 und 24 zusammenfinden, um zwei Wochen lang mehr über Astronomie, Physik und all ihre Aspekte zu erfahren. Ein Ort voller Wissen, Spaß und Austausch. Die Teilnehmenden wählen vorab zwei fünftägige AGs aus einem großen Angebot. Von praktischer Astronomie und Fotografie über Kosmologie und Neutrinophysik bis zur Raumfahrtpsychologie ist alles dabei. Geleitet werden diese durch derzeitige und absolvierte Studierende, welche ihr Wissen und ihre Begeisterung an die Teilnehmenden weitergeben. Um die unterschiedlichen mathematischen Wissensstände aller Altersgruppen anzugleichen, werden in den gut besuchten Matheseminaren Themen der Oberstufen- und UniversitätsMathematik behandelt. Neben den dauerhaften Programmpunkten gibt es auch

1 Der Workshop macht den Jugendlichen sichtlich Spaß!

Journal für Astronomie Nr. 84 | 9

Astroprojekte für Jugendliche

2 Bei dem warmen
Wetter werden die Nächte im Freien verbracht ...

Workshops zu astronomischen und nicht astronomischen Themen, welche sowohl von Teilnehmenden als auch von Besucher:innen angeboten werden. Besonders hohe Begeisterung wird auch immer für die abendlichen Vorträge gezeigt, für die externe Expert:innen teilweise extra in das ASL kommen. Diese Koryphäen auf ihrem Gebiet stehen den Teilnehmenden auch nach ihren Vorträgen noch mit Freude Rede und Antwort.

Leiterteam. Ein weiteres nicht astronomisches Großprojekt ist der Chor, welcher täglich über eine Stunde probt und dann die erarbeiteten Stücke am ,,Bunten Abend" aufführt. Dieser ,,Bunte Abend" stellt den Abschluss des Astronomischen Sommerlagers da, in dem neben vielen lyrischen und musikalischen Darbietungen dem Leiterteam sowie dem VEGA-Vorstand für das Ermöglichen dieses fantastischen Sommerlagers gedankt wird.

Außerhalb des angebotenen Programms finden sich jedes Jahr viele Gruppen, die gemeinsam spielen oder etwas unternehmen. Aus denen entstehen oft Freundschaften, welche über das Sommerlager hinaus bestehen bleiben.
Wir alle hatten viel Spaß im ASL 2022 und freuen uns schon auf den nächsten Sommer!

Im ASL 2022 sorgten die kluge Wahl eines Standorts mit wenig Lichtverschmutzung, das Schullandheim Riepenburg nahe Hameln, sowie ein größtenteils sternenklarer Himmel dafür, dass viele die Nächte draußen verbrachten. Mit dem VEGA-eigenen Dobson-Teleskop und der Vielfalt an Teleskopen der Campbewohner konnten Sterne, Nebel, Galaxien und Planeten betrachtet werden. Die angenehmen Temperaturen luden dazu ein, mit Isomatte und Schlafsack unter der Milchstraße einzuschlafen.

Jedes Jahr gibt es im ASL eine Werkstatt, in der alle eingeladen sind, Raketen zu bauen, welche entweder auf Wasserdruckluft oder Feststoff-Antrieben basieren. Diese werden in einem großen Spektakel gemeinsam gestartet. Ebenfalls hier gebaut werden die Requisiten für den jährlichen ASL-Film, welcher von den Teilnehmenden geplant, geskriptet, gedreht und geschnitten wird, natürlich mit viel Unterstützung aus dem

3 Bei der Vorbereitung
eines Raketenstarts - Aufzeichnung per Action-Cam

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Am Anfang steht die Neugier.
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Astroprojekte für Jugendliche

Zweiter Innovationsworkshop für Jugendliche in Ottobeuren 2022
von Markus Kohler und Justin Renz

Am 5. Oktober 2019 wurde von Rolando Dölling der erste Innovationsworkshop für Jugendliche ins Leben gerufen. Im Rahmen der VdS, Fachgruppe Astronomische Vereinigungen, trafen sich über 30 interessierte Sternfreunde in Frankfurt a.M. Ziel war es, gemeinsam mit den Jugendlichen Konzepte zu erarbeiten, um Vereine in der astronomischen Jugendarbeit zu unterstützen. Dabei entstanden auch viele neue Ideen und Anregungen, welche in den Folgejahren umgesetzt werden sollten.

um einen Überflug der ISS unter hervorragenden Bedingungen zu fotografieren.
Der nächste Morgen begann mit einem gemeinsamen Frühstück in der Sternwarte. Dabei trafen mit Wolfgang und Michelle Forth sowie Moritz Kling und Meike Wenzelburger die letzten Teilnehmer des Workshops ein.
Nach der Vorstellung der Gastgebersternwarte und der Vereinigung der Sternfreun-

Seit diesem Treffen war es Harald Steinmüller (Leiter Astronomische Vereinigungen Süd) ein Anliegen, nach einigen Jahren einen weiteren Innovationsworkshop zu organisieren und die Förderung der Jugendarbeit weiter auszubauen. Gemeinsam mit Markus Kohler (Jugendleiter Astronomische Vereinigung Bodensee) und Michael Schomann (Leiter Astronomische Vereinigungen) wurde ein Programm erarbeitet und die Jugendgruppen der Regionen Süd und West eingeladen.

Am Abend des 1. Juli 2022 trafen sich die Teilnehmer auf dem Marktplatz in Ottobeuren. Dabei waren sechs Vertreter der Jugendgruppe der Bodensee-Sternwarte, zwei junge Erwachsene von der Sternwarte Neanderhöhe Hochdahl und zwei Schülerinnen der Sternfreunde Ursensollen. Im Laufe des Abends stießen Michael Schomann und Alexander Golitschek von der Volkssternwarte Darmstadt dazu. Nach einer Stärkung beim Italiener ging es weiter zur Sternwarte (Abb. 1). Dort hat die ,,Teleskop-Teens-Truppe" (BodenseeSternwarte) ihr mobiles Trackingteleskop (s. Titelbild und Abb. 4) aufgebaut. Das 250 kg schwere, auf einem Anhänger montierte System kann mittels Joystick verfahren werden und liefert dank des 400-mm-Spiegels hervorragende Bilder. In der Nacht standen drei Schüler um 03:45 Uhr in der Frühe auf,

1 Oben rechts: Die ersten Teilnehmer
treffen an der Allgäuer Volkssternwarte Ottobeuren ein. (Bild: Michael Schomann)
2 Oben: Eröffnung des Workshops durch
den ersten Vorsitzenden der AVSO Harald Steinmüller. (Bild: Wolfgang Forth)
3 Rechts: Eine der vier Gruppen stellt ihre
Ergebnisse den Teilnehmern vor. (Bild: Michael Schomann)
de begann das offizielle Programm. Markus Kohler gab einen Überblick über den ersten Innovationsworkshop, die Ergebnisse und noch offenen Punkte. Darauf folgte eine gesprächige Runde, in der jeder seine Wünsche und Anregungen für den Work-

shop einbringen konnte (Abb. 2). Aus dieser Diskussion heraus entsprangen auch die konkreten Workshopgruppen:
Jugendarbeit aufbauen / unterstützen - Was braucht ein Verein (organisatorisch),

12 | Journal für Astronomie Nr. 84

Astroprojekte für Jugendliche

4 Gruppenfoto mit dem Teleskopsystem R.A.M.O.T.S. der ,,Teleskop-Teens-Truppe" von der Bodensee-Sternwarte. (Bild: Michael Schomann)

um Jugendarbeit zu betreiben? - Wie kann man Kinder / Jugendliche für
die Astronomie begeistern? - Was kann man in Jugendgruppen ma-
chen (fachlich und sozial angepasst)? - Möglichkeiten für Treffen, Events und
Kooperationen - Welche verschiedenen Varianten an Tref-
fen und Kooperationen gibt es? - Welche Vor- und Nachteile haben die Va-
rianten? - Wie kann man Events (über)regional be-
werben? Vernetzung der Jugendgruppen - Schreiben einer Rundmail an die Verei-
ne: Wer möchte oder hat Jugendarbeit? - Über welche Plattformen kann man Ju-
gendliche / Jugendleiter vernetzen? - Open-Source-Arbeitsmaterialien:
Verteilung über eine Cloud? Aktives Arbeiten der lokalen Prozesse - Bericht über den Innovationsworkshop
schreiben - Sich um Gruppenfotos, WA-Gruppe für
künftigen Kontaktaustausch usw. kümmern - Nachtreffen organisieren und kommunizieren

Auf das Mittagessen folgten ein Gruppenbild (Abb. 4) sowie Sonnenbeobachtungen mit zwei LUNT-Teleskopen. Am Nachmittag vervollständigten die Projektgruppen ihre Themensammlungen und Ideen und bereiteten diese grafisch auf.
Im Dorf unterhalb der Sternwarte fand an diesem Wochenende das ,,Ottobeurer Fescht" statt. Geschlossen konnten sich die Teilnehmer von den diversen bayrischen und Allgäuer Spezialitäten überzeugen, um danach den Planetenweg zur Sternwarte zurückzuwandern. Bei der anschließenden Beobachtungsnacht wurden neben Standardobjekten auch die Planeten und sogar ein ISS-Überflug beobachtet und gefilmt.
Aufgrund der langen Heimreise einiger Teilnehmer wurde der Vormittag eher kurz gehalten. Nach hervorragendem Frühstück präsentierten die Gruppen ihre spannen-

den und höchst produktiven Ergebnisse (Abb. 3). In der anschließenden Feedbackrunde wurden viele Aspekte reflektiert. So sind neue Freundschaften und Kooperationen entstanden, alle bekamen einen breiten Einblick in die Jugendarbeit anderer Sternwarten, und auch der soziale Austausch wurde gelobt. Als einzigen Kritikpunkt und Anregung nehmen wir für das nächste Treffen mit, den Teilnehmern mehr Zeit zu geben, denn ein Tag der produktiven Arbeit schien den Jugendlichen zu wenig, sie möchten gerne mehr machen!
Der Abschied fiel schwer, da wir uns in den drei Tagen sehr zu schätzen gelernt haben. Dennoch war jeder glücklich, an diesem Wochenende etwas bewirkt und neue Kontakte geknüpft zu haben. Zum Schluss bleibt das Motto in Erinnerung: ,,Als Jugendliche wirklich etwas bewegen!"

Internethinweis (Stand 01.09.2022): [1] M. Schomann, 2022: ,,Projekt 01/B - Zweiter Innovations-
workshop für Jugendliche in Ottobeuren 2022, Ergebnisse der Arbeitsgruppen", https://sternfreunde.de/astronomie-als-hobby/ die-vds-fachgruppen/astronomische-vereinigungen/projekt-01-bzweiter-innovationsworkshop-fuer-jugendliche-in-ottobeuren-2022

Journal für Astronomie Nr. 84 | 13

Astroprojekte für Jugendliche

Die Gründung der Jugendgruppe TTT
von Markus Kohler und Lukas Biegert

Im Oktober 2019 fand der erste Innovationsworkshop für Jugendliche in der Astronomie der VdS in Frankfurt statt. Mit vielen interessanten Anregungen und einer Menge Motivation wurde zwei Wochen später, in Friedrichshafen am Bodensee, eine astronomische Jugendgruppe unter der Leitung von Markus Kohler gegründet. Die ,,Teleskop-Teens-Truppe" setzt sich aus ca. 20 Schülern im Alter von 10 bis 18 Jahren zusammen und gehört zur BodenseeSternwarte (Astronomische Vereinigung Bodensee e.V.).

Zu Beginn wurden astronomische Themen behandelt. Über Optik, Fernrohrkunde und Fotografie bis hin zur Kosmologie und Sternbildkunde wurde vieles gelernt und ausprobiert. Bei gutem Wetter waren wir an unserer mobilen Sternwarte, bis zu einem schicksalhaften Abend ...
Eine Wette, die unsere Welt veränderte In der Dämmerungszeit eines lauen MaiAbends im Jahr 2020 kündigte der Vereinsvorstand einen nahenden Überflug der Internationalen Raumstation (ISS) an. Voller Begeisterung wetteten Vorstand und Jugendgruppe darum, wer zuerst ein hochaufgelöstes Bild der ISS aufnehmen kann. Der Vorstand versuchte ein Video eines Sternvorbeiflugs, die Jugendgruppe eine Serienaufnahme, bei der das Teleskop händisch nachgeführt wurde. Die Jugendgruppe erwischte die ISS in einigen Bildern, allerdings war diese noch sehr klein und undeutlich.
Um die Nachführung zu vereinfachen und damit die Aufnahmequalität zu erhöhen, wollten die Schüler einen Joystick an die Montierung (Skywatcher AZ-EQ-6) bauen. Dafür wurde die Montierung modifiziert und ein Joystick sowie die externe Motorsteuerbox entwickelt und gebaut. Das so

1 Gruppenbild der ,,Teleskop-Teens-Truppe" (TTT) mit dem Astronauten Alexander Gerst

gesteuerte System konnte bereits hochqualitative Aufnahmen anfertigen. Neben der ISS wurden Flugzeuge, Schiffe, Wassersportler und der Zeppelin gefilmt. Auch unser erstes Video mit erkennbarer ISS ist damit gelungen. Als weitere Optimierung konnte ein Tempomat implementiert werden, mit welchem sehr ruhige Aufnahmen von fliegenden Objekten möglich wurden.
Eine REIFFe Leistung Die Jugendgruppe konnte im Herbst 2020 sehr günstig einen 16-Zoll-Spiegel erstehen. Das dazugehörige Teleskop war leider ein Reinfall: Name: ,,Schrottie", Funktion: Schrott!
Wir entschieden uns, das Teleskop neu zu konstruieren und die Steuerung mittels Joystick beizubehalten. Leider fehlte uns zunächst das Geld für solch ein großes Projekt. Noch bevor wir den ersten Sponsor um Unterstützung bitten konnten, erreichte unsere Jugendgruppe frohe Kunde: Wir hatten den bundesweiten REIFF-Förderpreis für Astronomie und damit 3.000 Euro Startkapital gewonnen!

Schnell war Holz gekauft, gesägt und verbaut worden und innerhalb weniger Monate konnte das neue Teleskop am Tag der Astronomie sein First-Light erfahren. Überrascht von der überaus hohen Qualität des Spiegels wurde noch motivierter weiter gebaut. Sucher um Sucher und viele Kameras und Kabel fanden ihren Platz am Teleskop. Auch wurden immer wieder neue Steuerungskisten und sogar ein zweiter Tubus entwickelt. Das gesamte System wird dabei von mehreren Arduinos (Mikrocomputern) kontrolliert, welche selbst programmiert und auf eigenen Platinen verbaut wurden.
Eine ausgeREIFFte Version Ein Teleskop im Hof ist schön, sieht von dort aus aber wenig Himmel. Aufgrund der Größe und des Gewichts wurde das Teleskop auf einen Anhänger verfrachtet. Dieser eignete sich für die Fahrt an die Sternwarte ebenso gut wie für die lange Strecke nach Heidelberg. Aber was wollte unser Teleskop in Heidelberg?

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Astroprojekte für Jugendliche

2 Foto-Collage zum Projekt R.A.M.O.T.S.

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Astroprojekte für Jugendliche

3 R.A.M.O.T.S. im Einsatz bei einer Regatta
(Quelle: Südkurier Benjamin Schmidt)

ten es waagerecht aus. Um den Aufbau zu beschleunigen, verwenden wir einen kräftigen Akkuschrauber anstelle der üblichen Handkurbel.

Als Gewinner des REIFF-Preises aus dem Vorjahr waren wir beim Haus der Astronomie eingeladen, um unser Projekt dort vorzustellen. Besondere Spannung herrschte bei der Vergabe der neuen REIFF-Preise. Als wir erneut den ersten Platz dieses Preises gewonnen hatten, war die Freude grenzenlos! Im vergangenen halben Jahr wurde das System fest auf einem neuen Anhänger montiert, mit einer Videofunkstrecke, autarker Stromversorgung und einem Kabelkanal ausgestattet. Nun hatten wir nur noch ein Problem bei Regen ...

Ein Anhänger mit Dach nach Bedarf - mobil, dicht und doch nicht da Durch die Montage auf einem Anhänger ist das Teleskop mobil einsetzbar, passt aber nicht mehr in die Garage. Dieser Aufbau bringt einige weitere Herausforderungen mit sich. Beispielsweise steht ein Teleskop auf einer Säule vielfach stabiler als auf einem gummibereiften Anhänger. Dieser Herausforderung sind wir mit einer Lösung aus dem Camper-Bereich begegnet. Auskurbelbare Stützen mit jeweils 650 kg Tragkraft heben das Teleskop an und rich-

Des Weiteren kann bei einer stationären Sternwarte ein Dach gebaut werden, welches sich zum Öffnen klappen oder schieben lässt. Leider stehen für Autoanhänger diese Lösungen nicht zur Verfügung, und eine Kuppel des benötigten Durchmessers hätte die zulässigen 2,5 m Fahrzeugbreite bei Weitem überschritten. Des Weiteren haben wir die Anforderungen, dass das Dach zuverlässig alles wasserdicht abdeckt, aber bei der Beobachtung sich vollständig aus dem Beobachtungsbereich wegbewegen lässt. Ein in Einzelteile zerlegbares Dach kam für uns aufgrund der hohen Aufbauzeit auch nicht in Frage.

4 Dachmechanik vom Transport-Anhänger ohne Abdeckplane
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Astroprojekte für Jugendliche

Zwei Schüler haben eine innovative Lösung für das Problem vorgeschlagen. Einzelne Stahlbügel in einer Schiene, welche sich zusammenschieben lassen. Dabei wird die Plane verschraubt und mit Gummiringen abgedichtet. Für die Stabilität beim Beschleunigen und Bremsen sind Diagonalstützen mit Bolzen und Splint verbaut. Zum Entfernen des Daches können die vorderen Schienenelemente mit den darin befindlichen Stahlbügeln um ein Gelenk abgekippt werden. Dadurch wird das gesamte Dach über die Deichsel abgelegt.
Technische Daten der Optiken Eine Tabelle mit optischen Daten des Ramots ist unter [1] zu finden, aber auch im nachfolgenden Beitrag in diesem Heft. Die vielen (Sucher-)Teleskope bieten uns die Möglichkeit, das System für verschiedene Aufgaben unterschiedlich auszustatten. So wird bei der Beobachtung von Regatten eine geringere Vergrößerung genutzt, dafür kann das System auch von wenig geübten Personen gefahren werden. Für die Satellitenfotografie hingegen werden eine möglichst hohe Brennweite sowie eine spezielle Astrokamera verwendet. Auch der Sekundärspiegel wird ausgebaut, um die bestmögliche Abbildungsleistung zu erreichen. Als besondere Relevanz ist hier eine mathematische Eigenschaft von Flächen hervorzuheben. Flächen verhalten sich quadratisch! Das bedeutet in unserem Fall, dass bei der Halbierung der Sensorbreite und Höhe nur noch ein Viertel der Fläche des Himmelsausschnitts sichtbar ist. Genauso kann bei zehnfacher Schärfe das Hundertfache an Details abgebildet werden. (Zehnmal so viele Details in der Breite und zehnmal so viele in der Höhe 10 x 10 = 100.)
Brennweite: Die Brennweite einer Optik beschreibt den Abstand zwischen Linse / (Primär-)Spiegel und Sensor, in dem ein Stern scharf abgebil-

5 Kurz nach der Ankunft in Ottobeuren wird R.A.M.O.T.S. ausgepackt. (Bild: Wolfgang Forth)

det wird. Je länger die Brennweite ist, umso höher ist die Vergrößerung der Optik.
Barlow-Linsen / Telekonverter: Mit diesen Linsen kann die Brennweite von Teleskopen mit einem Bauteil im Okularauszug verlängert werden. Hat man beispielsweise eine Barlow-Linse mit dem Faktor 2 verbaut, so wird die Brennweite verdoppelt.
Öffnung: Je größer der Durchmesser einer Optik ist, umso mehr Licht kann gesammelt werden. Verdoppelt man den Durchmesser, so ergibt sich das Vierfache an empfangener Lichtmenge.
Öffnungsverhältnis: Beschreibt das Verhältnis zwischen Öffnung und Brennweite. Das Öffnungsverhältnis berechnet sich durch: Öffnung / Brennweite und wird mit dem Quotienten d/f angegeben, also z. B. 1:12. Alternativ kann auch die Schreibweise f/12 genutzt werden, welche 1:12 bedeutet. Wird eine Barlow-Linse verwendet, so ist die Brennweite einschließlich Vergrößerungsfaktor zu verwenden.
Sensor / Sensorgröße: Beschreibt die Breite und Höhe des Kamerachips, auf dem das Bild abgebildet wird. Je größer der Kamerasensor ist, umso größer der erfasste Himmelsausschnitt bei gleicher Brennweite.

Vergleich zum menschlichen Auge: Je größer die Öffnung ist, umso schärfer kann eine Optik sehen. Dieser Faktor gibt an, um das Wievielfache schärfer das Bild im Verhältnis zum menschlichen Auge ist.
Himmelsausschnitt: Wird in Grad, Bogenminuten oder Bogensekunden angegeben und bezeichnet den Winkel in Breite und Höhe, der bei gegebenem Kamerasensor und Brennweite auf dem Sensor abgebildet wird.
Abstand für ganzes Bildfeld: Um die Vergrößerung zu veranschaulichen, haben wir noch den Abstand angegeben, in dem eine Person mit 1,8 m Körperhöhe stehend genau in das Bildfeld passt.
Ablauf eines ISS-Fotos mit der Jugendgruppe Bevor mit dem Ramots gearbeitet werden kann, muss das System aufgebaut werden. Dieser Vorgang braucht mit vier Personen etwa 30 Minuten. Dabei müssen viele Schritte in der richtigen Reihenfolge abgearbeitet werden: - Alle vier Wohnmobilstützen ausfahren,
so dass der Anhänger stabil und waagerecht steht - Öffnen der Plane vorne und hinten - Abziehen aller Bolzen und Splinte - Die Dachbügel in der Schiene nach vorne schieben - Die Folie oben im Dach über die Distanzhalter schieben, so dass die Folie beim Ablegen nicht beschädigt wird

Journal für Astronomie Nr. 84 | 17

Astroprojekte für Jugendliche

ist. Der Framebereich wird dann in Auto-

Stakkert!3 gestackt, i.d.R. ohne Drizzle.

Das gestackte Bild wird in Photoshop wei-

terbearbeitet. Dazu wird der Bildausschnitt

mit der ISS auf die zehnfache Pixelzahl in

6 Die erneuten Gewinner des REIFF-Förderpreises. In der Mitte steht Markus Kohler.

Höhe und Breite interpolatorisch gestreckt. Darauf folgt das Schärfen mit der Reduk-

tion von Gauß-Unschärfe und unscharfem

Maskieren. Den Abschluss bildet dann die

- Gemeinsam (2-4 Personen) das Dach ab- Einweisers die ISS an. Parallel startet ein Kontrastanpassung mittels Gradationskur-

kippen und ablegen

dritter Schüler die Aufnahme der Haupt- ve. Schon ist das Bild fertig und reif für die

- Auf der Rückseite alles aus dem Anhän- kamera und überwacht die Helligkeit der Veröffentlichung auf unseren Social-Me-

ger nehmen und die Stühle mit dem Joy- ISS. Ist die ISS zu hell oder zu dunkel, kann dia-Kanälen. Und damit gewann die Ju-

stick und Fotocontroller aufbauen

dieser Schüler parallel zur Aufnahme den gendgruppe ihre Wette mit dem Vorstand

- Den Spiegel einsetzen

Gain korrigieren. Ist die ISS in den Suchern um das beste ISS-Bild.

- Alle Spanngurte abnehmen und die So- gefunden, wird sie vom Steuermann zent-

larzellen ausklappen

riert, während alle anderen live auf den Mo- Blick in die Zukunft

- Den Spiegel und die Kamera ausrichten nitoren beim Tracken zusehen. Meist wird In den vergangenen Jahren war es uns zu

(das Hauptteleskop kollimieren)

dann schon gejubelt, wenn die ISS mit klar keinem Zeitpunkt langweilig, was sich auch

- Den Strom anschalten (entweder interne erkennbaren Modulen für ein paar Sekun- in Zukunft nicht ändern wird. In den kom-

oder externe Stromversorgung wählen) den auf den Monitoren zu sehen ist. Sollte menden Monaten und Jahren werden viele

die ISS sich in Zenitnähe schneller bewe- weitere Verbesserungen ihren Platz am Te-

Nachdem das Teleskop aufgebaut ist, müs- gen als das Teleskop sich drehen kann, so leskop finden. Von einer Morse-Taschen-

sen vor einem ISS-Überflug weitere Vor- läuft der Einweiser hinter das Teleskop und lampe über mechanische Upgrades bis hin

bereitungen getroffen werden. Durch das gibt erneut Bewegungsanweisungen an den zu einem standortunabhängigen Livestrea-

Aufsuchen eines Sterns oder eines weit Steuermann durch.

ming-System entwickeln die Jugendlichen

entfernten Objekts können die Alignment-

immer neue Ideen.

Kleber auf den Bildschirmen richtig gesetzt Nach der (meist) erfolgreichen Aufnahme

werden. Darauf folgt das Scharfstellen an wird das Teleskop wieder abgebaut. Entwe- Die wohl größte Verbesserung wird die

einem Stern mittels Bahtinov-Maske sowie der man arbeitet sich rückwärts durch die neue Firmware darstellen, mit der auch Au-

das Einstellen von Gain und Belichtungs- Aufbauliste oder das Teleskop wird nur in toguiding, das Nachfahren von Satelliten-

zeit für die Hauptkamera. Erfahrungsge- den Ruhezustand verfahren und das Dach bahnen, siderales Tracking und ein Schutz

mäß verwenden wir 2 ms bei 30% des maxi- darübergeklappt. Meist findet dann der Ab- vor dem ,,in die Sonne fahren" ermöglicht

mal möglichen Gainwertes oder 0,5 ms bei bau am nächsten Morgen statt.

wird.

60%.

In den kommenden Tagen wird das Video Sollte jemand einen Spiegel mit 2 m bis

Ist alles vorbereitet und die ISS naht, steigt dann ausgewertet und zu einem Bild pro- 2,5 m Durchmesser übrig haben, so könn-

die Spannung. Während des Überflugs zessiert. Dafür wird das Video zunächst ten wir uns auch vorstellen, einen LKW

müssen verschiedene Aufgaben übernom- durchgesehen, um einen Bereich von zu einer mobilen Großsternwarte mit

men werden. Zunächst beobachten alle 100-400 Frames zu finden, in dem die ISS Trackingfunktion umzubauen.

Schüler von verschiedenen Positionen aus möglichst groß und lang im Bild zu sehen

den Himmel in der Richtung, in der die ISS

aufgehen soll. Hat jemand den hellen Punkt

am Himmel gefunden, so wird das lautstark Internethinweis (Stand 28.08.2022):

kundgetan. Der Steuermann am Joystick [1] Tabelle mit optischen Daten des Ramots: https://docs.google.com/spreadsheets/

fährt dann mit Hilfe der Kommandos des

d/1lQ6QSvUctlxrWxB5wu3RqagkjXqlBZyPfpvQ2zXlbqE/edit#gid=0

18 | Journal für Astronomie Nr. 84

Astroprojekte für Jugendliche

Warum Sat-Tracking
- was ist das?
von Markus Kohler und Louis Schell

Satelliten-Tracking setzt sich aus zwei Worten zusammen. Satelliten sind Objekte, welche um andere Objekte kreisen. Der älteste bekannte Satellit ist der Mond. Tracking steht für das Nachführen oder ,,im Bild halten", also den Bewegungsablauf, um ein Objekt verfolgen. Beim Satelliten-Tracking geht es darum, einen erdnahen Satelliten nachzuführen und zu fotografieren. Mit hochwertigen Anlagen können auch die Bahnparameter und die Ausrichtung des Satelliten erfasst werden. Zudem können nicht registrierte Satelliten und Weltraumschrott erfasst und katalogisiert werden.

In diesem Artikel werden wir uns auf die Hintergründe zur Fotografie von Satelliten mittels schnell nachgeführter Teleskope beschränken.

Herausforderungen Satelliten bieten für Astronomen eine einzigartige Herausforderung. Sie sind sehr klein, meist relativ dunkel, bewegen sich schnell am Himmel und sind nur für kurze Zeit sichtbar.
Größe und Abstand der Satelliten Die kleinsten Satelliten messen nur wenige Zentimeter, der größte menschengemachte Satellit ist die ISS mit einer Spannweite von 109 Metern. Um nicht zu sehr von der Restatmosphäre ausgebremst zu werden, fliegen die Satelliten meist höher als 200 Kilometer.
Vergrößerung Um den Satelliten zu fotografieren, braucht man eine sehr hohe Vergrößerung / Brennweite. Eine hohe Brennweite bringt ein sehr kleines Bildfeld mit sich, so dass die Nachführung sehr genau funktionieren muss. Ebenso muss die Ausrichtung des Leitrohres sehr präzise sein.

richtung zu Beobachter und Sonne sowie seine Höhe über dem Horizont (Atmosphärendicke). Diese Parameter beeinflussen die Helligkeit, so dass es notwendig ist, während des Überflugs die Empfindlichkeit der Kamera zu korrigieren. Der GAIN sollte so eingestellt sein, dass das Bild nicht überbelichtet wird.
Belichtungszeit und Rauschen Wenn man ein Bild kürzer belichtet, hat man weniger Unschärfe durch Bewegung und Luftunruhe. Im Gegenzug wird dabei das Bild dunkler. Um das Bild wieder aufzuhellen, erhöht man die Empfindlichkeit des Chips. Dadurch wird jedoch das thermische Elektronenrauschen verstärkt. Das sorgt für erhöhtes Bildrauschen, in dem die Details untergehen können. Es gilt, den bestmöglichen Mittelweg zwischen kurzer Belichtungszeit und niedriger Empfindlichkeit zu finden (Abb. 1).

Licht in vielen Farben Das Seeing wirkt sich in verschiedenen Farben des Lichts unterschiedlich aus. Farbkameras verlieren durch das Bayer-Gitter etwas Licht, für Satelliten empfiehlt sich daher eine monochrome Kamera. Da das Seeing im Infraroten weniger starke Auswirkungen hat, kann man mittels Rotpassfilter nur dieses Licht betrachten. Das sorgt für weniger durch Seeing verunschärfte Bilder, reduziert aber die Objekt-Helligkeit und das teleskopische Auflösungsvermögen durch die größere Lichtwellenlänge.
Auflösungsvermögen der Optik Das Auflösungsvermögen eines Teleskops wird durch seinen Öffnungsdurchmesser limitiert. Je größer die Öffnung, umso schärfere Bilder können aufgenommen werden. Da größere Satelliten nur wenige Bogensekunden Winkelausdehnung haben, benötigt man sehr hochauflösende Optiken, um auch bei kleineren Satelliten Details sehen zu können. Vor allem bei großen Optiken ist das Auflösungsvermögen jedoch durch das Seeing begrenzt.
Pixel und Auflösungsvermögen Die Nyquist-Grenze gibt an, dass die Abtastfrequenz mindestens doppelt so hoch sein muss, wie die maximale Frequenz des originalen Signals. Für die Fotografie bedeutet das, dass die Kamera mindestens

Helligkeit Da Satelliten sehr klein sind, bieten Sie auch nur wenig Fläche, welche das Sonnenlicht reflektiert. Dadurch sind die meisten Satelliten eher dunkel (> 4 mag), so dass eine sehr lichtstarke und empfindliche Optik als Leitrohr benötigt wird, um auch bei kurzer Belichtungszeit die Satelliten eindeutig zu identifizieren. Als besondere Herausforderung verändert der Satellit während des Überflugs seinen Abstand und seine Aus-

1 Zusammenhang Empfindlichkeit - Schärfe

Journal für Astronomie Nr. 84 | 19

Astroprojekte für Jugendliche

2 Totpunkte der Montierungen (Colorbalance)

diese kann nicht überschritten werden. Dadurch gibt es nahe der fest ausgerichteten Achse (bei parallaktischer Montierung die Stundenachse; bei azimutaler Montierung die senkrechte Azimutachse) einen Bereich, in dem das Teleskop nur sehr langsam gedreht werden kann (Abb. 2).

doppelt so hoch auflösend sein muss wie die Optik, um die maximale Schärfe zu erreichen.
Rohdaten maximieren Das Seeing macht unsere Bilder kaputt. Und eine nicht ausreichende Präzision der Nachführung sorgt ebenso für Zeitfenster, in denen der Satellit nicht im Bild sichtbar ist. Daher gilt es, die Anzahl der Rohbilder zu maximieren. Für die Fotografie von Satelliten empfiehlt es sich, die Bittiefe zu reduzieren, um dafür die Framerate zu erhöhen. Des Weiteren können die Daten eines (kleineren) Sensors mit geringerer Auflösung schneller ausgelesen und verarbeitet werden. Aber auch die Nachführung muss umso präziser sein, um den Satelliten im Bildfeld halten zu können. Ein größerer Sensor reduziert die Framerate, sorgt aber für mehr ,,Treffer" bei nicht so präziser Nachführung. Folglich sollte der Sensor so groß gewählt werden, dass er bei entsprechender Nachführpräzision den Satelliten gerade so im Bild halten kann.

aus vielen Einzelframes verschiedener Perspektiven zu berechnen.
Winkelgeschwindigkeit, Totpunkte in der Nachführung, Montierungsart Es gibt verschiedene Winkelgeschwindigkeiten, welche bei der Nachführung eine Rolle spielen. Zunächst bewegt sich der Satellit über den Himmel. Zumeist führen wir über eine zweiachsige Montierung nach, wobei beide Achsen sich mit bestimmten Geschwindigkeiten bewegen müssen, so dass im Endeffekt das Teleskop die Winkelgeschwindigkeit und Richtung des Satelliten hat.
Dabei hat jede Montierung eine maximale Winkelgeschwindigkeit für jede Achse,

Bei azimutalen Montierungen befindet sich dieser Totpunkt im Zenit, bei parallaktischen Montierungen im Umfeld der Himmelspole. Je schneller die maximale Winkelgeschwindigkeit der Achsen ist, umso kleiner ist das kritische Umfeld um den Totpunkt. Daher sind azimutale Montierungen für die Nachführung halbhoher Satelliten besser geeignet und äquatoriale Montierungen eignen sich mehr für zenitnahe Überflüge.
Trackingverfahren Es gibt viele verschiedene Arten, den Satelliten nachzuführen. Einige der gängigen Verfahren sind hier beschrieben. Bei allen Verfahren wird angenommen, dass am Hauptteleskop eine Kamera montiert ist, welche ein Video aufzeichnet.

Rotation Durch die relative Bewegung zwischen Satellit und Beobachter sowie durch die Eigenrotation des Satelliten verändert dieser seine Ausrichtung im Bild. Das schränkt die Verwendbarkeit der Daten für das Stacking ein, da nur Aufnahmen aus einem Zeitfenster von wenigen Sekunden sinnvoll miteinander verrechnet werden können. Andererseits bietet die Rotation die Möglichkeit, dreidimensionale Modelle des Satelliten

3 ISS mit neuem Ramots

20 | Journal für Astronomie Nr. 84

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Manuelles Nachführen durch den Sucher Dabei blickt man durch den Sucher des Teleskops und versucht, den Satelliten in der Mitte zu halten. Dieses Verfahren ist besonders für den Einstieg mit einem Dobson-Teleskop zur Fotografie der ISS geeignet.

Manuelles Nachführen mittels Joystick Die Achsen des Teleskops sind motorisiert und werden mittels eines Joysticks und entsprechender Hardware (Steuerungseinheit, Motortreiber, ...) verfahren. Durch die Nutzung des Joysticks wird das Nachführen

4 Datenblatt Ramots
ruhiger und mit der differenziellen Nachführung (man siehe dazu auch den vorangehenden Beitrag in diesem Heft) kann die ISS auch bei hoher Brennweite relativ zuverlässig im Bild gehalten werden.

Journal für Astronomie Nr. 84 | 21

Astroprojekte für Jugendliche

Alignment, Positionsdaten und händische Korrektur Die bekanntesten Vertreter dieses Verfahrens sind die Montierungen von 10Micron. Diese Montierungen wissen, wo sie hinschauen (Alignment) und können die aktuellen Positionsdaten der Satelliten online abfragen. Dadurch kann die benötigte Blickrichtung berechnet und angefahren sowie verfolgt werden. Da die Ausrichtung aber meist nicht genau genug ist, muss man händisch nachkorrigieren, um den Satelliten in die Hauptkamera zu bekommen.
Optische Bildauswertung: Hellster Punkt Bei diesem Verfahren wird das Livebild des Leitrohrs an einen Computer übertragen. Der Computer sucht auf dem Bild nach dem hellsten Punkt (hellstes Pixel oder größte Ansammlung heller Pixel) und berechnet daraus einen Vektor zwischen Soll- und IstRichtung. Dieser Vektor kann mittels PIDRegler zu funktionalen Steuersignalen für die Montierung weiterverarbeitet werden.

Dieses Verfahren eignet sich für die ISS, da es wenig Rechenaufwand braucht und die ISS heller ist als alle anderen Sterne am Himmel. Bei dunkleren Satelliten ist die Autoverfolgung allerdings schwierig, da der Algorithmus hängen bleibt, sobald ein hellerer Stern durch das Bild huscht.
Optische Bildauswertung: Bewegter Punkt Dieses Verfahren ist das wohl beste optische Verfahren, um Satelliten nachzuführen. Allerdings wird dabei ein lichtstarker Sucher benötigt. Wie auch beim ,,Hellster Punkt"-Verfahren wird das Livevideo des Leitrohrs an einen Computer übertragen. Der Computer sucht nun alle Sterne (hellen Lichtpunkte) im Bild und katalogisiert diese. Daraufhin wird diese Auswahl mit dem Katalog des vorhergegangenen Bildes verglichen. Jeder Stern wird dem nächststehenden Stern zugeordnet. Daraus ergibt sich eine Liste an Vektoren. Der Durchschnitt dieser Liste gibt die aktuelle Bewegung an. Nun vergleicht man alle einzelnen

Vektoren mit dem Durchschnitt aller Vektoren. Der Vektor mit der größten Abweichung ist der Satellit, da er sich relativ zum Sternenhintergrund bewegt.
Um das Verfahren zu verbessern, kann man die Gewichtung der Vektoren in der Randregion verkleinern und im Sternkatalog auch den letzten Satelliten markieren. Zusätzlich kann man sich die Satellitenvektoren merken und so den Satelliten besonders schnell zuordnen und noch besser vom Sternenhintergrund trennen. Dieses Verfahren funktioniert besonders gut, wenn man viele Sterne und wenig Bildrauschen hat.
Kombinierte Verfahren Um das Satelliten-Tracking weiter zu verbessern, kann man die Verfahren kombinieren. Im Idealfall fährt man per Sensoren und Alignment die Position grob an, findet den Satelliten dann im Sucherbild und kann diesen dann mittels ,,Bewegter Punkt"-Verfahren nachführen.

Impression

M 78 und Barnard´s Loop

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Im Bergischen Land belichtete Frank Breslawski im Zeitraum 10.-14.02.2021 dieses wunderschöne Motiv 546 x 120 s (18 h 12 min) mit einem Takahashi Epsilon130D und einer ZWO ASI294MC Pro ohne Binning bei -10 Grad C. Filter: Baader UV/IR Cut, Bildbearbeitung in PixInsight.

Astroprojekte für Jugendliche

Jugend forscht: Synchrone Radio- und Videobeobachtungen von Perseiden-Meteoren
von Linus Sorg und Till Eissler

Meteore - besser bekannt als Sternschnuppen - haben die Menschen schon immer fasziniert. Als Leuchterscheinungen sind sie auch mit dem bloßen Auge zu beobachten, während der Dauer bestimmter Meteorströme sogar in großer Zahl. Doch abgesehen von der visuellen Beobachtung mit dem Auge oder einer Kamera kann man von ihnen auch Radiosignale empfangen. Dies ist durch die Ionisationsspur möglich, die beim Eintritt des Meteoroids in die Atmosphäre entsteht und die Radiosignale eines irdischen Senders so reflektieren kann, dass sie auch über den Horizont hinaus übertragen werden können (Abb. 1).
An dieser Stelle setzt unser Forschungsprojekt an: Die Meteore werden sowohl mit einer Kamera als auch mit einer Richtantenne synchronisiert aufgezeichnet und die Daten anschließend auf einen zeitlichen Zusammenhang untersucht. Für die Auswertung der Videos wurde zusätzlich eine eigene Software entwickelt, die mithilfe einer ,,Künstlichen Intelligenz" die Meteore automatisiert erkennen kann. Das erspart extrem viele Arbeitsstunden, da die Videos nicht zeitaufwändig durch einen Menschen ausgewertet werden müssen.

oder ähnliches an die Kamera angeschlossen war. Bei der nachfolgenden Recherche kam dann heraus, dass Meteore, wie vorher beschrieben, Radiosignale reflektieren können. Konkret könnte das Kabel zum Mikrofon in der Kamera als Antenne gedient und das Signal empfangen haben.
Technik und Methoden Die Perseiden sind ein Meteorstrom, der hauptsächlich im August auftritt. Deshalb wurden die Video- und Radiodaten vom 10.-15. August 2021 auf dem Gelände des Observatoriums Hoher List in der Vulkan

1 Das Radiosignal ei-
nes Senders wird an der Ionisationsspur eines Meteors reflektiert, so dass es auch von einem Empfänger registriert werden kann, der sonst wegen der Erdkrümmung das Signal nicht empfangen könnte. (Grafik: Linus Sorg)
eifel aufgenommen. Dort fand in diesem Jahr das jährliche Meteorcamp des Sternenparks Schwäbische Alb statt.
Zum Aufnehmen der Videos wurde eine SONY Alpha 7s II mit 24-mm-Weitwinkelobjektiv bei Blende 1,4 verwendet, um auch schwächere Meteore aufzuzeichnen. Die Radiodaten wurden mit Yagi-Uda-Richtantennen aufgezeichnet, deren Frequenz jeweils auf einen irdischen Sender abgestimmt war (Abb. 2). Ursprünglich war es geplant, den belgischen Meteor-Sender BRAMS auf 49,97 MHz zu verwenden, des-

Das Projekt ist unsere dritte Teilnahme beim Wettbewerb ,,Jugend forscht". Dabei treten wir in der Sparte Geo- und Raumwissenschaften an. In der Wettbewerbsrunde 2022 haben wir beim Regionalwettbewerb den 1. Platz und beim folgenden Landeswettbewerb Baden-Württemberg den 3. Platz belegt.

