Direkt zum Inhalt Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 65
BEITRAG
0 Sofi Belichtungsreihe über Landschaft im Mondschatten (R. Schäfer)
1 Editorial (Melchert Sven)
2 Inhaltsverzeichnis (VdS-Geschäftsstelle)
4 Aktuelles über die VdS (S. Melchert, GS)
5 42. Würzburger Frühjahrstagung am 28. April (VdS-Geschäftsstelle)
6 Die Verleihung des Deutschen Preises für Astronomie an Wolfgang Busch (C. Liefke)
6 Nordlicht-Beobachtungen im 19. und 20. Jahrhundert (VdS-Geschäftsstelle)
7 Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie! (VdS-Geschäftsstelle)
8 Sonnenfinsternis in Wyoming (T. Payer)
IMPRESSION
11 Im Schatten der Erde: die partielle Mondfinsternis vom 7. August 2017 (F.-X. Kohlhauf)
BEITRAG
11 Inserentenverzeichnis (VdS-Geschäftsstelle)
12 Die totale Sonnenfinsternis am 21.08.2017 bei Mitchell, Oregon (R. Hegenbarth)
16 The Great Eclipse - Totale Sonnenfinsternis über Amerika (K. Rätz)
21 The Great American Solar Eclipse (R. Schäfer)
23 Impressum (VdS-Geschäftsstelle)
24 Die äußere Sonnenkorona im infraroten Licht (W. Srickling)
26 Great American Eclipse: Besuch von Nationalparks mit SoFi-Höhepunkt (K.O. Detken)
32 Erdschein und Baily's Beads bei der SoFi am 21.8.2017 ("J.+G. Ackermann")
34 "The Total Solar Eclipse"" in den USA bei den Cowboys in Riverton" (J. Spuling)
37 Die große USA-Sonnenfinsternis 2017 - ein Last-Minute-Tripp (Gallus Astrid)
40 … endlich !!! (B. Flach-Wilken)
41 Unsere USA-SoFi 2017 ("D. Elsässer, C. Liefke")
42 Reise zur American Eclipse (S. Voltmer)
IMPRESSION
46 Perseiden (F.-X. Kohlhauf)
BEITRAG
47 Stativ Auffrischen leicht gemacht (A. Berger)
48 Powerbox: für mobile Sternwarten (Version 230V) (B. Suntinger)
50 Die Mathematik der Astrofotografie, Teil 2 (M. Köchling)
52 A Fish on a Platter - eine fotografische Nachlese (H.J. Mayer)
55 Der Rosettennebel - angepasste Falschfarbenaufnahme eines Emissionsnebels (M. Schocke)
57 40 Jahre Norddeutsches Astrofotografentreffen (M. Ludwig)
58 Wochenende der Astronomie in Münster (M. Dütting)
59 CSharpFITS und weitere Code-Bibliotheken für das FITS-Format (Jahns Helmut)
60 Interpolation mit kubischen Splines (Jahns Helmut)
60 Beobachtungslogger für Android: StarLog (Jahns Helmut)
61 Haro 4-1 - Ein Planetarischer Nebel im Halo der Galaxis (C. Weis)
63 "Think Big - Beobachtungen über 2 Grad und mehr - das ""Tänzelnde Pferd""" ("C. Hay, R. Merting")
66 Skyguide 2018-1 (Frühling) (Zebahl Robert, Merting Rene)
69 Neues aus der Fachgruppe "Geschichte der Astronomie" (Steinicke Wolfgang)
69 "14. Tagung der FG ""Geschichte der Astronomie"" in Lilienthal" (Steinicke Wolfgang)
72 Historische Sonnenfinsternisse - ein Phänomen mit großer Anziehungskraft (K. Wolfram)
75 Zwei Wochen Wissenschaft für Jugendliche: Das Astronomische Sommerlager ("L. Landwehr L. Kluge M. Ruder")
79 Neues aus der FG Kleinplaneten (Lehmann Gerhard)
80 Kleinplaneten - 3D am Nachthimmel (Geiss Alexander)
81 Kosmische Begegnungen (K. Hohmann, W. Ries)
83 Die 100. Frankfurter Kleinplaneten-Entdeckung (E. Schwab)
85 Kleinplanetentagung 2017 in Leiden (Niederlande) (A. Knöfel)
87 Auffallende Kometen des 3. Quartals 2017 (Pilz Uwe)
88 Synchronschall - selbst beobachtet (Pilz Uwe)
90 Stereoskopie eines Meteorstroms mit Echtzeit-Aufnahmen ("A. Schmusch M. Wolf")
92 Radiant und Antiradiant (T. Credner)
95 Marsbeobachtungen 2016 (Gährken Bernd)
98 Beobachtungstipps zur Marsopposition 2018 (S. Kowollik)
IMPRESSION
101 Polarlicht (J. Kertzscher)
101 Mond und Venus über Stuttgart (Melchert Sven)
BEITRAG
102 Ein frühes Ereignis des Sonnenzyklus 25 - gezeichnet, nicht geknipst (Geiss Alexander)
105 Echelle 2017 - ein Tagungsbericht (U. Waldschläger)
107 Softwaregestützter Entwurf eines Karbon-Échelle-Spektrografen (J. Berlemann)
111 Spektrentrennung von Binärsternen ("D.P. Sablowski, L.F. Schanne, U. Waldschläger")
115 Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 2. Quartal 2018 (Riedel Eberhard)
118 VV Cephei - Beobachtungskampgane einer seltenen Bedeckung (F. Walter)
120 Veränderliche Sterne als Motivation für Schülerpraktikanten (M. Geffert)
123 Neues aus dem Vorstand (Gallus Astrid)
124 Jubiläen 2018 (VdS-Geschäftsstelle)
124 Spenden an die Vereinigung der Sternfreunde e.V. (T. Keßler)
127 Wir begrüßen neue Mitglieder (VdS-Geschäftsstelle)
127 in Memoriam 2017 (VdS-Geschäftsstelle)
128 Das war´n noch Zeiten (Folge 32) (Völker Peter)
130 "36. BoHeTa mit Themenschwerpunkt ""Aktive Galaxienkerne""" (Kai-Oliver Detken)
133 Leben im All (Teil II) - Sehnsucht nach Kontakten (Eversberg Thomas)
136 Himmelsvorschau April 2018 (Melchert Sven, Celnik Werner E.)
137 Himmelsvorschau Mai 2018 (Melchert Sven, Celnik Werner E.)
138 Himmelsvorschau Juni 2018 (Melchert Sven, Celnik Werner E.)
139 Sidewalk Astronomy (Zebahl Robert)
140 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen April bis Juli 2018 (WEC)
142 VdS-FG-Redakteure (VdS-Geschäftsstelle)
142 VdS-FG-Verantwortliche (VdS-Geschäftsstelle)
142 Wichtige Informationen für unsere Mitglieder! (VdS-Geschäftsstelle)
143 Gibt es Neuigkeiten? (VdS-Geschäftsstelle)
144 Autorenverzeichnis (VdS-Geschäftsstelle)
Textinhalt des Journals 65
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VdS-Journal Nr. 65
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Nach Redaktionsschluss
Aktuelles über die VdS
von Sven Melchert, VdS-Vorstand
Liebe Mitglieder und Freunde der VdS, auf der Mitgliederversammlung am 21. Oktober 2017 wurde ein neuer Vorstand gewählt. Damit haben sich im Verein einige Zuständigkeiten geändert, über die wir Sie informieren möchten.
Geschäftsstelle Die Geschäftsstelle der VdS wird in bewährter Weise von Frau Eva Garbe betreut, sie ist zentrale Ansprechpartnerin. Seit Februar unterstützt uns Frau Heike Rader, sie kümmert sich um das VdSJournal, den Astronomietag und Messestände. Die Geschäftsstelle ist immer am Montag, Dienstag und Donnerstag besetzt. E-Mail wie gehabt: service@ vds-astro.de.
VdS-Journal Bei unserem Mitgliedermagazin gibt es derzeit keine Änderungen: Dietmar Bannuscher, Werner Celnik, Otto Guthier, Sven Melchert und Peter Riepe bilden das Team der Endredaktion. Für Anzeigenkunden ist weiterhin unser Druckdienstleister, die Kullmann Verlags GbR zuständig: anzeigen@vds-astro.de.
VdS-Fachgruppen Über Veränderungen bei den Fachgruppen hatten wir bereits in der letzten Ausgabe auf Seite 5 berichtet; die aktuellen
Adressen finden Sie am Ende des Heftes. Ansprechpartner für die Fachgruppen im Vorstand sind Werner Celnik und Otto Guthier.
Kooptierte Vorstandsmitglieder Neben den von der Mitgliederversammlung gewählten Vorstandsmitgliedern bietet die Satzung die Möglichkeit, für spezielle Aufgaben sogenannte kooptierte Vorstandsmitglieder zu bestimmen. Davon hat der Vorstand Gebrauch gemacht und freut sich auf die Mitarbeit von Werner Celnik, Rolando Dölling und Claudia Henkel. Werner Celnik ist für das VdSJournal und zusammen mit Otto Guthier für die Betreuung der Fachgruppen zuständig. Rolando Dölling bildet als Leiter der Fachgruppe Astronomische Vereinigungen die Schnittstelle von den Sternwarten zum VdS-Vorstand. Claudia Henkel ist Vorsitzende der WalterHohmann-Sternwarte in Essen; sie wird den Vorstand bezüglich des Messestandes und der Betreuung von Einsteigern beraten.
Presse und Social Media Für die Pressearbeit und Aktivitäten auf Facebook, Twitter & Co. ist jetzt Carolin Liefke zuständig. Bei Facebook arbeiten weiterhin Heinz Hilbrecht und Jost Jahn mit.
VdS-Website und Veranstaltungstermine Der zentrale Kontakt für Nachrichten ist webmaster@vds-astro.de. Veranstaltungstermine bitte an termine@ vds-astro.de schicken; sie werden dann auch im VdS-Journal veröffentlicht. Die VdS-Fachgruppen können auf Anfrage selbstständig Nachrichten auf der VdSWebsite veröffentlichen.
Zukunftspläne Die VdS ist ein Verein mit langer Tradition und treuen Mitgliedern. Vieles wurde in den vergangenen Jahren erreicht: 17 aktive Fachgruppen stehen für alle Aktivitäten der Amateurastronomie zur Verfügung, darunter die neu gegründete Fachgruppe der Astronomischen Vereinigungen. Das VdS-Journal erscheint mittlerweile in vier Ausgaben pro Jahr. Im Internet kann im VdS-Forum publiziert und diskutiert werden, wir stehen über Facebook und Twitter mit der Außenwelt in Kontakt, Pressemitteilungen erreichen auch die großen Medien, der Astronomietag hat sich etabliert, Mitglieder genießen den Vorteil eines vergünstigten Abonnements von Sterne und Weltraum. Aber wir vermissen Nachwuchs. Wer sich für die Astronomie interessiert, kommt streng genommen ohne die VdS aus. Das Internet bietet ausreichend Möglichkei
Die VdS-Kontakte im Überblick:
Geschäftsstelle Eva Garbe und Heike Rader: service@vds-astro.de
Vorstand Sven Melchert, Vorsitzender: sven.melchert@vds-astro.de Andreas Klug, Schatzmeister: andreas.klug@vds-astro.de Astrid Gallus, Schriftführerin: astrid.gallus@vds-astro.de Dominik Elsässer, VdS-Forum: dominik.elsaesser@vds-astro.de Otto Guthier, VdS-Fachgruppen: otto.guthier@vds-astro.de Torsten Güths, Einsteigerbroschüre: torsten.gueths@vds-astro.de Carolin Liefke, Presse und Social Media: carolin.liefke@vdsastro.de
Kooptierte Vorstandsmitglieder Werner Celnik, VdS-Journal und VdS-Fachgruppen: werner.celnik@vds-astro.de Claudia Henkel, Messestände und Einsteiger:
claudia.henkel@vds-astro.de Rolando Dölling, FG Astronomische Vereinigungen: rolando.doelling@vds-astro.de
VdS-Journal Artikeleinsendungen bitte an die zuständigen Fachgruppenredakteure (Adressen am Ende des Heftes). Artikel zu anderen Themen oder Bildeinsendungen an die Geschäftsstelle, Frau Rader: service@vds-astro.de Anzeigenkunden wenden sich bitte an die Kullmann Verlags GbR: anzeigen@vds-astro.de.
VdS-Website: webmaster@vds-astro.de Veranstaltungstermine: termine@vds-astro.de Forum für Sternfreunde: forum.vds-astro.de Facebook: facebook.com/sternfreunde Twitter: twitter.com/astronomietag
VdS-Journal Nr. 65
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ten, um sich auszutauschen. Warum also sollte man heutzutage noch Mitglied in der VdS werden?
Mit dieser Frage hat sich der Vorstand bereits im Vorjahr ausführlich beschäftigt. Das Ergebnis: wir wollen die gute Arbeit der VdS-Aktiven besser sichtbar machen und den Mitgliedern neue Leistungen anbieten. Es gibt bereits konkrete Pläne: 1. Datenbank für das VdS-Journal: Die im VdS-Journal erschienenen Artikel werden einzeln online gestellt. Dazu kommen die wichtigsten Schlagworte, damit sie Internet-Suchmaschinen aufspüren und so bei einer Internet-Suche angezeigt werden. Vorteil: wer im VdSJournal publiziert, wird auch im Internet gefunden.
2. Bilddatenbank für Mitglieder: nach dem Vorbild der Fachgruppe Kometen werden wir den Mitgliedern die Möglichkeit bieten, ihre Astrofotos bei der VdS zu publizieren und zu archivieren. Das hat mehrere Vorteile: sicheres Speichern der Daten, Veröffentlichung auf der VdS-Website und im VdS-Journal. Vor allem aber eine systematische Übersicht nach Objekten mit der Möglichkeit, vergleichende Auswertungen anstellen zu können. 3. Astronomie für alle: Beobachtungen, Führungen, Vorträge und Tagungen - die VdS hat viel zu bieten, doch das bekommt man oft nur dann mit, wenn man eine lokale Veranstaltung besucht. Unser Ziel ist es, diese Aktivitäten für alle erreichbar zu machen. Vorträge auf Tagungen können live übertragen oder später online abrufbar sein. Für Himmelsschau
spiele muss man nicht unbedingt durch ein Teleskop schauen - das können auch moderne Kameras und das Gesehene so mit Vielen an fernen Bildschirmen teilen.
Das ist längst nicht alles, aber wir müssen der Reihe nach vorgehen und die angestrebten Ziele auch auf absehbare Zeit umsetzen. Für die oben genannten Themen wurden bereits Arbeitsgruppen gebildet, die bis Mitte des Jahres genaue Konzepte entwerfen. Außerdem möchten wir die Meinungen aller Mitglieder hören und werden daher im Laufe des Jahres eine Umfrage durchführen.
Der aktuelle Vorstand möchte das Gute in der VdS bewahren und um neue Angebote ergänzen - wie immer von Sternfreunden für Sternfreunde!
42. Würzburger Frühjahrstagung
am 28. April
Die Frühjahrstagung der VdS in Würzburg findet dieses Jahr am 28. April statt. Veranstaltungsort ist wie in den vergangenen Jahren das Friedrich-Koenig-Gymnasium (Friedrichstraße 22, 97082 Würzburg). Die Tagung ist auch als Lehrerfortbildung registriert. Parkplätze sind ausreichend vorhanden. Die Schule bietet optimale Bedingungen für die Vorträge und den persönlichen Austausch. Es werden Kaffee, Getränke, ein Mittagsimbiss
und Kuchen angeboten. Im Zentrum stehen natürlich die Vorträge - für den Fachvortrag konnten wir in diesem Jahr Dr. Benjamin Knispel vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik gewinnen; er wird über die neuesten Erkenntnisse zur Gravitationswellenastronomie sprechen. Dazu kommen weitere zwölf Vorträge mit sehr interessanten Themen. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen in Würzburg!
09:00 - 09:15
Begrüßung und Eröffnung Dr. Dominik Elsässer (VdS-Vorstand, Tagungsleiter) und die Schulleitung des FKG
09:15 - 10:15
Gravitationswellenastronomie: verschmelzende Schwarze Löcher und Neutronensterne Dr. Benjamin Knispel, Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik, Hannover
10:20 - 10:50
Helligkeitsschwankungen aktiver Galaxienkerne Schüler der Arbeitsgruppe ,,AGN-Monitoring". Friedrich-Koenig-Gymnasium, Würzburg
10:55 - 11:25
Millisekunden-Astrofotografie P. Christoph Gerhard OSB, Abtei Münsterschwarzach
11:30 - 12:05
Das Rätsel über Johannes Keplers Linzer Wohnort zur Zeit der Entdeckung seines dritten Gesetzes vor 400 Jahren Erich Meyer, Linz
12:05 - 12:35 Der Kondensationsgrad von Kometen Dr. Uwe Pilz, Leipzig
12:35 - 13:50 Mittagspause (Essen am Tagungsort möglich) (13:25 bis 13:45 Möglichkeit, Modellkometen selbst herzustellen)
13:50 - 14:20 Astrofotografie stationär und mobil Jens Hackmann, Weikersheim
14:25 - 14:55 ASMET - Autonomes Sensornetzwerk zur Detektion und Beobachtung von Meteoren Ana Vodopivec, Universität Würzburg
15:00 - 15:30 Verleihung des Spektroskopiepreises der VdS-Fachgruppe Spektroskopie anschließend: Vortrag des prämierten Projekts Vereinigung der Sternfreunde e.V.
15:35 - 16:05 Sterne funkeln für jeden: Astronomie in Schulen - Teleskope für Schüler Claudia Henkel, Oberhausen
16:05 - 16:35 Kaffeepause
16:35 - 17:05 Glaube und Astronomie - ein Widerspruch? P. Christoph Gerhard OSB, Abtei Münsterschwarzach
17:10 - 17:40 Automatische Aufnahme von Mondpanoramen Dr. Rolf Hempel, Köln
17:45 - 18:15 Aktuelle Ansätze zur Problematik der Lichtverschmutzung Alexander Geiss, Gardelegen
18:15 - 18:30 Abschlussdiskussion, Verabschiedung Dr. Dominik Elsässer, Tagungsleiter, VdS
Ab 19 Uhr Tagungsausklang im Würzburger Hofbräukeller, Raum ,,Brauwerkstatt" Jägerstraße 17, 97082 Würzburg
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Die Verleihung des Deutschen Preises
für Astronomie an Wolfgang Busch
von Carolin Liefke
Die Tagesordnung der VdS-Mitgliederversammlung 2017 enthielt an zehnter Stelle den unscheinbaren Eintrag !Vorschläge zum VdS-Preis!. Für einen Teilnehmer der 33. VdS-Tagung am 21. Oktober 2017 in Heidelberg sollte sich hinter diesem Tagesordnungspunkt allerdings eine ganz besondere Überraschung verbergen: Wolfgang Busch, Optikkenner und -konstrukteur ersten Ranges und langjähriges Mitglied der VdS, wurde der Deutsche Preis für Astronomie verliehen.
Wie bei vielen begeisterten Amateuren
erwachte das Interesse für die Astrono
mie bei Wolfgang Busch in seiner Ju
gendzeit. Schon als Schüler machte er
die Bekanntschaft der Wissenschaftler an der Hamburger Sternwarte und hatte
1 Wolfgang Busch im November 2009 bei Radienmessungen am Objektiv des Leitrohrs
eine Karriere als Astrophysiker fest vor
des Lippert-Astrografen der Hamburger Sternwarte
Augen. Es sollte dann aber in den Wir
ren der Nachkriegszeit anders kommen,
so dass Wolfgang Busch später den Beruf richtete er Erdkunde - und Musik, seine er dennoch treu geblieben und hat im
des Lehrers ergriff. Statt Physik unter zweite Leidenschaft. Der Astronomie ist Rahmen der von ihm geleiteten Astrono
mie-AGs wiederum ganze Schülergene
Nordlicht-Beobachtungen im 19. und 20. Jahrhundert
rationen dafür begeistern können.
Größere Fernrohre, wie sie heute für vergleichsweise kleines Geld als Massenwa
re aus Fernost zu haben sind, kosteten in
Wir stellen an der Universität Jena einen neuen Katalog zu Nordlicht-
den 50er- und 60er-Jahren Unsummen
Beobachtungen des 19. und 20. Jahrhunderts zusammen. Wir wollen die durch
und waren daher für die meisten Privat
Nordlichter vom Erdboden aus beobachtete Ausdehnung des Aurora-Ovals
personen unbezahlbar. Viele Amateuras
zunächst mit direkten Messungen des Erdmagnetfeldes vergleichen (Feldstärke
tronomen griffen daher zum Selbstbau,
und Lage des Pols), die seit Anfang des 19. Jahrhunderts durchgeführt wurden.
um sich ihren Traum vom Teleskop zu
Danach wollen wir aus noch früheren historischen Nordlicht-Beobachtungen
erfüllen. So wurde auch Wolfgang Busch
das Erdmagnetfeld rekonstruieren und mit anderen Rekonstruktionen
zum Spiegelschleifer und eignete sich
vergleichen.
die notwendigen Kenntnisse an, um die
selbst hergestellten Optiken auch auf ihre
Bitte senden Sie uns Ihre und andere frühere Nordlicht-Beobachtungen des 19.
Abbildungsqualität hin zu prüfen.
und 20. Jahrhunderts in Form von Texten und/oder Bildern zu. Bitte nennen Sie
dabei Ort und Datum der Beobachtung (ggf. auch Uhrzeit, Richtung und Höhe
Durch das Aufkommen der Dobson-
am Himmel sowie Farbe).
Montierung und damit der Möglichkeit,
auch große, individuelle Teleskope zu
Wir werden alle Einsender nach Ende der Studie über die Ergebnisse
einem günstigen Preis für visuelle Be
informieren. Alle Einsender werden im Katalog namentlich erwähnt (es sei
obachtungen stabil zu montieren, hält
denn, dass sie dem widersprechen).
die Renaissance des Selbstschliffs nicht
nur bis heute an, sondern gipfelt immer
Kontakt:
wieder von Neuem in außergewöhnli
MSc Daniel Wagner und Prof. Dr. Ralph Neuhäuser
chen Resultaten. Jedoch beschränkt sich
Astrophysikalisches Institut und Universitäts-Sternwarte
dies fast ausschließlich auf Teleskope in
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Newton-Bauweise, und nur die wenigs
Schillergässchen 2 | 07745 Jena | E-Mail: wagner.d@uni-jena.de
ten Schleifer wagen sich heutzutage an
ein Linsenteleskop.
VdS-Journal Nr. 65
Nach Redaktionsschluss
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Nicht so Wolfgang Busch. Sein Streben nach der bestmöglichen Optik und die intensive Beschäftigung mit den legendären Objektivkonstruktionen aus dem Hause Zeiss führte in den 70er-Jahren zur Entwicklung des ,,Halbapochromaten-Bausatzes nach Wolfgang Busch", einem dreilinsigen, ölgefügten Objektiv mit vermindertem sekundärem Spektrum, dessen Komponenten vom zukünftigen Refraktorbesitzer selbst geschliffen und poliert werden sollten. Die letzten Bausätze dieser Art wurden im Jahr 2009 verkauft.
Als Lehrer ist Wolfgang Busch schon seit vielen Jahren im wohlverdienten Ruhestand. Als Optikfachmann hingegen ist er auch im hohen Alter - er ist nunmehr 90 Jahre jung - umtriebiger denn je. Nicht nur Freunde und Bekannte holen seinen Rat ein, wenn es um die Begutachtung der Qualität einer Optik geht, und überlassen ihm Objektive zur Instandsetzung, Optimierung und Justage. Besuche haben ihn an Observatorien weltweit gebracht, internationale Kontakte knüpfen und weit über die Grenzen seiner norddeutschen Heimat hinaus bekannt werden lassen.
Ein Besuch bei Wolfgang Busch in Ahrensburg nordöstlich von Hamburg wiederum ist ein Erlebnis für sich, bei dem aus Schubladen im Wohnzimmerschrank plötzlich Okulare hervorgezaubert oder spontan die Bäume in Nachbars Garten zum Test der Abbildungsqualität einer Optik herangezogen werden. Mit der Werkstatt im Keller betritt man eine wahre Fundgrube voller mechanischer und optischer Bauteile. Zumeist findet sich auf der optischen Bank ein Objektiv, das gerade auf Herz und Nieren geprüft, vermessen und verbessert wird.
Sein umfangreiches Wissen hat Wolfgang Busch nicht nur zu einem gefragten Kenner für die einst bei Zeiss gebauten Optiken gemacht, auch andere historische Objektive nimmt er gern unter die Lupe und geht ihrem Werdegang nach. Das war es auch, was ihn eigentlich nach Heidelberg geführt hatte, denn im Rahmen der Tagung stellte er wenige Stunden vor der Preisverleihung in einer humorvollen Präsentation seine Recherchen und Messungen zu dem Teleskop mitsamt Okular vor, mit dem Friedrich
Argelander die berühmte Bonner Durchmusterung durchgeführt hat.
Mit der Verleihung des Deutschen Preises für Astronomie an Wolfgang Busch möchte die VdS zu ihren Wurzeln zurückkehren und Mitglieder ehren, die sich auf besondere Art und Weise um die Amateurastronomie verdient gemacht haben. Sichtlich gerührt nahm der Preisträger die Urkunde und den zum Preis gehörigen Vesta-Meteoriten entgegen. www.wolfgangbusch.eu
2 Wolfgang Busch und Vorstandsmitglied Carolin
Liefke bei der Preisverleihung auf der VdS-Mitgliederversammlung 2017. Foto: Michael Schomann
Hinweis
Nachdem wir unser Schwerpunktthema für das Journal 66 ,,Kosmische Dynamik" abgeschlossen haben, möchten wir gerne auf unsere zukünftigen Schwerpunktthemen hinweisen:
,,Mond" in Journal Nr. 67 Redaktionsschluss: 01.05.2018 Redakteur: P. Riepe, redaktion-astrofotografie@vds-astro.de
,,Astronomie mit dem Smartphone" in Journal Nr. 68 Redaktionsschluss: 01.08.2018 Redakteur: R. Dölling, fg-astronomische-vereinigungen@vds-astro.de
,,Astronomische Vereinigungen" in Journal Nr. 69 Redaktionsschluss: 01.11.2018 Redakteurin: Astrid Gallus, redaktion-astronomische-vereinigungen@vds-astro.de
Zur Gestaltung unserer Journale benötigen wir Beiträge der Mitglieder. Dies kann sowohl ein wissenschaftlich fundierter Artikel als auch ein einfaches Beobachtungserlebnis sein. Außerdem soll es möglichst regelmäßig eine Galerie von Fotografien und Zeichnungen geben. Wer nicht gerne schreibt, kann also auch auf diese Weise vertreten sein! Wir freuen uns über alle Einsendungen!
Beiträge sollen an die zuständigen Redakteure (siehe auch Liste der VdS-Fachgruppen-Redakteure) oder an die VdS-Geschäftsstelle (Mail/Postadresse) geschickt werden. Vorher empfehlen wir, als Hilfestellung die Autorenhinweise zu nutzen (siehe www.vds-astro.de/fuer-mitglieder/vds-journal/vds-journal-autorenhinweise.html). Dort finden Sie in der rechten Randspalte auch einen Musterartikel als Vorbild und das Artikeldeckblatt zum Eintragen der wichtigsten Daten.
Mit dem Einsenden gibt jeder Autor gleichzeitig sein Einverständnis zum Abdruck im ,,VdS-Journal für Astronomie". Es besteht jedoch keine Veröffentlichungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter Form abzudrucken. Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion
VdS-Journal Nr. 65
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Totale Sonnenfinsternis 2017
Sonnenfinsternis in Wyoming
von Thomas Payer
Unsere Reise zur SoFi in den USA stand komplett unter dem Motto ,,Gerade noch mal gutgegangen". Ende 2016, als die Planungen konkret wurden, beschlossen Vereinskamerad Lothar und ich, uns gemeinsam auf den Weg in die USA zur SoFi zu machen. Aus einer groben Skizze erstellte uns ein kleines Reisebüro mit viel Liebe zum Detail eine schöne Rundreise durch einige der Highlights der Nationalparks in den östlichen Rocky Mountains.
Liga mit den besten Plätzen der Kanaren oder der Alpen spielt, bei hervorragender Dunkelheit bis zum Horizont. Aber Beobachten bis zum Morgengrauen ist beim vollen Programm einer Rundreise nicht möglich, so beschränkten wir uns auf die erste Nachthälfte.
Als nächste Höhepunkte der Reise standen die Nationalparks Grand Teton und Yellowstone auf dem Plan. Grand Teton
1 Craters of the Moon
National Monument
mit seiner gewaltigen Bergkulisse ist dabei eine hervorragende Einstimmung auf das Feuerwerk an Tierwelt und spektakulären Schauspielen der Natur im Yellowstone-Nationalpark (Abb. 2 und 3).
Immer wieder kam es dort zu regelrechten Staus, weil beispielsweise ein Büffel in aller Ruhe eine mehrere Kilometer lange Autoschlange anführte oder weil ein Hirsch oder ein Bär nahe an der Straße
Die Anreise war durch eine wetterbedingte Verspätung beeinträchtigt, aber auch der Anschlussflug startete verspätet, so dass wir gerade eben noch um eine unfreiwillige Zwischenübernachtung in der amerikanischen Provinz herumgekommen sind. Aber am Ziel, in Salt Lake City, war dann mein Gepäck nicht angekommen und wir wollten uns ja auf eine Rundreise begeben. Auch das ging am Ende gut und die Fluggesellschaft hat es zügig geschafft, das Gepäck ins Hotel nachzuliefern. Nach einem kurzen Besuch in Salt Lake City ging es dann nach Norden zum Craters of the Moon National Monument. Craters of the Moon bietet eine typische Vulkanlandschaft - wer sich auf La Palma wohlfühlt, wird auch hier auf seine Kosten kommen (Abb. 1). Das gilt auch für den Himmel. Die Parkplätze auf ca. 1.800 m über dem Meeresspiegel bieten einen Sternenhimmel, der in einer
VdS-Journal Nr. 65
2 Old Faithful Geyser im Yellowstone-Nationalpark
Totale Sonnenfinsternis 2017
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3 Abyss Pool im West Thumb Geyser Basin
die Touristen zum Anhalten brachte. Positiver Nebeneffekt: Man selbst kann das Tier nicht verpassen. Wenn sich irgendwo die Autos stauen und alle am Straßenrand in die gleiche Richtung blicken, ist dort das Tier schnell gefunden. Unsere Überlegung, dass der Bär schon von Weitem daran zu identifizieren sein dürfte, dass die Leute anhalten, aber im Auto bleiben, erwies sich als falsch. Die ruhig grasenden Bären (Abb. 4) wurden ebenso von außerhalb des Autos beobachtet und ließen sich von den Massen an Touristen nicht im Geringsten stören.
Schließlich kam der Tag der SoFi. Um den horrenden Preisen für Übernachtungen in der Finsterniszone zu entkommen, übernachteten wir ca. 200 km nördlich der Zentrallinie. Dort trafen wir am Abend vor der SoFi noch Thomas und Philipp, Vater und Sohn, ebenfalls Vereinskameraden auf einer längeren Rundreise. Die Überlegung, dass die dicht besiedelten Regionen und damit der Verkehr in die Zone überwiegend im Süden zu finden sein müssten, erwies sich als völlig richtig. Die Fahrt zur Zentrallinie am Morgen verlief absolut unspektakulär. Allerdings war der Himmel zunächst komplett bewölkt, erst während der Fahrt konnte man eine von einem Wolkenhalo umgebene Venus schwach erkennen. In Shoshoni (Wyoming) war dann der Bereich nahe der Zentrallinie erreicht, der Blick zum Himmel zeigte größere Wolkenfelder und dazwischen etwa 3/8 kla
ren Himmel. Weil keine Richtung deutlich besseren Himmel versprach, entschlossen wir uns, einfach in der Gegend zu bleiben und bauten schließlich unsere Geräte auf einem von der lokalen Verwaltung extra ausgewiesenen Platz mit Toiletten und Kaffeeversorgung auf.
Die Polhöhe hatte ich bei meinem Astrotrac schon in einer der vorherigen Nächte grob eingestellt und die Nordrichtung bestimmte ich per GPS. Etwa eine halbe Stunde vor dem 1. Kontakt zog aus Wes
ten langsam eine kompakte Bewölkung auf, die den Anschein erweckte, längere Zeit für Probleme sorgen zu können. Also wurde beratschlagt, was zu tun sei. Während die anderen drei auf das Prinzip Hoffnung setzten, entschied ich mich, vor den Wolken nach Osten zu fliehen. Also machte ich mich unter - zugegeben etwas kreativer Auslegung der örtlichen Geschwindigkeitsbegrenzung - auf den Weg. Vier Minuten vor dem 1. Kontakt fand ich dann einen Parkplatz am Straßenrand und bestimmte schnell die Nordrichtung,
4 Grizzly-Weibchen mit fast ausgewachsenem Jungtier
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Totale Sonnenfinsternis 2017
5 Zweiter Kontakt der SoFi: 1/400 s belichtet mit Kamera Nikon D7200 bei ISO 100 am TeleVue-Refraktor 70 mm/480 mm
6 Totalität: Kombination aus Belichtungen von 1/400 s bis 1/5 s mit der gleichen Ausrüstung wie für Abb. 5
VdS-Journal Nr. 65
Totale Sonnenfinsternis 2017
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stellte das Teleskop auf und pünktlich zum 1. Kontakt hatte ich an einem Sonnenfleck die Kamera fokussiert. Also gerade noch einmal gutgegangen.
Die Finsternis war über die komplette Länge einwandfrei zu beobachten, und einige wenige Wolken tief im Westen bildeten eine perfekte Projektionsfläche, um den heranziehenden Kernschatten zu verfolgen. Neben der Fotografie mit dem 70mm/480mm-Refraktor war für mich die visuelle Beobachtung der Korona mit dem Feldstecher zentrales Ziel. Und auch hier wurde ich nicht enttäuscht. Helle, rote Protuberanzen am Sonnenrand (Abb. 5) und rundherum die Korona, die bis zu mehreren Sonnendurchmessern Abstand vom Rand klar zu erkennen war (Abb. 6) und dazu Regulus nahe bei der Sonne - ein Anblick wie ihn Fotos nur ansatzweise wiedergeben können. Unmittelbar nach dem 3. Kontakt machten sich alle anderen Beobachter auf dem Parkplatz auf den Heimweg. Aber was wäre eine SoFi, ohne den 4. Kontakt gesehen zu haben? Der gehört einfach dazu
und wurde von hektischem Piepsen des Astrotrac angekündigt. Die Spindel näherte sich dem Ende. Aber auch hier galt: Gerade noch mal gutgegangen.
Nach dem kurzen Abbauen der Technik zurück zu den anderen Dreien. Sie hatten Wolken während der partiellen Phase, aber was die Totalität betraf: Gerade noch mal ...
Damit näherte sich die Reise auch langsam dem Ende, mit einer weiteren Zwischenübernachtung fuhren wir nach Salt Lake City, und von da ging es dann mit dem Flugzeug zurück in die Heimat, zurück in ein Land, in dem es weder Waffen im Supermarkt noch Munition im Tankstellen-Shop zu kaufen gibt.
Inserentenverzeichnis
astronomie.de, Neunkirchen
51
ATT, Essen
103
Baader Planetarium,
U4
Mammendorf
Gerd Neumann jr., Entwicklung
15
und Herstellung feinmechanischer
& optischer Instrumente, Hamburg
Sahara Sky, Fritz G. Koring,
30
Marocco
Kosmos Verlag, Stuttgart
15
Optical Vision Ltd., UK
U3
Optische Geräte Wolfgang Lille,
93
Heinbockel
Spektrum der Wissenschaft Ver
31
lagsgesellschaft mbH, Heidelberg
Spektrum der Wissenschaft
Spektrum der Wissenschaft Ver
39
lagsgesellschaft mbH, Heidelberg
Sterne und Weltraum
Vesting e.K., Fachhandel für
U2
Astronomie, Hamburg
Im Schatten der Erde:
die partielle Mondfinsternis vom 7. August 2017
Impression
Aufgenommen von Franz-Xaver Kohlhauf mit einem 300-mm-Teleobjektiv.
VdS-Journal Nr. 65
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Totale Sonnenfinsternis 2017
Die totale Sonnenfinsternis
am 21.08.2017 bei Mitchell, Oregon
von Robin Hegenbarth
Nachdem bei der totalen Sonnenfinsternis am 11.08.1999 (beobachtet in Beimerstetten bei Ulm mit der Astro-AG der Kopernikusschule Freigericht als Schüler) so schlechtes Wetter war, dass man die Totalität mit Korona nur etwa 30 Sekunden lang beobachten konnte, hatte ich schon lange den Wunsch, mal eine totale Sonnenfinsternis unter guten Bedingungen zu beobachten und zu fotografieren. Darüber hinaus hatte ich den Ehrgeiz, in der kurzen Zeit der Totalität zusätzlich zu den Fotos auch eine Skizze der Korona anzufertigen.
Die Standortwahl Die totale Sonnenfinsternis am 21.08.2017 (übrigens zum gleichen Saros-Zyklus gehörig wie die im Jahr 1999) verlief quer durch die USA und damit über ein recht einfach zugängliches Gebiet mit teilweise guten klimatischen Bedingungen. Statistisch gesehen sollten die Bedingungen im zentralen Oregon mit am besten sein [1]. Daher hatte ich schon seit einigen Jahren die Idee, diese totale Sonnenfinsternis von Oregon aus zu beobachten.
Im Januar 2016 rief ich fast alle Hotels in der Stadt Madras in Oregon an, die ich in Google Maps finden konnte. Fast alle davon sagten damals, sie seien schon seit 2 Jahren ausgebucht. Allerdings gab es noch die Möglichkeit, zu zelten. Ich meldete mich zur Oregon Star Party (östlich von Prineville inmitten des Ochoco National Forest) und zum Total Eclipse Camping (30 km nördlich von Mitchell, Oregon) an und wäre notfalls bereit gewesen, als Plan B woanders hinzufahren, falls das Wetter dort schlecht sein sollte. Ein Straßenatlas, in dem der Totalitätspfad angezeigt war, sollte hier bei der Planung helfen [2].
In den Wochen vor der Sonnenfinsternis stellte sich heraus, dass der Himmel über großen Teilen des Totalitätspfads in Oregon immer wieder von Rauch eingetrübt war, der aufgrund mehrerer Waldbrände in die Atmosphäre gelangte. Auch dies führte dazu, dass Flexibilität hinsicht
VdS-Journal Nr. 65
1 Die Ausrüstung des Autors zur Fotografie der Sonnenfinsternis.
Nähere Erläuterungen s. Text.
lich der Standortwahl von Vorteil sein konnte.
Die Vorbereitungen Im Vorfeld übte ich ausführlich die automatisierte Fotografie mit der kostenlos erhältlichen Version der Software Eclipse Orchestrator [3]. Mit dieser Software, die auf Microsoft Windows läuft, kann man skriptbasiert die Belichtungseinstellungen und Auslösezeitpunkte festlegen und automatisch die Belichtungen der Kamera steuern. Die automatische Steuerung der Aufnahmen hat den großen Vorteil, dass man sich die Sonnenfinsternis in Ruhe anschauen kann, ohne während der Totalität nach der Kamera schauen zu müssen.
Zur Vorbereitung gehörte auch die Teilnahme an einem Workshop zur Fotografie totaler Sonnenfinsternisse an der Sternwarte Limburg, durchgeführt von Stefan Pinkert.
Die Reise Doch nun zur Reise selbst. Neben einigen Wandertouren in der Cascade Range verbrachte ich auch eine Nacht auf der Oregon Star Party, die im Totalitätspfad der Sonnenfinsternis lag. Dieses Teleskoptreffen findet alljährlich im August auf einer sehr abgelegenen Wiese inmitten des Ochoco National Forest östlich von Prineville statt. Ab dem Nachmittag zog der Rauch der weit entfernten Waldbrände über dem Platz auf, was zu einer stark geröteten Sonne führte. Manchmal roch es dann sogar wie nach einem Holzfeuer. Leider ist der genaue Verlauf der Rauchschwaden sehr schwierig über mehrere Tage vorhersagbar. Ich konnte dennoch ausführlich die Sonne durch Ha-Teleskope und einige Deep-Sky-Objekte durch Dobson-Teleskope anderer Hobbyastronomen beobachten. Immer wieder wechselte die Sicht von ,,Milchstraße kaum erkennbar wegen Rauch in der Atmosphäre" zu klarer Sicht mit einer freiäugigen Grenzgröße von 6,7 mag
Totale Sonnenfinsternis 2017
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2 Diamantring vor dem 2. Kontakt. Nähere Erläuterungen s. Text. S. a. http://www.astrobin.com/310479/
im Zenit. Die Grenzgröße war leider eingeschränkt durch restlichen Rauch in der Atmosphäre.
Auch wenn ich die Option gehabt hatte, an diesem Standort die totale Sonnenfinsternis zu beobachten, entschied ich mich wegen der um 38 Sekunden längeren Totalität und der dort hochinteressanten Landschaft, zu dem ebenso gebuchten Standort ,,Total Eclipse Camping" [4] 30 km nördlich von Mitchell im zentralen Oregon zu fahren (Koordinaten: 44 Grad 43' 45'' N, 120 Grad 01' 03'' W, 889 m ü. NN). Der Standort ,,Total Eclipse Camping" war ein von den dortigen Farmern abgemähtes Feld, an dem ich insgesamt mehr als 50 Zelte von Besuchern zählte. Ebenso wie auf der Oregon Star Party gab es dort auf der Wiese weder Stromanschlüsse noch fließendes Wasser. In unmittelbarer Nähe befand sich das John Day Fossil Beds National Monument mit eindrucksvollen geologischen Formationen.
Am Nachmittag vor der totalen Sonnenfinsternis wurde es plötzlich wolkig. Ich konnte Nebensonnen und einen 22 Grad -Ring um die Sonne herum beobachten. Nicht gerade das, was man sich vor einer totalen Sonnenfinsternis erhofft. Mit einem mulmigen Gefühl ging ich unter wolkigem Himmel schlafen. Um 1:30 nachts wurde ich plötzlich von Verkehrslärm
geweckt. Ich fragte mich, ob Leute die Gegend frühzeitig verließen, um einen besseren Standort aufzusuchen, oder ob Leute von weit her über diese Nebenstrecke ankamen. Nach einer Weile kroch ich aus dem Zelt, um nach den Himmelsbedingungen zu schauen. Siehe da, der Himmel war klar und sehr dunkel. Ich konnte sofort das Zodiakalband quer über den Himmel erkennen. Ich konnte mich also beruhigt wieder schlafen legen. Am nächsten Morgen war im Süden und Südwesten eine horizontnahe Schicht von Schleierwolken, die ich eine ganze Weile lang kritisch beobachtete. Sie schien stationär zu bleiben. Und der Wind kam entgegengesetzt aus Norden. Nach dem Frühstück fuhr ich spontan einige Meilen nach Norden auf eine Anhöhe mit guter Horizontsicht in nördlicher Richtung, um mich zu vergewissern, dass keine störenden Wolken aus dieser Richtung kamen. Es sah aber gut aus. Beruhigt fuhr ich zurück, um aufzubauen.
Die Ausrüstung Die Ausrüstung (Abb. 1) bestand aus einer Canon-EOS-70D-Kamera (nicht modifiziert) an einem TS-Optics-Photoline-60-mm-f/5,5-FPL-53-APO mit Flattener, per USB-Kabel an den Laptop angeschlossen und über die Software Eclipse Orchestrator angesteuert. Das Setup wurde von einer Skywatcher-StarAdventurer-Montierung nachgeführt,
die auf einem Carbon-Stativ stand. Die Montierung nordete ich grob mit Wasserwaage, Polhöhenwiege und Kompass ein, wobei ich berücksichtigte, dass an diesem Standort die tatsächliche geografische Nordrichtung etwa 14 Grad links von der vom Kompass angezeigten Nordrichtung war. Diese grobe Einnordung sollte ausreichen. Die Kamera richtete ich am Teleskop so aus, dass die Sensordiagonale ungefähr parallel zum Sonnenäquator war. Als Sonnenfilter für den partiellen Teil der Finsternis verwendete ich Baader-AstroSolar-Folie (ND 5) in einer selbstgebauten Halterung aus Pappe für das Teleskop.
Ich unternahm noch vor dem 1. Kontakt einen kurzen Testlauf der Kamerasteuerung mit Eclipse Orchestrator, um mich zu vergewissern, dass alles funktionierte. Dem Laptop spendete ich mit meiner Isomatte Schatten. Zur visuellen Beobachtung legte ich eine SonnenfinsternisBrille und meinen Omegon-8x56-Feldstecher bereit.
Die Beobachtung Im Laufe etwa der nächsten Stunde nach dem 1. Kontakt konnte ich den zunehmenden Bedeckungsgrad der partiellen Verfinsterung beobachten und fotografieren.
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Totale Sonnenfinsternis 2017
3 Komposit-Aufnahme der totalen Sonnenfinsternis mit Korona aus 20 Aufnahmen mit Belichtungszeiten von 1/3.200 s bis 4 s.
Nähere Erläuterungen s. Text. S. a. www.astrobin.com/310477/
Etwa 15 Minuten vor dem 2. Kontakt fiel mir auf, dass ein im Süden gelegener großer Hügel deutlich kontrastreicher als zuvor wirkte. Die Schleierwolken im Süden und Südwesten wirkten dunkler als zuvor und immer noch stationär. Erst jetzt fiel mir auf, dass fast der ganze Himmel, auch in Richtung der Sonne, von einer sehr dünnen Schicht von Schleierwolken überzogen war. Diese sollten jedoch nicht weiter stören. Etwa 7 Minuten vor dem 2. Kontakt begann ich im Poloshirt zu frieren, weil es kälter wurde, und bekam Gänsehaut an den Armen. Aber die paar Minuten hielt ich das schon aus. Es gab genug zu tun und zu beobachten, was davon ablenkte. Um diese Zeit fiel mir auch auf, dass auf dem erwähnten Hügel sowie an den Grasbüscheln ringsum surreal scharfe Schatten waren.
In den nächsten Minuten wurde die Sonnensichel immer schmaler. Etwa 20 Sekunden vor dem 2. Kontakt entfernte ich den Sonnenfilter von meinem Teleskop, das ich nicht visuell benutzte. Die Kamera hat das offensichtlich vertragen.
Etwa 15 Sekunden vor dem 2. Kontakt drehte ich mich um und sah die fliegenden Schatten auf der Isomatte. Hellere und dunklere schmale Streifen, die in hohem Tempo über die glatte Fläche schwirrten.
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Im Augenwinkel betrachtete ich dann das wie nach und nach heruntergedimmte Licht der Sonne kurz vor Beginn der Totalität. Ich traute mich nicht, direkt ungefiltert hineinzuschauen.
Die Abbildung 2 zeigt ein Foto des Diamantrings kurz vor der Totalität, als die letzten Sonnenstrahlen am Mondrand vorbeidrangen. Ebenso ist auf diesem Bild bereits die innere Korona ansatzweise erkennbar (Belichtungszeit 1/800 Sekunde ohne Filter bei ISO 200).
Plötzlich kam der 2. Kontakt. Jetzt hatte ich nicht viel Zeit.
Zunächst schaute ich die totale Sonnenfinsternis mit bloßen Augen an. Dann beobachtete ich sie mit dem 8x56-Feldstecher. Mir fielen insbesondere zwei lange Streamer nach unten und ein breiter langer sowie ein gekrümmter Streamer nach oben auf. So stellt man sich eine Minimumskorona vor. Links unten fiel mir eine gekrümmte Struktur in der Korona auf, die einen geraden Streamer überlappte. Von beiden magnetischen Polen der Sonne gingen einige eng beieinander liegende Streamer aus. Das alles war eingebettet in einen diffusen Schein der Korona um die Sonne herum. Mit indirektem Sehen konnte ich die Streamer fast über den Gesichtsfelddurchmesser des
Feldstechers verfolgen. Ebenso sah ich Regulus und Mars. Der Himmel war nicht schwarz, sondern in ein mitteldunkles Blau gehüllt. Mit dem Feldstecher konnte ich recht kontrastarme Mare-Strukturen auf dem Mond erkennen, die durch den Erdschein angeleuchtet waren. Ich fertigte schnell eine Bleistiftskizze der mit dem Feldstecher beobachteten Koronastrukturen auf Pappkarton an.
Die Abbildung 3 zeigt ein Komposit aus 20 Aufnahmen der totalen Sonnenfinsternis mit verschiedenen Belichtungszeiten von 1/3.200 Sekunde bis 4 Sekunden. Dieses Komposit habe ich aus den Einzelaufnahmen in Adobe Photoshop zusammengestellt und anschließend in Anlehnung an einen Workflow der Gesellschaft für volkstümliche Astronomie Hamburg [5] mit der Software Fitswork mit dem Larson-Sekanina-Filter bearbeitet, um die Koronastrukturen kontrastreicher hervortreten zu lassen. Dies kommt dem visuellen Eindruck in Feldstecher oder im kleinen Teleskop recht nah.
Die Abbildung 4 zeigt meine Zeichnung. Diese habe ich nachträglich am heimischen Schreibtisch anhand der Skizze auf Pappkarton erstellt, die ich während der Totalität angefertigt habe. Natürlich ist es kaum möglich, innerhalb der etwa 2 Minuten eine Zeichnung zu erstellen,
Totale Sonnenfinsternis 2017
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die so viele Details in der Korona zeigt wie ein Foto. Dazu hätte ich die Korona gerne noch eine halbe Stunde lang beobachtet.
So schnell die totale Sonnenfinsternis begann, war sie aber auch schon wieder vorbei. Nach dem automatischen Ausruf des Eclipse Orchestrator ,,10 seconds to go" legte ich den Feldstecher weg und platzierte kurz nach dem 3. Kontakt den Sonnenfilter auf dem Teleskop. Dann beobachtete ich in östlicher Richtung den wegziehenden Kernschatten, der sich durch eine Abdunkelung des Himmels in dieser Richtung bemerkbar machte. Aufgrund der Dunkeladaption wirkte der Himmel nach dem 3. Kontakt heller als vor dem 2. Kontakt.
Insgesamt empfand ich diese totale Sonnenfinsternis als deutlich eindrucksvoller als die am 11.08.1999. Die erste Frage, die ich mir nach dem 4. Kontakt stellte, war: Wann und wo findet die nächste totale Sonnenfinsternis statt?
Weblinks und Literaturhinweise: [1] F. Espenak, J. Anderson, 2015:
,,Eclipse Bulletin: Total Solar Eclipse of 2017 August 21", Astropixels Publishing [2] F. Espenak, 2015: "Road Atlas for the Total Solar Eclipse 2017", Astropixels Publishing [3] Eclipse Orchestrator: erhältlich von Moonglow Technologies, www.moonglowtech.com/products/ EclipseOrchestrator/index.shtml [4] www.facebook.com/Total-Eclipse-
Camping-406738163029592/ [5] www.gva-hamburg.de/sofi2006/
fitswork/sofi_fitswork_GER.htm (Alle Weblinks Stand: November 2017)
4 Zeichnung der totalen Sonnen
finsternis. Die Zeichnung ist ungefähr mit der Zenitrichtung nach oben orientiert. Nähere Erläuterungen s. Text.
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Totale Sonnenfinsternis 2017
The Great Eclipse
- Totale Sonnenfinsternis über Amerika
von Kerstin Rätz
Eine totale Sonnenfinsternis ist ein eindrucksvolles, doch leider sehr seltenes Ereignis. Die nächste in unserer Heimat beobachtbare SoFi findet erst am 03.09.2081 statt. Das bedeutet: Für die Sonnenfinsternis-Freunde sind weite Reisen angesagt, und Sonne und Mond bestimmen Zeit und Reiseziel für den nächsten Urlaub. Und weil man nie sicher sein kann, dass das Wetter auch mitspielt, wird nicht nur die Beobachtung dieses astronomischen Ereignisses als Reisezweck definiert. Es soll auch ein bisher nicht kennengelerntes Land erkundet werden. Im August 2017 musste es also eine USA-Reise sein! Uns war vorher klar, dass wir von diesem riesigen Land in der Zeit eines Urlaubs nur einen Bruchteil kennenlernen würden.
Vor der Finsternis So flogen wir am 14.08.2017 nach Miami. Von dort aus unternahmen wir an den folgenden Tagen Ausflüge in die Everglades (Abb. 1, wo wir gleich mal von Tausenden Mücken angefallen wurden), ließen uns auch das Abenteuer Airboat nicht entgehen, fuhren die Florida Keys entlang und vergaßen ebenfalls nicht, wunderschöne Badestrände zu genießen. Der erste Höhepunkt war der Besuch im Kennedy Space Center in Cape Canaveral. Wir hatten das Glück, am 18.08.2017 um 8:05 Uhr EDT einen Raketenstart live miterleben zu können (Abb. 2)! Der Satellit TDRS-M (Tracking Data Relay System) sorgt nun zusammen mit anderen Satelliten für die Kommunikation zwischen der Erde und Raumfahrtmissionen wie ISS oder Hubble Space Telescope. Nach vier erlebnisreichen Tagen in Florida brachte uns ein Flugzeug quer von einem zum anderen Ende der USA - nach Seattle. Wir kamen in eine ganz andere Klimazone. Während es in Florida feucht-heiß war, herrschte in der Nähe von Seattle (Bundesstaat Washington) zwar auch sommerliches Wetter, doch eher wie ein Hochsommer bei uns.
1 In den Everglades (Bildautorin: Stefanie Rätz)
Der zweite Teil unserer USA-Expedition begann. Zunächst erkundeten wir den Mount St. Helens (Abb. 3), dessen letzter
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Raketenstart am 18.08.2017 von Cape Canaveral (Bildautor: Manfred Rätz)
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Ausbruch noch gar nicht so lange her ist: Erst 1980 war er explodiert und Massen von Asche und Steinen rutschten den Berg hinab. Auf dem Weg zu unserem Hauptziel lagen noch die Multnomah Falls, ein gigantischer Wasserfall mit Zwischenbecken.
Unsere Reiseroute war so geplant, dass wir als Beobachtungsort für die totale Sonnenfinsternis am 21.08.2017 den Ort der günstigsten Wetterwahrscheinlichkeit ausgewählt hatten, nämlich Madras im Bundesstaat Oregon. Dieser Ort war in Wissenschaftlerkreisen sehr begehrt
3 Der Vulkan Mount St. Helens
im Süden des Bundesstaates Washington (Bildautor: Manfred Rätz)
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Totale Sonnenfinsternis 2017
4 Beobachtungslager neben der Straße
nach Madras (Bildautorin: Kerstin Rätz)
5 Dunkelheit 2 Minuten vor der Totalität, aufgenommen
mit digitaler Spiegelreflexkamera mit festen Einstellungen von Belichtungszeit und Blende. Würden wir mit diesen Einstellungen eine Aufnahme von der Totalität zeigen, dann wäre darauf außer Schwarz und den Scheinwerfern des stromgebenden Autos nichts zu sehen. (Bildautor: Manfred Rätz)
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Die total verfinsterte Sonne, aufgenommen mit einer Canon Power Shot 590 ohne Filter (Bildautorin: Kerstin Rätz)
Totale Sonnenfinsternis 2017
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für die Sonnenfinsternis-Beobachtung. Madras hatte (Angabe für 2016) 6.700 Einwohner - doch 250.000 Besucher hatten sich angesagt! Es war ratsam, sich beizeiten einen Beobachtungsplatz zu sichern. Wir wollten nicht in die Situation kommen, im Stau zu stehen und die Totalitätszone gar nicht zu erreichen!
Wir fanden unseren Platz an der wahrscheinlich letzten verfügbaren Stelle ne
ben der Straße nach Madras, und es blieb uns noch genügend Zeit zum Aufbauen und Vorbereiten (Abb. 4). Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite. Anhand der GPS-Koordinaten wurden die Kontaktzeiten noch einmal präzisiert (es handelte sich um ca. 1 Minute).
Finsternisbeobachtung Um 9:07 Uhr war erster Kontakt! Wir beobachteten und fotografierten, wie sich
7 Verlauf der totalen Sonnenfinsternis
(Bildautor: Manfred Rätz)
der Mond langsam vor die Sonne schob. Die Zeit verging schnell. Als nur noch wenig Licht den Mondrand passierte, wurde die Landschaft in ein bläulichfahles Licht eingehüllt (Abb. 5). Und dass es scheinbar kühler wurde, war nicht nur diesem Lichteindruck geschuldet, sondern einer tatsächlichen Abkühlung
8 Unser Expeditionsteam vom Verein Sternwarte Kirchheim e.V.: v.l.n.r. stehend: Andreas Freydank, Ute Schulz, Carolin Schulz, Manuel
Mascher, Manfred Rätz, Kerstin Rätz, Gunter Freydank, Manfred Kretschmar, Thomas Förster, Dietmar Schulz. Sitzend: Jürgen Schulz, Annette Förster, Liane Schulz, Stefanie Rätz (Bildautor: Thomas Förster)
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Totale Sonnenfinsternis 2017
(Abb. 10). Während die Sonnenfinsternis u. a. mit einer Kamera Canon EOS 600D plus 300-mm-Tamron-Teleobjektiv und Thousand-Oaks-Sonnenfilter und mit einer Canon EOS 40D mit LOMOObjektiv, Blende 8, 550 mm Brennweite, aber auch mit verschiedenen kleineren Kameras aufgenommen wurde, überwachte ein Helligkeits- und Temperatursensor die Umgebung. Die aktuelle Landschafts- und Beobachtungssituation wurde mittels einer Canon EOS 500D mit fester, nicht nachregelnder Blende und Belichtungszeit verfolgt und zeigt nicht nur das Dunkelwerden, sondern auch das geschäftige Treiben der Beobachter - weithin zu sehen in den gelben Sonnenfinsternis-T-Shirts! Ich hatte auch wieder ein weißes Tuch ausgelegt, um eventuell fliegende Schatten zu registrieren. Bei keiner unserer bisherigen totalen Sonnenfinsternisse war uns das gelungen. Bei der 1999er-SoFi allerdings entdeckten wir auf einer Videoaufnahme im entsprechenden Moment ,,verdächtiges" Geflimmer in der Luft.
10:20 Uhr: 2. Kontakt. Kurz prangte ein Diamantring am Himmel, übergehend in die total verfinsterte Phase mit einer strahlenden Sonnenkorona (Abb. 6)! Für unsere Augen erschien der Mond richtig schwarz - Fotos zeigen aber deutlich das aschgraue Mondlicht - das Reflexionslicht von der Erde.
Ach, warum können wir diesen Anblick immer nur so kurz genießen? Eine Minute + 47 Sekunden Totalität vergingen wie im Fluge. Da war wieder der Diamantring und schon blitzte das Sonnenlicht am Mondrand hervor (Abb. 7) und ergoss sich über die Landschaft. Wir verharrten im fahlen Licht, und jubelndes Stimmengewirr war zu hören (3. Kontakt: 10:22 Uhr).
Nun wurde es schnell heller. Nur fliegende Schatten konnten wir wieder nicht festhalten, sie aber vielleicht ein bisschen sehen (?). Die Aufnahmeserien gingen weiter. Auch wenn viele Leute schon zusammenpackten und davonfuhren ... die Sonnenfinsternis war lange noch nicht zu Ende. Langsam wurde es wieder wärmer.
Um 11:41 Uhr war dann alles vorbei (4. Kontakt). Das größte Problem kam erst
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9 Helligkeitskurve während der Sonnenfinsternis mit Vergleich zur totalen
Sonnenfinsternis am 14.11.2012 in Australien (relative Helligkeit über Zeit in min). Messungen: Manfred Rätz
10 Temperaturverlauf während der Sonnenfinsternis (Temperatur in Grad C über Zeit in min).
Messungen: Manfred Rätz
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noch: hier wieder wegfahren ... da war ein scheinbar endloser Stau ...
Die Messungen Interessant sind auch die Helligkeits- und Temperaturaufzeichnungen. Diese begannen etwa 130 Minuten vor der Totalität. Die Helligkeitskurve (Abb. 9) verläuft relativ glatt bis nach dem 3. Kontakt - nur wenige Wolken waren am Himmel unterwegs. Später jedoch kamen mehr Wolken, was man in der Kurve gut sieht. Zum Vergleich ist einmal die Helligkeitskurve der totalen Sonnenfinsternis am 14.11.2012 über Australien rot eingetragen. Hier ging die Sonne erst auf, und die Helligkeit war durch steigende Sonnenhöhe noch auf dem ansteigenden Ast. Damals hatten wir jedoch mit so starker Bewölkung zu tun, dass wir befürchten mussten, von der Sonnenfinsternis gar nichts zu sehen. Diesen Wolkendurchzug sieht man sehr gut in der roten Kurve.
