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Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 57

BEITRAG
  1 Editorial (Melchert Sven)

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  0 INHALTSVERZEICHNIS (Beitrag)

BEITRAG
  4 Der Merkurtransit am 9. Mai 2016 (Melchert Sven)
  6 Einführung ins SPT: Der Südhimmel (Riepe Peter)
  7 Kiripotib und der Südhimmel (Westphal Stefan)

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  0 Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie (Beitrag)

BEITRAG
  10 Der Dunlop-Katalog (Kerner Heinz)
  12 Im Reich des Skorpions - Sterne, Nebel und Wolken in der südlichen Milchstraße (von Eiff Hermann)
  18 M 104 - kein alltägliches Objekt (Küppers Stephan)
  19 Sternenhimmel über dem Land der Hobbits (Overhaus Christian)
  21 Visuelle Beobachtungen am Teide (Teneriffa) (Wenzel Klaus)
  24 CEDIC-Team goes Chile - Hacienda los Andes (Leitner Wolfgang)
  30 Die Hacienda los Andes (Verschatse Daniel)
  34 RCW 114, ein Supernovarest im Sternbild Ara (Küppers Stephan, Riepe Peter)
  37 Enttäuschte Erwartungen einer Astroreise (Mester Dorothee)

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  0 Impressum (Beitrag)

BEITRAG
  40 Aufnahmen des südlichen Himmels im Mai 2014 (Wechselberger Gerald)
  42 Der erste Blick in das Zentrum der Milchstraße (Pilz Uwe)
  44 Der südliche Sternhimmel in Chile - eine Rückschau auf Beobachtungen in den 1980er-Jahren (Celnik Werner E.)
  48 Die Magellanschen Wolken im Magellanschen Strom (Riepe Peter, Binnewies Stefan)
  52 Zeichnungen von Objekten des Südhimmels (Sawo Mathias)
  54 Rückkehr nach Tivoli (Konieczek Gorden, Siegismund Endriko)
  60 Die Entstehungsgeschichte des Faltrefraktors (Sorgenfrey Wolfgang, Hermelingmeier Hubert)
  63 Selbstbau eines Triplett-Apochromaten (Zilch Thorsten)
  66 Schattenwerfer gegen Lichtverschmutzung (Thomas Axel)
  68 Cepheus A - Ein Blick ins Infrarote lohnt sich (Mrotzek Manfred)

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  0 Inserentenverzeichnis (Beitrag)

BEITRAG
  72 Die Sichtbarwerdung in der Dämmerung (Jahns Helmut)
  72 ESA Summer of Code in Space (Jahns Helmut)
  72 Sternbildgrenzen digital (Jahns Helmut)
  73 Klassiker der Astronomie (Jahns Helmut)
  73 Quelltext zurechtgerückt mit Code Beautify (Jahns Helmut)
  74 APT - Astro Photography Tool (Schneider Oliver)
  75 Astro Panel (Jahns Helmut)
  76 General Mission Analysis Tool (GMAT) (Rohe Klaus)
  78 Aus Alt mach Neu - Software refaktorieren (Jahns Helmut)
  80 LED-Außenleuchten - stets gute Beleuchtung (Güths Torsten)
  84 Beobachtung einmal anders - Objekte der OB-Assoziation Gem OB1 (Hay Christopher, Merting Rene)
  84 Neues aus der Fachgruppe Visuelle Deep-Sky-Beobachtung (Zebahl Robert)
  86 Skyguide 2016 - 1 (Frühjahr) (Zebahl Robert)
  88 Die altägyptischen Diagonalsternuhren (Hoffmann Bettina)
  88 Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie (Steinicke Wolfgang)
  90 12. Tagung der Fachgruppe Geschichte der Astronomie in Berlin (Steinicke Wolfgang)
  93 Von seltsamen Quanten und kuriosen Katzen (Härer Lucia)
  94 Neues aus der Fachgruppe Kleine Planeten (Lehmann Gerhard)
  95 Kosmische Begegnungen (Hohmann Klaus, Ries Wolfgang)
  97 Vor 20 Jahren: Der Komet Hyakutake strahlt am Himmel (Seeger Karlheinz)
  99 Kometen auf dem Herzberger Teleskoptreffen (Pilz Uwe)
  101 Die Beobachtung der Perseiden 2015 auf der Walleralm, Oberbayern (Slansky Peter C.)
  104 Feuerkugel im Orion - ein kurzer Beobachtungsbericht (Hopf Hans)
  105 Feuerkugeln melden leicht gemacht! (Molau Sirko)

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  0 IMPRESSION (Beitrag)

BEITRAG
  109 ÉDaSS - Échelle-Data-Simulation Software (Sablowski Daniel P.)
  111 Die provisorischen Relativzahlen des SONNE-Netzes, 1. Halbjahr 2015 (Bulling Andreas)
  112 Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 2. Quartal 2016 (Riedel Eberhard)
  116 Neues aus der Fachgruppe Veränderliche Sterne (Bannuscher Dietmar)
  116 Visuelle Beobachtungen des Blazars S5 0716+71 in den Jahren 2014/2015 (Wenzel Klaus)
  117 VdS-Vorstand aktuell (Bergthal Siegfried)

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  0 Für eine natürliche Nacht zum Schutz von Mensch und Umwelt - Resolution zur Vermeidung von Lichtverschmutzung (Beitrag)

BEITRAG
  120 Astro-Comics im VdS-Journal für Astronomie (Celnik Werner E., Ruster Tim)

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  0 In Memoriam 2015 (Beitrag)
  0 Nachruf auf Prof. Dr. Hanns Ruder (Beitrag)

BEITRAG
  122 Nachruf zum Tod von Dieter Friedrich (Guthier Otto)

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  0 Jubiläen (Beitrag)

BEITRAG
  124 60 Jahre Sternwarte Hagen: Das Hagener Sternfreundetreffen 2015 (Riepe Peter)

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  0 Wir begrüßen neue Mitglieder (Beitrag)

BEITRAG
  126 50 Jahre Volkssternwarte Burgsolms (Düring Thomas)
  128 Die nächste Runde PaS oder anders: "To be or not to be, that is the question" von Spikes und Frikadellen (Lohuis Christoph)

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  0 Himmelsvorschau April-Juni 2016 (Beitrag)

BEITRAG
  134 Silberhochzeit unter der "schwarzen Sonne" (Domning Anette)
  134 Die Morgenkonjunktion vom 09.10.2015 (Flach-Wilken Bernd)
  136 Eine ereignisreiche Nacht (Schwager Stefan)
  138 Startrails (Metz Helmut)
  139 Vergleich der Mondfinsternisse 2007 und 2015 (Kosbi Klaus)
  140 Mondfinsternisbeobachtung am 28.09.2015 (Petzl Uwe)
  140 Messung der Mondentfernung bei einer Mondfinsternis (Spindler Joachim)
  143 Der letzte Gruß von der Mondfinsternis (Kunz Stefan)
  144 Die totale Mondfinsternis am 28. September 2015 - eine kleine Bilderstrecke der Leser unseres VdS-Journals für Astronomie (Celnik Werner E.)

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  0 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen April-Juni 2016 (Beitrag)
  0 Gibt es Neuigkeiten? Sagen Sie es uns. (Beitrag)
  0 VdS-Fachgruppen-Redakteure (Beitrag)
  0 VdS-Fachgruppen-Referenten (Beitrag)
  0 Autorenverzeichnis (Beitrag)

Textinhalt des Journals 57

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Nach Redaktionsschluss

Der Merkurtransit am 9. Mai 2016
von Sven Melchert

,,Schon wieder ein Transit" schoss es mir beim ersten Blick auf den astronomischen Terminkalender durch den Kopf. Denn in den letzten Jahren wurden wir von Planetendurchgängen vor der Sonne wahrlich verwöhnt: zuerst der Merkurtransit am 7. Mai 2003, nur ein Jahr später am 8. Juni 2004 folgte ein Venustransit, und am 6. Juni 2012 gleich ein weiterer. Der Blick in die Zukunft spornt aber dazu an, sich für den diesjährigen Merkurtransit Zeit zu nehmen. Zwar vergehen nur dreieinhalb Jahre, bis am 11. November 2019 von Mitteleuropa aus wieder ein Merkurtransit zu sehen sein wird, doch steht die Sonne dann jahreszeitlich bedingt tief am Himmel und geht nach der Hälfte des Merkurdurchgangs unter. Der Transit am 13. November 2032 wird fast von Anfang bis Ende zu sehen sein, bei einer Kulminationshöhe der Sonne von wenig mehr als 20 Grad leidet das Beobachtungserlebnis doch deutlich. Erst am 7. Mai 2049 werden die Bedingungen wieder ähnlich günstig sein wie in diesem Jahr! Und schon ist die Transit-Müdigkeit hinweggefegt, oder? Schauen wir uns also an, wie der Merkurtransit in diesem Jahr verlaufen wird.

1 Merkur vor der Sonne am 7. Mai 2003, eine Minute vor dem 3. Kontakt. Aufnahme
von Werner E. Celnik mit einem 22-cm-Schmidt-Cassegrain und 7,5 m Brennweite, Belichtungszeit 1/125 s bei ISO 100.

Das Beste zu Beginn Kurz nach 13 Uhr Sommerzeit wird die kleine Merkurscheibe den äußeren Sonnenrand berühren und in etwas mehr als

drei Minuten vollständig vor der Sonne sichtbar sein. Zu Beginn des Transits nimmt die Sonne zufällig ihren höchsten Punkt am Himmel ein, sie kulminiert für

2 Die globale Sichtbarkeit des Merkurtransits am 9. Mai 2016 nach Angaben von Fred Espenak/www.eclipsewise.com.
Hintergrundbild: Reto Stöckli, NASA Earth Observatory.
VdS-Journal Nr. 57

Nach Redaktionsschluss

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Orte auf 10 Grad östl. Länge um 13:16 Uhr in einer Höhe von 57 Grad . Wenige Minuten vor 17 Uhr hat Merkur den halben Weg über die Sonnenscheibe zurückgelegt; die Sonnenhöhe beträgt dann nur noch 35 Grad . Ob man den Austritt Merkurs beobachten kann, hängt stark vom Beobachtungsort ab. Für den Ort auf 50 Grad nördl. Breite und 10 Grad östl. Länge geht die Sonne um 20:55 MESZ unter; der Merkurtransit endet hier um 20:40 Uhr nur eine Viertelstunde vor Sonnenuntergang. Wer das Ende des Transits mit möglichst hoch stehender Sonne verfolgen möchte, muss daher nach Westen reisen. So geht die Sonne zum Beispiel auf den Kanarischen Inseln erst um 21:48 MESZ unter bzw. sie steht zum Ende des Transits noch 13 Grad über dem Horizont. Zusammengefasst: Am besten beobachtet man den Transit von Anfang an, denn mit fortschreitendem Verlauf sinkt die Sonne zum Horizont hinab. Die nachfolgend genannten Zeiten gelten für den Ort auf 50 Grad Nord/10 Grad Ost; an anderen Orten weichen sie nur um einige Sekunden ab:

1. Kontakt: 2. Kontakt: Mitte: 3. Kontakt: 4. Kontakt:

13:12:09 MESZ 13:15:21 MESZ 16:56:04 MESZ 20:37:18 MESZ 20:40:30 MESZ

Beobachtung Eine Transitbeobachtung ist im Grunde nichts anderes als eine Sonnenbeobachtung. Ob man dazu einen Folienfilter, die Projektionsmethode, einen Herschelkeil oder das Ha-Teleskop benutzt, mag jeder für sich selbst entscheiden. Wichtig ist wie immer: keine Experimente bei der Sonnenbeobachtung! Wer sich hier nicht sicher ist, spielt mit seinem Augenlicht und besucht besser eine Volkssternwarte. Eine Beobachtung mit den beliebten ,,Sofi-Brillen" wird Merkur leider nicht vor der Sonne zeigen, denn die Merkur-
,, scheibe misst nur 12 im Durchmesser, ist ohne Vergrößerung daher nicht zu erkennen.

Um den Eintritt des kleinen Merkur nicht zu verpassen, sollte man vorher eine Uhr exakt einstellen, mit der Beobachtung vor dem ersten Kontakt beginnen und vielleicht sogar den Wecker auf einige Sekunden vor dem ersten Kontakt stellen. Merkur läuft von links nach rechts über die Sonne. Der Eintritt geschieht

3 Verlauf des Merkurtransits am 9. Mai 20016 für den Ort auf 50 Grad nördl. Breite/
10 Grad östl. Länge. Zeitangaben in MESZ.

am linken Sonnenrand, fast exakt auf halber Höhe der Sonnenscheibe, bei den Koordinaten Rekt. 03:07:26 und Dekl. +17:30:24.
Im Unterschied zum Transit 2003 bietet die Digitalfotografie jetzt erheblich bessere Möglichkeiten, den kleinen Merkur aufzunehmen. Das kann und sollte man natürlich vor dem Transit mit ,,normalen" Sonnenbeobachtungen ausreichend üben. Zum reinen Nachweis des Merkur vor der Sonne wird eine Brennweite von 1000 mm ausreichend sein, nach oben hin setzt nur die dann herrschende Luftunruhe den Fotoerfolgen ihre Grenzen. Um die Sonne vollständig im Bild zu haben, darf die Brennweite beim Kleinbildformat 2000 mm nicht deutlich überschreiten; für das APS-C-Format genügen etwa 1300 mm.
Herausforderung zum Finale Wie bereits oben beschrieben, fallen Transitende und Sonnenuntergang für weite Teile Deutschlands zusammen. Merkur steht dann am unteren Teil der Sonnenscheibe, versinkt daher mit dem horizontnahen Sonnenrand zuerst in den Dunstschichten und dann hinter dem lokalen Horizont, auch wenn die Sonne selbst noch gut zu sehen ist. Für den Ort

50 Grad Nord/10 Grad Ost endet der Merkurtransit bei einer Höhe von 0,9 Grad und Azimut 297 Grad im Nordwesten. Um diesen ,,Sundowner" genießen zu können, muss man sich einen Beobachtungsplatz mit freiem Blick zum Westnordwesthorizont suchen. Nach dem Venustransit bei aufgehender Sonne 2012 wäre das doch ein schöner Abschluss für den Transitreigen der vergangenen Jahre!
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Der Südsternhimmel

Unser Schwerpunktthema:
Der Südhimmel
von Peter Riepe

Mit diesem Schwerpunktthema wurde es höchste Eisenbahn, denn seit vielen Jahren stehen Exkursionen zur Südhalbkugel bei unseren Amateur-Astronomen hoch im Kurs. Die Gründe dafür sind verschieden: Einmal sind es die neuen Objekte. Von ihnen kann man als Europäer auf sehr südlichen Breiten des mediterranen Raumes zwar einige erwischen - allerdings ist das nur ein kleiner Teil der gesamten Pracht des Südhimmels. Viele dieser Wunschobjekte bleiben tief am Horizont, andere steigen für uns nie über den Horizont. Ein zweiter Grund für Reisen in südliche Gefilde ist aber auch die klare Luft mit teilweise bestechend dunklem Himmel. Und den findet man vorzugsweise in den höher gelegenen, wenig besiedelten Ländern der Kontinente Afrika, Amerika und Australien, wo ,,Lichtverschmutzung" vielfach noch ein Fremdwort ist.

Die Zahl der Beiträge zu diesem Schwerpunktthema war groß. Allen Autoren und Bildeinsendern schon einmal herzlichen Dank für ihr Mitwirken! Dabei gibt es die unterschiedlichsten Aspekte: Hervorragende Aufnahmen bekannter, aber auch weniger bekannter Südobjekte, visuelle Beobachtungen, Erlebnisschilderungen, Berichte über Astrofarmen. Wir haben uns hier im Journal bereits an Superbilder gewöhnt, technisch sauber, optisch von bester Qualität, farblich beeindruckend dank sehr ausgefeilter Bildbearbeitung. Das ist diesmal (natürlich) wieder der Fall. Aber darüber sollte man das direkte, visuelle Erlebnis am Fernrohr weder unterschätzen noch vernachlässigen. Astrofotografen, es gibt da tatsächlich ein Tool namens Okular! Ich persönlich werde nie den Eindruck vergessen, der mich wie ein Blitz traf, als ich 1993 in Namibia erstmals den Nebel um den

Stern Eta Carinae durch ein 280-Millimeter-Teleskop in allen Feinheiten wahrnahm.
Zu den Berichten über die Astrofarmen muss ich als zuständiger Redakteur klar feststellen: Es handelt sich hierbei um die persönlichen Schilderungen der Autoren. Sie verbinden damit den Wunsch, andere Sternfreunde zu informieren und wertvolle Tipps zu vermitteln. Dazu gibt die Redaktion ihnen hier Gelegenheit.
Und nun wünsche ich allen Lesern viel Spaß, vielleicht auch die ein oder andere neue Erkenntnis zum Südhimmel und seinen herrlichen Objekten.

1 Der Nebel um den Stern Eta Carinae,
aufgenommen von Stefan Westphal in Namibia (Farm Kiripotib). Canon EOS 600Da, Objektiv EF 200 mm f/2,8L, bei ISO 800 und f/4 wurde 27 x 300 s belichtet.
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2 Inmitten des Carina-Nebels sitzt der massereiche Doppelstern Eta Carinae. Er wird
in nicht allzu ferner Zukunft als Supernova enden. Mit Teleskopen hoher Auflösung erkennt man, dass Eta Carinae im ,,Homunculus-Nebel" mit bipolarer Struktur steckt. Offensichtlich hat es hier bereits mehrere Ausbrüche gegeben. Aufnahme vom 13.05.2004, Amani Lodge/Namibia, 61-cm-Hypergraph bei f = 4940 mm, CCD-Kamera SBIG ST10-XME. Belichtet wurde für das Umfeld Ha: 6 x 180 s, RGB: je 3 x 180 s, ungebinnt. Nur für den Homunculus wurden belichtet Ha: 10 x 1 s, RGB: je 10 x 20 s, ungebinnt. Bildautoren: Stefan Binnewies, Rainer Sparenberg, Volker Robering.

Der Südsternhimmel

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Kiripotib und der Südhimmel
von Stefan Westphal

Bereits seit vielen Jahren verfolge ich Beobachtungsberichte mündlicher und schriftlicher Art über den Südhimmel und dessen Sehenswürdigkeiten mit großem Interesse. Es war für mich immer unvorstellbar, dass die Milchstraße dort so hell sein kann, dass sie Schatten wirft oder dass viele helle Kugelsternhaufen und Nebel dort mit bloßem Auge zu sehen sein sollen. So begannen die Vorbereitungen und intensiven Recherchen für eine eigene Reise im Jahr 2014 zum Südhimmel. Sehr schnell stand fest, dass mein Reiseziel Namibia heißen würde. Der Süden Afrikas ist für uns Europäer mit noch akzeptablem Reiseaufwand erreichbar, es gibt keinen ,,Jetlag" und die Wetterprognosen sind sehr vielversprechend für das Zeitfenster Juli/August.
Großen Wert legte ich auf eine Verbindung aus komfortabler Unterkunft und astronomischer Ausrüstung, die ich vor Ort mieten oder buchen konnte. Gegenwärtig kommen für astronomisch Interessierte dort zwei Alternativen in Frage. Die Farmen Kiripotib und Tivoli. Meine Wahl fiel mehr oder weniger zufällig auf Kiripotib, da zur Zeit meiner Buchung noch Wunschausrüstung und Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung standen. Die Reservierung aller Optionen sowie Buchung, Flug und Transfer zur Farm liefen reibungslos.
Der Empfang und der Aufenthalt auf der Farm waren sehr angenehm und gemütlich. Die Teleskope und Montierungen waren in einem Top-Zustand und wurden ständig gewartet und überprüft. Als sehr praktisch und hilfreich empfand ich die Anwesenheit eines Astrobetreuers. Dieser stand selbst nachts bei Fragen und Problemen hilfsbereit zu meiner Verfügung! Die Farm umfasst unter anderem acht verschiedene Plattformen mit astronomischer Ausrüstung. Von visuellen Geräten, wie einem 100-Millimeter-Feldstecher oder einem 14,5-Zoll-Dobson, bis hin zu mehreren astrofotografischen Geräten war alles einsatzbereit. An dem

1
Der Autor und das parallaktisch montierte 8-Zoll-Teleskop auf Kiripotib
Hinweis
Nachdem wir unser Schwerpunktthema für das Journal 58 ,,Mitgliedssternwarten" abgeschlossen haben, möchten wir gerne auf unsere zukünftigen Schwerpunktthemen hinweisen:
,,Kleinplaneten" in Journal Nr. 59 Redaktionsschluss: 01.05.2016 Redakteur: Gerhard Lehmann, redaktion-kleine-planeten@vds-astro.de
,,Amateurastronomie international" in Journal Nr. 60 Redaktionsschluss: 01.08.2016 Redakteur: A. Weis/G. Weiser, Alexander.Weis@tesono.de
,,Sonnenfinsternisse" in Journal Nr. 61 Redaktionsschluss: 01.11.2016 Redakteur: Martin Hörenz, redaktion-sonne@vds-astro.de
Zur Gestaltung unserer Journale benötigen wir Beiträge der Mitglieder. Dies kann sowohl ein wissenschaftlich fundierter Artikel als auch ein einfaches Beobachtungserlebnis sein. Außerdem soll es möglichst regelmäßig eine Galerie von Fotografien und Zeichnungen geben. Wer nicht gerne schreibt, kann also auch auf diese Weise vertreten sein! Wir freuen uns über alle Einsendungen!
Beiträge sollen an die zuständigen Redakteure (siehe auch Liste der VdS-Fachgruppen-Redakteure) oder an die VdS-Geschäftsstelle (Mail/Postadresse) geschickt werden.
Mit dem Einsenden gibt jeder Autor gleichzeitig sein Einverständnis zum Abdruck im ,,VdS-Journal für Astronomie". Es besteht jedoch keine Veröffentlichungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter Form abzudrucken. Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion
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Der Südsternhimmel

2 Lagunennebel Messier 8, HaLRGB mit 60/72/30/36/30 min.
Belichtungszeit

3 Galaxie Messier 83, LRGB mit 102/36/36/42 min.
Belichtungszeit

4 Kugelsternhaufen NGC 6752, LRGB mit 60/15/15/15 min.
Belichtungszeit

5 Reflexionsnebel NGC 6726/27/29 in Dunkelwolke Bernes 157,
LRGB mit 84/48/42/66 min. Belichtungszeit

Gerät, welches man gemietet hatte, bekam man eine Einweisung durch seinen Astrobetreuer. Der ganze Tagesablauf war auf uns Astronomen eingestellt. Dieser umfasste ein spätes Frühstück ab 11 Uhr, einen leichten Lunch mittags, Kaffee ab 14:30 Uhr und Abendessen um 17 Uhr. So konnten wir pünktlich zum Einbruch der Dunkelheit bei den Teleskopen sein. Die Verpflegung war immer liebevoll und sehr schmackhaft zubereitet und zu meiner Freude auch reichhaltig.
VdS-Journal Nr. 57

Insgesamt war ich 17 Tage auf der Farm. Es gab also genug Zeit, um den für mich neuen südlichen Himmel kennenzulernen. Bereits die erste Nacht nach meiner Anreise verbrachte ich unter dem namibischen Sternenhimmel, obwohl ich beim nächtlichen Hinflug so gut wie nicht geschlafen hatte. Ich hätte gedacht, dass ich erst einmal länger brauchen würde, um mich am Südhimmel zurechtzufinden. Doch meine akribische Vorbereitung hatte sich wohl ausgezahlt. Das Kreuz des Südens war das erste Sternbild, das ich erkannte und für mich zu Beginn

der einfachste Orientierungspunkt. Der Skorpion stand zum Einbruch der Nacht im Zenit und war mit so hellen Einzelsternen bestückt wie unser Orion im Winter, einfach klasse!
Der erste Anblick der Milchstraße war überwältigend. Sie war kein schimmerndes Band mehr, sondern selbstleuchtende Quellwolken. Und dieses Wolkenband zog sich über den gesamten Himmel! Beim Milchstraßenzentrum im Schützen hatte ich den Eindruck, als würde diese auffällig helle Wolke aus dem Hinter-

Der Südsternhimmel

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6 Tarantelnebel NGC 2070 in der Großen Magellanschen
Wolke, HaLRGB mit 70/96/42/42/42 min Belichtungszeit

7 Zentrum des Nebels um Eta Carinae, LRGB mit 120/30/30/30
min Belichtungszeit

grund angeleuchtet werden, so intensiv war dies und so viele filigrane Einzelheiten konnte ich beobachten. Man brauchte im Grunde keine Taschenlampe, um den Weg zu den Teleskopen zu finden, so hell war die Nacht! Das Zodiakallicht war bis etwa 21 Uhr so auffallend stark, dass es mit seiner Helligkeit schon fast störte! Gegen drei Uhr kam es dann wieder.
Die Dunkelheit brach breitenbedingt immer sehr schnell herein. Die Dämmerung war nur kurz, innerhalb einer Stunde nach Sonnenuntergang war es bereits stockdunkel. Amüsant war, dass unsere Nordsternbilder bei Blickrichtung nach Norden allesamt auf dem Kopf standen, aber man gewöhnte sich schnell daran. Zum Beispiel wurde aus der Kassiopeia, dem Himmels-W, ein Himmels-M. Die beiden Magellanschen Wolken erschienen riesig groß und hell. Wenn sich die Milchstraße weiter nach Westen neigte, stiegen diese beiden Prachtstücke immer höher am Himmel. Hier mangelte es definitiv nicht an Höhepunkten!
Zu Beginn beobachtete ich einige Nächte visuell am 14,5-Zoll-Dobson, bevor ich die fotografische Ausrüstung übernahm. Dabei konnte ich bestimmt eine Hand voll Kugelsternhaufen mit bloßem Auge ausmachen und zwar leicht, und nicht mal eben so indirekt, wie bei M 13! Mein Favorit war 47 Tucanae. Er erschien ebenso wie Omega Centauri als ein mittelheller Stern. Es gab einige Objekte, die

wie ein Foto im Okular des 14,5-Zöllers erschienen. Der Himmel war einfach nur dunkel. Der Kontrast und die Transparenz waren sehr gut, es gab kein Wabern oder Ähnliches. Die Cassinische Teilung im Ring des Saturns war wie ausgestanzt. So etwas hatte ich bis dahin noch nie gesehen. Viele der Objekte dokumentierte ich, von einigen Höhepunkten fertigte ich sogar Zeichnungen an.
Meistens waren die Nächte recht mild, tagsüber war es mit bis zu 25 Grad Celsius sehr warm. Doch einige Nächte lagen mit unter null Grad schon unter der Frostgrenze. In diesen kalten Nächten war die Durchsicht am Himmel jedoch noch besser. Bis zum Horizont herunter konnte ich Sterne leuchten sehen. Am eindrucksvollsten war der Weg der Großen Magellanschen Wolke, wenn diese abends ganz knapp über den Südhorizont entlanglief und morgens um fünf Uhr schließlich ihren Höchststand erreichte. Es gab in Namibia einige Tage nacheinander, an denen nicht eine einzige Wolke am Himmel stand. Der Himmel schimmerte tiefblau. Leider verging mein Aufenthalt viel zu schnell. Vor allem, als ich mit der Astrofotografie begann. Zu meiner Erleichterung liefen die gemietete Ausrüstung und auch meine Kameras tadellos die ganze Nacht hindurch. Am Nachmittag um 16 Uhr begann ich in der Regel mit meinen Vorbereitungen und bis fünf Uhr morgens belichtete ich dann meine Objekte. Von den 15 Nächten, die

ich aktiv war, waren 13 Nächte absolut klar. Nur eine Nacht war ein Totalausfall. So ergab sich insgesamt eine sehr gute Ausbeute an Bildergebnissen, mit deren Bearbeitung ich bis Weihnachten beschäftigt war!
Ich kann es kaum erwarten, wieder nach Namibia zu kommen! Mein nächster Aufenthalt ist bereits in Planung. Auf der Farm kann man einfach die Zeit vergessen, sich mit voller Hingabe seinem Hobby widmen und die tolle Gastlichkeit von Kiripotib genießen. Alle gezeigten Aufnahmen entstanden an einem Ritchey-Chretien-Teleskop von GSO (8-Zoll-Teleskop mit 1088 Millimeter Brennweite). Als CCD-Kamera nutzte ich eine Atik 383L, die Filter waren von Baader Planetarium. Die Bildbearbeitung geschah mit den Programmen DeepskyStacker, Fitswork und Photoshop CS6.
Redaktionelle Anmerkung: Der Tarantelnebel wird auf Fotos vielfach zu rot wiedergegeben, weil man die dermaßen starken Blauanteilen durch [O III]-Emission und Reflexion an Staub nicht erwartet. Hier ist die Nebelfarbe recht gut dargestellt, auch wenn das Ha betont wurde.
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Der Südsternhimmel

Der Dunlop-Katalog
von Heinz Kerner

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war der Südsternhimmel noch so gut wie unerforscht. Einzig der Franzose Nicolas Louis de Lacaille hatte 1751-1752 von Südafrika aus einige Sternhaufen und Nebel entdeckt - mit einem Linsenfernrohr von 1,3 Zentimeter Öffnung. Mit James Dunlop sollten sich die Dinge ändern. Im Dezember 1827, sechs Jahre bevor John Herschel seine Beobachtungen des Südsternhimmels aufnahm, legte er der Royal Astronomical Society einen Katalog von 629 Sternhaufen und Nebeln des Südsternhimmels vor und wurde dafür mit der Goldmedaille der Gesellschaft geehrt. Dunlop kann als der Messier des Südsternhimmels angesehen werden [1].
James Dunlop wurde am 31. Oktober 1793 in Dalry, Schottland, als Sohn einer Arbeiterfamilie geboren. Eine höhere Schulbildung war ihm damit nicht vergönnt. Mit 14 Jahren arbeitete er in einer Spinnerei. Schon früh wurde man auf seine feinmechanischen Fähigkeiten aufmerksam. In Alter von 17 Jahren konstruierte er Drehbänke, schliff Teleskopspiegel aus Metall und baute Teleskope. Die Bekanntschaft mit Thomas Brisbane (nach ihm ist die Hauptstadt Queenslands in Australien benannt) sollte für sein weiteres Leben von entscheidender Bedeutung sein.

1 James Dunlop (1793-1848)
auf der Südhalbkugel dringend benötigt. Nach andauernden Streitereien mit Brisbane verließ Rümker im Juni 1823 die Sternwarte und die Vollendung des Sternkatalogs lag nun in den Händen

Dunlops. Auch Brisbane musste gehen, er wurde 1825 aus Australien abberufen. Dunlop blieb auf sich allein gestellt. Ohne finanzielle Unterstützung stellte er Anfang März 1826 den Sternkatalog fertig und beobachtete weiter. Aber nicht mit den Instrumenten der Sternwarte, sondern mit seinem selbst gebauten Spiegelteleskop von neun Zoll Öffnung und 2,70 Meter Brennweite vom Garten seines Hauses aus. Er schrieb: ,,Da ich ein Spiegelteleskop habe, das in der Lage ist, unser Wissen über Nebel und Doppelsterne an diesem Teil des Himmels beträchtlich zu vergrößern, habe ich mich entschieden zu bleiben und meiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen, dem Sammeln von Material für einen Katalog von Nebeln und Doppelsternen dieser Hemisphäre und jedem anderen Objekt, welches meine Aufmerksamkeit weckt." Anfang 1827 kehrte er schließlich nach Schottland zurück.
Als sich nun John Herschel mit seinem 18,5-Zoll-Spiegelteleskop in den 1830er-

Als Brisbane im Jahr 1821 zum Gouverneur von New South Wales ernannt worden war, hatte er Instrumente und Geräte für eine Sternwarte im Reisegepäck, die er in Australien aufbauen wollte. Den damals 27-jährigen Dunlop nahm er mit. Er sollte als technischer Assistent an der Sternwarte arbeiten und sich um Wartung und Instandhaltung der Geräte kümmern. Im November 1821 erreichten sie Sydney und im April 1822 war das Parramatta-Observatorium - benannt nach dem Gouverneurssitz, gut 20 Kilometer westlich von Sydney - fertiggestellt.

Astronom der Sternwarte wurde der Deutsche Christian Carl Rümker, der umgehend die Arbeit für einen Positionskatalog von Fixsternen aufnahm. Ein solcher Katalog wurde für die Navigation
VdS-Journal Nr. 57

2 Auszug aus dem Dunlop-Katalog (A catalogue of nebulae and clusters of stars in the
southern hemisphere, observed at Parramatta in New South Wales). In Spalte 3 steht die Abkürzung S.P.D für "south polar distance".

Entdecke die Wunder des Universums!

3 Ein Teleskopspiegel aus der damaligen Zeit, ganz aus Metall. Dieser hier, von der
Größe mit dem Dunlop-Spiegel vergleichbar, wurde von William Herschel für die Sternwarte Göttingen geschliffen.

Jahren den Südsternhimmel von Südafrika aus vornahm, konnte er nur 211 Objekte aus dem Dunlop-Katalog verifizieren, über 400 aber nicht. Sein Urteil über den Dunlop-Katalog war vernichtend. Was war schief gegangen? Dunlop vollendete seinen Katalog in nur sieben Monaten, von April bis November 1826. Die meisten Objekte wurden nur einmal beobachtet, siehe rechte Spalte in Abbildung 2. Kontrollbeobachtungen hätten seinem Katalog gut getan. 37 Objekte kommen mit unterschiedlichen Positionen doppelt vor und mindestens zwölf Objekte haben falsche Positionsangaben. Aber das erklärt noch nicht den großen Rest an Objekten, die in Wirklichkeit keine sind. Lag es an seinem Teleskop?
Australische Amateur-Astronomen sind dieser Frage nachgegangen und haben festgestellt: Dunlops 9-Zoll-Metallspiegel kommt einem modernen 6-Zoll-Spiegel aus Glas mit Aluminiumbeschichtung gleich. Die stellare Grenzgröße lag bei 13,0 mag, die für flächenhafte Objekte bei 11,0 mag. Dunlop hatte offensichtlich Schwierigkeiten, enge Doppelsterne und enge Gruppen aus Sternen der 11. bis 13. Größenklasse aufzulösen und sah sie als Nebel. Möglicherweise waren auch seine Okulare von minderer Qualität. Und noch ein weiterer Umstand zeigt seine Probleme mit kleinen Objekten. Er sah 88 % aller Kugelsternhaufen, die in der Reichweite seines Teleskops waren, 54 % aller Galaxien, aber nur 29 % der Planetarischen Nebel. Irrtümer, Fehler und die Kritik von John Herschel dahin gestellt: Neuere Analysen zeigen, dass 355 Objekte des Dunlop-Katalogs existieren. Dun-

lop entdeckte 225 NGC-Objekte, davon 120 Offene Sternhaufen, 46 Galaxien, 28 Kugelsternhaufen, 25 Emissionsnebel, vier Planetarische Nebel und einen Dunkelnebel - eine Pionierleistung am Südsternhimmel [2].
Im Gegensatz zum Katalog von Messier, den heute jeder Amateur-Astronom kennt, ist der Katalog von Dunlop in Vergessenheit geraten. Dabei kann er auch heute noch nützlich sein, gerade wenn man erstmals eine Reise zur Beobachtung des Südhimmels plant und ein Beobachtungsprogramm aufstellen will. Eine ,,Best of"-Liste mit einhundert Objekten findet man im Internet unter [3].
Internet- und Literaturhinweise (Stand: August 2015): [1] G. Cozens, A. Walsh, W. Orchiston
(2000): "James Dunlop's historical catalogue of southern nebular and clusters"; Journal of astronomical history and heritage http://researchonline.jcu.edu. au/10919/1/10919_cozens_et_ al_2010.pdf [2] W. Steinicke (2009): ,,Nebel und Sternhaufen. Geschichte ihrer Entdeckung, Beobachtung und Katalogisierung - von Herschel bis zu Dreyers New General Catalogue". Dissertation, Universität Hamburg [3] http://messier.seds.org/xtra/similar/ dunlop100.html

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*Preis in Deutschland.VdS-Journal Nr. 57

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Der Südsternhimmel

Im Reich des Skorpions
- Sterne, Nebel und Wolken in der südlichen Milchstraße

von Hermann von Eiff

In unseren nördlichen Breiten ist das Sternbild Skorpion im Sommer leider nur teilweise sichtbar. Schwanz und Stachel sind überhaupt nicht zu sehen. Je weiter wir unseren Beobachtungsort jedoch nach Süden verlegen, umso höher steigt der Skorpion am Himmel.
Ab 44 Grad nördlicher Breite kann er vollständig über dem Horizont gesehen werden, in Namibia steht er im Juli um Mitternacht im Zenit (Abb. 1, Norden rechts, Osten oben). Aufgrund seiner Lage in der Nähe des Milchstraßenzentrums enthält der Skorpion neben riesigen Sternwolken bemerkenswerte Sternhaufen, Emissionsnebel und Dunkelnebel. Einiges davon stelle ich nun im Bild vor, wobei mir [1] und [2] als nützliche Informationsquellen dienten.
Der Skorpion gehört zu den Tierkreissternbildern und zu den Bildern, bei denen der Name gut zum Aussehen passt. Es mag verwundern, dass ihm die beiden Scheren und auch der Stern Scorpii

fehlen. Diese wurden schon von den alten Römern einem anderen Sternbild, der Waage (Libra), zugeordnet. So heißt der Stern Librae ,,Zuben-el-schemali" (die nördliche Klaue) und a Librae ,,Zubenel-dschenubi" (die südliche Klaue). Der Sage nach tötete der Skorpion den Jäger Orion auf Anweisung der Göttin Artemis. Beide wurden an den Himmel versetzt, aber jeweils entgegengesetzt, so dass sie sich nicht mehr in die Quere kommen konnten. Wenn der Orion aufgeht, geht der Skorpion unter.
Betrachten wir nun Abb. 2 (Norden oben, Osten links). Die Offenen Sternhaufen M 6 und M 7 sind trotz der vielen Sterne an dieser Stelle der Milchstraße bei dunklem Himmel deutlich mit bloßen Augen zu erkennen. Bemerkenswert ist die Lage von M 6 in einem Bereich zwischen Sternwolken, einem Emissionsnebel und ausgedehnten Dunkelwolken. M 6 wird auch als Schmetterlingshaufen bezeichnet. M 7 kennt man als den ,,Ptolemäus-Sternhaufen", da er bereits

1 Sternbild Skorpion mit Bezeich-
nungen, 01.08.2013, f = 50 mm, von Blende 1,8 auf Blende 5,6 abgeblendet, ISO 800, 10 x 8 min
2 M 6, M 7, NGC 6334 (Katzenpfoten-
nebel) und NGC 6357 (Hummernebel), 12.07.2015, Canon-Objektiv f = 200 mm, von Blende 2,8 auf Blende 4 abgeblendet, ISO 1600, 30 x 5 min
3 Dunkelwolke B 72 (the snake),
11.08.2013, FSQ 106/500 mm, ISO 800, 10 x 6 min, Norden rechts.

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VdS-Journal Nr. 57

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Der Südsternhimmel

4 Der Garnelennebel IC 4628, 01.06.2014, FSQ 106/500 mm, ISO 1600, 40 x 5 min,
Norden rechts

in der Antike erwähnt wurde. Er ist das südlichste Objekt im Messier-Katalog. Etwa drei Grad nordwestlich der Stachelsterne des Skorpions, Shaula und Lesath, liegen zwei bemerkenswerte Emissionsnebel, die in dichte, dunkle Staubwolken eingebettet sind: der Katzenpfotennebel (NGC 6334) und der Hummernebel (NGC 6357). Aufgrund ihrer charakteristischen Form ist leicht zu erkennen, um welchen der Nebel es sich jeweils handelt. Beide sind Sternentstehungsgebiete und enthalten viele heiße, massereiche Sterne. NGC 6357 ist etwa 8000 Lichtjahre und NGC 6334 etwa 6500 Lichtjahre entfernt.
Grob zehn Grad nördlich des Hummernebels, aber bereits im angrenzenden Schlangenträger, liegt ein Dunkelnebel mit der Katalogbezeichnung Barnard 72 (B 72). Es handelt sich um eine der vielen Staubwolken, die das Licht der dahinterliegenden Sterne sehr stark absorbieren (Abb. 3, Norden rechts, Osten oben). Der große Astronom Edward Emerson Barnard, auch einer der ersten Astrofotografen, erfasste 350 dieser Dunkelnebel in einem nach ihm benannten Katalog [3]. Aufgrund seiner Form wird B 72 auch
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als Schlange (the snake) bezeichnet. Auffällig ist im Bild auch die geschwungene Dunkelstruktur B 75 unmittelbar nördlich (rechts) der Schlange. Alles gehört zu einem größeren Dunkelnebelgebiet, dem sogenannten ,,dunklen Pferd" und dieses wiederum zum Pfeifennebel, welcher scheinbar vom Rho-Ophiuchi-Komplex ausgeht. Die Entfernung der Dunkelwolken zu uns beträgt etwa 400 Lichtjahre. Dieses ist übrigens in etwa die gleiche Entfernung wie die der Wolken bei den Plejaden und dem Corona-Australis-Komplex.
Nun zur Abb. 4 (Norden rechts, Osten oben). Knapp 30 Bogenminuten nördlich der beiden Sterne 1/2 Scorpii finden wir den prächtigen, sehr jungen Sternhaufen NGC 6231 sowie in der Bildmitte den lockeren Sternhaufen H 12. Mit bloßen Augen sieht diese Konstellation aus wie ein Komet. Visuell nicht einfach erkennbar ist der ausgedehnte ,,Garnelennebel" IC 4628, eine junge H-II-Region. Die Sternhaufen und der Emissionsnebel gehören zur Sternassoziation Scorpius OB1. Sie ist etwa 6000 Lichtjahre entfernt. Ganz rechts außen ist der Offene Sternhaufen NGC 6242 zu sehen.

An der Grenze der beiden Sternbilder Skorpion und Schlangenträger (Ophiuchus) liegt ein farbenprächtiger Komplex aus unterschiedlichen Nebeln, Gas, Staub und Sternen (Abb. 5, Norden oben, Osten links). Die Wolken, aus denen der Komplex besteht, befinden sich in einer Entfernung von etwa 500 Lichtjahren. Dies ist der uns am nächsten liegende Geburtsort für Sterne, die teilweise nicht älter als 300.000 Jahre sind. Heiße Sterne des Spektraltyps O bis B1 regen den Wasserstoff um sie herum an und bringen ihn zur Emission, am stärksten in der charakteristischen roten Farbe. So fallen im Bild die rot leuchtenden H-IIRegionen um Scorpii und Scorpii ins Auge, wobei der letztere kaum bekannt ist. Weniger heiße Sterne des Spektraltyps B2 bis A beleuchten mit ihrem Licht den umgebenden Staub und erzeugen blaue Reflexionsnebel. Kühle Sterne des Spektraltyps K bis M sind gelb bis orange, so dass sie - wie z. B. Antares - mit ihrem Licht gelbe bis orangefarbene Reflexionsnebel verursachen. Die Staubwolken um Antares, der mit etwa 600 Lichtjahren in der gleichen Entfernung wie diese liegt, leuchten in der gelben Farbe des roten Überriesen, der etwa 10.000-mal heller als die Sonne strahlt.

Der Südsternhimmel 15
5 Von oben: Der blaue Pferdekopf IC 4592, darunter der Rho-Ophiuchi-Komplex, die Nebel um Antares, rechts davon die kleine H-II-
Region um Scorpii, links unten die schwache H-II-Region um Scorpii, 11.07.2015, Canon-Objektiv f = 200 mm, von Blende 2,8 auf Blende 4 abgeblendet, ISO 1600, zweimal 20 x 5 min.
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Der Südsternhimmel

Dichtere Wolken schlucken das Licht der dahinterliegenden Sterne mehr oder weniger vollständig.
Der Stern Ophiuchi ist ein Mehrfachsystem und besteht aus mindestens zwei blauen Überriesen. Mehrere andere Sterne scheinen auch zu diesem System zu gehören. Sie liegen mit 360 Lichtjahren Distanz ebenfalls in der Entfernung dieses Nebelgebiets.
M 4 im Rho-Ophiuchi-Komplex ist mit 7000 Lichtjahren Entfernung der uns nächstgelegene Kugelsternhaufen. Sein Durchmesser beträgt 55 Lichtjahre. Er enthält einige hunderttausend Sterne. Wenn sein Licht nicht durch die davorliegenden Wolken abgeschwächt würde, wäre er fast so hell wie 47 Tucanae oder Omega Centauri. Weitere Kugelsternhaufen auf dem Bild sind NGC 6144, Entfernung 27.000 Lichtjahre, und M 80 mit 33.000 Lichtjahren.
Südlich des Skorpions schließt das Sternbild Ara an. Dort finden wir das Emissionsnebelgebiet NGC 6188 (Abb. 6, Norden rechts, Osten oben). Es befindet sich in einer Entfernung von etwa 4000 Lichtjahren und liegt am Rand einer visuell unsichtbaren Molekülwolke. In NGC 6188 befindet sich eine große Anzahl
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6 NGC 6188 in Ara, 28.05.2014, FSQ 106/500 mm, ISO 1600, 40 x 4 min.

junger, sehr heißer Sterne. Sie bringen das Gas durch ihre ultraviolette Strahlung zur Emission und erzeugen durch ihren Sternwind turbulente Strukturen im Nebel. Unterhalb, also westlich von NGC 6188, liegt eine kleine propellerförmige Struktur, NGC 6164-5. Im NGC-Katalog sind beide Flügel des Propellers separat aufgeführt. Ein sehr heißer, junger WolfRayet-Stern im Zentrum erzeugt diese Form und bringt sie zum Leuchten. Vor einigen tausend Jahren hat dieser Stern in einem gewaltigen Ausbruch einen Teil seiner Masse verloren. Diese sehen wir als filamentartige, leuchtende Hülle in einem weiteren Umkreis um den Stern.

Internet- und Literaturhinweise: [1] Dieter Willasch, Auke Slotegraaf
(2012): ,,Perlen des Südhimmels: Eine Reise zu exotischen Sternhaufen, Nebeln und Galaxien", Oculum-Verlag [2] Eckhard Slawik, Uwe Reichert (1998): ,,Atlas der Sternbilder: ein astronomischer Wegweiser in Photographien", Spektrum Akademischer Verlag [3] Edward Emerson Barnard (1919): ,,On the dark markings of the sky with a catalogue of 182 such objects"; Astrophys. Journal 49, 1-24

Zusammenfassende Angaben zu den Aufnahmen:
Sämtliche Aufnahmen entstanden zwischen August 2013 und Juli 2015 auf der Farm Tivoli in Namibia. Als Kamera diente eine Canon 5D Mark II, die mit einem Baader-UV/IR-Filter astrotauglich gemacht wurde. Fotografiert wurde mit den Canon-Objektiven 1:1,8/50 mm (abgeblendet auf Blende 5,6), 1:2,8/200 mm (abgeblendet auf Blende 4) und einem Takahashi FSQ 106, f/5. Die Bildbearbeitung erfolgte mit PixInsight und Photoshop. Der Rho-Ophiuchi-Komplex ist ein Mosaik aus zwei Aufnahmen mit dem 200-Millimeter-Teleobjektiv.

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Der Südsternhimmel

M 104 - kein alltägliches Objekt
von Stephan Küppers

Bei meinem Aufenthalt auf Tivoli im Frühjahr 2015 ist es mir aufgrund des sehr guten Wetters erstmalig passiert, dass ich zwei Nächte vor Abreise mein geplantes Programm schon erledigt hatte und nach weiteren Zielen Ausschau halten ,,musste". Ich erinnerte mich daran, dass ich irgendwo eine sehr tiefe Aufnahme von M 104 mit Besonderheiten gesehen hatte. Welche Besonderheiten das waren, konnte ich vor Ort allerdings nicht mehr sagen. M 104 ist zwar kein Objekt, für das man nach Namibia fährt, aber mein lichtverschmutzter Standort in Deutschland lässt eine vernünftige Aufnahme von M 104 nicht zu.

Da mir die Galaxie auch sonst sehr gut gefällt, dachte ich mir: ,,Warum nicht? Entweder finde ich im Nachgang diese Besonderheit oder es gibt dann wenigstens ein schönes, tiefes Foto dieser Galaxie für mein Repertoire". Die Aufnahmen von M 104 entstanden mit meinem Hauptinstrument vor Ort. Hierbei handelte es sich um die ASA-Remotesternwarte, ausgestattet mit einer Montierung des Typs ASA DDM 85, Astrograph ASA10N-OK3 (f/3,6) und der CCD-Kamera FLI Microline 8300 mit 12er-Filterrad. Insgesamt habe ich drei Stunden Luminanz- und jeweils 40 Minuten belichtete, zweifach gebinnte RGBAufnahmen gemacht.

1 Sternstrom bei M 104 (gelbe Pfeile) aus [1]

Wieder zuhause, habe ich parallel zur Bildbearbeitung im Netz nachgeforscht, was mich wohl auf dieses Objekt aufmerksam gemacht hatte. Schließlich fand ich die Veröffentlichung von David Malin und Brian Hadley aus dem Jahr 1997 wieder [1]. Die Astronomen hatten einen Sternstrom weit südsüdwestlich vom Zentrum der Galaxie gezeigt (Abb. 1).

Mit diesem Bild vor Augen habe ich dann die Bildbearbeitung fortgesetzt und konnte den Sternstrom ebenfalls herausarbeiten. Aufgrund der heute Amateuren zur Verfügung stehenden Ausrüstung und des technischen Fortschritts seit 1997 ist in meiner Aufnahme der östliche Teil des Sternstroms deutlich weiter in Richtung Zentrum zu verfolgen. Außerdem kann man für den rechten Teil eine Bahn zurück zur Hauptgalaxie erahnen (Abb. 2).
Somit habe ich diesmal - neben all den anderen Aufnahmen - meinen ersten Sternstrom aus dem Urlaub mitgebracht.
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2 Sternstrom in der Spiralgalaxie M 104 (eigene Aufnahme, technische Daten im Text)
Literaturhinweis: [1] David Malin, Brian Hadley (1997): "HI in Shell
Galaxies and Other Merger Remnants"; Publ. Astron. Soc. Australia 14, 52-8

Der Südsternhimmel

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Sternenhimmel über dem Land der Hobbits
von Christian Overhaus

Die Reise ans andere Ende der Welt macht man ja nicht nur, um Sterne zu gucken. Doch wenn man schon mal da ist, dann lohnt sich der Blick gen Himmel doch allemal. Am 3. Januar 2014 landete ich mit zwei Freunden in Christchurch und wir wurden von unserer alten Freundin Daniela, die bereits einige Jahre in Neuseeland lebt, abgeholt. Christchurch ist eine Stadt, welche die Folgen des schlimmen Erdbebens von 2011 noch nicht ganz überwunden hat. Spuren des Bebens prägen noch das Stadtbild. Nach kurzem Aufenthalt ging es von dort in Richtung des Lake Tekapo. Er ist einer der Gletscherseen, die an den südlichen Australischen Alpen liegen. Die erste Station unserer Reise war ein seit 2012 bestehendes Lichtschutzgebiet, in dem besonderer Wert auf die Erhaltung des natürlichen Nachthimmels gelegt wird ein Paradies für jeden Sterngucker! Die Gegend ist recht dünn besiedelt und die Luft sehr sauber, nur leider nicht an 365 Tagen im Jahr klar. Wir hatten dennoch Glück: Die Sonne sorgte bei uns tagsüber für Sonnenbrand und die Nächte für Entzücken.

1 Blick auf den nächtlichen Lake Tekapo

Am ersten Abend waren wir allerdings noch etwas erschlagen von der langen Anreise, die gute 35 Stunden in Anspruch genommen hatte. In einem der vielen Ferienhäuser fanden wir Unterschlupf. Der Blick auf den See mit Bergpanorama ließ uns die strapaziöse Anreise jedoch schnell vergessen. Tief im Nordwesten sahen wir in ungewohnter Perspektive den Orion und seine Nachbarsternbilder. Und Jupiter schimmerte hell auf der Wasseroberfläche des dunklen Gletschersees (Abb. 1).

Tags darauf ging es dann zu Fuß von der Ortschaft Tekapo hinauf zum Mt. John. Ein schmaler Trampelpfad entlang des Sees, der im schönsten Türkis erstrahlte, führte durch eine beeindruckende Landschaft am Rande der ,,Southern Alps". In der Ferne war der Mt. Cook zu sehen, der mit 3.724 Metern der höchste Berg Neuseelands ist. Gute drei Stunden waren wir bis zum Gipfel des Mt. John unterwegs.