Die ursprüngliche Projektidee kam vor drei Jahren auf, als wir uns Videoaufnahmen der Perseiden-Meteore angeschaut haben, die auf dem Schachen in der Nähe von Münsingen aufgenommen wurden. Bei einem der Meteore war gleichzeitig ein hochfrequenter Ton zu hören, obwohl keine Antenne

2 Beobachtungs-Aufbau mit SONY 7S II und Yagi-Uda-Richtantenne (Bild: Till Credner)

Journal für Astronomie Nr. 84 | 23

Astroprojekte für Jugendliche

3 Die Antenne auf einem 6-Meter-Holzstativ
(Bild: Antonio Schmusch)

halb wurde eine Yagi-Antenne gebaut, die auf dessen Wellenlänge von etwa 6 Metern empfangen kann. Allerdings konnten mit dieser Antenne keine Daten aufgezeichnet werden und es wurde stattdessen die YagiAntenne aus dem Vorjahr verwendet, die den französischen Militär-Radarsender GRAVES auf 143,05 MHz empfangen kann. Die Antenne wurde auf ein ca. 6 Meter hohes Holz-Stativ montiert, um Störsignale vom Boden zu minimieren (Abb. 3).

Die Antenne ist über einen SDR-Empfänger mit einem Laptop verbunden, auf dem die Radiodaten mithilfe der Software HDSDR aufgezeichnet werden. Der SDR-Empfänger wandelt die hohe Frequenz zu einer kleineren Frequenz um und verstärkt das Signal.
Zur späteren Untersuchung des zeitlichen Zusammenhangs ist eine möglichst präzise Synchronisation essenziell. Deshalb haben wir ein Signal erzeugt, dessen zeitlichen Ursprung man sowohl in den Video- als auch in den Radiodaten genau ausmachen kann. Nach einigen Versuchen erwies sich dazu ein Labornetzteil als geeignet, da es beim Ausschalten ein extrem kurzes Störsignal im Radiobereich erzeugt. Zusätzlich lässt sich über eine Lampe am Netzteil auch im Video genau feststellen, wann das Netzteil ausgeschaltet wurde. Dadurch können bei der Auswertung Video- und Radiodaten auf ca. 1/25 s genau synchronisiert werden.

Videoauswertung Für die Auswertung der Videos wurde eine eigene Software namens ,,VAMOS+" entwickelt: Video-Assisted Meteor Observation System. Sie kann die Meteore in den Einzelbildern eines Videos erkennen und deren Daten - wie z. B. Beginn, Dauer, Ende, Position im Bildfeld und Größe im Bildfeld - erfassen. Die Erkennung wird durch eine ebenfalls eigens entwickelte Künstliche Intelligenz ermöglicht, die auf einen Datensatz von 2.000 Bildern von Meteoren trainiert wurde und so auf neuen, ihr noch unbekannten Bildern auch erkennen kann, ob es Meteore gibt oder nicht.
Die KI ist so in der Lage, Videos zu analysieren, indem sie jedes Einzelbild auf Meteore untersucht. Verwendet man einen aktuellen PC-Prozessor, sind etwa 8 Bilder pro Sekunde möglich, mit einer typischen Grafikkarte sogar ca. 20.

4 Nach der Analyse können die Ergebnisse jederzeit wieder angezeigt werden (Grafik: Linus Sorg)
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Astroprojekte für Jugendliche

5 Verlauf der Zahl der Videometeore pro
Stunde vom 12.-15.08.2021 (Grafik: Linus Sorg)

Nach der Analyse kann man eine ,,.vamos"Datei speichern, die alle erfassten Daten enthält und die man später jederzeit wieder in VAMOS+ öffnen kann (Abb. 4). Es empfiehlt sich, die Meteorerkennungen manuell zu überprüfen und Fehlerkennungen zu löschen. Dies ist auch sehr einfach beim Öffnen der ,,.vamos"-Datei möglich. Falls gewünscht, kann man die Ergebnisse auch als Tabelle abspeichern, um sie z. B. in Excel zu öffnen.

Radioauswertung Zu jedem gefundenen Videometeor sucht man dann nach gleichzeitig auftretenden Radiosignalen. Dazu spielt man die Aufnahmen im Programm HDSDR ab und sucht in einem 10-Sekunden-Intervall von fünf Sekunden vor bis fünf Sekunden nach dem Videometeor nach einem Signal.

6 Zeitstrahl-Montage zur Visualisierung des zeitlichen Zusammenhangs.
Aufnahmedatum oben: 12.08.2022, unten 13.08.2022 (Grafik: Linus Sorg)

Ergebnisse In den 17 Stunden Videoaufnahmen hat VAMOS+ insgesamt 268 Meteore gefunden, das entspricht 15,6 Meteoren pro Stunde. In der Abbildung 5 kann man den Verlauf über die drei Beobachtungsnächte erkennen.
Die von uns berechnete Zahl der Videometeore pro Stunde lässt sich allerdings nicht mit der ZHR (Zenithal Hourly Rate) vergleichen, da wir ja nicht den ganzen Himmel erfassen. Zu diesen Videometeoren haben wir insgesamt 22 Radiosignale

7 Verschiedene Radiosignal-Typen (Tabelle: Linus Sorg)

gefunden, die im jeweiligen 10-SekundenIntervall um das Videosignal auftraten, was einen Prozentsatz von 8,2% ergibt.

Dank der präzisen Synchronisation ist es möglich, Video- und Radiodaten auch zeitlich aussagekräftig gegenüberzustellen. Dazu haben wir Zeitstrahl-Montagen erstellt,

Journal für Astronomie Nr. 84 | 25

Astroprojekte für Jugendliche

8 Spektrogramm eines Meteors mit
sichtbarer Frequenzverschiebung (Grafik: Linus Sorg)

die Kamera sichtbar ist - was eine etwaige Zeitverschiebung beider Signale oder auch ein Radiosignal mit längerer Dauer als der Videometeor erklären könnte.

die oben den Videometeor und unten das Spektrogramm des Radiosignals zeigen (Abb. 6). Das Bild des Videometeors besteht aus mehreren Einzelbildern aus dem Video, die mittels Stacking zu einem kombiniert werden, so dass der gesamte Meteor auf einmal zu sehen ist.
Wir konnten außerdem drei verschiedene Radiosignal-Typen mit fest definierten Merkmalen feststellen, denen man alle gefundenen Radiosignale zuordnen kann (Abb. 7).
Bei 4 der 22 Radiosignale ist außerdem noch eine Frequenzverschiebung zu sehen (Abb. 8). In diesem Spektrogramm kann man innerhalb von 0,1 s eine Frequenzverschiebung um 238 Hz sehen. Das kann man sich mit dem Doppler-Effekt erklären, der immer auftritt, wenn ein sich bewegendes Objekt Wellen aussendet. Wenn man die Frequenzverschiebung als Abbremsung interpretiert, lässt sich auch berechnen, wie viel Radialgeschwindigkeit (Komponente senkrecht zur Erdoberfläche) der Meteor innerhalb dieser 0,1 s durch die Abbremsung in der Atmosphäre verloren hat:
Das heißt also, der Meteor hat innerhalb von 0,1 s bis zu 0,5 km/s an Radialgeschwindigkeit verloren, was einer Beschleunigung von -5 km/s2 entspricht.
Erkenntnisse Für uns stellt sich zuallererst die Frage, warum nur bei einem kleinen Anteil von 8%

der Videometeore ein begleitendes Radiosignal gefunden werden konnte. Da ein Radiosignal an der Ionisationsspur eines Meteors reflektiert wird, gibt es nur wenige Ausrichtungen der Ionisationsspur im Raum, bei der das Signal auch in Richtung der Yagi-Antenne reflektiert werden kann [1]. Es ist also nur bei einem kleinen Teil der beobachteten Videometeore ein begleitendes Radiosignal zu erwarten. Auch der Sender GRAVES, dessen bewegliche Sendekeule nur in ca. 30% der Zeit in eine bestimmte Richtung sendet, trägt dazu bei, dass nur wenige der Videometeore ein begleitendes Radiosignal haben [2].
Als Ursachen für die drei Typen von Radiosignalen lassen sich mehrere Gründe annehmen. Zum einen ist vermutlich der Sender dafür verantwortlich, dass es mehrere Pulse in regelmäßigem Abstand gibt. GRAVES wird zur Bahnbestimmung von künstlichen Erdsatelliten verwendet und arbeitet deshalb eventuell nicht mit einer konstanten Signalstärke.
Zum anderen kann die Zeit variieren, in der die Antenne ein Radiosignal empfangen kann, welches von der Ionisationsspur eines Meteors reflektiert wurde. Dies hat den Grund, dass sich auch während des Auftretens der Ionisationsspur die Polarisationsebene so verändern kann, dass das Signal von der Antenne nicht mehr zu empfangen ist - Signale können dadurch auch nur sehr kurz andauern. Auch kann die Ionisationsspur vermutlich länger ein Radiosignal reflektieren, als der Videometeor für

Ausblick Das langfristige Ziel unseres Projekts wäre die Automatisierung von sowohl Aufzeichnung als auch Auswertung der Video- und Radiodaten. So könnten deutlich mehr Daten gesammelt werden, um die bisherigen Untersuchungen zu überprüfen.
Es ist auch geplant, das Neuronale Netz zur Erkennung von Meteoren weiter zu optimieren, so dass mehr Meteore gefunden werden können, aber z. B. auch eine Auswertung von AllSky-Fotos möglich wird.
Schlusswort Wer sich weiter für das Projekt interessiert, kann sich gerne auch unsere Website auf https://jugend-forscht.linus-sorg.com/ ansehen. Dort kann man sich auch die ausführliche schriftliche Ausarbeitung herunterladen.
Bedanken möchten wir uns ganz herzlich bei unserem Projektbetreuer Till Credner (Astro-AG am Progymnasium Rosenfeld) und bei der Sparkasse Zollernalb und der Firma Blickle für die finanzielle Unterstützung.
Literatur- und Internethinweise (Stand: 30.06.2022): [1] J. Rendtel und R. Arlt, 2009: ,,Hand-
book for Meteor Observers", International Meteor Organization, S. 97-98, Potsdam [2] L. Sorg und T. Eissler, 2021: ,,Meteore - Video- und Radiobeobachtungen von Meteorströmen", Jugend forscht 2021; https://jugend-forscht. linus-sorg.com/files/SchriftlicheArbeit-2021.pdf, S. 16

26 | Journal für Astronomie Nr. 84

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Astroprojekte für Jugendliche

Die Phase des Mondes und Phasen auf der Erde
von Till Credner

Im Physikunterricht Baden-Württembergs werden die Mondphasen meist im Rahmen der Optik in Klasse 7 kurz angerissen. Der klassische Versuch ist in einem abgedunkelten Raum mit zentraler Lichtquelle (Sonne) und jemand läuft mit einer Kugel (Mond) um die Schülergruppe (Erde). Das bringt gewisse Probleme mit sich. Von sich aus entdecken die Schüler die Mondphasen auf der Kugel meist nicht. Es gibt so viel Streulicht im Raum, dass man immer die ganze Kugel sieht. Zudem ist die sichtbare Phase für die Schüler sehr unterschiedlich, je nach Schülerposition. Und die Zuordnung von Sonne, Erde und Mond sorgt leicht für Verwirrung. Und wer muss da wie um wen laufen eröffnet wieder eine ganz andere Baustelle.

Bei Tage kann man das Ganze noch schön in natura verdeutlichen, allerdings nur für die gerade sichtbare Mondphase. Hier können wir unseren Modellmond direkt mit dem echten Mond vergleichen und dabei auch noch die Sonne als Originallichtquelle benutzen. Ein abnehmender Mond ist in klaren Vormittagsstunden sichtbar. Bereits dies ist für manche schon überraschend, da sie den Mond nur aus der Nacht kennen. Und wohin zeigt die beleuchtete Seite des Mondes? Hier kann man direkt mit anderen Schatten werfenden Gegenständen vergleichen, so wie im Foto der Felsengruppe mit Mond über der Schwäbischen Alb (Abb. 1). Es fällt auf, dass die Beleuchtungsrichtung die gleiche ist. Die Phase des Mondes stimmt mit der ,,Phase" des Felsens auf dem Bild nahezu überein, auch wenn eine Phasengestalt am Felsen schwer erkennbar ist. Das Licht kommt also aus derselben Richtung.
So banal das auch klingen mag, aber so schwierig ist es für die meisten, daraus die einfachen Schlüsse zu ziehen: Der Mond leuchtet nicht selbst, sondern wird von der

1 Der Mond über Felsen im Donntal, Schwäbische Alb, 10.05.2008.

Sonne beleuchtet, und der Mond hat offensichtlich eine Kugelgestalt.
Speziell die Entstehung der Mondphase wird deutlicher, wenn man Kugeln in das Sonnenlicht hält und Mond und Kugeln aus der gleichen Richtung betrachtet werden. An einem Morgen im Oktober 2008 hatte ich das Experiment spontan durchgeführt, nachdem ich den Mond über einer Feuertreppe der Schule entdeckt hatte. Bälle, Brötchen und Styroporkugeln wurden von

einigen Schülern hochgehalten. Ich positionierte mich mit Kamera und Rest der Gruppe so, dass wir Mond und Gegenstände in ähnlicher Richtung sahen. Der Vergleich der Styroporkugel mit dem Mond ist verblüffend (Abb. 2). Spätestens bei diesem Anblick sollte die Entstehung der Mondphase eigentlich klar sein. Den zusätzlichen Vergleich mit der beleuchteten Scheibe konnte ich mir nicht verkneifen, manchmal ist es eben gut, über den Tellerrand hinauszuschauen.

28 | Journal für Astronomie Nr. 84

2 Die Phasengestalt verschiedener Gegenstände im Vergleich zum echten Mond
am Progymnasium Rosenfeld im Zollernalbkreis, 20.10.2008. Kamera: f = 135 mm, Nikon D200. Die Blende wurde weit geschlossen, um Mond und nahe Schüler scharf abzubilden. Es wurde ein Teleobjektiv benutzt, damit der Mond größer erscheint und zudem Mond und Gegenstände näherungsweise den gleichen Phasenwinkel zeigen.
Aber es lässt sich noch mehr daraus folgern. Die Entfernung Erde-Mond muss sehr klein sein gegenüber der Entfernung Erde-Sonne! Wäre der Mond weiter von uns entfernt, so wäre seine Phase auf dem Foto größer im Vergleich zu den Gegenständen. Setzen wir den Mond gedanklich ins Unendliche, die Sonne aber nicht, so müsste seine Phase immer voll sein. Rechnerisch kann man aus den bekannten Abständen den Unterschied im Phasenwinkel von Erde und Mond bestimmen:
Distanz(Erde-Mond)/Distanz(Erde-Sonne) = 384.000 km/150.000.000 km = 0,00256 = 0,15 Grad
Dieser kleine Unterschied ist für uns nicht beobachtbar. Da ist der Unterschied des Phasenwinkels aufgrund unserer unterschiedlichen Blickrichtungen zum Mond und den Gegenständen im Foto schon deutlich größer. Wir lernen also nicht nur etwas über Form und Beleuchtung des Mondes, sondern auch etwas über die Abstände im Sonnensystem. Die übliche gedankliche Hürde ist die Übertragbarkeit von einfachen physikalischen Beobachtungen auf der Erde in den Weltraum. Und dies gelingt wunderbar mit diesem Experiment.
Übrigens, welcher hochgehaltene Gegenstand passt am besten zum Mond? Vergleicht man die Form, so ist es wohl ein runder Ball. Geht es mehr um Farbe und Reflexionsvermögen, so passt etwas besser der Gegenstand auf dem Stock rechts vom Bildzentrum. Nun ..., das ist ein Mozzarella.

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Journal für Astronomie Nr. 84 | 29

Astroprojekte für Jugendliche

Das Kepler Teleskoptreffen (KTT)
- ein Treffen, das Jugend und Astronomie zusammenbringt
von Norbert Steinkellner

,,Können wir nicht auch im Frühling nochmal auf die Alm zu einem Teleskoptreffen?" So schallte es mir im Winter 2018 in meinem Astronomiekurs am Bundesrealgymnasium (BRG) Kepler in Graz entgegen. Wie jetzt, was machen Schüler:innen auf einem Teleskoptreffen? Haben die alle ein Fernrohr? Natürlich nicht.

Die Sache begann dort, wo Teleskoptreffen in Mitteleuropa überhaupt begonnen haben: in Kärnten auf der Emberger Alm beim ITT. Ich hatte dort für das Treffen 2014 bei den Veranstaltern vorgefühlt, ob sie sich vorstellen könnten, einer kleinen Gruppe interessierter Schülerinnen und Schüler zu erlauben, sich unter die Astronom:innen zu mischen, das Equipment zu bewundern, die Vorträge zu besuchen und nächtens mitzubeobachten. Ein paar Dobsons aus meinem privaten Equipmentpark und den kleinen Schulrefraktor (ein Achromat 120 mm/1.000 mm) hätten wir zur ,,Selbstversorgung" mit dabei.

1 Gruppenfoto vor unserem Quartier beim ITT 2021

Und zu meiner Freude waren alle Seiten positiv angetan! Meine Schüler:innen waren begeistert, und die Teilnehmer des ITT waren sehr gerne bereit, den Jugendlichen was zu zeigen. Mittlerweile gehört der jährliche Besuch beim ITT nicht nur fix zum Schulleben, sondern wir sind auch ein selbstverständlicher Bestandteil des Treffens auf der Emberger Alm geworden, und wir bereichern jährlich mit 30 bis 40 Jugendlichen diese Star Party.

2 Dobsons von 5 bis 12 Zoll Öffnung standen beim 3. KTT für das visuelle Beobachten
bereit - diese wurden von allen Geräten am liebsten von den Schüler:innen genutzt.

Und irgendwann war meinen Astroschüler:innen das eine Treffen im Herbst nicht mehr genug. Ich suchte fieberhaft nach einem für uns gut erreichbaren Frühlingstreffen und konnte nichts finden. Na gut, dann machen wir es einfach selbst - und kreieren einen neuen Typus von Teleskoptreffen, einen, der von vornherein auf Kinder und Jugendliche ausgerichtet ist: Amateurastronom:innen der Vereine in der Steiermark, Kärnten, Wien, Niederösterreich und Oberösterreich wurden eingeladen, im Sinne der Jugend- und Nachwuchsarbeit aktiv zu werden und den angereisten Kindern und Jugendlichen zu zeigen, wie großartig Astronomie sein kann. Die Idee zum KTT war geboren, und

3 Rafael Benner in Aktion an unserem Schulfernrohr; sein 30er-Dob hat uns
unvergessliche Ausblicke erlaubt.

30 | Journal für Astronomie Nr. 84

mit der Pretulalpe in Ratten (Steiermark) war bald ein guter Platz gefunden: 1.580 m Seehöhe, dunkler Standort, bewirtschaftete Hütte, gute Zufahrtsmöglichkeiten und Beobachtungsplätze, grandiose Horizontsicht.
Von 14. bis 17. Juni 2018 (ja, Juni!) fand schließlich das erste KTT statt, mit 21 Schüler:innen aus drei verschiedenen Schulen und einem besonderen Gast: Rafael Benner aus Kiel mit seinem 30-ZollEigenbaudobson hat sich 1.100 km weit auf die Reise gemacht, um die Geburt dieses Treffens zu unterstützen.
Mittlerweile hat heuer (nach zwei Jahren coronabedingter Pause) im Mai das 3. KTT stattgefunden, mit 32 Schüler:innen aus drei verschiedenen Schulen und unter Beteiligung von Astronomen des Steirischen Astronomenvereins, der Wiener Arbeitsgemeinschaft Astronomie und der ungarischen VEGA. Die Jugendlichen haben den beachtlichen Teleskoppark bestaunt, Galaxien beobachtet, Sternfelder fotografiert und nicht zuletzt den schieren Anblick des prächtigen Sternenhimmels fernab künstlicher Lichtquellen ins Herz geschlossen.
Für alle, die gerne an der astronomischen Förderung unserer Jugend teilhaben wollen: Behaltet die Astroforen im Blick und wir sehen uns beim KTT 2023!
4 - 6 Von oben nach unten: ITT 2017, 01:30 Uhr
nachts, 1.800 m Seehöhe, -2 Grad C: Zum Beobachten wird es uns zu kalt, zum Unsinntreiben nicht. Wir lassen zwei 20-Zoll-Dobsons via Rotlichtlampen Feuer speien und posieren dazu.
Ein Schüler hat wunderbar die Szenerie am Beobachtungsfeld in Trahütten eingefangen (Bild: Stefan Woschitz, Nikon D5600, f = 18 mm, 30 s belichtet bei ISO 4000; Montierung Omegon Minitrack LX3)
Markarian`s Chain im Virgo Cluster, fotografiert beim 2. KTT von Christopher Teppan. Didaktisch wertvoll: die schauerlichen Satellitenbahnen, die das Bild zerschneiden.


Astroprojekte für Jugendliche

TUTY - The Universe to Youth
von Norbert Steinkellner

The Universe to Youth ist ein ,,Erasmus+"-Projekt unter Federführung von Dr. Szilard Csizmadia, Astronom in Berlin beim DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) und Präsident des Amateurastronomenvereins VEGA in Ungarn.

Das BRG Kepler ist der österreichische Projektpartner dieses transnationalen Projektes, an dem weiters auch der rumänische Amateurastronomenverein HAAT (Hungarian Astronomical Association Transylvania) beteiligt ist.

Ziel dieses auf zwei Jahre anberaumten Projekts (1.3. 2022 bis 29.2. 2024) ist die Popularisierung und Zugänglichmachung von Astronomie und Himmelsbeobachtung für Jugendliche und junge Erwachsene. Im Rahmen dieses Projektes finden vier astronomische Veranstaltungen mit Diskussionen, Vorträgen und nächtlicher Himmelsbeobachtung und -fotografie statt, zwei davon im Jahr 2022 in Österreich. Zwei weitere wird es im Jahr 2023 im von der International Dark Sky Association (IDA) zertifizierten Zselic Starry Sky Park in Ungarn geben.
Vom 26. bis 29. Mai 2022 fand in Trahütten die Kickoff-Veranstaltung zu diesem Projekt statt - das BRG Kepler war mit Norbert Steinkellner, Bernd Lackner, Felix Pfragner (2b), Stefan Woschitz (7c) und dem Absolventen Armin Pfeiffer vertreten.

1 Das offizielle Plakat der Startveranstaltung in Trahütten
auf der Koralm

rauf, Teil dieses

ir sind stolz da

u sein!

z

Wgroßartigen Projektes

2 Vorträge, wie hier der des Astrofotografen Robert Pölzl,
in rustikaler Umgebung
32 | Journal für Astronomie Nr. 84

3 Die ,,Abordnung" des BRG Kepler, von rechts nach links: Norbert
Steinkellner, Bernd Lackner, Stefan Woschitz - und hinter ihm noch unser Absolvent Armin Pfeiffer

4 Gruppenfoto des internationalen Teams
vor dem Hotel Koralpenblick
5 Das Logomotiv des Projekts
entstand aus einem Foto auf unserem Schulhof
01-2023 VdS Magazin.qxp_Layout 1 15.11.22 13:09 Seite 1
FÜR EUCH.
Vor über drei Jahren haben wir ein neues Magazin speziell für die Amateurastronomie ins Leben gerufen. Achtmal im Jahr erscheint eine Ausgabe mit jeweils 100 Seiten voller spannender Artikel über visuelles Beobachten, Astrofotografie und Nightscape. Wir testen Equipment, teilen praktische Erfahrungen, vermitteln Hintergrundwissen und berichten aus der Astroszene. Zudem gibt es in jeder Ausgabe ausführliche Tipps zu Deep-Sky-Beobachtungen und Beiträge zu den Objekten unseres Sonnensystems.
Das Magazin ist im Zeitschriftenhandel erhältlich oder im Abonnement direkt vom Verlag. Das Einzelheft kostet 9,80 und das Jahresabo mit acht Heften inkl. der Versandkosten 69,80 . Mehr über den Inhalt des aktuellen Hefts, Abonnements und Einzelheftbestellungen unter
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Auf der Suche nach Außerirdischen
von Reiner Guse

Im Rahmen einer Städtepartnerschaft besuchten Schülerinnen und Schüler der achten Klassen einer Partnerschule die Achtklässler des Ratsgymnasiums in Peine, um an einem eintägigen Projekt teilzunehmen. Aufgrund eines zu geringen Angebotes an Projekten wurde ich als Leiter der Astronomie-AG am Ratsgymnasium gebeten, ein astronomisches Thema anzubieten. Dabei musste ich von folgenden Bedingungen und Anforderungen ausgehen: - Für das Projekt stand ein Tag mit zwei
Zeitstunden am Vormittag und zwei weiteren Zeitstunden am Nachmittag zur Verfügung. - Bei der Durchführung sollten die Achtklässler aus den beiden Schulen in Gruppenarbeit mit möglichst viel eigenständiger Tätigkeit etwas erarbeiten, zu einem Ergebnis kommen und dieses am Ende präsentieren. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Ergebnisse auch ohne größeren mathematischen Aufwand erzielt werden können; ideal wären verschiedene Lösungswege mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. - Das Thema sollte ansprechend und motivierend sein, wobei keinerlei Informationen über Vorkenntnisse bezüglich der Astronomie eingeholt werden konnten und auch die erwartete Teilnehmerzahl nicht vorhersehbar war, da die Schülerinnen und Schüler die Projekte auswählen konnten.
Nachdem ich alle möglichen Themen durchdacht hatte, bin ich schließlich bei den Exoplaneten gelandet. Als Aufgabenstellung sollte mit den Daten eines Exoplaneten ermittelt werden, ob auf diesem intelligentes Leben wie auf der Erde möglich wäre. Als Titel habe ich dann ,,Auf der Suche nach Außerirdischen" gewählt. Der Exoplanet sollte real existieren und möglichst einen Stern umkreisen, der in etwa unserer Sonne entspricht; außerdem müss-

1 Venustransit am 06.06.2012 um 05:25 Uhr; Aufnahme mit Refraktor Borg ED 101 in Peine

te der Durchgang möglichst in der Mitte des Sterns bei einer Inklination von 90 Grad erfolgen. Bei Kepler 302c ist das der Fall und Kepler 302 ist auch mit 1,02-facher Sonnenmasse und 1,2-fachem Sonnenradius bei einer Oberflächentemperatur von 5740 K unserer Sonne sehr ähnlich. Für den Ablauf hatte ich zwei Teile vorgesehen: - Teil 1:
Welche Eigenschaften muss ein Planet haben, damit es intelligentes Leben wie auf der Erde geben kann? - Teil 2: Welche Eigenschaften hat der gewählte Exoplanet, und wäre intelligentes Leben auf ihm möglich?
Für die Durchführung hatte ich Fotos und Animationsprogramme für den Einsatz eines Beamers ausgewählt und Informationsblätter und Aufgabenblätter für jeden Teilnehmer vorbereitet.

Projektdurchführung Nachdem im Vortragsraum der Sternwarte des Ratsgymnasiums alles vorbereitet war, erwartete ich gespannt die Schülerinnen und Schüler, die sich für mein Projekt entschieden hatten. Mit 32 Teilnehmern hatte ich dann die größte Projektgruppe, was einerseits erfreulich war, andererseits jedoch noch zusätzliche Plätze im Vortragsraum erforderlich machte. Schließlich wurden acht Arbeitsgruppen mit je vier Schülerinnen und Schülern gebildet.
Teil 1: Unser Sonnensystem Auf diesen Teil, der Voraussetzung für Teil 2 war, möchte ich hier nur kurz eingehen. In einer Informationsphase mit Schülerbeteiligung wurde unser Sonnensystem mit den acht Planeten vorgestellt. Anschließend erhielten die Achtklässler in einer Erarbeitungsphase die Aufgabe, die Bedingungen für intelligentes Leben wie auf der Erde zu

34 | Journal für Astronomie Nr. 84

Astroprojekte für Jugendliche

2 Daten von Kepler-302 [1] und Lichtkurve [2]

3 Rechnerische Lösung zur Bestimmung
des Planetendurchmessers
erarbeiten. Nach einer Zusammenfassung der Ergebnisse wurde an alle Teilnehmer ein Informationsblatt ausgegeben mit allen für die weitere Arbeit erforderlichen Daten unseres Planetensystems wie Planetengröße, Abstände von der Sonne in AE, Temperaturen und Umlaufzeiten.
Teil 2: Eigenschaften des Exoplaneten Kepler 302c Nachdem zunächst die Probleme beim Aufsuchen von Exoplaneten u. a. aufgrund der Nähe zu ihrem wesentlich helleren Stern erörtert wurden, stellte ich das Doppler-Verfahren und etwas ausführlicher das Transit-Verfahren zum indirekten Nachweis eines Planeten vor. Zur Erläuterung des Transit-Verfahrens wurden Animationsprogramme und Fotos eingesetzt, u. a. das Foto eines Transits in unserem Sonnensystem (s. Abb. 1).
Anschließend erfolgten, u. a. mit dem Einsatz des Beamers, Erläuterungen zur Kepler-Mission und danach die konkrete Aufgabenstel-

4 Auszug aus dem Arbeitsblatt zur zeichnerischen Lösung
der Planetengröße

5 Zeichnerische Lösung zur Bestimmung des
Planetendurchmessers

Astroprojekte für Jugendliche

6 Vereinfachte und rechnerische Lösung
für die Entfernung zum Stern

(s. Abb. 7) und den Daten aus den angegebenen Quellen verglichen (s. Abb. 8). Am Ende war man sich einig, auf diesem Planeten ist kein intelligentes Leben möglich, er befindet sich zu dicht an seinem Mutterstern und vermutlich handelt es sich bei dieser Größe auch um einen Gasriesen.

lung: Mit Hilfe von ermittelten Daten dieser Mission (s. Abb. 2) sollte durch Bestimmung der Exoplanetengröße und des Abstands vom Mutterstern Kepler-302 entschieden werden, ob intelligentes Leben auf diesem Planeten möglich wäre. Dazu wurde ein entsprechendes Arbeitsblatt ausgegeben.
Exoplanetengröße: Zur Bestimmung der Planetengröße durch die Ermittlung des Durchmessers wurde neben der üblichen Berechnung über die Flächenhelligkeit (s. Abb. 3) ein zeichnerischer Lösungsweg angeboten, für den weniger Mathematikkenntnisse notwendig waren (s. Abb. 4). Dieses Verfahren ist jedoch nur möglich, wenn der Planet am Stern in der Mitte vorbeizieht. Außerdem muss auf die maßstabsgetreue Zuordnung des Sterndurchmessers bezüglich des Planetendurchmessers und der Lichtkurve geachtet werden. Zur Lösung sollte der Planet maßstabsgetreu für den Moment der ersten vollständigen Bedeckung eingezeichnet werden (s. Abb. 5).

Schüler als angemessen und geeignet, alle Gruppen kamen zu den gewünschten Ergebnissen, nur bei einer Gruppe war etwas Unterstützung notwendig. Das Arbeitsverhalten und die Zusammenarbeit in den Gruppen waren sehr gut und übertrafen sogar meine Erwartungen. Am Ende präsentierten sie überzeugend ihre Ergebnisse. Zur Bestimmung der Größe wurde das zeichnerische Verfahren vorgezogen, bei der Ermittlung der Entfernung hatten fast alle Gruppen auch die Berechnung angewandt. Die Ergebnisse wurden schließlich mit den Daten des Simulationsprogramms

Nach der Präsentation stand noch Zeit zur Verfügung, um weiterer von Kepler entdeckte Exoplaneten vorzustellen.
Aus dem Verlauf dieses Projektes können folgende Schlüsse gezogen werden: - Die Bearbeitung von Exoplaneten eignet
sich aufgrund der anhaltenden Aktualität und der Auswertmöglichkeiten sehr gut bezüglich der Behandlung von astronomischen Inhalten, wobei durch eine entsprechende Vorgehensweise auch Einsicht in wissenschaftliches Arbeiten vermittelt werden kann.

Entfernung zum Stern: Auch zur Ermittlung des Abstands des Planeten vom Stern wurden zwei Lösungswege angeboten. Beim einfachen Weg wurde die Umlaufzeit mit den Zeiten in unserem Sonnensystem verglichen, bei der Alternative konnte die Formel, die für unser Sonnensystem gilt, angewendet werden (s. Abb. 6).

Ergebnisse Die Aufgabenstellungen erwiesen sich im Erarbeitungsverlauf der Schülerinnen und

7 Darstellung mit dem Exoplanet Transit Simulator [2]. Die Werte weichen teilweise
etwas ab, da beim Simulator der Sternradius nicht unabhängig von der Sternmasse eingestellt werden kann.

36 | Journal für Astronomie Nr. 84

Astroprojekte für Jugendliche

- Durch geeignete didaktische Reduktion ist auch eine Behandlung dieses Themas bei jüngeren Jugendlichen und ohne besondere mathematische Voraussetzungen möglich. Die zeichnerische Lösung (s. Abb. 5) ist ein Beispiel dafür, bei einer Oberstufenklasse würde man ohne sie auskommen und nur die rechnerische vorsehen (s. Abb. 3).

Internethinweise (Stand 29.8.2022): [1] Open Exoplanet Catalogue:
www.openexoplanetcatalogue.com/ planet/Kepler-302c [2] Exoplanet Transit Simulator: https:// ccnmtl.github.io/astro-simulations/ exoplanet-transit-simulator/ [3] The Extrasolar Planets Encyclopaedia: http://exoplanet.eu/catalog/ kepler-302_c/

8 Vergleich der ermittelten Werte mit den Quellenangaben [1, 3]

Jugendarbeit bei der Astronomischen Vereinigung Vulkaneifel am Hohen List e.V.
von Uli Klein

Die ,,Astronomische Vereinigung Vulkaneifel am Hohen List e.V." entstand im August 2013 durch die Namensänderung des ehemaligen, im Jahr 2002 gegründeten Fördervereins des Observatoriums Hoher List. Da das Observatorium im Herbst 2013 unter Denkmalschutz gestellt wurde, konnte eine Demontage verhindert werden und die AVV konnte einen Teil des Observatoriums auch vom neuen Eigentümer der Liegenschaft mieten.

Die Mitglieder der AVV engagieren sich dafür, dass das Observatorium für die Astronomie erhalten wird. Dazu muss es insbesondere in der Region (Vulkaneifel) und im Land (Rheinland-Pfalz) sichtbar sein. Dies geschieht zum einen durch eine Vielzahl öffentlicher Veranstaltungen, die über das ganze Jahr hinweg regelmäßig angeboten werden, zum anderen über regelmäßige Artikel in Zeitungen, Anzeigen in touristischen Werbebroschüren, Flyern sowie Artikel und Astrofotos in den sozialen Medien.

Schwerpunkt der Aktivitäten der AVV bildet die Öffentlichkeitsarbeit in Form von regelmäßigen Führungen, Vorträgen und astronomischen Beobachtungen für interessierte Besucherinnen und Besucher. In diesem Rahmen werden praktische und theoretische Fragen sowohl der Astrono-

1 Jugendgruppe
am 1-m-Teleskop
mie als auch verwandter Wissensgebiete in populärer und wissenschaftlicher Form vermittelt, um weite Kreise der Bevölkerung mit dem Geschehen im Universum vertraut zu machen. Im Folgenden werden die Aktivitäten im Bereich der Jugendarbeit umrissen (s. a. https://www.hoher-list.de).