Die Temperaturkurve (Abb. 10) erscheint überhöht, sie zeigt nicht die wahre Lufttemperatur am Beobachtungsort. Vielmehr misst das Gerät die im Sensor selbst herrschende Temperatur; und dieser war ja vorher stundenlang der vollen Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Dass das Temperatur-Minimum nicht genau während der Totalität, sondern sogar über 10 Minuten verzögert eintrat, wurde nicht nur deshalb beobachtet, weil bei sinkender Temperatur erst noch Wärme aus dem Boden an die Luft abgegeben wurde, sondern auch weil der Sensor stark erwärmt war.
Nach der Finsternis In den restlichen zwei Wochen unseres USA-Aufenthaltes legten wir täglich viele Kilometer (oder sollte ich besser sagen: Meilen?) zurück, um noch einige Nationalparks und andere landschaftliche Highlights zu erleben, so z. B. Hells
Canyon, die urige Westernstadt Jackson, den Yellowstone-Nationalpark, den West Glacier-Nationalpark, den CascadeNationalpark und auch Seattle - um nur einige Stationen zu nennen. Ein Teil unserer Gruppe (Abb. 8) unternahm sogar noch einen Tagesausflug nach Vancouver/Canada.
Wenn wir nun auch fast drei Wochen durch die USA getourt sind, war uns klar, dass wir eigentlich noch viel mehr Zeit gebraucht hätten. Jedenfalls war die Sonnenfinsternis-Beobachtung wieder mal ein Erfolg - und es soll nicht unsere letzte gewesen sein ...
The Great American Solar Eclipse
von Ralf Schäfer
Nach der erfolgreichen Beobachtung der ringförmigen Sonnenfinsternis im Mai 2012 in der Nähe des Zion-Nationalparks im US-Bundesstaat Utah stellte sich für mich die Frage: Welche totale Sonnenfinsternis beobachte ich als nächste?
Die totale Sonnenfinsternis 2015 kam aufgrund des Finsternispfades, der sich über die Färöer-Inseln und Spitzbergen zog, nicht in Frage, da mir die Wetteraussichten für eine erfolgreiche Beobachtung nicht aussichtsreich genug erschienen. Somit fiel meine Wahl auf die totale Sonnenfinsternis im August 2017, deren Finsternispfad quer durch die USA ging.
Vorbereitung Nach Sichtung der Wetterprognosen des kanadischen Eclipse-Wetterexperten Jay Anderson entschied ich mich für einen Beobachtungstandort im Bundestaat Oregon in der Nähe der Kleinstadt Madras. Mit ca. einjährigem Vorlauf buchte ich die Flüge nach Seattle und plante eine 15-tägige, selbstgestrickte Rundreise mit einem Mietwagen entlang der Nordwestküste der USA. Planungstechnisch legte ich den Tag der Sonnenfinsternis auf den
1 Diamantring-Phänomen, Kamera: Nikon D7000 mit Sigma-Spiegelteleobjektiv,
Brennweite 500 mm (f/8), ISO 640, 1/800 s belichtet
vorletzten Tag der Rundreise. Ca. 6 Monate vor der geplanten Reise wurde mir durch zufälliges Surfen im Internet klar,
dass die Kleinstadt Madras wohl für viele Finsternisfans der favorisierte Beobachtungsstandort sein würde.
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Totale Sonnenfinsternis 2017
rallinie lagen. Durch Recherchen meiner Arbeitskollegen in Deutschland wurde mir mitgeteilt, dass am Tag der Finsternis im gesamten Ort und Umgebung ca. 150.000 Eclipse-Jäger ihren Beobachtungsstandort gefunden hatten und das befürchtete Verkehrschaos tatsächlich eingetreten war, aber erst bei der Abreise der SoFi-Fans nach der Eclipse.
2 Koronastrahlen, Kamera: Nikon D7000 mit Sigma-Spiegeltele, Brennweite 500 mm
(f/8), ISO 640, 1/20 s belichtet
Zu diesem Zeitpunkt war ein Camp mit einem Eclipse-Festival geplant, und die geschätzte Teilnehmerzahl lag bei beeindruckenden mehr als 60.000 Besuchern. Und das vor dem Hintergrund, dass der Ort Madras selbst nur ca. 6.700 Einwohner hat. Leichte Bedenken machten sich bei mir breit, ob ich mit Madras wirklich den richtigen Ort für meine Beobachtungen gefunden hatte. Auf eine Massenveranstaltung mit Verkehrschaos hatte ich auf keinen Fall Lust. Darüber hinaus wurde mit einer mir bisher nicht bekannten Intensität diese Sonnenfinsternis multimedial im Internet regelrecht vermarktet und mit ,,The Great American Solar Eclipse" auch ein griffiger Name für dieses Naturschauspiel gefunden.
Am Vortag der Finsternis machte ich mich sehr früh auf den Weg, um den geplanten Beobachtungsstandort zu erreichen, wobei ich verkehrstechnisch bedingt quer durch Madras musste. Zum Glück war hier morgens um 9 Uhr das erwartete Verkehrschaos noch nicht eingetreten, und bei der Durchfahrt waren drei große Finsterniscamps zu sehen, die fast alle schon voll belegt waren und alle nördlich des Ortes in der Nähe zur Zent
Mit Erreichen meines Beobachtungsstandorts wurde mir klar, die richtige Wahl getroffen zu haben. Auf dem Hügel traf ich nur zwei Personen an, die es mit Ihren Allrad-Autos geschafft hatten, bis zur Spitze der Erhebung vorzudringen. Da mein Leihwagen nur Frontantrieb hatte, war für mich 200 m unterhalb der steilen Hügelkuppe Schluss. Im Laufe des Tages und der Nacht gesellten sich noch ca. 8-10 Autos hinzu. Am Morgen der Finsternis kamen nochmals 5-6 Autos, so dass wir zu Beginn der partiellen Phase mit ca. 30-40 Personen auf dem Hügel die SoFi beobachteten.
Finsternis Der Fernblick von hier reichte locker bis zum ca. 64 km entfernten Mount Jefferson, der genau auf der Zentrallinie lag. Der mit ca. Mach 3 heranrasende Mondschatten konnte eindeutig als isoliertes Objekt in der Landschaft wahrgenommen werden. Als der Mondschatten Madras
Standortwahl Um ein eventuelles Verkehrschaos bzw. das Massenevent zu umgehen, plante ich nun einen Beobachtungsstandort etwas außerhalb von Madras. Nach intensiver Recherche mittels Google-Maps und Google-Earth fiel meine Wahl auf eine kleine hügelartige Erhebung mit dem Namen ,,Bucks Butte", 7 km südöstlich vom Ortskern Madras. Zwar lag dieser Standort damit ca. 6 km südlich der Zentrallinie, und man verlor hier ca. 3,5 Sekunden von der Totalitätsdauer, dafür war man aber weit weg von den Finsterniscamps im Ort und hatte den Vorteil, von dieser Erhebung sehr weit in die Landschaft schauen zu können.
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3 Dritter Kontakt, Kamera: Nikon D7000 mit Sigma-Spiegeltele,
Brennweite 500 mm (f/8), ISO 640, 1/500 s belichtet
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erreichte, gingen schlagartig die Lichter im Ort an. Nur wenige Sekunden später erreichte der Mondschatten auch unseren Standort, und die Totalität setzte ein.
Wir konnten kollektiv eine perfekte Sonnenfinsternis mit Diamantringphänomen (Abb. 1), feinen Koronastrahlen (Abb. 2) und tiefrot leuchtenden Protuberanzen erleben. Für viele der Beobachter auf dem Hügel war es ihre erste Sonnenfinsternis, und die meisten beobachteten nur durch eine SoFi-Brille mit dem ,,bloßem" Auge den Verlauf. Einige wenige nutzten Actioncams mit Filterfolie, um den Verlauf der SoFi zu dokumentieren und zwei Personen konzentrierten sich auf das Filmen des über die Landschaft herannahenden Mondschattens. Ansonsten zückten viele ihre Smartphones und konnten damit auch stimmungsvolle Videos erzeugen.
Nach dem Ende der Totalität war für die meisten Beobachter die SoFi schon gelaufen. Nur noch ich machte brav weiter und schoss auch noch Bilder vom weiteren partiellen Verlauf der Eclipse bis zum Ende der Finsternis, welches um ca. 11:40 Uhr Ortszeit erreicht wurde.
Messungen Danach beendete ich auch meine Datenaufzeichnung für Temperatur und
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Temperaturverlauf der Finsternis mit eingezeichneten Zeitdaten der Finsternis
Luftfeuchtigkeit. Die Messungen beider Datenreihen erfolgten mittels eines USB-Datenloggers im Schatten. Die Abbildung 4 zeigt den Verlauf der Temperatur während der Finsternis. Wie man sieht, wurde eine minimale Temperatur von 15,6 Grad C ca. 15 Minuten nach Mitte der Finsternis erreicht. Danach stieg die Temperatur rasch um ca. 10,4 Grad C wieder an, um nach Ende der Finsternis ca. 26,0 Grad C zu erreichen. Analog dazu stieg die relative Luftfeuchtigkeit von 44 % kurz vor Beginn der Finsternis auf 56 % während der Finsternis an, um nach der Finsternis auf 36 % abzusinken.
Resümee Ja, es war wirklich die angekündigte ,,Great American Solar Eclipse". Unter perfekten Randbedingungen und in netter Gesellschaft konnte eine beeindruckende Sonnenfinsternis erlebt werden. Alle typischen Phänomene wurden fotografisch dokumentiert.
Durch geschickte Wahl des Standorts gelang es, dem Massenevent auszuweichen und den Mondschatten als ,,isoliertes" Objekt, das sich über die Landschaft bewegte, wahrzunehmen und zu filmen.
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Bezug: ,,VdS-Journal für Astronomie" erscheint
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viermal pro Jahr und ist im Mitglieds-beitrag von 35,- E (EU) und 40,- E
Mitarbeit:
Eva Garbe
(außerhalb der EU) bzw. ermäßigt 25,- E pro Jahr enthalten
Beiträge werden erbeten an: VdS-Geschäftsstelle, Postfach 1169, D-64629 Heppenheim und an die Redakteure der VdS-Fachgruppen (siehe Redaktionsliste).
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Totale Sonnenfinsternis 2017
Die äußere Sonnenkorona im infraroten Licht
von Wolfgang Strickling
Die totale Sonnenfinsternis vom 21.08. 2017 hat mich, wie viele andere Finsternisenthusiasten auch, in die USA gezogen, wo ich im Rahmen einer dreiwöchigen Rundreise das astronomische Ereignis des Jahres am Rande des GrandTeton-Nationalparks nördlich von Jackson, Wyoming, unter den besten Wetterbedingungen beobachten konnte. Neben verschiedenen Luft- und Atmosphärenmessungen habe ich ein umfangreiches, weitgehend automatisch gesteuertes Fotoprogramm mit verschiedenen Kameras durchgeführt.
Auf Anregung von W. E. Celnik [1] hatte eines meiner Experimente das Ziel, die äußeren Ausläufer der Korona und eventuell den Übergang in das Zodiakallicht abzubilden. Herkömmliche Aufnahmen
mit Teleobjektiven zeigen üblicherweise nur die Korona bis in einige Sonnenradien Entfernung (Abb. 1). Celnik et al. hatten bereits 2006 Weitwinkelaufnahmen im visuellen Spektralbereich gemacht und dabei die Korona bis zu einer Elongation von 15 Grad nachweisen können [2]. Ein besonderes Problem bei der Beobachtung und Fotografie der äußersten Koronaanteile ist die Aufhellung durch atmosphärisches Streulicht, denn auch bei einer totalen Sonnenfinsternis ist der Himmel noch relativ hell. Messungen mit einem Himmelshelligkeitsmessgerät, ähnlich dem bekannten SQM, ließen Werte um 12 bis 13 mag/arcsec2 erwarten. Das entspricht der Helligkeit des Himmels nur 30 Minuten nach Sonnenuntergang. Deshalb wurden professionelle Messungen des Übergangs von der
Korona in das Zodiakallicht von Raketen oder Satelliten aus durchgeführt [3]. Da der Himmel bekanntlich auf Infrarotaufnahmen jedoch nahezu schwarz erscheint, beschloss ich meine infrarotmodifizierte Canon 650D in Kombination mit einem ProPlanet-742-Infrarot-Passfilter zur Reduktion dieses Streulichts einzusetzen. Als Objektiv verwendete ich mein Tamron-90-mm-(f/2,8)-Macro, das mit 17 Grad Bilddiagonale an der 650D einen ähnlichen Bereich abdeckt wie der LASCO-C3-Koronograf auf der Sonnensonde SOHO. Eine große Unbekannte waren die erforderliche Belichtungszeit und Empfindlichkeitseinstellung. Eine weit gestreute Belichtungsreihe war deshalb unumgänglich, sie reichte von 0,5 Sekunden bei ISO 100 bis zu 2 Sekunden bei ISO 6400 bei f/2,8. Da die Kamera
1 Konventionelles HDR-Komposit aus 23 Einzelbildern mit einem 500-mm-Teleobjektiv. Es zeigt die Korona bis in etwa 6 Sonnenradien
Entfernung vom Sonnenmittelpunkt.
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2 Infrarotaufnahmen mit 1 s Belichtung bei ISO 400. Zur Orientierung ist die Ekliptik mit 2-Grad-Marken eingezeichnet.
Das HDR-Kompositbild wurde maßstabsgerecht im Zentrum eingefügt.
auf einem Star Adventurer automatisch nachgeführt wurde und die Belichtungsreihe von der Android-App EclipseDroid selbstständig gesteuert wurde, konnte
ich mich trotzdem voll auf andere Aktivitäten und vor allem den überragenden visuellen Eindruck dieser Finsternis konzentrieren.
Bei der Sichtung der Fotos fielen leider zuerst die unerwartet starken Lichtreflexe der hellen inneren Korona auf. Dadurch,
3 Aufnahmen mit 1 s bei ISO 400 und ISO 800 gestackt. Zusätzlich zu den Streamern zeichnet sich die F-Korona und das Zodiakallicht
als diffuse Aufhellung entlang der Ekliptikebene ab.
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dass sich die Sonne wegen der ungenauen Einnordung der Montierung am Tage deutlich aus dem Bildzentrum verschoben hatte, hatten sich die Reflexe auch über weite Bereiche des Bildes verteilt und mussten in der Bildbearbeitung erst einmal mühsam von Hand entfernt werden.
Erwartungsgemäß zeigten die kürzesten Belichtungen noch nicht die äußersten Koronabereiche. Die längsten Belichtungen waren dagegen selbst in den Bildecken zu über 90 % gesättigt, also hoffnungslos überbelichtet. Aufnahmen mit 1 s bei ISO 400 und f/2,8 zeigen dagegen in den Ecken eine Deckung von knapp 10 %, weshalb ich die insgesamt 11 Bilder mit ISO 400 und ISO 800 für die weitere Auswertung verwendet und mit Regim zur Rauschreduktion gestackt habe. Um die feinen Koronastrukturen herauszuarbeiten, habe ich anschließend die Kontraste mit dem Larson-Sekanina-Filter (30 Grad , 10 Pixel) von Fitswork angehoben.
Schon auf den kürzer belichteten Aufnahmen (Abb. 2) sind deutlich die langgestreckten Koronastrahlen (Streamer) erkennbar, die sich bis etwa 1,5 Grad (6 Sonnenradien) vom Sonnenzentrum nach außen erstrecken. Auf Bildern, die auch Belichtungen mit ISO 800 einbezogen haben (Abb. 3), wurde dann auch eine entlang der Ekliptikebene diagonal durch das Bild laufende diffuse Aufhellung sichtbar. Sie ist der äußerste Ausläufer der F-Korona, die durch Staubteilchen hervorgerufen wird und die noch weiter außen kontinuierlich in das Zodiakallicht übergeht [3]. Auf dem Originalbild sind daneben auch Sterne bis jenseits der siebten Größenklasse erkennbar. Bei künftigen Experimenten dieser Art sollte man auf das Vermeiden von Linsenreflexen besonderen Wert legen, also während der Totalität auf eine exakte Zentrierung achten und ein möglichst reflexarmes Objektiv auswählen, eventuell mit geringerer Brennweite. Zugunsten
der mittleren Belichtungen kann man auf die sehr langen Belichtungszeiten bzw. sehr hohen Empfindlichkeitseinstellungen verzichten und statt dessen mehr Aufnahmen im Bereich 1 s ISO 400 bis ISO 800 bei f/2,8 machen.
Literaturhinweise und Weblinks: [1] W. E. Celnik, 2017: ,,Die Ausdeh-
nung der Sonnenkorona", VdSJournal für Astronomie 61, S. 17 [2] W. E. Celnik, O. Guthier, U. Reimann, 2006: ,,Von der schwarzen Oase zur schwarzen Sonne", VdSJournal für Astronomie 21, S. 50 [3] H. Kimura und I. Mann, 1998: ,,Brightness of the solar F-corona", Earth Planets Space 50, p. 493 [4] W. Strickling: Webseite des Autors mit Daten, weiteren Bildern und Links, www.strickling.net/sofi2017. htm
Great American Eclipse
- Besuch von Nationalparks mit SoFi-Höhepunkt
von Kai-Oliver Detken
1
Theodore-RooseveltNationalpark - Aussichtspunkt Painted Canyon
Die ,,Great American Eclipse" wurde von den Amerikanern nicht ganz ohne Pathos so genannt, da es die erste Sonnenfinsternis (SoFi) war, die seit 99 Jahren quer über den Kontinent gehen sollte. Nach langer Vorbereitungszeit, die teilweise bereits Ende 2016 begann, konnte sich am 11. August endlich eine kleine Reisegruppe der Astronomischen Vereinigung Lilienthal (AVL) [1] auf den Weg machen, um eine totale SoFi im Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu erleben. Auf diese Idee waren allerdings auch andere Astronomie-Begeisterte gekommen, weshalb
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man von mehreren Millionen Teilnehmern ausgehen konnte. Daher standen, nachdem die Motel-Reservierungen abgeschlossen waren, noch zwei Aspekte für ein gutes Gelingen im Raum: das Wetter und der örtliche Verkehr. Es sollte daher wie immer spannend werden. Aber genau das macht ja auch eine gute SoFi aus.
Amerikanische Sehenswürdigkeiten Gestartet wurde die Reise ab Minneapolis, das mit 382.000 Einwohnern die größte Stadt der umliegenden Region darstellt. Danach wurden die Städte im
mer kleiner, die uns auf der Fahrt durch fünf Bundesstaaten begegnen sollten. So besaß beispielsweise der nächste Ort Bemidji ungefähr so viele Seen wie Einwohner, nämlich um die 10.000. Auch der Bekanntheitsgrad war hier überschaubar, da dieser Ort nur durch seine Curling-Weltmeister bekannt war. Wir waren aber grundsätzlich nicht auf Stadtbesichtigung aus, sondern wollten die Nationalparks kennenlernen. Unser erster Abstecher führte uns daher zum State Park Itasca [2], aus dem der Mississippi entspringt, der sich von hier bis
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2 Überblick über den Badlands
National Park
nach New Orleans quer durch das Land zieht. Wir wanderten bei schlechtem Wetter zur Mississippi-Quelle, um dort, wie viele andere Leute, ins Wasser zu steigen: eine Mississippi-Überquerung einmal anders.
Weiter ging es zum Theodore-RooseveltNationalpark [3], der nach dem 26. Präsidenten der Vereinigten Staaten benannt ist. Im Nationalpark sahen wir uns einen kurzen Einführungsvortrag an und entdeckten, dass es Mitte September das astronomische Treffen ,,Dakota Nights Astronomy Festival" geben wird. Denn im Park wird es nachts so richtig dunkel. Das war interessant, auch wenn wir dann nicht mehr hier sein sollten und bisher das Wetter eher einen norddeutschen Eindruck hinterließ. Statt Sternen beobachteten wir am Tag daher unterschiedliche Tiere wie einzelne Bisons, Truthähne, Wildpferde und kleine Präriehunde. Auf mehreren Hochebenen ließen sich zudem tolle Überblicke über die Landschaft gewinnen (Abb. 1). Im Besucherzentrum, welches nach einer Westernstadt aufgebaut war, entdeckten wir ein kleines Postamt, in dem wir SoFi-Briefmarken erstehen konnten. Selbst hier war man also vorbereitet.
Als nächster Nationalpark stand der Devils Tower (Teufelsturm) [4] in Wyoming auf dem Programm. Wir waren daher nach Minnesota, North und South Dakota im vierten US-Bundesstaat unserer Reise angekommen. Der Devils Tower ist ein turmartiger Härtling magmatischen Ursprungs am Nordwestrand der Bear Lodge Mountains, der vor ca. 50 Millionen Jahren entstand. Der Berg erhebt sich 265 Meter über die Umgebung und
3 Milchstraße über Hotsprings in Wyoming (AstroTrac, 3 min pro Bild, 12 Bilder,
ISO 800, Objektiv Sigma 17-50 mm 1:2,8 EX DC OS HSM, Brennweite 21 mm, Blende 2,8, Kamera: Canon 700Da (modifiziert), Filter: CLS-Filter von Astronomik)
besitzt einen Durchmesser von 150 m. Auch eine passende Astronomie-Geschichte gibt es über den Berg zu erzählen: Sieben Mädchen flüchteten sich einmal vor Bären auf diesen Berg. Nachdem die Lage immer bedrohlicher wurde und die Bären mit ihren Krallen die Bergwände bearbeiteten, baten die Mädchen den Berg um Hilfe. Dieser hörte ihre Bitte und wuchs in den Himmel, um die Mädchen dort in Sicherheit zu bringen. Dort sieht man sie heute noch als die Plejaden funkeln. Eine schöne Geschichte, die aufzeigt, dass sich auch die Indianer mit dem Sternenhimmel beschäftigt haben.
Bei Hotsprings in Wyoming sind wir dann auch zum Badlands National Park
[5] gefahren. Dieser Nationalpark bekam seinen Namen von den ersten französischen Legionären, die in das Land kamen und Schwierigkeiten hatten, sich zu orientieren bzw. keine Möglichkeit für eigene Landwirtschaft sahen, was auch heute noch nachvollziehbar ist (vgl. Abb. 2). Hier veränderte sich das Wetter langsam, denn die Temperatur stieg auf 40 Grad Celsius. Beim Besucherzentrum trafen wir einen Amerikaner aus Minneapolis, der die gleiche Strecke in zwei Tagen zurückgelegt hatte, wofür wir ungefähr eine Woche gebraucht hatten. Auch er wollte unbedingt die Sonnenfinsternis sehen. Um 15 Uhr baute zudem ein Ranger ein Sonnenteleskop von Coronado auf und richtete es auf die Sonne. Er
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4 Bedeckungsphasen der totalen Sonnenfinsternis in den USA, aufgenommen bei Douglas (Montana)
machte damit ein bisschen Werbung für die anstehende SoFi und verteilte kostenlos die entsprechenden Brillen.
Da das Wetter besser wurde, konnten auch erste Exkursionen an den nächtlichen Sternenhimmel bei Hotsprings erfolgen. Bereits hier konnte man die Milchstraße in ihrer gesamten Pracht am frühen Abend bewundern. Dabei konnten wolkenartige Strukturen ausgemacht werden (Abb. 3). Außer dem Sternbild Skorpion ließen sich auch der Planet Saturn und der Kugelsternhaufen M 13 sehr gut beobachten. Besonderen Spaß
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machten der Lagunennebel und die Andromeda-Galaxie. Letztere war mit bloßem Auge klar zu erkennen und nahm im Fernglas fast den gesamten Bildbereich ein - was für ein Anblick! Zwischendurch zogen immer wieder Sternschnuppen durch das Gesichtsfeld, die wohl noch Ausläufer der Perseiden waren. Ich wünschte uns Sonnenschein für die SoFi, denn ab jetzt durfte sich das Wetter nicht wieder verschlechtern.
Am nächsten Tag ging es zum Nationalpark Wind Cave [6] sowie zu den Präsidentenköpfen von Mount Rushmore [7].
Während bei den Höhlen eine Reservierung der Karten angebracht war, kam man bei Mount Rushmore durch die gut ausgebauten Tiefgaragen sofort rein. Das Bauwerk ist 1941 fertig gestellt worden, nachdem es 1927 begonnen wurde. Fast 400 Arbeiter waren mit der Ausführung beschäftigt, die ursprünglich noch größer geplant war. In der Nähe gibt es ein weiteres Memorial, welches Crazy Horse [8] gewidmet ist. Von dem Monument ist allerdings bisher nur der Kopf fertig gestellt worden. Als Bauzeit werden weitere 100 Jahre geschätzt, weil es sich nur durch Spenden finanziert.
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Der Tag der SoFi Am Tag der SoFi war ich bereits um 5 Uhr morgens wach. Wir frühstückten nur das Nötigste, packten alle Sachen zusammen und setzten uns in Bewegung. Denn schließlich sollte es aus Denver zu einem Verkehrskollaps kommen, da 600.000 Leute aus dieser Richtung erwartet wurden. Wir selbst fuhren ohne größeren Stau los, aber die Autodichte hatte bereits erheblich zugenommen. Gott sei Dank gab es anfangs keine Kreuzungen oder Ampeln. Das änderte sich aber, so dass wir in den ersten handfesten Stau kamen. Die SoFi sollte um ca. 10:20 Uhr beginnen und wir hatten insgesamt 145 Meilen zurückzulegen, weshalb wir uns langsam Sorgen machten. In Lusk erreichte die Masse der Beobachter ihren Höhepunkt. Als wir danach aus der Stadt herausfuhren, war die Straße aber plötzlich wieder frei, so dass wir wieder richtig Fahrt aufnehmen konnten.
So erreichten wir Douglas in Wyoming rechtzeitig um 10 Uhr und suchten uns ein schönes Plätzchen am North Plate River aus. Nun wurde das Equipment schnell aufgebaut und die Ausrichtung auf die Sonne vorgenommen. Um 10:15 Uhr war alles fertig - das war Timing! Fünf Minuten später knabberte der Mond die Sonne zum ersten Mal an und es kam Bewegung in die Beobachter. Wir hatten zusätzlich unsere Ferngläser astrotauglich gemacht und schauten damit in die Sonne. Die Folienfilter leisteten dabei wirklich Erstaunliches: Die Sonnenoberfläche ließ sich in Strukturen auflösen und es gab einige Sonnenflecken zu bestaunen, obwohl wir uns ja aktuell in einem SonnenaktivitätsMinimum befanden.
Dann wurde es ernst: Die Totalität war fast erreicht. Vorher hat man sich natürlich Gedanken gemacht, wie man diesen kurzen Moment von ca. 2 min am besten sinnvoll füllen kann. Lässt man alles bei den manuellen Einstellungen oder versucht man auch einmal den Autofokus zu nutzen? Ich beließ es erst einmal bei der manuellen Einstellung, nahm die Filter (Sonnen- und Graufilter) ab und machte erste Versuche. Zwischendurch wurde die Sonne auch visuell beobachtet und es offenbarte sich speziell durch das Fernglas ein wahnsinnig toller Anblick! Man konnte auf einmal direkt in die Sonne schauen und sah die Korona
5 Beginn und Mitte der Totalitätsphase (Objektiv Sigma 70-200 mm 1:2,8 EX DG OS
HSM, 2-facher Telekonverter Sigma EX APO DG , Brennweite 400 mm, Öffnungsverhältnis 1:45, Stativ mit AstroTrac TT320X-AG, Kamera: Canon 700Da (modifiziert), Filter: OWB Astronomik-Filter, Hoya-Filter 77 mm HMC NDX400 und Hoya-Graufilter 77 mm HMC ND8)
6 Blick vom Tepee am Yellowstone-Nationalpark auf die Milchstraße im Nordosten
in allen Facetten. Die Landschaft war nun wirklich dunkel, was auch ganze Mückenschwärme mitbekommen hatten, die plötzlich aktiv wurden. Durch die Dunkelheit tauchten auf einmal Sterne und Planeten neben der Sonne auf. So war beispielsweise rechts unten von der Sonne Venus sehr hell und deutlich zu erkennen, während sich Regulus links daneben zeigte.
Nach der Totalität kamen auch immer mal wieder Amerikaner vorbei und wollten wissen, ob die Bilder etwas geworden waren, die wir gemacht hatten. Eine ältere Frauengruppe, die sich aus College-
Tagen kannte und sich ebenfalls dafür interessierte, bot mir sogar Champagner an, den sie aber bereits selbst schon stark konsumiert hatten. Ich wurde daher nochmals willkommen geheißen in Amerika, obwohl ich erzählte, dass wir bereits seit 10 Tagen im Land waren. Zwei weitere Besucher aus England zeigten sich ebenfalls interessiert und waren in der Vergangenheit auch bei verschiedenen SoFi-Events bereits dabei gewesen. Das Ganze hatte eine Art Festival-Charakter, bei dem man viele neue Menschen kennenlernen kann, denen man in Zukunft aber mit fast absoluter Sicherheit nie wieder begegnen wird.
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7 Draufsicht auf die größte Thermalquelle der USA, die Grand Primatic Spring im Midway Geyser Basin
Nach der SoFi Nun sollte uns noch ein weiterer Höhepunkt bzw. Nationalparks erwarten wie u. a. Yellowstone [9] und Glacier [10]. Speziell im Yellowstone nahmen wir uns ebenfalls vor, den Nachthimmel zu erkunden, da dieser Park fern von störenden Lichtquellen ist und als extrem dunkel gilt. Da wir an einem der Parkeingänge in sog. Tepees (hölzernen Indianerzelten) untergebracht waren, war der Aufwand für Nachtexkursionen auch dieses Mal geringer. Hier blieben wir vier Nächte, von denen zwei astronomisch genutzt werden konnten. Die Milchstraße war in beiden sternklaren Nächten unglaublich wolkenartig und transparent zu erkennen. Der Himmel daher noch etwas besser als in Hotsprings, was man auch an der Andromeda-Galaxie mit bloßem Auge einwandfrei beobachten konnte. Daher wurde jeweils bis Mitternacht ausgiebig mit dem Fernglas der Himmel erkundet, während parallel weitere Aufnahmen gemacht wurden (z. B. Abb. 6).
Der Park selbst bietet eine Vielzahl von Sehenswürdigkeiten, dessen Hauptattraktionen u. a. sind: Midway Geyser Basin (Abb. 7), Old Faithful, Artist Point sowie die Terrassen Mammoth Hot Springs. Aufgrund seiner Geysire genießt der Park auch einen wirklichen Einzigartigkeitsstatus, was wir an den steigenden Besucherzahlen leider auch bemerkten. Immerhin beherbergt Yellowstone ca. 60 % aller weltweiten heißen Quellen! Daher waren die drei Tage Aufenthalt schon knapp bemessen. Aber das Gesehene entschädigte alle Teilnehmer für die Strapazen. Als wir zu unserem letzten Hauptstopp weiterfuhren - dem Glacier National Park - waren wir daher alle etwas müde. Hier im Norden war die Luft diesiger, was wir zuerst auf die Außentemperaturen zurückführten.
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Doch dann rochen wir es: Feuer! Vor uns lagen riesige Waldbrandgebiete und Löschhubschrauber flogen dicht über uns hinweg. Trotzdem konnten wir gefahrlos Wanderungen im Park unternehmen, der allerdings weniger spektakulär ist, als der Yellowstone - dafür allerdings auch nicht so überlaufen.
Anschließend galt es, die Strecke wieder zurück zum Ausgangspunkt in Minneapolis zurückzulegen. Wir waren ja inzwischen weit nordwestlich und mussten in drei Tagen Dauerfahrt wieder nach Osten zurückfahren. Das bedeutete anstrengendes Meilenfressen, auch wenn wir immer wieder an interessanten Stellen haltmachten. Der letzte Tag in Minneapolis war aber zum Verschnaufen gut geeignet und der Rückflug, auf dem wir nachts sogar noch Polarlichter sahen, entschädigte uns für den Reiseaufwand.
Wir fuhren mit vielen neuen Eindrücken im Kopf nach Hause, die erst Wochen später wirklich verarbeitet werden soll
ten. Die ,,Great American Eclipse" war damit endgültig Geschichte.
Literaturhinweise und Weblinks: [1] Astronomische Vereinigung Lilien-
thal (AVL): www.avl-lilienthal.de [2] Itasca State Park: www.dnr.state.
mn.us/state_parks/itasca/index.html [3] Theodore-Roosevelt-Nationalpark:
www.nps.gov/thro/index.htm [4] Devils Tower National Monument:
www.nps.gov/deto/index.htm [5] Badlands National Park, South Da-
kota: www.nps.gov/badl/index.htm [6] Wind Cave National Park, South
Dakota: www.nps.gov/wica/index. htm [7] Mount Rushmore National Memorial: www.nps.gov/moru/index.htm [8] Crazy Horse Memorial: https://crazyhorsememorial.org [9] Yellowstone National Park: www.nps.gov/yell/index.htm [10] Glacier National Park: www.nps. gov/glac/index.htm
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Totale Sonnenfinsternis 2017
1 Landschaft unter der verfinsterten Sonne, rechts der
Kondensstreifen eines Flugzeugs; Kamera: Canon EOS 5D Mark I, Objektiv: Canon EF 16-35 mm L II USM (bei f = 16 mm und Blende 2,8), 10:21:38 PDT
Erdschein und Baily's Beads
bei der Sonnenfinsternis am 21.08.2017
von Gabriele und Jörg Ackermann
Die diesjährige totale Sonnenfinsternis in den USA wollten wir uns auf keinen Fall entgehen lassen. Bereits ein Jahr im Voraus haben wir mit der Planung für die Reise begonnen. Aufgrund der Wetterprognosen entschieden wir uns für eine Beobachtung nahe Madras im USBundesstaat Oregon. Die erste Station unserer Reise war New York. Wir wurden dort am Freitag vor der Finsternis mit Regen und Gewitter empfangen. Sonntags sind wir dann weiter nach Portland geflogen und mit einem Mietwagen über Madras nach Redmont gefahren. Bis kurz vor Portland hatten wir eine mehr oder weniger geschlossene Wolkendecke. In Oregon ist es im August immer recht trocken und es gibt deshalb relativ viele Flächenbrände. Die Rauchentwicklung ist teilweise so stark, dass sie die Sonne komplett verschwinden lässt. Wir hatten bereits geplant, in der Nacht zum Montag aufzubrechen und weiter ins Landesinnere zu fahren, um den dichten Rauchwolken zu entgehen. Es zeigte sich, dass die Rauchentwicklung abends am stärksten war und über Nacht fast vollständig verschwand. Wir hatten die Finsternisbe
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2 Verfinsterte Sonne mit Gegenlicht, Erläuterung s. Text. Kamera: Canon EOS 5D
Mark IV, Objektiv: 1,4-fach-Konverter, Canon EF 100-400 mm f/4,5-5,6 L IS II USM (bei f = 400 mm), Komposit aus Belichtungszeiten von 1/320 s bis 1,6 s, 10:21 PDT
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Baily's Beads beim 2. Kontakt (unten, 10:20:03 PDT) und beim 3. Kontakt (oben, 10:21:54 PDT). Kamera: Canon EOS 5D Mark IV mit 1,4-fach Konverter, Objektiv: Canon EF 100-400 mm f/4,5-5,6 L IS II USM (bei f = 400 mm)
obachtung bei einem Reisebüro gebucht, welches auch vor Ort war und sich sehr gut auf die Situation vorbereitet hatte.
Am Montagmorgen ging es dann um 5:00 Uhr mit dem Bus zum Beobachtungsort, der Wine Down Ranch nahe Prineville. Anfangs gab es noch ein paar Rauchschleier, die sich bis zum 1. Kontakt fast vollständig verzogen hatten. Am Horizont sah man aber schon wieder
die neuen Rauchwolken kommen. Man sieht das gut auf der Landschaftsaufnahme, die wir während der Totalität gemacht haben (Abb. 1). Letztlich war der Himmel klar genug, um den schwachen Erdschein auf dem Mond einzufangen. Die Abbildung 2 ist ein Kompositbild, in welches wir den vom Erdlicht erhellten Mond eingefügt haben. Der teilweise hellere Mondrand ist ein Artefakt, das dadurch entsteht, dass die innere Korona
das schwache Mondlicht überstrahlt und diese Bereiche überbelichtet sind.
Fliegende Schatten waren leider nicht zu sehen. Was wir dieses Mal auch nicht gut gesehen haben, war der Tunneleffekt, der sich durch den Mondschatten ergibt. Vielleicht lag es daran, dass wir etwas abseits der Zentrallinie standen.
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Totale Sonnenfinsternis 2017
,,The Total Solar Eclipse" bei den Cowboys in Riverton
von Johann Spuling
1 Sonnenaufgang am Finsternistag, Brennweite 120 mm,
Verschlusszeit 1/400 s, ISO 160, Blende 8
Die Sonnenfinsternis vom 21. August 2017 in den USA war im Saroszyklus Nr. 145 die Nachfolgerin der Sonnenfinsternis vom 11. August 1999 in Europa. Nach 18 Jahren, 10 Tagen und 8 Stunden war es wieder soweit, der Neumond schob sich vor die Sonne.
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2 Unsere Beobachtergruppe
Der Wunsch, diese Sonnenfinsternis zu beobachten, bestand bei mir schon seit einigen Jahren. Im November 2016 bereiteten meine Frau und ich diese Reise vor, wir buchten die Hotels und den Flug. Eine kleine Rundreise durch den Wilden Westen sollte im Anschluss folgen.
Am 18. August ging es endlich los. Wir flogen von Frankfurt aus nach Denver, dann weiter nach Casper im US-Bundesstaat Wyoming. Per Mietauto ging es von Casper nach Riverton. Hier trafen wir weitere uns bekannte SoFi-Fans aus Deutschland, die sich dort das Ereignis zusammen mit uns ansehen wollten. Die Wetterprognosen für diese Region waren gut, lagen sie doch immerhin bei 85 % Sichtbarkeit für das Ereignis. Riverton wetteiferte mit dem nahe gelegenen Casper: Die besseren Wetterprognosen wechselten zwischen den beiden Städten hin und her.
Unsere kleine Gruppe suchte einen Tag vor dem Ereignis einen geeigneten Standort ca. acht Meilen nordöstlich von Riverton an der Hidden Valley Road aus. Er lag nahe der Zentrallinie auf einem Hügel, etwas abseits vom Highway auf einer Nebenstraße. Man hatte einen 360-GradRundumblick. Der nahe gelegene Highway wäre von Vorteil gewesen, wenn sich
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das Wetter verschlechtert hätte. Von dem höher gelegenen Hügel würde man auch den Kernschatten besser herannahen sehen. Direkt am Highway hatten sich bereits viele Camper niedergelassen.
Am 21. August 2017 fuhren wir sehr früh zum ausgewählten Standort, um in Ruhe unsere Ausrüstung aufzubauen. Die Sonne war gerade aufgegangen, dem Betrachter bot sich ein wunderbares Farbenspiel (Abb. 1). Die Temperaturen lagen anfänglich bei angenehmen 18 Grad C, später waren es über 30 Grad C. Unsere kleine Gruppe (Abb. 2) staunte nicht schlecht, dass auch andere Beobachter diesen Standort ausgewählt hatten. Es zeigte sich, dass wir vom nahe gelegenen Highway so gut zu sehen waren, dass immer mehr begeisterte Sonnenbeobachter nachfolgten. Das Gelände war aber so groß, dass für alle Platz war. Wir sahen Familien, die ihr Zelt aufgebaut hatten, Camper mit Komplettausrüstung, Motorradfahrer und weitere Autos mit euphorischen Be
3 2. Kontakt: Perlschnureffekt, Brennweite 420 mm, Verschlusszeit 1/1.250 s,
ISO 160, Blende 6
obachtern. Es ging fast zu wie auf einem kleinen Jahrmarkt.
Pünktlich zum 1. Kontakt, um 10:22 Uhr Ortszeit, hatten wir unsere Ausrüstung fertig aufgebaut. Der Himmel war zu Beginn des Ereignisses klar, es zogen aber im Verlauf der partiellen Phase einige hohe Schleierwolken vor die Sonne. Näher zur Totalitätsphase hin klarte der Himmel zum Glück wieder auf. Nun stieg bei allen Teilnehmern die Anspannung. Man bekam gerade noch mit, dass ein Camper es sich auf seinem Autodach gemütlich gemacht hatte. Die Kameras klickten in immer kürzeren Abständen. Es wurde zunehmend dämmriger. Ja, es war ein merkwürdiges fahles Licht um uns herum. Um 11:41 Uhr Ortszeit war es dann soweit. Es herrschte plötzlich fast komplette Dunkelheit. Für ca. 2,5 Minu
ten liefen unglaubliche, fast filmische Szenen für die Beobachter hintereinander ab. Da waren der 2. Kontakt mit Perlschnureffekt, die Korona mit unglaublich langen Streamern, der 3. Kontakt mit Diamantringeffekt und gut sichtbaren Protuberanzen (Abb. 3 bis 5). Dann wurde es wieder hell, einige Beobachter jubelten vor Begeisterung.
Fazit Eine sehr gut beobachtbare, sehr mitreißende und sehr eindrucksvolle Sonnenfinsternis, bei der das Wetter im richtigen Moment auf den Punkt genau gepasst hat.
Ausrüstung Refraktor 70 mm / 420 mm (INED70 ED APO), Fotostativ und Kamera Canon EOS 60D.
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4 Korona, Brennweite 420 mm,
Verschlusszeit 1/8 s, ISO 160, Blende 6
5 3. Kontakt: Diamantringeffekt
und Protuberanzen, Brennweite 420 mm, Verschlusszeit 1/1.250 s, ISO 160, Blende 6
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Die große USA-Sonnenfinsternis 2017 - Ein Last-Minute-Trip
von Astrid Gallus
Bei uns ging die Reise zur SoFi buchstäblich erst in letzter Sekunde los. Meine Tochter Ruth, reiseerfahren und sonnenfinsterniserprobt - 1999 in Ungarn - überredete mich Anfang August zusammen mit ihr nach Chicago zu fliegen, um von dort aus in den Süden zur Kernschattenzone des Mondes am 21.08.2017 zu gelangen. Meinen Einwand, dass wir viel zu spät dran seien und kein Hotel in der Nähe der Finsterniszone mehr bekommen würden, ließ sie nicht gelten. Tatsächlich ergatterte Ruth die wahrscheinlich letzten freien Zimmer in ganz St. Louis!
Der Start Wir flogen frühmorgens am 17.08.2017 nach Chicago und verbrachten zweieinhalb Tage in dieser faszinierend schönen Stadt am Michigansee. Am Samstag fand in Chicago die berühmte jährliche ,,Air and Water Show" statt, die wir am Ufer des Sees noch für anderthalb Stunden beobachteten, bevor wir unseren Leihwagen in der Union Station abholten, um nach St. Louis aufzubrechen. Das Wetter war hervorragend und die Prognosen für die Orte in der Kernschattenzone südlich sowie südöstlich von St. Louis ebenfalls. Wir hatten uns noch nicht entschieden, ob wir in Festus (Missouri), Chester oder in Carbondale (beide Illinois) die Finsternis beobachten wollten - alle drei hatten in etwa die gleiche und die für diese Finsternis fast maximale Dauer. Auf dem Weg durch das ,,Land of Lincoln" nach St. Louis machten wir standesgemäß in Springfield einen Stopp und erwiesen Abe Lincoln und seinem Grab unsere Ehre. Später, in St. Louis, tauchten wir unsere Hände in den warmen Mississippi. Wir trafen in der Stadt bereits einige SoFi-Fans, erkennbar an ihren T-Shirts und tauschten uns bezüglich der Beobachtungsorte aus. Aber es waren bei Weitem nicht so viele Astro-Touristen dort, wie wir angenommen hatten. Und das, obwohl der südlichste Teil von St. Louis sogar selbst für einige Sekunden in der Totalitätszone lag.
1 Ein Aus-der-Hand-Schnappschuss der Sonnenkorona (Bildautorin: Ruth Gallus)
Die Suche beginnt Dann plötzlich, am 20.08.2017, verschlechterten sich die Wettervorhersagen für den 21.08.2017 nachhaltig und je mehr Zeit verging, desto drastischer wurde es. Wir verglichen sechs oder sieben Wetter-Apps ständig miteinander. Beim abendlichen Fotoshooting des Gateway Arch am Ufer des Mississippi trafen wir Jeff, der mit seinen beiden Kindern wegen der Wetterprognose noch in der Nacht weiter bis nach Nashville/Tennessee zur SoFi fahren wollte, dort war klarer Himmel vorausgesagt. Wir wären auch noch bis Tennessee gefahren, aber dann hätten wir unseren Rückflug am 22.08. aufs Spiel gesetzt und eine sichere Prognose war das auch nicht, also ließen wir diesen Gedanken wieder fallen. Während des Abendessens waren wir schon bereit, Carbondale, SoFi- und NASAHochburg und deshalb eigentlich allseits gemieden, in die engere Wahl zu ziehen. Von unserem ursprünglichen Ziel Festus, 39 Meilen südlich von St. Louis, waren wir zunehmend weniger überzeugt.
Um 06:00 Uhr morgens zeigten die Apps zu unserer Erleichterung wieder besseres
Wetter, die sicherste Prognose gab es tatsächlich für Carbondale, wo die Wolken erst einige Zeit nach der Finsternis aufkommen sollten. Carbondale war mit 162 Meilen der von St. Louis am weitesten entfernte Ort. Wir waren auch getrieben von dem erwarteten Verkehrschaos und brachen dann gegen 06:30 Uhr nach Carbondale auf. Der Verkehr floss normal auf der Interstate, ebenso auf den Highways. Allerdings staute es sich an den Kreuzungen innerhalb der Ortschaften mächtig. Außerhalb jedoch verlief der Verkehr ganz normal. So kamen wir um 10:20 Uhr in Carbondale an und waren überrascht, wie wenig dort los war - wir hatten deutlich mehr Trubel erwartet. Auch die Straßen in Carbondale waren frei, es gab Parkplätze überall, vor allem an den Supermärkten. Die große Veranstaltung in Carbondale, zu der 14.000 Menschen gekommen waren, fand in einem großen Sportstadion statt, aber das war nicht unser Ziel. Wir suchten nach SoFi-Fans, die sich in kleinen Gruppen versammelt hatten und fanden tatsächlich auch eine nette Truppe, zu der wir uns gesellten. Wir packten unsere Sachen aus, auch die Campingstühle, die
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Totale Sonnenfinsternis 2017
2 Das Ziel war nur die Beobachtung und das Erleben der SoFi ...
wir uns in St. Louis noch gekauft hatten (in der Eile Kindercampingstühle wohlgemerkt - das Ninjaturtle-Muster hätte uns eine Warnung sein können ...) und waren glücklich, rechtzeitig, lange vor dem Ereignis und unter rundum blauen Himmel, angekommen zu sein. Die Gruppe lagerte im Schatten eines Baumes auf dem Grünstreifen eines Parkplatzes, es gab noch so viel weiteren freien Platz, und immer noch waren alle Straßen frei. Von dem in Deutschland beschworenen Chaos auf dem Weg in die Finsterniszone keine Spur.
Während wir entspannt die partielle Finsternis verfolgten, achteten wir zunächst gar nicht auf den Himmel, der ja bei unserer Ankunft so klar und bis zum Horizont frei war. Meine Tochter machte mich dann auf die Wolken aufmerksam. Statt der Sonne beobachteten wir zwei von nun an nur noch die Wolken und deren Bewegung und stellten entsetzt fest, dass es gar nicht mehr gut für Carbondale aussah! Wir hatten noch eine knappe halbe Stunde bis zur Totalität. Alarmiert beschlossen wir unser liebgewonnenes Lager abzubrechen, unter dem drohenden Wolkenband durchzutauchen und auf ein großes blaues Wolkenloch im Norden zuzusteuern. Unsere neuen Astrofreunde versuchten uns zum Dableiben zu überreden, weil sie meinten, es würde schon noch gut gehen, aber unser Entschluss stand fest.
Die Straßen waren erfreulich frei und wir fuhren den Weg, den wir gekommen waren, uns an einen Walmart-Parkplatz erinnernd, wieder zurück, passierten das Wolkenband und nach knapp 15 Minuten Fahrt fuhren wir mit quietschenden Reifen auf den fast leeren Walmart-Parkplatz.
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Dort lehnten wir uns an unseren Leihwagen und beobachteten, wie es jetzt schnell immer kühler und dunkler wurde, wie diese unglaubliche Aschfahlheit von einem großen Ereignis kündete und plötzlich Tausende von Grillen anhoben, laut ihr abendliches Lied zu schmettern! Diese einzigartige Stimmung bringt keine normale Abenddämmerung hervor, niemals, diese Stimmung und diese Farben kann man nur kurz vor einer totalen Sonnenfinsternis erleben.
Und dann blinkte in der Gegend von 7:00 Uhr auf der fast bedeckten Sonne ein perfekter Diamantring auf, und die Sonne verfinsterte sich. Der Mond hatte sie vollständig bedeckt. Der Himmel wurde durchsichtig dunkelblau und Sterne kamen heraus. Die Korona erstrahlte weiß mit Spitzen in vier Richtungen und die wenigen anderen Menschen auf dem Parkplatz jubelten und riefen tief bewegt von diesem einzigartigen Schauspiel.
Wir beobachteten die schwarze Sonne die ganze Zeit mit dem bloßen Auge und genossen diese unglaublich schöne, ja, ästhetische Finsternis, begleitet vom Gesang der Grillen. Sie war der 1999erFinsternis sehr ähnlich; auch der orangefarbene flammende, beinah unheimliche Saum unterhalb des kristallklaren, tiefblauen Himmels um den ganzen Horizont herum leuchtete so wie damals in Ungarn (in Sambia und später in der Türkei ist mir das nicht so deutlich aufgefallen). Wir vergeudeten auch keine Zeit damit, Sterne zu erkennen und zu identifizieren, stattdessen lehnten wir einfach mit tief empfundener Freude an unserem Wagen und genossen jede der 2:38 Minuten. Ich erkannte bei etwa 4 Uhr eine kleine, rubinrote Protuberanz, und wir versuchten, uns diese wunderschönen Minuten für
ewig in unser Gedächtnis einzuprägen. Dann blinkte fast an der gleichen Stelle, wo die Protuberanz war, ein zweiter Diamantring auf und deutete damit das Ende der Finsternis an.
Aufatmen Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass Ruth fotografiert hatte, sie hat nicht nur freihändig ein erstaunlich gutes Foto von der Totalität gemacht, es ist auch ihr allererstes Astrofoto überhaupt (Abb. 1)!
Es stellte sich heraus, dass sich in Carbondale tatsächlich Wolken vor die Sonne geschoben hatten, und die Finsternis dort konnte nur sekundenlang in wiederkehrenden Wolkenlücken beobachtet werden. Wie gut, dass wir spontan genug gewesen waren, so kurzfristig den Standort zu wechseln.
Tja, die angesagten Staus kamen dann doch noch, aber eben erst nach der Finsternis, und so waren wir sechseinhalb entspannte Stunden für 169 Meilen bis zu unserem Motel nach Springfield unterwegs, wo wir die letzte Nacht verbrachten, um am nächsten Tag die Heimreise über den Atlantik anzutreten.
Im Motel trafen wir einen vom Erlebten noch ganz überwältigten Vater mit Sohn aus Wisconsin, die ihre Begeisterung kaum in Worte fassen konnten. Ein Blick in ihre Gesichter sprach aber Bände ...
Comic
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CLAUDIOVENTRELLA / GETTY IMAGES / ISTOCK
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Totale Sonnenfinsternis 2017
... endlich!!!
von Bernd Flach-Wilken
Nach dem großen Wetterpech sowohl bei den totalen Sonnenfinsternissen 2009 in China, 2013 in Uganda, 2016 in Indonesien und auch der ringförmigen SoFi 2016 über La Reunion (hohe Bewölkung beim Maximum) bestand zur großen nordamerikanischen Finsternis am 21.08.2017 die Hoffnung, dass es dieses Mal endlich klappen würde.
Am Morgen dieses Tages sah der Himmel allerdings noch nicht optimal aus: Teils starke Bewölkung trübte zusammen mit Rauchschwaden nahegelegener Waldbrände den Himmel über dem Beobachtungsort bei Prineville/Oregon bedenklich ein. Diese Beeinträchtigungen aber verschwanden nahezu vollständig mit näher kommender Finsternis, die dann nahezu ohne Beeinträchtigungen erlebt und beobachtet werden konnte.
1 Der Autor mit Ehefrau und einer kleinen Ausrüstung auf der Wine Down Ranch
Nur mit einem 420-mm-Teleobjektiv ausgerüstet, hatte ich mir vorgenommen, die rund 2,5 Minuten Totalität auch visuell zu genießen, was allerdings nur eingeschränkt gelang. Trotzdem war es ein Genuss der Extraklasse, die verfinsterte Sonne mit Venus nahebei an dunkelblauem Himmel zu sehen. Suchtfaktor: Weiterhin und andauernd sehr, sehr hoch!
2 Die verfinsterte Sonne, Einzelaufnahme, Kamera: Pentax K3 (APS-C), Belichtungszeit
1/3 s, Blende 6,3, ISO 100, 300-mm-Teleobjektiv mit 1,4-fach-Konverter = 420 mm Brennweite
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Moderne DSLRs vermögen zwar im RAW-Modus 14 Bit tiefe Aufnahmen zu erhalten, aber die damit bewältigbaren 9-10 Blenden Dynamik reichen noch immer nicht aus, um die Sonnenkorona in einem einzigen Bild in ihrer ganzen Dynamik zu erfassen. Um die nötigen 14-15 Blenden Helligkeitsdynamik abzubilden, muss mit Serienaufnahmen bei verschiedenen Belichtungszeiten gearbeitet werden. Eine solche Bracketing-Serie allerdings misslang mir: typischer Bedienfehler in Phasen erhöhter Aufregung trotz ausgiebiger Tests zu Hause. So blieb mir nichts anderes übrig, als zu versuchen, aus einer einzigen RAW-Aufnahme mittels Bildbearbeitung wenigstens die mittleren Koronastrukturen einigermaßen ästhetisch ,,herauszuholen". Ob mir dies gelang, müssen die Leser dieses Journals entscheiden.
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Perlschnurphänomen und Chromosphäre in einem Kompositbild. Unten: Kurz vor dem 2. Kontakt, 10:20:45 Uhr Ortszeit, 1/4.000 s, schickt sich der Mond an, den letzten Rest der Photosphäre zu bedecken. Oben: 10:22:47 Uhr Ortszeit, 1/2.500 s, das fantastische Rot der Chromosphäre und der Protuberanzen.
Unsere USA-Sonnenfinsternis 2017
von Carolin Liefke und Dominik Elsässer
Schon am Abend vor der Finsternis verließen wir unsere Unterkunft, um möglichem Verkehrschaos zu entgehen und einen schönen Beobachtungsort zu suchen. Diesen fanden wir ein kleines Stück südlich der Zentrallinie und in der Nähe von Mitchell/Oregon. So konnten wir das wunderbare Naturschauspiel einer totalen Sonnenfinsternis in Ruhe genießen,
während die Kameras Aufnahmen anfertigten, an denen wir uns noch ganz lange erfreuen werden.
Einige Highlights unserer Sonnenfinsternis-Bilder möchten wir an dieser Stelle präsentieren. Die Kamera, eine Canon EOS 100D, war montiert auf einer Nachführeinheit Star Adventurer auf
Fotostativ. Objektiv war ein Canon-EF70-200L bei 200 mm Brennweite. Mit einem Canon-2x-Extender ergab sich effektiv eine Aufnahmebrennweite von 400 mm. Belichtet wurde mit Blende 9 bei ISO 100. Aufnahmestandort war die Gable Creek Road nahe Mitchell/Oregon. Die Aufnahmesteuerung erfolgte mit Solar Eclipse Maestro.
2
Komposit zahlreicher verschieden belichteter Einzelaufnahmen der Korona. Großteil der Bearbeitungsschritte mit Fitswork, zur Anwendung kam dabei auch ein Larson-Sekanina-Filter, um die feinen Strukturen in der Korona hervorzuheben.
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Totale Sonnenfinsternis 2017
Reise zur American Eclipse
von Sebastian Voltmer
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Die Finsternis-Felsen, 17:38:24 UT, Kamera: Sony a7s, Objektiv 1:2,8/14 mm, 1/60 s bei ISO 1250, Ort: Pavillion, Wyoming (USA)
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Am 11. August 2017 sitzen wir im Flugzeug auf dem Weg zur totalen Sonnenfinsternis über den USA - 18 Jahre nach der verregneten Sonnenfinsternis 1999 über Deutschland! Die Finsternis vom 21. August 2017 wird für mich im Grunde zur ,,wiederholten" Finsternis vom 11. August 1999 (Saroszyklus Nr. 145), doch diesmal hoffentlich ohne Regen.
Von Frankfurt geht es über Detroit nach Denver. Mit Zwischenstopp in Detroit sind es fast 30 Stunden, die unser sechsköpfiges Team bis Denver, der Hauptstadt von Colorado, unterwegs ist. Denver liegt auf rund 1.600 Meter Höhe am östlichen Fuß der Rocky Mountains, wo wir bereits
2 Die innerste Korona, 17:38:51 UT,
Teleskop: Celestron 80D, Kamera: Nikon D800, Brennweite 600 mm, f/7,1, ISO 160, 1/250 s, Ort: Pavillion, Wyoming, USA
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Totale Sonnenfinsternis 2017
3 Vorige Seite: Die ausgedehnte
Korona mit aschgrauem Mondlicht und Hintergrundsternen, HDR-Komposit aus 35 Einzelaufnahmen verschiedener Belichtungen zwischen 1/250 und 4 s, Bearbeitung mit PixInsight und Photoshop CC 2017, Anwendung mehrerer Larson-Sekanina-FilterEbenen, Teleskop: Celestron 80 ED, Kamera: Nikon D800, Montierung: AstroTrac TT320X-AG, Ort: Pavillion, Wyoming, USA (Norden links)
4 Chromosphäre und Protuberanzen kurz vor dem 3. Kontakt, 17:40:53, Kamera: Canon
5D MkII, Teleskop: Celestron NexStar 4SE, Brennweite 1.325 mm, f/13, ISO 100, 1/500 s, Ort: Pavillion, Wyoming, USA
am nächsten Tag den 4.347 Meter hohen Mount Evans erkunden - eine Straße führt bis knapp unterhalb des Gipfels. Uns verblüfft, dass wir in dieser Höhe bei einem extrem scharfen Wind sogar auf Schneeziegen treffen. In der Ferne gehen Regenschauer nieder, und ein Regenbogen schmückt die tiefer gelegenen Berge. Wettersorgen haben wir keine - liegt unser Zielgebiet doch deutlich weiter im Nordwesten im Wind-River-Basin mit den besten Wetterstatistiken, und wir haben noch genügend Tage bis zur Finsternis. Zeit, um vor allem den ältesten Nationalpark der Welt zu besuchen: den Yellowstone-Nationalpark, der für seine geothermalen Quellen und Geysire bekannt ist, und in dem Bisons, Grizzlybären und Wölfe leben. Begrenzt durch Bergketten der mittleren Rocky Mountains liegt das UNESCO-Weltnaturerbe auf einem Hochplateau von 2.400 Metern Höhe.
Der älteste Nationalpark der Welt Bereits auf der Straße begegnen uns
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hin und wieder Bisons, die durch ihr Schritttempo regelrecht den Verkehr bestimmen. Sogar ein Grizzlybär lässt sich an einem Flussufer beobachten. Wir sehen die mächtigen Fontänen des Geysirs und bestaunen die schillernden Farben des ,,Grand Prismatic Spring". Doch unverwechselbar ist das dampfende Gelände im Norris-Geysir-Becken, dem eine ringförmige Bruchstelle aus Zeiten des Vulkanausbruchs vor 640.000 Jahren zugrunde liegt. Zwischen den Rauch- und Nebelschwaden bestaunen wir zur blauen Stunde Mond und Venus und sehen, wie die aufgehende Sonne die Szenerie in ein warmes, zauberhaftes Licht taucht ...
Diese Atmosphäre lockt uns auch ein weiteres Mal an. Zwei aus unserem Team verbringen die folgende Nacht auf einer Anhöhe unweit des Norris-GeysirBeckens. Hier zeigt sich der Himmel von seiner schönsten Seite! Die Sommermilchstraße überspannt das gesamte
Firmament, umrahmt von den dunklen Wäldern. Viele Deep-Sky-Objekte können wir beobachten, bei einer gemessenen Himmelshintergrundhelligkeit von 21,8 Größenklassen pro Quadratbogensekunde.