2 Blick aus dem Astro-Cafe

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Der Südsternhimmel

3 Neben dem Rauchverbot sollte
man auch seine außerirdischen Freunde zu Hause lassen.

Oben angekommen, fanden wir die Kuppeln des Mt. John Observatory vor und ein Cafe, das den hungrigen Wanderer mit Leckereien versorgt. Eine Studentin, die sich am Observatorium aufhielt, führte uns netterweise in eine der Kuppeln und wir konnten durch ein 25-zölliges Teleskop am hellen Tag den Stern Alpha Centauri beobachten. Zwei weitere Teleskope waren auf den fernen Mt. Cook

gerichtet, ein Coronado-Sonnenteleskop (PST) in Richtung Sonne. Die Besucher des Astro-Cafes bekamen also einiges geboten (Abb. 2).
Das Mt. John Observatory beherbergt das größte Teleskop Neuseelands mit einer Öffnung von 1,8 Metern. Hier werden auch öffentliche Führungen angeboten, die allerdings nur in lohnenswerten

Nächten stattfinden. Durch ein 16-zölliges Schmidt-Cassegrain-Teleskop (Meade LX 200) kann man atemberaubende Blicke auf 47 Tucanae oder Eta Carinae werfen. Die Anfahrt zum Mt. John beginnt im Ort Tekapo und wird auf den letzten Kilometern noch recht abenteuerlich, wenn der Reisebus mit abgeschaltetem Licht das Observatoriumsgelände erreicht. Man befindet sich auf dem Berg in absoluter Dunkelheit - Taschenlampen und Handydisplays sind dort, neben einigen anderen Dingen, verpönt (Abb. 3).
Während unseres Aufenthalts auf dem Mt. John kamen wir mit den Beschäftigten des Astro-Cafes ins Gespräch. Eine Mitarbeiterin ist mit einem aktiven Astrofotografen verheiratet. Nach kurzem Gespräch rief sie kurzerhand ihren Lebenspartner an und verschaffte uns für

4 Der Mitteleuropäer ist sprachlos beim Anblick des südlichen Sternhimmels.
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den folgenden Abend eine Einladung zu ihm nach Hause. Fraser Gunn, so sein Name, lebt in Tekapo und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Astronomie. Wir wurden von ihm herzlich empfangen und hatten bald Gelegenheit, auf seinem Balkon einige Objekte des Südhimmels im 9-zölligen Teleskop zu betrachten. Uns boten sich beeindruckende Blicke auf den Tarantelnebel, Eta Carinae oder 47 Tucanae - alles Objekte, die dem Nordhalbkugel-Bewohner fremd sind. Bekannter war da der Blick auf den Orionnebel, der unter einem kristallklaren Himmel wirklich sehr prächtig und ausgedehnt wirkt. Auch der Blick durchs Fernglas ist lohnenswert. Die Milchstraße ist übersät mit Sternhaufen und Dunkelwolken. Besonders eindrucksvoll ist der

,,Kohlensack" in der Nähe des Sternbildes Crux. Mit dem bloßen Auge leicht auszumachen sind die Magellanschen Wolken und die Kugelsternhaufen Omega Centauri sowie 47 Tucanae. Dieses Erlebnis allein schon rechtfertigt die weite Anreise (Abb. 4). Während wir später im Haus etwas plauderten und noch zum Tee blieben, beschäftigte sich meine Kamera mit einigen Weitwinkelaufnahmen auf dem Rücken von Frasers Teleskopen. So konnte ich von diesem Besuch einige nachgeführte Aufnahmen und die Einladung für weitere Astronächte in Zukunft mit nach Hause nehmen.
Frasers Homepage [1] zeigt die Schönheit seiner Heimat - unbedingt mal hineinschauen! Leider waren wir nur zwei

Tage am Lake Tekapo. Unsere Reise ging weiter in Richtung Queenstown und später in den Norden der Insel. Mit einem Feldstecher bewaffnet und dem Karkoschka-Himmelsaltas versuchte ich aber während der Reise, mich am Himmel zu orientieren, in einem Land, in dem die Nordsternbilder beim Blick nach Norden ,,Kopfstand machen". Ich hoffe, dass ich auf Frasers Angebot zurückkommen kann und mich wieder unter dem schönsten Sternhimmel Ozeaniens aufhalten darf.
Internethinweis: [1] Homepage Fraser Gunn,
www.laketekapo.cc (Stand 2014)

Visuelle Beobachtungen am Teide
(Tenerif fa)
von Klaus Wenzel

Anfang Juni 2013 flogen meine Frau Aurelia und ich zu einem Kurzurlaub nach Teneriffa. Ziele dieser Reise waren neben der Besteigung des Teide (3718 m) und der Besichtigung der Sternwarte ,,Observatorio del Teide" auf dem Rücken des Berges Izaña (2400 m), die Absicht, erstmals visuelle Beobachtungen von Objekten südlicher als -30 Grad Deklination durchzuführen. Der Deklinationsbereich tiefer als -35 Grad war für mich echtes Neuland. Insbesondere der Kugelsternhaufen Omega Centauri sowie die Radiogalaxie NGC 5128, auch bekannt als Centaurus A, waren das primäre Ziele dieser Beobachtungen. Mit auf dieser Reise dabei war das jüngste Mitglied meiner Fernrohrfamilie, ein Maksutov 125/1500 Millimeter, das sich bestens als Reiseteleskop bewähren sollte.
Eine freundliche Hotelangestellte in unserem Reisequartier, der Finca Rural Salamanca in Guimar, empfahl mir für nächtliche Beobachtungen die Dachterrasse des Hotels als Beobachtungsort. Dank dieses leicht erreichbaren und sehr gut brauchbaren Beobachtungsplatzes konnte ich in insgesamt fünf Nächten lohnende Deep-Sky-Beobachtungen von

1 Der Autor mit seinem 5-Zoll-Maksutov-Teleskop am Beobachtungsplatz unterhalb
der Sternwarte ,,Observatorio del Teide".

Objekten südlicher als -30 Grad Deklination durchführen. Der Höhepunkt meiner Beobachtungen auf dieser Reise war aber zweifellos eine Nacht in der Teide-Region. Der in 2100 Metern Höhe befindliche Beobachtungsplatz lag direkt unterhalb der Sternwarte an einem Parkplatz der TF 24 zwischen dem Berg Izaña mit seiner Sternwarte und dem Pico del Teide. Nach einem gigantischen Sonnenuntergang

konnten wir zunächst noch die Sternwarte, den Teide sowie die Nachbarinsel Gran Canaria im letzten Sonnenlicht beobachten. Nach Ende der Dämmerung war der Sternenhimmel, der sich uns nun bot, einfach atemberaubend. Eine kleine Auswahl der mit dem 5-Zoll-Maksutov bei Vergrößerungen zwischen 60- und 170-fach beobachteten Objekte beschreibe ich nun kurz.
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Der Südsternhimmel

2 NGC 5139 (Omega Centauri), der Kugelsternhaufen im Centaurus

3 NGC 5128 (Centaurus A), die Radiogalaxie im Centaurus

4 NGC 5643, eine aktive Galaxie im Lupus

NGC 5139 - Omega Centauri (13h 26m 49s, -47 Grad 28' 32'') Bereits im Sucherfernrohr ist dieser ,,König der Kugelsternhaufen" schon deutlich als runder diffuser Nebel erkennbar. Im Teleskop erscheint er dann - das Ge-
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sichtsfeld füllend - vollständig aufgelöst. Das Gesichtsfeld ist mit Tausenden Sternen angefüllt. Der Anblick ist einfach gigantisch und durchaus fast vergleichbar mit M 13 im 16-Zöller. Bei einer visuellen Beobachtung fällt eine Kette von

drei etwa 8 mag hellen Sternen westlich sowie ein etwas hellerer Stern südlich des Kugelsternhaufens auf. Diese helleren Vordergrundsterne sind bei den meisten Aufnahmen von NGC 5139 so nicht erkennbar, da sie in den Haufensternen untergehen. Bei dieser Gelegenheit konnte ich einen direkten Vergleich mit M 13 bei gleichen Beobachtungsbedingungen anstellen. Diese Vergleichsbeobachtung verdeutlichte mir die Dimension von Omega Centauri noch einmal nachdrücklich.
NGC 5128 - Centaurus A (13h 25m 30s, -43 Grad 01' 00'') Centaurus A ist direkt und auffällig als runder diffuser Nebel sichtbar. Das markante Staubband, das die Radiogalaxie in zwei Hälften trennt, ist bei den Bedingungen auf 2100 Metern Meereshöhe ebenfalls einfach erkennbar und trennt die Galaxie deutlich in zwei halbmondförmige Hälften. Unmittelbar südlich des Staubbandes befindet sich ein etwa 11 mag heller Vordergrundstern im Nebel. Ein hellerer, etwa 9 mag heller Vordergrundstern ist unmittelbar südöstlich, außerhalb Galaxie postiert. Bei einer weiteren Beobachtung von NGC 5128 von der Dachterrasse unseres Hotels aus war das Staubband ebenfalls sichtbar, doch bei weitem nicht so markant.

Der Südsternhimmel

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5 Kugelsternhaufen NGC 5986 im Lupus

6 Der Planetarische Nebel NGC 6153 im Scorpius

NGC 5643 (14h 32m 42s, -44 Grad 10' 00'') Dieser relativ große Spiralnebel ist noch direkt als runder, ausgedehnter Nebel sichtbar. Die Helligkeit erscheint ziemlich gleichmäßig über den ganzen Nebel verteilt. Zur Mitte hin ist lediglich schwach ein kleiner Helligkeitsanstieg wahrnehmbar. Südlich, noch im Nebel, konnte ich einen relativ auffälligen Vordergrundstern erkennen.
NGC 5986 (15h 46m 02s, -37 Grad 46' 54'') Der helle Kugelsternhaufen NGC 5986 im Sternbild Wolf ist teilweise aufgelöst als auffälliges rundes Objekt sichtbar. Der komplette Kugelsternhaufen wirkt körnig. Ein markanter hellerer Stern leuchtet im östlichen Teil des Kugelhaufens.
NGC 6153 (16h 31m 31s, -40 Grad 15' 07'') Dieser kleine, kompakte Planetarische Nebel im Sternbild Skorpion ist als runde, sehr kleine, scharf abgegrenzte Scheibe unmittelbar südlich einer kleinen, markanten Minikonstellation sichtbar. Eine grünliche Farbe, wie sie bei diesem Objekt schon visuell beobachtet wurde, sowie den Zentralstern konnte ich nicht erkennen.

7 NGC 6541, ein Kugelsternhaufen im Sternbild Corona Australis

NGC 6541 (18h 08m 02s, -43 Grad 42' 34'') Dieser helle Kugelsternhaufen im Sternbild Südliche Krone ist im 5-Zöller bereits teilweise in Einzelsterne aufgelöst. Besonders auffällig ist bei diesem, relativ kompakt wirkenden Objekt die helle markante Zentralregion. Der Kugelstern-

haufen ist in ein Feld mit einigen helleren Vordergrundsternen eingebettet.
Alle hier abgebildeten Zeichnungen entstanden nach Beobachtungen an einem 5-Zoll-Maksutov bei Vergrößerungen von 60- bis 170-fach in Teneriffa.
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Der Südsternhimmel

CEDIC-Team goes Chile - Hacienda los Andes
von Wolfgang Leitner

Früher oder später entflammt wohl in jedem Astrofotografen der nördlichen Hemisphäre einmal der Wunsch, auch den südlichen Sternenhimmel ablichten zu können. So auch beim CEDIC-Team, einer kleinen Gruppe österreichischer Astrofotografen, bestehend aus Christoph Kaltseis, Wolfgang Leitner, Bernhard Hubl und Herbert Walter. Schon länger wurde in dieser Runde über eine mögliche Reise auf die Südhalbkugel diskutiert, aber immer wieder stellte man sich auch die Frage: Muss es für so ein Vorhaben zwangsläufig Namibia sein, oder gibt es Alternativen?
Beantwortet wurde diese Frage dann bei der CEDIC 2013 [1], als Daniel Verschatse im Rahmen eines Vortrags seinen Plan einer Astro-Farm in Chile vorstellte. Noch während der Konferenz und in den Monaten danach entstand ein reger Informationsaustausch mit Daniel. Schon bald war klar: In der Neumondphase um den 1. März 2014 wird das CEDIC-Team die Hacienda los Andes [2] von Daniel Verschatse besuchen, um sich den Traum der Astrofotografie des Südhimmels zu verwirklichen.
Planung Angesichts der weiten Anreise nach Chile hatten wir vor, für drei Wochen auf

der Hacienda zu bleiben und dabei ein Maximum an Astroaufnahmen zu machen. Ein solches Vorhaben gehört gut geplant, und so starteten wir bereits ein halbes Jahr vor unserer Reise mit einer detaillierten Objektplanung. Jedes Teammitglied wollte eine Hauptausstattung (große Optik mit CCD-Kamera), zusätzlich eine zweite (Huckepack-Optik mit DSLR) und auch eine dritte, mobile Ausstattung (Reisemontierung mit DSLR und Fotoobjektiv) betreiben. Zusätzlich sollten auch noch Stimmungsaufnahmen und eventuell Timelapse-Aufnahmen erstellt werden. Aus astrofotografischer Sicht musste also für zwölf unterschiedliche Teleskop-Kamera-Konfigurationen ein genauer Aufnahmeplan erstellt werden. Wir wollten auf keinen Fall in die Situation geraten, in irgendeiner Nacht auf die Frage zu stoßen: Welches Objekt könnte ich mit welchem Instrumentarium jetzt gerade aufnehmen? Zusätzlich sollte vermieden werden, dass zwei Personen das gleiche Objekt ablichten, es sei denn, dies wäre auf Grund unterschiedlicher Brennweiten und Chipgrößen dezidiert gewünscht und auch geplant. Zu guter Letzt wollten wir die ausgewählten Objekte auch optimal auf das Bildfeld (field of view, FOV) der einzelnen Teleskope mit ihren zugehörigen Kameras abstimmen.
Comic

Um all diese Anforderungen unter einen Hut zu bringen, war das Planungstool in CCD-Guide [3] eine unverzichtbare Hilfe. Jeder Kombination aus Optik und Kamera wurde eine individuelle Objektliste zugeordnet. Mit Hilfe des FOV-Bildes konnten wir in CCD-Guide ein DSS-Vorschaubild inklusive Bildzentrumskoordinaten von jedem geplanten Objekt hinterlegen. Das Vorschaubild entsprach dabei exakt dem FOV der jeweiligen Teleskop-KameraKombination und war damit nicht nur bei der Planung, sondern auch später bei der Bildgewinnung vor Ort eine wertvolle Unterstützung.
Die Anreise Chile ist von Europa aus mit mehreren Fluglinien gut erreichbar. Der Zielflughafen ist Santiago de Chile, die Hauptstadt Chiles. Von dort geht es per Inlandsflug weiter nach La Serena. Der Langstreckenflug bis Santiago kostet ca. 1.100 und für den Inlandsflug muss man noch einmal ca. 60 zusätzlich einplanen (bei Buchung über die Hacienda). In La Serena wurden wir mit dem Jeep der Hacienda abgeholt. Bis zur Hacienda ist es dann noch eine Fahrt von gut drei Stunden. Ziemlich genau 30 Stunden nachdem wir in Österreich gestartet waren, erreichten wir gut gelaunt, aber doch etwas müde die Hacienda los Andes. Sie sollte nun für die nächsten drei Wochen unser Zuhause sein.

Nachdem wir uns etwas frisch gemacht hatten, folgte auch schon das Abendessen. Noch in derselben Nacht besichtigten wir mit Daniel die Sternwarten und erhielten eine erste kleine Einführung. Für mehr waren wir dann allerdings doch zu müde und freuten uns auf die erste, aber gleichzeitig auch vorerst letzte Nacht, in der wir uns richtig ausschlafen konnten. Denn ab dem nächsten Tag stand Belichten auf dem Programm.

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Der Aufenthalt Am nächsten Morgen genossen wir in T-Shirt und kurzen Hosen die Sonnen-

Der Südsternhimmel

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strahlen bei einem herrlichen Frühstück auf der Terrasse und angenehmen 25 Grad. Kurz gedachten wir unserer Freunde in der Heimat, die bei nur zehn Grad und Regenwetter wohl gerade Winterkleidung trugen.
Am frühen Nachmittag wanderten wir mit Daniel zu den etwa zehn Minuten entfernten Sternwarten. Obwohl die Entfernung nicht groß ist, reicht es doch aus, dass in der Nacht nicht einmal der kleinste Lichtstrahl von den Unterkünften bis zu den Observatorien durchdringen kann. Jetzt wurde es ernst: Jeder von uns bekam eine detaillierte Einführung in sein vorbereitetes Instrumentarium. Alle Hauptoptiken waren bereits von Daniel fertig aufgebaut. Lediglich bei den Huckepack-Optiken mussten wir noch unsere Kameras adaptieren oder die mitgebrachten Zweitoptiken auf die Hauptoptiken montieren. Bei zwei Arbeitsplätzen waren bereits die SteuerPCs mit der gesamten benötigten Software vorhanden, bei den anderen beiden Arbeitsplätzen kamen unsere eigenen Notebooks zum Einsatz. Das war mit Daniel im Vorfeld so ausgemacht, denn die Astrofarm arbeitete noch nicht im Vollbetrieb. Wir waren also quasi die BetaTester für den regulären Gästebetrieb, der in Kürze starten sollte.
In den ersten Nächten wussten wir kaum, was uns mehr begeisterte: Die eigentümliche Schönheit der kargen Landschaft, der Südhimmel mit seinen bekannten Objekten oder die hohe Qualität der Ausrüstung, die uns hier zur Verfügung stand. Wir waren umgeben von Montierungen und Refraktoren von Astro-Physics, TEC-Optiken, RCOS-Teleskopen, CCDKameras von Finger Lakes Instrumentation etc. Eine derartige Ansammlung hochwertiger Geräte auf einem Fleck sieht der Hobby-Astrofotograf wohl nur selten. Im Detail standen uns folgende Hauptinstrumente zur Verfügung:
- Ritchey-Chretien-Teleskop, Öffnung 20 Zoll bei f/9 (TEC), Kamera FLI PL16803, Montierung AP1600GTO
- Ritchey-Chretien-Teleskop, Öffnung 14,5 Zoll bei f/9 (RCOS), Kamera FLI PL16070, Montierung AP1200GTO
- 175-Millimeter-Refraktor f/8 (Astrophysics Starfire EDF), Kamera FLI PL29050, Montierung AP1200GTO

- 130-Millimeter-Refraktor f/6 (Astrophysics GT), Kamera SBIG STL-11000, Montierung Alt AD-5
Für die visuelle Beobachtung konnten wir nebenbei einen 12,5-Zoll-Dobson (Portaball) mit Nachführung und einen TEC-Apochromaten 200FL benutzen.
Die Ausflüge Angespornt dadurch, dass wohl noch nie ein Astronom eine Reittour gebucht hat, fühlten wir uns quasi dazu berufen, die Ehre aller Astronomen zu verteidigen und einen Reitausflug zu unternehmen. Drei von uns hatten zwar mit Reiten Null Erfahrung, die Pferde kannten die Standardtouren aber ohnehin auswendig. So mussten wir eigentlich nichts tun, außer die grandiose Aussicht zu genießen, während die Pferde mit uns über die nahegelegenen Bergrücken trabten. Nachdem die Kompatibilität von Pferd und Astronom bewiesen war, durfte der nächste Ausflug dann auch wieder ein astronomisches Ziel haben: Eine Besichtigung der knapp 17 Kilometer entfernten Observatorien am Cerro Tololo stand auf dem Programm. Allerdings liegt die Zufahrt zum Cerro Tololo im Nachbartal. So wird ein Besuch der Observatorien zu einem Tagesausflug. Belohnt wird man dabei mit einem grandiosen Panorama und einer Führung durch die beiden größten Observatorien.
Die Hacienda Die Hacienda los Andes liegt mit ihrer Zimmerausstattung sicher über dem chilenischen Standard. Man merkt hier deutlich die europäische Herkunft der Erbauer. Die Zimmer sind sehr sauber und alle mit eigener Dusche und WC ausgestattet. Das reichhaltige Frühstücksbuffet steht für Astronomen bis 12 Uhr zur Verfügung. Die angebotene Halbpension ist mehr als ausreichend, denn zum Abendendessen wird vom Koch derart lecker und reichlich aufgetischt, dass man danach eigentlich lieber ins Bett fallen würde, als sich die Nacht mit Astrofotografie um die Ohren zu schlagen. Die Hacienda ist in vielen Dingen Selbstversorger: Es gibt sehr viele eigene Obstbäume, Salat und Gemüse werden angebaut. Die Eier kommen von den eigenen Hühnern und auch Brot und Brötchen werden ausschließlich im eigenen Lehmofen selbst gebacken. Falls man, wie in unserem

Fall, seine Koffer primär mit Kameras, Objektiven etc. gefüllt hat statt mit Kleidung, kann man auf der Hacienda auch seine Wäsche waschen lassen.
Die Ergebnisse Während der drei Wochen auf der Hacienda konnten wir wetterbedingt nur 1,5 Nächte nicht nutzen. Zusätzlich nahm sich jeder von uns einmal eine Nacht Pause zum Regenerieren. Alleine mit den CCD-Kameras kamen wir auf über 300 Stunden Belichtungszeit! In Summe (CCD + DSLR) ergab das über 500 GB an Rohdaten. Dadurch hatten wir Bilddaten für gut ein Jahr Bildbearbeitung. Bei den fertig ausgearbeiteten Bildern kamen wir auf über 100 sehr gute Aufnahmen, wovon drei Bilder von der NASA zu APODs ausgewählt wurden (NGC 5139 am 29.5.2014, Vela-Supernova-Überrest am 1.1.2015 - das kosmische Feuerwerk zu Neujahr und CG 4 am 6.3.2015). Alle unsere Bilder aus Chile sind unter [4] zu finden.
Abschließend können wir sagen: Die Hacienda los Andes ist eine echte Alternative zu Namibia. Die Anreise ist zwar etwas länger, dennoch gibt es aus unserer Sicht einige Pluspunkte:
- Chile bietet aufgrund seiner geografischen Lage an über 300 Tagen im Jahr perfektes Wetter.
- Die Temperaturen sinken auch in der Nacht nicht unter 5 bis 10 Grad.
- Es gibt auf der Hacienda keine Gefahr durch wilde oder giftige Tiere.
- Die Qualität der zur Verfügung stehenden Ausrüstung ist hervorragend und man ist schon ab der ersten Nacht zu 100 % produktiv.
Wir hatten eine herrliche Zeit auf los Andes und wirklich viel Spaß. Für die außergewöhnlich gute Betreuung durch Daniel und sein Team bedanken wir uns auch auf diesem Weg noch einmal recht herzlich! Und eines ist gewiss: Wir werden wiederkommen
Internethinweise (Stand Oktober 2015): [1] www.cedic.at [2] www.haciendalosandes.com [3] www.ccdguide.com [4] www.astrophoton.com/chile2014.
htm
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Der Südsternhimmel

1 Oben: Tarantelnebel NGC 2070, 20./21./22.02.2014, Starfire
175 mm f/8, Flattener f/8,3, CCD-Kamera FLI PL29050, Astrodon-Filter, 20 x 8 min (L), je 6 x 8 min (RGB), ohne Binning, Bildautor: Christoph Kaltseis

2 Unten: Kometare Globule CG 4 im Sternbild Puppis,
24.-28.02.2014, Technik wie in Abb. 1, 26 x 8 min (L), je 6 x 8 min (RGB), ohne Binning, Bildautor: Christoph Kaltseis

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Der Südsternhimmel

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3
Oben: Vela-SNR, 25.02.-03.03.2014, Starfire EDF 130 mm f/6,3 und Kamera SBIG STL-11000M, 27 x 8 min (L), je 6 x 8 min (RGB), ohne Binning, Bildautor: Wolfgang Leitner

4 Unten: Galaxie NGC 2442 im Sternbild Volans, 05. und 06.03.2014,
RCOS 14,5 Zoll f/9 mit CCD-Kamera FLI PL16070 und Astrodon-Filtern, 25 x 8 min (L), je 9 x 8 min (RGB), ohne Binning, Bildautor: Wolfgang Leitner

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Der Südsternhimmel

5 Oben: Reflexions- und Emissionsnebel NGC 2626 im Sternbild
Vela, 02.-04.03.2014, TEC RC 20 Zoll f/9 ohne Korrektor, CCD-Kamera FLI PL16803 mit Astrodon-Filtern, 27 x 6 min (L), je 6 x 6 min (RGB), ohne Binning, Bildautor: Bernhard Hubl

6 Unten: Gebiet Scorpius/Ophiuchus, März 2014,
Canon EOS 6D mit Canon EF 135 mm f/2,0 L, Belichtung 36 x 2 min bei f/3,5 und ISO 1000, Bildautor: Herbert Walter

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Der Südsternhimmel

29

7 Oben: Offener Sternhaufen Pismis 4, 21.02.-01.03.2014, RCOS 8 Unten: Kometare Globule CG 1 im Sternbild Puppis, Teleskop,

14,5 Zoll f/9 mit CCD-Kamera FLI PL16070 und Astrodon-Filtern,

Kamera und Filter wie in Abb. 7, 29 x 8 min (L), 10 x 8 min (R),

23 x 8 min (L), je 9 x 8 min (RGB), ohne Binning, Bildautor:

je 8 x 8 min (GB), ohne Binning, Bildautor: Herbert Walter

Herbert Walter

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Die Hacienda los Andes
von Daniel Verschatse

1 Hacienda, Eingang
zur Terrasse

Geschichte Vor etwa 14 Jahren wurde die Hacienda los Andes als Outdoor Lodge von einem deutsch-österreichischen Ehepaar konzipiert und auf die Grundfesten einer verfallenen Hacienda im schönen Tal des Rio Hurtado in spanischer Kolonialart neu erbaut. Das Primärangebot der Lodge waren immer Reittouren in den Anden, von kurzen drei- bis vierstündigen Erkundungsritten in die nähere Umgebung bis hin zu anspruchsvollen Siebentagestouren in die hohen Kordilleren. Nach und nach entwickelte sich die Hacienda los Andes zu einer der Top-Adressen für pferdebegeisterte Reisende, die das etwas andere Reiterlebnis suchten.
Die Pferde der Hacienda stammen von den chilenischen Criollos ab. In ihrem Charakter sind diese sehr ruhig und gutmütig. Da sie in diesem schwierigen und steinigen Gelände aufgewachsen sind, zeichnen sie sich durch Trittsicherheit und Zuverlässigkeit aus. Dank dieser Charakterzüge eignen sie sich hervorragend als Touristenpferde, da sie von AnfängerInnen leicht zu reiten sind, aber auch geübte Reiter eine Menge Spaß mit
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ihnen haben. Diese Tatsachen, gekoppelt mit einer hohen Qualität von Unterkunft und Service sowie die ausgezeichnete Küche, brachten der Hacienda los Andes Jahr für Jahr Topnotierungen in mehreren Reiseführern ein.
Im Jahr 2012 habe ich die Hacienda los Andes erworben. Als gebürtiger Belgier und begeisterter Astrofotograf wurde ich 1999 in Chile ansässig und war zu diesem Zeitpunkt schon seit mehreren Jahren auf der Suche nach einem Standort, der Komfort, Sicherheit, Erreichbarkeit und Konnektivität mit einem erstklassigen Nachthimmel vereinte. Mein erklärtes Ziel war es, ein optimal ausgerüstetes Astrofotografiezentrum zu errichten, in dem Amateurastronomen unter besten Bedingungen die beeindruckenden Objekte des südlichen Sternenhimmels mit erstklassiger Ausrüstung ablichten können.
Dieser Plan konnte auf dem Gelände der Hacienda los Andes in den darauffolgenden Jahren erfolgreich umgesetzt werden. Somit bietet die Hacienda heute neben ihrer traditionellen Ruhe als Oase und den schon legendären Reittouren

auch das erste vollausgestatte Astrofotografiezentrum Südamerikas.
Lage Das Rio-Hurtado-Tal und die gleichnamige Gemeinde liegen in den Anden von Chiles Region IV. Hauptstadt dieser Region ist Coquimbo, aber die wohl bekannteste Stadt ist Coquimbos Zwillingsstadt La Serena, eine koloniale Perle am Pazifik etwa 400 Kilometer nördlich der chilenischen Hauptstadt Santiago. Sie liegt auch direkt an der Panamericana, der bekannten Traumstraße, die von Alaska bis Feuerland führt. Ovalle ist die Hauptstadt von Limarí, einer der drei Provinzen der Region IV und ein bedeutendes Zentrum für die regionale Agrarwirtschaft.
Das Rio-Hurtado-Tal erstreckt sich über weit mehr als 100 Kilometer von Ovalle in Richtung Argentinien und befindet sich nahezu noch in unberührtem Originalzustand, weitgehend ungestört von Industrie, Bergbau und Fremdenverkehr. Lichtverschmutzung ist demnach so gut wie nicht vorhanden. Die Anden schützen das Tal vor einem Schlechtwettereinfluss aus Argentinien und der Abstand

Der Südsternhimmel

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zur Küste ist groß genug, um auch dem Einfluss des Pazifiks zu entgehen. Die Hacienda los Andes liegt mit ihren über 500 Hektar Ausdehnung am Südufer des Rio Hurtado in der Nähe des Örtchens Hurtado auf 1.100 Meter über NN und in unmittelbarer Nähe der professionellen Observatorien Cerro Tololo, Gemini South, SOAR und der sich im Aufbau befindenden LSST.
Angebot Das vielseitige Angebot der Hacienda los Andes umfasst neben den schon erwähnten Reittouren und der Astrofotografie auch Trekking auf hauseigenen Wanderwegen, Camping und Ausflüge mit dem Allradfahrzeug in die nähere Umgebung. Des Weiteren gibt es Tagesausflüge zu Sehenswürdigkeiten der Region IV, wie zum Beispiel: Observatorium Cerro Tololo, Pichasca (Archäologie, Paläontologie), Vicuña (Elqui-Tal), La Serena, Isla Damas (Pinguin-Insel), Valle del Encanto (Steinmalerei der Molle-Kultur), Weingut Tabalí und einiges mehr.
Näheres zum Angebot für die AstroFreunde Das Astronomieangebot richtet sich in erster Linie an erfahrene Astrofotografen, die das absolute Südhimmelerlebnis erfahren wollen. Nach einer intensiven Installations- und Beta-Testphase im Jahre 2014 - zusammen mit weltbekannten Amateurastronomen - bietet die Hacienda los Andes jetzt vier Astrofotografie-Komplettsysteme modernster Bauart, welche von der Weitwinkel- bis zur hochauflösenden Detailaufnahme alle Bereiche der Astrofotografie lückenlos abdecken. Jedes dieser Systeme verfügt über eine Qualitätsoptik, eine Astrophysics-Montierung, ein hochwertiges CCD-Kamerasystem und einen vorkonfigurierten Steuercomputer. Die Komplettsysteme befinden sich entweder in einer eigenen Kuppel oder in einer Rolldachhütte. Zusätzlich gibt es fünf Beobachtungsplattformen für die Gäste, die ihre eigene Ausrüstung benutzen wollen. Eine davon verfügt über eine permanent installierte, hochwertige Montierung, auf der ein mitgebrachtes Gästeteleskop angebracht werden kann.
Auch die visuellen Beobachter kommen nicht zu kurz. In der Neumondzeit bietet die Hacienda ihren Gästen eine visuelle

2 Terrasse und Garten
Tour zu den Highlights des Südhimmels an. Dobson-Teleskope und hochwertige Ferngläser sind ebenfalls im Miet-Angebot der Hacienda enthalten.
Geräteliste mit Stand September 2015 Für die Astrofotografie: 1. Ritchey-Chretien-Teleskop (TEC 500
RC) mit 20 Zoll Öffnung bei f/9 auf Montierung Astrophysics 1600GTO/ AE mit CCD-Kamera FLI PL16803 und Optec-Rotator, alles in einer 3,5-MeterKuppel. 2. Ritchey-Chretien-Teleskop (RCOS) von 14,5 Zoll Öffnung bei f/9 auf Montierung Astrophysics 1200GTO mit CCD-Kamera FLI PL16070 und RCOS-Rotator, alles in einer 3,6-MeterKuppel (Astro Haven Clamshell).

3. 175-mm-Refraktor f/8 (AP175EDF) oder ein 305-Millimeter-Astrograf (Typ Riccardi-Honders, AP305RHA) auf Montierung Astrophysics 1200GTO mit CCD-Kamera FLI PL29050, in einer Rolldachhütte (Maße 3 x 3 Meter) mit zusätzlichem Aufenthaltsraum.
4. 155-Millimeter-Apochromat f/7 (AP155EDF) oder 130-mm-Refraktor f/6 (AP130GT) auf Montierung Astrophysics Mach1GTO mit CCD-Kamera SBIG STL-11000.
Plattformen Vier runde Betonplattformen mit 3,3 Metern Durchmesser und Steckdosen für 220 V/50 Hz (chilenische Stecker oder Adapter erforderlich!). Dazu eine Platt-
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32

Der Südsternhimmel

der in maßstabsgetreuer Nachbildung von 1:2.000.000.000 unser Sonnensystem darstellt. Der Weg beginnt in der Nähe des Patios mit der Sonne und erstreckt sich über zwei Kilometer auf den haciendaeigenen Wanderwegen, bis man auf der letzten Pferdeweide Neptun begegnet. Ein Spaziergang auf dem Planetenweg ist ein schönes Erlebnis für alle kleinen und auch großen Gäste.
Anreise Die Hacienda los Andes liegt günstig auf der attraktiven Route zwischen der Hauptstadt Santiago und San Pedro de Atacama, dem touristischen Highlight im Norden Chiles. Um zur Hacienda zu gelangen, gibt es zwei optimale Ausgangspunkte: La Serena, ein sehr bekannter Badeort mit architektonisch interessanter Altstadt, und Ovalle, die Kleinstadt, in der immer buntes Treiben herrscht. Von dort aus ist die Hacienda mit dem Bus, dem Mietwagen oder mit dem ,,Hacienda-Transfer" zu erreichen. Die Straßen sind größtenteils asphaltiert und daher auch gut mit einem Kleinwagen zu befahren. Ein Geländewagen ist nicht notwendig. Gäste, die direkt von Übersee zur Hacienda los Andes reisen, können den Inlandsflug Santiago - La Serena gleich mitbuchen und gelangen dann mit Mietwagen oder Transfer an ihr Ziel.

3 Milchstraße über der Hacienda, vom Kreuz des Südens bis zum Schild

form mit einer Montierung des Typs ALT-5 ADN unter einer WetterschutzUmhausung.
Für die visuelle Beobachtung stehen folgende Geräte zur Verfügung 1. 200-mm-Apochromat f/8 (TEC
APO200FL) auf Montierung Astrophysics 1600GTO/AE in 3,5-Meter-Kuppel (Cabrio Dome). 2. 12,5-Zoll-Dobson f/5 (Portaball) mit Zambuto-Optik auf Äquatorialplattform (mit Nachführung) 3. 10-Zoll-Dobson f/5 (Teleport) mit Zambuto-Optik (ohne Nachführung) 4. 15x70-Fernglas von Astrophysics
Zusätzlich wurde auf dem Gelände der Hacienda ein Planetenweg errichtet,
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Merkblatt Hacienda los Andes

Ansprechpartner vor Ort: Tanja Waldraff & Elke Schulz

Anschrift:

Hacienda los Andes, Vado de Morrillos s/n,

Postfach Casilla 98, OVALLE - Region IV - CHILE

Festnetztelefon:

+56 53 269 1822

Mobiltelefon:

+56 9 9 798 0572

E-Mail:

info@haciendalosandes.com

Web:

www.haciendalosandes.com

Beste Reisezeit:

November bis März

Anreise:

via Santiago de Chile und La Serena

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Der Südsternhimmel

RCW 114, ein Supernovarest im Sternbild Ara
von Stephan Küppers und Peter Riepe

Ein kaum bekanntes Südobjekt erschien uns wert, in diesem ausführlichen Artikel darüber zu berichten. Wir wollen nun aber nicht nur das Bild vorstellen und die dazugehörigen technischen Aufnahmedaten, sondern auch einige interessante astronomische Hintergründe zum Objekt und seiner Erforschung liefern. Schließlich sind ja alle Amateurastronomen an Astronomie interessiert.

Damit wurde dann das Objekt belichtet. Aufgrund des sehr schwachen Objektsignals habe ich neben jeweils 90 Minuten RGB-Belichtungen noch fünf Stunden Ha-Aufnahmen mit 20-minütigen Einzelbelichtungen gemacht. Das Ergebnis

zeigt den SNR in seinem gesamten Umfang (Abb. 1, Norden oben).
Berichtsteil Peter Riepe Supernovareste (SNR) sind Materiewolken, die bei einer Sternexplosion (Su-

Berichtsteil Stephan Küppers Im Frühjahr 2015 erzählte ich beim monatlichen Astrostammtisch Niederrhein in Rheinberg von meinem geplanten Astrourlaub in Namibia auf der Astrofarm Tivoli. Daraufhin meinte Peter Riepe, dass er mir ein Objekt zeigen könne, das kaum bekannt sei und das ich unbedingt fotografieren müsse, den AraSupernovarest. Bis dahin hatte ich noch nie etwas davon gehört. Erste Recherchen im Internet ergaben, dass hierzu keine Amateuraufnahme zu finden war und ich zunächst auch keine Positionsangabe finden konnte. Peter hatte im Fachgruppenarchiv eine alte Schmidtaufnahme von Bernd Koch, fotografiert auf Kodak 103 a-E plus Rotfilter Wratten No. 29. Darauf sind einige diffuse Nebelfetzen zu erkennen. So schickte er mir dann als ersten Anhaltspunkt einen Sternkartenausschnitt mit den eingezeichneten Umrissen der hellsten Nebelpartien. Damit ging ich dann im Netz wieder auf die Suche und wurde schließlich auf der Webseite www.galaxymap.org [1] im Survey ,,SuperCOSMOS hydrogen-alpha (30 Grad -210 Grad )" fündig. Man sah sofort, dass es sich um ein sehr großes Objekt mit ca. sechs Grad Durchmesser handelte.

In Namibia stand mir vor Ort eine Säule mit einer Losmandy-Montierung (G11) und einer FS2-Steuerung (Michael Koch) zur Verfügung. An eigener Ausrüstung ist zu nennen: eine CCD-Kamera Moravian FW8300 mit RGB-, Ha- und [OIII]Filtern sowie mehrere Canon-Objektive. Um das Objekt komplett ins Bildfeld zu bekommen, habe ich mich für mein Zoom-Objektiv (18-105 mm) bei 105 mm Brennweite und Blende 4 entschieden.
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1 Der ,,Ara-Supernovarest" RCW 114, Daten im Text.
Bildautor: Stephan Küppers.

Der Südsternhimmel

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pernova) ausgeworfen werden. Diese Wolken expandieren nach allen Seiten und stoßen dabei mit dem umgebenden interstellaren Medium zusammen. So entsteht um den explodierten Stern herum eine kugelförmige Stoßfront, deren Durchmesser im Laufe der Zeit zunimmt. Genau an dieser Stoßfront wird Energie frei, sie führt zur Anregung der beteiligten Atome und damit zur Lichtemission. Erst auf diese Weise werden SNR optisch überhaupt sichtbar! Es ist

also nicht so wie bei H-II-Regionen und Planetarischen Nebeln, wo die Anregung durch die UV-Strahlung heißer Sterne geschieht! Bei einem SNR liegt ein völlig anderer Anregungsmechanismus vor, nämlich ein Stoßprozess (siehe auch Kasten). Die leuchtenden Stoßfronten der SNR können je nach umgebendem Medium recht unterschiedliche Formen aufweisen. Oft werden Filamentstrukturen beobachtet, die sich später allmählich mit dem interstellaren Medium vermen-

2 Invertierte und kontrastgesteigerte Version des Rotauszugs: Der Supernovarest
zeigt eine ausgedehnte, faserige Struktur.

gen. Bekannte SNR sind der Cirrusnebel (Cygnus), der Krebsnebel M 1 (Taurus), IC 443 (Gemini), Cassiopeia A (Cassiopeia), Vela-SNR (Vela) oder Simeis 147 (Taurus). Wer mehr über SNR erfahren will, schaue auf die Homepage der VdS-Fachgruppe Astrofotografie: http://astrofotografie.fg-vds.de/

Unser wenig bekannter Supernovarest hat Rektasz. = 17h 25min, Dekl. = -46 Grad 30,. Er liegt auf der Grenze zwischen Scorpius und Ara. Die wissenschaftliche Einschätzung dieses Objekts war bis vor kurzem nicht einmütig. Auch die Bezeichnung ist nicht immer gleich. Der folgende Absatz schildert, wie unterschiedlich die jeweiligen Ergebnisse interpretiert wurden.

Der von uns so bezeichnete ,,Ara-Super-

novarest" erhielt nach den Entdeckern

A. W. Rodgers, C. T. Campbell und J. B.

Whiteoak [2] zunächst die Katalogbezeich-

nung RCW 114. In den 1950er-Jahren hat-

ten die drei am Mount Stromlo Observa-

tory (Canberra) die südliche Milchstraße

nach Ha-Emissionsgebieten durchsucht

und die gefundenen Nebel 1960 publi-

ziert. In ihrer Arbeit war bei RCW 114

aber noch keine Rede von einem SNR!

,

,

Der Durchmesser wurde zu 330 x 330

angegeben, die Sichtbarkeit mit ,,f" (faint

= schwach). Aufgrund der Filamentstruk-

tur wurde erstmals 1977 von Meaburn

und Rovithis die SNR-Natur in Erwägung

gezogen [3]. Auch Green [4] bezeichnete

RCW 114 1984 als möglichen SNR mit

der Katalognummer G343.0-6.0 (ange-

lehnt an die galaktischen Koordinaten).

Er nahm ihn seltsamerweise aber nicht

in seinen überarbeiteten SNR-Katalog

von 1988 auf. Warum? Im selben Jahr

hatten Cappa de Nicolau et al. radio-

astronomisch anhand der 21-cm-Linie

die Verteilung des neutralen Wasser-

stoffs H I im Nebelgebiet untersucht [5].

Demnach war RCW 114 deckungsgleich

mit einer Blase aus H I, die sich um die

Wolf-Rayet-Sterne HD 156385 und HD

157451 erstreckt. Sollte RCW 114 also

ein Wolf-Rayet-Nebel sein, wie auch z. B.

NGC 6888, der Sichelnebel im Cygnus?

Intensive Untersuchungen vieler SNR

im infraroten Licht durch R. G. Arendt

(1989) brachten keinerlei Klärung [6].

Spektroskopische Weitwinkelaufnahmen

von Walker und Zealey (2001) zeigten,

dass das Linienverhältnis [S II]/Ha ganz

typisch für einen entwickelten SNR ist

VdS-Journal Nr. 57

36

Der Südsternhimmel

[7]. Für Astrofotografen wichtig: SNR zeigen meistens eine starke Emission im Licht der Schwefellinie [S II]. Seltsamerweise emittiert RCW 114 aber fast kein [O III]. Welsh et al. (2003) folgerten aus ihren Untersuchungen, RCW 114 sei ein SNR, der von einer Wolf-Rayet-Blase begleitet wird [8]. 2010 konnten Kim et al. radioastronomisch eine Kohlenstoffemission nachweisen [9]. Sie führte zu der Schlussfolgerung, RCW 114 sei ein SNR, der uns viel näher stehe, als bisher vermutet. Der Wolf-Rayet-Stern HD 156385 mit seiner H-I-Blase hat nichts mit dem Supernovarest zu tun, er steht weiter im Hintergrund. In seiner Revision der SNR aus 2014 nahm Green RCW 114 wieder auf. Die Online-Version hiervon ist übrigens empfehlenswert [10]. Auch die bekannte astronomische Datenbank SIMBAD klassifiziert RCW 114 mittlerweile als SNR. Allerdings differieren die Entfernungsangaben je nach Messmethode sehr stark. Kim et al. (2010) geben für HD 156385 ca. 5000 Lichtjahre an, betonen aber, RCW 114 liege ,,viel näher" davor - ohne konkrete Entfernungsangaben.
Viele Astrofotografen empfinden eine kontrastgesteigerte Negativdarstellung in Schwarzweiß als günstiger für die Darstellung schwach leuchtender Objekte. Daher habe ich den Rotauszug invertiert und im Kontrast stark angehoben (Abb.

2). Das Bild zeigt ihn mit rund fünf Grad Ausdehnung in einem ca. 8 Grad x 12 Grad großen Feld. Die Objektstruktur erscheint jetzt unglaublich detailreich. Rechts im Bild kommen die vielen Dunkelwolken im Band der Milchstraße als helle Flecken zum Vorschein. Das Zentrum von RCW 114 befindet sich drei Grad südlich der beiden Sterne und Scorpii. Der SNR ist großflächig aus vielen Fasern und Filamenten zusammengesetzt. Für die Sensoren der handelsüblichen Größen sind daher kurze Brennweiten nötig. Erfreulich, was der Astrofotograf heute dank moderner CCD-Technik mit bescheidenen Optiken und geeigneter Filterung zu leisten imstande ist. Die alten Super-Ergebnisse der Profis [11] sind also ohne Weiteres erreichbar.
Internet- und Literaturhinweise: (Stand: Oktober 2015) [1] http://galaxymap.org/mwe/mwe.php [2] A. W. Rodgers, C. T. Campbell, J. B.
Whiteoak (1960): ,,A catalogue of H-alpha emission regions in the Southern Milky Way"; Mon. Not. Roy. Astronom. Soc. 121, 103-110 [3] J. Meaburn, P. Rovithis (1977): ,,A New Large Supernova Remnant In The Southern Sky?"; Astrophys. and Space Sc. 46, L7-L10 [4] Green D. A. (1984): ,,Statistical
Anzeige

Stoßfronten
Im englisch-amerikanischen Sprachgebrauch tauchen bei Supernovaresten und Planetarischen Nebeln stets die Begriffe ,,shock front" und ,,shock waves" auf. Korrekt ins Deutsche übersetzt bedeutet ,,shock" aber nicht ,,Schock", sondern ,,Stoß". Außerdem ist der Begriff ,,Schock" keine physikalische Größe! Vergessen wir also die beliebten ,,Schockfronten" und ,,Schockwellen" und sprechen stattdessen lieber physikalisch richtig von ,,Stoßfronten" und ,,Stoßwellen".
Studies of Supernova Remnants"; Mon. Not. Roy. Astronom. Soc. 209, 449-478 [5] C. E. Cappa de Nicolau et al. (1988): ,,The HI bubble around the Wolf-Rayet star HD 156385 and its environs"; Astronom. Journal 96, 1671-1676 [6] R. G. Arendt (1989): ,,An infrared survey of Galactic supernova remnants"; Astrophys. Journal Suppl. Series 70, 181-212 [7] A. J. Walker, W. J. Zealey (2001): ,,Multifibre spectroscopy of the supernova remnant candidate RCW 114"; Mon. Not. Roy. Astronom. Soc. 325, 287-292 [8] B. Y. Welsh et al. (2003): ,,The RCW 114 nebula: An old supernova remnant or a WR wind-blown bubble?" A&A 403, 605-611 [9] I.-J. Kim et al. (2010): ,,C IV emission-line detection of the supernova remnant RCW 114"; Astrophys. Journal 709, 823-831 [10] www.mrao.cam.ac.uk/surveys/snrs/ snrs.list.html, basierend auf D. A. Green (2014): ,,A Catalogue of Galactic Supernova Remnants (2014 May version)"; Bulletin Astron. Soc. India 42, 47-58. [11] J. Meaburn et al. (1991): ,,Optical and far-infrared observations of the galactic filamentary nebula at 1723-46"; Astron. and Astrophys. 252, 291-298

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Der Südsternhimmel

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Enttäuschte Erwartungen einer Astro-Reise
Kein Himmel auf Erden in Namibia
von Dorothee Mester

1
Der Anblick des dunklen Himmels über Namibia ist jede Nacht neu faszinierend.

Nach einem ersten Aufenthalt in Namibia vor zehn Jahren, bei dem ich mit meiner GP-DX-Montierung, einem Vierzöller mit 1000 Millimetern Brennweite (Meade) und einem 300-Millimeter-Teleobjektiv sowie einer Canon EOS 300D durch das Land reiste, wollte ich noch einmal nach Namibia, um dort mit einer stationären Anlage auf einer Astro-Farm mit größerer Brennweite und meiner gewachsenen Erfahrung im Bereich Astrofotografie insbesondere Galaxien ins Visier zu nehmen. Für dieses Vorhaben hatte ich 15 Monate Vorbereitungszeit: Zeit genug, um sorgfältig geeignete Objekte für das gemietete Teleskop auszusuchen - Zeit genug, um mir Gedanken zur Kamerawahl hinsichtlich eines optimalen Samplings zu machen, und Zeit genug, um Belichtungszeit und Filterwahl vorab zu durchdenken.

So vorbereitet, machte ich mich gleich in der ersten geeigneten Neumondphase des Jahres im Mai 2015 auf den Weg, meinen lange gehegten Wunsch auf der AstroFarm ,,Kiripotib" in Erfüllung gehen zu lassen. Gegen 23 Uhr auf der Farm angekommen, konnte ich mich bereits am hoch am Himmel stehenden Skorpion erfreuen, dessen Sterne zuerst noch zwischen einer lockeren Bewölkung, dann in ihrer ganzen Brillanz funkelten, so dass ich die erste Nacht bis drei Uhr vor meinem Zimmer saß und diesen traumhaften Sternenhimmel in großer Vorfreude auf die kommenden 13 Nächste genoss (Abb. 1).
Kaum sechs Stunden später holte mich jedoch die ernüchternde Wirklichkeit mit diesen niederschmetternden Informationen wieder ein: Das von mir gemietete Teleskop, ein 8-Zöller GSO RC mit 1600

Millimetern Brennweite, stünde nicht zur Verfügung, da es nicht justiert sei und sich die beiden Spiegel auch nicht mit den vorhandenen Möglichkeiten justieren ließen. Ersatzweise wurde mir deshalb ein Refraktor 107/700 mm (APM) zur Verfügung gestellt. Mit dieser nüchternen Information wurde meine gesamte Planung hinfällig.
Doch damit längst nicht genug: Da es am frühen Abend des Vortages bewölkt war, war die von mir gemietete Montierung, eine ALT 6 ADN, nach der Sommerpause noch nicht wieder ,,eingesüdet" worden. Ersatzweise könnte ich jedoch in der ersten Nacht die fest installierte Montierung in der Sternwarte nutzen. Als ,,Gewohnheitstier" wäre mir zwar eine einmalige Eingewöhnung auf einer Beobachtungsplattform lieber gewesen, aber die Vorstellung, einmal mit einer solch großen
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Der Südsternhimmel

2 In der fünften Nacht erstmalig an der gemieteten Montierung: Nachführprotokoll
einer nicht funktionsfähigen Montierung ALT 6 ADN.