Astroprojekte für Jugendliche

2 Andrang am Girls` Day bei der AVV
Schulen Astronomieunterricht als schulisches Pflichtfach gibt es lediglich in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Im Land Brandenburg ist Astronomie seit sechs Jahrzehnten ein Wahlpflichtfach. In den übrigen Bundesländern erfolgt der Unterricht nur in Form freiwilliger Arbeitsgemeinschaften. Ansonsten werden astronomische Inhalte in der gymnasialen Oberstufe nahezu ausschließlich im Rahmen anderer Schulfächer vermittelt.
Die AVV hat sich daher zum Ziel gesetzt, astronomische Bildung auch in die Schulen zu tragen. Vor einigen Jahren wurde daher begonnen, im Rahmen des Physikunterrichts an Gymnasien und Realschulen Unterrichtsstunden über astronomische Themen abzuhalten. Dazu kommen Schulklassen entweder mit dem jeweiligen Fachlehrer zum Observatorium Hoher List oder jemand von der AVV besucht die jeweilige Schule und erteilt dort die Unterrichtsstunde. Leider mussten auch diese Aktivitäten im Februar 2020 eingestellt werden. Die zunehmenden Corona-Infektionszahlen ließen diese nicht mehr zu. Inzwischen konnten diese Aktivitäten allmählich wieder aufgenommen werden:

- 16.08.2012 Gymnasium Calvarienberg, Ahrweiler, Oberstufe (U. Klein)
- 09.11.2016 Realschule plus Daun, Volksbank Daun (U. Klein)
- 06.04.2017 Gesamtschule Kelberg, Klassen 5 + 6, Hörsaal der AVV (M. Miller, H. Heimbach, F. Scholer)
- 05.05.2017 Realschule plus Hillesheim, Klasse 5, Hörsaal der AVV (U. Klein, F. Scholer)
- 28.01.2018 Grundschule Nord, Bitburg, MINT-AG,

Hörsaal der AVV (F. Scholer) - 04.12.2018
Balthasar-Neumann-Technikum, Trier, Physik-AG, Hörsaal der AVV (F. Scholer) - 17.04.2019 BBS Gerolstein, Hörsaal der AVV (U. Klein) - 08.11.2019 TMG und GSG Daun, TMG Daun, Berufsmesse (U. Klein) - 12.02.2020 TMG Daun, Grundkurs Physik, Klasse 13, Hörsaal der AVV (U. Klein) - 20.01.2022 TMG Daun, Klasse 9, Hörsaal der AVV (U. Klein, M. Miller) - 01.06.2022 Freie Waldorfschule Mainz, Hörsaal der AVV (U. Klein, H. Simon)
KiTas Auch Vorschulkinder kommen bereits zur AVV, um etwas über die Sterne zu lernen. Dabei wird mit den Betreuern und Betreuerinnen der KiTas abgesprochen, was die Kinder dort bereits im Vorfeld lernen können. Dazu wird auch Unterrichtsmaterial für diese Altersstufe empfohlen. Aufgrund der Pandemie gab es auch hier eine lange Pause bei diesen Aktivitäten:
3 Erläuterungen
beim Girls` Day im Lernraum der AVV

38 | Journal für Astronomie Nr. 84

Astroprojekte für Jugendliche

4 Der ,,Klimakoffer"

- 16.05.2018

-

Kita Wanderath, Vorschulkinder

(U. Klein, A. Sommer, M. Miller)

- 19.04.2022

Kita Pronsfeld, Vorschulkinder

(U. Klein, R. Goffart)

Jugendgruppen Die AVV führt generell viele Veranstaltungen mit Jugendgruppen durch (Abb. 1). Ziel ist es, jungen Menschen grundlegende Kenntnisse über das Weltall zu vermitteln und auch ihre Neugier zu wecken, damit sie vielleicht auch selbst immer wieder mal den Blick zum Himmel richten oder sogar Himmelsphänomene durch ein eigenes Fernrohr betrachten. Dabei wird ihnen klargemacht, wie einzigartig der Planet Erde ist und dass alles getan werden muss, diesen Planeten zu schützen und zu erhalten. Das Thema ,,Klimaschutz" tritt auch in Zeiten der Pandemie nicht in den Hintergrund! Auch wenn es unzählige habitable Planeten innerhalb und außerhalb der Milchstraße gibt, so werden diese nie für Menschen erreichbar sein. Es gilt, unseren Planeten als habitabel zu erhalten. Die auf diese Weise vermittelte Maxime fällt bei jungen Menschen sicherlich auf fruchtbaren Boden (Stichwort ,,Fridays for Future").
Girls' Day bei der AVV am 28. April 2022: ein voller Erfolg! Erstmals hat die AVV dieses Jahr am ,,Girls` Day" mit einem Aktionstag Schülerinnen eingeladen, zum Observatorium Hoher List zu kommen und sich über Astronomie als Hobby und Beruf zu informieren (Abb. 2). Das ganztägige Programm beinhaltete allgemein verständliche Vorträge zu astronomischen Themen sowie einen speziellen Vortrag zum Studium der Astronomie in Deutschland und im Ausland sowie zu den Möglichkeiten bei der Berufswahl. Zwischendurch wurden einige spannende Experimente durchgeführt, die direkt oder in-

direkt etwas mit Astrophysik zu tun haben. Bei gutem Wetter wurde die Veranstaltung durch Beobachtungen mit den Instrumenten der AVV abgerundet. Eine zusätzliche Attraktion war sicherlich das Quiz und Gewinnspiel, bei dem schöne Buchpreise zu gewinnen waren. Das Quiz bestand aus insgesamt 25 Fragen (Multiple Choice), die von den Schülerinnen überwiegend gut beantwortet werden konnten. Für die Fahrt zwischen Schule und Observatorium Hoher List wurde auch gesorgt.
Es nahmen insgesamt 31 Schülerinnen im Alter von 10 bis 15 Jahren von Schulen (nicht nur) aus dem Gebiet der Eifel teil. Die Schülerinnen gehörten den Klassenstufen 5 bis 10 an und besuchen die folgenden Schulen: - Thomas-Morus-Gymnasium Daun - Integrierte Gesamtschule Salmtal - Drei-Maare-Realschule plus Daun - Sankt-Matthias-Gymnasium Gerolstein - Graf-Salentin-Realschule plus Jünkerath - Schule am Pulvermaar Realschule plus,
Gillenfeld - Integrierte Gesamtschule Maifeld - Realschule plus St. Martin Kelberg - Georg-Forster-Gesamtschule Wörrstadt - Freiherr-vom-Stein-Gymnasium Lever-
kusen
Vorträge im Hörsaal der AVV Die am Vormittag und Nachmittag angebotenen Vorträge hatten als Themen - ,,Die Geschwindigkeit der Erde" (Frank
Bonn, Frank Scholer), - ,,Planetenlandschaften in 3D" (Martin
Miller),

,,Achtung: um die Erde wird's eng!" (Dr. Nadya Ben Bekhti-Winkel), - ,,Astrophysik studieren? Galaktische Perspektiven!" (Prof. Dr. Uli Klein).
Die 31 Teilnehmerinnen wurden von unserem Schriftführer Robert Oster, der das Ganze perfekt organisiert hatte, so aufgeteilt, dass sowohl im Hörsaal als auch im Außenbereich sowie in den Lern- und Experimentierräumen ein optimaler Durchfluss gewährleistet war. Auf diese Weise konnte den Schülerinnen ein recht lehrreiches und kurzweiliges Programm geboten werden. Beim Quiz und Gewinnspiel wurden als Buchpreise ausgegeben: - 1./2. Preis (2x pro Jahrgangsstufe):
Alexander Gerst, Lars Abromeit: ,,Horizonte: Warum wir entdecken" - 3/4. Preis (2x pro Jahrgangsstufe): Simona Gallerani, Maria C. Orofino, Edwige Pezzulli, Tullia Sbarrato, Raffaella Schneider: ,,Das Weltall - Ein Spaziergang durch die Geheimnisse des Universums" - 5./6. Preis (2x pro Jahrgangsstufe): Werner E. Celnik, Hermann-Michael Hahn: ,,Astronomie für Einsteiger" - 7.-31. Preis: Thorsten Dambeck, Susanne Dambeck: ,,Welcher Stern ist das?"
Auf diese Weise fuhr dann jede Schülerin mit einem schönen Buch unter dem Arm nach Hause. Die Aktivitäten außerhalb des Hörsaals waren sehr vielseitig: - Im Außenbereich 1. Sonnenbeobachtung 2. Beobachtung der Venus


Astroprojekte für Jugendliche

5 Ferienprogramm für Kinder:
Wir basteln eine Rakete
3. Spektrograf am Tageshimmel - Im Lernraum 1. Wärmeverteilung auf der Erdoberfläche
(Abb. 3) 2. Modell des Sternbilds Orion 3. Wie entstehen Mondphasen? - Im Labor 1. Blinkkomparator 2. Transitexperiment am Baader-
Planetarium 3. Magnetspiel 4. Magnetischer Kreisel (Levitron) 5. Funkenexperiment
Junior Uni Daun Die AVV wird sich mit Astronomiekursen für alle Altersgruppen der Studierenden an der neu entstehenden ,,Junior Uni Daun" einbringen. Die von der Lepperstiftung ins Leben gerufene Einrichtung befindet sich im Bau und soll im Jahre 2023 ihren Betrieb aufnehmen. Vorbild für die Junior Uni Daun ist die Junior Uni Wuppertal. Derzeit trifft sich eine Arbeitsgruppe in regelmäßigen Abständen, um das Konzept der Astronomiekurse und deren Durchführung zu diskutieren und zu realisieren. Das Spektrum der Lehrinhalte wird auf

jeden Fall sehr vielseitig und umfangreich sein und soll vom Raketenbauen bei den jüngsten Studenten bis hin zum ,,Teleskopführerschein" inklusive Astrofotografie für die älteren Kinder reichen.
Die Maxime einer Junior Uni soll ja sein: Es gibt viele Talente, die man fördern muss. An einer Junior Uni lernen die Kinder spielerisch und ohne (Noten-)Druck. Und in der (Vulkan-)Eifel gehört Astronomie unbedingt zum Programm; denn die Kinder sind hier privilegiert - sie haben bei gutem Wetter einen wunderschönen Sternenhimmel mit vielen Geheimnissen über sich ...
Am 21. März 2022 trafen sich Vertreter der Lepperstiftung (Prof. Dr. Rudi Balling, Prof. Dr. Helmut Willems, Elena Marx, Sekretariat) und der AVV (Prof. Dr. Uli Klein, Robert Oster, Frank Scholer) zu einem ersten Gespräch, welches sehr positiv verlief. Das von der AVV vorgelegte Lehrkonzept stößt bei den Entscheidungsträgern der Lepperstiftung auf große Begeisterung (zumal unsere Initiative die erste von außen kommende war). Es wurde u. a. beschlossen, Ende August eine der vorgeschlagenen Lehreinheiten der AVV als ,,Probelauf " durchzuführen. Etwa zu diesem Zeitpunkt soll auch das Richtfest stattfinden. Unser Lehrprogramm sieht für die vier Altersgruppen folgende Kurse vor (Vorschlag an die Lepperstiftung; endgültige Abfassung in 2023): - Altersgruppe 1: 4 bis 6 Jahre
Kurs 1: Wir bauen eine Rakete Kurs 2: Sonne, Mond und Sterne - Altersgruppe 2: 7 bis 10 Jahre Kurs 1: Wir fliegen zum Mond Kurs 2: Wir bauen eine Weltraumstation und einen Mars-Rover Kurs 3: Sonne, Mond, Sterne und Milchstraßen Kurs 4: Beobachtungen mit dem Fernrohr

- Altersgruppe 3: 11 bis 14 Jahre Kurs 1: Sonne, Mond, Sterne und Milchstraßen Kurs 2: Im virtuellen Planetarium
- Altersgruppe 4: ab 14 Jahre Kurs 1: Astronomische Grundkenntnisse Kurs 2: Teleskopführerschein Kurs 3: Astrofotografie Kurs 4: Erde, Sonne, Klima (Abb. 4)
Unser Team (Dipl.-Ing. Frank Bonn, Dirk Frangenberg, Prof. Dr. Uli Klein, Dr. Martin Miller, Frank Scholer, Harald Simon, Dipl.Ing. Robert Oster, Dr. Nadya Ben BekhtiWinkel) verfügt - auch aufgrund der jahrelangen Öffentlichkeitsarbeit am Hohen List und/oder Lehrerfahrung in Schulen und Universitäten - über umfangreiche didaktische Erfahrung. Diese wird nach dem Vorbild der Junior Uni Wuppertal bei der jüngsten Altersgruppe (4 bis 6 Jahre) durch erfahrene KiTa-Kräfte unterstützt. Eine enge Kooperation mit KiTas und Schulen vor Ort ist fest eingeplant. Sämtliche Kurse der Junior Uni Daun werden (anders als in Wuppertal) gebührenfrei sein!
Die Lepperstiftung hatte die AVV im Vorfeld gebeten, in diesem Jahr bereits einen Sommerkurs zum Thema Astronomie für die Gruppe der 11- bis 14-Jährigen anzubieten. Dieser wird nun am 1. und 2. September 2022 stattgefunden haben, und zwar zum Thema ,,Mond und himmlische Riesen". Zudem wurde ein Ferienprogramm für die Altersgruppe von 7 bis 10 Jahren aufgesetzt. Am 5. und 12. Juni sowie am 6. und 13. September gab es einen Kurs zum Thema ,,Wir bauen eine Rakete" (Abb. 5). Und am 30. August hat die AVV eine große Gruppe Kinder der evangelischen Jugend Großgerau/Rüsselsheim zu Gast, die in einem dreistündigen Programm alles über das Weltall lernen.

40 | Journal für Astronomie Nr. 84

Amateurteleskope/Selbstbau

Die Eieruhr-Barndoor-Montierung
- eine einfache Selbstbau-Nachführung
von Guido Fuhrmann

Jeder Hobbyastronom weiß, welche Herausforderung eine Urlaubsreise mit Familie bezüglich des mitzunehmenden Astroequipments ist. Im Auto oder Wohnmobil ist schnell jeder Stauraum verplant. Mit Blick auf den Familienfrieden bleibt meist nur das ,,kleine Besteck" übrig: Fernglas, Fotostativ und die Standardfotoausrüstung. Was also tun, wenn man im Urlaub nicht nur Sternstrichspuren und kurz belichtete Milchstraßenfotos aufnehmen will? Eine kleine Reisemontierung muss her. Klar, die kann man bei den einschlägig bekannten Astrohändlern erwerben, was allerdings auch wieder den einen oder anderen Schein kostet. Mit einem bisschen Bastelgeschick und ein wenig Mathematik kann man sich aber auch eine kleine, wie ich finde, charmante Nachführung für kleine Brennweiten (bis 135 mm) selbst bauen: eine Barndoor-Montierung. Übersetzt heißt barndoor simpel: Scheunentor. Sie wurde erstmals von G. Y. Haig im April 1975 in der Zeitschrift ,,Sky and Telescope" vorgestellt und ist seitdem von vielen bastelaffinen Amateurastronomen nachgebaut und modifiziert worden, so dass heute viele verschiedene Varianten existieren [1, 2].
Ich möchte hier meine ,,Eieruhr-Barndoor"-Montierung vorstellen, die ich nach der genialen Bastelanleitung [3] meines langjährigen Freundes und Astrobuddy Heiko Mehring aus Korbach nachgebaut und nach und nach mit ein paar Modifikationen angepasst habe (Abb. 1).
Wie aber funktioniert eine Barndoor-Montierung? Das Prinzip basiert auf einer Wippe. Zwei Holzbrettchen oder Metallprofile werden mit einem simplen Möbelscharnier verbunden. Auf der einen Seite sitzt ein Kugelkopf für die Kamera, auf der anderen Seite hält ein Gegengewicht die Balance. Von einer Achse, die auf den Aufziehknopf einer handelsüblichen Eieruhr (5,- Euro) aufgesetzt ist, wird eine Schnur mit der Gegengewichtsseite verbunden. Zieht man die Eieruhr nun auf, wickelt sich der Faden mit Ablauf der Zeit immer weiter ab und lässt die Kameraseite nach und nach kippen. Die Abstände für Scharnier - Uhrachse - Wippe werden mittels Dreiecksberechnung so bemessen, dass beim Ablaufen der Eieruhr in einer Stunde die Kamera um ca. 15 Grad kippt. Dies ist die nötige Winkelgeschwindigkeit, um die Erdrotation auszugleichen (Abb. 2).
Montiert wird die Barndoor-Montierung entweder auf ein stabiles Foto-/Videostativ oder ein Astrostativ mit Polhöhenwiege, denn wir müssen ja die Drehachse (Scharnierachse) auf den Himmelspol ausrichten. Bei kleinen Brennweiten ist dabei die notwendige Genauigkeit nicht ganz so entscheidend. Hier reicht zum

1 Gesamtansicht der Barndoor mit abgewinkelter
Gegengewichtsschiene
2 Funktionsweise der Eieruhr-Barndoor (Bild: Heiko Mehring,
mit freundlicher Genehmigung)
Journal für Astronomie Nr. 84 | 41

Amateurteleskope/Selbstbau

Anvisieren des Polarsterns ein kleines Sucherfernrohr mit Fadenkreuz (Abb. 3 links). Das Sucherfernrohr wird normalerweise auf den unteren Schenkel der Barndoor fixiert. Um eine höhere Genauigkeit bei der Poljustierung zu erreichen, habe ich das Sucherfernrohr gegen einen Polsucher mit Beleuchtung ausgetauscht und diesen an der Wippe befestigt (Abb. 3 rechts). Dadurch wird berücksichtigt, dass handelsübliche Scharniere ein relativ hohes Achsspiel haben und die tatsächliche Drehachse der Wippe unter Last nicht parallel zum Basisbrettchen verläuft.
Hat man nun seine Kamera auf dem Kugelkopf befestigt und ungefähr auf den gewünschten Himmelsausschnitt ausgerichtet, muss man das Ganze noch mit den Gegengewichten so ausgleichen, dass nur ein minimaler Zug auf die Achse der Eieruhr wirkt. Ist dieser zu groß, läuft die Uhr entweder zu schnell ab, oder, im Extremfall, bleibt sie stehen, da die Mechanik verkantet. Als Gegengewicht nutze ich einen kleinen 3D-Druck-Kasten, der mit altem Angelblei befüllt ist. Dieser kann über die eingefräste Nut verschoben und fixiert werden (Abb. 4). Um ein Klemmen der Uhrwerksmechanik zu verhindern, wird die Achse der Uhr noch durch eine Zugentlastung gestützt (Abb. 5).
Da hier mit einer Wippe gearbeitet wird, kann es recht mühsam sein, bei gelöstem Kugelkopf den gewünschten Bildausschnitt einzustellen. Eine Fixierstange ist hier die Lösung (Abb. 5). Die Stange wird dabei einfach auf einen kleinen Bolzen auf der Wippe geschoben und hält diese dadurch in der Position. Die Länge der Stange ist so gewählt, dass sie auch gleichzeitig unseren Startpunkt für die Haspel an der Eieruhr darstellt. Zieht man die Uhr nun auf, ist die Schnur leicht gespannt. Man darf nur nicht vergessen, die Stange vor Aufnahmebeginn wieder zu lösen, denn sonst macht man wieder Sternstrichspuren.
42 | Journal für Astronomie Nr. 84

3 Montage des Sucherfernrohrs/Polsuchers (Bild links: Heiko Mehring,
mit freundlicher Genehmigung)
4 Das verschieb-
bare Gegengewicht
5 Die Zugentlas
tung bzw. Fixierstange zur Arretierung der Wippe bei der Poljustierung

Amateurteleskope/Selbstbau

In der Abbildung 1 ist erkennbar, dass der Teil der Wippe, der das Gegengewicht trägt, abgewinkelt ist. In der ersten Version meiner Barndoor war das noch gerade. Ich musste dann allerdings feststellen, dass mir das Brettchen bei Aufnahmen in Ostrichtung häufig im Bildfeld stand, daher der Umbau (Abb. 6).

Das Schönste an so einer Barndoor ist, dass man nichts weiter braucht. Alles lässt sich praktisch in einem kleinen Koffer unterbringen und findet immer einen Platz im Auto oder Wohnmobil. Das Sperrigste ist hierbei mein selbstgebautes Stativ (Abb. 7 u. 8) [4].

6 Sichtfeld der Kamera über die Gegengewichtsschiene der Wippe

Im Sommer und Herbst 2021 habe ich mit der Barndoor ein 11-Felder-Mosaik der Schwanregion mit einem 50-mm-Objektiv in zwei Aufnahmeserien gemacht (Abb. 10). Jedes Feld wurde 10 x 60 s mit ISO 1600 belichtet. Die erste Serie waren reine RGB-Aufnahmen, die zweite wurde mit einem L-EnhanceFilter gemacht. Das ist ein sogenanntes Dual-LinePass-Filter. Diese Filter lassen in erster Linie nur das H-Licht des ionisierten Wasserstoffs (im Bild rot) und das [OIII]-Licht des doppelt ionisierten Sauerstoffs (im Bild grün) durch. Der Zweck ist, diese Farbinformationen noch zusätzlich in das RGB-Bild zu bekommen und die Nebel entsprechend kräftiger hervorzuheben.
Fazit Der Nachbau lohnt sich definitiv, egal ob in der Basisversion aus der Bauanleitung von Heiko Mehring [3] oder mit Modifikationen, wie ich sie gemacht habe. Gerade für angehende Astrofotografen ist dies aus meiner Sicht eine günstige Möglichkeit, die ersten Schritte im Bereich der Langzeitbelichtung zu gehen. Durch die Auseinandersetzung mit so einem Projekt erlangt man auch immer ein besseres Verständnis davon, wie und warum die Nachführmethodik funktioniert.

7 Der Koffer mit der Barndoor-Montierung

Wer plant, eine eigene Barndoor zu bauen und noch Fragen hierzu hat, kann mich gerne kontaktieren [4]. Auch die 3D-Druckdateien, z. B. für die Achsen, stelle ich gern für Interessierte zur Verfügung (Abb. 9).

8 Die gesamte Ausrüstung mit dem Selbstbaustativ

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Amateurteleskope/Selbstbau

9 Bauteile für die Barndoor aus
PETG-Kunststoff

Parallel zur ,,Barndoor-Montierung" gab es bei uns nach dem gleichen Konstruktionsprinzip schon in den 1970er-Jahren eine sogenannte ,,Holzklappen-Montierung" mit Tangentialarm. Im Laufe der Jahre wurden diese einfachen Bastelmontierungen weiterentwickelt. Einen schönen Artikel von Jonathan Stubinitzky zum Selbstbau findet man in interstellarum 24, Oktober/November 2002, S. 66/67.
Die Redaktion

1 0 Mosaik der Milchstraße im Schwan

Literatur- und Internethinweise (Stand 05-2022): [1] [1] B. Ohnmacht, 2019: ,,Sensitivitätsa nalyse der (einarmigen) tangentialen Barndoor-Montierung", VdS-Journal

für Astronomie 70, S. 46 (https://selbstbau.vdsastro.de/selbstbau-mechanik/#tBDM)

[2] H. Hermelingmeier: ,,Mein Reiseteleskop - Die Nachführung", www.privatsternwarte.net/reisefm.html#NF

[2]

[3] H. Mehring: ,,Eieruhr-Barndoor", www.heiko-schaut-ins-all.de/hsia/index.php?option=com_

content&view=article&id=157&Itemid=184 [4]
[4] G. Fuhrmann: Webseite und Kontaktdaten, https://owl-tripods.de

[5] E. Wischnewski, 2021: ,,Astronomie in Theorie und Praxis", 9. Auflage, Eigenverlag Dr. Erik Wischnewski

[5]

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Amateurteleskope/Selbstbau
Ein chinesischer 20x100-Feldstecher oder wie ich zu einem Zweizöller kam
von Axel Thomas
Ich schaue immer wieder gerne in die Kleinanzeigen eines bekannten Internet-Auktionshauses, das in Sachen Astronomie zuweilen interessante Angebote bietet. Und so wurde ich aufmerksam, als ich las: ,,20 - 180 x 100, defekt - 20 ." Das konnte ja eigentlich nicht möglich sein, aber eine Rückfrage beim (astronomisch unbedarften) Verkäufer bestätigte den Sachverhalt - der Aufdruck auf dem Feldstecher lautete eindeutig ,,20 - 180 x 100". Und bei 20 kann man ja nichts falsch machen.
Der Feldstecher stellte sich fast wie erwartet als klassisches chinesisches Massenprodukt heraus, das bis auf die Objektive komplett aus Kunststoff bestand. Gleich beim ersten Blick war auch klar - das können keine 100-mmObjektive sein. Tatsächlich waren es 70 mm (Abb. 1). Das ist der erste Fall, der mir untergekommen ist, wo eine Firma so direkt versucht, den Kunden hinters Licht zu führen.
Aber auch ein 70-mm-Objektiv kam mir gelegen, denn ich benötigte schon lange einen größeren Sucher, der unter meinen Himmelsbedingungen am Stadtrand mehr Sterne als der gängige 10x50-Sucher zeigt. Der Außendurchmesser der Objektivzellen passte zufälligerweise exakt in eine vorhandene Pappröhre von 80 mm Innendurchmesser. Die Objektivzelle ließ sich zwar nicht abschrauben, aber da der Tubus aus Kunststoff bestand, war es ein Einfaches, das Objektiv abzusägen. Das war wohl das erste Mal, dass ich ohne großes Bedauern einen Feldstecher zersägt habe (Abb. 2). Die Zoom-Okulare, die ja laut Aufdruck auf dem Feldstecherkörper einen Vergrößerungsbereich von 20-180 x versprachen, wanderten sofort in die Mülltonne. Ursprünglich plante ich für einen Sucher einen einfachen Schiebefokussierer ein. Dann aber fiel mir in der Restekiste ein 2-Zoll-Okular-
1 Der ,,100-mm-Feldstecher" - und das dazugehörige
70-mm-Objektiv
2 Das Objektiv lässt sich einfach mit einer Holzsäge
vom Kunststoffkörper des Feldstechers trennen.
3 Der Metallstreifen dient neben dem Anpassen des
Okularauszugs auch zur Verstärkung des Papptubus.

Amateurteleskope/Selbstbau

auszug in die Hand, der ursprünglich in meinem 100-mm-Refraktor eingebaut war und der mit etwas Spiel in den Papptubus passte. Damit war die Idee eines kurzbrennweitigen Reisefernrohres geboren, das mit allerlei Zubehör vielseitig visuell und fotografisch auf Reisen einsetzbar sein könnte.

Um die passende Länge des Tubus festzulegen, baute ich mit ein paar Brettchen eine kleine ,,optische Bank", auf der ich den Abstand zwischen Objektiv und Okularauszug beliebig verstellen konnte, um auszuprobieren, wie ich mit oder ohne unterschiedliche Kombinationen von 11/4- und 2-Zoll-Zenitprismen in den Fokus komme. Schnell wurde klar, dass die geringe Brennweite des Feldstecherobjektivs z. B. den Einsatz meines 11/4-Zoll-Binokulars unmöglich macht, das mit einem Lichtweg von 150 mm einen extrem kurzen Tubus erfordern würde. Der Lichtkegel des Objektivs würde dadurch so stark beschnitten, dass ein erheblicher Lichtverlust der Fall wäre. Auf der anderen Seite würde die Verwendung als Nachführsystem mit einer CCD-Kamera ohne Zenitprisma eine extreme Verlängerung benötigen, die die Stabilität beeinträchtigen würde. Aber auch die Brennpunktlagen verschiedener Okulare - 11/4 Zoll oder 2 Zoll, mit oder ohne Zenitprisma - differieren so stark, dass im Endeffekt eine Auswahl getroffen werden musste, welches Zubehör verwendbar sein soll.

4 Keine Schleichwerbung,
sondern der zukünftige Tubus

5 Der ,,Cognac-Refraktor" als Sucher
am 300-mm-Tessar

Gleichzeitig zeigten aber auch die ersten Blicke mit der ,,optischen Bank" am Sternhimmel, dass, wie bei einem solchen Objektiv fast zu vermuten, die Abbildungsqualität recht bescheiden ist und die Verwendung als Reisefernrohr wenig Sinn macht. Mit gemessenen 300 mm Brennweite liegt das Objektiv bei einem Öffnungsverhältnis von 1:4,3 in einem Bereich, wo nur hochwertige Objektive gute Abbildung zeigen. Selbst auf der Achse ist die Abbildung bescheiden

6 Als Nachführfernrohr mit CCD-Kamera am Celestron 11

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Amateurteleskope/Selbstbau

und nur bestenfalls drei Viertel des Bildfeldes sind einwandfrei nutzbar.
Dadurch orientierte sich die gewählte Länge des Tubus wieder an der Nutzung als Großfeldsucher mit einem 2-zölligen 26-mm-Okular, das in der Regel ohne Zenitprisma verwendet wird bzw. mit einer CCD-Kamera zum Nachführen. Ein möglichst kurzer, auf Reisen gut verstaubarer Tubus war nicht mehr wichtig. Ich entschloss mich, das Papprohr ungekürzt zu lassen, das Objektiv im Tubus einfach so

weit nach innen zu schieben, bis die gewünschte Brennpunktlage erreicht wurde, wodurch ich gleichzeitig eine Taukappe beträchtlicher Länge erhielt. Das geringe Untermaß des Okularauszugs glich ich mit Hilfe eines dünnen, auf Form gebogenen Metallstreifens aus (Abb. 3).
Der Tubus war ursprünglich der Behälter einer Cognacflasche gewesen (Abb. 4) und gefiel mir farblich so gut, dass er unverändert übernommen und nur außen mit mehreren Schichten Klarlack geschützt und

innen mit Plaka-Farbe geschwärzt wurde. Seinen ersten Einsatz fand der Sucher an meinem 300-mm-Tessar, das ich für Veränderlichenfotometrie und Dunkelnebelfotografie benutze (Abb. 5). Die justierbare Halterung für das C 11 wurde aus stilistischen Gründen aus farblich zum Aufdruck des Tubus passendem Messingband gefertigt (Abb. 6). Dem kleinen Zweizöller - von mir meist kurz als ,,Cognac-Refraktor" bezeichnet - ist nicht mehr anzusehen, dass er einstmals sein Leben als chinesischer ,,100-mm-Feldstecher" begann ...

Das Glück, eine kleine Vereinssternwarte bauen zu können
von Winfried von Ohle

Im Jahr 2021 wurde für die Sternfreunde Soest etwas wahr, was so nie erwartet, aber am Ende doch geplant wurde - eine neue, gleichzeitig auch alte Sternwarte. Begonnen hat alles mit dem Bau einer Sternwarte durch die astronomische Arbeitsgemeinschaft an der Volkshochschule (VHS) in Soest. Sie konnte dank Sach- und Geldspenden in Eigenleistung 1982 errichtet und mit einem C 8 auf einer Gabelmontierung bestückt werden. Die Sternwarte bestand aus einem gemauerten zylindrischen Unterbau mit einer 3-m-Kuppel von Baader. Diese Sternwarte wurde durch einen Brandanschlag im Sommer 1991 restlos zerstört. Dank der Versicherung konnte sie im Folgejahr am selben Ort nach gleichem Muster wieder aufgebaut werden. Anstelle des C 8 gab es ein C 11.
Die Arbeitsgemeinschaft hat ihre 1966 begonnene Arbeit 2010 aus Altersgründen eingestellt. Seit Ende 1999 gibt es die Sternfreunde Soest - zunächst eine Interessengemeinschaft, die seit Anfang 2016 die Sternwarte betrieben hat. Die Sternwarte stand auf dem Gelände der Christian-Rohlfs-Realschule innerhalb der Stadt Soest. Durch größer gewordene Bäume auf dem Schulgelände - nur etwa ein Drittel des Himmels war einsehbar - und durch zunehmende

1 Die Kuppel ist so weit zerlegt, dass sie per Treckergespann zum neuen Standort
transportiert werden kann.

Lichtverschmutzung waren die Beobachtungsbedingungen schlechter geworden. In Gesprächen mit der VHS wurden diese Probleme erörtert und eine Lösung gesucht. Ganz überraschend bot die VHS den Sternfreunden im April 2017 die Übernahme der Sternwarte unter den Voraussetzungen an, dass die Umsiedlungskosten von der Interessengemeinschaft selbst getragen werden, der neue Standort im Gemeindegebiet der Stadt Soest liege und die Sternwarte in regelmäßigen Abständen der Bevölkerung zugänglich gemacht wird.

Die Sternfreunde Soest entschieden, das Angebot anzunehmen, und begannen die Suche nach einem neuen Standort. Ende August 2018 wurde er im Nordwesten Soests an der Hammer Landstraße auf einem Privatgrundstück gefunden. Dies liegt in einem Außengebiet, weshalb ein Bauantrag gestellt werden musste. Im Dezember lag die Baugenehmigung vor.
Im Februar 2019 wurde aus der Interessengemeinschaft ein Verein mit zwölf Gründungsmitgliedern. Die Eintragung ins Ver-

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Amateurteleskope/Selbstbau

einsregister erfolgte im April 2020. Es wurde März 2021, bis die Stadt Soest den Abbruch der Sternwarte für Ende des Monats ankündigte. Sofort begannen die Sternfreunde mit der Entnahme des Fernrohrs samt Zubehör und der Zwischenlagerung bei einem Vereinsmitglied. Weitere Vorbereitungen folgten. Als am 29. März der Abbruchbagger bereitstand, waren drei Sternfreunde zur Stelle, bauten Eingangstür und Fernrohrsäule aus, veranlassten den Abbau des betonierten Ringankers und zerlegten die 3,2-m-Kuppel so weit (Abb. 1), dass sie ohne Sondergenehmigung mit einem Trecker samt Anhänger zum neuen Standort gebracht und dort gleich wieder zusammengebaut werden konnte.

Bis zum eigentlichen Baubeginn verging viel Zeit, die für vorbereitende Arbeiten genutzt wurde. Meine Terrasse glich einem Baulager, in dem lasierte Sperrholzteile, Balken für den Zwischenboden, Stahlstützen für den Kuppelunterbau, Alubleche für dessen Verkleidung und Tore gelagert waren. Die gesamte Planung, Organisation und Baudurchführung lag in meinen Händen. Die notwendige Erfahrung hatte ich als Handwerksmeister und durch den Bau einer Sternwarte im eigenen Garten (s. VdS-Journal für Astronomie 56, S. 49 ff.). Auf der Baustelle war ich trotz meiner 71 Lebensjahre jeden Tag tätig, manchmal auch allein.

2 Das Bild zeigt den Aufbau der Sternwarte, das Schotterbett mit dem ehemaligen
Ringanker, das separate Fernrohrfundament, das Stahlgerüst und dessen Blechverkleidung.

Nach der Schaffung eines Schotterbetts fanden die beiden Teile des Ringankers - er war zum Transport zersägt worden - darauf ihren Platz. Der Ringanker dient nun als Fundament für die eigentliche Sternwarte, das Teleskop erhielt ein eigenes. Die Montage des Unterbaus (Abb. 2) begann Mitte Juli und konnte einen Monat später mit dem Einbau der Tür abgeschlossen werden. Am 22. August wurde der Rohbau mit dem Aufkranen der Kuppel (Abb. 3) fertig und bei einem Richtfest gebührend gefeiert.

Als Nächstes stand der Innenausbau an, der genau genommen nur den Unterbau betraf.

3 Das Aufkranen der 3,2-m-Kuppel (Baader) schloss die Rohbauarbeiten ab.

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Amateurteleskope/Selbstbau

Begonnen wurde mit dem Einbringen der Wärmedämmung aus Mineralwolle und der Montage der Profilbretter, welche nicht nur eine hübsche Verkleidung ergeben, sondern auch der Feuchtigkeitsregulierung in der Sternwarte dienen. Etwas Neues war der Bau des Zwischenbodens (Abb. 4) und der Treppe. So etwas gab es weder in der alten Sternwarte noch in meiner eigenen. Kanthölzer im Format 160 mm x 100 mm bilden das Tragwerk für den eigentlichen Fußboden aus Siebdruckplatten. Der Fußboden ruht auch auf dem ehemaligen Ringanker. Die Treppe wurde aus 18-mmIndustriesperrholz und 21-mm-Siebdruckplatten angefertigt. Siebdruckplatten sind eine besondere Form von Multiplexplatten (eine Art Sperrholzplatte), deren Außenseiten mit Phenolharz beschichtet werden. Das macht die Oberfläche besonders hart und damit widerstandsfähig gegen Feuchtigkeit und mechanische Belastung. Siebdruckplatten eignen sich deshalb hervorragend für Fußböden und Böden von PKWAnhängern.

4 Der Innenausbau ist im Gange. Die Innenverkleidung des Kuppelunterbaus und die
Balken für den Fußboden sind fertig, die ersten Siebdruckplatten liegen.

Parallel zum Innenausbau erfolgte der Aufbau der Tore und des Zauns (Abb. 5). Am 15. Oktober konnte das Fernrohr, ein C 11 auf einer Gabelmontierung, eingebaut werden. Damit war die Sternwarte für einen Tag der offenen Tür am nächsten Tag bereit. Der fiel mit dem deutschlandweiten Tag der Astronomie zusammen. Obwohl nur eine kurze Ankündigung in der Tageszeitung morgens zu lesen war, konnten fünf Sternfreunde immerhin 17 Gäste am Abend begrüßen.

5 Der Blick aus südlicher Richtung zeigt die bis auf Restarbeiten im Außenbereich
fertige Sternwarte.

6 Das Sternwarteninnere mit dem C 11,
dem rollbaren Werkzeugschrank für Zubehör und einer Leiter, die Kindern den Zugang zum Fernrohr ermöglicht und Erwachsenen eine höhenverstellbare Sitzgelegenheit bietet.

Journal für Astronomie Nr. 84 | 49

Kopfzerbrechen machte die elektrische Versorgung der Sternwarte, weil der nächste Stromanschluss über 120 Meter entfernt ist. Wir haben uns für eine Powerbox entschieden, die häufig im Campingbereich Verwendung findet. Die Beleuchtung wird direkt aus der 12-Volt-Batterie der Powerbox gespeist, der Kuppelantriebsmotor und das Fernrohr werden mit 230 Volt AC über den Wechselrichter der Box betrieben. Eine Aufladung der Batterie durch ein Solarpanel ist möglich, aber nicht realisiert.

7 Das All-Sky-Foto zeigt den hervorragenden Rundumblick bis zum Horizont, der nur in
NO-Richtung durch die Bäume der Streuobstwiese unwesentlich verdeckt ist. Die Aufhellung am Westhorizont ist die Lichtglocke über dem Ruhrgebiet. Der bläuliche Lichtschein im Südosten stammt von der Stadt Soest.

Bis Ende November war das Fernrohr (Abb. 6) eingescheinert und die Elektroinstallationen sowie alle Restarbeiten an der Sternwarte erledigt. Die noch fehlenden Arbeiten am Zaun und im Außengelände erfolgten im Frühjahr 2022. Nun gilt es, die Sternwarte mit Leben zu füllen, die Mitbürger für den gestirnten Himmel (Abb. 7) und unser Hobby zu begeistern und neue, möglichst aktive Vereinsmitglieder zu gewinnen.

Missverständnisse und Irrtümer bei der Astrofotografie mit Schmalbandfiltern (Teil 1)
von Peter Köchling und Peter Riepe

Die Fotografie mit Schmalbandfiltern war eine der kleinen Revolutionen der Hobbyastronomie der vergangenen Jahre. Sie lohnt sich allemal. Dieser Artikel soll nötiges Grundlagenwissen und fachliche Begriffe zu Filtern vermitteln, speziell zu Schmalbandfiltern.
Beginnen wir mit dem optisch sichtbaren Spektralbereich. Er umfasst für das menschliche Auge Wellenlängen etwa zwischen 400 und 700 Nanometern (nm). Vom Farbempfinden her sind das die bekannten sieben Regenbogenfarben Violett, Indigo, Blau, Grün, Gelb, Orange und Rot. Ein optischer Filter lässt aus diesem Gesamtspektrum nur einen kleineren Wellenlängenbereich durch. Die restlichen kürzeren und längeren Wellenlängen werden durch

das Filterglas absorbiert. Der breite Grünfilter aus der Abbildung 1 (Mitte) lässt beispielsweise nur grünes Licht der Wellenlängen zwischen 480 bis 570 nm durch und absorbiert Violett bis Blau sowie Gelb bis Rot. Seine Durchlassbreite, auch Bandbreite genannt, beträgt folglich 90 nm. Schmalbandfilter weisen - wie schon der Name sagt - eine noch wesentlich geringere Bandbreite auf, in der Abbildung 1 unten etwa nur 10 nm.
Für den praktischen Umgang mit Filtern hat sich die so genannte ,,Transmissionskurve" bewährt. Sie zeigt, wie die Filterdurchlässigkeit in Prozent für die jeweiligen Wellenlängen verläuft (Abb. 2). Der Durchlassbereich des Filters - kurz Transmissionsfenster genannt - ist an seiner

kurzwelligen (linken) und langwelligen (rechten) Grenze aber nicht steil senkrecht, sondern verläuft mehr oder weniger schräg ansteigend bzw. abfallend. Den Wellenlängenbereich zwischen 50% Transmission von der kurzwelligen bis zur langwelligen Flanke - in Nanometern ausgedrückt - nennt man ,,Halbwertsbreite" (HWB).
Was den astrofotografischen Einsatz von Schmalbandfiltern angeht, gibt es viele Missverständnisse und Irrtümer. Den nachfolgenden Abschnitten stellen wir Überschriften voran, die wir schon öfters als Aussagen von Astrofotografen gehört haben. Auf diese Aussagen gehen wir näher ein. Wegen der Fülle der Informationen haben wir zwei Teilberichte verfasst.

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Astrofotografie

1 Kontinuierliches optisches Spektrum der Sonne (oben). Mitte: Der von diesem Grünfilter durchgelassene, ausgeblendete spektrale
Teilbereich ist 90 nm breit. Unten: Ein Schmalbandfilter hat einen noch engeren Durchlassbereich, hier etwa 10 nm. (Grafik: Peter Riepe)

,,Schmalbandfilter lassen nur das Licht der leuchtenden Gasnebel durch." Nein. Nochmals zur Abbildung 2. Die Transmissionskurve des Schmalbandfilters zeigt im Bereich der HWB ziemlich zentral die vorgesehene Emissionslinie. Alle Emissionslinien sind aber nur winzige Bruchteile von Nanometern breit. Das heißt, dass in der gesamten HWB noch kürzere und längere Wellenlängen durchgelassen werden, die nicht in Emission sind, jedoch auch Signal erzeugen und damit zum Objektbild beitragen. ,,Links und rechts" von der Emissionslinie gelangt das kontinuierliche Licht der Himmelskörper in das Transmissionsfenster, ausgesandt von Sternen, vom Himmelshintergrund und auch von reflektierenden Staubbereichen der Emissionsnebel.