Mein Sky Quality Meter (SQM) zeigt abseits der Milchstraße auch höhere Werte bis 21,92 mag an. Das Limit wird wohl nur durch das natürliche Leuchten der Luft (Airglow) hervorgerufen. Stunden später brilliert die Venus am Osthorizont, während die schmale Mondsichel folgt. Schon zwei Tage später wird Neumond sein - ,,The Great American Eclipse".
Spätestens jetzt steigt bei uns allen die Spannung und wir brechen nach Sonnenaufgang in Richtung Finsternis-Zone auf.
Trip in die Finsternis-Zone Das frische Grün der Landschaft schwindet auf der Fahrt recht schnell - bis wir gegen Mittag in der kargen, felsigen Landschaft des Zielgebiets eintreffen.
Wir erkunden mehrere Orte im größeren Umfeld von Riverton, wo es im Indianer-Reservat der Schoschonen neben kleineren Tafelbergen auch einige Seen gibt. Unweit von Riverton entdecken wir an einem See, dem Ocean Lake, malerische Felsen, die für die Finsternis Windschutz und zugleich eine attraktive Vordergrundkulisse für die Sonnenfinsternis bieten.
Auf der anderen Straßenseite liegt das Haus einer Farmerfamilie, die wir antreffen, und die unseren Plan tatkräftig unterstützt. Sie stellen uns elektrischen
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Strom und WLAN zur Verfügung und bieten zweien von uns, die über Nacht das Equipment aufbauen wollen, sogar zwei Betten an! Eine ganz besondere Gastfreundschaft, für die wir mit mehr als nur ein paar Sonnenfinsternis-Brillen danken.
In dem kleinen Städtchen Riverton werden wir am Folgetag im Rathaus erwartet und als Team empfangen, das den weiten Weg zur ,,Great American Eclipse" angetreten hat. Im Rathaus stellt man uns den Kontakt zum örtlichen Meteorologen her, der uns die Wettersituation zur Zeit der Finsternis im Detail zu beschreiben versucht. Cirren werden vorausgesagt, die sich aber auflösen würden. Doch er spricht auch von weit entfernten Waldbränden, deren Rauch wegen der ungewöhnlichen Windverhältnisse nach Riverton gelangen würde. Ein Ausweichmanöver entlang des Finsternis-Pfades wäre bei diesen diffusen Wetterverhältnissen nahezu zwecklos. Also stellen wir uns auf das ein, was kommen wird.
Eine kurze Nacht Für den Aufbau des umfangreichen Equipments bleibt nicht mehr viel Zeit. Noch am Vorabend baue ich meine Teleskope auf und justiere die Montierungen auf den Polarstern. Was ich in der Dunkelheit nicht sehe, sind die zahlreichen Opuntien, mit denen der Boden auch zwischen den Felsen übersäht ist. Die langen Nadeln des Gliederkaktus dringen fast ungehindert durch Schuhe und Hose. Zum Glück brechen nur die wenigsten Stacheln beim Herausziehen ab, was die Nacht erträglicher macht. Als bereits die Venus am Himmel steht, wird mir klar, dass schon der Morgen angebrochen ist. Leichte Cirren und Dunst trüben den Morgenhimmel. Ich bin fertig und lege mich schlafen.
Kaum drei Stunden später werde ich wach, als die anderen Teamkollegen eintreffen. Eine fast geschlossene Wolkendecke führt zu dem Entschluss, den Ort zu verlassen und in Richtung Casper auszuweichen. Jetzt ist es 9 Uhr Ortszeit. Um die Chancen auf eine erfolgreiche Beobachtung der Sonnenfinsternis zu erhöhen, teilt sich die Gruppe. Lutz Clausnitzer und Erwin Raupp fahren mit dem Reiseorganisator Reinhardt Wurzel nach Osten in Richtung Casper, Bernd Gährken
5 Der dritte Kontakt, 17:40:56, Kamera: Canon 5D MkII, Teleskop: Celestron NexStar
4SE, Brennweite 1.325 mm, f/13, ISO 100, 1/500 s, Ort: Pavillion, Wyoming, USA
und Björn Voss bleiben mit mir in Pavillion am Ocean Lake.
Der erste Kontakt beginnt. Durch die halbtransparenten Wolken kann ich die angebissene Sonne sehen. Auf den Felsen haben es sich inzwischen etliche Sonnenanbeter gemütlich gemacht (Abb. 1) und mehr und mehr Teleobjektive und Ferngläser füllen das Gelände. Die partielle Phase findet hinter wechselnder Bewölkung statt.
Im Nordwesten ist der Himmel fast wolkenfrei geworden. Wird das Wolkenband rechtzeitig zur Totalität den Himmel überquert haben? Ich habe bereits mein Notfallskript mit rasch aufeinanderfolgenden Belichtungswerten über meinen PC geladen, um eine der Kameras darüber zu steuern.
Im Kernschatten des Mondes Die Schatten auf dem Boden erscheinen schärfer, das Licht ist gelblich und fahl.
Man merkt, dass hier etwas Ungewöhnliches passiert, während der Himmel mehr und mehr aufklart. Rund 10 Minuten vor dem 2. Kontakt bemerke ich: Der Himmel ist klar - die Wolkenbank hat uns überquert und liegt jetzt über dem Südhorizont. In Schritten wird es dunkler. Die Sonne ist schon zu einer hauchzarten Sichel geschrumpft. Anders als bei bisherigen Sonnenfinsternissen sehe ich keine fliegenden Schatten, was für eine sehr ruhige Luft und gutes Seeing spricht. Kein Finsterniswind - absolute Windstille. Die Korona schält sich aus dem Himmelsblau, die letzten Sonnenstrahlen fallen durch die Mondtäler: Diamantring, Perlschnur - Totalität!
Feinste Streamer durchziehen die silbrig glänzende Sonnenkorona (Abb. 2 und 3). Die Wolken über dem Südhorizont leuchten in irisierenden Gelb- und Rottönen (Abb. 1). Venus glänzt weit rechts neben der Sonne, und unmittelbar links neben der schwarzen Sonne sehe ich Regulus.
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Totale Sonnenfinsternis 2017
Mit den Augen verweile ich auf diesem Lichtpunkt, dem Hauptstern des Löwen. Plötzlich nehme ich dunkle Strukturen auf dem Mond wahr! Vielleicht, weil ich nach dem Prinzip des indirekten Sehens knapp daran vorbei schaue? Zum ersten Mal sehe ich das Erdlicht während einer totalen Sonnenfinsternis - völlig ohne technische Hilfsmittel. Die Luft muss sehr klar geworden sein, und die Rauchschwaden sind vergessen. Die Kameras steuere ich unterdessen via PC und lasse mehrere Belichtungsserien laufen.
So kann ich in den 2:22 Minuten Totalität genügend unterschiedliche Belichtungen sammeln für ein High-Dynamic-
Range-Komposit (HDR), das eben dieses Erdlicht und die Korona mit feinsten Strahlen zeigt (Abb. 3). Ich bemerke, dass es wieder etwas heller wird. Das Farbenspiel am Horizont ändert sich rasch. Eine riesige Protuberanz schiebt sich rechts über den Mondrand, während die rosarote Chromosphäre den 3. Kontakt einläutet (Abb. 4).
Und schon quillt eine gleißend helle Perle in einem Mondtal hervor (Abb. 5), dann noch eine und weitere, bis sie sich zu einem fulminanten Diamantring-Effekt verbinden, der das Licht zurückbringt und die Korona verblassen lässt.
Die Saroszyklus-Finsternis Nr. 145 hatte es in sich! 1999 im Regen über Saarbrücken; 2017 ganz knapp unter besten Bedingungen! Unsere Teamkollegen, die am frühen Morgen der Wolkensuppe Richtung Casper entflohenen waren, hatten übrigens auch Glück - sie sahen die Finsternis östlich auf einem Wüstenplateau mit Rundumsicht und 2:25 Minuten Totalität bei wolkenlosem Himmel. Also drei Sekunden länger als wir, da sie es noch näher in die Totalitätszone geschafft hatten.
Impression
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Perseiden
Am 14. August 2017 um 3:17 Uhr erwischte Franz-Xaver Kohlhauf einen Perseiden über der vom Mond beschienenen Landschaft.
Amateurteleskope / Selbstbau
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Stativ auffrischen leicht gemacht
von Andreas Berger
Es gibt viele schlechte und gute Stative gebraucht zu kaufen. Ich persönlich bevorzuge Vermessungsstative, da sie günstig, stabil und hoch genug für mich sind. Doch oft sieht man ihnen ihr vorheriges hartes Leben durch erhebliche Gebrauchsspuren an. Mit ein wenig Mühe bekommt man wieder ein ansehnliches Stück daraus gezaubert.
Zerlegen Die verwendeten Materialen sind oft Holz, Aluminium, Messing, Stahl, Kunststoff und Leder. Zuerst zerlegt man das Stativ, was sehr einfach mittels handelsüblichem Werkzeug gut vonstatten geht. Es ist ratsam, Fotos von der Zerlegung zu machen, da nach Wochen schnell vergessen wird, wie die Teile in ihrer Lage zusammengesetzt waren. Da heutzutage fast jeder im Besitz eines fototauglichen Smartphones ist, kann dies leicht erledigt werden.
Wer nicht sandstrahlen kann, jedoch handwerkliches Feingefühl besitzt, dem sei die Flex mit einem Drahtbürstenaufsatz empfohlen. Bitte auf den Schutz für die Augen achten, eine Schutzbrille ist hier ein Muss!
Verzinken? Stahlteile empfehle ich, nach dem Entlacken in einer benachbarten Galvanik verzinken (bevorzugt Gelb-Verzinken/ Chromatieren) zu lassen. Das kostet nur wenige Euro für die Kaffeekasse und es gibt einen dauerhaften und schönen Rostschutz.
Entfetten und Lackieren Anschließend können sämtliche Metallteile entfettet und in einer Wunschfarbe lackiert werden. Wer es haltbarer mag, gibt die Teile zum Pulverbeschichten in Auftrag.
1 Stativ vor der Schönheits-OP
2 Die Stativfüße, wie sie nach Jahren
des Gebrauchs aussehen
3 Die zerlegten Einzelteile liegen zur
Begutachtung bereit.
Reinigen Nach diesem Schritt werden die Teile gereinigt. Spätestens an dieser Stelle lässt sich erkennen, ob unrentable Schäden am Stativ vorhanden sind. Wenn alles gut aussieht, kann es weitergehen.
Entlacken Entlacken ist der nächste Schritt. Wer die Teile sandstrahlen lässt, oder dies selbst kann, ist im Vorteil. Sämtliche Teile aus Metall lassen sich so gut von Lack befreien. Mit chemischen Lackentfernern habe ich eher schlechte Erfahrungen gemacht, da diese (aus dem Baumarkt) aufgrund umweltschutztechnischer Regelungen zu ,,harmlos" für den Lack geworden sind.
4 Teile vom Sandstrahlen zurück
5 Teile nach dem galvanischen
Verzinken VdS-Journal Nr. 65
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Amateurteleskope / Selbstbau
Lederpflege Die Lederschnallen pflegt man am besten mit handelsüblichen Lederpflegemitteln, was vollkommen ausreicht.
Holzbearbeitung Doch nun zu den lästigsten Teilen, den Stativbeinen aus Holz. Hier habe ich Vieles versucht, um diese vom Lack zu befreien. Am schnellsten ging es mit einem selbstgebauten ,,Rundschaber", den ich aus einer (ca. 3-5 mm) dünnen Metallplatte hergestellt habe. Die Metallplatte (Alu oder Stahl) wird mit einem nicht gestuften Blechschälbohrer soweit durchbohrt, bis sich die runden Holzstativbeine locker durchstecken lassen. Das Blech nun in einen Schraubstock spannen und die runden Holzbeinchen zügig darin durchziehen, um Rattermarken zu verhindern. Ich habe ein Video auf den VdS-Server hochgeladen, welches man sich dort gerne anschauen darf [1].
Die geraden Holzteile müssen dann bis auf die blanke Holzoberfläche heruntergeschliffen werden. Die nun frei gewordene Holzoberfläche des Stativs lässt sich in vielen Farben nach Wunsch beizen und anschließend entweder mit einem Holzschutzöl oder Schutzlack versiegeln. Zuletzt kommt das Schöne, der Zusammenbau, jene Entlohnung für all die Mühen.
Weblinks: [1] A. Berger, 2017: Video auf VdS-
Server, http://selbstbau.fg-vds.de/ Stativbearbeitung.mp4
6 Auch die Schrauben sollten eine
Behandlung erfahren.
7 Der frisch wirkende Stativfuß
8 Das fertige Stativ
PowerBox: für mobile Sternwarten
(Version: 230V)
von Bernhard Suntinger
Astronomen, die ihre Sternwarte nicht stationär betreiben, sondern ihre Ausrüstung vor und nach jeder Beobachtungssitzung mühselig auf und wieder abbauen, kennen die Thematik. Stunden bevor mit den eigentlichen astronomischen Tätigkeiten gestartet werden kann, muss das Equipment aufgebaut, verkabelt, in Betrieb genommen und justiert werden. Arbeiten, um die man besonders bei der Astrofotografie nicht herumkommt.
Aber man kann sich mit einfachen Bastellösungen behelfen, um die Setup-Zeiten wesentlich zu verkürzen. Dadurch
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1 Die Schnittstellen an der Box
erhält man mehr wertvolle Beobachtungszeit am Teleskop. Konkretes Beispiel: Ich betreibe eine Balkonsternwarte, die aus mehreren Gründen nicht stationär aufgestellt bleiben kann. Sprich, jede Beobachtungsnacht starte ich ganz von vorne. Equipment vom Wohnzimmer auf den Balkon tragen, aufstellen, verkabeln, Teleskop austarieren, Kommunikation mit den Softwareprogrammen herstellen, Montierung initialisieren, Fotoequipment justieren ...
Bis alles einsatzbereit ist, hat es mich anfänglich 2-3 Stunden harte Arbeit gekostet. Definitiv zu lange, um mal schnell ein paar Astrofotos zu machen. Mittlerweile benötige ich für einen Vollaufbau 30-40 Minuten (je nachdem, wie schnell ich greife). Möglich wurde diese Zeitoptimierung durch diverse selbstgebaute Hilfsmittel. Eines möchte ich Ihnen in diesem Bericht näher beschreiben.
Wie so oft bin ich im Baumarkt fündig geworden und habe einen räumlich gut durchdachten Werkzeugkoffer aus Kunststoff gekauft. In diesen lassen sich unkompliziert mittels Bohrmaschine Löcher und Ausnehmungen einarbeiten. Diese PowerBox ist für den Einsatz auf meiner Balkonsternwarte abgestimmt. Da ich am Balkon eine 230V-Steckdose zur Verfügung habe, ist die Box für diese Spannung konzipiert. Es ist selbstverständlich möglich, eine PowerBox für andere Spannungsversorgungen herzustellen. Jedoch ist zu beachten, wo die Box während der Beobachtungsnacht aufgestellt wird.
Da mein Balkon überdacht ist, ist sie vor Taunässe gut geschützt. Soll die PowerBox jedoch unter freiem Himmel in feuchter Wiese aufgestellt werden, muss man damit rechnen, dass diese sehr nass werden kann. Besonders beim Betrieb mit 230V ist Vorsicht geboten (!!! Stromschlaggefahr !!!).
Anm. d. Red.: Elektroarbeiten müssen durch einen fachkundigen Elektriker vor der Erstinbetriebnahme geprüft werden.
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2
Praktisch: die Fernbedienung
3
Die Hauptstromversorgung
4
Ein Beispiel für Zubehör
5
Das Innenleben der Box
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Astrofotografie
Die Mathematik der Astrofotografie
von Peter Köchling
- Teil 2 -
Im Teil 1 dieses Artikels [1] haben wir die grundlegenden statistischen Kenngrößen des Mittelwerts, des Medians und der Standardabweichung kennengelernt und erste Erfolge bei der Rauschreduzierung erzielt. In diesem Teil stelle ich dar, wie Qualitätsverbesserungen astronomischer Aufnahmen über die nachträgliche Optimierung am PC hinaus grundlegend zu verstehen sind. Denn die Wirkung des Rauschens ist nicht etwa ein rein zufälliger Prozess, sondern ein vorausberechenbarer und kontrollierbarer Faktor.
Die Wirkung vieler Aufnahmen Die Wahrscheinlichkeitstheorie sagt, dass sich die Standardabweichung des arithmetischen Mittelwertes um den Faktor N verringert, wenn N die Anzahl der gemittelten Aufnahmen ist. Oder anders gesagt, mit jeder Vervierfachung der Aufnahmen halbiere ich die Standardabweichung des gemittelten Bildes. Gleiches gilt analog für die Belichtungszeit. Mit dem Mittelwert aus 6 Aufnahmen müsste sich also die Standardabweichung gegenüber nur einer Aufnahme um den Faktor 6 = 2,45 verringern. Mit 315 Aufnahmen (Abb. 1) sogar um den Faktor 315 = 17,74. Wer meinen Ausführungen aus Teil 1 und Teil 2 genau gefolgt ist, wird festgestellt haben, dass ich an dieser Stelle zwei verschiedene Standardabweichungen vermischt habe:
Erstens: Das Helligkeitshistogramm stellt die Verteilung der Pixelwerte in einer Aufnahme dar. Die Breite der Verteilung ergibt sich also aus der Unterschiedlichkeit des Pixelrauschens an verschiedenen Positionen des Chips einer Aufnahme. Je Aufnahme ergibt sich somit nur eine Standardabweichung. Zweitens: Beim Mitteln reduziere ich das Rauschen, also die Standardabweichung, jeder einzelnen Pixelposition über viele Aufnahmen. Viele Aufnahmen mit beispielsweise je 18 Megapixeln ergeben insgesamt 18 Millionen Standardabweichungen, die bei der Bildbearbeitung zu berechnen sind.
Um von erstens auf zweitens zu folgern, habe ich schlichtweg angenommen, dass das Rauschen der Pixel innerhalb einer
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1 Der Mittelwert (ohne Sigma-Clipping) aus insgesamt 315 Aufnahmen lässt den
Quallennebel gegenüber dem rauschenden Hintergrund deutlich heraustreten. Oben links und rechts sind jedoch noch wandernde grüne Pixelfehler zu erkennen.
Aufnahme von einem Pixel zum nächsten gleich ist zum Rauschen einer Pixelposition über viele Aufnahmen gleicher Aufnahmebedingungen.
Das Sigma-Clipping Nun kann man das Bild aber noch weiter optimieren, indem man das Histogramm über die vielen gemittelten Aufnahmen links und rechts abschneidet. Die wenigen extrem dunklen und extrem hellen Werte je Pixelposition bleiben bei der Mittelung unberücksichtigt (Abb. 2). In der Software ,,Fitswork" heißt dieser Algorithmus ,,Sigma", in der Software ,,PixInsight" ,,Sigma-Clipping". Auf diese Weise kann man wie zuvor mit dem Median auch Satellitenspuren entfernen.
Vorausberechnung der notwendigen Gesamtbelichtungszeit Abschließend stelle ich mit Hilfe der Statistik ein einfaches Verfahren in 9 Schritten vor, wie man mit nur wenigen Testaufnahmen vorhersagen kann, wie viele Aufnahmen bzw. eine wie lange Gesamtbelichtungszeit man für ein Objekt grenzwertiger Helligkeit braucht, um ein ordentliches Bild zu bekommen. Ordentliches Bild heißt für mich, dass das Objekt mehr als 5 Standardabweichungen des Chiprauschens heller ist als der
Himmelshintergrund. Mit dieser zugegeben etwas willkürlichen Definition ist sichergestellt, dass weniger als 0,00003 % der rauschenden Pixel zufällig heller werden als das Objekt selbst. Ich habe diese Definition dem Prozessfähigkeitsindex entlehnt, der in der produzierenden Industrie weit verbreitet ist.
Schritt 1: Fotografieren Sie das gewünschte Objekt mit einer Testaufnahme. Es ist erforderlich, die Aufnahme zu ebnen (flatten), da starke Vignettierung das Histogramm künstlich zu dunkleren Werten verbreitert.
Schritt 2: Bestimmen Sie an dieser Testaufnahme die mittlere Helligkeit des Hintergrundes IHintergrund. Dies ist der Helligkeitswert der Spitze (Median) der Normalverteilung am linken Rand des Histogramms.
Schritt 3: Lesen Sie an dieser Spitze die Anzahl der Pixel im Histogramm ab (y-Achse). Beispielsweise 1.300.000 Pixel.
Schritt 4: Fahren Sie im Histogramm weiter nach links zu dunkleren Pixeln, bis Sie nur 2,3 % der Pixelanzahl des Spitzenwertes
Astrofotografie
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2 Der Mittelwert mit Sigma-Clipping aus 315 Aufnahmen verbessert das Signal
gegenüber dem Hintergrund nochmals. Zudem verschwinden die Pixelfehler.
erreichen. Beispielsweise 29.900 Pixel. Lesen Sie an dieser Stelle (minus 2 Standardabweichungen) den Helligkeitswert (x-Achse) der Verteilung ab.
Schritt 5: Subtrahieren Sie diesen Wert vom Median und teilen Sie ihn durch 2. Dies ergibt die Standardabweichung des Chiprauschens.
Schritt 6:
Lesen Sie nun die Helligkeit des Objektes IObjekt in der Testaufnahme ab. Wenn es ein flächiges Objekt wie ein Nebel oder eine Galaxie ist, so können mehrere Pixel gemittelt werden. Selbst wenn das Objekt auf der Testaufnahme stark verrauscht ist, sollte dieser Wert der tatsächlichen Helligkeit des Objektes recht nahe kommen.
Schritt 7: Bestimmen Sie nun, wie viele Standardabweichungen zwischen den Median des Hintergrundes und der Objekthelligkeit passen. Beispielsweise nur 1 Standardabweichung.
Schritt 8: Bestimmen Sie nun, um welchen Faktor diese Standardabweichung verkleinert werden muss, damit mindestens 5 Standardabweichungen zwischen Median und Objekthelligkeit passen. In diesem Beispiel um den Faktor 5.
Schritt 9:
Quadrieren Sie diesen Faktor und Sie erhalten die Anzahl der Aufnahmen N, die
gemittelt werden müssen, um ein ordentliches Bild zu erhalten. In diesem Beispiel
25 Aufnahmen.
N = ( 5 / (IObjekt - IHintergrund) )2, wobei IObjekt > IHintergrund
An dieser Stelle wird davon ausgegangen, dass sich IObjekt aus dem Licht des eigentlichen Objektes (z. B. der Galaxie) und des Hintergrundes (z. B. Lichtverschmutzung) zusammensetzt. Durch Subtraktion des Hintergrundes erhält man die eigentliche Helligkeit des Objektes (IObjekt - IHintergrund).
Reduzierung des Aufwandes
Sollte die Anzahl der notwendigen Aufnahmen N bzw. die Gesamtbelichtungszeit nun den akzeptablen Rahmen übersteigen, so muss man andere Maßnahmen ergreifen, um dieses Objekt noch ordentlich abzubilden. Dazu gehören Maßnahmen zur Steigerung von (IObjekt - IHintergrund) oder zur Reduzierung der Standardabweichung . Mit Hilfe der Sigma-Clipping-Funktion in der Software kann
VdS-Journal Nr. 65
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Astrofotografie
man die Standardabweichung meiner Erfahrung nach etwa halbieren. Alternativ sind auch Maßnahmen zur Senkung der Helligkeit des Himmelshintergrundes IHintergrund denkbar. Der Vorteil dieses oben beschriebenen Verfahrens ist, dass man die Wirkung der Verbesserungsmaßnahmen erneut mit nur einer oder wenigen Testaufnahmen abschätzen kann.
Wie man mit der Formel oben den Aufwand in der Astrofotografie reduzieren kann, möchte ich an einem kleinen Rechenbeispiel klar machen:
Ziel sei es, die Ausbeute von Deep-SkyObjekten einer Nacht um den Faktor 4 zu steigern, also 8 statt 2 Objekte zu fotografieren, ohne Qualitätseinbußen hinzunehmen. Dazu muss ich also die Anzahl der notwendigen Aufnahmen N um den Faktor 4 reduzieren. Dazu könnte ich die Standardabweichung mit einer geeigneten Kamerakühlung halbieren. Stattdessen könnte ich auch die Fläche des Objektivs verdoppeln, um (IObjekt IHintergrund) zu verdoppeln. Dazu muss der Öffnungsdurchmesser um den Faktor 2 = 1,41 größer werden. Alternativ kann
ich mir einen dunkleren Standort suchen oder Lichtverschmutzungsfilter verwenden, um IHintergrund zu senken und so (IObjekt - IHintergrund) zu erhöhen. Wahrscheinlich sind die Kamerakühlung und der Lichtverschmutzungsfilter in den meisten Fällen die kostengünstigere Alternative. Und bevor man eine Sternwarte in einer der wenigen dunklen Regionen der Welt errichtet, sollte man auch über eine lichtstärkere Optik nachdenken.
Ein neues Verständnis der Grenzgröße Mit der Grenzgröße beschreibt man die scheinbare Helligkeit eines Objekts, das man am Himmel gerade noch sehen oder fotografisch abbilden kann. Fälschlicherweise nehmen viele an, dass bei einem stark aufgehellten Himmel lichtschwache Objekte ,,verschluckt" werden, und so unmöglich zu fotografieren sind. Verinnerlicht man die obige Formel, so wird klar, dass kein Licht verloren geht, und auch das Licht schwächster Objekte uns immer erreicht. Denn IObjekt in der Formel besteht genau genommen aus Photonen beispielsweise einer schwachen Galaxie und aus Photonen der Lichtverschmut
zung. Die Herausforderung der Grenzgröße ist es nun, die wenigen Photonen der Galaxie gegenüber dem Rauschen und dem Hintergrund herauszuarbeiten. Die Grenzgröße ist also entscheidend von dem Signal-zu-Rausch-Verhältnis abhängig. Um es auf die Spitze zu treiben, Deep-Sky-Fotografie ist theoretisch am hellen Tage möglich, würde der Kamerachip nicht so stark rauschen und wäre die Belichtungszeit nicht so lang.
Fazit Die Mathematik gibt uns mit der Wahrscheinlichkeitstheorie ein Werkzeug in die Hand, mit dem wir astronomische Aufnahmen besser verstehen und gezielt optimieren können. Diese Optimierung zielt nicht nur darauf ab, die Qualität der Aufnahmen zu verbessern, sondern auch den Aufwand in der Astrofotografie zu begrenzen.
Literaturhinweis: [1] P. Köchling, 2018: ,,Die Mathe-
matik der Astrofotografie (Teil 1)", VdS-Journal für Astronomie 64, S. 69
A fish on a platter
- eine fotografische Nachlese
von Hans Jürgen Mayer
Der in der Ausgabe III/2017 des Journals erschienene Artikel ,,A fish on a platter" [1] bezieht sich auf einen wenige Grad großen Ausschnitt der Milchstraße um den Stern Eta Cygni. Dort erstreckt sich die Dunkelwolke Barnard 144, die aufgrund ihrer Form auch unter der Bezeichnung ,,Fish on a platter" bekannt ist. Exakt diese Region hatte ich im Sommer 2016 fotografiert, die Bildbearbeitung kurz vor Erscheinen der Ausgabe beendet. Es erschien mir reizvoll, den im Artikel geschilderten Beobachtungen dieses Himmelsausschnittes die ,,fotografische Sicht" an die Seite zu stellen.
Natürlich kann keine Aufnahme den unmittelbaren visuellen Eindruck ersetzen, den der Beobachter mit bloßem Auge oder beim Blick durch ein Fernglas oder ein Teleskop erfährt. Andererseits bleiben dem Auge, im Gegensatz zur Kamera,
lichtschwache Strukturen und Farben, von helleren Sternen einmal abgesehen, weitgehend verschlossen. Beobachtung und Fotografie sind also komplementäre Ansätze, die sich ergänzen und gegenseitig befruchten können.
Das Bild Die Aufnahme bildet einen Ausschnitt des Himmels von etwa 6,5 Grad x 4 Grad ab, Norden liegt links, Osten unten. Das flächenmäßig größte Objekt im Bild ist Barnard 144 selbst, der ,,Fish on a platter". Die Dunkelwolke zieht sich von Südwesten kommend diagonal über das Bildfeld und endet in einer relativ scharf begrenzten Rundung links der Mitte am oberen Bildrand. Eine Notiz zu Barnards Katalog [2] verzeichnet eine Größe von etwa 6 x 3 Quadratgrad mit unterschiedlich dichten Bereichen.
Einige besonders dunkle Areale fallen ins Auge. Neben dem Bereich am oberen Bildrand, der den Kopf des Fisches bildet, und der auch als LDN 862 in Lynds ,,Catalogue of Dark Nebulae" verzeichnet ist, erkennt man eine sehr dunkle bogenförmige Struktur dort, wo man die Kiemen verorten würde. Tief schwarz und nur von wenigen Vordergrundsternen besiedelt, erscheint auch der Bereich direkt unterhalb und um die hellste Flächen
1 Rechte Seite: Aufnahme des ,,Fish
on a platter" im Sternbild Schwan. Mittenkoordinaten (2000.0): Rektasz. 20h 01m 23,7s, Dekl. +35 Grad 09' 51''. Norden ist links, Osten unten. Aufnahme in mehreren Nächten in RGB und H mit DSLR-Kameras, Objektivbrennweite 200 mm. Details s. Text.
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Astrofotografie
struktur im Bild, Sh2-101. Wegen seiner Form, die durch die angrenzende Molekülwolke bestimmt wird, wird er auch Tulpennebel genannt.
Während die umgebende Sternwolke, auf die der Fisch gebettet ist, vorwiegend aus blauen Sternen besteht, weisen die meisten Sterne im Bereich von Barnard 144 die typische gelbliche Färbung auf, die durch die stärkere Streuung des blauen Lichts bei der Passage durch die davor liegende Dunkelwolke hervorgerufen wird. Dadurch erklärt sich auch die von den Autoren des zitierten Artikels geschilderte Beobachtung, dass die Verwendung von [OIII]- und UHC-Filtern den Kontrast zwischen Dunkelwolke und Himmelshintergrund im Visuellen deutlich zu erhöhen vermag.
Der hellste Stern im Bild, nahe des Randes der Dunkelwolke, ist Eta Cygni im Hals des Schwans. Er ist etwas heller als 4 mag und vom Spektraltyp K0, was seine gelblichweiße Farbe erklärt. Mit einer Entfernung von nur ca. 40 pc liegt er allerdings weit vor den hier besprochenen Strukturen.
Östlich der Dunkelwolke Barnard 144 wird das Gewimmel der Sterne durchzogen von einem Geflecht rötlich schimmernder Nebelfilamente. Hierbei handelt es sich um die südlichen Ausläufer der riesigen HII-Region, die im SharplessKatalog unter der Nummer 109 verzeichnet ist. Allerdings ist Sh2-109 keine räumlich zusammenhängende Struktur. Stattdessen überlagern sich entlang der Sichtlinie in dieser Region verschiedene Objekte in unterschiedlichen Entfernungen. Von der linken Bildseite drängen machtvoll die Ausläufer des Great Rift ins Bild. Diese gewaltige Dunkelwolkenstruktur, die sich in diesem Bereich bis in eine Entfernung von 2.000 pc [3] ausdehnt, teilt die Milchstraße zwischen dem Schwan und dem Sternbild Schütze schon für das bloße Auge unter dunklem Himmel eindrucksvoll wahrnehmbar in zwei schimmernde Bänder.
Die bereits angesprochene HII-Region Sh2-101 liegt mit etwa 2.500 pc Entfernung hinter den Staubwolken des Great Rifts. Sie wird der Assoziation Cygnus OB3 zugerechnet. Mehrere ionisierende Sterne werden für die Anregung von Sh2-
VdS-Journal Nr. 65
101 genannt [4]. Hauptverantwortlich ist HD 227018, ein heißer blauer O6.5-Stern. Im Bild wirkt er eher unscheinbar, da seine Helligkeit durch auf der Sichtlinie liegenden Staub geschwächt wird. Er findet sich direkt vor dem Tulpenkelch, wo er mit einem sehr viel näher gelegenen, nur etwa 500 pc entfernten gelben K5-Stern ein optisches Paar bildet. Auch der Doppelstern HD 226868, ein O9-Stern, besser bekannt unter der Bezeichnung Cygnus X-1, trägt zur Anregung bei. Cygnus X-1 ist von der Erde aus gesehen eine der stärksten Röntgenquellen am Himmel. Für die extreme Röntgenemission wird ein Schwarzes Loch von ca. 15 Sonnenmassen verantwortlich gemacht, welches den Zentralstern umkreist und Materie von ihm abzieht, die sich in einer Akkretionsscheibe um das Schwarze Loch ansammelt. Dabei heizt sich die Scheibe im Innenbereich derart auf, dass es zur Emission von Röntgenstrahlung kommt. Im Bild ist Cygnus X-1 der untere des engen blauen Sternpaares etwa auf der Mitte der Verbindungslinie zwischen Eta Cygni und HD 227018.
Zwei lockere offene Sternhaufen, NGC 6871 und NGC 6883, auffällig vor allem durch die vorwiegend blaue Farbe ihrer Mitglieder, finden sich in der östlichen Bildhälfte, knapp nördlich der Mitte. Bei beiden handelt es sich um junge Haufen mit ca. 50 bzw. 30 Mitgliedern, die sich vor dem dichten Sternhintergrund aber kaum abheben. NGC 6871 gehört zur Assoziation Cygnus OB3, zu der auch der extrem heiße O4-Doppelstern HD 190429 gehört (im Bild als heller blauer Stern nördlich der Kiemen des Fisches gelegen). Er ist ein weiterer, für die Anregung des Tulpennebels mitverantwortlicher Stern.
Zu erwähnen wären noch die beiden räumlich zusammengehörigen HII-Regionen Sh2-99 und Sh2-100 in der Mitte etwas nördlich des südlichen Bildrandes. Diese bereits im Perseusarm beheimatete Sternentstehungsregion liegt jedoch mit ca. 8.000 pc in weit größerer Entfernung als die hier beschriebenen Strukturen, die dem lokalen Orionarm zuzuordnen sind.
Aufnahmetechnik und Bildbearbeitung Die Aufnahmen zum Bild entstanden im August 2016 in Stolac/Kroatien in mehreren Nächten. Verwendet wurden je zwei
astromodifizierte DSLR-Kameras vom Typ Canon EOS 1100D. Im September kamen im Tessin noch zusätzlich Aufnahmen im H-Bereich hinzu, ebenfalls mit zwei Kameras gleichen Typs, bei denen außerdem die Bayermatrix entfernt worden war. Als Optik diente das bei Astrofotografen beliebte Canon-Objektiv EF 1:2,8/200 mm, abgeblendet auf 1:3,5. Belichtet wurde in Farbe insgesamt 13 Stunden mit jeweils 10 Minuten pro Einzelaufnahme. Für die Schmalbandaufnahmen kamen noch einmal 7 Stunden dazu. Die Kameras wurden über ein Peltierelement während der Aufnahme von der Rückseite gekühlt. Mit dieser Technik erreicht man eine Temperaturabsenkung des aktiven Chips auf etwa Außentemperatur, was das Dunkelrauschen schon deutlich verbessert, ohne dass man befürchten muss, dass der Chip ohne weitere Maßnahmen beschlägt.
Die Verarbeitung der Einzelaufnahmen wurde mit ,,theli" [5, 6] durchgeführt. Die Farbbilder werden dabei zunächst in die drei Grundfarben zerlegt, die Farbauszüge werden einzeln mit Hilfe von Darkund Flataufnahmen in bekannter Manier kalibriert. Nach Astrometrie und Coaddition hat man für jeden der drei Farbkanäle ein gestacktes Schwarzweißbild. Aus den gestackten Farbauszügen lässt sich zusätzlich ein synthetisches Luminanzbild erzeugen, so dass die Weiterverarbeitung dann dem LRGB-Schema folgen kann.
Als Luminanzkanal wurde hier allerdings der Rotkanal verwendet, zusätzlich wurde der H-Kanal selektiv dazugemischt. In verarbeitungstechnischem Sinne handelt es sich hier also um ein [R, H] HRGB-Bild. Besonderer Wert wurde bei der Bildverarbeitung auf den Erhalt des Breitbandcharakters der Aufnahme gelegt. Die Farben der Sternwolken und die Strukturen in den Dunkelwolken sollten durch den H-Kanal möglichst wenig verändert werden. Der H-Kanal wurde deshalb nur sehr dezent dem Rotkanal beigemischt. Die Beimischung zum Luminanzkanal erfolgte lediglich selektiv mit Hilfe einer Maske. Dadurch sollten vornehmlich Kontrast und Zeichnung in den helleren (H-)Strukturen verbessert werden.
Astrofotografie
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Literaturhinweise und Weblinks: [1] C. Haye, R. Merting, 2017: ,,Think
big - Beobachtungen über zwei Grad und mehr, Fish on a platter, Barnard 144 und LDN 862", VdS-Journal für Astronomie 62 (III/2017), S. 54 [2] ADC catalogue VII/220A: http:// vizier.u-strasbg.fr/viz-bin/VizieR?-
source=VII/220 [3] B. Uyaniker, 2001: ,,The Cygnus
superbubble revisited", Astron. Astrophys. 371, p. 675 [4] gemäß V. S. Avedisova auf: http:// galaxymap.org/cat/view/sharpless/ 101 [5] M. Schirmer, 2013: "THELI GUI Convenient reduction of optical, near-
and mid-infrared imaging data", Astrophys. J. Suppl. 209, p. 21 [6] T. Erben et al., 2005: "GaBoDS: The Garching-Bonn Deep Survey. IV. Methods for the image reduction of multi-chip cameras demonstrated on data from the ESO Wide-Field Imager", Astron. Nachr. 326, S. 432
Der Rosettennebel
- angepasste Falschfarbenaufnahme eines Emissionsnebels
von Mark Schocke
Der Rosettennebel (NGC 2237 mit dem zentralen Sternhaufen NGC 2244) ist einer der auffälligsten und bekanntesten Nebel am Nachthimmel und befindet sich im Sternbild Einhorn. Die südliche Lage und die niedrige Deklination machen es an einem lichtverschmutzen Ort wie dem Ruhrgebiet allerdings schwierig, ihn als reines RGB-Farbbild mit einem passablen Signal-Rausch-Verhältnis abzubilden (Abb. 1). Da es sich bei dem Objekt vorwiegend um einen Linienstrahler handelt, bietet sich eine zusätzliche Belichtung durch die Schmalbandfilter H und [OIII] an. Hierdurch werden die einzelnen Elemente (in diesem Fall Wasserstoff und Sauerstoff) und deren Verteilung sichtbar. Als angenehmer Nebeneffekt ergeben sich dabei a) eine kontrastreichere Darstellung des
Nebels, b) eine kleinere Sternabbildung sowie c) eine stärkere Unterdrückung des Streu
lichts.
Entsprechend ist diese Vorgehensweise nur bei Objekten sinnvoll, die vorwiegend Licht spezieller Linien abstrahlen. Bei der Kombination der Einzelaufnahmen aus diesen fünf Filtern hat man nun verschiedene Möglichkeiten. Eine Möglichkeit besteht darin, den Nebel als reine Schmalbandkombination abzubil
1 Oben: Rosettennebel mit fünf-
stündiger RGB-Belichtung
2 Rechts: Rosettennebel, vier Stunden
belichtet mit H- und [OIII]-Filter sowie fünf Stunden RGB für die Sternfarben
VdS-Journal Nr. 65
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Amateurteleskope / Selbstbau
3 Vergleich zwischen reinem RGB (links) und LRGB (rechts) aus allen fünf Filtern
den (R = H, G = [OIII], B = [OIII]). Eine solche Abbildung liefert zwar den besten Kontrast des Objekts, führt aber zu einer nennenswerten Farbverschiebung, weil die Schmalbandfilter den größten Teil des sichtbaren Lichts nicht durchlassen, sondern nur die engen Wellenlängenbereiche um die Emissionslinien. Als zweite Möglichkeit kann man daher den Schmalbandaufnahmen noch weitere RGB-Aufnahmen beifügen, wobei das RGB-Signal nur für die Sternfarben verwendet wird (Abb. 2).
Im vorliegenden Fall ist es das Ziel, eine farbrichtige aber dennoch tiefere Aufnahme des Objekts zu zeigen. Zu diesem
Zweck wird aus den fünf Einzelaufnahmen (H, [OIII], R, G, B) ein künstliches Luminanzbild erzeugt, das gegenüber den reinen RGB-Kanälen ein deutlich verbessertes Signal-Rausch-Verhältnis aufweist. Dieses Luminanzbild wird nun mit der Farbinformation des reinen RGBBildes zu einem LRGB-Bild kombiniert, was die charakteristische Farbdifferenzierung weitestgehend erhält und trotzdem die Vorteile eines Schmalbandbildes nutzen kann. Der Unterschied zwischen dem reinen RGB-Bild und dem LRGBBild wird in der Abbildung 3 noch verdeutlicht. Die Abbildung 4 zeigt das angestrebte, fertige Bild in der oben beschriebenen Technik.
Aufnahmedaten
Optik:
Newton 200 mm/
800 mm
Kamera:
Moravian G2 8300
(Mono-CCD)
Filter:
Astronomik H
(12 nm Breite),
[OIII] (12 nm),
Rot, Grün, Blau
Aufnahmeort: Oberhausen
(Rhein-Ruhr-Gebiet)
Belichtungszeit: 9h (H 2h, [OIII] 2h,
RGB 5h)
4 Das fertige Bild in der oben
beschriebenen Technik
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Amateurteleskope / Selbstbau
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40 Jahre Norddeutsches Astrofotografentref fen
von Marco Ludwig
1 Gruppenfoto des Jubiläums-NAFTs
am 4.11.2017 in Neumünster, Bildautor: Uwe Freitag
NAFT - vier Buchstaben, die vielen Astrofotografen ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Aber was hat es mit einer der ältesten Astrofachtagungen in Deutschland überhaupt auf sich?
Angefangen haben soll alles in den 1970er-Jahren. Überliefert ist leider nur wenig, aber es begann wohl mit gegenseitigen Besuchen von Mitgliedern der Hamburger und der Kieler Gesellschaft für Volkstümliche Astronomie (GvA) und den dazwischen liegenden Neumünsteranern. Bei Vereinsabenden zeigte man sich die neuesten Bilder oder Dias des Sternenhimmels, was zur damaligen Zeit außergewöhnlich war. Gerade die analoge Astrofotografie war damals eigentlich nur in Verbindung mit einer eigenen Dunkelkammer und guten astronomischen sowie fotografischen Kenntnissen möglich. Heute reicht da, salopp ausgedrückt, ein Computer. Bücher über Astrofotografie waren ebenfalls nicht vorhanden, weshalb das Teilen eigener Erfahrungen unter Experten sofort begeistert aufgenommen wurde.
Die Treffen der Astrofotografen im äußersten Norden der Republik führten zu einem Vorläufer der heutigen AstroInternetforen: Man legte Ordner an und legte dort seine neuesten Bilder inkl. Bilddaten ab. Die Ordner wanderten von Sternwarte zu Sternwarte und füllten sich schnell. Schließlich war ja auf einmal auch eine Motivation da, die ande
ren Fotografen mit eigenen Ergebnissen zu übertrumpfen.
Bei den sporadischen Begegnungen und dem postalischen Austausch der Ordner blieb es jedoch nicht. Im Sommer 1977 ist im Gästebuch der vhs-Sternwarte Neumünster der Besuch der Sektion Astrofotografie der GvA verzeichnet. Dabei waren unter anderem so namhafte Astrofotografen wie Klaus-Peter Schröder, Bernd Schatzmann und Franz Haar. Heute wird es als das erste offizielle
NAFT eingestuft. Das zweite NAFT ließ jedoch auf sich warten. Erst 1979 fand es offiziell und wieder in Neumünster statt. Und wie in den Jahren zuvor zeigte man neueste Bilder und tauschte sich aus über Filme, Optiken, Entwicklung, Techniken usw.
Heutzutage findet das NAFT zweimal jährlich im Frühjahr und Herbst statt. Dabei gibt es aber mehrere Besonderheiten. So gibt es z. B. keinen festen Standort oder gar einen übergeordneten Orga
2 Die Jubiläumstorte mit einer Collage zahlreicher legendärer NAFT-Fotos von
unterschiedlichen Fotografen
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Astronomische Vereinigungen
nisator. Auch eine Dozentenliste oder gar Anmeldelisten sind den NAFTlern fremd. Wer ein NAFT organisiert, sorgt für den Raum, Vortragstechnik und vor allem ein leckeres Catering (natürlich zum Selbstkostenpreis). Der Rest ergibt sich schon.
Die Dozentenliste füllt sich zu Beginn eines NAFTs meist so schnell, dass es am Ende kaum genug Zeit gibt, alles zu hören und zu sehen. Auch die Pausen sind meist zu kurz, um all die vielen Fachgespräche wirklich ausgiebig zu einem Ende zu bringen. Eines aber haben alle NAFTs der vergangenen 40 Jahre gemeinsam: Die Besucher verlassen ein NAFT immer mit einem Lächeln.
Auch das Jubiläums-NAFT am 4.11.2017 in Neumünster hat den rund 70 Besuchern wieder ein Lächeln ins Gesicht
gezaubert. So zeigte Bernd Schatzmann doch tatsächlich einen echten Dia-Vortrag mit dem Besten aus rund 40 Jahren Astrofotografie. Zu sehen gab es neben Komet West, der Venus-Regulus-Bedeckung von 1980 auch zahlreiche Bilder von Polarlichtern, Komet Hale-Bopp oder Hyakutake. Allesamt Bilder, die auch heute noch das Herz vieler Astrofotografen höher schlagen lassen.
Ein weiteres NAFT-Urgestein ist der Hamburger Hartwig Lüthen. Er erinnert sich an ein NAFT Anfang der 1980erJahre, auf dem Bilder einer totalen Sonnenfinsternis gezeigt wurden. Das führte für den damals noch sehr jungen Hartwig zu einer SoFi-Expedition in die Sowjetunion, und die SoFi-Sucht hält bis heute an.
Ohnehin wurden auf dem JubiläumsNAFT neben NAFT-Highlights und beeindruckenden Deep-Sky-Bildern viele Sonnenfinsternisbilder gezeigt. So hatte gut ein Dutzend der anwesenden Fotografen die US-Eclipse besucht und natürlich auch eindrucksvoll im Bild festgehalten. Langweilig wurde es bei den vielen Geschichten rund um den Schatten des Mondes somit sicherlich nicht.
Das nächste NAFT soll im April 2018 stattfinden. Die Sternwarte Braunschweig möchte sich dann endlich in die lange Liste der Austragungsorte einfügen.
Wochenende der Astronomie in Münster
von Michael Dütting
Im November 2017 fand im LWL-Museum für Naturkunde das ,,Wochenende der Astronomie" der Sternfreunde Münster statt. Traditionell veranstaltet das Museum am Samstag zusätzlich einen ,,Familientag" mit ausgewählten Programmen im Planetarium, die von den Sternfreunden mit Führungen über den Planetenweg ergänzt wurden.
Bei trübem Novemberwetter erfreute sich ein neues Ausstellungskonzept bei astronomisch interessierten Besuchern und der ,,Laufkundschaft" großer Resonanz. Wer selbst den Sternenhimmel erkunden und sich ein Fernrohr anschaffen möchte, der hatte an beiden Tagen Gelegenheit, sich vor einem geplanten Kauf ausführlich beraten zu lassen. Die Möglichkeit, Geräte unterschiedlicher Bautypen und Preiskategorien in Augenschein zu nehmen, bot eine Teleskop-Ausstellung im Foyer des Museums. Die Palette reichte vom klassischen (langen) Fraunhofer bis zum 24-Zoll-Selbstbau-Dobson oder dreilinsigen Doppelrefraktor. Ein Teil der Ausstellung zeigte Fotografien aus den Bereichen Deep Sky, Startrails und Objekte des Sonnensystems sowie die Do
VdS-Journal Nr. 65
1 Wochenende der Astronomie in Münster. Blick in die Ausstellung.
Bildautor: Michael Dütting
kumentation visueller Beobachtungen am Teleskop mit Zeichnungen.
Auf Rollups informierte der Verein über seine lokalen Aktivitäten und überregionale Vernetzung im Rahmen der neuen
VdS-Fachgruppe ,,Astronomische Vereinigungen". Eines der neuen Rollups, das während der VdS-Mitgliederversammlung in Heidelberg von Michael Schomann (Sternwarte Braunschweig-Hondelage) vorgestellt wurde, hatte hier seine
Computerastronomie
59
Premiere. Einen weiteren Schwerpunkt bildete das Thema Lichtverschmutzung, präsentiert von der Arbeitsgemeinschaft Dark Sky, die auch mit dem örtlichen NABU kooperiert. Am Samstag konnten wir außerdem Peter Riepe (Leiter der VdS-Fachgruppe Astrofotografie) und Daniel Fischer (Wissenschaftsjournalist, Abenteuer Astronomie) begrüßen, und am Sonntag waren gute Bekannte von den Nachbarvereinen aus Osnabrück (Astro-OS) und der Grafschaft Bentheim (AVGB) zu Gast.
Das ,,Wochenende der Astronomie" 2018 findet wieder im November statt. Der genaue Termin wird zeitnah auf der Webseite der Sternfreunde Münster angekündigt: www.sternfreunde-muenster.de.
2 Zeit zum Fachsimpeln: Peter Riepe, Daniel Fischer, Otto Kerkhoff und Daniel Spitzer (v.
r.). Bildautor: Michael Dütting
+ + + + + + + + + + Computer-Ecke + + + + + + + + + +
CSharpFits und weitere CodeBibliotheken für das FITS-Format
von Helmut Jahns
Das FITS-Datenformat (Flexible Image Transport System) für Bilder und Daten existiert seit mehr als 35 Jahren. Mit den Jahren ist glücklicherweise auch die Unterstützung der Programmierung in Form von fertigen Softwarebibliotheken für das Bearbeiten von FITS-Dateien stetig angewachsen.
Eines der interessantesten Projekte ist das CSharpFits Package, einer Bibliothek für die .NET-Plattform. Es bietet eine Schnittstelle zum Lesen und Schreiben von FITS-Dateien an. Des Weiteren ist eine Funktion zum direkten Schreiben von Datenstreams, z. B. aus einer Datenbankabfrage, in die Binärtabelle einer FITS-Datei vorhanden.
Das Paket beinhaltet eine Schnittstellendokumentation und ist sowohl im Source Code als auch binär (wenn man es in Programmen integrieren möchte, die in einer anderen .NET-Programmiersprache als C# geschrieben wurden) verfügbar. Vorausgesetzt wird die Version 2.0 von .NET.
Literaturhinweise und Weblinks: [1] http://vo.iucaa.ernet.in/~voi/CSharpFITS.html [2] http://skyservice.pha.jhu.edu/develop/FitsLib/ [3] http://fits.gsfc.nasa.gov/fits_libraries.html, listet weitere Bibliotheken für diverse Sprachen und
Umgebungen (C++, Python, MatLab, Mathematica etc.) auf [4] O. Nickel, 2006: ,,FITS - Das Bilddatenformat für die Astronomie", VdS-Journal für Astronomie 19, S. 62
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Computerastronomie
+ + + + + + + + + + Computer-Ecke + + + + + + + + + +
Interpolation mit kubischen Splines
von Helmut Jahns
Beim astronomischen/naturwissenschaftlichen Programmieren trifft man gelegentlich die Aufgabenstellung, innerhalb einer gegebenen Menge von Messwerten bestehend aus Wertepaaren (x,y) Zwischenwerte berechnen zu können (Interpolation). Im einfachsten Fall ist die Interpolation linear, d. h. man denkt sich eine gerade Linie zwischen den beiden nächsten Messwerten zu demjenigen Punkt x, für den ein Zwischenwert berechnet werden soll, und berechnet den zugehörigen y-Wert über den linearen Zusammenhang (s. rote Linien in der Abb. 1).
Ist die Messkurve stärker gebogen, so stößt man mit der linearen Interpolation an Grenzen. Man braucht einen Algorithmus, der diese Krümmung besser berücksichtigt. Hier bieten die kubischen Splines einen interessanten Lösungsansatz.
Grundgedanke ist das Hineinlegen eines Polynoms höherer Ordnung in einen Abschnitt zwischen zwei Messwerten. Durch die höhere Ordnung bekommt
man zusätzliche Freiheitsgrade, um die Ausgleichskurve besser an die Messwerte anschmiegen lassen zu können. In der Regel hat man nicht nur zwei, sondern viele Messwerte. Ein Polynom dritter Ordnung
S(x) = a x3 + b x2 + c x + d leistet meist schon gute Dienste.
Um über den gesamten Messwertebereich interpolieren zu können, müssen für alle Abschnitte solche Polynome definiert werden. Je nachdem, in welchem Abschnitt der Zwischenwert zu bilden ist, wird das entsprechende Polynom ausgewählt, d. h. für eine vollständige Beschreibung werden mehrere Polynomabschnitte aneinandergesetzt. An den Übergängen (sprich: genau auf den Messpunkten) wird gefordert, dass die Splines die gleichen Funktionswerte besitzen, also stetig ineinander übergehen, dass sie die gleiche Steigung haben, also in der ersten Ableitung S'(x) Übereinstimmung und dass sie das gleiche Krümmungsverhalten aufweisen, also in der zweiten Ableitung S"(x) übereinstimmen. Anhand dieser Randbedingungen kann man für
1 Aufgrund der hohen Krümmung der
Kurve kann die lineare Interpolation eine unzureichende Näherung für den Graphen sein.
alle Abschnitte Gleichungssysteme aufstellen, die nach den Parametern a, b, c und d auflösbar sind und so
S(x) = a x3 + b x2 + c x + d ergeben.
Eine ansprechende Herleitung der Rechenvorschrift findet sich auf einer Seite von Arndt Brünner [1], wo man zudem einen Online-Rechner für Splines ausprobieren kann. Ein Teil des Verfahrens ist die Lösung eines linearen Gleichungssystems. Dies kann in der Implementierung z. B. mit der Matrixbibliothek MaxLite geschehen.
Beobachtungslogger
für Android: StarLog
von Helmut Jahns
Es gibt so einige Möglichkeiten, über seine Beobachtungen Logbuch zu führen. Eine Möglichkeit hierfür ist StarLog, eine Software, die auf Smartphones und Tablets mit dem Betriebssystem Android läuft. Die App bietet eine Datenbank für Teleskope und Zubehör, anhand derer eine Vorschau des Objekts im Gesichtsfeld erstellt werden kann. Zu den Beobachtungen kann eine Vielzahl an Begleitdaten (Seeing, SQMWerte, vis. Grenzgröße, Vergrößerung u.v.m.) hinterlegt werden. Volltextsuche und Sortierfunktionen gehören ebenfalls zum Leistungsumfang.
StarLog unterstützt das OpenAstronomyLog-Format, d. h. die Beobachtungsdaten können mit anderen Softwareanwendungen zum Beobachtungslogging, wie z. B. Eye&T elescope oder DeepSkyLog, die auf stationären PCs laufen, abgeglichen werden. StarLog kann über den Android Store von Google Play bezogen werden.
VdS-Journal Nr. 65
Die Namensgebung Spline geht aus dem englischen Wort für Straklatte hervor (s. auch [3]). Dies führt zu einer wichtigen Eigenschaft von Splinefunktionen: Sie minimieren die Krümmung.
Selbstverständlich wendet man kubische Splines dann an, wenn zu erwarten ist, dass die theoretische Kurve durch die Stützstellen verläuft oder zumindest durch sie gut angenähert wird. Verrauschte Daten sollten hingegen besser mit einem Fit-Algorithmus bearbeitet werden.
Literaturhinweise und Weblinks: [1] Kubische Splines: http://www.
arndt-bruenner.de/mathe/scripts/ kubspline.htm [2] Matrix TCL Pro. www.techsoftpl. com/matrix/index.php [3] Wikipedia-Artikel zu Splines: https://de.wikipedia.org/wiki/Spline (Alle URLs sind vom Stand November 2017)
Deep Sky
61
Haro 4-1
- ein Planetarischer Nebel im Halo der Galaxis
von Christian Weis
Historie und physikalische Eigenschaften Im Juni 1951 stellte der damalige Direktor des mexikanischen ,,Observatorio Astrofísico de Tonantzintla", Guillermo Haro, in [1] ein 16 mag helles Objekt mit ziemlich starker H-Emission und weiteren klaren und hellen Emissionslinien, aber ohne Kontinuum, vor. Es wurde mit der 30-Zoll-f/3-Tonantzintla-SchmidtKamera aufgenommen. Eine Besonderheit des Objektes ist die Position: Es befindet sich am Rande des Coma-Galaxienhaufens und wurde nur wenige Monate zuvor im Februar 1951 von Harlow Shapley als Haros Entdeckung mit dem Hinweis publiziert, dass es sich anstelle Haros Deutung als Planetarischer Nebel [nachfolgend: PN] auch um eine Galaxie mit starker nuklearer Emission handeln könnte (heute als Seyfert-Galaxie bekannt) [2].
1 Verteilung des molekularen
Wasserstoffs, die Pfeile geben die Positionen der Bögen an, die Linien beziehen sich auf verschiedene Schlitzpositionen beim Spektroskopieren. Quelle: Otsuka et al. [10]
Dies griff Haro in [1] auf: Aufgrund Shapleys Vermutung spektroskopierte er mehrere Galaxien aus Seyferts Katalog, um herauszufinden, ob das Objekt zur Gruppe der Seyfert-Galaxien gehört. Während alle Seyfert-Galaxien in jedem Fall ein Kontinuum aufwiesen, so fehlte ein solches bei dem neu entdeckten Objekt. Haro schloss den Artikel ab, indem er das Objekt provisorisch als PN klassifizierte und anregte, durch weitere Beobachtungen den Objektstatus eindeutig zu klären.
Die Klärung ließ nicht lange auf sich warten. Noch im Dezember 1951 veröffentlichte Nicholas Mayall einen Artikel, in welchem das Objekt definitiv als PN klassifiziert wurde [3]. Hierzu verwendete er eine fünfstündige Belichtung mit dem 36-Zoll-Crossley-Reflektor des Lick Observatory vom 9. April 1951, aufgenommen also zwei Monate vor Haros eigentlicher Entdeckungsmeldung - auch damals kommunizierte man nicht nur per wissenschaftlicher Veröffentlichung. Im Spektrum erkannte er mehrere Emissionslinien, welche auf eine moderate Anregung des Nebels mit relativ geringer
2 Eruierte Pseudo-3D-Struktur von Haro 4-1 nach [10], je dunkler die Farbe, desto
dichter der Wasserstoff. Quelle: Otsuka et al. [10]
Dichte schließen ließen. Er fand nur ein schwaches Kontinuum. Weiterhin wurde die Radialgeschwindigkeit zu -141 km/s bestimmt - unvereinbar mit einem Mitglied des Coma-Haufens.
Anhand der Flüsse in H und im Roten wurde die Distanz von Haro 4-1 1971 in [4] zu knapp 12 kpc bestimmt. Dies ist ein für einen PN sehr hoher Wert, welcher zusammen mit seiner Position nahe des galaktischen Nordpols zur Einordnung als so genannter ,,Halo-PN" geführt hat. Einen noch höheren Wert besitzt nach [4] der einigen Hobbyastronomen wohlbekannte Pease 1, ebenfalls ein Halo-PN, im Kugelsternhaufen M 15 mit knapp 25 kpc. Bis heute sind nur ein gutes Dutzend Halo-PNs bekannt [10], es handelt sich also um eine sehr exklusive Objektunterklasse. Der moderne Wert für die Distanz von M 15 beträgt übrigens ca. 10 kpc.
1967 erhält der PN in [5] seine bis heute ebenfalls gebräuchliche Bezeichnung PK 49+88.1, in welcher die galaktischen Koordinaten ersichtlich sind. Mittels lichtelektrischer Messungen, welche an einem 120-Zoll-Teleskop im Jahre 1968 gewonnen wurden, konnten die Elementhäufigkeiten des Nebels im Verhältnis zu Wasserstoff erstmals genauer bestimmt werden [6]. So zeigte sich ein im Vergleich zu anderen PNs geringerer Anteil an Ne/O, aber ein Überschuss an O/H und Ne/H, während der Anteil an He/H in einer üblichen Größenordnung für PNs liegt. Weiterhin wird eine Helligkeit des PNs von >15,5 mag angegeben, während der Zentralstern zu >18 mag berechnet wird. Der Durchmesser wird zu 3''+-1,5'' bestimmt, die Distanz zu 18,3 kpc (Unsicherheit: +9,4 kpc/-3,9 kpc). Die Masse des Wasserstoffs von Haro 4-1 ergibt sich bei 20 kpc zu 0,3 Sonnenmassen - ein
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3 Übersichtsaufnahme aus dem DSS, der PN befindet sich an der markierten Stelle am südlichen Ende des Coma-Galaxienhaufens.