3 Nach vier Nächten war die Montierung schließlich so eingestellt, dass punktförmige
Sternabbildungen möglich waren.

Montierung wie der MK 100 arbeiten zu können, hielt ich für eine durchaus reizvolle Erfahrung. Was jedoch blieb, war eine ausgesprochene Schockstarre wegen des nicht verfügbaren Teleskops.
Bis zum Abend hatte ich meine Fassung einigermaßen wieder gefunden und mir den Kugelsternhaufen Omega Centauri mit seiner Ausdehnung von 55 Bogenminuten als ein geeignetes Objekt für die nun zur Verfügung stehende Brennweite ausgesucht. Wäre da nur nicht diese Montierung gewesen, die trotz stundenlanger Bemühungen des Astro-Betreuers nicht in der Lage war, exakt nachzuführen. So war das Ergebnis der ersten Beobachtungsnacht nur jede Menge Frust und ein Kugelsternhaufen aus Eiern! Am nächsten Morgen erfuhr der Betreuer auf Nachfrage, dass wohl seit geraumer Zeit bekannt war, dass die Montierung wegen einer ausgeschlagenen Welle nicht verwendbar sei.
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Wegen fehlenden Stroms auf der Plattform, vor allem aber wegen eines falschen Netzgerätes, konnte die von mir gemietete Montierung in der vergangenen Nacht noch nicht eingesüdet werden, so dass ich für die zweite Nacht auf eine andere Plattform mit einer Atlux-Montierung (Vixen) umzog. Die musste jedoch auch erst noch eingesüdet werden, stand aber immerhin gegen 22:30 Uhr funktionsfähig samt FS2-GoTo-Steuerung zur Verfügung. Wie gut, dass in dieser und auch der nächsten Nacht noch keine anderen Astro-Gäste eingetroffen waren. So konnte ich eineinhalb Nächte auf dieser Plattform arbeiten. Zwischenzeitlich wurde nämlich klar, dass die ALT 6 ADN nicht funktionsfähig war und vor einer Inbetriebnahme in den folgenden Tagen noch umfangreiche Justierarbeiten erforderlich waren (Abb. 2).
So vergingen im Anschluss zwei weitere Nächte, in denen ich keine funktionierende Ausrüstung zur Verfügung hatte und

in denen mir niemand sagen konnte, ob sich daran während meines Aufenthaltes noch einmal etwas ändern würde. In der mittlerweile siebten Beobachtungsnacht konnte ich dann kurz nach Mitternacht doch noch mit einer irgendwie akzeptabel genau arbeitenden Montierung ein Objekt anvisieren (Abb. 3), allerdings ohne eine funktionierende GoTo-Steuerung. So widmeten wir uns in der nächsten Nacht erst einmal der GoTo-Steuerung. Schließlich erkannte der Betreuer die Systematik des Fehlers: In der RA-Achse funktionierte die GoTo-Steuerung, in der DEC-Achse funktionierte sie jedoch als ,,GoAway"Steuerung. Dies machte es erforderlich, jeweils die Koordinaten der Beobachtungsobjekte und eines in der Nähe gelegenen Referenzsterns herauszusuchen und mit den entsprechenden Berechnungen die Objekte dann im Handbetrieb anzufahren. Dabei war zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Montierung nur mit 30-facher Geschwindigkeit gefahren werden konnte (daher jeweils ein Referenzstern in der Nähe). Bei höherer Geschwindigkeit liefen die Koordinaten der Handsteuerbox zwar weiter, die Montierung jedoch nicht.
Mit diesen Einschränkungen konnte ich in den verbleibenden viereinhalb Nächten einige größere Himmelsobjekte fotografieren. Allerdings trauerte ich nach jeder Nacht meiner nicht verfügbaren größeren Brennweite hinterher, was vermutlich auch der Grund dafür war, dass der ausgesprochen bemühte Betreuer versuchsweise dann doch den 8-Zoll-RC auf die Montierung setzte. Es stellte sich heraus, dass das Gerät gar nicht defokussiert war, sondern ,,nur" der Spiegel derart mit feinem Staub belegt war, dass eine akzeptable Sternabbildung unmöglich war (Abb. 4).
Ein solches Beugungsscheibchen hatte ich bisher nur unter schlechtesten Seeing-Bedingungen in der Mitte von Großstädten gesehen. Offensichtlich erfordert die offene Bauweise des RC-Teleskops bei Verwendung in der Wüste doch wenigstens ab und zu eine Reinigung des Spiegels, was in den vergangenen sieben Jahren wohl noch nicht geschehen war. So hatte ich von 13 geplanten Beobachtungsnächten lediglich sechs Nächte, in denen ich unter erschwerten Bedingungen ohne eine GoTo-Steuerung und

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mit einer nur eingeschränkt funktionierenden Montierung ein Teleskop nutzen konnte, das noch nicht mal die Hälfte der gewünschten Brennweite und ein deutlich geringeres Auflösungsvermögen hatte. Als ,,Ausgleich" hatte der Farmer beschlossen, mir für fünf (statt für sieben) Nächte die Miete zurückzuerstatten, da die Problematik dem Betreuer vor Ort und den weiteren Betreuern in Deutschland so viel Arbeit gemacht hätte. Vor Ort war er leider nicht greifbar, so dass ich mit ihm nur im Nachhinein per EMail darüber noch einmal ins Gespräch kommen konnte. Seine nach einem Monat eintreffende Antwort überraschte mich dann doch sehr, da er nach Rücksprache mit dem Astro-Betreuer zu der Ansicht kam, seinen Verpflichtungen mir gegenüber genügend nachgekommen zu sein. Das genutzte Teleskop wurde als vollwertiger Ersatz angesehen, da (a) der Brennweitenunterschied ,,nur" das 2,2-fache betrug, (b) bei der FS2-Steuerung ,,nur" Parameter hätten verstellt werden müssen (was nach der Nutzungsordnung ausdrücklich verboten ist und deshalb vom Astro-Betreuer gleich zweimal überprüft wurde, ohne einen Fehler festzustellen) und (c) das Aussehen des Beugungsscheibchens durch die erhebliche Obstruktion des Teleskops als systembedingt eingestuft wurde. Zu der erst ab der achten Nacht funktionierenden

4 Beugungsscheibchen des 8-zölligen
RC-Teleskops (GSO) unter namibischem Himmel
Montierung wurde gar nicht Stellung genommen. Dafür wurde aber das ,,Gefühl" vermittelt, dass die eigene Erfahrung mit verschiedenen Optiken und Montierungen von ganz großer Wichtigkeit sei. Diese Anspielung war eindeutig!
Konsequenterweise sei bei solcher Sichtweise dann auch in Abweichung von der ursprünglichen Zusage keinerlei Erstattung zu leisten. Diese Einstellung sprengt meine Vorstellungskraft komplett. Was sind schon 600 Euro Astro-Miete? Zweifellos viel Geld - richtig viel Geld, aber mit Geld lässt sich meine Enttäu-

schung in keiner Weise wieder gut machen. Ich hätte es jedoch als Ausdruck einer ernsthaften Auseinandersetzung betrachtet, solche Probleme und Enttäuschungen künftigen Astro-Gästen zu ersparen. Schließlich waren nicht nur die Montierung in der Sternwarte und die meiner Plattform defekt. Bei zwei weiteren habe ich ebenfalls diverse Probleme mitbekommen.
In Kenntnis dieser Zustände hätte ich mir die gesamte Reise sparen können, da unter diesen Gegebenheiten das Ziel meiner Reise gar nicht zu erfüllen war. So stellt sich die Frage, wie man im Vorfeld eine solche Pleite ausschließen kann. Doch die eigene Optik und Montierung mitnehmen? Im Nachhinein betrachtet wäre es der richtige Weg gewesen, wenn wir mit Frühbucherrabatt für zwei Personen je 20 Kilogramm zusätzliches Freigepäck mitgenommen hätten. Das wäre zwar um einiges unbequemer, aber mit 400 Euro preisgünstiger gewesen.

IMPRESSUM

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Aufnahmen des südlichen Himmels im Mai 2014
von Gerald Wechselberger

Im Mai 2014 erfüllte sich für mich ein Traum: eine Reise nach Namibia mit dem Ziel, die Schönheiten des südlichen Himmels zu fotografieren. Die Reise unternahm ich gemeinsam mit drei anderen Astrofotografen der Burgenländischen Amateurastromen (Dr. Franz Gruber, Manfred Schwarz und Josef Schwarz). Wir wollten Qualität am Himmel, aber auch Qualität am Boden. Daher entschlossen wir uns zu einem Aufenthalt auf der Astrofarm Kiripotib. Unsere Erwartungen an Himmel und Erde wurden nicht nur erfüllt, sondern übertroffen. Mein Ziel war es, einige Standardobjekte, aber auch einige weniger bekannte Objekte fotografisch einzufangen. Bei den nun vorgestellten Astroaufnahmen ist Norden oben und Osten links.

im Bild sichtbare, vertikale Halo entstand nach gängigen Theorien durch die Kollision einer elliptischen Galaxie mit einer kleineren Spiralgalaxie.
Abbildung 2 zeigt ein weniger oft fotografiertes Objekt. Im Sternbild Apus liegen interstellare Zirruswolken aus Staub und molekularer Materie, die sich rund um den südlichen Himmelspol erstrecken - ähnlich wie die Wolken des galaktischen Zirrus am Nordhimmel. Der Bereich ist nur 13 Grad vom Südpol entfernt. Außer dem Nebel, der auch ,,Jakobsleiter" genannt wird, sind einige kleinere Galaxien sichtbar. IC 4633 liegt rechts unten, knapp daneben und etwas näher zur Mitte erkennt man die linsenförmige Galaxie IC 4635.

Sehr bekannt ist die Galaxie NGC 5128. Ich wollte aber eine etwas tiefere Aufnahme, die den selten gezeigten Halo deutlich macht (Abb. 1). Nebenbei ist NGC 5128 nicht nur eine sehr interessante Galaxie, sondern auch die stärkste Radioquelle im Centaurus. Daher wird sie bei den Radioastronomen als Centaurus A geführt. Der
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Weitere Wolken aus Staub und molekularer Materie befinden sich im Sternbild Chamaeleon (Abb. 3). Die hellen Nebel sind allesamt Reflexionsnebel. IC 2631 steht blau leuchtend oben am Bildrand. Cederblad 110 liegt knapp südlich der Bildmitte und leuchtet weißgelblich. Schließlich folgt in der unteren Bildmitte

1
NGC 5128, aufgenommen am 28. Mai 2014 mit einem TS-Apochromaten 90 mm/600 mm auf einer Vixen-Atlux-Montierung. Das Bildfeld hat 2 Grad 16, Breite und 1 Grad 30, Höhe. Das Guiding erfolgte mit MGEN auf einem 250-mm-Guidescope. Mit einer Farb-CCDKamera QHY8 entstanden 24 Aufnahmen von jeweils zehn Minuten Belichtungszeit. Für die gesamte Bildbearbeitung (auch der Aufnahmen auf der rechten Seite) wurde PixInsight verwendet.
Cederblad 111, ebenfalls blau leuchtend. Das Bild demonstriert sehr schön, dass diese Reflexionsnebel eigentlich nur die Intensitätsspitzen der Chamaeleon-Molekülwolke repräsentieren. Interessant ist dieser Bereich des Himmels, weil hier tief im Inneren der Wolken - mit Hilfe der Infrarotastronomie neu entstehende Sterne beobachtet wurden. Es bilden sich aber nur Sterne geringer Masse, darunter auch Braune Zwerge.
Wer mehr über unseren Aufenthalt auf Kiripotib erfahren möchte, schaue sich den Reisebericht auf meiner Homepage an.
Internethinweis: www.werbeagentur.org/oldwexi/ skywatch_Namibia_2014.html

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2 Galaktischer Cirrus im Sternbild Apus. Dieser Bereich trägt auch den Namen ,,Jakobsleiter". Aufnahme vom 27. Mai 2014 mit derselben
Ausrüstung wie in Abbildung 1. Auch das Bildfeld hat in etwa die gleichen Maße. Belichtet wurden 23 Aufnahmen zu je zehn Minuten.

3 Der Blick in die Molekülwolken im Sternbild Chamaeleon datiert vom 30. Mai 2014. Belichtet wurden elf Aufnahmen zu je zehn Minuten.
Ausrüstung, Bildfeld und Bildbearbeitung wie in Abbildung 1 beschrieben.
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Der Südsternhimmel

Der erste Blick in das Zentrum der Milchstraße
von Uwe Pilz

Mein Interesse für die Astronomie reicht zurück bis in das Jahr 1973. Mein erstes Lehrbuch stammt von Rudolf Brand, einem Optiker der Sternwarte Sonneberg. Er schrieb das Heftchen ,,Himmelswunder im Feldstecher" [1]. In einer Bildunterschrift stand der Satz ,,Die Milchstraße verschwindet am Südhorizont im Bilde des Schützen (Sagittarius), in dem sie nochmals in großer Pracht leuchtet." Es sollte noch über 30 Jahre dauern, bis ich diese Milchstraßenpracht tatsächlich zu sehen bekam.
Seit meinen Jugendtagen habe ich immer wieder versucht, von Deutschland aus diese besonders hellen Wolken zu sehen. Selbst unter den besten atmosphärischen Bedingungen und unter wirklich dunklem Landhimmel waren die Zentralgebiete der Galaxis im Schützen bestenfalls zu ahnen. Von wirklich hellen Wolken keine Spur. Im Herbst des Jahres 2007 schließlich flog ich zum ersten Mal auf die Kanarischen Inseln, nach Teneriffa. Meine Reisezeit kollidierte leider mit dem zunehmenden Mond. Am besten geeignet war noch der erste Tag auf der Insel, der vier Tage alte Mond störte nur mäßig. Da ich das galaktische Zentrum sehen

wollte, hatte es auch keinen Sinn, auf den Monduntergang zu warten: Mit dem Mond ging auch die Milchstraße unter.
In den Cañadas auf über 2000 Metern Höhe hat man meistens exzellente meteorologische Bedingungen, die Passatwolken liegen tiefer. Mit meinem Mietwagen war ich schon am Tage dort oben. Es ist kein Problem, einen Parkplatz zu finden, den man als Stützpunkt für Beobachtungen benutzen kann. Eine geeignete Stelle sollte man allerdings am Tage suchen. Ich wählte eine Parkbucht in der Nähe des Teide-Observatoriums.
Gemeinsam mit meiner Frau wartete ich auf die astronomische Nacht. Die Dämmerungsfarben waren intensiv, der Mond stand hoch am Himmel, Jupiter nördlich davon. Er strahlte gleißend hell! Die hellen Sterne in der Umgebung des Milchstraßenzentrums wurden sichtbar. Wie viele das waren! Der ganze Skorpion mit Stachel, der südliche Fisch hoch am Himmel, die reizvolle Südliche Krone. Der Himmel wurde rasch dunkler und schließlich erschienen die Milchstraßenwolken - das Zentrum unserer Spiralgalaxie stand hoch am Himmel.

Am hellsten erschien die Sagittariuswolke, kein Vergleich zur Schildwolke. Zum Milchstraßenrand hin lief diese Wolke sanft aus, aber zur Milchstraßenachse hin, zum großen Riss, zeigte sich eine unglaubliche Vielfalt an Dunkelwolken, die teilweise stark verästelt waren. Mitten in einer Dunkelwolke ein heller Fetzen Milchstraße! Messier 7 und Messier 6 auffallend für das freie Auge! Ich versuchte mich an einer Zeichnung.
Wahrscheinlich hat Rudolf Brand seinen Chef Cuno Hoffmeister einmal bei seinen Reisen nach Südafrika begleitet und konnte diese Pracht mit den eigenen Augen sehen. Die meisten Auflagen des Buches erschienen in der DDR. Der Hinweis auf die nur tief im Süden sichtbaren Himmelswunder schien fast völlig nutzlos zu sein. Bei mir hat Brands Hinweis über Jahrzehnte den Wunsch wachgehalten, das Zentrum der Milchstraße selbst einmal zu sehen.
Literaturhinweis: [1] Brand, R. (1968): ,,Himmelswun-
der im Feldstecher"; Verlag Johann Ambrosius Barth, Leipzig

1 Milchstraße im Bereich Schütze/Skorpion, gesehen mit dem freien Auge
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Der Südsternhimmel

Der südliche Sternhimmel in Chile
- eine Rückschau auf Beobachtungen in den 1980er-Jahren

von Werner E. Celnik

In den Jahren 1979 bis 1986 hatte ich mehrfach Gelegenheit, auf dem Gelände der Europäischen Südsternwarte ESO auf dem Berg La Silla in Chile mit dem Bochumer 61-Zentimeter-Teleskop und anderen Instrumenten fotometrische

Messungen an Himmelsobjekten durchzuführen. Viele Beobachtungen liefen halb- oder vollautomatisch ab, so dass reichlich Zeit blieb, parallel dazu visuelle Beobachtungen anzustellen und etwas Astrofotografie zu betreiben.

Klima Das Observatorium [1] liegt bei 70 Grad 44' Länge West und 29 Grad 15' Breite Süd zwischen 2.300 und 2.400 Metern Höhe. Die Wüstenlage des Bergrückens La Silla führt zu einer sehr klaren und trockenen Atmosphäre, eine relative Luftfeuchte von nur wenigen Prozent ist hier keine Seltenheit. Daher sind hier Beobachtungen im UV und im IR sowie im Sub-mm-Bereich möglich. Der Anteil fotometrischer Nächte liegt auf La Silla - langjährig ermittelt - bei 63 % [2].

Eine südamerikanische Eigenart ist das El-Niño-Phänomen: Zeitweise und unregelmäßig bis halbperiodisch wird der Zustrom kalten Meereswassers (Humboldtstrom) durch gegenläufige Winde und Strömungen behindert. Folge ist die Erwärmung des Oberflächenwassers vor der Westküste Südamerikas und eine Anreicherung der dortigen Atmosphäre mit hoher Luftfeuchtigkeit, was für Bewölkung und Niederschläge sorgt und damit für einen zeitweise geringeren Anteil fotometrischer Nächte.

Die hohe Dichte klarer Nächte lässt es zu, in mehreren Nächten hintereinander z. B. die Bewegung der Planeten zu verfolgen (Abb. 1). Die atmosphärische Extinktion ist meistens gering, so lässt sich z. B. der gesamte ,,Große Wagen" von La Silla aus erkennen (Abb. 2). Eine Strichspuraufnahme des untergehenden Mondes über einen Zeitraum von etwa 5 Stunden zeigt, dass die Extinktion erst bei relativ großen Zenitdistanzen ,,zuschlägt" (Abb. 3).

1 Venus überholt Jupiter und wandert mit Merkur (am Horizont) durch das Sternbild
Sagittarius. Bildserie vom 25.01. bis 04.02.1984 auf La Silla. Blickrichtung Osten. Am 30.01. gesellt sich die schmale Mondsichel mit hellem aschgrauem Mondlicht hinzu. Objektiv 1,7/50 mm, Ektachrome ISO 400, Belichtungen zwischen 1 und 4 min.
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Nachthimmelshelligkeit Der Standort La Silla ist dunkel, streulichtfrei, die nächste Ortschaft La Serena ist ca. 160 Kilometer entfernt. Die Panamericana liegt ca. 30 Kilometer entfernt, nur wenige 100 Meter über NN (auf La Silla sind nachts Fahrgeräusche von dort zu hören). Nächtliches Autofahren auf dem weitläufigen Gelände des

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2
Oben: Der ,,Große Wagen" am Nordhorizont von La Silla am 24.02.1984 um 03:03 UT. Dazu die vom Mond beschienene Andenlandschaft. Zehn Minuten belichtet mit Objektiv 1,7/50 mm auf Ektachrome ISO 400.
3
Rechts: Die Strichspur des Monduntergangs mit fast fünf Stunden Belichtungsdauer bei Blende 22 und 50 Millimetern Brennweite zeigt, dass atmosphärische Extinktion erst unterhalb 30 Grad Horizonthöhe astrofotografisch merkbar wird. Am unteren Ende der Spur zeigt die Verbiegung die atmosphärische Refraktion.

4 Eines der ,,klassischen" Motive des Südhimmels: die Milchstraße in Centaurus, Crux und Carina. Aufgenommen am 03.02.1984 ab
08:07 Uhr UT mit Objektiv 1,7/50 mm bei Arbeitsblende 2,4 auf Farbdiafilm Ektachrome ISO 400, mit 22 min. Belichtung.
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5 Die Dunkelwolke ,,Kohlensack" im Sternbild Crux, Objektiv 1,8/135 mm, Arbeitsblende
5,6. Ohne Filter 70 min. auf Kodak 103 a-E am 02.03.1984 ab 04:26 Uhr UT belichtet.

Observatoriums ist nur mit Standlicht erlaubt und auf ein absolut notwendiges Minimum begrenzt. So betrug die durchschnittliche Flächenhelligkeit des Nachthimmels 1978 im Zenit in V 21,7 mag/

arcsec2 und in B 22,8 mag/arcsec2 (s. die PowerPoint-Präsentation in [3]). Auf La Palma und dem Mauna Kea in den Jahren 1994-95 sind die Werte in V um 0,2 mag besser, in B vergleichbar. Unter-

suchungen zeigen außerdem, dass die Durchschnittswerte von Jahr zu Jahr um +- 0,4 mag/arcsec2 schwanken können. Außerdem wurde nachgewiesen, dass die Nachthimmelshelligkeit mit zunehmender Sonnenaktivität steigt.
Beobachtungen bei störungsfreiem Himmel Das Gehen im Sternenlicht, insbesondere wenn die hellen Milchstraßenwolken des galaktischen Zentrums über dem Horizont stehen, ist leicht möglich, man sieht, wo man entlanggeht und ob etwas im Wege liegt. Im Vergleich dazu ist das Gehen bei bewölktem Himmel unmöglich, weil man dabei die Hand nicht vor Augen sieht. Dass die helle Venus Schatten werfen kann, ist lange bekannt und bei entsprechendem Himmel gut erkennbar. Aber auch von Jupiter? In der Tat konnte ich dies beobachten: Ein etwa zehn Grad hoch stehender Jupiter am Osthimmel von La Silla ließ einen Stock einen schwachen, scharfen Schatten auf einer gleichmäßig hellen Betonfläche werfen.

6 Der Gum-Nebel besitzt eine Winkelausdehnung von ca. 60 Grad und erstreckt sich zwischen Carina und Canis Major. Hier ein Mosaik
von vier Aufnahmen mit je 50 Millimetern Brennweite. Aufgenommen bei Blende 2,4 auf Kodak 103 a-E mit Rotfilter RG 645, belichtet jeweils 80 min. am 12. und 13.01.1984.
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Das Zodiakallicht kann im Vergleich zum übrigen Nachthimmel so hell erscheinen, dass darin nahezu keine Sterne mit bloßem Auge zu sehen sind.
Komet 1P/Halley konnte ich direkt bei seinem Aufgang über der niedrigen Andenkette im Osten beobachten. Tatsächlich war zuerst der Schweif erkennbar, bevor der Kopf aufging. Die Transparenz der Atmosphäre auf La Silla ließ es zu, den Gasschweif von 1P/Halley über 30 Grad lang über die Milchstraße hinweg zu verfolgen (größer war das Bildfeld der Kamera nicht).
Digitale Flächendetektoren wie in den heutigen DSLRs waren in den 1980ern noch ,,Science Fiction". Allerdings setzte die ESO für Halley-Beobachtungen an einem kleinen Teleskop eine der ersten experimentellen CCD-Kameras ein.
In den 1980er-Jahren kamen Farbdiafilme (z. B. Kodak Ektachrome 400) und rotempfindliche hypersensibilisierte (z. B. Kodak Technical Pan 2415) oder spektroskopische S/W-Filme (z. B. Kodak 103 a-E) zum Einsatz. Drei Beispiele sollen an dieser Stelle daran erinnern, was damals auf Film möglich war: Die Region von Alpha Centauri über Kohlensack und Crux bis zum EtaCarinae-Nebel (Abb. 4), die Dunkelwolke ,,Kohlensack" ohne jeglichen Filter (Abb. 5) und der Gum-Nebel in nahezu voller Ausdehnung mit einem Rotfilter (Abb. 6).
Airglow Eine weitere Eigenart ist die ,,südatlantische geomagnetische Anomalie", eine ausgedehnte Zone geringerer magnetischer Feldstärke im Erdmagnetfeld (im Vergleich zum allgemeinen Mittelwert), die sich vom westlichen Südamerika bis zum westlichen Rand Südafrikas erstreckt [4]. Durch die geringere Feldstärke erreicht eine höhere Zahl geladener Teilchen von außen die Erdatmosphäre, was in ähnlicher Weise wie Polarlichter die Moleküle der Erdatmosphäre zum Leuchten anregt - Luftleuchten oder Airglow entsteht. Weitere Prozesse, die Airglow hervorrufen, sind die Rekombination von tagsüber durch Sonnenlicht ionisierten Atomen sowie Chemilumineszenz aus Reaktionen von Sauerstoff- und Stickstoff mit OH-Ionen in Höhen zwischen 80 und 300 Kilometern [5]. Airglow ist

7 Aufnahme des Westhorizonts von La Silla am 12.12.1979 ab 02:07 Uhr UT, 40 min.
belichtet bei Blende 1,7 und 50 Millimetern Brennweite auf Farbdiafilm Ektachrome ISO 400. Im Vordergrund die 30 km entfernte Panamericana. Über dem Horizont zunächst rötliches, darüber grünliches Airglow.

8 Der Südhorizont von La Silla am 09.12.1979 ab 20:40 Uhr UT, 8 min. mit einem
Objektiv 1,7/50 mm auf Ektachrome ISO 400 Farbdiafilm belichtet. Der Kohlensack versinkt im rotbraunen Airglow. Östlich davon grünliches Airglow mit Bandstrukturen.

natürlich überall auf der Erde zu beobachten, selbst von der Erdumlaufbahn aus [6], in Südamerika jedoch in erhöhter Intensität. Die stärksten Spektrallinien sind [OI] bei 558 Nanometern (grün) und 630 Nanometern (rot), zeitweise auch die Na-D-Linien bei 590 Nanometern (orange). Das Airglow ist nicht konstant, sondern variiert zeitlich und räumlich. Am deutlichsten ist es jedoch bei Horizonthöhen unter 30 Grad (Luftmasse 2) [6]. Airglow ist astrofotografisch bei Horizontaufnahmen auffällig. Es sorgt für eine grüne oder rote Verfärbung des Himmels bei längeren Belichtungen, bei Überlagerungen auch bräunlich (Abb. 7 und 8).
Abschlusshinweise Auch Amateurastronomen konnten damals auf Antrag auf dem Gelände der ESO beobachten. Auch betreiben inzwischen einzelne Gruppen von Amateuras-

tronomen eigene größere Instrumente an separaten Standorten in Chile.
Internet- und Literaturhinweise (Stand: November 2015): [1] Überblick ESO - La Silla: https://
en.wikipedia.org/wiki/La_Silla_ Observatory [2] ESO-Statistiken Astrowetter: www. eso.org/gen-fac/pubs/astclim/lasilla/ [3] F. Patat: ,,The Brightness of the Night Sky", www.eso.org/~fpatat/ science/skybright/ [4] Erdmagnetfeld - Geoforschungszentrum Potsdam: www.gfz-potsdam. de/sektion/erdmagnetfeld/themen/ quellen-des-erdmagnetfelds/ hauptfeld/ [5] Airglow: https://en.wikipedia.org/ wiki/Airglow [6] Airglow: https://de.wikipedia.org/ wiki/Nachthimmellicht
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Die Magellanschen Wolken im Magellanschen Strom
von Peter Riepe und Stefan Binnewies

Die Große und die Kleine Magellansche Wolke, zwei irreguläre Zwerggalaxien, gelten als Begleiter der Milchstraße. Die Fachwelt bezeichnet sie als Large Magellanic Cloud (LMC) und Small Magellanic Cloud (SMC). In Europa kennt man sie von Berichten des portugiesischen Seefahrers Ferdinand Magellan aus dem Jahr 1519. Dieser Artikel informiert über den aktuellen Forschungsstand: Was wissen wir über das Magellansche System? Hier geht es uns nicht um LMC und SMC als Einzelgalaxien selbst - das später einmal. Vielmehr zeigen wir in einigen Aufnahmen, was man als Astrofotograf im Magellanschen System großräumig feststellen kann.

Forschungsstand heute Der Wissensstand zum Magellanschen System wuchs in den letzten 20 Jahren enorm. Nicht nur die Sternentstehung wurde mit Großteleskopen in LMC und SMC optisch und im Infraroten untersucht, auch die Radioastronomie hatte einen gewaltigen Anteil an neuen Entdeckungen. In den 1960er-Jahren begann die Erforschung der gasförmigen Materie im Magellanschen System. Australische Radioastronomen zeigten, dass LMC und SMC komplett in neutralen Wasserstoff (HI) gehüllt sind [1, 2]. Ferner sitzen beide Zwerggalaxien in einer riesigen, langgezogenen HI-Wolke, die als ,,Magellanscher Strom" (MS) bezeichnet wird [3]. Er folgt den Magellanschen Wolken wie eine Schleppe mit klumpiger Struktur über den halben Himmel (Abb. 1). Die größten Gasklumpen werden als MS I bis MS VI bezeichnet.

Der MS läuft etwa ab dem hellen Stern Achernar auf das Sternbild Phoenix zu. Im Zentrum des Phoenix liegt der erste Klumpen MS I. Im weiteren Verlauf formt der MS im Sternbild Sculptor aus zwei parallelen Strängen den Klumpen MS II, überstreicht die Sculptor-Galaxiengruppe und erreicht über das Sternbild Cetus den nördlichen Sternenhimmel. Sich verbreiternd endet der MS in weit auseinanderliegenden Verzweigungen, eine davon
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1 Struktur und Lage des Magellanschen Stroms [3]

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zielt in Richtung Andromeda. Optisch ist der MS nicht nachweisbar (neutrales Gas).
Zwischen LMC und SMC besteht eine massereiche HI-Brücke. Bevor dort der MS ansetzt, weitet sich diese Brücke nördlich der SMC in eine breite, diffuse Zone aus. Vom Ostbereich der LMC ausgehend, läuft ein wenig ausgeprägter, stark zerrissener Wasserstoffarm durch die Sternbilder Octans und Chamaeleon bogenförmig am Himmelssüdpol vorbei. Durch den Osten des Sternbildes Musca dreht er nach Norden ab, Richtung Milchstraße im südlichen Centaurus. Dieser Arm wird als vorangehender Gezeitenarm des MS angesehen (,,leading arm", LA). Neue Arbeiten zeigen, dass der MS länger ist als vermutet. Den LA eingeschlossen, geht man heute von 200 Grad Länge aus [4].
Bislang glaubte man, die Magellanschen Wolken seien gemeinsam mit der Milchstraße im ,,Big Bang" entstanden und würden seitdem ihre Muttergalaxie umrunden. Diese Vorstellung bereitet den Astrophysikern aber zunehmend Probleme. In den letzten Jahren entstanden völlig neue Ideen, gestützt durch Simulationen zur Lage und Bewegung aller möglichen beteiligten Galaxien. Inzwischen sieht man die Magellanschen Wolken im Kontext mit der Lokalen Galaxiengruppe.
Eine der neuen Idee besagt, dass LMC und SMC vor vielen Milliarden Jahren aus der Umgebung des Andromedanebels kamen [5]. Bahnsimulationen deuten an, dass auch der Zwerg Leo I eine solche Reise hinter sich hat. Die bisherige Vorstellung war, der MS sei durch die Wechselwirkung zwischen LMC, SMC und Milchstraße entstanden. Die Magellanschen Wolken würden die Milchstraße innerhalb von ein bis zwei Milliarden Jahren elliptisch umlaufen und dabei immer wieder ihren Halo durchstoßen. Der dabei entstehende Staudruck würde den irregulären Zwerggalaxien Gas entreißen (engl. ,,ram pressure stripping") und so den Magellanschen Strom formen. Das alles ist jetzt hinfällig: Mit dem Hubble Space Telescope wurden die Eigenbewegungen der Magellanschen Wolken präzise vermessen. Neu entwickelte Simulationen zeigen für beide Zwerge

2 Reisemontierung mit zwei Mittelformatkameras in der Atacama-Wüste/Chile.
Die Nachführung erfolgt über ein Fadenkreuzokular und auf dem Boden sitzend.

zwei Möglichkeiten: a) Sie umrunden die Milchstraße auf einer sehr langgestreckten Ellipse mit sechs Milliarden Jahren Umlaufdauer, b) sie fallen erstmals ins Milchstraßensystem ein [6]. Die zweite Version erscheint wahrscheinlicher [7]. Der Status von LMC und SMC als Milchstraßenbegleiter wankt also heftig, es dürfte sich eher um bisher ,,einmalige Besucher" handeln. Ist aber die kurze Umlaufszeit der Magellanschen Wolken nicht haltbar, so kann der MS auch kein Wechselwirkungsprodukt mit der Milchstraße sein. Er könnte bereits zu sehr frühen Zeiten entstanden sein - durch Wechselwirkung mit den jungen Galaxien, die damals noch viel dichter standen. Diese spekulative Idee vertreten P. Peebles und R. Tully aufgrund von Simulationen der Bewegungen von Milchstraße und M 31 [8].
Viel eleganter ist aber die Vorstellung, dass LMC und SMC selbst miteinander wechselwirken. Untrügliche Anzeichen: Die LMC ist verbogen (,,gewarpt"), zudem besteht die SMC aus zwei Teilen, die von uns aus gesehen etwa 100.000 Lichtjahre hintereinanderliegen. Verursacher könnte eine Kollision vor 400 Millionen Jahren gewesen sein [9]. Eine Studie aus dem Jahr 2012 beweist eine sehr dynamische Situation. Im Randbereich der

Magellanschen Wolken, in der Brücke zwischen beiden und in Teilen des MS (7900 Quadratgrad!) fand man 567 OBSterne [10]. Sie gehören aufgrund ihrer Radialgeschwindigkeit eindeutig zum Magellanschen System. Hier hat also erst kürzlich noch Sternentstehung stattgefunden! Zwei Jahre später fand man auch neu entstandene Sterne im ,,leading arm". Folgerung: Das Gas im Magellanschen System stammt aus der SMC. Vor zwei Milliarden Jahren kam es zu einer ersten Begegnung zwischen LMC und SMC, vor etwa 200 Millionen Jahren dann zu einer zweiten.
Bildaufnahme Bereits 1999 publizierten wir einen Artikel über die schwachen Nebel um die LMC [11]. Jetzt greifen wir 13 bzw. acht Jahre zurück ins Archiv, wenn wir neues Material zum Thema vorstellen - wobei das ,,neu" sich auf die Bildbearbeitung bezieht. Beide Aufnahmen wurden nicht mit einer CCD-Kamera aufgenommen. Für Abb. 3 a,b wurde eine DSLR-Kamera mit CMOS-Chip verwendet, für Abb. 4 a,b Mittelformatfilm. Die Bilder entstanden zur oberen Kulmination dieser Galaxie bei der größtmöglichen Höhe von etwa 45 Grad (Luftmasse 1,4). Die Belichtungen erfolgten unter dem dunklen und transparenten Himmel in Namibia und Chile,
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3a LMC, SMC und Milchstraße am 9. Februar 2008. Zweifach-
sandwich, belichtet je 180 Sekunden durch Zoomobjektiv Tamron 28-75 mm bei f = 28 mm, Blende 2,8 und 1600 ISO mit Canon 5D DSLR. Bildautoren: Stefan Binnewies, Rainer Sparenberg. Aufnahmeort: Cerro Armazones in Chile.

3b Wie Abb. 3a, nur Graukanal, invertiert und deutlich
kontrastgesteigert

beide Beobachtungsorte liegen in über 2000 Metern Höhe. Nachgeführt wurden die Kameras noch ganz klassisch am Fadenkreuzokular eines kleinen Leitrefraktors auf einer Super-Polaris-DX-Montierung (Abb. 2).
Bildbearbeitung und Auswertung Abbildung 3a ist ein Sandwich aus zwei Einzelaufnahmen, entstanden bei offener Blende und geebnet durch ein künstliches Flatfield. Kalibriert wurde das Bild auf ein neutrales Schwarzgrau der Vordergrundhügel. Anschließend erfolgte in Adobe Photoshop CC eine mehrmalige Anhebung von Kontrast und Sättigung. Sehr viele kleine Schritte erlauben dabei eine bessere Farbkontrolle und ergeben ein deutlich rauschärmeres Ergebnis, als wenn die Regler einfach nur bis zum Anschlag verschoben würden. Wir sehen bereits schwache rotbräunliche Nebelschwaden unterhalb der dominierenden
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Milchstraße. Rechts oben gehen diese Nebel ab Höhe des hellen Sterns Canopus in die südlichen Ausläufer des GumNebels über. In diese Nebelschwaden eingebettet erscheinen die beiden Magellanschen Wolken. Abbildung 3b entstand aus Abbildung 3a - ein Schwarzweißbild, invertiert und nochmal deutlich kontrastgesteigert.
Jetzt kommen die Nebel unterhalb der Milchstraße als teils flächige, teils filamentförmige graue Schwaden zur Geltung, vor allem links und zwischen den Magellanschen Wolken. Dabei erstrecken sie sich von 30 Grad bis 50 Grad südlich des galaktischen Äquators entlang der Milchstraße. Das genau ist der Bereich außerhalb der nur wenige hundert Lichtjahre dicken Scheibe unserer Galaxis - und die Heimat stark verdünnter Staubund Molekülwolken, die als galaktischer Cirrus bekannt sind und das Licht der

gelblichen Sterne (Population II) aus dem Zentrum der Milchstraße reflektieren. Eine Abgrenzung dieser Nebel zum Magellanschen Strom, zu Gezeitenschweifen oder auch zu einem weit ausgedehnten Galaxienhalo (insbesondere der LMC) erscheint nicht möglich.
Nun kommt aber Abbildung 4a mit besserer Auflösung, vor allem aber mit einer höheren Farb-/Bit-Tiefe (16 bit gegenüber 12 bit bei Abb. 3). Einzig die Erstellung eines künstlichen Flatfields gestaltete sich hier schwieriger. Die invertierte und leicht kontrastgesteigerte Version zeigt als Schwarzweißbild die Nebel in der LMC-Umgebung recht deutlich (Abb. 4b). Um hier besser zwischen Staub und Sternen zu differenzieren, haben wir das Original in den R-, G- und B-Kanal aufgetrennt und zeigen links den Rotauszug, rechts den Blauauszug. Zunächst fallen die dickeren Sterne (schlechtere Abbil-

dungsqualität) im Rotkanal auf - ein bekanntes Problem des verwendeten Pentax-Mittelformatobjektivs. Auch ist der Zentralteil der LMC im Roten deutlich stärker geschwärzt als im Blauen - was wegen der gelben Population-II-Sterne im Zentrum der LMC zu erwarten ist. Im Blaukanal erscheint der Galaxienhalo unauffälliger, die Wasserstoff-Emissionsnebel und vor allem die sie anregenden weißblauen OB-Sternassoziationen kommen aber besser als im Roten zur Geltung. Sie demonstrieren klar die hohe Sternbildungsaktivität unserer Nachbargalaxie. Über die filamentartigen Nebel südlich der LMC können wir wenig sagen, nur, dass sie etwas mehr im Roten als im Blauen leuchten. Das und ihre mäandrierende Form passt deutlich besser zum Galaktischen Cirrus als zu einem Gezeitenschweif oder auch zum Galaxienhalo der LMC.
4a Die LMC mit Umfeld, 4. September
2003, Amani Lodge in Namibia. ISO400-Rollfilm und Pentax-6x7-Kamera sowie Pentaxobjektiv 1:2,8/165 mm bei Blende 4,0. Belichtungszeit 30 min. Bildautor: Stefan Binnewies.

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4b Wie Abbildung 4a, links der invertierte Rot-Kanal, rechts der invertierte Blau-Kanal.

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Nun ist die Farbtrennschärfe einer Fotoemulsion (Ektachrome Pro Gold 400) nicht vergleichbar mit der eines fotometrisch kalibrierten Filtersatzes (z. B. UBVR-Filter), weshalb wir unsere Aussage, die zudem konträr zu unserem Artikel [11] ist, noch nicht als letztes Wort verstehen wollen. Weitwinklige CCD-Aufnahmen durch fotometrisch sinnvolle Filter sind aber im Rahmen der nächsten Südhimmelstour geplant. Auch wollen wir das Feld um die beiden Magellanschen Wolken noch weiter ausdehnen und uns insbesondere die Kleine Magellansche Wolke mit 80 bis 200 Millimetern Brennweite vornehmen.
Literaturhinweise: [1] R. X. McGee, J. A. Milton (1966):
,,21 cm hydrogen-line survey of the Large Magellanic Cloud. II. Distribution and motions of neutral hydrogen"; Australian Journal of Physics 19, 343

[2] J. V. Hindman (1967): ,,A high resolution study of the distribution and motions of neutral hydrogen in the Small Cloud of Magellan"; Australian Journal of Physics 20, 147-171
[3] D. S. Mathewson, V. L. Ford (1984): ,,H I surveys of the Magellanic System"; in: Structure and evolution of the Magellanic Clouds; Proc. Sympos. Tübingen, West Germany, Sept. 1983, 125-136. Reidel Publishing Co., Dordrecht
[4] D. L. Nidever et al. (2010): ,,The 200 Grad long Magellanic Stream system"; Astrophys. Journal 723, 1618-1631
[5] G. Byrd et al. (1994): ,,Orbits of the Magellanic Clouds and Leo I in local group history"; Astronom. Journal 107, 2055
[6] G. Besla et al. (2010): ,,Simulations of the Magellanic Stream in a first Infall Scenario"; Astrophys. Journal

Letters 721, L97-L101 [7] G. Besla et al. (2012): ,,The role
of dwarf galaxy interactions in shaping the Magellanic System and implications for Magellanic Irregulars"; Mon. Not. R. Astron. Soc. 421, 2109-2138 [8] P. J. E. Peebles, R. B. Tully (2013): ,,A primeval Magellanic stream and others"; Astrophys. Journal 778, 137 [9] D. S. Mathewson et al. (1987): ,,The ,high velocity cloud` origin of the Magellanic system"; Proc. Astron. Soc. Australia 7, 19-25 [10] D. I. Casetti-Dinescu et al. (2014): ,,Recent Star Formation in the Leading Arm of the Magellanic Stream"; arXiv:1403.0517v1 [astro-ph.GA] 3 Mar 2014 [11] P. Riepe et al. (1999): ,,Ein tiefer Blick zur Großen Magellanschen Wolke", Sterne u. Weltraum 38, Nr. 9, 796

Zeichnungen von Objekten des Südhimmels
von Mathias Sawo
Im Juni 2015 hatte ich die Gelegenheit, auf der Farm Tivoli in Namibia, den Südhimmel visuell zu beobachten. Ich zeige hier Beobachtungen aus der Zeit zwischen dem 9. und 23. Juni mit einem Dobson-Teleskop 300 mm/1250 mm (ICS). Die Zeichnungen der beiden Magellanschen Wolken sind nach Beobachtungen mit einem Fernglas (Leica 8x42 Ultravid) angefertigt. Alle Angaben zu Objekten, Vergrößerung und Filtern stehen in den Zeichnungen selbst. Ich finde, die Zeichnungen sind aussagekräftig genug, um sie hier einmal zu präsentieren. Schließlich konnte ich einige Highlights des Südsternhimmels ,,einfangen".
Anmerkung der Redaktion: Es ist völlig richtig vom Autor, seine Eindrücke im Bild festzuhalten. Visuelle Beobachtungen haben ihren eigenen Charakter! Dabei geht es nicht um einen Realitätsvergleich von Zeichnung und Aufnahme. Eine langbelichtete Farbaufnahme gaukelt vor, dass selbst entfernte Galaxien hell, farbig und greifbar nahe sind. Gerade wegen ihrer bildbearbeiterischen Perfektion kann keine Aufnahme den diffusen Anblick wiedergeben, den der Beobachter bei entfernten, lichtschwachen Objekten am Okular empfindet. Auch sollte die Lage der Sterne im Bild nicht unbedingt ein Qualitätskriterium für Zeichnungen generell sein. Nehmen wir einfach zur Kenntnis, was Mathias Sawo uns vermitteln möchte.
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N O
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Rückkehr nach Tivoli
von Gorden Konieczek und Endriko Siegismund

Nach unserer ersten Reise im Juni 2009 sollte es im Mai 2014 erneut nach Namibia gehen. Seit 2009 hatte uns das Tivoli-Fieber nie wirklich verlassen, zu eindringlich und überwältigend waren die Eindrücke von damals. Nicht vergessen konnten wir auch unsere erste Nacht unter dem Himmel Namibias: Der Anblick der Schatten, den unsere Körper im Sternenlicht warfen, hatte sich unauslöschlich in unseren Köpfen eingebrannt. Damals noch recht unerfahren in der Astrofotografie starteten wir Versuche, einige Objekte, die den Sternenhimmel im Süden so einzigartig machen, ohne Guiding zu fotografieren. Obwohl wir unsere Ergebnisse damals als ,,ganz brauchbar" empfanden, ergab sich aus der nachträglichen Betrachtung der Bilder und angesichts der inzwischen gewachsenen Erfahrung die dringende Notwendigkeit, erneut nach Tivoli zu fahren, ,,um

es besser zu machen". Auch technisch waren wir inzwischen besser gerüstet. Neben zwei von CentralDS modifizierten, gekühlten EOS 60D waren auch zwei MGEN für Kamerasteuerung und Autoguiding im Gepäck. Nichts wollten wir dem Zufall überlassen. Mitgenommen wurden alle möglichen Adapter, Schienen, ein Canon-Feldstecher 10x42 mit Bildstabilisator für die Beobachtung zwischendurch, ein Refraktor 72/420 Millimeter als Leitrohr und ein Apochromat 107/700 Millimeter für alle Fälle. Ein Laptop und diverse Objektive, (u. a. ein Canon-L-Objektiv, 100-400 Millimeter, und ein Weitwinkelobjektiv Canon, 1022 Millimeter) ergänzten unsere Ausstattung. Von den Schienen wurde eine in Johannesburg jedoch als Bedrohung für die zivile Luftfahrt identifiziert und erreichte Tivoli daher nicht.

Wären die Schwierigkeiten bei der Anreise ein Maß für den Erfolg einer ganzen Reise, so könnte man unsere zweite Reise nach Tivoli allein deshalb als großen Erfolg bezeichnen. Ausgelöst durch ein kleines technisches Problem verspätete sich unser Abflug in Tegel, der Anschlussflug nach Johannesburg war weg.
Es folgte eine Übernachtung in London, eine problemlose (so dachten wir zunächst) Umbuchung unserer Flüge, eine mehrstündige Diskussion mit gelangweiltem Flughafenpersonal in Johannesburg und schließlich unsere um 24 Stunden verzögerte Ankunft in Windhoek. In den folgenden Tagen hatten wir Gelegenheit, einige Eindrücke im Land zu sammeln und die Richtigkeit folgender landestypischen Regeln am eigenen Leibe zu überprüfen:

1 Nebel um Bernes 157, TMB 80/480 mm, gekühlte Canon EOS 60D (hier und für alle folgenden Aufnahmen), Belichtung 14 x 600 s,
ISO 500, Kamerakühlung -16 Grad C
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Regel Nummer 1: Fahre niemals nachts. Regel Nummer 2: 200 Kilometer in Namibia sind gefühlt viel weiter als 200 Kilometer in Deutschland. Regel Nummer 3: Die Annahme, mit einem normalen Straßenauto käme man in Namibia überall hin, ist falsch.
Alle Strapazen sind jedoch vergessen, kommt man schließlich auf Tivoli an. Der Empfang durch das Farmerehepaar Kirsten und Reinhold Schreiber ist herzlich, ja familiär. Obwohl wir fünf Jahre nicht dort waren, wurden wir empfangen, als wäre inzwischen keine Zeit vergangen. Und so fühlten wir uns von der ersten Minute an wie zu Hause. Wie schon bei unserem ersten Aufenthalt bezogen wir
2 Rechts: IC 2948 um Centauri, TMB
80/480 mm, Belichtung 20 x 600 s, ISO 500, Kamerakühlung -15 Grad C
3 Unten: Trifidnebel M 20, Starfire
127/1040 mm, Belichtung 12 x 720 s, ISO 500, Kamerakühlung -12 Grad C
4 Rechts unten: Omeganebel M 17,
Starfire 127/1040 mm, Belichtung 16 x 600 s, ISO 500, Kamerakühlung -12 Grad C

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5 Katzenpfotennebel NGC 6334, Starfire 127/1040 mm, Belichtung 10 x 720 s, ISO 500, Kamerakühlung -12 Grad C
6 Gebiet um Antares und Ophiuchi, Canon EF 100-400 1:4,5-5,6 L IS USM (f = 135 mm und Blende 6,3),
Belichtung 15 x 900 s, ISO 500, Kamerakühlung -12 Grad C VdS-Journal Nr. 57

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7 Eta-Carinae-Nebel NGC 3372, Starfire 127/1040 mm, Belichtung 18 x 600 s, ISO 500, Kamerakühlung -8 Grad C

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8 Adlernebel M 16, Starfire 127/1040 mm, Belichtung 11 x 900 s, ISO 500, Kamerakühlung -8 Grad C

die Sternwarte Ost ,,Käthe Schäfer", ausgestattet mit einer Astrophysics-Montierung GTO 1200, einem 5-Zoll-Refraktor (Starfire) mit 1040 Millimetern Brennweite und einem TMB-Apochromaten 80/480 Millimeter. Reinhold flitzte mit seinem Mountainbike von Sternwarte zu Sternwarte, um Anfangsproblemchen zu lösen, Tipps zu geben und auch sonst sicherzustellen, dass es an nichts fehlte.
Die Tivoli-Gäste dieser Woche bestanden aus sieben deutschen und einem britischen Astronomen, dazu zwei mitgereisten Ehegatten. Diese Besetzung erwies sich schnell als ziemlich ,,coole Truppe" und es kam zu einem intensiven Austausch von Erfahrungen. Gegenseitige nächtliche Besuche waren ebenso selbstverständlich, wie der Tausch von Sternwarten und Teleskopen. Es machte einfach Spaß, mit diesen Leuten zu klönen, dabei immer einen leicht anderen Blick auf unser Hobby zu werfen, das jeder ein kleines bisschen anders betreibt. Das alles wurde auf eine wunderbar unaufdringliche und doch enthusiastische Weise von Kirsten und Reinhold zusammengehalten, die es sich nie nehmen ließen, mit uns zu essen. Und weil wir gerade beim Essen sind: Abgesehen davon, dass es ein besonderes Erlebnis ist, unter freiem Himmel in Vorfreude auf eine be-
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vorstehende Astronacht zu speisen, war auch das Essen selbst ganz hervorragend.
Es gab einen detailliert ausgearbeiteten Plan, welches Objekt wann in welcher Nacht fotografiert werden sollte. Dabei nutzten wir die erste Nacht als ,,Trainingsnacht". Jedes Objekt sollte jeweils mit zwei Brennweiten abgelichtet werden. Je Nacht hatten wir uns zwei Objekte vorgenommen. Eines für die erste Nachthälfte und eines für die zweite.

Zu Hause hätten wir jedem Objekt wohl mehr Belichtungszeit gewidmet, hier rechneten wir jedoch mit so guten Bedingungen, dass wir die Zeit pro Objekt verkürzen zu können glaubten. So viele Objekte und so wenig Zeit. Rückblickend betrachtet, hätte etwas weniger Eile auch nicht geschadet.
In der ersten Nacht trug die Montierung den TMB 80/480 Millimeter neben dem Starfire. Je ein MGEN steuerte eine Ka-

9 Auf 23 Grad südlicher Breite ragt die Zodiakallichtpyramide senkrecht in den Himmel.

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10 Die Milchstraße über der Savanne - unglaublich stimmungsvoll
mera, einer davon übernahm zusätzlich die Nachführung. Wegen der unterschiedlichen Auslösezeiten beider Kameras konnte kein Dithering verwendet werden. Nach dieser Nacht waren zwei Dinge klar: Wir würden den TMB nicht weiter verwenden, denn der Okularauszug schien uns etwas wackelig zu sein. Stattdessen wurde das Canon-Teleobjektiv montiert. Zweite Lehre der ersten Nacht: Da die Temperatur im Verlauf der Nacht stark sinkt, ist es unbedingt notwendig, während der Belichtung den Fokus zu überprüfen. Trotzdem erschienen uns die Rohdaten gut genug, um sie weiter zu bearbeiten. Abb. 1 und 2 zeigen die Ergebnisse der ersten Nacht.
Ab der zweiten Nacht (Abb. 3 - 8) setzten wir das Programm ,,BackYard EOS" zur Steuerung einer der Kameras ein - eine große Erleichterung und Verbesserung. Es erlaubt eine leichtere Beurteilung der Aufnahmen sofort nach der Belichtung (auf dem kleinen Display der Kamera sehen die meisten Bilder gut aus) und bietet eine Vielzahl nützlicher Funktionen, die den Amateur bei der Fokussierung und Auswahl des Bildausschnitts unterstützen. Uns begeisterten die neuen Möglichkeiten dieser Software und sie sei jedem Canon-Astrofotografen sehr empfohlen. Wie man liest, wird es auch eine Nikon-Version geben.
Während die programmierten Belichtungsreihen automatisch abliefen, blieb uns ausreichend Zeit, mit Stativ und mit dem Weitwinkel über das Farmgelände zu streifen, um Weitwinkel- und Strichspuraufnahmen zu machen. Und die Milchstraße zusammen mit den berühmten Tivoli-Palmen abzulichten (wie wahrscheinlich jeder andere Besucher zuvor), das Zodiakallicht zu fotografieren, mit dem Fernglas in die Milchstraße einzutauchen oder einfach bei den Nachbarn auf einen Schwatz vorbeizuschauen, um einen Trick abzulauschen, einen Tipp zu geben oder einfach bei Uwe und Andreas durch den 25-Zöller zu schauen.
Wie dichtete Rilke so schön? ,,Oh gäb`s doch Sterne, die nicht bleichen, wenn der Morgen schon den Ost besäumt ..." Auch in Namibia ist die Nacht irgendwann einmal zu Ende, und gerade die Minuten zwischen Nacht und Tag gehören zu den schönsten Erinnerungen an unseren Aufenthalt: Die Stimmung, das Licht, die Farben des Himmels, das Licht der Venus, das hier direkt am Horizont eingeschaltet wird ... all das lässt sich schlecht mit Worten beschreiben. Vielleicht vermitteln die Abbildungen 9 und 10 (sie entstanden so ganz nebenbei ...), einen kleinen Eindruck der Stimmung. Unser morgendlicher Weg von der Sternwarte zur Unterkunft geriet zum Ritual, die Kamera tat, worauf sie programmiert war und wir standen mit offenen Mündern daneben. Morgen für Morgen.
Irgendjemand hat uns gesagt: ,,Was ist das schon? In Namibia kann jeder gute Astro-Bilder machen. Eine Herausforderung ist es, gute Bilder zu Hause zu machen." Da mag was dran sein. Aber jeder, der mal da war, wird bestätigen können: Es ist so viel mehr, das einen bewegt wenn man dort ist, es geht nicht nur um Astro-Bilder. Für uns jedenfalls steht fest: Wir waren nicht zum letzten Mal da.