Abgesehen davon muss ein Schmalbandfilter überhaupt nicht auf Emissionslinien ausgerichtet sein. So wird von den Profis gern ein schmalbandiger Filter eingesetzt, dessen Transmissionsfenster im Spektrum neben der eigentlichen Emissionslinie liegt und nichts von ihr durchlässt - nur das Kontinuum neben der Linie. Eine Aufnahme in diesem Filterbereich kann dazu benutzt werden, um das kontinuierliche Licht zu eliminieren, welches durch den

2 Transmissionskurve für einen Schmalbandfilter für H+[NII], hier mit einer HWB von 12 nm
und 86% Transmission für H. Die zentrale Wellenlänge lo liegt bei Maximaltransmission, in diesem Fall bei 657 nm. Warum ist lo gegenüber H leicht verschoben? Wie hier, kann der Hersteller das Transmissionsfenster etwas langwelliger positionieren, so dass die H-Linie in der Transmissionskurve ein wenig mehr ,,nach links" zu liegen kommt. So wird die Rotverschiebung extragalaktischer HII-Regionen ausgeglichen. Auch die beiden Emissionslinien des ionisierten Stickstoffs kommen voll durch. Will man sie ausblenden, muss der H-Filter erheblich schmalbandiger sein. (Grafik: Peter Riepe)

Journal für Astronomie Nr. 84 | 51

Astrofotografie

Emissionslinienfilter gelangt. Wird dieses kontinuierliche Licht von der EmissionsSchmalbandaufnahme subtrahiert, so bleibt allein das Licht der Emissionslinie übrig. Eine bekannte Anwendung ist die Kontinuumssubtraktion für reine (!) HAufnahmen.
,,Schmalbandfilter verstärken das Licht einer bestimmten Emissionslinie." Nein. Der Zweck des Filters besteht allein darin, das Licht der vorgesehenen Emissionslinie aus dem Gesamtlicht des Objekts herauszufiltern und alles andere Licht größtenteils zu eliminieren, das außerdem noch in die Optik fällt. Folglich wird das Bild in jedem Fall dunkler, weil die durchgelassene Menge des kontinuierlichen Lichtes stark reduziert wird, während die Emissionslinie und weiteres Licht im Transmissionsfenster durchgelassen werden, wie die Abbildung 3 zeigt. Je kleiner die HWB, desto weniger störendes Licht gelangt durch das Transmissionsfenster. So wird der Himmelshintergrund immer dunkler, je schmaler die HWB des Filters ist. Bitte noch bedenken: Genau genommen besitzt der Filter für die vorgesehene Emissionslinie keine 100% Transmission. Die Transmissionskurve kann man beim Hersteller anfragen oder sogar auf dessen Webseite nachschauen. Im Datenblatt wird in der Regel nur die Zentralwellenlänge angegeben, bei der der Filter das Maximum an

Licht durchlässt, dazu die HWB. Die HWB der Schmalbandfilter liegt größtenteils zwischen 6 und 35 nm. Zur Sonnenbeobachtung gibt es spezielle H-Filter mit einer HWB deutlich kleiner 0,1 nm.
Die wichtigsten Emissionslinien des optischen Spektrums der leuchtenden Gasnebel werden von chemischen Elementen der Nebelmaterie erzeugt. Sie sind in der Tabelle aufgeführt. Neben diesen Linien gibt es viele weitere, in denen die Nebel auch leuchten, aber teilweise sehr viel schwächer.
,,Schmalbandfilter sind nur etwas für Spezialisten." Nein, gute Schmalbandfilter kann man schon für wenige hundert Euro erwerben. Neben den gängigen Schraubgewinden für Okulare gibt es auch Clip-Filter, die in Spiegelreflexkameras vor dem Sensor ohne spezielles Werkzeug eingesetzt werden können. Somit können Filter für fast alle gängigen Teleskope und Objektive genutzt werden. Auch zur visuellen Beobachtung mit lichtstarken Teleskopen eignen sich [OIII]-Filter ganz hervorragend.
,,Mit Schmalbandfiltern kann man problemlos bei Vollmond oder in der Dämmerung Deep-Sky-Objekte fotografieren." Nicht ganz. Der Mond reflektiert das Sonnenlicht und leuchtet daher auch in dem kontinuierlichen Spektralbereich, den die

Tabelle 1

Die wichtigsten Emissionslinien der leuchtenden Gasnebel

Emissionslinie
Doppellinie des ionisierten Schwefels Hauptlinie des ionisierten Wasserstoffs HII Doppellinie des ionisierten Stickstoffs Doppellinie des zweifach ionisierten Sauerstoffs zweite Linie des ionisierten Wasserstoffs HII

Kürzel
[SII] H [NII] [OIII] Hb

Wellenlängen (nm)
671,6 und 673,1 656,3 654,8 und 658,3 495,9 und 500,7 486,1

Sonne aussendet. Dieses Licht wird in der Atmosphäre gestreut, so dass der Himmelshintergrund aufgehellt wird. Ein Schmalbandfilter schwächt dieses störende Streulicht zwar deutlich ab, weil er nur einen kleinen Teil des kontinuierlichen Mondlichts durchlässt. Aber dennoch stört das Mondlicht noch so stark, dass ein Bild mit Schmalbandfilter bei einer dunklen mondlosen Nacht deutlich besser ist. Bei Mondlicht wird also das Signal-/Rauschverhältnis des Emissionsnebels verschlechtert. Je heller der Hintergrund ist, desto länger muss man belichten, um ein Signal-Rausch-Verhältnis zu erreichen wie ohne störenden Hintergrund. In der Bildbearbeitung lässt sich die störende Hintergrundhelligkeit durch Mondlicht z. B. dadurch subtrahieren, dass man einen zweiten Schmalbandfilter mit derselben Halbwertbreite und Durchlasshöhe einsetzt, der aber sein Transmissionsfenster neben der Emissionslinie hat. So wird durch den Zweitfilter nur das störende Kontinuum aufgenommen, welches dann von der Emissionslinienaufnahme subtrahiert werden kann (siehe auch weiter oben bei dem Hinweis auf die H-Kontinuumssubtraktion). Dies ist schon ein wenig aufwändiger. Bevor man während der Mondnächte aber gar nicht fotografiert, nutzen manche Hobbyastronomen gerne allein den streulichtreduzierenden Schmalbandfilter.
,,Schmalbandfilter kompensieren die Lichtverschmutzung vollständig." Nicht auf breiter Ebene. Positiv an Schmalbandfiltern ist, dass sie die im Spektrum der traditionellen nächtlichen Beleuchtung vorkommenden störenden Wellenlängen größtenteils wegfiltern. Dazu gehören z. B. die Linien von Quecksilberdampflampen oder Halogenröhren. Da aber mehr und mehr Leuchtmittel auf LED umgerüstet werden, die kontinuierlich in allen Wellenlängen des sichtbaren Spektralbereiches leuchten, helfen Schmalbandfilter immer weniger. Nur Filter für [SII] und H haben hier einen Vorsprung.

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,,Schmalbandfilter brauchen dieselbe Belichtungszeit wie normale RGBAufnahmen." Nein. Man kann das zwar machen, aber dann wird das Emissionsobjekt genauso hell abgebildet wie bei der RGB-Aufnahme, während der Himmelshintergrund wegen des weggefilterten Kontinuums dunkel bis nahezu schwarz erscheint. Die Belichtungszeit sollte aber so verlängert werden, dass die dunkelsten Pixel auch in der Schmalbandaufnahme bis zu 10 % ADU erreichen. Dann ist das eigentliche Ziel der Schmalbandfilterung erreicht: In dieser verlängerten Belichtungszeit können mehr Photonen des Emissionsnebels eingefangen werden. So wird das Objektsignal viel höher über das Hintergrundrauschen angehoben.
(Fortsetzung folgt)
3 Diese Bildreihe zeigt die Nebelregion
Simeis 57 im Sternbild Schwan. Die Aufnahmen erfolgten mit einem Celestron 11 und Hyperstar-System bei Blende 2 und 560 mm Brennweite. Als Kamera wurde die ZWO ASI1600MC Pro bei -15 Grad C Sensortemperatur verwendet. Jedes Bild wurde 98 x 120 s mit Gain 120 belichtet, also mit 20 % des Maximalwertes von 600 für diese Kamera. Für Bild a (oben) wurde kein Filter verwendet, hier also die schwarzweiße Wiedergabe wie bei einem Luminanzfilter. Für Bild b (Mitte) wurde der Rotfilter ,,Lumicon No. 25" eingesetzt, ein roter Kantenfilter, der violettes bis gelbes Licht absorbiert und wie der Standardfilter Wratten No. 25 ab etwa 590 nm rote und infrarote Wellenlängen durchlässt. Für c (unten) wurde der Schmalbandfilter ,,H-alpha-CCD 12nm" von Astronomik verwendet. Die Bilder wurden zur besseren Visualisierung nichtlinear gestreckt. Mit zunehmender Filterung wird das Licht der Sterne abgeschwächt, so dass die Nebelregionen besser hervortreten. (Bilder: Peter Köchling)
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Die Galaxie Messier 96 im Leo
von Werner E. Celnik

Die 9,3 mag helle Spiralgalaxie vom Typ SAB(rs)ab liegt bei den Koordinaten Rektasz. 10h 46min 45,744s und Dekl. +11 Grad 49' 11,78''. Bei SIMBAD [10] wird für die Radialgeschwindigkeit 893 km/s angegeben, bei NED [11] werden Werte von 735 bis 1.237 km/s zitiert. Die kosmologische Distanz zu M 96 beträgt ca. 16,9 Mpc = 55,1 Mio. Lj, was einem Entfernungsmodul von m-M = 31,1 mag entspricht. D. h. ein Stern der absoluten Helligkeit M = 5,0 mag erscheint nur noch 36,1 mag hell, wenn er in die Entfernung von M 96 verschoben würde. SIMBAD gibt für den optischen Winkeldurchmesser von M 96 7,24' x 4,79' an, NED zi-

tiert einen Wert von 7,58' x 5,23'. Letzteres ergibt für den linearen Durchmesser von M 96 einen Wert von 116.000 Lj.
M 96 erscheint mit einem hellen Zentrum, eng umgeben von einem ebenfalls recht hellen inneren Spiralarm-Ring, in dem sich markante spirallinienförmige Dunkelwolken befinden. Außen zeigt sich ein schwächerer, aber immer noch relativ heller Spiralarm-Ring mit schwächer kontrastierten Dunkelwolken und hellen blauen SternAssoziationen im Norden. An der Ost-Seite leuchtet eine Edge-On-Galaxie aus dem Hintergrund durch den Spiralarm.

Im Rahmen eines gemeinschaftlichen Projektes [1] mit anderen Sternfreunden in der VdS-Fachgruppe Astrofotografie konnte ich die Galaxie M 96 mit verschiedenen Teleskopen und den damit verbundenen unterschiedlichen Brennweiten aufnehmen, denn während der Projektlaufzeit von März 2020 bis Mai 2022 hatte ich meinen kleinen ,,Teleskoppark" umgerüstet. Als Montierung in meiner Gartensternwarte dient eine GM2000 von 10Micron mit Absolut-Encodern, die die praktische Arbeit ungemein erleichtern. Die Nachthimmelshelligkeit an meinem Standort in der Nähe des Zentrums einer Kleinstadt am Niederrhein ist

1 Die Galaxiengruppe Leo I mit infrarotmodifizierter DSLR Canon 1300 Dir und einem IR-Sperrfilter, der H noch durchlässt. 200-mm-
Teleobjektiv, Arbeitsblende 3,5, Belichtung 21,7 h in 12 Nächten von März bis April 2020, Bildfeld 5,43 Grad x 3,64 Grad , Norden ist oben. M 96 befindet sich in der Bildmitte. (Bild: Werner E. Celnik)
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Astrofotografie

hoch: Unter ,,besten" lokalen Bedingungen wird hier nur ein SQMWert von 19,7 mag/arcsec2 (entspr. etwa Bortle 5) erreicht.
Von 200 bis 2.800 mm Brennweite Im Jahr 2020 lief parallel zu den größeren Teleskopen (s.u.) eine infrarotmodifizierte DSLR Canon 1300 Dir mit H-Empfindlichkeit, aber mit IR-Sperrfilter mit, hinter einem Teleobjektiv Canon 1:2,8/200 mm bei Arbeitsblende 3,5, sozusagen als ,,Beifang". In 12 Nächten wurde 27,1 Stunden lang belichtet und eine Sterngrenzgröße von 19,8 mag in V (nach Vergleich mit dem SDSS [2]) erreicht (Abb. 1 und Abb. 2, Bild 1 v. o.). Neben den hellen Mitgliedern der M 96-Gruppe (M 95, M 105 und NGC 3384) und der weiter im Hintergrund stehenden NGC 3389 sind bereits zahlreiche schwächere Hintergrundgalaxien erfasst.
Die nächstgrößere zum Einsatz gekommene Brennweite beträgt 560 mm. Sie wurde in 6 Nächten von Februar bis März 2022 mit dem Celestron 11 EHD mit HyperStar-Ansatz im Primärfokus bei f/2 realisiert. Als Kamera diente eine Canon 700 Da. Dieses Bild floss in das o. g. Gemeinschaftsprojekt ein, darin wurde eine Sterngrenzgröße von 22,3 mag in V erreicht bei einer Gesamtbelichtung von 15,4 Stunden. Einen Bildausschnitt zeigt die Abb. 2, 2. Bild v. o.)
In 12 Nächten von März bis April 2020 konnte der Apo-Refraktor 150 mm/1.100 mm (f/7,3) von Takahashi auf M 96 gerichtet werden. Mit einer Canon 700 Da wurde 29,7 Stunden lang belichtet und eine Sterngrenzgröße von 22,5 mag in V erzielt (s. Abb. 2, 3. Bild v. o. und Abb. 3 oben). Überraschend war für mich, dass der im Teleskopvergleich mit einer relativ kurzen Brennweite ausgestattete Refraktor bei der Bildschärfe durchaus mit den nachfolgend beschriebenen größeren Schmidt-Cassegrains mithalten kann (s. dazu auch [3]).
Das Celestron 11 EHD ohne den HyperStar-Ansatz wurde in 13 Nächten von März bis April 2020 bei einer Brennweite von 2.800 mm (f/10) auf M 96 angesetzt. Kamera war eine Canon 6 Da. Nach 32,9 Stunden Gesamtbelichtung wurde eine Sterngrenzgröße von 23,0 mag in V erreicht (s. Abb. 2, 4. Bild v. o. und Abb. 3, 2. Bild v. o.).
Nach langem und zähem Ringen (mit mir selbst) hatte ich 2021 den Takahashi-Refraktor (f/7,3) in gute Hände abgegeben und ein ge-
2 Vergleich der Bildmaßstäbe der verschiedenen
Optik-Kamera-Kombinationen der Aufnahmen von 200 mm bis 2.800 mm Brennweite. (Bild: Werner E. Celnik)

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Astrofotografie 56 | Journal für Astronomie Nr. 84

brauchtes Celestron 14 EHD mit Brennweitenreduzierer 0,7x erworben, was mir ein Öffnungsverhältnis von 1:7,7 bescherte. In 9 Nächten von Februar bis Mai 2022 konnte ich M 96 mit einer gekühlten CMOS-Farbkamera Altair AA26cTec 37,5 Stunden lang belichten und damit eine Sterngrenzgröße von 23,5 mag in V erzielen (s. Abb. 2 Bild unten und Abb. 3, 3. Bild v. o.).
Das sollte nun aber auch erst einmal reichen. In Anbetracht meines sehr aufgehellten Nachthimmels kann ich mit den erzielten Sterngrenzgrößen zufrieden sein. Die in diesem Projekt mit den einzelnen Teleskopen erreichten Grenzhelligkeiten entsprechen in etwa denen in [3].
Die Kombination In der Abbildung 2 sind die fünf eingesetzten Brennweiten mit den verschiedenen Kameras, deren Sensoren ja ganz unterschiedliche Pixelgrößen besitzen, bildmaßstäblich zum Vergleich dargestellt. So reichen die Abbildungsmaßstäbe je nach Brennweite und Pixelgröße von 4,4 bis 0,28 Bogensekunden pro Pixel. Sofort wird klar, dass die mit den kürzeren Brennweiten aufgenommenen Einzel-Summenbilder für eine Kombination mit den längerbrennweitigen Einzel-Summenbildern nicht in Frage kommen. Einzig der Apo-Refraktor zeichnet so scharf, dass er Wertvolles zu einem detaillierten Gesamtbild beitragen kann.
In der Abbildung 3 sind daher zum Vergleich die EinzelSummenbilder mit dem Refraktor bei 1.100 mm, dem C 11 EHD bei 2.800 mm und dem C 14 bei 2.737 mm Brennweite im gleichen Maßstab (Bogenminuten pro Zentimeter im Druck) dargestellt. Man erkennt, der Refraktor zeigt zwar etwas Schärfeverlust und etwas mehr Rauschen gegenüber den größeren Optiken, steuert jedoch so viel Licht zur Verringerung des Rauschens im Gesamtbild bei (Abb. 3 unten), dass es sich lohnt, ihn mit einzubeziehen. So kam eine Gesamtbelichtung von 100,1 Stunden zusammen. Dies relativiert sich jedoch, denn bei
3 Die 3 zur Kombination verwendeten Einzel-Summen-
bilder mit 1.100 mm, 2.800 mm und 2.737 mm im gleichen Bildmaßstab zum Vergleich der Bildschärfe und Tiefe. Unten das Gesamtbild mit 100,1 Stunden Gesamtbelichtung. (Bild: Werner E. Celnik)

Astrofotografie
4 Gesamtbild von M 96 im größten gemeinsamen Bildausschnitt der 3 Einzel-Summenbilder. Bildfeld ca. 18,1` x 22,1`, Belichtungsaufwand
insgesamt 100,1 Stunden mit DSLRs und einer gekühlten CMOS-Farbkamera mit drei verschiedenen Teleskopen der Brennweiten 1.100 mm, 2.737 mm und 2.800 mm, Details im Text. Norden ist oben. (Bild: Werner E. Celnik)
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chen der Spiralarme helle blaue Überriesen-Sterne, die auffällig in Assoziationen angeordnet sind. Die Einzelsterne sind in meinem Bild nicht erfasst, dazu reicht die Winkelauflösung nicht aus, aber die einzelnen Assoziationen sind als blaue strukturierte Flecken gezeichnet.

Dunkelwolken sind sowohl im inneren als auch im äußeren Spiralarm-Ring abgebildet. Alle Aufnahmen belegen, dass die den Spiralarmen folgenden Dunkelwolken sich spiralförmig bis ins helle Kerngebiet der Galaxie ziehen. Wie auch die sehr gute, mit einem 16-Zoll-Teleskop gewonnene Amateur-Aufnahme von Johannes Schedler [8] mit einer ähnlich tiefen Grenz-Flächenhelligkeit wie in meinem Gesamtbild zeigt, deutet sich außerhalb des äußeren Spiralarm-Ringes ein weiterer Spiralarm an, nicht mehr vom Bildfeld des VLT erfasst.

5 Hochkontrast-Version der Abb. 4 mit der tiefsten geschlossenen Isophote
um die Galaxie herum. (Bild: Werner E. Celnik)

Blende 4,0 wäre dasselbe bei 24,3 Stunden erreicht worden, was bei diesen Brennweiten allerdings einer Optik mit 700-mmÖffnung entspricht.
Die Abbildung 4 zeigt das Ergebnisbild in vollem Umfang. Gegenüber der Abbildung 3 unten wurde der Kontrast angehoben und eine Bildschärfung (in Photoshop CC) durchgeführt, um Details innerhalb der Galaxienstruktur besser sichtbar zu machen. Die Sterngrenzgröße in V beträgt hier mindestens 23,8 mag, der FWHM-Wert für die Sterne wurde mit DeepSkyStacker [4] auf 1,7 Bogensekunden ermittelt.
Was zeigt das Gesamtbild? Die besten verfügbaren Aufnahmen im

Internet stammen vom Very Large Telescope der ESO [5] und vom Hubble Space Telescope [6]. Während das VLT-Bildfeld noch den hellen äußeren Spiralarm-Ring mit der durchscheinenden Edge-On-Galaxie darin zeigt, ist das HST-Bildfeld auf das Zentrum von M 96 mit dem sehr hellen inneren Spiralarm-Ring beschränkt. Beide Aufnahmen spielen hier in einer eigenen Liga, können jedoch zum Objekt-Vergleich herangezogen werden.
Das VLT-Bild zeigt keine rot leuchtenden Gasnebel, wohl aber das HST-Bild. Diese sind hier sehr klein und wenig markant. Daher habe ich bei meinem Projekt auf HAufnahmen verzichtet. Beide Aufnahmen zeigen vor allem in den nördlichen Berei-

Alle Aufnahmen zeigen zahlreiche Hintergrundgalaxien, die durch die Scheibe von M 96 hindurchleuchten. Die auffälligste davon ist die rötliche Edge-On-Galaxie 2MFGC 08391, die sich nordöstlich des Zentrums im hellen äußeren SpiralarmRing befindet und 245 Mio. Lj entfernt ist [7]. Während das Bild von Johannes Schedler bereits das extrem schmale Staubband in dieser Galaxie zeigt, reicht die Auflösung in meinem Gesamtbild dazu gerade nicht aus. Bestenfalls ist eine Andeutung erkennbar, wenn man auf dem Bildschirm stark vergrößert und mit dem Kontrast spielt.
Am südwestlichen Rand der Scheibe von M 96 befindet sich die in V lt. SDSS 14,2 mag helle und 30 Bogensekunden große elliptische Hintergrund-Galaxie LEDA (PGC) 83335 mit einer mittleren Flächenhelligkeit von 22,2 mag/arcsec2 (aus GUIDE [9]) und einer Entfernung von 786 Mio. Lj (aus NED). Von M 96 weiter außen in Richtung Südwest folgt die Ellipse LEDA

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Astrofotografie

(PGC) 83334 mit 15,8 mag in V Gesamthelligkeit und 24,3 mag/arcsec2 mittlerer Flächenhelligkeit, sie steht in derselben Entfernung wie LEDA 83335.
Nördlich davon erkennt man eine recht schwache Galaxie mit einem helleren Punkt in der Mitte bei Rektasz. 10h 46min 30,2s und Dekl. = +11 Grad 45' 21'' (2000.0), die Galaxie AGC 202026 (s. a. Abb. 5). Peter Riepe von der VdS-Fachgruppe Astrofotografie kommentiert dazu: ,,... ist gut abgebildet, auf den ersten Blick so wie im SDSS ... In Simbad ist von einem Typus dE die Rede. Es kann aber durchaus sein, dass ein dE mit Nucleus vorliegt. Dass ein schwaches Sternchen genau im geometrischen Mittelpunkt liegt, scheint mir eher unwahrscheinlich. Von dieser dE-Galaxie gibt es bisher noch keine Messung der Radialgeschwindigkeit. Die Helligkeit der Muttergalaxie M 96 wird da ein Hindernis für tiefe Spektrografie sein! Der Typus von AGC 202026 jedoch zeigt mit Blick auf ihre Ausdehnung von ca. 17'', dass es sich vermutlich um eine Begleitgalaxie von M 96 handelt. Bei der Distanz von M 96 entspräche das etwa 3.200 Lj an wahrem Durchmesser des Zwergs."
Weitere Hintergrundgalaxien wurden nach Vergleich mit dem SDSS bis zu einer Grenzgröße in V von ca. 23,0 mag erreicht; so z. B. die Galaxie SDSS J104636.68+115201.0 bei den Koordinaten Rektasz. 10h 46min 36,68s und Dekl. +11 Grad 52' 01,0'' (2000.0).
Hochkontrast-Bild Die Abbildung 5 zeigt eine HochkontrastVersion der Abbildung 4. Das Bild wurde invertiert und (nur zur Information) das Positiv als Inset eingefügt. Zur Ermittlung der Konturen wurde das invertierte Bild in Photoshop CC stark im Kontrast angehoben und zur Rauschminderung geglättet. Die Funktion im Menüpunkt ,,Filter - Stili

sierungsfilter - Konturen nachzeichnen" liefert dann die Konturen, die hier über das nicht geglättete Bild gelegt sind.
Dargestellt ist die äußerste, um die Galaxie geschlossene Konturlinie. Sie zeigt eine Ausdehnung der Galaxie in Nord-Süd und Ost-West von 13,7 x 9,7 Bogenminuten an. Das ist um einen Faktor 1,9 bis 2,0 größer als der Literaturwert (s. erster Absatz).
Verformungen der Scheibe oder Sternströme sind hier nicht feststellbar.
Schärfer geht oft/immer Wie so oft, komme ich auch hier wieder zu dem Fazit: Am besten noch einmal so lange belichten, um die äußersten Ausläufer des Objektes noch besser erfassen zu können. Aber irgendwo muss man seine persönliche Grenze ziehen. Sowohl die Tiefe als auch der gute FWHM-Wert der Gesamtaufnahme deuten an, dass die Technik wohl ausgereizt werden konnte. Dass es auch mit Amateurmitteln noch etwas besser geht, zeigt die noch schärfere Aufnahme von Johannes Schedler [8] mit 16 Zoll Öffnung.
Danksagung Gerhard Hilverkus schulde ich Dank für die Anregung, dieses schöne und detailreiche Objekt aufzunehmen, und bei Peter Riepe bedanke ich mich herzlich für viele fruchtbare Diskussionen zu diesem Thema.
Literatur- und Internethinweise (Stand: 01.07.2022): [1] W. E. Celnik, G. Hilverkus, M. Hoppe,
2022: ,,Die Galaxiengruppe um M 96 im Leo - Entstehungsgeschichte eines Bildes", VdS-Journal für Astronomie 83, S. 122 [2] SDSS DR12 Navigate Tool: http:// skyserver.sdss.org/dr12/en/tools/ chart/navi.aspx

[3] W. E. Celnik, P. Riepe, M. Hoppe, G. Hilverkus, H. G. Weber, 2022: ,,Die Galaxie NGC 2403 - ein Gemeinschaftsprojekt (Teil 2)", VdS-Journal für Astronomie 83, S. 40
[4] DeepSkyStacker: http:// deepskystacker.free.fr/german/
[5] M 96 mit dem ESO VLT: https:// upload.wikimedia.org/wikipedia/ commons/8/80/NGC_3368_ESO.jpg
[6] M 96 mit dem HST: https://apod. nasa.gov/apod/ap190612.html
[7] Hintergrund-Galaxie 2MFGC 08391: http://ned.ipac.caltech.edu/ byname?objname=2MFGC+08391 &hconst=67.8&omegam=0.308& omegav=0.692&wmap=4&corr_z=1
[8] M 96, Amateur-Aufnahme von J. Schedler: http://panther-observatory. com/gallery/deepsky/doc/M96_ f10_50.htm
[9] Software GUIDE: www.projectpluto. com/
[10] M 96, Daten bei SIMBAD: http:// simbad.u-strasbg.fr/simbad/ sim-id?Ident=M+96&jsessionid=F552B0E105C9882CC120CC226B9D70A7.new
[11] M 96, Daten bei NASA/IPAC Extragalactic Database (NED): http://ned.ipac.caltech.edu/cgi-bin/ objsearch?objname=NGC+3368& extend=no&hconst=73&omegam=0.27&omegav=0.73&corr_ z=1&out_csys=Equatorial&out_ equinox=J2000.0&obj_sort= RA+or+Longitude&of=pre_text&zv_ breaker=30000.0&list_limit=5&img_ stamp=YES

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Astrofotografie
Impression: IC 63 in der Cassiopeia
1 Eine eindrucksvolle Nahansicht des Emissionsnebels IC 63 in der Cassiopeia! Westen liegt oben. Etwa 19 Bogenminuten rechts oben sitzt
außerhalb des Bildfelds der heiße B0-Stern Gamma Cassiopeiae. Seine Strahlung stößt auf eine große, staubdurchsetzte Molekülwolke und lässt die Stoßfronten hell aufleuchten. Frank Breslawski nutzte im November 2021 in seiner Gartensternwarte im Bergischen Land ein Takahashi CCA-250 (Ritchey-Chretien), dazu eine CMOS-Kamera ZWO ASI 6200MM mit Astronomik-Filtern. Belichtet wurde insgesamt 15,8 Stunden im 2x2-Binningmodus und zwar je 25 x 3 Minuten für R, G und B, dazu 72 x 10 Minuten für H. H wurde für die Luminanz verwendet und dem Rotkanal beigemischt. Zusätzlich: je 20 Flats pro Filter, 50 Darks und 200 Bias. Die Bildbearbeitung erfolgte komplett in PixInsight.
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Astronomische Vereinigungen

Goldener Herbst zur VdS-Tagung in Halle
von Michael Schomann

Ende Oktober 2022 fand die lange geplante VdS-Tagung in Halle (Saale) statt. Ursprünglich sollte sie bereits zwei Jahre zuvor stattfinden, musste coronabedingt jedoch mehrfach verschoben werden. Die Idee zum Austragungsort Halle wurde während der letzten Präsenztagung der VdS 2019 in Neunburg vorm Wald geboren. Hintergrund war damals, die VdS in der Region Ost bekannter zu machen. Mit dem Arbeitstitel ,,Alle nach Halle" gingen wir schließlich ins Rennen und bildeten ein Organisations-Team. Das Ziel bestand darin, über den Horizont zu blicken, neue Wege zu gehen, Sternwarten im Spiegel der Gesellschaft zu sehen unter Einbeziehung des Umweltgedankens und der Lichtverschmutzung.

1 Vor dem Planetarium Halle-Kanena von 1963, das Vorbild für viele
weitere Sternentheater wurde.

Am Freitag, 28. Oktober 2022, war es endlich soweit. Die Tagung begann mit einem Fachgruppentreffen der FG Astronomische Vereinigungen im historischen Planetarium Halle-Kanena. Dort stellte Andreas Klug ein Mehrwertkonzept für Sternwarten und Vereinigungen vor. Dabei wurde dargestellt, welchen Nutzen eine Sternwarte oder ein astronomischer Verein von einer Mitgliedschaft bei der VdS hat und welche Wege bei der Werbung beschritten werden können. Das Mehrwertkonzept sieht außerdem eine Förderung der engeren Zusammenarbeit mit den anderen Fachgruppen der VdS vor. Einer der erhofften Synergieeffekte soll mehr Facharbeit in die Sternwarten und Vereine bringen und den Fachgruppen und Sternwarten umgekehrt neue interessierte Sternfreunde zuführen. Eine längere, lebhafte und intensive Diskussion folgte. Daran schlossen sich das wichtige Thema Jugendarbeit in der Fachgruppe sowie die aktuellen Entwicklungen in der FG an.

2 Andreas Klug rechts im Bild berichtet im Planetarium zum Thema
,,Mehrwertkonzept" für Sternwarten und Vereine.

3 Sirko Molau berichtet in der historischen
Aula zu seiner Fachgruppe Meteore.

Journal für Astronomie Nr. 84 | 61

Astronomische Vereinigungen

4 Arthur Battenberg betreute mit einigen anderen Sternfreunden den VdS-Stand. Die Flyer für die ersten 11 Fachgruppen sind verfügbar.

Am Samstag startete der große Tag im Löwengebäude der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Das Tagungsthema lautete: ,,Über den Horizont blicken - Amateurastronomie im Wandel", an dem rund 80 Sternfreunde teilnahmen. Benjamin Mirwald moderierte souverän und begleitete die gesamte Tagung locker und charmant. Zu Beginn wurde die aktive Astronomie in Halle und Umgebung vorgestellt, vertreten durch die Planetarien in Halle (Dirk Schlesier), Halle-Kanena (Angelique Schuchardt & Keks) sowie in Merseburg (Mechthild Meinike). Auch die Gesellschaft für astronomische Bildung in Halle wurde vorgestellt (Michael Reuter und Stefan Lorenz).

geistert zu klatschen. Es folgte Christian Theis von der alten Sternwarte Mannheim zum Thema Kunst und Astronomie mit einem hochinteressanten Vortrag, wie die Überleitung von Kunst zur Astronomie gelingen kann. Aus Salzburg, von der VEGASternwarte ,,Haus der Natur", berichtete Julia Weratschnig per Zoom über interdisziplinäre Ansätze bei ,,Jugendkursen über die Astronomie hinaus". Sie konnte gut zeigen, wie man Jugendliche mitnimmt und den Grundstein für ein nachhaltiges Interesse für die Astronomie legen kann. Abschließend schilderte Harald Steinmüller den Ablauf des zweiten Innovationsworkshops für Jugendliche in der Astronomie als Fortsetzung der Frankfurter Tagung und er-

läuterte das Ergebnis. Die Jugendlichen haben trotz der Coronazeit untereinander Kontakt gehalten, diesen ausgebaut, Online-Vorträge angeboten und neue Kontakte herstellen können.
VdS-Themen Im Block nach der Mittagspause kam die VdS zu Wort. Andreas Klug erläuterte das ,,Mehrwertkonzept" bezüglich des Nutzens einer Mitgliedschaft in der VdS nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für Sternwarten und Astrovereine. Die Win-win-Situation kann durch die VdS als Dachverband für alle erreicht werden. Danach stellte Astrid Gallus die auf der letzten Mitgliederversammlung ernannten Botschafter vor.

Astronomie ohne Grenzen Danach folgte das Thema ,,Astronomie ohne Grenzen". Vorgestellt wurden zunächst Beispiele für barrierefreie Astronomie von der Beobachtergruppe Deutsches Museum durch Harald Vorbrugg zur Astronomie für Blinde. Benjamin Mirwald zeigte am Beispiel der Sternwarte München wie Treppen und Teleskope behindertengerecht ausgestaltet werden können. Ein echtes Highlight wurde von Paul Hombach mit der Verbindung von Musik und Astronomie präsentiert: Über Zoom zugeschaltet setzte er live die Bewegung von Himmelskörpern in rhythmische Klänge um. Auf Wunsch aus dem Publikum improvisierte er spontan Gravitationswellen mit Gesang im Heavy Metal-Stil. Das war einfach nur genial und die Teilnehmer wollten nicht aufhören, be-

5 Daniel Fischer als einer der neuen Botschafter der VdS hielt die Laudatio
zur Tagung am Ende der Podiumsdiskussion.

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Astronomische Vereinigungen

6 Die 4 Teilnehmer der Podiumsdiskussion, das Halle-Orga-Team sowie die Helfer aus Halle-Kanena stehen auf der Bühne.

Eigens angereist waren Bernd Gährken aus München und Daniel Fischer aus Bochum, die sich gerne interviewen ließen und von ihrer Tätigkeit als Repräsentanten der VdS berichteten.
Von den 19 Fachgruppen der VdS waren in Halle 9 vertreten. Sie waren gebeten worden, ihre Fachgruppen und deren Arbeit vorzustellen und aufzuzeigen, wie Fachthemen in die Arbeit der Sternwarten und in deren Öffentlichkeitsarbeit eingebracht werden können. - Astronomische Vereinigungen durch
Michael Schomann - Astrophysik und Algorithmen von Uwe
Pilz

- Dark Sky mit Andreas Hänel - Geschichte der Astronomie durch Tors-
ten Eisenschmidt - Jugendarbeit von Alexandra Piworun
und Harald Steinmüller - Kometen mit Uwe Pilz - Meteore durch Sirko Molau - Radioastronomie von Frank Theede und
Klaus Fenger - Fachgruppe Remote-Sternwarten durch
Bernd Christensen
Einige Fachgruppen hatten auch einen Stand im Hörsaal IVX. Dort stellten ebenfalls astronomie-DAS MAGAZIN sowie die VdS und die Sternfreunde Halle-Kanena aus. In diesem Saal fanden die Pausen

statt, die reichlich Gelegenheit zum regen Austausch boten und zur Gewinnung neuer Kontakte genutzt wurden, welches eines der Hauptziele der FG AV ist.
Astronomie als Zugang Nach der Kaffeepause referierte Tobias Beuchert von den ,,Astronomers for Planet Earth" zum Thema ,,Multiplikatoren des Wandels - gemeinsam die Zukunft gestalten". Dieser Vortrag kann sicher als ein weiteres Highlight der Tagung bezeichnet werden.
Er leitete gekonnt in die nachfolgende Podiumsdiskussion ,,Was tun gegen Lichtverschmutzung" mit Andreas Hänel (Fach-

7 Ein Teil der Sternfreunde vor dem Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle.
Dort ist auch die Original-Himmelsscheibe von Nebra zu sehen.

8 Ein aktueller Nachbau der Himmelsscheibe zeigt
das ursprüngliche Aussehen.
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Astronomische Vereinigungen

9 Oben: Strahlender Sonnenschein bei der Führung im Horizont-
observatorium Goseck.

1 0 Oben rechts: Beim Schloß Goseck gab es neben einer
Grillstation auch eine Ausstellung zu sehen.

gruppe Dark Sky, Osnabrück) über. Weitere Teilnehmer der Runde waren Frank Vohla (Teammitglied Paten der Nacht, Altenburg in Thüringen) und Laura Kranich (Meteorologie-Studentin und Fotografin, Kiel). Die lockere und fundierte Moderation übernahm Peter Gärtner von der Walter-Hohmann-Sternwarte Essen.

Zum Abschluss folgte der Abendvortrag, der in das tolle Ausflugsprogramm des folgenden Sonntags einführen sollte: Dr. Regine Maraszek (Kuratorin Frühe Metallzeiten, Landesmuseum Halle) trug zum Thema: ,,Neue Horizonte - das kosmische Weltbild der Himmelsscheibe von Nebra im Spiegel der bronzezeitlichen Mythologie" vor. Sie tat das kurzweilig und fundiert und stellte sich danach einer ganzen Reihe lebhafter Fragen aus dem Publikum, für die sie sich ausreichend Zeit zum Antworten nahm.

1 1 Auf dem Fußweg zum Mittelberg kamen wir an der Arche Nebra
vorbei, die wegen Renovierung geschlossen hatte.

Selbstverständlich ging ein Großteil der Teilnehmer, wie auch schon am Abend zuvor, gemeinsam zum Abendessen, denn auch kulinarisch hat Halle einiges zu bieten.

Glücklicherweise wurde in der kommenden Nacht die Zeit wieder umgestellt, so dass alle Sternfreunde eine Stunde länger schlafen konnten vor den geführten Ausflügen am Sonntag. Die größte Attraktion war die Besichtigung der Himmelsscheibe in der Dauerausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte. Die VdS-Teilnehmer wurden in zwei getrennten Gruppen und mit astronomischem Aspekt durch die Ausstellung geführt.

Im Anschluss folgte die individuelle Fahrt zum Sonnenobservatorium in Goseck und danach noch zur Fundstätte der Himmelsscheibe auf den Mittelberg. Ein herrlicher Herbsttag neigte sich dem Ende zu, während die junge Mondsichel, Jupiter und die ersten Sterne den Weg zurück beleuchteten.

Vielen Dank allen Teilnehmern und dem Halle-Organisationsteam Benjamin Mirwald, Astrid Gallus und Harald Steinmüller mit Unterstützung der Sternfreunde aus Halle-Kanena vor Ort, insbesondere Angel & Keks.

1 2 Am Fundort der Himmelsscheibe befindet sich eine verspiegelte
,,Linse" und dahinter der fantastische Aussichtsturm. Alle Abbildungen: Michael Schomann

64 | Journal für Astronomie Nr. 84

Atmosphärische Erscheinungen

Der Hunga-Tonga-Ausbruch und dessen atmosphärische Auswirkung auf die Südhalbkugel
von Claudia Hinz

Der Hunga Tonga ist ein submariner Vulkan im Inselstaat Tonga im Pazifik. Die Spalte in der Erdkruste, aus welcher das Magma an die Oberfläche dringt, befindet sich also unterhalb der Meeresoberfläche. Die namensgebenden Inseln Hunga Tonga und Hunga Ha`apai waren ursprünglich getrennt und wurden durch einen Vulkanausbruch zum Jahreswechsel 2014/2015 ver-

bunden. Ein weiterer Ausbruch zwischen 20. Dezember 2021 und 2. Januar 2022 vergrößerte die Insel durch freigesetztes Material um mehr als 2,5 Quadratkilometer. Am 15. Januar 2022 um 04:14 UTC (17:15 Ortszeit) explodierte der Vulkan Hunga Tonga (Abb. 1) und brach die Insel auseinander. Übrig blieben von der erst sehr jungen Insel nur zwei Felsen (Abb. 2).

Analysen von Vulkanologen ergaben, dass es sich um eine der stärksten jemals gemessenen Eruptionen handelte. Die Explosionsstärke mit einer Beben-Magnitude von 5,8 auf der Oberflächenwellen-Magnituden-Skala war stärker als alle registrierten Eruptionen im 20. Jahrhundert und auch als alle jemals durchgeführten Nuklearwaffen-Tests. Die Hunga-Tonga-Eruption teilt

1 Vulkanausbruch des Hunga Tonga am 15.01.2022. (Quelle: NOAA GOES Geostationary Satellite)

2 Die Veränderung der Insel(n) durch den Vulkanausbruch im Januar 2022. (Quelle: NASA)

Journal für Astronomie Nr. 84 | 65

Atmosphärische Erscheinungen 66 | Journal für Astronomie Nr. 84

viele Merkmale mit dem Krakatau-Ausbruch 1883 (Indonesien), einschließlich atmosphärischer Druckwelle und Tsunamis, hatte aber im Gegensatz dazu nur eine heftige Explosion, deren Überschallknall sowohl im 2.300 Kilometer entfernten Neuseeland als auch im 9.700 Kilometer entfernten Alaska zu hören war. In der ersten Stunde des Ausbruchs wurden etwa 200.000 Blitze registriert [1].
Die erzeugte atmosphärische Schockwelle raste viermal um die Erde und konnte weltweit von Luftdruckmessgeräten nachgewiesen werden. Auch in Deutschland wurden mehrere Luftdruckschwankungen bis 2,5 hPa aufgezeichnet. Beim Krakatauausbruch soll die Druckwelle sogar siebenmal um die Erde gerast sein. Weitere Druckwellen dieser Art sind nicht bekannt und selbst der Ausbruch des Pinatubo auf den Philippinen im Jahr 1991 (einer der gewaltigsten Vulkanausbrüche des 20. Jahrhunderts) hat zumindest in Deutschland keinen sichtbaren Ausschlag am Barometer gebracht [2].
Nach Berichten des britischen National Centre for Earth Observation (NERC) erreichte die Aschewolke während des Ausbruchs mit mehr als 50 Kilometer Höhe sogar die Stratopause. Insgesamt setzte der Hunga Tonga etwa einen Kubikkilometer Material frei, etwa doppelt so viel wie der Mount St. Helens bei seinem Ausbruch 1980. Die Asche selbst breitete sich in tieferen Schichten aus und führte auf den umliegenden Inseln zu starkem Ascheregen. Anhand von Satellitendaten schätzen Wissenschaftler, dass 400.000 Tonnen Schwefeldioxid (zusammen mit einer großen stratosphärischen Wasserdampfanomalie) in höhere Atmosphären-
3 Beispiele der unzähligen Dämmerungs-
aufnahmen der Webcam Huaraz in Peru. (Quelle: foto-webcam.eu)

Atmosphärische Erscheinungen

4 Purpurlicht im November 1991 in Nepal nach Ausbruch des Pinatubo. (Bilder: Wolfgang Hinz)

schichten gelangten und sich seitdem in der Südhemisphäre ausbreiten. Für einen deutlichen Einfluss auf das Klima sollte die Menge nicht ausreichend sein. Der Ausbruch des Pinatubo, der in den Folgejahren für etwas niedrigere globale Durchschnittstemperaturen sorgte, setzte etwa 50-mal mehr Schwefeldioxid frei.
Vulkanische Asche sinkt sehr schnell ab, aber die winzigen Schwefelsäuretröpfchen können sich monatelang in der Stratosphäre halten und aufgrund der größeren Lichtstreuung zu intensiven Dämmerungserscheinungen führen. Der Arbeitskreis Meteore e.V. hat aufgrund zahlreicher Beobachtungen die Dämmerungen nach den Eruptionen des Kasatochi (Alëuten, 2008), des Sarychev (Kamtschatka, 2009), Eyjafjallajökull (Island, 2010) und des Nabro (Eritrea, 2011) sowie nach einigen kleineren Ausbrüchen verfolgt und Rückschlüsse auf Höhe und Aerosoldichte ziehen können. Vor allem nach dem Ausbruch des Eyjafjallajökull an einem Freitagnachmittag waren es die Beobachter, welche erste Hinweise auf Höhe und Absinken der Ascheteilchen gaben, bevor es dann am Montag nach dem Wochenende erste Messungen gab. Die zahlreichen detaillierten Beobachtungen, die nach dem Ausbruch des Krakatau überliefert wurden, verhelfen dabei immer wieder zu interessanten Vergleichen.
Vulkanische Dämmerungen sind vor allem durch zarte Wolkenstrukturen charakterisiert, welche bei tief oder knapp unter dem Horizont stehender Sonne sichtbar wer-

den, einer intensiven Purpurdämmerung und durch Crepuscularstrahlen, also Schatten(strahlen) weit entfernter Wolken oder Erhebungen, die auf der sehr hohen Aerosolleinwand abgebildet werden und bis in den Gegensonnenbereich reichen können. Die Purpurdämmerung entsteht in der zweiten Hälfte der bürgerlichen Dämmerung ab etwa 2 Grad Sonnentiefe, wenn die Sonne auch in der oberen Troposphäre bereits untergegangen ist. In der darüberliegenden Stratosphäre wird das rötliche Licht der tiefstehenden Sonne an Aerosolen gestreut. Je dichter die Aerosolschicht in der Stratosphäre, desto intensiver die Farben. Die Länge und Höhe des Purpurlichtkegels hängen vor allem mit der Mächtigkeit der Staubschicht zusammen. Reicht diese sehr hoch, kann es bei einer Sonnentiefe von etwa 7 Grad noch ein schwächeres horizontnahes Nachpurpurlicht geben. Nach dem Ausbruch des Krakataus wurden bis drei Jahre danach intensive, bis in den Zenit reichende Purpurlichter beschrieben, die mehr als eine Stunde andauerten, wobei oft das Hauptpurpurlicht mit dem Nebenpurpurlicht verschmolz. Sie erreichten ihre Maxima in den beiden nachfolgenden Wintern, bevor sich die sichtbare atmosphärische Situation im Sommer 1886 wieder allmählich normalisierte. Nach der Eruption des Pinatubo (15 Grad N) dauerten die Vulkandämmerungen immerhin Monate an. Der Krakatau befindet sich in Äquatornähe (6 Grad S), weshalb sich die Aerosole in beide Hemisphären ausbreiten konnten. Der Hunga Tonga liegt jedoch 20 Grad Süd, ein Austausch zwischen Nord- und Südhemisphäre wird

somit in bodennahen Schichten durch die Passatzirkulation verhindert. Zwar lässt die Trennung mit der Höhe nach, aber die Aerosolmengen dürften für einen großen Einfluss bei uns nicht ausreichend sein.
Insofern ist es nicht verwunderlich, dass vor allem aus Australien, Neuseeland und dem mittleren Südamerika von intensiven Dämmerungserscheinungen berichtet wird. Seit April leuchtet der Himmel bei Sonnenauf- und -untergang in feurigen Blau-, Lila- und Violetttönen in unterschiedlichen Intensitäten. In Neuseeland wurde eine ungewöhnlich hohe Aerosolkonzentration in 25 Kilometern Höhe gemessen. Vor allem zwischen dem 35. und 45. Breitengrad haben sich die Aerosolintensitäten verdreifacht.
Um die Entwicklung der Dämmerungserscheinungen zu studieren, beobachte ich seit einiger Zeit die Webcam Huaraz in Peru auf 3.050 m Seehöhe [3]. Sie liefert alle 10 Minuten ein Foto und hat das morgendliche Purpurlicht im Bild. Etwa ab Mitte Februar waren erste zarte Purpurlichter erkennbar. Im März folgte mehrfach auffälliges, aber mäßiges Purpurlicht mit wechselnder Intensität (Abb. 3). Dies war kein Vergleich zu den Pinatubodämmerungen, die mein Mann Wolfgang Hinz im Herbst 1991 hautnah erleben durfte und von denen er Vergleichsbilder beisteuerte (Abb. 4). Und ich dachte schon, das war es. Aber seit April ist eine Intensivierung in Häufigkeit, Helligkeit und vor allem bei der Dauer erkennbar. Teilweise zeigt es sich bis 40 Minuten lang!