Der eingezeichnete Kreis markiert den in Abb. 4 gezeichneten Ausschnitt.
durchaus üblicher Wert für PNs. Lubos Kohoutek und Wilhelm Martin verbessern den Wert für die Winkelausdehnung in [7] zu 2,7''+-0,5''.
Die französische Astrophysikerin Agnes Acker gibt in [8] mittels einer neuen statistischen Distanzskala eine Entfernung von nun nur noch 9,9 kpc für PK 49+88.1 an. Ergänzt wird dies einige Jahre später durch die Angabe einer Maximalentfernung von 12,7 kpc in [9]. Weitere, auch modernere Literaturwerte schwanken wieder zwischen 10 und 20 kpc.
In jüngerer Zeit wurden hoch aufgelöste Bilder und Spektralanalysen mit dem 8,2 m durchmessenden Subaru-Teleskop durchgeführt [10]. Hierbei wurde u. a. eine Ausströmung entlang der Sichtlinie entdeckt, welche sich mit über 40 km/s in etwa auf uns zu bewegt. Weiterhin konnte molekularer Wasserstoff nachgewiesen werden, welcher das Licht des hinter ihm liegenden Zentralsterns abschwächt. Zwei schwache Bögen aus molekularem Wasserstoff wurden entdeckt (Abb. 1). Basierend auf diesen Erkenntnissen konnten die Autoren eine Pseudo-3DStruktur des Nebels eruieren (Abb. 2).
PNs sind im kosmischen Maßstab gesehen Eintagsfliegen. Durch die ständige Expansion sind sie nur einige tausend Jahre nachweisbar. Ein einzelner Stern der Halo-Population II, welcher in der
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Lage ist, einen PN zu bilden, hätte jedoch im galaktischen Halo nicht ,,erst jetzt" einen PN entwickeln können bzw. hätte aufgrund fehlender Materie im Halo der Galaxis nicht spät genug entstehen können, um heute als PN zu erscheinen. Diese Unstimmigkeit erklären die Autoren folgendermaßen: Der gefundene erhöhte Kohlenstoffwert in Haro 4-1 deutet eine Umwälzung (,,dredge-up") an, welche auftritt, wenn der sehr massereiche Stern den asymptotischen Riesenast (im Farben-Helligkeits-Diagramm) betritt. Es wird daher geschlussfolgert, dass der Vorgängerstern von Haro 4-1 einen massiven Begleiter hat oder hatte, welcher Materie auf den Stern übertrug. So konnte Letzterer spät genug die erforderliche Masse erreichen, um den PN heute zu entwickeln.
Visuelle Beobachtung Kann ein simpler stellarer PN überhaupt eine interessante Beobachtung ergeben? Ich denke, ja. Allein die Tatsache, einen der wenigen Halo-PNs live vor Augen zu haben, dürfte dem geneigten Beobachter warm ums Herz werden lassen. Wem das nicht genügt, der muss sein Auge nur aufmerksam durch das Bildfeld und ein wenig darüber hinaus gleiten lassen, denn am Rande des Coma-Haufens und natürlich inmitten ihm selbst, zeigt sich eine Unmenge Galaxien. Allein die Region um die Galaxie NGC 4889 ist ein Augenschmaus. Teleskope, welche über eine
ausreichende Apertur verfügen, Haro 4-1 dem Himmel nicht nur mit indirektem Sehen zu entlocken, werden viele weitere Galaxien offenbaren, davon auch manche im gleichen Bildfeld.
Bei der Beobachtung von Haro 4-1 im März 2012 nutzte ich ein selbstgebautes 18-Zoll-f/5-Teleskop nach Newton und hatte an meinem Wohnort im Voralpenland sehr gute Himmelsbedingungen. Die Literaturangaben mit Helligkeiten um 15,5 mag halte ich für zu schwach - man möge sich also nicht abschrecken lassen. Eine Helligkeit um 14 mag dürfte eher an den tatsächlichen visuellen Wert herankommen. Bei 226-fach war der PN direkt zu sehen, der schönste Anblick ergab sich jedoch bei 161-fach. Neben einer detaillierten Aufsuchkarte ist ein Nebelfilter erforderlich, um den richtigen ,,Stern" zweifelsfrei als PN identifizieren zu können. Hierbei nutzte mir ein UHCmehr als ein [OIII]-Filter, da Letzterer das Feld recht stark abdunkelte. Neben dem PN konnte ich noch zwei Galaxien im gleichen Gesichtsfeld ausmachen, nämlich CGCG 160-73 (= Seyfert-Galaxie Mrk 58, 15,2 mag) und CGCG 160-79 (15,5 mag), siehe die Abbildungen 3 und 4. NGC 4854 befindet sich gerade außerhalb des Gesichtsfeldes bzw. erscheint noch in diesem, wenn der PN am gegenüberliegenden Rande positioniert wird. Die Galaxien sieht man selbstverständlich ohne Filter am besten.
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Ausblick Wenn sich verschiedenartige Objektklassen zu einem Rendezvous treffen, dann ist das Ergebnis meist ein überwältigender Anblick unseres prachtvollen Universums (vgl. [11]). Unsere Augen sind zwar nicht in der Lage, dem Raum Informationen über die unterschiedliche Tiefe der Objekte abzuringen, aber die Errungenschaften der Wissenschaft lehren uns sehr wohl, welches Objekt nah und welches fern ist. Ist es nicht großartig, zu wissen, dass wir nicht nur in der Lage sind, zwischen nah und fern zu unterscheiden, sondern auch noch zumindest ungefähre Entfernungen angeben können? Innerhalb von nicht einmal 70 Jahren konnte nicht nur die Objektklasse von Haro 4-1 zweifelsfrei geklärt, sondern auch dessen Lage in der Galaxis angegeben und sogar eine plausible Angabe über die Herkunft gemacht werden. Hierzu wurden stetig größere Öffnungen und weiterentwickelte Sensoren verwendet.
Die technische Entwicklung steht nicht still, so darf man gespannt sein, welche interessanten Erkenntnisse über dieses Objekt in weiteren 70 Jahren vorliegen werden. Vielleicht wird bis dahin der Begleitstern von Haro 4-1 bereits direkt abgebildet worden sein?
Literaturhinweise: [1] G. Haro, 1951: "Emission Object in
Coma", PASP 63, p. 144 [2] H. Shapley, 1951: Harvard College
Observatory Card 1110 [3] N. U. Mayall, 1951: "Haro's Emis-
sion Object in Coma", PASP 63, p. 294 [4] J. H. Cahn, J. B. Kaler, 1971: "The Distances and Distribution of Planetary Nebulae", Astrophys. J. Suppl. 22, p. 319-368 [5] L. Perek, L. Kohoutek, 1967: "Catalogue of Galactic Planetary Nebulae", Academia Publishing House, Prag [6] J. S. Miller, 1969: "Abundances in a Halo Planetary Nebula", Astron. J. 157, p. 1215 [7] L. Kohoutek, W. Martin, 1981: "Study
4
Zeichnung des Autors von Haro 4-1
of Selected Stellar Planetary Nebulae", Astron. Astrophys. 94, p. 365-372 [8] A. Acker, 1978: "A New Synthetic Distance Scale for Planetary Nebulae", Astron. Astrophys. Suppl. Ser. 33, p. 367-381 [9] W. J. Maciel, 1984: "A Catalogue of Distances of Planetary Nebulae", Astron. Astrophys. Suppl. Ser. 55, p. 253-258 [10] M. Otsuka, A. Tajitsu, S. Tamura, 2006: "High Resolution Spectroscopic Study of the Halo PNe: the Case of H 4-1", Proc. IAU Symp. 234 Vol. 2, p. 235-238 [11] F. Leiter, C. Weis, 2015: ,,Planetarische Nebel in kosmischer Nachbarschaft", VdS-Journal für Astronomie 52 und 53, I+II/2015
Think Big - Beobachtungen über 2 Grad
und mehr: Tänzelndes Pferd
von Christopher Hay und Rene Merting
Groß-Ferngläser und kleine Teleskope sind Geräte mit ganz speziellen Möglichkeiten, sprich mit Gesichtsfeldern zwischen 2 und 4 Grad in Verbindung mit mehr Öffnung als Handferngläser. Für diese Öffnungsklasse gibt es kaum Beobachtungsempfehlungen für Objekte mit dieser Ausdehnung.
Unweit des galaktischen Zentrums, im südlichsten Bereich von Ophiuchus, kann man auf Fotografien mit etwas gutem Willen, ach was, man braucht nicht wirklich viel Fantasie, in den dortigen Dunkelnebelstrukturen die Konturen eines nach Norden schreitenden oder bes
ser noch tänzelnden Pferdes erkennen. In der amerikanischen Astronomieszene wird diese Struktur auch gern als ,,Great Dark Horse Nebula" oder auch ,,Prancing Horse" bezeichnet.
Die Reise im Norden beginnend liegt neben dem Kugelsternhaufen Messier 9 (M 9) der Dunkelnebel Barnard 64 (B 64), der als Atemhauch des Pferdes aufgefasst werden kann. Barnard 259, gut 1 Grad südöstlich, bildet die Nüstern, Barnard 63, etwa 3 Grad südlich, markiert das geschwungene Vorderbein. Der bekanntere Pfeifennebel etwa 6 Grad südlich von Barnard 64 bildet den Rumpf und die Hinterbeine des Pferdes.
Die ,,Pfeife im Pferd" verdient eine eingehende Betrachtung: Barnard 78 bildet den Kopf der Pfeife. Das Mundstück, Barnard 59, wird als Bok-Globul geführt, d. h. als physikalisch besonders dichter Dunkelnebel, und er ist der einzige Ort aktueller Sternentstehung in der gesamten Pfeife. Der Stiel zwischen Barnard 59 und 78 trägt die Bezeichnung Barnard 65, 66 und 67. Der Pfeifennebel ist einer der uns am nächsten liegenden Dunkelwolkenkomplexe. Er liegt am Innenrand, d. h. am zum galaktischen Zentrum weisenden Rand des lokalen Orion-Arms der Galaxis.
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1 Das Foto von Johannes Schedler zeigt deutlich B 72 und 68 sowie die NGC-Kugelsternhaufen. Es zeigt auch sehr schön, wie der
einsame Stern 6. Magnitude, den wir im Text erwähnen, vor dem Kopf der Pfeife schwebt. Auch zeigt es den rötlichen Begleiter dicht nordwestlich von Theta Ophiuchi. Diesen Stern benutzen wir oft, um uns im Feld zu orientieren. Das Foto enthält also alles, was der visuelle Beobachter zur Orientierung braucht, und ist gleichzeitig extrem detailliert in den feinsten Verästelungen der Dunkelnebel. (Quelle: CCD-Guide, mit freundlicher Genehmigung)
In südlicheren Gefilden soll es gut möglich sein, bei ausreichender Transparenz das Pferd in seiner Gesamtheit tänzeln zu sehen. Vielleich möchte es jemand im nächsten Fernurlaub probieren? Wir waren bislang auf Beobachtungen innerhalb Deutschlands begrenzt. Hierauf beziehen sich daher die folgenden Kommentare.
Im nördlichen Bereich des Pferdes ist Barnard 64 jener Teil, der sich am ehesten für eine erfolgreiche Beobachtung in unseren Breiten eignet. Dieser Dunkelnebel bildet mit dem Kugelsternhaufen M 9 ein einmaliges Kontrast-Paar. Die Hinterbeine des Pferdes werden zwar von Kugelsternhaufen umschwirrt (NGC 6293, NGC 6304 und NGC 6316 sowie unweit M 19 und M 62), doch nirgendwo sonst am Himmel kontrastieren jene beiden Objektarten so eindrucksvoll. Wir sehen mit 8 Zoll Öffnung bei 50-facher
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Vergrößerung Barnard 64 nach allen Seiten gut von seiner Umgebung abgesetzt, besonders nach Westen. Die zwei auf Fotos auffälligen Hauptkondensationen verschmelzen visuell zu einem einzigen Oval.
Das Prachtstück in unseren Breiten ist fraglos die Pfeife. Im Fernglas 25 x 80 mit 3 Grad Sehfeld ist der Kopf der Pfeife sehr beeindruckend. Ein Himmelsareal von 2 Grad x 2 Grad ist fast komplett sternfrei. Nur in der Mitte dieses Areals steht ein einzelner Stern 6. Magnitude. Dieser Stern ist hilfreich bei der Orientierung unter suboptimalen Bedingungen oder bei einer ersten Annäherung an Barnard 78. Nach Osten ist der Kopf besonders gut abgesetzt von der Sternumgebung.
Unter Landhimmel gewinnen wir im 80-mm-Fernglas den Eindruck, dass
Rauch nach Norden aus dem Pfeifenkopf aufsteigt - dies ist Barnard 77. Der berühmte Schlangennebel B 72 ist ein westlicher Fortsatz von B 77, begleitet von der ebenso bekannten Bok-Globule B 68. Die Winkelgröße dieser beiden Objekte macht nur wenige Bogenminuten aus, was bei Dunkelnebeln visuell kaum zu erfassen ist. B 72 und 68 sind wohl rein fotografische Genüsse.
Im Fernglas 25 x 80 mm ist der Stiel der Pfeife, B 67, B 66 und B 65, zu erahnen, aber schwer zu fassen. Beim Mundstück der Pfeife B 59 angekommen, wird die Sache interessanter. Wir sehen hier ein dunkles Areal von gut einem halben Grad Ausdehnung. Der Zusammenhang mit dem Stiel ist visuell weniger handfest, als Fotos und Karten es nahelegen. Dies liegt nicht zuletzt an der Störung durch einige Sterne der 7. und 8. Magnitude.
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2 Foto von Gerald Rhemann
(Quelle: CCD-Guide, mit freundlicher Genehmigung)
Obwohl visuell viel weniger beeindruckend als der Kopf, macht die Betrachtung des Mundstücks der Pfeife doch Freude, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass wir hier auf den Ort aktueller Sternentstehung in der Pfeife schauen.
Nach solchem angestrengten ,,Schauen nach nichts" finden wir es immer wieder erholsam, im 80-mm-Fernglas einen Blick auf die nahen Messier-Kugelsternhaufen M 19 und M 62 zu werfen. Der Versuch, im Fernglas die Kugelsternhaufen NGC 6293, 6304 und 6316, welche den Pfeifenstiel umrahmen, zu sehen, wird schon wieder eine kleine Herausforderung.
Im Fernglas 16 x 70 mit 4 Grad Sehfeld kann der Kopf Barnard 78 in seiner Gesamtheit erfasst werden, und er zeigt sich wie schon im 80-mm-Glas am besten
nach Osten abgesetzt. Stiel und Mundstück sind nur zu erahnen. Im Fernglas 15 x 45 mit 4,5 Grad Sehfeld ist der Eindruck ganz ähnlich. Dieser für uns interessante Befund zeigt, dass in diesem Himmelsareal bei geringer Horizonthöhe die Vergrößerung schwerer wiegt als die Öffnung. Dunkelnebel leben nämlich von ihrer Abgrenzung zu den umliegenden Sternen (oder, idealerweise, von ihrer Abgrenzung zum Hintergrundglühen der Milchstraße - dies ist jedoch bei so geringer Horizonthöhe leider nicht das Thema). Die Zahl der sichtbaren Sterne wird in dieser speziellen Situation mehr durch die Vergrößerung als durch die Öffnung bestimmt.
Wie gesagt, beziehen sich die obigen Ausführungen auf die Beobachtung in Deutschland bei suboptimalen Bedingungen und somit auf jene Teile des Pferdes,
die visuell am einfachsten zugänglich sind. Wir hoffen, dass jene Gesegnete, die unter Alpenhimmel oder weiter südlich beobachten dürfen, hier eine Anregung erhalten, das Tänzelnde Pferd in seiner Gesamtansicht zu betrachten!
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Skyguide 2018-1 (Frühling)
von Robert Zebahl und Rene Merting
Unser Skyguide soll in erster Linie Anregungen für eigene Beobachtungen geben und wird dabei jährlich für jede Jahreszeit 5 Objekte kurz beschreiben. Es werden dabei sowohl leichte als auch schwierige Objekte ausgewählt, welche nach Schwierigkeitsgrad sortiert sind. Wie schwer ein Objekt letztlich ist, hängt natürlich von verschiedenen Faktoren ab, vor allem der Himmelsqualität, der Teleskop-Öffnung und der persönlichen Erfahrung.
ne bis zu einer Größenklasse von ca. 8,0 mag zeigt. Telradkreise (0,5 Grad ; 2 Grad ; 4 Grad ) auf der Karte markieren die Position des Objekts. Im Allgemeinen empfehlen wir aber, eigene Aufsuchkarten zu erstellen. Die visuelle Beschreibung des Objekts basiert weitestgehend auf eigenen Beobachtungen und soll lediglich als Anhaltspunkt dienen.
Zu jedem Objekt werden die wichtigsten Informationen in Kurzform und gegebenenfalls ein DSS-Bild (Digitized Sky Survey) angegeben. Des Weiteren ist eine Karte, erstellt mit der freien Software ,,Cartes du Ciel" (Skychart), für die grobe Orientierung vorhanden, welche Ster
Übersichtskarte der Objekte für Skyguide 2018-1
Karte erstellt mit Cartes du Ciel VdS-Journal Nr. 65
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Xi UMa (53 UMa, Alula Australis)
Typ:
Doppelstern
Sternbild:
UMa
Koordinaten (2000.0): 11h 18m 10,9s, +31 Grad 31' 45,0''
Helligkeit:
4,33 mag/4,8 mag
Winkelabstand:
1,9''
Positionswinkel:
164 Grad (im Jahr 2017)
Xi UMa ist ein Mehrfachsternsystem in einer Entfernung von etwa 27 Lichtjahren. Die beiden Hauptkomponenten A und B sind auch unter der Katalogbezeichnung STF 1523 aufgeführt. Beide Komponenten sind spektroskopische Doppelsterne, also visuell nicht trennbar. Es kommen hierfür Methoden der Spektroskopie zum Einsatz. Die Umlaufzeit der Hauptkomponenten beträgt knapp 60 Jahre, wobei diese von der Erde aus gesehen elliptisch verläuft. Der Winkelabstand schwankt dabei zwischen knapp 1 Bogensekunde und nahezu 3 Bogensekunden. Zurzeit nimmt der Winkelabstand zu und erreicht ungefähr im Jahr 2030 sein Maximum. Aufgrund der fast gleich hellen Komponenten sollte eine Trennung in den kommenden Jahren selbst mit kleinerem Teleskop machbar sein. Ich werde diesen schönen Doppelstern mit einem 70-mm-Refraktor beobachten.
Lalande 21185 (HD 95735)
Typ:
Stern
Sternbild:
UMa
Koordinaten (2000.0): 11h 03m 20,19s, +35 Grad 58' 11,57''
Helligkeit:
7,52 mag
Lalande 21185 ist visuell vielleicht nicht unbedingt attraktiv, eine Beobachtung mit etwas Hintergrundwissen macht diesen Stern dann aber doch interessant. Immerhin ist er mit einer Entfernung von 8,3 Lichtjahren der sechstnächste bekannte Stern zur Sonne. Es handelt sich dabei um einen Roten Zwerg. Seine Leuchtkraft beläuft sich auf nur 1/40 der Leuchtkraft der Sonne, seine Masse liegt bei weniger als der Hälfte der Sonnenmasse. Ähnlich verhält es sich mit seinem Durchmesser, welcher nach Messungen mit dem ,,Palomar Testbed Interferometer" ca. das 0,4-fache des Sonnendurchmessers beträgt. Lalande 21185 wurde zudem intensiv bezüglich potenzieller Planeten untersucht. Obwohl Rote Zwerge aufgrund der geringen Leuchtkraft nicht mit dem bloßen Auge von der Erde aus beobachtet werden können, ist Lalande 21185 visuell hell genug, um zumindest mit einem kleinen Fernglas gesehen zu werden.
NGC 4151 (H 1.165, Saurons Auge)
Typ:
Galaxie
Sternbild:
CVn
Koordinaten (2000.0): 12h 10m 32,58s, +39 Grad 24' 21,03''
Helligkeit:
11,48 mag
Winkelausdehnung: 6,8' x 5,3'
Eine visuell und fotografisch sehr interessante Galaxie ist NGC 4151 (UGC 7166) im Sternbild Jagdhunde. Die Galaxie zeigt neben dem hellen Kern und dem inneren Spiralarm noch deutlich schwächere, weitreichende Spiralstrukturen, welche auf dem DSS-Bild kaum zu erkennen sind. Diese dürften nur fotografisch erfassbar sein. Im Zentrum befindet sich ein sehr massereiches Schwarzes Loch. Untersucht wurde außerdem die von der Galaxie ausgehende Röntgenstrahlung. Visuell sind die Helligkeitsunterschiede in der inneren Ringstruktur sicher beeindruckend. Teleskope ab 8 Zoll Öffnung sollten dafür ausreichend sein, wobei die Sichtung der Galaxie auch mit deutlich weniger Öffnung gelingt.
3 NGC 4151 (Quelle: DSS)
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Arp 294
Typ:
Galaxiengruppe
Sternbild:
UMa
Koordinaten (2000.0): 11h 39m 42,0s, +31 Grad 55' 30,0''
Mitglieder:
NGC 3786 (12,3 mag, 2,1' x 1,1')
NGC 3788 (12,5 mag, 2,1' x 0,7')
Während meiner visuellen ,,Himmelsdurchmusterung" ist mir im Frühjahr 2013 dieses Galaxienpaar aufgefallen. Die nördliche Galaxie ist dabei NGC 3788, welche einen sehr langen und ebenso schwachen Ausläufer nach Norden aufweist. Beide Galaxien lassen sich unter Landhimmel (Bortle 4) problemlos mit 8 Zoll Teleskopöffnung beobachten und erscheinen dann beide als elongierte Aufhellungen, die sich beinahe berühren und fast senkrecht zueinander stehen. NGC 3788 erscheint dabei deutlich langgestreckt, während NGC 3786 eher oval wirkt. Beide Galaxien in dieser Anordnung zusammen zu sehen, ist für mich ein Erlebnis.
4 Arp 294 (Quelle: DSS)
Hickson 61 (,,The Box")
Typ:
Galaxiengruppe
Sternbild:
Com
Koordinaten (2000.0): 12h 12m 22,0s, +29 Grad 11' 09,0''
Mitglieder:
NGC 4169 (12,3 mag, 1,8' x 0,9')
NGC 4173 (12,7 mag, 5,0' x 0,7')
NGC 4174 (13,6 mag, 0,8' x 0,3')
NGC 4175 (13,4 mag, 1,8' x 0,4')
Ähnlich wie Arp 294 verhält es sich mit der Galaxiengruppe Hickson 61, wobei hier 4 längliche Galaxien beobachtbar sind. Der Name ,,The Box" wurde aus der Ausrichtung der Galaxien zueinander abgeleitet. Bei Hickson 61 darf man sich auf unterschiedliche Schwierigkeitsgrade einstellen. Die linsenförmige Galaxie NGC 4169 ist dabei das hellste Mitglied und mit 12,3 mag Gesamthelligkeit noch etwas einfacher als Arp 294. Diese fällt visuell meist zuerst auf und kann unter dunklem Landhimmel (Bortle 3-4) bereits mit 8 Zoll Teleskopöffnung und höherer Vergrößerung direkt gesehen werden. Etwas schwieriger sind NGC 4174 und 4175, aber keinesfalls herausfordernd für den erfahrenen Beobachter. NGC 4173 ist die visuell größte und schwächste Galaxie zugleich und erfordert Geduld, Erfahrung und dunklen Himmel. Unter einem Bortle-3-Himmel war eine Sichtung mit 8 Zoll Teleskopöffnung erfolgreich.
5 Hickson 61 (Quelle: DSS)
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Geschichte
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14. Tagung der Fachgruppe Geschichte der Astronomie in Lilienthal
von Wolfgang Steinicke
Von 27. bis 29. Oktober 2017 fand die 14. Tagung der VdS-Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie" statt. Treffpunkt war diesmal Lilienthal bei Bremen. Der Ort ist bekannt durch die historische Sternwarte von Johann Hieronymus Schroeter, Erbauer eines Spiegelteleskops mit 50 cm Durchmesser und ,,27 Fuß" Brennweite (ca. 8 m). Es entstand 1793 und beeindruckte insbesondere durch seine ungewöhnliche Montierung nebst Beobachtungsturm. Mittlerweile wurde das Gerät nachgebaut und an einem neuen Standort (nahe dem Fluss Wümme) errichtet. Ergebnis ist das ,,TelescopiumLilienthal", dessen feierliche Eröffnung im November 2015 stattfand (Abb. 1).
Wie üblich trafen sich einige Teilnehmer schon am Freitagabend im Borgfelder Landhaus, das sich unmittelbar gegenüber dem Telescopium befindet. Wie gewohnt lud die familiäre Atmosphäre zu Gesprächen ein. Für das Vortragsprogramm am Samstag stand der ,,Schroetersaal" im modernen Tagungszentrum Murkens Hof zur Verfügung; es liegt im Zentrum von Lilienthal, etwa einen Kilometer vom Telescopium entfernt.
1 Telescopium-Lilienthal (alle Bilder: W. Steinicke)
Der Saal war mit insgesamt 47 Teilnehmer gut gefüllt (Abb. 2). Nach einem Grußwort von Klaus-Dieter Uhden, dem Geschäftsführer des Telescopiums, begann das Programm pünktlich um 10:00 Uhr. Traditionsgemäß ist der ers
Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie
von Wolfgang Steinicke
In diesem Heft lesen Sie den Beitrag von Konrad Wolfram über ,,Historische Sonnenfinsternisse". Ende Oktober 2017 fand die 14. Tagung der Fachgruppe in Lilienthal bei Bremen statt. Es war wieder eine schöne Veranstaltung mit interessanten Vorträgen. Höhepunkt war die Besichtigung des TelescopiumLilienthal. Lesen Sie dazu meinen Bericht. Die 15. Tagung wird am Samstag, den 27. Oktober 2018, in Tübingen stattfinden. Näheres dazu auf unserer Webseite http://geschichte.fg-vds.de. Sie enthält auch Informationen zur Fachgruppe. Versorgen Sie mich auch weiterhin mit interessanten Artikeln!
2 Blick in den Schroetersaal
te Beitrag dem Tagungsort und seiner Geschichte gewidmet. Diesen Part übernahm Hans-Joachim Leue, Mitglied der Astronomischen Vereinigung Lilienthal (AVL) und anerkannter Schroeter-Experte (Abb. 3). Sei Thema war ,,Zusammengehörige Schwestern einer gleichzeitigen Geburt - Johann Hieronymus Schroeter und die Lilienthaler Astronomie". In allen Einzelheiten wurden die relevanten zeitgeschichtlichen Orte und Personen vorgestellt, darunter Olbers, Bessel, Harding und Schrader. Schwerpunkt war Schroeters Sternwartenanlage, die Beobach
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Geschichte
3 Hans-Joachim Leue erläuterte die astronomische Geschichte von Lilienthal
pelmayr und sein Hauptwerk, den ,,Atlas Coelesti". Dessen Bedeutung für die Forschung und Lehre wurde an ausgewählten Blättern, insbesondere zu den inneren Planeten, aufgezeigt. Der lateinische Text wurde dazu übersetzt. Das bedeutende Werk war übrigens als FaksimileNachdruck am Stand des Albireo-Verlags (neben anderen bibliografischen Kostbarkeiten) zu sehen.
Die anderthalbstündige Mittagspause wurde von einigen Teilnehmern genutzt, um das Grab von Schroeter (Abb. 5) sowie dessen ursprünglichen Beobachtungsplatz zu besuchen. Beide Orte befinden sich an der Lilienthaler Kirche, nur wenige Schritte vom Murkens Hof entfernt.
Das Nachmittagsprogramm begann mit einem Vortrag von Regina Umland über ,,Friedrich Nölke (1877-1947) - Pädagoge, Astronom, Mitbegründer der Olbers-Gesellschaft". Die Person dürfte nur wenigen bekannt sein. Nölke war
4
Der beindruckende Nachbau von Schraders HerschelReflektor
tungsergebnisse und seine Kontakte zu anderen Astronomen, insbesondere zu William Herschel. 1800 wurde die Lilienthaler Societät gegründet. Im Saal war der Nachbau eines 7-füßigen Spiegelteleskops ausgestellt, das nach Herschels Prinzipien von Schrader konstruiert worden war (Abb. 4).
Im nächsten Vortrag machte Arnold Oberschelp ,,Bemerkungen zum Olber
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schen Paradox". Nach Darstellung der Verdienste und Entdeckungen des Bremers Arztes und Astronomen ging es um den Artikel von 1823. Hier zeigte Olbers mit einfachen Überlegungen, dass der Nachthimmel nicht dunkel, sondern sonnenhell sein müsse. Er bot auch eine Lösung für dieses Paradoxon an, die aber nicht befriedigt. Zum Glück gibt es eine moderne Lösung. Im Vortrag von Karl Benz ging es um Johann Gabriel Dop
5 Grabstein von Johann Hieronymus
Schroeter an der Lilienthaler Kirche
Geschichte
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6 Gruppenfoto vor dem Tagungszentrum Murkens Hof
im Schuldienst tätig und schrieb einige wichtige astronomische Abhandlungen. Sein Hauptwerk ,,Der Entwicklungsgang unseres Planetensystems" erschien in drei Auflagen. Interessant war, dass einige Nachfahren von Friedrich Nölke anwesend waren. Das Spezialgebiet von Laetitia Rimpau ist die literaturwissenschaftliche Untersuchung von Keplers Werken. Im Vortrag ,,Dante und Kepler" wurde der Frage nachgegangen, was den berühmten Astronomen an den Planetenmodellen, die Dante im Gastmahl (um 1304-08) und in der Göttlichen Komödie (um 1320) beschreibt, interessiert haben könnte. Kepler verstand sich zeitlebens als Astronom und Dichter-Philosoph. Anschließend gab Joachim Ekrutt ,,Kurioses um die Sommerzeit" zum Besten. Sie wurde 1916 (zum ersten Mal) in Deutschland eingeführt. Auf unterhaltsame Weise stellte der Referent die eher unbekannte und ausgesprochen merkwürdige Geschichte der Sommerzeit an Hand von Karikaturen und ungewöhnlichen Gesetzblättern vor. Die nachfolgende Abstimmung ergab übrigens eine Mehrheit für deren Abschaffung.
Pünktlich um 16:00 Uhr entstand das obligatorische Gruppenfoto vor dem Eingang von Murkens Hof - leider bei trübem Wetter (Abb. 6). Die nachfolgende Kaffeepause fand im Foyer statt. Dort waren leckere Kuchen gerichtet, die aus dem Bistro Boccia unmittelbar nebenan stammten (Abb. 7). Im nächsten Vortrag,
7 Stets begehrt: das Kuchenbuffet
gehalten von Wolfgang Steinicke, ging es um ,,William Herschel und die Struktur der Milchstraße". Zwischen 1783 und 1802 entdeckte der deutschstämmige Astronom mit seinem großen Reflektor nicht nur viele Nebel und Sternhaufen, sondern führte auch systematische Sternzählungen durch - und begründete die Stellarstatistik. Unter der Annahme, dass schwächere Sterne weiter entfernt sein müssen, versuchte er deren räumliche Verteilung in der Milchstraße zu bestimmen. Diskutiert wurde seine Abbildung, die einen Schnitt durch unser Sternsystem darstellt. Als nächstes zeig
te Klaus-Jochen Stepputat ,,Spuren und Schicksale bemerkenswerter astronomischer Teleskope" - von vergessen, verfallen, verbrannt, zerstört oder zerlegt bis erhalten, in Stand gesetzt, restauriert, rekonstruiert und wieder in Gebrauch war hier alles vertreten. Vorgestellt wurden unter anderem Galileis erste Röhre, die Instrumente von Herschel und Schroeter, Schraders ,,Astro-Bockwindmühle" sowie Lord Rosses Riesenspiegel. Abschließend - und als Vorbereitung auf den Besuch des Telescopiums am Sonntagmorgen - referierte Hans-Joachim Leue über den ,,Wiederaufbau des 27-füßigen Teleskops
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Geschichte
aus dem Jahr 1793". Die Abschlussbesprechung endete um 18:30 Uhr und man traf sich anschließend zum Abendessen im Borgfelder Landhaus.
Über Nacht zog der Orkan ,,Herwart" übers Land. Das neue Schroeter-Teleskop hielt natürlich stand (Abb. 8) - es kann sich frei um seine vertikale Achse drehen und nach dem Wind ausrichten. Ab 9:00 Uhr drängten die Teilnehmer in den engen Beobachtungsturm, auf der Treppe war kaum noch ein Durchkommen. Auch die Wümme-Zeitung war hier vertreten. Auf dem Dach war es windig, einzelne Schauer taten ihr Übriges (Abb. 9). Trotz aller Widrigkeiten wurde der Besuch des Telescopiums zum beeindruckenden Erlebnis. Das galt weniger für die Rückreise: Einige Teilnehmer fielen dem Chaos der Bahn zum Opfer - völliger Stillstand in Norddeutschland!
Die 14. Tagung war wieder ein Highlight - und Lilienthal ist immer einen Besuch wert. Der nächste Ort steht auch schon fest: 2018 wird Tübingen zum Treffpunkt der 15. Auflage. Näheres dazu finden Sie auf der Webseite der Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie" (siehe: Neues aus der Fachgruppe).
8 Der Tubus des 27-füßigen Spiegelteleskops
9
Besucher auf dem Beobachtungsturm des Telescopiums
Historische Sonnenfinsternisse
- ein Phänomen mit großer Anziehungskraft
von Konrad Wolfram
Eine Sonnenfinsternis, gemeinhin oft nur liebevoll ,,Sofi" genannt und in Fachkreisen als Eklipse bezeichnet, ist zweifellos ein Event, das viele Menschen vom Hocker reißt. Begeistert, aber auch mit gewissem Schaudern erlebt man meist nur einmal im Leben ein solches Naturschauspiel am Himmel. Angesichts der medial weltweit verbreiteten und dokumentierten Sonnenfinsternis vom 21. August 2017, die in weiten Teilen der USA beobachtet werden konnte, ergibt ein Vergleich mit lange zurückliegenden Ereignissen dieser Art, dass diese schon praktisch seit Bestehen der Menschheit faszinierend und auch erschreckend wirkten. Eigentlich wollte ich nur kurz in Bruno Bürgels vor etwa 100 Jahren
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1 Auszug aus der Übersetzung des Schu-King von Legge ([2], S. 162)
erschienenem Buch ,,Aus fernen Welten" [1] nachlesen, was dort zum Thema Finsternisse zu finden ist und stieß dort
auf folgende bemerkenswerte Überlieferung aus der Frühzeit des chinesischen Reiches:
Geschichte
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,,Es waren einmal - wie eine uralte chinesische Chronik berichtet -, im Reiche der Mitte zwei Herren Hi und Ho, ihres Zeichens Astronomen und Sterndeuter am Hofe des Kaisers Tschung-kangh. Aber sie lebten in Saus und Braus und vergaßen über ihre Völlerei die Würde ihres Amtes, so dass sie nicht Acht gaben auf den Lauf der Sterne und Verwirrung brachten in die Zeitrechnung. Ja, ihre Pflichtvergessenheit ging so weit, dass sie es unterließen, eine große Sonnenfinsternis voraus zu verkünden, so dass alles Volk plötzlich unvorbereitet von dem Ereignis überrascht wurde."
In diesem von Bürgel in einem Stil geschriebenen Text, der an Grimms Märchen erinnert, fährt er fort und schildert, wie das Volk in Angst geriet, weil man glaubte, ein ,,mächtiger Drache" würde die Sonne verschlingen, weshalb man diesen mit ohrenbetäubendem Lärm vertreiben und zur Freilassung seines Opfers bewegen wollte. Der erboste Kaiser soll darauf die beiden nachlässigen Herren, vermutlich hohe Beamte, wegen der versäumten Vorhersage der Finsternis dem Henker empfohlen haben.
,,Man hat die interessante Historie, die zugleich die älteste Erwähnung einer Sonnenfinsternis ist, aus dem chinesischen Original übersetzt; sie findet sich im sogenannten ,Schu-king`, einem der ältesten Werke, das wir kennen, und das alle wichtigen Ereignisse, die sich im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende ereigneten, erwähnt."
Weiter bemerkt Bürgel: ,,Trotzdem die dem Drachen zugedachte Katzenmusik etwas verspätet dargebracht
2 AstroWin-Grafik mit den Kontaktphasen der Eklipse vom 22.10.2137 v. Chr.,
wie sie über der chinesischen Stadt Kaifeng zu sehen gewesen wäre
wurde, ist die Sonne doch noch glücklich entronnen, und die beiden unglückseligen Sterngucker waren die einzigen Geschöpfe, denen die ganze Affäre zum Unheile ausgeschlagen. Man hat zu berechnen vermocht, daß sich diese Finsternis am 22. Oktober 2137 vor Christi in den Morgenstunden ereignet haben muß."
Diese Schilderung hat mich zur Überprüfung dieses so konkret genannten Datums veranlasst. Die Quelle dieser datierten Finsternis ist bei Bürgel ja genannt: das chinesische Historien-Buch Schu-King, dessen Inhalt von einigen Sprachkundigen des Westens im 19. Jahrhundert übersetzt und interpretiert wurde. Einer der Übersetzer des Schu-King, James Legge von der Londoner Missionarsgesellschaft (Abb. 1) [2], hielt in seinem Kommentar eine Eklipse im Jahre 2127 v. Chr., also 10 Jahre später für die wahr
scheinlich zutreffende dieser Anekdote. Diese müsste dann am Montag, den 2. Oktober, stattgefunden haben. Tatsächlich fand eine solche, im Raum des alten chinesischen Reiches beobachtbare Finsternis nach meiner Berechnung mit dem Programm AstroWin [3] an diesem Tag statt. Allerdings ist im Schu-King auch noch vom ,,ersten Tag des letzten Herbstmonats" und vom chinesischen Sternbild ,Gemach` die Rede, in dem Mond und Sonne aufeinandergetroffen sein sollen. Dieser Hinweis spricht eher für das 3 Wochen spätere Datum, da Ende Oktober die Sonne dem genannten Sternbild nahesteht, das in unserem Kulturkreis dem Skorpion zugehört. Beide Sonnenbedeckungen fanden in den Morgenstunden statt, wobei die ältere mit einem etwa 92-prozentigen Bedeckungsgrad die größere von beiden war (Abb. 2).
3 Ausschnitt aus der Schedelschen Weltchronik mit dem Hinweis auf eine Eklipse im Jahr 1238 n. Chr.
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Geschichte
4 AstroWin-Grafik mit den Kontaktphasen der Eklipse vom 3.6.1239 n. Chr.,
bezogen auf Barcelona
Auch der Finsternisexperte des 19. Jahrhunderts, Theodor v. Oppolzer, Herausgeber des ,Canon der Finsternisse` [4], hielt diese Finsternis von 2137 für die wahrscheinlich im chinesischen Geschichtswerk gemeinte. Er hat 1880 eine Abhandlung über seine Recherche zu dieser über 4000 Jahre zurückliegenden Erscheinung veröffentlicht [5]. Weitere Autoren haben sich damit beschäftigt und hielten den 7.5.2165 v. Chr. für den Tag der damals schon so wichtig erachteten Sonnenfinsternis. Wer auch recht haben mag, Fakt ist, dass man offenbar in China damals bereits in der Lage war, Finsternisse recht genau vorauszuberechnen. Von den Mayas wird diese astronomische Rechenkunst ,,erst" ab etwa 500 Jahre vor unserer Zeitrechnung berichtet.
Berge bei Rom?] sowie eine Überflutung von Friesland, bei dem Hunderttausend Menschen ihr Leben verloren haben sollen, auf diese Sonnenfinsternis zurückgeführt haben.
Wieder habe ich versucht, diese im historischen Werk genau datierte Finsternis per AstroWin zu ermitteln, und es fand demgemäß in Wirklichkeit am Freitag, den 3. Juni 1239, also ziemlich genau ein Jahr später als bei Schedel angegeben, eine in Mitteleuropa sichtbare Sonnenbedeckung statt, deren Zentrallinie von Madrid über Barcelona, Florenz und Belgrad verlief (Abb. 4). Auch in Oppolzers Finsternistabellen ist sie verzeichnet und der derzeitige ,,Eclipse-Man" Fred Es
penak führt diese in seinen Tabellen und Dokumenten auf [7]. Es handelte sich um eine Totalverfinsterung mit 1,16-fachem Verdunklungsquotienten (Mondfläche zu Sonnenfläche), d. h. der Mond war fast gleichzeitig in Erdnähe in einer sehr geringen Entfernung von 358.000 km, daher visuell um 16 % größer als die Sonnenscheibe. Die Zentrallinie dieser mit ihrem Maximum etwa gegen 12 Uhr Weltzeit erfolgten Finsternis verlief fast um den halben Erdball, ausgehend von Caracas (Venezuela) über die nördlichen Mittelmeerländer, das Schwarze Meer und Russland bis nach Delhi in Nordindien.
Derlei Hinweise auf Finsternisse der Sonne und des Mondes finden sich an einigen Stellen in der berühmten Weltchronik, wobei die Datumsangaben wie im vorigen Beispiel schon aufgezeigt, etwas vom wirklichen Geschehen abweichen können, das mit den oben genannten Tabellenwerken und dem AstroWin-Programm recht gut zu rekonstruieren ist. Um noch ein paar willkürlich herausgegriffene Beispiele zu nennen:
Vor Papst Innozenz` Tod (12.9.1362) soll eine Sonnenfinsternis stattgefunden haben, die man auf den 5.5.1361 datieren kann und die in Rom am Vormittag dieses Tages partiell zu sehen war (erwähnt auf Blatt CCXXIX).
Auf der Rückseite des Blattes CCXLVIII der Chronik wird eine Eklipse am
Solange ein derartiges Ereignis nicht naturwissenschaftlich erklärbar war, sahen viele Menschen (nicht nur in China) die Verdunkelung der Sonne als böses Omen, das Pest, Krieg, Hungersnot, Überschwemmung, Erdbeben oder andere Übel ankündigte. In der Schedelschen Weltchronik von 1493 [6] finden sich dafür einige Beispiele (etwa auf Blatt CCIX unten, Abb. 3). Demnach soll es im Jahre 1238 n. Chr. am 6. Juni ,,um die neunte Stund so finster wie die Nacht" geworden sein. ,,Dies bedeutet (wie man meint) den Tod Papst Gregors IX." [Anm.: dieser starb im Jahr 1241] und ,,Unterdrückung der Kirche durch Kaiser Friderich" [gemeint ist Friedrich II., der 1194-1250 lebte]. Zudem scheint man dazumal auch ein späteres großes Erdbeben und Hagel in den ,,Salvinischen Bergen" [= Sabiner
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5 Foto vom Maximum der Eklipse am 11.8.1999 n. Chr., Bildautor: K. Wolfram
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1.9.1448 erwähnt, die aber real bereits am Donnerstag, 29.8., stattgefunden haben müsste und ringförmig (annular) gewesen ist. Deren Zentrallinie begann gemäß Oppolzers Angaben etwa bei Neufundland (Amerika war übrigens zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht ,,entdeckt"!), erreichte bei Tunis gegen Mittag ihr Maximum und endete etwa bei den Malediven. Dieser Verfinsterung unterstellte man wie üblich wieder einige üble Folgen, vor allem Kriege. Tatsächlich fand in diesem Jahr im Oktober die zweite Schlacht auf dem Amselfeld statt, bei der die christliche Koalition erneut den osmanischen Kriegern unterlag, was die Furcht der Abendländer vor den Türken erheblich verstärkte, aber - wie man heute weiß - nichts mit der vorangegangenen Eklipse zu tun hatte.
Heute würde kaum noch jemand die vielen schrecklichen Ereignisse wie etwa Wirbelstürme, den Irak- und Syrienkrieg
oder die IS-Terroranschläge auf den Einfluss einer verfinsterten Sonne zurückführen. Die Faszination steht bei solchen seltenen Schauspielen am Himmel an erster Stelle und deren Bedeutung für die Wissenschaft ist längst anerkannt.
Die nächste totale Sonnenfinsternis, die im süddeutschen Raum zu sehen sein könnte, findet übrigens am Mittwoch, den 3.9.2081, vormittags statt. Die Jüngeren unter den Lesern können sich in aller Ruhe darauf freuen und hoffen, dass der Himmel dann nicht durch Wolken bedeckt ist. Bis dahin wird es aber auch bei Bewölkung möglich sein, das Ereignis mit Kameras über den Wolken einzufangen und auf die Smartphones oder Videobrillen live zu übertragen, um das aufregende Event auch bei schlechtem Wetter wenigstens indirekt genießen zu können.
Literaturhinweise und Quellenangaben: [1] B. H. Bürgel, 1910: ,,Aus fernen
Welten", Berlin [2] The Chinese Classics, Vol. III,
`The Shoo-King' or The Book Of Historical Documents, Translation by James Legge, D. D. of the London Missionary Society, 1865, Hongkong und London [3] W. Strickling: ,,AstroWin 32, Astronomie-/Ephemeriden-Programm", www.strickling.net/astro.htm [4] Th. v. Oppolzer, 1887: ,,Der Canon der Finsternisse", Wien [5] Th. v. Oppolzer, 1881: ,,Über die Sonnenfinsterniss des Schu-King", in: Monatsberichte der königl. Preussischen Akademie der Wissenschaften, Berlin, S. 166-185 [6] H. Schedel, 2013: ,,Weltchronik von 1493", deutsche Ausgabe, Reprint, Taschen-Verlag [7] F. Espenak: www.eclipseWise.com/ solar/SEprime/1201-1300 ff
Zwei Wochen Wissenschaft für Jugendliche:
das Astronomische Sommerlager
von Lina Landwehr, Marvin Ruder und Louise Kluge
Was ist das ASL? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten -- einfach, weil es so vielfältig ist. Im Astronomischen Sommerlager kommen für zwei Wochen Physik-, Mathe-, Chemie-, aber vor allem Astronomiebegeisterte ab 14 Jahren zusammen und tauschen sich in Arbeitsgruppen (AGs), Workshops und Vorträgen aus. Doch das ASL ist viel mehr als das. Hier entstehen Freundschaften, und viele Jugendliche nehmen nicht zum ersten Mal teil, sondern schon seit vielen Jahren, um einmal wieder eine fantastische Zeit zu erleben.
Im Zentrum des Camps: die AGs Hauptprogrammpunkt des Camps sind die AGs. Hier gab es eine große Auswahl an Themen, so dass die Wahl der AG vor dem Camp schon Kopfzerbrechen, aber auch große Vorfreude auslöste. Am Ende konnte man einfach keine falsche Wahl treffen, denn von jeder AG hört man die lustigsten Geschichten. Ob nun aus der Kosmologie-AG, bei der die Teilnehmer am ersten Tag im Kängurukostüm emp
1 Uuund wusch! Wasserrakete beim Start
fangen wurden, oder von der RaumfahrtAG, in der dem Leiter zwischendurch mit Wasserbomben gedroht wurde, wenn er die Pause schon wieder ausfallen ließe. Auch neue Teilnehmer konnten mit der AG ,,Grundlagen der Astrophysik" einen guten Einstieg in das (Camp-) Universum
finden. Mathematisch interessierte Teilnehmer wurden von der AG ,,Klassische Mechanik" nicht enttäuscht. Um einen besseren Einblick in die AGs zu gewährleisten, berichten uns Lisa, Hannah und Lina nun aus der Raumfahrt-AG.
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Jugendarbeit
2 Nasser Spaß bei der Wasserschlacht
Hoch hinaus mit Pauls Raumfahrt-AG In der ersten Woche des ASLs besuchten insgesamt 7 Teilnehmer die RaumfahrtAG des frischgebackenen Leiters Paul Ziegler, der Luft- und Raumfahrttechnik studiert.
Wir setzten uns im Laufe der AG mit zahlreichen spannenden Fragen der Raumfahrt auseinander. Am ersten Tag beschäftigten wir uns mit grundlegenden Aspekten der Raumfahrt, wie zum Beispiel dem Aufbau der Atmosphäre und der Kartoffelform der Erde. Danach behandelten wir die Keplerschen Gesetze, die den meisten Teilnehmern allerdings schon bekannt waren. Daher wurden zahlreiche Fragen gestellt, so dass unser Leiter an seine Grenzen kam und das allmächtige Internet zu Rate ziehen musste und schlussendlich (fast) alle Fragen beantworten konnte.
Die Beantwortung der Fragen war am nächsten Tag schon schwieriger. Die Teilnehmer waren viel zu sehr damit beschäftigt, den schnellen, aber sehr präzisen Erläuterungen von Paul zur Ziolkowski-Raketengleichung zu folgen. Es stellte sich als große Herausforderung heraus, eine Rakete mithilfe einer ExcelTabelle zu simulieren. Auch nach Pauls ausgiebiger Hilfestellung erzeugten einige eine besondere Rakete, die mit mehr Nutzlast signifikant schneller wurde. Immerhin war die Geschwindigkeit dann nicht mehr negativ.
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Anderen Teilnehmern gelang die Raketenkonstruktion sehr schnell, so dass sie anschließend noch viel experimentieren konnten und eine simulierte Rakete zum Mond schickten. Wir beschäftigten uns für den Rest dieses AG-Tages wieder mit Satelliten.
Wir durften sogar selbst einen Satelliten entwerfen, und natürlich auch eine passende Rakete. Nachdem viele Projektvorschläge (z. B. ,,Wir fliegen in die Sonne") konsequent von Paul abgewiesen wurden, entschieden wir uns schließlich für ein Radioteleskop auf der dunklen Seite
des Mondes. Nach dem Entwurf der Teilnehmer erzeugten wir noch ein kleines, aber cooles 3D-Modell. Alles in allem war es eine geniale AG, am Ende konnten wir sogar viele Fragen des Vortrages eines Experten problemlos beantworten, da wir die gesamte Thematik bereits in Pauls AG behandelt hatten. Der Besuch der AG ist nur jedem zu empfehlen, sie war einfach toll!
Wissenschaftler zu Besuch im Camp Die Vorträge von Menschen, die in der Astrophysik und angrenzenden Gebieten arbeiten - ein Kernstück des ASLs - waren auch in diesem Jahr vielfältig. Sie boten Einblicke in sehr unterschiedliche Themen: Ann Mao sprach über Radioastrosnomie, Jürgen Schleppi berichtete über die Raumfahrtprojekte der ESA und Daniel Rahner, ein alter ASLHase, sprach darüber, was die Sterne tun, wenn ,,wir nicht hinsehen". Dabei ging es um Simulationen langfristiger Prozesse der Sternentwicklung.
Immer gut informiert -- die CampZeitung Auch wenn dieses Jahr leider einige Gesichter der Zeitung nicht kommen konnten oder nur in der zweiten Woche das Camp besuchten, erschien jeden Tag (fast) pünktlich um Mitternacht die Zeitung. Sie informierte über Workshops, Vorträge, Essenszeiten -- kurz gesagt, über den Verlauf des nächsten Tages. Aber
3 Pause bei schöner Aussicht am Wandertag
Jugendarbeit
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neben den praktischen Informationen, wie einer Wetterprognose oder Aufgaben für den Tag, fasste die Zeitung vielmehr die witzigen Erlebnisse des Tages für alle zusammen -- sei es durch Munkeleien, Zitate oder eine Weisheit des Tages. Zusammen mit den ASL-Live-Berichten auf der Webseite der VEGA e.V. macht die Zeitung es möglich, auch Daheimgebliebene am Camp teilhaben zu lassen.
Von Ballett bis Ungarisch -- die Workshops ,,Vielfältig" wird hier großgeschrieben, denn die Themen der Workshops hatten nicht nur astronomischen Bezug. Jeder hatte die Möglichkeit, sein eigenes Hobby selbst vorzustellen oder wiederzufinden. Ein paar Highlights wollen wir hier vorstellen:
Den Anfang machte ein Workshop über ein dezimales Zeitsystem, das sich Teilnehmer ausgedacht hatten. Tatsächlich behielt die Zeitung dieses sogar bis zum Schluss in ihrem Tagesplan bei. Für die Unglücklichen, die diesen Workshop verpasst hatten, waren im Tagesplan aber auch die normalen Uhrzeiten angegeben. Wie jedes Jahr fanden Matheseminare statt, um Oberstufenmathematik aufzufrischen oder im Fortgeschrittenen-Kurs von Fabian Heimann reinen Spaß an der Mathematik zu haben. Wem danach der Kopf brummte, der konnte sich im Zirkeltraining und beim SelbstverteidigungsWorkshop austoben. Man munkelt, manche seien trotzdem noch morgens joggen gegangen.
Auch gab es wieder einen NebelkammerWorkshop, der einen Haufen Spaß mit Trockeneis mit sich brachte. Von selbstgemachtem Slush-Eis bis zu explodierenden Flaschen war alles dabei.
Weniger destruktiv war der RaketenbauWorkshop, wie jedes Jahr ein Highlight im Camp. Auch dieses Jahr flogen die Wasser- oder Feststoffraketen unter der Leitung von Fabian Glogiewicz wieder hoch hinaus. Zumindest, wenn sie den Schleudertest bestanden hatten, der die Flugstabilität testet.
Um die Musikbegeisterten davon abzuhalten, mit ihrem unermüdlichen Gesangsdrang ihre Zimmermitbewohner allzu sehr zu nerven, fand der Chor täg
4 Wer baut den höchsten Turm? Basteln beim Construction Game
lich statt. Ob das wirklich geholfen hat oder nur noch mehr Ohrwürmer verursacht hat, weiß keiner. Definitiv kann man nur sagen, dass unter der Leitung von Sabrina und Franca einige Lieder wie z. B. der Shoop-Shoop-Song und ,,Sweet Dreams" erfolgreich zur Aufführung gebracht wurden.
Ein besonders anspruchsvoller Workshop war ,,Allgemeine Relativitätstheorie" von Frederic Schuller, der bei den Teilnehmern alle Klarheiten beseitigte und ihnen zuletzt noch einige mathematische Methoden an die Hand gab. So verständlich, wie Relativitätstheorie eben sein kann, und in bunter Kreide. Für alle Teilnehmer war es auf jeden Fall eine wertvolle Erfahrung.
Die Natur der Rhön erkunden - am Wandertag Für den Wandertag hatten sich die Leiter etwas ganz Besonderes ausgedacht: Jeder, der sich in den letzten Jahren gelangweilt hatte, konnte sich jetzt definitiv nicht mehr beklagen, denn die Wanderung ähnelte einer Mischung aus Geocaching und Schatzsuche. Wir wurden in mehrere Gruppen aufgeteilt und haben mit Hilfe von Rätseln die Koordinaten für die nächste Station herausgefunden. Dort galt es dann, die nächsten Rätsel zu finden und zu lösen. Weder das Finden der Dosen noch das Lösen der Rätsel war einfach. Auch wenn man munkelt, dass sich eine Gruppe zwischenzeitlich verlaufen hat, kamen alle Wanderer am Ende wohlbehalten an ei
5 Relativitätstheorie-Workshop von Frederic Schuller
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Jugendarbeit
6 Die Teilnehmer des ASL 2017
nem kleinen See an. Der Weg war alles andere als langweilig. Er führte uns über einen kleinen Fluss mit Wasserfall, an einem verlassenen Haus entlang, hinein in einen alten Bergbaustollen und vor den neugierigen Augen von Kühen vorbei. Mit der Wanderung haben wir einen schönen Einblick in die Gegend bekommen und sie brachte den einen oder anderen Teilnehmer dazu, zum ersten Mal das Campgelände zu verlassen.
,,Tempel of the Beuteltier" -- der ASL-Film Nach alter Tradition fanden sich auch in diesem Jahr viele Freiwillige, die unter der Regie von Stefan, Lucia und Alison in wahnsinnig kurzer Zeit ein neues Meisterwerk in der langen Reihe der ASL-Filme geschaffen haben. ,,Tempel of the Beuteltier" handelt von einem Forscherteam, das auf einer Expeditionsmission im Dschungel strandet und dort einige Abenteuer erlebt. Von Ureinwohnern über uralte Tempel bis zu einem urkomischen Känguru ist alles dabei.
Nachdem die fleißigen Autoren das Drehbuch fertiggestellt hatten, wurde
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praktisch jede freie Minute im Camp für die zahlreichen Filmdrehs genutzt, sehr zum Verdruss der anderen Teilnehmer. Die mussten beim Abendessen nur allzu oft auf die Schauspieler, Maskenbildner, Kameraleute und Kabelträger warten und saßen mitunter auch noch mit verkleideten Mumien und Leichen zu Tisch. Schließlich waren die Dreharbeiten abgeschlossen und alle Freiwilligen kamen wieder pünktlich zum Essen.
Alle Freiwilligen? Nein! Ein kleines Team aus Videoschnittexperten und -neulingen saß von nun an in einem kleinen Hinterzimmer des Schullandheims und war rund um die Uhr damit beschäftigt, aus den Filmaufnahmen rechtzeitig einen waschechten ASL-Film zu basteln. In letzter Minute wurden diese Arbeiten dann fertiggestellt, so dass es am letzten Abend des Camps heißen konnte: Film ab!
Vielen herzlichen Dank ... (Marvin) ... an alle, die das ASL 2017 zu dem gemacht haben, was es war: ein rundum gelungenes Sommercamp mit viel Spaß sowie zahlreichen interessanten und
lehrreichen AGs, Vorträgen und Workshops. Ein großes Dankeschön gilt den Leiter*innen des Camps, insbesondere denen, die im nächsten Jahr leider nicht mehr dabei sein können. Vor allem aber möchten wir der Organisatorin und Leiterin des Camps, Aliona Solomonova, danken, die nach vier Jahren erfolgreicher Camporganisation den Staffelstab an Lucia Härer abgegeben hat. Wir sind umso mehr gespannt und freuen uns auf das nächste Astronomische Sommerlager, das vom 28. Juli bis zum 11. August 2018 im Schullandheim Heubach in Masserberg (Thüringen) stattfinden wird.
Kleine Planeten
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Neues aus der Fachgruppe Kleine Planeten
von Gerhard Lehmann
Schon in wenigen Wochen wird die Fachgruppe ,,Kleine Planeten" der VdS ihre 21. Kleinplanetentagung am 2. und 3. Juni 2018 in der Starkenburg-Sternwarte in Heppenheim [1] durchführen. Als Leser des VdS-Journals für Astronomie sind Sie recht herzlich eingeladen. Weitere Informationen unter www.kleinplanetenseite.de.
Der Amor-Kleinplanet (3122) Florence [2] näherte sich Anfang September vergangenen Jahres der Erde. Bei seinem nahen Vorbeiflug wurden mit Radarbeobachtungen zwei Monde entdeckt. Unsere FG-Mitglieder Markus Griesser (Abb. 1) von der Eschenberg-Sternwarte in der Schweiz und Gerhard Dangl (Abb. 2) aus Österreich konnten den Kleinplaneten erfolgreich ablichten.
Auf die 100. Kleinplanetenentdeckung kann unser FG-Mitglied Erwin Schwab, Beobachter am Taunus-Observatorium des Physikalischen Vereins Frankfurt/ Main, zurückblicken. Über seine Entdeckertätigkeit berichtet er in diesem VdS-Journal. Dazu passt aber auch die Benennung von (278141) Tatooine. Wem dieser Name nichts sagt, der sei auf das Star-Wars-Universum [3] verwiesen.
1 Der Kleinplanet (3122) Florence mit einem 24-zölligen Astrografen (f/3,8) und einer
Apogee-ALTA-F42-CCD-Kamera, fotografiert am 29.08.2017 von 19:20 bis 20:20 UT mit Einzelbelichtungen im Minutentakt von je 2 s. Beobachtet von Markus Griesser auf der Sternwarte Winterthur. Bildautor: Markus Griesser
Besonders gefreut habe ich mich über eine gescannte Zeichnung der visuellen Beobachtung eines hellen Kleinplaneten. Sie erfolgte aber nicht im stillen Kämmerlein, sondern diente der Öffentlichkeitsarbeit. Auf meine Bitte hin erhielt ich lesenswerte Zeilen, die ich niemanden vorenthalten möchte. Aber bitte lesen Sie selbst den Artikel von Alex Geiss.
2 Der Kleinplanet (3122) Florence
mit einem 10-zölligen Newton (f/4,7) und einer Atik-314L+-S/WCCD-Kamera. Fotografiert am 30.08.2017 von 19:58 bis 20:53 UT mit Einzelbelichtungen von je 5 s. Beobachtet von Gerhard Dangl auf seinem Grundstück in Nonndorf. Bildautor: Gerhard Dangl
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Kleine Planeten
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Autoren dieser Rubrik in unserem VdS-Journal für Astronomie herzlich bedanken.
