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Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 83

NACH REDAKTIONSSCHLUSS
  4 Bericht aus dem Vorstand (Gallus Astrid)

SPT/SONNE
  5 Spannende Sonnenaktivität (Zunker Andreas)
  6 Prognosen zum nächsten Maximum der Sonnenaktivität (Bulling Andreas)
  10 Sonnenbeobachtung und -fotografie an der Volkssternwarte Hannover (Schumann Robert)
  14 Eigenbewegungen von Sonnenflecken - ein Versuch ... (Möller Michael)
  18 Hochaufgelöste Weißlicht-Sonnenfotografie - Ein Maksutov auf SolarQuest (Suntinger Bernhard)
  20 Effekte der Sonne auf der Erde beobachten (Danielides Michael)
  23 Sonnige Bildergalerie in Zusammenarbeit mit der Fachgruppe Astrofotografie der VdS (Zunker Andreas)

AMATEURTELESKOPE/SELBSTBAU
  28 Small is beautiful - auch in der Amateurastronomie - Planung und Realisierung einer Kleinsternwarte (Cnota Norbert)

ASTROFOTOGRAFIE
  32 Neues aus der Fachgruppe Astrofotografie - Das Astrofoto des Jahres 2021 (Zilch Thorsten)
  36 Erfahrungsbericht: Skywatcher Heritage 150p (Bresseler Peter)

83
  0 Die Galaxie NGC 2403 - ein Gemeinschaftsprojekt (Teil 2) (Celnik Werner E., Riepe Peter, Hoppe Michael, Hilverkus Gerhard, Weber Hans Gerhard)

ASTROFOTOGRAFIE
  45 Sharpless-308 - eine blaue Blase am Südhimmel (Lorenz Joachim)

ASTRONOMISCHE VEREINIGUNGEN
  47 Friedliebende Lichtkanonen unterm Münchner Himmel - Die Münchner Volkssternwarte feiert 2022 ihr 75-jähriges Bestehen (Wirtjes Björn)
  ATMOSPHäRISCHE ERSCHEINUNGEN
  53 Das 42. AKM-Seminar - Breit gefächerte Themen live und online (Strunk Petra, Möller Andreas)
  56 Eine Haloerscheinung auf dem Mars (Können Günther P.)
  ASTROPHYSIK & ALGORITHMEN
  58 Berechnung der siderischen Umlaufzeit eines Satelliten (Filling Holger)
  60 Periodische Bahnen im Dreikörperproblem (Pilz Uwe)

DEEP SKY
  62 Skyguide 2022 - 3 (Herbst) (Zebahl Robert, Merting Rene)
  64 Und Filter helfen doch an den Plejaden - Uuml;ber die visuelle Nutzung von Blaufiltern zur Beobachtung der Reflexionsnebel (Hay Christopher)

KLEINE PLANETEN
  67 Kosmische Begegnungen (Hohmann Klaus, Ries Wolfgang)

KOMETEN
  71 Bedeutende Kometen des ersten Quartals 2022 (Pilz Uwe)
  73 Komet C/2021 A1 (Leonard) - Bilder unserer Leser (Celnik Werner E.)

MOND
  78 Neue Aufnahmen vom Mond (Riepe Peter)

PLANETEN
  84 Wanderung zur großen Konjunktion am 21. Dezember 2020 (Rox Thomas)

IMPRESSION
  85 Nebel in Puppis (Remmel Peter)

RADIOASTRONOMIE
  86 Die Sonne im Radiolicht (Freina Thomas)
  90 Treffen der Fachgruppe Radioastronomie 2022 in Kiel (Theede Frank)

STERNBEDECKUNGEN
  92 Die erste PHEMU-Kampagne im Jahr 1908 (Guhl Konrad)

ZUM SCHMUNZELN
  96 Fantasievolle Objektnamen (Bode Dietmar)

STERNBEDECKUNGEN
  97 Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 4. Quartal 2022 (Riedel Eberhard)
  VERäNDERLICHE
  102 TESS-Lichtkurven im Vergleich zu eigenen Beobachtungen des Delta-Scuti-Sterns VZ Cancri (Kolb Matthias)

VDS-NACHRICHTEN
  106 Thomas Keßler und Carolin Liefke am Himmel geehrt (Jahn Jost)
  107 Wir begrüßen neue Mitglieder (VdS-Geschäftsstelle)
  108 Nachruf zum Tod von Manfred Holl (Wulff, Andre)

REZENSION
  109 Beobachtungsbuch für Sterngucker (Schenk Markus, Taube Stefan, Gährken Bernd)

VDS VOR ORT / TAGUNGSBERICHTE
  110 Das Fachgruppentreffen 2022 in Kirchheim (Melchert Sven)

BEOBACHTERFORUM
  114 Totale Mondfinsternis am 16. Mai 2022 - die VdS-Bilderstrecke (Melchert Sven, Riepe Peter, Libert Maciej)
  122 Die Galaxiengruppe um M 96 im Leo - Entstehungsgeschichte eines Bildes (Celnik Werner E., Hilverkus Gerhard, Hoppe Michael)

Textinhalt des Journals 83

Der Textinhalt dient zum Durchsuchen, zum Ausschneiden vorn Text und für internetgestützte Übersetzungs-Software. Der Text ist nicht formatiert, Bildunterschriften sind irgendwo im Text eingefügt.
Nach seiten suchen: str-f, dann für gerade Seitennummer z.B. 24 | , für ungerade | 79
Zum Lesen ist das Journal als pdf vorgesehen.



Nach Redaktionsschluss

Bericht aus dem Vorstand
von Astrid Gallus

An dieser Stelle berichtet der Vorstand der Vereinigung der Sternfreunde e.V. über seine Arbeit der letzten drei Monate.
Fortsetzung Jugendarbeit im Sommer 2022 in Süddeutschland Die Region Süd der Fachgruppe Astronomische Vereinigungen hat den zweiten Innovationsworkshop für Jugendliche in der Astronomie von Freitag, 01.07., bis Sonntag, 03.07.2022, in der Allgäuer Volkssternwarte Ottobeuren ausgerichtet. Das Wochenende war die Fortsetzung des Frankfurter Innovationsworkshops des Jahres 2019. Es gab etliche Vorträge, vier aktive Arbeitsgruppen sowie jede Menge

gute Stimmung vor Ort. Gastgeber Harald Steinmüller, Leiter der Fachgruppe im Süden und Sternwartenleiter, wird im nächsten Journal ausführlich darüber berichten.
Neue Flyer der Fachgruppen Die neuen Flyer der Fachgruppen sind zum Teil schon fertig gestellt, zum Teil benötigen einige Fachgruppen noch einen kleinen Anstoß (!) zur Umsetzung. Der Vorstand begleitet die noch fehlenden Fachgruppen gerne aktiv mit Rat und Tat. Der gestalterische Aufbau ist für alle Flyer identisch, die Inhalte können nur in Zusammenarbeit mit den Fachgruppen erarbeitet werden. Die fertigen Flyer sehen wirklich sehr gut

Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie
Nachdem wir unser Schwerpunktthema für das Journal 84 ,,Astroprojekte für Jugendliche" abgeschlossen haben, möchten wir gerne auf unsere zukünftigen Schwerpunktthemen hinweisen:
,,Verunglückte Beobachtungserlebnisse" in Journal 85 Redaktionsschluss: 01.10.2022 Redakteurin: Astrid Gallus, astrid.gallus@sternfreunde.de
,,Veränderliche" in Journal 86 Redaktionsschluss: 01.01.2023 Redakteur: Dietmar Bannuscher, redaktion-veraenderliche@sternfreunde.de
Zur Gestaltung unserer Journale benötigen wir Ihre Beiträge. Dies kann sowohl ein wissenschaftlich fundierter Artikel als auch ein einfaches Beobachtungserlebnis sein. Außerdem soll es möglichst regelmäßig eine Galerie von Fotografien und Zeichnungen geben. Wer nicht gerne schreibt, kann also auch auf diese Weise vertreten sein! Wir freuen uns über alle Einsendungen!
Beiträge sollen an die zuständigen Redakteure (siehe auch Liste der VdS-FachgruppenRedakteure) oder an die VdS-Geschäftsstelle (Mail/Postadresse) geschickt werden. Vorher empfehlen wir, als Hilfestellung die Autorenhinweise zu nutzen (siehe www. sternfreunde.de.astronomie-fuer-mitglieder/fuer-alle-mitglieder/vdsjournal/ autorenhinweise-journal-fuer-astronomie/). Dort finden Sie auch einen Musterartikel als Vorbild und das Artikeldeckblatt zum Eintragen der wichtigsten Daten.
Mit dem Einsenden gibt der Autor gleichzeitig sein Einverständnis zum Abdruck im ,,VdS-Journal für Astronomie" und zur Veröffentlichung auf den Webseiten der VdS. Es besteht jedoch keine Veröffentlichungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter Form abzudrucken. Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion

aus. Es zeigt sich einmal mehr, wie wichtig die Arbeit an dem neuen Logo und die Vereinheitlichung der Fachgruppenlogos war.
Das VdS-Journal Wie derzeit überall zu beobachten ist, wird auch die Herstellung des VdS-Journals teurer, nicht zuletzt wegen der gestiegenen Papier- und Gaspreise. Der Vorstand hat in seiner letzten Sitzung beschlossen, die Preissteigerung durch eine konstante Seitenzahl aufzufangen. Das bedeutet für die vier Hefte im Jahr 2023, dass die Seitenzahl von 128 pro Heft nicht überschritten werden soll. Das ist immer noch ein 128 Seiten langer, riesiger amateurastronomischer Input. Muss es auch sein bei dem größten deutschen Astroverein.
Alle nach Halle vom 28. bis 30.10.2022! Das Organisationsteam der Halle-Tagung hat ein Corona-Konzept erarbeitet, damit die Tagung auf jeden Fall als Präsenzveranstaltung stattfinden kann. Eine hierzu passende VdS-Überraschung erhält jeder Teilnehmer vor Ort. Mehr wird hierzu aber nicht verraten! Auf der VdS-Webseite, die ständig aktualisiert wird, erhält man alle Informationen zu der Tagung und dem fantastischen Begleitprogramm (übrigens bestens für Begleitpersonen geeignet). Dort kann man sich auch mit ein paar Klicks anmelden!
Sie sehen, bei uns ist immer viel los! Es grüßt Sie bis zum nächsten Mal, Ihre VdS

4 | Journal für Astronomie Nr. 83

Sonne

Spannende Sonnenaktivität
von Andreas Zunker

Unser Zentralgestirn ist immer wieder für Überraschungen gut. Das zeigt sich sowohl auf kleinen Zeitskalen, insbesondere bei Eruptionen, als auch über große Zeiträume, namentlich bei den Schwankungen der Sonnenaktivität. So ist z. B. der weitere Verlauf des aktuellen Sonnenfleckenzyklus noch ungewiss (s. den nachfolgenden Beitrag von Andreas Bulling). Selbst die Experten des Welt-Datenzentrums für die Sonnenaktivität SILSO (Sunspot Index and Long-term Solar Observations) im belgischen Uccle geben auf ihrer Internetseite zwei völlig unterschiedliche Prognosen ab (Abb. 1).

Da die Sonnenaktivität momentan an Fahrt aufnimmt, ist jetzt die Gelegenheit, in die Sonnenbeobachtung einzusteigen und gleich schöne Ergebnisse zu bekommen, zum Beispiel fotografisch. Viele nützliche Tipps dafür enthalten die Beiträge von Robert Schumann und Bernhard Suntinger in diesem Heft.
Welch schöne Aufnahmen dabei entstehen können, zeigt unser Titelbild und auch die Bildergalerie ab Seite 23, die in Zusammenarbeit mit der Fachgruppe Astrofotografie entstand.
Anhand von Aufnahmen der gesamten Sonne lassen sich ebenfalls diverse Kennzahlen der Sonnenaktivität bestimmen, wie z. B. die Sonnenflecken-Relativzahl. Oder man misst darauf die Positionen der Sonnenflecken. Dafür kann man natürlich auch gleich Aufnahmen der Sonnenobservatorien im Weltraum verwenden, die wetterunabhängig für jeden Tag verfügbar sind, wie es Michael Möller später in diesem Heft schildert.
Apropos Weltraum und Wetter: die Auswirkungen der Sonnenaktivität (Sonnenwind, Eruptionen) auf die Erde machen die

1 Internationale Sonnenfleckenrelativzahl der letzten 13 Jahre mit Prognosen (SC: mittels
Normalkurven (Standard Curves), CM: mittels Combined Method). Nähere Informationen s. https://www.sidc.be/silso/dayssnplot, Quelle: SILSO, Royal Observatory of Belgium, 01.05.2022

Sonnenphysik zu einem praxisrelevanten Forschungszweig. Wie wir Strahlungsausbrüche auf der Sonne indirekt durch die kontinuierliche Überwachung geeigneter Kurzwellen-Sender registrieren können, zeigt Dr. Michael Danielides in seinem Artikel.
Ein Teil der oben genannten Beiträge ist bereits in ähnlicher Form in SONNE, dem Mitteilungsblatt der Amateursonnenbeobachter erschienen. SONNE wird seit 1977 von der Fachgruppe Sonne der VdS herausgegeben und erscheint seit einigen Jahren nur noch in digitaler Form. Alle bisher erschienenen 160 Hefte können kostenlos unter http://www.vds-sonne.de heruntergeladen werden. Unter dieser Adresse finden Sie auch viele nützliche Informationen zum Thema Sonnenbeobachtung, z. B. unsere Einführungsschrift. Lassen Sie sich inspirieren und schicken Sie uns Ihre Aufnahmen und Beobachtungen, mit großer

Wahrscheinlichkeit erscheinen sie dann in SONNE und/oder im Journal für Astronomie.
Ich bedanke mich an dieser Stelle ganz herzlich bei den Autoren für ihre Beiträge und wünsche weiterhin viel Spaß beim Beobachten!

Journal für Astronomie Nr. 83 | 5

Sonne

Prognosen zum nächsten Maximum der Sonnenaktivität
von Andreas Bulling

Es ist eine regelmäßig wiederkehrende, aufgrund der variablen Sonnenaktivität dennoch spannende Frage: wann und in welcher Höhe ist das bevorstehende Maximum zu erwarten?

Das Minimum des 25. Fleckenzyklus liegt zwar schon über 2 Jahre zurück, dennoch lässt sich aus dem Verlauf der RelativzahlMonatsmittel nicht unmittelbar erkennen, wie lange der gegenwärtige Anstieg andauert oder ob er sich sogar noch beschleunigt (Abb. 1). Dann wäre mit einem eher hohen Maximum zu rechnen, wie es zuletzt zwischen den 1930er- und 1990er-Jahren bei 5 von 6 Zyklen der Fall war (Abb. 2).
Andererseits zogen sich Phasen geringerer Aktivität in der Vergangenheit über mehr als einen Zyklus hin, z. B. 1800-1830 und 1880-1920. Der vergangene niedrige Zyklus Nr. 24 könnte demnach nur der Vorbote einer anstehenden Ruhephase der Sonne sein. Wenn das zutrifft, sollte sich bereits in den kommenden Monaten die Kurve der Monatsmittel abflachen und

1 Verlauf der Monatsmittel und P17-Monatsmittel der Wolfschen Relativzahl des
SONNE-Netzes seit 2017. Bei den letzten drei Datenpunkten handelt es sich um provisorische, ansonsten um definitive Werte.

für einige Jahre auf gleichbleibender Höhe bewegen.
Auch in den letzten Jahren gab es wieder zahlreiche Prognosen einzelner Autoren sowie den Versuch einer zusammenfassen-

den Bewertung und gemeinsamen Vorhersage durch das ,,Solar Cycle 25 Prediction Panel" [1]. Die Prognosen basieren auf der Analyse verschiedener Parameter, wozu neben ,,simpler" Fleckenstatistik, wie sie vom SONNE-Netz betrieben wird, auch

2 Verlauf der Jahresmittel (grau) bzw. der R13-Monatsmittel (blau) der internationalen Wolfschen Relativzahlen seit 1700
(Quelle: SILSO Grafik, Royal Observatory of Belgium, Brüssel 01.04.2022).
6 | Journal für Astronomie Nr. 83

Sonne

Magnetfeld-Messungen oder helioseismologische Daten zählen. Eine ausführliche Übersicht zum theoretischen Hintergrund findet sich u. a. in [2].

Beim SIDC/SILSO sind einige auf ausgewählten Methoden basierende Prognosen zu finden [3], deren für 2023 vorhergesagte Relativzahlen teilweise um den Faktor 2 voneinander abweichen.

Viele Methoden basieren auf statistischen Analysen der Relativzahl-Zeitreihe. Bekannt sind vor allem die ,,Waldmeierschen Gesetze", die einen Zusammenhang der Höhe RMax eines Fleckenzyklus mit weiteren Parametern zeigen, die den Zyklusverlauf bestimmen. Nach Einführung der P17-Methode zur Glättung der Relativzahl-Monatsmittel des SONNE-Netzes über 17 Monate mit Hilfe einer Polynomfunktion [4] wurde darauf basierend eine Präzisierung und Ergänzung durchgeführt [5].

Aus dem ersten Waldmeierschen Gesetz (Kernaussage: ,,Je höher das Maximum, desto kürzer die Anstiegszeit.") ergeben sich damit Formeln zur Prognose der Maximumshöhe aus der Anstiegsgeschwindigkeit im 18. Monat (v18 = Zunahme der P17-Mittel vom 17. auf den 18. Monat) sowie aus der Relativzahl im 25. Monat nach dem Minimum (R25), siehe Abbildung 3.

Werden die Werte v18 bzw. R25 jedes Zyklus seit 1749 berücksichtigt, ergeben sich aus den Monatsmitteln des SIDC (Version 2.0, Quelle: WDC-SILSO, Königliche Sternwarte von Belgien, Brüssel) nach P17-Mittelung folgende Formeln:

RMax = 16,71 v18 + 97,70;

r = 0,88; n = 24

(1)

RMax = 1,126 R25 + 77,94;

r = 0,89; n = 24

(2)

3 Wichtige Parameter, die einen Zyklusverlauf charakterisieren, hier am Beispiel von Zyklus
Nr. 23 (Skala der SONNE-Relativzahlen). Die Monatsmittel der täglichen Relativzahlen werden mit Hilfe der glockenförmigen Gewichtungsfunktion ,,P17" geglättet. Daraus leiten sich die Extremwerte ab (Rmin und RMax, Kreise), aus denen sich z. B. die Anstiegsgeschwindigkeit (,,v18", Dreiecke) und die Relativzahl im 25. Monat nach Minimum (,,R25", Quadrat) ergeben. Diese Parameter stehen mit RMax in einem statistischen Zusammenhang.

Die Korrelationen r sind zwar hoch, dennoch können diese Formeln erst 26 bzw. 33 Monate nach einem Minimum zur Prognose verwendet werden - angesichts der bisher kürzesten Anstiegszeit eines Zyklus von 36 Monaten leider recht spät.
Für eine frühere Prognose liegt es nahe, frühere Anstiegsgeschwindigkeiten bzw. P17-Monatsmittel zu verwenden, z. B. v17 oder R24. Allerdings ist die Korrelation dann niedriger, wie sich aus der Abbildung 4 ergibt. Bei v13 und R13 z. B. nur noch ca. r = 0,6 - grenzwertig für eine zuverlässige Prognose von RMax.
Die Wahl von 17 Monaten als Glättungszeitraum hat ihren Grund in der Übereinstimmung mit einem ganzzahligen Vielfachen der synodischen Rotation der Haupt-Fleckenzone: 17 Monate = 517,44 Tage entsprechen 19 Rotationen = 518,3 Tage [6].

Ein längerer Zeitraum bringt zwar kurzfristige Schwankungen der RelativzahlMonatsmittel zum Verschwinden, hat aber den Vorteil, absolute Minima und Maxima der 11-jährigen Fleckenzyklen zuverlässiger bestimmen zu können. Dies zeigt sich besonders bei den letzten Zyklen mit ausgeprägten Doppelmaxima (s. Abb. 3, Mitte 2000 und Ende 2001).
Bereits ein Glättungszeitraum von 29 Monaten verbessert die Situation bezüglich der Formeln (1) und (2), vgl. Abbildung 5. Die Korrelation zwischen RMax und Anstiegsgeschwindigkeit erreicht bereits 12 Monate nach Minimum den Wert von v18 bei P29 (r = 0,88). Für geglättete Monatswerte allein ist das schon für R15 der Fall; R15 bei P29 (Abb. 5) erreicht also mit r = 0,89 dieselbe Korrelation wie R25 bei P17 (Abb. 4).
Immerhin ergibt sich so ein zeitlicher Vorteil von insgesamt 3 Monaten für die Prog-

Journal für Astronomie Nr. 83 | 7

Sonne

4 Korrelationskoeffizienten r der Formeln (1) und (2) mit Anstiegs-
geschwindigkeit v und P17-Monatsmittel R bei verschiedenen Abständen zum Minimum. Maximale Werte für r werden bei v18 und R24 erreicht.

5 Verlauf der Korrelationen analog zu Abb. 4, jedoch basierend
auf der P29-Mittelung (statt P17).

6 Verlauf der Korre
lationen analog zu Abb. 5, jedoch fortgesetzt in die Zeit vor dem Minimum (es wurden nicht alle Werte berechnet). Bereits 38 Monate vor einem Minimum wird r = 0,81 erreicht, d. h. das P29Monatsmittel zu diesem Zeitpunkt erlaubt eine Prognose der Höhe des nachfolgenden Maximums RMax.

Tabelle 1

Prognosen für RMax im Zyklus 25, mit den neuesten provisorischen Monatsmittel für März 2022

Parameter
R-38 R15 v15

Wert
37,37 18,21 1,94

RMax
117,5 114,0 126,2

Korrelation
0,81 0,90 0,91

RMax /1,424
82,5 80,0 88,6

8 | Journal für Astronomie Nr. 83

nose, vorausgesetzt, der Zeitpunkt des Minimums ändert sich durch die geänderte Glättungsmethode nicht wesentlich.
Ein weiterer Vorteil bei P29 ist der kontinuierliche Anstieg der Korrelation von 0,61 für R1 bis 0,94 für R20, es gibt also keine ,,Delle" bei R7 wie in der Abbildung 4 (mit P17). So ist von Beginn eines Zyklus an bereits eine grobe Prognose möglich, die sich mit jedem Monat verbessert.
Wird die Abbildung 5 für Monate vor dem Minimum fortgesetzt, steigt die Korrelation für R erstaunlicherweise wieder an, bis im 38. Monat vor Minimum r = 0,81 erreicht wird (Abb. 6). Dieser Zusammenhang wurde erst vor wenigen Jahren bekannt ([7]; siehe auch [2]). Leider kann er erst bei Bekanntwerden des MinimumsZeitpunktes für eine Prognose verwendet werden.
Gemäß P29-Mittelung trat das letzte Minimum im Oktober 2019 ein (Zahlen des SIDC, Version 2.0). Mit dem neuesten provisorischen Monatsmittel für März 2022 lassen sich die Werte R15 und v15 be-

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rechnen, R-38 (P29-Monatsmittel 38 Monate vor dem Minimum, August 2016) stand schon im Januar 2021 fest. Daraus ergeben sich die Prognosen in der Tabelle 1.
Die Spalte ,,Korrelation" ergibt sich aus der linearen Regression des jeweiligen Parameters für die Zyklen 1 bis 24, RMax wurde aus der entsprechenden Formel berechnet und zusätzlich auf die Skala des SONNE-Netzes umgerechnet (letzte Spalte).
Zum Vergleich: Das ,,Solar Cycle 25 Prediction Panel" sagte am 09.12.2019 RMax mit 115 für Juli 2025 voraus, unter Annahme eines Minimums im April 2020.
Aktuelle Spekulationen über ein bevorstehendes ungewöhnlich hohes Maximum aufgrund des scheinbaren Vorauslaufens der Relativzahlkurve gegenüber der Voraussage des ,,prediction panel" sind problematisch, lassen sie doch das ein halbes Jahr früher eingetretene Minimum außer Acht. Wird die vorausgesagte Kurve entspre-

chend um 6 Monate in die Vergangenheit verschoben, ist der Effekt des Vorauslaufens weit weniger spektakulär. Der aktuelle Zyklus sollte demnach nur geringfügig höher ausfallen als der vorangegangene. In jedem Fall bleibt es spannend, die Entwicklung in den kommenden Jahren zu verfolgen, denn die Sonne ist immer für eine Überraschung gut ...
Literatur- und Internethinweise (Stand 18.04.2022): [1] NOAA, 2021: "Solar Cycle 25 Forecast
Update", www.swpc.noaa.gov/news/ solar-cycle-25-forecast-update [2] K. Petrovay, 2020: "Solar cycle prediction", Living Reviews in Solar Physics (2020) 17:2 [3] SILSO, 2022: "Sunspot Number graphics", von wwwbis.sidc.be/silso/ ssngraphics [4] E. Karkoschka, 1979: ,,Neue Relativzahl-Mittelung", SONNE Nr. 9, S. 33 [5] U. Bendel, D. Staps, 1980: ,,Kurzfris-

tige Sonnenfleckenprognose mit der P17-Mittelung", SONNE Nr. 14, S. 50 [6] R. Beck, 1978: ,,Probleme der Relativzahl und Relativzahlstatistik", SONNE Nr. 8, S. 142 [7] R. Cameron, M. Schüssler, 2007: "Solar cycle prediction using precursors and flux transport models", Astrophys. J. 659, pp. 801-811
Abkürzungen
SIDC Solar Influences Data Analysis Center
SILSO Sunspot Index and Long-term Solar Observations
WDC World Data Center

Journal für Astronomie Nr. 83 | 9

Sonne

Sonnenbeobachtung und -fotografie an der Volkssternwarte Hannover
von Robert Schumann

Als Amateurastronom in der Stadt hat man es bekanntlich nicht gerade leicht. Selbst wenn man einen Beobachtungsplatz gefunden hat, bei dem Gebäude nicht den Himmel verdecken, ist die immer stärker werdende Lichtverschmutzung stets präsent. Visuell und fotografisch hat das schwere Auswirkungen, selbst hellere Deep-SkyObjekte ertrinken im Licht der grellen und überall eingesetzten LED-Leuchten. Volkssternwarten, die Stadtbewohnern trotzdem Astronomie ermöglichen wollen, müssen daher am besten die ,,Nische" Sonnensystem erschließen. Sonne, Mond und Planeten sind so flächenhell, dass es praktisch keine Rolle spielt, wie aufgehellt der Himmel ist. Es ist daher sinnvoll, eine Sternwarte nach den Bedürfnissen der Sonnensystem-Astronomie auszustatten.

So besitzt die Sternwarte Hannover mehrere langbrennweitige Refraktoren mit bis zu 200 mm Öffnung, die bei diesen Objekten schöne Beobachtungen ermöglichen. Linsenteleskope bieten nämlich dank der fehlenden Obstruktion eine hohe Kontrastleistung. Da die Sternwarte Hannover auf einem Berg mit viel Vegetation liegt, verläuft die Sichtlinie zwischen Teleskop und Himmelskörper nicht direkt durch die aufsteigende turbulente Luft von Gebäuden. Für eine Stadt ist es ein Standort mit gutem Seeing.

1 200-mm-Refraktor der Volkssternwarte Hannover mit 90-mm-Refraktor für
die H-Beobachtung

In Bezug auf die Sonnenbeobachtung bieten Refraktoren einen weiteren großen Vorteil: Sie müssen nicht direkt vor dem Objektiv gefiltert werden, da sie keine inneren optischen Elemente wie Fangspiegel besitzen, die sich aufheizen könnten. Damit ist die Verwendung eines Herschelkeils möglich, bei dem die Filterung nahe an Okular oder Kamera erfolgt. Herschelkeile liefern laut Literatur [1] die besten Resultate in Bezug auf die Bildqualität. Sie sind von der Kontrastleistung besser als Folien- und

Glasfilter - Letztere sind auch oft optisch schlechter, da Planparallelität schwierig zu erreichen ist. Zudem ist ein Herschelkeil leicht zu bedienen, da er wie ein Zenitprisma einfach am Okularauszug angebracht wird. Es muss kein Filter am Objektiv angebracht werden, das ist besonders bei einem Teleskop mit über drei Metern Länge eine bequeme Variante.
Für die H-Beobachtung besitzt die Sternwarte Hannover einen 90-mm-Refraktor

mit 1.350 mm Brennweite, der mit einem Coronado-Solarmax-90-Filter ausgestattet ist. Das ist für H eine vergleichsweise große Öffnung, auch wenn weltweit von versierten Amateuren Aperturen mit 150 mm und mehr für H verwendet werden. Die Halbwertsbreite ist mir nicht bekannt, ich schätze sie durch Vergleiche mit anderen Bildern auf ca. 0,8 Å ein.
Zur Fotografie verwende ich eine ungekühlte ZWO ASI290MM. Diese Kame-

10 | Journal für Astronomie Nr. 83

Sonne

2 Weißlicht-Aufnahme, AR2993 and AR2994, 23.04.2022, 14:15 UTC, Refr. 200 mm / 3.000 mm, Kamera: ZWO ASI 290MM,
Filter: Baader Solar Continuum, 8.500 Frames, Belichtungszeit pro Bild: 1 ms; Bildbearbeitung siehe Text

ra besitzt eine exzellente Eignung für die Sonnensystemfotografie. Sie hat rund zwei Megapixel mit 0,0029 mm Pixelgröße, kann den Sensor bei 8 bit ADC 170-mal pro Sekunde auslesen und ist sehr empfindlich mit 80% Quanteneffizienz. Das spektrale Empfindlichkeitsmaximum liegt im roten Bereich um 600 nm und nimmt in beide Richtungen nur langsam ab. An den Refraktoren erreicht sie ein Sampling von 0,2 Bogensekunden (200-mm-Refraktor) bzw. 0,44 Bogensekunden (H-Teleskop) pro Pixel. Da beide Teleskope ein Öffnungsverhältnis von f/15 besitzen, ist das in Relation zur Pixelgröße ein gutes Sampling, es werden keine Barlow-Linsen eingesetzt.
Grundlagen für ein gutes Bild Allgemein wichtig ist wie überall in der Astrofotografie ein gutes Signal-Rauschverhältnis (signal to noise ratio, SNR). Die Quellen für Bildrauschen sind Photonenrauschen, Ausleserauschen (read out noise, RON), Quantisierungsrauschen und thermisches Rauschen. Letzteres kann ignoriert werden, weil nur sehr kurze Belichtungszeiten verwendet werden, deshalb ist auch der Einsatz einer gekühlten Kamera nicht sinnvoll. 8 bit ADC (analogue to

digital conversion) liefern eine gute radiometrische Auflösung, das Quantisierungsrauschen kann hier vernachlässigt werden. 12 bit ADC liefern bei der Aufnahme in der Praxis keinen Vorteil [1], da durch die allgegenwärtige Szintillation der Atmosphäre ständig Helligkeitsvariationen erzeugt werden, die den Vorteil einer 16-fachen radiometrischen Auflösung gegenüber 8 bit zunichtemachen. 12 bit ADC bringen zudem den Nachteil einer langsameren Aufnahmerate und 1,5-fach größerer Dateien und Rechenzeiten mit sich. Moderne CMOSSensoren wie der von mir eingesetzte Sony IMX290 besitzen selbst bei Gain 0 ein geringes Ausleserauschen (RON) von einigen wenigen Elektronen - welches in der Praxis nicht ins Gewicht fällt. Entscheidend ist damit das Photonenrauschen. Ursache dafür ist die Tatsache, dass Licht nicht kontinuierlich, sondern in einzelnen diskreten Energiepaketen, den Photonen, auf den Sensor fällt. Durch Zufall können selbst bei einer perfekt konstant leuchtenden Lichtquelle pro Aufnahme mal mehr oder weniger Photonen auf ein Pixel gelangen. Dieser durch den Zufall verursachte ,,Messfehler" macht bei der Sonnenfotografie den Hauptanteil des Gesamtrauschens aus. Gegen-

über dem Signal nimmt es proportional zur Wurzel der Gesamtphotonenzahl ab. Je mehr Photonen pro Einzelbild aufgenommen werden, desto besser ist das SNR. Pixel besitzen jedoch eine Obergrenze, wie viele Photonen sie pro Aufnahme detektieren können, bevor sie vollständig gesättigt sind. Bei dem IMX290 sind dies 14.600 Elektronen (durch den inneren Photoeffekt werden Photonen in Elektronen ,,umgewandelt"). Diese Größe wird FWC (full well capacity) genannt. Je höher diese Zahl ist, desto besser sind die Bilder einer Kamera in Bezug auf das SNR. Der neue IMX432 ist erst bei 100.000 Elektronen gesättigt und ermöglicht daher Bilder mit 2,6-fach besserem SNR.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass möglichst viel Licht auf den Sensor muss, und die FWC sollte voll ausgenutzt werden. Der Gain muss dazu auf Null gesetzt werden. Ein hoher Gain macht die Kamera nicht empfindlicher, er interpretiert die Pixel nur früher als ,,voll". Vorteile durch ein niedrigeres RON bei hohem Gain sind in der Praxis unwichtig. Das Histogramm sollte voll genutzt werden, ohne dass Regionen ausbrennen. Die maximalen Hellig-

Journal für Astronomie Nr. 83 | 11

Sonne 12 | Journal für Astronomie Nr. 83

keitswerte (das zeigt Firecapture an) sollten bei 230-240 liegen. Belichtungszeiten von mehreren Millisekunden sind erwartbar. Jedoch sollten diese nicht 10 ms, besser 5 ms deutlich überschreiten, da das Seeing die Details sonst verwischen kann. Wer eine schnelle Kamera wie die ASI290MM besitzt, sollte darauf achten, dass eine zu lange Belichtungszeit die Framerate verringern kann. Um die letzten beiden genannten Punkte zu verhindern, ist eine moderate Anhebung des Gains angebracht.
Aufnahmen im Weißlicht Um hier viel Licht zu erhalten, habe ich den ND3-Filter im Herschelkeil entfernt und durch einen Baader-Solar-Continuum-Filter ausgetauscht. Dies ist ein Grünfilter mit 540 nm zentraler Wellenlänge und 10 nm HWB. Damit unterdrückt er chromatische Aberration und atmosphärische Dispersion. Die Granulation wird immer kontrastreicher mit abnehmender Wellenlänge, damit hebt er auch hier den Kontrast an. Gegenüber Filtern wie dem G-Band (430 nm CWL) oder K-Linie (395 nm CLW), die einen noch besseren Kontrast liefern, dämpft er das Seeing besser durch die längere Wellenlänge. Allerdings zeigt er auch keine intergranulären Spots, die aber bei 200 mm Öffnung sowieso nicht beobachtbar sind. Das Herausschrauben des ND3 macht den Herschelkeil aber nicht mehr augensicher, also darf in diesem Fall damit NIEMALS visuell beobachtet werden! Dank des hellen Bildes erreiche ich hier extrem kurze Belichtungszeiten um 0,08 ms, die das Histogramm ausreichend füllen.
3 H-Aufnahme, Protuberanzen am
Sonnenrand, 11.04.2022, 15:30 UTC, Refraktor 90 mm/1.350 mm, Kamera: ZWO ASI 290MM, Filter: Coronado Solarmax 90 mm, 85.00 Frames, Belichtungszeit pro Bild: 3 ms; Bildbearbeitung siehe Text

Sonne

Ich nehme Sequenzen bis zu 60 s auf, erfahrungsgemäß ist das die Obergrenze, bei der Bewegungen in der Photosphäre noch nicht das Bild verzerren. Bei 170 fps sind das dann 10.000 Einzelbilder.
Aufnahmen im H-Licht
Hier liefern Belichtungszeiten um 2 bis 2,5 ms für die Oberfläche und vier bis zehn Millisekunden für Protuberanzen ein volles Histogramm. Um in letzterem Fall zu lange Belichtungszeiten zu verhindern, welche die Framerate stark verringern, erhöhe ich hier bei Bedarf leicht den Gain. Einminütige Aufnahmesequenzen liefern hier wieder 10.000 Einzelbilder.
Stacking der Sequenzen Zum Stacken verwende ich das Stackingprogramm schlechthin: Autostakkert. Diese tolle Freeware liefert die besten Ergebnisse. (Hinweis: Der Entwickler nimmt gern Spenden entgegen.) Nach der Analyse lasse ich die Referenzkästchen mit einer Größe von 48 Pixeln automatisch setzen oder setze sie manuell bei Aufnahmen für Protuberanzen. Hier will die Automatik auch den Hintergrund neben der Sonne mitstacken, daher sollte man hier manuell jedes Filament mit Kästchen bedecken. Zum Stacken wähle ich in aller Regel 15-50 Einzelbilder (Weißlicht), 350-450 (HOberfläche) bzw. 500-600 Einzelbilder (Protuberanzen) aus. Weniger resultiert in einem schlechten SNR, bei dem die Nachbearbeitung erschwert wird, mehr bezieht zu viele schlechte Frames in das Summenbild ein, was die Auflösung durch das Seeing reduziert.
Schärfen der Summenbilder Die wahre ,,Magie" wird beim Schärfen offenbar, ich verwende dafür Registax. Es reicht, den Regler des ersten Layers nach rechts zu ziehen und auf einmal offenbaren sich zahllose Details im vorher unscharfen

Summenbild. Wichtig ist, nur die oberen Layer zu verwenden und auch nicht zu viel den Wert bei ,,Denoise" zu erhöhen. Entrauscht werden sollte, wenn überhaupt, nur sehr dezent, denn ansonsten sehen die Bilder meist sehr künstlich aus, und es besteht die Gefahr, dass sich Artefakte bilden. Befolgt man meine erwähnten Hinweise zum SNR, ist es auch kaum notwendig.

dieser komplexen Technik werden sie zuerst eingefärbt über die Tonwertkorrektur (Rot 1,15, Grün 0,7, Blau 0,32). Danach folgt ein Stretching wie bei Deep-Sky-Bildern. Bei H werden die Helligkeitswerte in den Tiefen stark angehoben und ab den Mitten invertiert. Das hellt Protuberanzen am Rand stark auf und verstärkt deutlich den Kontrast.

Feinschliff in Photoshop Mir ist es wichtig, dass meine Bilder sowohl technisch als auch ästhetisch hochwertig sind. Daher färbe ich sie immer ein. Im Laufe von etlichen Versuchen habe ich dabei eine Technik entwickelt, den Bildern einen besonderen ,,Punch" zu geben. Bei

Literaturhinweis: [1] C. Viladrich et al., 2020: ,,Solar Astro-
nomy - Observing, imaging and studying the Sun", pp. 114-119 (https:// solar-astronomy-book.com)

IMPRESSUM
VDS-JOURNAL FÜR ASTRONOMIE Vereinszeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) Hier schreiben Sternfreunde für Sternfreunde.
Herausgeber: Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) Geschäftsstelle: Postfach 1169 | 64629 Heppenheim | GERMANY Telefon: +496252 787154 | Fax: +496252 787220 service@sternfreunde.de | www.sternfreunde.de Redaktion: Dietmar Bannuscher, Dr. Werner E. Celnik, Otto Guthier, Sven Melchert, Peter Riepe. Redaktionelle Mitarbeit der VdS-FachgruppenRedakteure und VdS-Mitglieder Bearbeitung von Bildern und Grafiken: Dr. Werner E. Celnik und die Autoren Gestaltung/Layout: Bettina Gessinger, Dipl. Designerin Anzeigen: Kullmann & Matic GbR, anzeigen@sternfreunde.de Herstellung: Kullmann & Matic GbR | Druck: Raff & Wurzel GmbH, Riederich Vertrieb: Werner Teutsch GmbH, Laudenbach Bezug: ,,VdS-Journal für Astronomie" erscheint viermal pro Jahr und ist im Mitgliedsbeitrag von 40,- E (EU) und 45,- E (außerhalb der EU) bzw. ermäßigt 25,- E pro Jahr enthalten. Beiträge: Beiträge für die Rubriken der VdS-Fachgruppen werden erbeten an die Redakteure der Fachgruppen (Adressen siehe Seite 126 und unter www.sternfreunde.de). Andere Beiträge senden Sie bitte an die VdS-Geschäftsstelle, Postfach 1169, 64629 Heppenheim, E-Mail: service@sternfreunde.de.

Journal für Astronomie Nr. 83 | 13

Sonne

Eigenbewegungen von Sonnenflecken
- ein Versuch ...
von Michael Möller

Genau genommen ist die Motivation auf Überkapazitäten zurückzuführen, freie Zeit und vorhandenes Datenmaterial waren dafür ausschlaggebend. Es war die Überlegung, mehr mit den sowieso schon gemessenen Fleckenpositionen anzufangen als nur synoptische Karten und Übersichten für die Carrington-Rotationen zu erstellen. Der Nachweis der differenziellen Rotation der Sonne wäre bei dem Datenfundus kein Problem, doch erstens wollte ich mir nicht die Arbeit machen und zweitens wird sie bereits in der VdS-Fachgruppe Sonne abgedeckt. Da fiel die Wahl auf die Messung von Eigenbewegungen in Sonnenfleckengruppen, ein Arbeitsgebiet, an das sich bisher nur wenige Amateure heranwagten [1, 2].

1 AR 2930 am 16.01.2022, 06:00 UTC, SDO
HMIIF_4096 (Courtesy of NASA/SDO and the AIA, EVE, and HMI science teams). Eigenbewegungen der Hauptflecken von AR 2930, ermittelt aus Aufnahmen des SDO HMIIF_4096 vom 11.01.2022 bis 21.01.2022

Derartige Untersuchungen stellen an die Genauigkeit der Positionsmessungen höhere Ansprüche, weil die Bewegungen in einer Größenordnung von zehntel Grad pro Tag liegen, wesentlich seltener sind Werte von 1 Grad /d oder darüber. Um die nötige Präzision zu erreichen, misst man am Fernrohr direkt mit einem Mikrometer oder man misst fotografische Aufnahmen aus.
Meine Arbeit beruht auf Messungen an Bildern des Solar Dynamics Observatory (SDO).
Arten von Eigenbewegungen Zunächst etwas über die Verschiedenheit von Eigenbewegungen: Am auffälligsten ist bei der Entwicklung von bipolaren Fleckengruppen eine starke Bewegung des p-Flecks (preceeding, also vorangehend in Bezug auf die Sonnenrotation) und des f-Flecks (following). Doch auch unipolare Flecken können eine hohe Eigenbewegung haben. Besteht ein p- oder f-Fleck aus mehreren Umbren, so kann eine gegenseitige Verschiebung beobachtet werden. Einpolige Gruppen der Waldmeier-Klassen H und J können nach langer Zeit der Ruhe plötzlich

aktiv werden, wobei sich Teile vom Hauptfleck lösen und sich tangential von diesem entfernen. Auch kommt es vor, dass sich nahe beieinanderliegende Fleckengruppen durchdringen, ohne sich dabei gegenseitig zu beeinflussen. Schon lange bekannt ist eine Breitenbewegung, die über +- 16 Grad polwärts, unter +- 16 Grad äquatorwärts verläuft. Laut [3] sollen in geradzahligen Sonnenfleckenzyklen die p-Flecken zum Äquator, die f-Flecken dagegen polwärts wandern. In ungeradzahligen Zyklen ist die Bewegungsrichtung umgekehrt. Außerdem gibt es noch verschiedene Bewegungen von Gruppen und Einzelflecken in heliografischer Länge.
Grundlagen der Messungen Um die Bewegungen besser dokumentieren zu können, bin ich von einer Messung pro Tag auf ein vierstündiges Zeitintervall umgestiegen, was die sechsfache gesammelte Datenmenge bedeutet. Schon jetzt, bei moderater Aktivität, ist der Messaufwand erheblich, und es kommen so ca. 2.500 Einzelpositionen pro Monat zusammen.