Journal für Astronomie Nr. 84 | 67

Neben fast schon apokalyptischen Farben sind vor allem seit Mai häufig Crepuscularstrahlen erkennbar.
Auch Andreas Möller unseres Arbeitskreises Meteore e.V. [5] konnte während einer Reise zur Mondfinsternis in der Atacama-Wüste in Chile ungewöhnliche Dämmerungen mit intensivem Purpurlicht beobachten. Zudem waren fein strukturierte Staubwolken mit Aussehen ähnlich Leuchtenden Nachtwolken sichtbar, wie wir sie nach früheren Vulkanereignissen und Waldbränden auch schon in Deutschland beobachten konnten. Die Sonnenauf- und -untergänge in San Pedro de Atacama beschrieb er als ,,die spektakulärsten, die ich je gesehen habe. Das Licht strahlte so intensiv, dass der ganze Himmel in ein dreckiges oranges Leuchten gehüllt war." (Abb. 5).
Nicht nur Messungen, sondern auch das Auftreten eines Purpurlichts kann Aussagen über die Verweildauer der Sulfate in der Stratosphäre bringen. Wie von Beobachtungen nach dem Krakatau-Ausbruch überliefert, scheinen sich auch die Dämmerungen auf der Südhalbkugel nach Diffusierung der Aerosole erst nach mehreren Monaten zu intensivieren und im Winterhalbjahr stärker auszufallen, als im Sommer [4]. Zum Zeitpunkt des Artikels (Mitte Juli 2022) liefert die Webcam in Peru noch immer spektakuläre Dämmerungsfotos und es bleibt spannend, wie sich die Farben zum (Südhalbkugel-)Sommer hin entwickeln und wie lange der Hunga Tonga letztendlich seine Spuren in der Stratosphäre hinterlässt.
Literatur- und Internethinweise (Stand: 31.08.2022): [1] Vulkanausbruch des Hunga Tonga 2022: Wikipedia,
https://de.wikipedia.org/wiki/Vulkanausbruch_des_ Hunga_Tonga_2022 [2] Archiv Matthias Barth, Königsbrück [3] Webcam Huaraz in Peru: www.foto-webcam.eu/ webcam/huaraz [4] J. Kiessling, 1888: ,,Untersuchungen über Dämmerungserscheinungen: zur Erklärung der nach dem Krakatau-Ausbruch beobachteten atmosphärischoptischen Störung", 1888, L. Voss [5] Arbeitskreis Meteore e.V.: www.meteoros.de, Diskussionsforen: forum.meteoros.de
5 Charakteristische Staubwolken und Purpurlicht
in der chilenischen Atacama-Wüste im Mai 2022. (Bilder: Andreas Möller)

Astrophysik & Algorithmen

Woher stammt die Idee der Dunklen Materie?
von Uwe Pilz

Galaxien rotieren, das kann man spektroskopisch messen. Die rotierenden Sterne unterliegen dem Gravitationsgesetz, wie es auch für die Planeten im Sonnensystem gilt: Die Schwerkraft muss der Fliehkraft entsprechen, wenn sich der Körper auf einer Kreisbahn bewegt. Für Ellipsenbahnen gilt dies zumindest im Mittel.
Auf die Planeten des Sonnensystems wirkt nahezu ausschließlich die Anziehungskraft der Sonne. Deshalb verringert sich ihre Bahngeschwindigkeit, je weiter sie von der Sonne entfernt sind. Merkur bewegt sich mit 48 km/s, während Neptun es nur auf 5,4 km/s bringt (Abb. 1). Mathematisch ist die Bahngeschwindigkeit umgekehrt proportional zur Wurzel des Abstandes.
Bei Galaxien und auch bei Galaxienhaufen sind die Verhältnisse etwas anders, da die anziehende Masse nicht in einem Zentralgestirn vereinigt ist, sondern allmählich mit der Entfernung vom Zentrum zunimmt. Die Bahngeschwindigkeit von Sternen um das Galaxienzentrum ist im In-

neren sehr klein und nimmt dann ebenfalls zunächst zu. In den Außenbereichen einer Galaxie befinden sich kaum noch Sterne, so dass sich die Masse innerhalb der Umlaufbahn kaum noch ändert, wenn der Radius weiter wächst. Von der Gravitationswirkung ist es aber nahezu gleichgültig, ob die Masse in einem Punkt konzentriert ist oder verteilt. Das kann man leicht nachrechnen. Das äußere Gebiet erfährt also eine Gravitationswirkung, die nahezu der gesamten Materie der Galaxie entspricht - ähnlich wie die Planeten im Sonnensystem. In diesem äußeren Bereich ist der vom Sonnensystem bekannte indirekte Zusammenhang zwischen dem Zentrumsabstand und der Geschwindigkeit zu erwarten (Abb. 2). Die Messungen ergeben aber ein anderes Bild.
Fritz Zwicky untersuchte in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts den Coma-Galaxienhaufen [1]. Er stellte fest, dass die Bahngeschwindigkeiten in den Außenbereichen viel zu groß waren, um den Galaxienhaufen gravitativ zu binden. Er schrieb seinerzeit: ,,Um, wie beobachtet, einen

mittleren Dopplereffekt von 1.000 km/s oder mehr zu erhalten, müsste also die mittlere Dichte im Coma-System mindestens 400-mal größer sein als die auf Grund von leuchtender Materie abgeleitete. Falls sich dies bewahrheiten sollte, würde sich also das überraschende Resultat ergeben, dass dunkle Materie in sehr viel größerer Dichte vorhanden ist als die leuchtende Materie."
Der Begriff ,,Dunkle Materie" war damit geboren. Fritz Zwicky meinte damit allerdings gewöhnliche interagierende Materie, die zu kalt ist, um Licht zu emittieren.
In den 1960er-Jahren untersuchte Vera Rubin die Rotation des Andromedanebels [2]. Auch sie kam zu dem Ergebnis, dass die Bahngeschwindigkeit viel zu hoch ist, um mit der Gravitation der sichtbaren Materie erklärt zu werden. Sie schrieb: ,,In einer Spiralgalaxie ist das Verhältnis von Dunkler Materie zu sichtbarer Materie in etwa zehn zu eins. Das ist vermutlich auch ein ganz guter Faktor, um das Verhältnis unse-

1 Links: Die Bahngeschwindigkeiten der Planeten fallen
mit dem Sonnenabstand nach einem Wurzelgesetz ab.
2 In einer Galaxie oder einem Galaxienhaufen nimmt
die Schwereanziehung mit der Entfernung zunächst zu (grüne Linie). In den Außengebieten befinden sich kaum noch Sterne, so dass hier das Wurzelgesetz erwartet wird (rote Linie).
Journal für Astronomie Nr. 84 | 69

Dark Sky

3 Vergleich der gemessenen Rotationsgeschwindig-
keit der Sterne unserer Milchstraße (blau) gegenüber der Erwartung aus der sichtbaren Materie (rot)

res Wissens zu unserem Nichtwissen zu beschreiben. Wir sind zwar aus dem Kindergarten raus, aber gerade einmal in der dritten Klasse."
Später untersuchte die Astronomin weitere Galaxien. In allen Fällen fand sie dasselbe Ergebnis: Die Rotationsgeschwindigkeit fernab vom Zentrum war viel zu hoch. Auch für unsere Milchstraße gilt dies. Die Abbildung 3 zeigt diese Messungen für unsere Galaxis [3]. Im nächsten Heft werde ich ein Modell

samt Rechenprogramm vorstellen, mit welchem man die Gravitation und die Rotationsgeschwindigkeit der gewöhnlichen sichtbaren Materie modellieren kann. Wer inzwischen etwas mehr zu diesem Thema erfahren möchte, dem empfehle ich das kleine Büchlein von Sibylle Anderl [4].
Literaturhinweise: [1] F. Zwicky, 1933: ,,Die Rotverschiebung
von extragalaktischen Nebeln", Helvetica Physica Acta 6, S. 110-127

[2] V. C. Rubin, W. K. Ford, 1970: "Rotation of the Andromeda nebula from a spectroscopic survey of emission regions", Astrophys. J. 159, pp. 379403
[3] D. P. Clemens, 1985: "Massachusettsstony brook galactic plane CO survey: The galactic disk rotation curve", Astrophys. J. 295, pp. 422-436
[4] S. Anderl, 2022: ,,Dunkle Materie", C. H. Beck Wissen; 2934

Zehn Gründe dafür, jetzt das Hobby Astronomie aufzugeben ...
von Gerd Althoff

Seitdem ich 12 Jahre alt bin, bin ich Hobbyastronom. Das sind über 50 Jahre. 50 Jahre, in denen ich mal mehr oder weniger aktiv war, in denen ich aber in der Astronomie immer wieder Kraft, Entspannung und Ausgleich für das restliche, manchmal sehr verrückte Leben gefunden habe. Doch jetzt verzweifle ich langsam. Motivation und Freude am Hobby - insbesondere an der Astrofotografie - sind an einem Tiefpunkt angelangt. Warum?

Wetter Es ist nicht verwunderlich - das norddeutsche Wetter steht hier an erster Stelle. Es gab schon immer längere Schlechtwetterphasen, aber in den letzten Monaten gab es nur eine Handvoll klare, astrotaugliche Nächte. Das ist umso bitterer, weil ich, auch coronabedingt, viel mehr Zeit gehabt hätte.
Lichtverschmutzung Ein paar Kilometer von meiner Sternwarte in Melle entfernt hat vor etwa 10 Jahren, an einem neu errichteten Kreisverkehr, eine Tankstelle eröffnet - ganzjährig ganztägig beleuchtet. In der direkten Umgebung von

Melle wurde zudem das Industriegebiet Gesmold ausgebaut und sorgt nun für eine deutlich stärkere Himmelsaufhellung (s. Abb. 1). Waren es vorher durchschnittlich 20 mag/arcsec2, so liegt die Himmelshelligkeit nun im Mittel bei 19 mag/arcsec2. Tendenz: jährlich spürbar heller werdend. Staunend sah ich während des ersten Lockdowns im April 2020 bei einer ausgeprägten Schönwetterphase eine detaillierte Milchstraße über mir - vielleicht wie seit den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts nicht mehr.
Luftverschmutzung Ebenfalls staunend sah ich bei der im letz-

ten Punkt genannten Schönwetterphase und dem fehlenden Flugverkehr in den frühen Morgenstunden den Kopf des Skorpions klar und deutlich bis herunter zu 5 Grad über dem Horizont. Das war schon in den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts selten möglich, wohl aber in den früher 70er-Jahren.
Starlink Bislang habe ich selbst noch keine Störungen in meinen Astrofotos durch die be(vor) stehende Flut an Starlink-Satelliten erfahren. Ich halte es aber nicht für ausgeschlossen, dass die ohnehin bei mir wetter- und verschmutzungsbedingt sehr begrenzten Zeitfenster, in denen Astroaufnahmen möglich sind, noch kleiner werden. Weitere Investitionen in neues Astro-Equipment habe ich daher erst mal auf Eis gelegt. Und das leitet zum nächsten Thema über ...

70 | Journal für Astronomie Nr. 84

Dark Sky

Leere Versprechungen Im Internet und den (noch) vorhandenen Astromagazinen in Papierformat wird zunehmend aggressiv Werbung für astronomisches Equipment gemacht. Manch eine Zeitschrift existiert vermeintlich nur noch, weil sie von diversen Händlern gestützt wird. Die dort platzierte Werbung wartet gelegentlich mit absurden Aussagen auf. Bei ,,Take great pictures the first night out" oder auch ,,10 Deep-Sky-Objekte in nur einer Nacht" muss ich regelmäßig den Kopf schütteln. Worin besteht denn das Hobby, wenn schon in der ersten Nacht alle interessanten Himmelsobjekte abgelichtet wurden? Ist es nicht auch Merkmal eines guten Hobbys, wenn man ,,klein" anfängt, sich entwickelt und dabei an den Fortschritten der eigenen Fertigkeit erfreut?
Kommerz und Kosten Und damit sind wir beim Punkt Geld. Gerade Neueinsteigern wird durch die Werbung suggeriert, dass eine kostspielige Astrogerätschaft auch automatisch tolle Astrofotos liefert. Hier ist Frustration vorprogrammiert. Einerseits erlebe ich Anfänger, die auf Grund falscher Sparsamkeit minderwertige, nicht ordentlich funktionierende Produkte kaufen. Da kann ich aus

1 Viel Licht im Industriegebiet von Gesmold bei Melle wird gen Himmel geschickt, was bei
den oft tiefhängenden Wolken besonders gut sichtbar wird. Die Sternwarte des Autors, die Sternwarte des Naturwissenschaftlichen Vereins Osnabrück und die EXPO-Sternwarte liegen in der Nähe und sind durch das Störlicht beeinträchtigt (Bild: A. Hänel).

eigener Erfahrung mitreden! Wer andererseits als Anfänger über die entsprechenden Mittel verfügt und das Beste vom Besten kauft, wird auch enttäuscht sein, weil die Ergebnisse nicht so sind, wie in der Werbung versprochen. Auch hier gilt der alte Spruch: ,,Übung macht den Meister." Daher empfehle ich jedem Anfänger erst mal einen 8-Zoll-Dobson, ohne jegliche Elektronik, und mindestens 20 klare, kalte Nächte. Und ich stoße mit dieser Empfehlung auf Kopfschütteln, weil es ja jetzt für 4.000 Euro

,,Vollautomatik-Teleskope" gibt, die gleich alles können. Und wo bleibt da das Hobby?
Leistungsdruck Hobbyastronomen haben schon früh das Internet und darin die große Welt der Foren für sich entdeckt. Dort werden Astrofotos gezeigt und diskutiert. Der Tenor der Kommentare ist etwa wie folgt: super Bild, aber ...! Etwas mehr Belichtung hier, etwas ,,natürlichere" Farben dort und die Nachführung war ja auch nicht optimal. Wo ist
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Journal für Astronomie Nr. 84 | 71

Dark Sky

da noch die Entspannung im Hobby? Muss ich mich in unserer leistungsorientierten Welt jetzt auch schon in meinem Hobby dem allgegenwärtigen Leistungsdruck beugen? Allein bei der Belichtungszeit von Deep-Sky-Objekten sind 10, 20, 30 Stunden und mehr üblich, um ein Bild zu erhalten, welches dem ,,allgemeinen Anspruch" genügt! Ich empfehle hier das aufmerksame Studium von Bildunterschriften und Angaben zur Bildgewinnung. Was soll nur aus mir werden, frage ich mich, wenn ich lediglich alle paar Wochen eine Nacht mit guter Sicht habe?
Egoismus Die Welt der Hobbyastronomie ist stark männlich geprägt. Das ist sehr schade, weil dadurch unvermeidlich auch viel Imponiergehabe zu beobachten ist. Das ,,dickste Rohr" ist sicherlich ein zu plattes Bild, es geht eher um die längste Belichtungszeit, die beste Vernetzung im Internet mit anderen ,,erfahrenen" Hobby- oder gar Berufsastronomen. Der freudige, ja begeisterte Austausch über ein gelungenes Beobachtungsergebnis wird leider immer mehr von Neid und Missgunst abgelöst.

Überfluss Das Internet ist voll mit den schönsten Astrofotos von Hobbyastronomen. Jedes irgendwie erreichbare Objekt wurde hundert- und tausendfach abgelichtet. Dass heute ein Laie mit etwas Übung für kleines Geld bessere Bildergebnisse erzielt als seinerzeit der 5-Meter-Spiegel von Mt. Palomar, ist ja allgemein bekannt. Auch hier spiele ich mit, betreibe gar seit vielen Jahren eine eigene Astro-Homepage. Ich stelle aber fest, dass sich (fast) niemand für diesen Internetauftritt interessiert. Kein Wunder, wenn man den Überfluss an Astroinformationen im Internet betrachtet. Ein schickes Design und die Beachtung der einschlägigen SEO (Suchmaschinenoptimierungs)-Regeln sind heute ganz wichtig - der Inhalt wird sonst unsichtbar.
Umweltschutz Einigen der oben genannten Unbilden kann man entkommen, wenn man in ferne Lande mit dunklem Himmel und trockenem Klima fliegt. Auch hier bin ich Wiederholungstäter, war gar siebenmal auf Astrourlaub in Namibia. Alles, was dort am Himmel Rang und Namen hat, habe

ich nun abgelichtet, teilweise mehrfach. Es gibt noch eine Fülle, vielleicht weniger bekannte, jedoch ebenfalls sehr interessante Deep-Sky-Objekte am Südsternhimmel, die ich noch nicht im Fokus hatte. Aber nun meldet sich mein Umweltgewissen! Kann ich es - auch vor mir selbst - verantworten, in Zeiten des Klimawandels Langstreckenflüge für ,,ein paar weitere Astrofotos" zu machen? Ist es nicht für mich an der Zeit, auf regelmäßige 16.000 Flugkilometer zu verzichten?
Es gilt die alte Weisheit: ,,Der Hobbyastronom muss leidensfähig sein und lange leben! Sonst sollte er sich ein anderes Hobby suchen." Ich habe mich in den letzten zwei Jahren weitgehend zurückgezogen und meine Freizeit mit anderen interessanten Dingen verbracht. Gemerkt hat es niemand und das ist auch recht so. Mein Equipment habe ich noch und nutze es auch - in einer der seltenen sternklaren Nächte, mutterseelenallein und endlich wieder staunend und zufrieden.

Impression

72 | Journal für Astronomie Nr. 84

NGC 7129
Der Reflexionsnebel im Kepheus wurde von Bernd Dörfeldt mit einem NewtonTeleskop von 250 mm Öffnung und 1000 mm Brennweite zusammen mit einer Kamera ZWO ASI183MM im RGB-Verfahren von Fuerteventura aus insgesamt 8 h 12 min belichtet.

15. Europäisches Symposium zum Schutz des Nachthimmels in Fulda
von Andreas Hänel

1 Gruppenbild der Teilnehmer
am 15. Europäischen Symposium zum Schutz des Nachthimmels im Innenhof des Vonderau-Museums in Fulda

Beim 14. Europäischen Symposium zum Schutz des Nachthimmels in Mayo/Irland wurde 2019 die Sternenstadt Fulda als nächster Tagungsort ausgewählt. Durch die Corona-Epidemie musste es verschoben werden, doch im März 2022 sahen die Zeichen günstig aus, dass es durchgeführt werden könne. Von vornherein war geplant, das Treffen in Präsenz zu veranstalten, und so fanden rund 50 Teilnehmer aus Europa den Weg nach Fulda. Sogar der Direktor der International Dark Sky Association (IDA), Ruskin Hartley, nahm die lange Reise nach Deutschland auf sich. Veranstaltet wurde es von der Fachgruppe Dark Sky, dem Sternenparkverein Rhön, dem Hessischen Biosphärenreservat Rhön und der Stadt Fulda. Nachdem sich am Samstagnachmittag, dem 30. April, einige Vertreter deutschsprachiger Sternenparks zu einem Erfahrungsaustausch getroffen hatten, führte abends eine Exkursion durch den Sternenpark Rhön,

wo einer der Himmelsschauplätze und die Arche Rhön auf dem Weidberg besucht wurden. Auf der Hohen Geba gab es ein rustikales Abendessen, doch inzwischen fing es an zu regnen, so dass Etta Dannemann aus Berlin ihren Audioguide unter bedecktem Himmel präsentieren musste.
Am Sonntag, dem 1. Mai, und dem darauffolgenden Montag fand dann die Tagung in der barocken Kapelle des Vonderau-Museums in Fulda statt, und in zahlreichen Vorträgen und Diskussionen wurden unterschiedliche Aspekte behandelt: - Methoden zur Messung der Himmels-
helligkeit, - Auswirkungen künstlichen Lichts auf die
Tierwelt und insbesondere Insekten, - Einsatz umweltfreundlicher Beleuchtung, - Schutz eines natürlich dunklen Stern-
himmels.

Es ging aber auch um das Thema Sicherheit und Licht, zu dem eine Kriminologin erläuterte, dass es keine gesicherten Zusammenhänge gibt. Und eine Musikerin widmete sich dem Thema Sternenhimmel mit Fotografie und Musik.
Am Sonntagabend folgte dann noch eine Führung durch die Sternenstadt Fulda, wo einige der Leuchtenumrüstungen mit der 50%igen Reduzierung um 22:30 Uhr gezeigt wurden. Und am Montagabend wurde es dann noch klar, so dass einige Teilnehmer für Vergleichsmessungen zum Schwarzen Moor in der Rhön fuhren.
Das nächste Europäische Symposium zum Schutz des Nachthimmels soll im Herbst 2023 am Kapteyn Astronomischen Institut der Universität Groningen in den Niederlanden stattfinden.

2 Teilnehmer der Rhön-Exkursion am Himmelsschauplatz
Hofaschenbach (Bild: A. Hänel)

3 Der Vortragssaal in der Kapelle des Vonderau-Museums in Fulda
(Bild: A. Hänel)
Journal für Astronomie Nr. 84 | 73

Deep Sky

Skyguide 2022 - 4 (Winter)
von Robert Zebahl und Rene Merting

Dieses Mal reisen wir durch das Sternbild Perseus und besuchen vornehmlich Doppelsterne und Sternhaufen. Die meisten Objekte sind in einem kleinen Instrument gut beobachtbar, auch unter vorstädtischem Himmel.
NGC 869 und NGC 884 Fangen wir einfach mit den nahe beieinanderliegenden Sternhaufen NGC 869 und NGC 884 an, welche wohl jeder kennen dürfte. Diese beiden Sternhaufen sind hell genug, um auch aus städtischem Umfeld mit dem Fernglas ihren Haufencharakter zu präsentieren. Doch verbirgt NGC 869 ein kleines Geheimnis, das manchem sicher schon aufgefallen ist. Es handelt sich um

das Sternmuster Zürn 1. Der Beschreibung von Rene Merting ist nichts mehr hinzuzufügen: ,,Der Fallschirmspringer, entdeckt vonKatharina Zürn. Im Sternhaufen NGC 869 lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Im Zentrum des Haufens zeigt sich ein kleines, feines Sternmuster. Um den 6,5 mag hellen Stern V520 Per bilden fünf Sterne mit Helligkeiten ab 8 mag einen engen, nach außen (bzw. Südosten) gewölbten Bogen. Mit etwas Fantasie wirkt der Sternbogen wie ein Fallschirm und V520 Per ist der Kerl, der am Fallschirm hängt. Eine weitere mögliche Deutung ergibt sich für all jene, die den heulenden Zyklopen (NGC 7134) kennen. Sie werden hier sicherlich
1 Übersichtskarte

seinen freundlicheren Bruder, den lachenden Zyklopen, erkennen." In einem mittelgroßen Fernglas ist dieser kleine Sternbogen bereits gut sichtbar, wenn auch nicht vollständig aufgelöst. Im Teleskop tritt er deutlich hervor.
NGC 1528 und NGC 1545 Im östlichen Teil von Perseus erwarten uns zwei weitere, recht verschiedene Sternhaufen. NGC 1528 ist als Sternhaufen lohnend. Manchem Beobachter erscheint er zweigeteilt. Er besteht überwiegend aus mittelhellen und schwächeren Sternen. Durch seine unregelmäßige Form wirkt er eher oval. In einem Teleskop mit 102 mm Öffnung darf man unter aufgehelltem Himmel (Bortle





NGC 457

7 9

NGC 884

NGC 869 4

NGC 1528



65

NGC 1545



48 53







M 76

51



NGC 1245
58 Per 32


52

1



2









M 34 12
16

54

STF 434

40

24 17





1





58

NGC 752




Tri M

74 | Journal für Astronomie Nr. 84

erstellt mit Cartes du Ciel

Deep Sky

6/7) durchaus ein gutes Dutzend Sterne mit geringen Farbunterschieden erwarten. Unter dunklem Himmel ist NGC 1528 auch im Fernglas beeindruckend, zeigt sich bei geringer Vergrößerung aber nur als heller, großflächiger Nebel. Ganz anders ist die Natur von NGC 1545, welcher als Sternhaufen nur spärlich erscheint und sich wenig von seiner Umgebung abhebt. Dennoch lohnt eine Beobachtung, da er von dem ungleichen Doppelstern STF 519 (7,8 mag und 9,4 mag, Winkelabstand 17,9'') sowie dem Mehrfachsystem S 445 geprägt wird. Diese lassen sich schon in einem 16x70-Fernglas gut beobachten, wobei STF 519 ein wenig der Übung bedarf, vor allem bei aufgehelltem Himmel. S 445 bildet mit seinen drei Komponenten A, B und C ein markantes Dreieck, A strahlt dabei gelblich oder orangefarben. Das ist auch gut auf Fotografien zu erkennen. Das Mehrfachsystem umfasst unter der Bezeichnung ES 2604 noch zwei weitere Komponenten E und D, deren Helligkeiten allerdings bei 11,2 mag und 14,8 mag liegen.

2 NGC 1528 steht rechts oben und NGC 1545 links unten, Norden ist oben. (Bild: DSS, gemeinfrei)

STF 434 Bringen wir nun etwas Farbe ins Spiel und widmen uns dem Doppelstern STF 434 im Süden des Sternbildes. Leicht zu finden, recht hell (7,8 mag und 8,3 mag) und mit einem großen Winkelabstand von knapp 34'' ist er praktisch in jedem Fernglas gut erreichbar und ein schönes Ziel für den Stadtbeobachter. Der Doppelstern zeigt einen schönen Farbkontrast: (hell)orange und hellblau. Die Farbintensität hängt oft vom verwendeten Instrument, der Vergrößerung und nicht zuletzt vom Beobachter ab. Hier hilft nur Probieren. Ein lohnender Doppelstern in reizvoller Umgebung.

3 STF 519 und S 445, Zeichnung von
Robert Zebahl am 102-mm-ED-Refraktor (f/11) bei V = 28x

4 STF 434: Zeichnung von Robert Zebahl
am 102-mm-ED-Refraktor (f/11) bei V = 28x

Journal für Astronomie Nr. 84 | 75

Kleine Planeten

5 NGC 1245, Norden ist oben. (Bild: DSS, gemeinfrei)

NGC 1245 Als letztes Objekt möchten wir den Sternhaufen NGC 1245 vorstellen, der mit einem geschätzten Alter von 1 Milliarde Jahren bereits zur älteren Generation gehört. Er ist sehr sternreich mit vielen schwächeren Mitgliedern. Die Beobachtung sollte besser unter dunklem Himmel erfolgen, dann ist der Sternhaufen auch im 16x70-Fernglas als zarter Nebel sichtbar. Je nach verwendeter Teleskopöffnung lassen sich mehr oder weniger viele Einzelsterne erkennen. Der Sternhaufen ist im englischsprachigen Raum auch unter dem Namen ,,Patrick Starfish Cluster" zu finden. Patrick Star ist eine Figur der Zeichentrickserie ,,SpongeBob Schwammkopf ". Es braucht hierfür vermutlich sehr viel Fantasie.

2022 DX
- die erste NEO-Entdeckung am Schmidt-Teleskop auf dem Calar Alto

von Erwin Schwab

Das ehemalige Hamburger Schmidt-Teleskop befindet sich seit 1975 auf dem Calar Alto in Spanien. Im Zeitraum von 1985 bis 1997 wurde mittels Objektivprisma der Hamburger-Quasar-Survey durchgeführt [1]. Ich selbst war im Januar 2001 vor Ort und hatte das Vergnügen, bei einer Führung das Teleskop mit einem HauptspiegelDurchmesser von 1,2 Metern und einem Durchmesser der Schmidt-Korrekturplatte von 0,8 Metern zu bewundern. Allerdings machte das Fernrohr zu diesem Zeitpunkt einen etwas vernachlässigten Eindruck. Das historische Gerät wurde ab 1997 vorläufig stillgelegt. Es gab keine Fotoplatten mehr zu kaufen - das Zelluloid-Zeitalter näherte sich seinem Ende. Bei der Führung hieß es: ,,Vielleicht kommen ja mal wieder bessere Zeiten auf das Fernrohr zu ..."

Rund 15 Jahre später, bei einer Tagung der VdS-Kleinplanetenfachgruppe, traf ich Detlef Koschny, den damaligen Leiter des Segments für Erdnahe Objekte der Europäischen Weltraumorganisation (ESA). Er fragte mich, ob ich vielleicht mal Lust hätte, mit einem professionellen Teleskop ferngesteuert zu beobachten. Als Amateurastronom bekommt man solch eine Frage nicht jeden Tag gestellt, meine Antwort war sehr spontan: ,,Wann kann ich loslegen?"
Ende 2016 war es soweit. Seitdem wird der Betrieb durch die ESA finanziert und die Beobachtungszeit im Wesentlichen für die Nachverfolgung sowie Wiederentdeckung von erdnahen Kleinplaneten (NEOs) verwendet. Außerdem werden Messungen von Rotationslichtkurven vorgenommen. Über die fotometrische Beobachtung des

sehr schnell rotierenden NEOs 2018 AM12 habe ich bereits berichtet [2, 3]. An diesem Teleskop sind mir inzwischen zahlreiche Wiederentdeckungen von NEOs und Kometen gelungen [4]. Meine Entdeckung des einzigartigen Kataklysmischen Veränderlichen J1832.4-1627 (AAVSO-Nummer: 000-BNG-512) [5, 6, 7, 8] hat bisher die größte Resonanz in der internationalen Fachpresse hervorgerufen [9, 10, 11].
Bei der verwendeten Kamera FLI ProLine PL230-42 ergibt sich mit 2,4 m Brennweite ein Gesichtsfeld von rund 44 x 44 Bogenminuten und eine Pixelgröße von 1,29''. In der Nacht vom 22. auf den 23. Februar 2022 hatte ich ein Gebiet ausgewählt, welches sich ca. 20 Grad östlich des Oppositionspunktes in der Ebene der Ekliptik befindet. Die 48 Einzelaufnahmen mit je 60 s Belich-

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Kleine Planeten

tungszeit habe ich mit der Software Tycho Tracker ausgewertet [12]. Es ging mir ein Objekt ins Netz mit knapp 21. Magnitude, welches sich mit 2,3 Bogensekunden pro Minute bewegte. Die Hauptgürtel-Kleinplaneten in dieser Himmelsregion haben eine Geschwindigkeit von nur ca. 0,5''/min. Zudem war ich sehr überrascht festzustellen, dass sich dieser Entdeckungskandidat in die entgegengesetzte Richtung aller anderen abgebildeten Kleinplaneten bewegte (mit einem Positionswinkel von 114 Grad )!
Das Resultat der NEO Rating Page des Minor Planet Centers (MPC) ergab eine Wahrscheinlichkeit von 100 %, dass es sich um ein erdnahes Objekt handelt. Binnen 10 Minuten nach meinem Report an das MPC befand sich mein Fund bereits auf der NEO Confirmation Page und wurde von einigen Observatorien bestätigt. Das Minor Planet Circular 2022-D46 [13], veröffentlicht am 24. Februar 2022, bestätigte offiziell, dass es sich um einen Neufund handelt, welcher die Designation 2022 DX bekam. In der Abbildung 1 sind die Entdeckungsaufnahmen überlagert als Dreifach-Stack zu sehen.
2022 DX ist die erste Entdeckung eines erdnahen Kleinplaneten am Calar-AltoSchmidt, seitdem sich dieses Gerät in Spanien befindet. Vor über 50 Jahren, am 26. 10. 1971, wurde das Apollo-Objekt (1865) Cerberus am damaligen Standort in Hamburg-Bergedorf durch Lubos Kohoutek entdeckt, was bisher die einzige Entdeckung eines NEOs an diesem Teleskop war. Es wurde sehr schnell deutlich, dass 2022 DX eine etwas ungewöhnliche Bahn hat, woraufhin im ESA-Newsletter vom März 2022 eine Bekanntmachung erschien [14], die ich übersetzt hier wiedergeben möchte: ,,In der Nacht des 22. Februar beobachtete unser Kollaborateur Erwin Schwab mit dem ESA-finanzierten Calar-AltoSchmidt-Teleskop in Spanien, als er eine

1 2022 DX, abgebildet als drei Punkte in einer Reihe. Entdeckungsaufnahme vom 22.02. /
23.02.2022 am Calar-Alto-Schmidt-Teleskop, Spanien. Komposit aus drei Stacks mit je 16 x 60 s = 960 s Belichtungszeit. Der helle Stern ist GSC 0271.0775 mit 9,7 mag. Die diffusen Streifen entstehen aufgrund des sogenannten Etaloning-Effekts des Back-IlluminatedChips. (Bild: Erwin Schwab / ESA)

neuen NEO entdeckte. Nachdem Bestätigungsbeobachtungen von anderen Observatorien gesammelt wurden, bekam das Objekt die Bezeichnung 2022 DX. Auf den ersten Blick schien es sich um einen ganz normalen, sehr kleinen NEO zu handeln, mit einem Durchmesser von etwa 10 Metern. Interessant ist aber seine Bewegung in Bezug zur Erde: Aufgrund der fast kreisförmigen Umlaufbahn und der geringen Inklination ist seine Relativgeschwindigkeit sehr gering, etwa 1 km/s. Eine unmittelbare Folge dieser Besonderheit ist, dass dieser Asteroid viele Monate in der Nähe

der Erde verbleibt und daher viel länger beobachtbar sein wird, im Vergleich zu anderen Kleinplaneten der 10-Meter-Klasse. Dies bietet eine einmalige Gelegenheit, die Umlaufbahn eines sehr kleinen Asteroiden genau zu bestimmen, welcher einem nichtgravitativen Druck der Sonnenstrahlung auf seine Oberfläche ausgesetzt ist. Dieser Effekt wurde bisher nur bei einer Handvoll Objekten direkt nachgewiesen und 2022 DX könnte unsere nächste Gelegenheit sein, diese interessante Wechselwirkung zu untersuchen."

2 Himmelsansicht, generiert mittels der Software EasySky. Eingezeichnet ist der Fundort
(2022-02-22), die Position der letzten Messung (2022-04-06) und die Spur innerhalb dieses Zeitraums von 2022 DX. Als Vergleich ist die Spur des Hauptgürtel-Kleinplaneten (274020) Skywalker im gleichen Zeitraum dargestellt. (Bild: Erwin Schwab)

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Wie ich bereits erwähnte, bewegte sich 2022 DX entgegen der Bewegungsrichtung der Hauptgürtel-Kleinplaneten, nämlich von Westen nach Osten. Auf der Himmelsansicht (s. Abb. 2) ist die Bewegung im Vergleich zum Hauptgürtel-Kleinplaneten (274020) Skywalker zu sehen. Eingezeichnet sind die Spuren beider Objekte im Zeitraum vom 22. 02. bis 15. 05. 2022. Erst Anfang Mai kehrte sich die scheinbare Bewegungsrichtung von 2022 DX um.
Grund dieser vermeintlichen retrograden Bewegung ist die Relativgeschwindigkeit von 2022 DX in der Entdeckungs-Opposition. Obwohl 2022 DX, wie alle NEOs des Amor-Typs, sich ständig außerhalb der Erdbahn befindet, hatte er trotzdem eine schnellere Bahngeschwindigkeit. Zum Entdeckungszeitpunkt hatte die Erde eine Bahngeschwindigkeit von 30,1 km/s, aber 2022 DX war mit 30,8 km/s um 0,7 km/s schneller. Am sonnennächsten Punkt (Perihel) von 2022 DX, Mitte März 2022, war seine Bahngeschwindigkeit sogar 1,1 km/s größer als die der Erde. Wie ist das möglich? Sollten gemäß der Himmelsmechanik nicht alle Objekte, die weiter weg sind von der Sonne als die Erde, auch immer eine langsamere Bahngeschwindigkeit haben? Nein, das ist nicht der Fall, denn diese Aussage trifft nur auf die mittlere Bahngeschwindigkeit zu!
Die Lösung liegt also in der Exzentrizität von 2022 DX, welche mit 0,097 ellipsenförmiger ist als die der Erde. Im sonnenfernen Bereich hat 2022 DX eine wesentlich niedrigere Bahngeschwindigkeit als die Erde und wird somit von ihr wieder eingeholt. Im Mittel hat 2022 DX natürlich eine niedrigere Bahngeschwindigkeit, was sich in einer längeren Umlaufzeit von 1,19 Jahren widerspiegelt. Nur im sonnennahen Bereich ist 2022 DX schneller als die Erde. Dieses Phänomen ist übrigens auch bei Ko-

meten möglich, wenn diese ihr Perihel sehr nahe an der Erdbahn haben.
Die Zeitspanne der Beobachtung war leider kürzer als anfangs abgeschätzt. Denn 2022 DX ist nach Osten gewandert, wo sich das Hauptband der Milchstraße befand. Aufgrund der zunehmenden Sternendichte und des immer lichtschwächer werdenden Objekts war nach dem 6. April 2022, jenseits von ca. 23. Magnitude, keine Beobachtung mehr möglich. Letztendlich waren diese sechs Wochen Beobachtung eine zu kurze Zeitspanne, um einen signifikanten

Einfluss des Sonnenwindes auf die Bahn von 2022 DX wie erhofft nachweisen zu können.
Mit einer baldigen Nummerierung des Neulings ist leider nicht zu rechnen. Erst im Jahr 2069 erreicht er endlich wieder die 21. Magnitude. Dann werde ich 105 Jahre alt sein. Falls eine Nummerierung erfolgen sollte, werde ich eine wilde Party veranstalten. Ihr seid alle herzlich eingeladen!