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Amateurteleskope / Selbstbau

Die Entstehungsgeschichte Faltrefraktors
von Wolfgang Sorgenfrey und Hubert Hermelingmeier
Ein Faltrefraktor ist eine Sonderform des Linsenfernrohrs. In den 1960er- und 1980er-Jahren haben die Verfasser diese Teleskope selbst gebaut und viele Jahre damit beobachtet. Außer dem klassischen C8 (200-mm-Schmidt-Cassegrain) von Celestron gab es seinerzeit kaum größere, bezahlbare Teleskope am Markt. Die Zahl der Anbieter hielt sich in Grenzen und das Massengeschäft im globalisierten Markt war noch nicht etabliert. Aus dieser Situation heraus entstand sicherlich der Faltrefraktor. Die Güte eines einfachen, relativ kostengünstigen zweilinsigen Objektivs verlangte nach großen Öffnungszahlen, um die chromatische Aberration in Grenzen zu halten. Dadurch wurden die Teleskope bei größeren Öffnungen sehr lang. Der extremste Fall, in dem dieser Sachverhalt deutlich wurde, ist das Luftfernrohr von Hevel, das bei einer Länge von 45 m an einem Mast aus dem Schiffsbau aufgehängt war [1].

des

Ein größerer Amateurrefraktor mit 150 mm Öffnung und einem Öffnungsverhältnis von 1:15 hat in der gestreckten Form eine Länge von ca. 2,3 m. Die Länge des Teleskops bedingt eine hohe Säule, die wiederum schwingungsempfindlicher ist. Außerdem ist der Okularauszug nicht immer einfach zu erreichen.
Der Strahlengang des Faltrefraktors wird meist über einen oder zwei Planspiegel umgelenkt. Das Teleskop wird quasi gefaltet. Die diversen Faltvarianten werden dabei oft nach ihren Konstrukteuren oder nach dem äußeren Erscheinungsbild des Teleskops benannt. So erinnert der Fagott-Refraktor (einfache Faltung) an die geknickte Bauweise des gleichnamigen Musikinstrumentes und der Newton-Refraktor (zweifache Faltung) wegen seines Okulareinblicks an das Spiegelteleskop nach Newton.
Ein Refraktor ist besonders gut für die Objekte unseres Sonnensystems und Doppelsterne geeignet, weil der Strahlengang nicht wie beim Spiegelteleskop durch einen obstruierenden Umlenkspiegel gestört wird. Die Faltrefraktoren
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1 Sorgenfrey-Nemec-Refraktor FH-150 mm/3.000 mm; umgebautes Nachfolge-Instrument
seines ursprünglichen Schaer-Refraktors mit Lichtenknecker-Optik (Foto: W. Sorgenfrey)

erhalten somit die Vorteile der guten Abbildung und eliminieren die Nachteile der großen Baulänge. Verschiedene zweifach gefaltete Refraktoren sind u. a. die von E. Schaer, Ainslie und G. Nemec, wobei zwischen den beiden zuletzt genannten kleinere Modifikationen in der Strahlenführung die schnelle Typenbestimmung oftmals erschweren. So führte Ainslie den Strahlengang seiner NewtonVariante nach der zweiten Spiegelung an dem einfallenden Strahlengang seitlich vorbei. Vorteilhaft ist diese Strahlenführung vielleicht bei der Sonnenbeobachtung, da der warme Strahl seitlich vorbeigeführt wird.
Bei den Nemec-Refraktoren kreuzen sich die Strahlenkegel, weil der zweite Spiegel den Strahl im Winkel von ca. 90 Grad in Objektivnähe durch den Tubus lenkt. Da-

2 Dr. Per Darnell (Kopenhagen) mit
seinem Eigenbau-Ainslie-Faltrefraktor, vermutlich FH-150mm/2.250 mm (Foto: W. Sorgenfrey)

Amateurteleskope / Selbstbau

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3 Günter Nemec an seinem legendären FH-Faltrefraktor
200 mm/4.000 mm mit Lichtenknecker-Optik (Foto: H. Bernhard)

4 Der Fagott-Faltrefraktor 150 mm/3.000 mm von Jan
Fremerey in offener Bauweise mit D&G-Optik (Foto: J. Fremerey)

bei könnte es theoretisch zu thermischen Bildstörungen kommen, die jedoch W. Sorgenfrey bei seinem Instrument nicht zuverlässig nachweisen konnte. Diese beiden Newton-Varianten werden hier nunmehr als Ainslie- oder als NemecRefraktor bezeichnet. Der dänische Tierarzt Dr. Per Darnell mit seinem ,,Ainslie" war allerdings aufgrund seiner Bekanntschaft mit W. Sorgenfrey unbewusst der Wegbereiter für eine Verbreitung der hier besprochenen Bautypen in Deutschland. Jan Fremereys Faltrefraktoren entstanden in Anlehnung an H. E. Paul (USA), doch er wählte im Gegensatz dazu eine offene Bauweise und reduzierte dadurch Gewicht und die Dauer der Temperaturanpassung. Bei weiteren Faltkonstruktionen, bei denen der Fernrohrfokus ortsfest in die Montierung gelegt ist, handelt es sich um Spezialkonstruktionen, die bei Amateurastronomen sehr selten vorkommen. Okularzenitprismen oder -spiegel gehen bei der Klassifizierung dieser Bau-

weisen nicht mit ein, sondern sind Zubehörteile für alle Fernrohrtypen.
Der Schweizer Optiker und Astronom Emile Schaer (1862-1931) aus Genf hat mehrere Schaer-Refraktoren gebaut. Mit

einem dieser Teleskope von 25 cm Öffnung beobachtete er 1931 am NicolausCopernicus-Observatorium in Warschau. 1966 erschien zur VdS-Tagung in München eine Bauanleitung von Wolfgang Sorgenfrey, die in dem Buch Refraktor-
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Amateurteleskope / Selbstbau

5 Schaer-Refraktor 150 mm/2.300 mm, gebaut von Hubert Hermelingmeier;
das Teleskop ist seit 1985 das Hauptinstrument in seiner Privatsternwarte (Foto: H. Hermelingmeier)

Selbstbau von G. D. Roth, (Kapitel: ,,Bau eines 150 mm / 3.000 mm-Schaer-Refraktors") veröffentlicht wurde. Dieses Buch und die Absprachen von G. Nemec mit D. Lichtenknecker (Lichtenknecker Optics A. G., Hasselt, Belgien), welcher die entsprechenden Optiksets in die Produktion aufnahm, haben deutlich zur Verbreitung dieses Teleskoptyps beigetragen [2]. Vom Fagott-Refraktor in seiner vermutlichen Urform existiert ein Aufsatz in der Zeitschrift ,,Sterne und Weltraum" 7/1964. Er besitzt wie oben erwähnt nur einen Planspiegel zur Umlenkung und ist dadurch am preiswertesten. Um einen bequemeren Einblick zu erhalten, sollte man mit einem zusätzlichen Zenitprisma/-spiegel beobachten.
Nemec, Sorgenfrey, Treutner und Unkel wurden in den 1960er- bis Ende der 1970er-Jahre durch damals hochwertige Astrofotos mit ihren Faltrefraktoren bekannt, bei dem der zweite Spiegel im Gegensatz zum Fagott-Refraktor so eingebaut war, dass der Strahlenkegel in der Nähe des Objektivs wie bei einem Newton seitlich aus dem Tubus austritt. Die Astrofoto-Legende Günther Nemec aus München mit dem nunmehr schon historischen FH 200 mm / 4.000 mm-,,Nemec"Refraktor (Lichtenknecker-Optik) war damals mit seinen Fotos weltweit unschlagbar. Dieser Bekanntheitsgrad führte dazu, dass sich vielerorts die treffen-
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dere Bezeichnung ,,Nemec-Refraktor" durchsetzte. Neuere Bildbeispiele vom Mond zeigt W. Sorgenfrey auf seiner Homepage [3], die er mit seinem 150 mm/ 3.000 mm-Faltrefraktor gewonnen hat.
Faltrefraktoren werden heute im Wesentlichen als Selbstbaugeräte von Amateurastronomen und einigen Volkssternwarten eingesetzt. Die Fa. Wachter bot in den 1970er- und 1980er-Jahren einen Schaer-Refraktor aus industrieller Serienfertigung an. Es handelte sich um einen FH 75 mm / 1.200 mm des japanischen Herstellers Unitron (siehe SuW 7/1978). Es folgten eigene Konstruktionen bis 230 mm Öffnung [4, 5, 7]. W. Paech konstruierte und fertigte einige SchaerRefraktoren mit Lichtenknecker-Optik, wobei eine kleine Stückzahl der 20-cmVariante an die Firma Baader Planetarium ging [6]. Im deutschsprachigen Raum sind bis heute ca. 30 Teleskope dieser Art im Gebrauch. Aber auch in den USA und Japan sind einige Geräte von Amateurastronomen gebaut worden, wie eine Internetrecherche in den Jahren 2010 bis 2012 ergab. Viele Bildbeispiele mit Textbeschreibungen zu den Instrumenten siehe unter [4] und [5].
Resümee Die Autoren erfreuen sich immer wieder an der soliden Qualität ihrer langbrennweitigen FH-Optiken aus vergangenen

Zeiten - wohlwissend, dass die meisten Amateurastronomen größere Instrumente bevorzugen und damit ihrerseits tiefer in den Kosmos blicken können. Die auf meist 15 bis 20 cm beschränkte Objektivgröße eines Fraunhofers ist natürlich nicht spektakulär, passt sich aber recht gut unseren meist schlechteren Seeingbedingungen an als die größeren Optiken. Der Anblick eines Doppelsterns ist genussvoll wie im Lehrbuch. Sonne, Mond und Planeten sind visuell beim Öffnungsverhältnis von 1:20 nahezu farbrein. Lediglich Astrofotografen haben gewisse Einschränkungen. Hier schlägt bei besonders hellen Objekten das sekundäre Spektrum etwas durch und verlangt den Einsatz von schwachen Korrekturfiltern. Schwarzweißaufnahmen fallen dann am besten aus (Sonne und Mond). Planeten in Farbe, vor allem Jupiter, haben eine andere Farbwiedergabe als gewohnt und sind auch bei der Bildbearbeitung kaum richtig korrigierbar. Zu Zeiten, als Altmeister Günther Nemec fotografierte, war Farbe aber noch kein Thema. Für diese Aufgaben verwendet man heute also vorwiegend Spiegeloptiken.
Literaturhinweise und Web-Links: [1] R. Riekher, 1990: ,,Fernrohre und
ihre Meister", VEB Verlag Technik Berlin, 2. Auflage [2] www.privatsternwarte.net/ => Tipps => Literaturtipps [3] www.sorgenfreyfotografien.de/ Mond/ [4] www.sorgenfreyfotografien.de/infos/ Faltrefraktoren.pdf [5] www.privatsternwarte.net/ Faltrefraktoren.pdf [6] W. Paech, Th. Baader, 1998: ,,Tipps und Tricks für Sternfreunde", Verlag Sterne und Weltraum [7] www.astrotech-hannover.de/ amateurteleskope/downloads/ wachter.pdf [8] G. D. Roth, 1998: ,,Planeten beobachten", Verlag Sterne und Weltraum [9] G. D. Roth, 1981: ,,Handbuch der Sternfreunde", Springer Verlag, 3. Auflage

Amateurteleskope / Selbstbau

63

Selbstbau eines TriplettApochromaten
von Thorsten Zilch

Auf der Hückelhovener Astronomiemesse im Herbst 2006 lag an einem Verkaufsstand ein gefasstes einzelnes Objektiv. Ich nahm es in die Hand und ließ das Licht der großen Turnhallendeckenbeleuchtung hindurch auf den Boden fallen. Die Abbildung war sehr naturgetreu, ohne Farbstiche, Bildfeldverzerrungen oder sonstige Auffälligkeiten. Auf der Objektivfassung stand unter anderem ,,Triplet-APO".
Nach dem Messebesuch beschäftigte ich mich auf meiner Heimfahrt neben dem Autofahren vermehrt mit dem Gedanken, ob ich mir nicht einmal versuchsweise als ,,Projekt für Regentage" ein Teleskop bauen sollte. Der Gedanke reifte immer mehr, und so habe ich ein halbes Jahr später den Händler kontaktiert, ob dieses Objektiv noch zu haben sei, und ob er es mit zum ATT nach Essen bringen könnte. Ich hatte Glück, das Objektiv war noch zu haben. Hierbei erfuhr ich auch, warum diese vereinzelten Objektive überhaupt angeboten wurden. Der Händler bekommt grundsätzlich mehr Objektive geliefert als bestellt. Im Falle von Reklamationen durch nicht bestandene Wareneingangsprüfungen kann er ohne

großen bürokratischen Aufwand sofort ein Ersatzobjektiv einsetzen. Die Konsequenz ist, dass nach einiger Zeit ein paar gute Objektive übrig sind, die der Bastler wunderbar nutzen kann. Ich hatte mir dann das Objektiv bestellt und war seit dem ATT im Frühjahr 2007 ein stolzer Besitzer eines Triplett-Apochromaten, mit dem ich vorerst allerdings noch nicht viel anfangen konnte.
Die Entwicklungsphase Mit Hilfe einer optischen Bank (Prismenschiene mit Skalierung) wurden zunächst die Fokuslagen im ,,Unendlichen" für alle vorliegenden Zubehörteile an einem weit entfernten Strommast bestimmt (Abb. 1). Unter Berücksichtigung des Okularauszugstellbereiches konnte ich ab einer zuvor definierten Kante des Objektivs die erforderliche Tubuslänge bestimmen. Im Unternehmen hatte ich durch meinen Vorgesetzten zudem die Möglichkeit bekommen, ein CAD-Programm während meiner Pausenzeiten zu nutzen. Mit dem CAD-Programm habe ich mir nach erfolgreicher Einarbeitung das komplette Teleskop zunächst als dreidimensionales Modell virtuell entwickelt. Hierzu zählte einerseits die Überführung von bereits

vorhandenen Zukaufteilen in ein Modell. Zum anderen mussten Einzelteile neu konstruiert werden.
Das Objektiv Das Objektiv hat einen freien Durchmesser von 80 mm und eine Brennweite von 560 mm. Die drei Linsen des Tripletts sind geschraubt gefügt. Es entstammte der SCOPOS-Modellreihe von TeleskopService.
Der Okularauszug Bei dem Okularauszug habe ich mich für ein Zukaufteil von Teleskop-Service entschieden. Er besitzt eine 10:1-Untersetzung, die als gleiche Modellreihe schon an meinem 12-Zoll-Newton erfolgreich zum Einsatz gekommen war. Zudem wäre die komplette Neuentwicklung einer solchen Fokussiereinheit zu aufwändig gewesen, warum sollte ich hier das Rad wieder neu erfinden?
Die Objektivhalterung An der Objektivhalterung habe ich etwas länger entwickelt, da ich unbedingt verhindern wollte, dass man zur Justierung des Objektivs Werkzeug von vorne in die Taukappe stecken muss. Hier hatte ich

1 Erster Test auf einer optischen Bank

2 Schnitt durch das CAD-Modell des virtuellen Teleskops
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Amateurteleskope / Selbstbau

3 Die Objektivhalterung nach der Bearbeitung

4 Fertiggestelltes Teleskop

Bedenken, dass man während der nächtlichen Justierung am Stern abrutscht, und sich dabei das Objektiv beschädigt. Das Ergebnis war eine Halterung, bei der man das Objektiv okularseitig mit jeweils drei Zug- und Druckschrauben einstellen kann. Hierdurch konnte auch der Durchmesser der Taukappe merkbar verkleinert werden, weil der sonst zusätzliche Platzbedarf für die Zug- und Druckschrauben neben dem Objektiv entfallen konnte.
Tubus, Taukappe und Sucherhalterung Ich habe mich letztlich trotz bekannter Temperaturausdehnungsproblematiken für Aluminium entschieden, da dieses Material leicht zu bearbeiten und bezahlbar war. Die Taukappe besitzt einen Durchmesser von 120 mm mit einer Wandstärke von 3 mm. Das Tubus-Rohr hat hingegen bei 90 mm Durchmesser nur 2 mm Wandstärke und ist nach Berücksichtigung aller Fokuslagen meines Zubehörs letztlich 335,5 mm lang geworden. Die Taukappe wird über eine ,,Filz-Passung" auf die Objektivhalterung aufgeschoben, während das Tubus-Rohr sowohl am Okularauszug als auch an der Objektivhalterung mit Schrauben fixiert wird. Ich hatte noch einen Sucher von der russischen INTES-Baureihe übrig. Eine entsprechende Sucherhalterung habe ich hierfür an meinem Maksutov. Diese wurde vom Prinzip her einfach kopiert, lediglich der Auflage-Radius der Sucherhalterung wurde entsprechend an den neuen Tubusdurchmesser angepasst.
Die Streulichtblenden Mit diesem Thema habe ich mich nach längerer Internetrecherche an Wolfgang Höhle (ist Fachgruppenmitglied bei Amateurteleskope/Selbstbau) gewandt, der in der Szene für seine Eigenbauten bekannt ist. Die Diskussion mit ihm
VdS-Journal Nr. 57

war sehr wertvoll. Sie veranlasste mich schließlich, Kegelblenden zu verwenden. Diese haben die wesentlichen Vorteile, dass sie einerseits leicht zu fertigen sind. Andererseits streuen sie durch die messerscharfen Kanten fast kein Licht. Weiterhin ist durch die objektivseitige Kegelform sichergestellt, dass vagabundierende Reflexionen in die Tubusinnenwand gelenkt werden und darin ,,totlaufen". An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an Wolfgang für die kompetente Beratung.
Die Kegelblenden (insgesamt 7 Stück) wurden schließlich so ausgelegt, dass ein Kleinbild-Negativ im Fokus vignettierungsfrei belichtet werden kann. Die Abstände der Blenden untereinander müssen dabei so dimensioniert sein, dass man (durch den Okularauszug Richtung Objektiv schauend) keine Tubus-Innenwand sehen darf. Je nach gewähltem Tubusdurchmesser ergibt sich somit eine bestimmte Anzahl von Blenden. Generell gilt, je größer der Tubusdurchmesser, desto weniger Blenden werden benötigt, an denen Streulicht generiert werden kann. Es war für mich aber auch eine Frage des persönlichen Geschmacks. Ich habe lieber ein paar Blenden mehr spendiert, damit der Refraktor am Ende nicht wie ein aufgeblasener Kugelfisch aussieht. Eine Vorstellung der finalen Anordnung gibt das geschnittene dreidimensionale Modell des - zumindest virtuell - fertiggestellten Teleskops (Abb. 2).
Die Fertigungsphase Nach Bestellung des Rohmaterials habe ich die Komponenten Taukappe, Tubus und Blendenringe drehen lassen. Die Objektivhalterung war hingegen aufwändiger zu fertigen und erforderte eine Bearbeitung auf einer CNC-gesteuerten Fräsmaschine (Abb. 3). An der Sucher-

halterung hat sich ein Auszubildender versucht - mit Erfolg. Auch hier möchte ich es nicht versäumen, mich für die Unterstützung zur Bearbeitung der Metallteile zu bedanken! Es geht manchmal aber auch etwas schief. Daher soll es auch nicht unerwähnt bleiben, dass sich der erste Taukappenrohling trotz festem Anzug aus dem Spannfutter der Drehmaschine gerissen und dabei ehrfurchteinflößende Verformungen erlitt. Gott sei Dank wurde niemand verletzt und der Schaden reduzierte sich ausschließlich auf einen neuen Taukappenrohling. Das verformte ,,Mahnmal" ziert noch heute meinen Hobby-Schrank für den Fall, dass ich noch einmal mit so einem Projekt beginnen sollte.
5 Mond, 06.01.2009, 10 x 0,01 s,
ATIK-16HR-CCD-Kamera

Amateurteleskope / Selbstbau

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Die Fertigstellung Ich weiß nicht warum, aber für mich ist ein klassischer Refraktor immer weiß. Damit auch im täglichen Gebrauch keine Lackschäden auftreten, sobald man einmal versehentlich gegen das Teleskop stößt, habe ich die Einzelteile pulverbeschichten lassen. Taukappe, Sucher und Tubus wurden weiß beschichtet, während die Objektivhalterung, die Suchertaukappe, die Sucherhalterung und die zugekauften Rohrschellen schwarz beschichtet wurden. Die Montage aller Einzelteile führte dann im Dezember 2008 zum fertigen Teleskop (Abb. 4). Die 3-Zoll-Prismenschiene ist ebenfalls ein Zukaufteil, welche noch mit zwei zusätzlichen 1/4-Zoll-Gewinden ergänzt wurde. Somit ist der Refraktor selbst im Urlaub auf einer kleinen Super-PolarisMontierung problemlos montierbar.
Das ,,First Light" Am Abend des 29. Dezember 2008 konnte ich dann mein ,,First Light" unter klarem Himmel durchführen. Die Trapezsterne im Orion waren auffällig sauber getrennt, M 42 war im 30-mm-Okular mit knapp 19-facher Vergrößerung ein toller Anblick. Einige Tage später habe ich dann den Mond fokal belichtet (Abb. 5). Weiterhin entstand eine erste fokale RGBAufnahme von M 42 (Abb. 6). Auch M 27 zeigte nach erfolgter Farbkalibrierung [1] eine schöne Sternabbildung bis in den Randbereich (Abb. 7).
Ein Fazit Es hat sehr viel Spaß gemacht, sein eigenes Teleskop zu entwickeln, auch wenn das Linsenschleifen nicht speziell dazugehörte. Die benötigte Zeit von eineinhalb Jahren erscheint natürlich im ersten Hinblick sehr lang. Jedoch muss hierbei die Einarbeitungszeit für das CAD-Programm sowie die immer nur in kleinen Stückchen vorangetriebene Entwicklung am dreidimensionalen Modell berücksichtigt werden, die leider nicht in zusammenhängenden, länger andauernden Arbeitsphasen durchgeführt werden konnte. Die Kosten überstiegen zwar - wie schon zu erwarten - die eines käuflichen Teleskops dieser Klasse, allerdings konnten bei meinem Gerät dafür individuelle Wünsche integriert werden. Ich bin mit dem Refraktor absolut zufrieden [2], die befürchteten Temperaturprobleme konnten bisher nicht als störend

identifiziert werden, auch wenn sie physikalisch natürlich nicht wegzudiskutieren sind. Im täglichen Gebrauch jedenfalls liegt für den visuellen und fotografischen Einsatz ein sehr taugliches Gerät vor, mit 4,5 kg in entsprechend robuster Ausführung. Zudem wurde im August 2010 mit diesem Gerät die offizielle Aufnahme in die Internationale Astronomische Union (IAU) durch einen eigenen ,,MPC-code" genehmigt [3]. Dies belegt zumindest ein Stückweit die Qualität meiner Eigenentwicklung. Wenn ich etwas mehr Zeit hätte, würde ich so ein Bastelprojekt sofort wieder beginnen!
Literaturhinweise: [1] H. Tomsik, P. Riepe, 2008: ,,Farb-
kalibration einer CCD-Aufnahme mit Hilfe von G2-Sternen", VdSJournal für Astronomie 5, 57 [2] T. Zilch, 2010: ,,M17 - Mein erster Projekterfolg", VdS-Journal für Astronomie 33, 74 [3] T. Zilch, 2011: ,,Der Weg zum eigenen MPC-Code", VdS-Journal für Astronomie 42, 61

6 M 42, 25.01.2009, RGB je 10 x 120 s,
ATIK-16HR-CCD-Kamera

7 M 27, 22.09.2009, RGB je 5 x 180 s, ATIK-16HR-CCD-Kamera

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Amateurteleskope / Selbstbau

Schattenwerfer gegen Lichtverschmutzung
von Axel Thomas

Nach vielen Jahren mobilen Beobachtens kam mit dem Bau unseres Hauses endlich die Gelegenheit, eine eigene Sternwarte aufzubauen. Es ist ein zur Rolldachhütte umgebautes Gartenhaus mit 2,5 m x 3,0 m Grundfläche aus dem Baumarkt. Sie liegt südlich von Mainz in Rheinhessen an einem westexponierten Hang am Rande einer größeren Grünfläche. Nach Nordosten und Osten ist der Blick durch die Lage am Hang und durch unser Haus komplett verstellt, was aber angesichts der nur 40 km entfernten Lichtkuppel des Frankfurter Flughafens in dieser Richtung fast kein Verlust ist. Die Beobachtungsbedingungen fallen trotz der Nähe zum Rhein-Main-Gebiet unter ,,mäßiger Landhimmel" oder besser ,,gute Stadtrandbedingungen". Hauptproblem ist eher die lokale Lichtverschmutzung durch wachsende Gewerbegebiete und allgemein unangepasste Außenbeleuchtung, die auch hier allgegenwärtig ist.

Während man gegen das allgemeine Anwachsen von Bebauungen als Einzelperson wenig tun kann, können in der unmittelbaren Umgebung durchaus Schritte gegen störenden Lichteinfluss getan werden. Straßenlampen stellen wohl die größte Plage für den Beobachter dar, wenn sie nicht nur den Himmelshintergrund aufhellen, sondern auch direkt den Beobachtungsplatz anstrahlen. In meinem Fall wird die Umgebung gleich durch drei Lichtquellen rund um die Uhr ausgeleuchtet: die Straßenlampen der eigenen Straße, die Lampen der unmittelbar anschließenden Umgehungsstraße und eine Reihe von Lampen eines an-
1
Der Schattenwerfer, so wie er in der Nacht unter einer Gehweglaterne platziert wird

2 Der eigentlich Schatten werfende Teil besteht aus
Restmaterialien: Aluminiumprofile und Noppenfolie. Der orangefarbene Griff unten ist die Kupplung an der Teleskopstange.
VdS-Journal Nr. 57

3 Die Rückseite des Schattenwerfers, hier mit dem
Teleskopstiel in seinem eigentlichen Aufgabenbereich als Gartengerät

Amateurteleskope / Selbstbau

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grenzenden Gehweges, die den Südhorizont beeinträchtigen. Zwei recht einfache Maßnahmen haben mir geholfen, die schlimmsten Auswirkungen direkter Lichtverschmutzung an meiner Sternwarte abzumildern.
Maßnahme 1: Störende Einzellampen abschatten Viele Lampen sind so konstruiert und aufgestellt, dass sie beim Beobachten mehr oder minder direkt in das Fernrohr strahlen. Mein Plagegeist ist eine Gehweglampe, die in südlicher Richtung und zusätzlich etwas oberhalb meiner Sternwarte steht. Dadurch geht nicht nur der südöstliche Horizont verloren, sondern die ganze Sternwarte wird so ausgeleuchtet, dass eine Dunkeladaption kaum möglich ist. Kann man eine Lampe durch die Stadtverwaltung nicht abstellen lassen, muss man probieren, sie anderweitig ,,auszuschalten". In meinem Fall mache ich das mit einer mobilen Abdeckung, die an einer langen Stange angebracht ist und die ich bei Bedarf an die Lampe lehne (Abb. 1). Das nach unten und hinten fallende Licht leuchtet den Gehweg einwandfrei aus, der Himmelshintergrund wird in Richtung um die Laterne aber drastisch dunkler. Als Bastler verwendet man so viel vorhandenes Material wie möglich. Der Schattenwerfer selbst besteht aus Restematerialien von einer Baustelle: Ungefähr ein Quadratmeter Noppenfolie (dient zur Isolation von Kellerfundamenten) und Aluminiumprofilreste (Abb. 2). An einem zentralen U-Profil sind rechtwinklig zwei halbrund gebogene Flachbänder befestigt, die als Träger für die Noppenfolie dienen. Anstatt eine unhandliche, vier Meter lange Aluminiumstange zu kaufen, besorgte ich mir einen ausziehbaren Teleskopstiel, der zur Befestigung einer Baumschere oder eines Pflückkorbs gedacht ist (Gartenfachhandel oder Baumarkt, ca. 40 Euro, Abb. 3). Auf 390 cm ausziehbar dient er jetzt sowohl der Obsternte im Garten als auch der Astronomie und kann Platz sparend eingefahren aufbewahrt werden. Als Adapter zum Teleskopstiel dient eine lange Mutter (Abb. 4), in die analog zum Originaladapter am Pflückkorb eine Nut für die Sicherungsschraube gefeilt ist und die über ein Stück Gewindestange am U-Profil befestigt ist. Durch leichten Druck unter den Schirm der Gehweglampe steht der Schattenwerfer relativ fest,

4 Die Verbindung zur Teleskopstange (links) besteht aus einem entsprechend
bearbeiteten Sechskantmaterial am Schattenwerfer (rechts). Die Arretierungsschraube des Teleskopstiels (mit Sterngriff) sorgt für eine sichere Befestigung.

bei Wind könnte aber noch eine zusätzliche Sicherung, z. B. durch eine Schnur um den Pfosten der Lampe, sinnvoll sein. Bis jetzt ist den zahlreichen mit ihrem Hund Gassi gehenden Spätspaziergängern noch gar nichts aufgefallen ...
Maßnahme 2: Abschattung unmittelbar in der Sternwarte In den wenigsten Fällen lässt sich eine Lampe so effektiv wie in meinem Fall abschatten. Je nach Beobachtungsrichtung stören bei mir auch andere, weiter entfernte Lampen. Dann bleibt noch eine variable Beschattung unmittelbar in der Sternwarte. Ich verwende dazu eine Hartfaserplatte aus der Rückwand eines ausgemusterten IKEA-Schrankes, die praktischerweise bereits eine schwarze Seite hat (Abb. 5). Befestigt wird die Plat-

te mit Hilfe von Rundkopfschrauben, die im regelmäßigen Abstand an der Innenseite der Südwand angebracht sind. Die Platte wird mit zwei bereits vorhandenen Bohrungen einfach über die passenden Schraubenköpfe gehängt und steht dann einen Meter über die Oberkante der Sternwarte hinaus. Damit lässt sich je nach Position am Fernrohr und Blickrichtung jeweils die passende Richtung abschatten.
Alle diese Maßnahmen können nur eins bewirken: Lokale Lichtverschmutzung etwas einzudämmen, die eigenen Beobachtungsmöglichkeiten ein bisschen zu verbessern und damit den Beobachtungsspaß zu heben. Wirklich dunkler Himmel ist aber durch nichts zu ersetzen ...

5 Eine Hartfaserplatte, aufgehängt an der Sternwarteninnenwand, dient als
Schattenwerfer für den Sternwarteninnenraum.
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Astrofotografie

Cepheus A -
Ein Blick ins Infrarote lohnt sich
von Manfred Mrotzek

- Teil 1 -
Die meisten Astrofotografen fotografieren durch RGB- und Luminanzfilter und nutzen dabei nur einen Teil des Wellenlängenspektrums aus, für den die Sensoren ihrer CCD-Kameras empfindlich sind. Mit einem IR-Pass-Filter lassen sich auch im Nahinfraroten (NIR) bis etwa 1.000 nm Wellenlänge Aufnahmen erzielen, die man mit rot- und blaugefilterten Aufnahmen zu einem Falschfarbenbild kombinieren kann. Die Abbildung 1 zeigt die Quanteneffizienz des Gesamtsystems aus CCD-Sensor Sony ICX-694ALG und der Astronomik-Filter B, R und ProPlanet 807. Die beiden ersten Filter stammen aus dem LRGB-Filtersatz, der Letztere ist ein IR-Passfilter, der IR-Strahlung ab etwa 800 nm Wellenlänge durchlässt. Man erkennt zweierlei: Zum einen haben die mittleren Wellenlängen der Filter einen Abstand von etwa 200 nm, was eine ausgewogene Farbdarstellung ergeben sollte. Zum anderen hat der IR-Passfilter im Violetten ein deutliches Leck. Bei kühlen Objekten, die vornehmlich im Infraroten strahlen, sollte dieses Leck nicht stören. Falls das Teleskop einen Farblängsfehler aufweist, muss man daher beim Fokussieren der IR-Aufnahme aufpassen, dass man auf einen möglichst roten und nicht auf einen blauen Stern fokussiert. Aus den Flächen unterhalb der Kurven kann man berechnen, um wieviel länger die IR-Aufnahme gegenüber den B- und RAufnahmen zu belichten ist. Dabei lasse ich den Flächenanteil im Violetten unberücksichtigt.
Warum Cepheus A? Für meinen ersten Versuch einer solchen IRRB-Falschfarbenaufnahme hatte ich den Kokonnebel IC 5146 aufgenommen und war etwas enttäuscht, so wenig reines IR-Signal zu erhalten. Es ist klar, dass bei Wellenlängen bis 1.000 nm Staubwolken noch völlig intransparent sind, doch hatte ich in einem Sternentstehungsgebiet mit Gas- und Staubwolken doch mehr Wärmestrahlung im NIR erwartet. Mein zweiter Versuch galt dann einer Region südlich des Höhlennebels

1 Spektrale Empfindlichkeit des fotografischen Systems aus CCD-Sensor Sony
ICX-694ALG und den IR-Pass-, R- und B-Filtern von Astronomik. Der IR-Passfilter trägt die Bezeichnung ProPlanet 807.

Sh2-155 und östlich des Reflexionsnebels LBN 524. Dort hatte ich bei einem Versuch, LBN 524 in Farbe aufzunehmen, einen hellen Nebel gefunden, der keinen Eintrag in den gängigen Katalogen heller Nebel hatte. Später fand ich die Bezeichnung GGD 37 für den von Gyulbudaghian et al. 1978 gefundenen Nebel mit der charakteristischen dunklen Bucht auf der Westseite, und Cepheus A für das Sternentstehungsgebiet um diesen Nebel herum. Das Gebiet weist Gas- und Staubwolken und viele junge Sterne (YSO = Young Stellar Objects) auf und schien somit ideal für ein IRRB-Falschfarbenbild zu sein.
Durch die Verwendung der B-, R- und IR-Passfilter war zu erwarten, dass sich im Falschfarbenbild Reflexionsnebel bläulich, HII-Regionen grünlich und IRhelle Bereiche rötlich darstellten. Diese Erwartungen wurden, wie die Abbildung 2 zeigt, auch voll erfüllt. Viele rötliche und rote Sterne leuchteten im Bild verteilt, und es gab sogar rote Nebel! Die Bildersuche im Internet förderte einige RGB-Aufnahmen zutage, auf denen diese Nebel sogar schon schwach im Roten

zu sehen waren. Meine Aufnahme war nicht als Pretty Picture gedacht, sondern ein Experiment, um zu sehen, ob sich unter Verwendung eines IR-Passfilters das gewohnte Erscheinungsbild der Region ändert, also etwas Neues zu erkennen ist. Dann kam ich auf die Idee, aus den Aufnahmen des POSS II [1] mit blau-, rotund infrarotempfindlichen Fotoplatten ebenfalls ein IRRB-Bild zu basteln (Abb. 3). Die mittleren Wellenlängen der Fotoplatten lagen bei 491 nm (B), 658 nm (R) und 840 nm (IR) und damit gar nicht so weit von meinen Filtern entfernt. Im IR war es sogar fast ein Volltreffer. Beim Vergleich der Bilder fand ich die roten Sterne meiner Aufnahme auch alle auf den POSS-II-Aufnahmen wieder. Aber viel erstaunlicher war, dass der rote Nebel östlich von GGD 37 auf den POSS-IIAufnahmen gar nicht zu sehen war. Da war nichts, auch nicht bei starker Kontrastanhebung. Andererseits zeigten bereits normale RGB-Aufnahmen anderer Amateur-Astrofotografen diesen Nebel. Auch auf meiner eigenen RGB-Aufnahme deutete sich der rote Nebel schon an. Was hatte ich denn da entdeckt?

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2 Ausschnitt aus meiner Aufnahme
um Cepheus A. Der Nebel rechts der Mitte ist GGD 37. Aufnahmedatum 18. und 23.10.2013, 140-mm-Refraktor, f = 750 mm, CCD-Kamera Atik 460EX, Belichtung 22 x 3 min (B), 19 x 3 min (R), 13 x 10 min (IR).
3 Etwa gleiches Feld wie in Abb. 2.
Falschfarbenbild zusammengestellt aus den Aufnahmen des POSS II. Die Nebel östlich von GGD 37 sind nicht sichtbar. Aufnahmedaten: 1,2-m-Schmidt-Kamera, f = 3.073 mm, Belichtung 65 min (B, 1991), 65 min (R, 1991), 85 min (IR, 1993).
4 NIR-Aufnahme von Cepheus A
Ost [4]. GGD 37 ist in der rechten Bildhälfte sichtbar und leuchtet vornehmlich blau. Blaukanal: = 1,1 bis 1,4 µm (J-Band), Grünkanal: = 1,5 bis 1,8 µm (H-Band), Rotkanal: = 2,0 bis 2,4 µm (K-Band).

Astrofotografie

69

VdS-Journal Nr. 57

70

Astrofotografie

Strukturen in Cepheus A Ost Jetzt war Literaturstudium angesagt. Zum Objekt Cepheus A findet man in der astronomischen Datenbank Simbad [2] mehr als 600 Fachartikel. Oha, das konnte ja eine längere Recherche werden! Schnell wurde aber klar, dass für die große Mehrzahl der Arbeiten Cepheus A mit Radioteleskopen untersucht worden war. Der Rest waren Beobachtungen im NIR, wobei die Fachastronomen unter NIR Wellenlängen von mehreren µm verstehen, bei denen übliche CCD-Kameras für die Astrofotografie nicht mehr empfindlich sind. Radioastronomisch wurden in Cepheus A mehrere helle Quellen im Submillimeterbereich entdeckt (z. B. 1984 von Hughes und Wouterloot [3]), die offensichtlich ganz junge Sterne repräsentierten sowie Anzeichen für die Bildung weiterer Sterne. Allerdings ist die Staubwolke um diese Sterne so dicht, dass ihr Licht um ca. 100 Magnituden geschwächt wird. Es kommt bei uns also nichts mehr an. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum dieses Gebiet nicht im visuellen und dem daran direkt anschließenden NIR-Spektralbereich untersucht wurde. Die Entfernung von Cepheus A wird auf etwa 725 pc geschätzt.
Im Infraroten bei Wellenlängen von mehreren µm wird der Staub langsam transparent, und mehr Details werden sichtbar. Bei Wellenlängen um 2 µm waren auch Herbig-Haro-Objekte und Jets erkennbar (Abb. 4). Cunningham et al. [4] haben 2009 diese Sterne und ihre Jets untersucht. Interessant sind dabei insbesondere zwei Sterne, die mit HW2 und HW3 bezeichnet werden. Beide zeigen ausgeprägte Jets, wobei der Jet von HW2 nur temporär aktiv zu sein und zu rotieren scheint (Abb. 5).
Cartoon
VdS-Journal Nr. 57

5 Jets und HH-Objekte im Ostteil von Cepheus A im Infraroten bei = 2,12 µm [4].
Die deutschsprachige Beschriftung habe ich ergänzt.

Die Autoren haben festgestellt, dass HW2 in Intervallen von etwa (2500 +- 500) Jahren Aktivitätsphasen erlebt, wobei sich die Richtung der Jets um jeweils ca. 10 Grad im Uhrzeigersinn weitergedreht hat. Die letzte Aktivitätsphase fand vor ca. 2.100 Jahren statt. Inzwischen wurde HW2 als Doppelstern erkannt, dessen Komponenten 18 und 10 Sonnenmassen und einen Abstand von 0,3'' (200 AU) haben [5]. Die Hauptkomponente wird von einer flachen Staubscheibe umgeben, auf deren Kante wir sehen. Diese Scheibe präzessiert und der Jet wohl mit ihr.
Der Vergleich dieser Aufnahmen mit meiner eigenen zeigt, dass die hellsten Bereiche des roten Nebels auf meiner Aufnahme mit dem Jet aus der letzten Aktivitätsphase von HW2 zusammenfallen. Er ist auch der hellste auf den etwas langwelligeren IR-Aufnahmen. Allerdings ist der rote Nebel auf meiner Aufnahme noch deutlich größer. Seine schwächeren Ausläufer decken den Jet von vor 4.500 Jahren mit ab. Offensichtlich handelt es sich bei dem von mir fotografierten roten Nebel um einen Reflexionsnebel, der aus dem Innern der Wolke beleuchtet wird. Das Licht der Strahlungsquelle wird dabei durch vorgelagerten Staub stark gerötet, weswegen der Nebel im Roten und NIR sichtbar ist. Im zweiten Teil des Beitrags soll der Frage nachgegangen werden, warum der rote Nebel nicht auf den POSS-II-Aufnahmen zu sehen ist.

Literaturhinweise und Web-Links: [1] http://stdatu.stsci.edu/cgi-bin/
dss_form (Stand: Juni 2014) [2] http://simbad.cfa.harvard.edu/
simbad/sim-fid (Stand: Juni 2014) [3] V. A. Hughes, J. G. A. Wouterloot,
1984: "The Star-Forming Region in Cepheus A", Astrophys. J. 276, 204 [4] N. Cunningham et al., 2009: "A Pulsed, Precessing Jet in Cepheus A", Astrophys. J. 692, 943 [5] I. Jimenez-Serra et al., 2009: "Unveiling the Main Heating Sources in the Cepheus A HW2 Region", Astrophys. J. 703, 157

Inserentenverzeichnis

astronomie.de, Neunkirchen

59

Astro-Shop, Hamburg

U2

Astroshop.de nimax GmbH, Landsberg 17

ATHOS Centro Astronomico,

103

La Palma Spanien

ATT

91

Baader Planetarium, Mammendorf

U4

Bresser GmbH, Rhede

33

eMedia GmbH, München

11

Ferienhausvermietung Liane Zemlin, 83 www.sternenpark-havelland.de

Gerd Neumann jr., Hamburg

85

Koring, Marokko

36

Kosmos Verlag, Stuttgart

77

Optival Vision Ltd., UK

U3

Optische Geräte Wolfgang Lille,

61

Heinbockel

Spektrum der Wissenschaft Verlags- 43

gesellschaft mbH, Heidelberg

71

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Computerastronomie

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Sternbildgrenzen digital
von Helmut Jahns
Die Universität Straßburg bietet für Programmierer und anderweitig Interessierte auf ihrem FTP-Server die Sternbildgrenzen in digitaler Form als Textdatei zum freien Herunterladen an. Die Sternbilder liegen als geschlossene Polygone vor, die aus einer Serie von Rektaszension-Deklination-Wertepaaren gebildet werden. Mit Hilfe dieser Dateien kann für jedes Objekt anhand seiner Koordinaten bestimmt werden, in welchem Sternbild es sich befindet. Hierzu muss von einem Programm geprüft werden, ob das Objekt an seiner Position von einem der Sternbildpolygone umschlossen wird.
Die heute gültigen Sternbildgrenzen wurden im 19. Jahrhundert für das Äquinoktium 1875.0 festgelegt. Für dieses Äquinoktium liegen die Grenzen parallel zum Gradnetz der Himmelskugel, was die Darstellung besonders einfach gestaltet. Aufgrund der Präzession verschiebt sich der Himmelspol, weshalb diese Parallelität im aktuellen Äquinoktium 2000.0 abhanden gekommen ist. Die ReadMe-Datei auf dem Server empfiehlt deshalb, heutige Koordinaten auf das Äquinoktium 1875.0 umzurechnen, bevor die Sternbildzuordnung ausgeführt wird. URL: ftp://cdsarc.u-strasbg.fr/cats/VI/49/ (Stand Oktober 2015)

ESA Summer of Code in Space
von Helmut Jahns
Der ESA Summer of Code in Space (SOCIS) geht dieses Jahr in die sechste Runde. Diese Programmierinitiative wurde von der europäischen Raumfahrtagentur ESA ins Leben gerufen und richtet sich an Studenten europäischer Hochschulen, die an ausgewählten Projekten mitwirken möchten. Die Softwareprojekte sind Open Source; sie haben entweder einen ausdrücklichen Bezug zur Raumfahrt, zur Astronomie oder zur wissenschaftlichen Datenauswertung.
Die Teilnahme an diesem Programm erfolgt auf Basis eines Stipendiums, für das ein Bewerbungsverfahren zu durchlaufen ist. Jedes Einzelthema wird von einem Mentor betreut. Bewerbungen für 2016 müssen bis zum 30. April eingereicht werden; für die Bearbeitung sind Zeiten von typischerweise drei Monaten angesetzt. URL: http://sophia.estec.esa.int/socis/ (Stand Oktober 2015)

Im Netz

Die Sichtbarwerdung in der Dämmerung
von Helmut Jahns

Wann sind Himmelskörper, z. B. Planeten wie Merkur oder Sterne wie Sirius, in der Dämmerung sichtbar? Wann kann man die Venus am Tage sehen? Kann man ggf. noch weitere Objekte, z. B. Jupiter, am Tage sehen und wie stellt man es am besten an? Ist es möglich, im Hochgebirge Sirius oder gar Canopus zu sehen zu bekommen? Diesen und ähnlich gelagerten Fragestellungen ist der US-amerikanische Astronom Bradley E. Schaefer nachgegangen. In einem seiner Artikel in Sky and Telescope [1] beschrieb er, von welchen Parametern (Beobachterund Objektkoordinaten, Datum und Zeit, Temperatur, Feuchtigkeit, Sonnen- und Mondstand, u. v. m) die Sichtbarkeit abhängen können.

Die Berechnungen zu diesem Artikel sind in Form eines kleinen Programms im Quelltext (Basic) verfügbar, welches unter [2] zu finden ist. Dieses Programm ist zudem von Larry Bogan nach JavaScript portiert worden; es ist unter [3] im Browser ausführbar und lädt zu eigenen Experimenten ein.
Das Modell und das zugehörige Programm können allerdings die Tatsache, dass Sichtungen an der Wahrnehmungsgrenze sehr stark von der individuellen Sehschärfe des Beobachters abhängen, nicht voll abbilden.

Literaturhinweise und Web-Links: [1] B. E. Schaefer, 1998: "To the Visu-
al Limits", Sky and Telescope, May 1998, 57 [2] www.skyandtelescope.com/ wp-content/uploads/vislimit.bas [3] www.nature1st.net/bogan/astro/ optics/vislimit.html (Stand Oktober 2015)

VdS-Journal Nr. 57

Computerastronomie

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Klassiker der Astronomie
von Helmut Jahns
Auf der Homepage der VdS-Fachgruppe Geschichte wurde im September eine Seite eingerichtet, auf der zahlreiche Links zu Online-Ausgaben historischer astronomischer Veröffentlichungen zusammengefasst sind. Einige Beispiele sind:
· Nicolaus Copernicus: De Revolutionibus Orbium Coelestium · Johannes Kepler: Rudolfinische Tafeln · Isaac Newton: Philosophiae Naturalis Principia Mathematica · Carl Friedrich Gauß: Theoria motus corporum coelestium in sectionibus conicis solem ambientium,
deutsch: Theorie der Bewegung der Himmelskörper, welche in Kegelschnitten die Sonne umlaufen Diese Seite wird in unregelmäßigen Abständen aktualisiert. URL: http://geschichte.fg-vds.de/steuer/Klassiker%20der%20%20Astronomie%20im%20Internet.html (Stand Oktober 2015)

Quelltext zurechtgerückt mit
von Helmut Jahns

Bei Quelltexten achtet man für gewöhnlich darauf, dass korrekt eingerückt wird: Im Anweisungsteil innerhalb einer Funktion oder nach einer if-Abfrage wird um mehrere Zeichen nach rechts eingerückt weitergeschrieben (s. Abbildung unten); man bekommt eine auf den ersten Blick sichtbare logische Gliederung seines Programms. Manchmal erhält man allerdings Codeabschnitte oder gar ganze Module überlassen, die von der reinen Funktionalität her gesehen zwar in Ordnung sind, bei denen aber entweder auf

saubere Einrückung keinen Wert gelegt wurde oder bei denen die Einrückung aus irgendeinem Grund komplett verlorengegangen ist. Man könnte dies natürlich in Handarbeit korrigieren, aber glücklicherweise gibt es auch Tools, die einem diese oft mühsame Tätigkeit abnehmen können. Eines von ihnen ist Code Beautify; eine interaktive Website, die es erlaubt, seinen Quelltext hineinzukopieren und die Einrückung automatisch korrigieren zu lassen. Code Beautify unterstützt eine Vielzahl von Programmiersprachen: C,

Code Beautify
C++, C#, Pascal, Python, Lisp oder R, aber auch HTML oder XML, um nur einige zu nennen.
Code Beautify bietet übrigens auch einen Umrechner zwischen dezimaler und hexadezimaler Zahlendarstellung. Gerade bei der Umwandlung von negativen Zahlen im Zweierkomplement kann eine solche Funktion eine große Hilfe sein. URL: http://codebeautify.org/alleditor (Stand Oktober 2015)

1 Fenster von Code Beautify am Beispiel von C#. Auf der linken Seite befindet sich der unübersichtliche und unformatierte Eingangs-
code; auf der rechten Seite wird der formatkorrigierte Code ausgegeben.
VdS-Journal Nr. 57

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Computerastronomie

Software

APT - Astro Photography Tool
von Oliver Schneider

In der Astrofotografie eingesetzte Kameras diverser Hersteller werden häufig über einen PC gesteuert. Dabei kommen vielfach Programme der Kamerahersteller selbst oder Fremdprogramme zum Einsatz. Das Astro Photography Tool, kurz APT, der Firma Incanus ist ein solches Programm zur Aufnahmesteuerung mit diversen Kameras. Gegenwärtig werden Kameras der Hersteller Canon, SBIG und QSI angesteuert; eine Liste der Canon-Kameras ist auf der Herstellerseite zu finden [2].

Des Weiteren werden Kameras, Filterräder, Fokussiergeräte, Kamerarotatoren und Fernrohrsteuerungen unterstützt, die über ASCOM-Treiber verfügen. Eine mögliche Integration von Temperaturund Taupunktsensoren ist ebenso vorgesehen wie eine SQM-Unterstützung.
Das Programm bietet eine Fülle von weiteren Möglichkeiten, die man im Einzelnen beschrieben auf der Herstellerseite finden kann [1]. An dieser Stelle soll eine kleine Auswahl erfolgen:

· Umfangreiche Serienbildfunktion: Es können für die verschiedenen Kameras eigene Serienbildfunktionen mit unterschiedlichen Belichtungszeiten, Filterwechsel, Binning, ISO-Werten und anderen kameraspezifischen Einstellungen angewendet und gespeichert werden.
· Multikameraunterstützung: Es können mehrere Kameras gleichzeitig mit einer eigenen farblich unterschiedlichen Programmseite betrieben werden, z. B. eine DSLR und eine CCD-Kamera. Man ist

1 Screenshot von APT. Standardmäßig startet die Software im Nachtmodus (aus Darstellbarkeitsgründen ist hier ein grauer Bildschirm
ausgewählt).
VdS-Journal Nr. 57

Computerastronomie

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aber nicht auf zwei Kameras beschränkt, sondern es können noch weitere Kameras angesprochen werden.
· Kamerasynchronisation Server/ClientMethode: Über eine Kamerasynchronisation ist es möglich, dass die Kameras auch mit unterschiedlichen Belichtungszeiten belichten können und trotzdem ein Dithervorgang laufen kann. Dithering bedeutet, dass nach einer Belichtung das Bildfeld etwas mit der Montierung verfahren wird, um Bildfehler beim späteren Aufaddieren mehrerer Bilder minimieren zu können. APT ist dabei in der Lage, eine frei einstellbare Kamera als ,,Server" zu betreiben, während die anderen Kameras als ,,Client" laufen. Die Server-Kamera wartet dabei auf die Client-Kameras und beginnt erst mit dem Dithervorgang, wenn alle Client-Kameras ihre Belichtungszeit beendet haben.
· Verbindung mit verschiedenen Guidingprogrammen: Es werden PHD Guiding, MetaGuide und der MGen Guider unterstützt. Dabei wird ebenfalls, falls gewünscht, der Dithering-Vorgang des Nachführprogramms abgewartet und erst im Anschluss wieder neu belichtet. Auch hier ist die zuvor besprochene Server/ Client-Methode durchführbar.