Nun wird der Leser vielleicht stutzig: wie kann man über den Zeitraum eines Tages sechsmal Positionen messen, solange steht die Sonne ja nicht am Himmel. Die Antwort ist einfach: Es werden die Aufnahmen des SDO ausgemessen, die ich mir herunterlade. Verwendet werden Bilder des Typs HMIIF mit 1.024 x 1.024 Pixeln, anstatt die mit der Maximalzahl von 4.096 x 4.096 Pixeln. Es ist fraglich, ob die höhere Pixelzahl die Ergebnisse wesentlich verbessern würde. Kurz etwas zur Bezeichnung HMIIF: das ist die Abkürzung für Helioseismic and Magnetic Imager Image Flatfield. Das Flatfield beseitigt die störende Randverdunkelung der Sonne, dadurch sind randnahe Flecken besser zu erkennen.
Die Positionsmessungen Die Messungen werden mit dem Programm WinJUPOS von Grischa Hahn durchgeführt, das ursprünglich nur für die Untersuchung von Details auf dem Planeten Jupiter konzipiert war.
Für die Messungen braucht man einen Ausgangspunkt. Vorteilhaft wäre es, den

14 | Journal für Astronomie Nr. 83

Sonne
2 AR 2940 am 05.02.2022, 12:00 UTC, SDO
HMIIF_4096 (Courtesy of NASA/SDO and the AIA, EVE, and HMI science teams). Eigenbewegungen von neun Sonnenflecken in AR 2940, ermittelt aus Aufnahmen des SDO HMIIF_4096 vom 30.01.2022 bis 11.02.2022

Schwerpunkt, das Baryzentrum der Fleckengruppe zu wählen. Diesen zu finden ist äußerst schwierig, es sei denn, es befindet sich in der Nähe ein Fleck, der sich zu allem Überfluss auch kaum bewegen darf - im Grunde genommen ein Ding der Unmöglichkeit. Die Profiastronomen stehen übrigens vor dem gleichen Problem.

Man könnte einen Fleck als Nullpunkt festlegen, doch so erhält man nur relative Bewegungen ohne Aussagekraft. Besonders die p- und f-Flecken streben meist mit großer Geschwindigkeit auseinander.
Es bleibt eigentlich nur übrig, die Eigenbewegungen der Flecken im heliografischen Koordinatensystem zu bestimmen. Und dazu dienen die in einem vierstündigen Intervall gemachten Positionsmessungen. Aus diesen lässt sich die Eigenbewegung eines Flecks leicht bestimmen - doch eine Stolperfalle ist noch vorhanden: die differenzielle Rotation der Sonne.

3 AR 2941 am 10.02.2022, 00:00 UTC,
SDO HMIIF_4096 (Courtesy of NASA/ SDO and the AIA, EVE, and HMI science teams). Eigenbewegungen von fünf Sonnenflecken in AR 2941, ermittelt aus Aufnahmen des SDO HMIIF_4096 vom 03.02.2022 bis 16.02.2022

Auswertung a) differenzielle Rotation der Sonne Die Sonne rotiert nicht wie ein starrer Körper, sondern mit vom Äquator zu den Polen hin abnehmender Winkelgeschwindigkeit. Dieser Einfluss der differenziellen Rotation muss bei der Reduktion berücksichtigt und herausgerechnet werden. Die differenzielle Rotation wird wie folgt definiert:

(B) = a - b sin2 B

(1)

a = (14,525 Grad +- 0,009 Grad ) / d

(2)

b = (- 2,83 Grad +- 0,08 Grad ) / d

(3),

wobei B die heliografische Breite ist und d

für 1 Tag steht [4].

b) eigentliche Rechnung Auf die eigentliche Rechnung möchte ich hier nicht eingehen, sie ist aber nicht automatisiert, d. h. ich habe noch keine entsprechende Anwendung geschrieben. Vor

Beginn der Reduktion müssen erst die Zeitund Längendifferenzen bestimmt werden. Anschließend wird die differenzielle Rotation eliminiert und aus den so bereinigten Werten kann nun mit einfachen Rechnungen leicht die tatsächliche Geschwindigkeit der Eigenbewegung in Grad oder Kilometern pro Tag ermittelt werden.
Fehlerbetrachtung Eine Ermittlung der Standardabweichungen findet (noch) nicht statt, dazu müsste ich mich in dieses Gebiet gründlich einarbeiten. Da ich nicht beabsichtigt habe,

hier eine wissenschaftliche Abhandlung zu präsentieren, glaube ich, auf Fehlerangaben verzichten zu können. Allerdings sind ungefähre Abschätzungen der Genauigkeiten möglich.
Die Genauigkeit, mit der die Mittelpunkte der Umbren markiert werden, liegt im Bereich von 3-5 Bogenminuten im heliografischen Koordinatensystem. Erschwerend bei der Fehlerabschätzung wirkt sich natürlich die Eigenbewegung aus - was ist Streuung der Messung und was ist die eigentliche Bewegung?

Journal für Astronomie Nr. 83 | 15

Sonne

Tabelle 1

Messwerte der Bewegung von vier Flecken der AR 2940

Wert Fleck 1 (p1)

B

15,3 Grad

L

5,93 Grad

t

12,40 d

EB

0,28 Grad /d

V

3.400 km/d

Fleck 2 (p2)
17,6 Grad 3,27 Grad 8,33 d 0,13 Grad /d 1.600 km/d

Fleck 4 (f1)
17,9 Grad 2,95 Grad 2,16 d 1,10 Grad /d 13.300 km/d

Fleck 5 (f2)
18,5 Grad 2,41 Grad 3,92 d 0,33 Grad /d 4.000 km/d

B = mittlere Breite des Flecks, L = Drift in Länge im Zeitraum t in Tagen, EB = Eigenbewegung in Grad pro Tag, V: Geschwindigkeit in km pro Tag. Die differenzielle Rotation wurde hierbei berücksichtigt. Die Gesamtzahl an Messungen für diese Fleckengruppe beträgt 321 und die Grenze des vertretbaren Arbeitsaufwands scheint damit erreicht zu sein ...

Tabelle 2

Messwerte der Bewegung von fünf Flecken der AR 2941

Wert Fleck 1 (p1)

B

23,8 Grad

B

1,56 Grad

L

-

t

7,69 d

EB

0,203 Grad /d

V

2.500 km/d

EB in heliogr.

Breite

Fleck 2 (p3)
22,7 Grad 0,67 Grad
4,77 d 0,140 Grad /d 1.700 km/d Breite

Fleck 3 (p2)
23,4 Grad 0,78 Grad
5,90 d 0,132 Grad /d 1.600 km/d Breite

Fleck 4 (f1)
24,6 Grad -
6,96 Grad 10,50 d 0,172 Grad /d 2.100 km/d Länge

Fleck 5 (f2)
24,1 Grad -
6,59 Grad 12,17 d 0,070 Grad /d 850 km/d Länge

B = mittlere Breite des Flecks, L = Drift in Länge im Zeitraum t in Tagen, EB = Eigenbewegung in Grad pro Tag, V = Geschwindigkeit in km/Tag. Die differenzielle Rotation wurde hierbei berücksichtigt. Insgesamt wurden 371 Einzelmessungen zur Analyse herangezogen.

gesucht und das Gewusel von neun Einzelflecken in ein Diagramm gepackt (Abb. 2). Von diesen wurden je zwei p- und f-Flecken der näheren Analyseprozedur unterzogen, deren Ergebnisse in der Tabelle 1 aufgeführt sind. Bei Fleck 3 ist mir ein Fehler unterlaufen; es handelt sich hier um zwei Flecken, die gelb markiert sind.
Eigenbewegung in der NOAA AR 2941 Es scheint sich um die erste F-Gruppe des aktuellen Sonnenfleckenzyklus zu handeln, die sich in der AR 2941 ausbildete (Abb. 3). Die drei gemessenen p-Flecken zeigten eine relativ geringe Drift in Länge, auch die Bewegung in Breite ist unter 1 Grad geblieben. Die beiden f-Flecken dagegen drifteten in einem Zeitraum von 13 Tagen bis zu 7 Grad entgegen der Rotationsrichtung. Bereits am 10.02.2022 hatte die Gruppe eine Ausdehnung (über die Ränder der Penumbren gemessen) von 15,1 Grad erreicht, was einer wahren Länge von 183.500 km entspricht. Die Werte für die Eigenbewegung der fünf Hauptflecken können der Tabelle 2 entnommen werden.

Die unter Berücksichtigung der differenziellen Rotation erhaltenen Geschwindigkeiten dürften Abweichungen von etwa +- 50 km/d (= km pro Tag) haben. Nähere Untersuchungen und Fehlerberechnungen stehen aber wie bereits erwähnt noch aus.
Beispiele Eigenbewegung in der NOAA AR 2930 Ich habe einmal wahllos aus meinem Datenfundus die Fleckengruppe in der NOAA AR 2930 zur Analyse herausgepickt (Aktive Region 2930 nach Zählweise der National Oceanic and Atmospheric Administration der USA). Die Gruppe der WaldmeierKlasse D zog zwischen dem 11. und 21. Ja-

nuar 2022 über die Sonne (Abb. 1). Weder die Gruppe noch die Eigenbewegungen sind spektakulär, es handelt sich vielmehr um einen durchschnittlichen Fleck. Der p-Fleck war nie so richtig ausgeprägt und daher etwas schwierig zu messen. Aus rund 100 Einzelpositionen konnte unter Berücksichtigung der differenziellen Rotation die Eigenbewegung für den p- und f-Fleck zu +3.580 km/d und -2.180 km/d bestimmt werden.
Eigenbewegung in der NOAA AR 2940 Aus meiner Datenflut - schon über 11.000 Positionen in 2022 - habe ich die E-Gruppe in der AR 2940 zur Auswertung heraus-

Literaturhinweise: [1] U. Bendel, 1976: ,,Merkwürdige
Eigenbewegung eines Sonnenflecks", Sterne und Weltraum 15, Nr. 9, S. 290 [2] U. Fritz, H. Treutner, O. Vogt, 1976: ,,Ein Sonnenfleck mit ungewöhnlicher Eigenbewegung", Sterne und Weltraum 15, Nr. 10, S. 326 [3] H. Pfister, 1975: ,,Spezielle Eigenbewegungen in Sonnenfleckengruppen", Astr. Mitt. Eidgen. Stw. Zürich Nr. 342 [4] H. Balthasar, H. Wöhl, 1980: ,,Änderung der differentiellen Rotation und meridionale Bewegungen von Sonnenflecken 1940 bis 1968", Sterne und Weltraum 19, Nr. 11, S. 385

16 | Journal für Astronomie Nr. 83

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Sonne

Hochaufgelöste Weißlicht-Sonnenfotografie
Ein Maksutov auf SolarQuest
von Bernhard Suntinger

Nach umfangreicher visueller Beobachtung der Sonne im Weißlicht mit einem kleinen 80-mm-Refraktor und Herschelkeil wollte ich mir zusätzlich ein Equipment für die hochaufgelöste Weißlicht-Sonnenfotografie anschaffen.
Es wurde eine Anforderungsliste erstellt: 1. Teleskopöffnung: Für hochaufgelöste Sonnenbilder soll die Teleskopöffnung mind. 120 mm betragen. 2. Gewicht: Das schwerste Einzelteil soll leichter als 5 kg sein. 3. Transportabilität: Das Equipment soll leicht transportabel sein. Zwei Gänge zum Auto sollen ausreichen, um alles Notwendige zu verladen. Der Kofferraum eines Kombis soll maximal zur Hälfte ausgefüllt werden. 4. Aufbauzeit: Vom Auspacken aus dem Auto bis zum Starten der ersten Aufnahmesequenz sollen maximal 5 Minuten vergehen. 5. Montierung: Das Teleskop soll sich mit einem Knopfdruck automatisch auf die Sonne ausrichten. 6. Guiding: Das Nachführen auf kleine Bereiche der Sonnenoberfläche soll möglich sein. 7. Stromversorgung: Die Montierung soll über eingebaute Batterien/Akkus und die Kamera über einen akkubetriebenen Laptop versorgt werden. 8. Preis: Die Gesamtkosten sollen 1500 nicht überschreiten.

Beim Lesen der Anforderungsliste kommt man leicht ins Zweifeln, ob es so ein gewünschtes fotografisches Sonnenequipment überhaupt gibt. Durch Internet-Recherchen konnte tatsächlich ein Equipment gefunden werden, welches das komplette Anforderungsprofil erfüllt. Ich habe dieses bereits seit einem Jahr in Betrieb und bin extrem begeistert, was es leisten kann (Abb. 1).
Das Equipment Als Optik wurde ein für die Sonnenfotografie eher ungewöhnlicher Teleskoptyp gewählt: ein Maksutov-Teleskop Sky-Watcher Skymax 127.
Die große Öffnung von 127 mm und das Öffnungsverhältnis von f/12 mit einer resultierenden Primärbrennweite von stolzen 1.500 mm sorgen für ein hohes Auflösungsvermögen. Das Gewicht des Tubus beträgt schlichte 3,4 kg.
Beim Einsatz eines katadioptrischen Systems ist es in der Sonnenfotografie zwingend erforderlich, die eintreffende Son-

1 Die Sonnenfleckengruppen AR2866 und AR2868, aufgenommen am 08.09.2021 um 13:30 Uhr UTC
18 | Journal für Astronomie Nr. 83

Sonne

nenenergie bereits teleskopeingangsseitig abzubauen. Dafür sorgt eine fotografische Sonnenfilterfolie Baader-AstroSolar-OD3,8, eingespannt in einer Folienfilterfassung Baader-AstroSolar-ASSF-130-mm. Diese wird vor die Teleskop-Öffnung auf den Tubus aufgeschoben (Abb. 2).

In Primärbrennweite ist über einen 1,25-Zoll-Steckhülsenadapter eine monochrome Planetenkamera ZWO ASI120MMS mit vorgeschaltetem Baader-Solar-Continuum-Kontrastfilter angeschlossen. Durch den Solar-Continuum-Filter wird der Kontrast der Photosphäre deutlich gesteigert und negative Seeing-Effekte werden reduziert. Der Steckhülsenadapter ermöglicht ein unkompliziertes Rotieren der Kamera.
Die Fokussierung über das Verschieben des Hauptspiegels funktioniert gut. Da der Fokus sehr feinfühlig eingestellt werden kann, wurde bis dato auf einen Mikro-Fokussierer verzichtet. Obwohl einem MAK lange Abkühlzeiten und starkes Tubus-Seeing nachgesagt werden, kann ich dies bei der Sonnenfotografie nicht bestätigen. Ich vermute, dass die extrem kurzen Belichtungszeiten von nur 0,3 bis 1 ms dem Tubus-Seeing gegenhalten. Tubus-Seeing war bei meinen Sonnenfotos bisher noch nie der Grund für unscharfe Aufnahmen. Hauptsächlich ist das lokale Seeing das Qualitätskriterium Nummer 1.
Als Montierung kommt eine batteriebetriebene Sky-Watcher SolarQuest zum Einsatz. Mit integriertem GPS und Sonnensensor erfolgt die Ausrichtung auf die Sonne innerhalb weniger Minuten völlig automatisch. Über den Acht-Wege-Joystick der Montierung kann langsam über die Sonnenscheibe geschwenkt werden. Lässt man den Joystick los, beginnt die Montierung sogleich auf exakt diesen Bereich der Sonnenoberfläche zu guiden. Auch wenn einmal Wolken vor

der Sonnenscheibe vorbeiziehen, kann die Montierung damit umgehen. Sobald die Sonne wieder zum Vorschein kommt, wird die Ausrichtung korrigiert und auf den vorhin eingestellten Beobachtungsbereich weitergetrackt. So kann die Sonne stundenlang ohne Zutun nachgeführt werden.
Als Stativ wurde das Lacerta TriLac35c Carbon gewählt. Dieses trägt das SonnenSetup souverän und vibrationsarm. Optimal ist es, das Stativ vollständig auf seine maximale Größe von zwei Meter auszuziehen. Dadurch wird das bodennahe Seeing massiv reduziert. Ein wahrer ,,Geheimtipp" (Abb. 3).
Ein MAX PRO Notebookzelt von iCap sorgt für blendungsfreies Einsehen des Laptopbildschirms und hält diesen an Sommertagen kühl.
Fazit Egal ob Sonnenflecken, Planetentransits, ISS-Transits, gemeinsames Sonnenbeobachten per Laptopbildschirm oder stundenlange Live-Broadcasts über die Website new.nightskiesnetwork.com, egal ob im eigenen Garten oder mobil, dieses Setup meistert jede Disziplin mit Bravour. ,,Let the sun shine pride ..."
Internethinweis (Stand: 26.05.2022): [1] EAA-Live-Broadcasting:
new.nightskiesnetwork.com

2 Simpler Aufbau, einfache Handhabung
3 Seeing-Reduktion: Das Teleskop
,,schwebt" zwei Meter über dem Boden.

Journal für Astronomie Nr. 83 | 19

Sonne

Effekte der Sonne auf der Erde beobachten
von Michael Danielides

Dass unsere Sonne die Quelle allen Lebens ist und viele andere Prozesse auf unserem Planeten beeinflusst, ist grundsätzlich akzeptiert. Immerhin hätte sich das Leben, wie wir es heute kennen, auf der Erde nicht ohne unseren Heimatstern entwickeln können. Auch die vielen natürlichen klimatischen Änderungen haben direkt oder indirekt ihren Ursprung auf der Sonne. Bis zum Ende des zwanzigsten Jahrhunderts wurde dies in der Weltraumforschung mit ,,solar-terrestrischen Wechselwirkungen" beschrieben. Seit der Jahrtausendwende haben sich die eher populären Begriffe ,,Weltraumwetter" und ,,-klima" durchgesetzt. Diese sind an die Beschreibungen des Wetters und des Klimas auf der Erde angelehnt. So verfolgen Entwicklungen auf Zeitskalen länger als einige Jahrzehnte die Effekte des Weltraumklimas und kürzere Effekte werden dem Weltraumwetter zugeordnet.
Die durch Rudolf Wolf festgelegte Nummerierung der elfjährigen Sonnenfleckenzyklen begann 1749. Natürlich wurden schon seit der Erfindung des astronomischen Fernrohrs um 1609 Sonnenflecken regelmäßig beobachtet. Außerdem können diese inzwischen indirekt für Weltraumklimaforschungen viele Jahrtausende in die Vergangenheit anhand von C14-Messungen oder Baumringen extrapoliert werden. Grundsätzlich kann man unser heutiges Wissen als Grundlage für eine Vorhersage kommender Sonnenfleckenmaxima oder -minima nutzen. Tatsächlich merken wir allerdings häufig, wie falsch wir damit liegen können, denn die Sonne scheint viel komplexer zu funktionieren, als wir es uns eingestehen möchten.
So konnte man am 14. Mai 2017 feststellen, dass auf der Sonne für fünf Tage in Folge keine Sonnenflecken zu sehen waren. Das war der fünfunddreißigste Tag im Jahr

1 Sonnenfleckenrelativzahlen von 2009 bis 2022. Die schwarze Kurve repräsentiert die
monatlichen Mittelwerte und die blaue Kurve zeigt einen Fit durch diese Werte. Die rote Kurve beschreibt den modellierten Trend. Stand Mai 2022. Quelle: https://www.swpc.noaa. gov/products/solar-cycle-progression

2017, an dem die Sonne fleckenlos war. Die Gesamtzahl der fleckenlosen Tage des Jahres 2016 betrug nur 32. Diese Zunahme der fleckenlosen Tage eines Jahres bedeutete natürlich, dass die Sonne sich ihrem nächsten Sonnenfleckenminimum näherte. Es wurde angenommen, dass dieses Sonnenfleckenminimum Ende 2020 erreicht werden würde. Allerdings, nachdem das letzte Sonnenfleckenmaximum des Sonnenfleckenzyklus 24 auch für 2013 vorhergesagt war und damals ein recht seltsames Doppelmaximum von 2012 bis 2014 vorgelegen hatte, sollte man sich nicht wundern, dass ein Sonnenfleckenminimum und der Anfang des neuen Sonnenfleckenzyklus 25 schon im Dezember 2019 eingeläutet wurde. Die Abbildung 1 zeigt auch, dass Anfang Mai 2022 die tatsächlichen Sonnenfleckenrelativzahlen weit oberhalb des vorhergesagten Trends (rote Kurve) liegen.

Gerne werden die Sonnenfleckenrelativzahlen als Messlatte für die Sonnenaktivität genutzt. In Schulbüchern ist zu lesen, dass Polarlichter und Radioblackouts in Abhängigkeit von der Sonnenfleckenaktivität auftreten. Inzwischen ist allerdings nachgewiesen, dass die diversen Weltraumwetter-Effekte auch während eines Sonnenfleckenminimums auftreten. Tatsächlich gibt es auch Ansätze, welche die weltweite Änderung der Wolkenbildung in Abhängigkeit vom Sonnenfleckenzyklus sehen [1].
Was sind eigentlich Sonnenflecken? Es sind scheinbar dunkle Stellen auf der sichtbaren Sonnenoberfläche - der Photosphäre (griech., Lichthülle), die kühler sind und daher weniger sichtbares Licht abstrahlen als der Rest der Sonnenoberfläche. Wobei kühler immer relativ ist. Denn wir sprechen hier über ca. 4.000 Grad C! Die Entstehung eines

20 | Journal für Astronomie Nr. 83

Sonne

Sonnenflecks kann man sich so vorstellen, dass Magnetfeldlinien, welche normalerweise unterhalb der Photosphäre liegen, diese durchbrechen. Das Plasma hat an den Durchstoßpunkten in der Photosphäre eine geringere Temperatur als seine Umgebung. Zwischen zwei Durchstoßpunkten spannen sich dann Plasmabögen (Protuberanzen) entlang von Magnetfeldlinien. Es kommt kurzzeitig zu Eruptionen, welche dann in der Chromosphäre (griech., Farbhülle) stattfinden. Eine solche chromosphärische Eruption bezeichnet man auch als Flare. Diese Flares werden wiederum als kurzlebige, sehr helle Regionen nahe von Sonnenflecken wahrgenommen. So ist es nicht verwunderlich, dass die Flare-Erscheinungen ebenfalls den für die Sonnenflecken bekannten elfjährigen Zyklus zeigen. Die hochkomplex angeordneten Magnetfeldlinien und die damit zusammenhängenden Plasmabögen reorganisieren sich oftmals, was durch ein Aufreißen und Wiederverbinden der Bögen geschieht. Diesen Effekt nennt man Rekonnexion. Dabei kann Plasma von der Sonne weggeschleudert werden. Ist dies der Fall, sprechen wir ebenfalls von einer Sonneneruption. Dies muss aber nicht immer in Form des inzwischen weithin bekannten, koronalen Massenauswurfs passieren. Meist handelt es sich einfach um eine eruptive Protuberanz. Trotzdem werden auch, in Verbindung mit diesem Ausbruch, verschiedenste Teilchenströme in die Heliosphäre geschleudert. Dieses Geschehen wird durch einen ,,Blitz" im kurzwelligen Spektrum (z. B. Röntgenlicht) begleitet, welchen wir ,,solaren Röntgenstrahlenausbruch" nennen.
Das 2012 ins Leben gerufene InFlaMo-Projekt hat sich zur Aufgabe gemacht, genau diese solaren Röntgenstrahlenausbrüche indirekt zu beobachten. Das ist auch schon im Projektnamen umschrieben: Indirektes solares Flare ,,Monitoren". Natürlich

2 a) Schematische Darstellung der Einwirkung von UV-Strahlung auf ein ladungsneutrales
atomares Gasmolekül, wie man es in der terrestrischen Hochatmosphäre, über 60 km Höhe, antreffen könnte. Durch den Zusammenstoß entstehen ein Ion und ein Elektron. b) Darstellung der Elektronendichten, aufgetragen über die Höhe. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Elektronendichten durch Photoionisation am Tage höher sind als in der Nacht.

werden solche Beobachtungen heutzutage schon durch Weltraumteleskope gemacht. Viele dieser Daten sind dann auch im Internet auf den Seiten der großen Weltraumorganisationen oder der Wetterdienste zu finden. Es ist bekannt, dass genau dann, wenn ein starkes Weltraumwetterereignis stattfindet - z. B. ein großer Sonnensturm - viele der weltraumbasierten Messinstrumente abgeschaltet werden müssen oder ausfallen. Deswegen wird für die bodengestützten InFlaMo-Messungen der Mögel-Dellinger-Effekt (MDE) genutzt. Der deutsche Nachrichtentechniker Hans Mögel und der amerikanische Telekommunikations-Ingenieur John Howard Dellinger fanden in den 1930er-Jahren unabhängig voneinander heraus, dass mutmaßlich Sonnenflecken die ,,Kurzwellen-Weitverkehrsverbindungen" unterbrechen. Später wurde der MDE weiter untersucht und es wurde festgestellt, dass nicht die Sonnenflecken, sondern die solaren Röntgenstrahlenausbrüche, die häufig auch mit Sonnenflecken einhergehen, für die Störungen der Längswellenübertragung verantwortlich sind. Diese Störungen werden dann auch ,,plötzlich auftretende Ionosphärenstörungen" (sudden ionospheric disturbances, SID)

genannt. Der im deutschsprachigen Raum unter Funkamateuren auch unter dem Begriff ,,Tote Viertelstunde" bekannte Effekt kommt durch eine Veränderung der Plasmadichten in den niederen Schichten der Ionosphäre zustande. Allerdings tritt er nur auf der Tagseite der Erde auf, da dort durch solare UV-Strahlung (Photoionisierung - Abb. 2a) eine Erhöhung der Elektronendichten in der Ionosphäre bewirkt wird (Abb. 2b). An der so genannten D-Schicht der Ionosphäre werden normalerweise Radio-Längswellen reflektiert. Allerdings nur, solange die Plasmadichte in der D-Schicht nicht zu hoch wird. Dann werden diese Radiowellen einfach absorbiert. Bei einem SID passiert genau dies und es ergibt sich eine Unterbrechung oder Störung der Radioübertragung.
Das InFlaMo-Projekt macht sich genau diesen Sachverhalt zunutze und zeichnet durchgehend mehrere Radiofrequenzen auf. Der Inhalt der Sendungen ist nicht interessant, da man nur die Feldstärkenänderung betrachtet. Man könnte deswegen die Empfänger als sehr spezialisierte Radioteleskope bezeichnen. Immerhin sind Teleskope grundsätzlich Geräte, die einen Teil des

Journal für Astronomie Nr. 83 | 21

Sonne

elektromagnetischen Spektrums wiedergeben. Dabei muss es sich nicht nur um sichtbares Licht handeln.

3 VLF- (engl.: very large frequency) Radiospektrum von 15 bis 30 kHz für den 08.10.2012.
Es sind mehrere Radiosignale zu erkennen. Dabei stehen die Abkürzungen für folgende Radiosender: NPM (Pearl Habour, HI/USA), FTA Sainte-Assise (Frankreich), GQD (Skelton, England), NAA (Cutler, ME/USA) und DHO (Rhauderfehn, Deutschland). In der Vergrößerung sieht man für die mitteleuropäische Mittagszeit eine Änderung im Signal, welches wir später als SID identifizieren.

Ein Tag kann dann wie in der Abbildung 3 aussehen. Dabei wird die Feldstärke meist von Marinelängswellensendern aufgezeichnet. Durch die Nutzung eines so genannten ,,Software Defined Radios (SDR)" kann man ein ganzes Spektrum mit mehreren Sendern gleichzeitig aufnehmen (s. Abb. 3), um dann in der Datenaufbereitung für jeden einzelnen Sender die Feldstärken-Zeit-Diagramme zu erstellen (Abb. 4). Somit kann ein Breitbandempfänger seine ,,Fühler" in verschiedene Richtungen ausstrecken. Natürlich geht an verschiedenen Senderpositionen mit verschiedenen geo-

4 Am 08.10.2012 wurde gegen Mittag zur Lokalzeit ein M-Klasse-Röntgenflare vom GOES-14-Satellit detektiert (siehe Grafen unter d). Der
InFlaMo-Empfänger in Norddeutschland hat auf drei Frequenzen (a) FTA - 20,9 kHz, (b) GQD - 22,1 kHz und (c) NAA - 24,0 kHz gleichzeitig das SID-Phänomen aufgezeichnet.
22 | Journal für Astronomie Nr. 83

Sonne

grafischen Längen die Sonne zu verschiedenen Zeiten auf und unter. Somit ist die Hochatmosphäre auch jeweils für eine bestimmte Tageszeit nur der solaren UV-Strahlung ausgesetzt. Die blauen Pfeile in den Kurven a) bis c) der Abbildung 4 kennzeichnen für die verschiedenen Messungen die Sonnenaufund -untergangszeiten. Zwischen diesen Pfeilen liegt dann die Messung für die Tageszeit eines Diagramms. In der Nacht sind die Feldstärkemessungen gestörter als am Tage. Die ruhige Tageskurve könnte im Idealfall durch ein Polynom 2. Grades (Parabel) beschrieben werden. Kommt nun ein solares Röntgenflare vor, so sieht man dieses in der Tageskurve als plötzlich verstärktes Signal, welches langsam abklingt. Dieses bezeichnen wir als SID. Die Abklingzeiten liegen bei mindestens 15 Minuten. Vergleicht man jedoch die Kurven a) bis c) mit Röntgenstrahlenmessungen des GOES-14-Satelliten,

so stellen wir fest, dass kurz vor dem SID zur Mittagszeit ein M-Klasse-Röntgenstrahlenausbruch auf der Sonne stattfand. So kann man auch, ohne jedes Mal Satellitendaten zu nutzen, indirekt Rückschlüsse auf das Auftreten von solaren Röntgenflares machen.
Die Datenaufbereitung der InFlaMo Messstationen kann automatisch geschehen und der Beobachter wird automatisch über das Auftreten von Röntgenstrahlenausbrüchen auf der Sonne informiert. Möchte man jetzt z. B. eruptive solare Protuberanzen in der Chromosphäre (sichtbar im Ha-Licht) nahe dem Sonnenfleckenminimum beobachten und sucht noch eine Möglichkeit, über das Auftreten informiert zu werden, wird man die Informationen des InFlaMo-Projektes sehr nützlich finden. Seit 2012 existiert ein Webportal für das Projekt unter www.inflamo.org. Allerdings bedarf diese

diverser Aktualisierungen und ggf. auch hierfür einiger Helfer, die sich z. B. mit Datenbanken auskennen. Obwohl es nur aus Redundanzgründen Sinn ergibt, eine weitere InFlaMo-Station in Deutschland aufzustellen, sind Interessenten eingeladen, z. B. für den Schulunterricht Anfragen bzgl. von Messstationen an den Autor zu richten.
Literatur- und Internethinweis (Stand 26.05.2022): [1] H. Svensmark, E. Friis-Christensen,
1997: ,,Variation of cosmic ray flux and global cloud coverage - a missing link in solar-climate relationships", Journal of Atmospheric and Solar-Terrestrial Physics 59, pp. 1225-1232, https://doi.org/10.1016/ S1364-6826(97)00001-1)

Sonnige Bildergalerie
in Zusammenarbeit mit der Fachgruppe Astrofotografie der VdS, mit einer Einführung von Andreas Zunker

Die folgenden Seiten entstanden auf Initiative von und in enger Zusammenarbeit mit der FG Astrofotografie (namentlich Peter Riepe), für die ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanke!

täre Umbra grenzt. Die Abbildung 2 zeigt sehr schön die kornfeldartige Struktur der chromosphärischen Fibrillen, die am Sonnenrand auf manchen Ha-Aufnahmen als Spikulen sichtbar werden.

Und los geht's! Die ersten beiden Aufnahmen von Wolfgang Bischof zeigen die aktive Region (AR) 2960 am 5. März 2022 in der Nähe des Ostrandes der Sonne. Die Abbildung 1 wurde mit einem breitbandigen Rotfilter aufgenommen und zeigt die Photosphäre der Sonne, für die Abbildung 2 hat er einen sehr schmalbandigen Filter (Ha) verwendet, hier ist die höher gelegene Chromosphäre zu sehen. In der Abbildung 1 erkennt man gut, dass größere Sonnenflecken oft aus der dunklen Umbra (lat. für Schatten) und der sie umgebenden helleren Penumbra (lat. für Halbschatten) bestehen. Kleinere Sonnenflecken bestehen nur aus einer Umbra. Interessant an dieser Aufnahme ist östlich vom großen Hauptfleck eine Penumbra, die an eine nur rudimen-

Kai-Oliver Detken verwendete für die Abbildung 3 einen Ultraviolett-Filter. Da die Photosphäre natürlich auch im UV-Licht leuchtet, ähnelt das Bild einer Weißlichtaufnahme. Auffällig sind allerdings die Fackeln, hellere (also heißere) Stellen, die auch unabhängig von Sonnenflecken auftreten. Eine aktive Region bildet nämlich zuerst Fackeln, bevor sie (meistens) Sonnenflecken hervorbringt, und die Fackeln sind auch dann noch zu sehen, wenn die Sonnenfleckengruppe wieder verschwunden ist. So kann eine aktive Region eine Lebensdauer von mehreren Monaten haben.
Ulf Fiebig machte seine Aufnahme in der Abbildung 4 bereits am 09.05.2016, was die Besonderheit mit sich bringt, dass darauf

ein weiterer Bestandteil unseres Sonnensystems verewigt ist, nämlich der Planet Merkur! So dunkle und ideal runde Sonnenflecken gibt es nicht und sie ziehen nicht so schnell über die Sonne ... Der nächste Merkurtransit wird am 13.11.2032 zu beobachten sein.
Udo Siepmann konnte am 28.03.2022 in einer Videosequenz die Entstehung eines Flares in der AR 2976 aufnehmen (Abb. 5). Flares sind Energie- und damit auch Helligkeitsausbrüche auf der Sonne. Sie sind normalerweise nur in der Chromosphäre zu beobachten, z. B. mit einem Ha-Filter. (Es gibt bisher nur einen bekannten Fall, bei dem ein Flare auch im Weißlicht zu beobachten war, nämlich das so genannte Carrington-Event vom 01.09.1859, in dessen Folge auf der Erde sehr intensive Polarlichter zu beobachten waren.) Der Zeitabstand zwischen der zweiten und der dritten Aufnahme war sehr kurz, die schnelle Veränderung in diesem Zeitraum spiegelt den für Flares typischen schnellen Helligkeitsanstieg wider. Das beeindruckende Video kann unter der in der Bildbeschriftung angegeben Adresse angeschaut werden.

Journal für Astronomie Nr. 83 | 23

Sonne

1 AR 2960 am 05.03.2022, 09:50 Uhr UT, 200-mm-Newton,
Astrosolar-Filterfolie, Rotfilter aus dem RGB-Satz von Astrodon, Bildautor: Wolfgang Bischof

2 AR 2960 am 05.03.2022, 10:34 Uhr UT, ED-Refraktor 110 mm /
770 mm, Baader D-ERF, Baader 4x-Telezentrik, H-Filter: Solar Observer 1.5 0,05 nm, Kamera: ASI 183 MM, Bildautor: Wolfgang Bischof

3 13.03.2022, Re-
fraktor ED70, 70 mm/420 mm, Fokussierung über Live-View (manuell), Kamera: ZWO ASI183MCpro, Sonnenfilterfolie und U-Filter ZWL 350 nm, beides von Baader, 333 Bilder zu jeweils 5 ms belichtet, Bearbeitungssoftware: Fitswork 4.47, Photoshop Elements 2019, Bildautor: Kai-Oliver Detken
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Sonne
4 Sonne mit Sonnenfleck und Merkur
am 09.05.2016, 15:58:50 bis 16:00:22 Uhr UT, Reflektor 250 mm/1.250 mm, Sonnenfilter ND 5, Canon EOS600D, 12 RAW- Aufnahmen, Belichtung je 1/500 s, ISO100, Stacking u. Nachbearbeitung mit Giotto 2.21 und Photoshop CS2, Bildautor: Ulf Fiebig
5 Einzelbilder eines Videos, Flare in AR
2976, Skywatcher Evostar 102 mm / 1.000 mm, D-ERF, 3x-Telezentrik, PST-Etalon, B1200-Blockfilter Lunt, ZWO ASI174MM, Basis waren 88 Videos mit je 2.000 Frames, davon jeweils 8% gestackt mit AutoStakkert, danach Imppg, Affinity Photo und Time Lapse Tools, die Sequenz entstand am 28.03.2022 zwischen 12:55 und 14:04 Uhr UT, Link zum Video: tinyurl. com/Flare-AR2976, Autor: Udo Siepmann
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Sonne
Wolfgang Bischof und Rainer Sparenberg lichteten AR2993 und 2994 ab, nachdem diese über den Ostrand der für uns sichtbaren Sonnenhemisphäre rotiert waren: In der Abbildung 6 beeindruckt die Entwicklung einer Protuberanz östlich von AR2994 über 26 Minuten, in der sich Plasma entlang von Magnetfeldlinien über die Chromosphäre erhebt. Mehr als vier Stunden später (Abb. 7, oben) ist sie noch zu sehen, zusammen mit einer anderen, heckenförmigen Protuberanz weiter nördlich. Einen Tag später (Abb. 7, unten) ist sie weg, dafür ist am Sonnenrand jetzt ein Sonnenfleck der AR2995 aufgetaucht. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Protuberanz in der Abbildung 6 und 7 oben ein Teil dieser aktiven Region und somit Vorbote dieses neuen Flecks war. Eine sehr schöne heckenförmige Protuberanz zeigt ebenfalls die Aufnahme von Thomas Wahl (Abb. 8). Sie konnte allerdings keiner aktiven Region zugeordnet werden, die später durch Fleckenaktivität aufgefallen wäre.
6 Sonnenaktivität im H-Licht am 18.04.2022 um 07:37
(oben), 07:55 (Mitte) und 08:03 Uhr UT (unten), Coronado SMT 90 mm/800 mm, Solarmax II, Blockfilter 15 mm, ZWO ASI178MM, Bildautor: Rainer Sparenberg
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8 Protuberanz am nordöstlichen Sonnenrand,
23.02.2022 um 12:23 Uhr UTC, Intes ALTER M603 bei f = 1.500 mm, 160er-D-ERF-Baader-Filter, ZWO ASI178MM, PST-Etalon + BF-10 Coronado, Verwendungsrate 10% von 2.500 Einzelbildern, Bildrate 46/s, Stacking in AutoStakkert 3.0, Einfärbung und Finishing in PS6, Bildautor: Thomas Wahl

7 Sonnenaktivität im H-Licht am 18.04.2022 um 12:16
Uhr UT (oben) und am 19.04.2022 um 07:38 Uhr UT (rechts), TS-Photoline-ED-Refraktor 110 mm / 770 mm, Baader D-ERF, Baader-4x-Telezentrik, H-Filter Solar Observer 1.5 0,05 nm, ZWO ASI183MM, Bildautor: Wolfgang Bischof

Journal für Astronomie Nr. 83 | 27

Amateurteleskope/Selbstbau

Small is beautiful - auch in der Amateurastronomie - Planung und Realisierung einer Kleinsternwarte
von Norbert Cnota

Seit meinem 12. Lebensjahr beschäftige ich mich nun mehr oder weniger intensiv mit dem Thema Astronomie als Hobby. Früh kam schon der Gedanke auf, einmal über eine eigene Sternwarte oder zumindest doch einen Beobachtungsplatz mit fester Säule verfügen zu können. Aber aus beruflichen wie auch wohntechnischen Gründen wurde dieser Gedanke zunächst zurückgestellt. Also betrieb ich mein Hobby wie so viele, die ihr Equipment ins Auto packen, zum Beobachtungsplatz fahren, aufbauen und den Gedanken haben, dass sie morgen früh wieder fit auf der Arbeit sein müssen. Häufig genug zogen dann nach dem Aufbauen auch noch Wolken auf. Das Hobby wurde in dieser Zeit leider nur rudimentär betrieben.

1 Vereinfachtes
Raummodell der Sternwarte

Nach einem Hauskauf keimte die Idee eines Beobachtungsplatzes im Garten wieder auf. Zunächst wurde nur eine feste Säule mit Montierung vorgesehen, geschützt durch ein wegschiebbares Häuschen. Dieses konnte jedoch kein Fernrohr aufnehmen und auch kein größeres Equipment. Störendes Straßenlicht sowie Licht aus Nachbargärten (Stichwort: Solarlampen) mussten durch Blenden abgehalten werden, was auf Dauer recht mühselig war.
Vorüberlegungen und Planung Es musste also eine bessere Lösung gefunden werden und da war er wieder, der Wunsch nach einer Sternwarte. Wie sollte diese in einem relativ kleinen Garten realisiert werden? Für eine gute Sicht nach Süden musste der Aufbau in jedem Fall an der Nordseite des Grundstücks erfolgen. Die Sternwarte sollte sich auch möglichst harmonisch in das Gartenbild einfügen. Natürlich sollte sie auch das gesamte Fernrohr inkl. Equipment aufnehmen können und sowohl einen Licht- als auch einen Windschutz ermöglichen. Als Maximalgröße für das Fernrohr wurde ein katadioptrisches

2 Rahmenmodell
der Sternwarte
System der Klasse 10 bis 12 Zoll mit entsprechender Montierung zugrunde gelegt. Mehrere Gartenbegehungen sowie Probebeobachtungen ergaben schließlich den optimalen Aufstellort. Leider stand hier nur eine kleine Netto-Grundfläche von ca. 2 m x 1,5 m zuzüglich Zugangsweg zur Verfügung. Wie sollte mit dieser kleinen Grundfläche eine Sternwarte realisiert werden? Eine Internetrecherche ergab, dass nur eine Klappdachhütte in Frage kam [1].

Das aufgeklappte Dach fungiert gleichzeitig als Licht- und Windschutz. Der Platz für ein abgeschobenes Dach einer Schiebedachhütte wird somit eingespart. Der Gedanke, ein Gartenhäuschen aus dem Baumarkt zur Sternwarte umzuwidmen, wurde ebenfalls schnell verworfen, da diese weder die passenden Abmaße noch die von mir gewünschte Stabilität bei einem aufgeklappten Dach aufwiesen. Die Lösung konnte also nur in einer Eigenkonstruktion

28 | Journal für Astronomie Nr. 83

Amateurteleskope/Selbstbau

3 Befestigung des Grundrahmens auf den Punktfundamenten

4 Rohbau der Sternwarte

bestehen. Zur Überprüfung, ob auf dieser kleinen Grundfläche eine funktionierende Sternwarte errichtet werden konnte, wurde mit einem kostenlosen CAD-Programm [2] ein Modell im Computer erstellt. Zur Vereinfachung wurden zunächst nur die Außenbegrenzungen der Sternwarte, das Fernrohr sowie ein Beobachter-Dummy dargestellt (Abb. 1). Mit diesem Raummodell wurde untersucht, ob die Platzverhältnisse ausreichend sind. Die Ergebnisse waren ermutigend, so dass anschließend ein detaillierteres Rahmenmodell der Sternwarte erarbeitet wurde (Abb. 2). Wesentliche Entwurfsmerkmale wurden hier bereits festgelegt.

Hierzu gehört z. B. die asymmetrische Teilung des Klappdachs, so dass die Norddachhälfte deutlich kleiner ist. Da diese im geöffneten Zustand fast senkrecht steht, wird die Beobachtung des Nordsternhimmels so weiterhin ermöglicht. Die Süddachhälfte kann hingegen in verschiedenen Positionen gesichert werden und dient als effektiver Lichtschutz. Auf eine Stehhöhe im geschlossenen Zustand wurde verzichtet, da sich die Sternwarte so harmonischer in den Garten einfügt und auch der Bauaufwand sowie die Kosten sinken. Die Sternwarte sollte sich aber immer noch gut von innen öffnen lassen.

Realisierung Mit der Realisierung wurde im Sommer 2018 begonnen. Die vorhandene Säule wurde mittels eines mit Beton ausgegossenen Kanalgrundrohres (KG-Rohr) erhöht. Der aus 54 mm x 90 mm Kanthölzern gefertigte Grundrahmen liegt auf vier Punktfundamenten auf, so dass der gesamte Holzbau von der Säule entkoppelt ist (Abb. 3). Der Rahmen wurde höher gesetzt, so dass die Sternwarte auch unterlüftet wird. Die Seitenwände wurden mittels Nut- und FederProfilholz gefertigt (Abb. 4). Für die beweglichen Dachhälften wurde eine Rahmenkonstruktion gewählt, die mit wasserfesten 9 mm dicken Siebdruckplatten beplankt wurde.