Literatur- und Internethinweise (Stand 02.09.2022): [1] J. Schramm, 2010: ,,Sterne über Hamburg", Kultur- & Geschichtskontor Hamburg
2010, ISBN: 978-3-9811271-8-8 [2] E. Schwab, 2019: ,,Zerreißprobe des NEOs 2018 AM12, beobachtet mit dem Calar-
Alto-Schmidt", VdS-Journal für Astronomie 68, S. 83 [3] E. Schwab et al., 2018: ,,Rotation Period for the potentially hazardous Asteroid
2018 AM12", Minor Planet Bulletin, Issue 45-3 [4] E. Schwab, 2018: ,,NEOs und Kometen mit dem Hamburger-Schmidt-Teleskop auf
dem Calar Alto", VdS-Journal für Astronomie 67, S. 76 [5] E. Schwab, P. Breitenstein, 2019: ,,Entdeckung des Veränderlichen Sterns 000-
BNG-512, dessen Klassifizierung als DQ-Herculis-Typ sowie die Bestimmung der Perioden", BAV-Rundbrief 4 (2019), S. 187 [6] E. Schwab, P. Breitenstein, 2020: ,,Entdeckung des Kataklysmischen Veränderlichen 000-BNG-512", VdS-Journal für Astronomie 74, S. 112 [7] K. Beuermann, P. Breitenstein, E. Schwab, 2022: ,,J1832.4-1627, the first eclipsing stream-fed intermediate polar", Astron. Astrophys. 657, A101 [8] E. Schwab, 2021: ,,Simulation der Rotationslichtkurve von Intermediate-Polar-Veränderlichen, Vergleich mit den Messungen des IP J1832.4-1627 (AUID: 000BNG-512) sowie die Bestimmung der Lage der magnetischen Achse des Weißen Zwergsterns", BAV-Rundbrief 4 (2021), S. 205 [9] Calar Alto Press Release: https://www.caha.es/news/releases-mainmenu-163/ 14157-the-first-binary-star-of-its-kind-discovered-with-the-schmidt-telescope [10] phys.org: https://phys.org/news/2021-11-j18324-eclipsing-stream-fed-intermediatepolar.html [11] The science times: https://www.sciencetimes.com/articles/34529/20211115/ german-scientists-identified-first-deeply-eclipsing-stream-fed-intermediate-polar.htm [12] Software Tycho Tracker: www.tycho-tracker.com [13] MPEC 2022-D46: 2022 DX, https://minorplanetcenter.net/mpec/K22/K22D46.html [14] ESA-Newsletter vom März 2022: https://neo.ssa.esa.int/documents/20126/ 419169/Newsletter+March+2022.pdf

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Die ,,zweite" Online-Kleinplanetentagung
von Sven Andersson
Die 24. Kleinplanetentagung 2022 sollte ursprünglich im Haus der Astronomie (HdA) [1] in Heidelberg am Wochenende 11./12. Juni stattfinden. Kurzfristig haben sich die Organisatoren wegen der damals aktuellen Corona-Lage aber dann doch für eine Onlinetagung entschieden.
Ab 9:00 Uhr war der Konferenzraum online offen. Vor der eigentlichen Tagung entwickelten sich interessante Gespräche über die Kleinplanetenbeobachtung. Als Tagungsleiterin eröffnete Carolin Liefke um 10:00 Uhr die 24. Kleinplanetentagung. Insgesamt 25 Teilnehmer waren bei der Tagung dabei. Den ersten Vortrag hielt traditionell Gerhard Lehmann, unser Fachgruppenleiter, über die Entwicklung der VdS-Fachgruppe ,,Kleine Planeten". Die Fachgruppe hat zurzeit 91 Mitglieder, wovon 63 auch Mitglied der Vereinigung der Sternfreunde (VdS) sind.
Als zweiter Referent berichtete Detlef Koschny über den aktuellen Stand des ,,Planetary Defence Office der ESA" [2]. Bei diesem Programm geht es um erdnahe Asteroiden, welche der Erde gefährlich werden könnten. Hierzu ist die ständige Beobachtung nötig, um alle erdnahen Asteroiden bezüglich der Anzahl, der Größe usw. zu erfassen, um daraus mögliche Einschläge zu errechnen. Diese Erkenntnisse werden dann an politische Entscheidungsträger und den Katastrophenschutz weitergegeben. Auch die Erprobung von Abwehrmissionen zu Asteroiden gehört dazu. An den Beobachtungen zur genaueren Bahnbestimmung der Asteroiden sind auch Mitglieder der Fachgruppe im Rahmen von TOTAS beteiligt.
Bernhard Häusler berichtete über die Weiterentwicklung seiner Software Neoplanner [3]. Er hat einige Funktionen erweitert und auch eine Anbindung an das Programm N.I.N.A. [4] programmiert. Somit hat man nun die Möglichkeit, dass sein Teleskop automatisch ein Himmelsfeld nach dem anderen aufnimmt.
Nach der Mittagspause berichtete Sven Andersson über das Ergebnis einer Sternbedeckung durch einen Kleinplaneten. Zusätzlich zum Schnitt durch den Kleinplaneten stellte sich heraus, dass der bedeckte Stern ein unbekannter Doppelstern mit 1,4 Millibogensekunden Abstand ist [5, 6].
Anschließend kam nochmals Detlef Koschny über das Thema ,,Der Mond als Asteroidendetektor" [7] zu Wort. Hierbei geht es um die Beobachtung von Meteoriteneinschlägen auf dem Mond. Diese Einschläge kann man auf der unbeleuchteten Mondseite als Lichtblitze beobachten. Die Beobachtungen haben einen hohen Wert, da Rückschlüsse auf die freigesetzte Energie gezogen werden können. Diese Erkenntnisse sind dann auch wieder für die Einschätzung der Gefährlichkeit erdnaher Asteroiden wichtig. Detlef Koschny gab Beobachtungs- und Softwareempfehlungen.
Im letzten, aber umfangreichsten Vortrag, stellte Jost Jahn das Programm Tycho Tracker [8] vor. Dieses Programm dient der Astro- und Fotometrie. Es erfordert einiges an Einarbeitungszeit. Tycho Tracker kann man durchaus als Konkurrenz zum bewährten Astrometrica bezeichnen. Das Programm enthält einen ,,Synthetic Tracker", welcher automatisch Kleinplaneten findet. Dazu sollte man eine entsprechende Grafikkarte in

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Kleine Planeten

1 Online-Gruppenfoto der Kleinplanetentagung 2022. (Bild: Carolin Liefke)

seinem Rechner haben, da Tycho Tracker die Grafikkarte zum Rechnen verwenden kann, was die Rechenzeit entscheidend verkürzt.
Schon zu Beginn der 24. Kleinplanetentagung teilte Gerhard Lehmann mit, dass er die Leitung der Fachgruppe abgeben möchte. Deshalb stand zum Schluss noch die Frage im Raum, wer der Nachfolger von Gerhard Lehmann als Fachgruppenleiter wird. Gerhard schlug Carolin Liefke vom Haus der Astronomie in Heidelberg als neue Fachgruppenleiterin vor. Die Zustimmung der Tagungsteilnehmer erfolgte prompt. Carolin Liefke übernahm somit das Amt als neue Fachgruppenleiterin. An dieser Stelle an Gerhard vielen Dank für 25 Jahre als Fachgruppenleiter! Die Funktion des Fachgruppenredakteurs für das VdSJournal für Astronomie führt er weiter.

Internethinweise (Stand 02.09.2022): [1] Haus der Astronomie, 2022: ,,24.
Kleinplanetentagung", https://www. haus-der-astronomie.de/kleinplanetentagung-2022/ [2] D. Koschny, ,,ESA's Planetary Defence Office - Status", https://www.hausder-astronomie.de/4084424/esas2p-pd-ho-0148_1_0_esas_pdo_status_2022-06-10.pptx [3] Bernhard's comets and asteroids: https://www.b82maidbronn.de/ [4] S. Berg: ,,Nighttime Imaging `N' Astronomy", https://nighttime-imaging.eu/ [5] S. Andersson, 2022: ,,Double star discovery during an occultation by the minor planet (48590) 1994 TY2", Journal of Double Star Observations 18, p. 207; http://www.jdso.org/volume18/number2/Andersson_207_209. pdf

[6] Journal of Occultation Astronomy 12, 2022-3; https://iota-es.de/JOA/ joa2022_3.pdf
[7] D. Koschny, 2022: ,,Der Mond als Asteroidendetektor - Einschlagblitze beobachten", https://www. haus-der-astronomie.de/4084442/ esa-mrg-ho-175_1_1_mondeinschlagblitze_-_kpt_2022-06-12.pptx
[8] D. Parrott, 2022: ,,Tycho", https:// www.tycho-tracker.com/

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Kleine Planeten

Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries

Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiterbewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.

Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an die kosmischen Begegnungen in der letzten Ausgabe. Dort spielten Bilder von Supernovae die Hauptrolle. In dieser Ausgabe gibt es nun eine Fortsetzung mit neuer Starbesetzung. Regie führte wieder einmal der Zufall. An der Kamera stand Jürgen Burghard und das Skript stammt von Michael Kobusch. Die Handlung lief folgendermaßen ab: Michael Kobusch beschäftigt sich mit Spektroskopie und beobachtete am Abend des 4. Juni 2022 die Supernova SN 2022hrs in der Galaxie NGC 4647. Auf einer Einzelaufnahme entdeckte er ein unbekanntes stellares Objekt in der nahegelegenen Galaxie M 60. Die Helligkeit entsprach etwa der der Supernova in der Nachbargalaxie. Könnte das eine neue Supernova sein? Um das überprüfen zu lassen, kam Michael zu seinem Astrofreund Jürgen Burghard und bat ihn, M 60 von seiner Sternwarte aus ins Visier zu nehmen. Die Wetterbedingungen waren zwar ziemlich bescheiden, aber trotzdem konnte Jürgen eine Serie von 50 Bildern zu je 60 Sekunden aufnehmen. Beim Stacken der Bilder zeigte sich zu ihrer Überraschung eine Strichspur statt eines stellaren Objekts. Jürgen, der schon einmal ein Bild für diese Artikelserie (Ausgabe 79) zur Verfügung gestellt hatte, war sofort klar, dass er diesmal wieder eine kosmische Begegnung aufgenommen hatte, die wir hier gerne präsentieren. Damals hatte er seine Sternwarte

1 Kleinplanet (1069) Planckia mit M 60 und NGC 4647 sowie SN 2022hrs, aufgenommen
von Jürgen Burghard mit einem 11-zölligen SCT (f/7) und einer Kamera ASI 1600 MM (Bild: Jürgen Burghard)

gerade fertiggestellt und seither beschäftigt er sich mit Sonnenbeobachtungen und mit besonderen Ereignissen in der Astronomie wie Kometen oder Supernovae. Daher war die SN 2022hrs keine Unbekannte für ihn, da er sie schon einmal am 20. April 2022 aufgenommen hatte.
Die Supernova SN 2022hrs [1] wurde am 16. April 2022 vom japanischen Amateurastronom Koichi Itagaki entdeckt und hatte eine Helligkeit von 15 mag. Spektralaufnahmen zeigten, dass es sich bei ihr um eine Supernova vom Typ Ia handelt, bei der ein Weißer Zwerg in einer thermonuklearen Explosion zerrissen wird. Genau vier Tage nach ihrer Enddeckung und zum Zeitpunkt, als Jürgen sie zum ersten Mal fotografierte, betrug ihre Helligkeit bereits 13,8 mag und diese stieg bis Ende April auf ca. 12,5 mag an. So eine helle Supernova in

der Nähe eines hellen Messier-Objekts erregt natürlich viel Aufmerksamkeit. Auch ich habe sie Ende April fotografiert und auch visuell einen Blick mit dem Dobson auf sie geworfen. Zum Zeitpunkt der kosmischen Begegnung betrug ihre Helligkeit immer noch 13,1 mag. Vielleicht steht ja M 60 mit ihrer Nachbargalaxie NGC 4647 in diesem Jahr auf dem Beobachtungsplan einiger Leser. Diese können dann auf ihren Bildern nach der verblassenden SN 2022hrs suchen. Vielleicht findet sich auch noch ein Kleinplanet mit im Gesichtsfeld, dann würde ich mich über die Zusendung freuen.
Auf den Verursacher der Strichspur bin ich noch gar nicht zu sprechen gekommen. Dabei handelt es sich um den Hauptgürtelasteroiden (1069) Planckia, der 1927 vom deutschen Astronomen Max Wolf entdeckt wurde. Wolf war Gründer und Direktor der

Journal für Astronomie Nr. 84 | 81

Kleine Planeten

heutigen Landessternwarte HeidelbergKönigstuhl. Dort entdeckten er persönlich 228 und seine Nachfolger über 800 Kleinplaneten und einige Kometen. Für die Suche setzte er erstmals die Astrofotografie ein. Ihm verdanken wir auch den ersten Trojaner. Das sind Kleinplaneten, die sich auf stabilen Bahnen an den LagrangePunkten der Jupiterbahn aufhalten. Wolf ist übrigens auch der Entdecker des Nordamerikanebels, den er ebenfalls auf Fotoplatten fand. Mit 69 Jahren verstarb Max Wolf am Königstuhl und war damit tatsächlich bis zu seinem Lebensende an der Sternwarte tätig [2]. Benannt wurde (1069) Planckia nach dem in heutiger Zeit viel berühmteren Physiker, Nobelpreisträger und Begründer der Quantenmechanik Max Planck. Der ca. 40 km große Brocken umkreist die Sonne in ca. 5,54 Jahren. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war Planckia rund 345 Mio. km von der Erde entfernt und 14,5 mag hell [3].
Bei Messier 60 handelt es sich um eine elliptische Galaxie, die 8,8 mag hell und rund 47 Mio. Lichtjahre von uns entfernt ist. Sie gehört zum Virgo-Galaxienhaufen, hat einen Durchmesser von ca. 120.000 Lichtjahren und eine Masse von ca. 1 Billion Sonnen. Damit ist sie etwas kleiner und masseärmer als die Milchstraße. Aber bei der Anzahl der Kugelsternhaufen hat sie mit ca. 5.000 ganz klar die Nase vorn. Im Halo unserer Heimatgalaxie befinden sich nur rund 150 Kugelsternhaufen. Entdeckt wurde die Ga-

laxie 1779 vom deutschen Astronomen Johann Gottfried Köhler, der damit vier Tage früher als Charles Messier dran war [4].
Die Galaxie NGC 4647 wurde fünf Jahre später von Wilhelm Herschel entdeckt. Bei ihr handelt es sich um eine 11,4 mag helle Balkenspirale. Früher nahm man an, sie bilde mit M 60 ein Galaxienpaar, aber heute weiß man, dass sie aufgrund ihres Abstands von über 60 Mio. Lichtjahren kein enges Paar bilden und höchstens am Beginn einer Wechselwirkung stehen [5]. Eine Bereicherung von Aufnahmen mit M 60 ist NGC 4647 aber auf jeden Fall.
Eine Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren, finden Sie auf der Homepage von Klaus Hohmann [6]. Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit, verschiedene Parameter wie die Helligkeit des Deep-Sky-Objektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selbst auszuwählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden.
Wir möchten Sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS bitten, Ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals für Astronomie mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die Bilder per Mail

mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an ries@sternwarte-altschwendt.at. Bitte vergessen Sie nicht, das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen. Anm. d. Red.: Zur Supernova 2022hrs s. auch den Beitrag von Klaus Wenzel weiter hinten in diesem Heft.
Literatur- und Internethinweise (Stand 02.09.2022): [1] Homepage: https://rochesterastrono-
my.org/snimages/ [2] Wikipedia: ,,Max Wolf", https://de.wi-
kipedia.org/wiki/Max_Wolf [3] Wikipedia: ,,(1069) Planckia", https://
de.wikipedia.org/wiki/(1069)_Planckia [4] Wikipedia: ,,Messier 60", https:// de.wikipedia.org/wiki/Messier_60 [5] M. König, S. Binnewies, 2016: ,,Bildatlas der Galaxien", S. 185, FranckhKosmos Verlag [6] K. Hohmann, 2019: ,,Astrofotografie :: Kosmische Begegnungen", http:// astrofotografie.hohmann-edv.de/ aufnahmen/kosmische. begegnungen.php

Tabelle 1

Ausgewählte lohnenswerte ,,kosmische Begegnungen" im 1. Quartal 2023

Datum

Uhrzeit

Kleinkörper

mag

13.01.2023

21:00

(286) Iclea

13,9

26.01.2023

21.00

(490) Veritas

13,5

22.02.2023

22:00

(106) Dione

12,3

24.02.2023

21:00

(1671) Chaika

15,2

22.03.2023

21:00

(873) Mechthild

15,1

25.03.2023

21:00

(42) Isis

12,1

Objekt

Art

NGC 2244

GN

NGC 2259

OC

NGC 3346

Gx

NGC 2872/4

Gx

NGC 3433

Gx

NGC 3287

Gx

mag
6 10,8 11,8 11,9/12,6 11,8 12,3

Abkürzungen: GN - Galaktischer Nebel, OC - Offener Sternhaufen, GX - Galaxie

Abstand
1' 5' 8' 7' 2' 12'

82 | Journal für Astronomie Nr. 84

Kometen
Bedeutende Kometen des zweiten Quartals 2022
von Uwe Pilz
Das Beobachtungsfenster für den periodischen Kometen 19P/Borrelly endete Anfang Juli 2022. Von dem nur 12 mag hellen Schweifstern gibt es nur eine Handvoll visuelle Beobachtungen, daneben zahlreiche pseudo-visuelle Helligkeitsmessungen. Fotografisch zeigt sich der Komet gasreich (Abb. 1).

2 C/2017 K2 (PANSTARRS), 20.06.2022, 22:30 Uhr
UT, gesehen am 12-Zoll-Teleskop (f/4,5) bei V = 120x (Bild: Uwe Pilz)

1 19P/Borrelly, 19.04.2022, 20:14 Uhr UT, 42 min belichtet mit
8-Zoll-Teleskop (f/4) und Canon EOS Ra (Bild: Kamila Cymorek)

Der auffallendste Komet war C/2017 K2 (PANSTARRS). Er erreichte Ende Juni 9 mag und war damit ein Fernglaskomet. Er wurde von unserer Fachgruppe viel beobachtet und fotografiert. Ende des Quartals zeigte sich ein seltsames Phänomen: Mehrere visuelle Beobachter sahen einen Schweif in Richtung Süden, während die Fotografen einen Schweif in Richtung Norden abbildeten. Es stellte sich schließlich heraus, dass der Staub- und der Ionenschweif in unterschiedliche Richtung wiesen. Der visuell sichtbare Staubschweif hatte sich durch die lange, mehrere Jahre währende Aktivitätsphase unter Einfluss der Gravitation weit von der Antisolarrichtung entfernt, was auch meine Staubschweif-Simulationen ergaben. Fotografisch waren Filtereinsatz und eine starke Bildbearbeitung nötig, um diesen zweiten Schweif abzubilden. Die Abbildung 2 zeigt den visuellen Anblick am 20. Juni, als Staub- und Gegenschweif einen Winkel von 180 Grad bildeten. Das belegt auch eine Fotografie vom selben Tag, die allerdings nicht sehr deutlich ist. Ein paar Tage später bildete der Gegenschweif wieder einen stumpfen Winkel und war nicht mehr exakt ,,gegen" (Abb. 3). Ich habe das Bild dennoch gewählt, weil beide Schweife wirklich gut zu sehen sind. Einen so starken Unterschied zwischen fotografischem Bild und visuellem Anblick habe ich noch nie erlebt. Vielleicht haben wir Visuellen uns nur etwas eingebildet, da kann man bei schwachen Strukturen nie sicher sein.

3 C/2017 K2 (PANSTARRS), 26.06.2022, 12 min be-
lichtet mit 16"-Zoll-Teleskop (f/3,2) und Blaufilter mit CMOS-Kamera (Bild: Michael Jäger)
Journal für Astronomie Nr. 84 | 83

Planeten
8. Norddeutsche Tagung der Planetenfotografen (NTP)
- Das Stacking von Planeten und der Einsatz von IR-Passfiltern standen im Vordergrund
von Kai-Oliver Detken

Die Norddeutsche Tagung der Planetenfotografen (NTP) [1] findet in Bremervörde seit 2011 eigentlich fast jedes Jahr statt. So ist jedenfalls die Planung vom Veranstalter Michael Schröder ausgerichtet, der die NTP seit 2011 auf seinem Firmengelände in Bremervörde mit einem kleinen Organisationsteam zusammen auf die Beine stellt. Die Corona-Pandemie brachte diesen Rhythmus allerdings gehörig durcheinander, so dass sie im letzten Jahr ausfallen und dieses Jahr auf den Monat Juni verschoben werden musste. Es fanden trotz der Terminverschiebung 40 Teilnehmer den Weg nach Bremervörde (Abb. 1). Dieses Jahr berichtete Rolf Hempel ausführlich über seine Software-Projekte: vom Planetary System Stacker (PSS) über den Moon Panorama Maker (MPM) bis hin zum Planetary System LRGB Aligner (PSLA). Zwischendurch präsentierte Kai-Oliver Detken die Ergebnisse des Einsatzes von IR-Passfiltern für Planetenaufnahmen.

Software-Lösungen zum Stacking von Planetenbildern fand, stand sein Entschluss schnell fest, eine eigene Software auf OpenSource-Basis zu schreiben. Dadurch wollte er eine Community auf die Beine stellen, die nicht von einem einzelnen Entwickler abhängig ist. Dieser Plan ist bis heute zwar noch nicht aufgegangen, da 99 % des Quellcodes aus seiner Feder stammen, aber ein Anfang ist gemacht, denn drei weitere Entwickler haben immerhin bereits etwas zum PSS beigetragen.

1 Traditionelles Gruppenfoto aller Teilneh-
mer vor der D. Schröder KG. (Bild: Martina Hanke)
Der Planetary System Stacker wurde in der aktuellen Programmiersprache Python 3 geschrieben, die sich ideal für Rapid-Prototyping eignet [3]. Dadurch sind bereits eine Fülle von Software-Modulen zur Bildverarbeitung verfügbar. Zusätzlich ist er auch unabhängig vom eingesetzten Betriebssys-

Nach einer kurzen Einführung durch Michael Schröder und einer traditionellen Vorstellungsrunde aller Teilnehmer (Abb. 2) legte Rolf Hempel auch gleich mit der Präsentation seines Programms Planetary System Stacker (PSS) [2] los, indem er seine Motivation darstellte. Da er nach eigener Recherche nur ungepflegte und proprietäre

2 Teilnehmer der NTP-Veranstaltung beim Networking (Bild: Martina Hanke)

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Planeten

tem und läuft auf Windows-, Linux- und MacOS-Rechnern. Hempel vergleicht seine Software immer wieder mit dem bekannten Programm AutoStackkert!3 [4], das allerdings seit Juni 2018 vom Entwickler Emil Kraaikamp nicht mehr weiterentwickelt wurde und derzeit bei der Version 3.1.4 stagniert. Bis zum Mai 2019 war AutoStackkert!3 besser als PSS, weshalb die Algorithmen noch einmal komplett ausgetauscht wurden. Seit Februar 2020 besitzt PSS aber eine vergleichbare Bildqualität, was anhand eines Jupiterbildes im Blinkmodus demonstriert wurde.

3 Rolf Hempel stellt sein Programm Moon Panorama Maker vor. (Bild: Martina Hanke)

Heute steht PSS in der Version 0.9.1 zur Verfügung. Die Bildqualität konnte dabei weiter gesteigert werden, und der Kommandozeilenmodus sowie eine DrizzleOption wurden hinzugefügt. Drizzlen findet Hempel eigentlich unnötig, da man bei Planetenaufnahmen sowieso große Brennweiten verwendet und sich daher aus den Ergebnissen eigentlich keine weiteren Einzelheiten mehr entlocken lassen. Es wurde aber von vielen Anwendern immer wieder gefordert. Weiterhin wurde das Post-Processing mit verbesserten Filtern integriert, so dass man nun ein Wavelet-Schema

4 Michael Schröder verabschiedet beide Referenten. (Bild: Martina Hanke)

zur Verfügung hat, das identisch mit den Funktionen in Registax 6 ist. Eine weitere Verbesserung ist der bilaterale Filter, der innerhalb der Wavelet-Bearbeitung ausgewählt werden kann und zur Vermeidung von Überschwingern am Rand beiträgt.

Dieser kommt in PSS neben den gängigen Gauß-Filtern zum Einsatz und wirkt dabei nicht auf die Oberflächenstruktur. Der Vorteil dabei ist, dass keine ,,Zwiebelringe" an den Kanten auftreten und es zu keinem Schärfeverlust im Inneren des Planeten
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kommt. Ein automatisches und manuelles, subpixelgenaues RGB-Alignment runden die Leistungsmerkmale ab. Die Software gilt für Hempel als abgeschlossen. Kleinigkeiten wie adaptive AP-Gitter und bessere Drizzle-Performance stehen allerdings noch auf der Agenda. Die ausführliche Dokumentation steht in Englisch und neuerdings auch auf Deutsch zur Verfügung. Ein Windows-Installer hilft bei der Installation - für die neueste Version liegt er aber leider noch nicht vor.
Nach der theoretischen Betrachtung von PSS und einem anschließenden Workshop stellte Kai-Oliver Detken [5] seine Erfahrungen mit einem IR-Passfilter bei Planetenaufnahmen vor. Dabei spielt das Seeing neben der exakten Kollimation des Teleskops eine wichtige Rolle, da Planetenaufnahmen bei sehr großen Brennweiten gewonnen werden. Um dem Jetstream in unterschiedlichen Luftschichten ein Schnippchen zu schlagen, wird das ,,Lucky Imaging" angewendet. Das heißt, es werden sehr viele kurzbelichtete Aufnahmen gemacht, aus denen dann eine kleine Prozentzahl von guten Bildern aussortiert wird. Dafür werden Planeten mittels Videos aufgenommen, aus denen eine Software wie PSS die besten Aufnahmen auswählt.

5 Maciej Libert, Leiter der
VdS-Fachgruppe Planeten, inspiziert Planetenkameras und -filter. (Bild: Martina Hanke)
Um das Seeing quantitativ beurteilen zu können, wird die gaußförmige Helligkeitsverteilung eines Sterns untersucht, denn kein Stern kann durch atmosphärische Störungen exakt punktförmig abgebildet werden. Der FWHM-Wert (Full Width at Half Maximum) gibt die Helligkeitsverteilung des Sterns an, bei der der Helligkeitswert gegenüber dem Maximalwert in der Mitte auf die Hälfte gefallen ist. Dieser Wert ist für jede Aufnahme anders, da sich das Seeing kontinuierlich ändert. Typische FWHM-Werte bei sehr gutem Seeing sind 1,5 bis 2,5 Bogensekunden und 4 bis 6 Bogensekunden bei mittlerem Seeing. Durch Auswahl der besten Bilder eines Videos kann der FWHM-Wert sogar auf unter eine Bogensekunde reduziert werden. Da sich der FWHM-Wert bei einer Langzeitaufnahme proportional zur Wellenlänge und umgekehrt proportional zum Teleskopdurchmesser verhält, lässt sich ableiten, dass Teleskope mit einer größeren Öffnung als 20 cm durch den FWHM-Wert begrenzt werden. Es sei denn, man beobachtet in einem höheren Wellenlängenbereich, worauf die IR-Passfilter-Technik abzielt.
Zur Anwendung kam ein ProPlanet IR807Filter von Astronomik, der das Wellenlängenspektrum von 350-790 nm blockiert und

erst ab 807 nm freigibt. Es wird demnach nur das langwelligere Licht durchgelassen. Der Einsatz für diesen Filter wird ab 10 Zoll Öffnung empfohlen, weshalb ein C11Teleskop von Celestron verwendet wurde. Als Kameras kamen eine Farb- und eine Monochromkamera mit der gleichen Pixelgröße zum Einsatz, um die Ergebnisse miteinander vergleichen zu können. Trotz des Einsatzes eines Korrektors der atmosphärischen Dispersion (ADC) konnte man bei den Bildern von Jupiter Vorteile bei der Monochromkamera erkennen, die hellere Planetenaufnahmen und weniger grobkörnige Oberflächendetails ermöglichte. Der IR-Passfiltervergleich am Mars wurde daher nur noch mit der Monochromkamera durchgeführt. Hierbei ließen sich einige Vorteile des IR-Passfilters erkennen, dessen Aufnahmen die beste Schärfe und die meisten Strukturen zeigten. Das Seeing wurde also wirklich besser, je länger die Wellenlänge war. Allerdings sinkt die Auflösung ebenfalls mit der Wellenlänge. Das Auflösungsvermögen ist abhängig von der Wellenlänge: die doppelte Wellenlänge ergibt demnach die halbe Auflösung.
Zum Vergleich wurden daher Bilder von Ralf Kreuels [6] aus der VdS-Planetenliste präsentiert, die ebenfalls mit einem C11Teleskop entstanden waren. Er experimentierte mit einem Grünfilter, da dieser eine ca. 30 % höhere Auflösung versprach. Man erhält damit bei ausreichend gutem Seeing die maximale Schärfe. Im Vergleich zwischen den Farbfilterkombinationen IRRGB, R-RGB und G-RGB schnitt bei ihm die letztere Variante am besten ab, was an dem ausgezeichnetem Seeing an diesem Abend gelegen haben mag. Man sollte sich daher vor jeder Belichtung zwischen der maximalen Schärfe und dem Auflösungsverlust durch den Einsatz eines IR-Passfilters entscheiden. Es macht durchaus Sinn, bei der späteren Bildverarbeitung ver-

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Planeten

schiedene Bildkombinationen gegenüberzustellen.
Abschließend stellte Rolf Hempel noch seine Programme Moon Panorama Maker (MPM) [7] und Planetary System LRGB Aligner (PSLA) [8] vor (Abb. 3). Ersteres wird zur Automatisierung von Mondpanoramen verwendet. Das MPM-Programm berücksichtigt dabei die Mondbewegung, die Mondphase, die Montierungsdrift und den Beobachtungsort. Es steuert daher Montierung und Kamera. Letzteres ist durch ein Plugin des Programms FireCapture [9] ermöglicht worden, über das eine automatisierte Aufnahmeserie durchgeführt werden kann. MPM wurde 2018 bereits in der Version 1.0.1 abgeschlossen. Für die Ausrichtung der einzelnen Bilder von L- und RGB-Kanälen hat Rolf Hempel den Planetary System LRGB Aligner (PSLA) entwickelt. Voraussetzung dafür ist, dass alle Bilder pixelgenau registriert wurden. Genau dies ist bei Mondaufnahmen sehr schwierig umzusetzen. Panoramaprogram-

me erzeugen einen Versatz, der besonders bei Kratern negativ auffällt. PSLA arbeitet in zwei Stufen, um diesen Versatz nicht entstehen zu lassen. Die erste Stufe ist für die Verteilung von Ankerpunkten zuständig, die für eine homografische Abbildung sorgen. In der zweiten Stufe geht ein Optical-Flow-Algorithmus über das Bildresultat. Das Programm ist algorithmisch anspruchsvoll und schließt, wie seine anderen Programme, eine Marktlücke in der Planetenszene.
Zum Abschluss der Planetentagung bedankte sich Michael Schröder bei seinem Team und den beiden Referenten (Abb. 4). Am Applaus konnte man ablesen, dass sich kein Teilnehmer unzufrieden auf den Weg nach Hause machte. Ob die nächste Planetentagung wieder im Juni oder eher wieder im Januar stattfinden wird, ließ Schröder allerdings offen. Gewiss ist, dass es wieder eine geben wird, denn auch diese war wieder ein voller Erfolg.

Internethinweise (Stand 02.09.2022): [1] Webseite der NTP:
www.norddeutsche-tagung-derplanetenfotografen.de [2] Wikipedia: "PlanetarySystemStacker", https://de.wikipedia.org/wiki/ PlanetarySystemStacker [3] R. Hempel: "Planetary System Stacker (PSS)": https://github.com/RolfHempel/PlanetarySystemStacker [4] E. Kraaikamp: ,,AutoStakkert!3", www.autostakkert.com [5] K.-O. Detken: Homepage, www.detken.net [6] R. Kreuels: Homepage, https:// astrofotografie.ralf-kreuels.de [7] R. Hempel: "Moon Panorama Maker (MPM)", https://github.com/RolfHempel/MoonPanoramaMaker [8] R. Hempel: "Planetary System LRGB Aligner (PSLA)", https://github.com/ Rolf-Hempel/PlanetarySystem LRGBAligner [9] T. Edelmann: "FireCapture", www.firecapture.de

Impression

Messier 67
Der offene Sternhaufen M 67 im Krebs, aufgenommen mit einem 200-mmTeleobjektiv und einer Canon EOS 6Da. Gesamtbelichtungszeit: 876 Minuten (!). Am unteren Bildrand ist auch der Planetarische Nebel Abell 31 zu erkennen. Bildautor: Günter Kerschhuber.

Planeten

Mond trifft Merkur und die Plejaden
von Rainer Sparenberg und Thomas Wassmuth

Die Übergangszeit zwischen April und Mai 2022 war für die Planetenfotografie eine besondere Zeit. Dieses Mal ging es nicht um schöne Detailaufnahmen von den Planeten, sondern um die Konstellation der einzelnen Planeten zueinander bzw. mit anderen astronomischen Objekten. So konnte man ab Ende April morgens die schöne Planetenparade von Jupiter, Venus, Saturn und Mars am östlichen Horizont sehen. Am Morgen des 27. April kam es zusätzlich noch zu einer interessanten Begegnung der schmalen Mondsichel mit Jupiter und Venus. Anfang Mai kamen sich weiterhin Jupiter und Venus sehr nahe. Diese Ereignisse konnte ich leider aufgrund von Wolken nicht sehen bzw. fotografieren. Dafür klarte es aber überraschenderweise am Abend des 2. Mai auf. Trotz einer leichten Bewölkung konnte Rainer zunächst die schmale Mondsichel, später den Merkur und noch etwas später die Plejaden entdecken. (Abb. 1).

Thomas fotografierte die schöne Konjunktion von Mond, Merkur und Plejaden am 2. Mai in Dortmund-Hörde am Phoenixsee, unweit des BVB-Stadions. Aufnahmeort und -zeit wurden mit Stellarium und Google Maps vorausgewählt. Schönes Abendrot, reichlich Wolken - Thomas befürchtete: Das wird nichts! Immerhin: Von rund fünfzig Aufnahmen gelangen zwei mit ,,etwas Merkur".

1 Mond bei Merkur und den Plejaden am 02.05.2022, Rainer Sparen-
berg fotografierte das Ereignis mit einer Canon R5 und dem CanonObjektiv EF 1:2,8 / 200 mm bei Blende 3,2 und einer ISO-Einstellung von 800. Die nachgeführte Aufnahme dauerte acht Sekunden.

2 Mond bei Merkur am Abend des 02.05.2022. Kamera Sony A6000 auf Stativ ohne Nachführung, Brennweite 35 mm, Blende 3,2, 1 s
belichtet bei ISO 640. RAW-Bearbeitung mit Affinity, Topaz AI Denoise. Aufnahme von Thomas Wassmuth
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Sternbedeckungen

Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 1. Quartal 2023
von Eberhard Riedel

Das 1. Quartal des neuen Jahres bietet gleich fünf sehenswerte streifende Bedeckungen von Sternen durch den Mond. Die Landkarte zeigt die Grenzlinien dieser Ereignisse quer über Deutschland, die der mittlere Mondrand während des Vorbeizuges am Stern beschreibt. Von jedem Punkt in der Nähe dieser Linien ist zum richtigen Zeitpunkt das oft mehrfache Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns zu verfolgen. Alle Streifungen bis auf die letzte finden am unbeleuchteten südlichen Mondrand statt und sind bereits mit kleineren Fernrohren zu beobachten. Nur die letzte Bedeckung geschieht am unbeleuchteten Nordrand des Mondes.

den, mit der es dann einfach ist, die besten Beobachtungsstationen festzulegen.
Die Software kann kostenlos unter www. grazprep.com heruntergeladen und installiert werden (Password: IOTA/ES). Zusätzlich benötigte Vorhersagedateien sind dort ebenfalls herunterzuladen oder sind direkt vom Autor (e_riedel@msn.com) oder über die IOTA/ES (www.iota-es.de)

zu beziehen. Weiterführende Informationen, z. B. über die Meldung der Bedeckungszeiten, sind dort ebenfalls erhältlich. Die VdS-Fachgruppe Sternbedeckungen informiert ferner über Beobachtungs- und Aufzeichnungstechniken dieser eindrucksvollen Ereignisse.

Karte mit den Grenzlinien der 5 Streifungsereignisse

Grundlage der hier veröffentlichten Profildaten sind Laser-Messungen des amerikanischen Lunar Reconaissance Orbiters, die in ein dichtes Netz von librationsabhängigen Profilwerten umgerechnet wurden.

Um streifende Sternbedeckungen erfolgreich beobachten zu können, werden eine ganze Reihe präziser Informationen benötigt. Die europäische Sektion der International Occultation Timing Association (IOTA/ES) stellt diese Daten zur Verfügung. Kernstück ist die Software ,GRAZPREP` des Autors, die sowohl eine komplette und stets aktualisierte Auflistung aller interessanten Ereignisse als auch für jedes Ereignis die genauen Koordinaten der Grenzlinien und viele weitere Informationen liefert. Darüber hinaus können von jedem Standort aus das Profil des Mondes und die zu erwartende Sternbahn grafisch in verschiedensten Vergrößerungen dargestellt werden, um so den besten Beobachtungsstandort auswählen zu können. Letzterer muss auch unter Berücksichtigung der Höhe optimiert werden, weil diese einen Einfluss auf den Blickwinkel zum Mond hat. Hierzu können höhenkorrigierte Grenzlinien automatisch in eine Google-Earth-Karte übertragen wer-

Journal für Astronomie Nr. 84 | 89

Sternbedeckungen

Ereignis 1: 14.01.2023

In der Nacht vom 13. auf den 14. Januar zieht knapp 1 Stunde nach Mitternacht der zu 60 % beleuchtete abnehmende Mond mit seinem zerklüfteten Südrand am 6,8 mag hellen Stern SAO 138942 vorbei. Die Streifung beginnt im nordwestlichen Nordrhein-Westfalen und läuft auf einer schmalen Linie über Münster, nördlich an Paderborn und Göttingen vorbei über Nordhausen und Bad Lausick bis nördlich Dippoldiswalde.

Die Abbildung 1a zeigt für die Länge 10 Grad Ost bei Göttingen, dass die scheinbare Sternbahn (blauweiß gestrichelte Linie mit Minutenangaben) den unbeleuchteten mittleren Mondrand (weiß gepunktete Linie) im bequemen Abstand vom Terminator (linker Bildrand) tangential berührt. Die Grafik zeigt bereits, dass ab 00:59 Uhr MEZ ein langgestreckter Mondberg den Stern 1-mal für gut 2 Minuten bedeckt. Die Mondhöhen sind in 6-facher Überhöhung dargestellt, was die Krümmung der scheinbaren Sternbahn grafisch erforderlich macht.

1 a Die scheinbare Sternbahn von SAO 138942 (blauweiß gestrichelte Linie) bei Beobach-
tung genau von der vorhergesagten Grenzlinie, 6-fache Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +- 3 km

Die roten Begrenzungslinien geben den durch die Mondparallaxe verursachten Versatz der scheinbaren Sternbahn an, wenn man sich beidseits 3.000 Meter jeweils senkrecht zur Bewegungsrichtung des Mondschattens von der Zentrallinie entfernt. Dadurch wird abschätzbar, wie sich die Anzahl der Kontakte abseits der Zentrallinie verändert.
Mehrere Beobachter in verschiedenen Abständen hätten alle unterschiedliche Kontaktzeiten und -häufigkeiten. Aus allen Daten ließe sich das Mondrandprofil nachzeichnen.
In der Abbildung 1b wird die Streifungssituation ebenfalls für die Länge 10 Grad Ost dargestellt, jedoch in der geografischen Breite nicht für den Ort des mittleren Mondniveaus, sondern für eine etwas südlichere

1 b Die scheinbare Sternbahn von SAO 138942 bei Beobachtung 1.870 m südlich der vor-
hergesagten Grenzlinie, 12-fache Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +- 1 km

Breite, die eine Ablage von 1.870 m senkrecht zur Schattenrichtung des Mondes auf der Erde ergibt. Von dort aus beobachtet wird der Stern auch von flacheren Strukturen der Mondoberfläche gestreift, was zu einer deutlich größeren Zahl an Kontakten führt. Die Tabelle gibt die ungefähren Zeiten eines 8-fachen Verschwindens und Wiedererscheinens des Sterns wieder.
Einen erheblichen Einfluss auf die zu beobachtenden Kontakte hat auch die Höhe

des Beobachtungsortes, für die die aufzusuchende Beobachtungsposition korrigiert werden muss (zur Software s. Haupttext).
SAO 138942 ist nicht als Doppelstern bekannt. Nicht selten wurden allerdings bei Sternbedeckungen durch ein zeitversetztes Verschwinden und Wiedererscheinen des Sterns Doppelsterne entdeckt.

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Sternbedeckungen

Ereignis 2: 27.01.2023

Am Abend des 27. Januar bedeckt der zu 41 % beleuchtete zunehmende Mond mit seinem unbeleuchteten Südrand den 4,3 mag hellen Stern Omikron Piscium. Die Streifungslinie zieht sich von Leer über Scheeßel, südlich an Lüneburg vorbei über Pritzwalk und Templin bis nach Schwedt/ Oder, und das Ergebnis ist auf der gesamten Linie sehr leicht zu beobachten.