· Dithering ohne Zusatzprogramm: APT ist in der Lage, auch ohne Nachführkamera ein Dithering durchzuführen. Dabei wird nach der Belichtung das Kameragesichtsfeld einstellbar etwas verfahren, wenn die Fernrohrsteuerung mit dem APT-Programm verbunden ist.
· Barthinov-Scharfstellhilfe: Das aufgenommene Bild eines Sterns durch eine Barthinov-Maske wird dabei analysiert und das Scharfstellen somit erleichtert.
· Automatisches Objektanfahren (GotoFunktion): Objektkatalog und Anfahrmöglichkeit von 545 Objekten. Außerdem ist die Kalkulation des Kameragesichtsfeldes und Objektgröße bei der ausgewählten Kamera möglich.
· Dämmerungswächter: Kalkulation und Anzeige der standortbezogenen Dämmerungszeiten mit Einbezug des Mondlichtes.
· Maskenfunktion: Bildmaskenfunktion für genaues Positionieren der Aufnahme, z. B. in der zweiten Beobachtungsnacht, um fehlende Bildinhalte zu minimieren. Es können Sterne markiert werden, um eine genaue Überlagerung zu erreichen.
· Rückschaufunktion: Es können sämtliche bereits erfolgten Aufnahmen noch-

mals im Nachhinein geladen werden und z. B. für die Maskenfunktion eingesetzt werden.
Das Programm ist in einer kostenlosen Version aus dem Internet herunterladbar [1]. Diese ist im Gebrauch nicht zeitlich limitiert, sondern hat gewisse Funktionen nicht freigeschaltet. Für den Erwerb der Vollversion des Programms ist ein Betrag von 12,70 zu entrichten; dafür erhält man ein Jahr lang Programmaktualisierungen.
Das Programm besitzt eine, wenn auch zurzeit nicht in allen Bereichen vollständige, deutsche Sprachunterstützung. Eine ausführliche Bedienungsanleitung in englischer Sprache ist als Download vorhanden [3]. Wird weitere Hilfe benötigt, so ist ein eigenes Forum vorhanden. Kontakt zum Programmautor per E-Mail ist nach Erfahrung des Artikelautors sehr gut möglich.
Web-Links: [1] www.ideiki.com/astro/Default.aspx [2] www.ideiki.com/astro/EOS.aspx [3] www.ideiki.com/astro/UserGuide.
aspx (Stand Oktober 2015)

Astro Panel
von Helmut Jahns
Für Besitzer eines Android-Smartphones könnte sich ein Blick auf Astro Panel lohnen. Diese App liefert eine auf Amateurastronomen zugeschnittene Wettervorhersage mit Angaben zum Bedeckungsgrad des Himmels, zur Transparenz, zur Luftfeuchte und zum Seeing. Die Daten bezieht die App von der Seite ,,7Timer!" (ftp.astron.ac.cn), auf der man sich ebenfalls eine ortsabhängige (Astro-) Wetterprognose erstellen lassen kann. Ein Nachteil ist, dass der Server sporadisch nicht erreichbar sein kann. Wer das nicht scheut, für den hat Astro Panel ein kleines Schmankerl parat: Es lässt sich ein Alarm einrichten für den Fall, dass die Wettermodelle eine Beobachtungsgele-
Abend oder in der zweiten Nachthälfte genheit durch plötzliches Aufklaren am 1
errechnen sollten. (Stand Oktober 2015)

Software
Die Website 7Timer! bietet eine Vorausschau auf Wetterdaten, die für die Astronomie von Bedeutung sind.
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Computerastronomie

Software

General Mission Analysis Tool (GMAT)
- Simulation und Planung von Raumfahrtmissionen auf dem PC
von Klaus Rohe

Das General Mission Analysis Tool (GMAT) ist ein Open-Source-Werkzeug zum Planen und Simulieren von Raumfahrtmissionen. Das Einsatzspektrum reicht vom Berechnen von Satellitenorbits bis zur Planung und Simulation von interplanetaren Raumflügen. GMAT wird von einem Team entwickelt, welches aus Leuten besteht, die bei der NASA sowie bei privatwirtschaftlichen und öffentlichen Raumfahrtunternehmen arbeiten. Es wird sowohl für reale Raumfahrtprojekte genutzt als auch für die Aus- und Weiterbildung. Die zentrale Webseite von GMAT ist in [1] genannt. NASA-Projekte, in denen GMAT eingesetzt wird, sind auf der Webseite aufgelistet [2]. Voraussetzung für das Arbeiten mit GMAT sind Grundkenntnisse der Raumflugmechanik.

1 Eingabe der Startparameter für die Simulation eines Satellitenorbits.

Installation Die aktuelle Version (Dezember 2015) von GMAT ist 2014a; laut der GMATWebseite ist der Release-Zyklus ungefähr ein Jahr. GMAT gibt es als ausführbares Programm für Windows. Die Installation erfolgt entweder durch Entpacken einer

zip-Datei (gmat-win-i586-R2014a-2.zip) oder durch Starten einer ausführbaren Installationsdatei (gmat-winInstaller-i586R2014a-2.exe). GMAT steht auch als C++ Quellcode (GMAT-src-R2014a-2.zip) zur Verfügung. Die genannten zip- und exe-

Dateien kann man von der Webseite unter [3] herunterladen. Wie man ausführbare Versionen von GMAT für LINUX und den Mac aus dem Quellcode erzeugt, ist im zugehörigen Wiki [4] beschrieben.

2 DefaultOrbitView von GMAT ist eine von drei Sichten auf die Bahn des Raumflugkörpers.
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Arbeiten mit GMAT GMAT ist sehr mächtig, daher kann seine Nutzung in diesem Rahmen nur anhand eines sehr einfachen Beispiels angerissen werden. Unser Beispiel ist die Simulation eines Satellitenorbits um die Erde. Nachdem man GMAT gestartet hat, wird der Orbit durch Eingabe des Startzeitpunktes der Simulation und der Keplerschen Bahnelemente charakterisiert, wie in dem Screenshot in der Abbildung 1 zu sehen ist. Die in GMAT benutzten Abkürzungen für die Keplerschen Bahnelemente werden in der Tabelle 1 erklärt.

Zur Durchführung der Simulation muss man unter ,,Resources" (links im Screenshot in der Abbildung 1 blau unterlegt) noch den ,,Propagator" definieren. Er legt fest, welches physikalische Modell für die Bahnberechnung benutzt wird, also ob atmosphärische Reibung und Störungen durch Mond, Planeten sowie die Sonne berücksichtigt werden sollen. In dem hier gezeigten Beispiel ist es der ,,LowEarthProp", also ein Modell für niedrige Umlaufbahnen, bei denen die Reibung durch die Restatmosphäre berücksichtigt wird. GMAT stellt mehrere Propagatoren für

unterschiedliche Typen von Umlaufbahnen und Raumflugtrajektorien zur Verfügung.
Die Simulation wird durch Anklicken des Dreiecksymbols in der Menüleiste von GMAT gestartet. Als Ergebnis erzeugt GMAT in diesem Fall drei verschiedene Repräsentationen der Satellitenbahn, die unter ,,Resources Ouput" definiert sind und zwar ,,DefaultOrbitView", ,,DefaultGroundTrack" und ,,MyEphemerisFile". ,,DefaultOrbitView" ist eine dreidimensionale Darstellung des Orbits, wie sie in der Abbildung 2 zu sehen ist. ,,DefaultGroundTrack" zeigt die

26.01.16 10:43
Bodenspur des Satelliten auf einer zweidimensionalen Weltkarte wie in der Abbildung 3 dargestellt. ,,MyEphemerisFile. eph" ist eine Textdatei, welche die Ephemeriden des Satelliten enthält. In dem hier gezeigten Beispiel sind sie auf das in der Abbildung 2 gezeigte rechtwinklige Koordinatensystem bezogen (siehe dazu auch den Screenshot in der Abbildung 1). Das Koordinatensystem wird dort im Eingabefeld ,,Coordinate System" als ,,EarthMJ200Eq" spezifiziert. Die Daten in der Ephemeridendatei können z. B. dazu benutzt werden, die Bahn mit anderen Softwarewerkzeugen zu visualisieren, wie z. B. Gnuplot. Man kann sie

Tabelle 1: Die in GMAT benutzten Abkürzungen für die Keplerschen Bahnelemente

AOP ECC INC RAAN
TA SMA

Argument of Perigee (Argument der Periapsis) Eccentricity Inclination (Bahnneigung) Right Ascension of the Ascending Node (Rektaszension des aufsteigenden Knotens)
True Anomaly Semi-Major Axis (große Halbachse der Bahnellipse)

VdS-Journal Nr. 57

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Computerastronomie

aber auch dazu benutzen, die Bodenspur in OpenStreetMap bzw. Google Maps darzustellen, nachdem man sie entsprechend umgerechnet hat.
GMAT bietet eine eingebaute Skriptsprache, deren Syntax Ähnlichkeit mit MATLAB hat. Sie bietet die gängigen Verzweigungs- und Schleifenkonstrukte. Mit ihr kann alles, was man mit GMAT über die grafische Benutzeroberfläche (GUI) definieren kann, in einer Skript-Datei beschrieben werden. Die Dateien haben die Endung ,,.script" und können mit jedem gängigen Texteditor bearbeitet werden. Man kann eine solche Skriptdatei komplett mit einem Texteditor erzeugen oder über die grafische Benutzeroberfläche. Auch wenn man nur mit dem GMAT-GUI arbeitet, speichert es alles in einer Skript-

datei. In dem hier gezeigten Beispiel ist dies die Datei ,,MySat00.script".
Um die Arbeit mit GMAT zu lernen, sollte man mit den ,,Tutorials" starten, die unter dem gleichnamigen Eintrag im Menü ,,Help" zu finden sind. Im Wiki [4] gibt es die Datei ,,GMAT Fundamentals (201410-29).zip" zum Download, welche Trainingsmaterial in Form von pdf- und GMAT-Skript-Dateien enthält.
Weiterhin ist das Forum zu nennen, das unter [5] zu finden ist und eine zehnteilige Tutorial-Serie auf YouTube [6]. Es gibt im GMAT-Installationsverzeichnis außerdem noch den Ordner ,,samples", der eine große Anzahl von Beispielen enthält. In der GMAT-Anwendung kann man mit der Taste F1 die Hilfe-Funktion aufrufen,

Aus Alt mach Neu:
Software refaktorieren
von Helmut Jahns

Es ist 20 Jahre her, als ich in meiner Studentenzeit begann, eine eigene Software zur numerischen Integration zu schreiben. Das Programm erstellt nicht nur Ephemeriden, also Listen von Positionen von Planeten, Kometen und Asteroiden, sondern ermöglicht es, die zeitliche Entwicklung unseres oder eines fiktiven Planetensystems zu studieren. Mit dem Verfahren der numerischen Integration

erreicht man für relativ große Zeiträume sehr genaue Positionen, ohne die Ausgangsdaten (Bahnelemente) aktualisieren zu müssen. Ich bin mit der Funktion des Programms sehr zufrieden. Als ich jedoch erstmals seit längerer Zeit über Erweiterungen der Software nachdachte und in den Code blickte, wurde mir klar, dass sich hier einiges verbessern ließe. Durch meine Praxis als Softwareentwickler

VdS-Journal Nr. 57

3
Bodenspur eines Satelliten, also derjenige Pfad auf der Erde, auf dem der Satellit im Zenit steht.
welche einen indizierten Zugriff auf die umfangreiche Dokumentation gibt.
Web-Links: [1] GMAT-Webseite: https://gmat.gsfc.
nasa.gov/ [2] Nutzung von GMAT in NASA-
Projekten: http://gmatcentral.org/ display/GW/NASA+Usage [3] GMAT-Download: http://sourceforge. net/projects/gmat/files/GMAT/ GMAT-R2014a/ [4] GMAT-Wiki: http://gmatcentral. org/display/GW/GMAT+Wiki+Home [5] GMAT-Forum: http://forums. gmatcentral.org/ [6] Video Tutorials zu GMAT: www.youtube.com/channel/ UCt-REODJNr2mB3t-xH6kbjg (Stand: Oktober 2015)
Programmierlogbuch
habe ich Einblicke in die Softwarearchitektur gewonnen, also derjenigen Technik, wie man Software über ihr eigenes Funktionieren hinaus intern strukturiert und verschiedene Module oder Klassen sinnvoll zusammenfügt. Dieses Wissen besaß ich anfangs nicht; vielmehr war ich froh, diese recht komplizierten Algorithmen zum Laufen gebracht zu haben.

Computerastronomie

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Die momentane Architektur hatte jedenfalls Schwächen; sie erschwerte die Pflege und Erweiterung des Programms, und so kam der Entschluss, die Software zu überarbeiten.
Eine Möglichkeit ist, die Software komplett neu zu schreiben. Dies ist aber weit weniger oft günstig als allgemein angenommen wird. Microsoft beispielsweise stand mit seinem Office-Paket vor gravierenden Problemen und beschloss, es neu zu schreiben; das Unternehmen sah aber angesichts des zu erwartenden Aufwands davon ab. Besser wäre es, die Software zu refaktorieren.
Beim Refaktorieren wird der bestehende Code gewissermaßen umgeschrieben. Man identifiziert die Schwachpunkte der Software und beginnt, sie in vielen kleinen Einzelschritten umzugestalten, jedoch ohne neue Funktionalität hinzuzufügen. Mit diesem Vorgehen wird man sich nie besonders weit von einer vollständig funktionierenden Lösung entfernen, und die Codequalität wird mit jedem Einzelschritt nur besser. Selbst wenn man das Refaktorieren nicht zu Ende führt, ist die Codestruktur auf jeden Fall besser als zu Beginn der Arbeiten. Für das Refaktorieren finden sich in der Literatur [Fowler] oder im Netz [Wikipedia] zahlreiche Informationen.
Ein weiterer Grund: Es gibt viele gute Programme, die nicht mehr benutzt oder weiterentwickelt werden, z. B. DOSProgramme oder Software, die in veralteten Entwicklungsumgebungen oder historischen Sprachen oder Sprachdialekten geschrieben wurde. Man kann durchaus ein Programm aus z. B. einer veralteten Basic-Variante in ein aktuelles Visual Basic .NET überführen, einen Pascal-Quelltext in Delphi wandeln, oder ein DOS-Programm mit einer grafischen Benutzeroberfläche versehen, aber es ist oft aufwändig. Mit einer guten Softwarearchitektur hingegen wird dieses Unterfangen erheblich erleichtert.
Warningfrei programmieren Nun wenden wir uns wieder dem eigentlichen Refaktorieren zu. Ein guter Anfang ist, Warnungen des Compilers auszubauen. Beim Übersetzen eines Quellcodes kann der Compiler nicht nur Fehler zurückliefern, sondern auch

Compiler-Warnings. Diese Warnungen sind Hinweise, die keine Syntaxfehler im eigentlichen Sinne darstellen und durchaus die Erstellung eines ausführbaren Programms erlauben. Dennoch sollte ein Programmierer darauf achten, dass sein Programm stets warningfrei übersetzt werden kann. Hierfür gibt es einige handfeste Gründe: · Compiler-Warnungen weisen oftmals auf Logikschwächen im Programm hin; manchmal führen diese Schwächen zu fehlerhafter Programmausführung. · Das konsequente Ausbauen von Warnungen lässt den Programmierer mehr über seinen Code reflektieren und vermittelt so ein besseres Verständnis seiner Funktionsweise. · Selbst wenn Warnungen sich nicht als Programmschwächen erweisen sollten: Dutzende Warnungen können durch ihre schiere Masse den Blick für diejenigen Warnungen verstellen, die ein ernstzunehmendes Problem bergen. Wenn man weiß, was man tut, kann man diese Warnings im Code ausschalten (in den Programmiersprachen C und C++ geschieht dies z. B. durch eine Anweisung der Form ,,#pragma warn", wobei die genaue Syntax compilerabhängig ist).
Vom Ausschalten sollte nur sparsam Gebrauch gemacht werden; vielmehr sollte eine Warning ausgebaut werden. Sollte dies nicht sinnvoll erschienen, sollte das Ausschalten zumindest mit einem Kommentar versehen werden.
Durch die Vermeidung von Warnings stellt sich ganz von selbst ein höheres Qualitätsbewusstsein beim Codieren ein. Für Warnings kann meist bei den Compiler-Einstellungen eine Empfindlichkeit gesetzt werden. Es empfielt sich, eine hohe Empfindlichkeit zu wählen (z. B. ,,pedantic" oder ,,all warnings").
Beim Übersetzen des Integrationsprogramms ergaben sich vier Warnungen: · unreachable code: Hierbei wird ein Abschnitt des Programms bei seiner Ausführung überhaupt nicht durchlaufen. Der Code, der an solchen Stellen angedacht ist, erfüllt offenkundig seinen Zweck nicht. Man kann sich nun überlegen, wo er besser aufgehoben ist oder ob man auf ihn verzichten kann.

· implicit cast: Wenn der Wert einer vorzeichenbehafteten Variablen (bei der sowohl positive als auch negative Werte erlaubt sind) einer vorzeichenlosen Variablen (nur positive Werte sind erlaubt) zugewiesen wird, kann bei negativen Werten ein ungewolltes Verhalten des Programms provoziert werden. Vielleicht geht man davon aus, dass dieser Fall nicht eintreten kann; dennoch kann man sich an dieser Stelle überlegen, ob nicht ein anderer Datentyp angebracht ist. Die analogen Überlegungen sind z. B. bei Zuweisungen von Werten von 32-Bit-Variablen auf 16-BitVariablen (möglicher Datenverlust) anzustellen. · unreference variable: Hier wird einer Variablen ein Wert zugewiesen, der im weiteren Verlauf des Programms nicht mehr benötigt wird. Es kann sein, dass man sich die Variable einsparen kann. Es kann aber auch sein, dass eine weitere Variable gleichen Namens angelegt wurde (Doppeldeklaration), die eine zuvor deklarierte Variable überdeckt. Solche Namenskonflikte sollten behoben werden. · unused variable: Eine Variable wurde deklariert, ohne benutzt zu werden. Dieser Typ kann einfach durch Entfernen der Variablen behoben werden.
Mit diesen vier Warnings war der Output noch sehr überschaubar. Es gibt viele Typen von Warnungen, von denen hier nur einige wenige exemplarisch aufgezählt wurden. In der Regel erfordern Warnings ein geringes Überarbeiten des Codes. In der professionellen Programmierung kommen oft separate Tools wie z. B. PolySpace, Purify, PC Lint oder das freie splint zum Einsatz, um tiefergehende Analysen (Laufzeitverhalten, Speicherlecks) am Code vornehmen zu können. Wer Zugang zu derlei Hilfsmitteln hat, kann damit sehr aufschlussreiche Untersuchungen seines Codes durchführen.
Die Vorteile des warningfreien Programmierens überwiegen bei Weitem: Es führt zu fehlerärmeren und stabileren Programmen sowie zu einem besseren CodeVerständnis. Man sollte also nicht der Bequemlichkeit erliegen, sondern sich stattdessen um die Warnings kümmern.
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Dark Sky

LED-Außenleuchten
- stets gute Beleuchtung
von Torsten Güths

Die LED (Light Emitting Diode) wird von der Industrie und Politik als das ,,Licht der Zukunft" gefeiert. Sie erlaubt zugegebenermaßen eine sehr praktische Art zu beleuchten: LEDs verbrauchen zum Beispiel weniger Strom durch eine höhere Effizienz, bestehen aus sehr kleinen beliebig zusammenstellbaren Modulen, sind gut in Helligkeit und mittlerweile auch in ihrer Farbe steuerbar. Alles, was das Designer- und Anwenderherz begehrt! Und folglich werden auf diese Weise die Anwendungsmöglichkeiten bzw. die ,,Märkte" enorm erweitert.

In der Öffentlichkeit bleibt die simple Gleichung ,,LED = gut und verbraucht kaum Strom" haften, was fatale Folgen für den Nachthimmel hat: Es kann leicht ,,übertrieben" werden hinsichtlich der Menge und Helligkeit von Außenbeleuchtungen!

1 Bei einer solchen kristallisierten Glaskuppel hilft auch das beste abgeschirmte
LED-Modul nichts. An der Hauswand erkennt man den hoch über den Leuchtenschirm ragenden Lichtschein. Der Hersteller gibt zwar nur rund 5 % an Verlust an, was bei den heutigen hohen Lichtströmen aber eine erhebliche Lichtmenge darstellt.

Ursachen der Lichtverschmutzung Die prinzipiellen Ursachen, welche die Lichtverschmutzung unnötig verschlimmern, sind wie folgt: 1. Leuchten sind nicht abgeschirmt. 2. Leuchten sind schräg montiert.

3. Beleuchtung ist heller als notwendig. 4. Die Beleuchtung findet im Dauerbe-
trieb und maximaler Stärke statt, auch wenn kein bzw. ein stark verminderter Publikumsverkehr herrscht.

5. Licht mit sehr starken Blauanteilen wird eingesetzt, was sich stärker in der Atmosphäre streut.

2a Diese billigen Konstruktionen werden leider sehr häufig eingesetzt: Feucht-
raumleuchten mit einem Leuchtstofflampenstab an einer Wand montiert (Bildinsert). Pauschal geschätzt werden 50 % des Lichts direkt in den Himmel abgestrahlt, wie die angestrahlten Bäume anschaulich demonstrieren. Mittlerweise werden solche Stäbe auch mit effizienteren LEDs als Lichtquelle angeboten, die dann ihr Licht ebenso ungerichtet in die Gegend streuen.
VdS-Journal Nr. 57

2b Neuer Wein in alten Schläuchen: Mit diesen
Billiglösungen kann man sich brüsten, Energie gespart zu haben. Jedoch wird die Lichtverschmutzung auf diese Weise sogar verstärkt, wenn man LEDs verwendet, die heller strahlen als die alten Lampen.

Dark Sky

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Diese Ursachen sind unabhängig von der Lampentechnologie und treffen folglich auch für LEDs zu. Besonders die Punkte 3, 4 und 5 werden durch energieeffizientere LEDs sogar begünstigt!
Beispiele, dass es auch trotz oder gerade durch LEDs schlecht geht Den Vorteilen einer besseren Lichtlenkung und Helligkeitssteuerung stehen eine Menge Nachteile entgegen und die Kritiker der Beleuchtungsumrüstung der OVAG [1] mögen bedenken, dass es auch wesentlich ungünstiger gehen kann, was die folgenden Beispiele veranschaulichen mögen.
1) Nicht oder schlecht abgeschirmte LED-Leuchten Dass die neuen LED-Leuchten oft als blendend empfunden werden, macht die Abschirmung leicht verständlich und einforderbar. Das klingt im ersten Moment gut. Jedoch kommen findige Naturen auf die Idee, doch sanft streuende oder opake Scheiben um die Lampen herum zu bauen, die das Licht weiter streuen und so die Blendung verringern sollen. Und schon haben wir wieder das Konzept der Pilzleuchte, die jedoch viel effizienter erscheint, weil sie ja mit der ,,guten stromsparenden LED" betrieben wird. Doch heißt das wiederum, dass mindestens 30 % in den Himmel emittiert werden, was nicht mehr effizient ist. (Abb. 1) Samsung, Philips und viele andere Firmen haben LED-Röhren (LED-Tubes) konstruiert, deren Elektronik mit allen Elektronischen Vorschaltgeräten (EVG) funktioniert und man so auf unkompliziertem Weg herkömmliche Leuchtstoffröhren mit G13-Sockel umrüsten kann [2]. So können auch die freiliegenden Neonröhren, die gut die Hälfte des Lichts in den Himmel strahlen, durch effizientere LEDs ersetzt werden, die weniger Strom verbrauchen, aber die gleiche oder höhere Menge an Licht in den Himmel strahlen! (Abb. 2a und 2b)
2) Schlechte Ausrichtung von abgeschirmten LED-Leuchten Die schönste Abschirmung nützt nichts mehr, wenn die Leuchten so stark angewinkelt werden, dass die Lampen horizontal und darüber hinaus ihr Licht emittieren. Die Abbildung 3 zeigt gut abgeschirmte LED-Leuchten, die jedoch in Längsrichtung ihr blendendes Licht weithin in die Gegend streuen.

3 Man erkennt, dass diese Leuchten gut abgeschirmt sind, sie jedoch durch ihre starke
Anwinkelung weithin blendend wirken und Lichtverschmutzung erzeugen. Das Foto wurde extra von einem kleinen, 4 m hohen und 80 m weit entfernten Erdwall aus gewonnen, um außerhalb des Nutzbereichs des Lichts zu sein.

4 Eine Sackgasse in einer Kleingemeinde im Taunus, die um 22 Uhr beleuchtet wird,
mit mindestens 5 bis 17 lx. Hier liegt höchstens sporadischer Anliegerverkehr vor, und die Helligkeit kann als weit übertrieben angesehen werden.

3) Zu helle Beleuchtungswerte Die erwähnte Gleichung, ,,LED = gut und verbraucht kaum Strom", hat auch zur Folge, dass oft mit einem höheren Lichtstrom beleuchtet wird und vermehrt Gebäude angestrahlt werden. Die Abbildung 4 zeigt eine Sackgasse, also eine Straße ohne Durchgangsverkehr, die mit LEDs am Boden Beleuchtungsstärken von mindestens 17 lx unterhalb der Leuchte und über 5 lx zwischen den Leuchten aufweist. Ein dem Autor bekannter Parkplatz eines Lebensmitteldiscounters wird zum Beispiel mit 30 lx beleuchtet und das noch 4 Stunden nach Geschäftsschluss. Die Heimatstadt des Autors ersetzte in einigen Leuchten die Lampen durch LEDs und erzeugt 100 lx direkt darunter! Diese Beispielwerte können als völlig überzogen und als negative Konsequenz der effizienten LEDs angesehen werden.

4) Beleuchtung im Dauerbetrieb ohne Nutzer Aus demselben Grund wie unter Punkt 3 erwähnt, wird auch gerne auf eine Leistungsreduktion oder Abschaltung verzichtet. Es wird das Licht die ganze Nacht in unreduzierter Stärke angelassen, obwohl kaum oder kein Publikumsverkehr herrscht und viele Hersteller inzwischen Leuchten mit einer Reduzierung von 50 % ohne Mehrkosten anbieten.
Das Problem einer Dauerbeleuchtung trotz fehlender Benutzer lässt sich an dieser einfachen Rechnung am Beispiel einer Außenbeleuchtung eines Ein- oder Mehrfamilienhauses verdeutlichen: Es sei die durchschnittliche Betriebsdauer ab Dämmerung 9 h pro Tag. Beispiel LED: 10 W Dauerbetrieb unabhängig vom Personenaufkommen: 10 W · 9 h · 365 d = 32,9 kWh pro Jahr. Beispiel Glühlampe: 60 W mit Bewegungsmelder, deren Licht aufgrund des
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Dark Sky

5 Ja, die beleuchteten Bäume wirken faszinierend. Die Unsinnigkeit dieser Beleuchtung
wird in mehrfacher Weise deutlich: Ab 23 Uhr geht kaum jemand durch den Park (und kann die Bäume bewundern) und im Winter geht das meiste Licht aufgrund des fehlenden Blattwerks verloren. Also: Abschalten!

geringen Personenaufkommens nur 0,5 h pro Nacht benötigt wird: 60 W · 0,5 h · 365 d = 10,95 kWh pro Jahr.
Also hat die alte und verteufelte Glühbirne, wenn sie bedarfsgerecht geschaltet wird, nur ein Drittel des Stromverbrauchs einer LED, wenn diese die gesamte Nacht überwiegend sinnlos leuchtet (Abb. 5 und 6)!
5) Die ,,Blauseuche" Die erwähnte Gleichung ,,LED = gut und verbraucht kaum Strom" hat auch zur Folge, dass vermehrt Gebäude angestrahlt werden, gerne mit tiefblauem Licht. Doch gerade das tiefblaue Licht verbreitet sich in der Atmosphäre durch die ungerichte-

te molekulare Rayleighstreuung. Außerdem haben die LED-Straßen- und -Außenleuchten ebenfalls wieder vermehrt Blauanteile, die sich diffuser in der Atmosphäre streuen. Lichtglocken am Horizont mögen dann scheinbar kleiner sein, jedoch hat sich die Zenithelligkeit dennoch erhöht. Die Abbildung 7 zeigt die Auswirkungen von rund 20 freiliegenden blauen Leuchtstäben.
Weitere Beispiele für ungünstige Entwicklungen Als Beispiele für weitere technologische Entwicklungen sollen im Folgenden einige wenige genannt werden, die nachteilig für die Dunkelheit des Nachthimmels sein können.

6 In diesem Beispiel sind zwar Natriumdampflampen im Einsatz, doch diese Durchgangs-
straße hat ab 23 Uhr nur ein geringes Verkehrsaufkommen, und die Beleuchtungsstärke kann daher reduziert werden. Doch vielleicht möchte man den Anwohnern des gegenüberliegenden Hauses noch bis in die 3. Etage heimleuchten.
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Nach der LED kommt die OLED (Organic LED), die nochmals effizienter sein soll und andere Vorteile hat. Derzeit ist sie eher für den Innenbereich eingesetzt und nicht so effizient wie LED, doch die Zukunft wird zeigen, wie weit die Technologie vorangetrieben wird.
Nachtabsenkung der Straßenbeleuchtung gefährlich? Ein Vorteil der LED, ihre relativ gute Vorbereitung zur Steuerung der Intensität, kann ohne größeren Aufwand wie elektronische Vorschaltgeräte für Nachtabsenkungen verwirklicht werden. Eine neue Studie der TU Berlin scheint eine Nachtabsenkung bei LED-Leuchten als gefährlich einstufen zu wollen [3]. Angeblich sei die von der internationalen Beleuchtungskommission empfohlene Absenkung nicht vertretbar und die Energieeinsparung ginge auf Kosten der Verkehrssicherheit in Europa. Zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels war dem Autor der Inhalt der Studie nicht genau bekannt. Ebenso wenig wie Auswirkungen auf die Anwendung von Nachtabsenkungen. Skandalös ist dabei, dass es sich um ein vom Bundesministerium für Forschung und Technologie mit fast 1 Million Euro gefördertes Projekt handelt, dessen Ergebnisse bislang (Aug. 2015) noch nicht veröffentlicht wurden.
Wie es in vielen Lebensbereichen der Fall ist, herrschen unterschiedliche Meinungen zu Problemstellungen. Solche Aussagen, wie die der TU Berlin, sind oft schwer nachprüfbar und werden von den Befürwortern von stärkerer Beleuchtung gerne als Argument bzw. Verweis genutzt, weil sie in ihr Ziel passen. Selbst wenn die Inhalte von Pressemitteilungen die Originalquellen nachweislich falsch interpretieren, verfremden oder gar verfälschen, hat das nachteilige Auswirkungen. Das macht sie gefährlich oder zumindest hinderlich beim Durchsetzen unserer Interessen!
Übrigens, für Sie als Gegenargument: Andere Studien, wie die der FGS Forschungs- und Planungsgruppe Stadt und Verkehr, zeigen, dass die Lichtverhältnisse keinen nachweislichen Einfluss auf die Unfallzahlen haben [4].

Dark Sky

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Lightpaper: Rohinni druckt Leuchtdioden Leuchtendes Papier hat das US-Unternehmen Rohinni entwickelt: ,,Lightpaper" sind Leuchtdioden, die auf ein dünnes Trägermaterial gedruckt werden. Gerade in der Werbung sieht der Hersteller Anwendungsmöglichkeiten. Anwendungen für Lightpaper gibt es viele. Das Unternehmen aus Coeur d`Alene im USBundesstaat Idaho stellt einige auf seiner Website vor. Darunter sind Displays für mobile Geräte wie Smartwatches, leuchtende Schriftzüge oder Logos auf allen möglichen Produkten, Autoscheinwerfer und natürlich eine leuchtende Tapete. Denkbar sind also auch Displays für Außenwerbung [5].
Selbstleuchtender Asphalt Sinnigerweise wird es manchmal als ,,Starpath" genannt [6]. Aus astronomischer Sicht erscheint das wie ein Hohn. Dieses Projekt mag zwar ,,abgedreht" klingen oder von der emittierten Lichtmenge her harmlos wirken, doch bedenken Sie: Das ist nur der derzeitige Stand der Technik. Wenn es als interessant, machbar und besonders als gewinnbringendes Geschäft angesehen wird, dann werden Forschung und Entwicklung vorangetrieben und in 20 Jahren könnten relativ hell leuchtende Beläge erzeugt werden. Stellen Sie sich Landstraßen vor, die in ,,nur" 2 lx Helligkeit (= 20-mal heller als vom Vollmond beschienen) leuchten. Gemessen an der riesigen Straßenfläche

7 Häufig anzutreffen ist die Kombination von Leuchtstoffröhren oder LED-Leuchtleisten,
die einerseits rundum abstrahlen und zusätzlich ein extrem blaues Licht abstrahlen. Das wirkt sich in der Atmosphäre als sehr deutliche Aufhellung aus. Der blaue Lichtschein eines Gebäudes ist stärker als der des Gewerbegebiets links daneben!

würde so eine weitere flächendeckende Lichtverschmutzung zusätzlich erzeugt. Vor 15 Jahren hätte auch niemand der Galliumnitrid-LED eine derart hohe Lichtausbeute zugetraut. Ich möchte hier keine Horrorvisionen erzeugen, doch aus Erfahrung denkbare Szenarien ansprechen.
Fazit Es bleibt es nach wie vor höchst wichtig, dass wir Fach- und Hobbyastronomen die Öffentlichkeit über die Vermeidung von Lichtverschmutzung sachgerecht aufklären!
Tun Sie das bitte in Ihrem Umkreis, und wenn es ,,nur" in Form von Leserbriefen in der Presse geschieht, damit möglichst viele Personen davon Kenntnis nehmen und auch die Chance auf Besserung oder ,,geringerer Verschlechterung" besteht!

Übrigens ... Das ,,echte Licht der Zukunft" für Millionen von Jahren ist und bleibt das Sonnenlicht, das Mondlicht und natürlich das Sternenlicht!
Literaturhinweise und Web-Links: [1] T. Güths, 2015: ,,50.000 neue LED-
Straßenleuchten", VdS-Journal für Astronomie 54 [2] www.lighting.philips.de/ lightcommunity/trends/led/ledtube. wpd (Stand: August 2015) [3] www.presseanzeiger.de/pa/TUBerlin-Absenkung-des-Beleuch tungsniveaus-der-Strassen-istnicht-751594 (Stand: August 2015) [4] www.fgsberlin.de/verkehrsforschung (Stand: August 2015) [5] www.rohinni.com/#technology (Stand: August 2015) [6] www.smarthighway.net/ (Stand: August 2015)
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VdS-Journal Nr. 57

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Deep Sky

Beobachtung einmal anders
- Objekte der OB-Assoziation Gem OB1
von Christopher Hay und Rene Merting

Die größten am Himmel nachvollziehbaren Strukturen innerhalb der Spiralarme unserer Galaxis sind die Sternassoziationen (engl.: stellar associations), Ergebnisse von Sternentstehungsprozessen in Molekülwolken. In jungen Assoziationen mit einem Alter von wenigen Millionen Jahren glühen noch Gaswolken (Emissionsnebel, Reflexionsnebel), oft durch zentrale Offene Sternhaufen angeregt und von Resten der ursprünglichen Molekülwolke umgeben. Nach einigen Millionen Jahren haben Assoziationen ihre hellen Nebel verloren und sind nicht mehr in Molekülwolken eingebettet, sie bleiben jedoch erkennbar als OffeneSternhaufen-Verbände.
Nach etwa 20 Millionen Jahren hat sich der Großteil der Sternhaufen in Einzelsterne zerstreut, zudem sind die verbliebenen ,,hartnäckigen" Haufen innerhalb unserer Galaxis gewandert. Sternhaufen dieses Alters lassen sich nicht mehr eindeutig der Assoziation bzw. dem Spiralarm ihrer Entstehung zuordnen. Nach einigen 100 Millionen Jahren haben sich fast alle Haufen aufgelöst, ihre Sterne sind in der allgemeinen Sternpopulation der galaktischen Scheibe aufgegangen. Die Assoziation hat ein Ende gefunden.

Die für den Beobachter interessantesten Assoziationen sind die des Typs OB, welche junge, massive und heiße Sterne der Spektraltypen O bis B2 enthalten und aufgrund ihres jungen Alters häufig mit Emissions- und Reflexionsnebeln verbunden sind.
Die heute vorgestellte Sternassoziation Gem OB1 liegt im Perseus-Arm der Galaxis. Die Mitte von Gem OB1 liegt bei ca. 189 Grad galaktischer Länge und +1 Grad galaktischer Breite - Ausdehnung 187 Grad bis 191 Grad galaktischer Länge und -2 Grad bis +4 Grad galaktischer Breite. Die älteste Untergruppe und reichstes Sternfeld der Assoziation ist der Offene Sternhaufen Collinder 89. Ebenfalls hier am nordöstlichen Rand der Assoziation liegt der Supernovarest IC 443, welcher aus der Explosion eines Mitglieds von Gem OB1 stammt, sowie der mit IC 443 interagierende Emissionsnebel IC 444 (Sh 2-249). Die jüngste Untergruppe ist der Affenkopfnebel NGC 2174 (Sh 2-252, im Gebiet des Orion) mit den eingebetteten Offenen Sternhaufen NGC 2175 und Pismis 27, der mit ca. 6.000 Lichtjahren Abstand zu uns im Hintergrund der Assoziation gelegen ist. Die Umgebung wird durch umliegenden Staub abgedunkelt, dadurch erscheint der Affenkopfnebel deutlich abgegrenzt

von der Milchstraße. Eine dritte Untergruppe besteht aus roten veränderlichen Überriesen westlich von Gem (Propus), darunter BU Gem, der besonders gut zu beobachten ist. Der südwestliche Rand der Assoziation wird von seinem hellsten Stern markiert, dem B2-Überriesen 2 Orionis in Orions hochgehaltener Keule. Da der nordöstliche Rand ebenfalls klar markiert wird, nämlich vom Offenen Sternhaufen (OS) Collinder 89, kann das Himmelsareal von Gem OB1 gut in einem Fernglas mit mindestens 6 Grad Gesichtsfeld erfasst werden.
Die Beobachtungen Cr 89, Gem, Rektasz. 06h 18min, Dekl. +23,38 Grad (jeweils Äquinoktium 2000.0), Fernglas, Helligkeit 5,7 mag, OS Der Sternhaufen ist das sternreichste Feld dieser Assoziation, welche visuell insgesamt erheblich durch Staub im Vordergrund abgeschwächt wird. Eigentlich ist der 15 Mitglieder zählende Haufen ein reines Fernglas(FG)-Objekt, aber auch für kleine Teleskope ein lohnendes Ziel. Mit 4 Zoll und 20-fach passt der Haufen gut in das 4 Grad große Gesichtsfeld. Dabei zeigt sich ein sehr loser Haufen mit einer markanten Sternkette, die aussieht wie eine heruntergezogene Schnute. Insgesamt ist er nur bedingt als Sternhaufen erkennbar.

Neues aus der Fachgruppe Visuelle Deep-Sky-Beobachtung
Mit dieser Ausgabe des VdS-Journals für Astronomie erscheint zum erstem Mal der ,,Skyguide" der Fachgruppe Deep-Sky in gedruckter Form, welcher in knapper Form Fünf Objekte der Saison vorstellt. Zusätzlich wird der Skyguide auch auf unserer Fachgruppenseite (www.deepsky.vdsastro.de) veröffentlicht, wo auch eine englischsprachige Version verfügbar ist. Dort finden sich bereits 8 Skyguide-Ausgaben der Jahre 2014 und 2015.
Des Weiteren möchten wir uns für die Unterstützung der Fachgruppe in den letzten Monaten und den neu gewonnenen Autoren bedanken. Einsendungen von Artikeln sind jederzeit herzlich willkommen und wir freuen uns auf weitere interessante Beiträge. Robert Zebahl

IC 443, Gem, Rektasz. 06h 17min, Dekl. +22,31 Grad (2000.0), ab 8 Zoll, Helligkeit 12 mag, SNR Der Quallennebel besteht aus drei sphärischen Blasen. Der markanteste Teil ist ein Fragment der mittleren Blase von 33' Ausdehnung. Der Nordosten des Nebels ist deutlicher sichtbar, weil die Schockwelle hier auf die Molekülwolken der nahen HII-Region IC 444 trifft, ein markantes Beispiel einer Interaktion zwischen Supernovarest (SNR) und galaktischem Nebel (GN). Ein [OIII]-Filter wirkt kontraststeigernd. Der Nebel sollte ab 8 Zoll sichtbar werden. Der galaktische Nebel IC 444 dagegen bleibt Öffnungen jenseits von 12 Zoll vorbehalten.

VdS-Journal Nr. 57

Deep Sky

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NGC 2174, Ori, Rektasz. 06h 09min, Dekl. +20,40 Grad (2000.0), Fernglas, Helligkeit 5,9 mag, GN Der Affenkopfnebel ist ein wenig bekannter Emissionsnebel, der dennoch relativ auffällig ist. Er ist am leichtesten von den Zwillingen ausgehend zu finden. Bei Kenntnis der Lage ist das Objekt bereits für jedes Groß-FG ein lohnendes Ziel. Mit 4 Zoll und 20-facher Vergrößerung sowie UHC-Filter ist der Nebel schon gut zu sehen. Er ist recht hell und homogen. Mit 8 Zoll und 40-fach ist schon ohne Filter eine leichte Aufhellung an der betreffenden Stelle erkennbar. Bei 90-facher Vergrößerung werden Helligkeitsunterschiede wahrnehmbar. Mit 12 Zoll und 40-fach ist noch nichts zu erkennen, sobald aber ein UHC-Filter verwendet wird, erscheint der Nebel wie von Zauberhand und ist sehr auffällig. Bei 70-facher Vergrößerung wirken die Ränder sehr unterschiedlich, die Westflanke scheint insgesamt definierter. Bei weiterer Steigerung der Vergrößerung auf 130-fach zeigt der Nebel schon wieder eine völlig andere, viel verfranstere Form. Unserer Ansicht nach ein sehr schönes Objekt und lohnenswerter als viele bekanntere galaktische Nebel.
NGC 2175, Ori, Rektasz. 06h 10min, Dekl. +20,29 Grad (2000.0), Fernglas, Helligkeit 6,8 mag, OS Der rund 60 Mitglieder umfassende Sternhaufen ist interessant vor allem durch den kurzlebigen Stern HD 42088 vom Spektraltyp O6.5V, der für die Ionisation des Gases von NGC 2174 verantwortlich ist. Dieser hat eine Helligkeit von 7,6 mag und eine sehr hohe Temperatur von annähernd 40.000 Kelvin, was einer Leuchtkraft von 8.200 Son-

1 Schema unserer Galaxis
nen entspricht. Der von ihm dominierte Sternhaufen kann demnach höchstens fünf Millionen Jahre alt sein und gilt als jüngster Haufen der Assoziation Gem OB1. Der beste Eindruck des losen Sternhaufens entsteht in kleinen Instrumenten mit geringer Vergrößerung.
Pismis 27, Ori, Rektasz. 06h 11min, Dekl. +20,60 Grad (2000.0), ab 4 Zoll, Helligkeit 8 mag, OS Pismis 27, auch NGC 2175s genannt, wobei das s für ,,small" steht, ist schon als Verdichtung mit einem 7x50-FG sichtbar. Der Haufen an sich ist nicht spannend, aber visuell markanter als NGC 2175, der größere OS im Zentrum des

Affenkopfnebels. Deshalb liefert er eine gute ,,Markierung" des Affenkopfnebels in kleinen Instrumenten oder unter Bedingungen, die den eigentlichen Nebel nicht offenbaren.
BU Gem, Gem, Rektasz. 06h 16min, Dekl. +22,55 Grad (2000.0), Fernglas, Helligkeit 7,4 - 8,1 mag, Veränd. Dieser Stern ist ein Veränderlicher. Er befindet sich nur gut 0,5 Grad westlich von Propus ( Gem). Mit 12 Zoll und 70-facher Vergrößerung zeigt er ein klares Orange. Schön anzusehen ist der Farbunterschied zum unweit südöstlich stehenden Propus, der in einem satten Gelb strahlt.
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Deep Sky

Skyguide 2016 - 1 (Frühjahr)
von Robert Zebahl

Unser Skyguide soll in erster Linie Anregungen für eigene Beobachtungen geben und wird dabei jährlich für jede Jahreszeit 5 Objekte kurz beschreiben. Es werden dabei sowohl leichte als auch schwierige Objekte ausgewählt, welche nach Schwierigkeitsgrad sortiert sind. Wie schwer ein Objekt letztlich ist, hängt natürlich von verschiedenen Faktoren ab, vor allem von der Himmelsqualität, der Teleskop-Öffnung und der persönlichen Erfahrung.

Zu jedem Objekt werden die wichtigsten Informationen in Kurzform und gegebenenfalls ein DSS-Bild (Digitized Sky Survey) angegeben. Des Weiteren ist eine Karte, erstellt mit der freien Software Cartes du Ciel (Skychart), für die grobe Orientierung vorhanden, welche Sterne bis zu einer Größenklasse von ca. 8,0 mag zeigt (Abb. 1). Telradkreise (0,5 Grad ; 2,0 Grad ; 4,0 Grad ) auf der Karte markieren die Position des Objekts. Im Allgemeinen empfehle ich aber, eigene Aufsuchkarten zu erstellen. Die visuelle Beschreibung

1 Übersichtskarte der hier besprochenen Objekte, Quelle: Cartes du Ciel
des Objekts basiert weitestgehend auf eigenen Beobachtungen und soll lediglich als Anhaltspunkt dienen.

a CVn (Cor Caroli, STFA 1692)

Typ: Sternbild: Koordinaten (2000.0): Helligkeit: Winkelabstand: Positionswinkel: Epoche:

Doppelstern CVn (Jagdhunde) 12h 56min 01,67s, +38 Grad 19' 06,2'' 2,85 mag / 5,52 mag 19,3'' 228 Grad 2011

a CVn ist der hellste Stern im Sternbild Jagdhunde und ein Doppelstern. Die hellere Komponente (a2) schwankt aufgrund eines enormen Magnetfelds und der daraus resultierenden riesigen Sternflecken um 0,1 mag innerhalb von 5,47 Tagen. Durch den recht großen Abstand der beiden Komponenten ist ein Teleskop mit geringer Öffnung zur Trennung ausreichend. Der Name ,,Cor Caroli" (,,Herz des Karl") soll an die englischen Könige Karl I. und Karl II. erinnern: Nachdem Karl I. im Jahre 1649 hingerichtet worden war und sein Sohn Karl II. den Thron 1660 wieder bestieg, soll Cor Caroli besonders hell geleuchtet haben. Cor Caroli war übrigens früher der Name eines Sternbildes, welches inmitten des heute offiziell anerkannten Sternbildes Jagdhunde liegt.

VdS-Journal Nr. 57

Y CVn (La Superba)

Typ:

Kohlenstoffstern

Sternbild:

CVn (Jagdhunde)

Koordinaten (2000.0): 12h 45min 07,83s, +45 Grad 26' 24,9''

Helligkeit:

4,86 - 5,88 mag

Periode:

267,8 d

Y CVn ist ein hellerer Vertreter der Kohlenstoffsterne und ca. 1.000 Lichtjahre entfernt. Es handelt sich hier um einen veränderlichen Stern vom Typ der Halbregelmäßigen. Bezüglich Helligkeit und Periode konnte ich verschiedene Angaben finden. Ich habe mich auf die Quelle der ,,American Association of Variable Star Observers" (www.aavso.org) festgelegt. An anderer Stelle wird eine Helligkeit von 4,8 - 6,3 mag bei einer Periode von ca. 160 Tagen angegeben. Für die visuelle Beobachtung wird das aber eher kaum Bedeutung haben. Seinen Beinamen ,,La Superba" (,,die Überragende") bekam dieser Stern vom italienischen Astronom Angelo Secchi aufgrund seiner auffälligen Farbe. Meine Beobachtungen mit einem 40-mm-Fernglas und 80-mm-Refraktor bestätigen zumindest seine recht auffallende Orangefärbung. Aufgrund seiner Helligkeit und leichten Auffindbarkeit ist er aber auf jeden Fall einen Blick wert.

M 94 (NGC 4736, UGC 7996)

Typ:

Galaxie

Sternbild:

CVn (Jagdhunde)

Koordinaten (2000.0): 12h 50min 53,15s, +41 Grad 07' 12,6''

Helligkeit:

8,24 mag

Winkelausdehnung: 11,2' x 9,1'

Messier 94 wurde 1781 vom französischen Astronomen Pierre Mechain entdeckt und gehört mit zu den hellsten Galaxien im Sternbild Jagdhunde. Neben dem sehr hellen Kern besteht die Galaxie aus zwei Ringen. Der innere, deutlich hellere Ring ist vor allem durch seine extrem hohe Sternentstehungsrate gekennzeichnet, wodurch Messier 94 auch als Starburst-Galaxie klassifiziert wird. Der äußere Ring ist dagegen vielfach schwächer. Das ist auch visuell sehr gut beobachtbar: Der Kernbereich fällt meist zuerst auf und kann bereits unter städtischen Bedingungen (Bortle 7, FST 5,0 mag) mit einem 40-mm-Fernglas gesehen werden. Für den inneren Ring benötigt man wenigstens ein kleineres Teleskop. Mit einem 4,5-Zoll-Newton unter Vorstadthimmel (Bortle 6, FST 5,3 mag) war die Sichtung nicht schwer. Den äußeren Ring habe ich visuell noch nie gesehen und er ist selbst auf dem DSSBild nur schwach erkennbar.

Deep Sky 2 Die Galaxie M 94, Quelle: DSS

Upgren 1

Typ:

offener Sternhaufen

Sternbild:

CVn (Jagdhunde)

Koordinaten (2000.0): 12h 35min 01s, +36 Grad 22' 18''

Helligkeit:

6,3 mag

Winkelausdehnung: 15' x 15'

Während meiner Objektauswahl war mir schnell bewusst, dass das Sternbild Jagdhunde vornehmlich Galaxien, darunter viele prominente wie Messier 51, zu bieten hat. Sternhaufen wird man hier nur schwer finden. Einzig der Kugelsternhaufen Messier 3 ist noch ein sehr heller Vertreter. Beim Durchstöbern von ,,The Night Sky Observer`s Guide Volume 2" (von George Robert Kepple und Glen W. Sanner) bin ich dann überraschend auf diesen Sternhaufen gestoßen, den ich bisher noch nicht beobachtet habe. Er ist sicher kein Vorzeigeobjekt und enthält nur wenige, locker verteilte Sterne, sollte aber durch sein recht markantes Aussehen und der Helligkeit auch für Stadtbeobachter ein leichtes Ziel sein.

3 Upgren 1, Quelle: DSS

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Arp 269

Typ: Sternbild: Koordinaten: Mitglieder:

Galaxienpaar CVn (Jagdhunde) 12h 30min 36s, +41 Grad 40' 00'' NGC 4485 (11,9 mag, 2,4' x 1,8') NGC 4490 (9,8 mag, 6,3' x 3,1')

Arp 269 bezeichnet ein wechselwirkendes Galaxienpaar, welches durch eine Materiebrücke verbunden ist. Die helle NGC 4490 ist eine Balkenspiralgalaxie und zeigt in größeren Teleskopen bereits einige Strukturen. Im 8-Zoll-Dobson konnte ich sie zumindest einfach als länglichen Nebel mit deutlich hellerem, ebenfalls länglichem Zentrum sehen. Durch die recht hohe Flächenhelligkeit ist auch ein Versuch mit dem Fernglas lohnend. Die viel kleinere NGC 4485 sollte unter einem Vorstadthimmel (Bortle 6, FST 5,3 mag) bereits mit 4 Zoll Öffnung erreichbar sein, erscheint dann aber nur als kleine, runde, gleichmäßige Aufhellung. Auf jeden Fall ein sehr lohnendes, helles Galaxienpaar.

4 Die Galaxie Arp 269, Quelle: DSS
VdS-Journal Nr. 57

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Geschichte

Die altägyptischen Diagonalsternuhren
von Bettina Hoffmann

Über 1.000 Jahre, bevor die ersten griechischen Philosophen sich mit astronomischen Themen auseinandersetzten, beobachteten ägyptische Gelehrte den Himmel. Neben den Sonnen- und Mondbeobachtungen, die in vielen Kulturen gemacht wurden, sind auch schon Sternbeobachtungen ab dem 21. Jahrhundert v. Chr. in Form der Diagonalsternuhren belegt.

Die frühesten erhaltenen Diagonalstern-

uhren werden in die XI. und XII. Dy-

nastie (ca. 2134-1991 und 1991-1785 v.

Chr.) datiert. Die Sternuhren wurden in

dieser Zeit auf der Innenseite von Sarg-

deckeln abgebildet. Soweit die Fundorte dieser Särge, die einfache Kastensärge

1 Auszug einer Diagonalsternuhr. Der grüne Pfeil verdeutlicht das Leseschema, dass

aus Holz waren, bekannt sind, stammen

jeder Stern nach einer Dekade ein bisschen früher aufgeht. In der Mitte ist eine

fast alle aus dem mittleren Teil Ägyptens,

Opferformel, vor der immer das Sonnensymbol steht.

die meisten aus Assiut. Da einige erst aus

dem Kunsthandel bekannt wurden, sind

leider nicht bei allen die Herkunft und ferformel, die für die Versorgung des To- Die Paarbildungen können variieren,

Fundumstände bekannt und oft taucht ten sorgen soll. Bei den Figuren handelt doch meist sind sie in dieser Reihenfol-

nur der Deckel selbst, nicht aber der voll- es sich um die prominentesten astrono- ge. Da Nut und der Rinderschenkel jede

ständige Sarg auf.

mischen Figuren der Ägypter: Zum einen Nacht zu sehen sind, während Sepdet

die Himmelgöttin Nut (sie ist der ganze und Sah nicht zu den Zirkumpolarster-

Doch wie sehen diese Diagonalstern- Himmel, auf ihrem Körper sind die Ster- nen gehören und daher auf- und unter-

uhren nun aus? Bei oberflächlicher Be- ne) und der Rinderschenkel (entspricht gehen, ergibt das durchaus eine logische

trachtung sehen sie wie eine Tabelle aus, dem Sternbild des Großen Wagens), zum Zusammenstellung.

die in der Mitte horizontal mit einem anderen die beiden Sterne bzw. Sternbil-

Schriftband durchzogen ist und vertikal, der Sepdet (Frau mit einem Dreieck auf Bei genauerer Betrachtung der Tabelle

ebenfalls mittig, mit vier paarweise ab- dem Kopf) und Sah (einem Mann, der zeigt sich, dass diese eine tabellarische

gebildeten Figuren. Bei dem Schriftband hinter sich schaut).