5 Kontergewichte für die Süddachhälfte

6 Lüftungsöffnung am Säulenfuß

Journal für Astronomie Nr. 83 | 29

Amateurteleskope/Selbstbau

7 Astrostuhl mit Liegefunktion

Endausbau wurden schließlich noch Beleuchtung und Steckdosen eingebracht, dazu ein Klapptisch für einen Laptop nebst fest installiertem Stromanschluss sowie ein selbstentworfener Astrostuhl (Abb. 7), der neben unterschiedlichen Sitzhöhen und einer Rollfunktion auch eine Liegeposition zur Fernglasbeobachtung ermöglicht. Dieser Stuhl ist von seinen Abmaßen genau auf die Sternwarte abgestimmt.
Die Praxis Nach 1¾ Jahren Bauzeit konnte die Sternwarte im Frühjahr 2020 endlich fertiggestellt werden. Die Sternwarte beherbergt nun ein C11 auf einer Celestron-CGXMontierung (Abb. 8). Die Platzverhältnisse sind ausreichend, um neben dem Beobachter auch noch eine zweite Person aufzunehmen. Der Astrostuhl mit seiner Rollfunktion ermöglicht das Hinterherrollen zum Okularstutzen nach einem Objektschwenk, ohne dass man hierfür den Stuhl verlassen

muss. Auch die sonstige Funktionalität, z. B. der Anschluss eines Laptops oder die Unterbringung von weiterem Equipment, ist ausreichend gegeben.
Die Dachhälften geben neben einem Streulichtschutz auch einen guten Windschutz ab. Das relativ große Gewicht der Süddachhälfte hat sich hier als Vorteil erwiesen, da sich das geöffnete Dach auch bei böigem Wind sehr ruhig verhält und das Teleskop gut schützt. Ein Segeleffekt entsteht hier nicht. Auch das Öffnen und Schließen der Sternwarte lässt sich mit etwas Übung recht einfach durchführen, trotz der nicht vorhandenen Stehhöhe.
Fazit Auf einer kleinen Grundfläche kann eine voll funktionsfähige Sternwarte errichtet werden, die sich auch harmonisch in einen vorhandenen Garten einfügt (Abb. 9). Die räumlichen Kompromisse, die dabei einge-

Schließlich wurden Dachplatten aus Kunststoff aufgebracht. Für die Bewegung der Süddachhälfte mussten Kontergewichte eingebracht werden. Diese werden auf der Innenseite der Sternwarte geführt und sind durch Stahlseile mit dem Dachhebel der Süddachhälfte verbunden (Abb. 5). So kann diese trotz des hohen Eigengewichts sehr einfach bewegt und positioniert werden. Als Gewichte wurden betongefüllte Hantelscheiben verwendet, die mit Kunststoff ummantelt sind. Aufgrund der Kompaktheit sind für die Norddachhälfte keine Kontergewichte notwendig. Zur Vermeidung von Schwitzwasser sind beide Dachhälften mit 40 mm dicken Hartschaumplatten gedämmt.

Für eine gleichmäßige Durchlüftung sorgen sowohl Lüftungsöffnungen in den Ecken der Sternwarte, im Giebelbereich als auch um die Säule herum (Abb. 6). Im

8 Die geöffnete Sternwarte mit Instrumentierung und Autor

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Amateurteleskope/Selbstbau
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9 Die fertige Sternwarte im geschlossenen Zustand
gangen werden, stehen der Funktionalität nicht im Weg. Sicherlich stellen die rund 300 Arbeitsstunden, die dieses Projekt von der ersten Idee bis zur Fertigstellung in Anspruch genommen hat, eine Herausforderung dar, die sich aber gelohnt hat. Die Sternwarte ist innerhalb weniger Minuten einsatzbereit und so können auch größere Wolkenlücken zur Beobachtung genutzt werden. Sowohl Sturm, Starkregen, Frost oder Schnee konnten der Sternwarte nichts anhaben und sie verrichtet hoffentlich weiterhin für viele Jahre ihren Dienst.
Internetlinks (Stand April 2022): [1] Webseite der VdS-Fachgruppe Amateurteleskope/Selbstbau,
http://selbstbau.vdsastro.de/gebaeude/ [2] open-source parametric 3D modeler FreeCAD, www.freecadweb.org/

Machen Sie mit:
www.Astronomie.de


Astrofotografie
Neues aus der Fachgruppe Astrofotografie
- Das Astrofoto des Jahres 2021
von Thorsten Zilch
32 | Journal für Astronomie Nr. 83

Astrofotografie

Das Jahr 2021 sorgte insgesamt mit 52 Kalenderwochen für 49 informativ aufbereitete und dargestellte ,,Astrofotos der Woche". Unter den 49 Bildern hatte die Fachgruppe Astrofotografie im April 2022 wieder die Möglichkeit, die drei besten Astrofotos zum alljährlichen ,,Astrofoto des Jahres" zu wählen. Dies geschah mit einer Wahlbeteiligung von 44% und führte zu folgender Nominierung:

Platz 1: Woche 30: Stefan Binnewies und Rainer Sparenberg - Emissionsnebel in der Großen Magellanschen Wolke

Platz 2: Woche 42: Frank Breslawski - Der Polarstern im Nebel - ein seltener Anblick!

Platz 3: Woche 14: Andreas Habermehl - Die Milchstraße über dem ,,Planeten der Affen"

Die drei Siegerbilder sind an dieser Stelle noch einmal abgebildet. Herzlichen Glückwunsch den Gewinnern, aber auch herzlichen Dank an die vielen treuen Einsender. Nicht zu vergessen ist der Dank an unsere fleißigen FG-Mitglieder und FG-Freunde beim Belichten und natürlich beim Wählen!

Ihr AdW-Team der FG Astrofotografie

1 Links: Die Große Magellansche Wolke, aufgenommen am
30.08.2019 auf der Astrofarm Kiripotib in Namibia. Teleskop: Takahashi Epsilon 130D (130 mm/430 mm); Filter: (a) L-eNhanceDuobandfilter der Marke Optolong, (b) IDAS-Filter HEUIB-II; Kamera: Canon 6Da; das Bild besteht aus zwei Teilbildern, das linke wurde zuzüglich der genannten Filter 18 x 300 s belichtet, das rechte Teilbild 20 x 300 s, alles bei ISO 6400. Das Bildfeld beträgt 4 Grad 32` x 5 Grad 02`, Norden liegt auf etwa 01:30 Uhr. Bildautoren: Stefan Binnewies und Rainer Sparenberg

2 Diese Szenerie um den Polarstern entstand zwischen dem
02.05.2021 und dem 17.05.2021 im Bergischen Land, östlich des Rheins etwa auf der Höhe von Köln. Kamera: ZWO ASI294MC mit UV/IR Cut (Baader) bei -10 Grad C; Objektiv: Teleobjektiv Samyang 1:2,0 / 135 mm ED UMC, Belichtungszeit ohne Binning: 396 x 120 Sekunden belichtet, das sind 13 Stunden und 12 Minuten (!). Montierung: Sky-Watcher Star Adventurer auf einem Holzstativ von Berlebach. Das Bildfeld misst 7,0 Grad x 4,8 Grad ; Norden auf 01:15 Uhr. Bildautor: Frank Breslawski

Astrofotografie

3 Die Milchstraße am 08.08.2018 in Trona Pinnacles (Kalifornien, USA). Kamera: Sony A7R;
Objektiv: Rokinon T1.5 24 mm; Belichtungszeit des Vordergrundes: 1 x 3 min; Belichtungszeit für die Milchstraße: 10 x 3 min; ISO 400. Bildautor: Andreas Habermehl.

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NIGHTSCAPE FÜR ALLE
MiniTrack LX Quattro: vollmechanische Fotomontierung für Kameras bis zu 4 kg.

Omegon und Astroshop.de sind Bereiche der nimax GmbH. Preisänderungen und Irrtümer vorbehalten.

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Foto: Cristian Fattinnanzi

Weitfeld-Aufnahmen wie oben abgebildet gelingen jetzt noch einfacher. Die MiniTrack LX Quattro ist ein Astrotracker, der Ihnen im Handumdrehen wundervolle Bilder vom Sternenhimmel liefert. Ohne Batterien, ohne Strom, aber mit erstaunlich schnellem Erfolg. Dahinter steckt ein präzises Uhrwerk und ausgeklügelte Mechanik. Schöne Astrofotos sind jetzt sogar für Einsteiger nur einen Tick entfernt.

Uhrwerk-Mechanik
Die Montierung arbeitet über eine Uhrwerk-Mechanik mit einem 60 Minuten Tracking - alles ist unabhängig von Strom und Batterie. Einfach Kamera aufsetzen, Tracker wie eine Uhr aufziehen und loslegen.

Integriertes 1/4" Gewinde
Passt auf jedes Fotostativ und besitzt zwei 1/4" Anschlüsse: Sie können die MiniTrack zum Beispiel mit einem Kugelkopf verbinden und erreichen damit jede Himmelsregion, die Sie wollen.

Schlank und kompakt
Egal ob Flugreise oder nächtliche Exkursion: Die MiniTrack passt in jedes Gepäck und lässt noch Platz für ein schönes Stativ oder ein zweites Teleobjektiv.

CNC-Gehäuse aus Voll-Alu
Ein echter Hingucker: Der Body besteht aus einem Stück, das macht das Modell noch stabiler. Wo auch immer es hingeht, die MiniTrack Quattro ist der ideale Begleiter für jedes Astroabenteuer.

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Neues und starkes Federsystem
Die neue LX besitzt ein stärkeres Federsystem mit Nadellager und führt auch Kameras bei starker, einseitiger Belastung zuverlässig nach. Für noch besser nachgeführte Astrofotos.

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Die MiniTrack ist nun fitter geworden und stemmt auch Kameras bis zu 4 kg Gewicht. Dabei ist ihre alte Form gleichgeblieben. Wollten Sie schon immer ein leichtes Teleobjektiv einsetzen, das bisher zu schwer war? Das klappt jetzt wunderbar.
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Astrofotografie

Erfahrungsbericht: Skywatcher Heritage 150p
von Peter Bresseler

Auf der Suche nach einem geeigneten Teleskop für das ,,schnell mal Rausgehen" hatte ich mir ein Dobson-Teleskop des Typs Skywatcher Heritage 150p zugelegt, ein Teleskop für den visuellen Gebrauch. Als Astrofotograf hat mich natürlich die fotografische Eignung interessiert, über die ich hier berichten möchte. Mir ging es um die Frage: Eignet sich das visuell ausgelegte Gerät für die Deep-Sky-Astrofotografie? Im Netz gibt es hierzu meines Wissens wenig Informationen, so dass dieser kleine Bericht für den einen oder anderen von Interesse sein könnte.

Teleskop Auf den einschlägigen Anbieterwebseiten wird das Skywatcher Heritage 150p als Einsteigerteleskop beschrieben, es wird fertig aufgebaut zusammen mit einer DobsonMontierung geliefert. Das Teleskop selbst ist vom Konzept her ein Newton-Teleskop in offener Gitterrohrtubus-Ausführung. Der Newton ist mit einer EQ5-Level-Prismenschiene mit der azimutalen DobsonMontierung verbunden und kann leicht entnommen und jederzeit auf einer parallaktischen Montierung befestigt werden.

Der optische Tubus besitzt einen 150-mmParabolhauptspiegel mit einer Brennweite von 750 mm. Der zusammenschiebbare Tubus (FlexTubeTM) macht das Gerät besonders leicht transportabel, benötigt tatsächlich wenig Platz und ist schön leicht. Links und rechts befinden sich zwei Führungsstangen, an denen der vordere Tubusteil mit Okularauszug und Fangspiegel bis zum Anschlag auseinandergezogen werden kann (Abb. 1).
Der Tubus selbst wiegt ca. 3,5 kg, kommt zusammengeschoben auf eine Länge von ca. 43 cm, auseinandergezogen sind es ca. 72 cm. Der untere Teil besteht komplett aus Metall, der obere Teil, der so genannte

1 Skywatcher Heritage 150p auf Skywatcher-Montierung EQ6-R

Hut, aus Kunststoff. Der 1,25-Zoll-Okularauszug ist als Helical-Drehfokussierer ausgelegt, die Drehmechanik ist ebenfalls aus Kunststoff, die 1,25-Zoll-Okularaufnahme und die Fangspiegelhalterung bestehen aus Metall, der Fangspiegel aus optischem Glas mit Verspiegelung.
Justage/Kollimation Skywatcher hat sich hier eine einfache und hinreichend gute Justierhilfe überlegt, be-

stehend aus einer 1,25-Zoll-Steckhülse, die in den Okularauszug gesteckt wird, mit einem kleinen Loch zum Hineinblicken und einer rückseitigen Verspiegelung. Für den visuellen Gebrauch ist das sicherlich ausreichend, für die astrofotografischen Anforderungen aber definitiv nicht genau genug.
Der Blick in den Tubus zeigte mit der Justagehilfe die Mittelmarkierung des

36 | Journal für Astronomie Nr. 83

Astrofotografie

2 Zentrum von M 42, 240 x 1 s, ZWO ASI290MC, Skywatcher Heritage 150p, live gestackt mit SharpCap 3

Hauptspiegels und innerhalb der Mittelmarkierung das gespiegelte schwarze Loch der Justagehilfe. Die Optik war nach Transport und Auspacken leicht dejustiert und mit ein bisschen Übung gelang die Fangspiegel- und Hauptspiegeljustage in wenigen Minuten. Für die Fangspiegeljustage wird ein 2-mm-Imbusschlüssel benötigt, die Hauptspiegeljustage wird über Rändelschrauben getätigt, die mit ausgestrecktem Arm gut erreichbar sind. Der ausgezogene Tubus ist schön kurz. Mithilfe der vorhandenen und bebilderten Anleitung stellte das Justieren keine Hürde dar.
Tagesbeobachtungen Die erste Beobachtung fand wegen des schlechten Wetters zunächst einmal am Tage statt. So konnte ich mich auch gut mit der Mechanik und dem Handling auseinandersetzten. Die einarmige Dobson-Montierung (Rockerbox) und der Tubus wiegen zusammen knapp 8 kg, dies war schnell auf dem Terrassentisch aufgebaut.

Die Dobson-Montierung macht einen stabilen Eindruck und der Tubus lässt sich leicht darin bewegen. Kurz ausgerichtet auf die gegenüberliegende Baumgruppe in 200 m Entfernung zeigen die mitgelieferten 25- und 10-mm-Okulare je eine scharfe Abbildung. Die Fokussierung ging leidlich vonstatten, denn der Helical-Okularauszug offenbarte Schwächen. Er hat Spiel, reproduzierbare Ergebnisse sind schwerlich zu erwarten. Trick: Zur Fokussierung habe ich dann das Okular in der 1,25-Zoll-Okularaufnahme verschoben, bis das Bild im Okular scharf wurde.
Dann kam meine ungekühlte ZWO ASI290MC zum Einsatz. Diese 2,1-Megapixel-Kamera besitzt einen Farbsensor, wiegt 120 g, hat eine 1,25-Zoll-Steckhülse und ist von kompakter Bauform. Der CMOS-Sensor ist 5,6 mm x 3,2 mm klein. Für mich überraschend, mit der ASI290MC kam ich zunächst nicht in den Fokus. Der Backfokus, also der Abstand von der Sen-

sor-Ebene der Kamera bis zum Adapteranschlag, beträgt genau 12,5 mm. Trick: Dank des FlexTubeTM-Prinzips habe ich den gesamten vorderen Teil wieder etwas in Richtung des Tubus um ca. 10 mm zurückgeschoben, wieder die Schrauben jeweils an den Führungen fixiert, und schon war ein scharfes Bild auf meinem Notebookmonitor erkennbar. Man darf an dieser Stelle den Entwicklern des Skywatcher Heritage 150p keinen Vorwurf machen, das Gerät ist nicht für den fotografischen Zweck konzipiert.
First Light Tage später wurde es zeitweise klar. Das Gerät kurz auskühlen lassen, den Tubus auf meine EQ6-Montierung gesetzt, M 42 im Orion angepeilt, die Software SharpCap 3.2 gestartet und die Belichtungssession konnte beginnen.
Ich habe mir das Kurzbelichtungsverfahren zu eigen gemacht, in dem ich auf aufwändige Techniken wie Autoguider,


Astrofotografie

3 M 82, 748 x 1 s, ZWO ASI290MC, Skywatcher Heritage 150p, live gestackt mit SharpCap 3

Nachführsoftware, Leitrohr, Guider-Sucher oder Off-Axis-Guider verzichte und mir die guten Eigenschaften der CMOSAstro-Kameras zunutze mache. Nach der Zentrierung des Objektes lasse ich einfach die Montierung mit eingeschaltetem Stundenachsenmotor laufen. Hierzu habe ich in Sterne und Weltraum [1] einen kleinen Artikel verfasst, wo Details zur Technik dieses Verfahrens beschrieben sind. Diese Vorgehensweise ist meines Erachtens für Einsteiger und Fortgeschrittene gleichermaßen interessant. Meine Belichtungszeiten variieren zwischen 1 und 10 Sekunden, die Einzelbelichtungen werden im SharpCap-Livestacking-Modus automatisch addiert. Der Beobachter sieht, wie das Bild live (und in Farbe) entsteht. SharpCap und Livestacking sind schon eine tolle Sache! Auf meiner Homepage [2] findet der interessierte Astrofotograf einen Link zu einem Youtube-Video, wo das Livestacking mit den Parametern zur Einstellung von SharpCap am Beispiel von M 42 gezeigt wird.
M 42 ist in den Wintermonaten natürlich das Paradeobjekt (Abb. 2). Schon in den

ersten Sekunden zeigte sich ein überbelichtetes Zentrum, mit Hilfe der Histogrammfunktion ließ sich die Helligkeitsverteilung im SharpCap-Livestacking-Modus schnell korrigieren. Der geübte Astrofotograf schaut natürlich zuerst auf die Qualität der Sternabbildung, die zunächst nicht ganz ideal erschien. Die visuelle Kollimation mit den beiliegenden Hilfsmitteln reichte definitiv nicht aus. Später verwendete ich einen 1,25-Zoll-Laser für die Kollimation und da zeigte sich, dass die Optik trotz des Anscheins der guten visuellen Kollimation beim First Light nicht wirklich gut kollimiert war.
Auffällig sind zunächst die 6-fach-Spikes. Das ist etwas ungewöhnlich, da NewtonTeleskope - als Astrografen konzipiert - häufig über 4 Spikes verfügen. Dass sich die Sterne mit 6-fach-Spikes zeigen, liegt an den drei Fangspiegelhalterungen, die entsprechende Beugungserscheinungen erzeugen.
Der Okularauszug ist hier ganz klar der Schwachpunkt. Hat man zunächst das Sys-

tem etwas in sich zusammengeschoben, erreicht man den Fokus gut. Allerdings funktioniert der Drehfokussierer nicht wirklich, harkt und hat Spiel. Abhilfe schafft man durch Hin- und Herschieben der Kamera in der Hülse des Okularauszuges mit anschließender Fixierung des Fokus.
Summa summarum Das Skywatcher Heritage 150p ist ein kompaktes, leichtes, vergleichsweise günstiges und für die Astrofotografie meines Erachtens durchaus taugliches Instrument. Astrofotografie muss nicht teuer sein, bedenkt man, dass eine Montierung der EQ5-Klasse schon fast überdimensioniert erscheint. Für Livestacking und EAA (Electronically Assisted Astronomy) ist eine EQ3-Montierung in Verbindung mit leichten und ungekühlten CMOS-Astro-Kameras vermutlich schon ausreichend.
Mit 750 mm Brennweite lassen sich schon viele Deep-Sky-Objekte detailliert abbilden (Abb. 3 und 4), kleine Sensoren benötigen keinen Komakorrektor. Der Besuch von Planeten oder Mond sollte mit kleinen Ka-

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Astrofotografie

4 NGC 2261, 1.000 x 1 s, ZWO ASI290MC, Skywatcher Heritage 150p, live gestackt mit SharpCap 3

meraformaten wie der ASI120MC-S oder der von mir verwendeten ASI290MC gut möglich sein, für Deep-Sky-Beobachtungen in Verbindung mit Livestacking eignet sich das Gerät, abgesehen von den leichten mechanischen Schwächen, meines Erachten recht gut.

Literatur- und Internethinweise (Stand: Mai 2022): [1] P. Bresseler, 2020: ,,Deep-Sky-Objekte
kurz belichtet", Sterne und Weltraum 59 (2/2020), S. 72-77

[2] P. Bresseler: ,,M 42 Orion Nebel - live view, live stacking EAA mit meinem SkyWatcher Heritage 150p", https:// pixlimit.com/blog_DE.html

Das Thema Streulicht konnte ich abschließend nicht bewerten, auch nicht Langzeitbelichtungen. Bei meinem First Light störte die benachbarte Beleuchtung, ein heller, 60 cm großer Weihnachtsstern in 8 Metern Luftlinie, nicht merklich. Mein Beobachtungsstandort ist das nördliche Hamburg, mit einem Wert von 5 in der Bortle-Skala im Zenit, nach Süden hin einem BortleWert von 6-7. Als städtischer Beobachter mit aufgehelltem Himmel bin ich angetan von der vermeintlich guten optischen Leistung und den Möglichkeiten, die ein solches kleines Gerät bietet.
Bei Fragen zur Technik und zur Anwendung des Kurzbelichtungsverfahrens stehe ich gern zur Verfügung.

INSERENTEN
128 APM Telescopes, Sulzbach/Saar 61 astronomie - DAS MAGAZIN 31 astronomie.de, Mammendorf 35 Astroshop.de nimax GmbH, Landsberg U4 Baader Planetarium, Mammendorf 89 euro EMC 34 Gerd Neumann jr. Entwicklung und Herstellung feinmechanischer & optischer Instrumente
9 Kosmos Verlag, Stuttgart U3 Optical Vision Limited, UK 17 Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg
Spektrum der Wissenschaft
105 Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg Sterne und Weltraum
U2 Vesting e. K. Fachhandel für Astronomie, Seevetal


Astrofotografie

Die Galaxie NGC 2403
- ein Gemeinschaftsprojekt (Teil 2)
von Werner E. Celnik, Peter Riepe, Michael Hoppe, Gerhard Hilverkus und Hans Gerhard Weber

In Teil 1 des Beitrags im VdS-Journal für Astronomie 82 (S. 59) stellten wir die Galaxie NGC 2403 und unser Gemeinschaftsprojekt mit den Bildresultaten vor. Nun kommen wir zu einigen Auswertungen mit zum Teil überraschenden Ergebnissen.

Sterngrenzgrößen Es stellte sich uns die Frage: Wie ,,tief " reicht unser Gesamtbild? Der Begriff ,,Tiefe" lässt sich an zwei messbaren Fakten festmachen: erstens die erreichte Sterngrenzgröße, zweitens die Flächenhelligkeit der schwächsten abgebildeten Galaxien. Daher wurde zunächst die Sterngrenzgröße bestimmt und dann überprüft, ob sie im Gesamtbild gegenüber dem besten Einzelbild tatsächlich gesteigert werden konnte. Auf die erreichte Flächenhelligkeit kommen wir dann weiter unten.
Das Gesamtbild und jedes einzelne der fünf Summenbilder wurden nach Grenzsternen untersucht und mit dem SDSS [9] verglichen, der fotometrische Daten tausender Sterne liefert. Die dort angegebenen Helligkeiten in den Bändern g und r lassen sich nach [11] in die V-Helligkeit umrechnen, die in etwa der visuellen Hel-

7 Sterne im Bildfeld von NGC 2403 zur Ermittlung der Sterngrenzhelligkeit, die gekennzeich-
neten Sterne zwischen V = 21,07 und 23,98 wurden identifiziert im SDSS [9], Bildausschnitt aus dem Gesamtbild aller Beobachtungen, vgl. Abb. 3 in Teil 1

ligkeit entspricht. In der Abbildung 7 sind einige schwächere Sterne mit ihren V-Helligkeiten angegeben, die wir im Gesamtbild und im SDSS identifizieren konnten. Damit

können wir angeben, dass sich im Gesamtbild Sterne mit V = 24,0 mag noch sicher finden lassen. Mit diesem positiven Ergebnis hat niemand von uns gerechnet.

Tabelle 2

Erzielte Sterngrenzgrößen in Größenklassen (V-Helligkeiten)

V lt. SDSS

Summenbild

C 11

21,07

ja

ja

21,21

ja

ja

21,67

ja

ja

22,77

ja

ja

23,03

ja

ja

23,98

ja

nein

Sterngrenzgröße

im Bild:

24,0

23,1

RASA 11
ja ja ja nein nein nein
22,5

Apo 150
ja ja ja ja ? ?
22,8

Apo 130
ja ja ja ? nein nein
22,0

RC 150
ja ? nein nein nein nein
21,1

40 | Journal für Astronomie Nr. 83

Astrofotografie

8 Vergleich der erreichten Winkelauflösungen in den Summenbildern der einzelnen Teleskope mit dem Gesamtbild,
Bildausschnitte um die Riesen-HII-Region S44 [10]

Die Kontrollmessungen in den EinzelSummenbildern ergaben ebenfalls Überraschendes (s. Tab. 2): Die Grenzgrößen von 23,1 mag am C11 bei f/10 und von ca. 22,5 mag beim RASA gleicher Öffnung, aber bei f/2,2, sind unterschiedlich. Hier spielt bei gleicher Öffnung die Brennweite eine entscheidende Rolle, trotz des Unterschiedes in den Pixelgrößen der Aufnahmedetektoren: 6,5 m bei der 6D am C11 und 3,8 m bei der ASI2600MM am RASA. Der 150-mmApo mit 1.100 mm Brennweite und f/7,3 schafft mit einer relativ langen Belichtung

stolze 22,8 mag. Der mit 130 mm kleinere Apo-Refraktor kommt bei 860 mm Brennweite und f/6,6 ebenfalls sehr weit: 22,0 mag. Lediglich der 150-mm-RC kann hier nicht mithalten, dessen Gesamtbelichtung war dann doch wohl etwas zu gering und/ oder die erzielte Bildschärfe nicht optimal.
Das Auflösungsvermögen Die Summenbilder der einzelnen Teleskope wurden vor der Kombination nicht geschärft, wohl dann aber das Gesamtbild, denn das Signal/Rausch-Verhältnis hat sich

gegenüber den Einzelbildern enorm verbessert. Das belegt die Abbildung 8, in der die Einzelbilder sowohl untereinander als auch dem Gesamtbild im Vergleich nebeneinander gestellt sind. Wir haben versucht, das Auflösungsvermögen in den einzelnen Summenbildern auf zwei verschiedene Weisen zu bestimmen: a) zuerst durch Schätzen in der Abbildung 8 und b) durch anschließende Bestimmung der FWHMWerte der Sterne mit der Software AstroPixelProcessor [12].

Tabelle 3

Ermittlung des Auflösungsvermögens im Bild über Schätzung und über FWHM-Werte aus AstroPixelProcessor (APP)

Teleskop

Kamera

Refr. 150 mm/1.100 mm

700D

C11 280 mm/2.800 mm

6D

RASA 280 mm/616 mm ASI2600MMpro

Refr. 130 mm/860 mm

6D

RC 150 mm/905 mm

D5100

Gesamtbild

Bildmaßstab arcsec/px
0,48 0,48 0,48 0,48 0,48 0,64

FWHM Schätzung Anzahl Sterne

arcsec

verwendet in APP

3,4

1.503

3,6

1.739

4,3

1.534

5,0

1.573

6,8

695

2,5

3.101

FWHM aus APP Schätzung/Messung

px

arcsec

9,05 4,4

0,78

8,07 3,9

0,92

9,71 4,7

0,92

10,04 4,8

1,03

13,24 6,4

1,06

7,68 4,9

0,51

Journal für Astronomie Nr. 83 | 41

Astrofotografie 42 | Journal für Astronomie Nr. 83

a) Schätzung Der Abbildungsmaßstab in jedem Bild ist bekannt aus dem Vergleich des Pixel-Abstandes zweier weit auseinander stehender Sterne mit dem entsprechenden Winkelabstand in GUIDE [3]. In jedem Teilbild der Abbildung 8 wurden zwei schwache Sterne vergleichbarer Helligkeit gesucht, die sich gerade berühren, und deren Abstand in Pixeln ermittelt. Der halbe Abstand sollte der Auflösung im Bild entsprechen. Dann war das nur noch über den Abbildungsmaßstab in Bogensekunden umzurechnen.
b) Messung in AstroPixelProcessor (APP) Jedes der ins Gesamtbild eingeflossenen Einzel-Summenbilder wurde in APP mit der Funktion ,,Analyse Stars" mit der Einstellung der Sternanzahl auf Maximum vermessen. Ausgeworfen wurden jeweils die Anzahl der zur Analyse verwendeten Sterne und die mittleren FWHM-Pixelwerte.
In der Tabelle 3 sind die Resultate zusammengefasst. Die FWHM-Werte aus der Schätzung liegen zwischen 3,4'' und 6,8'', für das Gesamtbild bei 2,5''. Aus der Software ergeben sich Werte zwischen 3,9'' und 6,4'', für das Gesamtbild 4,9''. Meist liegen Schätzwert und Messwert nicht weit auseinander, um einen Faktor 0,92 bis 1,06. Aber es gibt zwei Ausreißer: Das Bild des 6-Zoll-Apos wurde viel schärfer geschätzt als dem Messwert entspricht, noch stärker das Gesamtbild. Der Kontrast im Bild ist wohl nicht dafür verantwortlich, denn dieser ist bei den beiden Ausreißern recht unterschiedlich. Das bessere Signal-Rausch-Verhältnis in den beiden Bildern gegenüber den anderen Aufnahmen könnte eine entscheidende
9 Dreiteilige Hochkontrast-Bildversion aus
Abb. 3 im Teil 1 des Beitrags, Details s. Text

Astrofotografie

Rolle spielen und dem Auge eine höhere Auflösung suggerieren als tatsächlich vorhanden.

Vertraut man den FWHM-Messwerten, dann wird die Erwartung, dass sich im Gesamtbild eine weniger gute Auflösung (Schärfe der Sterne) als beim besten Einzel-Summenbild ergibt, erfüllt. Sieht man vom am wenigsten guten Wert von 6,4'' ab, dessen Bild nur zu 10% ins Gesamtbild eingeflossen ist, dann ist die Schärfe im Gesamtbild sogar vergleichbar mit dem Bild, das mit dem kleinsten Gerät aufgenommen wurde, dem 130-mm-Apo. Ein ähnliches Ergebnis wurde auch beim Dreiecksnebel M 33 in [1] erzielt.
Theorie und Realität Um überhaupt eine ausreichende Signalstärke zu erhalten, belichtet man in der Deep-Sky-Fotografie ein Einzelbild sehr viel länger als beispielsweise ein Einzelbild in der Planeten-Videografie. Während man dank der extrem kurzen Belichtungen bei Planeten das Seeing ,,einfriert", um damit möglichst das theoretische Auflösungsvermögen des verwendeten Teleskops zu erreichen, ist davon bei den Deep-Sky-Langzeitbelichtungen nicht zu träumen. Mittelt man viele dieser lang belichteten Aufnahmen, wird in der Regel der FWHM-Wert schlechter.
Auch bei optimaler Scharfstellung landet das Licht eines Sterns nicht nur auf einem Pixel, sondern auch auf Nachbarpixeln, da das Teleskop mit seinem Beugungsbild nur ein endliches Auflösungsvermögen besitzt. Dazu kommt: Fast alle Teleskope enthalten Korrekturelemente, die die Abbildung (meint: die Konzentration des Sternlichtes auf ein Zentrum) verbessern sollen. Jedes optische Element im Strahlengang sorgt aber auch für eine leichte diffuse Streuung des Lichtes, denn selbst bei optimaler op-

1 0 Aus dem Winkeldurchmesser 29,9` x 17,4` ergibt sich eine Inklination von 35,6 Grad

tischer Qualität des Elementes ist in der Praxis keine optische Oberfläche perfekt sauber. Außerdem ziehen wir bei der Nachbearbeitung die Kontraste im Bild so stark hoch, dass auch die schwachen Randpartien eines solchen Stern-Streuscheibchens aufgehellt werden, und zwar unproportional stärker als die Mitte des Sternscheibchens. Die schwachen Partien im Bild werden stärker angehoben als die hellen.
Alles zusammen führt dazu, dass bei Langzeitbelichtungen im Deep-Sky-Bereich Sternscheibchen gegenüber dem theoretischen Auflösungsvermögen verbreitert werden. Wenn z. B. beim RASA das bei 280 mm Öffnung theoretische Auflösungsvermögen 0,49 Bogensekunden beträgt und der Abbildungsmaßstab mit der verwendeten Kamera 1,26 Bogensekunden pro Pixel, dann sollte nach dem NyquistKriterium [13] die Auflösungsgrenze bei 2,3 Pixeln liegen. Das sind in diesem Falle 2,3 · 1,26'' = 2,90''. Die tatsächlichen 4,3'' bis 4,7'' sind nur um 50-60% größer wohl wegen der o. g. Einflüsse.
Ausdehnung, Inklination, Sternströme und Zwerggalaxien Die im Teil 1 genannten bekannten Nebenobjekte (zwei Zwerggalaxien und ein Stern-

strom) stehen außerhalb unseres Aufnahmebereiches im äußeren Halo von NGC 2403. Was ist aber an schwachen Objekten zu sehen, wenn man das Gesamtbild im Kontrast extrem anhebt? In der dreiteiligen Abbildung 9 sind die lichtschwachen Bildpartien invertiert dargestellt und extrem kontrastverstärkt, die helleren Partien sind positiv überlagert. An dem relativ scharf definierten Galaxienrand ließ sich die Winkelausdehnung von NGC 2403 gut bestimmen. Während die Datenbank Simbad 21,38' x 10,72' angibt, messen wir 29,9' x 17,4' (Abb. 10). Diese erheblich größere Ausdehnung hat ihre Ursache in einer von uns erzielten, viel tieferen Flächenhelligkeit als sie etwa mit 25 mag/arcsec2 für den Palomar Observatory Sky Survey gilt. So erfassen wir lichtschwächere, weiter nach außen ragende Galaxienanteile. Für das Durchmesserverhältnis b/a (kleine Achse/ große Achse) erhalten wir 0,58. Der oben genannte Simbad-Wert weicht davon mit b/a = 0,5 deutlich ab. Allerdings liefert der Karachentsev-Katalog [14] für NGC 2403 b/a = 0,56. Wir liegen also sehr dicht beieinander. Aus b/a lässt sich auch die Neigung von NGC 2403 gegen die Sichtebene berechnen, sie hat eine Inklination von 35,6 Grad . Um NGC 2403 herum gibt es unregelmäßige lichtschwächste Halo-Außenstrukturen.

Journal für Astronomie Nr. 83 | 43

Astrofotografie

1 1 Sequenz der in [15] gelisteten Zwerggalaxien mit abnehmender Flächenhelligkeit (SB) zur Bestimmung der Grenzflächenhelligkeit

Was zur Galaxie gehört und was nicht, wird durch die kontrastverstärkten verbreiterten Sternscheibchen überlagert und verschleiert. Im Südostbereich mag es ein paar tentakelähnliche Anhängsel geben. Was aber auffällt, ist ein bogenförmiges Gebilde am nordöstlichen Rand, auch wenn ein helles Sternenpaar darin enorm stört. Die aufgehellte Stelle zwischen diesem Bogen und dem Galaxienrand ist real, was auch aus der Isophotendarstellung hervorgeht (Abb. 9 unten). Hier sieht man übrigens, wie wichtig saubere Flats für die sichere Beurteilung derart lichtschwacher Strukturen sind. Ob der Bogen einen möglichen bisher unbe-

kannten Sternstrom darstellt, können wir nicht sagen. Dazu sind längere Belichtungszeiten bei besserem Himmel nötig.
Wie bestimmt man die erreichte Flächenhelligkeit? Von fotometrischen Methoden abgesehen, stellen wir eine einfache Möglichkeit für Astrofotografen vor. In einem Fachartikel über neue lichtschwächste Zwerggalaxien sind deren Flächenhelligkeiten tabelliert [15]. Diese Zwerge kann man im SDSS aufsuchen und zu einer Bildsequenz vereinen (Abb. 11). Man sieht sehr schön, wie die Erkennbarkeit der Zwerge mit schwächerer Flächenhelligkeit ab-

nimmt. Bei 27 mag/arcsec2 darf man für den SDSS die Flächenhelligkeitsgrenze ansetzen. Die mathematisch nicht exakte, aber plausible Übertragung auf unser Summenbild ergibt sich aus einem direkten Vergleich: Die LSB-Galaxie UGC 3898 in unserem Summenbild zeigt in etwa dieselben schwächsten Ausläufer wie der SDSS (Abb. 12). Die von uns erzielte Grenzflächenhelligkeit legen wir auf 26,5 mag/arcsec2.
Ein Fazit Vier Beobachter haben mit fünf ganz verschiedenen Teleskopen über 22 Nächte hinweg NGC 2403 aufgenommen, mit einem

1 2 Hintergrundgalaxie UGC 3898. In unserem Summenbild (links) kommt UGC 3898 mit ihren lichtschwächsten Anhängseln
etwa gleich hell wie im SDSS [9] (rechts) heraus.
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Astrofotografie

Belichtungsaufwand von 86,7 Stunden. Das entspricht bei Blende 4 einer Belichtungszeit von 40,4 Stunden. Im Ergebnis wurde mit 24,0 mag eine um 0,9 Größenklassen höhere Sterngrenzgröße erreicht als im besten Summenbild eines einzelnen Teleskops. Die Grenzflächenhelligkeit konnte ebenfalls gesteigert werden, auch wenn diese nicht in exakte Zahlenwerte gegossen werden konnte. Wir schätzen sie auf 26,5 mag/arcsec2.
Auch wenn man bedenkt, dass jede Stunde Belichtung im Prinzip mindestens 2-3 Stunden Nachbearbeitung erfordert, in den Augen der Beteiligten hat sich der enorme Arbeitsaufwand jedenfalls gelohnt und das Abenteuer, auf das wir uns eingelassen hatten, hat viel Spaß gemacht.

Ausblick Wir planen bereits separate tiefe Aufnahmen mit schnellen Optiken a) des Sternstroms um DDO 44, b) auch der mögliche neue kernnahe Sternstrom-Kandidat soll in noch längeren Belichtungsreihen klar nachgewiesen werden.
Literatur- und Internethinweise (Stand März 2022): [9] Sloan Digital Sky Survey (SDSS):
http://skyserver.sdss.org/dr16/en/ tools/chart/navi.aspx [10] L. Drissen et al., 1999; ,,The ionizing star clusters of giant HII-regions in NGC 2403", Astron. J. 117, p. 12491274, https://iopscience.iop.org/ article/10.1086/300766/pdf [11] Sloan Digital Sky Survey (SDSS): ,,Transformations between SDSS magnitudes and UBVRcIc", nach

Lupton (2005): http://classic. sdss.org/dr7/algorithms/sdssUBVRI Transform.html#Lupton2005 [12] Software AstroPixelProcessor: www.astropixelprocessor.com/ [13] Nyquist-Kriterium: Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/ Aufl%C3%B6sung_(Mikroskopie)#Digitalisierung_der_maximalen_Aufl%C3%B6sung:_Das_NyquistKriterium... [14] I. D. Karachentsev et al., 2004: ,,A catalog of neighboring galaxies", Astron. J. 127, p. 2031-2068 [15] C. Henkel et al., 2017: ,,DGSAT: Dwarf Galaxy Survey with Amateur Telescopes. II. A catalogue of isolated nearby edge-on disk galaxies and the discovery of new low surface brightness systems", arXiv:1703.05356v2 [astro-ph.GA]

Sharpless-308
- eine blaue Blase am Südhimmel
von Joachim Lorenz

Eigentlich ist ja das zeitige Frühjahr nicht unbedingt die bevorzugte Reisezeit von Amateurastronomen nach Namibia. Sind doch zu dieser Jahreszeit mitunter noch nicht die exzellenten und stabilen Wetterbedingungen vorhanden, die meist zwischen Juni und August im südafrikanischen Winter vorherrschen.
Nach der Inbetriebnahme unserer Südsternwarte Drebach-South im Jahr 2018 [1, 2] haben wir uns entschieden, wenigstens alle zwei Jahre eine Wartung der Ausrüstung vorzunehmen. Da bietet sich das Frühjahr geradezu an. Einige nicht optimale Nächte fallen da nicht ins Gewicht, sind doch die Tage ausgefüllt mit Ein- und Ausbau des Hauptspiegels, dessen Reinigung, Kollimation und anderen Tätigkeiten. Im April 2019 und 2021 haben Guido Wollen-

haupt und ich als Mitglieder des Sternwarten-Teams diese Wartung durchgeführt.
Nach Abschluss der Reinigung wird die Ausrüstung dann nochmals ausgiebig getestet. Da im Frühjahr am Abendhimmel noch Objekte in ausreichender Höhe stehen, die im Juni nicht mehr erreichbar sind, fiel unsere Wahl auf den schönen blauen Nebel Sharpless-308 im Sternbild Großer Hund, nur etwa 8 Grad vom Hauptstern Sirius entfernt. Sh2-308 (Abb. 1) ist ein blasenförmiger Nebel, der den zentralen WolfRayet-Stern HD 50896 (= WR 6) umgibt. Dieser Stern ist gleichzeitig als Veränderlicher EZ Canis Majoris katalogisiert. Die Blase wird durch die starken Sternenwinde des WR-Sterns geformt. Da die ionisierten Nebelmassen Auswürfe aus dem WR-Stern sind, ist Sh2-308 ein WR-Nebel. Die Emis-

sion wird durch ionisierte Sauerstoffatome erzeugt, die den zarten, blauen Farbton des Nebels bewirken. Im Gegensatz dazu ist das Rot von H weniger ausgeprägt.
Im Bild misst der Nebel von Südost nach Nordwest bis in den Zipfel ca. 50 Bogenminuten. Die von Gaia gemessene Parallaxe des WR-Sterns beträgt 0,6505 Millibogensekunden [3]. Daraus errechnet sich unmittelbar eine Entfernung von 5.014 Lichtjahren. Mit dieser Entfernung wiederum ergibt sich für Sh2-308 ein wahrer Durchmesser von etwa 73 Lichtjahren. Eine ältere Untersuchung liefert für Sh2-308 ein Alter von 70.000 Jahren [4].
Der WR-Stern HD 50896 ist der blaue Stern nahe der Bildmitte. Der helle rötliche Stern am unteren Rand des Nebels ist Omikron1

Journal für Astronomie Nr. 83 | 45

Astrofotografie

1 Emissionsnebel Sh2-308, Norden oben, Daten im Text, Bild: Guido Wollenhaupt und Joachim Lorenz

Canis Majoris mit 3,8 mag, der bei der Bildbearbeitung einige Probleme bereitet hat. Das hier gezeigte Bild wurde 2019 und 2021 aufgenommen. Insgesamt wurde das Objekt mit dem 16-Zoll-Astrografen von ASA und der CCD-Kamera Moravian G4 rund 11 Stunden belichtet (280 min H, 270 min [OIII], dazu jeweils 35 min Rot, Grün und Blau).

Literatur- und Internethinweise (Stand Februar 2022): [1] Webseite von Drebach-South, https://drebachsouth.wordpress.com/ [2] G. Lehmann, 2019: ,,Drebach-South - eine neue Südsternwarte",
VdS-Journal für Astronomie 69 (II/2019), S. 137 ff [3] Datenbank Simbad, http://simbad.u-strasbg.fr/simbad/sim-fid [4] Y. H. Chu et al., 1982: ,,Galactic ring nebulae associated with Wolf-
Rayet stars. IV. The ring nebula S 308 and its interstellar environment", Astrophys. J. 254, p. 562-568

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Astronomische Vereinigungen

Friedliebende Lichtkanonen unterm Münchner Himmel
- Die Münchner Volkssternwarte feiert 2022 ihr 75-jähriges Bestehen
von Björn Wirtjes

,,Schwerter zu Pflugscharen" heißt es, und mehr denn je wünscht man sich dieser Tage die Umsetzung dieses Mottos. Als in den dreißiger Jahren in der Nähe des Münchner Ostbahnhofs vier gewaltige Hochbunker errichtet wurden, um die Rüstungsproduktion der Dynamit AG zu schützen und die stabilen Flachdächer zur Luftabwehr zu nutzen, ahnte niemand, welch friedlicher Verwendung einer dieser ,,Flak"-Türme einmal entgegenblicken würde: ,,Kanonen zu Teleskopen" kann es abgewandelt heißen. Seit 75 Jahren nutzt die Volkssternwarte München die 300 Quadratmeter Fläche friedliebend, mannigfach Freude und Faszination verbreitend, um Photonen und Menschen aus allen Ländern und Ecken des Universums zusammenzubringen.
Es fing ganz pragmatisch an: Ein Herr Westphal suchte nach Kriegsende sein Auskommen und bot, mit Lizenz Nr. 14/6540 der amerikanischen Besatzer, erstmals am 31. Mai 1947 auf besagtem Dache mit einem 50-mm-Refraktor ,,Himmelskundlichen Anschauungs- und Führungsdienst" an.