Die Abbildung 2 zeigt die Kontaktsituation erneut auf einer Länge von 10 Grad Ost direkt auf der vorausberechneten Zentrallinie. Dort sorgen 2 Mondberge ab 22:31:37 Uhr MEZ zu 4 Kontakten. Die roten Begrenzungslinien zeigen hier den Versatz der scheinbaren Sternbahn in einem Abstand von +- 5.000 m von der mittleren Streifungslinie an. Somit wird deutlich, dass es nicht schwerfallen dürfte, innerhalb eines recht breiten Korridors einen Standort zu

2 Die scheinbare Sternbahn von Omikron Piscium bei Beobachtung genau von der
vorhergesagten Grenzlinie, 6 -fache Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +- 5 km
finden, der mehrere Kontakte verspricht. Auch Omikron Piscium ist nicht als Doppelstern bekannt.

Ereignis 3: 26.02.2023

Das Ereignis am 26. Februar findet in Süddeutschland in bequemen Abendstunden ab 20:07 Uhr MEZ statt. Auf einer Linie von Oberstdorf über Garmisch-Partenkirchen bis ins Berchtesgadener Land bedeckt der zu 44 % beleuchtete zunehmende Mond den 7,2 mag hellen Stern SAO 76311 mit seinem unbeleuchteten Südrand.

Hier sind die meisten Kontakte des Mondrandes mit dem Stern dann zu sehen, wenn man sich ca. 800 m nördlich der vorhergesagten Streifungslinie positioniert. Die Abbildung 3 zeigt die Situation bei 10 Grad 20` östlicher Länge in der Nähe von Oberstdorf, wo der Mondrand innerhalb von gut 3 Minuten 12 Kontakte mit dem Stern hat. Die roten Begrenzungslinien zeigen den Versatz der scheinbaren Sternbahn in einem Abstand von +- 3.000 m von der mittleren Streifungslinie an.

3 Die scheinbare Sternbahn von SAO 76311 bei Beobachtung 800 m nördlich der vor-
hergesagten Grenzlinie, 6-fache Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +- 3 km
SAO 76311 ist ebenfalls nicht als Doppelstern bekannt.

Journal für Astronomie Nr. 84 | 91

Sternbedeckungen

Ereignis 4: 28.02.2023

Kurz nach Sonnenuntergang findet am 28. Februar auf einem Streifen quer durch die Mitte Deutschlands eine weitere streifende Sternbedeckung statt, die nur in den westlichen Landesteilen wegen noch zu großer Himmelshelligkeit unbeobachtbar ist. Gute Chancen hat man aber auf einer Linie ab Bad Brückenau über Chemnitz bis nach Dresden.

Der zu 64 % beleuchtete zunehmende Mond bedeckt den 6,5 mag hellen Stern SAO 77350. Die Abbildung 4 zeigt die Kontaktsituation auf einer Länge von 11 Grad Ost, wenn man ca. 3.300 m nach Norden ausweicht, wo es ab 18:34:36 Uhr MEZ innerhalb von 6 Minuten zu 16 Kontakten und mehr kommen kann. Die roten Begrenzungslinien zeigen erneut den Versatz der scheinbaren Sternbahn in einem

4 Die scheinbare Sternbahn von SAO 77350 bei Beobachtung 3.300 m nördlich der
vorhergesagten Grenzlinie, 6-fache Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +- 3 km

Abstand von +- 3.000 m von der mittleren Streifungslinie an.

SAO 77350 ist ein sehr enger Doppelstern, dessen zeitversetzte Kontakte visuell aber nicht feststellbar sein dürften.

Ereignis 5: 29.03.2023

Am Abend des 29. März wird der 6,6 mag helle Stern SAO 79170 vom 57 % beleuchteten zunehmenden Mond am Nordrand bedeckt. Die Abbildung 5 zeigt eine Situation bei 10 Grad östlicher Länge, bei der die auf das mittlere Mondniveau vorberechnete geografische Breite um 1.900 m nach Süden verlassen wird. Auf diese Weise zieht der hier 12-fach gedehnte Mondrand mit einer Tiefebene am Stern vorbei, die viele Kontaktbeobachtungen verspricht. Die roten Begrenzungslinien zeigen in diesem Fall den Versatz der scheinbaren Sternbahn in einem Abstand von +- 1.000 m von der dargestellten Streifungslinie an.

5 Die scheinbare Sternbahn von SAO 79170 bei Beobachtung 1.900 m südlich der vorher-
gesagten Grenzlinie, 12-fache Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +- 1 km

Ab ca. 21:28 Uhr MESZ kann die Streifung beginnend in Papenburg über Cloppenburg, Sulingen, Hannover, Braunschweig, Bad Düben, Mühlberg/Elbe und Bischofswerda bis Zittau verfolgt werden.

Besonders spannend wird dieses Ereignis auch durch den Doppelsterncharakter von SAO 79170. Die jeweils 7,2 mag hellen Komponenten stehen in einem Abstand von 0,7'' in einem Positionswinkel von 297 Grad . Dadurch kann es manchmal

zur Bedeckung von nur einer der beiden Komponenten kommen, wodurch der Eindruck eines kurzzeitigen Flackerns des Sterns entsteht. Auch ein zeitversetztes Verschwinden und Wiedererscheinen des Sterns kann vorkommen.

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Veränderliche

SN 2022hrs in NGC 4647
- helle Supernova im Virgo-Cluster
von Klaus Wenzel

Mitte April betrat in prominenter Region, nämlich im Virgo-Galaxienhaufen, eine spektakuläre Sternexplosion die kosmische Bühne, die weltweit unter Amateur- und Profiastronomen Beachtung fand. Da sie noch früh in der Ausbruchsphase entdeckt wurde und für mich sehr gut am Himmel postiert war, konnte ich sie relativ lange verfolgen und eine aussagekräftige Lichtkurve erstellen.

Frühe Entdeckung und Klassifizierung Wie so oft entdeckte auch diese Supernova der japanische Spezialist Koichi Itagaki mit einem 50-cm-Spiegelteleskop (f/6). Die Endeckung gelang ihm am 16.04.2022 bei Überwachungsaufnahmen im Virgo-Galaxienhaufen im südöstlichen Bereich der Spiralgalaxie NGC 4647, im direkten Umfeld der hellen, elliptischen Galaxie Messier 60 (M 60) [1]. Bei ersten Spektralbeobachtungen wenige Stunden nach der Entdeckung konnte der Italiener Claudio Balcon das zunächst nur 15 mag helle Objekt als Supernova (SN 2022hrs) vom Typ Ia (Weißer Zwerg hat die Chandrasekhar-Grenze von 1,4 Sonnenmassen überschritten) mit einer Rotverschiebung von z = 0,0047 bestätigen [2]. Schnell zeigte sich, dass diese Supernova in einer noch recht frühen Phase entdeckt wurde und sich noch im Anstieg befand.
Interessantes kosmisches Umfeld Die Position der Supernova liegt in einem Spiralarm der Galaxie NGC 4647, etwa 41'' südöstlich des Galaxienzentrums (Abb. 1). NGC 4647 bildet zusammen mit M 60 das Galaxienpaar Arp 116. M 60 wurde bereits am 11.04.1779 von Johann Gottfried Köhler entdeckt, während NGC 4647 erst fünf Jahre später am 15.03.1784 von Wilhelm Herschel erstmals gesehen wurde. Ob beide Galaxien tatsächlich miteinander assoziiert sind, ist jedoch nicht ganz sicher, da keine

1 SN 2022hrs mit einer Helligkeit von 12,5 mag, nahe der Maximalhelligkeit. Südlich von
M 60 befindet sich die beschriebene ,,Ultrakompakte Zwerggalaxie" M60 UCD1.

klaren Wechselwirkungserscheinungen erkennbar sind und beide Objekte auch etwas unterschiedliche Rotverschiebungen aufweisen. Arp bemerkte hierzu: "Absorbtion heavier on spiral side away from E galaxy" [3].
Ein weiteres, sehr interessantes Objekt befindet sich 90'' südlich des Zentrums von M 60. Es ist die erst 2013 identifizierte Ultrakompakte Zwerggalaxie (UCD - ultra compact dwarf) M60 UCD1. Dieses zunächst für einen Stern gehaltene Objekt wurde eingehend mit Hilfe der Weltraumteleskope Hubble und Chandra untersucht. Dabei entpuppte sich dieses unscheinbare, nahezu stellare Objekt als wahres Monster. Die Gesamtmasse des Zwerges liegt bei etwa 140 Millionen Sonnenmassen bei einem Durchmesser von nur etwa 160 Lichtjahren. Im Zentrum befindet sich ein Schwarzes Loch mit etwa 20 Millionen Sonnenmassen. Man vermutet, dass dies der Überrest (Kernregion) einer Galaxie ist, welche die Mehrzahl ihrer Sterne bei einer nahen Begegnung mit M 60 verloren hat. Übrig blieb mehr oder

weniger nur die Zentralregion, vergleichbar mit einem riesigen Kugelhaufen [4]. Ähnliche Objekte in unserer Nachbarschaft sind zum Beispiel Omega Centauri (NGC 5139) in unserer Milchstraße oder G 1 im Andromedanebel. Auch in G 78, einem weiteren hellen Kugelsternhaufen in M 31 wurde kürzlich ein Schwarzes Loch von 100.000 Sonnenmassen nachgewiesen [5].
Beobachtungen in meiner Dachsternwarte Aufgrund der zu erwartenden Helligkeit und der günstigen Position der Supernova am Abendhimmel, beschloss ich SN 2022hrs längerfristig sowohl mit der CCDKamera als auch visuell zu beobachten.
Für visuelle Beobachtungen steht mir mein Newton-Teleskop 317 mm / 1.500 mm auf einer einfachen Dobsonmontierung zur Verfügung (Abb. 2). Bei visuellen Helligkeitsschätzungen kommen hier Vergrößerungen zwischen 170x und 375x zum Einsatz.

Journal für Astronomie Nr. 84 | 93

Veränderliche

2 Der 12,5-Zöller - ein Dobson 317 mm / 1.500 mm für visuelle
Helligkeitsschätzungen in der Dachsternwarte

3 Der 6-Zoll-Newton (150 mm / 900 mm) von Manfred Wachter auf
der EQ6-Montierung beim Beobachten unter dem Schiebefenster der Dachsternwarte

Für CCD-Beobachtungen stehen mir zwei weitere, kleinere Newton-Teleskope zur Verfügung, die wahlweise auf einer EQ6Montierung montiert werden. Dies sind ein Teleskop mit 150 mm Öffnung und 900 mm Brennweite (Baujahr 1979) von Manfred Wachter (Abb. 3) und ein neuerer Newton-Astrograf 208 mm / 812 mm (Explore Scientific). Um ein so helles Objekt zu überwachen, kommt man bei diesen lichtstarken Instrumenten (f/6 bzw. f/3,9) mit sehr kurzen Belichtungszeiten unter einer Minute aus. Die Teleskope werden wahlweise mittels Rollen unter ein großes Schiebefenster gefahren. Für die genaue Aufstellung der parallaktischen Montierung sind hierfür Markierungen am Boden angebracht.
Zu guter Letzt wurden für diese Lichtkurve auch einige wenige Remote-Aufnahmen, hauptsächlich zum Ende der Beobachtungsperiode, vom COAST-Teleskop (COAST = Completely Autonomous Survey Telescope) in Teneriffa verwendet (Abb. 4). Beim COAST-Teleskop, dem Nachfolger des Bradford Robotic Telescope (BRT), handelte es sich zunächst um ein 14-Zoll-SCT und seit Juli 2021 um ein 17-Zoll-Dall-Kirkham-Teleskop (f/6,8), das ferngesteuert am Teide-Observatorium

4 Zwei Kuppeln
der OpenScience Observatories am Teide-Observatorium in Teneriffa. In der rechten Kuppel ist das COAST-Teleskop untergebracht.
von den Open-Science-Observatorien betrieben wird. Untergebracht ist es in einem 3,5-m-All-Sky-Dome von Baader. Hier kann man Beobachtungswünsche (Objekt, Belichtung, Filter) via Internet einreichen, die dann ,,abgearbeitet" werden. Man hat aber leider keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Beobachtung [6].
Die Lichtkurve von SN 2022hrs Am 19.03.2022, also drei Tage nach der Entdeckung von Itagaki, konnte ich die Supernova erstmals beobachten. Zunächst schätzte ich die Helligkeit visuell (12,5-Zoll-Newton, 20:00 Uhr UT) auf 13,8 mag, was ich um 20:36 Uhr UT mit einer

CCD-Beobachtung (8,3-Zoll-Newton) mit 13,75 mag bestätigen konnte. Visuell war die Supernova einfach und direkt unmittelbar südöstlich von NGC 4647 als stellares Objekt im diffusen Halo der Galaxie zu erkennen. Etwas weiter südöstlich ist dann das dominierende Objekt M 60 als großer, runder diffuser Nebel sichtbar. Bei M 60 UCD1 musste ich allerdings, wie erwartet, passen. Hier gibt es vielleicht eine visuelle Chance bei 20 Zoll Teleskopöffnung aufwärts.
Bei weiteren visuellen und CCD-Beobachtungen in den folgenden Nächten konnte ich dann einen kontinuierlichen Hellig-

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Veränderliche

keitsanstieg bis 12,4 mag (27.04.) beobachten. Das Maximum von SN 2022hrs dürfte so um den Monatswechsel April/Mai einzuordnen sein (Abb. 5).
Ab dem 02.05. setzte dann ein langsamer, aber flacher Rückgang der Helligkeit ein. Bis Ende Mai, als es für mich aufgrund der Lage meines Beobachtungsfensters (Richtung SO) immer schwieriger wurde, die Supernova zu erreichen, lag die Helligkeit nur noch bei 14 mag. Deshalb stammen dann die letzten beiden Beobachtungen (12.06. und 30.06.) vom COAST-Teleskop in Teneriffa. Am 30.06.2022, am Ende meiner Beobachtungsperiode, lag die Helligkeit schließlich nur noch bei 15 mag. Die Abbildung 6 zeigt den Helligkeitsrückgang der SN auch fotografisch.
Zusammenfassung Die Supernova SN 2022hrs konnte ich in der Zeit vom 19.04. bis 29.05.2022 insgesamt in 24 Nächten sowohl visuell als auch digital in meiner Dachsternwarte beob-

5 Lichtkurve nach visuellen und CCD-Beobachtungen in meiner Dachsternwarte in
Wenigumstadt. Das Maximum dürfte bei etwa 12,4 mag zwischen dem 27.04. und dem 01.05.2022 zu finden sein.

achten, ergänzt durch drei Remote-Beobachtungen (21.05., 12.06. und 30.06.2022) am COAST-Teleskop. Das Ergebnis ist eine klassische Lichtkurve einer Supernova vom Typ Ia.
Durch die schnelle Einsatzbereitschaft der Teleskope konnten auch kurze Wolkenlücken konsequent ausgenutzt werden. Ein Vorteil, der deutlich überwiegt gegenüber den Problemen (Seeing, eingeschränkter Himmel, Streulicht), die das Beobachten aus einem großen Dachfenster des Wohnhauses mit sich bringt.

Literatur- und Internethinweise (Stand 03.09.2022): [1] Latest Supernovae:
www.rochesterastronomy.org [2] IAU Supernova Working Group:
www.wis-tns.org/object/2022hrs [3] H. Arp, 1966: "Atlas of peculiar Gala-
xies", Astrophys. J. Suppl. Ser. 14, p. 1-20 [4] J. Strader et al., 2013: "The densest galaxy", Astrophys. J. 775, L 6 [5] ,,Schwarzes Loch der Mittelklasse in der Andromedagalaxie", Sterne und Weltraum 7/2022, S. 13 [6] The OpenScience Observatories: www.telescope.org

6 Zwei Überwachungsaufnahmen zum Vergleich. Links: Aufnahme vom 02.05.2022, 6 x 30 s belichtet am 6-Zoll-Newton in Wenigumstadt,
SN-Helligkeit 12,55 mag. Rechts: Remote-Aufnahme (1 x 120 s) vom 12.06.2022 am COAST-Teleskop in Teneriffa, SN-Helligkeit 14,6 mag
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VdS-Nachrichten

Bericht aus dem Vorstand
von Astrid Gallus

An dieser Stelle berichtet der Vorstand der Vereinigung der Sternfreunde e.V. über seine Arbeit der letzten drei Monate.
Die VdS wächst wieder! Die gute Nachricht zuerst: Die VdS hat im vergangenen Jahr dreimal mehr Neuaufnahmen als Austritte gehabt. Ein deutliches Zeichen, dass die Auffrischungen im Erscheinungsbild plus das erweiterte inhaltliche Angebot, wie zum Beispiel das Remote-Teleskop oder das VdS-Buch zur Einführung in die Astronomie, positiv angekommen sind und entsprechend gut aufgenommen wurden.
Halle Die VdS-Tagung in Halle war ein wunderbares Erlebnis. Endlich wieder persönlich zusammenzutreffen und auch wieder gute neue Kontakte zu schließen! Der Tenor der Tagung war ebenfalls ungewöhnlich: Die Beiträge dienten dem Blick in die Zukunft.

Mehr zu lesen lohnt sich ab Seite 61. Geschäftsstelle in Heppenheim Seit dem 01.11.2022 haben wir wieder zwei Mitarbeiterinnen vor Ort in unserer Geschäftsstelle in Heppenheim, die für Sie als unsere Mitglieder da sind und den Vorstand unterstützen: Frau Annika Elsner steht Ihnen neben Frau Eva Garbe zur Verfügung.
Service für die Sternwarten Die VdS stellt seit Herbst 2022 ihre Pressetexte inklusive Bildern oder Aufsuchkarten vor der offiziellen Veröffentlichung in den Medien den VdS-Sternwarten zum eigenen Gebrauch zur Verfügung. Die Sternwarten können diese Texte unter ihrem eigenen Namen veröffentlichen, lediglich die Bilder oder Karten müssen auf die VdS verweisen. Ein echter Mehrwert für die Sternwarten!
EasyVerein Obgleich wir nun wieder zwei gute Geister in der Geschäftsstelle haben, bitten wir

unsere Mitglieder um Unterstützung: Bitte, registrieren Sie sich für unsere Software Easyverein ganz einfach über www.sternfreunde.de. Das erleichtert die Vereinsverwaltung ungemein. Alle wichtigen Daten hierzu (es sind nur zwei) finden Sie auf Ihrem Mitgliedsausweis.
VdS-Journal Ich erwähnte es bereits im letzten Bericht: Die Druckkosten für das Journal sind in den beiden vergangenen Jahren um 50% gestiegen. Dennoch haben wir in Abstimmung mit den Fachgruppen einen Weg gefunden, die Kosten stabil zu halten: Die Hefte werden in Bezug auf das Schwerpunktthema etwas weniger umfangreich werden, die gewohnte Vielfalt der Beiträge dagegen bleibt ungekürzt erhalten.
Sie sehen, bei uns ist immer viel los! Es grüßt Sie bis zum nächsten Mal Ihre VdS

Impression

Mond bedeckt Mars

96 | Journal für Astronomie Nr. 84

Am 8. Dezember kurz nach 6 Uhr ist der Mond über den Mars gezogen. Das Bild entstand ca. 20 Sekunden vor dem Eintritt. Aufnahme: Sven Melchert.

VdS-Nachrichten

Wir begrüßen neue Mitglieder

Mitgl.-Nr.
21564 21565 21566 21567 21568 21569 21570 21571 21572 21573 21574 21575 21576 21577 21578 21579 21580 21581 21582 21583 21584 21585 21586 21587 21588

Name

Vorname

Schievink

Hans-Gerd

Andres

Lea

Tausendpfund

Eckart

Westkemper

Marco

Dr. Danielides

Michael

Dr. Reckert

Melanie

Behrendt

Djamila

Grabienski

Peter

Pepic

Marko

Tittel

Juergen

Puchert

Alexander

Dr. Rüttgers

Alexander

DI Woeber

Georg

Prof. Dr. Micklefield George

Kalitzki

Sabine

Dipl. Ing. Lahrmann Martin

Wortmann

Wolfgang

Fiebig

Rainer

Schlesier

Dirk

Ammann

Anton

Rosenberg

Ramona

Reichelsdorfer

Jürgen

Kosinsky

Jona

Lüdke

Christian

Schüßler

Tilman

Mitgl.-Nr.
21589 21590 21591 21592 21593 21594 21595 21596 21597 21598 21599 21600 21601 21602 21603 21604 21605 21606 21607 21608 21609 21610 21611 21612

Name

Vorname

Wübbe

Theodor

Breslawski

Frank

Dr. Michaelis

Harald

Giering

Leonard

Pauluth

Jasmin

Appel

Thomas

Prof. Dr. Nägele Herbert

Kreussel

Frank

Schulte

Elmar

Eichhorn

Henrik

Marre

Daniel

Timm

Michael

Reinders

Alexander

Czaja

Arnold

Kley

Gordian

Naujoks

Martina

Göttlich

Marcus

Jost

Siegfried

Schmidt

Alfred

Ganz-Lauterbach Alfred

Kamm

Klaus

Glaw

Jan-Benedict

Kromm

Hans

Dr. Grand-Montagne Philippe

INSERENTEN
120 APM Telescopes, Sulzbach/Saar 33 astronomie - DAS MAGAZIN 29 astronomie.de, Mammendorf U4 Baader Planetarium, Mammendorf 85 Gerd Neumann jr. Entwicklung und Herstellung feinmechanischer & optischer Instrumente
21 Kosmos Verlag, Stuttgart U3 Optical Vision Limited, UK 11 Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg
Spektrum der Wissenschaft
27 Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg Sterne und Weltraum
71 STOKER MEDIA 79 Verein zur Förderung der Raumfahrt U2 Vesting e. K. Fachhandel für Astronomie, Seevetal

Journal für Astronomie Nr. 84 | 97

VdS vor Ort / Tagungsberichte

Astronomie-Börse Kreuznach ein voller Erfolg
von Johannes Lind

1 Das Team der
Sternwarte Bad Kreuznach. Foto: Bern Orth.

Nach zwei Jahren Wartezeit fand sie endlich statt: Am 8. Oktober 2022 öffnete zum ersten Mal die Astronomie-Börse Kreuznach (ABK) in der Gemeindehalle des Nachbarorts Langenlonsheim ihre Pforten für Astronomiebegeisterte aus ganz Deutschland und über die Landesgrenzen hinaus.

,,Die Idee dazu gab es schon 2020", sagt Mehmet Ergün, Vereinsvorsitzender der Sternwarte Bad Kreuznach, die das Treffen veranstaltet hat, ,,aber dann kam Corona." In der pandemischen Zeit war der Verein jedoch nicht untätig geblieben. Die lange Zeit ohne größere Veranstaltungen nutzten Ergün und sein Team, um das Konzept der ABK weiter auszuarbeiten und zu vertiefen: Als Aussteller wurden im ersten Jahr bewusst keine kommerziellen Händler angesprochen, vielmehr verstand sich die Börse als eine Art Flohmarkt-Treff für die Astronomie-Szene, angereichert mit einem vielfältigen Programmangebot, das den Besuchern den Raum bot, sich weiterzubilden, Erfahrungen auszutauschen oder einfach

nach der langen Pause gemeinsamer Treffen wieder einmal mit Gleichgesinnten ins Gespräch zu kommen.
Neben der Vernetzung mit teilnehmenden Vereinen (auch die VdS war mit einem Stand vertreten) bestand für die Besucher zudem die Möglichkeit, sich über ein breit gefächertes Vortragsprogramm zu astronomischen Themen zu informieren. Mit in der Szene bekannten Referenten wie Bernd Pröschold, Mehmet Ergün und Felix Heisig

lag der Schwerpunkt - dem gegenwärtigen Trend entsprechend - auf der Astrofotografie. Auf der anderen Seite begeisterte Dany Herzberg seine Zuhörer mit einem erfrischend praxisbezogenen Bericht zum astronomischen Eigenbau.
Für die leibliche Verpflegung war mehr als ausreichend gesorgt, und dank des guten Wetters kam auch das Beobachten an diesem Tag nicht zu kurz. Vom Vorplatz der Halle aus konnte man fast den ganzen Tag

98 | Journal für Astronomie Nr. 84

lang mithilfe eines hochwertigen Sonnenteleskops den Blick auf die derzeit rege Aktivität unseres Sterns werfen, ein Angebot, das auch für zahlreiche Anwohner attraktiv war, die sich ganz spontan für einen Besuch der Börse entschieden.
Als Auftaktveranstaltung der AstronomieBörse Kreuznach ist der Verein mit etwa 150 Besuchern an diesem Tag mehr als zufrieden gewesen. Im nächsten Jahr soll das Event wieder stattfinden, nach Möglichkeit noch zentraler von der Lage her und im größeren Rahmen, sodass sich auch kommerzielle Händler als Aussteller beteiligen können. Nicht zuletzt soll aber auch das Flohmarkt-Konzept für private Anbieter erhalten bleiben und ebenso das Bildungsangebot mit hochkarätigen ReferentInnen.
Interesse an einer Teilnahme im nächsten Jahr? Dann melden Sie sich bei der Sternwarte Bad Kreuznach: www.sternwartekreuznach.de

VdS vor Ort / Tagungsberichte

Journal für Astronomie Nr. 84 | 99

VdS vor Ort / Tagungsberichte
45. Würzburger Frühjahrstagung
- zum 2. Mal online
von Kai-Oliver Detken

Die Würzburger Frühjahrstagung ist das süddeutsche Gegenstück zur Bochumer Herbsttagung (BoHeTa), die jedes Jahr interessante astronomische Vorträge aus den unterschiedlichen Fachgruppen der Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) bietet. Sie fand in diesem Jahr zum 45. Mal statt - leider erneut wieder nur als virtuelle Zoom-Konferenz. Nachdem im letzten Jahr die Tagung über Zoom erfolgreich stattfinden konnte und mehr Teilnehmer begrüßt wurden als bei den normalen Präsenzveranstaltungen, entschloss sich das Friedrich-Koenig-Gymnasium als Veranstalter aufgrund der Corona-Fallzahlen im März zu diesem Schritt. Der Tagungsleiter war erneut Dr. Dominik Elsässer vom VdS-Vorstand, der zu Beginn die bis zu 100 Teilnehmer begrüßte und die Veranstaltung lebendig moderierte.
Den Vortragsbeginn leitete Dr. Leonard Burtscher von der Universität Leiden in den Niederlanden [1] ein, der über das geplante europäische Extremely Large Telescope (ELT) referierte. Er stellt sich in seinem Fachgebiet die älteste Frage der Welt, ob wir allein im Universum sind. Dabei sind inzwischen über 5.000 Exoplaneten gefunden worden, darunter auch erdähnliche. Diese lassen sich allerdings schwer auffinden,

da sie sehr klein sind und ihren zentralen Stern so gut wie nicht verdunkeln. Die Verfahren werden allerdings immer besser, so dass viele Funde inzwischen verzeichnet werden können. Die Exoplaneten werden anschließend auf ihre Spektren untersucht, um herauszufinden, ob Sauerstoff und Wasser vorherrschende Elemente sind, um so eine zweite Erde zu finden. Eine weitere spannende Fragestellung in diesem Zusammenhang ist, wie Burtscher betonte, wie Sonnensysteme überhaupt erst entstehen.
Man wird mit dem ELT ebenfalls Schwarze Löcher in Kugelsternhaufen wie OmegaCentauri untersuchen, aber auch in anderen Galaxien. Das ELT wird dabei Galaxien in einer Detailschärfe aufnehmen, die die des Hubble Space Telescope (HST) noch einmal deutlich übertreffen wird. Man nimmt sich auch vor, mit dem ELT dem Universum beim Wachstum zuzuschauen. Durch die Webcam-Seite des ELT ist dies auch beim ELT selbst möglich: es lässt sich der Baufortschritt in einer 360-Grad-Perspektive beobachten [2]. Die ersten drei Instrumente, die für das ELT fertiggestellt werden, sind MICADO, HARMONI und METIS. MICADO beinhaltet eine beugungsbegrenzte Kamera für Licht im nahen Infrarot. HARMONI ist ein integraler

1 Die VdS-Sternwarte Volkssternwarte
Kirchheim in einer klaren Nacht im Rundblick über ca. 270 Grad (Bild: Michael Schomann)
Breitband-Feldspektrograf und METIS besitzt eine Kamera und einen Spektrografen für das mittlere Infrarot [3]. An diesem Projekt arbeitet auch Dr. Leonard Burtscher mit und stellte abschließend das Projektteam vor, das aus über 100 Wissenschaftlern und Ingenieuren aus 10 Ländern und drei Kontinenten besteht.
Im zweiten Vortrag berichtete Prof. Dr. Laura M. Schreiber aus Würzburg über hochauflösende Sonnenfotografie im Kontinuum. Sie nutzte als Amateurastronomin im Jahr 2006 zum ersten Mal das Sonnenteleskop PST von Coronado, welches eine günstige Beobachtungsmöglichkeit für Amateure im H-alpha-Spektrum bietet und auch heute noch am Markt vorhanden ist. Fortan war sie fasziniert von der Sonnenbeobachtung, denn es wurden dadurch Strukturen auf der Oberfläche sichtbar, die im Weißlicht nicht zu erkennen waren. Diese Strukturen können dabei sehr komplex werden. Um die Sonnenflecken und -strukturen gut aufnehmen zu können,

100 | Journal für Astronomie Nr. 84

VdS vor Ort / Tagungsberichte

spielt ebenfalls das Seeing eine wichtige Rolle. Wenn die Luftmassenbewegungen das Bild zittern und wabern lassen, kann dies zu schlechter Bildqualität führen. Der Jetstream ist dabei ein großes Problem, aber auch das bodennahe Seeing sowie das Tubus-Seeing spielen eine wichtige Rolle. Prof. Laura Schreiber stellte daher in ihrem Vortrag ihr Equipment vor und gab Tipps zur Ausstattung für Sonnenbeobachtungen. Ein schönes Astronomie-Hobby, welches sich auch noch tagsüber ausüben lässt.
Anschließend berichtete Michael Schomann von der VdS über Making-of Kirchheim 360 Grad . Er kennt sich mit Fisheye- und 360 Grad -Aufnahmen sehr gut aus und berichtete über Kameras, die als Würfel aufgebaut sind, um alle Richtungen gleichermaßen aufnehmen zu können. Die Aufnahmen der Kameras auf dem Würfel müssen dann natürlich wieder zu einem Gesamtmosaik vereint werden. Die dafür notwendige Software wurde ebenfalls vorgestellt: PS Lightroom, Autopano [4] und 3DVista [5]. Mit Photoshop Lightroom werden zunächst die Einzelbilder verarbeitet. Dies wird anhand eines ersten Bildes exemplarisch vorgenommen, um anschließend diesen Prozess auf alle anderen Bilder automatisiert

anzuwenden. Das Programm Autopano ist dann zum Erstellen des Panoramas geeignet. Allerdings existiert der Hersteller Kolor nicht mehr und so sollte man auf andere Software ausweichen. Abschließend lässt sich mittels 3DVista eine virtuelle Tour für das Internet errechnen. Auf der Webseite der VdS lässt sich das fertige Endergebnis seiner 360 Grad -Aufnahmen bewundern [6].
Danach wurde es etwas technischer, indem ein 3D-Drucker im Astronomie-Selbstbau von Florian Bleymann präsentiert wurde. Es handelt sich beim 3D-Druck um ein adaptives Verfahren, da Material im Schichtaufbauverfahren aufgebaut wird. Dafür sind chemische Härtungs- und Schmelzprozesse notwendig. Es wurde im Vortrag sehr genau auf die verschiedenen 3D-Druckverfahren eingegangen, die unterschiedliche Vor- und Nachteile besitzen. So kann man zwischen SLA-, DLPund FDM-Verfahren unterscheiden. Das FDM-Verfahren ist dabei am besten für die astronomische Anwendung geeignet. Als Praxistipp wurde mitgegeben, dass man erst einmal mit einfachen Bauteilen und unkompliziertem Material wie Polylactid (PLA) zum Üben anfangen sollte, was sogar in einer Live-Demonstration gezeigt wur-

de. Ein spannendes Thema für die Astronomie, um sich Adapter oder ganze Teleskope selbst ohne Drehbank anzufertigen.
Im Anschluss berichtete Siegfried Hold von der Nova Cas 2021. Dabei handelte es sich um eine Supernova, die sich relativ lange beobachten ließ. Sie wurde am 18. März 2021 von dem Japaner Yuji Nakamura im Sternbild der Cassiopeia zwischen Messier 52 und dem Bubble Nebula (NGC 7635) entdeckt. Das Besondere an der Nova Cas 2021 war dabei der langsame Helligkeitsanstieg, der bis 15,6 mag erfolgte. Die Supernova wurde durch Spektrografie-Messungen untersucht, wodurch Natrium in der Hülle nachgewiesen werden konnte. Weitere Analysen werden noch folgen.
Danach berichte Michael Jäger von dem letzten interessanten Kometen Leonard, der nach Neowise die Himmelsbühne im vergangenen Jahr betrat. Der Komet wurde am 03. Januar 2021 von Gregory Leonard am Mount Lemmon Observatory in Arizona entdeckt. Damals war er noch fünf Astronomische Einheiten (AE) von der Sonne entfernt und niemand konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, wie er sich entwickeln würde. Aber Kometen sind nun

2 Komet C/2021 A1 (Leonard) in seiner Entwicklung vom 21. bis 25.12.2021, 8-Zoll-Teleskop (f/3), Kamera: QHY600, remote aufgenommen,
Skygems Observatories (Bild: Michael Jäger und Lukas Demetz)
Journal für Astronomie Nr. 84 | 101

VdS vor Ort / Tagungsberichte

einmal unberechenbar und so entwickelte sich Leonard doch noch zu einem interessanten Objekt - allerdings hauptsächlich für die Südhalbkugel. Deshalb wurde auf eine Remote-Sternwarte der Astrofarm Hakos in Namibia ausgewichen. Das war die erste Erfahrung des Referenten mit einer solchen Möglichkeit und er war begeistert. Denn er konnte die Sternwarte zwei Wochen lang jeden Abend nutzen, weil das Wetter dort stabil blieb. So ließ sich ein neuer Ausbruch am 23. Dezember beobachten und die starke Schweifveränderung konnte nahtlos dokumentiert werden. Der VdS-Fachgruppenleiter Dr. Uwe Pilz der Fachgruppe Kometen [7] untersuchte die Aufnahmen und stellte fest, dass der Staub, welcher sich in den Schweif mischte, durch den Sonnenwind beschleunigt und nicht abgebremst wurde. Inzwischen hat sich der Komet aufgelöst.
Abschließend berichtete Prof. Dr. Kai-Oliver Detken von der neu gegründeten VdSFachgruppe Remote-Sternwarten und der Faszination des Südsternhimmels. Die Gründe, auf eine Remote-Sternwarte auszuweichen, sind dabei unterschiedlich. Sei es, um einen Kometen auf der Südhalbkugel weiter beobachten zu können, wie im Fall von Michael Jäger, oder der Lichtverschmutzung im eigenen Garten zu entgehen. Dabei lockt der Südsternhimmel zusätzlich mit einer Vielzahl von Himmelsobjekten, die von der Nordhalbkugel aus nicht beobachtbar sind. In der Fachgruppe Remote-Sternwarten [8] sollen mehrere Projekte realisiert werden, die den Remote-Betrieb von Teleskopen ermöglichen an Standorten, die nicht oder nur wenig von der Lichtverschmutzung betroffen sind. Dafür wurden die vier Untergruppen Infrastruktur, Equipment, Software und Betrieb gebildet, um daraus Realisierungsmöglichkeiten ableiten zu können. Die Gruppe hat aktuell 70 Mitglieder und lebt von ihrer Schwarmintelligenz, da jeder unterschiedliches Wissen beisteuern kann. Eine Herausforderung wird es daher sein, die verschiedenen Interessen aufeinander abzustimmen, weshalb auch mehrere Projekte geplant sind. Abschließend wurden dann

noch über die eigene Erfahrung der Nutzung einer Remote-Sternwarte mit Telescope Live [9] berichtet sowie erste Bildergebnisse präsentiert.
Die 45. Würzburger Frühjahrstagung war wieder gespickt mit interessanten Vorträgen, die die gesamte Bandbreite des Astronomie-Hobbys verdeutlichten. Dr. Dominik Elsässer vom VdS-Vorstand moderierte lebendig durch die Vortragsreihen und vergaß auch nicht virtuelle Kaffeepausen anzuordnen. So konnte die Tagung gegen 17:30 Uhr erfolgreich beendet werden. Trotzdem ließen sich die Teilnehmerzahlen des Vorjahres nicht annährend erreichen. Wahrscheinlich ist eine gewisse Müdigkeit bei virtuellen Veranstaltungen eingetreten. Bleibt daher zu hoffen, dass in Zukunft wieder eine Präsenzveranstaltung möglich wird, um sich u. a. in den Pausen direkt miteinander austauschen zu können.

Internethinweise (Stand 03.09.2022): [1] Homepage der Universität Leiden:
www.universiteitleiden.nl [2] Webcam-Webseite des ELT: https://
elt.eso.org/about/webcams/ [3] ELT-Instrument METIS: https://metis-
app.strw.leidenuniv.nl [4] Autopano-Webseite: https://
autopano.de.softonic.com [5] 3DVista-Webseite:
www.3dvista.com/de/ [6] M. Schomann: "Sternwarte Kirchheim
im 360-Grad-Rundblick", https:// sternfreunde.de/astronomie-alshobby/astronomie-in-360-Grad/ kirchheim-360/ [7] Webseite der VdS-Fachgruppe Kometen: http://fg-kometen.vdsastro.de [8] Webseite der VdS-Fachgruppe Remote-Sternwarten: https:// remotesternwarten.sternfreunde.de [9] Webseite des Remote-SternwartenAnbieters Telescope Live: https:// telescope.live

IMPRESSUM
VDS-JOURNAL FÜR ASTRONOMIE Vereinszeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) Hier schreiben Sternfreunde für Sternfreunde.
Herausgeber: Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) Geschäftsstelle: Postfach 1169 | 64629 Heppenheim | GERMANY Telefon: +496252 787154 | Fax: +496252 787220 service@sternfreunde.de | www.sternfreunde.de Redaktion: Dietmar Bannuscher, Dr. Werner E. Celnik, Otto Guthier, Sven Melchert, Peter Riepe. Redaktionelle Mitarbeit der VdS-FachgruppenRedakteure und VdS-Mitglieder Bearbeitung von Bildern und Grafiken: Dr. Werner E. Celnik und die Autoren Gestaltung/Layout: Bettina Gessinger, Dipl. Designerin Anzeigen und Herstellung: Kullmann & Matic GbR, anzeigen@sternfreunde.de Druck: raff & wurzel Druck Gmbh, Riederich Vertrieb: Werner Teutsch GmbH, Laudenbach Bezug: ,,VdS-Journal für Astronomie" erscheint viermal pro Jahr und ist im Mitgliedsbeitrag von 40,- (EU) und 45,- (außerhalb der EU) bzw. ermäßigt 25,- pro Jahr enthalten. Beiträge: Beiträge für die Rubriken der VdS-Fachgruppen werden erbeten an die Redakteure der Fachgruppen (Adressen siehe Seite 117 und unter www.sternfreunde.de). Andere Beiträge senden Sie bitte an die VdS-Geschäftsstelle, Postfach 1169, 64629 Heppenheim, E-Mail: service@sternfreunde.de.

102 | Journal für Astronomie Nr. 84

GROSSER BÄR

GIRAFFE

KASSIOPEIA

LÖW IN E E KLE R
LÖWE Regulus

LUCHS

Capella

Castor Pollux
KREBS

FUHRMANN ZWILLINGE

WASSERSCHLANGE Alphard
SÜDOST

KLEINER HUND
Procyon

Beteigeuze

EINHORN
Sirius
GROSSER HUND

Aldebaran ORION
Rigel HASE

Sternkarte exakt

gültig für 15. Januar 2023

22 Uhr MEZ

SÜD

Mondphasen im Januar 2023

Algol PERSEUS

ANDROMEDA DREIECK

Mars Plejaden STIER

WIDDER Uranus

PEGASUS
FISCHE Jupiter

WALFISCH

ERIDANUS

SÜDWEST
Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Zusammengestellt von Werner E. Celnik, mit Beiträgen von Dietmar Bannuscher (Veränderliche Sterne), Eberhard Riedel (streifende Sternbedeckungen), Oliver Klös (Sternbedeckungen durch Kleinplaneten).

Vollmond 7.1.

Letztes Viertel 15.1.

Ereignisse im Januar

02. 00:02 MEZ Mond 18 arcmin N Uranus (5,7 mag, 3,7 arcsec),

Bedeckung in N-Deutschland, N-EU, N- und Mittel-

Amerika

03. 19:42 MEZ Mond 1,1 Grad S Mars (-1,1 mag, 14,3 arcsec) und

7,4 Grad N Aldebaran (1,0 mag)

04. 04:40 MEZ Maximum Meteorschauer der Quadrantiden,

41 km/s, 60-200/h

04. 17:17 MEZ Erde im Perihel, 147,1 Mio. km

04. 18:53- MEZ Io mit Schatten vor Jupiter

21:06

04. 22:18 MEZ RZ Cas Minimum

05. 00:35 MEZ Kleinplanet (1655 ) Comas Sola bedeckt TYC

1339-00122-1 (9,1 mag) für 3,6 s, Hell.Abfall um

4,4 mag, Pfadverlauf in NO-D

07. 00:08 MEZ Vollmond

07. 19:00 MEZ Mond 3,7 Grad SO Pollux (1,2 mag)

09.