Wenn Sie Lust bekommen haben, vielleicht auch einmal Kleinplaneten zu beobachten, dann sind Sie herzlich eingeladen. Als Mitglied in der Fachgruppe Kleine Planeten werden Sie Gleichgesinnte treffen und von den Erfahrungen der anderen profitieren.
Weblinks: [1] Starkenburg.Sternwarte:
www.starkenburg-sternwarte.de/ [2] (3122) Florence: https://
de.wikipedia.org/wiki/(3122)_ Florence [3] Jedipedia: http://jedipedia.wikia. com/wiki/Tatooine
(278141) Tatooine = 2007 CS61
Discovered 2007 Feb. 15 by S. Karge and E. Schwab at Taunus.
Tatooine is a desert planet in the fictional Star Wars universe. It is the home planet of Anakin and Luke Skywalker.
Kleinplaneten - 3D am Nachthimmel
von Alex Geiss
Das Minor Planet Center der IAU (International Astronomical Union) meldet immer wieder nahe Vorbeiflüge von NEOs. Normalerweise sind diese Kleinplaneten so lichtschwach, dass sie visuell nicht erfasst werden können, und meist so weit entfernt, dass ihre Bewegungen sowieso nicht wahrgenommen werden können. Beim Anblick im Okular sind Kleinplaneten wie Sterne nichts anderes als Lichtpünktchen und scheinen häufig nicht attraktiv für die visuelle Beobachtung zu sein.
gefährlicher Himmelskörper der Erde nähert, hat man nach Einschätzung von Experten mit den aktuellen Kontrollmöglichkeiten in der Regel mehrere Jahre bis Jahrzehnte Vorlaufzeit, um Schutzmaßnahmen zu treffen" meldete trotzdem 2017 die Süddeutsche Zeitung [4]. Aber Größe ist relativ und ,,spooky" war, dass ein anderer Kleinplanet am HalloweenAbend am 31. Oktober 2015 unter der offiziellen Bezeichnung 2015 TB145 mit 22 km/s in 480.000 km Entfernung die Erde
passierte, lediglich drei Wochen zuvor entdeckt worden und doch mindestens 400 m groß war [5]. Rauch und Schleierwolken verhinderten damals meine visuelle Beobachtung.
Seither wurde bei mir bei ähnlichen Konstellationen und ihrer theoretisch möglichen Tragweite immer wieder die Neugier und der Anreiz geweckt, dass doch diese interessanten Himmelskörper grundsätzlich auch per Zeichnung festgehalten
Am 20. Juli 2017 wurde gemeldet, dass drei Tage zuvor ein NEO von etwa 50 m Größe die Erde im Abstand von zehn Erddurchmessern passiert hatte und gleich unter der Bezeichnung 2017 OO1 registriert wurde [1, 2]. Wieso nicht vor der Passage? Ein anderer Kleinplanet, der später als ,,Tscheljabinsk-Meteorit" berühmt wurde, war mehrere Monate lang parallel zur Erde unterwegs, jedoch auf der Tagseite, so dass kein Teleskop auf ihn gerichtet werden konnte [3]. Erst beim Eintauchen in die Erdatmosphäre wurde er sichtbar, als es für eine Erfassung zu spät war. Wäre er vorbei geflogen, hätte man ihn auf der Nachtseite wohl eher entdeckt. Das wäre auch eine mögliche Erklärung für die späte Entdeckung von 2017 OO1 gewesen, aber dieser kam einfach nur aus weit südlicher Richtung, was relativ ungewöhnlich ist. Wer sagt da noch, nur Deep Sky wäre interessant?
Diese einfachen Zusammenhänge zeigen so ein bisschen unsere Hilflosigkeit. ,,Wenn sich ein großer und potenziell
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1 Der Kleinplanet (89) Julia vom 23.-26.08.2017, visuell beobachtet an einem
6-zölligen Newton (f/7). Bildautor: Alex Geiss
Kleine Planeten
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werden könnten. Und ihre Besonderheit würden auch größere Kleinplaneten zeigen, wenn sie an mehreren aufeinanderfolgenden Nächten erfasst würden. Auf diese Weise sollte es möglich sein, im Rahmen von Öffentlichkeitsarbeit diese Objekte des Sonnensystems dem Publikum sehr einfach nahe zu bringen - quasi als ,,3D am Nachthimmel" im Teleskop.
Gezeichnet wurde die Position des Kleinplaneten (89) Julia mit etwa 9,1 mag visueller Helligkeit und seine Sternumgebung im Pegasus während der Oppositionsphase 2017 auf Tonpapier mit weißem Buntstift. Vor dem Start des Bayerischen Teleskopmeetings am 24. August 2017 war lediglich geplant, die Position des Asteroiden des mittleren Hauptgürtels in der vorhergehenden Nacht zu zeigen. Die Wetterbedingungen ließen dabei eine tägliche Aktualisierung der Zeichnung zu.
Damit wurde für etwa 25 Personen ein Vergleich des visuellen Eindrucks im 6-zölligen Newton (f/7) mit der Zeichnung im Rotlicht und damit die tatsächliche Bewegung des Objekts nachvollziehbar. Die Beobachtung eines solchen Körpers stieß mit den erwähnten Hintergrundinformationen doch auf relativ großes Interesse. Die Nachführung geschah durch manuelles Drehen der Stundenachse in Absprache mit dem Beobachter. Die Grenzhelligkeit der Zeichnung ist etwa 11,5 mag, die Grenzhelligkeit des Himmels lag bei 5,8 mag. Zusammenfassend war es für alle Beteiligten inklusive mir ein großartiges Erlebnis.
Literaturhinweise und Weblinks: [1] MPEC 2017-O52:
www.minorplanetcenter.net/mpec/ K17/K17O52.html
[2] Rheinische Post: www.rp-online.de/panorama/ wissen/weltraum/asteroidschrammt-knapp-an-der-erdevorbei-drei-tage-spaeter-entdecktaid-1.6977030
[3] Meteor von Tscheljabinsk: https:// de.wikipedia.org/wiki/Meteor_von_ Tscheljabinsk
[4] Süddeutsche Zeitung: www.sueddeutsche.de/news/ wissen/wissenschaft-asteroid2012-tc4-fliegt-knapp-an-dererde-vorbei-dpa.urn-newsml-dpacom-20090101-171006-99-341077
[5] The Guardian: www.theguardian. com/science/2015/oct/28/spookythe-asteroid-due-to-give-earth-ahalloween-fright
Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann, Manfred Simon und Wolfgang Ries
Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiterbewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.
Wolfgang Bodenmüller ist heute, nach der letzten Winterausgabe [1], mit seinem zweiten Bild in den kosmischen Be
gegnungen vertreten. Er schickte mir seine Aufnahme mit der Bemerkung ,,Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen", getreu Murphys Gesetz. Ich fand die Hintergründe der Geschichte so gut, dass ich ihn bat, das Bild in einer Frühlingsausgabe verwenden zu dürfen. Dem stimmte er dankenswerterweise gerne zu.
Diese Nacht wird Wolfgang so schnell nicht vergessen. Er fotografierte im Mai 2008 auf der Rooisand Desert Ranch in Namibia. Das Equipment bestand aus einem Zeiss-APQ-150 mm/1.200 mm-Refraktor auf einer GTO-1200-Montierung von Astrophysics. Die Ausrüstung funk
tionierte tadellos, bis er auf die Sombrero-Galaxie M 104 schwenkte. Routiniert wurde ein Leitstern eingestellt und mit dem Photonensammeln begonnen. Doch plötzlich fing die Nachführung an zu ,,spinnen". Die Montierung schien ständig wegzudriften. Nach vier Einzelaufnahmen brach Wolfgang entnervt ab und fuhr testweise ein anderes Objekt an. Hier funktionierte die Nachführung wieder problemlos und die Montierung lief wieder wie am Schnürchen. Auch bei den nachfolgenden Objekten gab es keine Probleme mehr.
Ausgewählte kosmische Begegnungen im 2. Quartal 2018
Datum Uhrzeit
Kleinkörper
mag
09.04.2018 24:00 (1558) Jarnefelt
15,4
19.04.2018 22:00 (22) Kalliope
11,1
06.05.2018 24:00 (415) Palatia
14,3
09.05.2018 22:00 (3800) Karayusuf
15,4
05.06.2018 23:00 (1127) Mimi
16,0
10.06.2018 24:00 (3131) Mason-Dixon 16,0
Objekt
Art
M 84/86
Gx
NGC 4754/62
Gx
NGC 5496
Gx
NGC 5951/53/54 Gx
M 5
GC
M 80
GC
mag 9,2 / 8,9 10,5 / 10,1 12,2 12,9 / 12,0 / 12,2 5,7 7,3
Abstand 6' / 10' 2' / 7' 2' 8' / 12' 1' 4'
Abkürzungen: Gx = Galaxie, GC = Kugelsternhaufen
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Kleine Planeten
1 Die Galaxie M 104 und der Kleinplanet (7) Iris, fotografiert von Wolfgang Bodenmüller mit sechszölligem Refraktor (f/8) und einer
ALccd6c-Kamera in Namibia.
Später fand Wolfgang die Ursache für das merkwürdige Verhalten während der M104-Aufnahmen heraus. In seinem Planetariumsprogramm entdeckte er, dass er zufällig den Kleinplaneten (7) Iris als Leitstern eingestellt hatte. Seither lässt er sich dort immer die aktuellen Asteroiden anzeigen. Ich finde, das sollten alle Astrofotografen machen. Auch wenn es sehr unwahrscheinlich ist, dass man einen hellen Kleinplaneten als Leitstern erwischt, kann es doch passieren. Außerdem fällt so dem einen oder anderen vielleicht eine kosmische Begegnung auf, die er uns zur Verfügung stellen kann.
Der Vollständigkeit halber hier die Daten der allseits bekannten Galaxie. Sie ist 8,3 mag hell und ca. 30 Mio. Lichtjahre von uns entfernt. Ihre scheinbare Ausdehnung am Himmel beträgt ca. 8x5 Bogenminuten.
Der Kleinplanet (7) Iris wurde 1847 von dem britischen Astronomen John Russell Hind entdeckt. Benannt wurde er nach einer griechischen Götterbotin. Der Asteroid ist ca. 200 km groß und braucht drei Jahre und 250 Tage für die Umrundung der Sonne. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war (7) Iris 10 mag hell und mit ca. 0,4 Bogensekunden pro Minute am Himmel
VdS-Journal Nr. 65
unterwegs. Das reichte aus, um bei der Nachführung als Drift aufzufallen, aber bei den verwendeten 5 Minuten pro Einzelbelichtung blieben die Sterne noch annähernd punktförmig und Wolfgang konnte aus den Einzelbildern diese tolle Aufnahme [2] erstellen. Hätte er 10 oder gar 15 Minuten pro Bild belichtet, wären die Sterne schon länglich geworden.
Kosmische Begegnungen finden täglich statt. Die Tabelle auf Seite 81 enthält eine kleine Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und DeepSky-Objekten, die von uns erstellt wurde. Damit soll Ihnen Ihr Weg zum persönlichen Bild einer kosmischen Begegnung erleichtert werden.
Eine Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren, finden Sie auf der Homepage von Klaus Hohmann unter: http://astro fotografie.hohmann-edv.de/aufnahmen/ kosmische.begegnungen.php. Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit, verschiedene Parameter wie die Helligkeit des Deep-Sky-Objektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selbst auszuwäh
len, um eine passende Konjunktion für sich zu finden.
Wir möchten Sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS bitten, Ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals für Astronomie mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die Bilder per Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an ries@sternwarte-altschwendt. at. Bitte vergessen Sie nicht das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.
Literaturhinweise und Weblinks: [1] K. Hohmann, W. Ries, 2017: ,,Kos-
mische Begegnungen", VdS-Journal für Astronomie 63 (IV-2017), S. 77 [2] Homepage: http://www.sternwartesingen.de/vss-foto-galerie---deepsky-1/m104---ngc4594---sombrero-galaxie/index.php
Kleine Planeten
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Die 100. Frankfurter KleinplanetenEntdeckung
von Erwin Schwab
Im Jahr 2006 wurde an der Hans-Ludwig-Neumann-Sternwarte des Physikalischen Vereins am Standort TaunusObservatorium mit der astrometrischen Vermessung von Kleinplaneten begonnen. 10 Jahre später wurde die 100. Kleinplaneten-Entdeckung offiziell anerkannt.
Um Positionsmessungen von Himmelskörpern der Wissenschaft zur Berechnung aktueller Bahnen von Kleinplaneten, Kometen und natürlichen Satelliten zur Verfügung stellen zu können, ist es zunächst nötig, einen so genannten Observatory Code der Internationalen Astronomischen Union (IAU) zu erlangen. Mit diesem ,,Gütezeichen" ist man berechtigt, Positionsmessungen an die zentrale Sammelstelle, das Minor Planet Center (MPC) in den USA, zu schicken. Unsere im Juni 2006 am 0,6-MeterCassegrain mit der CCD-Kamera SBIG STL 11000M durchgeführten Messungen erfüllten die geforderte Qualität, woraufhin die Taunus-Sternwarte den IAUObservatory-Code B01 [1, 2] bekam.
Genau 182 Jahre nach der Gründung des Physikalischen Vereins ist uns am 27.11.2006 die Entdeckung eines Kleinplaneten gelungen [3]. Am 26.9.2010 bekam dieser Fund den Namen Neeffisis, eine Kombination aus Christian Ernst Neeff und der Göttin Isis. Christian Ernst Neeff war Mitgründer des Physikalischen Vereins und dessen Vorsitzender. Der Verein trägt in seinem Logo die Göttin Isis. Neeffisis war jedoch nicht der Erste, der einen Namen erhalten hatte. Eine unserer späteren Entdeckungen, vom 15.9.2007 mit der Nummer (204852), bekam bereits am 9.4.2009 den Namen Frankfurt zu Ehren der Heimatstadt des Vereins.
Am 25.2.2009 gelang uns die Entdeckung eines der Erde gefährlich nahe kommenden Kleinplaneten. Das Objekt 2009 DM45 war die fünfte Entdeckung eines so genannten ,,Potentially Hazardous Asteroid" (PHA), die eine deutsche Sternwarte für sich verbuchen konnte,
1 Diagramm mit der Anzahl der Positionsmessungen von Kleinplaneten am
Taunus-Observatorium pro Beobachtungsjahr. Bildautor: Gerhard Lehmann
und es ist seitdem auch die letzte von deutschem Boden [4]. Die anderen Funde am Taunus-Observatorium gehören fast alle zum Asteroiden-Hauptgürtel. Einer gehört zur Gruppe der Marsbahnkreuzer, ein anderer ist vom Hungaria-Typ. Vier Entdeckungen sind Jupiter-Trojaner, welche mit 5 bis 13 Kilometer Durchmesser auch unsere größten Funde sind. Die vier Kleinplaneten-Entdecker der Taunus-Sternwarte, Stefan Karge, Rainer Kling, Erwin Schwab und Ute Zimmer, übermittelten 15.396 Positionsmessungen an das Minor Planet Center vom 6.6.2006 bis zum 6.9.2013. Die Verteilung auf die einzelnen Jahre ist im Diagramm dargestellt (Abb. 1). Des Weiteren wird die Verteilung der Messungen auf die Helligkeitsklassen gezeigt (Abb. 2) [5].
Nach dem Jahr 2011 nahm nicht nur auf der Taunus-Sternwarte die Anzahl der Kleinplaneten-Positionsmessungen stark ab, sondern bei fast allen Amateurastronomen weltweit. Dies lag daran, dass mit Pan-STARRS 1 und Pan-STARRS 2 (Survey-Modus seit 2011 und 2015) sowie dem Space Surveillance Telescope (Survey-Modus seit 2014) drei weitere sehr effiziente Himmelsdurchmusterungen an den Start gingen, die seitdem den Amateurastronomen die Entdeckungen vor der Nase wegschnappen.
Im Jahr 2015 haben die vier größten Surveys zusammen rund 16 Millionen Positionsmessungen von Kleinplaneten generiert, die bis zur 22. Magnitude reichen [6]. Außerdem wurde im Oktober 2010 die Regel zur Vergabe des Entdeckungs-Credits verändert [7]. Die neue Entdeckungs-Credit-Regel begünstigt die Suchstrategie der professionellen Himmelsdurchmusterungen, was die Motivation der Amateure zusätzlich dämpfte. Ab 2012 hat die Taunus-Sternwarte keine vorläufige Entdeckungsbestätigung (Designation) mehr erhalten. Weltweit ging der Anteil an Amateurentdeckungen von 5,3 % im Jahr 2009 auf 0,6 % im Jahr 2015 zurück [8].
Zum Zeitpunkt der Entdeckung bekommt der Entdecker seinen Fund noch nicht endgültig zugesprochen, sondern erhält zunächst eine vorläufige Entdeckungsbestätigung (Designation). Viele Objekte werden mehrmals ,,entdeckt" und bekommen somit mehrere Designations, bis die sogenannten Identitäten gefunden werden. Hat die berechnete Bahn aufgrund vieler Messungen eine hohe Genauigkeit erreicht, bekommt der Kleinplanet seine finale Nummerierung, der endgültige Entdecker wird definiert und darf einen Namensvorschlag einreichen. In extremen Fällen kann es mehrere Jahrzehnte dauern, bis der Entdecker ernannt wird.
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Kleine Planeten
2 Diagramm mit der Anzahl der Positionsmessungen von Kleinplaneten am
Taunus-Observatorium verteilt auf die Helligkeitsklassen (Magnitude). Bildautor: Gerhard Lehmann
Die Designations für die Taunus-Sternwarte stammen aus der Zeit von 2006 bis 2011. Selbst wenn uns keine neuen Funde mehr gelingen sollten, so werden uns auch weiterhin einige der bereits vorhandenen Designations im Laufe der nächsten Jahre endgültig als Entdeckung zugesprochen werden. Jedoch ist seit der Einführung der neuen EntdeckungsCredit-Regel das Verhältnis zwischen den vorläufigen Entdeckungsbestätigungen, die man erhalten hat, und der Funde, die letztendlich als Entdeckung anerkannt werden, extrem ungünstig geworden. Nur ca. 5 % der Designations werden dem Entdecker, der diese Designation innehatte, dann auch endgültig als seine Entdeckung zugesprochen. Allerdings gilt dies für die Hauptgürtel-Objekte, bei NEOs sieht dieses Verhältnis wesentlich besser aus [9].
Mit der Nummerierung des Kleinplaneten (477338) 2009 UE3, sieben Jahre nach dessen Erstsichtung, wurde am 14.11.2016 dem Taunus-Observatorium die 100. Entdeckung offiziell zuerkannt. Das Taunus-Observatorium ist somit die erste von einem Verein betriebene Sternwarte in Deutschland, welche die 100erMarke geknackt hat!
Deutschlandweit erfolgreicher waren bisher die Berufssternwarte HeidelbergKönigstuhl mit 825 Entdeckungen, Wolf Bickel auf seiner Privatsternwarte in der Nähe von Bergisch Gladbach mit respektablen 649 Entdeckungen sowie die professionellen Observatorien Tautenburg
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mit 541 und Hamburg-Bergedorf mit 104 Funden [10]. Von den über 2.000 Observatorien, die beim Minor Planet Center (MPC) als Kleinplaneten-AstrometrieSternwarten anerkannt sind [11], belegt das Taunus-Observatorium bezüglich der Entdeckungsrate weltweit den 93. Platz [12].
Von unseren Funden haben bisher 29 kleine Planeten einen Namen erhalten. Mitglieder bzw. Mitarbeiter sowie Gönner des Physikalischen Vereins haben wir durch die Namensgebung folgender Kleinplaneten geehrt. Beispielhaft sind dies (224831) Neeffisis, (189398) Soemmerring, (243109) Hansludwig, (251595) Rudolfböttger, (207687) Senckenberg, (225250) Georgfranziska und (241136) Sandstede.
Nach Städten benannt wurden (204852) Frankfurt, (243440) Colonia, (256813) Marburg, (295565) Hannover, (266711) Tuttlingen, (281140) Trier, (207763) Oberursel und (367436) Siena. Die Kleinplaneten (293809) Zugspitze und (293909) Matterhorn erhielten die Namen von Bergen aus dem Alpenraum.
Der in Frankfurt geborene Nobelpreisträger Gerd Binnig durfte sich über (216390) Binnig freuen. Die Kleinplaneten (192220) Oicles und (221917) Opites sind zwei von unseren vier Jupiter-Trojanern. Unser Marsbahnkreuzer erhielt den Namen des Bösewichtes aus ,,Der Herr der Ringe" (378214) Sauron. Die weibliche Hauptfigur aus dem Roman
,,Die Zeitmaschine" ist mit dem Kleinplaneten (283142) Weena verewigt. Wer von der satirischen deutschen ScienceFiction-Serie ,,Ijon Tichy: Raumpilot" begeistert ist, dürfte sich über die Benennung der Kleinplaneten (343000) Ijontichy und (343444) Halluzinelle freuen. Zu kurz kamen auch nicht die Freunde der Star-Wars-Episoden mit unseren Benennungen (278141) Tatooine, der Wüstenplanet, und (274020) Skywalker. Letzterer löste den größten Presserummel aus und schaffte es sogar bis in die Fernsehnachrichten, siehe Bildschirmfoto der TV-Übertragung (Abb. 3).
Aus der Zeit von 1913-1939, als der Physikalische Verein das professionelle Frankfurter Planeten-Institut betrieb, seien noch drei historische Namensgebungen zu erwähnen, nämlich (728) Leonisis, (761) Brendelia und (1487) Boda. Diese wurden jedoch nicht auf der Sternwarte des Physikalischen Vereins entdeckt, sondern auf der Universitätssternwarte Wien und der Landessternwarte Heidelberg. Zudem wurden im Zuge unserer aktuellen Aktivitäten die vier folgenden Kleinplaneten nach Mitgliedern des Physikalischen Vereins benannt: (185638) Erwinschwab und (185639) Rainerkling, entdeckt am spanischen Observatorio de la Sagra, sowie (378917) Stefankarge und (379155) Volkerheinrich, entdeckt am Tzec Maun Observatory in den USA. Seit der Auffindung des kleinen Planeten Ceres im Jahr 1801 durch Giuseppe Piazzi hat sich global die Anzahl der Astronomen, die Kleinplaneten entdeckt haben, bis heute auf über 1.000 summiert. Ebenso wie die Namen der Kleinplaneten sind auch deren Entdecker im Standardwerk ,,Dictionary of Minor Planet Names" aufgelistet. In der letzten Ausgabe befinden sich unter den weltweit erfolgreichsten 250 Entdeckern auch die KleinplanetenJäger des Physikalischen Vereins. Erwin Schwab ist mit 78 Entdeckungen auf Rang 94, Rainer Kling mit 74 Funden auf Platz 98, Stefan Karge belegt Rang 143 mit 47 Entdeckungen und Ute Zimmer ist mit ihren 19 Funden auf dem 230. Platz [13].
Nach rund 10 Jahren eine beeindruckende Bilanz, die sich niemand hätte zu träumen wagen, als das KleinplanetenProjekt auf der Taunus-Sternwarte begonnen wurde.
Kleine Planeten
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Literaturhinweise und Weblinks: [1] E. Schwab und R. Kling, 2006:
,,Astrometrische Messungen an Kleinplaneten zur Beantragung eines Observatory Codes der Internationalen Astronomischen Union für die Taunus-Sternwarte", vorgelegt bei der Mitgliederversammlung 2006 [2] Minor Planet Circular 57067, 2006 July 11, www.minorplanetcenter. net/iau/ECS/MPCArchive/2006/ MPC_20060711.pdf [3] E. Schwab und R. Kling, 2007: ,,Die erste Asteroiden-Entdeckung der Taunus-Sternwarte", VdS-Journal für Astronomie 23 (II-2007), S. 101 [4] R. Kling, E. Schwab, U. Zimmer, 2009: ,,Die Entdeckung des erdnahen Asteroiden 2009 DM45", VdS-Journal für Astronomie 31 (IV/2009), S. 101 [5] G. Lehmann, Fachgruppenleiter der Vereinigung der Sternfreunde e.V.: ,,Kleinplanetenseite", www. kleinplanetenseite.de/Statistik_mpl/ B01/B01.htm [6] MPC-Statistik: www.minorplanet
3 Kleinplanet (274020) Skywalker in den TV-Nachrichten am 9.8.2015.
Bildautor: Erwin Schwab
center.net/iau/special/residuals.txt [7] Minor Planet Electronic Circular
2010-U20 EDITORIAL NOTICE, 2010 Oct. 19, www.minorplanet center.net/mpec/K10/K10U20.html [8] MPC-Statistik: ,,Break down of amateur discoveries", www.minor planetcenter.net/iau/special/ AmateurDiscoveries.txt [9] E. Schwab, 2013: ,,Auswirkungen der neuen EntdeckungskreditRegel", Vortrag zur Kleinplanetentagung in Falera [10] E. Schwab, 2016: ,,KleinplanetenEntdeckungen in Deutschland",
Neopubli Verlag, Mai 2016, ISBN 978-3741809156 [11] List Of Observatory Codes: www. minorplanetcenter.net/iau/lists/ ObsCodesF.html [12] L. D. Schmadel, 2015: ,,Dictionary of Minor Planet Names - Addendum to 6th Edition", Mai 2015, Springer Verlag, ISBN 978-3-31917676-5, S. 273 [13] L. D. Schmadel, 2015: ,,Dictionary of Minor Planet Names - Addendum to 6th Edition", Mai 2015, Springer Verlag, ISBN 978-3-31917676-5, S. 262-263
Kleinplanetentagung 2017 in Leiden (Niederlande)
von Andre Knöfel
Bereits zum zwanzigsten Mal fand die Tagung der VdS-Fachgruppe ,,Kleine Planeten" statt. Zu diesem Jubiläum lud die KNVWS, die Königliche Niederländische Vereinigung für Meteorologie und Astronomie vom 10. bis 11. Juni 2017 in die Sternwarte Leiden nach Süd-Holland ein. Die Sternwarte und ihre Mitarbeiter haben sich in ihrer Geschichte viel mit der Beobachtung von Asteroiden beschäftigt. Am bekanntesten dürfte der Palomar-Leiden-Survey zwischen 1960 und 1977 sein, bei dem auf der Leidener Seite Ingrid van Houten-Groeneveld und Cornelis Johannes van Houten maßgeblich beteiligt waren. Bereits am Vorabend der Tagung trafen sich die meisten Teilnehmer in einem Hotel in Leiden zu einem gemeinsamen Abendessen und einem ausgiebigen Erfahrungsaustausch.
Harrie Rutten und Nick de Kort begrüßten am Samstag die 30 Teilnehmer der
1 Sternwarte Leiden in Süd-Holland. Bildautor: Axel Martin
Tagung aus den Niederlanden, Österreich und Deutschland im Vortragsraum der Leidener Sternwarte. Traditionell beleuchtete der Vorsitzende der Fachgruppe, Gerhard Lehmann, im ersten Vortrag die Entwicklung der Fachgruppe und zeigte Grafiken und Statistiken über die Beobachtungstätigkeit der Fachgruppen
mitglieder. Ihm folgte Mike Kretlow, der in seinem Vortrag über die Beobachtung einer Sternbedeckung durch den Asteroiden (10199) Chariklo, dem größten Asteroiden der Centauren-Gruppe, berichtete. Schon bei vorhergehenden Beobachtungen konnte festgestellt werden, dass der Asteroid von einem Ringsystem umge
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2 Teilnehmer an der 20. Kleinplanetentagung, zu Gast in der Sternwarte Leiden in Süd-Holland. Bildautor: Mike Kretlow
ben ist. Im April 2017 kam es wieder zu einer Sternbedeckung. Dabei führte die Schattenlinie über das südliche Afrika. In Namibia wurde an mehreren Stationen dieses Ereignis beobachtet, und der Ring konnte dabei eindeutig nachgewiesen werden.
Peter Lindner stellte seine Sternwarte vor. Auch er beschäftigt sich neben der Astrometrie von Kleinplaneten mit der Beobachtung von Sternbedeckungen durch Asteroiden. Hierbei zeigte er, dass auch negative Beobachtungen, also Beobachtungen, bei denen keine Bedeckung beobachtet werden konnten, wichtig für die globale Auswertung des Ereignisses sind und unbedingt gemeldet werden sollten. Wim Nobel erläuterte im folgenden Vortrag den Anwesenden die Geschichte der Leidener Sternwarte, beginnend mit der Gründung 1633 als Observatorium der Universität Leiden (und damit die älteste Universitätssternwarte der Welt) über den Neubau des Gebäudes im Jahre 1861 nach Vorbild der Sternwarte in Pulkovo bis in die heutige Zeit. Im Anschluss hatten die Tagungsteilnehmer die Möglichkeit, die Sternwarte zu besichtigen.
Rudolf Le Poole stellte nach der Mittagspause das Projekt ,,Black Gem/MeerLICHT" vor, ein Array von Teleskopen, die im optischen Bereich die Quellen von Schwerewellen nachweisen sollen. Das System wurde in den Niederlanden entwickelt und wird in Südafrika betrieben werden. Carolin Liefke berichtete von den Plänen, den historischen Obs-Code 024 Heidelberg-Königstuhl, der vor allem durch die Beobachtungen von Wolf und Reinmuth bekannt wurde, wiederzubeleben. Geplant ist, ein Teleskop der
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Sternwarte so zu modifizieren, dass die Steuerungen von Teleskop, Montierung und Kuppel automatisch erfolgen.
Unter den Namen NEODECS stellte Detlef Koschny ein Projekt vor, verschiedene Quellen von Datensätzen zu erdnahen Asteroiden, z. B. Lichtkurven, unter einer Oberfläche zusammenzuführen, um diese Daten besser austauschen zu können, Beobachtungsanfragen und -angebote zu koordinieren und Rechenleistung zu verteilen. Dabei sollen an diesem Projekt auch Amateure mitwirken. Werner Hasubick zeigte in seinem Vortrag seinen Werdegang in Sachen Kometenbeobachtungen. Dabei verwies er auf häufige Probleme bei der Astrometrie von Kometen und zeigte auch an Beispielen, wie man diese umgehen kann. Sven Anderson stellte kurz das Forum der VdS vor, in dem auch ein Bereich für die Fachgruppe Kleine Planeten zur Verfügung steht und genutzt werden sollte. Ihm folgte Joachim Ekrutt, bekannt durch sein Buch ,,Die Kleinen Planeten. Planetoide und ihre Entdeckungsgeschichte", das einige der Anwesenden zur Asteroidenbeobachtung inspirierte. Er berichtete von seinen Bemühungen, ,,seinen" Asteroiden (24713) Ekkrut, der von L. Schmadel und F. Börngen benannt wurde, selbst aufzusuchen. Dazu verwendete er das Instrumentarium der VdS-Sternwarte in Kirchheim. Den letzten Vortrag des Tages bestritt Martin Metzendorf, der von seinem Flug mit dem fliegenden Teleskop SOFIA berichtete. Vor allem bei den anwesenden Lehrern stieß er dabei auf großes Interesse, da diese sich für einen solchen Flug bewerben können. Der Tag klang mit einem gemeinsamen Essen aus.
Den sonntäglichen Vortragsreigen begann Gerhard Lehmann, der über die Beobachtungen an der Drebacher Sternwarte berichtete. Dabei legte er Augenmerk auf die Objekte der NEOCP, die bei den nächtlichen Beobachtungsaktionen aufgesucht wurden. Henk de Groot berichtete über seine Arbeit zur Fotometrie von Asteroiden. In seinem sehr informativen Vortrag zeigte er, wie die Bestimmung der Rotationszeiten von Kleinplaneten durch neue und genauere Beobachtungen verbessert werden kann. Spannend auch der Nachweis einer ,,Finsternis" durch den Begleiter von (22) Kalliope, Linus.
Dr. Adrian Raap stellte die Biografie von Karl Schwarzschild vor und berichtete von Schwarzschilds Arbeit in Göttingen. Martin Metzendorf zeigte an Beispielen, wie man Schülergruppen animieren kann, eigene Asteroidenbeobachtungen durchzuführen und die eigenen Beobachtungsergebnisse auszuwerten. Den Schluss der Tagung bestritt Andre Knöfel, der über eine Expedition zur Suche von Meteoriten in der Hammada in Marokko berichtete und auch die Chancen darstellte, in der lebensfeindlichen Sahara ,,Asteroiden zum Anfassen" aufzufinden. Nach zwei ausgefüllten Vortragstagen ging das Treffen der Kleinplanetenbeobachter zu Ende. In der abschließenden Runde wurde den niederländischen Sternfreunden, die diese Tagung hervorragend organisierten, gedankt. Nun hoffen alle auf ein Wiedersehen zur nächsten Kleinplanetentagung vom 2. bis 3. Juni 2018 bei den Sternfreunden der Starkenburg-Sternwarte in Heppenheim.
Kometen
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Auffallende Kometen des dritten Quartals 2017
von Uwe Pilz
Die Überraschung des dritten Quartals 2017 war der Komet ASASSN. Er wurde am 19. Juni von einem Dienst [1] entdeckt, der eigentlich auf die Suche von Supernovae ausgerichtet ist. Offenbar hatte der Komet Mitte des Monats einen Ausbruch, sonst wäre er sicherlich schon von anderen Beobachtern gesehen worden. Ich finde es immer faszinierend, einen Kometen kurz nach der Entdeckung selbst zu sehen: Mir gelang das am 30. Juni mit einem 7-cm-Fernglas und Breitband-Nebelfiltern. Der tief am Horizont stehende Komet war inzwischen 10,5 mag hell. Im Laufe des Sommers und des Frühherbstes wurde er zunehmend heller und erreichte etwa die 8. Größe. Diese Angabe täuscht über die Schwierigkeiten der Beobachtung hinweg: Die 15 Bogenminuten große Nebelwolke war stets eine Herausforderung für die visuellen Beobachter. Der gasreiche Komet konnte hingegen recht einfach fotografiert werden und ist mit zahlreichen Aufnahmen in unserem Bildarchiv vertreten (Abb. 1).
1 C/2017 O1 (ASASSN), 30.09.2017, 23:50 UT, Canon-EOS-Kamera, Objektiv 105 mm
(f/4,5), 75 min belichtet mit ISO 1600 ASA (Bildautor: Robert Hilgendorf)
Die Auswirkungen des Helligkeitsausbruches von C/2015 ER61 (PANSTARRS) vom April sind im dritten Quartal nicht mehr wahrnehmbar. Die Helligkeit des Kometen nahm im Sommer rasch ab: Im Juli waren es noch 10,5 mag. Als im September die Nächte wieder länger wurden, blieb nur ein unscheinbares Nebelchen von 12 mag übrig. Entsprechend wenig wurde der Komet visuell beobachtet. Der Komet zog seine Bahn während des gesamten Quartals in der Nähe der Plejaden. Hiervon zeugt die sehenswerte Aufnahme von David Bender (Abb. 2).
Der Komet 29P/Schwassmann-Wachmann bewegt sich auf einer fast kreisförmigen Bahn um die Sonne und dies auch noch außerhalb der Eisgrenze. Er neigt zu Ausbrüchen, deren Mechanismus nicht völlig geklärt ist. In der Zeit zwischen dem 26. Juni und 10. Juli wurde eine Folge von solchen Ausbrüchen beobachtet, welche den Kometen von 16 mag auf etwa 13 mag aktivierten. Die Messungen wurden elektronisch ausgeführt, visuell erreichte Schwassmann-
2 C/2015 ER61 (PANSTARRS), 20.08.2017, 01:02 UT, Instrument: 8-Zoll-Astrograf (f/2,8),
CCD-Kamera FLI-ML8300, 10 min belichtet (Bildautor: David Bender)
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Meteore
Wachmann sogar 11,5 mag. Obwohl der Komet im Steinbock recht südlich steht, konnte der Ausbruch gut beobachtet und fotografiert werden. Das Bild von Michael Jäger zeigt einen Jet, der ein Hinweis auf das Ausbruchsgeschehen ist (Abb. 3). Der Komet ist stets gasreich, visuell wirkt ein Swan-Band-Kometenfilter gut.
Weblink: [1] All-Sky Automated Survey for
Supernovae: www.astronomy.ohiostate.edu/~assassin/index.shtml
3 29P/Schwassmann-Wachmann, 14.08.2017, 22:32 UT, Instru-
ment: 12-Zoll-Newton (f/4), Kamera: Moravian G3-16200-SW, 24 min belichtet (Bildautor: Michael Jäger)
Synchronschall - selbst beobachtet
von Uwe Pilz
Am 16. Dezember 2016 ging ich abends mit meiner Frau spazieren. Wir waren kaum aus dem Haus, als eine Feuerkugel von etwa Venushelligkeit flach parallel zum Osthorizont zog: Das war 18:22 UT. Die Erscheinung währte recht lange, ich konnte meine Frau darauf hinweisen und sie hat es auch noch einige Sekunden gesehen. Während dieser Erscheinung hörten wir beide eine Art Fauchen oder Zischen, ähnlich dem Fluggeräusch einer Silvester-Rakete. Ich brach den Spaziergang sofort ab, ging nach Hause und machte Notizen - ehe die Erinnerung Zeit hatte, sich zu verändern. Im Nachhinein ermittelte ich die genaue Uhrzeit. Ich habe eine Meldung beim Feuerkugelnetzwerk der IMO eingestellt, das Ereignis hat dort die Nummer 5194-2016.
Die Bahn der Feuerkugel begann nahe Beteigeuze und endete im Kopf der Zwillinge. Es gab mehrmaliges Aufflammen, die Helligkeit ging zwischendrin etwas zurück, war aber stets von negativer Magnitude. Am Ende gab es kein Aufflammen, eher ein Verlöschen. Dauer 5-7 Sekunden: Ich hatte Zeit, meine Frau darauf aufmerksam zu machen und sie sah noch das meiste. Sie bestätigt auch den Synchronschall (habe ich zum ersten Mal gehört). Ich sah das Aufleuchten, also den Beginn der Erscheinung: sofort hell, sofort waagerecht und sofort in großer Höhe. Die hellste Struktur war am Anfang, wie ein langgezogener Tropfen. Die Feuerkugel ließ glühende Teilchen hinter
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1 Aufnahme der Feuerkugel 5194-2016 durch die All-Sky-Cam der Adolph-Diesterweg-
Sternwarte in Radebeul
sich zurück, es gab aber keinen Zerfall im engeren Sinn. Ich habe sofort eine Skizze angefertigt. Im Netzwerk verzeichnet sind drei weitere Sichtungen [1], aber keine weitere mit Synchronschall. Auch im Forum des Arbeitskreises Meteore sind mehrere Berichte verzeichnet [2], wiederum keine weitere Synchronschallbeobachtung. Die Feuerkugel wurde
von mehreren fotografisch arbeitenden Stationen aufgenommen, so auch von Radebeul (Abb. 1). Pavel Spurný vom Astronomischen Institut der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik konnte aus den Fotografien eine Flugbahn berechnen: Der Körper überstrich den Südteil der deutsch-polnischen Grenze bis kurz vor Frankfurt
Meteore
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(Oder) in einer Höhe zwischen 82 und 37 Kilometern. Als Herkunft wurde der Asteroidengürtel angegeben [3].
Aufgrund dieser Beobachtung habe ich mich mit den Theorien des Synchronschalls auseinandergesetzt. Eine Zusammenstellung von Arbeiten zum Synchronschall ist von Colin Keay gegeben worden [4]. Von den Erklärungsversuchen möchte ich diejenige, welche mir am plausibelsten erscheint, hier darstellen.
Feuerkugeln werden von Objekten mit einer Größe zwischen einigen Zentimetern und mehreren Metern verursacht, wobei Letztere eher dem Typ Tscheljabinsk-Ereignis zuzuordnen sind. Da sie mit Geschwindigkeiten zwischen 10 und 70 km/s in die Erdatmosphäre eintreten, setzen sie während ihres kurzen Fluges Leistungen im Giga- bis Terawatt-Bereich frei. Beispiel: Wenn ein Eisenmeteorit mit einem Meter Durchmesser die Erde mit einer Geschwindigkeit von 30 km/s trifft, dann enthält dieser eine kinetische Energie von 1,8 TJ. Wenn diese Energie in 10 Sekunden abgegeben wird, dann beträgt die durchschnittliche Leistung 180 GW. Bei sehr großen Feuerkugeln wird so die Leistung der gesamten in Deutschland installierten Kraftwerkskapazität [5] freigesetzt.
Das Gas in der Umgebung der Feuerkugel wird auf mehrere Tausend Grad erhitzt und erreicht den Plasmazustand, es ist also elektrisch leitfähig. Diese leitenden Wirbel bewegen sich im Magnetfeld der Erde und erzeugen damit eine elektromagnetische Strahlung. Ich habe hierzu Simulationsrechnungen durchgeführt. Das Bild zeigt einen als kugelförmig angenommenen Boliden von 1 Meter Durchmesser, welcher mit einer Geschwindigkeit von 20 km/s in die dünne Hochatmosphäre der Erde eintritt (Abb. 2). Das Luftvolumen um den Körper herum wird nicht nur erhitzt (was nicht Bestandteil der Simulation ist), sondern auch stark verwirbelt. Nach einer Theorie von Colin Keay [6] können diese Wirbel dazu führen, dass die Feldlinien des Erdmagnetfelds in diesem Plasma eingefangen werden und danach selbst stark verwirbeln: Dies erhöht die magnetische Feldstärke. Er spricht von ,,magnetischen Spaghetti" und beschreibt damit einen Effekt, der auch auf der Sonne beobachtet wird und wegen der großen
2 Numerische Simulation des Eintritts eines 1 Meter großen Körpers in die obere
Erdatmosphäre. Der zeitliche Abstand zwischen den Bildern beträgt 400 s. Nach 800 s ist ein neuer rotierender Wirbel an die Stelle des vorherigen gelangt. Den Wirbel erkennt man an seiner Rotation: An einer Seite ist die Geschwindigkeit gegenüber der Umgebung erhöht (rot), auf der anderen Seite verringert (blau).
Feldstärken schließlich zu magnetischen Kurzschlüssen führt, die man als Sonnenflecken beobachten kann.
Wirbel treten bei allen ,,kräftigen" Strömungen auf. Bei Fahrzeugen und Flugzeugen sind sie unerwünscht, weil sie Energieverluste bewirken. Solche Wirbel lassen sich in der Natur vor allem an Fließgewässern beobachten, wenn ein Hindernis (z. B. ein Stein) umströmt wird. Das Simulationsergebnis zeigt, dass sich bei den gewählten Strömungsverhältnissen Wirbel mit einer Frequenz von etwas über 1 kHz ablösen (Abb. 2). Diese Frequenz befindet sich im hörbaren Bereich, wobei man Radiowellen nicht direkt hören kann. Es bedarf einer Umwandlung in Schallwellen.
Es ist plausibel, dass elektromagnetische Strahlung im Megawatt-Bereich erzeugt wird, denn die Gesamtleistung liegt ja im oberen Gigawattbereich. Ein Wirkungsgrad von Bruchteilen eines Promilles ist hierfür ausreichend. Diese Radiostrahlung erreicht weitgehend ungedämpft und kaum zeitverzögert jeden Beobachter der Erscheinung. In einem Abstand von 100 km verringert sich die eintreffende Leistungsdichte (also bezogen auf eine Fläche) um den Faktor von ca. 1015: Es treffen Leistungen im Mikrowattbereich je Quadratmeter auf.
Wenn sich ein Mechanismus finden lässt, der einen kleinen Teil dieser Leistungen
in mechanische Schwingungen umwandelt, dann entstehen aus den Radiowellen mit Frequenzen im hörbaren Bereich Schallwellen. Viele kennen das 50-HzBrummen elektrischer Geräte. Dieses Geräusch ist ein Beispiel der direkten Umwandlung elektromagnetischer Energie in Schallwellen. Für die freie Natur fallen mir zwei Effekte ein, die hier beteiligt sein können: schwingende Kondensatoren und Resonanz an einer Art Antenne. Ein Kondensator besteht aus zwei leitfähigen Platten, welche durch ein Isoliermedium getrennt sind. Blätter, Grashalme, Koniferennadeln u. ä. sind wegen ihres Wassergehaltes leitfähig, die Luft zwischen ihnen wirkt als Isolator. Damit stellen sie natürliche Kondensatoren dar. Sie werden durch die elektromagnetische Strahlung aufgeladen, wobei sich die Polarität der Ladung mit der Frequenz der Radiostrahlung ändert. Gemäß dem Coulombschen Gesetz wirken zwischen den Kondensatorflächen so genannte elektromagnetische Kräfte, welche dazu führen, dass die ,,Kondensatorplatten" nicht nur elektrisch, sondern auch mechanisch schwingen. Die Schwingungen werden auf die Luft übertragen und damit eventuell hörbar.
Eine Antenne (genau: ein so genannter Viertelwellenstrahler) erfordert eine dünne leitfähige Struktur, welche einem Viertel der Wellenlänge entspricht. Diese Struktur muss sich in der Nähe eines leitfähigen Mediums befinden. Ein Beispiel
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Meteore
ist die Stabantenne eines Fahrzeugs, als leitfähiges Medium dient das Fahrzeugdach. Hörbare Töne mittlerer Frequenzen haben Wellenlängen von 1 cm bis 1 m. Viertelwellenstrahler dieses Frequenzbandes müssen also einige Millimeter bis höchstens 25 cm lang sein. Auch hier kommen Grashalme und Koniferennadeln in Betracht. Durch die Resonanzeffekte am Viertelwellenstrahler wird die elektromagnetische Feldstärke erheblich erhöht, so dass auch die akustische Wirkung verstärkt wird: Denn als Kondensatoren wirken diese Naturobjekte ebenfalls, und auf diese wirkt die verstärkte elektromagnetische Strahlung.
Insgesamt ist ein sehr geringer Wirkungsgrad von etwa 1 : 1 Million ausreichend zur Schallwahrnehmung. Aus der
Leistungsdichte der Radiostrahlung von Mikrowatt je Quadratmeter werden bei 1 : 1 Million Schall-Leistungen im Bereich von Pikowatt/Quadratmeter. Die Hörschwelle liegt bei unter einem Pikowatt/ Quadratmeter. Im Zusammenspiel zwischen natürlichen Kondensatoren und Viertelwellenstrahlern als ,,Verstärker" ist es denkbar, dass dieser Wirkungsgrad erreicht wird.
Literaturhinweise und Weblinks: [1] Feuerkugelnetzwerk der IMO:
Ereignis 5194-2016, www. amsmeteors.org/members/imo_view/ event/2016/5194 (Stand: Dezember 2016) [2] Extrem helle Feuerkugel 2016-1216 18:23 UT: AKM e.V. Forum,
http://forum.meteoros.de/viewtopic. php?f=8&t=56983 (Stand: Dezember 2016) [3] Bedeutende Feuerkugel am Abend des 16. Dezember 2016 (tschechisch): www.astro.cz/clanky/ukazy/ dalsi-vyrazny-bolid-zazaril-nadceskem-16-prosince-2016-vecer. html (Stand: Dezember 2016) [4] C. Keay, 1992: ,,Electrophonic sounds from large meteor fireballs", Meteoritics 27, p. 144-148 [5] Installierte Leistung in Deutschland: https://de.wikipedia.org/wiki/ Installierte_Leistung#Installierte_ Leistung_in_Deutschland (Stand: November 2017) [6] C. Keay, 1980: ,,Anomalous Sounds from the Entry of Meteor Fireballs", Science 210, p. 11-15
Stereoskopie eines Meteorstroms mit Echtzeit-Aufnahmen
von Antonio Schmusch und Moritz Wolf
Der folgende Artikel ist eine Zusammenfassung unserer gleichnamigen ,,Jugend forscht"-Arbeit 2017, die im Rahmen der Astronomie-AG und des Meteorcamps vom Progymnasium Rosenfeld entstand. In der Kategorie Geo- und Raumwissenschaften belegte die Arbeit den ersten Platz in Baden-Württemberg.
Die Flugbahn von helleren Meteoren ist essenziell, um mögliche Einschlagsorte von interplanetarer Materie auf der Erde zu ermitteln. Die Flugbahnen können, wie in dieser Arbeit, unter anderem durch optische Aufnahmen der Meteore bestimmt werden. Die Untersuchung des Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko durch die Rosetta-Sonde zeigte, dass die Staubpartikel im Kometenschweif aus der Entstehungszeit des Sonnensystems stammen. Dies macht die Untersuchung von Meteoren allgemein besonders interessant, da diese meist von Kometen abstammen.
In dieser Arbeit wurde der Meteorstrom der Perseiden zur Zeit des Maximums in der Nacht vom 12. auf den 13. August 2016 mit Echtzeit-Aufnahmen dokumentiert und die Flugbahnen von ausgewählten Meteoren ausgemessen. Bei kometa
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1 Diese Grafik zeigt die beiden Beobachtungsorte ,,Schachen" und ,,Zainingen", von
welchen beobachtet wurde. Deutlich wird hier das Prinzip der Parallaxe. Der Meteor ist auf dem Bild aus Zainingen vor einem anderen Sternenhintergrund zu sehen als auf dem Bild vom Schachen.
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2 Dieses Bild zeigt links die Aufnahme aus dem Ort Zainingen und rechts die vom Schachen. Das Bild wurde aus den Einzelbildern der
Videos zusammengesetzt, es entspricht einer Belichtungszeit von 1/25 s. Die Farbgebung im Bild ist natürlich. Bei den hellen Meteoren ist das markante, grüne Nachleuchten deutlich zu erkennen. (Anm. d. Red.: Der Betrachter wird gebeten zu versuchen, mit seinen Augen die beiden Bilder zur Deckung zu bringen, um ein 3D-Bild zu sehen. Leseabstand ca. Armlänge.)
ren Meteorströmen wie den Perseiden kommen sie aber nie als Meteoriten auf der Erde an, weil das Material zu fragil ist. Als Neuheit wurden die Beobachtungspunkte so gewählt, dass die Parallaxe der Meteore ca. 6 Grad betrug, wodurch 3D-Fotos und Videos der Leuchterscheinungen erstellt werden konnten. Des Weiteren ist die benutzte Kombination von hoher Auflösung und extremer Lichtempfindlichkeit bei Farbvideoaufnahmen erst seit etwa zwei Jahren möglich.
Beobachtet wurde mit der lichtempfindlichen Kamera Sony a7S II (ISO-Werte bis 409.000) von zwei Standorten auf der Schwäbischen Alb mit 15 km Abstand (s. Abb. 1). Die beiden Kameras wurden auf denselben Himmelsausschnitt anhand ausgewählter Fixsterne justiert, um möglichst viele Meteore mit beiden Kameras nachzuweisen. Wichtig war außerdem, dass sowohl das gleiche Objektiv (Zeiss 35 mm, f/1,4) als auch dieselben Einstellungswerte verwendet wurden, damit die Aufnahmen später verglichen werden konnten. Ein weiterer wichtiger Punkt war die zeitliche Synchronisierung der Kameras. Diese war mit der internen Kamerauhr nur auf die Sekunde genau möglich. In dem sechsstündigen Videomaterial wurden so pro Standort ca. 300 Leuchterscheinungen aufgezeichnet.
Für die Berechnung der Flugbahnen wurden die Azimut- und Elevationswinkel jeweils vom Anfangs- und Endpunkt des Meteors im Video verwendet. Diese Winkel wurden dem Programm UFO-Analyzer entnommen, in welches die Videodaten eingelesen wurden. Mit rechnerischer
Triangulation wurden so aus den Winkeln die Flugbahnen von neun ausgewählten Meteoren rekonstruiert. Die Anfangspunkte dieser Meteore erschienen in einer Höhe zwischen 136 und 103 km und die Endpunkte lagen zwischen 99 bis 78 km über dem Erdboden. Die Länge der Leuchterscheinung variierte zwischen 32 und 72 km. Durch die Echtzeit-Aufnahmen konnten auch geozentrische Geschwindigkeiten zwischen 38 km/s und 97 km/s bestimmt werden. Die aus unseren Aufnahmen erstellten 3D-Fotos der Meteore können mit einer VR-Brille oder auf einem 3D-Monitor betrachtet werden (s. Abb. 2). Der Betrachter bekommt so einen räumlichen Eindruck des Meteors sowie des dahinterliegenden Sternenhimmels.
Die berechneten Höhen der Anfangsund Endpunkte stimmen mit den Werten aus der Literatur überein, wonach Meteore in einer Höhe zwischen 80-140 km zu sehen sind. Die Geschwindigkeiten der ausgewerteten Meteore liegen zwischen 38-97 km/s, wobei der Durchschnitt der ausgewerteten Perseiden 63 km/s beträgt. Dieser Mittelwert passt relativ gut zu dem Wert von 59 km/s (geozentrisch) aus der Literatur, jedoch streuen die einzelnen Werte sehr stark. Diese Unterschiede lassen sich nur teilweise durch die Messungenauigkeiten sowie der nicht immer eindeutigen Anfangs- und Endpunkte der Meteore im Video erklären. Der entscheidendere Fehlerfaktor ist vermutlich die fehlende zeitliche Synchronisation zwischen den Kameras, welche bei dem angewandten Verfahren extrem wichtig ist.
Bei einem anderen möglichen Verfahren wäre diese zeitliche Synchronisation der Aufnahme irrelevant. Hierbei erzeugt der Meteor eine Ebene, die je nach Beobachtungsstandort unterschiedlich in der Atmosphäre liegt. Die Schnittlinie von der einen Ebene (von Standort 1 aus beobachtet) und der anderen Ebene (von Standort 2 aus beobachtet) ist dann die Flugbahn des Meteors. Mit diesem Verfahren, angewandt auf einen hellen Meteor, erhielten wir die Anfangsgeschwindigkeit von 57 km/s.
Verbesserungsansätze Durch ein GPS-Modul oder eine Funkuhr könnte die zeitliche Synchronisierung der Kameras auf 1/1.000 Sekunde genau erfolgen und die Einzelpunkte der Meteorspuren sehr genau einander zugeordnet werden.
Die Messung der Azimut- und Elevationswinkel durch das Programm sollte vor allem noch in dessen Genauigkeit verbessert werden. Durch genauere Messungen würden die Abweichungen in der Berechnung der Flugbahnen geringer werden.
Damit alle aufgenommenen Meteore ausgewertet werden können, wäre eine Automatisierung des Verfahrens mithilfe eines Programms hilfreich.
Um allgemein die Genauigkeit des Verfahrens zu erhöhen, müsste die Basislinie länger sein und somit die Parallaxe größer. Dadurch ist jedoch eine 3D-Darstellung mit echten Aufnahmen nicht mehr möglich.
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Radiant und Antiradiant
von Till Credner
Im August 2012 wurde zum ersten Mal ein mehrtägiges astronomisches Zeltlager auf der Schwäbischen Alb mit einigen Schülern der Astronomie-AG durchgeführt, das mittlerweile bewährte Meteorcamp des Progymnasiums Rosenfeld. Eines der fotografischen Ziele war es, neben dem Radianten des Perseidenstromes den sogenannten Antiradianten zu zeigen. Bekannterweise ergibt die parallele Bewegung der Meteoroide im Raum, inkl. der Erdbewegung, den Effekt des Radianten.
Die meisten Meteore im August bzw. ihre gedachten Spurverlängerungen scheinen aufgrund unserer Perspektive und Relativgeschwindigkeit strahlenförmig aus einem Punkt im Sternbild Perseus zu kommen, daher der Name Perseiden. Beliebt ist das Bild vom Auto, das durch ein Schneegestöber fährt. In Fahrtrichtung scheinen die Flocken alle von einem Punkt auszugehen. Wenn die wahre Raumbewegung der Meteoroide (oder auch Schneeflocken) jedoch parallel ist, dann sollte man den gegenteiligen Effekt an der Himmelssphäre gegenüber beobachten. Die Sternschnuppen sollten scheinbar einen Punkt unter dem Horizont anstreben. So ähnlich kennt man es zum Beispiel von Dämmerungsstrahlen bei Sonnenauf- bzw. -untergang und den entsprechenden Gegendämmerungsstrahlen, die dem Sonnengegenpunkt zustreben.
1 Die Perseiden in Richtung Westen am 11.08.2012 von 20:43 bis 22:08 UT erscheinen
nahezu parallel. Belichtet wurde jeweils 8 s mit 24 mm Brennweite, Blende 2,0 und Nikon D3 bei ISO 2500 auf dem VCP-Zeltplatz Schachen, Schwäbische Alb.
Mit einem lichtstarken Weitwinkelobjektiv und der empfindlichen DSLR Nikon D3 wurden in zwei klaren Nächten vom 11. bis zum 13. August viele Reihenaufnahmen gewonnen. In den Abendstunden des 11. August wurde in Richtung Westen fotografiert, zu Mitternacht Richtung Norden zum Radianten und zu Mitternacht der Folgenacht in Richtung Süden, also mit Perseus im Rücken und einer Radiantenhöhe von ca. 30 Grad.
Die Einzelbilder mit helleren Meteoren wurden mit der Software PTGui anhand des Sternenhimmels zentriert. Die Lage der gezeigten Meteore zum Sternenhintergrund ist also beim Überlagern der Bilder korrekt wiedergegeben, jedoch
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2 Der Radiant am 11.08.2012 von 23:06 bis 00:27 UT. 28 Belichtungen zu je 5 s mit
24 mm Brennweite, Blende 1,4 und ISO 2000 zeigen jeweils einen Meteor.
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3 In der Folgenacht wurde der gegenüberliegende Himmel von 22:01 bis 00:27 UT fotografiert. Sieben Aufnahmen zu je 6 s,
Blende 1,4 und ISO 2000 sind hier zu einem Mosaik zusammengesetzt. Die Perseiden scheinen einen Punkt unter dem Horizont anzustreben, den Antiradianten.
aufgrund der Erdrotation zum Horizont verschoben. Als Landschaftsbild wurde jeweils ein Foto etwa aus der Mitte der Sequenz verwendet.
Bildergebnisse In Richtung Westen erscheinen die Perseiden nahezu parallel (Abb. 1). Dies ist auch zu erwarten, da wir hier etwa im 90-Grad-Winkel zum Radianten schauen (Boo, Com). Die Meteore bewegen sich senkrecht zu unserer Blickrichtung. In knapp 1,5 h wurden sieben hellere Perseiden nachgewiesen, wobei das Objektiv auf 2,0 abgeblendet wurde.
In Radiantenrichtung wurden in 1 h und 20 min 28 hellere Perseiden nachgewiesen, bis um 00:27 UT der Mond schon deutlich über dem Horizont war (Abb. 2). Die schwachen Exemplare wurden nicht im Bildkomposit übernommen. Wie erwartet, streben die Meteore hier scheinbar auseinander, sie sollten überwiegend auf uns zu kommen.
In der Folgenacht konnten sieben hellere Meteore Richtung Süden und Südwesten in etwa 2,5 h aufgenommen werden. Die Bildüberlagerung zeigt das scheinbare Zustreben der Meteore auf einen Punkt der Milchstraße unter dem Horizont (Abb. 3).
Ausmessung der Spuren Zur Radiantenbestimmung haben meine Schüler die Spuren auf dem ausgedruckten Komposit (Abb. 2) verlängert und somit eine mittlere Position der Schnittpunkte von = 3,2 h und = 58 Grad gefunden, bei einer Genauigkeit von etwa +- 2 Grad. Das passt sehr gut zu dem Wert aus dem IMO Shower Calendar 2012 für den 12.8. mit 3,2 h und 57 Grad [1]. Die nicht-gnomonische Projektion der Weitwinkeloptik wurde bei diesem zeichnerischen Verfahren vernachlässigt, Meteorspuren und deren verlängerte Großkreise können auf dem
Foto also eigentlich leicht gekrümmt sein. Die Meteore in Südrichtung habe ich genauer astrometrisch vermessen, denn auf dem sehr weitwinklig zusammengesetzten Mosaik sind Großkreise am Himmel noch stärker gekrümmt, es handelt sich sichtbar schon nicht mehr um eine gnomonische Projektion (Abb. 3). Einzelfotos der Meteore wurden unter astrometry.net hochgeladen und astrometrisch reduziert [2]. Die Himmelskoordinaten der 7 Anfangs- und Endpunkte der Meteore wurden damit ermittelt. Unter www.convertalot.com/metior_ shower_radiant_calculator.html (ja, mit
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Meteore
Rechtschreibfehler ,,metior") kann man dann alle Kombinationen von jeweils zwei Meteorspuren sich kreuzen lassen [3]. Es ergeben sich 21 Schnittpunkte mit einer Häufung bei den Koordinaten (14,5 +- 0,5) h und (-61 +- 1) Grad.
Diskussion Dieser gefundene Antiradiant passt grob zum Gegenpunkt der Radiantenmessung der Nacht vorher mit 15,2 h und -58 Grad (Literatur -57 Grad). Die Verschiebung beträgt 0,7 h nach Westen (5 Grad bei dieser Deklination) und drei Grad nach Süden (bzw. 4 Grad zum Literaturwert). Wie kommt es zu dieser Verschiebung? Die abgeschätzten Fehlerbereiche reichen nicht ganz an die Verschiebung heran. Und die Radiantendrift innerhalb eines Tages beträgt nach dem IMO Shower Calendar weniger als ein Grad total [1].