1 Ca. 30 Gäste sollen sich an dem Samstag Ende Mai 1947 auf dem Bunkerdach
eingefunden haben.

Seit 1948 wurden Vorträge angeboten, zunächst mangels anderer Räumlichkeiten auch unter freiem Himmel. Nach und nach kamen in den 1950er-Jahren Sternwartenhütten und ein 10-Zoll-Cassegrain hinzu. In der Sputnik-Ära ab 1957 war SatellitenTracking groß angesagt.

Mit der Apollo-Ära wuchs insgesamt das Interesse an Weltraum und Raumfahrt.

Während andere Menschen auf dem Mond herumliefen, erhielt die Volkssternwarte ihre erste prächtige Drehkuppel mit dem 7-Zoll-,,Fraunhofer", der heute vor allem bei Schulklassenführungen am Tag für

2 Open-Air-Vortrag in den späten 1940er-Jahren. Im Hintergrund der Zwiebelturm von
St. Maria in München-Ramersdorf, die heute als Peilhilfe dient, um tagsüber bei klarer Sicht Sternwartengästen das Wendelstein-Observatorium der Universitätssternwarte München (USM) bei 200-facher Vergrößerung zu zeigen.

Journal für Astronomie Nr. 83 | 47

Astronomische Vereinigungen

3 Die 3-Meter-Radioschüssel
in den 1960ern

Sonne, Mond und Planeten eingesetzt wird und vortreffliche Dienste leistet.
1972, zum 25. Geburtstag der Sternwarte, machte der Verein sich dann selbst ein ganz besonderes Geschenk: Mit dem Goto-Planetarium - die Projektionskuppel wurde kurzerhand selbstgebaut! - waren die Füh-

rungen mit einem Mal wetterunabhängig geworden. 1993 folgte der ZKP-1-Projektor, der bis heute in der 4,5-Meter-Kuppel im Einsatz ist und in ,,normalen Zeiten" bis zu 25.000 Gästen pro Jahr garantiert klaren Sternenhimmel bietet, mit einer nach wie vor bestechenden Sternabbildung. Die Volkssternwarte München gehört damit zu den meistbesuchten Kleinplanetarien in Deutschland.
Inmitten des 75-jährigen Jubiläums feiert das Planetarium der Volkssternwarte somit selbst schon sein 50-Jähriges - ein guter Auftakt für die Feierlichkeiten zu ,,100 Jahre Planetarium" ab nächstem Jahr. Auch dank einer von Peter Stättmayer ins Leben gerufenen Sternpaten-Aktion, die bis heute er-

folgreich weiterläuft, kamen in den 1990ern noch ein 10-Zoll-Schaer-Refraktor und ein erstes computergesteuertes 16-Zoll-SCTeleskop, beide mit je eigenem Teleskophaus, eines davon mit Kuppel, hinzu. 1997 betätigte sich Hale-Bopp als Straßenfeger und bescherte dem Bekanntheitsgrad der Sternwarte sowie dem Vereinsleben weiteren bleibenden Aufschwung. Beim Venustransit 2004 wurde mit 1.200 Gästen auf der Plattform ein neuer Rekord aufgestellt.
2005 gab es nochmals einen Quantensprung mit ,,Munin", dem 80-cm-Spiegelteleskop, das wie der Rabe in der nordischen Sage, der auf Odins Schulter sitzt und ihm Kunde von der Welt bringt, auf der ,,Schulter", d. h. am Rande der Dachplattform sitzt

4 So stellt man sich eine Sternwarte vor! Entsprechend häufig sind TV-Drehanfragen in der Holzkuppel. Aufgesattelt auf dem 7-Zöller
mit 3 Metern Brennweite ist ein H-alpha-Teleskop.
48 | Journal für Astronomie Nr. 83

und neue Höchstleistungen amateurastronomischen bzw. semiprofessionellen Wirkens ermöglichte. Legendär sind die schier unzähligen und sich immer noch stetig mehrenden Ergebnisse des bekannten Astrofotografen Bernd Gährken, der zuletzt zahlreiche Exoplantentransits sowie schnelle, enge bedeckungsveränderliche Doppelsterne (mit wenigen Minuten Umlaufzeit!) gemessen hat (vgl. B. Gährkens Website www.astrode.de).
Während der Lockdown-Zeit 2020 und 2021 konnte das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) den 80-cm-Spiegel erfolgreich über etliche Tage und Nächte hinweg nutzen für Messreihen zu atmosphärischer Unruhe anhand enger Doppelsterne, um die Grundlagen für optische Satellitenkommunikation zu erforschen.
Größtenteils Spaß hingegen, wenn auch mit viel Know-how und hoher Programmierkunst im Hintergrund bewerkstelligt, bereitet das ISS-Tracking mit dem 80er, das maßgeblich von unserem Mitglied Dr. Klaus Nagel entwickelt wurde. Ist ein ISS-Überflug angekündigt, wird das Teleskop in Position gebracht und liegt dann sozusagen auf der Lauer, bis es den hellen und schnell bewegten Lichtpunkt automatisch erfasst und ihm von West nach Ost über den gesamten Himmel folgt. Dank Nasmyth-Fokus dreht sich der Okular-Einblick nur im Azimut maßvoll mit und die Gäste, die eine regelrechte Polonaise auf der Plattform aufführen, können jeweils einige Sekunden den Astronauten fast ins Fenster gucken, bis ungeduldig der nächste Gast drängelt, weil er nicht mehr warten mag. Bis zu 50 Schaulustige können so in den drei, vier Minuten die internationale Raumstation in Augenschein nehmen, was immer großen Eindruck macht, vor allem aber eine Riesengaudi ist.
Regelmäßige Großereignisse bis zur Zäsur 2020 waren der Astronomietag, der zugleich

Astronomische Vereinigungen
5 Eine neue wetter-
feste Ära bricht an: das Goto-Planetarium in selbstgefertigter Kuppel 1972
6 ZKP-1 mit 30 Plät-
zen. Im Vordergrund die versenkbare Stufe, die einen barrierefreien Rollstuhlzugang ermöglicht.
7 Der damalige
Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (vorne am Okular) mit Peter Stättmayer (im Hintergrund) bei der Einweihung des 80-cmTeleskops 2005
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Astronomische Vereinigungen

8 Ein Kind am 80-cm-
f/8-Teleskop ,,Munin"

stunden", eine gut 90-minütige Führung durch Ausstellung, Planetarium und zu den Teleskopen. Tagsüber kümmern sich derzeit vier hauptamtliche Teilzeitkräfte um Verwaltung, Programmgestaltung und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Führungen für Kindergärten und Schulen.

als Tag der offenen Tür begangen wurde, sowie die Lange Nacht der Museen, die beide oft bis zu 2.000 Besucherinnen und Besucher anlockten und hoffentlich in diesem Jubiläumsjahr ohne allzu große Einschränkungen wieder stattfinden können.
Die Not der starken Kontaktbeschränkungen ab 2020 machte auch erfinderisch: Neu geschaffen wurde das einstündige Format ,,Familien-Ausflug ins All" für bis zu sieben Personen, das sich inzwischen zu einem echten Renner entwickelt hat. Ebenfalls neu geschaffen wurde - zur Ergänzung der notorisch ausverkauften wöchentlichen Kindervorstellung - das Kinderplanetarium an zwei Terminen pro Woche, je eine Stunde, mit einer Mischung aus Zeichentrickfilm und Live-Einlage.
Neu hinzugekommen sind in den letzten Jahren ebenso die Teilnahme am bundesweiten Vorlesetag, am Girls-Day, einer ,,Familien-Mondnacht" im Sommer, ein ,,Asteroiden-Familien-Tag" zum Asteroid Day am 30. Juni und seit Neuestem noch eine zweite Jugendgruppe ,,Ursa minor" für Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren, nachdem es für die etwas älteren Jugendlichen ,,Ursa Major" schon seit Langem ein sehr beliebtes Angebot gibt.
Ein weiterer Meilenstein wurde gerade erst letztes Jahr gesetzt: Seit 2021 ist die Volkssternwarte komplett barrierefrei zugänglich. Über insgesamt fünf Jahre erstreckten sich die Umbauten, die die Sanitäranlagen,

einen Treppenlift, ein neues, wiederum dank stabil in 1 Meter Höhe liegendem Nasmyth-Fokus barrierefreies 50-cm-RCTeleskop und zuletzt die Schaffung eines ebenerdig zugänglichen Rollstuhlplatzes im Planetarium umfassten.
Unter den Arbeitsgemeinschaften hervorzuheben ist die sehr aktive und auf hohem Niveau arbeitende Astrofotogruppe ebenso wie die jahrzehntelange Kenntnis und Erfahrung in sich versammelnde Teleskop-Selbstbauund Spiegelschleif-Gruppe oder die neu gegründete AG ,,Astrocalc" für astronomische Berechnungen. Seit 2021 bietet die Volkssternwarte zudem eine Podcast-Reihe translunar.

Große Herausforderungen stehen indes vor der Tür: Ein neuer Eigentümer will das Media-Works-München-Areal, auf dem die Sternwarte Mieterin ist, gründlich umgestalten. Wo und wie die Sternwarte in den Plänen berücksichtigt wird, steht derzeit noch in den Sternen.
(alle Bilder: Sternwarte München)

Über 100 Neumitglieder allein in den letzten zwei Jahren sind ein Zeichen für das große Potenzial und die Vitalität, die ungebrochen inmitten der Bunkermauern fortbestehen. Die Zahl der Mitglieder ist stetig gestiegen und liegt heute bei deutlich über 600, davon etwa zehn Prozent Aktive, die das Rückgrat des Ganzen bilden: die fast allabendlich von Montag bis Freitag stattfindenden ,,Münchner Stern-

9 Unser technischer Leiter M. Mauz, zugleich stolzer
Erbauer, testet den Fokus des barrierefreien 50-cmTeleskops.

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Astronomische Vereinigungen

1 0 Hans Oberndorfer
mit Schülern in den 60er-Jahren

Die Sternwartenleiter
Geprägt war der Verein vor allem durch die zwei langjährigen hauptamtlichen Leiter: Der auch als Buchautor prominente Hans Oberndorfer (19252006), der über drei Jahrzehnte die Volkssternwarte aufgebaut und geprägt hat, und ab 1991 sein Nachfolger Peter Stättmayer (1945-2018), in dessen Ära sich die Sternwarte noch stärker zu einem Ort für Kinder und Familien entwickelte. Nach beiden sind Asteroiden benannt: (3275) Oberndorfer und (3398) Stättmayer. Zahlreiche Modernisierungen, zumal in digitaler Hinsicht, wie auch der Ausbau der Angebotspalette wurden von Dr. Benjamin Mirwald angestoßen, der die Sternwarte von 2015 bis 2021 leitete.

1 1 Blick von
oben auf die Teleskop-Plattform mit München

Journal für Astronomie Nr. 83 | 51

52 | Journal für Astronomie Nr. 83

Atmosphärische Erscheinungen

Das 42. AKM-Seminar
- Breit gefächerte Themen live und online
von Petra Strunk (Text) und Andreas Möller (Bilder)

Das diesjährige Seminar fand als Hybridveranstaltung am zweiten Märzwochenende im Heiligenhof in Bad Kissingen am Fuße der Rhön statt. 35 Teilnehmer kamen nach Bad Kissingen und ca. 30-35 Teilnehmer waren online dabei. Die Anwesenden waren froh, sich wieder in Präsenz treffen zu können. Die Teilnehmer, die aus unterschiedlichen Gründen nicht persönlich dabei waren, konnten sich während der Vorträge online zuschalten.
Nach dem gemeinsamen Abendessen am Freitag startete das Programm auch gleich mit einem neuen Format. Unter dem Motto ,,Best-Of-Bilder" konnte jeder zehn Bilder zeigen, wobei das Themenfeld von den einzelnen Vortragenden ganz unterschiedlich interpretiert wurde.
So entstand eine wirklich gelungene Mischung aus Beiträgen und viele Geschichten aus früheren AKM-Zeiten oder zu den Umständen, wie die Bilder entstanden sind, wurden erzählt. Natürlich gab es nach die-

sem kurzweiligen ersten Tagungspunkt das gewohnte ,,gemütliche Beisammensein".
Trotz der durch Corona etwas eingeschränkten Präsenz der Teilnehmer und unserer ersten Hybridveranstaltung war das Programm sehr gut gefüllt und auch die Vorträge deckten ein breites Spektrum, sowohl rund um die Beobachtung von atmosphärischen Erscheinungen und Meteoren als auch zu theoretischen Hintergründen oder historischen Ereignissen, ab.
Am Sonnabendvormittag startete Sirko Molau den Vortragstag und stellte Neuerungen an den AllSky7+-Kameras und der Web-Plattform vor. Inzwischen sind über 30 Kameras in Deutschland und über 60 in Europa aktiv. Neu ist auch das ,,Plus" in der Bezeichnung, es wurde eine achte Kamera mit einem Fisheye-Objektiv der AllSky7 hinzugefügt, die als Zenitkamera Feuerkugeln detektiert, ohne dass die aufgezeichnete Meteorspur ausbrennt, und so gut auswertbar ist. Außerdem gibt es eine

Reihe von Verbesserungen und Weiterentwicklungen auf der Homepage. Mike Hankey, der Entwickler dieses Kamerasystems, verbessert die Kamera und deren Auswertesoftware ständig weiter, unterstützt neben anderen von einem Kernteam aus Deutschland.
Nach dem Vortrag über State-of-the-ArtKameratechnik, ging es im nächsten Beitrag weit in der Zeit zurück. ,,Die erste Meteorfotografie oder wer war eigentlich Hermann Krone?" war der Titel des Vortrages von Ulrich Sperberg. Er ging der Frage nach, ob es Beweise dafür gibt, dass Herman Krone das erste Meteorfoto aufgenommen hat. Tatsächlich sind die Beweise dafür spärlich und obwohl in Texten erwähnt, scheint es in der historischen Einordnung wohl doch eher unwahrscheinlich, dass er tatsächliche Meteore auf das Fotomaterial gebannt hat.
Das (eventuelle) Highlight dieses Meteorjahres konnten die TAH - die Tau-Herculi-

1 Die Seminarteilnehmer vor dem Heiligenhof in Bad Kissingen. Foto: Andreas Möller

Journal für Astronomie Nr. 83 | 53

Atmosphärische Erscheinungen

2 In den Pausen wurden experimentiert und gefachsimpelt.
Hier eine Vorführung von Makrofotografie an einem Haareiszweig

den werden. Natürlich davon abhängig, wie genau und welche Trailrechnungen und Prognosen am Ende wirklich zutrafen - die spannende Komponente blieb also bis zum Schluss. Jürgen Rendtel stellte historische Beobachtungen und neue Rechnungen zu den Partikeln, d. h. zu den Trails, die zu unterschiedlichen Umläufen freigesetzt wurden, vor. Sicher zu beobachten sollten die Trails von 1892 und 1897 in der Zeit von 18:00 UT (30.05.) bis 01:00 UT (31.05) sein. Ende 1995 konnte ein Auseinanderbrechen von 73P/Schwassmann-Wachmann 3 beobachtet werden, wobei neue Dusttrails entstanden sind. Bevor der Komet sein Perihel am 25.08.2022 erreichte, konnte die Erde auf diese Trails in den hiesigen frühen Morgenstunden des 31.05.2022 treffen. Die Eintrittsgeschwindigkeiten der Staubpartikel sind allerdings sehr gering, was die Meteorhelligkeit eher in geringere Bereiche verschiebt. Um das näher zu untersuchen und um die Sichtbarkeit des Radianten nahe Bootes zu verlängern, waren einige Expeditionen von AKM-Mitgliedern innerhalb Deutschlands und auch in Richtung Westen geplant.
Anschließend ging es mit der gedanklichen Reiseplanung gleich weiter, Jonas Plum stellte mögliche Meteorstromausbrüche bis

Ende 2045 vor. Sein Fokus lag dabei vor allem auf den Leoniden, Tau-Herculiden sowie dem Juni-Bootidenstrom. Nach diesen ganz beobachtungsnahen Themen führte der Vortrag ,,Wenn sich Meteorflux und AllSky7 befruchten" von Sirko Molau die Zuhörer in die Tiefen der Programmierung dieser beiden Programme zur Auswertung von per Video detektierten Meteoren und gab einen Ausblick, was zukünftig auch für die Auswertung der AllSky7-Aufnahmen Anwendung finden kann.
Nach vielen Meteorthemen standen jetzt Halos auf dem Programm. Wolfgang Hinz startete gleich mit einem ganzen Jahr voller Halos mit dem ,,Halorückblick 2021". Nach den Beobachtungsergebnissen war 2021 eher kein besonders gutes Halojahr. Insgesamt beteiligten sich 24 Halobeobachter am systematischen Beobachtungsprogramm. Im März und Oktober traten das Frühjahrs- sowie das Herbstmaximum besonders hervor.
In ,,Goethe, Stadelmann und die Halos" beschrieb Ulrich Sperberg sehr bildhaft Goethes Gesellschaften und wie sie durch Goethes Diener Stadelmann auf eine Haloerscheinung an einem Weinglas aufmerksam wurden.
Regenbögen sind in der Natur immer ein Hingucker, aber man kann sie auch auf dem Rechner nachbauen - mit dem nötigen Grundwissen zur Mie-Theory und der Anwendung der Maxwell-Gleichung auf eine Kugel. So können von den beobachteten Regenbögen, z. B. gespaltenen Regenbögen, durch Simulation am Rechner Rückschlüsse auf das Tröpfchenverhalten / die Tröpfchengröße im Regenbogen selbst gezogen werden. Unter dem Titel ,,Möbius++ - Der Weg zu realistischen und effizienten Regenbogensimulationen" stellte Alexander Haußmann seine Rechnungen vor und

veranschaulichte sie auch gleich in Form ganz verschiedener Regenbogendarstellungen in Anhängigkeit von Sonnenhöhe und Tröpfchengröße.
Danach folgten visuelle Leckerbissen. Bernd Gährken zeigte Aufnahmen vom Kometen NEOWISE, der im Juli 2020 gut zu beobachten war, vom Kometen + NLCs und als Highlight - 3D-Aufnahmen von NLCs.
Rainer Arlt präsentierte in seinem Beitrag, wie aus früheren Polarlichtaufnahmen die Koordinaten des magnetischen Nordpols berechnet werden können.
Die folgenden beiden Vorträge waren gefüllt mit sehr eindrucksvollen Polarlichtaufnahmen. Laura Kranich zeigte Echtzeitaufnahmen von Polarlichtern und machte durch Bildbearbeitung Strukturen wie Schwerewellen deutlich sichtbar.
Während man sich von Deutschland aus schon sehr freut, aussagekräftige Polarlichtaufnahmen zu bekommen, ist die Wahrscheinlichkeit, bei einem 7-wöchigen Aufenthalt in Skandinavien auch auf Polarlichter zu stoßen, schon weitaus höher. Was sich in einer beeindruckenden Ausbeute an Fotos und Videos von Ina Rendtel widerspiegelte und sicher den ein oder anderen anregte, sich auch einmal auf Polarlichtexpedition in den Norden zu begeben.
Nach Mitgliederversammlung und Abendbrot stellte Dr. Alexander Keul ,,Neues vom Kugelblitz" vor. Angefangen von historischen Aufnahmen bis hin zu heutigen Beobachtungen und Erklärungsversuchen haftet dem Kugelblitz immer noch etwas Mystisches an, nach wie vor existiert keine eindeutige Erklärung für diese Erscheinung. Momentan sind 16 verschiedenen Erklärungsansätze in der Fachliteratur zu

54 | Journal für Astronomie Nr. 83

Atmosphärische Erscheinungen

finden. Um dem Phänomen auf die Spur zu kommen, wurden im Zeitraum von 1909 bis 1998 253 Sichtungen in Österreich analysiert und ausgewertet. Außerdem wird zu systematischen Beobachtungen und zur Zusammenarbeit mit der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Österreich, aufgerufen. Diese veranstaltet Seminare und Weiterbildungen, um beispielsweise Beobachter im Trusted Spotter Network für die Beobachtung von Kugelblitzen zu schulen.

Für rege Diskussionen sorgten am Abend die beiden abschließenden, sehr interessanten Vorträge zum Thema ,,Elmsfeuer" von Claudia Hinz und Rainer Timm.

3 Die Untersuchung eines Vulkansteines von Reinhard Nitze

Rainer Timm ging der Frage nach, ob Elmsfeuer selten sind. Dank moderner Technik stehen uns öffentlich verfügbare Webcam-Aufnahmen zur Verfügung. Bei der Durchsicht dieser Aufnahmen, vorwiegend aus dem Alpenraum, sind bei 48 Webcams Elmsfeuer entdeckt werden, 2021 gab es allein 106 Beobachtungsnächte. Am 12.03.2022 waren für dieses Jahr schon 29 Beobachtungen zu verzeichnen. Noch unklar sind auch hier die genauen Ursachen und Entstehungsbedingungen.
Claudia Hinz betrachtete ein ungewöhnliches Elmsfeuer in der Nacht vom 3. zum 4.11.2021 und analysierte die atmosphärischen Bedingungen, wie Wolkenaufbau, Windscherungswerte und Feldstärkenmesswerte. Das Publikum rätselte nach den Vorträgen mit, wie man dem Wesen der Elmsfeuer weiter auf die Spur kommen kann.
Der sonnige Sonntagvormittag stand ganz im Zeichen der Sonnenfinsternis vom 04.12.2021. Andreas Möller konnte die Sonnenfinsternis direkt vom antarktischen Festland genießen und zeigte neben ein-

drucksvollen Sofi-Bildern (Andreas Möllers Sofi-Bilder wurden z. T. von Miloslav Druckmüller bearbeitet!) auch Bilder vom Camp und von Ausflügen in der Antarktis. Wolf-Peter Hartmann beobachtete die Sofi aus dem Flugzeug heraus.
Anschließend gab Jonas Plum einen Überblick über Finsternisse in den Jahren 2026, 2027 und 2036 und deren Sichtbarkeiten.
Rauch-Aerosole in der Stratosphäre und deren Auswirkung auf Klima und Wolkenbildung beschrieb Laura Kranich in ihrem Vortrag. Durch sehr großflächige Waldbrände werden diese Aerosole in die Atmosphäre befördert, das hat vielfältige Effekte auf Wolkenbildung, Zusammensetzung und Strahlungsdurchlässigkeit der Atmosphäre.
Bernd Gährken verglich Vulkan-Wolken 2021 in Island und La Palma, die er beide vor Ort erleben konnte. Der Ausbruch in La Palma führte zu 4-mal mehr mit Lava bedeckter Fläche, auch gab es in La Palma meterhohe Ascheschichten. Zur aktiven

Zeit waren auf La Palma drei Schlote gleichzeitig aktiv, was gerade nachts zu beeindruckenden Bildern führte.
Der Abschluss des diesjährigen AKM-Seminars bildete ein Vortrag von Claudia Hinz, die ,,Ungewöhnliche Eisnebelhalos auf Alpenwebcams" präsentierte. Unglaublich, was diese stetigen Beobachter in großen Höhen alles aufzeichnen: eine ganze Gruppe von Unterhorizontalhalos, den unteren Teil von Wegeners Gegensonnenbogen, 120 Grad -Unternebensonne, Bottlinger Ringe und einiges mehr.
Nachdem die Tagung im letzten Jahr nur online in etwas abgespeckter Form stattfinden konnte, war die Tagung in diesem Jahr voller interessanter Themen, die zu weiteren Beobachtungen, Untersuchungen und Diskussionen Anregung gab. In den Pausen und während der Abende bot sich ausreichend Gelegenheit zu persönlichen Gesprächen - an Themen mangelte es, denke ich, niemandem. Und die nette Beherbergung und das gute Essen trugen auch zu einem gelungenen Treffen bei.

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Atmosphärische Erscheinungen
Eine Haloerscheinung auf dem Mars
von Günther P. Können

Zusammenfassung
Zum ersten Mal wurde ein Halo von der Oberfläche eines anderen Planeten fotografiert. Seine Winkeldistanz von der Sonne zeigt, dass die Marswolken, welche den Halo erzeugt haben, Wassereiskristalle und nicht CO2-Kristalle enthalten.

Der Marsrover Perseverance, welcher die Oberfläche des Jezero-Kraters (18,43 Grad Nord, 77,44 Grad Ost) seit Februar 2021 erkundet, nahm durch einen glücklichen Zufall drei Fotos eines Halos auf, welcher sich am Marshimmel zeigte.
Diese am 15. Dezember 2021 erstellten Aufnahmen zeigen erstmals die Beobachtung eines Halos außerhalb der Erde auf der Oberfläche eines Planeten. An diesem Tag war auf der Nordhemisphäre des Mars Sommer, der Deklinationswinkel der Sonne betrug +15,2 Grad und es waren 72 (irdische) Tage vor Beginn des Herbstes, als Perseverance die Fotos aufnahm. Die Halo-Fotos wurden mit der linken Navigationskamera des Rover aufgenommen, am Sol 292, dem 292. Marstag seit der Landung des Marsrovers, zwischen 08:26:47 und 08:30:20 Uhr mittlerer lokaler Sonnenzeit bei einer Sonnenhöhe von 39,1 Grad .
Der Halo erschien in dünnen Marswolken, der untere Teil des Halos ist auf den Aufnahmen sichtbar. Zwei von ihnen zeigen den Marshorizont. Eine Minute nach der ersten Aufnahme wurde die zweite gemacht, es folgte zwei Minuten später die dritte, diesmal ohne den Horizont. Die drei Haloaufnahmen wurden beinahe zeitnah vom amerikanischen Weltraumkünstler Donald E. Davis aus Kalifornien gefunden [1], welcher seinen Fund zwei Tage später auf Twitter veröffentlichte.
Die Aufnahmen Die Abbildung 1 zeigt die Aufnahme des Halos. Sie wurde aus einem Stack der ersten und zweiten Aufnahme erzeugt, dabei wurde mit einer Unschärfemaske [2] der Kontrast verstärkt. Nur die überlappenden Teile der beiden Aufnahmen sind zu sehen. Die Originalaufnahmen der Navigationskamera mit 960 x 1280 (8 bit) Pixel decken ein Feld von 73 Grad x 96 Grad ab [3], in Kombination verbleibt ein Feld von 73 Grad x 32 Grad . Navigationskameras (auch als technische Kameras bezeichnet) sind eigentlich nur zur autonomen Navigation des Rovers erforderlich [3], die Bilder sind weniger ästhetisch als die vom Rover gemachten Aufnahmen von den wissenschaftlichen Kameras. Trotzdem enthalten die Aufnahmen die erforderlichen Informationen zur quantitativen Analyse des Halos sowie seiner physikalischen Beschaffenheit.
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1 Ein Mars-Halo, 22 Grad unter der Sonne, aufgenommen am 15.
Dezember 2021 von der linken Navigationskamera des MarsRover Perseverance der NASA. Das sichtbare Feld beträgt 73 Grad x 32 Grad . In Sonnennähe ist eine Sättigung der Aufnahme zu erkennen. (Foto: NASA)

Atmosphärische Erscheinungen

2 Der Marshalo (links) mit einem 22 Grad -Halo auf der
Erde verglichen (rechts), der Letztere wurde von Les Cowley bei einer Sonnenhöhe von 50 Grad fotografiert.

CO2-Eis oder Wassereis? Haloerscheinungen können in zwei Gruppen eingeteilt werden: Farbige Halos, bei denen das Sonnenlicht auf seinem Weg zum Beobachter durch Kristalle gebrochen wird (Refraktionshalos), und weiße Halos (Reflektionshalos), die entstehen, wenn das Sonnenlicht den Beobachter durch Spiegelung an den Kristallen erreicht.
Die erste Gruppe enthält Informationen über die chemische und/oder kristalline Beschaffenheit der Kristalle. Die zweite Gruppe enthält diese Information nicht [4]. Der Marshalo, welcher in der Abbildung 1 dargestellt ist, gehört zur ersten Gruppe. Der Abstand seines (roten) inneren Randes zur Sonne ergibt Informationen über die chemische Zusammensetzung der Wolkenpartikel, welche den Halo erzeugen.
Die kalte, CO2-reiche Marsatmosphäre erlaubt zwei mögliche Wolkenzusammensetzungen, eine, die Wassereiskristalle, und eine, die CO2-Kristalle enthält. Bei Brechungshalos gibt es daher zwei Möglichkeiten: Zufällig oder schlecht orientierte aus Wassereis bestehende hexagonale Kristalle erzeugen Halos mit einem inneren Abstand von 22 Grad (und 46 Grad ) von der Sonne [5], zufällig oder schlecht orientierte kuboktaedrische CO2-Kristalle erzeugen Halos mit einem inneren Abstand von 26 Grad (und 39 Grad ) von der Sonne [6-9].
Der Marsrover-Halo erschien mit einem inneren Abstand von 22,5 Grad +- 0,8 Grad unter der Sonne. Es ist wichtig zu erwähnen, dass dieser Halo, wie auch die kreisförmigen Halos auf der Erde, von zufällig orientierten Wassereiskristallen erzeugt wurde. Die Beobachtung des Halos zeigt, dass relativ große Eiskristalle in den Marswolken existieren [5]. Eine frühere Beobachtung [10] eines Mars-Reflektionshalos durch orientierte Kristalle unterstützt dies.

Die Abbildung 2 vergleicht den Marshalo mit einem Halo auf der Erde. Beide sind durch Wassereiskristalle entstanden. Das etwas diffusere Aussehen des Marshalos ist vermutlich auf die kleinere Größe von Kristallen in den Marswolken zurückzuführen. Natürlich schließt unsere Schlussfolgerung über den Ursprung des gegenwärtigen Marshalos die Möglichkeit eines Auftretens von CO2-Kristallhalos unter verschiedenen meteorologischen Bedingungen auf dem Mars nicht aus.
Vor 15 Jahren wurde auf Bildern einer Marssonde im Orbit ein Reflektionshalo (Untersonne) entdeckt [10]. Die vorliegende Beobachtung stellt eine wichtige Neuheit dar: Es ist die erste Beobachtung eines Refraktionshalos in der Atmosphäre eines anderen Planeten.
Danksagung Marko Riikonen bearbeitete die Aufnahmen. Les Cowley ergänzte die Abbildung 2 und bearbeitete diese. Fons Baede wird für sprachliche Anregungen und Unterstützung gedankt. Wir danken Roland Winkler für die Übersetzung.
Literatur- und Internethinweise (Stand: 18.02.2022): [1] NASA Mars2020 Mission, https://
mars.nasa.gov/mars2020/multimedia/ raw-images/ [2] Unscharfe Maskierung, https://en. wikipedia.org/wiki/Unsharp_masking [3] J. N. Maki, D. Gruel, C. McKinney et al., 2020: "The Mars 2020 Engineering Cameras and Microphone on the Perseverance Rover: A Next-Generation Imaging System for Mars Exploration", Space Sci. Rev. 216, 137 [4] G. P. Können, 2017: "Rainbows, halos, coronas and glories: beautiful sources of information", Bull. Am.

Meteor. Soc. 98, 485-494 [5] W. Tape, 1994: "Atmospheric halos",
Antarctic Research Series, Vol. 64, Am. Geophys. Union, Washington DC [6] E. Whalley, G. E. McLaurin, 1984: "Refraction halos in the solar system. I. Halos from cubic crystals that may occur in atmospheres in the solar system", J. Opt. Soc. Am., A 1, 11661170 [7] P. Doherty, C. Bennett, 1986: "Carbon dioxide ice halos on Mars: A prediction from crystal growth experiments", Topical Meeting on Meteorological Optics Technical Digest, 86:8 (Optical Society of America, Washington DC 1986) pp. 20-23 [8] L.T. Cowley, M. Schroeder, 1999: "Forecasting Martian halos", Sky and Telescope 119, 60-64; www.atoptics. co.uk/halo/owmars.htm [9] L.T. Cowley, M. Schroeder, 2000: "Vorhersage von Mars-Halos", Meteoros 3, 103-108; www.meteoros.de/ fileadmin/user_upload/ mitteilungsblatt/meteoros_public/ Meteoros_2000_06.pdf?_x_tr_ sl=de&_x_tr_tl=en&_x_tr_hl= en-GB&_x_tr_pto=sc. [10] G. P. Können, 2006: "A halo on Mars", Weather 61, 171-172

Journal für Astronomie Nr. 83 | 57

Astrophysik & Algorithmen

Berechnung der siderischen Umlaufzeit eines Satelliten
- durch die Beobachtung der Winkelgeschwindigkeit und der Höhe im Meridian
bei dem Überflug über einen Beobachtungsort

von Holger Filling

Etwa zu der Zeit, als ich im Alter von 22 Jahren mein Studium begann, habe ich das im Jahr 1976 von dem Autor Hermann-Michael Hahn veröffentlichte Buch ,,Astronomie - ein modernes Hobby" [1] erworben. In dem Kapitel ,,Künstliche Erdmonde: Satellitenbeobachtung" erläutert er, wie man aus der Beobachtung zweier Meridiandurchgänge eines Satelliten die siderische Umlaufzeit eines Satelliten ermitteln kann. Gegenwärtig befinden sich allerdings über 3.000 Satelliten in einem Orbit um die Erde, so dass die Methode von Herrn Hahn heute kaum noch zu realisieren ist. Wie soll ein Beobachter denn bei einem kleinen Lichtpünktchen am Nachthimmel auch sicher feststellen können, dass es sich bei dem erforderlichen zweiten Durchgang des Objektes durch den Meridian tatsächlich auch um den gleichen Satelliten handelt?
Diese Frage hat mich bereits damals so lange beschäftigt, bis ich eine Formel für die Lösung dieses Problems entwickelt hatte. Herr Dr. Klaus Güssow, der ehemalige Fachgruppenleiter für ,,rechnende Astronomie" in der VdS (heute Fachgruppe für Astrophysik und Algorithmen), hat mir damals dabei geholfen, meine Formel so weit zu modifizieren, dass man mit einem Iterationsverfahren zu einer Lösung kommen kann.

Kasten 1 Herleitung:

Kasten 2

Beispiel 1 - die internationale Raumstation ISS (siehe [2]):

W = 0,93 Grad /s, h = 63,00 Grad

T = 0 d 01 h 33 min 02,6 s
sid
T = 0 d 01 h 39 min 29,4 s
syn
R + H = 6.800.131,400476 m = 6.800,131400 km

H = 421.991,400476 m = 421,991400 km

E = 469.856,223156 m = 469,856223 km

V = 7,653437 km/s

= 27.552,374493 km/h

Konstanten:

Kasten 3

Meine Formel basiert auf der Tatsache, dass sich mit der Höhe des Satelliten über dem Horizont (Elevation) h und seiner Winkelgeschwindigkeit W im Meridian die siderische Umlaufzeit berechnen lässt. Voraussetzung dazu ist allerdings, dass er sich auf einer kreisförmigen Umlaufbahn um die Erde befindet. Mit dieser Annahme ist es dann jedoch möglich, bei nur einer Beobachtung des Überfluges des Satelliten über den Beobachtungsort alle Daten zu erfas-

Beispiel 2 - der Mond:

W = 0,5508``/s = 0,000153 Grad /s, h = 45,00 Grad
(wenn er eine kreisförmige Umlaufbahn hätte)

T

= 27 d 13 h 22 min 47,8 s

sid

T

= 29 d 14 h 51 min 07,4 s

syn

R+H = 385.294.283,063734 m = 385.294,283063 km

H = 378.916.143,063734 m = 378.916,143063 km

E = 380.757.860,270991 n = 380.757,860270 km

V = 1,016761 km/s

= 3.660,339788 km/h

58 | Journal für Astronomie Nr. 83

Astrophysik & Algorithmen

sen, die für die weiteren, im Buch beschriebenen Berechnungen erforderlich sind. Da ich in den letzten 40 Jahren in der (Amateur-) Literatur über Astronomie noch nie einen Hinweis auf eine derartige Lösungsmethode gefunden habe, möchte ich mein Verfahren hier einmal im VdS-Journal für Astronomie vorstellen.

1 Überflug eines Satelliten:
R - Erdradius, E - Entfernung zum Beobachter, H - Höhe über der Erdoberfläche, h - Höhe im Meridian, W - Winkelgeschwindigkeit

In der Abbildung 1 sollen die (unmaßstäblichen) Verhältnisse verdeutlicht werden. Außerdem werden zusätzlich astronomische Konstanten benötigt (s. Kasten 2, rechter Teil). Meine Methode zur Berechnung der siderischen Umlaufzeit eines Satelliten beruht dabei auf der Herleitung nach Kasten 1.
Die am Himmel zu messende Winkelgeschwindigkeit W ist durch Formel (1) gegeben, die Bahngeschwindigkeit V auf einer Kreisbahn durch Formel (2). Ineinander eingesetzt ergibt sich die Gleichung (3). Die Anwendung des Kosinus-Satzes ergibt zusätzlich Formel (4). Gleichung (3) quadriert und in (4) eingesetzt ergibt ein Polynom in E (Gleichungen 5-7). Wenn man dieses durch die sechste Potenz von R dividiert, kann man substituieren x = E/R (Gleichung 8).
Die Aufgabe besteht nun darin, die Nullstellen der Funktion

ponent = 6) handelt, ist eine algebraische Lösung nicht möglich und man erhält diese nur durch Iteration. Als Iteration (vom lateinischen iterare = wiederholen) wird eine Methode bezeichnet, bei der eine Berechnung so oft (n-mal) wiederholt wird, bis man die unbekannte Größe mit ausreichender Genauigkeit erhält. Im Allgemeinen ergibt sich nach jeder Wiederholung der Rechnung ein Ergebnis, welches sich der exakten Lösung immer mehr annähert. Hier verwendet wurde die Newton'sche Näherungsformel. Dazu muss man die Funktion differenzieren und erhält dann die Ableitung
Mit einem zweckmäßig gewählten Startwert x0 sind die ersten verbesserten Lösungen

können die siderische und synodische Umlaufzeit bestimmt werden. Die Höhen vom Erdmittelpunkt und von der Erdoberfläche sind in Metern und die Geschwindigkeit in Kilometern je Sekunde. In den Kästen 2 und 3 sind zwei anschauliche Beispiele durchgerechnet worden.
Literaturhinweise: [1] H. M. Hahn, 1976: ,,Astronomie -
ein modernes Hobby", Arena-Verlag Georg Popp, Würzburg [2] P. C. Slansky, 2021: ,,ISS in Großaufnahme", VdS-Journal für Astronomie 78, S. 52
Kasten 4
Formeleinträge in Excel

(9) zu suchen.
Weil die Anzahl der positiven Lösungen der Gleichung gleich der Anzahl der Vorzeichenwechsel in der Folge der Koeffizienten oder um eine gerade Anzahl kleiner ist, hat diese Funktion entsprechend der Descartes'schen Vorzeichenregel zum Glück auch nur eine Lösung. Da es sich jedoch um eine Gleichung 6. Grades (höchster Ex-

usw., bis die gewünschte Genauigkeit erreicht ist. Als Startwert eignet sich x0 = 30. Es werden, insbesondere bei einer hohen Winkelgeschwindigkeit, bis zu etwa 40 Iterationsschritte erforderlich.
Das Excel-Programm muss handhabbare Maßeinheiten ausgeben. Im Kasten 4 sind die Formeln enthalten, welche die Einheitenumrechnungen einschließen. Hiermit

Journal für Astronomie Nr. 83 | 59

Astrophysik & Algorithmen

Periodische Bahnen im Dreikörperproblem
von Uwe Pilz

Das Zweikörperproblem der Himmelsmechanik lässt sich analytisch beschreiben durch die Kepler-Gleichung. Die Gleichungen des Dreikörperproblems lassen sich nicht geschlossen lösen. In diesem Aufsatz betrachten wir hiervon den einfachsten Fall, jenseits der Lagrangepunkte.

Dieser Fall entsteht, wenn zwei massige Körper, die sich auf Kreisbahnen umeinander bewegen, einen dritten, masselosen Körper beeinflussen. Dessen Bewegung soll zudem in der Bahnebene der großen Körper stattfinden, so dass wir ein zweidimensionales Problem haben. Selbst mit diesen starken Vereinfachungen lässt sich für den allgemeinen Fall keine analytische Lösung finden. Als Beispiel verwende ich die idealisierte (kreisförmige) Bahn des Jupiters um die Sonne und einen Kleinkörper. Wie im vorigen Heft benutze ich mitrotierende Koordinaten.

Manche der Kleinkörperbahnen sind in diesem rotierenden Koordinatensystem periodisch. Das heißt, nach einem oder mehreren Umläufen des Jupiters um die Sonne befindet sich der Körper wieder am Ausgangspunkt. Wenn man eine solche Bahn einmal numerisch durchrechnet, dann gilt diese Lösung für alle Zeit. Als Berechnungsverfahren dient wieder das Runge-Kutta-Fehlbergverfahren aus Heft 73 [1]. Das Programm, so wie ich es hier verwende, findet Ihr wieder auf den Internetseiten der Fachgruppe [2] im Programmarchiv. In unserem Forum [3] werde ich einige Rechenbeispiele vorführen.
Die periodischen Bahnen, bei denen der Körper die x-Achse senkrecht schneidet, lassen sich nach Vorgabe eines Startpunktes x0 recht einfach durch Variation der Startgeschwindigkeit v0 bestimmen. Aus Symmetriegründen ist dieser Startwert entweder ein Perihel oder ein Aphel. Die Ta-

1 Drei Bahnen, welche die x-Achse senkrecht schneiden, und zwei Bahnen um Librations-
punkte (schwarz). Die zugehörigen Startwerte sind in den Tabellen angegeben.

Tabelle 1

Startwerte für periodische Bahnen, welche die x-Achse senkrecht schneiden

x0

v0

UP / UJ

Farbe (Abb.)

0,2

2,89414

2:1

ocker

0,9

0,38

3:1

blau

0,9

0,796

2:1

grün

Die Koordinate x0 ist auf den Radius der Jupiterbahn bezogen, die Geschwindigkeit v0 auf die Bahngeschwindigkeit des Jupiters. In der dritten Spalte ist das Verhältnis der Umlaufzeiten gegeben, die Kleinkörper legen während eines Jupiterumlaufs zwei oder drei Umläufe um die Sonne zurück.

60 | Journal für Astronomie Nr. 83

Astrophysik & Algorithmen

Tabelle 2

Startwerte für Bahnen um die Librationspunkte

belle 1 enthält dafür einige Beispiele. Es ist wirklich lohnend, hier selbst einmal auf die Suche zu gehen. Meist findet man verschiedene Startgeschwindigkeiten für geschlossene Bahnen, die Periodizität tritt mitunter nach einer unterschiedlichen Anzahl von Umläufen auf.

x0

y0

u0

v0

Farbe (Abb.)

0,495 0,874685658

-0,8653265

0,4930764

0,495 0,874685658

-0,8653265

-0,4930764

0,45

0,953

-0,846264

0,428626

schwarz (klein)

0,45

0,953

-0,846264

-0,428626

0,6

1,04

-0,72176

0,38641

schwarz (groß)

0,6

1,04

-0,72176

-0,38641

Zu jeder Bahn gibt es ein Pendant mit dem Start in die entgegengesetzte Richtung. Das Umlaufverhältnis bleibt 1:1, aber die Bahn verläuft völlig anders.