Auflistung von Sternnamen ist. Eine

handelt es sich um eine sogenannte Op-

vollständige Diagonalsternuhr besteht

aus 36 horizontalen Spalten und 13 ver-

tikalen. In der obersten vertikalen steht

jeweils das Datum, das wie eine Über-

Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie

schrift mit roter Farbe vom Rest hervorgehoben wird. In den anderen Zeilen stehen jeweils die Namen von Gestirnen, wobei vor jedem Namen ein Stern gemalt ist. Hierbei ist zu erwähnen, dass dieser

In diesem Heft lesen Sie den Bericht zu unserer diesjährigen Tagung, die vom

Stern nicht nur in der Kunst einheitlich

30. Oktober bis 1. November an der Archenhold-Sternwarte in Berlin-Treptow

so gezeichnet ist, sondern dass auch das

stattfand. Es war wieder eine tolle Veranstaltung mit über 40 Teilnehmern.

Hieroglyphenzeichen für ,,Stern" so aus-

Wohin es 2016 geht, ist noch offen - lassen Sie sich überraschen. Im anderen

sieht.

Beitrag berichtet Bettina Hoffmann über ,,Die altägyptischen Diagonalstern-

uhren". Versorgen Sie mich auch weiterhin mit interessanten Artikeln. Informa-

Wie funktioniert die Sternuhr?

tionen zur Fachgruppe finden Sie wie gewohnt auf unserer Webseite:

Liest man die Tabelle Spalte für Spalte,

http://geschichte.fg-vds.de.

fällt auf, dass sich die Namen der ver-

zeichneten Sterne oder Sternbilder wie-

Wolfgang Steinicke

derholen. Beim Lesen von rechts nach

links rücken sie von einer Spalte zur

nächsten immer um eine Zeile nach

VdS-Journal Nr. 57

Geschichte

89

oben. Diese Wiederholung in der Diagonalen gab diesem Sternuhrentyp seinen Namen. Da eine Spalte einen Zeitraum von 10 Tagen umfasst, wurden diese besonderen Sterne und Sternbilder später Dekane genannt.
Der Name Dekan kommt von dem griechischen Wort ea (zehn) und spielt im astronomischen Kontext darauf an, dass ein Stern, der in einer Nacht noch gerade so vor Sonnenaufgang sichtbar war, 10 Tage später um eine ägyptische Stunde früher aufgeht. Natürlich war es nicht ganz eine Stunde nach heutiger Sicht, da ein Stern pro Tag nur ungefähr 4 Minuten später aufgeht und sich sein Aufgang um nur 40 Minuten statt 60 verschiebt. Da die Ägypter aber - wie viele alten Kulturen - keine einheitlichen Normstunden verwendeten, sondern die Zeiten zwischen Sonnenauf- und -untergang (heller Tag) und zwischen Sonnenunter- und -aufgang (Nacht) in jeweils zwölf Teile teilten, variierte die Länge der Stunden ohnehin im Jahreslauf. Bedenkt man die Anwendung von Zeitrechnung damals, als keinerlei Minutengenauigkeit notwendig war, ist eine Verschiebung um ungefähr eine Stunde pro Dekade durchaus als (heutzutage) grobe Abschätzung im Toleranzbereich.
Falls diese Diagonalsternuhren tatsächlich zur Zeitmessung genutzt wurden, dann sicher im religiösen Bereich: z. B. für die Ablösungen der Stundenpriester oder für bestimmte Rituale. Dabei mag sicherlich die An- oder Abwesenheit eines bestimmten göttlichen Wesens (des Dekans) wichtiger gewesen sein, als eine präzise Zeitangabe.
Wo sind die Dekane am Himmel? Nur wenige dieser Dekane können heute sicher bestimmten Gestirnen zugeordnet werden. Besonders schwierig ist dabei, dass die Größen der Sternbilder nicht immer gleich blieben. Als Beispiel kann hier Sepdet angeführt werden. Sepdet, die im Griechischen Sothis genannt wurde, konnte als der Stern Sirius zweifelsfrei identifiziert werden. Aber nicht immer war allein Sirius das Gestirn Sepdet, denn ursprünglich war es ein Sternbild, das aus (mindestens) drei Sternen bestand, und erst später wurden die beiden schwächeren weggelassen.

2 Schema eines Sargkastens aus dem Mittleren Reich. Die Diagonalsternuhr
ist an der Innenseite des Deckels aufgemalt.

Der schon erwähnte Sah hingegen macht eine Zuordnung noch schwerer. Er wird in etwa mit Orion identifiziert, doch welche Sterne genau dazu gehörten, ob er genau Orions Maße hatte, mehr Sterne oder weniger, ist nicht erschlossen.
Zusätzlich fehlen wichtige Informationen auf den Särgen. Es ist nicht bekannt, ob die Dekane in der Sternuhr bei ihrer Kulmination, ihrem Auf- oder Untergang beobachtet werden. Christian Leitz hat in seinem Buch versucht, eine Zuordnung zu treffen. Sicher ist aber nur, dass die Dekane a) nicht Zirkumpolarsterne sind, dass sie b) 120 Tage sehr hoch am Himmel stehen und nur in dieser Zeit als Dekan dienen, auch wenn sie noch Tage davor und danach am Himmel sichtbar sind.
Auch wenn viele Fragen vielleicht nie geklärt werden können, z. B. wieso diese Dekanlisten auf einigen Särgen waren und wie sie ursprünglich entstanden, sind sie ein Beleg für die ältesten uns bekannten Sternbeobachtungen.

Literaturhinweise: [1] L. Depuydt, 1998: "Ancient Egyp-
tian Star Clocks and their theory", Bibliotheca Orientalis 55, 5 [2] W. Gundel, 1969: ,,Dekane und Dekansternbilder", Darmstadt [3] J. Kahl, 1993: ,,Textkritische Bemerkungen zu den Diagonalsternuhren des Mittleren Reiches", Studien zur altägyptischen Kultur 20, 95 [4] C. Leitz, 1995: ,,Altägyptische Sternuhren", Orientalia Lovaniensia analecta 62 [5] O. Neugebauer, R. A. Parker, 1960: "Egyptian astronomic texts I", London
Comic

VdS-Journal Nr. 57

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Geschichte

12. Tagung der Fachgruppe
Geschichte der Astronomie in Berlin
von Wolfgang Steinicke

Die diesjährige Tagung fand vom 30. Oktober bis 1. November 2015 in Berlin statt. Ort war die berühmte ArchenholdSternwarte im Treptower Park (Abb. 1). Sie bietet eine hervorragende Infrastruktur. Mit über 40 Teilnehmern war die diesjährige Veranstaltung wieder gut besucht (Abb. 2). Stets um Allerheiligen durchgeführt hat sie mittlerweile einen festen Platz im astronomischen Terminkalender. Die Atmosphäre wird als angenehm und familiär empfunden. Neben bekannten Gesichtern kommen auch immer wieder Neulinge zur Tagung.

1 Die Archenhold-Sternwarte in Berlin-Treptow (alle Bilder: W. Steinicke)

2 Gruppenfoto
3 Der ,,historische" Einsteinsaal
VdS-Journal Nr. 57

4 Hauptredner: der ehemalige Stern-
warten-Direktor Dieter B. Herrmann

Am Freitagabend traf man sich im Restaurant ,,Umspannwerk Ost" in Friedrichshain - eines der vielen ungewöhnlichen Berliner Lokale. Der Samstag ist Vortragstag. Dazu stand der ,,historische" Hörsaal der Sternwarte zur Verfügung. Hier hat Albert Einstein am 2. Juni 1915 den ersten öffentlichen Vortrag über die Relativitätstheorie gehalten. Im großen Saal waren die Teilnehmer zwar etwas verloren, dafür wurde umso mehr Inhalt geboten (Abb. 3). Nach der Begrüßung durch den Direktor der Sternwarte, Felix Lühning, war gleich der erste Vortrag einem lokalen Thema gewidmet. Regina Umland berichtete über Johann Gottfried Galle, der 1846 den Planeten Neptun an der alten Berliner Sternwarte entdeckt hatte. Gewohnt locker und kompetent schilderte die Referentin Leben und Werk des bekannten Astronomen. Das Thema wurde weiter vertieft im Hauptvortrag von Dieter B. Herrmann (Abb. 4), lange Jahre Direktor der Archenhold-Sternwarte. In 60 Minuten wurde die ,,Geschichte der Astronomie in Berlin" umfassend von den Anfängen - der Gründung der Kurfürstlich-Brandenburgischen Sozietät der Wissenschaften durch Gottfried Wilhelm Leibniz im Jahre 1700 - bis in die Gegenwart erzählt. Heute gibt es eine Fülle astronomischer Orte in Berlin, darunter das Zeiss Großplanetarium in Prenzlau, die Wilhelm-Foerster-Sternwarte auf dem Insulaner und die professionellen Sternwarten in Potsdam und Babelsberg, der Ort unserer Tagung von 2006. Auch der

Geschichte

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Universalgelehrte Alexander von Humboldt hatte starke Bindungen an Berlin. Weniger bekannt sein dürfte sein Wirken als Astronom, von dem Marco Levenhagen anschließend berichtete. Danach ging es um ,,Die Entwicklung computergestützter Steuer- und Regelungsmittel in der astronomischen Beobachtungstechnik von den Anfängen bis in die 1980er-Jahre". Der Referent, Reinhard Schielicke, war hautnah dabei, als in Jena an den großen

5 Das Sowjetische Ehrenmal im Treptower Park

6 Und abends in die ,,Turnhalle"!
Teleskopen des astronomischen Instituts Computer-Geschichte geschrieben wurde.
In der Mittagspause lockte das in Sichtweite der Sternwarte befindliche Restaurant ,,Eierschale" mit Speisen und Getränken. Wer keinen Hunger hatte, konnte den Treptower Park besuchen, der aufgrund des sonnigen Wetters in bunten Herbstfarben leuchtete. Ein Muss ist das monumentale Sowjetische Ehrenmal im Zentrum des Parks (Abb. 5).
Das Nachmittagsprogramm startete mit dem Vortrag ,,Kepler, der Künstler - der Urania-Tempel in den Rudolfinischen Tafeln" von Laetitia Rimpau. Keplers letztem Werk von 1627 ist ein allegorischer Tempel als Kupferstich und ein Lehrgedicht vorangestellt, das diesen Tempel zum Thema macht. Beides hat die Frankfurter Literaturwissenschaftlerin analysiert und kommt zu der These, dass Kepler der Verfasser des Gedichts ist. Dem widersprach Jürgen Reichert - Bearbeiter der gerade erschienenen, epochalen Neuauflage der Rudolfinischen Tafeln - in der nachfolgenden Diskussion. Hier zeigt sich, dass die Tagung auch

7 Der heutige Direktor, Felix Lühnung, zeigt den imposanten
Eisenmeteoriten

wissenschaftlich einiges zu bieten hat. Es folgte Klaus Rohe mit seinem Beitrag ,,Die Begründung der stellaren Astrophysik zum Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts". Der Referent stellte uns mit Jonathan Homer Lane, Robert Emden und August Ritter drei weniger bekannte Protagonisten der frühen Astrophysik vor. Petra Meyer, angehende Technikjournalistin, referierte anschließend über das interessante Thema ,,Journalisten in der Astronomie". Neben der Entwick-

lung der Popularisierung astronomischen Wissens wurden Personen wie Willi Ley, Heinz Haber und Joachim Bublath vorgestellt.
Für die nachfolgende Kaffeepause waren wir wieder in der ,,Eierschale" zu Gast. Hier stand ein großes Kuchenbüffet für uns bereit. Anschließend referierte Wolfgang Steinicke über ,,Bode, Herschel und die Flamsteed-Nummern" (als Ersatz für einen abgesagten Beitrag). Der Ursprung
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Geschichte

8 Ein Prunkstück der Sammlung:
der Meridiankreis aus der Sternwarte Altona
der allgemein verwendeten FlamsteedSternnummern ist mysteriös. Sie stammen jedenfalls nicht vom 1719 gestorbenen Astronomer Royal John Flamsteed. Es wurde gezeigt, dass die Bezeichnung erst 1774 gleichzeitig von Johann Elert

Bode und William Herschel ,,erfunden" wurde. Den letzten Beitrag gestaltete, in bekannter Qualität, Arnold Oberschelp. Es ging um den ersten und heute fast vergessenen ,,Kaiserlicher Mathematiker" Nikolaus Reimers, der sich später ,,Raimarus Ursus" nannte. Er lag zeitlebens im Streit mit Tycho Brahe um das geohelio-zentrische Weltsystem, einer Mixtur aus Ptolemäus und Kopernikus.
Nach der Abschlussbesprechung, die pünktlich um 18:45 Uhr endete, ging es in die ,,Turnhalle" - einem weiteren kuriosen Restaurant in Friedrichshain (Abb. 6). Das Ambiente fand große Zustimmung und beim hervorragenden Essen sah uns kein Geringerer als Einstein zu (der allerdings hier nie geturnt hat).
Ein weiterer Höhepunkt war die Führung in der Archenhold-Sternwarte am Sonntagmorgen. Fast zwei Stunden führte uns Felix Lühning durch das weitläufige Gelände. Die ständige Ausstellung beeindruckt durch ausgefallene Exponate, darunter ein Eisenmeteorit aus Arizona (Abb. 7), Modelle verschiedener Sternwarten und ein Meridiankreis aus der historischen Altonaer Sternwarte (Abb. 8). Besonders spektakulär war natürlich das Treptower Riesenfernrohr, das in allen Lagen präsentiert wurde (Abb. 9); das Gruppenfoto zeigt die gewaltigen Dimensionen (Abb. 10). Im 50-cm-CassegrainReflektor, der in einer Kuppel im Park aufgestellt ist, leuchtete zum Abschied die (Halb-)Venus für die Teilnehmer

9 Der längste Refraktor der Welt!
(Abb. 11). Dies beendete eine rundum gelungene Tagung - Fortsetzung folgt 2016 an einem weiteren historischen Ort.

10 Gruppenfoto mit Refraktor
VdS-Journal Nr. 57

11 Die Kuppel des Cassegrain-
Teleskops im Garten

Jugendarbeit

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Von seltsamen Quanten und kuriosen Katzen
von Lucia Härer

Quanten? Sind das nicht komische mikroskopische Teilchen, die so absurde Dinge tun können, wie an zwei Orten zugleich zu sein? Mit dieser und anderen Fehlvorstellungen aufzuräumen, war ein Ziel in der von Stefan Richter geleiteten Quantenmechanik-Arbeitsgruppe (QMAG) im Astronomischen Sommerlager (ASL) 2015. Aufbauend auf Schulwissen der Oberstufe konnte ein erster Einblick in die Theorie gegeben werden, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts das physikalische Weltbild auf den Kopf stellte.

1 Illustriert ist das Experiment zu Schrödingers Katze. In Bild 2 ist der
Überlagerungszustand veranschaulicht.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kam die Physik ins Wanken. Verantwortlich für diesen Umbruch waren gleich mehrere Phänomene. Dazu zählen insbesondere das Spektrum der Schwarzkörperstrahlung und der Photoeffekt. Deren Beschreibung gelang schließlich durch Max Planck und Albert Einstein. Sie zahlten dafür aber einen, für das damalige Verständnis, hohen Preis. Fundamentale Größen, wie beispielsweise Energie, können demnach nur in diskreten ,,Paketen", sogenannten Quanten, und nicht kontinuierlich übertragen werden. Eine weitere Eigenart quantenmechanischer Systeme ist, dass Messungen in der Lage sind, den Zustand eines Systems zu beeinflussen.
Diese Erkenntnisse bilden den Grundstein der Quantentheorie, mit deren fundamentalen Postulaten sich die QM-AG beschäftigte. Eine unserer wichtigsten Erkenntnisse war, dass der Zustand eines quantenmechanischen Systems nicht, wie in der klassischen Physik, einfach durch eine einzelne Messung bestimmt werden kann. Die Theorie umfasst lediglich eine statistische Beschreibung, nach der ein bestimmtes Ereignis mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auftritt. Um welches es sich im konkreten Einzelfall handelt, ist nicht vorhersagbar. Nach der Ensemble-Interpretation befindet sich damit nicht ein bestimmtes System in einem bestimmten Zustand, sondern eine unendliche Menge von gleicharti-

gen Systemen befindet sich gemeinsam in diesem bestimmten Zustand. In dieser Auffassung der Quantenmechanik muss man sich von einer Betrachtung einzelner Quanten verabschieden.
Andere Interpretationen, wie die Kopenhagener Deutung, gehen davon aus, dass sich eine quantenmechanische Beschreibung tatsächlich auch auf ein einzelnes Teilchen anwenden lässt. Demnach befindet sich ein System solange in einem Überlagerungszustand, einer sogenannten ,,Superposition", bis es von einem Beobachter gemessen wird. Doch warum ändert ein Objekt genau dann sein Verhalten? Was zeichnet eine Messung aus? Es gibt verschiedene Ansätze, dieses Messproblem zu lösen, zufriedenstellend physikalisch beschreiben lässt sich das Phänomen jedoch nicht.
Erwin Schrödinger, einer der Väter der Quantenmechanik und nicht gerade Katzenfreund, illustrierte die aus der Kopenhagener Deutung resultierenden Absurditäten mit folgendem Gedankenexperiment: Man setze eine Katze gemeinsam mit einer ,,Höllenmaschine", die durch einen zerfallenden Atomkern nach einer zufälligen Zeit Blausäure freisetzt, in eine Kiste. Ohne nachzusehen lässt sich nicht sagen, wann der Zerfall stattfindet und damit auch nicht, wann die Katze stirbt. Nach der Kopenhagener Deutung befände sich das Tier also in einem Überlagerungszustand aus

,,tot" und ,,lebendig". Daraus ergibt sich erneut die Frage, was die Katze nach dem Öffnen die Deckels dazu bewegt, sich für einen Zustand zu entscheiden. Ob so große Teilchensysteme wie eine Katze oder auch ein Mensch überhaupt quantenmechanisches Verhalten zeigen, ist allerdings noch eine interessante Fragestellung. Alles in allem war die Quantenmechanik-AG ein voller Erfolg. So sehr, dass von vielen Teilnehmern gleich ein Fortsetzungsworkshop für das nächste ASL gewünscht wurde. Auch die endliche Anzahl zu Schaden gekommener Katzen konnte glücklicherweise nach einigen Streicheleinheiten und Leckerlis rasch wieder besänftigt werden.
Comic
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Kleine Planeten

Neues aus der Fachgruppe Kleine Planeten
von Gerhard Lehmann
Der Apollo-Kleinplanet 2015 TB145, ein potenziell gefährliches Objekt, zog am 31. Oktober 2015 in nur 489.192 km Entfernung [1] an der Erde vorbei. Das FG-Mitglied Jost Jahn fotografierte ihn zwei Tage vorher mit einem 24-zölligen Newton auf der Sternwarte ,,C95 SATINO Remote Observatory" [2] in der Haute Provence in Frankreich (Abb. 1). Am nächsten Tag gelang es Tobias Felber, den nun wegen der kleineren Entfernung zur Erde jetzt am Sternenhimmel schnelleren Kleinplaneten mit einem 10-zölligen Schmidt-Cassegrain abzubilden (Abb. 2). Seit Oktober 2015 ist Tobias FG-Mitglied. Das Entdecken und Benennen von Kleinplaneten ist immer wieder wie das berühmte Salz in der Suppe. Ein erfahrener Kleinplanetenbeobachter ist das langjährige FG-Mitglied Uwe Süßenberger. Von seinen auf seiner Sternwarte ,,A74 Bergen-Enkheim Observatory" [3] entdeckten Kleinplaneten wurden fünf nummeriert und vier Namensvorschläge vom ,,Minor Planet Center" akzeptiert. Freuen kann er sich über den im Februar 2015 nummerierten und noch im Sommer 2015 benannten Kleinplaneten (425442) Eberstadt.

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1 Im Bild der Kleinplanet 2015 TB145 in einer
Bildmontage von ca. 200 Einzelaufnahmen von je 30 s Belichtungszeit. Aufgenommen am 29. Oktober 2015 um 23:32:43 UT bis zum 30. Oktober 2015 um 05:15:26 UT mit einer SBIG-STL-11000-CCD-Kamera und einem 24-zölligen Newton bei f/3,2 von Jost Jahn. Oben ist noch eine zufällige Satellitenspur der Raketenstufe CZ-3A R/B zu sehen. Bildorientierung: Osten links und Norden oben.
2 Im Bild der Kleinplanet 2015 TB145
in einer Bildmontage von fünf Einzelaufnahmen von je 7 s Belichtungszeit. Aufgenommen am 30. Oktober 2015 von 23:04:02 UT bis 23:05:29 UT mit einer Atik-383L-CCD-Kamera und einem 10zölligen Schmidt-Cassegrain bei f/6,3 von Tobias Felber. Bildorientierung: Osten links und Norden oben.

Kleine Planeten

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Die FG Kleine Planeten der VdS führt am 18./19. Juni 2016 ihre in jährlicher Folge stattfindende Kleinplanetentagung in der traditionsreichen Archenhold-Sternwarte [4] in Berlin durch. Wenn Sie dieses VdSJournal in Ihren Händen halten, wird es eine Tagungswebseite mit weiteren Informationen geben. Schauen Sie dazu bitte auf die Internetseite: www.kleinplanetenseite.de.

(425442) Eberstadt = 2010 EJ12
Discovered 2010 Mar. 7 by U. Suessenberger at Bergen-Enkheim. Eberstadt is the most southerly borough of Darmstadt, near to the castle Frankenstein, and was first documented in 782. Eberstadt is the hometown of the discoverer and also where he made his first astronomical observations with a small refractor.

Wenn Sie Lust bekommen haben, vielleicht auch einmal Kleinplaneten zu beobachten, dann sind Sie herzlich eingeladen. Als Mitglied in der FG Kleine Planeten werden Sie Gleichgesinnte treffen und von den Erfahrungen der anderen profitieren.
Kosmische

Web-Links: [1] Forthcoming Close Approaches To
The Earth: www.minorplanetcenter. net/iau/lists/CloseApp.html [2] ROTAT: www.stiftung-astronomie. de/de/ueber-rotat

[3] Homepage: www.bergen-enkheimobservatory.de/
[4] Homepage: www.sdtb.de/ Archenhold-Sternwarte.7.0.html

Begegnungen

von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries

Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der

Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiter bewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen

eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.

1 Der Kleinplanet (136472) Makemake, die Galaxien NGC 5725 und PG 1247+268, aufgenommen mit einer Canon 600 Da und einem
6-zölligen Newton bei f/5 von Dr. Robin Hegenbarth am 15. April 2015.
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Kleine Planeten

Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten im 2. Quartal 2016

Datum 07.04.2016 09.04.2016 01.05.2016 04.05.2016 07.06.2016 08.06.2016

Uhrzeit 22:00 22:00 24:00 22:00 24:00 24:00

Kleinkörper

mag

67P/Churyumov-Gerasimenko 16,7

(394) Arduina

14,9

(499) Venusia

15,7

(256) Walpurga

14,2

(7) Iris

9,5

(8) Flora

9,4

Objekt

Art

M 65 / M 66 / NGC 3628 Gx

M 66

Gx

NGC 5728

Gx

NGC 4643

Gx

M 80

GC

NGC 6356

GC

mag 9,2/8,9/9,6 8,9 11,4 10,8 7,3 8,2

Abstand 15' 2' 2' 4' 12' 12'

Abkürzungen: Gx = Galaxie, GC = Kugelsternhaufen

Als Motto dieses Artikels könnte man ,,Exoten" wählen. Dr. Robin Hegenbarth aus Tuttlingen schrieb mir, dass ihn der Artikel aus der Zeitschrift ,,Sky & Telescope" vom März 2015, ,,Beyond the Kuiper Belt", dazu inspiriert hat, einmal fotografisch nach Objekten jenseits der Neptunbahn zu schauen. Seine Wahl fiel auf den Zwergplaneten (136472) Makemake, den er am 15. April 2015 fotografierte [1]. Im Bildfeld seiner Kamera tummelte sich außerdem die prominente Galaxie NGC 4725, wodurch das Bild zu einer kosmischen Begegnung wurde. Bei der Recherche zu seiner Aufnahme fand Robin auch noch ein besonders exotisches Objekt, den Quasar PG 1247+268 in der Nähe von Makemake.
Die Balkenspirale NGC 4725 ist mit 9,3 mag eine der hellen Galaxien am Himmel. Sie befindet sich im Sternbild Coma Berenices und ist mit 100.000 Lichtjahren Durchmesser ähnlich groß wie die Milchstraße. Diese Seyfertgalaxie mit einem supermassereichen schwarzen Loch im Kern besitzt aber eine dreimal höhere Leuchtkraft als die Milchstraße. Ihr Abstand beträgt um die 50 Mio. Lichtjahre. Im Bild rechts von NGC 4725 befindet sich noch die 12,5 mag helle Galaxie NGC 4712. Sie befindet sich ca. dreimal so weit entfernt wie NGC 4725. Ein Begleiter der großen Balkenspirale dürfte aber die 12,3 mag helle Galaxie NGC 4747 links oberhalb von NGC 4725 sein. Einen ca. 10 Milliarden Jahre langen Blick in die Vergangenheit dürfen wir beim Quasar PG 1247+268 werfen, dessen Rotverschiebung z = 2,048 beträgt. Mit 15,5 mag ist er der hellste Quasar mit z > 2 und damit ein wahrer Exot. Nico Schmidt stellte ihn und andere interessante Quasare in der Zeitschrift ,,Interstellarum" Ausgabe 93 vor.
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Exotisch, zumindest für viele Amateurastronomen, sind die Transneptunobjekte (TNO). Deren bekanntestes Mitglied ist zwar der degradierte Planet Pluto, aber gesehen, geschweige denn fotografiert, haben ihn die wenigsten Hobbysterngucker. Ein weiteres Objekt außerhalb der Neptunbahn ist der 2005 entdeckte Zwergplanet (136472) Makemake. Benannt wurde er nach einer Schöpfergottheit von der Osterinsel. Sein Durchmesser beträgt ca. 1.500 km. Damit gehört er mit Pluto, Eris und Haumea zu den vier größten derzeit bekannten TNOs. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war Makemake ca. 7,7 Mrd. km von der Erde entfernt. In der Aufnahme von Robin sieht man, dass er mit ca. 17 mag deutlich schwächer als der Quasar war.
Die Aufnahme entstand mit relativ kleinem Equipment und als Serie von vielen, relativ kurz belichteten Aufnahmen. Es wurden 47 Aufnahmen von je 30 Sekunden aufaddiert. Dieses Beispiel zeigt, dass man auch mit einfachen Mitteln wahrhaft Exotisches und Wunderbares persönlich entdecken kann.
Der Kleinplanet (136472) Makemake befindet sich übrigens auch diesen Frühling und Frühsommer in der Nähe von NGC 4725. Wir würden uns über Fotos dieser kosmischen Begegnung sehr freuen. Exoten befinden sich auch in unserer kleinen Auswahl an kosmischen Begegnungen, wie etwa der Komet 67P/ChuryumovGerasimenko, der ja durch die Raumsonde Rosetta weltberühmt wurde, oder die beiden Kleinplaneten (7) Iris und (8) Flora, die durch ihre niedrige Nummer und hohe Helligkeit auffallen.
Kosmische Begegnungen finden täglich statt. Die obenstehende Tabelle enthält

eine kleine Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten, die von uns erstellt wurde. Damit Ihnen Ihr Weg zum persönlichen Bild einer kosmischen Begegnung erleichtert werden.
Eine Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren, finden Sie auf der Homepage von Klaus Hohmann [2]. Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit, verschiedene Parameter wie die Helligkeit des DeepSky-Objektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selbst auszuwählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden.
Wir möchten Sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS bitten, Ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals für Astronomie mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die Bilder per Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an diriesw@aon.at. Bitte vergessen Sie nicht, das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.
Web-Links: [1] Homepage: https://
dl.dropboxusercontent. com/u/46045296/NGC4725_ Makemake_RobinHegenbarth.jpg [2] Homepage: http://astrofotografie. hohmann-edv.de/aufnahmen/ kosmische.begegnungen.php

Kometen

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Vor 20 Jahren: Der Komet Hyakutake strahlt am Himmel
- eine Autofahrt, die es in sich hatte
von Karlheinz Seeger

Ende Dezember 1995 entdeckte der inzwischen verstorbene Japaner Yuji Hyakutake einen lichtschwachen Kometen (C/1995 Y1), welcher laut Prognose nicht sehr hell werden würde. Zu meiner Überraschung las ich dann wenig später in meiner Tageszeitung, das demnächst ein auffallend heller, mit bloßem Auge sichtbarer Komet namens Hyakutake am Firmament zu sehen sei! Es stellte sich heraus, dass Hyakutake bei Überwachungsbeobachtungen seines entdeckten Kometen am 30. Januar 1996 einen weiteren Kometen (C/1996 B2) aufspürte. Nachdem dessen Entdeckung bekannt wurde, stellten die Beobachter fest, dass er sich über viele Tage kaum weiter bewegte, gleichzeitig nahm jedoch seine Helligkeit stark zu! Dies konnte nur bedeuten, dass dieser Komet fast genau auf die Erde zuflog.
Nach Bekanntwerden des bevorstehenden Spektakels nutzte auch ich jede

1 Komet Hyakutake am 23.03.1996 um 22:55 UT im Sternbild Bootes, mit stehender
Kamera aufgenommen, Brennweite 50 mm, Belichtung 50 s.

Möglichkeit zur Beobachtung des Kometen. Er sollte laut Bahnberechnungen in einer Entfernung von nur 15,3 Millionen km am 25. März 1996 die Erde passieren.

Ich bekam ihn dann erstmals am frühen Morgen des 17. März 1996 schon als große, recht helle Koma mit meinem Feldstecher (8 x 56 mm) zu Gesicht. Die

2 Komet Hyakutake am Abend des 27.03.1996 um 21:00 UT bei Mondlicht, Brennweite 400 mm, 6 min belichtet

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Kometen

3 Komet Hyakutake am Morgen des 28.03.1996 um 02:00 UT ohne Mondlicht,
Brennweite 50 mm, 45 s belichtet

4 Komet Hyakutake am 15.04.1996 um 19:30 UT 400 mm Brennweite, 6,5 min belichtet

Tage danach herrschte leider schlechtes Wetter, aber ich erblickte den Kometen am frühen Morgen des 21.3., als es kurz aufklarte. Jetzt war er schon sehr gut mit bloßem Auge (ca. 1-2 mag) hoch am Himmel, mit bereits kurzem Schweif, zu sehen. Dann wurde das Wetter am Vormittag des 23. März gut. Ich begann dann am Abend während der Dämmerung bei mir zu Hause mit der Suche nach Hyakutake und erblickte, im Nordosten aufgehend, eine sehr große Koma. Da noch nicht Dämmerungsende war, sah man sie noch nicht optimal. Aber gleichzeitig zeichnete sich das kommende Problem ab: Es nebelte langsam ein! Was mache ich jetzt?
Nach kurzem Hin und Her fasste ich den Entschluss, mit dem Auto zu versuchen, von meinem Wohnort Nagold (Höhe 400 m) in Richtung höchste Nordschwarzwaldhöhen aus der dichten Nebelhülle raus zu fahren! Ich lud rasch Feldstecher, Stativ, kleine Taschenlampe, einen Stuhl und die Kamera mit Drahtauslöser in den Wagen und fuhr Richtung Westen los. Bei meiner Außenbeobachtungsstelle, dem 625 m hohen Egenhäuser Kapf, herrschte auch Nebel. Also weiter. Ich fuhr alsdann nach Freudenstadt, erreichte danach den Ort Kniebis (Höhe 902 m): immer noch Nebel. Also fuhr ich weiter, höher. Dann, schon kurz danach, bekam der Nebel Lü-
VdS-Journal Nr. 57

cken und ich erblickte immer mehr die Sterne. An der so genannten ,,Alexanderschanze" (Höhe 971 m), bog ich jetzt Richtung Norden in die Schwarzwaldhochstraße ein, und etwa 1,5 km weiter hielt ich auf einem Straßenparkplatz an und stieg aus.
Wow!!!
Der Blick zum gestochen klaren Himmel verschlug mir fast die Sprache! So einen riesigen Kometen mit solch einem fantastischen Aussehen hatte ich noch nie gesehen.
Es war jetzt kurz nach 23 Uhr und ich brachte rasch meine Geräte zum Einsatz. Der Komet war so hell (ca. 0 mag), dass ich mehrere Bilder mit stehender Kamera und Belichtungszeiten zwischen 15 und 50 s aufnahm (Abb. 1). Man sieht Hyakutake im Sternbild Bootes und erkennt seine große Ausdehnung. Mit der Faustmethode konnte ich etwa 30 Grad Schweiflänge messen. Er wirkte auf mich wie ein Gespensterstern unter den anderen Sternen. Ich konnte den Kometen jetzt noch lang beobachten und immer wieder auch fotografieren. Ab ca. 0:45 Uhr begann sich die Durchsicht allmählich zu verschlechtern und so beendete ich, auch wegen meines steifen Nackens (Komet fast im Zenit), gegen 2 Uhr am 24. März die Beobachtung und fuhr nach Hause.

In der darauffolgenden Nacht fuhr ich dann nochmals bis zum Schliffkopf (Höhe 1055 m). Die Berge waren jedoch hochreichend in Nebel gehüllt und ich hatte keine Beobachtungschance. In der darauffolgenden Zeit konnte ich Hyakutake, ab jetzt von Zuhause, aber noch viel beobachten und fotografieren sowie seine Aussehensveränderungen studieren.
Bis zum 27. März war dann erneut schlechtes Wetter. Am Abend dieses Tages konnte man den Kometen, trotz zunehmendem Mond, gut hoch am Himmel beobachten. Das nutzte ich und erstellte auch mehrere Aufnahmen (Abb. 2). Da Hyakutake jetzt zirkumplar war, ging es für mich am folgenden Morgen früh aus dem Bett und ich beobachtete ihn jetzt ohne störendes Mondlicht weiter (Abb. 3). Während des Aprils sah ich nun, wie er das bei Sonnenannäherung typische lang gestreckte Aussehen annahm (Abb. 4 am 15.4.). Am 19. April sah ich Komet Hyakutake von einer Stelle mit freier Sicht das letzte Mal. Er passierte danach, am 1. Mai 1996, in einer Entfernung von 0,23 AE die Sonne. Danach konnte man meines Wissens Hyakutake weltweit aus perspektivischen Gründen nicht mehr beobachten. Von diesem Kometen begeistert, freute ich mich jetzt gespannt auf das kommende ,,Event" dieser Art: den Kometen Hale-Bopp.

Kometen

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Kometen auf dem Herzberger Teleskoptref fen
von Uwe Pilz

Das Herzberger Teleskoptreffen ist durch die besonders guten atmosphärischen Bedingungen gekennzeichnet. Die Himmelsgüte reicht dort etwa eine halbe Größenklasse weiter als bei meinem ländlichen Beobachtungsplatz in der Dübener Heide. Aus diesem Grund kann ich mich bei diesem Treffen an Kometen heranwagen, deren Sichtung unter meinen Normalbedingungen sehr schwierig bis unmöglich ist.

Das diesjährige Treffen war das erste, das ohne seinen Gründer Ralf Hofner (Abb. 1) auskommen musste. Ralf hat das HTT im Jahr 2000 auf den Weg gebracht, es hat seither jedes Jahr stattgefunden. Leider ist Ralf im Herbst an den Folgen einer schweren Erkrankung verstorben, im Alter von nur 54 Jahren. Ich habe in einem Vortrag einen Überblick über sein Leben gegeben und seine astronomischen Verdienste gewürdigt. Der von ihm gegründete Verein ,,Sternfreunde Elbe-Elster" hat die Geschicke des Treffens weiter in die Hand genommen. Alles war wie immer gut organisiert.

1 Ralf Hofner (1960-2014), Gründer des Herzberger Teleskoptreffens

Es gab zwei ,,gute" Beobachtungsnächte, vom Donnerstag (17. September 2015) auf den Freitag ab ca. 22 Uhr und vom Freitag auf den Samstag nach Mitternacht. Beide Abende waren wolkig, doch klarte es später auf. Ich begann meine Beobachtungen am Donnerstag gegen 23 Uhr. Zu dieser Zeit stand der viel beobachtete C/2014 Q2 (Lovejoy) nur noch ca. 20 Grad hoch; ich habe auf eine Beobachtung verzichtet.

Ich begann meinen Beobachtungsabend mit C/2015 F4 (Jacques), der sich in der Leier und damit nahezu im Zenit befand. Diesen Kometen habe ich schon einige Male vorher gesehen. Er ist gut kondensiert und war trotz der Magnitude von 12,5 mag kein Problem für meinen 12-Zöller. Ich konnte einen kleinen asymmetrischen Schweif nachweisen (Abb. 2).
Ebenfalls gut erreichbar am Abendhimmel war der Komet 88P/Howell an der

2 Komet C/2015 F4 (Jacques), 17. September 2015, 21:50 UT, gesehen am
32-cm-Newton bei 120x.
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100 Kometen

Grenze Widder/Walfisch. Auch seine Helligkeit bewegte sich jenseits von 12 mag. An diesem Abend stand er in der Nähe der Galaxien IC 267 (13 mag) und NGC 1134 (12,5 mag). Ein erster Blick auf dieses Trio gelang mir im 24-Zöller der Sternwarte Radebeul. Mit dieser Öffnung war die flächenhelle Galaxie IC 267 das auffallendste Objekt. Sie hatte eine ungewöhnlich, rechteckig scheinende Form. Wahrscheinlich wurde dieser Eindruck durch helle HII-Regionen in den Spiralarmen hervorgerufen. Die flächenschwache NGC 1134 war bei der an diesem Instrument möglichen Minimalvergrößerung von ca. 100-fach am schlechtesten zu sehen, obwohl sie nach dem Magnitudenwert das hellste Objekt im Feld darstellt. Die Messungen nahm ich an meinem 12-Zöller vor. Hier bot sich ein ganz anderer Eindruck. NGC 1134 war der auffallendste Nebel, Komet Howell und IC 267 nahmen sich nicht viel (Abb. 3).
Der Komet PANSTARRS, C/2014 S2, hat sich offenbar gut entwickelt. Kurz vor 2 Uhr stand die Kassiopeia hoch am Himmel und ich konnte einen 11 mag hellen Schweifstern beobachten. Dies war der auffallendste Komet, der zu dieser Zeit am Himmel stand (Abb. 4).
Am Morgenhimmel widmete ich mich einem Kometenpaar, welches sich in der Nähe der Krippe aufhielt. Etwas oberhalb des Sternhaufens stand 67P/ChuryumovGerasimenko. Diesen Kometen wollte ich unbedingt mit eigenen Augen sehen, die Bilder der Rosetta-Sonde und der Philae-Landeeinheit genügten mir nicht. Einige Grad unterhalb der Krippe stand 141P/Machholz. Diese wenigen Grad Unterschied brachten mich viel näher an den Horizont, als ich erwartet hatte. Es gelang mir gerade so, den Kometen zu sehen und zu vermessen. Unmittelbar danach setzte die Dämmerung ein. Ich hatte keine Chance, mich auf die Suche nach der abgespaltenen Komponente H zu machen. Der nächste Abend war zunächst von durchziehenden Wolken geprägt. Es war aber genug Sternhimmel zu sehen, dass ich meine traditionelle Führung durch den Nachthimmel anbieten konnte. Erst nach Mitternacht hatte ich Zeit für eigene Beobachtungen. Der Himmel war inzwischen wolkenfrei. Michael Jäger hatte mich darauf hinge-
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3 Komet 88P/Howell, 17. September 2015, 23:15 UT,
gesehen am 32-cm-Newton bei 96x

4 Komet C/2014 S2 (PANSTARRS), 23:45 UT, gesehen am 32-cm-Newton bei 96x

wiesen, das 19P/Borelly wieder sichtbar würde. ,,Sichtbar" bedeutet für Michael: unter dem österreichischen Alpenhimmel. Dennoch habe ich versucht, den Kometen aufzufinden. Er stand tief am Morgenhimmel. Wiederum konnte ich den Kometen gerade eben aufsuchen und vermessen, ehe die Dämmerung begann.

Ich hatte für sieben Kometen Aufsuchkarten dabei. Sechs Kometen habe ich tatsächlich beobachtet, ein guter Erfolg.

Meteore 101

Die Beobachtung der Perseiden 2015 auf der Walleralm, Oberbayern
von Peter C. Slansky

Für die Perseiden herrschten 2015 besonders gute Beobachtungsbedingungen: Neumond und gutes Wetter - jedenfalls in Oberbayern. So traf ich mich mit Matthias Knülle und seinem Sohn Florian auf der Walleralm im Oberen Sudelfeld, südlich des über 1.800 m hohen Wendelsteins. Dieser Ort auf rund 1.400 m Höhe hat einen dunklen Himmel, ist mit dem Auto anfahrbar (die meiste Zeit des Jahres jedenfalls) und hat eine angenehme Unterkunft. Hier hatten Matthias und ich bereits 2012 den Venustransit und die Perseiden beobachtet.

Neben der visuellen Beobachtung hatten wir insgesamt knapp 20 Kameras im Einsatz, wobei wir drei verschiedene Aufnahmetechniken gegeneinander antreten ließen: - Langzeitbelichtungen mit einer
Batterie von 13 nicht-digitalen Fotokameras mit mittleren Brennweiten auf mittelempfindlichen Farbnegativfilm - Kurzzeitbelichtungen mit digitalen Spiegelreflexkameras mit WeitwinkelObjektiven - Videoaufnahmen mit WeitwinkelObjektiven und extrem hoher Empfindlichkeit.

1 Visuell deckte Matthias mit Florian den Sektor Süd bis West ab.

Die Auswertung unseres umfangreichen Materials dauerte zum Zeitpunkt dieses Artikels noch. Unseren Beobachtungsstandort nahmen wir am Ufer des neu angelegten Speichersees für die Schneekanonen des Skigebiets Oberes Sudelfeld. Der See bildete dann auch den Bildvordergrund für einige unserer Kameras, u. a. meine DSLR, den Hintergrund in Richtung Norden bildete der Wendelstein.

2 Ich beobachtete den Sektor Ost bis hin zum Zenit.

Visuelle Meteorsichtungen Unsere visuellen Sichtungen (Abb. 1 und 2) trugen wir jeweils mit sekundengenauer Uhrzeit und geschätzter Helligkeit und Fallgeschwindigkeit in Sternkarten ein, die alle 20 Min. gewechselt wurden. Bis zum Beobachtungsende waren die Temperaturen mit 14 Grad C angenehm mild, so dass die Konzentration nicht nachließ. Zwischen 23:00 und 03:40 Uhr MESZ

(abzüglich einiger Pausen) sichtete ich visuell insgesamt 96 Meteore, davon 64 Perseiden, 14 andere und 18 nicht klar zuzuordnende.
Fotografie mit einer Batterie von 13 Kleinbildkameras In sehr schöner Sperrholztechnik hatte Matthias eine Plattform für 10 bis 15 Kameras gebaut. Fünf Kameras bilden einen

Fächer nach vorne, weitere fünf einen Fächer Richtung Zenit, die übrigen sind auf Kugelköpfen frei positionierbar. Diese Batterie bestückten wir mit insgesamt 13 Canon-Kleinbildkameras, die meisten davon vom Typ T70. Dieses Modell besitzt einen eingebauten Motor, B-Funktion und lässt sich elektrisch durch eine originale Canon-Steuerung ansteuern. Im Internet gibt es die T70 zwischen 5 und
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102 Meteore

3 Perseiden über dem Wendelstein. Canon EOS 20Da, Sigma Zoom 3,5/10-22 mm, Brennweite 13 mm, Blende 3,5, ISO 1.600, Komposit
aus 323 Aufnahmen à 15 Sek., 21:09 - 22:30 UT

15 Euro zu kaufen; zusammen brachten wir genug 50-mm-Objektive zusammen. Wir setzten Farbnegativfilm Fuji Superia X-tra 400 ein.
Bei dieser Aufnahmetechnik ist der Schwarzschildeffekt des Filmmaterials (das Nachlassen der Filmempfindlichkeit bei längeren Belichtungszeiten) tatsächlich einmal ein Vorteil: Man kann, bei gleicher ISO-Empfindlichkeit und Blende, länger belichten und kommt somit mit weniger Aufnahmen aus als mit einer Digitalkamera ohne Schwarzschildeffekt. Bei Blende 2,8 belichteten wir jeweils 10 Minuten, das macht sechs Aufnahmen pro Stunde.
Um 22:00 Uhr starteten wir das Ungetüm, das jeden Auslösevorgang vernehmlich mit einem 13-fachen ,,Klackkk-Riiiiet" bekundete. Um 4:00 Uhr waren die 13 Filme voll. Die erste Sichtung durch Matthias mit der Lupe am Leuchttisch ergab mindestens 20 Meteorstrichspuren, darunter einige sehr helle (im Negativ also: dunkle).
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Durch die mittlere Brennweite ergeben sich insbesondere am Horizont sehr attraktive Bildausschnitte mit relativ langen Strichspuren. Im nächsten Schritt werden die besten Aufnahmen gescannt und digital bearbeitet.
Fotografie mit Canon EOS 20Da Meine inzwischen auch schon 10 Jahre alte DSLR Canon EOS 20Da setzte ich mit einem Sigma-Weitwinkelzoom 3,5/10-22 mm auf ein Stativ und richtete sie Richtung Norden aus (Abb. 3), mit dem Speichersee im Vordergrund und dem Wendelstein im Hintergrund. Bei f = 13 mm (APS-Size), Blende 3,5, ISO 1.600 und 15 Sek. Belichtungszeit nahm ich zwischen 23:09 und 4:06 Uhr MESZ insgesamt 49 Meteore auf. Darunter war ein sehr heller Bolide gegen 00:23 Uhr MESZ, den ich visuell leider nicht sichtete - ich beobachtete ja in die entgegengesetzte Himmelsrichtung.
In zweitätiger Arbeit am Laptop bearbeitete ich eine Sequenz von 323 Aufnahmen zu einem Komposit (Abb. 3). Die-

ses Bild deckt den Zeitraum von 23:09 - 00:30 Uhr MESZ ab, also etwa 1 Std., 20 Min. Die Bildbearbeitung geschah im Wesentlichen in Fitswork nach der Methode ,,Aufaddieren; Maximum". Hierbei wird für jeden Bildpunkt der Zieldatei in allen Original-Bildern nach dem jeweils maximalen Helligkeitswert bewertet. Dadurch werden die Strichspuren der Sterne wie auch der Meteore gegenüber dem Himmelshintergrund hervorgehoben. Die meiste Arbeit machte jedoch nicht das Komposit selbst, sondern das Herausretuschieren der zahlreichen Flugzeugspuren ...
Videoaufnahme mit Sony Alpha 7S Seit Herbst 2014 ist meine neue MeteorSpezialwaffe die Sony Alpha 7S mit ihrer unglaublichen Empfindlichkeit von bis zu ISO 400.000. Damit ermöglicht sie Videoaufnahmen von Meteoren in Echtzeit, d. h. als Laufbild in Full-HD-Auflösung 1.920 x 1.080 Pixel mit 25 Bildern pro Sekunde. Auch die Sony Alpha 7S wurde auf ein Stativ gesetzt, jedoch gegen den Zenit gerichtet. Als Objektiv kam ein

4 Perseide. Kamera: Sony Alpha 7S, Objektiv:
Canon FD 2,8/28 mm, Blende 4, ISO 160.000, Filmmodus 25 B/s, Komposit aus 53 Einzelbildern à 1/25 Sek., 22:32:18 UT.
älteres Canon (Vollformat-) Weitwinkel FD 2,8/28 mm bei Blende 4 zum Einsatz.
Mit dieser Aufnahmetechnik nahm ich ab 23:01 Uhr MESZ bei einer Gesamtaufnahmedauer von 3 Std., 32 Min. insgesamt 73 Meteore im Video auf, davon 54 Perseiden. Die Video-Bildbearbeitung dauert noch an. Da sich Videos nicht im Druck darstellen lassen (noch nicht ...), fertigte ich auch hier einige Komposits an: Die Abbildung 4 wurde aus 53 Einzelbildern à 1/25 Sek bei Blende 4 und ISO 160.000 gewonnen. Auf meiner Website ist bald ein Zusammenschnitt der schönsten Perseiden 2015 zu sehen.
Bei der Videoaufnahme ergibt sich ein interessanter Effekt in Bezug auf das Verhältnis der Belichtung der Sterne und des Himmelshintergrundes einerseits und der Meteore andererseits: Gegenüber der länger belichteten digitalen Fotoaufnahme werden Sterne und Himmelshintergrund sehr viel kürzer belichtet, während die effektive Belichtungszeit der Meteorspur auf dem einzelnen Pixel bei gleicher Brennweite und Blende gleich bleibt. Dadurch treten die Meteore stärker hervor.
Fazit Die Beobachtung der Perseiden 2015 auf der Walleralm war für Matthias, Florian und mich ein voller Erfolg - durch die visuellen, fotografischen und videografischen Ergebnisse, aber auch vom Erleben her. Auch wenn die Auswertung des umfangreichen Materials noch andauert, so lässt sich schon jetzt sagen, dass der direkte Vergleich ganz unterschiedlicher Aufnahmetechniken sehr interessant und spannend war. Letztgültige Schlussfolgerungen können und wollen wir noch nicht ziehen. Aber für die nächste Meteorbeobachtung unter guten Bedingungen gibt es neue Pläne, etwa den Einsatz der hochempfindlichen Sony Alpha 7S an meiner All-Sky-Kamera ...

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VdS-Journal Nr. 57

104 Meteore

Feuerkugel im Orion
- ein kurzer Beobachtungsbericht
von Hans Hopf

Mit viel Glück konnte ich am Abend des 15. März 2015 einen sehr hellen Boliden und seine sich verwirbelnde Nachleuchtspur (persistent train) fotografieren. Mein

eigentliches Ziel war, die Gegend um den Rosetten-Nebel im Sternbild Orion aufzunehmen. Dazu war meine Canon 1100D mit einem 55-mm-Objektiv be-

stückt. Auf einem Stativ hatte ich den iOptron Skytracker montiert, der die Kamera den Sternen nachführte. Um 20:40 Uhr MEZ startete ich die Bildsequenz

1 Zur Bildmontage: 1. Aufnahme 19:44 UT, letzte Aufnahme 20:40 UT. Alle Einzelaufnahmen sind gleich bearbeitet und zeigen einen
Ausschnitt von 16 mal 16 Grad des ursprünglichen Bildfeldes der Kamera. Der helle Stern in der Bildmitte ist Beteigeuze, der stark aufgebläht ist. Ursache hierfür ist die Bildverarbeitung, insbesondere eine starke Kontrasterhöhung, um den ,,Persistent Train" deutlich sichtbar zu machen.
VdS-Journal Nr. 57

Meteore 105

(Blende 4, ISO 1.600, Belichtungszeit jeweils 60 Sekunden), überzeugte mich, dass alles richtig lief und ging - zu meinem Missvergnügen, wie ich später feststellen musste - ins Haus zurück.

Gegen 22:50 Uhr MESZ beendete ich die Aufnahmeserie und betrachtete die Aufnahmen auf dem Computerbildschirm. Sofort fiel mir ein Vorschaubildchen auf, das deutlich heller als die anderen erschien. Als ich dieses Bild öffnete und eine helle Spur darauf entdeckte, dachte ich zunächst an ein Flugzeug, welche ich leider viel zu oft auf meinen Bildern finde. Aber bei der Betrachtung der nachfolgenden Bilder sah ich dann die Veränderungen der Leuchtspur und war mir sicher, einen hellen Meteor erwischt zu haben. Ein sofortiger Blick auf die Webseite des Astrotreff bestätigte dies wenig später. Leider hatte ich den fast vollmondhellen Boliden nicht mit eigenen Augen gesehen.

2 Ein Einzelbild aus der Bildmontage als vollständige Originalaufnahme

Beobachtungen und Fotos des Meteors sind in vielen Astroforen und auch Zeitungen erschienen. Eine Seite des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist speziell diesem Meteor gewidmet [1]. Eine Animation dieser Bildsequenz findet sich unter [2].