Für die Messung des Gegenradianten wurden Meteore mit mehr als 90 Grad Abstand zum Radianten benutzt. Diese treffen die gewölbte Erde streifender als die Meteore in Radiantenrichtung (siehe Abb. 4). Die Gravitationswirkung der Erde wirkt dann vermehrt quer zur Meteorbewegung und sollte somit die Richtung der Flugbahn etwas ändern. Ich würde eine Abweichung nach ,,unten" erwarten, was gut zu dem geringeren Deklinationswert passt. Die Abweichung in Rektaszension ist jedoch noch unklar. Dieser Gravitationseffekt auf Meteore wird auch ZenitAnziehung genannt, da der Radiant dadurch in Richtung des Zenits verschoben wird bzw. der Antiradiant zum Nadir. Dies hat schon Schiaparelli beschrieben und wurde von Andreev 1983 präzisiert [4]. (Anm. des Fachredakteurs: Bei der gegebenen Meteorstromgeschwindigkeit und Radiantenhöhe macht die Zenitattraktion jedoch weniger als 1 Grad aus.)
Meteorzahl Die Anzahl der Meteore ist nicht so einfach zu vergleichen, da unterschiedliche Blenden, Empfindlichkeiten und Gesamtbelichtungen benutzt wurden. Auffällig ist aber, dass in Südwest-Richtung (Antiradiant) nur 7 helle Meteore in 2,5 h erschienen (13.8.) im Vergleich zu 28 Exemplaren in 1,3 h am 12.8. Das liegt wohl hauptsächlich an der stark abklingenden Aktivität (vgl. IMO-Journal [5]). Aus der Skizze geht aber auch hervor, dass man in Radiantenrichtung eine et
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4 Aufgrund der Krümmung der Erde und der Atmosphäre sollte man etwas mehr
Meteore in der Himmelshälfte des Radianten erwarten als auf der gegenüberliegenden Seite. Zählt man im gezeichneten Beispiel einfach nur die Schnittpunkte der Meteoroidtrajektorien mit der 100-km-Höhe, ergibt sich ein Verhältnis von fünf zu drei. Je tiefer der Radiant am Himmel steht, desto größer wird der Unterschied. Zudem wirkt die Erdanziehung bei den Meteoren auf der Radiantenseite stärker in Flugrichtung. Auf der abgewandten Seite ist die Kraftkomponente quer zur Flugbahn größer. Der Effekt der Verschiebung des Radianten zum Zenit bzw. des Antiradianten zum Nadir sollte dort daher etwas stärker sein.
was höhere Dichte an Meteoren erwartet als in der dem Radianten abgewandten Richtung (bei gleicher Höhe über dem Horizont). Zudem zeigen die Meteore in Radiantenrichtung eine nur kleine Winkelgeschwindigkeit, da sie ja auf den Beobachter zukommen. Das führt zu einer längeren Belichtungszeit der Kamerapixel und somit zu einer erhöhten Nachweisrate von Meteoren. Im 90-Grad-Winkel zum Radianten ist die Winkelgeschwindigkeit dagegen am höchsten und Kamerapixel werden nur sehr kurz belichtet. Meteorspuren erscheinen schwächer und die Nachweisrate ist geringer. Dafür ist die Länge der Meteorspur in Grad am Himmel aber länger. In Richtung des Antiradianten, in unserem Beispiel also von 90 bis 150 Grad Abstand vom Radianten, nimmt die Winkelgeschwindigkeit wieder ab und die Nachweisrate sollte wieder steigen. Die Radiantenhöhe war bei den beiden Aufnahmen von Radiant und Antiradiant etwa gleich, dadurch sollte also kein Unterschied der Zählrate erzeugt werden.
Was man noch tun könnte Um die Effekte von Radiantenverschiebung und auch evtl. Unterschiede in Zählraten zu messen, sollte man besser mit einer All-Sky-Kamera den ganzen Himmel aufnehmen oder mit gleichen Kameras synchron in mehrere Himmels
richtungen fotografieren. Eine All-SkyOptik hat jedoch meist nicht die Lichtstärke eines guten Weitwinkelobjektives. Ob der Antiradiant auf der radiantenabgewandten Himmelshälfte wirklich systematisch nadirnäher liegt oder ob es sich nur um eine Messungenauigkeit handelt, müsste man mit weiteren Beobachtungen nachmessen. Sieben Meteore sind statistisch einfach noch zu wenig für einen fundierten Nachweis.
Literaturhinweise und Weblinks: [1] A. McBeath, 2012: ,,Meteor Shower
Calendar", IMO [2] Astrometrie Service: www.
astrometry.net (Stand: Juli 2017) [3] Online Radiantenberechnung: www.
convertalot.com/metior_shower_ radiant_calculator.html (Stand: Juli 2017) [4] G. V. Andreev, 1983: ,,Correction of meteor radiants for zenith attraction", Solar System Research 17 [5] S. Molau et al., 2012: ,,Results of the IMO Video Meteor Network August 2012", WGN, Journal of the IMO, 40:6
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Marsbeobachtungen 2016
von Bernd Gährken
Am 6.4.2016 entstand das erste Marsfoto der Saison. Über den Elysium-Vulkanen waren Wolken zu sehen (Abb. 1).
Am 21. und 22.04.2016 war das Seeing in München ungewöhnlich gut, so dass Aufnahmen entstanden sind, die für den niedrigen Horizontabstand 2016 unerwartet gut sind. Auf dem Roten Planeten sind am 21.04. viele Wolken zu sehen. Bei Olympus
1
2 Mars am 21.04.2016 um 01:22 UT (links) und
am 22.04.2016 um 01:41 UT (Mitte), rechts ein simuliertes Bild mit Mars Previewer II [1], Winkeldurchmesser 14,6'', Instrument: 10-ZollRefraktor (f/16) der Volkssternwarte München, Kamera: ToupTek GCMOS 01200 KPA Col, Olympus Mons links oberhalb der Bildmitte. (Norden oben)
Mars am 06.04.2016, 02:33 UT, Winkeldurchmesser 12,5'', Instrument: 800-mmSpiegelteleskop (f/10) der Volkssternwarte München, Kamera: ToupTek GCMOS 01200 KPA Col, Verwendungsrate 6 % von 3679 Einzelbildern. Elysium-Vulkane oben rechts am Terminator (Norden oben)
Mons stauen sie sich am Hang, während der Gipfel über die Wolken hinausragt (Abb. 2). Bei 14 Bogensekunden Durchmesser waren schon einige Strukturen zu erkennen. Die drei Tharsis-Vulkane sind nicht eindeutig zu identifizieren. Der Vergleich mit einer Simulation aus HNS [2] zeigt jedoch links unterhalb von Olympus Mons eine weitläufige Struktur die auf den Raumsondenaufnahmen nachvollziehbar ist, während sie im Mars Previewer II nicht angezeigt wird. Bei Arcadia handelt es sich um eine Erhebung vulkanischen Ursprungs die nicht zu den drei Tharsis-Vulkanen zählt. Die Nordpolkappe ist weitgehend abgeschmolzen. Zahlreiche weitere Strukturen sind in der Abbildung 3 markiert.
3 Mars am 22.04.2016 um 01:41 UT, Winkeldurchmesser 14,6''. Oben links und Mitte ein simuliertes Bild mit HNS [2], unten rechts
mit Mars Previewer II [1], Instrument: 10-Zoll-Refraktor (f/16) der Volkssternwarte München, Kamera: ToupTek GCMOS 01200 KPA Col. (Norden oben)
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Planeten
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Mars am 28.04.2016, 02:44 UT, Winkeldurchmesser 15,7'', Instrument: 10-Zoll-Refraktor (f/16) der Volkssternwarte München. (Norden oben)
6 Mars am 07.06. und 09.06.2016, Simulationsbild unten mit Mars Previewer II [1].
Details s. Angaben im Bild. (Süden oben)
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Mars am 08.05.2016, 22:35 UT, Winkeldurchmesser 17,1'', Instrument: 10-Zoll-Refraktor (f/16) der Volkssternwarte München, 1,6xBarlowlinse, Kamera: ToupTek GCMOS 01200 KPA Col, 30 frames/s. (Norden oben)
Ende April und Anfang Mai war der Mars schon recht groß ... und doch war er schwer zu fotografieren. Nur in zwei Nächten waren Aufnahmen möglich, und da war das Seeing schlecht (Abb. 4 und 5).
Im Juni 2016 war das Marsscheibchen noch 18 Bogensekunden groß. Dank des ADC von ZWO konnte nun auch die atmosphärische Dispersion etwas kompensiert werden. Das Seeing war bei 15 Grad Horizontabstand nie gut, doch zum Glück rotiert der Planet so langsam, dass mehrere Minuten lang belichtet werden kann. Mit kleiner Sortierrate war auch bei mäßigem Seeing noch etwas zu retten (Abb. 6). Auf dem Bild vom 09.06. sind sogar zwei Marskrater zu sehen: Schiaparelli im Sinus Meridiani und Huygens in der Großen Syrte (Abb. 7).
Zwei Wochen später, am 24.06., konnte eine weitere Marsansicht gefilmt werden (Abb. 8).
8 Unten: Mars am 24.06.2016 um
20:45 UT, Winkeldurchmesser 17,2'', Instrument: C11 mit ADC und 1,6xBarlow, Kamera: ToupTek GCMOS 01200 KPB, Simulationsbild rechts mit Mars Previewer II [1]. (Norden oben)
7 Mars am 09.06.2016 um 21:58 UT, Simula-
tionsbild rechts mit Mars Previewer II [1]. (Norden oben)
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Mars am 04.07.2016, 21:30 UT, Winkeldurchmesser 15,9'', Instrument: 10-Zoll-Refraktor (f/16) der Volkssternwarte München, 1,6xBarlow, Kamera: ToupTek GCMOS 01200 KPB, Verwendungsrate 3 % aus 7.000 Einzelbildern. Simulationsbild oben mit Mars Previewer II [1]. (Süden oben)
Im Juli war der Mars nur noch 15 Bogensekunden groß. Dennoch gelangen ein paar Fotos, die reichlich Strukturen zeigten. Am 04.07. lag wieder Olympus Mons im Kameragesichtsfeld. Leider waren diesmal keine Wolken zu erkennen (Abb. 9). Am 09.07. entstand das letzte Marsbild dieser Sichtbarkeitsp eriode (Abb. 10).
Aus den Bildern vom 22.04., 08.05., 07.06., 09.06., 24.06., 04.07. und 09.07.2016 wurde mit dem Programm Winjupos [3] eine Marskarte berechnet. Die Karte ist qualitativ weit unter den Möglichkeiten, die es in südlichen Ländern gegeben hätte, doch für Deutschland kann man mit dem Ergebnis zufrieden sein (Abb. 11).
Planeten
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10 Mars am 09.07.2016 um 20:34 UT. Simulationsbild Mitte
und rechts mit Mars Previewer II [1], Details s. Angaben im Bild. (Süden oben)
11 Marskarte für den Beobachtungszeitraum 22.04. bis 09.07.2016, erstellt mit Winjupos [3]. (Norden oben)
Weblinks: [1] Mars Previewer II: http://www.skyandtelescope.com/astronomy-resources/freeware-from-sky-telescope/ [2] Hello Northern Sky (HNS): Planetariums-Freeware, http://www.hnsky.org/software.htm [3] Winjupos: http://www.grischa-hahn.homepage.t-online.de/winjupos_download.htm
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Beobachtungstipps zur Marsopposition 2018
von Silvia Kowollik
Die Marsopposition 2018 ist eine der wenigen Sichtbarkeitsperioden, bei denen sich der Planet Mars zur Opposition weniger als 60 Millionen km von der Erde entfernt aufhält. Zur Opposition am 27. Juli 2018 wird er die beachtliche Größe von 24,25 Bogensekunden erreichen und viele Oberflächendetails zeigen. Eine solche Gelegenheit ergibt sich nur alle 15,8 Jahre. Leider steht Mars während der gesamten Sichtbarkeitsperiode sehr tief am Horizont, wodurch sich die atmosphärische Dispersion stark bemerkbar macht und auch noch bodennahes Seeing eine große Rolle spielt.
Für Marsbeobachtungen ist daher der Einsatz von Keilprismen oder einem ADC (Atmospheric Dispersion Corrector) eine gute Idee. Mars wird in den Tagen um seine Opposition herum rund -2,8 mag hell leuchten, also rund eine halbe Größenklasse heller als Jupiter sein.
1 Diese Zusammenstellung der besten Bilder der Marsopposition 2003, aufgenommen
mit ToUcam-Planetenkamera und 7-Zoll-Starfire-Refraktor, zeigt das Abschmelzen der Südpoleiskappe zwischen Juni und Oktober 2003 und die Größenveränderung vor, während und nach der Opposition. Süden oben. (Bildautorin: Silvia Kowollik)
Beobachtet man Mars kontinuierlich über mehrere Monate hinweg, so kann man: - Größenänderungen, - Phasenänderungen, - Abschmelzen der Südpoleiskappe, - Polhaubenveränderungen, - orografische Wolken an Vulkankom-
plexen, - Morgendunst, - und eventuell sogar Staubstürme
verfolgen.
sehr empfindlich auf bodennahes Seeing und zeigen meist ein deutlich unruhigeres Bild als 5 oder 6 Zoll Öffnung. Gegen das bodennahe Seeing hilft eine S/WKamera und der Einsatz von Rotfiltern, einem Planet-Pro-642- oder gar einem Infrarot-Durchlassfilter, enorm.
Zwischen dem 16. und 17. März 2018 durchwandert Mars die Ekliptik und steht dann südlich von ihr im Sternbild Schütze. In den Folgetagen läuft Mars zwischen M 8 und M 20 hindurch. Am 19. März 2018 hat er den geringsten Abstand zu diesen beiden hellen Nebeln. Da
Mars rotiert rund 37 Minuten langsamer als die Erde, um die gesamte Marsoberfläche zu sehen, muss man etwa einen Monat lang Mars beobachten. Im Zeitraum der Oppositionsschleife erscheint Mars am größten und wer kann, sollte den Jahresurlaub so legen, dass er von südlicheren Gegenden seine Marsbeobachtungen durchführen kann. Dafür bietet sich die Mittelmeerküste an, Inseln im Mittelmeer oder ein Urlaub auf den Kanarischen Inseln.
Fotografisch sind diesmal Besitzer von kleinen bis mittleren Optiken deutlich im Vorteil, denn 8 Zoll und mehr reagieren
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2 65 Einzelaufnahmen während der Marssichtbarkeitsperiode 2003 von zahlreichen
Mitgliedern der FG Planeten wurden bezüglich der Größe der Südpoleiskappe vermessen und ergaben diese Grafik, die den zeitlichen Verlauf des Abschmelzens dokumentiert. (Bildautorin: Silvia Kowollik)
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3 Innerhalb eines Tages hat sich ein Staubsturm (das herzförmige, helle Gebiet rechts auf der Planetenseite) über ein größeres Gebiet
auf Mars ausgebreitet. Die Südpoleiskappe (oben) ist bis auf einen winzigen Rest abgeschmolzen, über der Nordpolregion bilden sich kräftige, blaue Wolken. Aufnahmedetails im Bild. Süden oben. (Bildautorin: Silvia Kowollik)
dann Neumond ist, stört unser Trabant die Beobachtungen in keinster Weise. Entweder mit einem Fernglas oder aber einem Widefield-Refraktor mit kurzer Brennweite ist das ein schöner Anblick und auch ein tolles Fotomotiv. Es muss lediglich das Wetter mitspielen.
Unglücklicherweise steht Mars bis zur nautischen Dämmerung (Sonne 12 Grad unter dem Horizont) um 5:15 Uhr nun jedoch mit nur noch 15 Grad über dem Horizont sehr tief, und man benötigt einen freien Südhorizont, um das Schauspiel genießen zu können, ehe die beiden Nebel in der Dämmerung im Hintergrund verschwinden ...
Bei klarem Himmel lohnen sich ein, zwei Tage Urlaub (Freitag und Montag) für eine spontane Exkursion in südlichere Gefilde (z. B. Alpensüdseite), um ein paar Grad mehr an Beobachtungshöhe zu bekommen.
Am 2. April 2018 steht Mars dann zwischen Saturn und M 22. Vermutlich wird der fast volle Mond das Erkennen von M 22 aber erschweren. Inzwischen hat sich die Entfernung von Mars und Erde von anfangs 255 Millionen km auf 122 Millionen km verringert, das Marsscheibchen ist auf 8,5 Bogensekunden angewachsen und nun sollten trotz tiefem Stand auch schon erste Albedostrukturen
zu erkennen sein. Gegen 4:15 Uhr rotiert Solis Lacus zur unbeleuchteten Planetenseite, die Tharsisregion bewegt sich zum Zentralmeridian.
Am 1. Mai 2018 ist das Marsscheibchen auf 11 Bogensekunden scheinbaren Durchmesser angewachsen, und Mars zeigt uns gegen 4:30 Uhr MESZ Mare Cimmerium und Elysium. Am 14. Mai 2018 passiert Mars in ca. 18 Bogenminuten Abstand den Kugelsternhaufen M 75, dabei zeigt er uns gegen 4 Uhr MESZ die Regionen Mare Acidalium, Niliacus Acidalius, Chryse, Xanthe, Mare Erythraeum, Argyre, Solis Lacus und die Vulkane der Tharsisregion.
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100 Planeten
Wenige Tage danach setzt Mars zur Oppositionsschleife an und sinkt dabei immer weiter gen Horizont, was leider seine Beobachtung weiter erschwert.
Wer die Oppositionsschleife im Sternbild Steinbock fotografisch festhalten möchte, sollte mit einem 35- oder 50-mmFotoobjektiv an einer DSLR ab dem 1. Mai 2018 beginnen und möglichst durchgehend bis Ende Oktober 2018 alle 3 Tage ein Bild machen.
Die Rotationsachse von Mars ist um 25,19 Grad gegen seine Umlaufbahn geneigt. Mars hat also wie die Erde ausgeprägte Jahreszeiten. Da er jedoch rund 2 Jahre für den Umlauf um die Sonne benötigt, sind die Jahreszeiten doppelt so lang wie auf der Erde. Der Frühling beginnt für die Südhalbkugel des Mars am 22. Mai 2018. Dieses Jahr sehen wir auf seinen Südpol und können beobachten, wie die Polkappe abschmilzt. Der Nordpol liegt für uns unsichtbar hinter dem Marshorizont. Je weiter das Eis am Südpol abschmilzt, umso stärker entwickelt sich jedoch über dem Nordpol die Polhaube - ausgedehnte Wolken aus Wasser- und Kohlendioxideis. Mit etwas
Glück in Form ruhiger Luft kann man diese bläulichen Wolken über der Nordhemisphäre im Fernrohr zwischen Mitte Juli und Ende Oktober 2018 beobachten. Ab dem 28. Juni 2018 läuft Mars dann rückwärts über den Himmel. Einen Monat vor der Opposition ist das Marsscheibchen auf rund 20 Bogensekunden scheinbaren Durchmesser angewachsen. Mars kulminiert dann gegen 4 Uhr. Am besten lässt sich Mars in der Zeit 1-2 Stunden vor seiner Kulmination beobachten. Später in der Dämmerung steht er zwar noch etwas höher, aber da wird in der zunehmenden Dämmerung das Seeing meist schlechter.
Erst zur Opposition am 27. Juli 2018 erreicht Mars genügend Abstand zur Sonne, um während seiner Kulminationszeit in bestmöglicher Höhe beobachtet zu werden. Den 27. Juli 2018 sollte man sich als Beobachter jetzt schon in den Terminkalender schreiben. Neben der Marsopposition ereignet sich an diesem Abend eine totale Mondfinsternis. Der Mond geht gegen 21 Uhr MESZ im Osten teilverfinstert auf, während die Sonne im Westen untergeht. Wenn der Mond sich kurz nach Mitternacht wieder aus
dem Kernschatten der Erde befreit, steht Mars hoch genug und lädt nun zu ausgiebiger Beobachtung ein. Das Licht des immer heller strahlenden Mondes kann dabei störend wirken, der Winkelabstand zwischen unserem Trabanten und Mars beträgt nur etwa 6 Grad. Eine verlängerte, innen mit schwarzem Velour beklebte Taukappe kann das Streulicht und Reflexe vom Mond verringern.
Da die Umlaufbahn von Mars exzentrischer als die der Erde ist, hat Mars erst am 31. Juli 2018 den geringsten Abstand zur Erde. Er ist dann nur 57.600.000 km von unserem Heimatplaneten entfernt.
Zwischen dem 11. und 20. August 2018 durchläuft Mars den tiefsten Punkt seiner Oppositionsschleife, ab dem 28. August 2018 bewegt sich Mars wieder vorwärts, sein Durchmesser ist nun auf 21,5 Bogensekunden geschrumpft. Am 5. Oktober 2018 beendet Mars die Oppositionsschleife und hat dabei noch 15 Bogensekunden scheinbaren Durchmesser. Zur Kulmination gegen 21 Uhr steht er dabei 19 Grad über dem Horizont. Dann zeigt das Marsscheibchen wieder eine deutliche Phase.
4 Mars-Oppositionsschleife im Sommer 2018, erstellt mit GUIDE 9.0.
VdS-Journal Nr. 65
Impressionen
101
Polarlicht
Am 4. September 2017 konnte Jan Kertzscher dieses prächtige Polarlicht von Island aus fotografieren. Im Hintergrund die Sternbilder Fuhrmann und Perseus.
Mond und Venus
über Stuttgart
18. Oktober 2017: Mond und Venus schmückten den Morgenhimmel über Stuttgart. Aufnahme von Sven Melchert mit Canon 6D, f = 85 mm, Blende 2,8, ISO 400, 2,5 s.
VdS-Journal Nr. 65
102 Sonne
Ein frühes Ereignis des Sonnenzyklus 25 - gezeichnet, nicht geknipst
von Alex Geiss
Wohl jeder von uns hat so etwas bereits gehört: ,,Ich habe auch ein Teleskop." Ein solcher Satz macht neugierig: Ob es auch verwendet wird? Oft steht es nur trocken und vor Staub geschützt irgendwo herum. Selbst H-Alpha-Teleskope sind betroffen. Das liegt natürlich auch an unserer Zeit, die vollgepackt ist mit Aktivitäten und wichtigen Dingen, die erledigt werden müssen. Und wenn am Ende des Tages dann vielleicht noch Zeit übrig ist, müssen auch noch weitere Randbedingungen stimmen, damit man sich ans Teleskop stellt.
die Chromosphäre reicht [1]. Hier konnte ich schon mehrfach Ge
Nun hatte ich bereits vor Jahren den Wunsch, die Sonne mehr als nur ,,hübsch anders" zu sehen und wollte auch Veränderungen dokumentieren. Im August 2010, als die Sonnenaktivität von Zyklus 24 bereits anstieg und ich zum ersten Mal durch mein Personal Solar Telescope (PST) blickte, war der Rand gesäumt von kleinen Flämmchen (Spikulen), dicht an dicht. Sie waren mal mehr, mal weniger zu sehen und schließlich tauchten sie nicht mehr auf. Damals war mir noch nicht bewusst, dass das etwas Außergewöhnliches war und in den Jahren danach nicht mehr zu sehen sein würde. An Zeichnen hatte ich nicht gedacht und die Fotografie ist mir heute noch zu aufwändig.
Doch die H-Alpha-Beobachtung ist so spannend, weil sich der Anblick der Sonne innerhalb kürzester Zeit ändern kann. Flares und schlagartig aufschießende Sonneneruptionen können entstehen und der eine oder andere Amateurastronom hat schon beobachtet, wie sich am Sonnenrand eine ,,kleine Ausbeulung" zeigt, aus der innerhalb von Minuten eine stabartige Struktur erwächst, die Zehntausende von Kilometern über
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1 Die für Erstellung der Rohlinge und Zeichnungen verwendeten Gegenstände
schwindigkeiten deutlich über 200.000 km/h ermitteln.
Es kann schon mal passieren, dass ich an einem trüben Tag aufschrecke, weil ich plötzlich merke: ,,Sonne! H-Alpha!" und sich doch unverhofft die Möglichkeit der HAlpha-Dokumentation ergibt. Die nehme ich dann auch wahr, denn Heinz Hilbrecht schreibt in [2], dass ein zuverlässiges Erkennen von Details erst mit fortlaufender Beobachtungspraxis erreicht wird, wenn man geübt ist, das Sehen ,,gelernt" hat und auch mit den äußeren und inneren Schwierigkeiten wie ,,Ärger über die Bedingungen" umzugehen weiß. Nebenbei würde sich die Fachgruppe sicher wünschen, wenn noch etwas mehr Dokumentati
onen eingingen. Ich konnte die Sonne beinahe den kompletten Zyklus 24 im H-Alpha beobachten, seit 2011 dokumentieren und beim Maximum in den Jahren 2013 und 2014 war es bisweilen schon schwierig, beim Zählen den Überblick zu behalten.
Die H-Alpha-Relativzahl gibt es bereits seit 2008, und ein deutlicher Unterschied zu den Weißlichtrelativzahlen konnte in [3] gezeigt werden: Im Zyklus 24 gibt es nur ein H-Alpha-Maximum, und zwar im Jahr 2013, die beiden WL-Maxima konnten Ende 2011 und 2014 beobachtet werden. Und doch gibt es mehr Gemeinsamkeiten: Wenn die Relativzahlen von H-Alpha und Weißlicht grafisch gegenüberge
Sonne 103
2 H-Alpha-Zeichnung des Autors vom 28.08.2017. Die Pfeile markieren das kleine
Aktivitätsgebiet des neuen Zyklus 25.
stellt werden, fällt auf, dass Änderungen in den Steigungen meist gleichzeitig erfolgen, in einem Rhythmus von etwa sieben bis zehn Monaten. Was aber nicht heißt, dass beide Relativzahlen gleichzeitig zu- oder abnehmen müssen. Der Unterschied mag darin liegen, dass
zwar in der Nähe von Sonnenflecken chromosphärische Fackeln, also heiße Aktivitätszonen - ,,Plages" genannt (frz., sprich ,,plaasch") - auftreten, aber andersherum beim Auftreten von Plages nicht zwangsläufig Sonnenflecken in der Nähe sichtbar sein müssen [4]. Plages
können in einem Aktivitätsgebiet Tage vor den Sonnenflecken auftauchen. Das bedingt aber auch, dass, falls die Bedingungen zur Entwicklung von Sonnenflecken nicht ausreichend sind, eben keine Sonnenflecken entstehen. Nun ist aus den Schmetterlingsdiagrammen bekannt, dass das Ende eines Sonnenaktivitätszyklus dadurch gekennzeichnet ist, dass Flecken vornehmlich in äquatornahen Bereich auf der Sonne vorkommen und zu Beginn eines neuen Zyklus wiederum die ersten Flecken in höheren Breiten von 20 bis 45 Grad entstehen.
Also muss das bedeuten, dass in einem H-Alpha-Teleskop erste Vorboten eines neuen Zyklus erkennbar sein sollten. Nur wie soll rein visuell eine Abschätzung der heliografischen Breite erfolgen? Natürlich mit der Durchlaufmethode: Bei abgeschalteter Nachführung wird ein Objekt aufgrund der Erddrehung immer in Richtung Westen aus dem Bildfeld laufen. Zeichnet man also die Sonne, wird die Richtung, in die sie sich bewegt, mit ,,W" gekennzeichnet. Rechtwinklig dazu befindet sich ,,N", was durch Schwenken nach oben, jedoch rechtwinklig zu ,,W", im Teleskop erkennbar ist und entsprechend in die Zeichnung übertragen wird.
Mit diesen Richtungsangaben in der Zeichnung sowie einer monatlichen Darstellung der Lage der Sonnenpole, wie man sie beispielsweise in [5] findet, lässt sich die Äquatorlage abschätzen und in die Zeichnung eintragen. Das ist zugegebenermaßen nur eine Abschätzung und für die Ermittlung heliografischer Koordinaten wird die Genauigkeit nur gering
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104 Sonne
sein. Trotzdem sollte eine Abschätzung, ob ein Plage äquatornah oder -fern ist, möglich sein.
Und so hatte ich neben der Erfassung der H-Alpha-Relativzahl bei jeder Dokumentation eine weitere Aufgabe: Würde sich ein Plage fernab des Sonnenäquators zeigen? Tatsächlich fanden sie sich nur in Nähe des Äquators. Doch das war keineswegs enttäuschend, sondern bestätigte meinen Entschluss, nun insbesondere auf detailarme höhere Breiten Augenmerk zu haben. Die Größen der HAlpha-Relativzahl waren ohnehin schon niedrig. Außerdem überschneiden sich aufeinanderfolgende Zyklen: Während der neue Zyklus beginnt, klingt der vorhergehende erst noch ab und im Sonnenfleckenminimum sind die Relativzahlen beider Zyklen etwa gleich. Also müssten sich bereits helle Stellen in hohen Breiten zeigen, während noch äquatornahe Fleckengruppen zu sehen sind.
Und dann war es endlich soweit: Am 20.08.2017 zeigte sich auf geschätzten 30 Grad S (südlicher heliografischer Breite) ein kleines helles Aktivitätsgebiet mit Plage und Filament, doch wegen einer zu kurzen Wolkenlücke blieb mir für eine Zeichnung keine Zeit. Als sich dann am 28.08.2017 bei guten Wetterbedingungen um 11:24 Uhr MESZ auf 30 Grad N Ähnliches zeigte, konnte ich endlich mit einer Zeichnung starten. Ich verwendete wieder einen meiner selbst vorgefertigten Rohlinge, die ich für Sonnenzeichnungen vorrätig habe: Mit einem einseitig scharf abgedrehten Edelstahlrohr schneide ich ein Loch von 68 mm Durchmesser aus schwarzem Tonpapier und beklebe eine Seite mit orangefarbenem Papier - fertig ist der Rohling. Für die Vergrößerung, die ich standardmäßig verwende, ist das in angenehmem Abstand die scheinbare Größe der Sonnenscheibe (Abb. 1).
Ich beginne in meinem 15-mm-PlösslOkular (ziemlich genau 1 Grad Gesichtsfeld) mit der Positionierung der Sonne am rechten Rand, schwenke in der Horizontalen meines Fotostativs nach links und fixiere in der Mitte. Die vertikalen Ränder des Rohlings müssen nun beim Zeichnen parallel zur Teleskopachse bleiben. Während ich die ersten Protuberanzen z. B. bei ,,fünf Uhr" mit Orange-Buntstift einzeichne, zeigt sich, wo der Rand der
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Sonne aus dem Gesichtsfeld herausläuft, womit ich Westen und Norden markieren kann. Damit kann ich nun die Sonne so platzieren, dass sie länger im Gesichtsfeld verbleibt. Mein PST ist im Kontrast überall einigermaßen gleichmäßig, so dass innerhalb von durchschnittlich 15 Minuten alle Protuberanzen, Plages, Filamente und ggfs. Flecken möglichst exakt zueinander positioniert sind. Die Dauer hängt natürlich von der aktuellen Aktivität ab. Die Zeichnung wird mit Name, Wohnort, Datum, Zeitraum mit Zonenangabe und den Angaben zu Objekt, Spektrum und Instrument ergänzt (Abb. 2).
Die Zeichnung und Meldung ,,Zyklus 25 kündigt sich an" sorgte im VdS-Forum für Diskussion bezüglich Orientierung und Ungenauigkeiten der Positionsermittlung und erst Tage später konnte bestätigt werden, dass sich durch Drehen meiner Zeichnung die gleiche Orientierung wie die der im Internet befindlichen Fotografien ergibt. In der Zwischenzeit hatte ich das erdumspannende GONG/NSO-Network angeschrieben, welches ebenfalls eine Dokumentation dieses Plages hatte. Ein Mitarbeiter des Big Bear Solar Observatory, John Varsik, antwortete mir, dass solche ,,ephemeral regions" seit vielen Jahren bekannt sind und Teil eines ,,ausgedehnten Sonnenz yklus" wären:
`The concept of "extended" solar cycles -
solar cycles that extend further back in
time and to higher latitudes than indica-
ted by the sunspot zones - started with
observations of ephemeral regions (Mar-
tin and Harvey, 1979)
but gained support with
observations of the tor-
sional
oscillations
(SNODGRASS, 1987)
[...]
SNODGRASS
(1987) noted that the-
se features can be seen
starting at even higher
latitudes well before the
emergence of the first
sunspots of a cycle.' [6]
Andreas Zunker, Fachgruppenreferent der Fachgruppe Sonne, konnte durch Identifizierung des Plages auf einem Foto des Sonnenobservatoriums
Kanzelhöhe die heliografische Breite dieses Aktivitätsgebiet sogar zu 42 Grad N bestimmen und es daher ebenfalls als Aktivität des neuen Zyklus 25 zuordnen, wobei noch die Bestätigung mittels eines Magnetogramms aussteht. Objekte des neuen Zyklus haben bekanntlich eine umgekehrte Polarität (verglichen mit Fleckengruppen des alten Zyklus auf derselben Hemisphäre), was zu einer Meldung passt, die Heinz Hilbrecht im Forum kommunizierte: Der belgische Beobachter F. Clette hatte am 20.12.2016 einen Sonnenfleck bei 23 Grad S gezeichnet, dem tags zuvor ein Magnetfeld mit umgedrehter Polarität zugeordnet werden konnte. Also: Los geht's mit der Beobachtung des Zyklus 25!
Literaturhinweise und Quellenangaben: [1] R. Kaltenböck, 2017: ,,Meine erste
Fotoreihe einer aufsteigenden Protuberanz", VdS-Journal für Astronomie 63, S. 86 [2] H. Hilbrecht, 2016: ,,Erfolgreich beobachten, mit etwas Psychologie", SONNE 138, S. 7 f [3] M. Hörenz, 2009: ,,Die H-AlphaRelativzahl 2008-2015", VdS-Journal für Astronomie 60, S. 83 f [4] J. Banisch, 2009: ,,Die Sonne", Oculum-Verlag, S. 95 [5] H. Roth, 2016: ,,Der Sternenhimmel 2017", Jahrbuch, Kosmos-Verlag, S. 239 [6] D. H. Hathaway, 2015: "The Solar Cycle", Living Rev. Solar Phys., 12, S. 53
Comic
Spektroskopie
105
Echelle 2017 - ein Tagungsbericht
von Ulrich Waldschläger
Der Begriff Echelle-Spektroskopie steht für eine instrumentelle Methode, die es erlaubt, mit einer einzigen Messung ein hochaufgelöstes Spektrum über einen relativ großen Spektralbereich zu bekommen. Bei einfachen Gitterspektrografen muss man sich dagegen häufig für einen Kompromiss zwischen der Größe und Lage des Spektralbereiches sowie der spektroskopischen Auflösung entscheiden. Kein Wunder also, dass EchelleSpektrografen in der professionellen Astrospektroskopie seit vielen Jahren die Standards für die analytische Performance definieren.
Obwohl die Echelle-Spektroskopie technologisch anspruchsvoll und relativ aufwändig ist, hat sie in den letzten Jahren doch schrittweisen Einzug in die Amateur-Astronomie gehalten. Möglich wurde dies durch kommerziell verfügbare Echelle-Spektrografen für die AmateurAstrospektroskopie und durch den Kompetenztransfer für den Selbstbau solcher Systeme innerhalb der Amateur-Community. Beides führte und führt zu einer wachsenden Zahl von Amateur-Astronomen, die sich abseits des Internets auch mal direkt zu diesem vielschichtigen Thema austauschen möchten.
So kam es am 21.10. und 22.10.17 unter der organisatorischen Leitung von Daniel Sablowski und 8 weiteren Teilnehmern (Abb. 1) zum inzwischen zweiten Echelle-Workshop am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP). Viele der Teilnehmer hatten für diese Veranstaltung einen erheblichen Anreiseweg auf sich genommen - Siegfried Hold kam z. B. extra aus Graz nach Potsdam.
Um es vorweg zu nehmen: Dieser Workshop war ein voller Erfolg und auf sympathische Art und Weise im Kleinformat das, was man irgendwie auch von professionellen Konferenzen gewohnt ist. Angefangen bei einem ersten ,,Come Together" am Freitagabend im ,,Gleis 6" in Potsdam, dem ungezwungenen, aber doch strukturierten Ablauf, einer Reihe von Vorträgen mit durchweg engagiertem fachlichem Austausch, bis hin zu einer kleinen ,,technischen Ausstellung"
1 Teilnehmer des Echelle-Workshops 2017 (v.l.n.r.): Lothar Schanne, Siegfried Hold,
Ulrich Waldschläger, Jörg Weingrill, Daniel Sablowski, Christian Franik, Klaus Vollmann, Werner-Klaus Prietzel, Jochem Berlemann fotografiert
und einer ,,Exkursion" zum großen Refraktor auf dem Gelände des AIP in der Mittagspause war eigentlich alles dabei. Nicht zu vergessen - das alles im Umfeld und mit den Tagungsmöglichkeiten eines modernen astrophysikalischen Institutes (Abb. 2).
Was wurde nun aber eigentlich präsentiert und besprochen? Die Vortragsreihe am Samstag begann mit einem Bericht von Ulrich Waldschläger über ein Selbstbauprojekt eines fasergekoppelten Echelle-Spektrografen und einer dazugehörigen Kalibrierlichtquelle. Dabei wurden das Konzept, die technologische Lösung, die Probleme bei deren Umsetzung, aber auch die ersten Erfolge beim Einsatz des Messsystems präsentiert. Ein entsprechender Artikel erscheint in Kürze im ,,Spektrum" - dem Journal der Fachgruppe Spektroskopie. Sowohl der Spektrograf als auch die Kalibrierquelle standen vor Ort für eine genauere Betrachtung zur Verfügung.
Im nachfolgenden Beitrag von Klaus Vollmann wurde ein weiteres Selbstbauprojekt vorgestellt. In diesem Fall ging
es um den schrittweisen Aufbau und die Inbetriebnahme eines fasergekoppelten Echelle-Spektrografen, der auf Komponenten des Laborspektrografen OPTIMA 2000 von Perkin Elmer basiert. Dabei wurden insbesondere die Herausforderungen bei der Justierung und dem Leistungstest eines solchen Systems thematisiert. Eine der wichtigsten Fragen für den Besitzer eines gekauften bzw. selbstgebauten Echelle-Spektrografen ist verständlicherweise: Wo stehe ich eigentlich mit meiner analytischen Leistungsfähigkeit im Vergleich zu anderen Systemen? Ein exzellent abgebildetes Echelle-Spektrum mit hoher Auflösung sagt noch nichts darüber aus, welchen Prozentsatz der mit dem Teleskop mühsam eingesammelten Photonen eines Sterns ich dann tatsächlich für seine Analyse genutzt habe. Ein wichtiger Beschluss dieses Workshops war darum auch, in nächster Zukunft einen Benchmark-Test zu entwickeln, mit dem man z. B. durch Vergleichsmessungen an einem Stern und unter Berücksichtigung der jeweiligen technischen Parameter eine Aussage zur Effizienz der Messsysteme erhält.
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Spektroskopie
2 Tagungsraum im Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP)
Die Vortragsreihe wurde dann mit einem Beitrag von Jochem Berlemann fortgesetzt, der den aktuellen Entwicklungsstand für einen direkt gekoppelten Echelle-Spektrografen vorstellte. Hier lag der Schwerpunkt auf einer professionellen Design- und Materialoptimierung mit Hilfe von FEM-Simulationen (Finite-Elemente-Methode) und unter Verwendung von Kohlefaser-Verbundwerkstoffen. Nicht weniger spannend waren dann die Präsentation von Bauteilen, die in 3D-Druck-Technologie gefertigt wurden und die Beschreibung der Herausforderungen bei der Kopplung des Systems mit dem Teleskop. Auch hier konnten die Hardware-Komponenten vor Ort in Augenschein genommen werden (Abb. 3). Der geneigte Leser beachte hierzu auch den nachfolgenden Beitrag in dieser Ausgabe des VdS-Journals für Astronomie.
Siegfried Hold präsentierte in seinem Erfahrungsbericht über den Echelle-Spektrografen FLISES auf beeindruckende Weise ein weiteres Amateurprojekt, das auf einem Design von Daniel Sablowski beruht. Die Präsentation vermittelte eine Reihe von interessanten Hardware-Details, z. B. eine Temperaturstabilisierung für den Spektrografen. Darüber hinaus wurden anhand konkreter Beispiele methodische Fragen zum spektroskopischen Workflow besprochen. Dazu gehörten neben der Parameterwahl für die Spektren-Akkumulation auch das Knowhow für die Kalibrierung und Normierung von Spektren. Dieser Beitrag beeindruckte unter anderem durch die umfänglichen Messerfahrungen des Vortragenden und die hohe Qualität der präsentierten Spektren.
Daniel Sablowski konzentrierte sich im ersten Teil seines Beitrages an Hand von
3 Echelle-Spektrograf mit Gehäuse aus Kohlefaserverbundwerkstoff, im Hintergrund
ein Off-AXIS-Guider in 3D-Druck-Technologie und eine Fokussiereinrichtung
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Simulationsergebnissen auf die Betrachtung verschiedener Designkonzepte für Spektrografen. Neben einem speziellen Echelle-Spektrografen im Littrow-Design wurden auch diverse Varianten des White-Pupil-Konzeptes mit ihren Vorund Nachteilen beschrieben. Man darf zu Recht gespannt sein, was hier in den nächsten Jahren noch an Ideen verwirklicht wird und uns möglicherweise zur Verfügung stehen wird.
Der zweite Teil des Beitrages beschäftigte sich dagegen mit den Erfahrungen, die der Vortragende in den letzten Monaten mit verschiedenen Hardwarelösungen gewinnen konnte. Dazu gehörten eine Temperaturstabilisierung des Spektrografen, eine Kalibrierlichtquelle, eine Scrambler-Faserkopplung und ein hochauflösender Echelle-Spektrograf mit R4Gitter.
Der letzte Beitrag des ersten Tages von Christian Franik beschäftigte sich dann mit der Konzeptentwicklung für einen Echelle-Spektrografen am Hauptteleskop der Sternwarte Dieterskirchen und entwickelte sich dabei sehr schnell zu einem echten Workshop. Ausgehend von den Eigenschaften des Teleskops, den gewünschten Leistungsparametern und den finanziellen Randbedingungen wurde in einer intensiven Diskussion um das beste Konzept für dieses Projekt gerungen.
Der fachliche Teil des ersten Tages endete mit einer Inventur der noch offenen Fragen und Interessen aller Tagungsmitglieder und einer daraus resultierenden Themenplanung für den Vormittag des folgenden Tages.
So startete dann nach dem ,,Konferenzdinner" (Steakhouse) am Vorabend und mehr oder weniger ausreichend Schlaf der Sonntag mit einer Software-Demonstration für die Echelle-Spektrenauswertung unter MIDAS durch Siegfried Hold. Dieser Beitrag war sowohl für diejenigen wichtig, die sich gerade auf den Weg machen, Echelle-Spektren auszuwerten, als auch für jene, die das bereits tun und an der Optimierung des Prozesses interessiert sind.
Mit Software ging es dann auch im Beitrag von Daniel Sablowski weiter, der den recht fortgeschrittenen Entwick
Spektroskopie
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lungsstand einer eigenen Auswertesoftware für Echelle-Spektren vorstellte.
Bis zum Ende des Workshops gegen 13:00 Uhr wurden dann noch mögliche Beobachtungsobjekte bzw. Projekte für die nähere Zukunft diskutiert und Zielstellungen für die weitere Zusammenarbeit definiert.
Die vielen Details dieses Berichtes mögen für Außenstehende etwas ermüdend wirken. Am Ende sind sie noch immer kein vollständiges Bild dieser sehr intensiven 11/2 Tage am AIP in Potsdam. Den meis
ten Teilenehmern ging es wie mir: Man hat in sehr kurzer Zeit sehr viel gelernt, konnte vom eigenen Wissen etwas weitergeben und ist hoch motiviert in den Alltag zurückgekehrt. Was kann man mehr von einem solchen Workshop erwarten?
Darum gilt als Teilnehmer mein Dank dem Organisator Daniel Sablowski für die Arbeit, dem AIP für das Tagungsumfeld und allen Fachkollegen für die Beiträge, Hinweise und interessanten Diskussionen.
Wie geht es weiter? Zwischen dem ersten und zweiten Workshop vergingen tatsächlich vier Jahre. Die Teilnehmer waren sich einig, dass der nächste Workshop in zwei Jahren, vielleicht aber auch schon im nächsten Jahr stattfinden sollte. Der Standort am AIP in Potsdam ist dabei kein Muss. Der gefühlte ,,Spektroskopie-Schwerpunkt" liegt ja eh südlich des 52. Breitengrads.
Softwaregestützter Entwurf eines
Karbon-Echelle-Spektrografen
von Jochem Berlemann
Spektrografen werden in der Astronomie entweder direkt an den Okularauszug des Teleskops angeschlossen oder abgesetzt über Lichtleitfasern betrieben. Abgesetzte Spektrografen haben den Nachteil der geringeren Empfindlichkeit, da mehr optische Komponenten mit Verlusten im Lichtweg liegen als bei einem direkt gekoppelten Spektrografen. Außerdem verschlechtert sich das Signal-RauschVerhältnis durch das sogenannte Modenrauschen. Wenn wir den Spektrografen direkt an das Teleskop anschließen, muss das Gerät möglichst leicht sein, um den Okularauszug wenig zu belasten. Außerdem darf sich das Gehäuse des Spektrografen bei Belastungsänderung (z. B. durch einen Meridian-Flip) nur wenig durchbiegen. Genaue Messungen der Wellenlängen - z. B. bei der Messung von Radialgeschwindigkeiten - sind sonst nicht möglich.
In diesem Beitrag wird ein direktgekoppelter Echelle-Spektrograf beschrieben, der durch moderne Entwurfsverfahren und Technologien besonders leicht und biegesteif ist.
Der Entwurf des Gehäuses Die FEM (Finite-Elemente-Methode [1]) ist heute ein gebräuchliches Tool zur Simulation von Materialspannungen, Temperaturverteilungen und Durchbiegungen. Viele 3D-Konstruktionsprogramme bieten heute die Möglichkeit der FEM-
1 Optisches Layout des Echelle-Spektrografen. 1: Kollimator, 2: Echelle-Gitter,
3: Cross-Disperser, 4: Kamera-Objektiv. Ein Umlenkprisma im Vordergrund ist nicht bezeichnet.
Simulation (Inventor [2], Autodesk Fusion 360 [3], Hyperworks [4] und andere). Wir haben unser Spektrografen-Gehäuse mit Inventor von Autodesk simuliert. Die Grundlage unserer Konstruktion ist die optische Anordnung gemäß Abb. 1, [5].
Wir haben für diese Anordnung zuerst ein einfaches Gehäuse konstruiert, das über eine übliche 2-Zoll-Nase mit dem Okularauszug verbunden ist. Mit Aluminium als Material und mit einer Kameralast von 30 N (ca. 3 kg) ergab die Simulation eine Durchbiegung des Gehäuses am Ort der Kamera (gelber Pfeil in
Abb. 2 und 3) von ca. 90 m. Die Abbildung 2 zeigt diesen ersten Entwurf. Für genaue Messungen sollte die Durchbiegung jedoch kleiner als die Abmessung eines Pixels der angeschlossenen Kamera sein - also < 5 m.
Um auf der sicheren Seite zu liegen, haben wir uns als Ziel der folgenden Optimierung eine Durchbiegung von ca. 1 m gesetzt.
Das Gehäuse-Material Hierzu haben wir zunächst nach einem Material gesucht, das eine geringe Dichte
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Spektroskopie
Tabelle 1: Materialkonstanten von 5 Materialien im Vergleich
Material Titan Stainless steel Aluminium CFRP ABS
/g/cm³ 4,5 8 2,7 1,43 1
E/GPa 103 193
70 133
2,2
CFRP (Carbon Fiber Reinforced Plastics) ist ein mehrschichtig verleimtes Karbon-Material [6].
[g/cm³] sowie einen großen E-Modul E [GPa] (hohe Steifigkeit) besitzt. Karbonfaser-Platten erfüllen diese Anforderungen und haben für unseren Zweck deutlich bessere Eigenschaften als z. B. Aluminium, Titan oder rostfreier Stahl [6]. Positiv ist auch der geringe Wärmeausdehnungs-Koeffizient (Faktor 40 geringer als bei Aluminium).
Die Tabelle 1 zeigt die Eigenschaften von 5 Materialien im Vergleich. ABS ist ein Material für den 3D-Druck, der unten erklärt wird.
Die Formsteifigkeit Eine weitere Möglichkeit, die Durchbiegung eines Gehäuses zu minimieren, ist die Optimierung der Geometrie. Eine geringe Durchbiegungen eines Bauteils bei Belastung erreichen wir (neben einem großen E-Modul als Materialeigenschaft) durch ein großes Flächenträgheitsmoment [8]. Mit großen Querschnitten (die aber das Gewicht erhöhen) und geeigneten Kraftrichtungen erreichen wir geringe Durchbiegungen. Die technischen und mathematischen Grundlagen zu diesem Thema finden wir in [7].
Wir haben zur Optimierung des Gehäuses in verschiedenen Geometrien Wandstärken verändert und Verstärkungs-Streifen angebracht und bei jeder Version die Durchbiegung simuliert. Eine GehäuseVersion, die unseren Forderungen entspricht und sich auch mit einfachen Mitteln fertigen lässt, sehen wir in der Abbildung 3.
Die Ankopplung des SpektrografenGehäuses an den Okularauszug erfolgt großflächig über eine M68-Schraubverbindung. Die Einheit zur Spaltbeobach
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2 Simulation des ersten Entwurfs des Gehäuses mit einer 2-Zoll-Nase als Anschluss
an das Teleskop. Mit z-deflection ist die Durchbiegung des Gehäuses in negativer z-Richtung (Kraftrichtung) bezeichnet.
3 Simulation des optimierten Karbon-Gehäuses [7]
tung wurde in das Gehäuse integriert und erhöht die Steifigkeit. Bei einer angenommenen Kameralast von 30 N (3 kg Masse) haben wir so eine Durchbiegung von 0,5 m am Ort der Kamera erreicht. Die Masse des Gehäuses beträgt in dieser Ausführung 1,7 kg. In [7] finden wir weitere Gehäuse-Varianten mit geringerem Gewicht, aber größerer Durchbiegung.
Die Fertigung des Gehäuses Karbon ist leider ein schwierig zu verarbeitender Werkstoff. Prinzipiell kann man Karbon-Platten mit normalen Werkzeugen wie Stichsägen und Bohrmaschinen bearbeiten. Die Werkzeuge werden jedoch schnell stumpf und es entsteht ein gesundheitsschädlicher Staub. Man sollte
deshalb immer mit Feinstaubmaske und Staubsauger arbeiten!
Wir hatten die Gelegenheit, die Platten mit einer Wasser-Schneidemaschine bei 3.000 bar zu schneiden. Firmen bieten diese Dienstleistung an. Die Platten wurden dann vorwiegend verklebt.
Zubehörteile aus dem 3D-Drucker Wer sich als Amateur-Astronom seine mechanischen Komponenten selber baut, benötigte früher eine gut ausgestattete mechanische Werkstatt: Ständerbohrmaschine, Fräse, Drehbank gehörten zur Grundausstattung. Ein umfangreiches Materiallager mit verschiedenen Aluprofilen war notwendig, um die benötigten
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Komponenten zu fertigen. Der 3D-Druck bietet heute die Möglichkeiten, mit weniger Material- und Zeitaufwand Komponenten herzustellen. Benötigten wir früher ein Bauteil, erstellten wir zunächst eine Zeichnung, bestellten fehlendes Material, drehten, bohrten, frästen und modifizierten, bis das Teil den Ansprüchen genügte.
Im Bereich des Prototypenbaus (Rapid Prototyping [9]) ist in der Industrie heute der 3D-Druck eine anerkannte Alternative. Es gibt keinen Grund mehr, diese Technik nicht auch im privaten Bereich einzusetzen. Die Drucker und das Material sind erschwinglich (Bausätze ab 150 Euro, eine Rolle Material ab 20 Euro). Die Abbildung 4 zeigt einen Prusa i3 Mk2Drucker, der als Bausatz angeboten wird. Man benötigt ca. 15 h für den Aufbau und die erste Inbetriebnahme. Ähnliche Geräte sind auch fertig aufgebaut erhältlich. Foren, die bei Problemen helfen, gibt es in großer Anzahl [10].
Die Technologie und der Workflow Wir beginnen mit einer 3D-Konstruktion des benötigten Bauteils in einem Programm wie Inventor oder Fusion 360 von Autodesk. Wir bekommen eine Voransicht des Bauteils, können alle Maße kontrollieren und sogar mithilfe der FEM-Analyse eine Steifigkeitsberechnung machen. Die Abbildung 5 zeigt die Ansicht eines Halters für den CrossDisperser des Spektrografen in Inventor. Exportiert wird eine .stl-Datei, die von nachfolgenden 3D-Druckprogrammen verarbeitet wird.
Für ein befriedigendes Druckergebnis müssen relativ viele Parameter im Drucker eingestellt werden. Default-Werte ergeben für einfache Teile wie z. B. Würfel schon ein gutes Ergebnis. Bei komplizierten Teilen, wie Gewinden und filigranen Teilen, müssen die Parameter wie Düsentemperatur, Druckgeschwindigkeit und Schichtdicke optimiert werden. Auch hier können die Foren Ratschläge geben. Separate Druckprogramme wie Cura [11] oder Repetier-Host [12] haben viele Möglichkeiten, über die Parameter das Ergebnis zu beeinflussen. Sie übersetzen dann die .stl-Datei in den G-Code, das Steuerprogramm für den Drucker.
4 Der 3D-Drucker, mit dem die Adapter und Halterungen des Spektrografen gedruckt
wurden. Hier wird gerade der Halter für den Cross-Disperser mit dem Material ABS gedruckt.
Die Ergebnisse und Probleme Die Abbildung 6 zeigt die geöffnete .stlDatei eines Teils des gedruckten OffAxis-Guiders für den Spektrografen mit einem M68x1-Gewinde.
Gewindeadapter werden häufig in der Astronomie benötigt (z. B. M69 auf M68). Sie sind im Zubehörhandel relativ teuer oder müssen gar speziell angefertigt werden. Wenn wir uns ausführlich mit den geltenden Gewindetoleranzen von DIN-Gewinden [13] beschäftigen und das Verhalten der Druckmaterialien verstanden haben, ist auch der Druck von Feingewinden - wie M42 x 0,75 - kein Problem mehr. Die Maße des M68-
5 3D-Modell des Halters für den
Cross-Disperser (Rechteck-Gitter 50 mm x 50 mm) in Inventor
6 Ansicht einer .stl-Datei des Off-Axis-Guiders im Druckprogramm Repetier-Host.
Unten ist das M68x1-Gewinde zu erkennen. Kritische Stellen können hier vor dem Druck anhand des Gitternetzes identifiziert werden.
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Spektroskopie
7
Das fertige Gerät (ohne Deckel gezeigt). Mit dem 3D-Druck entstanden die Komponenten: Halter für Cross-Disperser, Halter für Kollimator, Halter für Kamera und Kamera-Objektiv sowie der Off-Axis-Guider mit M68-Gewinde und T2-Gewinde. Die Kameras (rechts im Bild von oben nach unten): Kamera für das Spektrum, Kamera für die Spaltbeobachtung, Anschluss für den Autoguider.
Außengewindes am Off-Axis-Guider betragen 66,82 mm im Kerndurchmesser (zulässige Toleranz ist 66,57 mm ... 66,75 mm) und 67,63 mm im Außendurchmesser (zulässige Toleranz ist 67,79 mm ... 67,97 mm). Die Abweichungen von der zulässigen Toleranz von ca. 1/10 bis 2/10 mm hatten in der Praxis keinen negativen Einfluss auf die Passung. In jedem Fall haben wir bei dem Programm Inventor (und anderen) die Möglichkeit, eigene Gewindemaße zu definieren [14]. So können wir z. B. Schrumpfungen des Materials beim Druck kompensieren. In jedem Fall müssen wir ein 3D-Konstruktions-Programm beherrschen und bei der Konstruktion der Teile umdenken und Rücksicht auf den Druckprozess und das verwendete Material nehmen.
Die geringe Steifigkeit des Druckmaterials PLA oder ABS (s. Tab. 1) müssen wir durch größere Wandstärken kompensieren. Für den Off-Axis-Guider aus ABS haben wir in dem Aufbau gemäß der Abbildung 7 bei einer Wandstärke von 10 mm eine Durchbiegung von ca. 2 m simuliert, für das Material Aluminium bei einer Wandstärke von 3 mm nur 0,1 m. Der Okularauszug des Teleskops kann auch beträchtlich zur Durchbiegung der ganzen Anordnung beitragen. Wir müssen also alle Komponenten unseres Aufbaus vom Teleskop bis zur Kamera
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betrachten. Meistens wird es notwendig sein, zusätzliche Maßnahmen zur Erhöhung der Stabilität des Aufbaus vorzunehmen, siehe [5].
Die Kosten für das gedruckte Bauteil aus der Abbildung 6 liegen bei 20-30 Cent.
Die Spaltbeobachtung und das Guiding Mit einer Beobachtungskamera kontrollieren wir die Positionierung des Sternabbildes auf dem Spektrografenspalt. In der Abbildung 7 ist dieses eine Lodestar. Diese Kamera sollte empfindlich sein, da die Reflexion des Sternbildes auf dem verspiegelten Spalt-Plättchen häufig recht dunkel ist. Prinzipiell kann man mit derselben Kamera auch guiden. Wir würden jedoch zum Guiden einen getrennten Off-Axis-Guider oder ein Leitrohr einsetzen. Wir haben dann zum Guiden mehr Sterne zur Verfügung und sind nicht auf wenige, dunkle Sternabbildungen auf dem Spalt-Plättchen des Spektrografen angewiesen.
Die Kamera Die Kamera, die das Spektrum aufnimmt, muss bestimmten Anforderungen genügen. Pixelgröße und Chip-Abmessung sind von den technischen Daten des Spektrografen abhängig. Wichtig ist auch ein geringes Gewicht der Kamera.
Es belastet den Spektrografen und über einen relativ langen Hebelarm auch den Okularauszug. Als eine gute Alternative zu CCD-Kameras bieten sich seit einiger Zeit gekühlte CMOS-Kameras an. Am vorgestellten Spektrografen wird eine ZWOASI 1600MM-Cool eingesetzt. Sie wiegt 440 g, hat ein geringes Ausleserauschen, 16 Megapixel und kann ca. 40 Grad C unter Umgebungstemperatur gekühlt werden. Angenehm ist auch die Möglichkeit eines Live-View-Bildes mit einem Programm wie Firecapture. Das erleichtert den Abgleich des Spektrografen erheblich. Leider sind der Quantenwirkungsgrad und die Dynamik heute noch nicht auf dem Stand einer CCD-Kamera. Dieses wird gerade in den Foren diskutiert [15].
Der Spektrograf Die Abbildung 7 zeigt den aufgebauten Echelle-Spektrografen. Er wiegt mit den Kameras 3,3 kg. Die Abbildung 8 zeigt das Roh-Spektrum eines Halogen-Lichts, das mit dem Spektrografen aufgenommen wurde.
Zusammenfassung Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem mechanischen Entwurf und der Fertigung von Komponenten eines direkt an das Teleskop gekoppelten EchelleSpektrografen. Mithilfe der Finite-Elemente-Methode haben wir ein Spektro
Spektroskopie
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grafen-Gehäuse entwickelt, das sich im Betrieb nur ca. 1 m durchbiegt und den Okularauszug mit 3,3 kg belastet. Als geeignetes Gehäusematerial hat sich Karbon herausgestellt.
Mit der vorgestellten 3D-Drucktechnik haben wir die mechanischen Zubehörteile für das Spektroskop kostengünstig hergestellt.
Wir haben als Kamera eine neue CMOSKamera eingesetzt. Sie bietet gegenüber CCD-Kameras den Vorteil eines deutlich geringeren Gewichts und eines kleinen Ausleserauschens mit dem Nachteil geringerer Dynamik und eines kleineren Quantenwirkungsgrades. Die technische Entwicklung gibt Hoffnung, dass diese Defizite bald abgebaut werden.