Ganz anders geartete Bahnen finden sich in der Nähe der Librationspunkte L4 und L5. Kepler-Gesetz berechnet. Zur Bestimmung Wie im vorigen Heft gezeigt, wirken diese einer geschlossenen Bahn muss man beide Punkte im mitrotierenden Koordinaten- Geschwindigkeitskomponenten modifiziesystem wie Gravitationszentren, die von ren, was eine ganz schöne Fummelei ist. Die Kleinkörpern umlaufen werden können. Tabelle 2 enthält hierfür einige Beispiele. Als Startpunkt benutzt man eine Koordinate auf der Verbindungslinie Sonne - Libra- In der Abbildung habe ich Bahnen beider tionspunkt, die Startgeschwindigkeit wird Typen kombiniert. Es gibt aber noch viel zunächst senkrecht dazu gewählt und ist mehr Sehenswertes! Ich rate auf jeden Fall 03-2022voVmdSBMetargaagzhine.qrxspo_gLraoyßouwt i1e a0u7s.0d9e.m22d1r8it:t0e7n Seitzeu1eigenen Experimenten, es lohnt sich!

Literatur- und Internethinweise (Stand Mai 2022): [1] U. Pilz, 2020: ,,Das Mehrkörperprob-
lem in der Astronomie", VdS-Journal für Astronomie 73 (2/2020), S. 91 [2] Fachgruppe Astrophysik und Algorithmen, http://fg-astrophysik.vdsastro.de [3] Forum der Vereinigung der Sternfreunde, https://forum.vdsastro.de
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Deep Sky

Skyguide 2022 - 3 (Herbst)
von Robert Zebahl und Rene Merting

In dieser Tour bewegen wir uns auf kleinem Raum in dem Sternbild Dreieck (lat. Triangulum), welches zwischen Andromeda und Widder gelegen ist. Der Name und die Größe lassen ein modernes Sternbild vermuten, doch gehört es zu den klassischen 48 Sternbildern und ist seit der Antike bekannt. Der hellste Stern, Beta Trianguli, besitzt eine visuelle Helligkeit von 3,0 mag. Alpha Trianguli ist mit 3,4 mag der zweithellste Stern und wird auch Mothallah bzw. Elmuthalleth (arabischer Ursprung, ,,Spitze des Dreiecks") oder Caput Trianguli (lat., ,,Kopf des Dreiecks") bezeichnet. Alle weiteren Sterne sind schwächer als 4,0 mag.

Neben lohnenden Galaxien (z. B. NGC 925, NGC 750/1 = Arp 166) und Doppelsternen (z. B. Iota Trianguli) ist das Sternbild vor allem durch Messier 33 (Dreiecks- bzw. Triangulumnebel) bekannt. Nach den beiden Magellanschen Wolken am Südhimmel und der Andromedagalaxie gehört Messier 33 mit 5,7 mag zu den scheinbar hellsten Galaxien am Himmel und ist Teil der Lokalen Gruppe. Die Spiralstruktur wurde erstmals vom irischen Astronomen Lord Rosse (William Parsons) im Jahr 1845 beschrieben. Er beobachtete mit einem 72-ZollSpiegelteleskop, welches im gleichen Jahr in Betrieb genommen wurde und den inoffiziellen Namen ,,Leviathan" trägt. Wenige

Wochen zuvor beobachtete er ebenfalls Spiralarme in Messier 51. Allerdings wurden diese Beobachtungen lange Zeit von Astronomen angezweifelt.
Aufgrund der Helligkeit lässt sich Messier 33 unter entsprechend dunklem Himmel recht gut mit freiem Auge beobachten und erscheint als matter Nebel. Mit etwas Erfahrung lässt sich ebenfalls die ovale Form erkennen. Die Galaxie ist in jedem Instrument einschließlich dem Fernglas beeindruckend und offenbart bei genauer Beobachtung in einem mittelgroßen Teleskop auch die Spiralstruktur. Doch lassen sich auch Einzelobjekte in Messier 33 be-

1 Messier 33, Teleskop: 10-Zoll-Newton (f/4,7), Kamera: ZWO ASI294MC PRO (Color), 15 Stunden Gesamtbelichtungszeit
(Norden ist oben rechts). Bild: David Wemhöner
62 | Journal für Astronomie Nr. 83

Deep Sky

obachten. Es handelt sich überwiegend um HII-Regionen bzw. Sternassoziationen. Die meisten Objekte sind im New General Catalogue (NGC) oder Index Catalogue (IC) enthalten. UHC-Filter können bei der Beobachtung der HII-Regionen hilfreich sein. Die hellste HII-Region ist NGC 604 (12,0 mag) am Nordostrand von Messier 33, sie ist gut mit etwa 4 Zoll Teleskopöffnung als runder, kompakter Nebel sichtbar. Mit zunehmender Teleskopöffnung und Vergrößerung können auch Details beobachtet werden. NGC 604 wurde bereits 1784 von William Herschel entdeckt.
Für die nächsten drei Objekte aus dem NGC wird eine Teleskopöffnung von ca. 8 Zoll sowie hohe Vergrößerung empfohlen. Des Weiteren ist eine genaue Aufsuchkarte erforderlich. Als Entdecker dieser drei Objekte wird übrigens der deutsch-dänische Astronom Heinrich Louis d'Arrest

genannt, welcher diese in den Jahren 1861 (NGC 588 und NGC 592) bzw. 1864 (NGC 595) erstmals beobachtete. Die HII-Region NGC 595 (13,1 mag) liegt nordwestlich des Zentrums. Sie erscheint im 8-Zoll-Dobson zumindest als ovale, kleine Aufhellung. Bewegen wir uns weiter westlich des Zentrums von Messier 33, kommen wir zu NGC 592 (13,0 mag). Es handelt sich um eine HII-Region und große Sternassoziation. Auffällig sind dabei zwei helle Knoten mit einem Abstand von knapp 25 Bogensekunden. Unter welchen Bedingungen sind diese Knoten visuell sichtbar? Noch weiter westlich finden wir NGC 588 (13,5 mag). Auch hier wird man in mittleren Teleskopen lediglich eine kompakte, eher schwache Aufhellung erkennen.
Darüber hinaus gibt es noch über ein Dutzend weiterer HII-Regionen, welche größtenteils vom französischen Astronomen

Camille Guillaume Bigourdan im Jahr 1889 entdeckt wurden. Es gibt in Messier 33 viel zu entdecken, so dass man ganze Abende damit füllen kann.
Wer etwas Abwechslung sucht und lieber extragalaktische Kugelsternhaufen beobachten möchte, wird in Messier 31, der Andromedagalaxie, fündig. Der bekannteste Kugelsternhaufen ist Mayall 2 (G 1), deutlich außerhalb des Halos von Messier 31, er kann bereits gut bei 6 Zoll Teleskopöffnung als sehr kompakte Aufhellung gesehen werden. Deutlich einfacher ist die sehr große Sternassoziation NGC 206, welche auf Fotog rafien auffällig hervortritt.
Wie immer wünschen wir viel Freude und Entspannung bei der Beobachtung.

2 Messier 33, wie Abb. 1, aber invertiert und beschriftet von Robert Zebahl (Norden ist oben rechts)
Journal für Astronomie Nr. 83 | 63

Deep Sky

Und Filter helfen doch an den Plejaden
- Über die visuelle Nutzung von Blaufiltern zur Beobachtung der Reflexionsnebel
von Christopher Hay

Die Idee hinter der visuellen Verwendung von Blaufiltern aus RGB-Paletten ist, dass diese viel höhere Transmissionswerte im Blauen und steilere Kurvenflanken aufweisen als die üblichen Blaufilter, die aus der Planetenbeobachtung bekannt sind - z. B. die Wrattenfilter 80A/B/C oder auch die dunkelblauen und hellblauen Baader-Filder (435 nm bzw. 470 nm). Ein CCD- oder CMOS-Blaufilter lässt wesentlich mehr Licht der blauen Reflexionsnebel unserer Galaxie ans Auge und filtert zugleich das Störlicht im Grünen und Gelben sehr wirksam weg.

Aus diesen Überlegungen heraus - und angeregt durch bemerkenswerte Beobachtungsberichte von Dr. Jiri Gardavsky an diffusen Galaktischen Nebeln mit Hilfe solcher Filter - bat ich die Fa. Baader Planetarium kurz nach Erscheinen ihrer CMOS-Filterpalette im Herbst 2021 um die Ausleihe von CMOS-Blaufiltern in allen visuell brauchbaren Formaten: 1,25-Zoll-Einschraubgewinde, 2-Zoll-Einschraubgewinde für 2-Zoll-Okulare an Teleskopen sowie zur objektivseitigen Anbringung an Ferngläsern bis 45 mm Öffnung und schließlich, 65 mm x 65 mm quadratisch, zur objektivseitigen Anbringung an 60-mm-Ferngläser. Ich rannte offene Türen ein, denn bei Baader bestand ein großes Interesse an den visuellen Möglichkeiten dieser Filter. Binnen weniger Tage erhielt ich ein prall gefülltes Paket.

1 Die Plejaden im Sternbild Taurus, Astronomischer Arbeitskreis Salzkammergut, CCD
Guide 2020. Bildautor: Sebastian Voltmer. Beschriftungen eingefügt von Christopher Hay. Norden ist oben, Osten links, mit freundlicher Genehmigung

Eine kurze Recherche zeigte, dass auch die ,,Deep-Sky RGB"-Filter von Astronomik die geforderten Merkmale erfüllen: sehr hohe Transmissionswerte im Blauen und steile Kurvenflanken. Auch hier hatte man sich schon Gedanken über eine eventuelle visuelle Nutzung gemacht. Und schon brachte die Post einen Satz ,,Deep-Sky B"-Filter in 1,25-Zoll- sowie 2-Zoll-Einschraubgewinde. Die größten Rechteck-

filter von Astronomik messen 50 mm x 50 mm; so bleibt die objektivseitige Verwendung von Blaufiltern an 60-mm-Ferngläsern den 65-mm-Filtern von Baader vorbehalten.
Gerade bei der Plejaden-Nebulosität (Abb. 1) setzte ich große Hoffnungen in die Blaufilter. So nutzte ich eine mondlose Nacht Ende Februar 2022, um die

Filter am Merope-Nebel und Maja-Nebel miteinander zu vergleichen. Die Himmelsqualität im Zielgebiet betrug FST 5,0 mag, d. h. der schwächste freiäugig sichtbare Stern hatte eine visuelle Helligkeit von 5 mag - ein typischer vorstädtischer Wert. Zur Anwendung kam ein Cassegrain-Teleskop mit 180 mm Öffnung und 2.400 mm Brennweite mit einem 2-ZollFilterrad vor dem Zenitspiegel. Mit einem

64 | Journal für Astronomie Nr. 83

Deep Sky

36-mm-Okular ergab sich am Cassegrain eine Vergrößerung von 67-fach und ein Gesichtsfeld von knapp über 1 Grad .

Die Beobachtungen im Einzelnen Ungefiltert: Im gesamten Bereich der Plejaden herrscht eine visuelle Unruhe. Diese führe ich eher auf die Blendung durch die vielen hellen Sterne zurück als auf die Nebel.

Baader UHC-S: Dieser Filter reduziert die Blendung. Nun ist im Dreieck zwischen Merope und den zwei 8-mag-Sternen südwestlich (HD 23326) und südlich (HD 23512) eine Nebligkeit zu sehen, die im Bereich östlich von Alys Zopf fehlt: somit eine eindeutige Sichtung, immerhin!

Baader CCD Blau: Nun sind der Ostrand und der Südrand (die ,,Haube") des Meropenebels klarer abgesetzt als mit UHC-S. Der Westrand des Meropenebels bleibt sehr unklar. Eine schwache Ahnung des Nebels südlich von Maja kommt auf.
Baader CMOS Blau: Jetzt ist der Meropenebel gut abgesetzt, auch nach Westen. Der Himmelshintergrund ist dunkler als mit Baader CCD Blau, gleichzeitig ist die Sterntiefe einen Hauch größer. Der Majanebel ist nun eindeutig über ca. 4 Bogenminuten nach Südwesten von Maja weg zu sehen.
Astronomik Deep-Sky Blau: Der Eindruck vom Meropenebel ist jenem mit Baader CMOS Blau recht ähnlich, der Himmelshintergrund einen Hauch dunkler. Der Majanebel ist jedoch nicht mehr vorhanden.
Astronomik Typ 2c Blau: Beide Nebel sind weg.

2 Der ,,Running Man Nebula" im Sternbild Orion, diese Zeichnung wurde im Januar 2020
von Mathias Sawo ohne Filter mit einem 12,5-Zoll-Teleskop bei 90-facher Vergrößerung in
den chilenischen Anden bei sehr guter Transparenz angefertigt, mit dem "Running Man" fast im Zenit. Beschriftungen A bis G eingefügt von Christopher Hay. Norden ist oben rechts,
Osten oben links.

Astronomik UHC-E: Mit diesem Filter kommt eine Ahnung vom Meropenebel auf, besonders im Vergleich zur Region östlich von Alys Zopf. Diese Ahnung ist jedoch schwächer als die relativ klare Sichtung mit Baader UHC-S.
Das Vergleichsergebnis an den Plejaden Die Unterschiede zwischen den Filtern an der Plejaden-Nebulosität waren in dieser Nacht deutlich. Der breitere Durchlass des Baader UHC-S wirkte zum Vorteil dieses Filters innerhalb der UHC-Familie.

Die Blaufilter-Familie (mit der Ausnahme des Astronomik Typ 2c Blau) brachte große Vorteile gegenüber der UHC-Familie. Von der allgemeinen Bildästhetik her würde ich vielleicht wegen des dunkleren Himmelshintergrundes die Krone dem Astronomik Deep-Sky Blau verleihen. Jedoch war der diesbezügliche Unterschied zum Baader CMOS Blau recht subtil. Vor allem enthüllte der Baader CMOS Blau aber den Majanebel, der Astronomik Deep-Sky Blau nicht. Da es mir unterm Strich um die Nebelbeobachtung ging, war der Baader CMOS Blau der klare Gewinner dieses Vergleichs.

Journal für Astronomie Nr. 83 | 65

Deep Sky

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3 Zusammenstellung der Transmissionskurven
der im Text erwähnten Blaufilter-Typen

Kleine Planeten

In derselben Nacht richtete ich das Teleskop auf den Running Man Nebula NGC 1973/1975/1977 im Orion (Abb. 2). Meine Beobachtungen an meinem vorstädtisch geprägten Standort im Rheintal zwischen Frankfurt und Heidelberg bei mittelmäßiger Transparenz mit 7 Zoll bei 67-fach, FST 5,0 mag:
Ungefiltert: Die Sterne A und B haben jeweils einen nebligen Hof nach Süden, diese Höfe sind nicht verbunden. Um Stern E (eigentlich ein Sternpaar, aber ich sehe den nördlichen Begleiter nicht) ist ein Nebelhof eindeutig auszumachen, um Sternpaar F ein Nebelhof an der Wahrnehmungsgrenze.
Baader UHC-S: Die Nebel um A und B sind nun klarer von der Umgebung abgesetzt und verbunden. Der Nebel um E ist vorhanden, jener um F ist nicht mehr sichtbar.
Baader CCD Blau: Der südliche Nebelteil bei A und B ist verbunden und reicht nun fast bis Stern C. Der Nebel um E scheint einen kleinen Fortsatz

Richtung Stern G zu haben und der Nebel um F ist zu sehen.
Baader CMOS Blau: Alle Nebelteile sind nochmals besser abgesetzt im Vergleich zum Bild mit Baader CCD Blau. Der Himmelshintergrund ist dunkler. Der südliche Nebelteil reicht weiterhin bis C und dazu noch leicht über D hinaus. Der Fortsatz von E nach G ist deutlicher als mit CCD Blau.
Das Vergleichsergebnis am Running Man Nebula Der Gewinn der Blaufilter gegenüber sowohl ungefiltert als auch gegenüber Baader UHC-S war am Running Man Nebula in dieser Nacht erheblich. Unter den zwei Blaufiltern wiederum war der Vorteil des CMOS-Filters subtil, aber deutlich. Sterne an der Wahrnehmungsgrenze waren besser zu halten, der Himmelshintergrund dunkler und das Bild insgesamt kontrastreicher. Stern B nahm mit dem CMOS-Filter eine kräftige Aquamarin-Färbung an und erschien so hell, dass er den Nebel fast schon überstrahlte - ein interessanter Effekt, der mit den anderen Filtern nicht auftrat.

Fazit Die Unterschiede zwischen den Filtern an den beobachteten Objekten waren in dieser Nacht deutlich und haben sich in weiteren Beobachtungen wiederholt bestätigt. Es ist häufig zu lesen, dass ein UHC-Filter nicht bei den Reflexionsnebeln hilft. Offenbar reicht das Transmissionsfenster des Baader UHC-S jedoch weit genug ins Blaue, bei gleichzeitig sehr hoher Transmission, um durchaus die Detektion der hellsten Reflexionsnebel zu ermöglichen.
Es waren jedoch die CCD/CMOS-Blaufilter, die einen wirklich großen Gewinn an der Plejaden-Nebulosität sowie am Running Man brachten. Interessant ist der visuelle Vorteil des neuen CMOS-Filters von Baader gegenüber dem alten CCD-Filter jenes Herstellers trotz sehr ähnlich aussehender Transmissionskurven. Offenbar wird die Leistungsfähigkeit eines Filters von komplexen Merkmalen bestimmt, die sich nicht unmittelbar aus der Transmissionskurve ablesen lassen.

Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries

Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiterbewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.
In diesem Artikel treffen zwei Extreme aufeinander. Die Kleinplaneten gehören zu den lichtschwächsten astronomischen Objekten, während die Supernovae zu den gewaltigsten Leuchtfeuern im Universum zählen. Wie der Zufall so spielt, habe ich seit dem letzten Herbst zwei Bilder solcher kos-

mischen Begegnungen zugeschickt bekommen. Kurioserweise sind beide Fotografen, wie der Autor dieser Zeilen, Österreicher. Daher könnte man sagen, diesmal gibt es eine Österreichausgabe der kosmischen Begegnungen.
Die erste Aufnahme (Abb. 2) erhielt ich von Gerhard Balda [1] aus Graz, sie wurde am 4. Oktober 2021 aufgenommen. Sie zeigt die Supernova SN 2021zju in der Galaxie NGC 9 und den Kleinplaneten (93855) 2000 WU 97. Als Diplom-Ingenieur mit eigener Firma konnte Gerhard sein Hobby auch beruflich integrieren. So machte er sich einen Namen im Teleskopbau und arbeitete unter anderem mit Philip Keller und der Firma ASA zusammen. Wen wundert es also, dass auch in seinem Garten ein selbst gebau-

1 Gerhard Balda und sein 22-zölliger
Newton f/4,35. Bild Gerhard Balda

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Kleine Planeten

2 Die Supernova SN 2021zju in der Galaxie NGC 9 und unterhalb davon der Kleinplanet (93855) 2000 WU 97. Aufgenommen von Gerhard
Balda mit dem 22-zölligen Newton f/4,35 und einer ASI2600MM-Kamera. Bild Gerhard Balda

ter 55-cm-Newton samt Gabelmontierung steht, mit dem er auch die hier gezeigte kosmische Begegnung aufgenommen hat. Trotz der Lichtverschmutzung durch die Stadt Graz arbeitet Gerhard hauptsächlich mit diesem Gerät (Abb. 1). Ab und zu fährt er aber auch in die nahen Alpen, um auf ca. 1.000 Meter Seehöhe unter einem dunklen Himmel zu fotografieren. Gerhard ist langjähriges Mitglied im ,,Steirischen Astronomen Verein" [2], der die Johannes Kepler Volkssternwarte in Steinberg bei Graz betreibt.
Nicht nur die Stadt Graz, sondern auch Linz ist eine Kepler-Stadt. Dort hat Klemens Waldhör [3], der Fotograf des zweiten Bildes, seine astronomischen Wurzeln. Er ist seit seiner Jugend Mitglied des Vereins der Kepler Sternwarte [4] in Linz. Beruflich hat es ihn aber vor vielen Jahren als Professor für Wirtschaftsinformatik an die Hochschule für Ökonomie und Management am Standort Nürnberg verschlagen. Daher entstand seine Aufnahme im aktuellen Garten westlich von Nürnberg (Abb. 3). Sie zeigt die SN 2022ewj in NGC 3367 und den Kleinplaneten (8107) 1995 BR4 am 28. März 2022. Da auch bei ihm die Lichtver-

schmutzung ein Thema ist, gehört er zu der wachsenden Zahl an Astrofotografen, die sich ab und zu bei diversen Remote-Teleskopen einloggen.
Außerdem wird bei Urlauben in den Alpen auch der dunkle Sternhimmel genossen. Ein astronomisches Steckenpferd, das er auch schon beruflich integrieren konnte, ist sein Interesse an Mikrometeoriten. Wer sich für diese Materie interessiert, kennt vielleicht den Artikel ,,Mikrometeorite - Sternenstaub für jeden" in Sterne und Weltraum 4/2022 [5], bei dem er als Coautor beteiligt war. Wer weiß, vielleicht ist das eine oder andere Metall in diesem Sternenstaub bei einer Supernova entstanden.
Bei den Supernovae gibt es grundsätzlich zwei Typen. Typ I werden auch thermonukleare Supernovae genannt. Dabei sind massearme Sterne wie Weiße Zwerge beteiligt, die z. B. Materie von einem Doppelstern ansaugen und schließlich in einer Supernovaexplosion zu sehen sind. TypII-Supernovae werden als Kollaps- oder hydrodynamische Supernovae bezeichnet. Hier sind Sterne mit mehr als acht Son-

nenmassen beteiligt, die am Ende ihres Lebenszyklus explodieren und kollabieren. Zurück bleibt ein Pulsar oder ein Schwarzes Loch. Spektroskopisch findet man bei Typ I keine Wasserstofflinien in einem frühen Stadium, während die Wasserstofflinien bei Typ II schon vorkommen. Allgemein können Supernovae die millionen- oder milliardenfache Leuchtkraft der Sonne entwickeln und strahlen dabei für kurze Zeit nicht selten heller als die Gastgalaxie.
Bei der von Gerhard Balda fotografierten Supernova SN 2021zju [6] handelt es sich um eine vom Typ Ib, die am 24. September 2021 entdeckt wurde. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war sie visuell ca. 16 mag hell. Die Gastgalaxie NGC 9 befindet sich im Pegasus und ist ca. 13,7 mag hell. Sie ist eine Spiralgalaxie mit ungefähr einem Drittel der Masse unserer Milchstraße und rund 200 Millionen Lichtjahre von uns entfernt. Nach dem Aufaddieren der Aufnahmen entdeckte er eine kleine Strichspur auf der Aufnahme. Er fand heraus, dass es sich um den damals ca. 17,8 mag hellen Hauptgürtelasteroiden (93855) 2000 WU 97 handelt. Über den ca. 7 km großen Brocken sind nur

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Kleine Planeten

3 Die Supernova SN 2022ewj in der Galaxie NGC 3367 und links davon der Kleinplanet (8107) 1995 BR4. Aufgenommen von
Klemens Waldhör mit einem 127-mm-Apochromaten f/7,5 und einer ASI-1600-Mono-Pro-Kamera. Bild Klemens Waldhör

die üblichen Basisdaten bekannt. Für eine Umrundung der Sonne benötigt er ca. 4,31 Jahre und zum Zeitpunkt der Aufnahme war (93855) 2000 WU 97 rund 198 Mio. km von der Erde entfernt. Entdeckt wurde er vom automatischen Suchprogramm LINEAR.
Ende März stand bei Klemens Waldhör die Typ-II-Supernova SN 2022ewj in mehreren Nächten auf dem Fotoprogramm [7], um deren Helligkeitsverlauf zu dokumentieren. Sie wurde am 19. März 2022 entdeckt und war damals ebenfalls um die 16 mag hell. Bei der Gastgalaxie handelt es sich um NGC 3367. Diese Balkenspirale ist 11,4 mag hell und befindet sich im Sternbild Lö-

we. Als aktive Seyfert-Galaxie besitzt sie die doppelte Leuchtkraft der Milchstraße und befindet sich in einer Entfernung von ca. 132 Millionen Lichtjahren. Im Bild erkennt man, dass sie etwas asymmetrisch erscheint. Grund dafür dürfte eine Verschmelzung mit einer massearmen, aber gasreichen Galaxie sein. Beim Lösen der Aufnahmen mit dem Programm ASTAP sah Klemens, dass am 28. März der Kleinplanet (8107) 1995 BR4 in der Nähe der Galaxie seine Bahn zog. Das aufaddierte Bild zeigt seine Strichspur. Da in den nächsten Wochen das Wetter bei uns bewölkt war, verfolgte Klemens den Helligkeitsverlauf der Supernova auch remote vom australischen Siding Spring aus (Abb. 4). Da sich die Gastgalaxie in der Nä-

he der Ekliptik befindet, werden beim Lösen der Platten sehr viele Kleinplaneten angezeigt. In diesem Fall sind es sechs Stück. Die meisten sind zwar zu lichtschwach, um eine Strichspur zu erzeugen, aber Klemens` Bild vom 10. April zeigt sehr schön, wie viel Verkehr da oben herrscht. Bei (8107) 1995 BR4 handelt es sich auch um einen Hauptgürtelasteroiden, der zum Aufnahmezeitpunkt ungefähr 172 Millionen km von uns entfernt und ca. 16,5 mag hell war. Sein Durchmesser beträgt um die 11 km und die Sonne umkreist er in 3,35 Jahren. Entdeckt wurde (8107) 1995 BR4 von den zwei japanischen Amateurastronomen Yoshisada Shimizu und Takeshi Urata am NachiKatsuura-Observatorium, die von dort aus

Tabelle 1

Ausgewählte interessante Begegnungen von Kleinplaneten mit Deep-Sky-Objekten im 4. Quartal 2022

Datum
22.10.2022 23.10.2022 22.11.2022 24.11.2022 21.12.2022 30.12.2022

Uhrzeit
22:00 21:00 20:00 20:00 20:00 22:00

Kleinkörper

mag

(3961) Arthurcox

16,0

(23) Thalia

11,2

(2243) Lonnrot

15,2

(619) Triberga

13,3

(845) Naema

14,7

(188) Menippe

13,9

Objekt

Art

M 33

Gx

NGC 151

Gx

NGC 514

Gx

M 77

Gx

NGC 1514

PN

NGC 2169

OC

mag

Abstand

5,5

5'

11,6

1'

11,6

3'

8,9

6'

10,9

5'

5,9

4'

Abkürzungen: Gx - Galaxie, OC - Offener Sternhaufen, GC - Kugelsternhaufen, PN - Planetarischer Nebel

Journal für Astronomie Nr. 83 | 69

Kleine Planeten

4 Die Supernova SN 2022ewj in der Galaxie NGC 3367 und sechs weitere Kleinplaneten. Aufgenommen von Klemens Waldhör mit einem
105-mm-Apochromaten f/5 in Siding Spring. Bild Klemens Waldhör

über 300 Asteroiden entdeckt haben [8]. Eine Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren, finden Sie auf der Homepage von Klaus Hohmann [9]. Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit, verschiedene Parameter wie die Helligkeit des Deep-Sky-Objektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selbst auszuwählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden.
Wir möchten Sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS bitten, Ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die Bilder per Mail mit dem Betreff ,,Kos-

mische Begegnung" an ries@sternwartealtschwendt.at. Bitte vergessen Sie nicht, das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.
Literatur- und Internethinweise (Stand Mai 2022): [1] G. Balda, Homepage: www.balda.at/ [2] Steirischer Astronomen Verein,
Homepage: www.stav.at/ [3] K. Waldhör, Homepage:
www.waldhor.com/ [4] Kepler Sternwarte Linz, Homepage:
www.sternwarte.at/

[5] T. Hasse, K. Waldhör, P. Gärten, 2022: ,,Mikrometeorite-Sternenstaub für jeden", Sterne und Weltraum 4/2022
[6] G. Balda, 2022: "SN 2021zju in der Galaxie NGC 9", www.facebook.com/phto/ ?fbid=1595329147502299&set= gm.589489372048398
[7] K. Waldhör: Supernova-Aufnahme, www.waldhor.com/astronomie/SN/ SN2022ewj/8107_dss_kom_star_ gestacked_WR_Neg.jpg
[8] Nachi-Katsuura-Observatorium, Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/ Nachi-Katsuura-Observatorium
[9] Astrofotogreafie: Kosmische Begegnungen, Homepage: http:// astrofotografie.hohmann-edv.de/ aufnahmen/kosmische. begegnungen.php

70 | Journal für Astronomie Nr. 83

Kometen
Bedeutende Kometen des ersten Quartals 2022
von Uwe Pilz
Das erste Quartal hielt einige Kometen bereit, die für mittelgroße Instrumente leicht erreichbar waren.
104P/Kowal stand in guter Beobachtungsposition im Stier. Die Helligkeit war zunächst 10 mag und fiel nur langsam. Allerdings war Kowal groß und diffus. Unter aufgehelltem Himmel war er nur schwer beobachtbar (Abb. 1).
67P/Churyumov-Gerasimenko war Anfang des Jahres noch gut beobachtbar. Er entwickelte einen weit aufgefächerten Staubschweif, der sich gut vom Ionenschweif abhob (Abb. 2).
19P/Borrelly war am Anfang des Jahres 9 mag hell und konnte von zwei Beobachtern sogar im Fernglas erkannt werden. Auch dieser Komet hatte eine große Koma und war bei etwas aufgehelltem Himmel schwierig zu beobachten (Abb. 3).
C/2021 F1 (Lemmon-Panstarrs) wurde zunächst als Asteroid beschrieben. Ende Januar verdichteten sich die Anzeichen auf einen Kometen. Der Komet stand niedrig am Abendhimmel. Dennoch wurde er recht oft beobachtet, mir selbst gelang die Sichtung im 7-cm-Fernglas. Die recht ordentliche Helligkeit von 10 mag half dabei (Abb. 4).
1 104P/Kowal, 03.01.2022, 20:35 Uhr UT,
150 s belichtet mit 20-Zoll-Teleskop f/6,8 mit CCD-Kamera (Bild: Michael Jäger)
2 67P/Churyumov-Gerasimenko,
06.01.2022, 20:44 Uhr UT, 56 min belichtet mit 8-Zoll-Teleskop f/2,0 mit CMOS-Kamera (Bild: Martin Nischang)
3 19P/Borrelly, 01.01.2022, 21:47 Uhr UT,
4 x 90 s belichtet mit 8-Zoll-Teleskop f/3 mit CMOS-Kamera (Bild: Stefan Beck)

Kometen

4 C/2021 F1 (Lemmon-Panstarrs),
23.03.2022, 19:00 Uhr UT, 16 min belichtet mit Canon-EOS-Kamera (Bild: Steffen Fritsche)

Der bedeutendste Komet des vorigen Quartals war C/2021 A1 (Leonard). Nach Weihnachten war er nur am Südhimmel zu beobachten. Obwohl einige aus der Fachgruppe Zugang zu Remote-Teleskopen auf der Südhalbkugel haben, flaute die Beobachtungsaktivität im Lauf des Januars ab. Völlig zu Unrecht: Thomas Lehmann hielt diesem Kometen die Treue und konnte den Zerfall des Schweifsterns beobachten (Abb. 5). Interessant war dabei, dass die Gesamthelligkeit weiterhin dem normalen Potenzgesetz genügte. Thomas schrieb dazu: ,,Ganz offensichtlich beobachten wir jetzt [nach dem Zerfall] die übrig gebliebene Staubwolke. Die Helligkeitsmessung eines solchen Zustandes ist schwierig und von der Interpretation, was als ,richtige` Größe der MessApertur angesehen wird, abhängig. Ich habe 6 Bogenminuten verwendet, ausgerichtet auf den hellsten Bereich. Ich vermute, die normal erscheinende Lichtkurve hat ihre Ursache in der großen Staubmenge, die die Gesamthelligkeit des Kometen - selbst im Maximum seiner Helligkeit - dominiert. Die Staubwolke verteilt sich nur langsam im Raum, was auf einen großen Anteil großer Partikel hinweist. Bei deren Zerfall wird weiter Gas freigesetzt."

5 C/2021 A1 (Leonard), 05.03.2022, 05:15 Uhr UT, 12 min belichtet mit 8-Zoll-Teleskop f/3
mit CMOS-Kamera (Bild: Thomas Lehmann)

C/2019 L3 (ATLAS) stand im ersten Quartal gut beobachtbar am Nachthimmel. die Helligkeit betrug zwischen 9 und 10 mag, störend wirkte nur die Nähe zur Milchstraße. Er war jedoch gut kondensiert und somit auch in kleinen Instrumenten sofort auffallend im Bildfeld (Abb. 6).

6 C/2019 L3 (ATLAS), 01.01.2022, 20:26 Uhr UT, 51 min
belichtet mit 8-Zoll-Teleskop f/3,2 mit Canon-EOS-Kamera (Bild: Helmut Dannbauer)

72 | Journal für Astronomie Nr. 83

Kometen

Komet C/2021 A1 (Leonard)
- Bilder unserer Leser

DER Komet des Jahres 2021 war unbestreitbar C/2021 A1 (Leonard). Prachtvoll sein Vorübergang am Kugelsternhaufen M 3 am 3. Dezember 2021. Im VdS-Journal für Astronomie 82 haben wir bereits eine Bilderstrecke unserer Kometenbeobachter gezeigt. Deutlich wurde bereits dort, dass sich der Kometenschweif erst so richtig entwickelte, als Leonard sich im letzten Dezemberdrittel vom Nordhimmel verabschiedete und nach Süden zog. Beobachter nutzten daher vielfach Teleskope, die auf der Südhalbkugel stationiert sind. Dass aber auch von Europa aus dennoch etwas ging, zeigen nun auch die jetzt vorliegenden Beobachtungen aus unserer Leserschaft. Vielen Dank für Ihre Einsendungen!
Werner E. Celnik

1 03.12.2021, ca. 02:50 Uhr UT, Komet
Leonard beim Kugelsternhaufen M 3, Kamera: Nikon D850 am Takahashi Epsilon 130D, 84 x 30 s belichtet bei ISO 3200, Ort: Ostwestfalen, Bild: Stefan Binnewies

Journal für Astronomie Nr. 83 | 73

Kometen
2 03.12.2021, ca. 03:40 Uhr UT, Komet
Leonard beim Kugelsternhaufen M 3, Apo-Refraktor 80 mm/480 mm, Kamera: Canon 6D, Belichtung 56 x 15 s bei ISO 3200, Bild: Christian Schulze
3 03.12.2021, ca. 04:55 Uhr UT, Komet
Leonard beim Kugelsternhaufen M 3, Teleskop: 8-Zoll-SCT, Kamera: Lumix G-5, 1 x 10 s belichtet, Ort: nördl. Stadtrand Berlin, Bild: Holger Pötschick
74 | Journal für Astronomie Nr. 83

Kometen

4 03.12.2021, ca. 04:35 und 05:20 Uhr UT,
Komet Leonard beim Kugelsternhaufen M 3, Zeichnung an einem 8-Zoll-SC-Teleskop bei 100-fach, Ort: nördl. Stadtrand Berlin, Bild: Holger Pötschick

5 05.12.2021, 02:40 Uhr UT, Komet
Leonard beim 7,0 mag hellen Stern HD123033 im Sternbild Bootes, oben: Zeichnung an einem Apo-Refraktor 90 mm / 600 mm bei 40-fach durch einen Swan-Band-Filter; unten: Zeichnung nach Blick durch ein 10x42-Fernglas, Bild: Uwe Brinker

Journal für Astronomie Nr. 83 | 75

Kometen

6 09.12.2021, ca. 02:50 Uhr UT, Komet Leonard, Kamera:
Canon 6D mit 85-mm-Objektiv f/4,0, 42 x 30 s belichtet bei ISO 1600, Ort: Bergisches Land, Bild: Stefan Binnewies

7 31.12.2021, 19:12 Uhr UT, Komet Leonard, Teleskop: 12-Zoll-
Astrograf f/3,6 auf Montierung DDM 85, Kamera: ASI 6200 MM Pro, Belichtung: LRGB jeweils 120 s, Ort: Farm Tivoli, Namibia, Bild: Gerald Rhemann

76 | Journal für Astronomie Nr. 83

Kometen

8 01.01.2022, 16:43 Uhr UT, Komet Leonard in der Abenddämmerung,
Kamera: Canon 5DMkIII mit 24-mm-Objektiv f/5,6, 10 x 15 s belichtet bei ISO 3200, Ort: Filiatra, West-Peloponnes, Bild: Tobias, Lucas und Stefan Binnewies

9 01.01.2022, 16:53 Uhr UT, Komet Leonard in der Abenddäm-
merung, Kamera: Canon 5DMkIII mit 105-mm-Objektiv f/4,0, 60 x 3,2 s belichtet bei ISO 12800, Ort: Filiatra, West-Peloponnes, Bild: Tobias, Lucas und Stefan Binnewies

Journal für Astronomie Nr. 83 | 77

Mond

VdS-Bilderstrecke
Neue Aufnahmen vom Mond

Immer wieder werden in der Mailingliste der Fachgruppe Astrofotografie ansprechende Bilder des Mondes gezeigt. Sie sollen auch unserem gesamten Leserkreis präsentiert werden. Ich darf aber noch einmal wiederholen: Hier in dieser Rubrik ,,Mond" besteht für ,,alle" die Gelegenheit, ihre Ergebnisse einer großen Menge von interessierten Amateuren vorzustellen. Bitte senden an: fg-astrofotografie@vds-astro.de Und nun viel Spaß bei der Bilderschau. Peter Riepe

1 Oben: Nach längerer Schlechtwetterphase klarte es am
20.12.2021 zum Vollmond auf. Kai-Oliver Detken nahm den von den Medien als ,,Supermond" bezeichneten Vollmond in Wümme-Wiesen bei Bremen auf. Die Canon 90Da war mit einem Objektiv Sigma 70-200 mm f/2,8 EX DG OS HSM bestückt. Bei ISO 125, 200 mm Brennweite, Blende 5 und OWB-Filter von Astronomik wurde um 08:45 Uhr MEZ 1/640 s belichtet. Genau in diesem Moment flog ein Schwarm von Wildgänsen durchs Bild - eine schöne Bildwirkung!

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Mond

2 Links: Am 02.05.2022 bestand die seltene Gelegenheit, den
zunehmenden Mond mit aschgrauem Licht und dazu den Planeten Merkur am Abendhimmel zu fotografieren. Reinhard Kaltenböck nahm das Motiv um 20:33 Uhr UT mit einer Canon EOS 100D und TeleObjektiv Tamron 55-200 mm auf. Bei 96 mm Brennweite und ISO 800 wurde zwei Sekunden belichtet. Im Vordergrund die Autobahn von Oberhausen nach Arnheim. Die bewaldeten Höhenzüge werden als Montferland bezeichnet und gehören schon zu den Niederlanden.

3 Oben: Michael Hoppe nahm am 11.01.2022 mit einem Apo-
chromaten 140 mm/980 mm (APM) und einer ZWO ASI178MM ein 2-faches Mosaik des zunehmenden Mondes auf. Von 2.000 Einzelbildern wurden 70% verwendet. In diesem Bild fallen insbesondere zwei gleißend helle lunare Formationen mit umgebendem Strahlensystem auf: (1) der Krater Proclus westlich des Mare Crisium, (2) südöstlich des Mare Nectaris ein doppelter Strahlenkranz beim Krater Stevinus.

Journal für Astronomie Nr. 83 | 79

Mond 80 | Journal für Astronomie Nr. 83

4 Obwohl sich der Mond am
08.05.2022 im Live-Bild stark bewegte, entstand diese Aufnahme von Dietmar Bode um 22:43 Uhr MESZ - besser als sein bisheriger Durchschnitt. Sehr schön tritt die Kratergruppe Ptolemäus, Alphonsus und Arzachel am Terminator hervor. Verwendet wurde ein 10-Zoll-Newton mit Korrektor (f/4,75) und eine ZWO ASI533MC-P bei Gain 150 und 1,2 ms Belichtungszeit. Mit SharpCap wurden 2.000 Bilder als ser-Video gemacht, davon 20% nachbearbeitet und etwas geschärft mit ACDSee Photo Studio.
5 Am 09.02.2022 gelang Bernd
Gährken bei recht gutem Seeing eines seiner schärfsten Mondpanoramen seit langer Zeit. Ein Ausschnitt daraus zeigt die in der Abb. 4 genannte Kratergruppe noch detailreicher. Das mit einer ZWO ASI1600MM Pro (mono) kombinierte Celestron 11 wurde für das Video mit einer 1,6-fachen Barlowlinse plus Orangefilter versehen.

Mond Journal für Astronomie Nr. 83 | 81

6 Und noch näher heran an Ptolemaeus! Die zahl-
reichen Klein- und Kleinstkrater auf dem Boden werden sehr schön sichtbar. Thomas Wahl setzte am 10.04.2022 einen 16-Zoll-Newton mit einer ZWO ASI178M ein. Für die kleinen Pixel der Kamera wurde das Öffnungsverhältnis auf 1:13 mit einer Baader-Turret-Barlowlinse optimiert. Außerordentlich gute Tranzparenz und Seeing ergaben dieses Bild aus einem Video von 1.200 Einzelbildern, davon wurden 30% in AutoStakkert! 3.0 verwendet.

7 Links oben das Mare Vaporum, rechts oben die Ausläufer des Mare Tranquilli-
tatis, zwischen beiden der Krater Manilus. Links unten die Mitte der Mondscheibe im Sinus Medii. Rechts der Bildmitte liegen die Krater Agrippa und Godin, links der Bildmitte der 22 km große Krater Triesnecker. Direkt rechts davon erkennt man Rimae Triesnecker, ein Rillensystem. Noch auffälliger nördlich davon die Hyginus-Rille und weiter nach rechts die Ariadaeus-Rille. Mit einem Celestron CGX 925 EdgeHD und einer ZWO ASI178MM plus IR-Filter gelang Manfred Gentsch am 11.03.2022 aus 20% von 5.000 SER-Bildern dieses Motiv (Ausschnitt). Software: AutoStakkert! 3.0, RegiStax 6, Adobe Photoshop und Topaz DeNoise AI.

82 | Journal für Astronomie Nr. 83

8 Der über 60 Grad hoch stehende Mond war am 12.02.2022 um 20:03
Uhr UT bei gutem Seeing das Ziel von Wolfgang Bischof. Der 8-ZollNewton hat eine Zeiss-Abbe-Barlowlinse und kommt auf 2.500 mm Effektivbrennweite. Als Kamera wurde eine ZWO ASI178MM benutzt, dazu ein Grünfilter. Die damit aufgenommene Regenbogenbucht (Sinus Iridum) stellt einen von Magma aufgefüllten Kraterteil dar. Die fehlende Kraterhälfte ist im Mare Imbrium versunken. Video mit 5.000 Einzelbildern, Verwendungsrate 10%, Einzelbelichtungszeit 12 ms.

9 Ein Zweifachmosaik als Hingucker: Der 90 km große Krater
Kopernikus mit umgebenden Fließstrukturen, terrassierten Innenhängen und Zentralgebirge. Rechts oberhalb die versunkene Kraterruine Stadius und eine Kraterkette. Im unteren Teilbild die kleineren Krater Reinhold und Lansberg. Im gesamten Feld findet man kleine erhabene Kuppen, teilweise mit zentralem Kraterloch. Christoph Kaltseis nutzte ein Celestron C14 EdgeHD bei f/11 und eine QHY 462C mit 685-nm-Filter. Aufnahmezeitpunkt: 11.05.2022 um 19:55 und 19:56 Uhr MESZ.