Web-Links: [1] www.dlr.de/dlr/desktopdefault.aspx/
tabid-10080/150_read-14444/yearall/#/gallery/20200 [2] www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ ID=179025&whichpage=4 (Beide Stand: September 2015)

Feuerkugeln melden leicht gemacht!
von Sirko Molau

Viele Menschen sind fasziniert von Sternschnuppen - auch solche, die mit der Astronomie sonst gar nichts am Hut haben. Noch mehr Aufmerksamkeit erregen helle Feuerkugeln. Zufällige Augenzeugen dieser seltenen Ereignisse möchten verstehen, was sie da gesehen haben, und ihre Beobachtung mit anderen teilen. Nach größeren Ereignissen gibt es häufig viele Meldungen in sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook, Diskussionen in Internetforen und Anfragen bei Sternwarten und astronomischen Vereinigungen.

auch menschliche Augenzeugen einen wertvollen Beitrag leisten und dafür sorgen können, dass am Ende vielleicht sogar ein Meteorit gefunden wird.

In der American Meteor Society (AMS) hat man sich vor einigen Jahren Gedanken gemacht, wie man die Meldung von Feuerkugeln durch zufällige Augenzeu-

Nun gibt es seit über 50 Jahren das European Fireball Network, mit dem der Himmel über Deutschland und angrenzenden Ländern in jeder Nacht fotografisch auf helle Feuerkugeln hin überwacht wird. In den letzten Jahren ist eine Vielzahl von Videokameras hinzugekommen, die entweder gezielt nach Meteoren und Feuerkugeln Ausschau halten oder im Fall von Überwachungskameras zufällige Zeugen werden. Obwohl diese Aufnahmen zum Teil viel genauer und objektiver als visuelle Sichtungen sind, haben mehrere Fälle in den letzten Jahre gezeigt, dass

1 Die ,,Heat Map" der Feuerkugel vom 15. März 2015 zeigt auf einen Blick,
wo die meisten der über 200 Sichtungen gemacht wurden.
VdS-Journal Nr. 57

106 Meteore

2 Auf der Beobachterkarte werden alle eingegangenen Reports visualisiert.
Ein Klick auf ein Beobachtericon liefert alle Details zur jeweiligen Sichtung.

gen verbessern kann. Herausgekommen ist eine Webseite, die basierend auf modernen Webtechnologien wie Google Maps die Eingabe möglichst einfach und für den Laien verständlich gestaltet, auf der anderen Seite jedoch so präzise Angaben ermöglicht, dass eine wissenschaftliche Verwertung der Daten möglich wird. Zudem kann der Augenzeuge nach der Eingabe seiner Daten sehen, wer die Feuerkugel noch gesehen hat und wie die Beobachtungen zueinander passen.

Nachdem die International Meteor Organization (IMO) seit vielen Jahren kein Meldesystem für Feuerkugeln hatte, wurde 2013 die Idee geboren, aus der lokalen US-Lösung ein weltweit verfügbares Feuerkugel-Meldeformular zu machen. Mit Hilfe der IMO-Mitglieder wurde das Formular in bisher 28 Sprachen übersetzt. Es wird nun nicht nur auf der AMS-Webseite angeboten, sondern auch auf der Homepage der IMO und weiteren astronomischen Webseiten weltweit. Alle Daten fließen trotzdem in eine gemeinsa-

me Datenbank und stehen interessierten Auswertern zur Verfügung.
Im Februar 2015 war die Integration so weit abgeschlossen, dass die internationale Version des Meldeformulars online gehen konnte, und bereits zwei Wochen später hatte es seine erste Bewährungsprobe. Am Abend des 15. März wurde in Süddeutschland und in den angrenzenden Nachbarländern Frankreich, Schweiz und Österreich eine sehr helle Feuerkugel gesehen, zu der innerhalb weniger Tage über 250 Beobachtungsmeldungen eingingen (siehe dazu auch den Bericht von H. Hopf in diesem Heft). Die Abbildung 1 zeigt die ,,Heat Map" des Ereignisses, also aus welchen Regionen die meisten Sichtungen kamen. Die Abbildung 2 zeigt eine Karte aller Beobachter der Feuerkugel, von Leipzig im Norden über Salzburg im Südosten bis Luzern im Südwesten. Bereits wenige Tage später war klar, dass es vermutlich zu einem Meteoritenfall gekommen ist. Leider liegt der berechnete Auftreffpunkt jedoch in alpinem Gelände in der Schweiz, weshalb bisherige Suchkampagnen erfolglos waren.
Das Meldeformular kann nicht nur an die Muttersprache des Augenzeugen angepasst werden. Lokale astronomische Vereinigungen und Sternwarten haben

VdS-Journal Nr. 57

3 Originales Feuerkugelformular auf der Webseite der IMO und zwei angepasste deutsche Versionen.

108 Meteore

die Möglichkeit, das Formular in das eigene Layout zu kleiden und auf der eigenen Homepage zu verlinken. So kann der Name und das Logo des Vereins, aber auch evtl. vorhandene Twitter- und Facebook-Accounts verlinkt werden. Dazu erfolgt eine Alarmierung per Mail, wenn eine Sichtung über das lokale Formular gemeldet wurde. Der Vorteil für den Verein besteht darin, dass er über lokale Feuerkugelbeobachtungen direkt informiert wird und ggf. darauf reagieren kann (News-Ticker, Beantwortung von eingehenden Fragen, Diskussion in Foren, Meldung an die lokale Presse).
Auf der anderen Seite steigen die Chancen, dass ein zufälliger Augenzeuge bei seiner Suche im Internet auf unser Formular trifft. Außerdem gehen die Beobachtungen direkt in die zentrale Datenbank und damit nicht verloren. Die Abbildung 3 zeigt die Originalseite auf der Homepage der IMO sowie zwei Beispiele, wie das Formular für deutsche Webseiten angepasst wurde. Unser Formular ist unter der URL www.meteoros. de/feuerkugel/ zu erreichen. Die Anpassung ist denkbar einfach - wie es genau geht, ist im Infokasten beschrieben.

Wie erhalte ich eine angepasste Version des Feuerkugelformulars?

Schicken Sie eine e-Mail mit folgendem Inhalt an Vincent Perlerin (vperlerin@gmail.com):

Standardsprache des Formulars Vereinslogo / Sternwartenlogo (größtmögliches Format) Vollständiger Name des Vereins / der Sternwarte Abkürzung (optional) URL der Homepage URL der Facebook-Seite (optional) Facebook App ID (optional) URL der Twitter-Seite (optional) Google Analytics UA Code (optional) Liste von e-Mail-Empfängern, die bei Nutzung des Reports werden sollen

benachrichtigt

Nutzen Sie die Möglichkeit und verlinken Sie Ihre Version des FeuerkugelMeldeformulars auf der Homepage Ihres Vereins oder Ihrer Sternwarte!

Bleibt noch zu erwähnen, dass die AMS auch eine App für ios und Android entwickelt hat, welche die Eingaben zusätzlich unterstützt. So kann der Augenzeuge ähnlich wie bei Sternkarten-Apps durch Ausrichtung des Smartphones in Beobachtungsrichtung und eine Wischgeste auf dem Display erfassen, in welcher

Richtung er die Feuerkugel beobachtet hat. Das Handy ermittelt automatisch den lokalen Standort sowie Azimut und Höhe vom Anfangs- und Endpunkt der Feuerkugel. Noch ist die ,,AMS Meteor Reporting App" nur auf Englisch verfügbar, aber auch hier gibt es weitreichende Pläne.

Impression

Einige Tage nach dem ersten Viertel zeigt der Mond seinen ,,Goldenen Henkel": Dann tauchen die Berge der Montes Jura im Sonnenlicht auf, während die tiefer liegende Ebene des Sinus Iridum noch im Schatten liegt. Aufnahme von Sven Melchert mit 300-mm-Objektiv plus 2x-Konverter und Canon 6D.

Spektroskopie

109

ÉDaSS - Échelle-Data-Simulation Software
von Daniel P. Sablowski

Da die Anforderungen der Messpräzision und Stabilität für wissenschaftliche Messungen stetig zunehmen, ist es von wachsender Bedeutung, die Eigenschaften der neu zu entwickelnden Instrumente schon lange vor der Bauphase ausgiebig zu simulieren und zu analysieren. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn unterschiedliche Design-Ansätze für die Messaufgabe vorliegen und eine Entscheidung getroffen werden muss. Die allgemeinen Parameter wie Auflösung, Dispersion, Sampling, um nur einige zu nennen, sind vom zu Grunde liegenden ,,science goal" vorgegeben. Des Weiteren darf bei der Analyse nicht nur das Messgerät selbst untersucht werden, sondern das Zusammenspiel mit der gesamten Messkette, welche beim Objekt selbst beginnt und über die interstellare bzw. intergalaktische Materie, Erdatmosphäre, Teleskop, Messgerät, beim Detektorsystem und äußeren Einflüssen endet.

60 Grad Winkeln verwendet. Im Eingabe-File stehen die Sellmeier-Koeffizienten für F2-Glas, was aber leicht an jedes andere Glas angepasst werden kann. Es sollen noch zwei weitere Optionen folgen: Volumen-Phasen-Holografische (VPH) Gitter und VPH-Grism.
Als nächstes wird die Anzahl der optischen Flächen abgefragt, welche dann näher spezifiziert werden müssen. Unbeschichtete Flächen werden über den Brechungsindex und den Einfallswinkel charakterisiert und die Transmission bzw. Reflexionsverluste errechnet und angezeigt. Nun werden die Daten im Eingabe-File gelesen, wobei zwei Files vorliegen: eines für die Konfiguration mit Prisma-CD und eines für Gitter-CD. In diesem File stehen alle notwendigen Parameter und technische Angaben, die zur Berechnung notwendig sind. Die Effizienz des CCD-Chips wird auf Grund

mangelnder guter Quanteneffizienzdaten mit einer planckförmigen Kurve angenähert. Spezifiziert werden hierzu die PeakEffizienz und die Wellenlänge, bei der diese auftritt.
Für den Nutzer von Gnuplot werden einige Hinweise zum Plotten sowie zu den gespeicherten Daten auf die Konsole geschrieben. Die Zentralwellenlänge und der maximale Feldwinkel an der Bildebene des Spektrografen werden ebenfalls ausgegeben. Weiterhin wird die kleinste und größte, vom CCD-Chip noch erfasste Wellenlänge angegeben, wie auch die Nummer der höchsten und niedrigsten Beugungsordnung und deren Zentralwellenlängen.
Damit ist die Berechnung der Übersichtsparamter abgeschlossen und die Berechnung der Parameter und die Erzeugung des CCD-Bildes beginnt. Nach

Die hier vorgestellte Software wurde in C++ geschrieben und basiert auf einem Eingabe-File, welches alle wichtigen Grundparameter des optischen Systems beinhaltet. Als Quelle wird a priori eine Planckverteilung angenommen. Es können jedoch auch über Linienlisten Emissionsspektren erzeugt werden. Auch Absorptionsspektren sind über entsprechende Linienlisten erzeugbar. Die Erdatmosphäre wird ebenfalls berücksichtigt und die wellenlängenabhängige Extinktion wird durch Angabe der Zenitdistanz errechnet. Außerdem können optische Flächen wie Spiegel, Linsen und Beschichtungen spezifiziert werden. Auch Spektren für klassische Spektrografen können erzeugt werden.

1 3D-Landschaft eines typischen Échellespektrums, wie es von ÉdaSS erzeugt wird

Das Programm Wird das Programm ausgeführt, fragt es zunächst nach der Wahl für einen CrossDisperser (CD). Momentan stehen die Optionen Gitter und Prisma zur Verfügung. Das Gitter wird als Transmissionsgitter mit einer Peak-Effizienz von 75 % angenommen, dieser Wert kann im EingabeFile angepasst werden. Das Prisma wird als equilaterales Dispersionsprisma mit

2 Plot durch eine einzelne Pixelzeile der Beugungsordnung 140 des Spektrums aus Abb. 1
VdS-Journal Nr. 57

110

Spektroskopie

Nun können Parameter aus dem entsprechenden Ausgabefile geplottet werden. Diese sind: Auflösungsvermögen, Anzahl registrierter Photonen, Dispersion, Anamorphismus, Nyquist-Faktor, Transmission der Erdatmosphäre, Effizienz des Systems und die projizierte Spaltbreite. Abschließend zeigen wir noch eine instruktive Analyse, die aus solchen Daten gewonnen werden kann. An erzeugte Absorptionsspektren mit gaußförmigen Linien wurden Gaußfunktionen angefittet und der Standardfehler in Abhängigkeit des Rauschens und des Samplings untersucht. Die Abbildung 4 zeigt das Ergebnis auf grafische Weise. Die Legende oben rechts gibt das Sampling der FWHM der Gaußkurve an. Die blaue Linie korrespondiert also zu einer Abbildung der FWHM auf zwei Pixel und gehört damit zur Nyquist-Bedingung. Wir sehen aber, dass der Standardfehler mit zunehmendem Sampling abnimmt. Eine wesentliche Reduktion wird jedoch durch die Reduktion des Rauschens erreicht.

3 Échellogramm für (oben) 79 l/mm- und
Abschluss der Berechnungen wird die Halbwertsbreite des Seeingscheibchens, der Spektralbereich, und die CPU-Rechenzeit ausgegeben.
Ergebnisse und Diskussion Mit den erzeugten CCD-Bildern lassen sich Datenreduktionsroutinen prüfen bzw. entwickeln. Es können bereits, da die dominierenden Rauschquellen ebenfalls berücksichtigt werden, Stabilitätsbetrachtungen der Linienpositionen durchgeführt und es können Belichtungszeiten abgeschätzt werden. Als Rauschquellen werden das Photonenrauschen und das Ausleserauschen der CCD berücksichtigt. Weitere Rauschquellen können berücksichtigt werden, indem der Eingabewert für das Ausleserauschen angepasst wird. In der Abbildung 1 ist beispielhaft ein 3D-Landschaftsplot eines typischen Échellespektrums (Prisma-CD) gezeigt. Ein Plot durch eine einzelne Pixelzeile der Ordnung 140 in diesem Échellespektrum ist in der Abbildung 2 gezeigt. Hier sieht man gut die leicht asymmetrische Form der Blazefunktion, wenn nicht in Littrow-Konfiguration gearbeitet wird. Die Wellenlängenskalen je Beugungsordnung werden mit ausgegeben und

(unten) 31,6 l/mm-Échellegitter können daher, wie in der Abbildung 2 geschehen, praktischerweise mitgeplottet werden. Die Draufsicht des Échellespektrums wird als Échellogramm bezeichnet und ist beispielhaft in der Abbildung 3 gezeigt. Das obere zeigt ein Spektrum berechnet für ein 79 l/mm- und das untere für ein 31,6 l/mm-Échellegitter.
4 Abhängigkeit des Standardfehlers der
und des Samplings der Spektren

Schlussbemerkung Neben den bereits verfügbaren Features sollen noch die beiden anderen Optionen für den CD-Typ implementiert werden. Außerdem soll noch die Möglichkeit für äquidistante Emissionssignale, wie sie von einem Laserkamm oder einem Fabry-Perot bereit gestellt werden, eingearbeitet werden. Eine Testversion der Software kann von [1] kostenlos geladen werden. Web-Link: [1] astro-spec.com
Linienposition in Abhängigkeit des Rauschens

VdS-Journal Nr. 57

Sonne 111

Die provisorischen Relativzahlen des SONNE-Netzes, 1. Halbjahr 2015
von Andreas Bulling

Die Relativzahlen des SONNE-Netzes weichen ab dem 01. Juni 2015 von denen des SIDC ab. Ursache ist eine Umstellung beim SIDC, die sowohl die Auswertungsmethode mit Wahl der primären Station als auch die Skalierung der Relativzahlen betrifft. Im Wesentlichen entfällt ein allgemeiner Faktor von 0,6 - womit die Zahlen deutlich angehoben werden und eher dem entsprechen, was einzelne Beobachter mit heutigen Teleskopen beim Zählen ermitteln.
Sowohl SONNE als auch andere wichtige Amateurnetze haben diese Umstellung (noch) nicht vollzogen. Einerseits hat sich das Auswerteverfahren von SONNE in der Vergangenheit sehr gut bewährt, andererseits ist der Umstellungsprozess beim SIDC noch nicht vollständig abgeschlossen. Als Zwischenlösung für SONNE wurde ein Umrechnungsfaktor von 1,424 festgelegt, der einmalig aus dem Vergleich der definitiven Monatsmittel für 2013 und 2014 von SONNE und SIDC bestimmt wurde. Mit diesem Faktor können die Tages- und Monatswerte der Relativzahlen auf die Skala des SIDC durch Multiplikation umgerechnet werden. Eine qualitative Änderung der SONNEZahlen ergibt sich daraus nicht, weil keine Änderung des Auswerteverfahrens an sich notwendig war.
Umgerechnete Werte in Ergebnistabellen von SONNE werden künftig mit in eckigen Klammern gesetzter Versionsnummer der SIDC-Skala (gegenwärtig ,,2.0") gekennzeichnet.

Die provisorischen Relativzahlen des SONNE-Netzes, 1. Halbjahr 2015

Tag 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 Mittel
Mittel 2.0

Januar 71 93 77 79 72 74 71 87 76 88 93 93 81 60 49 37 32 38 46 43 32 42 40 43 45 84 93 115 117 116 97 70,5
-

Februar 76 74 63 72 63 63 59 60 66 58 30 39 40 32 41 31 28 63 61 43 34 27 32 25 19 17 42 45 - - - 46,5
-

März 49 40 36 35 22 26 15 20 20 22 34 46 48 41 39 33 32 34 36 18 23 49 71 83 81 76 74 51 51 39 29 41,1
-

April 27 24 20 43 42 38 39 35 34 27 37 62 73 76 75 77 79 97 104 95 97 106 80 60 52 47 33 30 16 11 - 54,5
-

Mai 16 21 35 66 67 91 104 106 101 113 119 116 118 116 88 75 62 60 47 42 36 49 50 51 45 38 24 11 19 18 24 62,2
-

Juni 29 35 41 58 71 79 93 88 72 76 81 80 79 73 50 61 67 61 59 51 51 50 35 28 23 19 16 24 32 37 - 54,0
76,8

Anmerkung der Redaktion zum Artikel von Hans-Georg Pellengahr: Sonnenfleckengruppe AR 12192 - Beobachtung von Flares im Weißlicht (VdS-Journal Nr. 56, Seiten 68-70, 2016 )

Weißlicht-Flares treten äußerst selten und in Verbindung mit sehr starken Flares auf. Unzweifelhafte Aufnahmen solcher Erscheinungen sind bisher nicht gelungen. Andere Beobachtungsberichte, die unter Verwendung von ähnlichen Filtern zu häufigeren Sichtungen von Weißlicht-Flares geführt haben, liegen der Redaktion ebenso nicht vor, wie auch erfolgreiche Sichtungen von Weißlicht-Flares zum fraglichen Zeitraum durch andere Beobachter.

Es ist daher nicht naheliegend, dass Herr Pellengahr wie be-

schrieben, wirklich Weißlicht-Flares beobachtet hat. Hierzu

könnten z. B. auch Lichtbrücken infragekommen, die sich

aufgrund sich verändernden Seeings zwischenzeitlich deut-

lich abgezeichnet haben. Dies sind aber bloße Vermutungen.

Da Flares der genannten Stärke häufiger vorkommen und die

Beobachtungstechnik nicht ungewöhnlich ist, sollten hier

Vergleichsbeobachtungen leicht möglich sein, um die Zweifel

zu bestätigen oder zu widerlegen.

Martin Hörenz

VdS-Journal Nr. 57

112

Sternbedeckungen

Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 2. Quartal 2016
von Eberhard Riedel

Die sechs spektakulärsten streifenden Bedeckungen von Sternen durch den Mond im 2. Quartal dieses Jahres finden alle im April statt. Bis auf eine zieht der Mond immer mit seinem Südrand am Stern vorbei. Die Karte (Abb. 1) zeigt alle sechs Grenzlinien dieser Ereignisse quer über Deutschland, die der mittlere Mondrand während des Vorbeizuges am Stern beschreibt. Von jedem Punkt in der Nähe dieser Linien ist zum richtigen Zeitpunkt das oft mehrfache Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns bereits in einem kleinen bis mittleren Fernrohr zu verfolgen. Die schwarzen Linien kennzeichnen eine Streifung am dunklen Mondrand, während die gelben Linien anzeigen, dass das Ereignis zumindest teilweise am beleuchteten Mondrand stattfindet.

auf der vorauslaufenden Nachtseite des Mondes, wo ein Fernrohr mit 6 cm Öffnung ausreichen wird, während der Stern später in der Nähe des Terminators nur in etwas größeren Fernrohren vom hellen Mondrand zu unterscheiden sein wird.
Die Krümmung der scheinbaren Sternbahn ist grafisch erforderlich, weil die Profilstrukturen in 6-facher Überhöhung dargestellt sind. Auf diese Weise kann besser beurteilt werden, wann und wie viele Bedeckungsereignisse im Einzelnen zu erwarten sind.

Die Abbildung 2 zeigt auch, dass es bei einer Positionierung genau auf der für den mittleren Mondrand berechneten Grenzlinie nur zu einem einmaligen Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns kommen wird. Um mehrere Bedeckungen des Sternes und damit eine echte Streifung sehen zu können, ist eine Positionierung weiter südlich der mittleren Grenzlinie anzuraten. Der Anblick von einer Position ca. 1.300 m südlich (gerechnet senkrecht zur Bewegungsrichtung des Mondschattens) ist in der Abbildung 3 wiederum für 10 Grad Ost

Ereignis 1 am 10.04.2016 Am 10. April sind gleich zwei herausragende und einfach zu beobachtende streifende Bedeckungen im Norden Deutschlands im Abstand von knapp 2 Stunden zu verfolgen. Der nur zu 15 % beleuchtete zunehmende Mond zieht an diesem Tag erneut durch den südlichen Schenkel der Hyaden, wobei es in genügender Horizonthöhe auch zu einer Menge totaler Sternbedeckungen kommt. Zunächst wird der 4,5 mag helle 71 Tauri vom Südrand des Mondes gestreift. Die Streifungslinie beginnt gegen 21:30 Uhr MESZ an der Nordspitze der Insel Amrum und läuft dann quer durch Schleswig Holstein genau über die Landeshauptstadt Kiel und dann weiter nach Mecklenburg-Vorpommern knapp nördlich an Neubrandenburg vorbei. Ca. 4 Minuten nach ihrem Beginn im Westen hat das Ereignis das deutsche Staatsgebiet im Osten verlassen. Die Abbildung 2 zeigt die Streifungssituation, wenn man bei 10 Grad östl. Länge genau auf der vorausberechneten Grenzlinie steht. Genau hier berührt die scheinbare Sternbahn (blau-weiß gestrichelte gekrümmte Linie mit Minuteneinteilungen) das mittlere Mondniveau, welches als weiß gepunktete Linie dargestellt ist. Einfach ist die Beobachtung der Bedeckungsereignisse

1 Karte mit den Grenzlinien der 6 Streifungsereignisse

VdS-Journal Nr. 57

Sternbedeckungen

113

2 Die scheinbare Sternbahn von 71 Tauri (blau-weiß gestrichelte
Linie) bei Beobachtung genau von der vorhergesagten Grenzlinie

3 Streifungssituation von 71 Tauri, 1.307 m südlich der Grenzlinie,
mit 12-facher Mondhöhendehnung

4 Streifungssituation von 81 Tauri, 1.223 m südlich der
Grenzlinie, mit 12-facher Mondhöhendehnung

5 Die scheinbare Sternbahn von 167 Tauri bei Beobachtung
genau von der vorhergesagten Grenzlinie

bei 12-facher Dehnung der Mondhöhen gezeigt. Sofern die Sternposition stimmt, verschwindet der Stern von diesem Standort aus gesehen erstmalig ca. um 21:30:00 (s. Inset Abb. 2) und erscheint bereits wieder um 21:30:03 Uhr. Eine Sekunde später wird er für eine Minute und 20 Sekunden vom Mond verborgen. Das dann beginnende Mondtal gibt den Stern, nach einem weiteren 3-sekündigen Verschwinden, dann für 22 Sekunden frei. Die letzte Bedeckungsphase dauert dann bis ca. 21:32:52 Uhr (alle Zeiten in MESZ!). Das letztmalige Wiedererscheinen des Sterns kann wegen der Überstrahlung des Terminators jedoch leicht übersehen werden.
Einen Anhalt über die Verlagerung der scheinbaren Sternbahn, wenn man die vorausberechnete (in der Grafik angegebene) geografische Breite verlässt, geben die roten Begrenzungslinien. Diese zeigen in der Abbildung 2 einen Abstand von der Grenzlinie von +- 3.000 m und in der Abbildung 3 einen Abstand von der

Grenzlinie von +- 2.000 m, welcher senkrecht zur Grenzlinie angetragen wird.
71 Tauri ist ein Veränderlicher mit einer Helligkeitsuntergrenze von 4,8 mag. Besonders sehenswert wird dieses Ereignis aber durch den Umstand, dass es sich bei 71 Tauri um einen engen Doppelstern handelt: Derzeit bekannt ist ein Abstand von 0,1'', in dem die beiden 4,8 und 6,8 mag hellen Komponenten bei einem Positionswinkel von etwa 90 Grad stehen. Wenn dieses so zutrifft, so würde das jeweilige Verschwinden des Sterns nicht so schlagartig erfolgen, wie am atmosphärelosen Mondrand üblich, sondern müsste in zwei Stufen im Abstand von ca. 0,2 Sekunden erfolgen.
Das bloße Auge würde daher ein langsameres Verschwinden des Sternlichtes erkennen, während man mit Hilfe einer Videoaufzeichnung die einzelnen Bedeckungsereignisse trennen und so den aktuellen Abstand der beiden Komponenten vermessen kann!

Ereignis 2 am 10.04.2016 Innerhalb Schleswig-Holsteins könnten besonders Bedeckungsbegeisterte ihre Beobachtungsstation gleich nach dem ersten Ereignis abbauen, um sie einige Kilometer weiter südlich erneut aufzubauen. Die dort knapp 2 Stunden später stattfindende Streifung des 5,5 mag hellen 81 Tauri verspricht ähnlich spektakulär wie die vorherige zu werden.
Tatsächlich finden beide Ereignisse unter sehr ähnlichen Bedingungen statt, da sich der Mond in fast den gleichen Librationswinkeln zeigt und sich der Positionswinkel der Streifung nur um knapp 1 Grad unterscheidet. Im Gegensatz zu 71 Tauri ist 81 Tauri nicht als Doppelstern oder Veränderlicher bekannt. Insofern wird das Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns am Mondrand jeweils schlagartig erfolgen. Ungünstiger zu verfolgen ist das 2. Ereignis nur wegen der deutlich geringeren Horizonthöhe zwischen 8 und 5 Grad.
VdS-Journal Nr. 57

114

Sternbedeckungen

6 Streifungssituation des Begleiters von 167 Tauri, 1.302 m
südlich der Grenzlinie, mit 12-facher Mondhöhendehnung

7 Streifungssituation von 37 Leonis, 1.053 m südlich der
Grenzlinie, mit 12-facher Mondhöhendehnung

8 Die scheinbare Sternbahn von SAO 162021 bei Beobachtung
genau von der vorhergesagten Grenzlinie

9 Streifungssituation von SAO 162021, 7.600 m nördlich der
Grenzlinie, mit 12-facher Mondhöhendehnung

Die Streifungslinie beginnt diesmal um 23:16 MESZ an der Südspitze der Insel Pellworm und läuft dann genau über Lübeck und knapp nördlich an Schwerin vorbei. Weiter östlich macht schließlich die zu geringe Horizonthöhe die Beobachtung unmöglich (auf der Karte gekennzeichnet mit dem Buchstaben A für ,,altitude").
Der Mondrandausschnitt in der Abbildung 4 zeigt die scheinbare Sternbahn bei der geografischen Länge von 10 Grad Ost. Wenn man sich auf dieser Länge bei 54 Grad 05' 06'' Nord positioniert, steht man ca. 1.220 m südlich der für den mittleren Mondrand berechneten Grenzlinie. An dieser Stelle können ca. 8 Kontakte des Sterns mit dem Mondrand erwartet werden. Der Austritt des Sterns am beleuchteten Mondrand, wo auch Mehrfachkontakte stattfinden können, ist aber schwer zu verfolgen.
Ereignisse 3 u. 4 am 11./12.04.2016 Gleich in der darauffolgenden Nacht vom
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11. auf den 12. April sind zwei fast zeitgleiche Streifungen zu sehen, deren Linien nur ca. 25 km auseinander liegen. Bedeckt wird der 6,1 mag helle Doppelstern 167 Tauri und dessen knapp 10'' weiter südwestlich stehender Begleiter, der 6,5 mag hell und in sich auch noch einmal doppelt ist.
Der Mond ist nur zu 25 % beleuchtet. Da die Streifungsmitte in der beleuchteten Mondrandregion liegt, sind die Streifungslinien in der Karte gelb eingezeichnet. Der Eintritt der Sterne erfolgt jedoch auf der unbeleuchteten Mondseite. Die Beobachtungsregion verläuft bei Ereignis 3 zwischen Osnabrück und Zwickau und bei Ereignis 4 von Meppen bis fast nach Chemnitz. Im Osten ist das Ereignis allerdings nur noch knapp über dem Horizont zu sehen (auf der Karte gekennzeichnet mit dem Buchstaben A für ,,altitude").
Wer sich entscheidet, den helleren dieser beiden Sterne zu beobachten, den erwartet auf der Zentrallinie eine scheinbare

Sternbahn, wie sie in der Abbildung 5 dargestellt ist. Die Profilhöhen sind erneut 6-fach überhöht. Die roten Begrenzungslinien zeigen die Verlagerung der Sternbahn bei einer Abweichung von +- 3.000 m von der Zentrallinie. Von dieser Warte aus wird jedoch der Mond die schwächere südliche Komponente unbedeckt passieren. Insofern macht es bei diesem Ereignis durchaus Sinn, die Beobachtungsstation für die schwächere Komponente (Ereignis 4) aufzubauen und deshalb die nördlichere Streifungslinie zu wählen. Von dort kann man immerhin neben den Streifungskontakten des Begleiters auch eine totale Bedeckung der helleren Komponente verfolgen.
In der Abbildung 6 ist die scheinbare Bahn der schwächeren Komponente dargestellt, wie man sie erwartet, wenn man ca. 1.300 m südlich der nördlichen Grenzlinie beobachtet. Die Profilhöhen sind 12-fach gedehnt. Von dieser Position sind 3 Kontakte am unbeleuchteten Mondrand wahrscheinlich, die dort gut

Sternbedeckungen

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vermessen werden können. Die weiteren Kontakte am hellen Mondrand sind hingegen schwer zu verfolgen und erfordern in jedem Fall eine größere Fernrohröffnung (ab ca. 20 cm) und eine lange Brennweite.
Der Begleiter von 167 Tauri ist selbst auch ein Doppelstern. Die beiden mit 7,3 mag gleich hellen Komponenten stehen in einem Positionswinkel von 213 Grad jedoch nur 0,1'' auseinander. Leider ist der unbeleuchtete Mondrandabschnitt nur sehr schmal, so dass es kaum eine Beobachtungposition geben dürfte, in der auf der dunklen Seite mehr als 3 Kontakte passieren. Dennoch ist es möglich, dass bei der Streifung an Bergspitzen wegen des Positionswinkels zwischen beiden Komponenten nur die nördlichere Komponente bedeckt wird und dadurch die Sternhelligkeit nicht auf Null, sondern kurzzeitig lediglich auf 7,3 mag reduziert wird. Auch diese Möglichkeit macht die Beobachtung des Ereignisses 4 interessanter als die des Ereignisses 3.
Ereignis 5 am 17.04.2016 Diese Streifung ist die anspruchsvollste im April, aber gleichzeitig auch die spannendste, jedoch nur mit größerer Öffnung und bei allerbesten atmosphärischen Verhältnissen zu sehen. Der Grund hierfür ergibt sich aus der Abbildung 7: Der 6,4 mag helle Stern 37 Leonis kommt dem Terminator des zu 84 % beleuchteten zunehmenden Mondes sehr nahe. Da es bei so großen Mondphasen immer zu Überstrahlungseffekten der hellen Mondstrukturen kommt, kann der zu bedeckende Stern sehr leicht in der Mondhelligkeit untergehen.
Dennoch kann eine Beobachtung in diesem Fall sehr lohnend sein, da der streifende nördliche Mondrand bei der gegebenen Libration ein extrem zerklüftetes Terrain aufweist. Dieses verspricht bei geeigneter Standortwahl gerade in den größeren Abständen zum Terminator eine außergewöhnlich große Zahl von Kontakten. Das Profil ist in der Grafik 12fach überhöht dargestellt. Die roten Begrenzungslinien zeigen die Verlagerung der Sternbahn bei einer Abweichung von +- 2.000 m von der Zentrallinie.
Das Ereignis durchquert Deutschland beginnend um 22:06 MESZ im nordwest-

lichsten Niedersachsen durch SachsenAnhalt und Brandenburg nach Sachsen, wo zuletzt die Stadt Görlitz perfekt auf der Linie liegt. Man muss, um eine Vielzahl von Kontakten zu erleben, erneut ein Stück südlich von der berechneten Grenzlinie beobachten. Die Abbildung 7 gilt für die geografische Länge 10 Grad Ost und ist für einen Abstand von ca. 1.050 m gerechnet, der in Richtung Süden senkrecht zur Bewegungsrichtung des Mondschattens angetragen wird. Die Grafik ist, wie alle anderen, für Meereshöhe gerechnet. Bei deutlich höher gelegenen Beobachtungsstationen muss deren Höhe ebenfalls in die Berechnung einbezogen werden, um eine genügend genaue Vorhersage zu erhalten. (Software s. u.)
Ereignis 6 am 28.04.2016 Die letzte Streifung beim 7,0 mag hellen Stern SAO 162021 geschieht an einem relativ lichtschwachen Stern. Dennoch ist eine Beobachtung möglich und lohnend, wenn auch die Beobachtungszeit nach 4 Uhr MESZ nicht jedem liegen mag.
Die Streifungslinie läuft über Aachen und Koblenz nördlich an Aschaffenburg, Würzburg und Nürnberg vorbei und endet in der Oberpfalz. Die Abbildung 8 verrät, dass das Südrandterrain des zu 70 % beleuchteten abnehmenden Mondes im Streifungsbereich überall erheblich unter dem mittleren Mondrand liegt. Eine Beobachtung genau auf der Zentrallinie wäre also ein Misserfolg. Der Abstand des Positionswinkels der engsten Annäherung zum Terminator ist aber mit ca. 6 Grad relativ hoch und damit eine Überstrahlung des Sterns durch den Mond weitgehend ausgeschlossen.
Man muss sich tatsächlich fast 6 km von der vorhergesagten Linie nach Norden bewegen, um überhaupt Kontakte messen zu können. Die Abbildung 9 zeigt die scheinbare Sternbahn, wenn man mit seinem Fernrohr auf 10 Grad östlicher Länge von der vorhergesagten Linie 7.600 m nach Norden wandert. Das Profil ist hier wieder 12-fach überhöht. Die roten Begrenzungslinien zeigen die Verlagerung der Sternbahn bei einer Abweichung von +- 2.000 m von der Zentrallinie.
Das kleine Inset zeigt die Zeiten (in MESZ), zu denen der Stern voraussicht-

lich verschwindet und wiedererscheint. Insgesamt 8 Kontakte wären somit von dieser Beobachtungsposition zu erwarten. Ein Fernrohr mit 15 cm Öffnung sollte für die Beobachtung reichen.
Allgemeines Grundlage der hier veröffentlichten Profildaten sind Laser-Messungen der japanischen Kaguya-Sonde.
Um streifende Sternbedeckungen erfolgreich beobachten zu können, werden eine ganze Reihe präziser Informationen benötigt. Die europäische Sektion der International Occultation Timing Association (IOTA/ES) stellt diese Daten zur Verfügung. Kernstück ist die Software ,GRAZPREP' des Autors, die sowohl eine komplette und stets aktualisierte Auflistung aller interessanten Ereignisse als auch für jedes Ereignis die genauen Koordinaten der Grenzlinien und viele weitere Informationen liefert. Darüber hinaus kann von jedem Standort aus das Profil des Mondes und die zu erwartende Sternbahn grafisch in verschiedensten Vergrößerungen dargestellt werden, um so den besten Beobachtungsstandort auswählen zu können. Letzterer muss auch unter Berücksichtigung der Höhe optimiert werden, weil diese einen Einfluss auf den Blickwinkel zum Mond hat. Hierzu können höhenkorrigierte Grenzlinien automatisch in eine Google-EarthKarte übertragen werden, mit der es dann einfach ist, die besten Beobachtungsstationen festzulegen.
Die Software kann kostenlos unter www. grazprep.com heruntergeladen und installiert werden (Password: IOTA/ES). Die zusätzlich benötigten Vorhersagedateien sind direkt vom Autor (e_riedel@msn. com) oder über die IOTA/ES (www.iotaes.de) zu beziehen. Weiterführende Informationen, z. B. über die Meldung der Bedeckungszeiten, sind dort ebenfalls erhältlich.
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Veränderliche

Visuelle Beobachtungen des Blazars S5 0716+71 in den Jahren 2014/2015
von Klaus Wenzel

In der Giraffe, bei einer Deklination von +71 Grad , befindet sich einer der hellsten und spektakulärsten Quasare, über dessen Helligkeitsvariationen ich bereits mehrfach im BAV Rundbrief berichtet hatte. Hier in Kürze: Bei S5 0716+71 (Rektasz. 07h 21min 53s, Dekl. +71 Grad 20'36,, (J2000.0)) handelt es sich um ein so genanntes BLLacertae-Objekt, das heißt, der hochenergetische, relativistische Jet (u. a. Synchrotron-Strahlung), der sich jeweils an den Polen des zentralen schwarzen Loches, welches sich in den Zentren der meisten größeren Galaxien befindet, ist nahezu genau auf unsere Beobachtungsrichtung ausgerichtet. Dadurch werden die Emissionslinien im Spektrum dieser exotischen Objektklasse einfach überstrahlt und es ist schwierig eine Rotverschiebung, mit der ja auf die Entfernung geschlossen werden kann, zu messen. Bei S5 0716+71 konnte erst im Dezember 2007 bei einem starken Helligkeitsabfall eine Rotverschiebung von z = 0,310 ermittelt werden. Dies rückt das Objekt in eine Entfernung von etwas mehr als 3

1 S5 0716+71 mit Vergleichssternen - Aufnahme Bradford Robotic Telescope
(BRT), 29.01.2015

Neues aus der Fachgruppe Veränderliche Sterne
Die BAV (Bundesdeutsche Arbeitsgemeinschaft für Veränderliche Sterne e.V.) stellte Ende Oktober 2015 ihre neugestaltete Webseite online. Durch das CMSSystem kommen nun schneller Informationen und Nachrichten über veränderliche Sterne zum Leser, auch die Inhalte halten wir aktueller, als es bisher möglich war. Siehe www.bav-astro.eu.
In diesem Jahr veranstaltet die BAV eine European Conference for Variabele Star Observers in Hamburg, Termin 17./18. September 2016. Wir hoffen auf regen Zuspruch aus dem In- und Ausland. Das BAV-Remote-Teleskop in Carona (Schweiz) wurde 2015 mit Hilfe der Universität Rostock um ein 12-Zoll-Teleskop mit entsprechender Montierung und Steuerung erweitert. Dem Beobachter stehen nun ein 8-Zoll-Foto-Newton und ein ebensolcher 12-Zöller zur Verfügung.
Berichten Sie im BAV Rundbrief und im VdS-Journal für Astronomie von Ihren Beobachtungen an veränderlichen Sternen, bei Fragen rund ums Thema helfen wir gerne weiter. Dietmar Bannuscher
VdS-Journal Nr. 57

Milliarden Lichtjahre. Da einige schwache Galaxien in der näheren Umgebung des Quasars eine ähnliche Rotverschiebung aufweisen, ist davon auszugehen, dass wir hier die dominierende Galaxie eines weit entfernten kleinen Galaxienhaufens vor uns haben. Eine ausführliche Beschreibung des BL-Lac-Objektes S5 0716+71 befindet sich in Januar-Ausgabe von Sterne und Weltraum 2007 [1].
Visuelle Helligkeitsschätzungen Seit 1999 befindet sich der Blazar S5 0716+71 regelmäßig auf dem Beobachtungsplan meiner visuellen Überwachung von veränderlichen Objekten. Hierzu gehören neben Quasaren vor allem Zwergnovae, klassische Novae oder Supernova-Ereignisse. Beobachtet wird visuell an den beiden Newton-Teleskopen (317 mm/1.500 mm und 406 mm/1.860 mm) in meiner Dachsternwarte in Wenigumstadt. Die Helligkeiten werden direkt am Okular anhand von AAVSO-Vergleichssternen ermittelt und später als Lichtkurven gra-

VdS-Nachrichten

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2 Lichtkurve des BL-Lac-Objektes S5 0716+71 - nach visuellen Beobachtungen in den Jahren 2014 und 2015 in der
Dachsternwarte Wenigumstadt

fisch dargestellt. Alle Beobachtungen werden an die AAVSO, das VSNET, sowie an die Datenbank der BAV zeitnah weitergeleitet.
S5 0716+71 in der Saison 2014/2015 S5 0716+71 wird von mir in jeder verfügbaren klaren Nacht zwischen August und April beobachtet, da der QSO nur in diesem Zeitraum von meiner Dachsternwarte erreichbar ist. Die Beobachtungssaison 2014/15 kann man durchaus als eine der spektakulärsten seit Beginn meiner Überwachung dieser extragalaktischen Quelle bezeichnen. Am Jahresanfang 2014 konnten zunächst am 5.1. sowie am 16.2. zwei Minima unter 15 mag beobachtet werden. Danach stieg die Helligkeit kontinuierlich an. Im August variierte S5 0716+71 zwischen der 13. und 14. Größe. Doch in diesem Beobachtungsabschnitt deuteten schon einige ruppige Helligkeitswechsel auf eine sehr aktive Phase hin. So fiel die Helligkeit zwischen dem 12. und 19.10. von 13,2 auf 14,1 mag ab, um bis zum 16.11. wieder auf 13 mag anzusteigen. So richtig spektakulär wurde es aber Anfang Januar 2015, als die Helligkeit plötzlich auf den Maximal-

wert von 12,2 mag anstieg. Bei meiner Beobachtung am 9. Januar schätzte ich den Blazar noch auf 14,1 mag. Acht Tage später, am 17. Januar, lag die Helligkeit dann bei rekordverdächtigen 12,4 mag! Dies war um so erstaunlicher, da in der AAVSO-Datenbank eine Beobachtung von Gary Poyner vom 16. Januar mit 13,1 mag vorlag. S5 0716+71 ist also innerhalb von 24 Stunden um fast eine Größenklasse heller geworden - dies ist bei der immensen Entfernung des Objektes sehr bemerkenswert. Der Ausbruch in dieser Nacht wurde auch von A. Arkharov und Kollegen in St. Petersburg und auf der Krim [2] sowie von Rumen S. Bachev und Kollegen am 60-cm-Teleskop des Belogradchik-Observatoriums in Bulgarien beobachtet [3]. Das Maximum dieses gewaltigen Ausbruchs wurde mit 12,2 mag um den 25.1.2015 erreicht. Dann folgte ein kontinuierlicher Helligkeitsabfall bis zum 22. Februar, als mit 13,9 mag ein vorläufiger Tiefpunkt erreicht war. Doch Anfang März überschritt S5 0716+71 schon wieder die 13. Größe, um bis zum 8. April abermals auf 12,2 mag anzusteigen. Auch hier war wieder zwischen dem 2.4. (13,0 mag) und dem 6.4. (12,3 mag) ein Helligkeitsanstieg

von 0,7 Größenklassen zu beobachten. Die Helligkeit ging dann wieder bis Ende April auf 13,2 mag zurück. Von August bis Anfang September 2015 waren dann zunächst geringe Schwankungen zwischen 13,5 und 14 mag zu beobachten. Ab Mitte September 2015 stieg die Helligkeit dann kontinuierlich bis etwa Ende Oktober an. Am 31.10. überschritt der Quasar wieder die 13. Größe und stieg dann bis zum Redaktionsschluss dieses Aufsatzes am 5. November 2015 erneut auf 12,5 mag.
Literaturhinweise: [1] K. Wenzel, 2007: "S5 0716+71: ein
helles, aktives BL-Lacertae-Objekt", Sterne und Weltraum 1/2007, 77 [2] A. A. Arkharov et al., 2015: "Blazars S5 0716+71 and B3 1633+38 in unprecedented outbursts", The Astronomers Telegram #6942 (17. Jan. 2015) [3] R. Bachev et al., 2015: "Further confirmation of a very high optical state of S5 0716+71", The Astronomers Telegram #6944 (18. Jan 2015)

VdS-Vorstand aktuell
von Siegfried Bergthal

Mitgliederversammlung in Braunschweig Am 21. November 2015 fand die 32. Mitgliederversammlung der Vereinigung der Sternfreunde VdS e.V. in Braunschweig im Haus der Wissenschaft statt. Die Tagung dauerte vom Freitagabend bis Sonntagnachmittag (20. - 22.11.2015). Otto Guthier wurde für zwei weitere Jahre zum Vorsitzenden gewählt, eben-

so der Schatzmeister Thomas Keßler und der Schriftführer Siegfried Bergthal. Als Beisitzer im Amt bestätigt wurden Astrid Gallus, Sven Melchert, Torsten Güths und Alexander Weis. Im kommenden VdS-Journal werden wir über die Mitgliederversammlung und die Tagung ausführlich berichten.

Resolution gegen Lichtverschmutzung Auf der 32. Mitgliederversammlung wurde eine Resolution gegen Lichtverschmutzung ,,Für eine natürliche Nacht zum Schutz von Mensch und Umwelt" verabschiedet, die von der VdS-Fachgruppe ,,Dark Sky" initiiert und von Herrn Dr. Andreas Hänel, Herrn Harald Bardenhagen sowie Herrn Torsten Güths verfasst wurde. Die Resolution wurde unterzeichnet von der Vereinigung der Sternfreunde e. V., der Astronomischen Gesellschaft e. V. und der Gesellschaft deutschsprachiger Planetarien e. V.
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VdS-Nachrichten

Die Resolution ist im Folgenden abgedruckt. Sie wurde inzwischen an alle Landesumweltministerien und an das Bundesumweltministerium verschickt. Auch in der Ausgabe 3/2016 von Sterne und Weltraum wird sie veröffentlicht. Die Resolution kann zur weiteren Verwendung auf der Website www.vds-astro.de heruntergeladen werden.
Neuer Vorstand tagt erstmalig Nach der Neuwahl des Vorstands auf der Mitgliederversammlung in Braunschweig traf sich dieser am 13. Februar 2016 in Heppenheim zu seiner ersten Sitzung.
Der neu gewählte Vorstand wurde vom neuen und alten Vorsitzenden Otto Guthier um 10:00 Uhr begrüßt. Die Sitzung endete um 18:00 Uhr.
Kooptierte Vorstandsmitglieder Der Vorstand hat die folgenden VdS-Mitglieder gemäß $6 Abs.4 (d) der Satzung zu kooptierten Vorstandsmitgliedern ernannt: Werner E. Celnik, Carolin Liefke und Dominik Elsässer. Die kooptierten Vorstandsmitglieder unterstützen den Vorstand bei seinen Aufgaben, haben bei Abstimmungen im Vorstand jedoch kein Stimmrecht.
Fachgruppen Silvia Kowollik übernimmt ab sofort die Aufgabe der Fachgruppenredakteurin Planeten. Der Vorstand wünscht Frau Kowollik hierzu viel Erfolg und freut

sich auf die Zusammenarbeit mit ihr. Die Stelle des Fachgruppen-Koordinators ist vakant, Interessenten mögen bitte mit dem Vorstand Kontakt aufnehmen. Zudem wird angestrebt, eine Fachgruppe Sternwarten zu gründen. Interessenten werden ebenfalls gebeten, mit dem Vorstand Kontakt aufzunehmen unter service@vds-astro.de.
Mitgliederentwicklung Zum 31. Dezember 2015 zählte die VdS e.V. 4139 Mitglieder. Soviel wie noch nie! Allen vorliegenden Anträgen auf Neumitgliedschaft wurde auf der Vorstandssitzung am 13. Februar 2016 zugestimmt.
Astronomietag Für den am 19. März stattfindenden Astronomietag 2016 wurden schon über 16.000 Broschüren an über 200 Teilnehmer verschickt. Der Vorstand wünscht den teilnehmenden Sternwarten, Vereinen und Einzelpersonen viel Erfolg und gutes Wetter.
40. Würzburger Frühjahrstagung Die 40. Würzburger Frühjahrstagung findet am 23. April 2016 wie schon in den vergangenen Jahren im FriedrichKönig-Gymnasium in Würzburg statt. Das Programm findet man in Kürze auf der VdS-Website.
Preis der deutschen Astronomie Auf der VdS-Mitgliederversammlung in Braunschweig wurde der ,,Preis der

deutschen Astronomie" an Herrn Ranga Yogeshwar verliehen. Da er selbst nicht nach Braunschweig kommen konnte, wird der Preis vom VdS-Vorstand in Kürze an den Preisträger übergeben.
Der Preisträger hat sich über den Preis sehr gefreut.
VdS-Website Der VdS-Vorstand möchte nochmals darauf hinweisen, dass alle VdS-Journale im geschützten Bereich der VdS-Website als PDF zur Verfügung stehen. Benutzername und Passwort befinden sich auf dem VdS-Mitgliedsausweis.
Facebook Die VdS e. V. ist seit geraumer Zeit mit einer eigenen Seite in Facebook aktiv und hat schon 900 Abonnenten. Besuchen Sie die Facebook-Seite der Vereinigung der Sternfreunde.
Mitgliedsbeitrag für 2016 Dem Journal für Astronomie wurde Anfang Januar auch die Beitragsrechnung für das Kalenderjahr 2016 beigelegt. Sofern noch nicht geschehen, überweisen Sie bitte Ihren Beitrag rechtzeitig. Sie ersparen damit dem Verein viel zusätzliche Arbeit und Kosten.
Fragen oder Anregungen? Der VdS-Vorstand hat immer ein offenes Ohr. Schreiben Sie uns Ihre Fragen oder Anregungen an service@vds-astro.de.

Für eine natürliche Nacht zum Schutz von Mensch und Umwelt
Resolution zur Vermeidung von Lichtverschmutzung
von VdS - Vereinigung der Sternfreunde e.V., Astronomische Gesellschaft e.V. und Gesellschaft Deutschsprachiger Planetarien e.V.

Seit Jahrmillionen haben sich die Lebewesen auf der Erde an den natürlichen Wechsel zwischen hellem Tag und dunkler Nacht angepasst. Künstliche Beleuchtung hat die Wirtschaftskraft und die Ausdehnung menschlicher Aktivitäten in die Nacht hinein erheblich erweitert. Im gerade zu Ende gegangenen Internationalen Jahr des Lichts, das von den Vereinten Nationen ausgerufen wurde, sollte der umweltverträgliche Einsatz innovativer technischer Lichtlösungen eine Selbstverständlichkeit sein. Leider ist das aber meist nicht der Fall!
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Seit einigen Jahren wird zunehmend erkennbar, dass zu viel oder falsch eingesetztes künstliches Licht negative Auswirkungen auf die Natur und die menschliche Gesundheit hat: - Der überwiegende Teil der Tiere ist nachtaktiv, durch künstli-
ches Licht werden ihre nächtlichen Lebensräume beeinträchtigt oder zerstört. - Nachtaktive Insekten und Falter werden besonders von Lichtquellen mit hohen Blauanteilen angezogen, verenden und werden damit dem Naturkreislauf entzogen.