Literaturhinweise und Weblinks (alle Quellen von September 2017):
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/FiniteElemente-Methode
[2] www.autodesk.de/products/inventor/ overview
[3] www.autodesk.de/products/ fusion-360/overview
[4] www.altairhyperworks.de [5] J. Berlemann: "The Mechanical
Stability of Spectroscopic Setups, Part I", http://spektroskopie.fg-vds. de/pdf/Spektrum51.pdf [6] Materialbibliothek des Programms Inventor von Autodesk
8 Spektrum eines Halogen-Lichtes. Die maximale Intensität liegt im roten Bereich.
Im linken Teil der Abbildung ist der blaue Teil des Spektrums der 2. Ordnung des Cross-Dispersers zu erkennen, das nicht benötigt wird. Deutlich wird auch die Vignettierung durch das Kamera-Objektiv, das hier eine zu geringe Lichtstärke aufweist. Dieser Effekt kann durch eine Division durch ein korrektes Flat-Spektrum teilweise korrigiert werden. Außerdem ist bei der gewählten Anordnung jede Wellenlänge mehrfach in den senkrechten Streifen vertreten (Überlappung). Dadurch können wir in der Postproduktion ein lückenloses Spektrum zusammensetzen.
[7] J. Berlemann: "The Mechanical Stability of Spectroscopic Setups, Part II", http://spektroskopie.fg-vds. de/pdf/Spektrum52.pdf
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/ Flächenträgheitsmoment
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/ Rapid_Prototyping
[10] www.3d-druck-community.de/ [11] https://ultimaker.com/en/products/
cura-software [12] www.repetier.com/ [13] www.iso-gewinde.at
[14] https://knowledge.autodesk.com/ support/inventor-products/learnexplore/caas/CloudHelp/cloudhelp/2015/ENU/Inventor-Help/files/ GUID-5A1C03DE-8294-4554B3EB-50C393659D01-htm.html
[15] http://spectro-aras.com/forum/ viewtopic.php?f=8&t=1803
Spektrentrennung von Binärsternen
von Daniel P. Sablowski, Lothar F. Schanne und Ulrich Waldschläger
Mindestens die Hälfte aller Sterne sind Doppel- oder Mehrfachsysteme. Doppelsterne sind für die Stellarphysik von besonderer Bedeutung. Dies liegt an der Möglichkeit der genauen Massenbestimmung, solange das System auch bedeckungsveränderlich ist oder interferometrisch beobachtet werden kann. Für Sternaufbau und Entwicklungsmodelle ist die Sternmasse die wichtigste Größe - Vogt-Russell-Theorem. Daneben ist die chemische Zusammensetzung des Objektes noch von ausschlaggebender Bedeutung. Rotation und Magnetfelder können in manchen Fällen vernachlässigt werden. Die Rotation spielt jedoch in einigen
Systemen eine besondere Rolle, da diese insbesondere die Mischprozesse im Inneren beeinflussen kann.
Um die Massen zu bestimmen, bedient man sich spektroskopischer Messungen zur Bestimmung der durch die Bahnbewegung hervorgerufenen Verschiebungen von Spektrallinien. Daneben wird noch die Bahnneigung (Inklination) benötigt, welche man bei bedeckungsveränderlichen Systemen aus der Fotometrie erhalten kann. Alternativ können Bahnparameter u. U. auch interferometrisch bestimmt werden. Die in der Fachliteratur als ,,Disentangling" bezeichnete Me
thode, also das Entwirren von Spektren so genannter spektroskopischer Doppelsterne (SB2), ist Thema dieses Aufsatzes. SB2 sind also Doppelsterne, welche visuell im Teleskop nicht getrennt werden können, da sie aufgrund der Luftturbulenz (Seeing) oder dem limitierten Auflösungsvermögen des Teleskops zu einem einzigen Punkt verschmelzen. In manchen Fällen können sie von orbitalen Teleskopen dennoch getrennt werden und damit die einzelnen Komponenten separiert untersucht werden. Der interessierte Leser sei hierzu auf z. B. [1] verwiesen. Nichtsdestotrotz werden die meisten Daten natürlich von bodenge
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Spektroskopie
1 Screenshot des GUI von Spectangular. Links werden alle Dateien gesetzt und die Strategie
gewählt. Rechts werden das Ergebnisspektrum (oben) und die Differenzen zu den Beobachtungen (unten) bei jeder Verbesserung durch die Optimierung aktualisiert.
bundenen Observatorien gewonnen. Das aufgezeichnete Spektrum ist aus genannten Gründen also eine Überlagerung der Spektren aller Komponenten des Systems. Um eine möglichst genaue chemische Analyse oder gar eine so genannte Linienprofil-Analyse durchzuführen, ist man stark daran interessiert, die jeweiligen Spektren zu trennen. Für eben diese Aufgabe wurde die Software ,,Spectangular" [2] entwickelt, welche im nächsten Abschnitt vorgestellt werden soll.
Spectangular Der Unterschied des Disentangling im Vergleich zu ,,simplen" Separationsmethoden besteht darin, dass man hier ,,nur" auf einen Satz an Spektren zurückgreift, der möglichst gleichmäßig über die orbitale Periode des Systems verteilt ist. Die Separationsmethoden hingegen setzen meist bekannte Orbitelemente voraus oder stützen sich auf so genannte ,,Templates", also ,,Musterspektren" für die jeweiligen Sterntypen (ob aus Datenbanken oder gemessen an ähnlichen Feldsternen).
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Als Ergebnis des Disentanglings erhält man also nicht nur die getrennten Spektren, sondern auch die Orbitelemente. Spectangular kann jedoch auch auf die einzelnen Radialgeschwindigkeiten optimieren. Dies ist bei Systemen vorteilhafter, welche eine evtl. dritte, nicht sichtbare Komponente besitzen oder relativistischen Effekten unterliegen (z. B. Periheldrehung wie bei Merkur).
Um die Spektren also zu separieren, werden alle Messungen in einen Vektor geschrieben und eine Transformationsmatrix konstruiert, welche die jeweiligen Lösungsspektren um die Radialgeschwindigkeit verschiebt und auf die Messungen abbildet. Harmlos sieht diese Gleichung dann so aus:
, wobei hier
die Transformationsmatrix,
der Lösungsvektor mit den Spektren der Komponenten und
der Vektor mit allen Messungen ist.
Die Matrix hat eine Breite, welcher der Länge der beobachteten Spektren entspricht, zuzüglich der maximalen Radialgeschwindigkeit beider Komponenten, und eine Länge, die der Anzahl der beobachteten Spektren mal ihrer Länge entspricht. Bei Spektren mit gerade mal 2.000 Pixeln und 20 Messungen hat die Matrix daher 4.000 x 40.000 = 160 Mio. Elemente, wobei dies noch als klein zu betrachten ist. Ultrahoch aufgelöste Spektren haben gut und gerne eine Länge in der Größenordnung von 100k. Da die um eine Geschwindigkeit v verschobene Wellenlänge von der Wellenlänge selbst abhängt, werden die Spektren auf eine logarithmische Skala gebracht (dort entspricht dann eine Multiplikation einer Addition), und ist dadurch eine additive Konstante, was die Konstruktion von
erleichtert.
Das Gleichungssystem wird mittels Singulärwertzerlegung (SWZ) gelöst. I. A. ist dies ein sehr rechenintensives Verfahren und benötigt daher lange Rechenzeiten. Vorteil von Matrix und Vektoroperatio
Spektroskopie
113
nen ist jedoch ihre einfache Parallelisierbarkeit, wodurch auf vielen Prozessorkernen gleichzeitig gerechnet werden kann. Des Weiteren ist in der Numerik die Strategie des ,,Teilens und Eroberns - divide and conquer" aus dem militärischen Sprachgebrauch übernommen worden. Hier wird die Matrix von
also in kleinere Untermatrizen zerlegt, diese separat gelöst und dann die Lösungen wieder kombiniert. Dies alles führt letztlich zu vertretbarem Rechenaufwand. Andere Ansätze verwenden die Fouriertransformation, welche jedoch zu stärkeren Bedingungen der Beobachtungen und der Lösung führen. Nichtsdestoweniger müssen alle Daten und auch die Matrizen in den Arbeitsspeicher geladen werden. Dies führt zu einem relativ großen benötigten RAM. Kern des Programms ist ein globaler mehrdimensionaler Optimierungsalgorithmus, welcher die Orbitelemente bzw. Radialgeschwindigkeiten optimiert, so dass das ,,beste" Ergebnis erzielt wird.
Dieses beste Ergebnis ist so definiert: Die Lösungsspektren werden von allen Beobachtungen subtrahiert (Abb. 1 unten rechts) und dann aufsummiert. Ist in den Differenzen nur noch Rauschen vorhanden, sollte diese Differenz gegen Null streben. Eben diese Summe aller Differenzen wird vom Optimierungsalgorithmus minimiert. Ein kleines Filmchen zu diesem Optimierungsprozess findet man in [2] unten.
Bei diesen theoretischen Betrachtungen soll es an dieser Stelle auch bleiben und der interessierte Leser sei für mehr Details auf [3] verwiesen. Sehen wir uns also im nächsten Abschnitt einige Beispiele für das Disentanglement an.
Ergebnisse Die Software Spectangular ist als freies Programm für Linux auf der GitHub-Seite [4] zu finden. Ein Screenshot des GUI sei in der Abbildung 1 gezeigt. Auf eine erste Publikation, in welcher das Programm erfolgreiche (und vom Entwickler ungeahnte) Anwendung bei WR-Sternen fand, findet man in [5]. Hier zeigen wir die Anwendung auf von Amateuren gewonnene Daten vom Doppelstern Mizar ( UMa). Eine gute Quelle für Orbitalparameter von SB2 stellt der 9th Cata
2 Alle gemessenen und hier verwendeten Spektren von Mizar A. Die ersten 15
von unten wurden von U. Waldschläger, die oberen von L. Schanne gewonnen.
logue of Spectroscopic Binary Orbits [6] dar. Mizar selbst ist ein visuelles Vierfachsystem. Die hier gewonnenen Daten von Mizar A sind in der Abbildung 2 geplottet und wurden mit zwei unterschiedlichen Spektrografen gewonnen. Es handelt sich dabei um das Si II Doublet mit seinen Linien bei 6347 und 6371 Å. Diese Linien entstehen in der Photosphäre und unterliegen daher weniger den Effekten einer Atmosphäre, die nicht im thermodynamischen Gleichgewicht (NLTE) ist (Chromosphäre etc.). Daher eignen sich solche Linien besser für die Bestimmung der Radialgeschwindigkeiten bzw. der Orbitparameter als z. B. H, dessen Linienkern in der Chromosphäre entsteht. Allerdings handelt es sich bei Mizar A um zwei ähnliche A-Sterne, welche also keine ausgeprägte NLTE Atmosphäre besitzen sollten.
Die Ergebnis-Spektren des Disentanglings sind dann zusammen mit einem gemessenen Spektrum in der Abbildung 3 gezeigt. Die Qualität des Ergebnisses hängt natürlich stark von der Qualität der Messungen ab und zwar in dem Sinne, dass die Messungen möglichst gleiches Signal/Rausch-Verhältnis besitzen und identisch normiert werden sollten. Da die verwendeten Spektren von zwei Personen mit zwei unterschiedlichen Messsystemen erstellt wurden, ist das Ergebnis dennoch als gut zu werten. Die Linienprofile der Si-
I- Linien (rot) zeigen am roten Rand einen flacher auslaufenden Flügel als am blauen Rand. Es ist aufgrund des erhöhten Rauschens in einigen Spektren nicht klar zu sagen, ob eine solche Asymmetrie nun Rückschlüsse auf den Temperatur- oder Druckverlauf in der Atmosphäre zulässt. Weiterhin sei noch die signifikante Verbesserung des Signal/Rausch-Verhältnisses in den Ergebnis-Spektren im Vergleich zu den Messungen herausgestellt. Dies ist ein weiterer Vorteil des Disentanglements im Vergleich zu Separationsmethoden.
Weiteres Vorgehen Wie würde also nun ein weiteres Vorgehen aussehen? Zunächst können die Ergebnis-Spektren für eine Linienprofilanalyse verwendet werden. Hier kann beispielsweise der so genannte ,,Bisektor" berechnet werden, also die Mittellinie der Spektrallinie zu jedem Intensitätswert. Für eine symmetrische Linie wäre dies dann eine gerade Linie parallel zur y-Achse. Sind Temperaturgradienten in dem Bereich der Atmosphäre, in der die Linie entsteht, vorhanden (was i. A. immer der Fall sein wird), so wird sich dies in einer entsprechenden Krümmung des Bisektors zeigen.
Daneben können durch Vermessen der Halbwertsbreite (FWHM) der Linie und ihrer Korrektur um das Instrumentenpro
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Spektroskopie
fil die Rotationsgeschwindigkeiten der beiden Komponenten bestimmt werden. Wenn man annimmt, dass sich die Komponenten auf diesem 20,5-tägigen Orbit synchronisiert haben, d. h. die Komponenten rotieren einmal je Orbit um ihre Achse, so berechnet man aus den Radien der Komponenten (2,4 Sonnenradien) eine Rotationsgeschwindigkeit von ca. 5,9 km/s. Die Inklination der Bahn wurde zu ca. 60 Grad bestimmt, was eine projizierte Rotationsgeschwindigkeit von ca. 5,2 km/s ergibt. Diese Geschwindigkeit lässt sich dann wiederum in eine Halbwertsbreite der Linie umrechnen, welche in diesem Beispiel ca. 0,18 Å betragen würde.
Da das System eine relativ hohe Exzentrizität der Bahn besitzt, kann auch der Effekt der Pseudosynchronisation eintreten. Hier gleicht sich die Rotationsgeschwindigkeit der Bahn-Winkelgeschwindigkeit im Periastron an. Im Fall von Mizar A würde dies eine Rotationsperiode von ca. 6,32 Tagen bedeuten und damit 19,21 km/s betragen. Zur Berechnung siehe z. B. [7].
Die gemessenen Linienbreiten betragen im Mittel 1,26 Å. Die publizierten Rotationsgeschwindigkeiten gelten als relativ unsicher und belaufen sich auf ca. 32 km/s [8]. Die Auflösung der hier verwendeten Spektren liegt im Mittel bei ca. 0,53 Å. Korrigieren wir die mittlere Linienbreite von 1,26 Å um die Auflösung (angenommen als Instrumentenprofil) und berechnen dann die Rotationsgeschwindigkeit, so erhalten wir 32,5 km/s. Die Linienbreite der blauen Si-I-Linien liegt etwas höher, womit man ca. 34,6 km/s erhält und aus der rotwärtigen Linie eher auf 30,3 km/s kommt. Dies könnte nun vorhandenen Blends (nicht auflösbaren benachbarten Linien) oder einer Degradation des Auflösungsvermögens geschuldet sein.
In jedem Fall jedoch würde es eine Vergrößerung der gemessenen FWHM bedeuten, wodurch unser gemessener kleinster Wert von 30,3 km/s schon fast als obere Grenze angesehen werden müsste. Unsere Messungen zeigen also eine gute Übereinstimmung mit der Literatur, und demnach ist eine Synchronisation der Rotation und der Bahn (noch) nicht eingetreten.
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3 Ergebnis des Disentangling (blau und rot für die beiden separierten Komponenten)
sowie ein gemessenes Spektrum zum Vergleich.
Diskussion Die Methode des Disentanglings ist zwar ein sehr rechen- und damit zeitaufwändiges Verfahren, aber es zeigt doch wesentliche Vorteile gegenüber anderen Separationsmethoden. Keine Templates und keine Vorkenntnisse der Orbitalparameter sind notwendig. Als Ergebnis erhält man getrennte Spektren, die im Signal/Rausch-Verhältnis auch den Messungen überlegen sind (solange alle Messungen in der Normierung und dem Signal/Rausch-Verhältnis ähnlich sind), sowie die Radialgeschwindigkeiten bzw. Orbitparameter.
Die Bestimmung der Rotationsgeschwindigkeit aus diesen Spektren in dem hier verwendeten Beispiel von Mizar A erfordert jedoch weitere Messungen. Die Komponenten des Systems sind sehr ähnlich und eine Variabilität der Rotationsgeschwindigkeit (verursacht durch evtl. Pulsation) ist nicht ausgeschlossen. Des Weiteren wurde auch das Potenzial (Rotationsperioden, Synchronisation) einer bisher der Profiwelt vorbehaltenen Analyse-Methode auf Messungen dargelegt, welche von Hobbyastronomen erstellt wurden.
[6] http://sb9.astro.ulb.ac.be/ [7] K. G. Strassmeier: ,,Aktive Sterne",
in: ,,Laboratorien der solaren Astrophysik", Springer Verlag, Wien 1997, ISBN 3-211-83005-7 [8] www.alcyone.de/SIT/mainstars/ SIT000811.htm
Literaturhinweise und Weblinks: [1] P. Young, A. Dupree, 2002:
Astrophys. J, 565, p. 1 [2] https://dpsablowski.wordpress.com/
disentangling/ [3] D. P. Sablowski, M. Weber, 2017:
Astron. Astrophys. 597, A125 [4] https://github.com/DPSablowski [5] T. Shenar, N. Richardson, D. P.
Sablowski et al., 2017: Astron. Astrophys. 598, A85
Sternbedeckungen
115
Streifende Sternbedeckungen
durch den Mond im 2. Quartal 2018
von Eberhard Riedel
Die drei interessantesten streifenden Bedeckungen von Sternen durch den Mond im 2. und beginnenden 3. Quartal dieses Jahres sind im Folgenden dargestellt. Die Landkarte zeigt die Grenzlinien dieser Ereignisse quer über Deutschland, die der mittlere Mondrand während des Vorbeizuges am Stern beschreibt. Von jedem Punkt in der Nähe dieser Linien ist zum richtigen Zeitpunkt das oft mehrfache Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns bereits in einem kleinen bis mittleren Fernrohr zu verfolgen. Alle Streifungen finden am unbeleuchteten Mondrand, teilweise aber in der Nähe des hellen Mondterminators statt und sind daher nicht in allen Phasen leicht zu beobachten.
Karte mit den Grenzlinien der Streifungsereignisse
Grundlage der hier veröffentlichten Profildaten sind Laser-Messungen des amerikanischen Lunar Reconaissance Orbiters, die vom Chemnitzer Sternfreund Dietmar Büttner in ein dichtes Netz von librationsabhängigen Profilwerten umgerechnet wurden. Die Sternpositionen stammen überwiegend aus der 1. Veröffentlichung der hochgenauen Messungen der europäischen Raumsonde Gaia.
Um streifende Sternbedeckungen erfolgreich beobachten zu können, werden eine ganze Reihe präziser Informationen benötigt. Die europäische Sektion der International Occultation Timing Association (IOTA/ES) stellt diese Daten zur Verfügung. Kernstück ist die Software GRAZPREP des Autors, die sowohl eine komplette und stets aktualisierte Auflistung aller interessanten Ereignisse als auch für jedes Ereignis die genauen Koordinaten der Grenzlinien und viele weitere Informationen liefert. Darüber hinaus kann von jedem Standort aus das Profil des Mondes und die zu erwartende Sternbahn grafisch in verschiedensten Vergrößerungen dargestellt werden, um so den besten Beobachtungsstandort auswählen zu können. Letzterer muss auch unter Berücksichtigung der Höhe optimiert werden, weil diese einen Einfluss auf den Blickwinkel zum Mond hat.
Hierzu können höhenkorrigierte Grenzlinien automatisch in eine Google-EarthKarte übertragen werden, mit der es dann einfach ist, die besten Beobachtungsstationen festzulegen.
Die Software kann kostenlos unter www. grazprep.com heruntergeladen und installiert werden (Password: IOTA/ES). Zusätzlich benötigte Vorhersagedateien sind dort ebenfalls herunterzuladen oder direkt vom Autor (e_riedel@msn.com) oder über die IOTA/ES (www.iota-es.
de) zu beziehen. Weiterführende Informationen, z. B. über die Meldung der Bedeckungszeiten, sind dort ebenfalls erhältlich. Die VdS-Fachgruppe Sternbedeckungen informiert ferner über Beobachtungs- und Aufzeichnungstechniken dieser eindrucksvollen Ereignisse.
Ereignis 1: 20.04.2018 Am 20. April zieht ab 23:15 MESZ der nur zu 27 % beleuchtete zunehmende Mond mit seinem zerklüfteten Südrand am 7,8 mag hellen Stern SAO 95402
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Sternbedeckungen
vorbei. Trotz der geringen Helligkeit des Sterns ist dieses Ereignis wegen des zunächst großen Abstandes zu den beleuchteten Mondstrukturen auch in einem kleinen Fernrohr gut zu verfolgen. Die Bedeckung beginnt in Ostfriesland und läuft durch das nördliche Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, weiter nach Osten nahe an Brandenburg und Cottbus vorbei.
Die Abbildung 1 zeigt für die Länge 10 Grad Ost, dass die scheinbare Sternbahn (blauweiß gestrichelte Linie mit Minutenangaben) den Mondrand ein Stück weit vom Terminator entfernt berührt, so dass die Mondhelligkeit bei diesem Ereignis, auch wegen des geringen Beleuchtungsgrades des Mondes, nicht stören wird.
Die Streifungsline bei 10 Grad Ost, bezogen auf das mittlere Mondrandniveau, ist mit N 53 Grad 10' 49'' berechnet. In der Grafik ist das Mondrandprofil in 6-facher Überhöhung dargestellt, weshalb auch die Krümmung der scheinbaren Sternbahn grafisch erforderlich ist. Auf diese Weise kann besser beurteilt werden, wann und wie viele Bedeckungsereignisse im Einzelnen zu erwarten sind. Tatsächlich können von dieser Position zwischen 23:15:55 und 23:19:53 MESZ mindestens 6 Kontakte verfolgt werden (s. Inset). Einen Anhalt über die Verlagerung der scheinbaren Sternbahn, wenn man die in der Grafik angegebene geografische Breite verlässt, geben die roten Begrenzungslinien. Diese zeigen einen Abstand von der Grenzlinie von +- 3 km an, welcher senkrecht zur auf der Erde verlaufenden Grenzlinie angetragen wird. Hierdurch ist erkennbar, wie unterschiedlich die zu erwartenden Kontaktzeiten innerhalb dieses Streifens sein können. Einen weiteren Einfluss auf die zu beobachtenden Kontakte hat allerdings auch die Höhe des Beobachtungsortes, für die die aufzusuchende Beobachtungsposition korrigiert werden muss.
SAO 95402 ist nicht als Doppelstern bekannt, weshalb sein Verschwinden am Mondrand jeweils schlagartig erfolgen müsste. Nicht selten wurden jedoch bei Sternbedeckungen durch den Mond enge Doppelsterne entdeckt. Zu beobachten wäre dann ein langsameres oder nur teilweises Verschwinden und Wiederauftauchen des Sternlichtes.
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1 Die scheinbare Sternbahn von SAO 95402 (blauweiß gestrichelte Linie) bei
Beobachtung genau von der vorhergesagten Grenzlinie, mit 6-facher Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +- 3 km.
2 Oben die scheinbare Sternbahn von SAO 98245, 6-fache Mondhöhendehnung, rote
Begrenzungslinien bei +- 1 km. Unten die scheinbare Sternbahn von SAO 98245 bei Beobachtung ca. 1.000 m südlich der Grenzlinie, 24-fache Mondhöhendehnung; rote Begrenzungslinien bei +- 1.000 m.
Ereignis 2: 20.05.2018 Am Abend des 20. Mai bedeckt der zu 34 % beleuchtete zunehmende Mond den 6,2 mag hellen Stern SAO 98245 mit seinem unbeleuchteten Nordrand.
Bei Beginn des Ereignisses knapp südlich von Aachen steht die Sonne erst 5 Grad unter dem Horizont. Im weiteren Verlauf der Streifungslinie über Mannheim, Heilbronn, Augsburg und südlich
Sternbedeckungen
117
an München vorbei ist aber die Himmelshelligkeit soweit reduziert, dass eine Beobachtung bereits im kleinen Fernrohr möglich wird.
Der Mondrandausschnitt in der Abbildung 2 zeigt oben die Situation bei der geografischen Länge von 10 Grad Ost und verdeutlicht den ausreichenden Abstand der Bedeckungszone zum Terminator. Auf der vorausberechneten Zentrallinie werden jedoch keine Kontakte zu sehen sein. Die Grafik zeigt, dass die Mondoberfläche an dieser Stelle deutlich unterhalb des mittleren Mondniveaus (weiß gepunktete Linie) liegt, weshalb ein Stück weit nach Süden ausgewichen werden muss, um Bedeckungen des Sterns sehen zu können. Die roten Begrenzungslinien deuten den Versatz der scheinbaren Sternbahn in einem Abstand von +- 1.000 m von der berechneten Streifungslinie an.
Unten zeigt die Abbildung 2 die scheinbare Sternbahn bei einem Abstand von 1.000 Metern südlich der mittleren Streifungslinie in starker Vergrößerung und lässt bei dieser Position zwischen 22:02 und 22:04 MESZ eine Vielzahl von Kontakten erwarten. Das Mondrandprofil ist hier in 24-facher Überhöhung dargestellt.
SAO 98245 ist ebenfalls nicht als Doppelstern bekannt.
Ereignis 3: 08.07.2018 Die am einfachsten und spektakulärsten zu beobachtende streifende Sternbedeckung am 8. Juli findet leider in den frühen Morgenstunden um 4 Uhr MESZ statt. Alle sonstigen Bedingungen sind aber optimal: Der abnehmende Mond ist nur zu 38 % beleuchtet und die hellen Mondstrukturen genügend weit vom Bedeckungsort entfernt. Der Stern ist 2 Ceti (= 73 Ceti) mit einer Helligkeit von 4,3 mag, im kleinen Fernrohr am Mondrand bequem auszumachen. Bei 10 Grad Ost ist die Sonne noch mehr als 8 Grad unter dem Horizont und stört die Beobachtung ebenfalls nicht.
Die Abbildung 3 lässt oben erkennen, dass erneut wegen tiefliegender Mondrandstrukturen auf der vorausberechneten Grenzlinie keine Bedeckung stattfindet. Die roten Begrenzungslinien im
3 Oben die scheinbare Sternbahn von 2 Ceti bei Beobachtung genau von der
vorhergesagten Grenzlinie, mit 6-facher Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +- 1 km. Unten die scheinbare Sternbahn von 2 Ceti bei Beobachtung ca. 2,5 km südlich der Grenzlinie, 24-fache Mondhöhendehnung; rote Begrenzungslinien bei +- 1.000 m.
Abstand von +- 1.000 Metern deuten an, wie weit man mindestens nach Süden wandern muss, um das mehrfache Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns verfolgen zu können.
Beginnend südlich von Trier läuft die Schattengrenze des Mondes in annähernd nordöstlicher Richtung quer durch Deutschland und überquert schließlich die Stadt Brandenburg zentral.
Im unteren Teil der Abbildung 3 sind die Profilhöhen 24-fach gedehnt dargestellt. Abgebildet ist die Streifungssituation bei einer Beobachtung 2,5 km südlich von der berechneten Grenzlinie bei 10 Grad östlicher Länge, von wo entlang der blauweiß gestrichelten scheinbaren Sternbahn zwischen ca. 04:05:20 und 04:06:49 MESZ mindestens vierzehn Mal das Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns zu sehen sein dürfte. Die roten Begrenzungslinien sind wie oben für +- 1.000 m am Erdboden dargestellt.
Die Grafik ist, wie alle anderen, für Meereshöhe gerechnet. Bei deutlich höher gelegenen Beobachtungsstationen muss deren Höhe ebenfalls in die Berechnung einbezogen werden, um eine genügend genaue Vorhersage zu erhalten. (Zur Software s. Haupttext)
Comic
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Veränderliche
VV Cephei - Beobachtungskampagne
einer seltenen Bedeckung
von Frank Walter
1
Der Stern VV Cephei ist der Bedeckungsveränderliche mit der zweitlängsten bekannten Periode. Sie beträgt mehr als 20 Jahre. Eine Bedeckung ist also ein seltenes Ereignis, das die Veränderlichenbeobachter auf der nördlichen Hemisphäre zu eifriger Beobachtung anregt. Die Bundesdeutsche Arbeitsgemeinschaft für veränderliche Sterne (BAV) hat bereits 2015 eine Kampagne zur regelmäßigen, möglichst lückenlosen Erfassung der Sternhelligkeit gestartet (s. [1]). Bisher sind Beobachter aus Deutschland und Österreich der Aufforderung gefolgt. Die erzielten Ergebnisse werden hier vorgestellt.
Bei VV Cephei handelt es sich um einen kühleren roten Überriesen, der von einem kleineren, heißen, blauen Stern umkreist wird (Tab. 1). Beide sind sehr massereich (ca. 19 Sonnenmassen). Das System ist getrennt, es findet kein Massenaustausch statt, jedoch bläst von der Komponente 1 ein starker Sternenwind, der sich in einer Akkretionsscheibe um die Komponente 2 sammelt. Die Ausdehnung dieser Scheibe beträgt 650 Sonnenradien (s. Abb.1).
zirkumpolar und deshalb ganzjährig zu beobachten. Die Helligkeiten betragen V = 4,91 mag und B = 6,68 mag. VV Cephei ist also auch für visuelle Beobachter gut geeignet. Beobachtungen in den verschiedenen Farbbereichen sind sehr erwünscht. Um Messergebnisse vergleichbar zu machen, sollten die Ver
Schematische Darstellung des Bedeckungssystems VV Cep (Quelle: Beobachtungsaufruf der SAS (Society of Astronomical Sciences) [3])
gleichsterne mit dem Label 43 und 55 verwendet werden (Abb. 2):
AUID 000-BCP-877 V = 4,29 Rc = 4,001 AUID 000-BCP-370 V = 5,52 Rc = 4,281
B = 4,630 (Label 43) B = 7,040 (Label 55)
Wohl nur dreimal in einem Menschenleben können wir das packende Schauspiel der Verfinsterung des Doppelsternsystems VV Cephei erleben. Alle 20,35 Jahre bedeckt der kolossale rote Überriese seinen viel kleineren Partner. Beide Sterne haben ähnliche Massen, allerdings ist der eine Stern im Rahmen seiner Entwicklung zu einem Überriesen aufgebläht (an die Stelle der Sonne gesetzt würde er bis zur Jupiterbahn reichen). Sein Begleiter leuchtet blau und ist fast 100-mal kleiner. Aus diesem Grund dauert die ganze Bedeckung ca. zwei Jahre (650 Tage). Die Helligkeit schwankt im visuellen Bereich zwischen 4,9 und 5,4 mag. Der Stern ist somit auch für visuelle Beobachter gut geeignet.
Hinweise und Vorhersagen für Beobachter Die Koordinaten (2000.0) des Sterns lauten Rektasz. = 21h 56min 39,14s und Dekl. = +63 Grad 37' 32,01''. Der Stern ist
VdS-Journal Nr. 65
2 Umgebungskarte VV Cep mit Vergleichsternen (Quelle: AAVSO)
Veränderliche
119
Für Beobachtungen mit längeren Brennweiten werden Vergleichssterne näher an VV Cep benötigt. Wir empfehlen:
BD +63 1784 = HD 20843 B = 7,612
V = 7,601 R = 7,600
(label C1)
BD +62 2004 = HD 208713 B = 7,759
V = 7,235 R = 6,890
(label C2)
Der zeitliche Verlauf der aktuellen Bedeckung sollte den Vorhersagen nach so ablaufen, wie in der Tabelle 2 dargestellt. Weitere Beobachtungen bis zum Ende der Bedeckung und darüber hinaus sind sehr erwünscht. Auch Sternfreunde, die bisher nicht an der Kampagne teilgenommen haben, sind sehr willkommen.
Bisher erzielte Beobachtungsergebnisse Obwohl die Bedeckung erst im Sommer 2017 begonnen hat, haben wir bereits im Jahr 2015 (s. [1]) auf das seltene Ereignis hingewiesen und zur möglichst dichten Beobachtung aufgerufen. Der Aufruf stieß auf eine große Resonanz. Bis zum 25.11.2017 wurden nahezu 2.500 Helligkeitsmessungen (CCD, DSLR, Fotometer) und Helligkeitsschätzungen (vis) von insgesamt 19 Beobachtern gemeldet.
Die Abbildung 4 der Lichtkurve zeigt alle erfassten Daten in den Farbbereichen R, V, B, U. Die Abbildung 3 zeigt einen Auszug der Gemeinschaftslichtkurve vom April 2016 bis Ende November 2017 in den Farbbereichen V und B. Aus den
Tabelle 1: Systemparameter
Sonnenmassen (geschätzt) Sonnenradien (geschätzt) Spektraltyp
Komponente 1 18,0 - 19,7 1000 - 1800 M2 (rot)
Komponente 2 19,8 - 20,0 13 - 25 B0 (blau)
Datenpunkten wurden 5-er-Mittel gebildet und die blaue Kurve wurde parallel an die grüne herangeschoben. Es zeigen sich deutlich Helligkeitsschwankungen des Gesamtsystems außerhalb der Bedeckung. Sie verlaufen in beiden Farbbereichen sehr genau parallel.
Wir können außerdem den Beginn der Bedeckung (1. Kontakt), ablesen. Er ergibt sich zu ungefähr JD = 2457987, 21.08.2017, 17 Tage später als die Vorhersage (04.08.2017). Bei der letzten Bedeckung 1997/98 haben D. Graczik, M. Mikolajewski und J. L. Janowski einen sprunghaften Anstieg der Periode gegenüber früheren Bedeckungen festgestellt [4]. Unsere Beobachtung des verspäteten 1. Kontaktes stimmt damit recht gut überein. Die polnischen Astronomen vermuten als Ursache einen Massentransfer vom roten Überriesen zum Begleiter.
Der Helligkeitsabfall im V-Bereich beträgt ca. 0,3 mag und im B-Bereich ca. 0,4 mag. Das ist naheliegend, denn der blaue Begleiter wird vom Überriesen bedeckt.
Dass die Helligkeit etwa 35 Tage nach dem Beginn der Bedeckung wieder anstieg, löste bei vielen Beobachtern Überraschung aus. War der 2. Kontakt bereits am 28.09.2017 erreicht? Vorhergesagt war dieses Ereignis für den 27.10.2017. Betrachtet man den Verlauf der Lichtkurve für die Zeit vor der Bedeckung, so stellt man eine ziemlich regelmäßige Schwankung fest (s. Abb. 3, Lichtkurve V). Die Periode dieser Schwingung lässt sich ablesen, sie beträgt ca. 180 Tage. Eine Pulsation des Überriesen kann vermutet werden, und es ist verständlich, dass sich diese Helligkeitsschwankung auch während der Bedeckung zeigt. Sie führt zum deutlichen Anstieg der Lichtkurve nach dem 1. Kontakt.
Die Vermutungen und Abschätzungen sind durch weitere Beobachtungen in den nächsten zwei Jahren kritisch zu prüfen und durch genaue Kurvenanalysen zu präzisieren. Wir sind sehr gespannt, wie es weitergeht. Die BAV berichtet laufend auf ihrer Webpage [2] über die Helligkeitsentwicklung.
3 BAV-Gemeinschaftslichtkurve Farbbereiche V und B (Details)
VdS-Journal Nr. 65
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Veränderliche
4 Gemeinschaftslichtkurve der BAV-Beobachter in allen Farbbereichen
Literaturhinweise und Weblinks: [1] F. Walter, 2015: ,,Ein Projekt für
mehrere Jahre: Beobachtungskampagne VV Cep", www.bav-astro.eu/ rb/rb2015-4/233.pdf [2] BAV-Webpage zur VV-Cep-Beobachtungskampagne, 2017: www.bav-astro.eu/index.php/ veraenderliche/bedeckungsveraen derliche/vv-cep-kampagne [3] J. L. Hopkins, P. D. Bennett, E. Pollmann: "VV Cep Eclipsing Campaign 2017 / 2019", in: Proceedings for the 34th Annual Conference of the Society for Astronomical Sciences, SAS-2015, The
Symposium on Telescope Science, p. 83-89, http://astrospectroscopy.de/ media/files/SAS_2015.pdf
[4] D. Graczyk, M. Mikolajewski, J. L. Janowski, 1999: "The Sudden Period Change of VV Cephei", IBVS 4679
Tabelle 2: Der zeitliche Verlauf der aktuellen Bedeckung
Ereignis Beginn der Bedeckung (1. Kontakt) Beginn der totalen Bedeckung (2. Kontakt) Mitte der Bedeckung Ende der totalen Bedeckung (3. Kontakt) Ende der Bedeckung (4. Kontakt)
Datum 04. August 2017 27. Oktober 2017 01. Juni 2018 06. Februar 2019 16. Mai 2019
JD 2 457 970 2 458 054 2 458 288 2 458 521 2 458 620
JD ist die Zeitangabe im so genannten Julianischen Datum, einer fortlaufenden Tageszählung.
Veränderliche Sterne als Motivation für Schülerpraktikanten
von Michael Geffert
In meinem Leben gab es zwei Ereignisse, die mich stark motivierten, die berufliche Laufbahn eines Astronomen einzuschlagen. Das eine war mein erster Blick durch ein astronomisches Fernrohr auf Saturn als Schüler, und das zweite Ereignis war die Messung der Lichtkurve eines veränderlichen Sterns während meines Studiums in Bonn. Nach einer Woche voller Theorie, Formeln und Rechnungen wirkte das Astronomiepraktikum bei Professor Geyer am Freitagnachmittag damals auf mich immer wie eine Belohnung für die Arbeit in der Woche. Mittels visueller Schätzungen von Sternen auf Fotoplat
ten haben wir dort selbst die Lichtkurve eines Cepheiden abgeleitet. Das Ergebnis nach einigen Stunden Arbeit in den Händen zu halten, war schon ein bewegender Moment! Die damals empfundene eigene Begeisterung für diese Art astronomischer Tätigkeit hat mich veranlasst, mit unseren Schülerpraktikanten heute veränderliche Sterne zu bearbeiten.
Die Lichtkurve eines Sterns ist zunächst mal nur ein Diagramm, bei dem man die Helligkeit des Sterns gegen die Zeit oder bei bekannter Periode gegen den Bruchteil der Periode (die Phase) aufträgt (Abb. 1).
1 Lichtkurve eines veränderlichen
Sterns (RR-Lyrae-Stern vom Typ AB) im Kugelsternhaufen Omega Centauri. Die Zeiten wurden mit einer Periode von 0,63564 Tagen in die Phase umgerechnet.
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Veränderliche
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2 Zwei Aufnahmen des Mirasterns V388 Lac vom 8. August 1969 (links) und vom 14. Juli 1970. Durch Vergleich der beiden Aufnahmen
kann der veränderliche Stern in der Mitte des Feldes gefunden werden. Der Helligkeitsunterschied beträgt mehrere Größenklassen.
Sie kann aus vorhandenen Beobachtungsdaten, auch ohne größere Hilfsmittel, in recht kurzer Zeit hergestellt werden. Während die Mehrheit der Sterne für unsere Messmethoden eher gleich hell leuchtet, erlebt man bei veränderlichen Sternen, dass sich deren Helligkeit signifikant ändert. Das macht sie zunächst einmal attraktiv, weil das Registrieren von Veränderungen immer spannender ist als die Beobachtung gleich bleibender Phänomene (Abb. 2). Die Lichtkurve eines Sterns bietet aber vor allem auch die Möglichkeit, etwas über die Natur der Sterne zu erfahren. Wegen der großen Entfernungen der Sterne erscheinen sie ja auf fast allen Aufnahmen nur als Punkte. Über den Verlauf der Helligkeitsvariationen kann man herausbekommen, ob es sich bei dem Stern um einen doppelten, einen pulsierenden oder explodierenden Stern handelt. Es ist ein bisschen so, als ob man dem Lichtpunkt ein kleines Geheimnis entreißt!
Dazu bieten veränderliche Sterne zusätzlich noch sehr gute didaktische Möglichkeiten. Man kann mit ihnen grundlegende Messmethoden wie z.B. die Entfernungsbestimmung von Galaxien vermitteln.
Vor knapp 20 Jahren begannen Schülerinnen und Schüler aus Gymnasien verstärkt in unserem Institut nach Praktikumsstellen zu fragen. In der letzten Zeit
konnte ich pro Jahr etwa 15 Schülerpraktika betreuen. Wichtig ist, dass man immer mindestens zwei Praktikanten gleichzeitig betreut, damit die Praktikanten sich nicht unter den Wissenschaftlern zu einsam fühlen. In der Regel beträgt der Zeitraum eines solchen Praktikums zwei bis drei Wochen. Zuerst bemühten wir uns um eine Praktikumstätigkeit, bei der die Betreuung nicht zu viel Zeit kosten, aber den Schülern doch auch interessante Aspekte der Arbeit eines Wissenschaftlers vermitteln sollte. Beliebte Aufgaben in dieser Zeit waren die Erstellung einer Webpage oder eines Vortrags. Damit hatte die Arbeit der Praktikanten auch noch eine gewisse weitere sinnvolle Verwendung.
Junge Menschen, die sich mit der Astronomie beschäftigen, drängt es aber auch nach eigener astronomischer Beobachtung. In der damaligen Zeit gehörte zu der Bonner Universität auch noch das Observatorium Hoher List in der Eifel. Neben größeren Teleskopen gab es dort auch einige kleinere Geräte, die für die Arbeit mit Schülern sehr geeignet waren. Die Entwicklung leicht handhabbarer CCD-Kameras, wie z.B. die SBIG-Serie, zusammen mit dem Programm Astroart ermöglichte dann eigene kleine Beobachtungsprojekte, die nun mit Jugendlichen ausgewertet werden konnten. Wir begannen damals mit der Verwendung
von veränderlichen Sternen im Praktikum. Bevorzugte Objekte waren solche, deren Lichtkurve sich über deutlich kürzere Zeit als eine Beobachtungsnacht erstreckte wie z.B. CY Aqr. Nicht immer war es möglich, Jugendliche auch selbst mit beobachten zu lassen, weil das Observatorium mit 85 Kilometern doch in einer beträchtlichen Entfernung von Bonn liegt. Andererseits konnte ich selbst verstärkt gezielt Material aufnehmen, das die Schülerpraktikanten dann auswerten konnten.
Mit der Schließung des Observatoriums vor einigen Jahren schien die Möglichkeit, mit Schülerinnen und Schülern im Laufe eines Praktikums aktuelle Beobachtungen zu bearbeiten, zu versiegen. Dafür ergab sich aber eine Lösung, welche die jungen Menschen vielleicht noch näher an die aktuelle Forschung heranführt. Mit der Aufgabe des Observatoriums kam das ganze Fotomaterial der astronomischen Beobachtungen nach Bonn. Da Fotoplatten eine enorme Datenmenge speichern können, die man vollständig erst allmählich mit modernen Methoden auswerten kann, bieten sie heute noch eine Menge an Informationen, die noch nicht erfasst worden sind. Außerdem gibt es Serienaufnahmen bestimmter Himmelsregionen (Abb. 3), wo mehr als 50 Fotoplatten unter möglichst identischen Bedingungen aufgenommen
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Veränderliche
3 Sternfeld um den Nordamerikanebel. Von diesem Feld gibt es etwa 100 Aufnahmen,
die in der Zeit von 1969 bis 1973 mit dem Astrographen des Observatoriums Hoher List belichtet wurden.
zu bearbeiten. Aus verständlichen Gründen können Schülerinnen und Schüler natürlich nur einen Teil der wissenschaftlichen Arbeit übernehmen.
Als Vorbereitung zum Praktikum werden zunächst einmal einige Fotoplatten eines Sternfeldes gescannt. Dann erfolgt die astrometrische und fotometrische Eichung der Aufnahmen mit Astroart durch die Praktikanten (Abb. 4). Die kalibrierten Daten werden mit eigenen Programmen weiter bearbeitet, bis das Material für Lichtkurven einzelner Sterne im Feld vorliegt. Die Darstellung der Lichtkurve und die Periodensuche mit dem Programm PERSEA können dann wieder die Jugendlichen übernehmen. Bei der anschließenden Arbeit mit dem Datenzentrum von Strasbourg (CDS) oder der Homepage der American Association of Variable Star Observers (AAVSO) machen die Jugendlichen dann ihre ersten Erfahrungen mit elektronischen Archiven, was für die zukünftige wissenschaftliche Arbeit ja immer wichtiger wird.
Zu Beginn der Bearbeitung eines Feldes ist keineswegs klar, wie das Resultat der Reduktionen aussehen wird und ob man interessante Objekte im Feld findet. Insofern entspricht die Arbeit auch der wissenschaftlichen Tätigkeit, bei der das
worden waren, was für die Ableitung von Lichtkurven sehr geeignet ist. Wegen der Größe des Feldes sind oft bei solchen Serien bei Weitem noch nicht alle veränderlichen Sterne vermessen. Die Ergebnisse solcher Untersuchungen können ja auch wichtige Beiträge zur Untersuchung des Langzeitverhaltens von veränderlichen Sternen liefern.
So entstand die Idee, ein Projekt ins Leben zu rufen, bei dem das Fotomaterial (und CCD-Aufnahmen) des Observatoriums Hoher List ausgewertet wird, und die Schülerpraktikanten an diesem Projekt zu beteiligen. Wenn eine Fotoplatte digitalisiert ist, kann man sie im Grunde wie eine CCD-Aufnahme, also mit modernen Methoden auswerten. Die Arbeit mit einem Plattenarchiv beinhaltet außerdem die Möglichkeit, auch langperiodische veränderliche Sterne (z.B. Mira-Sterne), deren Beobachtung normalerweise Monate dauert, im Laufe eines Praktikums
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4 Schülerpraktikanten bei der Arbeit
VdS-Nachrichten
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Ergebnis ja im Prinzip auch noch nicht vorher feststeht. Einen substantiellen Aufschwung nahm die Arbeit mit dem Kontakt zur Bundesdeutschen Arbeitsgemeinschaft für Veränderliche Sterne e.V. (BAV). Einmal ist die Homepage für dieses Projekt eine optimale Ergänzung. Schülerinnen und Schüler können sich dort in Eigeninitiative fortbilden. Das umfangreiche Material der Homepage bietet eigentlich vielen Interessierten, von den Einsteigern, die mit Ferngläsern helle Objekte bearbeiten, bis zu den professionellen Nutzern anderer Datenquellen (Datamining) eine Fülle von Möglichkeiten, sich in das Arbeitsgebiet der veränderlichen Sterne einzuarbeiten. Zum anderen besteht auch die Möglichkeit, interessante Resultate unserer Messungen in den BAV-Rundbriefen zu veröffentlichen.
Im Rahmen dieses Projekts konnten sogar einige neue veränderliche Sterne gefunden werden. Im Zuge der Gaia-Mission und der umfangreichen Überwachungsprogramme werden solche Erfolge naturgemäß seltener. Eigentlich stehen aber bei diesem Projekt zwei andere Dinge im Vordergrund: Wissenschaftlich geht es um die Nutzbarkeit der Helligkeiten von veränderlichen Sternen aus frühen Beobachtungen von vor 50-100 Jahren. Andererseits lernen die Jugendlichen das wissenschaftliche Arbeiten von der Datenauswertung bis zur Publikation an einem kleinen Beispiel kennen.
Mit der Möglichkeit, große Datenzentren wie z.B. den Catalina Survey und digitalisierte Fotoplatten von Plattenarchiven zu nutzen, lassen sich solche Praktika auch realisieren, wenn man kein eigenes Beobachtungsmaterial zur Verfügung hat.
Die Betreuung von Schülerpraktika ist immer auch eine intensive Begegnung mit jungen Menschen einer großen Bandbreite menschlicher Charaktere. Als Betreuer steht man mit großem Respekt vor den unterschiedlichsten Persönlichkeiten der kommenden Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. Deswegen gilt am Schluss der Dank all diesen jungen Menschen, die dieses Projekt mitgestaltet haben.
Neues aus dem Vorstand
von Astrid Gallus
Nach der Neuwahl auf der Mitgliederversammlung Ende Oktober 2017 in Heidelberg wurde der neue Vorstand bereits im Vereinsregister eingetragen und die ersten Vorstandssitzungen fanden Mitte Dezember 2017 und Ende Januar 2018 statt. Zu seiner Unterstützung hat er drei Mitglieder in den Vorstand kooptiert: Dr. Werner Celnik, Claudia Henkel sowie Dr. Rolando Dölling, alle werden mit unterschiedlichen Aufgaben betraut werden. Bereits auf den Weg gebracht wurde auch die Nachfolge von Alexander Weis, der nicht mehr unsere Webseite betreuen kann. Hierfür konnte Herr Gerrit Grutzek gewonnen werden. Auch der Wechsel der Schatzmeister wurde vollzogen: Dr. Andreas Klug hat die Nachfolge des langjährig tätigen Thomas Keßler angetreten. Wenn wir schon beim Thema sind: Mit dem letzten Journal gingen im Januar die Beitragsrechnungen für 2018 heraus. Neu ist, dass aus kostensparenden Gründen auf eine Perforation von Mitgliedsausweis und Überweisungsträger verzichtet wurde. Der Vorstand bittet alle Mitglieder um zügige Überweisung der Beiträge, sofern das noch nicht geschehen sein sollte.
Im November fand die jährliche Fachgruppentagung der VdS in der Sternwarte in Kirchheim statt, die eine gut besuchte und konstruktive Veranstaltung war. Das nächste Fachgruppentreffen ist für den 23. Juni 2018, abermals in Kirchheim angesetzt. Es mögen sich alle Fachgruppenleiter, Stellvertreter und Interessenten an einer solchen Tätigkeit diesen Termin freihalten. Die Fachgruppen benötigen ständig neue Unterstützung, zum Teil scheiden langjährige Leiter aus und es werden Nachfolger und Aktive gesucht. Derzeit wird die Gründung einer neuen Fachgruppe der VdS ,,Radioastronomie" geplant. Das Gründungstreffen fand am 03.02.2018 in den Räumen des Radioteleskops am Stockert statt. Wir werden dazu im nächsten VdS-Journal berichten.
Auf der Mitgliederversammlung in Heidelberg wurde darum gebeten, das Protokoll der Versammlung zeitnah den Mitgliedern zur Verfügung zu stellen; auch dieses wurde bereits umgesetzt: Es kann auf der VdS-Webseite im ,,Mitgliederbereich" heruntergeladen werden. (Wer keinen Internetzugang hat, wendet sich bitte an die Geschäftsstelle.)
Der Vorstand wurde zur Delegiertenversammlung der Schweizerischen Astronomischen Gesellschaft eingeladen und wird mit drei Vertretern dort Anfang April 2018 teilnehmen. Der Austausch zwischen den beiden Vereinen hat eine langjährige Tradition und soll weiter intensiviert werden. Bis dahin jedoch wird der Vorstand erneut getagt haben und wieder ein Stück weiter in seinen Vorhaben gekommen sein. Sie sehen, bei der VdS ist immer etwas los - bis zum nächsten Bericht aus dem Vorstand!
VdS-Journal Nr. 65
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VdS-Nachrichten
Spenden
an die Vereinigung der Sternfreunde e.V.
von Thomas Keßler, VdS-Schatzmeister
Im Jahr 2017 erhielt unsere Vereinigung wieder zahlreiche Spenden von Mitgliedern. Der Vorstand bedankt sich bei allen Spendern ganz herzlich, auch bei den vielen ungenannten Mitgliedern, die bei der Überweisung der Jahresrechnung den Betrag aufrundeten. Insgesamt erhielt die VdS Spenden in Höhe von 3.247,63 EUR, die teilweise zweckgebunden für bestimmte Projekte verwendet werden. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.
Mitgl.-Nr.
11324 11998 12451 12469 12980 13211 13280 13448 13659 13692 13861 13921 14008 14043 14604 15127
Name
Dr. Fuchs Glitscher Dipl.-Phys. Quester Gösser Dr. Hambsch Hosters Schwab Stück Dr. Dietrich Dipl.-Ing. Lange Brüchmann Küppers Kuhn Melchert Jonscher Quaas
Vorname
Rainer Gunnar Wolfgang Wolfgang Franz-Josef Peter Franz Günter Matthias Hans-Peter Wolfgang Stephan Siegfried Sven Peter Eberhard
Mitgl.-Nr.
15278 15734 16005 16170 16245 16851 17621 17898 17994 18175 18446 18465 18495 18542 18860 20308
Name
Bensch Stud.-Dir. Miedaner Wenke Umland Purwin Brenner Merklin-Noll Dipl.-W. Spindler Henze Reim Weinbrenner Meyer Langer Schlapbach Dr. Bork Braun
Vorname
Hans-Joachim Gerhard Günther Regina Rene Frank Thomas Rolf Werner Thomas Klaus-Harald Klaus Wilfried Manfred Jens Peter Mathias
Jubiläen 2018
Der Vorstand der Vereinigung der Sternfreunde e.V. gratuliert folgenden Mitgliedern zu der jetzt 20-jährigen, 30-jährigen, 40-jährigen, 50-jährigen und 60-jährigen Mitgliedschaft in der VdS sehr herzlich und bedankt sich für Ihre Treue!
Ehrenmitglied
Mitgl.-Nr. Name
18535 Plötz
Vorname
Hildegard
PLZ Ort
85540 Haar
50-jähriges Jubiläum
Mitgl.-Nr. Name
Vorname
11518 11533 11534 11544 11549 11552
Mueller Wichmann Weber Jaehrling von Tauchnitz von Ohle
Jens Wolfgang Gerd Rainer Helene Winfried
40-jähriges Jubiläum
Mitgl.-Nr. Name
Vorname
12801 12802 12803 12814
Szczuka
Gerhard
Riedmeier
Jürgen
Dipl.-Ing. Voß Walter
Prof. Dr. Kallrath Josef
PLZ Ort
36145 12207 44797 69190 12101 59494
Hofbieber Berlin Bochum Walldorf Berlin
SoestMeckingsen
PLZ Ort
97877 35519 30655 67273
Wertheim Rockenberg Hannover
Weisenheim am Berg
60-jähriges Jubiläum
Mitgl.-Nr. Name
Vorname
10501 10509 10548
Dr. Jungbluth Hans Dr. Brettel Gerald Lammerer Max
PLZ Ort
76185 Karlsruhe 21493 Schwarzenbek 96215 Lichtenfels
Mitgl.-Nr. Name
Vorname
PLZ Ort
11556 11557 11565 11566
11569 11586
Reim
Walter
MPI für Radioastronomie
Biel
Jürgen
Meier
Johann
Schmalz
Franz
Dipl.-Phys. Bath Karl-Ludwig
89355 53121 77866 92318
77709 79312
Gundremmingen Bonn Rheinau
Neumarkt/ Oberpfalz
Wolfach Emmendingen
Mitgl.-Nr. Name
Vorname
12815 12828 12835 12837 12841
Prof. Dr. Blum Dr. Federspiel Dr. Gutekunst Neutzler Zanella
Jürgen Martin Martin Michael Roland
PLZ Ort
38106 79108 82390 88662 65205
Braunschweig Freiburg-Hochdorf Eberfing Überlingen Wiesbaden
VdS-Journal Nr. 65
VdS-Nachrichten
125
Fortsetzung
Mitgl.-Nr. Name
Vorname
PLZ Ort
12851
12857 12861 12863 12866
12872 12877
Astron. Arbeitskreis Mönchengladbach e.V.
Krause
Bernd
Volkssternwarte Laupheim e.V.
Constien
Hartwig
Astron. Vereinig. Augsburg e.V.
Dr. Biermann Marc
Korte
Uwe
41069 25591 88471 21407 86420
65719 40221
Mönchengladbach
Ottenbüttel Laupheim Deutsch-Evern
Diedorf bei Augsburg
Hofheim Düsseldorf
Mitgl.-Nr. Name
Vorname
PLZ Ort
12878 12884 12887 12893 12897 12902 12904
Foerstel
Harald Max 96182
Engelhard
Christof 31787
Gottschaller
Georg
61440
Volkssternwarte Ottobeuren e.V. 87724
Ebert
Hans
80798
Dr. med. Federolf Günther 65795
Dr. Dr. Straus INAF Thomas I-80131
Reckendorf Hameln Oberursel Ottobeuren München Hattersheim Napoli
30-jähriges Jubiläum
Mitgl.-Nr. Name
Vorname
PLZ Ort
14048 14063 14068 14070 14073
14074 14081 14082 14083 14088 14091 14093 14094 14096 14099 14106 14107 14108
14109 14111 14114 14116 14120 14123 14125 14142 14147
Meirich Dr. Binnewies Panczyk Poschmann Krause bei Peter Krämer Berwanger Sparenberg Schwecke Hess Martin Gironda Ehrhard Döblitz Schnichels Tewes Burchartz Ludes Oberem
Wolfgang Stefan Dirk Ulf Carola
Markus Rainer Gerhard Adolf Axel Markus Wilhelm Jens Jochen Hubert Norbert Markus Karl Thomas
Dr. Kerp
Jürgen
Dr. Kretzschmar Klaus
Dipl.-Ing. Guthier Otto
Schreeck
Jochen
Stettmaier
Jürgen
Heinlein
Dieter
Ackermann
Rudolf
Dipl.-Ing. Blessing Gerrit
Strunk
Jörg
31241 Ilsede 53804 Much 58553 Halver 52351 Düren 44803 Bochum
83730 Fischbachau
45721 Haltern-Sythen
64354 Reinheim
63069 Offenbach
45478 Mülheim/Ruhr
42327 Wuppertal
55116 Mainz
70619 Stuttgart
53881 Euskirchen
33154 Salzkotten
40470 Düsseldorf
66117 Saarbrücken
24250 Warnau bei Nettelsee
53560 Vettelschoß
74918 64646 96450 94571 86156 72108 52072
Angelbachtal Heppenheim Coburg Schaufling Augsburg Rottenburg Aachen
32049 Herford
Mitgl.-Nr. Name
Vorname
PLZ Ort
14152 14153 14154 14158 14159 14164 14168 14172 14173 14178 14180 14182 14184 14193 14194 14195 14199 14200 14211 14212 14215 14218 14221 14224 14227 14230 14244 14245
Ridder
Markus
58640
Ströbele
Stefan
85748
Dr. Posch
Thomas
A-1180
OStR. Grass
Karl Gottfried 41066
Hornung
Helmut
82362
Blotzheim
Michael
51061
Sternfreunde Donzdorf e.V.
73072
Dr. Tonutti
Manfred
52076
Plaßmann
Stephan
48157
Dempster
Frank
59955
Dr. Hoffmann Karl-Friedrich 12307
Wennmacher Christian
91315
Schatzmann
Bernd
24944
Dr. Denzau
Helmut
24321
Scheidl
Claus
93494
Viereck
Holger
81927
Dr. Waldhör
Klemens
90574
Schmitz
Gerhard F-30580
Stoica
Florian
29587
Radermacher Horst
NL-5916
Schönfeld
Ralf
25337
Stritzek
Meinolf
59427
Rudolphi
Ehrenfried 70329
Arenz
Stefan
29336
Tomaszewski Thorsten
45721
Dipl.-Ing. Schäfer Paul-Marcus 93176
Frieben
Joachim
14471
Marliani
Wolfhelm
41366
Iserlohn Garching Wien Mönchengladbach Weilheim i. OB Köln Donzdorf Aachen Münster Winterberg Berlin Höchstadt Flensburg Panker Waffenbrunn München Roßtal Fons-Sur-Lussan Natendorf Venlo Seeth-Ekholt Unna-Hemmerde Stuttgart Nienhagen Haltern Beratzhausen Potsdam Schwalmtal
20-jähriges Jubiläum
Mitgl.-Nr. Name
Vorname
PLZ Ort
11107 11906 12469 13949 14840
15015 15773 16118 16817
16821 16822
Sutsch/Sternwarte Arthur
CH-1715
Volkssternwarte Marburg e.V.