Planeten

Wanderung zur großen Konjunktion am 21. Dezember 2020
von Thomas Rox

Bereits seit meiner Jugend hat mich die Bewegung der Planeten am Nachthimmel fasziniert, und lange bestand der Plan, dies über einen längeren Zeitraum zu beobachten. Die große Konjunktion von Jupiter und Saturn am 21. Dezember 2020 und die Zeit davor ergab dann eine gute Gelegenheit, diesen Plan endlich umzusetzen. Auch wenn die Konjunktion nun schon längere Zeit zurückliegt, so möchte ich mein Ergebnis hier doch noch vorstellen. Zwischen dem 3. November und dem 19. Dezember habe ich die beiden Planeten an insgesamt 25 Abenden fotografiert. Zunächst von unserem Haus in Mülheim an der Ruhr aus, dann wegen des immer

tieferen Standes an Abendhimmel in der Umgebung. An mehreren Abenden war eine Strecke von bis zu 100 km (Sonsbeck am Niederrhein, Bochum, Eindhoven) zu überwinden, um einen klaren Himmel zumindest im Bereich der beiden Planeten zu finden.
Die Wanderung relativ zu den Sternen aus dem Sternbild des Schützen in nordöstlicher Richtung zum Steinbock war gut nachzuvollziehen, ebenso die allmähliche Annäherung. Die Spannung für den 21. Dezember war groß. Aber der Himmel war gegen die letzte entscheidende Aufnahme. Im Umkreis von mehreren hundert Kilo-

Planetenpositionen und Aufnahmetage

Position
1 2 3 4 5 6 7 8

Datum (2020)
03. November 10. November 18. November 27. November 05. Dezember 10. Dezember 18. Dezember 21. Dezember

1 Jupiter und Saturn an acht Positionen (jeweils gleiche Tage) am Abendhimmel bei ihrer Wandung zur großen Konjunktion.
Position 8 ist der Konjunktionstag. Näheres im Text.
84 | Journal für Astronomie Nr. 83

Planeten

metern war kein wolkenloser Himmel zu erwarten. Somit konnte ich die große Konjunktion nur auf anderen Fotos oder auf Stellarium miterleben.
Die Wanderung der beiden Planeten (nomen est omen) ergibt sich aus den Fotos, die mit Photoshop übereinandergelegt wurden. Die Ausrichtung erfolgte anhand der jeweils im Hintergrund erkennbaren Sterne. Die Abbildung 1 zeigt die Positionen aus allen verwertbaren Aufnahmen. Die untere Spur zeigt Jupiters Positionen, die obere Spur Saturns Positionen. Jupiters tägliche Abstände waren am Himmel ungefähr doppelt so groß wie die des Saturns.

Die unregelmäßigen Abstände der einzelnen Positionen in der Abbildung sind durch das wechselhafte Wetter begründet, manchmal gab es mehrere Tage schlechtes Wetter zwischen zwei Aufnahmen. Zur besseren Orientierung sind einander entsprechende Positionen der beiden Planeten an gleichen Tagen mit jeweils gleichen Ziffern gekennzeichnet, Jupiter gelb und Saturn türkis. Die große Konjunktion ist bei den Positionen 8 eingezeichnet. Nur diese letzten beiden Positionen beider Planeten am 21. Dezember wurden aus Stellarium entnommen.

In nunmehr 19 Jahren kehrt eine solche Konstellation wieder, aber sie wird nicht so gut am Abendhimmel sichtbar sein.
Die Einzelbilder sind zu einem TimeLapse-Video verarbeitet worden, bei dem jeder Tag 0,5 Sekunden lang ist. Dieses Video und die Abbildung sind unter dem folgenden Link (und QR-Code) auf Dropbox gespeichert: https://www.dropbox.com/sh/ qdrnkc2bnbqh336/ AAAAV60OFK9r5NxDbp0xEMc-a?dl=0

Nebel in Puppis

Impression

Die kometarischen Globulen CG 4 und CG 6 sowie die Dunkelwolke Sandqvist 101 im Sternbild Puppis, remote aufgenommen in Chile (El Sauce). Aufgrund der langen Belichtungszeit treten alle Dunkelwolken hell hervor! Apochromat TOA 150, CCD-Kamera FLI ML16200, L: 30 x 600 s, R: 19 x 600 s, G: 24 x 600 s, B: 18 x 600 s, Ha: 12 x 1800 s; Bildautor: Peter Remmel.
Journal für Astronomie Nr. 83 | 85

Radioastronomie

Die Sonne im Radiolicht
von Thomas Freina

Viele von uns kennen die faszinierenden Bilder des gestirnten Nachthimmels im für das menschliche Auge sichtbaren Licht, also im so genannten optischen Wellenlängenbereich der elektromagnetischen Strahlung. Dabei wird hier bereits mit relativ kleinen Teleskopöffnungen eine überwältigende Vielfalt von Objekten sichtbar - angefangen von den in unterschiedlichen Pastellfarben erscheinenden Planeten unseres Sonnensystem über die in kräftigen Farben leuchtenden Gaswolken der Milchstraße bis hin zu unvorstellbar weit entfernten Galaxienhaufen. Dazu gehört aber auch die Sonnenbeobachtung in den verschiedensten Bereichen des elektromagnetischen Spektrums, nicht nur im sichtbaren Licht.
Amateur-Radioastronomie dagegen ist nicht immer so bunt und anfänglich vielleicht auch nicht so facettenreich wie die Beobachtung des Nachthimmels mit einem optischen Teleskop. Das sollte jedoch neugierige Zeitgenossen unter den Amateurastronomen nicht davon abhalten, auch einmal einen anderen Spektralbereich neben dem Lichtoptischen zu besuchen. Denn mit Hilfe von preiswert verfügbaren Komponenten aus der handelsüblichen TV-Satellitentechnik ist es heute gut möglich, ohne großen technischen Aufwand grundlegende Experimente aus der Frühzeit der Radioastronomie, also aus den frühen 1950er-Jahren, selbst erfolgreich nachzuvollziehen.
Besonders spannend ist dabei die Möglichkeit, dass man mit ein wenig mathematisch-formaler Unterstützung eine Art Fiebermessung an der Sonne durchführen kann, ohne dem, sagen wir Patienten, der heißer glüht als alle Öfen dieser Welt, zu nahe kommen zu müssen. Diese Diagnose erfolgt dabei praktisch vom heimischen Balkon aus über die unglaubliche Entfernung von 150 Millionen Kilometer.

Aber zurück zur Sonne. Die vielschichtige Radiostrahlung unseres Zentralgestirns entsteht in den unterschiedlichen Bereichen der Sonnenatmosphäre oberhalb der Photosphäre. Das ist die im sichtbaren Licht leuchtende Oberflächenschicht der Sonne, welche wir als gleißend helle Scheibe am Himmel sehen können. Wir kennen einige Teile dieser atmosphärischen Schichten unter den Bezeichnungen Chromosphäre und Sonnenkorona. Die Frequenz der Radiowellen, die dort in der Sonnenatmosphäre entstehen, ist direkt abhängig von der Temperatur des sehr heißen und somit ionisierten Gases direkt an dessen Entstehungsort. Forscher haben festgestellt, dass, je heißer das Plasma ist, desto niedriger die Frequenz bzw. umso größer die Wellenlänge ist. Umfangreiche wissenschaftliche Studien haben im Laufe der Jahre dazu geführt, dass die Zusammenhänge bezüglich des Entstehungsmechanismus zwischen Temperatur, Entstehungsort und Atmosphärenschicht gut erforscht worden sind. Weil jeder heiße Körper gemäß dem Planckschen Strahlungsgesetz elektromagnetische Wellen aussendet, lässt sich somit durch eine Temperaturmessung aus der Ferne der Entstehungsort der Strahlung innerhalb der Sonnenatmosphäre ziemlich genau bestimmen. Allerdings trifft diese sehr einfache Annahme nur wirklich zu, wenn die Sonne vollkommen ruhig, also ohne störende Fleckenaktivität ist. Sonnenflecken haben eine ganz eigene Strahlungsdynamik und tragen dadurch mehr oder weniger stark zur Gesamtheit der Radiostrahlung bei, die wir von der Sonne empfangen können.
Die Sonne als Radiostern Der Spektraltyp eines Sterns hängt grob betrachtet von seiner Temperatur ab. Somit kann man das bekannte Hertzsprung-Russell-Diagramm (HRD) auch als ein Temperatur-Leuchtkraft-Diagramm auslegen.

Die verschiedenen Spektraltypen stehen dann stellvertretend für die unterschiedlichen Sterntemperaturen. Angeführt von den heißen Sternen vom Typ O bis hin zu den relativ kühlen Sternen vom Typ M. Die Sternklassen überdecken dabei Temperaturen, angefangen von weit mehr als 50.000 Kelvin bei den blauen Giganten bis herunter zu 3.000 Kelvin bei roten Riesensternen wie zum Beispiel Beteigeuze im Sternbild Orion. Eine Gesetzmäßigkeit besagt nun, dass ein temperiertes Objekt in einem ganz charakteristischen Wellenlängenbereich am hellsten leuchtet, während Emissionen bei anderen Wellenlängen durchaus vorhanden sind, jedoch lange nicht so intensiv abgestrahlt werden. Die besagten Radioemissionen eines Stens sind dabei meistens nicht mit den eigentlichen Strahlungsmaxima identisch. Aber wollen wir uns noch einmal die Eigenschaften von Radiowellen im Vergleich zu Lichtwellen ansehen.
Eigenschaften von Radiowellen im Vergleich zu Lichtwellen In beiden Fällen handelt es sich um elektromagnetische Wellen, welche insgesamt ein sehr breites Spektrum überstreichen, beginnend bei sehr langen Funkwellen über Radiowellen und Mikrowellen sowie das sichtbare Licht bis hin zu den sehr energiereichen kosmischen Strahlen. Die Wellen der elektromagnetischen Strahlung, welche für Satellitenfernsehen verwendet werden, sind mit knapp 3 cm Länge zigtausendmal so lang wie diejenigen elektromagnetischen Wellen, die wir als sichtbares Licht mit unseren Augen sehen können. Allein schon deshalb unterscheidet sich ein ,,Radioauge", das Himmelsobjekte beobachten soll, erheblich von einem lichtoptischen Spiegelteleskop. Die sehr viel längeren Radiowellen müssen nämlich mit einem entsprechend sehr viel größeren Reflektorspiegel aufgefangen werden.

86 | Journal für Astronomie Nr. 83

Radioastronomie

1 Drei Sonnendurchgänge mit nachgeführtem 60-cm-SAT-Spiegel und handelsüblichen SAT-LNB (Screenshot: Freina)

Bei einem lichtoptischen Amateurteleskop, wie zum Beispiel einem Newton-Teleskop mit einer Öffnung von fünf Zoll (12,7 Zentimeter), ist der Reflektorspiegel rund 200.000-mal so groß wie die empfangene Lichtwellenlänge von beispielsweise 650 Nanometern. Kosmische Radiosignale, die sich mit Amateurinstrumenten bei vertretbarem technischem Aufwand verarbeiten lassen, weisen eine typische Wellenlänge von rund drei Zentimetern auf, sofern man Empfangstechnik für TV-Satelliten benutzt. Eine Parabolantenne mit einem Meter Durchmesser mag dabei groß erscheinen, sie ist jedoch nur 33-mal so groß wie die empfangene Wellenlänge von 3 cm. Dadurch ist ihre Winkelauflösung mit ca. 2 Grad sehr viel geringer als beispielsweise die Winkelauflösung eines Newton-Teleskops mit einem 12-cm-Spiegel. Die Erfahrung lehrt uns, dass selbst einfache optische Teleskope Strukturen auf Planetenscheiben zeigen und enge Doppelsterne in ihre Komponenten auftrennen können. Radioteleskope erreichen dieses Auflösungsvermögen meist erst durch eine sehr aufwändige Kombination von mehreren großen Antennen. Dennoch lassen sich schon mit kleinen TV-Satellitenspiegeln interessante radioas-

tronomische Beobachtungen durchführen. Ein weiterer, deutlicher Unterschied zwischen den beiden Beobachtungsbereichen liegt in den Bandbreiten der genutzten Spektralbereiche: Das Lichtspektrum umfasst in etwa einen Wellenlängenbereich von 450 bis 700 Nanometer, was einer Bandbreite von ca. 250 Terahertz gleichkommt. Dabei entspricht zum Beispiel eine Wellenlänge von 600 Nanometern einer Frequenz von 500 Terahertz. Die SAT-TV-Frequenz bei 11 Gigahertz ist um gut vier Größenordnungen kleiner. Entsprechend ist auch die nutzbare Bandbreite mit nicht einmal 10 Megahertz sehr viel geringer. Eine größere Bandbreite, welche sehr viel mehr Informationen enthält, mit einem einfachen TV-Radio-Empfänger zu realisieren, übersteigt in der Regel die Möglichkeiten eines Hobbyisten. Deshalb sollten sich Einsteiger zunächst mit der relativ geringen Bandbreite begnügen, welche sich mit preiswerten TV-SAT-Komponenten realisieren lässt.
Daneben mutet auch die Darstellung der empfangenen Signale als Zahlen oder Intensitätskurven im Radiobereich völlig anders an als die prächtigen Bilder bei lichtoptischen Instrumenten. Für die meisten

Menschen wird ein simpler Zeigerausschlag an einem Spannungsanzeigeinstrument bedeutend weniger aussagekräftig sein als beispielsweise eine gelungene Farbaufnahme eines bunten Emissionsnebels. In der Tat können einzelne Radioteleskope zunächst keine flächenhaften Bilder von der beobachteten Region erzeugen, wie dies schon eine einfache Digitalkamera vermag, weil Radioempfänger im Prinzip immer nur eine Ein-Pixel-Kamera darstellen. Somit dürfen wir hier nicht auf beeindruckende Abbildungen von astronomischen Objekten im Radiolicht hoffen. Dies ließe sich nur mit einem großen technischen Aufwand erreichen, gepaart mit einem nicht zu unterschätzenden rechnerischen Aufwand für die Bilderstellung. Nur sehr wenige Amateurradioastronomen haben sich bis heute dieser Herausforderung gestellt. Schrauben wir also unsere Ansprüche zurück auf eine vertretbare Ebene und richten die Aufmerksamkeit wieder auf die Sonne.
Die Sonne ist für uns hier auf der Erde der stärkste Radiostrahler am Himmel. Die Strahlungsintensität ist, über längere Zeiträume beobachtet, nicht immer gleich

Journal für Astronomie Nr. 83 | 87

Radioastronomie

2 Das Diagramm stellt die solare Strahlungsemission
bezogen auf die Strahlungsfrequenz auf der x-Achse sowie die Entfernung von der Photosphäre auf der y-Achse dar. Der rote Kreis markiert den Strahlungsbereich in der Chromosphäre, der von einem SAT-System empfangen werden kann. (Grafik: Theede nach New Jersey Institute of Technologie, PHYS 728-002: Radio Astronomy, Fig. 4)

stark. Sie schwankt in unterschiedlichen Zyklen mehr oder weniger stark. Die bekannteste dieser regelmäßigen Erscheinungen ist der elfjährige Sonnenfleckenzyklus. Dabei nimmt die Aktivität von Flecken, Fackeln und Ausbrüchen auf der Sonne gut fünf Jahre lang zu. Nach einem Maximum fällt die Aktivität dann gut fünf Jahre lang ab, bis ein Minimum erreicht ist. Danach beginnt der Zyklus von neuem. Deshalb spricht man zum Beispiel im Minimum eines Zyklus von einer ruhigen Sonne. Deren spektraler Strahlungsfluss nimmt dabei stetig zu kürzeren Wellenlängen im Zentimeterbereich zu. Im Maximum eines Zyklus wird im Gegensatz dazu von einer aktiven Sonne gesprochen, deren spektrales Strahlungsmaximum bei den Meterwellen zu finden ist. Aktuell befinden wir uns wieder einmal im Bereich stetig zunehmender Sonnenaktivität.
Für die Beobachtung der Sonne im Radiobereich können nun verschiedene Empfangssysteme verwendet werden. Am einfachsten funktioniert das mit einem handelsüblichen TV-Satelliten-Empfangssystem aus dem Elektronikmarkt. Damit lässt sich die ruhige Sonne als starke Strahlungsquelle schnell und einfach sehr gut darstellen. Auf meiner Website [1] habe ich diesbezüglich einige Beispiele beschrieben. Die Abbildung 1 zeigt einen Sonnentransit, der mit einem einfachen TV-SAT-System aufgezeichnet wurde.
Anregung für Einsteiger Selbst mit kleinen Spiegeldurchmessern zwischen 60 und 80 cm lassen sich auf einfache Weise spannende Versuche durchführen. Die Richtwirkung der Antenne nimmt

zwar bei gleicher Empfangsfrequenz (SATTV 11 GHz) mit dem Durchmesser des Reflektors ab. Für Messungen an der Sonne wird aber auch von kleinen Reflektoren noch immer genügend Strahlungsleistung eingesammelt, um damit gut arbeiten zu können. Sollen rein quantitative Aussagen über das gerade empfangene Signal getroffen werden, reicht es vollkommen aus, ein kostenloses Softwareprogramm wie zum Beispiel Spectravue [2] in der Betriebsart Kontinuum zu benutzen. Dabei kann sehr schön ein Sonnendurchgang durch den Sichtbereich der Antenne aufgezeichnet werden. Mit Langzeitaufzeichnungen könnte man versuchen, anderen Radioquellen am Himmel wie zum Beispiel dem Erdmond auf die Spur zu kommen.
Die maximale Auslenkung der gemessenen Werte (grüne Kurve in der Abbildung 1) bezogen auf die Grundlinie kann zur Ermittlung der Temperatur auf der Sonne in der Quellregion der beobachteten Strahlung benutzt werden. Die Ableitung der Quellentemperatur ist relativ kompliziert und erfordert einige mathematische Betrachtungen. Deshalb beschreibe ich hier nur das Prinzip und verweise Interessierte diesbezüglich auf meine Website [1]. Zunächst ist es von allergrößter Wichtigkeit, alle physikalischen Parameter der Empfangsanlage möglichst genau zu kennen - in Zahlenwerten versteht sich, damit wir rechnen können. Ich habe mich an den Hersteller der Satellitenanlage gewendet, um die technischen Daten für das Speisesystem zu erhalten. Weiterhin werden nacheinander einige Formeln benötigt, welche den Anstieg der Signalintensität beim Sonnendurchgang in eine fiktive Temperatur überführen, der so genannten

Antennentemperatur. Über eine Beziehung zwischen dem Raumwinkel, der dem Auflösungsvermögen der Parabolschüssel entspricht, und dem scheinbaren Durchmesser der Sonnenscheibe lässt sich aus dieser fiktiven Temperatur die wirkliche Temperatur der Strahlungsquelle ermitteln. Das ist sehr spannend. Der mit dem handelsüblichen TV-SAT-System gemessenen Signalintensität entspricht eine Antennentemperatur von rund 870 Kelvin. Hieraus erhalte ich schließlich auf dem physikalisch-mathematischen Rechenweg eine Quellentemperatur von 11.430 Kelvin. In der Fachliteratur findet man für eine Frequenz von 10 GHz, also 3 cm Wellenlänge, Werte zwischen 13.000 und 17.000 Kelvin [3]. Für das sehr einfach aufgebaute Empfangssystem immerhin eine gute Näherung im Ergebnis.
Die solare Radiostrahlung bei 3 cm Wellenlänge enthält sowohl die Strahlungsbeiträge der ruhigen Sonne als auch die langsam variablen Anteile. Bei stärkerer Sonnenaktivität enthält die Radiostrahlung zusätzlich die Anteile der schnell veränderlichen Radio Bursts. Für das vorliegende Experiment erscheint eine Beobachtung zu Zeiten geringer Sonnenaktivität deshalb sehr ratsam.
Literatur- und Internethinweise (Stand Mai 2022): [1] Th. Freina, Homepage:
www.dg2neu.de [2] Spectravue, Homepage: www.
rfspace.com/RFSPACE/SpectraVue. html [3] H. Zirin, R.D. Dietz, 1963: ,,The Structure of the Solar Chromosphere", Astrophys. J. 138, adsabs.harvard. edu/full/1963ApJ...138..664Z

88 | Journal für Astronomie Nr. 83

Radioastronomie

Treffen der Fachgruppe Radioastronomie 2022 in Kiel
von Frank Theede

Ursprünglich sollte das jährliche Treffen der Fachgruppe Radioastronomie am 28. März 2020 in Kiel stattfinden. Alles war vorbereitet, Reisen gebucht, Organisation abgeschlossen. Auch die Namensschilder waren erstellt - und dann trat am 20.03.2020 der erste Lockdown aufgrund der SARS-CoV2-Pandemie in Schleswig-Holstein in Kraft [1]. Nichts ging mehr, das Treffen musste abgesagt werden. Nach zwei Jahren Pandemie, vielen Einschränkungen und Impfungen holte die Fachgruppe das Treffen am gleichen Ort aber etwas später im Jahr nach.
So trafen sich am Wochenende vom 20. bis 22. Mai 2022 zehn Fachgruppenmitglieder in Kiel, Kronshagen und Rönne. Zu den Vorträgen und der Mitgliederversammlung am Samstagvormittag waren ungefähr die gleiche Anzahl per Zoom-Konferenz online zugeschaltet. An den alten und neuen Namensschildern (Abb. 1) kann man erkennen, dass die zwei Jahre auch Veränderungen mit sich brachten: neue Logos für die VdS und damit auch für unsere Fachgruppe.

1 Namensschilder - vor und nach den Lockdowns

Frank Theede informierte anschließend über die Geschichte der Christian-Albrechts-Universität, der dortigen Astrophysik und die Entwicklung der Radioastronomie in Kiel.

Dudek in Kiel-Rönne [4]. Per Dudek zeigte alle Sende- und Empfangsanlagen und erläuterte ihre mitunter ungewöhnliche Geschichte, ihre Aufgaben und Funktionsweisen auf dem weitläufigen Gelände.

Dann wurde die Mitgliederversammlung zu den Fachgruppenaktivitäten und Themen durchgeführt. Die Fachgruppenleiter Katja und Frederic Schuller berichteten u. a. von VdS-Themen. Ferner wurde festgestellt, dass der Fachgruppen-Zoom-Stammtisch einmal im Quartal ein Erfolg ist und unbedingt beibehalten werden soll. Nach einem kleinen Imbiss fuhren wir (Abb. 3) zur Satellitenempfangsstation, Amateurfunkstation und Radiosternwarte DL0SHF von Per

Damit war der ,,offizielle" Teil beendet und die weiteren Aktivitäten wurden in kleineren Gruppen durchgeführt. Dazu gehörten ein Besuch der ehemaligen, jetzt verfallenden Radiosternwarte der Universität Kiel (Abb. 4), gemeinsame Essen und Erkundungen der Stadt an der Förde.
Das nächste Fachgruppentreffen wird vermutlich im April 2023 an der Regiomontanus-Sternwarte in Nürnberg [3] statt-

Begonnen haben wir das Treffen mit einem gemeinsamen Abendessen im Restaurant ,,Alte Mühle" mit Blick auf die Mündung der Schwentine in die Kieler Förde.

Am Samstag traf sich die Fachgruppe im Astrokabinett (Abb. 2) an der Sternwarte Kronshagen der Gesellschaft für volkstümliche Astronomie (GvA) - Gruppe Kiel [2]. Neben viel persönlichem Austausch wurden zwei Vorträge gehalten.

Michael Stöhr aus Nürnberg stellte die dortige Regiomontanus-Sternwarte [3] vor. Schwerpunkt waren natürlich die radioastronomischen Aktivitäten dort. Es schloss sich die Demonstration einer remote durchgeführten Messung mit dem 3-m-Radioteleskop an.

2 Treffen im Astrokabinett an der Sternwarte Kronshagen

90 | Journal für Astronomie Nr. 83

Radioastronomie

3 Gruppenbild mit dem 9-m-Spiegel bei Per Dudek
finden. Der Termin wird so gelegt werden, dass es keine Überschneidung mit der European Conference on Amateur Radio Astronomy (EUCARA) 2023 geben wird, deren Termin zum Zeitpunkt des Treffens noch nicht feststand.
Es war schön, sich wiederzusehen, und ein neues Mitglied konnte auch gewonnen werden. Die Fachgruppe bedankt sich bei der GvA-Kiel, insbesondere bei Hubert Paulus und Reinhard Lange für die Ausrichtung und Unterstützung, bei Per Dudek für die Demonstration und Erläuterung seiner Anlagen und bei Wolfgang Herrmann für die Bereitstellung der Zoom-Konferenz.

Literatur- und Internethinweise (Stand 11.06.2022): [1] Ministerium für Inneres, ländliche Räume, Integration
und Gleichstellung, 2020: ,,Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein, Ausgabe Nr. 4 / 19. März 2020, Seiten 152-159; www.schleswigholstein.de/DE/Landesregierung/IV/Service/GVOBl/ GVOBl/2020/gvobl_4_2020.html [2] GvA - Ortsgruppe Kiel, Homepage: www.gva-kiel.de/ [3] Regiomontanus-Sternwarte Nürnberg, Homepage: www.sternwarte-nuernberg.de [4] DL0SHF, Satellitenempfangsstation, Amateurfunkstation und Radiosternwarte für Schule und Universität, Homepage: https://sat-sh.lernnetz.de/

4 Michael, Beatrix, Peter und Jochen vor der ehemaligen
Radiosternwarte der Universität Kiel
Journal für Astronomie Nr. 83 | 91

Sternbedeckungen

Die erste PHEMU-Kampagne im Jahr 1908

von Konrad Guhl

Seit 1973 werden systematisch die gegenseitigen Jupitermondereignisse vorherberechnet, beobachtet und die Ergebnisse zusammengetragen. Der französische Astronom J. E. Arlot hat seit dieser Zeit die Beobachtungskampagnen geplant, geleitet und ausgewertet. Auch die Bezeichnung PHEMU als Abkürzung von ,,phenomènes mutuels" wurde von ihm eingeführt. Die gewonnenen Beobachtungen sind im ,,Natural Satellites Data Center" (http://nsdb.imcce. fr/obspos/obsindhe.htm) zugänglich.
Selbstverständlich haben auch vor 1973 solche Ereignisse, für die im Folgenden der Name PHEMU benutzt wird, stattgefunden. Der Verfasser beschäftigt sich seit Langem mit der Suche nach Beobachtungsberichten (alle ausgewerteten Beobachtungen sind in der Tabelle 1 gelistet) aus der ,,Prä-InternetZeit" in der Literatur und stellt erste Resultate hier vor: Die älteste Erwähnung solcher Phänomene stammt aus der Zeit der Entdeckung der Jupitermonde: Simon Marius (Abb. 1), der unabhängig von Galileo Galilei die Jupitermonde entdeckte, hat diese regelmäßig und häufig beobachtet.
Er berichtet von einer Wahrnehmung des Jupitermondes IV als dunkler als gewöhnlich. Marius erklärt dies mit einem möglichen Schattenwurf von Mond II oder III [1]. Diese Beobachtung ist auf den 17. Februar 1613 datiert. Eine Überprüfung von N. Emelyanov vom Sternberg Astronomical Institute (SAI) in Moskau ergab leider kein solches Ereignis für diesen Tag [2]. Die Schlussfolgerung, dass gegenseitige Verfinsterungen der Satelliten möglich sind, ist aber für das Jahr 1614 eine erstaunliche Leistung!
Frühe Beobachtungen Die erste nachweisliche Beobachtung stammt von dem deutschen Amateurastronomen Ch. Arnold aus dem Jahr

1 Simon Marius (1573-1624),
mit freundlicher Genehmigung Simag-ev
1693. Christian Arnold (1650-1695) war ein Bauer in Sommerfeld, einem Dorf bei Leipzig. Er beobachtete u. a. den Kometen Halley, einen Merkurdurchgang und auch Jupitermonderscheinungen. In der Sekundärliteratur [3] wird berichtet, dass Arnold die Bedeckung des Mondes II durch III gesehen hat. Diese Beobachtung vom 1.11.1693 wie auch die Beobachtungen von Luthmer [4 und 5] von 1819, 1820 und 1822 sind zufällig bei Jupitermondbeobachtungen gelungen. Von ihrer Seltenheit haben sowohl Arnold als auch Luthmer gewusst und diese deshalb publiziert. Eine Analyse dieser Beobachtungen mit dem IMCCEInternetprogram (http://nsdb.imcce.fr/ multisat/nssphe0he.htm) ergab, dass es sich um sehr enge Konjunktionen, die mit den damaligen Instrumenten nicht aufzulösen waren, handelte.
Erste Auswertungen In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde den Beobachtungen der Jupitermonderscheinungen mehr Beachtung geschenkt und auch ein PHEMU bemerkt: Die Beobachtung von F. Jackson [6] wurde von A. C. D. Crommelin in [7] mit der Hilfe von Mr. Marth ausgewertet und diskutiert: Die grafische Darstellung aus [7] ist in der Abbildung 2 wiedergegeben.

Crommelin zieht dabei folgenden Schluss: ,,It will be seen that an error of 2" in the difference of the latitudes of the satellites, as given by the Tables, would suffice to bring II partially within the penumpbra of III. Such an error is larger than we should expect, but perhaps not wholly inadmissible. I am, however, by no means confident that an eclipse actually occurred; though, if not, the almost perfect agreement in time between this observation and conjunction with the shadow would be curious concidence."
Crommelins Zweifel sind berechtigt, vom Verfasser konnte kein PHEMU-Ereignis zu der Beobachtung gefunden werden.
Aus der Dauer der Bedeckung von Ganymed (III) durch Europa (II) am 16. Juli 1902 bestimmt Nijland die Durchmesser der Monde [11]. Dabei berechnet er aus der beobachteten Zeitdauer der Bedeckung von 10 min 20 s = 0,172 h und der Relativbewegung von 13,86 Bogensekunden/h die Summe beider Monddurchmesser zu 2,38 Bogensekunden. Dies ist eine hervorragende Übereinstimmung mit den seinerzeit bekannten Werten von 0,87 Bogensekunden für Europa und 1,51 Bogensekunden für Ganymed.
Die erste PHEMU-Kampagne Der Mond- und Planetenbeobachter Ph. Fauth (1867-1941) schrieb nach ersten, zufälligen Beobachtungen [9] von PHEMUS in den Jahren 1902 und 1903 : ,,Es muss möglich sein, aus genauer Verfolgung der Bedeckungsstufen zweier Monde ... die genaueste Prüfung der Bahngrundlagen zu gewinnen ..." [8]
Er forderte für die Zeit des nächsten Äquinoktiums auf: Jupiter-Ephemeriden und -Beobachtungen. Damit war der Wert der Beobachtungen, die präzise Bahnbestimmung, erkannt! Die Ephemeriden für das

92 | Journal für Astronomie Nr. 83

Die angegebenen Zeiten sind, wenn nicht anders vermerkt, aus der vom Beobachter angegebenen Zonenzeit oder Ortszeit auf die Länge 0 Grad umgerechnet. Die Events werden einheitlich mit "O" für Occultation oder "E" für Eclipse bezeichnet. Dabei bedeutet "IEIII": Mond I verfinstert den Mond III.

Tabelle 1

Aufgefundene historische Beobachtungen bis 1908

Nr. JJJJ MM TT Zeit

Event

1 1693 11 01 2 1819 08 22 3 1820 11 12 4 1820 12 20 5 1822 10 30 6 1885 03 27 7 1891 08 14 8 1891 08 15 9 1896 03 30 10 1902 07 16 11 1902 07 16 12 1902 09 03 13 1902 10 07 14 1902 10 23 15 1902 11 10 16 1902 12 24 17 1903 01 14 18 1908 01 24 19 1908 01 25
20 1908 02 20 21 1908 02 20 22 1908 02 24 23 1908 02 24 24 1908 02 24 25 1908 02 27 26 1908 03 14 27 1908 03 21 28 1908 03 29 29 1908 04 03 30 1908 04 03
31 1908 04 08 32 1908 04 08 33 1908 04 08 34 1908 04 15 35 1908 04 22 36 1908 05 05 37 1908 05 07 38 1908 05 07 39 1908 05 07 40 1908 05 08 41 1908 06 01 42 1908 06 17 43 1908 07 03

10:47 local 11:10 local ab 07:00 local 05:30 local 06:55 12:20 23:49 - 23:59 00:00 - 00:04 21:20 01:52 01:54:50 21:51,5 20:16 19:07:03,5 18:33:20 17:24:30 17:02 (Beginn) 00:51 +- 5 s 22:05 erster Kontakt (Zufall) 19:17:55 19:15:06 - 19:20:55 20:44,2 20:45:32 20:45:23 22:05:59 20:43,8 22:52 00:03,8 21:51,0 kein Helligkeitsabfall 21:40 - 22:00 18:25:52 kein Helligkeitsabfall 16:26:29 18:46:18,4 21:07:20 beobachtet, nichts bemerkt 18:37:03 18:37:43 beobachtet, nichts bemerkt 19:03:16 18:10:19 20:32 19:52

IIIOII IOII (?) IIOI IIOIII IIIOIV IIIOI IIEI IIEI IIIEII IIOIII IIOIII IIOIII IIOI IIOIII IIIOI IOIV IIIOII IOII IIOIII
IIIOIIP IIIOIIP IOII IOII IOII IIIOII IIOI IIOI IIOI IEIIP IEII
IIEI IIEI IIOI IIOI IIOI IEIII IEIV IEIV IIEIV IIIEIV IIOI IIOIV IIIOIV

Simulation nach [21] JJJJ MM TT HH MM SS bis HH MM SS
Enge Konjunktion Enge Konjunktion Kein Resultat Enge Konjunktion Kein Resultat Enge Konjunktion 1891 08 14 23 21 28 23 49 47 1891 08 14 23 21 28 23 49 47 Kein Resultat 1902 07 16 01 49 53 01 59 30 1902 07 16 01 49 53 01 59 30 1902 09 03 21 48 05 21 54 10 1902 10 07 20 13 38 20 18 09 1902 10 23 19 05 19 19 09 10 1902 11 10 18 29 52 18 37 42 1902 12 24 17 22 04 17 27 59 1903 01 14 17 12 35 17 32 32 1908 01 23 23 49 35 23 53 56 Kein Resultat

1908 02 20 19 15 50 1908 02 20 19 15 50 1908 02 24 20 43 50 1908 02 24 20 43 50 1908 02 24 20 43 50 1908 02 27 22 04 07 1908 03 14 20 40 36 1908 03 21 22 49 36 1908 03 29 01 01 06 1908 04 03 21 49 14 1908 04 03 21 49 14

19 20 46 19 20 46 20 47 23 20 47 23 20 47 23 22 07 48 20 45 56 22 55 10 01 06 57 21 53 27 21 53 27

Kein Resultat Kein Resultat 1908 04 8 16 23 49 1908 04 15 18 42 42 1908 04 22 21 05 06 1908 05 05 19 80 25 1908 05 07 18 26 00 1908 05 07 18 26 00 1908 05 07 18 33 01 Kein Resultat 1908 6 01 18 03 33 20:38 lt. Oudemans 19:58,5 lt. Oudemans

16 30 09 18 49 26 21 12 17 19 15 11 18 32 15 18 32 15 18 42 46
18 16 09

Event
2E1 2E1
2O3 2O3 2O3 1O2 2O3 3O1 1O4 3O2 1O2
3O2 3O2 1O2 1O2 1O2 3O2 2O1 2O1 2O1 1E2 1E2
2O1 2O1 2O1 1E3 1E4 1E4 2E4
2O1

Sternbedeckungen

Beobachter

Quelle

Arnoldt

[3]

Luthmer

[4]

Luthmer

[4]

Luthmer

[4]

Luthmer

[5]

Williams

[10]

Comas Sola [10]

Williams

[10]

Jackson

[7]

Williams

[10]

Nijland

[11]

Worthington [20]

Fauth

[8]

Fauth

[8]

Fauth

[8]

Fauth

[8]

Fauth

[8]

Fauth

[6]

Whitmell

[14]

Fauth

[18]

Knopf

[18]

Kostinsky

[17]

Hartmann

[19]

Innes

[16]

Innes

[16]

Phillips

[15]

Phillips

[15]

Phillips

[15]

Kostinsky

[17]

Innes

[16]

Milowanow [12]

Innes

[16]

Innes

[16]

Innes

[16]

Baranow

[12]

Milowanov [12]

Milowanov [12]

Khowanski [12]

Milowanow [12]

Milowanov [12]

Innes

[16]

Pidoux

[13]

Pidoux

[13]

Journal für Astronomie Nr. 83 | 93

Sternbedeckungen

Tabelle 2

O-C für die auswertbaren Beobachtungen aus der Tabelle 1

Nr.

Datum

aus Tab. 1

10 1902 07 16

11 1902 07 16

12 1902 09 03

13 1902 10 07

14 1902 10 23

15 1902 11 10

16 1902 12 24

17 1903 01 14

18 1908 01 23

20 1908 02 20

21 1908 02 20

22 1908 02 24

23 1908 02 24

24 1908 02 24

25 1908 02 27

26 1908 03 14

27 1908 03 21

28 1908 03 29

29 1908 04 03

33 1908 04 08

34 1908 04 15

35 1908 04 22

37 1908 05 07

38 1908 05 07

41 1908 06 01

Beobachtung um, O
01:52 01:54:50 21:51,5 20:16 19:07:03,5 18:33:20 17:24:30 17:02 (Beginn) 23:51 +- 5 s 19:17:55 19:17:36 20:44,2 20:45:32 +- 5 s 20:45:23 22:05:59 20:43,8 22:52 00:03,8 21:51,0 16:26:29 18:46:18,4 21:07:20 18:37:03 18:37:43 18:10:19

Berechnung nach [21], C
01:53:48 01:53:48 21:51:07 20:15:53 19:07:44 18:33:47 17:25:02 17:12:35 23:51:45s 19:18:17 19:18:17 20:45:57 20:45:57 20:45:57 22:05:57 20:43:26 22:52:23 01:04:06 21:51:21 16:26:59 18:46:04 21:08:42 18:36:47 18:36:47 18:09:46

O-C in Min.
- 1,8 + 1,03 + 0,38 + 0,12 - 0,67 - 0,45 - 0,53 - 9,42 - 0,75 + 0,91 + 0,68 - 1,75 - 0,41 - 0,57
0 - 0,37 - 0,38
0,3 - 0,35 - 0,5
0,24 - 1,34 + 0,27 + 0,93
0,55

Beobachter
Williams Nijland Worthington Fauth Fauth Fauth Fauth Fauth Fauth Fauth Knopf Kostinsky Hartmann Innes Innes Phillips Phillips Phillips Kostinsky Innes Innes Baranow Milowanow Khowanski Innes

seine Expeditionsmitglieder von der Insel Reunion aus einen Venustransit. Oudemans trat 1898 in den Ruhestand und beschäftigte sich weiter mit astronomischen und geodätischen Arbeiten.
In seiner Einleitung zu [10] bezieht er sich ausdrücklich auf Fauths Forderung. Er zitiert und analysiert alle ihm bekannten PHEMU-Beobachtungen (Beobachtungen 1, 5-8, 10,11, 13-16 in der Tabelle 1) und berechnet für die Monate Juni und Juli 1908 72 geozentrische Konjunktionen für die Vorhersage gegenseitiger Bedeckungen. Weiterhin veröffentlicht er für April und Mai des Jahres 81 heliozentrische Konjunktionen für mögliche gegenseitige Verfinsterungen. Auf diese Vorhersagen beziehen sich die Beobachter Kostinsky (Pulkowo, Russland), Pidoux (Genf, Schweiz), Innes (Johannesburg, Südafrika) und Whitmell (Leeds, UK) in ihren Berichten. Bei den anderen Beobachtungen des Jahres 1908 ist anzunehmen, dass Oudemans Vorhersage Grundlage war. Oudemans hat den Erfolg seiner Ephemeride nicht mehr erlebt - er starb im Dezember 1906. Der Autor fand 26 Beobachtungsergebnisse, die in dieser Kampagne gewonnen wurden (Nr. 18-43, Tab. 1). Bei dem Vergleich der Beobachtungen mit den Simulationen ergeben sich in

kommende Äquinoktium 1908 wurden daraufhin von J. A. C. Oudemans gerechnet und publiziert [10].
Jean Abraham Chretien Oudemans (Abb. 3) war ein niederländischer Astronom mit einem langen Forscherleben, das ihn u. a. 18 Jahre nach Niederländisch-Indien führte. Dort leitete er umfangreiche geodätische Operationen und veröffentlichte seine Arbeiten über die Triangulation der Insel Java (heute: Jawa, Indonesien) in sechs Bänden. Am 9. Dezember 1874 beobachteten er und
94 | Journal für Astronomie Nr. 83

2 Darstellung der Situation
nach Analyse durch Crommelin (aus [7])

Sternbedeckungen

der Kampagne 1908 folgende Unstimmigkeiten:
Whitmell: Zu dem berichteten Ereignis konnte keine Simulation gefunden werden.
Phillips: Der Beobachter berichtet in [15] als Beobachtungszeit den 28.03.1908, 12:00 bis 12:07 Uhr Greenwich-Zeit. In dieser Zeit ließen die europäischen Beobachter den Tag am Mittag beginnen, um den Datumswechsel in der Nacht zu vermeiden. Der Zeitraum ist demzufolge 29.03.1908, 00:00 bis 00:07 Uhr. Phillips berichtet, das PHEMU IIOI beobachtet zu haben. Ein solches Ereignis ist für den 29.03.1908 von 01:01:06 bis 01:06:57 Uhr zu simulieren [21]. Da Ereignis und Minute passen, wird ein Irrtum in der Stunde angenommen.
Innes: Bei der Beobachtung Nr. 30 beobachtet Innes zur richtigen Zeit, bemerkt aber einen Helligkeitsabfall von 0,45 mag nicht.
Milowanow und Khowanski: Die Beobachtungen Nr. 37 und 38 gehören nicht, wie in [12] berichtet, zu dem Phänomen ,,Io verfinstert Kallisto" (IEIV). Dieses Ereignis hatte nur einen Helligkeitsabfall von 0,09 mag. Die beiden Beobachter haben die Verfinsterung von Kallisto durch Europa (IIEIV) beobachtet, bei der der Helligkeitabfall 0,512 mag betrug. Kurios: Das Ereignis IIEIV wird ausdrücklich von Milowanov als beobachtet, aber nicht registriert geschildert (Beobachtung Nr. 39).
Pidoux: Die beobachteten Ereignisse sind zwar von Oudemans vorherberechnet, aber sie passen in keine Simulation nach [21]. Die Simulation ist, wo möglich, mit [21] berechnet worden. Dort, wo die o. g. Software

3 J. A. C. Oudemans
(Quelle: Wikipedia, gemeinfrei)
kein Ereignis ergab, ist beurteilt, ob die Beobachtung mit einer engen Konjunktion erklärt werden kann oder ob es eine Vorhersage von Oudemans [10] gibt. Wenn zum Beobachtungszeitpunkt keine enge Konjunktion bzw. Verfinsterung der Monde gefunden werden konnte, ist ,,Kein Resultat" eingetragen.
Genauigkeit der visuellen Beobachtungen Zur weiteren Auswertung werden die o. g. unklaren Beobachtungen nicht weiter betrachtet und die auswertbaren Beobachtungen in der Tabelle 2 aufgeführt.
Der Mittelwert des (O-C)-Wertes der verbliebenen 24 Messwerte beträgt -0,55 min. Ein erstaunlich geringer Wert, der für die Sorgfalt und das Können der Beobachter der visuellen Astronomie spricht. Von den 25 Beobachtungen in der Tabelle 2 wurden 17 in der ,,PHEMU08"-Kampagne ausgeführt. Der Mittelwert für (O-C) für diese Beobachtungen ist -0,15 min.
Zusammenfassung Auch im ,,Vor-Internet-Zeitalter" wurden internationale Kampagnen in der beobachtenden Astronomie erfolgreich durchgeführt. Durch die modernen Simulationen können wir für die o. g. Beobachtungen die Genauigkeit prüfen und stellen anhand der

geringen (O-C)-Werte die Belastbarkeit visueller Beobachtungen dieser Epoche fest. Dies ist ein wichtiges Indiz für die Wertung historischer Beobachtungen, wenn keine Überprüfungen möglich sind.
Danksagung Für die Hilfe sei an dieser Stelle folgenden Bibliotheken gedankt: Archenhold-Sternwarte, Berlin; Leibniz-Institut für Astrophysik, Potsdam; Ghent University, Gent; Hamburger Sternwarte, Hamburg. Für die Recherchen in UK danke ich Alex Pratt, Leeds.
Literatur- und Internethinweise (Stand 11.06.2022): [1] Simon Marius: ,,Mundus Iovialis
- Die Welt des Jupiter", herausgegeben von Joachim Schlör, Reihe Fränkische Geschichte, Bd. 4, Gunzenhausen: Schrenk 1988 [2] priv. E-Mail-Kommunikation Nicolai Emelyanov - Konrad Guhl [3] J.-C. Houzeau, 1882: "Vade-Mecum de l'astronome", Brussels, F. Hayez, S. 666 [4] D. J. J. Luthmer, 1824: "Astronomische Beobachtungen, vom Herrn Prediger Luthmer in Hannover, unterm 9. August 1821 eingesandt", Berliner Astron. Jahrbuch 1824, S. 242, Berlin 1821 [5] D. J. J. Luthmer, 1826: "Astronomische Nachrichten, vom Prediger Luthmer in Hannover, unterm 3. Sept. 1823 eingesandt", Berliner Astronomisches Jahrbuch 1826, S. 224, Berlin 1823 [6] Ph. Fauth, 1908: "Tranbantenphänomene Jupiters", Astron. Nachr. 177, S. 143, Kiel 1908, AN4233 [7] A. C. D. Crommelin, 1896: "Notes on a Possible Eclipse of Jupiter's Second Satellite by the Shadow of the Third 1896 March 30", Mon. Not. Roy. Astron. Soc. 56, p. 474

Journal für Astronomie Nr. 83 | 95

Sternbedeckungen

[8] Ph. Fauth, 1903: "Seltene Konjunktionen im Jupitersystem", Astron. Nachr. 161, S. 102
[9] Ph. Fauth, 1925: "Jupiterbeobachtungen während 35 Jahren", Leipzig
[10] J. A. C. Oudemans, 1907: "Occultations et eclipses mutuelle des Satellites de Jupiter 1908", Utrecht
[11] A. A. Nijland, 1903: ,,Konjunktion der Jupitermonde II und III", Astron. Nachr. 161, S. 307
[12] Baranow et al., 1909: ,,Beobachtungen von Planeten, des Kometen 1908c (Morehouse), von Sternbedeckungen und von JupiterstrabantenErscheinungen auf der kaiserlichen Universitätssternwarte zu Kasan", Astron. Nachr. 181, S. 49, Kiel
[13] F. Pidoux, 1909: ,,Occultation mutelle

des satellites II et IV de Jupiter le 17 Jun. 1908", Astron. Nachr. 181, S.298, Kiel [14] C. T. Whitmell, 1908: "Moon occulting Moon", The Journal of the British Astronomical Association XVIII, pp. 180-181, London [15] T. E. R. Phillips, 1908: "Observations of Jupiter during Apparition of 19078", Mon. Not. Roy. Astron. Soc. 69, pp.38-38 [16] R. T. A. Innes, 1908: "Observations of Jupiter's Galilean Satellites, JanuaryJune 1908", Mon. Not. Roy. Astron. Soc. 69, pp.512-534 [17] S. Kostinsky, 1908: "Observations de quelques phenomenes interessants dans le systeme des Satellites de Jupiter", Astron. Nachr. 178, S. 14

[18] Ph. Fauth, 1908: "Konjunktion des II. und III. Jupitermondes", Astron. Nachr. 178, S. 15, Kiel
[19] Ph. Fauth, 1908: "Bedeckung des II. Jupitermondes durch den I. am 24. Februar 1908", Astron. Nachr. 178, S.119, Kiel
[20] J. H. Worthington, 1909: "Mutual Occultations of Jupiter's Satellites", The Journal of the British Astronomical Association XIX, p. 95, London
[21] Lainey et al., 2009: Simulation (Ephemeriden) J1-J4, V2.0, genutzt in: http://nsdb.imcce.fr/multisat/ nssphe0he.htm
[22] IAU, Natural Satellites Data Center, Datenbank: http://nsdb.imcce.fr/ obsphe/obsphe-en/fjuphemu.html

Zum Schmunzeln

Fantasievolle Objektnamen
von Dietmar Bode

Lasst mich einmal eine winzige Anekdote zum Besten geben, die sich auf das Smartphone-Selfie (s. Abbildung) meines T-Shirts bezieht. Angesichts der Beinamen vieler Deep-Sky-Objekte behaupte ich ja immer, dass (Amateur-)Astronomen wohl über sehr viel Fantasie verfügen, die ich aber nicht immer teilen kann. Man denke an so seltsame Namen wie ,,Animal Track Nebula" oder ,,Bay Area Nebula" im galaktischen Zirrus. Alles Namen, die einen eher verwirren.