Mond erdfern, 29,8 arcmin

09. 20:01 MEZ X Tri Minimum

10. 19:20 MEZ X Tri Minimum

10. 22:00 MEZ Mond 5,1 Grad NO Regulus (1,4 mag)

11. 19:31- MEZ Io mit Schatten vor Jupiter

21:45

12.

Mars (-0,8 mag, 13,1 arcsec) wird wieder recht-

läufig, Ende der Oppositionsschleife

12. 21:20 MEZ Kleinplanet (994) Otthild bedeckt HIP 45688

(3,8 mag) für 2,1 s, Hell.Abfall um 0,8 mag, Pfadverlauf

von NO- nach NW-D

14.

Streifende Sternbedeckung Mond - SAO 138942

(6,8 mag), Linie Billerbeck-Münster-nördl. Paderborn-

nördl. Göttingen-Nordhausen-Bad Lausick-nördl.

Dippoldiswalde

15.

max. Libration Mond-W, 7,8 Grad

15. 03:00 MEZ Mond 3,1 Grad NO Spica (1,1 mag)

15. 03:10 MEZ Letztes Viertel

16. 21:10 MEZ RZ Cas Minimum

Neumond 21.1.

Erstes Viertel 28.1.

18. 07:00 MEZ Mond 2,7 Grad NW Antares (1,1 mag)

20. 18:14- MEZ Io mit Schatten und Ganymed vor Jupiter

19:44

21. 12:43 MEZ Neumond

22.

Mond erdnah, 33,0 arcmin

22. 17:45 MEZ Venus (-3,9 mag, 10,9 arcsec) 26 arcmin S Saturn

(0,8 mag, 15,5 arcsec)

23.

Uranus (5,7 mag, 3,6 arcsec) wird wieder recht-

läufig, Ende der Oppositionsschleife

23. 18:15 MEZ Mond 4,8 Grad SO Venus (-3,9 mag, 10,9 arcsec)

und 5,7 Grad SO Saturn (0,8 mag, 15,5 arcsec)

23. 19:05 MEZ Kleinplanet (476) Hedwig bedeckt TYC 0609-

01153-1 ( 9,7 mag) für 4,3 s, Hell.Abfall um 4,4 mag,

Pfadverlauf von W- nach O-D

24. 01:17 MEZ RZ Cas Minimum

25. 20:00 MEZ Mond 6,2 Grad SW Jupiter (-2,2 mag, 36,7 arcsec)

27.

max. Libration Mond-O, 8,0 Grad

27.

Kleinplanet (6) Hebe (8,8 mag) in Opposition zur

Sonne, Sternbild Krebs

27.

Streifende Sternbedeckung Mond - Omicron

Piscium (4,3 mag), Linie Leer - Scheeßel- südlich

Lüneburg - Pritzwalk - Templin - Schwedt/Oder

Linie Leer - Scheeßel- südlich Lüneburg - Pritzwalk -

Templin - Schwedt/Oder

27. 19:10- MEZ Io mit Schatten und Ganymed vor Jupiter

21:08

28. 16:19 MEZ Erstes Viertel

28. 23:00 MEZ Mond 3,7 Grad W Uranus (5,7 mag, 3,6 arcsec)

29. 05:00 MEZ Kleinplanet (1001) Gaussia bedeckt TYC 4916-

01034-1 (10,0 mag) für 7,6 s, Hell. Abfall um 5,0 mag,

Pfadverlauf N-Österr. nach S-D

30.

Merkur (-0,2 mag, 6,7 arcsec) in größter Elongation

West (25,0 Grad), SO-Morgenhimmel

30. 00:42 MEZ RZ Cas Minimum

31. 03:00 MEZ Mond 2,1 Grad W Mars (-0,3 mag, 10,8 arcsec) und

7,6 Grad N Aldebaran (1,0 mag)

JJoouurnrnaal flüfür rAAsstrtoronnoommieieNNr.r.8844 | |101303

JAGDHUNDE

GROSSER BÄR

GIRAFFE

PERSEUS

ANDROMEDA

Capella

Algol

HAAR DER BERENIKE

KLEINER LÖWE

LUCHS
Castor Pollux

FUHRMANN ZWILLINGE

Mars

DREIECK
WIDDER FISCHE
Uranus

JUNGFRAU

LÖWE

Regulus

KREBS

Aldebaran

STIER

SEXTANT

Procyon

KLEINER HUND

Beteigeuze

ORION

WALFISCH

BECHER SÜDOST

Alphard

EINHORN

RSCHLANGE WASSE

KOMPASS

HINTERDECK

Sirius
GROSSER HUND

Rigel

ERIDANUS

HASE

SÜDWEST

Sternkarte exakt gültig für 15. Februar 2023 22 Uhr MEZ

Vereinigung der Sternfreunde e.V.

SÜD

www.sternfreunde.de

Mondphasen im Februar 2023

Vollmond 5.2.

Letztes Viertel 13.2.

Ereignisse im Februar

03. 20:12 MEZ Mond 2,3 Grad S Pollux (1,2 mag)

05.

Mond erdfern, 29,8 arcmin

05. 00:08 MEZ RZ Cas Minimum

05. 19:28 MEZ Vollmond

06. 21:10 MEZ Mond 3,8 Grad N Regulus (1,4 mag)

07. 01:04 MEZ Kleinplanet (324) Bamberga (11,0 mag)

1,3 arcmin N Omicron Persei (3,9 mag) und 9,3 arcmin

NW off. Hfn. IC 348 (7,3 mag, 10 arcmin)

10. 23:34 MEZ RZ Cas Minimum

11. 06:00 MEZ Mond 2,8 Grad N Spica (1,1 mag)

13. 17:01 MEZ Letztes Viertel

15.

max. Libration Mond-NW, 7,8 Grad

15. 05:30 MEZ Mond 5,8 Grad O Antares (1,1 mag)

16. 17:44 MEZ Saturn in Konjunktion mit der Sonne

16. 23:00 MEZ RZ Cas Minimum

20.

Mond erdnah, 32,8 arcmin

20. 08:06 MEZ Neumond

20. 22:26 MEZ RZ Cas Minimum

22. 19:00 MEZ Mond 4,3 Grad O Venus (-3,9 mag, 11,9 arcsec)

und 1,1 Grad SW Jupiter (-2,1 mag, 34,5 arcsec)

25. 20:00 MEZ Mond 3,1 Grad NO Uranus (5,8 mag, 3,5 arcsec)

25. 20:00 MEZ Kleinplanet (532) Herculina (11,0 mag) am

Westrand der Hyaden, in den Hyaden bis Mitte März

Neumond 20.2.

Erstes Viertel 27.2.

26.

Streifende Sternbedeckung Mond - SAO 76311

(7,2 mag), Linie Oberstdorf - Garmisch-Partenkirchen -

Berchtesgadener Land

26.

max. Libration Mond-O, 7,3 Grad

26. 05:30 MEZ Zwergplanet (1) Ceres (7,2 mag) 4 arcmin SO Gal.

NGC 4654 (10,4 mag, 5 arcmin)

27. 09:06 MEZ Erstes Viertel

27. 20:29 MEZ Kleinplanet (712) Boliviana bedeckt TYC 4869-

00208-1 (8,8 mag) für 12,0 s, Hell.Abfall um 3,7 mag,

Pfadverlauf in NO-D

27. 23:00 MEZ Mond 3,7 Grad W Mars (0,4 mag, 8,3 arcsec) und

9,6 Grad NO Aldebaran (1,0 mag)

28.

Streifende Sternbedeckung Mond - SAO 77350

(6,5 mag), Linie Kell am See - Hochstetten-Dhaun -

Bockenau - Mainz - Bad Brückenau - Chemnitz -

Dresden

28. 01:00 MEZ Mond 2,8 Grad W Mars (0,4 mag, 8,3 arcsec)

28. 21:51 MEZ RZ Cas Minimum

Quellen: Datendienst US Naval Observatory, Berechnungen der BAV, Berechnungen der IOTA/ES (Eberhard Riedel [GRAZPREP]), Berechnungen von Steve Preston (Sternbedeckungen durch Kleinplaneten), International Meteor Organization (www.imo.net), Heavens-Above.com, Kosmos Himmelsjahr 2023, Kosmos Der Sternenhimmel 2023, eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto).

104 | Journal für Astronomie Nr. 84

NÖRDL. KRONE

Gemma

BOOTES

JAGDHUNDE

Arktur

HAAR DER BERENIKE

JUNGFRAU

Spica

SÜDOST

RABE

BECHER

Sternkarte exakt gültig für 15. März 2023 22 Uhr MEZ
Mondphasen im März 2023

GROSSER BÄR

LUCHS

Capella FUHRMANN

Algol PERSEUS
Plejaden

KLEINER LÖWE

Castor Pollux

ZWILLINGE

Mars Aldebaran

STIER

LÖWE

Regulus

KREBS
KLEINER HUND Procyon

Beteigeuze EINHORN

ORION

SEXTANT

Alphard

Rigel

RSCHLANGE WASSE

KOMPASS HINTERDECK

Sirius

HASE

ROSSER G ND HU

SÜDWEST

ANUS ERID

Vereinigung der Sternfreunde e.V.

SÜD

www.sternfreunde.de

Alle Zeitangaben für Standort bei 10 Grad ö.L. und 50 Grad n.Br., falls nicht anders angegeben. ,,Max. Libration Mond-O" bedeutet, dass das Mare Crisium sich weit weg vom westlichen Mondrand (Mond-Osten) befindet.

Vollmond 7.3.

Letztes Viertel 15.3.

Neumond 21.3.

Erstes Viertel 29.3.

Ereignisse im März

01. 19:00 MEZ Venus (-3,9 mag, 12,2 arcsec) 40 arcmin W Jupiter

(-2,1 mag, 34,2 arcsec)

02. 02:33 MEZ RZ Cas Minimum

02. 10:00 MEZ Venus (-3,9 mag, 12,2 arcsec) 30 arcmin N Jupiter

(-2,1 mag, 34,1 arcsec), Taghimmel

02. 19:00 MEZ Venus (-3,9 mag, 12,3 arcsec) 44 arcmin NO

Jupiter (-2,1 mag, 34,1 arcsec)

03. 02:00 MEZ Mond 2,6 Grad SW Pollux (1,2 mag)

04.

Mond erdfern, 29,8 arcmin

06. 04:30 MEZ Mond 3,4 Grad N Regulus (1,4 mag)

06. 21:17 MEZ RZ Cas Minimum

07. 13:40 MEZ Vollmond

10. 05:00 MEZ Mond 5,5 Grad NW Spica (1,1 mag)

11. 22:18 MEZ Zwergplanet (1) Ceres (7,0 mag) 4,5 arcmin N

Gal. M 91 (10,1 mag, 5,2 arcmin)

13. 21:00 MEZ Kleinplanet (532) Herculina (11,1 mag) 43 arcmin

NW Aldebaran (1,0 mag)

14. 01:24 MEZ RZ Cas Minimum

14. 05:30 MEZ Mond 2,0 Grad O Antares (1,1 mag)

15. 03:08 MEZ Letztes Viertel

16.

max. Libration Mond-NW, 7,6 Grad

16. 00:47 MEZ Neptun in Konjunktion mit der Sonne

20.

Mond erdnah, 32,5 arcmin

20. 22:24 MEZ Sonne im Frühlingspunkt, Frühlings-Tagund-

nachtgleiche

21.

Zwergplanet (1) Ceres (6,9 mag) in Opposition

zur Sonne, Sternbild Coma

21. 18:23 MEZ Neumond

22. 19:15 MEZ Mond 2,4 Grad SW Jupiter (-2,1 mag, 33,4 arcsec)

24. 20:00 MEZ Mond 3,5 Grad O Venus (-4,0 mag, 13,5 arcsec)

und 3,6 Grad W Uranus (5,8 mag, 3,5 arcsec)

25. 01:11 MEZ Kleinplanet (1686) De Sitter bedeckt TYC 272-

00753-1 (9,7 mag) für 2,2 s, Hell.Abfall um 6,3 mag,

Pfadverlauf von N-Österr. über O- nach NW-D

26. 00:16 MEZ RZ Cas Minimum

26. 02:00 MEZ Umstellung von MEZ auf Sommerzeit MESZ,

Uhr um 1 Stunde vorstellen

26. 22:00 MESZ Mond 8,1 Grad N Aldebaran (1,0 mag)

27. 02:42 MESZ Zwergplanet (1) Ceres (7,0 mag) 2,2 arcmin N

Gal. M 100 (9,3 mag, 7,1 arcmin)

28. 21:30 MESZ Mond 3,3 Grad NO Mars (0,9 mag, 6,6 arcsec)

29.

max. Libration Mond-SO, 7,1 Grad

29.

Streifende Sternbedeckung Mond - SAO 79170

(6,6 mag), Linie Papenburg - Cloppenburg - Solingen -

Hannover - Braunschweig - Bad Düben - Mühlberg/Elbe -

Bischofswerda - Zittau

29. 04:32 MESZ Erstes Viertel

29. 21:30 MESZ Mars (0,9 mag, 6,5 arcsec) 1,2 Grad N Sternhaufen

M 35 (5,1 mag)

30. 21:30 MESZ Mond 5,3 Grad SO Pollux (1,2 mag)

30. 21:45 MESZ Venus (-4,0 mag, 13,9 arcsec) 1,2 Grad NW Uranus

(5,8 mag, 3,5 arcsec)

31.

Mond erdfern, 29,8 arcmin

JJoouurnrnaal flüfür rAAsstrtoronnoommieieNNr.r.8844 | |101505

HERKULES NÖRDL. KRONE Gemma
SCHLANGE (KOPF)

BOOTES

JAGDHUNDE

Arktur

HAAR DER BERENIKE

JUNGFRAU

GROSSER BÄR

KLEINER LÖWE

LÖWE

Regulus

Capella FUHRMANN

LUCHS

Castor Pollux

ZWILLINGE Mars

STIER

KREBS

ORION Beteigeuze

Procyon

KLEINER HUND

WAAGE SÜDOST

Spica RABE

BECHER

SEXTANT

Alphard

RSCHLANGE WASSE

Sternkarte exakt

gültig für 15. April 2023

23 Uhr MESZ

SÜD

Mondphasen im April 2023

EINHORN
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Vollmond 6.4.

Letztes Viertel 13.4.

Neumond 20.4.

Erstes Viertel 27.4.

Ereignisse im April

02. 22:00 MESZ Mond 6,0 Grad O Regulus (1,4 mag)

03. 01:15 MESZ RR Lyr Maximum

06. 06:34 MESZ Vollmond

06. 23:00 MESZ Mond 2,7 Grad NO Spica (1,1 mag)

07. 00:07 MESZ RZ Cas Minimum

07. 00:28 MESZ RR Lyr Maximum

10. 04:30 MESZ Mond 1,9 Grad NW Antares (1,1 mag)

10. 04:45- MESZ Mond bedeckt Sigma Scorpii (2,9 mag), Zeiten

06:05 abhängig vom Standort

10. 20:30 MESZ Venus (-4,1 mag, 14,8 arcsec) 2,6 Grad S Plejaden

11.

Merkur (0,0 mag, 7,7 arcsec) in größter Elongation

Ost (19,5 Grad), beste Merkursichtbarkeit des Jahres,

W-Horizont

12. 00:19 MESZ Jupiter in Konjunktion mit der Sonne

12. 23:33 MESZ RZ Cas Minimum

13.

max. Libration Mond-NW, 7,1 Grad

13. 11:11 MESZ Letztes Viertel

16.

Mond erdnah, 32,1 arcmin

20. 06:12 MESZ Neumond, ringf.-totale Sonnenfinsternis in

Australien, Indonesien

21. 21:00 MESZ Mond 5,4 Grad O Merkur (2,3 mag, 10,1 arcsec),

NW-Horizont

22. 22:00 MESZ Mond 9,4 Grad NW Aldebaran (1,0 mag)

23. 02:00 MESZ Maximum Meteorschauer der Lyriden, 49 km/s,

18-90/h

23. 21:45 MESZ Mond 2,9 Grad NO Venus (-4,1 mag, 16,1 arcsec)

24.

Streifende Sternbedeckung Mond - SAO 77804

(7,3 mag), Linie Freudenburg - St. Ingbert - Sinzheim -

Horb am Neckar - Bad Waldsee - Isny im Allgäu

24. 00:32 MESZ RR Lyr Maximum

24. 22:25 MESZ RZ Cas Minimum

26.

max. Libration Mond-SO, 7,0 Grad

26. 00:00 MESZ Mond 3,9 Grad NW Mars (1,3 mag, 5,5 arcsec)

26. 22:30 MESZ Mond 2,3 Grad S Pollux (1,2 mag)

27.

Streifende Sternbedeckung Mond - SAO 80310

(6,9 mag), Linie Bitburg - Birkenfeld - Ramstein -

Landau in der Pfalz - Pforzheim - Reutlingen -

Memmingen - Garmisch-Partenkirchen

27. 23:20 MESZ Erstes Viertel

28.

Mond erdfern, 29,8 arcmin

28. 02:52 MESZ Kleinplanet (432) Pythia bedeckt TYC 1446-

01948-1 (10,0 mag) für 6,5 s, Hell.Abfall um 3,2 mag,

Pfadverlauf S-Österr. - Schweiz

29. 21:58 MESZ Mond 3,7 Grad N Regulus (1,4 mag)

106 | Journal für Astronomie Nr. 84

Beobachterforum

Die Sonne im Weißlicht
von Corina Rammerstorfer

Als Astrofotografin zähle ich mich zu den Einsteigern. Auch die Sonne gehört zu meinen Fotoobjekten. Zwar fotografiere ich sie noch nicht so lange, finde sie aber besonders interessant und beobachtenswert, da sie großen Einfluss auf uns hat und nie gleich aussieht. Neben der optischen Fotografie habe ich in diesem Jahr erste Radiobeobachtungen im kHz-Bereich mit meiner gerade fertig gebauten Rahmenantenne erfolgreich durchgeführt. Mein Ziel ist der Nachweis von Sonneneruptionen. Mein weiteres Radioteleskop für die Wasserstofflinie ist im Bau befindlich.

Am 17.06.2022 beobachtete ich die Sonne in meinem Heimatort Freistadt/Oberösterreich visuell. Ich fand die Anzahl der Flecken mit Umbra, Penumbra, Lichtbrücken und der auch sichtbaren Granulation sehr schön. Also mussten unbedingt auch Aufnahmen gemacht werden! Mein Teleskop ist ein Dobson Classic 200 P Skywatcher Flex Tube mit 200 mm Öffnung und 1.200 mm Brennweite. Zur Abschwächung der solaren Strahlungsenergie nutze ich ein euro-EMC-Sonnenfilter SF 100.

Als Kamera verwendete ich eine Canon EOS 2000D. Mit ihr habe ich Reihenaufnahmen gemacht, insgesamt 40 Fokalaufnahmen, mit teils verschiedenen Einstellungsmodi.
Gern möchte ich mein Ergebnis einmal hier im VdS-Journal für Astronomie präsentieren.

1 Aufnahme der Sonne
im Weißlicht am 17.06.2022, Instrument: Dobson Classic 200 P Skywatcher Flex Tube 200 mm/1.200 mm, Sonnenfilter: euro EMC SF 100, Kamera: Canon EOS 2000D, Belichtung 1/2000 s bei ISO 100, Ort: Freistadt/ Oberösterreich (Bild: Corina Rammerstorfer)

Journal für Astronomie Nr. 84 | 107

Beobachterforum

Astronomische Motive am Niederrhein
von Reinhard Kaltenböck

Nicht nachgeführte Standaufnahmen astronomischer Motive von Sonne, Mond und Planeten in Verbindung mit einer Landschaft oder mit einem anderen malerischen Vordergrund haben für den Betrachter ihren besonderen Reiz. Dabei ist die ,,blaue Stunde" - der Zeitraum während der Dämmerung vor Sonnenauf- oder nach Sonnenuntergang - ideal zum Fotografieren. Die noch helle Landschaft und die Gestirne vermitteln dem Betrachter eine besondere Stimmung sowie ein Naturerlebnis, das einem lange Zeit in Erinnerung bleibt. Das Ergebnis ist ein einmaliges Foto, das man in dieser Form mit diesen Lichtverhältnissen und in dieser Kombination gestalterischer Bildelemente nicht mehr wiederholen kann.
In diesem kurzen Bericht möchte ich zeigen, dass die Landschaft meiner niederrheinischen Heimat mit ihren schnell wechselnden Wetterlagen aufgrund des maritimen Klimas und der feuchten Luft für Fotografen zu jeder Jahreszeit ein lohnenswertes Gebiet darstellt. Meine Fotoausrüstung ist einfach, leicht zu handhaben und kostengünstig: Zwei Kameras, eine Canon EOS 1000D und eine Canon EOS 100D, sind nebeneinander auf einem Stativ montiert (Abb. 1). Als Optiken verwende ich einen Skywatcher AC 80 mm/400 mm, ein Teleobjektiv Tamron 55-200 mm, dazu in einem Fotorucksack ein 50-mm-Objektiv und ein Weitwinkelobjektiv von Canon sowie Kompass und Stirnleuchte. Die Ausrüstung ist bequem und leicht zu transportieren.
Ich würde mich freuen, wenn meine Aufnahmen beim Leser auf Interesse stoßen.

1 Die Fotoobjektive sind auf den brei-
ten Strom des Niederrheins gerichtet. 06.02.2021, Panasonic DMC FS 3, 1/30 s bei f/2,8 und ISO 200
2 Der Vollmond leuchtet über einem
großen Osterfeuer in der Rheinauenlandschaft Hetter. 04.05.2015, Canon EOS 100D, Tamron-Tele bei 135 mm, 1/5 s bei f/4 und ISO 100
3 Jupiter und Saturn nähern sich zur
großen Konjunktion, 05.12.2020, Canon EOS 100D, Canon-Weitwinkel bei 30 mm, 6 s bei f/5,6 und ISO 200

108 | Journal für Astronomie Nr. 84

5 Malerischer Sonnenauf-
gang unter der Rheinbrücke Kleve/Emmerich. 23.11.2016, Canon EOS 100D, Skywatcher 80 mm / 400 mm, 1/320 s bei f/5 und ISO 100

Beobachterforum
4 Über einem Bauerngehöft am Rhein ist
der Vollmond aufgegangen. 09.06.2017, Canon EOS 100D, Tamron-Tele bei 161 mm, 1/20 s bei f/7,1 und ISO 100

6 Die schmale Sichel des abnehmenden
Mondes über den Transportschiffen auf dem Rhein. 26.01.2017, Canon EOS 100D, Tamron-Tele bei 70 mm, 1/30 s bei f/4 und ISO 100
Journal für Astronomie Nr. 84 | 109

Beobachterforum

Helle Leuchtende Nachtwolken über dem Limfjord in Norddänemark Mitte Juli 2022
von Jens Leich

Ein Fahrradurlaub führte mich 2022 wieder einmal nach Dänemark. Nur war es diesmal keine Rundreise von Ort zu Ort, sondern Touren, ausgehend von einer festen Unterkunft in der Kleinstadt Nykøbing auf der Insel Mors in Nordjütland, direkt gelegen am Eingang des Sallingsundes, einer Meerenge im Limfjord.
Dieser Umstand ermöglichte mir u. a. das Mitführen eines größeren Stativs und meiner kompletten Fotoausrüstung. Wir hatten einen herrlichen Blick auf den Limfjord direkt aus unserem Fenster heraus, und insgeheim hoffte ich, bei klarem Wetter ggfs.

auch Leuchtende Nachtwolken zu Gesicht zu bekommen. Die Lage auf rund 57 Grad nördlicher Breite und der Zeitpunkt Mitte Juli ergaben zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit.
Am Abend des 14.07.2022 gegen 23:30 Uhr MESZ konnte ich aus dem Fenster unseres Zimmers über dem Fjord erste feine Wolkenstrukturen Leuchtender Nachtwolken ausmachen, es war aber noch nicht dunkel genug. Knapp eine Stunde später ging ich nach draußen auf den Badesteg und mir blieb dann regelrecht die Luft weg! Aus dem Fenster sah ich nur den östlichsten

Rand dessen, was sich da wirklich über den Himmel im Norden erstreckte. Der regelrechte Vorhang der Leuchtenden Nachtwolken war so hell und spiegelte sich auf der vom Wind gewellten Wasseroberfläche, dass man Zeitung hätte lesen können! Das 18-mm-Weitwinkelobjektiv an der Systemkamera Fuji XT20 (ca. 28 mm im Kleinbildformat) reichte nicht, um sie vollständig abzubilden. Ein wahrhaft atemberaubender Anblick, der sich mit einem Foto (Abb. 1) nur andeutungsweise vermitteln lässt. Die Fülle an Wellen und stoßfrontähnlichen Strukturen war mannigfaltig. In den Abbildungen 2 und 3 sind diese Strukturen

1 Diese Aufnahme zeigt die Leuchtenden Nachtwolken am 15.07.2022 um 00:22 Uhr UT über den windbewegten Wellen des Limfjords in
Nykøbing auf der Insel Mors in Nordjütland. Als Aufnahmekamera diente eine digitale spiegellose Systemkamera Fuji XT20 mit einem ZoomObjektiv der gleichen Marke. Verwendet wurde eine Brennweite von 18 mm, Blende 2,8 und ISO 12.800. Die Belichtungszeit betrug 1/40 s.
110 | Journal für Astronomie Nr. 84

2 In dieser Aufnahme erkennt man die feinen Details in den Leuchtenden Nachtwolken, aufgenommen am 15.07.2022 um 00:26 Uhr UT.
Aufnahmekamera und Objektiv wie Abb. 1, nur bei 29 mm Brennweite, Blende 3,2 und ISO 4.000. Die Belichtungszeit betrug 1/15 s.
3 Diese Detailaufnahme vom 14.07.2022 um 23:47 Uhr UT zeigt die hellen stoßfrontenähnlichen Wellen in den Leuchtenden Nachtwolken.
Aufnahmekamera wie in Abb. 1, nur mit einem weiteren Zoom-Objektiv gleicher Marke bei 55 mm Brennweite, Blende 3,5 und ISO 12.800. Die Belichtungszeit betrug 1/20 s.
Journal für Astronomie Nr. 84 | 111

Beobachterforum

4 Vier Tage nach der ersten Sichtung konnte ich erneut Leuchtende Nachtwolken beobachten. Der Aufnahmeort ist wie in Abb. 1, ebenfalls
Kamera und Objektiv. Die Aufnahme datiert vom 18.07.2022, 22:06 Uhr UT. Die Brennweite betrug 18 mm, die Blende 2,8 und ISO 12.800. Die Belichtungszeit lag bei 1/38 s.

im Detail zu sehen. Man hatte das Gefühl, eine Kinoleinwand vor sich zu haben. Dass sich eine solche imposante Vorstellung bieten würde, damit habe ich nicht gerechnet. Bis zur fortschreitenden Dämmerung vor dem Sonnenaufgang bin ich aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen. Mit dem 12x50-Fernglas offenbarten sich die vielen Wellen und Linien im Detail. Fazit: Zur rechten Zeit am rechten Ort! In den folgenden Nächten habe ich wieder Ausschau gehalten, sofern es wolkenfrei genug war. In der Nacht vom 18. auf den 19. Juli sollte ich tatsächlich nochmals Glück haben, solange zumindest, bis dann Hochnebel aufzog und den Himmel verdeckte. In der Zeit von 22:06 bis 22:46 Uhr UT erfolgte eine Serie von 120 Aufnahmen, die zu einem Zeitrafferfilm von 12 s Dauer verarbeitet wurden [1]. Gemäß einer Helligkeitsskala für Leuchtende Nachtwolken [2] habe ich jene vom 14. auf den 15. Juli mit der Stufe 5

(zweithöchste) und jene vom 18. auf den 19. Juli ggf. eine Stufe tiefer mit Stufe 4 bewertet. Der Stern Capella hat in der Aufnahme vom 15.07. eine Höhe von ca. 20 Grad (im Bild oben rechts), am 18.07. eine Höhe von ca. 14 Grad (im Bild etwa in der Mitte) über dem Horizont. Die Abbildung 4 zeigt die Leuchtenden Nachtwolken zu Beginn der Aufnahmeserie.
Die doppelte Sichtung Leuchtender Nachtwolken in dieser Ausprägung werden mir mit dem Radurlaub in Erinnerung bleiben!
Internethinweise (Stand Juli 2022): [1] Link zum Zeitrafferfilm,
https://vimeo.com/732361922 [2] Helligkeitsskala für Leuchtende
Nachtwolken, www.leuchtendenachtwolken.info/beobachtung.htm

112 | Journal für Astronomie Nr. 84

Beobachterforum

Merkurtransit mit Flugzeugquerung am 11. November 2019
von Steffen Klausmann

Am 11. November 2019 fand ein Merkurtransit vor der Sonnenscheibe statt, der von meinem Standort aus in Backnang zumindest teilweise verfolgbar sein sollte. Zeitig baute ich daher auf dem Balkon mein Equipment auf und versah Sucher und Fernrohr (5-Zoll-Maksutov-Cassegrain TravelMax von Sky-Watcher mit 127 mm Öffnung und 1.500 mm Brennweite) mit selbstgebauten Sonnenfiltern.

Um die Videokamera, eine HDC-SD909 von Panasonic, am Fernrohr verwenden zu können, nutzte ich ein 40-mm-Superview-Okular von TS, an dessen T2-Außengewinde die Kamera mittels Adapter festgeschraubt wurde (Abb. 1).

Nachdem das Fernrohr auf die Sonne ausgerichtet war, sah ich bereits auf dem Bildschirm der Kamera eine leicht wabernde, sonnenfleckenfreie Sonne.

1 Videokamera mit 40mm-Okular und Fotoadapter am Fernrohr

Die Bewölkung nahm zu, und die Sonne verschwand kurzzeitig hinter einer Baumspitze, weshalb ich Merkur erst um 13:47 Uhr MEZ erstmals vor der Sonne zu sehen bekam. Das Merkurscheibchen maß gerade mal zehn Bogensekunden im scheinbaren Durchmesser und war im Fernglas (10 x 50 mit Sonnenfilter) nicht zu sehen. In den folgenden 25 Minuten verdeckten immer wieder Bäume und Äste die Sicht auf die Sonne und auch die dunklen Wolken störten zunehmend, doch die Merkurscheibe wanderte unaufhaltsam weiter. Unspektakulär, aber trotzdem schön!

Um 14:12 Uhr MEZ passierte dann ein unvorhergesehenes Ereignis: Ein Flugzeug mit kräftigem Abgasstrahl durchquerte die Sonnenscheibe (Abb. 2) bei laufender Videokamera!

Als die Bewölkung so dicht wurde, dass die Sonne zeitweise überhaupt nicht mehr zu sehen war, brach ich die Beobachtung etwas frustriert ab.

Fazit: Meine Beobachtung des Merkurtransits dauerte gerade mal eine Stunde, doch es hat sich trotzdem gelohnt und das eher zufällige Highlight war definitiv die Flugzeugdurchquerung.

2 Flugzeugquerung vor der Sonne. Aufnahmedaten: Einzelframe aus Videostream,
mit MS Foto Editor nachbearbeitet. Kamera: Panasonic HDC-SD909 mit festem Objektiv: Leica 35-350 mm, afokal mit 40-mm-Okular von TS (Okularvergrößerung 37,5x) bei 35 mm Brennweite

Journal für Astronomie Nr. 84 | 113

Rezension

Johann Elert Bode (1747-1826),
der Astronom der Berliner Aufklärung - Leben und Werk in dokumentarischer Darstellung
Friedhelm Schwemin Wehrhan Verlag, Hannover 2022, 412 Seiten, gebunden, 34 Euro

Schwemins Buch ist eine Neubearbeitung seiner ersten Bode-Biografie, die 2006 in der Reihe ,,Acta Historica Astronomiae" erschienen ist. Der Autor, lange als Techniker tätig, beschäftigt sich seit fast 50 Jahren mit der Geschichte der Astronomie. Mit über 400 Seiten hat das neue Werk mehr als den doppelten Umfang des Vorgängers. Es ist die derzeit umfangreichste Studie über Johann Elert Bode, den langjährigen Direktor der Berliner Sternwarte und Herausgeber des populären ,,Astronomischen Jahrbuchs".
Grundlage sind unzählige Quellen (Publikationen, Briefe, Manuskripte), darunter viele neuentdeckte Originaldokumente. Der in sachlich-wissenschaftlichem Stil geschriebene Text wird durch zahlreiche Zitate und amüsante Anekdoten aufgelockert. Ferner gibt es eine große Zahl von Schwarzweißabbildungen, darunter viele Bode-Portraits. Das schön gebundene Buch gliedert sich in drei Hauptkapitel mit insgesamt 300 Seiten, überschrieben mit ,,Bodes Leben", ,,Bodes Werke" und ,,Einzel-Aspekte zu Leben und Werk". Auf etwa 90 Seiten folgen Quellen, Literatur und ein Personenregister. Leider fehlt ein Stichwortregister.
Schwemin würdigt - immer mit der nötigen Distanz - einen bedeutenden deutschen Astronomen der Goethezeit. Dies ist umso wichtiger, weil vom Namen ,,Bode" leider nicht viel übriggeblieben ist - ganz im Gegensatz zu berühmten Zeitgenossen wie Herschel, Gauß, Kant, Olbers oder Bessel. Eine Ausnahme bildet vielleicht die empirische ,,Titius-Bode-Reihe" (von Bode als ,,Progression" bezeichnet). Basis ist eine einfache mathematische Formel, die näherungsweise die Abstände der Planeten in

Astronomischen Einheiten allein aus der nummerierten Reihenfolge ergibt.
Der ,,Berliner Astronom", wie Bode sich selbst nannte, war zu seiner Zeit durch zahlreiche Werke und die vielen Kontakte zu Wissenschaftlern in ganz Europa weit über seinen Wirkungsort hinaus bekannt. Mit seinen Büchern, Sternkarten, Globen, Modellen, Planetarien, Presseveröffentlichungen und Vorträgen war er der erste große Popularisator der Astronomie im deutschsprachigen Raum. Der aus Hamburg stammende Bode, offiziell ,,Königlich Preußischer Astronom", war Mitglied vieler wissenschaftlicher Vereinigungen, darunter die britische ,,Royal Society".
Bereits 1768 publizierte er, erst 21 Jahre alt und noch in der Heimatstadt lebend, sein Hauptwerk ,,Anleitung zur Kenntniß des gestirnten Himmels", dessen zweite Auflage von 1772 die berühmte ,,Progression" enthält. Ein Jahr später, Bode war mittlerweile nach Berlin gezogen, kam das erste ,,Astronomische Jahrbuch" auf den Markt - es wurde ein großer Erfolg. Bis zu seinem Tod im Jahr 1826 erschienen weitere 53 Bände. Das ca. 250-seitige Jahrbuch bestand stets aus zwei Teilen: der astronomischen Vorschau für das übernächste Jahr (nach eigenen Berechnungen) sowie Beiträgen zu speziellen Themen, für die immer wieder namhafte Autoren gewonnen werden konnten. Natürlich hat der fleißige Bode selbst viele Artikel für das Jahrbuch verfasst. Erwähnenswert ist etwa eine Liste von 75 bekannten und neu entdeckten ,,Nebelsternen", die 1777 erschien - offenbar eine Reaktion auf Messiers ersten Deep-Sky-Katalog von 1774 mit 45 Objekten. Die Zusammenstellung enthält auch eigene Beobachtungen.

Für sein Jahrbuch hat Bode auch immer wieder Artikel übersetzt, die bereits in England oder Frankreich erschienen waren. So bewunderte er die Beobachtungsergebnisse seines deutschstämmigen Kollegen Wilhelm (William) Herschel, die in den ,,Philosophical Transactions of the Royal Society" publiziert wurden - insbesondere die epochale Uranus-Entdeckung vom März 1781, passte doch der Abstand des neuen Planeten perfekt in seine ,,Progression". Bode war der erste Deutsche, der ihn beobachten konnte, auch wurde sein Vorschlag für den Namen akzeptiert, obwohl man in England noch einige Zeit an ,,Georgium Sidus" festhielt; Herschel ehrte damit seinen Gönner, König George III. Bode huldigte übrigens 1787 durch ein neues Sternbild den kurz zuvor verstorbenen preußischen König Friedrich II. Die ,,Friedrichsehre" (in der Nähe von Andromeda) stieß bei seinen Kollegen leider auf wenig Gegenliebe und sollte bald wieder vom Himmel verschwinden.
1782 erschien Bodes erster Sternatlas. Die ,,Vorstellung der Gestirne auf XXXIV Kupfertafeln" zeigt über 5.000 Sterne und fand eine weite Verbreitung. Eine Tafel zeigt 37 der ,,vornehmsten Nebelflecke und Sternhäuflein", darunter sind auch seine, zwischen 1774 und 1777 mit einem kleinen Teleskop gemachten Entdeckungen: M 53, M 81, M 82 und M 92. Ein ungleich größeres Werk folgte 1801 mit der ,,Uranographia", publiziert im Selbstverlag. Dargestellt sind über 17.000 Sterne aus diversen Katalogen und die bis dato von Herschel gefundenen und veröffentlichten Doppelsterne, Sternhaufen und Nebel. Schwemin

114 | Journal für Astronomie Nr. 84

Rezension

schreibt hierzu (S. 79): ,,Die Bedeutung der Uranographia wurde allerdings gleich nach ihrem vollständigen Erscheinen durch die Publikation der hauptsächlich von Lalande erstellten und auch herausgegebenen ,Histoire Celeste Française`, einem Katalog von etwa fünfzigtausend [...] Sternen entscheidend geschmälert." Das ist nicht ganz korrekt, da Bodes Atlas 12.000 Sterne enthält, die von Lalande beobachtet und deren Daten ab 1793 publiziert worden sind. Dies war möglicherweise auch der Anlass, einen neuen Sternatlas zu produzieren.
Man kann auch kritisieren, dass Bodes zuweilen angespanntes Verhältnis zu Herschel kaum thematisiert wurde. So übersetzte er für das Jahrbuch - oftmals ungefragt - viele Publikationen seines in England wirkenden Zeitgenossen. Herschel war darüber wenig begeistert, er verabscheute sogar alles Deutsche. Der Berliner Astronom wagte sich gar an eine ,,Übersetzung" der drei von Herschel 1786, 1789 und 1802 publizierten

Kataloge von Nebeln und Sternhaufen; die Resultate erschienen im ,,Astronomischen Jahrbuch" mit einer Verzögerung von jeweils zwei Jahren. Leider war Bodes Bearbeitung recht fehlerhaft, so urteilte etwa Heinrich d'Arrest 1856: ,,Einigen Anhalt hätte dieses Verzeichniss schon gewähren können, obgleich es, selbst wenn man absieht von ungenauen Sternörtern, die den Nebelpositionen zu Grunde gelegt sind, durch ziemlich zahlreiche Versehen entstellt ist."
Ein Problem von Bodes ,,Progression" war die Lücke zwischen Mars und Jupiter. Diese wurde, zu seiner großen Freude, 1801 durch die Entdeckung der Ceres gefüllt. Bereits 1784 hatte er dort einen neuen ,,Planeten" vorhergesagt: ,,Er kann kleiner wie der Mars seyn und das Sonnenlicht nicht lebhaft genug zurückwerfen, um uns in seiner Entfernung noch sichtbar zu bleiben." Bodes teleologisches Weltbild geriet allerdings mächtig ins Wanken als mit Pallas, Juno

und Vesta dort noch drei weitere Objekte entdeckt wurden. Dabei blieb es, bis er am 23. November 1826 im Alter von 79 Jahren starb. Der Asteroid ,,Bodea" ist nach ihm benannt - er kreist in der besagten Lücke. Schwemins dokumentarische Darstellung von Bodes Leben und Werk ist sehr detailreich. So gibt es beispielsweise eine ausführliche Zeittafel, eine Auswahl von Briefen, die Familiengeschichte (ab 1596), eine Zusammenstellung von Bodes Reisen sowie eine genaue Beschreibung der alten Berliner Sternwarte (1903 abgerissen) und ihrer Instrumente. Interessant ist auch der Abschnitt ,,Bode in Lyrik und Literatur". Das Buch bietet überdies eine Fülle von Ansätzen für die weitere Forschung, insbesondere durch die große Zahl von Personen, die im Text genannt sind. Friedhelm Schwemin hat mit seiner neuen Biografie über den ,,Berliner Astronomen" Johann Elert Bode einen wichtigen Beitrag zur Astronomiegeschichte der Goethezeit geleistet.
Wolfgang Steinicke

Impression
Heller Taurid
Am 2. November 2022 um 23:47 Uhr MEZ erwischte die Kamera von Manfred Kiau ein helles Exemplar der Tauriden-Meteore. Die Aufnahme entstand mit einer Canon EOS 7D Mark II und Objektiv Canon EF-S 10-22 mm bei 10 mm Brennweite; Belichtungszeit: 15 s bei ISO 1000.

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