35274
Gösser
Wolfgang
42697
Club der Sternfreunde Damme e.V. 49401
Oster
Oliver
54492
Wackermann Kretlow Schenk Dr. Wilmes
Rainer Mike Marcus Rolf
42327 27389 86916 65329
Hasselbach Hogel
Peter Rolf
12347 46045
Alterswil Kirchhain Solingen Damme
ZeltingenRachtig
Wuppertal Lauenbrück Kaufering
HohensteinHolzhausen
Berlin Oberhausen
Mitgl.-Nr. Name
Vorname
PLZ Ort
16823 Krömmelbein
Reinhard
16826 Bardenhagen
Heino
16828 OStR. Körner
Hartmut
16829 van Koningsveld Jan
16830 Dipl.-Ing. (FH) Rudolph Manfred
16835 Isartalsternwarte e.V.
16836 Dr. Eckhardt
Josef
16837 Kriebel
Wolfgang
16839 Schmidt
Jürgen
16840 Behler
Jürgen
16841 Dipl.-Betriebswirt Ruth Wolfgang
16842 Dipl.-Ing. (FH) Woll Rudolf
64395 27389 28832 26721 74523 82538 53840 84069
44309 59590 47057 68753
Brensbach Helvesiek Achim Emden Schwäbisch Hall Geretsried Troisdorf
Schierling/ Walkenstetten
Dortmund Geseke Duisburg Waghäusel
VdS-Journal Nr. 65
126
VdS-Nachrichten
Fortsetzung
Mitgl.-Nr. Name
Vorname
PLZ Ort
16844 16845 16849 16850 16851 16852 16856 16858 16859 16862 16864 16866 16868 16869 16872 16874 16877 16878 16879 16881 16884 16887
16890 16891 16893
16896 16900 16905
Dipl.-Ing. Schwer Wolfgang
31249
Dipl.-Ing. Twieg Thomas
F-1170
Miller
Marion
85221
Wölfel
Herbert
34630
Brenner
Frank
69168
Wege
Ralf
44319
Werle
Ilse Trude
37130
Hauburger
Anja
09244
Thienen
Stefan
41515
Dr. Hörenz
Martin
10318
Dr. Ziolek
Carsten
CH-7212
Dr. Ott
Christian David 63322
Dr. Maurer
Gustav
66386
Weselowski
Guido
46399
Kutter
Reinhold
87437
Kugel
Kerstin
90451
Hauser
Bernhard
82335
Bresseler
Peter
22397
Grützmann
Björn
15370
Hemetsberger Robert
A-5302
Giefers
Hubertus
33034
Leich
Jens
51674
Dipl.-Ing. Leue Christian
Bendt
Günther
Dipl.-Ing. Schmidt Dirk
81476 52070 91094
Sauer Zimmermann Ziegler
Thomas Tobias Johannes
76137 86199 A-3105
Hohenhameln Gex Dachau Sachsenhausen Wiesloch Dortmund Gleichen Lichtenau Grevenbroich Berlin Seewis Dorf Rödermark St. Ingbert Bocholt Kempten Nürnberg Berg Hamburg Fredersdorf Henndorf Brakel-Rheder
WiehlMarienhagen
München Aachen
Langensendelbach
Karlsruhe Augsburg
St. PoltenUntergradlberg
16910
16913 16914 16917 16918 16920 16922
16924 16925 16931 16939 16942 16943 16945 16947 16954 16956 16957 16965 16967 16968 16973 16979 16981
Grau
Gerhard
Röder Banik Backhaus Kress Rothfuchs Pfarrer Richter
Klaus Gundbert Winfried Olaf Christoph Harald
Dr. Heybrock Dr. Husar Dr. med. Gelbhaar Flechsig Müller Dahlhaus Rybaczyk Kohl Tribelhorn Ulber Dörschel Fortkamp Habermann Cremer Polle Dipl.-Ing. Bär Dr. med. Reußner
Christel Dieter Stephan Harry Marc Norbert Dennis Rainer Achim Karsten Ralf Jürgen Jens Stephan Joachim Hans-Georg Dirk
A-5101
97816 97270 48167 30171 N-9056 97616
68161 22397 64756 87700 40822 58553 CH-6005 64289 21256 97640 94530 57413 58840 63263 38110 06849 61273
Salzburg/ Bergheim
Lohr Kist Münster Hannover Mortenhals
Salz-Bad Neustadt
Mannheim Hamburg Mossautal Memmingen Mettmann Halver Luzern Darmstadt Handeloh Oberstreu Auerbach Finnentrop Plettenberg Neu-Isenburg Braunschweig Dessau Wehrheim
Mitgl.-Nr. Name
Vorname
PLZ Ort
16843 16982 16985 16987 16990 16994 16996 16997 17006 17007 17008 17013 17020 17022 17023 17028 17034 17040 17045 17047 17049 17050 17057 17058 17062 17064 17065 17071 17075 17076 17077 17078 17080 17085 17087 17089 17090 17091 17092 17095 17098 17101 17102 17104 17107 17111 17112 17113 17116 17118 17119 17130 17131 17138 17140 17149 17150
Hamel
Gernot
59590 Geseke
Dipl.-Ing. Rieger Helmut
71229 Leonberg
Göbel
Heinz
79540 Lörrach
Dipl.-Ing. Görg Heinz Werner 91332 Heiligenstadt
Siegel
Siegfried
80339München
Wächter
Frank
01445 Radebeul
Arnold
Gudrun
35315 Homberg/Ohm
Salobir
Gottlieb
A-8612 Tragöss
Reiners
Georg
41844 Wegberg
Dipl.-Ing. Fuchs Berthold
65207 Wiesbaden
Lausen
Hubert
41472 Neuss
Overhaus
Christian
46325 Borken
Dr. Hunger
Thomas
01129 Dresden
Schulz
Thomas
97228 Rottendorf
Dr. Koböck
Adolf
63911 Klingenberg
Uhlig
Joachim
59192 Bergkamen
Ditsche
Günter
41352 Korschenbroich
Veit
Rene
64743 Beerfelden
Dipl.-Ing. Leue Hans-Joachim 27729 Hambergen
Vahsel
Manfred
97228 Rottendorf
Sternfreunde Bad Salzuflen e.V. 32107 Bad Salzuflen
Dipl.-Ing. Landes Hartmut
82054 Sauerlach
OStR. Lohmann Hans-Dieter 22926 Ahrensburg
Dipl.-Ing. Berger Roland
94501 Aldersbach/Pörndorf
Dr. Metz
Harald
76829 Landau
Richter
Manfred
70599 Stuttgart
Dr. Heidenreich Ralf
79199 Kirchzarten
Zerulla
Dominic
41542 Dormagen
Dr. Zemanek
Georg
73527 Schwäbisch Gmünd
Schüly
Ulrich
79111 Freiburg
Nimmenich
Christel
55481 Womrath
Dr. Buhr
Jürgen
18246 Bützow
Ing. Schlichte Manfred
70435 Stuttgart
Wagner
Johannes 89355 Gundremmingen
Moritz
Thomas
65428 Rüsselsheim
Roßmann
Christian
86666 Burgheim
Thorsbro Pedersen Viggo
DK-7950 Erslev
Dipl.-Ing. Langenbach Dirk
58089 Hagen
Vogt
Andre
58509 Lüdenscheid
Büchler
Markus
86495 Eurasburg
Bauer
Bernd
30625 Hannover
Müller
Thomas
31134Hildesheim
Schindlmeier
Josef
94522 Wallersdorf
Petzl
Uwe
37351 Kefferhausen
Dipl.-Ing. Ries Wolfgang A-4721 Altschwendt
Dr. Heidemann Anton
F-38410 St. Martin d`Uriage
Dr. Zurmühl
Uwe
31180 Giesen
Maas
Wilfried
63110 Rodgau
Scheuch
Martin
12203 Berlin
Sonnemeyer
Jürgen
58840 Plettenberg
Thiel
Markus
67806 Rockenhausen
Knappmann
Ferdinand 46487 Wesel
Dipl.-Ing. Dausch Lars
58456 Witten
Dr. Tellmann
Norbert
47877 Willich
Deutsch
Werner
45966 Gladbeck
Schmitt
Roland
63808 Haibach
Dr. Dibbern
Heinrich
53902 Bad Münstereifel
VdS-Journal Nr. 65
VdS-Nachrichten
127
In Memoriam 2017
Mitgl.-Nr. Name
Vorname
10520 11051 11480 12026 12109 12325 12397 12810 12845 13001 13287 13967 15178 15245
Flach Bendel Wiese Dr. Mackenroth Groß Sendelbeck Kerner Dipl.-Kfm. Hübscher Rüppel OStR. Presenti Schenk Bode (IOTA-ES) StR. Schlichthorn Jacobs
Horst Reinhold Willi Uwe Horst Raymond Heinz Joachim Karlheinz Francesco Matthias Hans-Joachim Wolfgang Ernst
Mitgl.-Nr.
15629 15770 15855 16444 16464 16774 16833 17172 17656 17795 17961 19371 19592 19993
Name
Dipl.-Chem. Pirke Wegt Semprich Dipl.-Ing. Hahn Hammann Gans Gieseke Rapp Dr. Dawid Dr. Marnezos Waschik Herrmann Dr. Weller Podbelsek
Vorname
Günter Peter Dieter Hendrik Ernst Erich Robert Walter Wolfgang Georgios Hartmut Waldemar Manfred Manfred
Wir begrüßen neue Mitglieder
Mitgl.-Nr.
20883 20895 20896 20897 20904 20905 20906 20907 20908 20910 20911 20912 20913 20914 20915 20916 20917 20918 20919 20920 20921 20922 20923 20924 20925 20926 20927 20928 20929 20930 20931 20932 20933 20934
Name
Müller Beyvers Hofschulz Hendricks Scholz Huck Pfeiffer Hellwing Rückschloss Müller Dubiel Schiemann Gress SüYerlin Düring Pfefferle Wolker Kryger Dr. Seher Dr. Noack Jelonek Kopp-Kirsamer Domin Flader Fischer Dittmann Koczy Brunner Grutzek Bieringer Hippe-Mraz Lainer Schlinger Voigt
Vorname
Ralf Christian Olaf Johann Edgar Mareike Magdalena Thomas Karol Martin Jörg Thomas Raymond Stefan Thomas Hans-Joachim Jörg Mateusz Thomas-Christian Thomas Robert Martin Ingo Marc-Oliver Rolf Sebastian Matthias Eva-Maria Gerrit Markus Christa Hans-Peter Joachim Wolfgang
Straße
Richard-Wagner-Straße 17 Karwendelstraße 30 Grüner Bogen 55 Heviburgstraße 15/Haus Margarete Austraße 6 Riedboschweg 19 Engelholt 9 Niederhelsum 3 Franz-Schubert-Str. 3 Bösgrunder Weg 45 Gotenstr. 24 Bredensand 31 Jahnstraße 49 Nordahlvegen 17 E Huldstraße 8 Mecklenburger Str. 24 Rheinblick 2 Brunhildstraße 1 A Danckelmannstraße 16 Stuttgarter Platz 20 Liebigstraße 29 Hauptstraße 37 Hofkammerstraße 30 Heuerßerstraße 27 Schwalbacher Str. 63 Katharinenstr. 50 Thorhaus 2a Kreuzstr. 10 Haydnstr. 34 Seestraße 32 Falkweg 46 Dr. Eduard-Haas-Str. 9 In der Horstadt Unterste Eisengasse 48
PLZ Ort
01796 86405 15366 48301 91161 77815 41069 47652 90571 55543 71272 21073 71642 N-2312 90461 64297 56348 50354 14059 10627 59557 89522 88069 31655 66793 71634 66450 24866 53115 76275 81243 84489 56330 61267
Pirna/Graupa Meitingen Neuenhagen Nottuln Hilpoltstein Bühl Mönchengladbach Weeze Schwaig b. Nürnberg Bad Kreuznach Renningen Hamburg Poppenweiler OTTESTAD Nürnberg Darmstadt Patersberg Hürth Berlin Berlin Lippstadt Heidenheim Tettnang Stadthagen Saar Ludwigsburg Bexbach Busdorf Bonn Ettlingen München Burghausen Kobern-Gondorf Neu-Anspach
VdS-Journal Nr. 65
128
VdS-Nostalgie
Ausgewählt und zusammengestellt von Peter Völker - Folge 32
Im Doppelheft Juli/August 1968 der VdS-Nachrichten finden wir als Aufmacher den Nachruf auf Cuno Hoffmeister, der hier als Faksimile wiedergegeben ist. Sein Name klingt bis heute nach und dürfte auch den Jüngeren nach so langer Zeit noch ein Begriff sein. Sein astronomischer Werdegang hingegen wird Wenigen im Detail bekannt sein.
VdS-Journal Nr. 65
VdS-Nostalgie
VdS-Nostalgie
129
VdS-Journal Nr. 65
130
VdS vor Ort/Tagungsberichte
36. BoHeTa mit Themenschwerpunkt ,,Aktive Galaxienkerne"
von Kai-Oliver Detken
Die Bochumer Herbsttagung (BoHeTa) bot auch im Jahr 2017 wieder einen interessanten Mix aus Erfahrungsberichten von Hobbyastronomen sowie Ergebnissen von Forschungsaktivitäten, die sich dieses Mal mit aktiven Galaxienkernen beschäftigten. Trotz der Nutzung eines anderen Hörsaals, der deutlich schwerer auf dem Gelände der Ruhr-Universität Bochum zu finden war, nahmen an der Veranstaltung rund 180 Besucher teil, die vom Veranstalterteam wieder hervorragend organisiert war.
Den Anfang machte Bernd Gährken, indem er Neues vom Zwergplaneten Haumea berichtete [1]. Am 21.01.17 war eine Sternbedeckung von ihm beobachtet worden, zudem wurden Messungen von Hobbyastronomen aus ganz Europa gesammelt und ausgewertet. Demnach ist Haumea deutlich größer als bisher angenommen. Er übertrifft auf der länglichen Achse sogar den Zwergplaneten Pluto. Zusätzlich konnte zum ersten Mal ein Ring nachgewiesen werden! Die Ergebnisse wurden in einem Fachartikel veröffentlicht, an dem Bernd Gährken als Co-Autor mitwirkte, worauf er in der Tat stolz sein kann.
Im zweiten Vortrag wurde der Traum einer eigenen Sternwarte von Peter Köchling von der Astronomischen Arbeitsgemeinschaft Geseke [2] thematisiert. Dabei lag der Fokus u. a. auf einer preisgünstigen und einfachen Realisierung. Sein Tipp war, erst einmal mit einer eigenen Säule anzufangen. Durch Einsatz von zwei C11-Teleskopen wurde durch eine Knicksäule in Eigenarbeit die gleichzeitige Nutzung beider Tuben an einer EQ6Montierung möglich. Eine Sternwarte war der nächste Schritt seiner Verbesserungen. Dafür wurde eine Holzhütte um die bereits bestehende Säulenkonstruktion gebaut, um möglichst alle Seeing-Effekte zu minimieren. Die Sternwarte wird dabei von unten gut belüftet, um schneller auskühlen zu können. Auch eine interne Luftzirkulation wurde eingeplant.
VdS-Journal Nr. 65
1 Neuer Tagungsort - der Hörsaal H-NB in der Bochumer Ruhr-Universität
(Bildautor: P. Riepe)
Über Mythen und Realitäten von Polarlichtern berichtete Stefan Krause von Eclipse-Reisen [3]. So bestehen zu diesem Thema einige Vorurteile und viele falsche Vorstellungen, z. B. dass es in Deutschland keine Polarlichter zu sehen gäbe, was gerade im Jahr 2017 im September widerlegt wurde. Eine andere Meinung ist, dass man mit Smartphones keine guten Bildergebnisse bekommen kann. Die Unterschiede zu DSLR-Kameras lassen sich aber kaum noch feststellen, wie an einem Bild eindrucksvoll bewiesen wurde. Allerdings waren die Vergleichsbilder auch sehr klein. Weitere Mythenbeispiele (u. a. Farben von Polarlichtern, pulsierende Aurora) folgten.
Daniel Spitzer von den Sternfreunden Münster [4] berichtete von Deep-SkyBeobachtungen am lichtverschmutzten Waikiki-Strand auf Hawaii. Dazu hatte er nur Stativ und Kamera auf die Reise mitgenommen. Am Strand war trotz einer erheblichen Lichtmenge das Kreuz des Südens gut am Nachthimmel sichtbar. Er hatte einige Beobachtungen durchgeführt und Zeichnungen von den beobachteten Objekten angefertigt. Dabei
handelte es sich überwiegend um Offene Sternhaufen, die auch im Fernglas verschiedene Erscheinungsformen aufwiesen. Die eigenen Zeichnungen wurden anschließend mit aufgenommenen Bildern verglichen.
Daniel Fischer unternahm mit den Teilnehmern im Anschluss eine Spritztour zu Argentiniens Feuerring. Er beantwortete dabei auch die Frage, warum sich 30.000-km-Reisen für wenige Minuten Extrem-Astrofotografie lohnen. Verschiedene SoFi-Reisen erlauben eigene Foto-Experimente. So zeigte er durch seine Aufnahmen, dass sogar die Chromosphäre der Sonne bei einer ringförmigen SoFi nachgewiesen werden kann. Wenn man keinen Filter bei einer ringförmigen SoFi verwendet, lässt sich sogar der Diamantring abbilden. Verschiedene SoFiAufnahmen aus verschiedenen Jahren wurden den Teilnehmern gezeigt. Abschließend wurden die Ergebnisse der SoFi in den USA präsentiert, die sich ebenfalls sehen lassen konnten.
Das war eine blendende Überleitung zu dem Vortrag von Kai-Oliver Detken, der
VdS vor Ort/Tagungsberichte
131
auf die durchgeführte Vereinsreise der Astronomischen Vereinigung Lilienthal (AVL) [5] mit insgesamt sechs Teilnehmern einging. Die Fahrt in die USA hatte dabei alle Aspekte einer SoFi-Reise, da Spannung durch das Wetter und die unvorhersehbare Verkehrslage garantiert waren. In nur drei Wochen wurden 10 National- und State-Parks besichtigt sowie über 6.000 km zurückgelegt. Die SoFi selbst wurde bei optimalem Wetter miterlebt und fotografisch sowie visuell genossen. Neben eigenen Bildern wurden auch Ergebnisse von anderen VdSMitgliedern (Stefan Binnewies und Peter Remmel) präsentiert, die zeitgleich in anderen Bundesstaaten die SoFi miterlebten. Auf dem Rückflug konnten dann sogar noch Polarlichter aus dem Flugzeug heraus fotografiert werden, was durch einen Hinweis von Bernd Gährken über die Mailingliste der FG Astrofotografie ermöglicht wurde.
Die traditionelle Verleihung des ReiffPreises für Amateur-/Schularbeit wurde wieder sehr professionell von Dr. Carolin Liefke durchgeführt. Ausgezeichnet wurden das Dr.-Wilhelm-Andre-Gymnasium in Chemnitz (dritter Preis), die Sternwarte Siebengebirge (zweiter Preis) sowie die Leonore-Goldschmidt-Schule in Hannover (erster Preis).
Danach ging es zum Kernthema der BoHeTa über, indem Dr. Dominik Elsässer von der Universität Dortmund/Würzburg über Multiwellenlängen-Beobachtungen von aktiven Galaxienkernen berichtete. Aktive Galaxienkerne wurden schon in früher Zeit beobachtet. 1943 veröffentlichte Carl K. Seyfert eine Liste naher
2 Helles und ausgedehntes Polarlicht am 21.01.2015 über der Insel Senja
(Region Tromsø/Norwegen). In diesem Fall gibt das Foto hinsichtlich Farben und Helligkeit den visuellen Eindruck fast genau wieder. Copyright: Somersault Clicks (www.somersaultclicks.de).
3 Die HEGRA-Teleskope (High Energy Gamma Ray Astronomy) auf La Palma (Bildautor: K.-O. Detken)
VdS-Journal Nr. 65
132
VdS vor Ort/Tagungsberichte
Galaxien mit ungewöhnlichen Emissionslinien, die heute als Seyfert-Galaxien bekannt sind. Maarten Schmidt erkannte 1963 diese Linien als extrem rotverschobene Balmer-Serie des Wasserstoffs. Bei einem aktiven Galaxienkern muss es sich daher um ein Objekt handeln, das sehr weit entfernt ist und eine enorme Leuchtkraft besitzt. Es wurde herausgefunden, dass diese Galaxienkerne zentrale Schwarze Löcher besitzen, die die Energie freisetzen. Damit spielen aktive Galaxienkerne in der Astronomie eine wichtige Rolle als Beobachtungswerkzeuge, etwa zum Nachweis intergalaktischen Wasserstoffs durch Absorptionslinien, als ferne Lichtquelle bei Gravitationslinsen oder als so gut wie unveränderliche Bezugspunkte für Astrometrie oder Geodäsie. Trotzdem sind noch lange nicht alle Fragen beantwortet. Unter anderem wird daher auf La Palma mittels der HEGRATeleskope (High Energy Gamma Ray Astronomy) weiter geforscht, um rotverschobene Gammaquellen zu finden.
Der nächste Vortrag von Christian Lorey zur Helligkeitsüberwachung aktiver Galaxienkerne an der Hans-Haffner-Sternwarte [6] ging weiter auf die Beobachtungspraxis ein. Das naturwissenschaftliche Schülerlabor umfasst dort Labore, in denen echte Probleme aus der Forschung behandelt werden. Die Hans-HaffnerSternwarte ist ein Selbstbau und mit einer 3,7-m-Kuppel ausgestattet. Hauptinstrument ist ein Astrograph CDK 20 auf der Montierung GM4000 von 10micron, was professionellen Ansprüchen absolut genügt. Dabei wird das selbstständige Arbeiten der Schüler gefördert, die auch den Messbetrieb selbst organisieren. Einige Schüler sind sogar nach der Schule dem Projekt erhalten geblieben. So kann Astronomie lebendig und nachhaltig vermittelt werden!
Danach wandte sich Rainer Kresken dem Asteroidensuchprogramm TOTAS (Teide Observatory Tenerife Asteroid Survey) [7] zu, welches ein weiteres Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit von Profis und Amateuren ist. Er stellte eines Tages direkt an die ESA die Frage, ob man die Optical Ground Station (OGS) [8] auf Teneriffa nicht für die Suche nach Asteroiden verwenden könnte, und bekam eine positive Antwort! Bei der Suche muss man sich auf einzelne Regio
VdS-Journal Nr. 65
4 Gespannte Zuhörer beim Fachvortrag (Bildautor: P. Riepe)
nen festlegen, da man Himmelsbereiche erkunden wollte, die nicht von anderen Suchprogrammen bereits durchmustert werden. Das Programm dafür wurde selbst geschrieben und für die InternetNutzung optimiert. Gesucht werden so genannte ,,Mover" (bewegte Objekte). Dabei wird das ,,Blinking" über animierte GIF-Dateien angewandt, um Asteroiden oder Zwergplaneten herauszufinden. Bis heute wurden bereits sehr viele NEO-Entdeckungen gemacht!
Abschließend berichtete Peter Riepe über HII-Regionen. Sie sind stets mit Sternentstehungsgebieten verknüpft und stehen im Verbund mit Molekülwolken. Junge, massereiche Sterne der Spektraltypen O4 bis B1 bringen diese Regionen zum Leuchten (H, H, [OIII], [SII]). Exemplarisch wurde die Analyse der Umgebung von M 17 anhand eines Bildes von Frank Sackenheim aus Namibia mit einer Gesamtbelichtung von 17,7 Stunden durchgeführt. Dabei ergaben sich bei den lichtschwachen optischen HII-Regionen über die gängigen Datenbanken oft Identifizierungsprobleme. Andere Nachweismöglichkeiten sind aber katalogisierte O-Sterne, dazu Ergebnisse der Radiound Infrarot-Astronomie. So gibt es zur Staubverteilung im NASA/IPAC Infrared Science Archive [9] entsprechende Online-Recherche-Möglichkeiten. Es ist daher durchaus spannend, ,,pretty pictures" auch einmal im Detail zu betrachten und entsprechend auszuwerten.
Die BoHeTa bot wieder viel Interessantes und Neues. Trotz des Umzugs in einen neuen Vorlesungssaal fand wieder eine rege Beteiligung statt. Daher wird es auch am 3. November 2018 eine 37. Auflage geben.
Weblinks: [1] B. Gährken, 2017: ,,Haumea-Vor-
trag", Homepage, www.astrode.de/ haumeavortrag.html [2] Astronomische Arbeitsgemeinschaft Geseke: www.astronomie-geseke.de [3] Eclipse Reisen: www.eclipse-reisen. de [4] Sternfreunde Münster: www. sternfreunde-muenster.de [5] Astronomische Vereinigung Lilienthal: www.avl-lilienthal.de [6] Hans-Haffner-Sternwarte: http://schuelerlabor-wuerzburg. de/?p=Sternwarte [7] Teide Observatory Tenerife Asteroid Survey (TOTAS): http://vmo.estec. esa.int/totas/mover.php?id=220640 [8] Optical Ground Station (OGS): www.esa.int/Our_Activities/Space_ Engineering_Technology/Space_ Optoelectronics/Optical_Ground_ Station_OGS [9] NASA/IPAC Infrared Science Archive: http://irsa.ipac.caltech.edu/ frontpage/
Zum Nachdenken
133
Leben im All?
- II. Sehnsucht nach Kontakten
von Thomas Eversberg
Gibt es außerirdisches Leben auf einer ,,zweiten Erde" in einem anderen Sternsystem? Gibt es dort vielleicht sogar intelligentes Leben? Und wenn ja, können wir Kontakt aufnehmen? Mit der Entdeckung extrasolarer Planeten (Exoplaneten) liefert die Forschung nicht nur spektakuläre Ergebnisse, die unser kosmisches Weltbild revolutionieren. Darüber hinaus wird nun spekuliert, dass das Weltall von Leben nur so wimmelt - die physikalischen Gesetze gelten ja überall. Ist dieser Ansatz jedoch richtig? Kann man die Wahrscheinlichkeit für extrasolares Leben überhaupt verlässlich abschätzen? Und wie wahrscheinlich ist ein Kontakt mit einer anderen Zivilisation? (Teil I des Beitrags erschien im VdS-Journal für Astronomie 64 (I-2018), S. 119)
1 Der Andromeda-Nebel mit einer ähnlichen Struktur und Größe wie unsere Galaxis
(Wikipedia)
Verloren in Raum und Zeit Ein spezieller Parameter der Drake-Gleichung ist die Zeitdauer, in der entwickelte Zivilisationen Signale an uns senden können. Er hat insofern einen besonderen Charakter, da er sowohl von der Distanz zu anderen Zivilisationen als auch von der Zeit abhängig ist, die ein ausgesendetes Signal zu uns braucht. Eine Zivilisation am ,,anderen Ende unserer Galaxis" wird angesichts der Signalübertragungsdauer von rund 100.000 Jahren, gelinde gesagt, nur recht veraltete Nachrichten übermitteln können, und eine sinnvolle Unterhaltung ist unmöglich. Darüber hinaus müssen entsprechende zivilisatorische Epochen übereinstimmen. Der Sender muss senden und der Empfänger entsprechend verspätet empfangen können, beides jeweils in Zeitaltern, in der die entsprechende Technik auch zur Verfügung steht. Für die Erde sind das die letzten 150 Jahre, also knapp ein 25-tausendstel der Zeit seit dem Auftritt des Menschen vor rund 4 Millionen Jahren. Und da das für eine Unterhaltung wechselseitig möglich sein muss, stößt man hier zwangsläufig auf Probleme verschiedener Epochen in der Entwicklung und Existenz von intelligenten Spezies. Auf jeden Fall dürften die Dialogpartner nicht zu weit entfernt voneinander leben, ansonsten wäre ein Gespräch wiederum sinnlos (Abb. 1). Darüber hinaus hängt
die Zeitdauer, in der entwickelte Zivilisationen Signale an uns senden können (der Faktor L in der Drake-Gleichung - siehe Teil I) wieder von den im ersten Teil angesprochenen Unsicherheiten ab. Wer weiß schon, ob und wann die Radiotechnik generell entwickelt wird. Und wie lang eine Spezies überhaupt existieren kann, hängt dann wiederum von vielen unbekannten Parametern ab, wie wir es an unseren unsicheren Zukunftsaussichten durchaus ablesen können. Mit diesen Überlegungen kann sich die Gesamtunsicherheit der Drake-Gleichung wiederum nur erhöhen, nicht aber verringern.
Worüber wollen wir reden? Man mag nun einwenden, dass entwickelte Zivilisationen durchaus zum richtigen Zeitpunkt in unserer kosmischen Nachbarschaft innerhalb weniger hundert Lichtjahre entstanden sein könnten. Das ist natürlich völlig korrekt, auch wenn man das nicht wissen kann. Abgesehen von der ungemein geringen Wahrscheinlichkeit dieser Situation muss man dann jedoch nach dem ,,Unterhaltungswert" eines Dialogs fragen, bei dem die
2 Die in Richtung M 13 gesendete und
korrekt decodierte Arecibo-Botschaft (Wikipedia)
VdS-Journal Nr. 65
134
Zum Nachdenken
3 Das im Bau befindliche European Extremely Large Telescope (Wikipedia)
Antworten um einige hundert Jahre verzögert wären. Oder anders ausgedrückt: Würde uns die Antwort auf eine Frage interessieren, die wir vor 1.000 Jahren an eine 500 Lichtjahre entfernte Zivilisation gestellt haben?
Man mag einwenden, dass eine fremde Zivilisation für uns interessante Informationen quasi in einer Einbahnstraße senden könnte. Die Wahrscheinlichkeit für solch ein Handeln sowie für den Empfang solch einer Nachricht dürfte jedoch sehr gering sein. Die Menschheit hat das schon einmal durchgeführt, als sie am 16. November 1974 mit dem AreciboRadioteleskop eine codierte Nachricht in Richtung des Kugelhaufens M 13 sendete. Abgesehen davon, dass diese von Frank Drake und Carl Sagan initiierte ,,AreciboBotschaft" [4] (Abb. 2) den Sternhaufen wegen der abfallenden Signalstärke nicht erreichen kann, wäre ein Dialog mit rund 50.000-jähriger Verzögerung inhaltslos, selbst wenn eine solche Nachricht relativ komplexe Informationen liefern kann, falls sie entschlüsselt wird. Egal, die Arecibo-Botschaft war eine reine Werbeveranstaltung. Ich will damit nicht sagen, dass der Versuch, fremde Nachrichten mit Radioschüsseln zu empfangen, prinzipiell zum Scheitern verurteilt ist. Ob die Finanzierung entsprechender Radioteleskope angesichts der vom SETI-Projekt zugrunde gelegten Drake-Wahrscheinlichkeiten (SETI erwartet 300 Zivilisationen in der Milchstraße) und völlig unsicheren realen Faktoren der Öffentlichkeit zu vermitteln ist, ist dabei eine ganz andere Frage. Insbesondere, wenn es um Kosten von mehreren Milliarden Dollar geht, wie sie 1971 für das vorgeschlagene Zyklop-Projekt (ein Antennenpark mit 1.500 Teleskopen von rund 100 Metern Durchmesser) veranschlagt wurden. Darüber hinaus sollte man fragen, ob ein
VdS-Journal Nr. 65
Kontakt mit einer hochentwickelten Zivilisation für uns gut ist. Beim Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen auf der Erde folgten beinahe durchweg Mord und Totschlag, so dass Douglas Adams in ,,Per Anhalter durch die Galaxis" wohl den Kern der Sache getroffen hat. Die Vogonenraumschiffe sprengten die Erde jedenfalls zugunsten eines intergalaktischen Highways ...
Glauben und Wissen Wir müssen also davon ausgehen, dass gleiche physikalische Gesetze und die Drake-Gleichung für die Frage nach außerirdischem Leben oder gar außerirdischer Intelligenz keine befriedigenden Antworten liefern können. Eine zumindest näherungsweise Abschätzung der Wahrscheinlichkeit für Leben im All ist schlicht unmöglich. Dazu fehlen uns zum einen die entsprechenden statistischen Fakten (es gibt nur ein einziges uns bekanntes Beispiel für Leben auf einem Planeten, unsere Erde) und zum anderen das Wissen um die Voraussetzung niedrigen oder gar intelligenten Lebens. Bekannt sind lediglich einige Faktoren, die im Laufe von rund vier Milliarden Jahren Evolution allgemein wichtig gewesen sein könnten. Die potenziellen Varianten unterschiedlicher geologischer und evolutionärer Entwicklungen sind jedoch so zahlreich, dass sie keine verlässlichen Szenarien liefern können. Man kann durchaus der Idee nachhängen, dass es ,,dort draußen" doch Leben geben müsse - ich gebe offen zu, dass auch ich nicht frei bin von dieser romantischen Vorstellung. Man sollte sich dann aber klar machen, dass man damit prinzipiell den Vorstellungen von Urvölkern und damit unseren Ursprüngen folgt. Das ist insofern wenig überraschend, da wir entwicklungsgeschichtlich unser Verhalten nicht wesentlich weiter entwickelt
haben, obwohl wir natürlich extrem viele Erkenntnisse angesammelt haben. Wir stehen eben immer noch ,,mit dem einen Bein im Marskanal, mit dem anderen im Neandertal" (Udo Lindenberg), was angesichts der geringen zeitlichen Distanz zu unseren Vorfahren nicht überrascht. Betrachtet man jedoch die Fakten im wissenschaftlichen Sinn, sollten wir Glauben und Wissen stets scharf voneinander trennen. Das bedeutet jedoch, dass wir einfach nicht wissen, ob es außerirdisches Leben gibt. Und vermutlich wird sich das in absehbarer Zeit nicht ändern.
Helfen moderne Teleskope weiter? Per heute (Februar 2018) kennen wir rund 3.700 Exoplaneten, überwiegend Gasplaneten. Dies ist zweifellos modernen Teleskop- und Detektortechnologien zu verdanken. Spektroskopische Messungen liefern mittlerweile sogar Daten zur Zusammensetzung der Atmosphären einiger Exoplaneten. Die Vermutung liegt daher durchaus nahe, entscheidende Durchbrüche inklusive einer Entdeckung von Lebenssignaturen stünden kurz bevor. Das ist angesichts wissenschaftlicher Öffentlichkeitsarbeit wenig überraschend, werden entsprechende Fantasien von im Feld aktiven Wissenschaftlern durchaus befördert, um, wie schon dargestellt, Forschungsgelder für entsprechende Grundlagenforschung zu erhalten [5]. In der astrophysikalischen Fachliteratur spielen diese Fantasien jedoch keine wesentliche Rolle. Warum ist das so?
Die Antwort findet sich wieder einmal in den finanziellen und physikalischen Randbedingungen. Wissenschaftlern ist zunächst klar, dass auch extrem große Teleskope (Abb. 3) keine Quantensprünge in Sachen Datenqualität liefern können. Schon jetzt meinen die meisten Forscher, dass neue Exoplaneten nur noch mit großen Teleskopen ab etwa 4 m Apertur entdeckt werden können. Darüber hinaus scheinen fundamentale Untersuchungen physikalischer Parameter von Exoplaneten nicht auszureichen, um das entsprechende Forschungsgebiet und dazu notwendigerweise riesige Teleskope in der Öffentlichkeit zu legitimieren. Die Astronomie hat sich völlig analog zur Hochenergiephysik auf den Pfad teurer Großforschung begeben und auch Astronomen werden wohl bald an ihre ,,natürlichen finanziellen Grenzen" stoßen,
Zum Nachdenken
135
wie es bei Teilchenbeschleunigern schon geschehen ist. Der Zugang zu den Geldtöpfen ist eben limitiert. Außerdem darf man aus physikalischen Gründen nicht erwarten, dass uns zukünftige Großteleskope der 40-Meter-Klasse Informationen liefern, die die oben beschriebenen prinzipiellen Probleme überwinden. Größere Teleskope, ob im All oder auf der Erde, werden zwar bessere Daten mit kleineren Fehlerbalken liefern. Doch Teleskopoptiken sind im Wesentlichen von zwei Faktoren dominiert, dem geometrischen bzw. spektralen Auflösungsvermögen und dem Bildkontrast (dem Signal-zu-Rausch-Verhältnis der Daten). Beide Parameter hängen vom Spiegeldurchmesser ab und nicht von dessen Fläche. Das heißt, das kommende E-ELT wird die Datenqualität im Vergleich aktueller Großteleskope linear etwa um den Faktor 4 verbessern, nicht jedoch um Potenzen, wie es mit dem Begriff ,,Quantensprung" so gern suggeriert wird. Da sind laienhafte Fantasie und die Sehnsucht nach anderen Erden bei der Akquise von Forschungsgeldern durchaus hilfreich.
Sehnsucht nach Kontakten? Meine Betrachtungen dürften für manche Enthusiasten ziemlich ernüchternd sein. Wir sind nicht in der Lage, irgendetwas Verlässliches zur Wahrscheinlichkeit von Leben im All zu sagen. Außerdem verhindern die überwältigenden Distanzen zwischen den Sternen jeden sinnvollen Dialog, falls es denn andere Zivilisationen geben sollte. Daher bleiben uns nur fundamentale Untersuchungen fremder Welten durch Messungen. Im Sinne einer integren Wissenschaft sollten wir uns von fantastischen Vorstellungen eines Kontakts mit anderen Zivilisationen realistischerweise verabschieden.
Das scheint Vielen schwer zu fallen. Die Diskussion über belebte Exoplaneten und der Wunsch nach einem interstellaren Kontakt werden rege geführt. In den meisten Fällen geschieht dies unter völliger Ignorierung der wissenschaftlichen Fakten, sei es aus Enthusiasmus oder Unkenntnis. Diese Sehnsucht muss jedoch einen Grund haben. Dazu ist zu sagen, dass der Mensch entwicklungsgeschichtlich ein Herdentier ist. Ob bei der Jagd oder bei der Aufzucht des Nachwuchses - nur in Gruppen konnte unsere Spezies über Jahrmillionen derma
ßen erfolgreich sein (Abb. 4). Und dabei waren wir stets Wanderer auf der Suche nach neuen Welten. Es liegt also nahe, uns generell eine Neigung zur Hinwendung zu anderen Menschen und Welten zu unterstellen. Oder anders: Da wir auf einem technologisierten, komplett entdeckten und vernetzten Planeten leben, sind wir entwicklungspsychologisch vielleicht sogar gezwungen, unsere Neigungen auf das unbekannte Weltall zu verlegen. Diese Neigung ist vermutlich auch der psychologische Treiber für die bemannte Raumfahrt. Dass dies alles an den überwältigenden Distanzen im All scheitert, beinhaltet eine gewisse Tragik und wir werden die Unerfüllbarkeit dieser Sehnsucht intelligent und rational kompensieren müssen. In dieser Hinsicht überlasse ich dem Science-Fiction-Autor Stanislaw Lem das letzte Wort. In seinem Roman Solaris [6] gibt er einen Hinweis auf unsere Natur sowie auf die Herausforderungen, die in Wirklichkeit auf uns warten.
,,Wir wollen gar nicht den Kosmos erobern, wir wollen nur die Erde bis an seine Grenzen erweitern. Die einen Planeten haben voll Wüste zu sein, wie die Sahara, die anderen eisig wie der Pol oder tropisch wie der brasilianische Urwald. Wir sind humanitär und edel, wir wollen die anderen Rassen nicht unterwerfen, wir wollen ihnen nur unsere Werte übermitteln und, als Gegengabe, ihrer aller
Erbe annehmen. Wir halten uns für die Ritter vom heiligen Kontakt. ... Menschen suchen wir, niemanden sonst. Wir brauchen keine anderen Welten. Wir brauchen Spiegel. Mit anderen Welten wissen wir nichts anzufangen. Es genügt unsere eine, und schon ersticken wir an ihr."
Literaturhinweise: [1] B. Carter, 1974: in "Confrontation
of cosmological theories with observational data", Proceedings of the Symposium, Krakow, Poland, September 10-12, Dordrecht, D. Reidel Publishing Co., p. 291-298 [2] J. Diamond, 2006: ,,Arm und Reich: Die Schicksale menschlicher Gesellschaften", 9. Auflage, ISBN 3596172144 [3] F. Drake, D. Sobel, 1998: ,,Signale von anderen Welten - die wissenschaftliche Suche nach außerirdischer Intelligenz", Droemer, Knaur, München ISBN 3-426-77351-1 [4] The Staff at the National Astronomy and Ionosphere Center, 1975: ,,The Arecibo message of November, 1974", Icarus 26, p. 462 [5] L. Kaltenegger, 2013: ,,Die Suche nach der zweiten Erde", Sterne und Weltraum 9-2013 [6] S. Lem, 1961: ,,Solaris", Roman, Wydawnictwo Ministerstwa Obrony Narodowej (MON), Warschau (Erstausgabe)
4 Über 30.000 Jahre alte Zeichnungen aus der Chauvet-Höhle (Wikipedia)
VdS-Journal Nr. 65
SCHWAN LUCHS
LEIER Albireo
Wega HERKULES
GROSSER BÄR
Castor ZWILLINGE Pollux
SCHLANGENTRÄGER
NÖRDL. KRONE
Gemma
BOOTES
SCHLANGE (KOPF)
Arktur JUNGFRAU
JAGDHUNDE
HAAR DER BERENIKE
SÜDOST
Sternkarte exakt gültig für 15. April 1 Uhr MESZ
WAAGE SKORPION Jupiter
Mondphasen im April 2018
Spica RABE
BECHER
SÜD
KLEINER LÖWE
KREBS
LÖWE
Regulus
KLEINER HUND
Procyon
SEXTANT
Alphard
RSCHLANGE WASSE
SÜDWEST
Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de
Zusammengestellt von Werner E. Celnik und Werner Braune (Veränderliche Sterne), Eberhard Riedel (streifende Sternbedeckungen), Oliver Klös (Sternbedeckungen durch Kleinplaneten).
Letztes Viertel 8.4.
Planeten im April
Merkur hat seine Abendsichtbarkeit gerade hinter sich, im April ist er nicht zu sehen. Venus entwickelt sich zum gut sichtbaren Abendstern. Ende April zieht sie unterhalb der Plejaden entlang. Mars ist Planet der zweiten Nachthälfte, Anfang April zieht er nah am Ringplaneten Saturn vorbei. Jupiter steuert auf seine beste Sichtbarkeit im Mai zu, der Riesenplanet ist ein auffällig helles Gestirn ab den späten Abendstunden. Saturn wird Anfang April von Mars passiert, auch er entwickelt sich zum Objekt der zweiten Nachthälfte. Uranus wird im April hinter der Sonne vorbeilaufen, er ist nachts demnach unter dem Horizont. Neptun hat etwas Vorsprung vor Uranus, ist im April aber auch nicht zu sehen.
VdS-Journal Nr. 65
Neumond 16.4.
Erstes Viertel 22.4.
Vollmond 30.4.
Ereignisse im April
01. 4h Mond 7,8 Grad NW Spica ( Vir, 1,1 mag)
02. 04:30 Mars (0,3 mag, 8,5'') 1,3 Grad S Saturn (0,5 mag, 16,7'') u.
22' N Kugelhfn. M 22 (5,2 mag), Sternbild Sagittarius
03.
max. Libration im Mond-SO, 8,2 Grad
03. 4h Mond 7,6 Grad NW Jupiter (-2,4 mag, 42,8''), Sternbild
Libra
05. 4h Mond 8,3 Grad N Antares ( Sco, 1,1 mag)
07. 04:30 Mond 4,5 Grad W Saturn (0,5 mag, 16,8''), Sternbild
Sagittarius
08. 01:52 Io und Schatten Transit vor Jupiter, bis 04:43
08. 3h Mond 4,7 Grad NO Mars (0,1 mag, 8,9''), Sternbild Sagittarius
08. 06:29 Mond erdfern, 29,7'
08. 08:18 Letztes Viertel
13.
Mars Phasenwinkel (40,8 Grad ), deutliche Phasengestalt
16.
max. Libration im Mond-NW, 8,1 Grad
16. 02:57 Neumond
17. 20:15 Mond 6,2 Grad S Venus (-3,9 mag, 11,0'')
18. 21h Mond 6,1 Grad W Aldebaran ( Tau, 1,0 mag), in N-
Skandinavien Bedeckung
19.
Uranus in Konjunktion zur Sonne
19. 00:06 Ganymed tritt in Jupiterschatten ein, Austritt ab 02:06
20.
Mars überschreitet einen Winkeldurchmesser von 10''
20. 15:39 Mond erdnah, 32,9'
20. 21:30 Kleinplanet 7-Iris (10,1 mag) 52' S Krebsnebel M 1
(8,4 mag), Sternbild Taurus
20. 22:15 streifende Sternbedeckung durch den Mond (Südrand)
an SAO 95402 (7,8 mag), Sternbild Orion, Linie
entlang Ostfriesland - nördl. Niedersachsen - Sachsen-
Anhalt - Brandenburg - Cottbus
21. 3h Mars (-0,1 mag, 10,1'') 8' NO Kleinplanet (144) Vibilia
(12,8 mag), Sternbild Sagittarius
21. 21:30 Kleinplanet 7-Iris (10,1 mag) 9,4' W Stern Tau
(3,0 mag)
22. 19h Maximum Meteorschauer der Lyriden, 49 km/s, 18-90/h
22. 22:46 Erstes Viertel
24. 00:08 Io und Schatten Transit vor Jupiter, bis 02:38
24. 21:53 Mond 32' NO Regulus ( Leo, 1,4 mag)
28. 21:37 Mond 6,3 Grad N Spica ( Vir, 1,1 mag)
30. 01:58 Vollmond
30.
max. Libration im Mond-SO, 8 Grad
30.
Merkur in größter westl. Elongation (27 Grad ), keine
Morgensichtbarkeit
30. 21h Mond 3,3 Grad NO Jupiter (-2,5 mag, 44,7''), Sternbild Libra
LUCHS
Deneb SCHWAN
DRACHE
FÜCHSC HEN
DELFIN PFEIL
Wega Albireo LEIER
HERKULES
NÖRDL. KRONE
Gemma
Atair
ADLER
SCHLANGE (SCHWANZ)
SCHLANGENTRÄGER
SCHLANGE (KOPF)
GROSSER BÄR
JAGDHUNDE
BOOTES Arktur
HAAR DER BERENIKE
JUNGFRAU
LÖWE KLEINER
LÖWE
Regulus
SCHILD
SÜDOST
Sternkarte exakt gültig für 15. Mai 1 Uhr MESZ
Saturn
WAAGE
Spica
SKORPION Jupiter
RABE
Antares
WOLF
WASSERSCHLANGE
SÜD
Mondphasen im Mai 2018
BECHER
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de
Quellen: US Naval Observatory, eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto), Berechnungen der BAV, Berechnungen der IOTA (Steve Preston), Berechnungen der IOTA/ES (Eberhard Riedel [GRAZPREP]), Homepage der International Meteor Organization (IMO).
Letztes Viertel 8.5.
Planeten im Mai
Merkur stand zwar Ende April/Anfang Mai weit von der Sonne entfernt, war aber nur von südlichen Ländern aus zu sehen.
Venus ist jetzt amtlicher Abendstern, am 17. Mai steht die schmale Sichel des jungen Mondes unter ihr.
Mars geht nun schon gegen Mitternacht auf, der große Auftritt des roten Planeten bahnt sich an.
Jupiter ist der ,,Star" des Monats, der Riesenplanet kommt am 9. Mai in Opposition - was im Gegensatz zur Politik die beste Sichtbarkeit bedeutet.
Saturn folgt Mars nach Mitternacht, der Ringplanet ist Objekt der zweiten Nachthälfte.
Uranus gewinnt nur langsam Abstand von der Sonne, im Mai kann man ihn nicht sehen.
Neptun taucht wie Uranus im Mai nicht am dunklen Nachthimmel auf.
Neumond 15.5.
Erstes Viertel 22.5.
Vollmond 29.5.
Ereignisse im Mai
02. 2h bis ca. 15.05.: Kleinplanet 4-Vesta (ca. 6,4 mag)
ca. 1,5 Grad S Omeganebel M 17, Sternbild Sagittarius
02. 02:30 Mond 9,4 Grad N Antares ( Sco, 1,1 mag) 05. 03:30 Mond 3,3 Grad O Saturn (0,3 mag, 17,6''), Sternbild
Sagittarius
05. 23:02 Europa und Schatten Transit vor Jupiter, bis 01:23
06. 01:33 Mond erdfern, 29,6'
06. ab 2h Maximum Meteorschauer der Eta-Aquariden, 66 km/s,
bis zu 50/h
06. 3h Mond 2,8 Grad NW Mars (-0,5 mag, 11,7''), Sternbild
Sagittarius
06. 22:09 Ganymed und Schatten Transit vor Jupiter, bis 23:52 08. 03:09 Letztes Viertel 09. 1h Jupiter (-2,5 mag, 44,8'') in Opposition zur Sonne,
Sternbild Libra
09. 22:24 Io und Schatten Transit vor Jupiter, bis 00:34, Io VOR
seinem Schatten!
10. 4h Jupiter in kleinster Erddistanz, 658,2 Mio. km
13.
max. Libration im Mond-NW, 8,8 Grad
14. 01:52 Beginn Ganymed und Schatten Transit vor Jupiter, bis
03:50
14. 2h Mars (-0,7 mag, 12,7'') 19' S Kugelhfn. M 75 (8,6 mag),
Sternbild Sagittarius 15. 12:48 Neumond 17. 00:08 Io und Schatten Transit vor Jupiter, bis 02:28
17. 21:30 Mond 5,5 Grad S Venus (-4,0 mag, 12,3'')
17. 22:05 Mond erdnah, 32,9'
18. 22:40 RR Lyr Maximum 7,1 mag, rd. 1,5 Std. schneller Anstieg
von 8,1 mag
19. 00:12 Kleinplanet 1-Ceres (8,6 mag) 7,3' SW Stern Leo (4,5 mag)
20. 21:02 streifende Sternbedeckung durch den Mond
(Nordrand) an SAO 98245 (6,2 mag), Linie entlang
südl. Aachen - Mannheim - Heilbronn - Augsburg -
südl. München
22. 00:30 Mond 1,9 Grad NW Regulus ( Leo, 1,4 mag) 22. 04:49 Erstes Viertel
22.
Mars Südhalbkugel Frühlingsanfang
26. 1h Mond 6,3 Grad N Spica ( Vir, 1,1 mag)
27.
max. Libration im Mond-SO, 8,4 Grad
27. 22h Mond 3,2 Grad NO Jupiter (-2,5 mag, 44,4'')
29. 15:20 Vollmond
29. 22:30 Mond 8,2 Grad NO Antares ( Sco, 1,1 mag)
31. 23:57 Ganymed tritt in Jupiterschatten ein, Austritt ab 01:56
VdS-Journal Nr. 65
KLEINER LÖWE
Deneb
DRACHE
PEGASUS
FÜCHSCHEN
DELFIN FÜLLEN
PFEIL Atair
WASSE RMAN N
SCHWAN
Wega
LEIER Albireo
ADLER
SCHLANGE (SCHWANZ)
HERKULES
NÖRDL. KRONE
Gemma
SCHLANGE (KOPF)
SCHLANGENTRÄGER
GROSSER BÄR JAGDHUNDE
BOOTES Arktur
HAAR DER BERENIKE
JUNGFRAU
LÖWE
SCHILD
SÜDOST Mars
Sternkarte exakt gültig für 15. Juni 1 Uhr MESZ
STEINBOCK
Pluto
Saturn SCHÜTZE
Mondphasen im Juni 2018
SKORPION
Jupiter WAAGE
Spica
Antares SÜD
WOLF
SÜDWEST
Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de
Alle Zeitangaben in MEZ, für Standort bei 10 Grad ö.L. und 50 Grad n.Br. Zum Umrechnen in MESZ im Zeitraum 25.03. 2:00 Uhr MEZ bis 28.10. 2:00 MEZ eine Stunde zu den Zeitangaben addieren.
Letztes Viertel 6.6.
Planeten im Juni
Merkur bietet uns Ende Juni eine Herausforderung: er ist dann von Süddeutschland aus (und weiter südlich) gegen 22:30 Uhr Sommerzeit in der Abenddämmerung zu sehen.
Venus läutet als Abendstern die Nachtruhe ein. Am 16. Juni steht wieder die schmale Sichel des zunehmenden Mondes neben ihr.
Mars wird im Juni viel heller, der rote Planet glänzt schon fast die gesamte dunkle Nacht über dem Südosthorizont.
Jupiter ist nach Venus abends das zweite auffällige Himmelslicht. Während Venus im Westen herabsinkt, steigt Jupiter im Südosten aber immer höher.
Saturn erreicht Ende Juni seine diesjährige Opposition - der Ringplanet geht bei Sonnenuntergang im Südosten auf, erreicht gegen Mitternacht seine höchste Stellung über dem Südhorizont und geht morgens im Südwesten unter.
Uranus hat sich noch immer nicht so weit von der Sonne entfernt, dass man ihn nachts sehen könnte.
Neptun geht Ende Juni bereits vor Mitternacht auf, in den hellen Sommernächten lohnt es aber nicht, ihn aufzusuchen.
Neumond 13.6.
Erstes Viertel 20.6.
Vollmond 28.6.
Ereignisse im Juni
01. 22:03 Io und Schatten Transit vor Jupiter, bis 00:45
02. 02:04 Mond 47' N Saturn (0,2 mag, 18,2''), Sternbild
Sagittarius
02. 17:36 Mond erdfern, 29,1'
03. 02:30 Mond 5,0 Grad NW Mars (-1,3 mag, 15,7''), Sternbild
Capricornus
04. 0h Kleinplanet 1-Ceres (8,7 mag) 7,0' W Stern Leo (3,0 mag), nähernd
04. 22:40 RR Lyr Maximum 7,1 mag, rd. 1,5 Std. schneller Anstieg
von 8,1 mag
06. 19:32 Letztes Viertel 06. 21:25 Europa und Schatten Transit vor Jupiter, bis 00:59
10.
Mars-Südpol um 15 Grad zur Erde geneigt, Maximum
10.
max. Libration im Mond-NW, 9,6 Grad
13. 20:43 Neumond 15. 00:55 Mond erdnah, 33,0'
15. 1h Kleinplanet 4-Vesta (5,4 mag) 28' S off. Hfn. M 23,
Sternbild Sagittarius
16. 21:20 U Oph Minimum 6,6 mag, rd. 2,5 Std. Abstieg von
5,9 mag
16. 22:20 Mond 5,5 Grad SO Venus (-4,0 mag, 14,3'')
16.
Kleinplanet 9-Metis (9,7 mag) in Opposition zur Sonne,
Sternbild Ophiuchus
17. 22:30 Mond 7,2 Grad W Regulus ( Leo, 1,4 mag)
20.
Kleinplanet 4-Vesta (5,3 mag, 0,6'') in Opposition zur
Sonne, Sternbild Sagittarius
20. 11:51 Erstes Viertel 21. 11:07 Sommeranfang
21. 22:10 U Oph Minimum 6,6 mag, rd. 2,5 Std. Abstieg von
5,9 mag
21. 22:50 RR Lyr Maximum 7,1 mag, rd. 1,5 Std. schneller Anstieg
von 8,1 mag
21. 23:30 Mond 8,2 Grad NW Spica ( Vir, 1,1 mag)
22.
max. Libration im Mond-SO, 9,3 Grad
23. 22:45 Mond 3,1 Grad N Jupiter (-2,3 mag, 42,2'')
24. 0h Kleinplanet 4-Vesta (5,4 mag) 18' NW Kugelhfn.
NGC 6440 (9,3 mag), Sternbild Sagittarius
25. 22:00 Ganymed Transit vor Jupiter, bis 23:41
26. 00:30 Mond 8,0 Grad N Antares ( Sco, 1,1 mag)
27. 14h Saturn (0,0 mag, 18,4'') in Opposition zur Sonne
27. 22:30 Kleinplanet 1-Ceres (8,8 mag) 9,6' N Stern 1 Leo
(2,2 mag), nähernd
28. 02:30 Mond 1,7 Grad NW Saturn (0,0 mag, 18,4''), Sternbild
Sagittarius
28. 05:53 Vollmond
28. 14h Mars (-2,1 mag, 20,3'') wird rückläufig
29.
Mars-Südpol nur 3 Grad westl. v. Südrichtung, minimal
30. 03:45 Mond erdfern, 29,5'
VdS-Journal Nr. 65
Beobachterforum
139
Sidewalk Astronomy
von Robert Zebahl
Die meisten Amateurastronomen suchen oft den Balkon, heimischen Garten oder dunkle, verlassene Plätze auf, um mit ihrem Teleskop diverse Objekte zu beobachten. Wer sich mit der ,,Sidewalk Astronomy" (auch ,,Street Corner Astronomy" genannt) beschäftigt, sucht gezielt Orte, wo viele Menschen den Weg kreuzen. Hauptsache ist dabei, den Menschen aus der Umgebung die Möglichkeit zu bieten, astronomische Objekte durch ein Teleskop zu betrachten. Da sich die ,,Sidewalk Astronomy" meist in Städten auf Plätzen oder dem Gehweg abspielt, ist natürlich mit ausreichend Beleuchtung zu rechnen. Es kommen also nur hellere Objekte in Frage, typischerweise Planeten und Mond sowie tagsüber die Sonne mit geeignetem Sonnenfilter. Neben dem reinen Beobachten hat diese Art der Astronomie noch einen bildenden Charakter, wobei Hintergrundwissen über das Gesehene vermittelt wird.
Die ,,Sidewalk Astronomy" geht bis in das 19. Jahrhundert zurück, wo aus Großstädten wie Los Angeles beobachtet wurde. Im Jahre 1968 gründeten sich die ,,Sidewalk Astronomers" in San Francisco. Einer der Mitbegründer war John Lowry Dobson (14.09.1915-15.01.2014), der durch seine einfache, aber noch heute weit verbreitete Bauweise der DobsonTeleskope zu großer Berühmtheit gelangte. Doch auch in Deutschland scheint diese Form der Astronomie zu existieren. Zumindest finden sich in deutschsprachigen Foren Diskussionen und Berichte zu diesem Thema. Auch auf der Webseite der ,,Astronomiefreunde Ingolstadt" [1] wurde ich fündig, wo solche Aktivitäten geplant in der Gruppe durchgeführt wurden.
Ende März 2017 startete ich eine Reihe von Beobachtungen vom Fußweg aus im Leipziger Stadtteil Schleußig, wo ich wohne. Er befindet sich westlich des Stadtzentrums und zeigt einen nicht übermäßig aufgehellten Himmel. Zu Anfang waren die Beobachtungen aus eigenem Interesse, wobei ich hauptsächlich Sonne, Mond, Jupiter und Saturn im Visier hatte. Schnell zeigte sich das Interesse von Passanten. Für mich eine sehr schöne Erfahrung. Es entstanden viele Gespräche, Fragen wurden gestellt und
1 Sidewalk Astronomy: Passanten bestaunen den Mond im 80-mm-Refraktor.
auch Kontakte zu Amateurastronomen aus der Gegend geknüpft. Dabei waren alle Altersgruppen vertreten. Einige kamen sogar öfter vorbei oder wir tauschten Kontaktinformationen aus. Teilweise bildeten sich kleine Gruppen um mich. So stand ich manchmal über drei Stunden auf dem Gehweg. Von Ende März bis Anfang Juli führte ich regelmäßig solche Beobachtungen durch.
Beobachtet wurde vornehmlich mit kleineren Instrumenten, wobei auch ein 8-Zoll-Dobson zum Einsatz kam. Am häufigsten verwendete ich einen Achromaten mit 120 mm Öffnung und 600 mm Brennweite auf einer Vixen-PortaMontierung. Aufgrund des deutlichen Farbfehlers setzte ich selbst gefräste Blenden aus Holz ein, so dass ich effektive Öffnungen von 60 bis 80 mm nutzte. Das ergab ein ästhetisches Bild bei allen Objekten. Trotz der reduzierten Öffnung konnte nahezu jedermann Details auf Jupiter, wie zum Beispiel mehrere Wolkenbänder sowie den großen Wirbelsturm, den Saturn mit seinem Ringsystem oder unzählige Krater auf dem Mond bestaunen. Auch die Sonne bot hin und wieder mal kleinere Fleckengruppen, wobei hier die Begeisterung vergleichsweise gering war. Am beliebtesten waren Saturn und Mond. Ich konnte so fast jedem Besucher ein ,,Wow" entlocken. Letztlich war ich allein dadurch motiviert, meinen Mitmenschen einen Blick in unser Sonnensystem mit einem Teleskop zu ermöglichen. Die wenigsten hatten eine Vorstellung davon und waren umso
überraschter. Für viele war es außerdem ein kleines Highlight, auf dem Heimweg von der Arbeit oder dem Einkauf ganz unverbindlich ohne großen Zeitaufwand eine solche Erfahrung zu machen.
An einem Abend führte ich sogar eine kleine Gruppe von Interessenten an den nahegelegenen Parkrand, um zumindest hellere Deep-Sky-Objekte, ebenfalls im 120-mm-Refraktor, zu präsentieren. Fast alle Objekte wurden gesehen. Darunter waren Messier 13, Messier 57, der östliche Teil des Cirrusnebels, der Doppelstern Albireo, der Kohlenstoffstern U Cygni, der Offene Sternhaufen NGC 7510 sowie Messier 51 mit Begleiter. Unter den Interessenten war außerdem ein angehender Amateurastronom, für welchen ich diese kleine Deep-Sky-Tour geplant hatte.
Für mich war es jedenfalls eine wunderbare Erfahrung, und ich werde auch zukünftig immer wieder den Gehweg mit dem Teleskop verzieren. Die vielen mir gestellten Fragen über Astronomie zwangen mich außerdem, mein Allgemeinwissen zu erweitern. Vielleicht probiert der oder andere diese Art der Astronomie mal aus. Es ist eine Freude, in die erstaunten und glücklichen Gesichter zu schauen, wenn zum Beispiel das erste Mal der Mond oder Saturn durch ein Teleskop beobachtet wird.
Weblink: [1] Astronomiefreunde Ingolstadt:
www.astronomie-ingolstadt.de
VdS-Journal Nr. 65
140 Vorschau
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