In meinem Falle war die Namensgebung jedoch definitiv ein Treffer! Neulich habe ich Nora und Nieke, meine jüngsten Enkelkinder, vom Kindergarten abgeholt. Sie freuen sich dann immer sehr und Nieke springt mir zur Begrüßung gern in die Arme. Nach dem üblichen, etwas überschwänglichen Empfang tippte mir Nieke auf die Brust und sagte: ,,Opa, du hast da ein niedliches Pferdchen auf dem Hemd." Klar, dass mir der Mund offen blieb! Tatsächlich war ich aber eher entzückt als erstaunt und habe ihr gesagt, dass sie das ganz prima erkannt habe.

1 Der Pferdekopf auf meinem T-Shirt

96 | Journal für Astronomie Nr. 83

Sternbedeckungen

Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 4. Quartal 2022
von Eberhard Riedel

In den letzten beiden Monaten des Jahres bietet der Nachthimmel vier sehenswerte streifende Bedeckungen von Sternen durch den Mond auf. Da am 1. Januar 2023 zwei weitere spannende Streifungen stattfinden, sind diese im Anschluss dargestellt. Wer Lust hat, das neue Jahr mit astronomischen Highlights zu begrüßen, sollte sich diese beiden streifenden Sternbedeckungen am 1. Januar nicht entgehen lassen.

Karte mit den Grenzlinien der 4 Streifungsereignisse im November und Dezember 2022

Die Landkarte zeigt die Grenzlinien dieser Ereignisse quer über Deutschland, die der mittlere nördliche bzw. südliche Mondrand während des Vorbeizuges am Stern beschreibt. Von jedem Punkt in der Nähe dieser Linien ist zum richtigen Zeitpunkt das oft mehrfache Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns zu verfolgen. Alle Streifungen finden am unbeleuchteten Rand des Mondes in ausreichendem Abstand zu den beleuchteten Mondstrukturen statt und sind bereits mit kleineren Fernrohren zu beobachten. Die nachfolgenden Erläuterungen und Grafiken verdeutlichen die genauen Umstände jedes Ereignisses.

Alle Grafiken sind für Meereshöhe gerechnet. Bei deutlich höher gelegenen Beobachtungsstationen muss deren Höhe unbedingt in die Berechnung einbezogen werden, um eine genügend genaue Vorhersage zu erhalten (zur Software s. u.). Grundlage der hier veröffentlichten Profildaten sind Laser-Messungen des amerikanischen Lunar Reconaissance Orbiters, die in ein dichtes Netz von librationsabhängigen Profilwerten umgerechnet wurden.
Um streifende Sternbedeckungen erfolgreich beobachten zu können, werden eine ganze Reihe präziser Informationen benötigt. Die europäische Sektion der International Occultation Timing Association (IOTA/ES) stellt diese Daten zur Verfügung. Kernstück ist die Software ,GRAZPREP`

des Autors, die sowohl eine komplette und stets aktualisierte Auflistung aller interessanten Ereignisse als auch für jedes Ereignis die genauen Koordinaten der Grenzlinien und viele weitere Informationen liefert. Darüber hinaus kann von jedem Standort aus das Profil des Mondes und die zu erwartende Sternbahn grafisch in verschiedensten Vergrößerungen dargestellt werden, um so den besten Beobachtungsstandort auswählen zu können. Letzterer muss auch unter Berücksichtigung der Höhe optimiert werden, weil diese einen Einfluss auf den Blickwinkel zum Mond hat. Hierzu können höhenkorrigierte Grenzlinien automatisch in eine Google-Earth-Karte

übertragen werden, mit der es dann einfach ist, die besten Beobachtungsstationen festzulegen. Die Software kann kostenlos unter www.grazprep.com heruntergeladen und installiert werden (Password: IOTA/ES). Zusätzlich benötigte Vorhersagedateien sind dort ebenfalls herunterzuladen oder sind direkt vom Autor (e_riedel@msn. com) oder über die IOTA/ES (www.iotaes.de) zu beziehen. Weiterführende Informationen, z. B. über die Meldung der Bedeckungszeiten, sind dort ebenfalls erhältlich. Die VdS-Fachgruppe Sternbedeckungen informiert ferner über Beobachtungs- und Aufzeichnungstechniken dieser eindrucksvollen Ereignisse.

Journal für Astronomie Nr. 83 | 97

Sternbedeckungen

Ereignis 1: 12.11.2022

Am späten Abend des 12. November zieht ab 22:45 Uhr MEZ der zu 81% beleuchtete abnehmende Mond mit seinem dunklen Nordrand am 6,7 mag hellen Stern SAO 78770 vorbei. Die Streifung ist in Süddeutschland auf einer Linie von Konstanz über Biberach an der Riß, Neuburg/Donau und Hemau bis Neunburg vorm Wald zu verfolgen.

Die Abbildung 1a zeigt für die Länge 10 Grad Ost, dass die scheinbare Sternbahn (blauweiß gestrichelte Linie mit Minutenangaben) den mittleren Mondrand (weiß gepunktet) im bequemen Abstand vom Terminator (unten) tangential berührt. Bei der Beobachtung von der Zentrallinie aus (hier berechnet für Meereshöhe) würde der Mondrand den Stern sehr knapp verfehlen und keine Sternbedeckung stattfinden. Die roten Begrenzungslinien geben den durch die Mondparallaxe verursachten Versatz des Mondes und damit der scheinbaren Sternbahn an, wenn man sich 2.000 Meter beidseits von der Zentrallinie entfernt (jeweils senkrecht zum Verlauf der Zentrallinie gerechnet). Dadurch wird abschätzbar, wie groß der Abstand zu der für den mittleren Mondrand gerechneten Linie sein muss, um mehrere Bedeckungen des Sterns sehen zu können. Da die Randstrukturen des Mondes hier in 6-facher Überhöhung dargestellt sind, verläuft die scheinbare Sternbahn gekrümmt.

1 a Die scheinbare Sternbahn von SAO 78770 (blauweiß gestrichelte Linie) bei Beobach-
tung genau von der vorhergesagten Grenzlinie, mit 6-facher Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +- 2.000 Meter
1 b Die scheinbare Sternbahn von SAO 78770, 12-fache Mondhöhendehnung,
rote Begrenzungslinien bei +- 1.000 Meter

Spannend wird es, wenn man sich etwa 800 Meter von der vorgesagten Linie nach Südosten bewegt. Die Abbildung 1b zeigt in einem Ausschnitt den Verlauf der scheinbaren Sternbahn an dieser Stelle. Der Stern kann dort innerhalb gut einer Minute mindestens 4-mal hinter den Erhebungen auf dem Mond verschwinden und wieder auftauchen. Die Tabelle gibt dabei die ungefähren Kontaktzeiten an. Das Mondrandprofil ist in dieser Grafik in 12-facher Überhöhung dargestellt.

SAO 78770 ist nicht als Doppelstern bekannt. Nicht selten wurden allerdings bei Sternbedeckungen durch ein zeitversetztes Verschwinden und Wiedererscheinen des Sterns Doppelsterne entdeckt. Zu beobachten wären anstelle einer schlagartigen Bedeckung u. U. auch ein langsameres oder nur teilweises Verschwinden und Wiederauftauchen des Sternlichtes.

98 | Journal für Astronomie Nr. 83

Sternbedeckungen

Ereignis 2: 15.11.2022

In der Nacht vom 14. auf den 15. November wird der 6,9 mag helle Stern SAO 80310 vom Nordrand des zu 64% beleuchteten abnehmenden Mondes gestreift. In den Genuss kommen Beobachter auf einer Linie von Wettringen über Wallenhorst, Nienburg (Weser), südlich Uelzen, Pritzwalk und Mirow bis nach Pasewalk.

Um möglichst viele Kontakte des Mondrandes mit diesem Stern zu sehen, sollte man sich erneut ca. 800 Meter südsüdöstlich der für das mittlere Mondniveau berechneten Zentrallinie postieren. Die Abbildung 2 zeigt die Streifungssituation in dieser Ablage bei einer Länge von 10 Grad Ost knapp nördlich der Stadt Celle. Zu erwarten sind an dieser Stelle 12 Kontakte des Mondrandes. Die Mondhöhen sind hier 12-fach gedehnt dargestellt. Die roten

2 Die scheinbare Sternbahn von SAO 80310, 12-fache Mondhöhendehnung,
rote Begrenzungslinien bei +- 1.000 Meter

Begrenzungslinien zeigen den parallaktischen Versatz des Mondes bei +- 1.000 Metern auf der Erdoberfläche.

SAO 80310 ist ebenfalls nicht als Doppelstern bekannt.

Ereignis 3: 17.11.2022
Die Streifungslinie in der Nacht vom 16. auf den 17. November zieht von Merzig nördlich an Darmstadt vorbei über Hildburghausen, Chemnitz und Dresden bis nach Bautzen. Ab 00:37 Uhr MEZ wird der 7,1 mag helle Stern SAO 99019 ebenfalls vom Nordrand des zu 45% beleuchteten abnehmenden Mondes gestreift.

Die Abbildung 3 zeigt die Situation erneut bei 10 Grad Ost mit einer Ablage von ca. 1.000 Metern südsüdöstlich der Zentrallinie, wo mit 12 Kontakten gerechnet werden kann. Die roten Begrenzungslinien zeigen den Versatz der scheinbaren Sternbahn von +- 1.000 Meter, so dass man abschätzen kann, dass von anderen Beobachtungsstationen wegen der relativ steilen Mondstrukturen (erneut 12-fach überhöht dargestellt) kaum mehr als 12 Kontakte möglich sind.

3 Die scheinbare Sternbahn von SAO 99019, 12-fache Mondhöhendehnung,
rote Begrenzungslinien bei +- 1.000 Meter

SAO 99019 ist ebenfalls nicht als Doppelstern bekannt.

Journal für Astronomie Nr. 83 | 99

Sternbedeckungen

Ereignis 4: 01.12.2022

Das letzte einfach zu beobachtende Ereignis dieses Jahres findet am späten Abend des 1. Dezember am zerklüfteten Südrand des Mondes statt. Der zu 63% beleuchtete zunehmende Mond streift den 6,1 mag hellen Stern SAO 146919. Die Zentrallinie verläuft von Goch über Ahaus, Rheine, Steinfeld (Oldenburg), Rothenburg (Wümme), Mölln, Wismar, nördlich Rostock und Barth nach Breege.

Die meisten Bedeckungsereignisse geschehen in diesem Fall nicht im Bereich des mittleren Mondrandes, sondern an den Bergspitzen, die am Stern vorbeilaufen. Diese Beobachtung gelingt an einem Ort, der ca. 2.500 Meter südöstlich der Zentrallinie liegt.
Die Abbildung 4 zeigt diese Situation bei 10 Grad Ost, wo ab 22:06 Uhr MEZ in knapp 2 Minuten mindestens 12 Kontakte zu er-

4 Die scheinbare Sternbahn von SAO 146919, 12-fache Mondhöhendehnung, rote Begren-
zungslinien bei +- 3.000 Meter

warten sind. Die Mondhöhen sind erneut 12-fach gedehnt dargestellt. Die roten Begrenzungslinien zeigen den Versatz der scheinbaren Sternbahn von +- 3.000 Metern. SAO 146919 ist ein sehr enger Doppelstern mit zwei 7,1 mag hellen Kompo-

nenten. Visuell werden die Kontakte mit dem Mondrand aber schlagartig erfolgen. Erst eine Videoaufzeichnung dürfte das kurz nacheinander erfolgende Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns auflösen.

Karte mit den Grenzlinien der beiden Streifungsereignisse (1+2=5+6) am 1. Januar 2023

100 | Journal für Astronomie Nr. 83

Sternbedeckungen

Ereignis 5: 01.01.2023

Am Abend des 1. Januar 2023 wird der 5,8 mag helle Stern Omikron Arietis (SAO 93082) vom Südrand des zu 77% beleuchteten zunehmenden Mondes streifend bedeckt. Zu sehen ist dieses Ereignis auf einer Linie nördlich von Trier über Koblenz, Herborn, südlich an Kassel und Göttingen vorbei über Werningerode und nördlich vorbei an Magdeburg und Oranienburg.

Die Abbildung 5 zeigt das Mondrandprofil in 12-facher Überhöhung mit roten Begrenzungslinien bei +- 3.000 Metern. Die scheinbare Sternbahn gilt für einen Beobachtungsort bei 10 Grad östl. Länge und einem Abstand von der Zentrallinie von ca. 1.000 Meter in Richtung Nordwesten. Dort können ab 20:21 Uhr MEZ mindestens 10

5 01.01.2023: Die scheinbare Sternbahn von Omikron Arietis (SAO 93082), 12-fache Mond-
höhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +- 3.000 Meter
Kontakte des Sterns mit dem Mondrand beobachtet werden. Omikron Arietis ist nicht als Doppelstern bekannt.

Ereignis 6: 01./02.01.2023

In der Nacht vom 1. auf den 2. Januar 2023 kommt Norddeutschland in den Genuss, eine seltene streifende Bedeckung des Planeten Uranus durch den zu 78% beleuchteten zunehmenden Mond verfolgen zu können. Die südliche Grenzlinie, die den jeweiligen Kontakt zwischen der mittleren Mondhöhe und der Mitte des Planeten kennzeichnet, verläuft von Haren (Ems) über Cloppenburg, Walsrode und Neuruppin bis nördlich von Eberswalde.

Die Abbildung 6 zeigt Uranus am Mondrand um 9 Sekunden nach Mitternacht bei einer Länge von 10 Grad Ost. Das Mondrandprofil ist nicht gedehnt. Die roten Begrenzungslinien stehen im Abstand von +- 4.000 Metern. Dieses entspricht dem Versatz am Erdboden, der den Radius des Uranus abdeckt.
Zu erkennen ist auch, dass der Terminator relativ nah ist, was die Beobachtung durch Überstrahlungseffekte etwas erschwert. Uranus hat eine Helligkeit von 5,7 mag. Je weiter östlich man in Deutschland beobachtet, umso näher rückt der Terminator. Dadurch ist Uranus nach der engsten Annäherung des Mondes erst wieder sichtbar, nachdem der beleuchtete Teil des Mondes ein gutes Stück weitergezogen ist.

6 01.01.2023: Die scheinbare Bahn des Planeten Uranus, keine Mondhöhendehnung, rote
Begrenzungslinien bei +- 4.000 Meter

In der Nähe der vorausberechneten Grenzlinie lassen sich je nach Abstand von dieser ganz unterschiedliche Bedeckungsverläufe erleben. Genau auf der Grenzlinie wechselt durch den sich ständig ändernden Bedeckungsgrad die Helligkeit von Uranus, bis er hinter einem Berg fast vollständig erlischt. Bis zu 7 km südlich der vorausberechneten Grenzlinie berühren immer noch Bergspitzen des Mondes den Rand des Uranus. Erst weiter südlich sieht man den Mond ohne eine Bedeckung am Uranus vorbeiziehen.

Befindet man sich etwas nördlich der vorausberechneten Grenzlinie, wird das Verschwinden des Uranus hinter den unbeleuchteten Mondstrukturen zeitlich sehr in die Länge gezogen. Aber auch die totale Bedeckung des Uranus, die von ganz Nordeuropa aus zu sehen ist und eine Eintrittsphase von mindestens 8 Sekunden hat, ist sehenswert.
Ein wissenschaftlicher Wert ist mit dieser Beobachtung nicht verbunden. Es bietet sich aber die Gelegenheit eines leichten Aufsuchens dieses sicher seltener beobachteten Planeten.

Veränderliche

TESS-Lichtkurven im Vergleich zu eigenen Beobachtungen des Delta-Scuti-Sterns VZ Cancri
von Matthias Kolb

Anfang 2022 habe ich VZ Cnc fotometrisch beobachtet. Es handelt sich um einen HADS(B)-Stern, einen High-AmplitudeDelta-Scuti-Stern vom Typ B. Delta-Scuti-Sterne sind kurzperiodische Pulsatoren, typischerweise dauert eine Periode wenige Stunden. Die HADS-Typen zeigen dabei Amplituden, also die Differenz zwischen Maximum und Minimum, von mehr als 0,3 Magnituden. Typ B bedeutet, dass die Sterne nicht nur in einer radialen Frequenz pulsieren, sondern in zwei, manchmal auch mehr. Man kann sich zum Vergleich die pulsierende Luftsäule in einer Orgelpfeife vorstellen, bei der auch nicht nur die Grundfrequenz, z. B. 440 Hz beim Kammerton A, angeregt wird, sondern eine Menge Obertöne. Diese Obertöne sorgen dann auch für den typischen Klang eines Instrumentes (neben anderen Effekten wie dem Anschwingverhalten). Bei den HASD(B)-Sternen ist die Grundfrequenz zumeist gar nicht angeregt, sondern die ersten beiden Obertöne. Man kann das aus dem Frequenzverhältnis F1/ F2 entnehmen, welches bei etwa 0,8 liegen sollte, wie man durch die Modellierung dieser Sterne berechnet hat [3, 7, 8].

Aus der Literatur waren für VZ Cnc die Perioden der beiden Moden bekannt, und ich konnte diese durch meine Beobachtungen bestätigen (s. Tabelle 1) [4, 5, 6].
Von VZ Cnc war auch bekannt, dass sowohl die Amplituden wie auch die Lage des Maximums zwischen den Zyklen recht deutlich variieren, dies konnte ich ebenfalls in meinen Daten erkennen.
Vor einigen Wochen habe ich begonnen, mich intensiver mit dem Satelliten TESS zu beschäftigen, und dabei bot sich mir ein Vergleich zu meinen Messungen bei VZ Cnc.
TESS (Transiting Planet Survey Satellite) dient der Suche nach Exoplaneten mittels der Transit-Methode. Dabei wird die leichte ,,Verdunkelung" des Sternes gemessen, sobald ein Planet vorbeizieht. Entsprechend kann man also nur solche Planeten finden, deren Bahnebene etwa in unserer Blickrichtung liegt. TESS fotografiert dazu mit vier Kameras jeweils ein Himmelsareal von 24 Grad x 24 Grad , zusammen 96 Grad x 24 Grad . Der Filter

der Kamera lässt Licht im roten/infraroten Bereich zwischen 600 und 1.000 nm durch, abweichend von den sonst typischen fotometrischen Beobachtungen von variablen Sternen durch Amateurastronomen, die ja überwiegend im V- und B-Band, also um 500 und 400 nm stattfinden. Auch sind die Pixel relativ groß, ein Pixel entspricht etwa 21 Bogensekunden, da kann durchaus auch mal mehr als ein Stern gleichzeitig abgebildet werden. Man muss also etwas Vorsicht walten lassen, wenn man TESS-Daten auf veränderliche Sterne anwendet und diese Lichtkurven mit anderen Beobachtungen vergleicht.
Wie kommt man nun an die TESS-Daten? Es gibt verschiedene Wege und ich möchte hier den einfachsten beschreiben, den man für solche Sterne wählen kann, für die es schon kalibrierte Lichtkurven im 120-Sekunden-Intervall im TESS-Datenarchiv gibt. Ein Beobachtungslauf liefert dann 16.344 (!) Daten für 24,5 Tage, durchgehend bis auf eine Pause von etwa 40 Stunden in der Mitte. Eine geradezu paradiesische Datenlage. Die meisten Sterne jedoch wurden

1 Ausschnitt aus der TESS-Lichtkurve vom Januar 2021. Die schwarze Kurve bildet ein Modell aus der Fourieranalyse ab.
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Veränderliche

in Kadenzen von 10 Minuten fotografiert, für kurzperiodische Pulsatoren ist das ein etwas zu langer Zeitraum.

Um zu sehen, ob und wann ein Stern, für den man sich interessiert, fotografiert wurde, kann man das Web TESS Viewing Tool (WTV) benutzen: https://heasarc.gsfc. nasa.gov/cgi-bin/tess/webtess/wtv.py. Nach Eingabe des Namens oder der Koordinaten erhält man als Ergebnis z. B. für VZ Cnc fünf Beobachtungskampagnen zwischen 2019 und 2022 mit drei der vier Kameras. Eine weitere Beobachtung ist für das Frühjahr 2023 geplant.
Der nächste Schritt führt dann zum Mikulski-Archiv mit dem MAST-Portal: https:// mast.stsci.edu/portal/Mashup/Clients/ Mast/Portal.html. Hier kann man wieder Name oder Koordinaten eingeben und erhält eine Tabelle mit Dateien von Satellitenbeobachtungen, nicht nur von TESS. So findet man z. B. auch Kepler-Daten und viele UV-Spektren. Aber aufpassen: Es werden auch Dateien zu Sternen angeboten, die im Umfeld der Koordinaten liegen, daher immer in der letzten Spalte gucken, dort steht der Abstandswinkel.
Für die Lichtkurven oder Spektren klickt man einfach auf die entsprechenden Icons und kann die Kurven sofort sehen und auch hineinzoomen. Zum Download kann man sich einen Warenkorb mit Daten füllen und kostenfrei auf die lokale Festplatte laden. Die Daten sind im mehrdimensionalen FITSFormat. Ich nutze das Programm VStar der AAVSO [1, 2], um die Daten einzulesen und auszuwerten. Auch jetzt sollte man wieder aufpassen: Man bekommt sowohl Rohdaten als auch korrigierte Lichtkurven. Unbedingt beide anschauen, denn die maschinellen Korrekturen scheinen manchmal auch Artefakte zu erzeugen. Künstliche Intelligenz (AI) ist nicht immer übermäßig schlau. Ich

2 Powerspektrum mit Semi-Amplituden und Frequenzanalyse

verwende im Weiteren die Rohdaten. Zur Kalibrierung der Magnituden wird im Fitsheader unter #TESSMAG ein Wert angegeben (bei VZ Cnc 7.352). Dort finden sich auch andere Parameter des Sterns wie Teff, Log g, Metallizität.
Man sieht sehr schön in der Abbildung 1, dass die Lichtkurve deutliche Veränderungen der Maxima, sowohl hinsichtlich Lage als auch Amplitude aufweist: Die Abstände zwischen zwei Peaks sind nicht gleich der Hauptperiode von 0,1784 Tagen, sondern pendeln um diesen Wert; das ist der Einfluss der zweiten Schwingung mit einer Periode von 0,1428 Tagen. Sehr schön sieht man auch die Beat-Periode von 0,716 Tagen, dem Kehrwert der Differenz der beiden Schwingungsmoden. Die Amplituden sind etwas kleiner als bei den fotometrischen Messungen aus der Literatur und meinen Ergebnissen, was an dem Wellenlängenbereich von TESS liegt. Auch in der Literatur findet man Belege, dass die Amplituden im blauen/grünen Bereich größer sind als bei höheren Wellenlängen.
Wie kann man nun diese Frequenzen einfach ermitteln? Das geschieht standardmäßig mittels einer Fourieranalyse, mit der man eine periodische Funktion in Summen von Sinus- und Cosinus-Funktionen zerlegt. Man erhält im ersten Schritt ein Diagramm mit den Frequenzen, die

am stärksten zur Amplitudenveränderung der Lichtkurve beitragen (ein sogenanntes Powerspektrum). Die Abbildung 2 zeigt dieses Spektrum für den Beobachtungszeitraum Anfang 2021, direkt vor meinen Messungen. Man sieht sehr schön die beiden Frequenzen der Obertöne bei 5,6065 und 7,0027 d-1. Weitere Peaks zeigen Kombinationsfrequenzen der Formel
n * F1 + m * F2 mit n, m = 0, +/-1, +/-2, ... Um die Frequenzen möglichst genau zu ermitteln, kann man noch das so genannte Pre-Whitening verwenden, bei dem man ein Modell mit der Hauptfrequenz an die Messdaten fittet und dann die Residuen, also die Differenzen zwischen den Mess- und Modellwerten, einer erneuten Fourieranalyse unterwirft (und so weiter). Wie man der Abbildung entnehmen kann, sind sehr viele dieser Kombinationen sichtbar, aber nicht alle mathematisch möglichen liegen über dem Rauschen von etwa 0,3 mmag.
Es findet sich kein Hinweis auf die Fundamentalschwingung, die bei etwa 4,3 d-1 liegen müsste. Zur Feststellung, ob auch nichtradiale Moden im mmag-Bereich auftreten, muss man die Analysen noch verfeinern.
Letztlich wollte ich aber meine Messungen mit TESS-Daten vergleichen, nur überlappen sich die Beobachtungszeiträume aber

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Veränderliche

3 Eigene Beobachtungen im Vergleich zum Modell der TESS-Fourieranalyse

leider nicht. Also habe ich aus der Fourieranalyse der beiden TESS-Kampagnen vor und nach meinen Beobachtungen anhand der wichtigsten Frequenzen ein Modell in VStar gefittet. Wie man in der Abbildung 1 sieht, fittet selbst so ein komplexes Modell mit insgesamt über 50 Parametern die Messkurve nicht vollständig ab; insbesondere die Dynamik, also die Amplitudenmodulation, ist ungenau. Besser sind aber die Lagen der Maxima und Minima und die wesentlichen Features wie Schulter in einigen Perioden. Die Abbildung 3 zeigt einige meiner Lichtkurven im Vergleich zu den Modellberechnungen.
Wie erwartet, sind die Lagen der Maxima auf einige Minuten gleich, die Amplituden im Modell zu klein, aber insgesamt doch eine schöne Übereinstimmung. Der Abstand der Maxima mag an den unterschiedlichen Integrationszeiten oder Synchronisationen der Uhren liegen.

Die Amplituden haben mir aber dann doch keine Ruhe gelassen und ich habe die Aufnahmen vom 24.02.2021 nochmal für den roten Kanal ausgewertet. In der Tat ist die Amplitude der Pulsation ca. 0,1 mag geringer als im grünen Kanal.
War TESS denn bei der Planetensuche an dieser Stelle erfolgreich? Scheint nicht so. Der aktuelle Stand des NASA-Kataloges (https://exoplanets.nasa.gov/discovery/ exoplanet-catalog/) zeigt keinen Eintrag für VZ Cnc.
Danksagung This paper includes data collected by the TESS mission. Funding for the TESS mission is provided by the NASA's Science Mission Directorate (https://heasarc.gsfc. nasa.gov/docs/tess/).

Tabelle 1
Frequenz d-1
F1 F2 F1/ F2

Frequenzen/Perioden von VZ Cnc

Fu, Jiang
5,606520069 7,002600065 0,80

Cox et. al.
5,6066 7,0022 0,80

Kolb 2021
5,60695 7,00329 0,80

Periode
0,17835 0,14279

Literatur- und Internethinweise (Stand: 12.06.2022): [1] VStar: www.aavso.org/vstar [2] D. Benn, 2012: "Algorithms + Obser-
vations = VStar", JAAVSO, v40, n2, pp. 852-866 [3] J. O. Petersen, J. Christensen-Dalsgaard, 1996: "Pulsation models of Scuti variables, I. The high-amplitude double-mode stars", Astron. Astrophys. 312, pp. 463-474 [4] J.-N. Fu, S.-Y. Jiang, 1999: "Pulsation of the delta Scuti star VZ CANCRI", Astron. Astrophys. Suppl. Ser. 136, pp. 285-292 [5] C. Boonyarak, P. Khokjuntod, S.-Y. Jiang, 2009: "The period variation of the double mode high amplitude Scuti variable VZ Cnc", Astrophys. Space Sci. 324, pp. 5-11 [6] M. Kolb, 2021: "VZ Cnc - Beobachtungen des -Scuti-Sterns Februar/ März 2021", BAV Rundbrief 2021/2, www.bav-astro.eu/rb/rb2021-2/75. pdf [7] T. Z. Yang et al., 2021: "KIC 10975348: A Double-mode or Triplemode High-amplitude Scuti Star?", Astron. J. 161:27 [8] D. M. Bowman et. al., 2021: "KIC 5950759: a high-amplitude delta Sct star with amplitude and frequency modulation near the terminal age main sequence", Mon. Not. Roy. Astron. Soc. 504, 4039-4053

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DER NEUE BILDKALENDER
HIMMEL UND ERDE 2023
Sterne und Weltraum präsentiert im Bildkalender »Himmel und Erde« 13 herausragende Motive aus der astronomischen Forschung. Sie stammen aus verschiedenen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums wie dem sichtbaren Licht oder dem Infrarotlicht. Die Aufnahmen zeigen den Saturn im Sommer, eine Sternentstehungsregion in der Großen Magellanschen Wolke, FAST (das »Auge des Himmels«), die Milchstraße im Radiowellenbereich, den Käfernebel, die erste Aufnahme eines Schwarzen Lochs und weitere Himmelsregionen und -objekte.
Zusätzlich bietet der Kalender wichtige Hinweise auf die besonderen Himmelsereignisse 2023 und erläutert ausführlich auf einer Extraseite alle auf den Monatsblättern abgebildeten Objekte.

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VdS-Nachrichten

Thomas Keßler und Carolin Liefke am Himmel geehrt
von Jost Jahn

Einen Kometen zu entdecken, ist der Traum vieler Amateurastronomen, wenn sie mit der systematischen Verfolgung von Objekten im Sonnensystem anfangen. Die kleinere Version des Traumes sind Entdeckungen von neuen Kleinplaneten.
Nach komplizierten Regeln ist aber nicht derjenige der offizielle Entdecker eines Kleinplaneten, der ihn zuerst belichtet, sondern der Beobachter, der die erste von mindestens zwei Nächten in der ersten Opposition des Kleinplaneten meldet [1]. Klingt kompliziert, aber nach einigem Nachdenken ist diese Regelung seit 2010 eindeutig. Sie führt aber dazu, dass die großen Überwachungsprogramme massenhaft imaginäre Flaggen ,,Ich war hier" auf die Kleinplaneten rammen. Sobald das gleiche oder ein anderes Observatorium in dieser Opposition dieses ebenfalls erledigen, ist der Kleinplanet weg vom Markt. Dadurch kann man aber auch Glück haben, wenn diese Flagge nur einmal in einer Opposition gesetzt wurde und man in der ersten Zwei-Nächte-Opposition der erste Beob-

achter ist, der seine Marke hinterlassen hat. Die Taktik ist also heutzutage: Man nehme das lichtstärkste Teleskop mit der empfindlichsten Kamera am dunkelsten Standort am Morgenhimmel zu Beginn der Opposition und finde so viele neue Objekte wie möglich. Dann setzt man die Flagge durch zügiges Ausmessen und Einsenden der Messwerte. Da die großen Surveys immer aktiv sind, kann es sich dabei durchaus um Minuten handeln, die der eine früher oder später dran ist. Also möglichst direkt nach der Beobachtung auswerten.
Früher war die Software ,,Astrometrica" der Standard beim Ausmessen. Seit etwa zwei Jahren aber ist die Software ,,Tycho Tracker" bei den Beobachtern der Hit [2]. Sie braucht weniger Einstellungen und ermittelt aus Massenreihen ab 12 Aufnahmen durch ,,synthetisches" Tracking alle möglichen neuen Objekte. Das setzt einigermaßen gut kalibrierte Aufnahmen voraus. Durch einen ,,Pseudo-Flat" im Programm können auch Aufnahmen mit nicht kalibrierbarem Gradienten verwendet werden.

Auch das Ausmessen der bekannten Objekte in einem Feld geht ruckzuck von der Maus. Benötigte ich früher einige Stunden, um ein tief belichtetes Feld durch das Blinken von in verschiedenen Richtungen mit verschiedenen Beträgen gestackten Aufnahmen mit Astrometrica auszumessen, so sind es jetzt nur wenige Minuten. Das synthetische Suchen geht automatisch ohne Eingriff des Benutzers und kann je nach Rechner, Grafikkarte, Anzahl und Größe der Aufnahmen sowie den Voreinstellungen von wenigen Minuten bis Stunden dauern.
Als Kleinplanetenbeobachter bin ich recht spät in die Entdeckerszene eingetreten, so dass nur noch sehr schwache Kleinplaneten nach der oben beschriebenen Methode übrig blieben. Mit Tycho Tracker ist es aber durchaus möglich, mit 40-cm-Teleskopen noch neue Objekte zu finden. Einige Amateure benutzen auch RASA-Kameras und leistungstarke Computer, um NEOs erfolgreich zu finden [3].

1 Aufnahme des Kleinplaneten (551390)
Thomaskessler = 2013 CK50
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2 Entdeckungsaufnahme des Kleinplaneten (543060)
Liefke = 2013 RQ95

VdS-Nachrichten

Ab 2012 habe ich beim Remotenetzwerk ,,itelescope" begonnen, Kleinplaneten zu suchen, und nach jahrelangem Warten wurden bisher drei Objekte nummeriert und mir das Entdeckungsrecht zugesprochen.
Einen Kleinplaneten davon habe ich nach meinem guten Freund und langjährigem Schatzmeister und Ehrenmitglied der VdS Thomas Keßler benannt [4]. Das Objekt wurde am 6. Februar 2013 mit dem 50-cm-T30-Teleskop (f/6,8) in Australien entdeckt. Das Bild ist zum Abdrucken aber zu schwach. Zwei Tage später gelang mir durch eine Serie von 6 x 180 s mit dem 11-cm-T11-Teleskop (f/5,5) in Spanien das beigelegte Bild (Screenshot der nachträglich ausgemessenen Aufnahme mit Tycho Tracker, Abb. 1).
Ab 2013 später wurde ich Mitglied im ROTAT-Team und konnte das 60-cm-Teleskop (f/3,2) in Südfrankreich intensiver zur Kleinplanetensuche nutzen. Das erste dort entdeckte Objekt war ein NEO im Bildfeld (40' x 60') eines anderen NEOs. In den Jahren darauf wurden bisher sechs dort entdeckte Kleinplaneten nummeriert und mir das Namensrecht zugesprochen. Inzwischen sind es 24 Objekte, denen nach der Nummerierung wahrscheinlich mein

Name als Entdecker folgt [5]. Diese Liste ist dynamisch, da durch Identifikation mit anderen 1-Nacht-Beobachtungen sich das Namensrecht ändern kann. Außerdem habe ich noch einige Dutzende nicht zugeordneter 1-Nacht-Beobachtungen angemeldet. Dazu kommen einige Hundert ,,Entdeckungen", die dann schließlich durch andere Observatorien ,,abgefangen" wurden.
Eines der Objekte habe ich der Koordinatorin im ROTAT-Team und langjährigem Vorstandsmitglied der VdS Carolin Liefke gewidmet [6]. Der Entdeckungsort ,,SATINO Remote" ist der Überbegriff der beiden Teleskope ROTAT und Satino. Beide firmieren unter dem Stationscode C95 beim MPC. Dieser Kleinplanet wurde am 4. September 2013 auf einer Aufnahmeserie von 80 x 90 s entdeckt. Daher ist das Entdeckungsbild auch abdruckbar (Abb. 2).
Wie leistungsstark Tycho Tracker ist, zeigt diese Aufnahmeserie. Mit Tycho Tracker habe ich zusätzlich zu der damaligen Auswertung mit Astrometrica vier neue Objekte gefunden und zwei Kleinplaneten, die schon nummeriert worden sind und mir zugestanden hätten, wenn ich sie damals mit Tycho Tracker hätte finden können.

Internethinweise (Stand 13.06.2022): [1] IAU Minor Planet Center. 2010:
,,MPEC 2010-U20 Editorial Notice", https://minorplanetcenter.net//mpec/ K10/K10U20.html [2] D. Parrott, 2022: ,,Tycho" www.tycho-tracker.com [3] D. Parrott, 2020: ,,Tycho Tracker: A New Tool to Facilitate the Discovery and Recovery of Asteroids Using Synthetic Tracking and Modern GPU Hardware", https://ui.adsabs.harvard. edu/abs/2020JAVSO..48..262P/ abstract [4] IAU Minor Planet Center, 2022: ,,(551390) Thomaskessler = 2013 CK50", www.minorplanetcenter.net/ db_search/show_object?object_ id=Thomaskessler [5] IAU Minor Planet Center, 2022: ,,Provisional designations - Discoveries of station C95", https://unnobs.jostjahn. de/final-disc-C95.html [6] IAU Minaor Planet Center, 2022: ,,(543060) Liefke = 2013 RQ95", https://www.minorplanetcenter.net/ db_search/show_object?object_ id=Liefke

Wir begrüßen neue Mitglieder

Mitgl.-Nr. Name

Vorname

Mitgl.-Nr. Name

Vorname

21523 Vollstedt

Jochen

21537 Obdrzalek Walter

21524 Kretzschmar Ann-Katrin

21538 Much

Steffen

21525 Tillmann Wolfgang

21539 Moissl

Ulrich

21526 Reuschl

Norbert

21540 Moissl

Julian

21527 Wörmke

Stephan

21542 Blum

Johannes

21528 Kocabiyik Zuhal

21543 Hohrein

Marco

21529 Veith

Cornelius

21544 Hoffmann Michael

21530 Heller

Heribert

21545 Kleine

Rolf-Henning

21531 Liebhoff

Thomas

21546 Sturm

Oliver

21532 Shirine

Ayisha

21547 Pecho

Christian

21533 Klafke

Michael

21548 Eberlein

Joerg

21534 Krüger

Kevin

21549 Gebhardt Peter A.

21535 Hoffmann Elias

21550 Weitzel

Aron

21536 Mühlenbruch Volker

21551 Laetsch

Dietmar

Mitgl.-Nr.
21552 21553 21554 21555 21556 21557 21558 21559 21560 21561 21562 21563

Name

Vorname

Day

Jasmin

Schilling

Ingolf

Sommerfeld Markus

van Uden Dirk

Groß

Peter

Pezzutto

Antonio

Pfister

Hannes

Springer

Marco

Ücok

Thomas

Schmicker Felix

Schäfer

Christian

Chevychalova Sofiya

Journal für Astronomie Nr. 83 | 107

VdS-Nachrichten

Nachruf

Nachruf zum Tod von Manfred Holl
(1961 - 2022)

Am 24. Juni 2022 erhielt ich die traurige Nachricht, dass Manfred Holl leider verstorben ist. Das ist schon eine Nachricht, die in der Astroszene mit großer Bestürzung aufgenommen wurde. Für die Gesellschaft für Volkstümliche Astronomie e. V. Hamburg (GvA) war Manfred in Fragen der Astrogeschichte und der Sonnenbeobachtung so etwas wie eine Institution. Viele Jahre lang hat er die Sektion Sonne der GvA geleitet und ihre Beobachtungsergebnisse zur VdS weitergeleitet. Leider litt er in den letzten Jahren doch unter zunehmenden gesundheitlichen Problemen, die ihn letztendlich sogar am aktiven Beobachten hinderten.

Ich selbst hatte ihn schon vor Jahrzehnten in der GvA kennengelernt und es hatte sich dadurch durchaus eine Freundschaft entwickelt. Wir haben zusammen 21 Jahre lang den Sternkieker redaktionell betreut. Unsere schönste Erfahrung war dabei dann der Übergang des Sternkiekers zu einer farbigen Erscheinungsweise, für die wir viele Jahre kämpfen mussten. Weiterhin waren wir schon bald nach der Wende gerne zu Gast in der VdS-Feriensternwarte in Kirchheim/Thüringen. Ich habe mit ihm auch diverse andere Astrourlaube unternommen, so z.B. in die Eifel. Leider waren Teleskoptreffen nicht so seine Welt, wo er dann auch noch intensiver hätte über den Tellerrand der Sonnenbeobachtung blicken können. Gerne hat er in der Hamburger Sternwarte sein astrogeschichtliches Wissen bei Führungen den Besuchern weitergegeben. Besonders kann ich mich an die gemeinsame Beobachtung der beiden Venusvorübergänge, mehrerer Merkurvorübergänge und diverser Mondfinsternisse erinnern. Auch konnte ich ihn für die Beobachtung von

Manfred Holl im Jahr 2022
Polarlichtern begeistern. Leider blieb ihm durch seine Flugangst die Beobachtung der totalen Sonnenfinsternis in der Türkei verwehrt. Die Sonnenfinsternis 1999 ließ dieses Erlebnis ja nur teilweise zu. Der Besuch anderer Sternwarten, besonders im Osten Deutschlands, war für ihn als Astrohistoriker immer ein besonderes Erlebnis. Oft haben wir gemeinsam den ATT in Essen wahrgenommen. Ein gutes Händchen hatte er auch für die Dokumentation besonderer Himmelsereignisse und für die der besuchten Sternwarten.
Besonders im Hamburger Umfeld und darüber hinaus müssen wir uns an eine Zukunft ohne Manfred gewöhnen, wenn man das überhaupt kann. Für die Amateurszene wird es so ganz ohne ihn sicherlich ein sehr ungewohntes und trauriges Gefühl sein.

Gerne hat er uns auch einmal an die Sinnhaftigkeit unseres hobbyastronomischen Treibens erinnert. Die Trennung der GvA vom Hamburger Planetarium hat er Zeit seines Lebens nie akzeptieren können. Dafür ist er seinen Sternen jetzt für immer nahe und wir werden ihm sicherlich ein fortwährendes Andenken bewahren.
Andre Wulff im Juli 2022

108 | Journal für Astronomie Nr. 83

Rezension

Beobachtungsbuch für Sterngucker
von Marcus Schenk, Stefan Taube, Bernd Gährken

Die Firma Nimax/Astroshop.de hat ein Zeichenbuch im Angebot. Es ist zunächst erst mal gut, Anfänger zum Zeichnen anzuregen, ein solches Buch kann der Einstieg sein. Der Wert des Zeichnens wird heutzutage unterschätzt.
Das Buch im A5-Format ist im Prinzip ein gebundenes Notizbuch voller Zeichenvorlagen. Eine Doppelseite zeigt links die ,,taktisch-technischen Angaben" und rechts die eigentliche Zeichnung. Die Seiten bestehen aus normalem Kopierpapier.
Auf der linken Seite wird eine ganze Reihe von Angaben ,,erwartet": vom Instrument über den Himmel bis hin zum Objekt und seinen Eigenschaften. Ich bin in meinen eigenen Aufzeichnungen manchmal nachlässig und notiere in meiner ,,freien Form" nicht alles. Hier wird man darauf gestupst. Die rechte Seite gibt einen Zeichenkreis für das Gesichtsfeld. Ich zeichne meist keine ganzen Gesichtsfelder und muss noch pro-

bieren, wie ich damit klarkomme. Jedenfalls ist diese Art weit verbreitet. Gut finde ich ein Kästchen, in dem man Aufsuchhinweise eintragen kann. Wenn man das einmal gemacht hat, wird man viele der Objekte ohne Sternkarte wiederfinden, auch wenn man den Himmel nicht auswendig kennt.
Im Buch sind alle paar Seiten redaktionelle Inhalte, die sich an Anfänger richten. Die ersten Abschnitte sind gut gewählt, aber der Messier-Marathon ist vielleicht doch zu sehr Hardcore. Später werden dann Objekte vorgestellt, mit einem Schwerpunkt auf ,,Nebeln" (Deep Sky). Hier gibt es aus meiner Sicht etwas zu kritisieren. Ich erlebe immer wieder, wie schwer es Anfängern fällt, selbst leicht zu findende Ziele wirklich ins Okular zu bekommen. Die ausgewählten Objekte stehen allesamt zwar recht hoch am Himmel und z. B. nicht im Schützen. Aber eine Aufsuchstrategie fehlt. Galaxien im Haar der Berenike findet man als Anfänger nicht so ohne Weiteres. Außerdem be-

obachten gerade Anfänger oft aus der Stadt, hier fehlen deutliche Hinweise, welche Objektklassen sich dazu eignen. Der Verlag möchte hier ,,online" nachbessern.
Insgesamt ist das Hinlenken auf die Zeichnung aber etwas, was gerade Anfängern guttut. Die Entdeckerfreude wird verstärkt, weil man im Nachhinein die Beobachtung vorzeigen kann. Und weil man freilich mehr sieht, wenn man zeichnet. Im Gegensatz zu losen Blättern geht so ein Buch nicht verloren. Wer hat schon noch seine ersten Zeichnungen? Ich habe mich auf das Buch eingelassen und benutze es von Zeit zu Zeit. Nicht durchgängig, da ich mit verschiedenen Medien arbeite und manchmal richtigen Zeichenkarton oder schwarzes Papier benötige.
Fazit: Dieses Buch sollte man Anfängern gleich zusammen mit dem ersten Teleskop in die Hände drücken.
Uwe Pilz

Journal für Astronomie Nr. 83 | 109

VdS vor Ort / Tagungsberichte

Das Fachgruppentreffen 2022 in Kirchheim
von Sven Melchert

Nach ganzen drei Jahren war es am 25. Juni 2022 endlich wieder einmal so weit: die Fachgruppenvertreter der VdS sind zu ihrem jährlichen Treffen zusammengekommen - vor Ort an der Sternwarte in Kirchheim. Wie immer wurden wir von den Kirchheimer Sternfreunden herzlich empfangen und konnten im Laufe des Tages auch die vielen zwischenzeitlich erfolgten Veränderungen bewundern. Vieles wurde renoviert und modernisiert, und das betrifft ausnahmsweise nicht nur die Beobachtungsgeräte (aber auch diese).
Sternwartenleiter Jürgen Schulz musste nicht extra darauf hinweisen, denn wir alle genossen an einem sonnigen Tag den Schatten: am Hauptgebäude der Sternwarte befindet sich jetzt eine große Markise. Die sanitären Einrichtungen sind funkelnagelneu, im Nebengebäude wurde eine zusätzliche Übernachtungsmöglichkeit eingerichtet und die Montierung des 50-cm-Newton-Teleskops in der Kuppel ist jetzt mit Absolut-Encodern ausgestattet. Dieses Jahr jährt sich die Zusammenarbeit von VdS und Sternwarte Kirchheim zum 30. Mal, was im September mit einer Feierstunde begangen wird.
Neben den angereisten Gästen nahmen zahlreiche Sternfreunde auch per Videokonferenz teil - dies war unsere erste ,,hybride" Tagung. Sirko Molau vom Arbeitskreis Meteore sei gedankt, dass er die dazu notwendige Technik mitgebracht hatte. So nahmen insgesamt 22 Fachgruppenaktive und Vorstandsmitglieder an diesem Treffen teil.

chael Schomann und Sven Melchert zeigten anschließend die neuen Werbemittel der VdS, an denen die Fachgruppenmitglieder aktiv mitgearbeitet hatten. Für Neumitglieder, die sich über das Online-Formular anmelden, wurde gewünscht, wieder die Möglichkeit zur Auswahl von Fachgruppeninformationen zu haben. Michael Schomann präsentierte die für Ende Oktober geplante Tagung in Halle (siehe auch Seite 52 in diesem Heft) und lud die Fachgruppenvertreter zur Teilnahme ein. Kommendes Jahr wird sich das ,,Wissenschaftsjahr" dem Thema ,,Unser Universum" widmen. Die VdS erwägt derzeit die Beteiligung an mehreren Aktivitäten, über die vom Veranstalter im Oktober 2022 entschieden wird. Der Wunsch nach einem ,,klassischen" Menü auf www.sternfreunde. de konnte dank der Initiative von Carolin Liefke und Gerrit Grutzeck bereits zum FG-Treffen umgesetzt werden.

zelbeiträge. Der Kreativität tat das aber keinen Abbruch und es wurden wieder zahlreiche spannende Schwerpunktthemen für die Zukunft geplant.
Außerdem wurde diskutiert, ob ältere Journal-Ausgaben öffentlich zugänglich sein sollen, damit sich die Qualität der VdS- und Fachgruppenarbeit besser im Internet verteilt, also von Suchmaschinen automatisch gefunden wird. Das Ergebnis war ein vernünftiger Kompromiss: die neuesten Hefte bleiben nur für VdS-Mitglieder erhältlich, alle älteren können frei heruntergeladen werden.

Nach einem kurzen Update aus allen Fachgruppen und den üblichen Informationen zum Wechsel der Zuständigkeiten stellte Kai-Oliver Detken die neue Fachgruppe ,,Remote-Sternwarten" vor - das Thema stieß wie erwartet auf großes Interesse und wurde umfangreich diskutiert. Mi-

Ein wesentliches Thema bei den FG-Treffen ist unser VdS-Journal. Aufgrund der deutlich steigenden Druckkosten wurde besprochen, dass Schwerpunktthemen in Zukunft auch deutlich kürzer ausfallen können, zum Beispiel mit einem umfassenden Artikel zum Thema anstelle vieler Ein-

Nach drei Jahren Pause war der Tag viel zu kurz, um sich ausreichend auszutauschen (obwohl er für einige ganz schön lang wurde). Wir freuen uns daher schon heute auf das nächste Fachgruppentreffen im Juni 2023 - natürlich wieder an der Sternwarte Kirchheim!

110 | Journal für Astronomie Nr. 83

FUHRMANN

Mars

PERSEUS Algol

Aldebaran

Plejaden

STIER

Uranus

R WIDDE

DREIECK

EDA ANDROM

KASSIOPEIA FISCHE

KEPHEUS Deneb

SCHWAN

Wega

HERKULES

LEIER

EIDECHSE

PEGASUS

Albireo FÜCHSCHEN
PFEIL

DELFIN FÜLLEN

Atair

ADLER

SCHLANGENTRÄGER

Mira WALFISCH
ERIDANU S
SÜDOST
Sternkarte exakt gültig für 15. Oktober 2022 23 Uhr MESZ
Mondphasen im Oktober 2022

Jupiter Neptun

WASSERMANN

SÜDL. FISCH Fomalhaut BILDHAUER

Saturn STEINBOCK

SÜD

SCHILD
Pluto SÜDWEST
Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Quellen- und Zeitangaben: Zusammengestellt von Werner E. Celnik, mit Beiträgen von Dietmar Bannuscher (Veränderliche Sterne), Eberhard Riedel (streifende Sternbedeckungen) und Oliver Klös (Sternbedeckungen durch Kleinplaneten).

Erstes Viertel 3.10.

Vollmond 9.10.

Letztes Viertel 17.10.

Neumond 25.10.

Ereignisse im Oktober

01. ab 04:48 Io mit Schatten vor Jupiter, Dämmerung

01. ab 23:48 Europa mit Schatten vor Jupiter, bis 02:04

02. ab 23:16 Io mit Schatten vor Jupiter, bis 01:23

03. 01:14 Erstes Viertel

04. 05:15 Merkur, Beginn Morgensichtbarkeit, O-Horizont

04. 17:32 Mond erdnah, 32,4'

04. bis 19:49 Io mit Schatten vor Jupiter

04. 21:30 RZ Cas Minimum

05. 20:09 Mond 4,8 Grad SO Saturn (0,5 mag, 18,0'')

07.

Mond Libration 7,0 Grad NW, PoWi 337 Grad

08. 05:20 Merkur (-0,4 mag, 7,1'') in größter westl. Elong., 18 Grad ,

Morgensichtbarkeit, O-Horizont

08. 21:39 Mond 2,7 Grad SO Jupiter (-2,9 mag, 49,6'')

08. 21:52 Beta Lyr Minimum

08. 22:09 U Oph Minimum

09. ab 02:24 Europa mit Schatten vor Jupiter, bis 04:18

09. 21:55 Vollmond

09. 22:18 RR Lyr Maximum

10. ab 01:12 Io mit Schatten vor Jupiter, bis 03:07

10. 20:56 RZ Cas Minimum

11. 02:31 Beta Per (Algol) Minimum

11. ab 19:41 Io mit Schatten vor Jupiter, bis 21:34

13. 21:50 Beta Per (Algol) Minimum

13. 21:52 Mond 7,1 Grad N Aldebaran (1,0 mag)

15. 04:41 Mond 3,2 Grad N Mars (-0,9 mag, 13,3'')

16. 00:21 Mars (-0,9 mag, 13,4'') 1,2 Grad N Krebsnebel (M 1)

16. ab ca. 1h Streifende Sternbedeckung Mond - SAO 78196 (6,7 mag),

Linie Karlsruhe - Tauberbischofsheim - südlich Würzburg

- Coburg - Schmölln - Riesa - Cottbus

17. ca. 00:35 Streifende Sternbedeckung Mond - 47 Gem (SAO 79141,

5,8 mag), Linie Saarlouis - Bingen am Rhein - Wiesbaden

- Friedewald - Sondershausen - Bad Belzig - Berlin -

Bad Freienwalde (Oder)

17. ab 03:07 Io mit Schatten vor Jupiter

17. 5h

Mond 6,0 Grad W Pollux (1,2 mag)

17. ca. 05:10 Streifende Sternbedeckung Mond - SAO 79286 (7,0 mag),

Linie Leer (Ostfriesland) - Zeven - Hanstedt - Lüneburg -

Wittstock/Dosse - Schwedt/Oder

17. 11:21 Mond erdfern, 29,6'

17. 18:15 Letztes Viertel

18. ab 21:36 Io mit Schatten vor Jupiter, bis 23:19

19. 05:40 Merkur, Ende Morgensichtbarkeit, O-Horizont

19. bis 17:45 Ganymed mit Schatten vor Jupiter, mit Europa

19. ab 18:17 Europa mit Schatten vor Jupiter, bis 19:41, mit Ganymed-

Schatten

20. 5h

Mond 7,3 Grad NW Regulus (1,4 mag)

21.

Mond Libration 7,5 Grad SO, PoWi 149 Grad

21. 2. Nachth. Maximum Meteorschauer der Orioniden, ca. 65 km/s,

ca. 20/h

22. 06:08 Kleinplanet (2) Pallas (8,5 mag, 0,384'') bedeckt TYC 5971-

01483-1 (9,8 mag) für 27,0 s, Hell.-Abfall um 0,3 mag,

Sternbild Großer Hund, Pfad in Deutschland u. Österreich,

Dämmerung!

22. 22h

Venus in ob. Konj. mit der Sonne

23. 03:05 Kleinplanet (3548) Eurybates bedeckt TYC 1907-01007-1

(8,7 mag) für 10,3 s, Hell.-Abfall um 8,5 mag, Sternbild

Zwillinge, Pfad in W-Deutschland

24. 02:51 X Tri Minimum

25. 01:07 Kallisto am Jupiter-Südpol

25. 11:49 Neumond, partielle Sonnenfinsternis ab ca. 10:07,

Bedeckungsgrad in D 19-31%

25. 21:51 U Sge Minimum

25. ab 23:32 Io mit Schatten vor Jupiter, bis 01:05

26. ab 18:14 Ganymed vor Jupiter, bis 21:08, ab 19:25 mit Europa, ab

20:53 mit Europa-Schatten

26. ab 20:53 Europa mit Schatten vor Jupiter, bis 21:58, bis 21:08 mit

Ganymed, ab 21:15 mit Ganymed-Schatten

27. 00:48 X Tri Minimum

27. bis 19:32 Io mit Schatten vor Jupiter, Beginn in der hellen Dämmerung!

28. 23:26 X Tri Minimum

29. 16h

Mond erdnah, 32,4'

29. 22:45 X Tri Minimum

30. 02:00 Umstellung von Sommerzeit MESZ auf MEZ, Uhr um 1 Std.

von 3h MESZ auf 2h MEZ zurückstellen

30. 12h

Mars (-1,2 mag, 15,0'') wird rückläufig, Beginn Oppositions-

schleife, Abendhimmel NO

30. 22:04 X Tri Minimum

31. 20:23 X Tri Minimum

JJoouurnrnaal flüfür rAAsstrtoronnoommieieNNr.r.8833 | |1111

Castor Pollux

Capella

KASSIOPEIA

KEPHEUS

Deneb

Wega

LEIER

EIDECHSE

ZWILLINGE

FUHRMANN

Mars

Beteigeuze

Aldebaran

Algol

STIER

PERSEUS

Plejaden

DREIECK
WIDDER Uranus

ANDROM EDA

FISCHE

PEGASUS

SCHWAN

Albireo

FÜCHSCHEN PFEIL

DELFIN

Atair

FÜLLEN

ADLER

ORION

Rigel SÜDOST

Mira ERIDANUS

Sternkarte exakt gültig für 15. November 2022 22 Uhr MEZ
Mondphasen im November 2022

WALFISCH

Jupiter Neptun

WASSERMANN

BILDHAUER

Saturn
STEINBOCK FomalhautSÜDL. FISCH SÜDWEST

Vereinigung der Sternfreunde e.V.

SÜD

www.sternfreunde.de

Quellen: Eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto), Berechnungen der BAV, Berechnungen der IOTA/ES (Eberhard Riedel [GRAZPREP]), Berechnungen von Steve Preston (Sternbedeckungen durch Kleinplaneten), Kosmos Himmelsjahr 2022.

Erstes Viertel 1.11.

Vollmond 8.11.

Letztes Viertel 16.11.

Neumond 23.11.

Erstes Viertel 30.11.

Ereignisse im November

01. 07:37 Erstes Viertel

01. 20h

Mond 5,7 Grad S Saturn (0,7 mag, 17,2'')

02. ab 01:27 Io mit Schatten vor Jupiter, bis 02:52

02. ab 21:43 Ganymed und Europa vor Jupiter, bis 00:17,

ab 23:29 mit Europa-Schatten

02. 23:32 Beta Per (Algol) Minimum

03.

Mond Libration 7,5 Grad NW, PoWi 329 Grad

03. ab 19:56 Io mit Schatten vor Jupiter, bis 21:19

05. 01:13 Mond 2,6 Grad SO Jupiter (-2,8 mag, 47,1'')

08. 12:02 Vollmond, totale Mondfinsternis, unbeobachtbar in

Mitteleuropa

09. 9h

Uranus (5,6 mag, 3,8'') in Opposition zur Sonne

(Entf. 2796 Mio. km), Sternbild Widder

10. ab 01:10 Europa und Ganymed vor Jupiter, ab 02:04 mit

Europa-Schatten

10. 6h

Mond 7,7 Grad NW Aldebaran (1,0 mag)

10. ab 21:52 Io mit Schatten vor Jupiter, bis 23:07

10. 22:47 RZ Cas Minimum

11. 6h

Mond 5,2 Grad W Mars (-1,5 mag, 16,1'')

11. 06:49 Kleinplanet (629) Bernardina bedeckt TYC 1910-

01018-1 (8,6 mag) für 6,7 s, Hell.-Abfall um 6,2 mag,

Sternbild Zwillinge, Pfad in Mitte Deutschlands,

Dämmerung!

12. bis 17:35 Io mit Schatten vor Jupiter, Dämmerung!

12. ca. 22:40 Streifende Sternbedeckung Mond - SAO 78770

(6,7 mag), Linie Konstanz - Biberach an der Riß -

Neuburg/Donau - Hemau - Neunburg vorm Wald

13.

Kleinplanet (27) Euterpe (9,0 mag) in Opposition zur

Sonne, Sternbild Widder

13. ab 19:10 Ganymed wird verfinstert, bis 22:09

14. 00:07 Mond 2,2 Grad S Pollux (1,2 mag)

14. 07:40 Mond erdfern, 29,5'

15. ca. 01:10 Streifende Sternbedeckung Mond - SAO 80310

(6,9 mag), Linie Wettringen - Wallenhorst - Nienburg

(Weser) - südlich Uelzen - Pritzwalk - Mirow - Pasewalk

16.

Kleinplanet (324) Bamberga (9,1 mag) in Opposition zur

Sonne, Sternbild Perseus

16. 14:27 Letztes Viertel

16. 22:12 16. ab 23h
17. ca. 00:35
17. 1h 17. 03:11
17. ab 23:48 18. 19. 00:40 19. ab 18:17 20. ab 17:58 20. ab 23:13 21. 6h 21. 12h
21. Abend
22. 21:38 23. 01:15 23. 23:57 24. 0h
25. 21:20
25. 22:04 26. 02:34 26. ab 20:13 27. ab 20:35 29. 18h 30. 30. 15:37

RZ Cas Minimum Maximum Meteorschauer der Leoniden, ca. 70 km/s, ca. 15/h Streifende Sternbedeckung Mond - SAO 99019 (7,1 mag), Linie Merzig - nördlich Darmstadt - Hildburghausen - Chemnitz - Dresden - Bautzen Mond 4,2 Grad N Regulus (1,4 mag) Kleinplanet (388) Charybdis bedeckt TYC 1825-00541-1 (9,9 mag) für 9,6 s, Hell.-Abfall um 3,2 mag, Sternbild Stier, Pfad in NO-Deutschland Io mit Schatten vor Jupiter, bis 00:57 Mond Libration 7,9 Grad SO, PoWi 140 Grad Kallisto am Jupiter-Nordpol Io mit Schatten vor Jupiter, bis 19:24 Europa mit Schatten vor Jupiter, bis 18:14, Dämmerung! Ganymed wird verfinstert Mond 3,4 Grad N Spica (1,1 mag) Merkur (-0,8 mag, 4,7'') 1,3 Grad S Venus (-3,9 mag, 9,9''), Taghimmel, Achtung: Sonne nur 7 Grad entfernt Maximum Meteorschauer der Alpha-Monocerotiden, Fallrate stark schwankend RZ Cas Minimum Beta Per (Algol) Minimum Neumond Kleinplanet (324) Bamberga (8,9 mag) im PerseusGalaxienhaufen, 3,6' SW NGC 1275 (11,7 mag), Sternbild Perseus Kleinplanet (195) Eurykleia bedeckt TYC 6363-00593-1 (9,3 mag) für 4,4 s, Hell.-Abfall um 5,6 mag, Sternbild Steinbock, Pfad in N-Schweiz - S-Deutschland, tief am SW-Himmel Beta Per (Algol) Minimum Mond erdnah, 32,9' Io mit Schatten vor Jupiter, bis 21:16 Europa mit Schatten vor Jupiter, bis 20:41 Mond 7,3 Grad SO Saturn (0,8 mag, 16,5'') Mond Libration 8,1 Grad NW, PoWi 320 Grad Erstes Viertel

112 | Journal für Astronomie Nr. 83

LUCHS

Pollux Castor

KREBS

ZWILLINGE

KLEINER HUND
Procyon

Beteigeuze

GIRAFFE Capella

KASSIOPEIA

FUHRMANN

STIER

Mars

Aldebaran ORION

Algol PERSEUS

ANDROMEDA DREIECK

Plejaden

WIDDER

Uranus

FISCHE

HSE EIDEC

SCHWAN PEGASUS

EINHORN
GROSSER HUND Sirius SÜDOST

Rigel HASE

Sternkarte exakt gültig für 15. Dezember 2022 22 Uhr MEZ
Mondphasen im Dezember 2022

WALFISCH
ERIDANUS CHEMISCHER OFEN
SÜD

Jupiter Neptun
WASSERMANN
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Alle Zeitangaben in MEZ, für Standort bei 10 Grad ö.L. und 50 Grad n.Br., falls nicht anders angegeben. Zum Umrechnen in MESZ im Zeitraum bis 30.10.2022, 2:00 MEZ, eine Stunde zu den Zeitangaben addieren. ,,Libration West" bedeutet, dass das Mare Crisium sich weit weg vom westlichen Mondrand (Mond-Osten) befindet.

Vollmond 8.12.

Letztes Viertel 16.12.

Neumond 23.12.

Erstes Viertel 30.12.

Ereignisse im Dezember

01. 00:12 X Tri Minimum

01. 3h

Mars (-1,8 mag, 17,19'') erdnah, 81,45 Mio. km,

Sternbild Stier

01. ab ca. 22h Streifende Sternbedeckung Mond - SAO 146919

(6,1 mag), Linie Goch - Ahaus - Rheine - Steinfeld

(Oldenburg) - Rothenburg (Wümme) - Mölln - Wismar -

nördlich Rostock - Barth - Breege

01. 23h

Mond 4,5 Grad SW Jupiter (-2,6 mag, 43,4'')

01. 23:31 X Tri Minimum

02. 22:30 Kleinplanet (27) Euterpe (9,3 mag) 100'' N SAO 93166

(7,5 mag, Typ M1), Sternbild Widder

02. 22:50 X Tri Minimum

03. 22:09 X Tri Minimum

03. ab 22:09 Io mit Schatten vor Jupiter, bis 23:08

04. 20:30 RZ Cas Minimum

04. 21:38 X Tri Minimum

05. 17:27 Kallisto am Jupiter-Nordpol, Dämmerung!

05. bis 17:37 Io mit Schatten vor Jupiter, Dämmerung!

05. ca. 17:40 Mond bedeckt Uranus, bis ca. 19:00, genaue Zeit abh.

v. Standort

07. 18h

Mond 7,2 Grad N Aldebaran (1,0 mag) und 5,5 Grad W Mars

(-1,9 mag, 17,1'')

08. 05:08 Vollmond

08. ca. 05:59 Mond bedeckt Mars (-1,9 mag, 17,03''), bis ca. 07:02,

genaue Zeit abh. v. Standort

08. 7h

Mars (-1,9 mag, 17,03'') in Opposition zur Sonne

(Entf. 82,21 Mio. km), Sternbild Stier

08. bis 19:08 Ganymed vor Jupiter

11. 06:30 Mond 2,7 Grad SW Pollux (1,2 mag)

12. 01:30 Mond erdfern, 29,4'

12. ab 18:34 Io mit Schatten vor Jupiter, bis 19:31

13. ab ca. 21h Maximum Meteorschauer der Geminiden, ca. 35 km/s,

ca. 150/h

14. 06:30 Mond 4,4 Grad N Regulus (1,4 mag)

14. 17:12 Kleinplanet (117) Lomia bedeckt TYC 3359-00273-1

(10,0 mag) für 12,4 s, Hell.-Abfall um 2,6 mag, Sternbild

Fuhrmann, Pfad in Österreich

15. ab 19:59 Ganymed vor Jupiter, bis 23:05

15. 23:46 Beta Per (Algol) Minimum

16. 09:56 Letztes Viertel

17.

Mond Libration 8,0 Grad SO, PoWi 128 Grad

18 06:30 Mond 6,8 Grad NW Spica (1,1 mag)

18. 20:35 Beta Per (Algol) Minimum

19. ab 20:31 Io mit Schatten vor Jupiter, bis 21:26

20. ca. 17h Venus (-3,9 mag) wird als Abendstern sichtbar,

SW-Horizont

21. 01:15 Kleinplanet (629) Bernardina bedeckt TYC 1913-02265-1

(7,6 mag) für 3,7 s, Hell.-Abfall um 6,3 mag, Sternbild

Zwillinge, Pfad in Mitte Deutschlands

21. ca. 17h Merkur (-0,5 mag, 6,7'') in größter östl. Elong., 20 Grad ,

Abendsichtbarkeit, SO-Horizont

21. 22:48 Wintersonnenwende, Winteranfang

23. 11:17 Neumond

24. 09:30 Mond erdnah, 33,4'

26. 18h

Mond 4,7 Grad S Saturn (0,8 mag, 15,9'')

26. ab 19:26 Ganymed wird verfinstert, bis 22:18

28. ab 16:56 Io mit Schatten vor Jupiter, bis 17:52, helle Dämmerung!

28. 18:30 Saturn (0,8 mag, 15,8'') 1,3 Grad N Gamma Cap (3,7 mag),

Saturnbew. verfolgen

29. 17h

Merkur (0,5 mag, 8,4'') 1,5 Grad N Venus (-3,9 mag, 10,3''),

helle Dämmerung! SW-Horizont

29. 18h

Mond 3,5 Grad SO Jupiter (-2,4 mag, 39,6'')

30. 02:20 Erstes Viertel

30. 20:17 Kallisto streift Jupiter-Südpol

JJoouurnrnaal flüfür rAAsstrtoronnoommieieNNr.r.8833 | |11313

Beobachterforum
Totale Mondfinsternis am 16. Mai 2022
- die VdS-Bilderstrecke
zusammengestellt von Sven Melchert, Peter Riepe und Maciej Libert
Beginn der Totalität bei Monduntergang - diese totale Mondfinsternis war für Beobachter in Mitteleuropa nicht optimal zu verfolgen und in der Praxis nur eine partielle Finsternis. Doch die schwierigen Bedingungen hatten auch ihren eigenen Reiz: je weiter der Mond in den Kernschatten eindrang, desto tiefer sank er in Richtung irdischen Horizont. Beobachter im Süden und besonders im Westen waren bevorzugt, in seiner gesamten Länge ließ sich der Finsternisverlauf jedoch nur von weit entfernten Orten auf anderen Kontinenten erleben. Unsere Bilderstrecke ist somit auch eine kleine Reise rund um den Globus, von Thüringen quer durch die Republik über die Toskana und Teneriffa bis nach Chile, wo sich der total verfinsterte Mond hoch am Himmel inmitten der Milchstraße zeigte. Allen Einsendern herzlichen Dank für ihre Bild- und Textbeiträge!
Familie Petzl hat sich das Himmelsschauspiel der Mondfinsternis in Kefferhausen/Thüringen angeschaut (Abb. 1 und 2). Der Eintritt des Mondes in den Kernschatten begann um ca. 4:30 Uhr MESZ, daher war sehr frühes Aufstehen angesagt. Zu Beginn der Totalität gegen 5:30 Uhr MESZ ging der Mond im Südwesten unter und gegenüber am Himmel (also im Nordosten) die Sonne auf. So konnte man aus dem Eichsfeld nur den partiellen Teil der totalen Mondfinsternis anschauen. Etwa eine halbe Stunde vor Monduntergang verschwand der fast halb verfinsterte Mond dann hinter einer Wolkenbank am Horizont. Die letzten Fotos sind deshalb gegen 4:45 Uhr MESZ entstanden.
1 Oben: der partiell verfinsterte Mond, aufge-
nommen mit einem Zoomobjektiv 150 - 600 mm von Tamron bei 600 mm Brennweite an einer Canon EOS Ra um 4:45 Uhr MESZ. Bei Blende 6,3 und ISO 100 wurde 1/40 s lang belichtet.
2 Familie Petzl (von links nach rechts: Cordula,
Svenja, Ronja und Uwe Petzl) und der partiell verfinsterte Mond. Aufnahme mit Canon EOS RP, Objektiv RF 24 - 240 mm bei 150 mm Brennweite; Blende 6,3, ISO 1.600, 1/60 s.
114 | Journal für Astronomie Nr. 83

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3 Hintergrund: der partiell verfinsterte Mond am noch
dunklen Morgenhimmel. Refraktor 60 mm/360 mm, Canon EOS RPa, ISO 1.600, 1/50 s.

Oliver Schneider machte sich gegen 3:30 Uhr MESZ auf den Weg zum geplanten Beobachtungsstandort in Oerlinghausen und baute dort die Gerätschaften auf. Es zeigte sich aber, dass es an diesem Standort beim späteren Verlauf der Mondfinsternis zu Problemen mit Bäumen kommen könnte. Der zweite Kontakt, also der Eintritt in den Kernschatten, hatte schon stattgefunden, trotzdem entschloss er sich, an einen anderen Standort zu fahren. In Leopoldshöhe, Ortsteil Greste (Kreis Lippe), fand er dann an den Windrädern einen guten Standort und konnte die Mondfinsternis von dort beobachten und fotografieren (Abb. 3 - 5). Trotz teilweiser Wolkenbedeckung war das Himmelsschauspiel bis zum Untergang hinter dem Teutoburger Wald zu sehen. Fotografiert wurde mit einem Refraktor von 60 mm Öffnung und 360 mm Brennweite und einer Canon EOS RPa. Als Montierung kam eine Star Adventurer von Skywatcher zum Einsatz.

4 Der Mond ist zur Hälfte in den Kernschatten eingetaucht.
Refraktor 60 mm/360 mm, Canon EOS RPa, ISO 1600, 1/50 s.

5 In der Morgendämmerung versank der partiell verfinsterte Mond
hinter dem Horizont. Refraktor 60 mm/360 mm, Canon EOS RPa, ISO 1.600, 1/50 s.
Journal für Astronomie Nr. 83 | 115

Beobachterforum
Rainer Sparenberg fotografierte den Verlauf der Mondfinsternis vom Merfelder Bruch bei Dülmen in der Nähe von Münster aus (Abb. 6 - 8).
6 Oben links: Beginn der Mondfinsternis um 4:42 Uhr MESZ, Canon
EOS R5 mit Objektiv Canon EF 200/2,8 bei Blende 2,8, ISO 400, Belichtungszeit 1/4 s. Bildausschnitt.
7 Oben rechts: zehn Minuten später machte sich bereits die Däm-
merung bemerkbar. 4:52 Uhr MESZ, Canon EOS R5 mit Objektiv Canon EF 200/2,8 bei Blende 2,8, ISO 400, Belichtungszeit 1/160 s. Bildausschnitt.
8 Kurz vor dem Untergang, der Himmel ist merklich aufgehellt: 5:16
Uhr MESZ, Canon EOS R5 mit Objektiv Canon EF 200/2,8 bei Blende 2,8, ISO 400, Belichtungszeit 1/50 s. Bildausschnitt.
116 | Journal für Astronomie Nr. 83

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9 Die Mondfinsternis um 4:31 Uhr MESZ kurz nach dem Eintritt
in den Kernschatten. Kamera: Sony A6000, Objektiv: Sigma APOTele mit 400 mm Brennweite bei Blende 5,6; ISO 125, 1/80 s.
Thomas Wassmuth fand sich zusammen mit anderen Beobachtern auf dem Kaiserberg am Dortmunder Phoenix-See ein und hatte von dort aus einen herrlichen Blick zum Mond (Abb. 9 und 10).

1 0 Die Beobachter in Aktion. Canon EOS
700D und Weitwinkelobjektiv von 28 mm Brennweite bei Blende 4; ISO 1600, 1/10 s. Zur visuellen Beobachtung wurde ein kleiner Refraktor 80 mm / 400 mm benutzt.

Journal für Astronomie Nr. 83 | 117

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1 1 - 1 2 Daniel Fischer machte sich in Bochum
auf die Pirsch nach der Mondfinsternis und fotografierte sie von mehreren Standorten aus. Die Aufnahmen entstanden freihändig mit einer Panasonic Lumix DMC-FZ300.
1 3 In Stuttgart hatte Sven Melchert wenig Glück mit dem Wetter, doch kurz vor dem ,,Untergang" hinter dem Nachbarhaus um 4:56 Uhr
MESZ tat sich eine Wolkenlücke auf. Das Bild entstand mit einer Canon EOS M50, 300-mm-Objektiv bei Blende 4, ISO 200 und 1/3 s.
118 | Journal für Astronomie Nr. 83

1 5 Um 4:30 Uhr MESZ war der
Mond fast vollständig in den Kernschatten der Erde eingetaucht. Aufnahme mit Canon EOS 90D, Objektiv Sigma 70 - 200 mm APO EX DG OS HSM bei Blende 2,8; ISO 6.400, 1/125 s.

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Kai-Oliver Detken beobachtete die Mondfinsternis von der südlichen Toskana aus. Die Bilder wurden am Pappasole Beach nahe der Kleinstadt Follonica (ungefähr auf Höhe der Insel Elba) aufgenommen (Abb. 14 und 15).
1 4 Bildmontage des Finsternisver-
laufs, aufgenommen mit einer Canon EOS 90Da, OWB-Filter (OWB steht für ,,Original White Balance") von Astronomik und zirkularem HTC-Polarisationsfilter von B+W Käsemann. Objektiv: Sigma 70 - 200 mm APO EX DG OS HSM bei Blende 2,8; ISO 6.400, Belichtungszeit je Bild 1/8 s.

Journal für Astronomie Nr. 83 | 119

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Bernd Gährken war nach Teneriffa gereist und konnte die gesamte Finsternis vom 2400 m hohen Roque de los Muchachos aus beobachten. Der rote Mond stand rechts neben dem vollständig sichtbaren Skorpion, die Milchstraße reckte sich links vom Skorpion hoch in den Zenit. Ein umwerfender Anblick (Abb. 16 und 17).

1 6 Das obere Bild zeigt eine lang
belichtete Strichspuraufnahme der Mondfinsternis, aufgenommen mit einem 6,5-mm-Fisheyeobjektiv und einer Canon EOS M.

1 7 Im unteren Bild sind alle Phasen
der Mondfinsternis in einer Serie vereint. Zur Aufnahme diente ein Refraktor mit 72 mm Öffnung und 400 mm Brennweite sowie als Kamera die Canon EOS M.

120 | Journal für Astronomie Nr. 83

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Maciej Libert konnte die Mondfinsternis mit einer Reise nach Chile in Südamerika verbinden. Seinen Beobachtungsort wählte er in der Nähe von San Pedro de Atacama. Die Finsternis war von dort aus in ihrer gesamten Länge und dank des Standorts südlich des Äquators hoch am Himmel bestens zu beobachten (Abb. 18 und 19).

1 8 Der vollständige Verlauf der Mondfinster-
nis, zusammengefügt zu einem Mosaik, das die gesamte Ausdehnung des Erdschattens erkennen lässt. Aufnahmen mit Canon EOS R und Sigma 150 - 600 mm bei f = 600 mm mit unterschiedlichen Belichtungszeiten.
1 9 Während der Totalitätsphase zeigte sich
die Milchstraße in ihrer vollen Pracht. Visuell ein atemberaubender Anblick, fotografisch jedoch aufgrund der durchgehend präsenten Schleierwolken schwierig einzufangen. Aufnahmedaten: Canon EOS Ra mit Objektiv Rokinon 24 mm, Blende 2,8, belichtet wurden bei ISO 6.400 6 x 13 s.

Journal für Astronomie Nr. 83 | 121

Beobachterforum

Die Galaxiengruppe um M 96 im Leo
- Entstehungsgeschichte eines Bildes
von Werner E. Celnik, Gerhard Hilverkus und Michael Hoppe

Nur ein einziges Bild gibt es in diesem Beitrag, der keine technische Detailauswertung enthält, sondern vielmehr Lust darauf machen soll, zu kooperieren und gemeinschaftlich astrofotografische Projekte anzugehen. Ein Beispiel, wie es dazu kommen kann, soll hiermit gegeben sein.

Gerhard: Da ich ja immer auf der Suche nach interessanten Objekten bin, ist mir irgendwann, ich denke es war im Jahr 2019, im Internet ein Foto von M 96, das vom Very Large Telescope der ESO aufgenommen war [1], aufgefallen. Völlig fasziniert war ich vor allem von der rötlichen Edge-on-Galaxie 2MFGC 08391, die 245 Mio. Lj entfernt ist [3] und durch einen der äußeren Spiralarme von M 96 hindurchscheint. Danach habe ich dann alte Aufnahmen von mir, die aber nicht lange belichtet waren, durchsucht und siehe da, die Edge-on-Galaxie war andeutungsweise zu sehen, was dann in mir den Wunsch hervorrief, da mehr zu versuchen! Vor allem mit längerer Belichtungszeit und Brennweite. Als ich Werner 2019 im Krankenhaus besuchte, haben wir darüber gesprochen und uns dann überlegt, daraus ein Gemeinschaftsprojekt zu machen! Mein Anteil am Projekt waren dann neun Stunden Belichtung in zwei Nächten mit einer Canon 6Da an meinem Apo-Refraktor 130 mm / 860 mm.
Michael: Die Galaxien Messier 96 und die benachbarte Messier 95 haben eine interessante Morphologie und sind beides Balkenspiralgalaxien, die sich am Himmel in relativer Nähe zueinander befinden und auch in tatsächlicher Hinsicht zu einer gemeinsamen Galaxiengruppe in einer Entfernung von 30-36 Mio. Lichtjahren gehören. Beide Galaxien sind zudem zufälligerweise nahezu in Aufsicht (engl.: face on) zu sehen, was die Sichtbarkeit der Spiralarme und Kernstrukturen besonders gut ermöglicht. Die Gruppe wird ,,M 96-Gruppe" oder auch

,,Leo1-Gruppe" genannt. Zur Gruppe gehört auch die etwas nördlicher gelegene elliptische Galaxie M 105, die ebenfalls mit entsprechender Brennweite und Chipgröße gemeinsam mit M 96 und M 95 abgebildet werden kann. M 105 hat wiederum zwei scheinbare Begleiter in unmittelbarer Nähe, wobei nur die elliptische Galaxie NGC 3384 ein physischer Begleiter von M 105 ist und die bläulich erscheinende NGC 3389 weiter im Hintergrund in etwa 55 Mio. Lichtjahren Entfernung steht. Gerade M 96 zeigt interessante Kernstrukturen und ist wahrscheinlich mit unserer Heimatgalaxie in etwa vergleichbar, zumal die Milchstraße eben auch eine Balkenspirale ist. Besonders spannend ist es dabei auch, dass bei M 96 auch weiter entfernte Galaxien durch die Spiralarme zu beobachten sind, was einen besonderen Reiz hat. M 95 wiederum ist für mich ein Musterbeispiel einer Balkenspirale und insofern ebenfalls ein interessantes Beobachtungsobjekt. Beide Galaxien wurden in der gleichen Nacht am 20. März 1781 vom französischen Astronom Pierre Mechain entdeckt und später in den Katalog von Messier übernommen.
Mein apochromatischer Refraktor AstroPhysics Starfire 130 EDF mit einer Brennweite von 780 mm ermöglichte es, alle vorgenannten Messier-Galaxien gemeinsam abzubilden. Zum Einsatz kam eine astromodifizierte Canon EOS 6Da mit einem Chip im Kleinbildformat, der ein entsprechend großes Bildfeld ermöglicht. An dem ,,M 96-Projekt" habe ich mich gerne beteiligt und hier mit 36 x 300 s bei ISO 800 einen kleinen Beitrag geleistet. Der 130 EDF wurde dabei mit dem original Astro-

Physics-Flattener bei einem Öffnungsverhältnis von 1:6 eingesetzt.
Werner: Über Gerhards Besuch während meines langen Aufenthaltes 2019 im Krankenhaus freute ich mich sehr. Ich war bereits auf dem Weg der gesundheitlichen Besserung und voller Aktivitätsdrang. Als Gerhard mir auf seinem Notebook dann die wunderbare Galaxie M 96 zeigte, war ich hin und weg. Nach eingehender Diskussion beschlossen wir das ,,Gemeinschaftsprojekt Messier 96 und Gefährten". Einige Monate später kamen wir mit Michael auf das Objekt zu sprechen und er war dabei.
Es war klar: Die groben Umrisse der Galaxien abzulichten, stellte nicht das Problem dar, sie waren hell genug. Aber um die lichtschwächeren Außenpartien mit zu erfassen, würde es eine längere Gesamt-Belichtungszeit erfordern, erst recht, wo wir alle drei an aufgehellten Standorten beobachten. So wurde in den Jahren 2020 und 2022 in eine Reihe von Nächten investiert, um insgesamt 27,4 Stunden lang zu belichten. Den Löwenanteil von 15,4 Stunden in sechs Nächten konnte ich mit meinem Celestron 11 mit HyperStar-Ansatz beisteuern, der bei einem Öffnungsverhältnis von 1:2 eine Brennweite von 560 mm bietet. Als Kamera diente eine Canon 700 Da.
Natürlich kann man immer noch mehr an Belichtung und damit an Bildinformation sammeln, aber bereits jetzt sind allein in M 96 mehr als ein halbes Dutzend Hintergrundgalaxien hinter der Galaxie erkennbar. Dazu die Dunkelwolken in den helleren Galaxienpartien und die bläulichen Sternassoziationen im nördlichen Spiralarm. M 95 bietet ein prächtiges Bild mit seinem gelblichen Zentralgebiet und dem hellen Balken. Deutlich ist die Farbänderung nach außen in den Spiralarmen zu

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Beobachterforum

sehen. M 105 ist eine prächtige, weit ausgedehnte elliptische Galaxie. In der kleineren bläulichen NGC 3389 sind erste Strukturen erkennbar. Die visuelle Sterngrenzgröße im Bild beträgt 22,2 mag.
Internethinweise (Stand 13.06.2022): [1] VLT-Bild von M 96: ,,Portrait of an
imperfect but beautiful spiral", https://www.eso.org/public/images/ potw1143a/

[2] NASA/IPAC Extragalactic Database: http://ned.ipac.caltech.edu/
[3] Hintergrund-Galaxie 2MFGC 08391: http://ned.ipac.caltech.edu/byname? objname=2MFGC+08391&hconst= 67.8&omegam=0.308&omegav= 0.692&wmap=4&corr_z=1

1 Die M 96-Galaxiengruppe mit den
Galaxien M 96 (links unten), M 95 (rechts unten), M 105 (die große, fast kreisförmige elliptische Galaxie oben), NGC 3384 (die elliptische Galaxie nordöstlich neben M 105) und der Hintergrundgalaxie NGC 3389 (ostsüdöstlich von M 105). Der helle bläuliche Stern am oberen Bildrand ist SAO 99280 mit einer visuellen Helligkeit von 6,9 mag. Aufnahmedetails s. Text. (Bild: Werner E. Celnik, Gerhard Hilverkus und Michael Hoppe).

Journal für Astronomie Nr. 83 | 123

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