VdS-Nachrichten

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- Singvögel werden in hell erleuchteten Städten zur Änderung ihrer Aktivitätsphasen und ihres Brutgeschäfts gezwungen.
- Vögel werden von ihren Flugrouten abgelenkt oder stoßen mit beleuchteten Bauwerken zusammen.
- Künstliches Licht zwingt Fledermäuse zu energiezehrenden Umwegen oder vertreibt sie aus ihren Lebensräumen.
Der Mensch wird durch moderne extrem helle Leuchtmittel stark geblendet, Blaulichtanteile im weißen Licht stören den Tag-Nacht-Zyklus und damit die lebensnotwendigen nächtlichen Regenerationsphasen und beeinträchtigen dadurch die Gesundheit.
Durch blendende Lichtquellen und weithin sichtbare diffuse Lichtglocken über Städten, selbst kleinen Gemeinden, Gewerbeund Industriegebieten wird der Blick auf das natürliche Licht der Sterne am Nachthimmel weiträumig verhindert. Dafür hat sich der Begriff Lichtverschmutzung eingebürgert. Über den Städten sind nur noch wenige Dutzend Sterne zu erkennen, während bei einem natürlich dunklen Himmel bis zu 4000 Sterne sichtbar wären. In Mitteleuropa gibt es nur noch wenige Möglichkeiten, eine natürliche Nachtlandschaft zu erleben, der Sternenhimmel geht als unmittelbares Naturerlebnis und als Kulturgut immer mehr verloren.
Verantwortlich für die Lichtverschmutzung ist oft unüberlegt eingesetztes Licht. Zahlreiche Lichtquellen werden nicht zielgerichtet eingesetzt und beleuchten mehr Fläche als notwendig. Besonders Scheinwerfer und Bodenstrahler, die zur Anstrahlung von Gebäuden, Werbetafeln oder Bäumen eingesetzt werden, vergeuden viel Energie durch nutzlose Beleuchtung des Himmels.
Doch durch intelligente, moderne und verantwortungsvolle Beleuchtung können die negativen Auswirkungen künstlichen Lichts in der Nacht bereits jetzt reduziert und ohne Komfortverluste erhebliche Energiemengen, damit CO2-Emissionen und Kosten eingespart werden! Entsprechende technische Lösungen existieren, sind leicht einsetzbar und nicht notwendigerweise teurer.
Wir fordern daher Politik, öffentliche Verwaltungen, Handel, Gewerbe, Industrie und Privatpersonen auf: - Licht nicht nur nach seiner Effizienz, sondern auch nach den
durch eine Lichtanwendung verursachten Belastungen und Schädigungen zu beurteilen. - Maßnahmen zur Reduzierung von Lichtverschmutzung durch effektive Begrenzung und Verringerung der Lichtbelastung in der Nacht zu ergreifen. Die Verwendung umweltverträglicher Lösungen darf nicht weiterhin dem Zufall oder dem Ermessen Einzelner überlassen sein. Informationen und Anleitungen für Planer und Entscheider bei künstlichen Beleuchtungen sind erforderlich. Auf kommunaler Ebene kann dies etwa durch Beleuchtungsempfehlungen, Lichtplanungen, Gestaltungssatzungen erfolgen. - Künstliches Licht zielgerichtet so einzusetzen, dass es nur dorthin strahlt, wo es benötigt wird. Insbesondere ist zu vermeiden, dass Licht an den Himmel oder horizontal in die

Umgebung strahlt. Dadurch wird auch die Möglichkeit einer Blendung reduziert. Realisiert wird dies effektiv durch Einsatz von vollabgeschirmten Leuchten ohne Emissionen in den oberen Halbraum (,,upward light ratio" ULR = 0 % oder Lichtstärkeklasse G6) und den Verzicht von Bodenstrahlern. - Bedarfsorientierte Absenkung des Lichtstroms in Abhängigkeit von der Benutzerfrequenz oder gar Abschaltung in den späten Nachtstunden festzulegen. Eine Halbierung der Lichthelligkeit wird vom menschlichen Auge kaum wahrgenommen, ist mit modernen Leuchtmitteln leicht realisierbar und spart entsprechende Energiemengen. - Eine Begrenzung der Blauanteile im weißen Licht festzulegen, wodurch auch die Blendung reduziert wird. Realisiert werden kann dies durch Reduzierung der Lichtmenge für Wellenlängen kürzer als 500 nm auf maximal 10 % der Gesamtemission von 350-800 nm, was vor allem gelbe und warmweiße Lichtquellen mit äquivalenten Farbtemperaturen von 2000 bis max. 3000 Kelvin erfüllen. In Untersuchungen wurde diese Lichtqualität von den Menschen auch als angenehmste empfunden. Zudem wird Natriumdampflicht mit einer Farbtemperatur von 1800 K seit Jahren flächendeckend eingesetzt. - Maßnahmen zur Verbesserung der visuellen Wahrnehmung durch Blendungsvermeidung und Erhalt der Dunkeladaption zu ergreifen, was beispielsweise durch gleichmäßig niedrige Helligkeiten statt großer Lichtmengen erreichbar ist. Auf diese Weise werden Blendungen durch Werbetafeln oder zu helle Leuchten vermieden. Gerade moderne Lichtquellen wirken durch ihre hohe Leuchtdichte extrem blendend. Zudem wird ein Bumerang-(Rebound-)Effekt durch vermehrten Einsatz energiesparender Beleuchtung vermieden. - Die Beleuchtung von Naturobjekten (Pflanzen, Bäume, Gewässer, Geländeformationen) zu unterlassen. - Eine verstärkte Forschung und Aufklärung über die negativen Auswirkungen von künstlichem Licht in der Nacht auf die Artenvielfalt und die menschliche Gesundheit zu unterstützen und eine Förderung der Entwicklung und Anwendung belastungsarmer Beleuchtungslösungen durchzuführen. - Projekte der nächtlichen Außenbeleuchtung aus öffentlichen Mitteln nicht ausschließlich nach Energieeffizienzkriterien zu fördern, sondern nur dann, wenn es sich nachgewiesenermaßen auch um lichtverschmutzungsvermeidende Beleuchtungslösungen handelt.
Diese Maßnahmen stellen keine Einschränkungen hinsichtlich der Sicherheit, der wirtschaftlichen Entwicklung oder des individuellen Wohlbefindens dar!
Ansprechpartner: Dr. Andreas Hänel, Fachgruppe Dark Sky, Museum am Schölerberg, Klaus-Strick-Weg 10, 49082 Osnabrück, Tel. 05 41 - 56 00 326, ahaenel@uos.de
Die Resolution haben erarbeitet: Harald Bardenhagen, Dr.-Ing. Matthias Engel, Sabine Frank, Torsten Güths, Dr. Andreas Hänel, Alexander Weis
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VdS-Nachrichten

Astro-Comics
im VdS-Journal für Astronomie
von Werner E. Celnik und Tim Ruster

Bis zur Ausgabe 23 fanden wir regelmäßig kleine, meist satirische CartoonZeichnungen von unserem Sternfreund Gerhart Walther in unserem VdS-Journal für Astronomie. Sie dienten als Lückenfüller im Seitenlayout. Die Hauptfiguren darin (Kos und Mos) hatten nach ErstErscheinen schnell eine Fan-Gemeinde gefunden. Leider wurde diese kleine Serie eingestellt.
In diesem Heft Nr. 57 wollen wir die Cartoons wieder aufleben lassen. Die Gelegenheit bot sich, als Sternfreund Tim Ruster an die Redaktion herantrat und uns Ende 2015 seine bereits in der Szene bekannten astronomischen Comics fürs VdS-Journal zur Verfügung stellen wollte. Die Redaktion bedankt sich ganz herzlich dafür und hofft auf eine positive Resonanz aus unserer Leserschaft. Bitte schreiben Sie uns dazu!
Ich habe Tim Ruster um eine kurze Vorstellung seiner Person gebeten, damit wir alle wissen, welcher Mensch hinter den Zeichnungen steckt:
,, ... super, das freut mich wirklich sehr! Die Funktion als ,,Lückenfüller" finde ich auch sehr gut, da machen sich die AstroComics sicherlich sehr gut! ...
Ich (Tim Ruster) arbeite bereits seit neun Jahren im Planetarium Köln und halte
In Memoriam

dort hauptverantwortlich Vorträge über alle Arten von astronomischen Themen. Bestandteil jeder Führung ist natürlich auch der aktuelle Sternhimmel. Die Astronomie ist also nicht nur ein Hobby, sondern auch eine tatsächlich praktizierte Tätigkeit für mich.
Auch privat bin ich aber natürlich begeisterter Hobby-Astronom und so verbringen meine Lebensgefährtin und ich den einen oder anderen Abend mit dem Teleskop im Garten.
Die Idee zu Astro-Comics kam mir bei einer der Führungen im Planetarium. Ich hatte eine Schulklasse dort, die derart viele und verrückte Fragen gestellt hat, dass mir die Idee kam, dass man die Welt der Astronomie doch perfekt mit Zeichnungen erklären könnte. Ich setzte mich also daheim hin und zeichnete einen ersten Entwurf der Erde mit Gliedmaßen und Gesicht. Das gefiel mir so gut, dass daraus die ersten AstroComics entstanden. Anfangs war das Ganze als Einstieg für Jugendliche in die Astronomie gedacht; es stellte sich dann aber heraus, dass auch Erwachsene Astro-Comics sehr lehrreich und interessant finden. Das Ziel der Astro-Comics ist es also, als Einstieg zu dienen und so schwierige Themen durch etwas Humor aufzubereiten. (Fast) jedem Astro-Comic liegt ein gewisses astronomisches Thema
2015

zugrunde (Schwarze Löcher, Entstehung des Mondes, Plutos Schicksal als Zwergplanet, etc.).
Astro-Comics sind dann in unglaublich schneller Zeit populär geworden. Zeitungen haben darüber berichtet, z. B. die Kölnische Rundschau oder auch einige Lokalzeitschriften. Bei Facebook gibt es nun schon fast 5.000 Fans. Und auch die größte deutschsprachige AstronomieWebsite astronomie.de veröffentlicht alle zwei Wochen einen Astro-Comic.
Neben der Tätigkeit im Planetarium studiere ich noch Rechtswissenschaften hier in Köln, Schwerpunkt Weltraumrecht :-), mache allerdings gerade mein Staatsexamen, so dass ich dann hoffentlich bald fertig bin.
... Ich freue mich jedenfalls riesig! Das wird eine tolle Sache und ich denke, dass die Astro-Comics sicherlich den Geschmack der Leser treffen werden. Ist ja genau das richtige Publikum."

Mitglieds-Nr.
10329 14097 17070 19133 18312 15468 15198 17163 12910 11076 19635 14996 14386 10809

Name
Rudolph Gutzeit Schwab Baastrup Mensler Ruttkowski Sofronijevic Oette Schmitter Dannecker Arnold Richter Volz Aschenbrenner

Vorname
Reinhard Michael Gerhard Jörn Klaus Manfred Dusan Karl-Heinz Ernst-Dieter Bruno Wolfgang Peter H. Rolf Klaus

Mitglieds-Nr.
11256 20491 16340 10063 17826 10486 16838 14995 11182 19544 10664 13386 19360 11058

Name
Woelfer Huber Schäfer zur Erbach Friedrich Ruder Hertel Guenon Fleischer Perle Zucht Hetzelberger Buß Gruber

Vorname
Karl-Heinz Fritz (Friedrich) Josef Franz Dieter Hanns Hasso Emil Ernst Reinhard Dietrich Rolf Friedhelm Fridolin

VdS-Journal Nr. 57

VdS-Nachrichten

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Nachruf auf Prof. Dr. Hanns Ruder

Nur wenige Wochen vor der Verleihung des Deutschen Preises für Astronomie 2015 an Ranga Yogeshwar auf der Mitgliederversammlung in Braunschweig verstarb am 17. Oktober 2015 der Tübinger Astrophysiker Hanns Ruder, der den Preis zwei Jahre zuvor erhalten hatte.
Hanns Ruder war Zeit seines Lebens begeisterter Amateurastronom: Schon als Kind entdeckte der gebürtige Nürnberger seine Vorliebe für die Astronomie, gemeinsam mit Schulkameraden errichtete er als Jugendlicher im Hinterhof der väterlichen Herdund Ofenfabrik eine kleine Sternwarte. Teleskop und Montierung wurden in Eigenarbeit gebaut, der selbstgeschliffene Spiegel so lange mit höchster Präzision nachbearbeitet, bis seine Qualität den Ansprüchen des begeisterten Jungastronomen entsprach.
Am 1. April 1958, kurz vor seinem Abitur, wurde Hanns Ruder Mitglied der VdS. Auch bei der Nürnberger Astronomischen Arbeitsgemeinschaft war er aktiv. Bald darauf konzentrierte er sich aber ganz auf sein Physikstudium in Erlangen und die Amateurastronomie trat in den Hintergrund.
Als Wissenschaftler legte Hanns Ruder eine Bilderbuchkarriere hin, sein Forschungsschwerpunkt lag zunächst auf der theoretischen Kernphysik. Als er 1978 Professor wurde, nutzte er die Freiheit seines Berufsstandes, sein breit gefächertes Interesse mit in seine Arbeit einfließen zu lassen. Er und seine Mitarbeiter beschäftigten sich nun auch mit Themen wie Biomechanik, Satellitengeodäsie und Speckle-Interferometrie. Als eigentlichen Schwerpunkt wählte er aber die Astrophysik, speziell die Eigenschaften von Atomen in den starken Magnetfeldern von Pulsaren. Mit seiner für die Physik so begeisternden Persönlichkeit wurde er bei Studenten und Mitarbeitern sehr beliebt.
1981 wurde Hanns Ruder auf den Lehrstuhl für Theoretische Astrophysik nach Tübingen berufen und baute dort innerhalb weniger Jahre ein großes Institut mit über 60 Mitarbeitern auf, mit denen er zahlreiche Projekte auf dem Gebiet der Computerphysik mit Hochleistungsrechnern ins Leben rief. Für die erzielten Simulationsergebnisse bot sich eine Aufarbeitung in anschaulichen Darstellungen an, was zur damaligen Zeit in der Wissenschaft alles andere als üblich war. Dies mündete ab Ende der 80er-Jahre in ersten Visualisierungen relativistischer Effekte wie der Wirkung von Neutronensternen und Schwarzen Löchern als Gravitationslinsen, Raumzeiten mit einem Wurmloch oder des Warp-Antriebs. Daraus entwickelte sich über die Jahre hinweg unter anderem das Einstein-Fahrrad, das eine Fahrt mit relativistischen Geschwindigkeiten durch die Tübinger Altstadt visualisiert und das heute im Rahmen des Projekts ,,Einstein on Tour" Schülerinnen und Schülern im gesamten deutschen Sprachraum einen Zugang zur Relativitätstheorie ermöglicht.
Mit der science+computing GmbH wurden 1989 die ersten von Hanns Ruders vielfältigen Projektideen auch kommerziell vermarktet. Später verband er das Nützliche mit dem Angenehmen und errichtete auf dem Neubau des Bürogebäudes der Firma, die sich später auf die IT-Systembetreuung konzentrierte, die

Sternwarte der Sternfreunde Weilersbach. Weitere Geschäftsideen sollten folgen, unter anderem war Hanns Ruder auch Mitbegründer der 4pi Systeme Gesellschaft für Astronomie und Informationstechnologie mbH, der heute der wissenschaftliche Betrieb der Sternwarte Sonneberg obliegt.
Seit seiner Emeritierung im Jahr 2006 konnte sich Hanns Ruder voll und ganz auf die Popularisierung der Wissenschaft konzentrieren. Er konzipierte mehrere Ausstellungen - unter anderem eine große Astronomie- und Kosmologie-Dauerausstellung im saudi-arabischen Mekka, und zuletzt ,,Einstein inside" anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Allgemeinen Relativitätstheorie - und schrieb zahlreiche Artikel für populärwissenschaftliche Zeitschriften. Er war zudem ein begnadeter Redner und konnte sein Publikum mit seiner Begeisterung für das Besondere und für die Details in seinen Bann ziehen.
Bereits im Jahr 2000 begründete er außerdem das Projekt ROTAT (Remote Observatory Theoretical Astrophysics Tübingen), ein 60cm-Teleskop, das vom Observatoire de Haute Provence (OHP) aus den Himmel über Südfrankreich beobachten sollte ferngesteuert über das Internet. Gemeinsam mit Dieter Husar gründete Hanns Ruder die Stiftung Interaktive Astronomie und Astrophysik, die sich zum Ziel gesetzt hat, Jugendliche für die Naturwissenschaften generell, insbesondere aber natürlich für die Astronomie zu begeistern. Ab 2007 übernahm die Stiftung den Betrieb von ROTAT, seitdem können auch Lehrer mit ihren Schülern das Teleskop für eigene astronomische Aufnahmen nutzen und Projektarbeiten durchführen. Heute kommt das Teleskop außerdem bei Beobachtungskampagnen von Amateurastronomen und in Zusammenarbeit mit den Astronomen des OHP zum Einsatz, zum Beispiel zur Positionsmessung von Kometen und potenziell gefährlichen Asteroiden, zur Entdeckung weiterer Kleinplaneten oder zur Vermessung von Asteroidenlichtkurven und Exoplanetentransits.
Im Jahr 2013 wurde bei Hanns Ruder eine Krebserkrankung diagnostiziert. Diese schien seinen Tatendrang nur noch weiter zu beflügeln und er initiierte interdisziplinäre Projekte zur Tumorbehandlung. Bis zuletzt war er an vielen Stellen aktiv und wurde nicht müde, neue Fragestellungen anzugehen und Ideen aufzugreifen. Er hinterlässt somit nicht nur seine Frau Margret, seinen Sohn Michael und zwei Enkelkinder, sondern auch viele Projekte wie ROTAT, die in seinem Sinne weitergeführt werden.
VdS-Journal Nr. 57

122

VdS-Nachrichten

Nachruf zum Tod von Dieter Friedrich
Otto Guthier, Heppenheim
Nach langer, schwerer Krankheit verstarb im Oktober 2015 unser Mitglied und Sternfreund Dieter Friedrich mit nur 56 Jahren. Er gehörte von November 2003 bis 2007 dem Vorstand der Vereinigung der Sternfreunde an.
Viele Jahre war er Mitglied der Walter-Hohmann-Sternwarte in Essen und Mitbegründer des Vereins für volkstümliche Astronomie in Essen (VVA). Er gehörte auch zu den Initiatoren des heute sehr beliebten ATT in Essen, der jährlich von vielen hundert Sternfreunden aus dem In- und Ausland besucht wird.
Dieter Friedrich trat im Jahr 2001 der VdS bei und engagierte sich im Vorstand. Viele Jahre betreute er auf Messen und Tagungen den VdS-Stand, auch nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand. Er unternahm etliche astronomische Reisen und hielt viele Vorträge. Kontaktpflege war sein besonderes Anliegen.
Mit ihm verliert die Astronomie einen engagierten und begeisterten Amateur-Astronomen.
Wir werden ihm ein ehrenvolles Andenken bewahren.

Jubiläen

Ehrenmitglieder

10014 Dipl.-Kfm. Roth 18535 Plötz

Günter Dietmar Hildegard

82057 Icking/Isartal 85540 Haar

40-jähriges Jubiläum

12539
12540 12541 12550 12552 12556 12557 12571 12575 12579 12581

Astronom. Arbeitskr. Kassel eV c/o Herrn Rene Kosseda

Fehlmann Schreier Kräling Dr. Wunderlich Reinsch Hansen Dr. Bernlöhr Schütz Dr. Frommert Dr. Kiefer

Wolfgang Peter Winfried Erhardt Klaus Rainer Konrad Hansjörg Hartmut Ernst

34128 Kassel

70563 97941 35043 13405 37073 21039 69256 70736 80997 67159

Stuttgart Tauberbischofsheim Marburg-Schröck Berlin Göttingen Hamburg Mauer Fellbach München Friedelsheim

50-jähriges Jubiläum

11392 11393 11396 11417 11425

Knapp Baader-Planetarium GmbH Müller Klemm Dipl.-Phys. Huhn

Wolfram
Günther Rainer Bernd

70186 82291 88212 94034 24537

Stuttgart Mammendorf Ravensburg Passau Neumünster

12583 12585 12588 12592 12615
12623 12632 12660 12661 12669 12671

Klusen

Karlheinz

41238 Mönchengladbach

Vrabec

Franz

A 1130 WIEN

StR. Meierarend Ernst-Günter 32657 Lemgo

Dr. Steinicke Wolfgang

79224 Umkirch

Volkssternwarte Aalen

73430 Aalen

c/o StadtAalen Amt für Bildung, Schule,Sport

Eidam

Detlef

Dipl.-Phys. Keller Erich

Dr. Hund

Wolfgang

Lochner v. Hüttenbach Ludger

Biedermann

Helmut

Kratzer

Willi

36282 Hauneck-Oberhaun 94336 Hunderdorf 28355 Bremen 46446 Emmerich 91080 Uttenreuth 82362 Weilheim

30-jähriges Jubiläum

13813 13817 13818 13819 13824 13826 13830 13832 13833 13834 13839
13841

Dr. Buchner Markus

Dr. Schröder Klaus-Peter

Prof. Kumm Werner

Horn

Dietmar

Dr. Niebel

Heino

Dr. Temme Christian

Spruck

Klaus

Wierig

Bernhard

Hünsch

Matthias

Vogel

Michael

Volkst. Astronomie e.V. c/o astroshop Gesellschaft f.

Dipl.-Ing. (FH) Keller Manfred

68526 MEX 36000
28870 65589 21244 42899 35452 53572 22453 74321 20537
73230

Ladenburg GUANAJUATO, Gto. Mexiko Ottersberg Hadamar Oberzeuzheim Buchholz Remscheid Heuchelheim Unkel Hamburg Bietigheim-Bissingen Hamburg
Kirchheim u. Teck

13843 13847 13852 13853 13854 13856 13861 13866 13870 13871 13880 13883 13884

Sternwarte Neanderhöhe Hochdahl

Künstler

Michael

Romanescu

Arnold

Dr. Gerold

Anton

Rulff

Michael

Dr. Meyer

Harald

Brüchmann

Wolfgang

StR. Graen

Dieter

Dr. Hildebrandt Malte

Müller-Nalbach Frank

Pummer

Martin Peter

Dr. Kohle

Sven

Vogel

Klaus-Peter

e.V. 40699 63739 94496 82256 12249 72574 28816 27472
CH 4053 64297 66869 91056 44879

Erkrath-Hochdahl Aschaffenburg Ortenburg (Dorfbach) Fürstenfeldbruck Berlin Bad Urach Stuhr-Brinkum Cuxhaven BASEL Darmstadt Kusel Erlangen Bochum

VdS-Journal Nr. 57

VdS-Nachrichten

123

13886
13887 13889 13891 13892
13899 13908 13921 13924 13925 13931 13967

Volkssternwarte Singen e. V. c/o Herrn Maik Baumann

Rendelmann

Holger

Harfst

Edzard

Will

Jean-Marie

Volkssternwarte Würzburg e.V. c/o Herrn Josef Laufer

Brichta Schröder Küppers Albrecht Käspeitzer Boes

Hans Georg Jürgen Stephan Peter Matthias Frank

Bode (IOTA-ES) Hans-J.

78244 Randegg

31246 Lahstedt 53127 Bonn 71083 Herrenberg 97230 Estenfeld

94036 21391 41363 85609 94469 42929
30459

Passau Reppenstedt Jüchen Aschheim Deggendorf Wermelskirchen
Hannover

20-jähriges Jubiläum

12396 16065
16066 16069 16079 16082 16083 16085 16089 16091 16093 16100 16101 16103 16107 16110 16111 16113 16115
16117 16119 16120 16121 16122 16124 16125 16126 16127 16128 16129 16131 16132 16133 16135 16137 16139 16142 16144 16146 16155 16157 16159 16160 16163 16170 16171 16175 16176 16177 16179 16182

Barchfeld

Andreas

Sternwarte Zollern Alb c/o Herrn Rolf Bitzer

22339 72458

Dipl.-Phys. Hermans Lodevicus 93057

Kohlhage

Torsten

46459

Merz

Susanne

73312

Worringer

Friedhelm

42929

Dipl.-Chem. Dannenberg Claus

29223

Heinrich

Bernd

14482

Höger

Gerd

56587

Trögeler

Hans-Friedrich 38122

Selzner, MA

Guido

50997

Ullrich

Gerhard

44799

Strobel

Werner

63069

Dipl.-Inf. Busch Matthias

64646

Burkhardt

Frank

36145

Kreiling

Norbert

35444

Dipl.-Phys. Rohrig Rüdiger

37130

Beck

Stefan

71088

Astron.Arbeitskr. Pforzheim 1982 e.V.75334 c/o Sylja Sollner

Breitenbach

Walter

Heisel

Johannes

Dipl.-Phys. Keller Philipp

Holz

Kai

Bannuscher

Dietmar

Bartholmess

Martin

Trummer

Josef

Hofmann

Klaus-Volker

Dipl.-Ing. Thull Thomas

Fückel

Horst

Dipl.-Math. Fellner Jörg

Dr. Ing. Dittie Georg

Satony

Jürgen

Dipl.-Ing. Neubert Manfred

Stud.-Dir. Hammer

Kampmann

Klaus

Dipl.-Volkswirt Dollny Klaus

Debus Oliver Elmar

Wilhelm

Jan

Przewozny

David

Österreicher

Reiner

Dr. Eckmann Steffen

Schröder

Alfred

Palm

Gerhard

Großmann

Gabor

Umland

Regina

Meyer

Armin

Fäßler

Hugo

Volz

Reinhard

Vaupel

Alexander

Wohlfeil

Arnold

Dr. Ott

Martin

61440 67592 93073 26548 56249 61118 92249 63263 66877 64569 81245 53639 65597 08280 Albert 58515 55606 61348 74915 12489 71272 40479 47058 66862 26655 68165 67281 88079 72213 36251 42349 58113

Hamburg Albstadt
Regensburg Rees Geislingen Wermelskirchen Celle Potsdam Straßenhaus Braunschweig Köln Bochum Offenbach Heppenheim Hofbieber-Schackau Biebertal Gleichen Holzgerlingen Straubenhardt
Oberursel Floersheim-Dalsheim Neustraubling Norderney Herschbach Bad Vilbel Vilseck Neu-Isenburg Ramstein Nauheim München Königswinter Hünfelden Aue 97980 Bad Mergentheim Lüdenscheid Kirn Bad Homburg Waibstadt Berlin Renningen Düsseldorf Duisburg Kindsbach Westerstede Mannheim Kirchheim/Wstr. Kressbronn Altensteig-Walddorf Bad Hersfeld Wuppertal Hagen

16183 16184 16187 16189 16196 16198 16207 16208 16220 16223 16228 16231 16232 16236 16237 16238 16241 16245 16246 16249 16250 16251 16252 16253 16255 16256 16257 16258 16261 16264 16266 16276 16278 16280 16281 16284 16285 16291 16292 16297 16298 16301 16306 16309 16313 16326 16327 16330 16333 16335 16343 16347 16351 16354 16356 16357 16359 16360 16363 16364 16365 16366 16371 16380 16381 16393 16403 16411 16412 16432 16451

Schreiner

Manuel

Gräber

Joachim

Frowein

Benjamin

Dipl.-Ing. Bräuer Jürgen

Dipl.-Math. Krebs Peter

Eisenhauer

Stephan

Hoffmann

Susanne

Andersson

Sven

Reich

Michael

Dipl.-Ing. Bittmann Michael

Lehmann

Dirk

Uffrecht

Ulrich

Höferlin

Peter

Dr. Ing. Dialer Christian

Vogelsang

Oliver

Stübig

Martin

Dir. Laskowski Jürgen

Purwin

Rene

Dr. Wilhelm-Erkens Ulrike

Kunze

Michael

Biege

Frank

Thome

Frank

Güths

Torsten

Scheel

Mario

Dipl.-Ing. Dank Hans-Wilhelm

Boulnois

Reiner

Häusler

Bernhard

Merkle

Alexander

Wöhrmann

Werner

Schmitt

Gerhard

Dr. Hüppop

Ommo

Schnaubelt

Michael

Berthold

Gerald

Dipl.-Ing. Schäfer Frank

Groos

Holger

Dr. Opitz

Dieter

Dr. Beyvers

Gottfried

Mautner

Reinhard

Lukatch

Edward

Abels

Ludger

Dipl.-Ing. Zborowska Jörg

Dipl.-Ing. Kipplaß Meinhard

Wahl

Günter

Amateurastronomen ,,Max Valier"

Peetz

Erica

Delago

Johann

Fiehn

Thomas

Probst

Heinrich

Dipl.-Inf. Storck Ulli

Six

Helmut

Schiefelbein

Mathias

Gößmann

Gerald

Machleb

Michael

Dipl.-Math. Kannenberg Ralf

Schwan

Hans-Ulrich

Dipl.-Ing. Diederich Hans-Günter

Schurr jun.

Helmut

Dr. Stapper

Norbert

Reimers

Helmut

Bichlmeir

Stephan

Kupsch

Gerhard

Growe

Matthias

von Kusserow Ulrich

Dipl.-Inf. (FH) Woita Jürgen

Cornelius

Karl

Dipl.-Ökon. Ramuschkat Sven

Reinheimer

Katrin

Haußer

Uli M.

Tremel

Horst

Dipl.-Ing. Braune Bert

Lotzmann

Jürgen

83080 72622 42329 45894 66440 64395 10315 12559 64646 80999 69493 21614 79576 82275 88709 78239 40489 79112 79415 47441 59555 75228 61231 F 92160 52428 35039 97222 72458 49124 35066 26386 69181 09232 01454 57271 86940 84032 I 39022 22761 38162 50169 51469 88453 I 39100 25866 89174 23714 94469 66839 57271 12101 44319 12247 CH 8052 44797 64287 73540 40789 31249 81377 13507 21493 28203 70771 67578 31275 89075 55299 65439 93173 31582

Oberaudorf Nürtingen Wuppertal Gelsenkirchen Niederwürzbach Brensbach Berlin Berlin Heppenheim München Hirschberg Buxtehude Weil am Rhein Emmering Meersburg Rielasingen-Worblingen Düsseldorf Freiburg Bad Bellingen Moers Lippstadt Ispringen Bad Nauheim ANTONY Jülich Marburg Maidbronn Albstadt-Ebingen Georgsmarienhütte Frankenberg Wilhelmshaven Leimen Hartmannsdorf Radeberg Hilchenbach Schwifting Landshut ALGUND Hamburg Cremlingen Kerpen Bergisch-Gladbach Erolzheim BOZEN Mildstedt Altheim Malente Deggendorf Schmelz Hilchenbach-Grund Berlin Dortmund Berlin ZÜRICH Bochum Darmstadt Heubach Monheim-Baumberg Hohenhameln München Berlin Schwarzenbek Bremen Echterdingen Gimbsheim Lehrte Ulm Nackenheim Flörsheim Wenzenbach Nienburg

VdS-Journal Nr. 57

124

VdS vor Ort / Tagungsberichte

Wir begrüßen neue Mitglieder

Mitglieds-Nr. Name

Vorname

20666 20667 20669 20670 20671 20672 20673 20674 20675 20676 20677 20678 20679 20681 20683 20684

Volkssternwarte Wetterau e. V.

Heuser

Oliver

Herster

Paul

Schenker

Jonas

Gottschalk

Maik

Astronomisches Zentrum Gera e.V.

Wernli

Christian

Weidmann

Roland

Volkmer

Peter

Lembach

Jörg

Paul

Thomas

Dipl. Ing. Oltmann Jan-Hendrik

Prinz

Rudolf

Klein

Jörg

Münz

Holger

Zörner

Torsten

Straße Nr.

Land PLZ Ort

Brunnenweg 16 a Cecilienallee 46 Neuer Platz 5 Rütiweg 6 Haydnstraße 28 Am Sportplatz 20 Sandsteig 5 Wilhelmshof 23 Brüsterortweg 7 Hangstraße 20 Gaiernstraße 21 Westerfeld 3a Adlesberg 1 Planstraße 5 Johann-Sebastian-Bach-Str. Höhenfeldweg 25

61231

40474

ÖSTERREICH 8591

SCHWEIZ 5036

78464

07552

SCHWEIZ 5412

85764

38124

82131

75181

25704

84367

56072

17

73430

06862

Bad Nauheim Düsseldorf MARIA LANKOWITZ OBERENTFELDEN Konstanz Gera GEBENSTORF Oberschleißheim Braunschweig Gauting Pforzheim Nindorf Tann Koblenz Aalen Dessau-Roßlau

60 Jahre Sternwarte Hagen:
Das Hagener Sternfreundetreffen 2015
von Peter Riepe

Hagen - gern als ,,Pforte zum Sauerland" bezeichnet - besitzt als Großstadt mit 200.000 Einwohnern auch eine Sternwarte. Sie liegt am südlichen Stadtrand auf einem bewaldeten Bergrücken beim Eugen-Richter-Aussichtsturm (Abb. 1). Im Jahr 2015 feierte die Sternwarte Hagen ihr 60-jähriges Jubiläum. Daher war das ,,Hagener Sternfreundetreffen" (HaST) am 22. August 2015 ein besonderes Ereignis. Und der Wettergott muss
VdS-Journal Nr. 57

ein Sauerländer sein, denn blauer Himmel und Sonnenschein sorgten für beste Laune bei Veranstaltern und Gästen.
Nach der Begrüßung zum HaST um 10 Uhr startete Dirk Panczyk mit dem Übersichtsvortrag ,,60 Jahre Sternwarte Hagen - Eine Hagener Institution im Wandel der Zeit". Der Vorstandsvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Volkssternwarte Hagen e. V. berichtete, wie die Sternwar-

1 Die Sternwarte Hagen auf den
Höhen südlich der Stadt
te nach dem ersten Spatenstich 1955 im Laufe der Zeit zu einer bekannten Einrichtung erblühte - dank des unermüdlichen Einsatzes verschiedener Aktiver. Sicherlich sind vielen Sternfreunden noch die Planetenbeobachter um Horst Groß bekannt. Auch die Kometenbeob-

VdS vor Ort / Tagungsberichte

125

achter liefern stets beste Ergebnisse. Wer kennt nicht die hervorragenden Kometenaufnahmen? Heute wird auf verschiedenen Gebieten auch wissenschaftlich gearbeitet, u. a. in der Meteorologie, auf dem Sektor der Kleinplaneten und bei Beobachtungen im Rahmen des Feuerkugelnetzes. Die Sternwarte Hagen verfügt über ein sehr gutes Instrumentarium (Abb. 2), so dass öffentliche Beobachtungen gut und gern besucht werden. Außerdem wird von den Mitgliedern der Sternwarte ein über die Stadt verteiltes Planetenmodell gepflegt und betreut.

2
Links im Vordergrund ein 250-Millimeter-Schiefspiegler mit 5000 Millimeter Brennweite. Eine Alt-Montierung trägt einen RC-Cassegrain mit 250 Millimeter Öffnung, dahinter die Kuppel des 500-MillimeterHypergrafen. Rechts im Hintergrund ist der Eugen-Richter-Turm zu erkennen.
hör. Außer zur Sonnenbeobachtung bestand auch die Gelegenheit, die 83 Stufen des Eugen-Richter-Turms zu erklimmen, um von ,,hoch oben" einen ,,weitwinke-

3 Dirk Panczyk (2. v. l.) und Björn Gludau (r.) begrüßen Axel Martin (l.) zu seinem Vortrag.

Der Tag fand in einem Rahmen ausgesuchter Vorträge statt. Axel Martin vom Turtle Star Observatory in Mülheim vermittelte den Besuchern eine beeindruckende Sicht auf ,,20 Jahre Kleinplanetenbeobachtung in Mülheim/Ruhr" (Abb. 3). Es ist schon erstaunlich, was im Ruhrgebiet bei genügend Professionalität und systematischer Arbeitsweise erreichbar ist. Kleinplaneten sind der Schwerpunkt der Aktiven, daher ist es nicht verwunderlich, dass es hier auch bereits eigene Entdeckungen gibt. Mich als Astrofotograf hat besonders die Datenreduktion überzeugt: Wie werden aus den Serienaufnahmen exakte Positionen gemessen? Die Ergebnisse werden natürlich an die Fachastronomie weitergegeben, um die Kleinplanetenbahnen stetig zu verbessern.
Die Mittagspause fand bei Bratwürstchen, Salaten und kühlen Getränken im Freien statt. Auf der Dachplattform der Sternwarte gab es eine Ausstellung mit Teleskopen und entsprechendem Zube-

4 Die Teilnehmer des HaST 2015

VdS-Journal Nr. 57

126

VdS vor Ort / Tagungsberichte

5 Gemütlicher Ausklang des HaST 2015

ligen Blick" über Hagen und das beginnende Sauerland zu werfen.
Am Nachmittag gab es zwei Vorträge von Mitgliedern der Fachgruppe Astrofotografie. Zunächst referierte Mark Schocke aus Oberhausen über ,,Astrofotografie im Ruhrgebiet - Der Cirrusnebel und andere Himmelsperlen". Zentraler Punkt seines Vortrags war, welche Möglichkeiten der Astrofotograf mit kleinen Optiken unter nur mäßigem Stadthimmel hat. Als angepasste Technik kam hier der Einsatz von Schmalbandfiltern zur Sprache. Im Teamwork (Stichwort: Teleskop-Binning)

wurde auf diese Weise von vier Autoren ein hervorragendes Gesamtbild des Cirrusnebels im Schwan gewonnen.
Wer kennt nicht die Probleme eines ungleichmäßigen Teleskoplaufs? Genau diesen Punkt behandelte Oliver Schneider aus Leopoldshöhe bei Bielefeld. Sein Thema lautete ,,Der TDM (Telescope Drive Master) in der Praxis". Der Referent erläuterte sowohl die technischen Details als auch die Bedienung, ging aber auch auf die Praxistauglichkeit des Geräts ein. Die wichtigste Frage, ob das Gerät halte, was es verspreche, beantwortete er mit einem ,,Ja".

Nach einer Kaffeepause mit leckerem, selbstgebackenen Kuchen (Dank an die weiblichen Mitglieder der Sternwarte!) folgte das Gruppenfoto (Abb. 4). Den Vortragsreigen beendete dann Prof. Dr. Heinz Hövel. Der Physiker der Technischen Universität Dortmund hatte sich ,,Die Farben des Himmels" zum Thema gesetzt. Die Farben astronomischer Objekte sagen zwar den Sternfreunden von der Phänomenologie her viel, jedoch sind ihre Grundlagen oft wenig bekannt. So wurde geklärt, was es mit dem Blau des Himmels auf sich hat, mit dem Rot der untergehenden Sonne. Farben sind aber auch im Regenbogen oder in Nebensonnen sichtbar. Wie kommen sie zustande? Was ist ein Brockengespenst? Wodurch entsteht ein Mondhalo? Was gibt es über Polarlichter und die von ihnen emittierten Wellenlängen zu berichten? All dies wurde von Herrn Hövel sehr kurzweilig vorgetragen.
Das HaST klang dann im nahegelegenen Restaurant ,,Waldlust" gemütlich aus (Abb. 5). Bis nach Einbruch der Dunkelheit konnten wir alle ,,am langen Tisch" im Biergarten bei angenehmen Temperaturen astronomische Erfahrungen austauschen, Fragen stellen und - sehr wichtig - neue Freunde gewinnen. Den Veranstaltern gebührt ein großer Dank für dieses gelungene Treffen. Der Sternwarte Hagen wünsche ich weiterhin viel Erfolg!

50 Jahre Volkssternwarte Burgsolms
von Thomas Düring
Am 20. Juni 2015 beging die Volkssternwarte Burgsolms ihr 50-jähriges Bestehen. Dieses Ereignis sollte gebührend gefeiert werden und zugleich auch als Chance genutzt werden, um die Volkssternwarte und den Betreiber, den ,,Astronomischen Arbeitskreis Wetzlar e.V." wieder einmal in den Blickpunkt von Öffentlichkeit und Bürger zu rücken.
Schon als die Sternwarte im Jahr 1965 als Beobachtungsstation des astronomischen Arbeitskreises eingeweiht wurde, war dies durch die damaligen Gründer Julius Glitzner, Wilhelm Weigel und Friedrich Frevert in bemerkenswerter Weise geschehen: Um Gelder für den Neubau -
- zusammenzutragen, wurden astrono- der damals größten Sternwarte Hessens 1
mische Wochen, Vortragsveranstaltun- Die Gründer der Volkssternwarte gen und vieles mehr organisiert. Unter Burgsolms: Julius Glitzner (hinten Einbeziehung von Rundfunk und Presse links), Wilhelm Weigel (hinten rechts) wurde sogar ein Fußball-Freundschafts- und Friedrich Frevert (im Vordergrund)
VdS-Journal Nr. 57

VdS vor Ort / Tagungsberichte

127

spiel zwischen ,,Eintracht Frankfurt" und dem ,,Fußball-Club Burgsolms 1920" organisiert. Der Erlös von einigen tausend D-Mark kam vollständig dem Neubau der Volkssternwarte zu Gute.
Sensibilisiert durch die damals aufblühende Raumfahrt und den Wettlauf zum Mond, den sich die USA und die damalige UdSSR lieferten, war die Bevölkerung seinerzeit hochgradig an allem interessiert, was zum Thema Weltall berichtet wurde. Und so standen alle Signale für eine weitere finanzielle Unterstützung der Sternwarte durch die öffentliche Hand, aber auch durch Sponsoren, auf Grün. Dies nutzten die Gründungsväter gekonnt für ihre Zwecke.
Als großes Vorbild für das Sternwartengebäude diente die damalige Feriensternwarte Calina in Carona am Luganer See. Der Grundstein konnte schließlich im Jahr 1963 gelegt werden. Zuvor wurde bereits am 4. September desselben Jahres, der ,,Astronomische Arbeitskreis Wetzlar e.V." in das örtliche Vereinsregister eingetragen und somit als gemeinnütziger Verein offiziell registriert. Es folgten geschäftige Jahre, in denen man nicht nur für die ständig benötigten finanziellen Mittel sorgen musste, sondern sich auch um das zukünftige Instrumentarium kümmerte: Neben einem 6-Zoll-CoudeRefraktor von Wachter, plante man den Eigenbau eines 16-Zoll-Newton-Spiegelteleskops. Diese Aufgabe übernahm Wilhelm Weigel. Montierung und Sockel wurden nach seinen Vorgaben von einer Eisengussfirma in Wetzlar angefertigt. Die Feinarbeiten wurden schließlich in einer zweiten Werkstatt, ebenfalls in Wetzlar, durchgeführt. Die Optik und die Nachführung des Instruments entstanden ebenfalls ,,unter Weigels Händen", teilweise sogar in seinen Privaträumen. Parallel zu diesen Arbeiten ließen es sich die drei Sternwartengründer aber nicht nehmen, auch selber am Rohbau mit Hand anzulegen. Gemeinsam mit neu geworbenen, hochmotivierten und begeisterten Mitgliedern, sowie einigen - dem großen Projekt wohlwollend gegenüberstehenden - Handwerksbetrieben entstand das Sternwartengebäude, welches am 19. Juni 1965 endgültig inklusive 16-ZollNewton und Coude eingeweiht wurde. Die Gesamtkosten bis zur Fertigstellung betrugen damals rund 180.000 D-Mark.

2 Die prall gefüllte Beobachtungsplattform der Volkssternwarte am Jubiläumstag.
In der Mitte ist das Hauptinstrument zu sehen: das 40-Zentimeter-Newton-Teleskop, das für diesen Tag für die Sonnenbeobachtung umgerüstet wurde.

In den späten 1980er-Jahren kam noch ein freistehender Beobachtungsturm mit einer 3-Meter-Kuppel hinzu, die zunächst eine Flatfieldkamera auf einer Alt7-Montierung beherbergte. Aufgrund des geringen Platzangebotes wird die Kuppel - heute mit einem 10-Zoll-Newton-Teleskop ausgestattet - nicht mehr für öffentliche Führungen genutzt. Die Lücke zwischen Turm und Sternwartengebäude konnte 2009 durch einen Neubau, der eine Astrobibliothek und endlich auch einen Toilettenraum enthielt, geschlossen werden. Der Verein hatte dafür zunächst eigentlich kein Geld! Es zeigte sich aber, wie schon 45 Jahre zuvor, dass mit Kreativität, Teamgeist und gut abgestimmter Öffentlichkeitsarbeit auch in schwierigen

Zeiten Unmögliches wahr werden konnte. In den neuen Räumlichkeiten werden heute mehr als 2000 Bücher präsentiert. Zur Aktualisierung des bestehenden, größtenteils älteren Buch-Sortimentes, stellte das Kultusministerium von Hessen auf Anfrage des Vereins einen Geldbetrag zur Verfügung. Bücherspenden kamen auch von der Europäischen Raumfahrtorganisation (ESA) in Darmstadt, vom Dt. Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie von Privatpersonen. Der Schwerpunkt der Bibliothek soll nicht nur auf moderner Astroliteratur, sondern auch auf historischen Werken liegen. Das Angebot wird seither ständig ergänzt und erweitert.

3 Blick auf die Westfassade der Volkssternwarte Burgsolms

VdS-Journal Nr. 57

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VdS vor Ort / Tagungsberichte

Seit Eröffnung der Volkssternwarte wird das umfangreiche Instrumentarium dazu verwendet, einer breiten Öffentlichkeit die ,,Faszination Astronomie" live nahe zu bringen. Dazu gehören neben den beliebten öffentlichen Beobachtungsabenden auch Ferienpaß-Aktionen für Kinder, Sondervorträge über aktuelle Astronomie- und Raumfahrtereignisse und natürlich auch die Beobachtung und Fotografie von Sonne, Mond, Planeten und Deep-Sky-Objekten. Die Diskussion aktueller astronomischer Themen erfolgt im öffentlichen Astrotreff, durch den der Verein schon so manches neue Mitglied werben konnte. In naher Zukunft wird die instrumentelle Ausstattung durch eine Radioantenne erweitert, die bereits als Prototyp existiert und bald den Betrieb aufnehmen soll. So ist die Sternwarte Burgsolms heute in Mittelhessen eine einzigartige Einrichtung, die es den Besuchern ermöglicht, die Faszination Astronomie zu erleben.
Das besondere Augenmerk des Vereins liegt auch weiterhin auf der Jugend- und Nachwuchsförderung. Eine eigene Jugendgruppe trifft sich regelmäßig und deren Teilnehmer erwerben dort erste Kenntnisse im Umgang mit naturwissenschaftlichen Themen. Gelegentliche

Exkursionen zu astronomischen Sehenswürdigkeiten runden das Angebot ab.
Wie schon zur Einweihung im Jahr 1965, wurde auch das 50-jährige Jubiläum mit Ehrengästen aus Politik, Wirtschaft und Sponsoren gefeiert. Als besondere Ehrengäste konnte der 1. Vorsitzende des Arbeitskreises, Thomas Düring, Herrn Julius Glitzner samt Ehefrau begrüßen.
Anwesend waren außerdem der Staatssekretär des Hessischen Kultusministeriums, Herr Dr. Lösel, der Landrat Herr Wolfgang Schuster sowie die Bürgermeister aus Solms, dem benachbarten Braunfels und Wetzlar. Alle unterstrichen in ihren Grußworten die Rolle der Astronomie in der heutigen Zeit sowie den Bildungsbeitrag der Volkssternwarte. Als Vertreter der VdS sprach sich Thorsten Güths in seinem Grußwort für einen sinnvolleren Umgang mit Kunstlicht und für die Vermeidung von Lichtverschmutzung aus.
Die Organisatoren des Festaktes erfreute es besonders, dass man Dr. Uwe Reichert, Chefredakteur der Zeitschrift ,,Sterne und Weltraum", für den Festvortrag gewinnen konnte. In kurzweiliger und fesselnder Weise beschrieb er die Entwicklung

der Astronomie in den letzten 50 Jahren, was auch die nicht so kundigen Ehrengäste beeindruckte.
Über 300 Bürger aus der Nachbarschaft, der Gemeinde und dem Kreis, die zum Tag der offenen Tür angereist waren, konnten sich bei Grillwurst, Kaffee und Kuchen, Kurzvorträgen und Sonnenbeobachtungen über die Sternwarte informieren. Immer wieder wurde auf Wunsch der Gäste das eigens für diesen Tag erstellte Video ,,50 Jahre Sternwarte Burgsolms" gezeigt. Der Höhepunkt der Feier war die Verlosung von Ballonfahrten, die von der Sparkasse und einer großen hessischen Brauerei gesponsert wurden.
Für den Verein und alle Beteiligten war dieser Tag eine gelungene Veranstaltung. Es zeigte sich, dass noch immer genügend Neugier für Astronomie in der Bevölkerung existiert und eine Sternwarte für Jedermann genügend Anreize bieten kann, sich dem Thema ,,Himmelskunde" zu nähern! Dies sollte ein Ansporn für andere Volkssternwarten sein! Kontakt: Astronomischer Arbeitskreis Wetzlar e.V. Volkssternwarte Burgsolms, Lindenstr.11, 35606 Solms www.sternwarte-burgsolms.de

Die nächste Runde PaS oder anders: ,,To be, or not to be, that is the question" von Spikes und Frikadellen

von Christoph Lohuis

Lehrreiche Vorträge, interessante Gespräche, der Ausbau von Netzwerken und vor allem eine ganz besondere Rückkehr machten den 12. ,,Praktischen astronomischen Samstag" (PaS) zu einer lohnenswerten Veranstaltung. Nach langer Abstinenz hatte das Warten endlich ein Ende und unübersehbar lagen sie da Frikadellen. Warum dieses Vorgeplänkel? Ganz einfach, ein wacher Geist hat

1
Neben Vorträgen, Spaß und guter Verköstigung ist es vor allem der direkte Austausch unter den Amateurastronomen, welcher den PaS auszeichnet.
VdS-Journal Nr. 57

VdS vor Ort / Tagungsberichte

129

2 Romke Schievink präsentierte in seinem Vortrag die Campussternwarte Schöppingen. Ziel ist der Aufbau einer deutsch-niederländischen
Remote-Sternwarte.

einen satten Körper zur Grundlage und so gestärkt konnten alle Gäste in das Vortragsprogramm eintauchen, bei dem gelacht, gestaunt und intensiv diskutiert werden konnte.
Mit Albert van Duin, Hans Schudy und Thomas Büring nahmen sich gleich drei Referenten der Fotografie des gestirnten Himmels an. Langjährige Fotografieerfahrungen, Selbstbauqualitäten, worüber die meisten nur staunen konnten, und Fotografien, über deren Qualität es keine zwei Meinungen gab, beeindruckten den geneigten Zuhörer oder in diesem Fall besser ,,Zuseher". Manchmal steckt das Spannende aber im Detail oder anders formuliert in den Spikes. Legen sich einige Astrofotografen eine entsprechende Vorrichtung vor die sündhaft teure Optik eines Apochromaten, um Spikes entstehen zu lassen, bauen sich andere kreisförmig angelegte Halterungen am Fangspiegel eines Newtons, um genau diese zu vermeiden. Um es für alle nicht Anwesenden mit Spocks Worten zu umreißen: ,,Faszinierend, diese Diskussion".

3 Jürgen Morawietz arbeitet bei der ,,Astronomisch Onderzoek in Nederland-ASTRON"
und ist von Beginn an Referent auf dem PaS. Schwerpunkt seiner Vorträge sind Ideen zur Konstruktion kostengünstiger Amateurradioteleskope.
VdS-Journal Nr. 57

130

VdS vor Ort / Tagungsberichte

4 Der Andrang am Buffet war immer mindestens ebenso groß wie bei den Vorträgen.

Christoph Lohuis stellte eine Vielzahl an Möglichkeiten vor, wie Astronomie in den Schulunterricht integriert werden kann: Von Kinder-Akademien im Kloster, über das Verfassen astronomischer Bücher, begehbaren 3D-Sternenmodellen oder dem Bau eines Wetterballons, welcher Daten und Filmmaterial aus der Stratosphäre lieferte, zeigten seine Schüler im letzten Schuljahr eindrucksvolle Leistungen. Auch die Integration von astronomischen Inhalten in Literatur- oder Schwimmunterricht ist näherliegend als mancher glaubt. Der Referent sowie die Sternwarte Neuenhaus bauen im Rahmen einer Bildungsarbeit aktuell ein Netzwerk auf. In diesen Kontext reihte sich auch der Vortrag von Romke Schievink ein, der das Projekt ,,Remote-Sternwarte auf dem Schöppinger-Berg" vorstellte, was bei allen Zuhörern auf großes Interesse stieß. Neben dem aktuellen Stand sowie den Zielen des Projekts ging es darum, ein Netzwerk aufzubauen, um vor allem die (wissenschaftliche) Auswertung der möglichen Daten einem breiten Spektrum interessierter Personen näher zu bringen. Mit der Sternwarte Neuenhaus sind in diesem Zusammenhang ebenfalls erste Ideen entstanden. Frederik Wanink nahm, im wahrsten Sinne des Wortes, Doppelsterne in den Fokus. Seit einem Jahr beschäftigt sich der Referent tiefergehend mit der Beobachtung dieser Objekte und stellte auf anschauliche Art und Weise die wichtigsten Aspekte dar.
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Joachim Lindner nahm die Besucher auf seine bekannt fesselnde sowie lehrreiche Art und Weise mit auf einen spannenden Weg - ,,Quo vadis Stern?". Ausgehend von der uns allen bekannten einen Sonnenmasse wurde deutlich, dass auch Sterne mit dem JoJo-Effekt zu kämpfen haben. Uwe Dulle erläuterte, wie der ,,Krabbennebel", oder war es doch der ,,Krebsnebel", zu seinem Namen kam. Der Zuhörer wurde hierbei historisch und
5 Gruppenbild der Referenten

geografisch entführt und war beindruckt, welche Symbiose mächtiges Mauerwerk und feinste Optik eingehen können. Neben der geschichtlichen Einordnung und den Zeichnungen waren insbesondere Fotografien interessant, die der Referent vor Ort erstellte. Im letzten Vortrag des Tages war mit Jürgen Morawietz eine weitere Instanz und ein Mitbegründer des PaS am Start. Neben Berichten und Entwicklungen aus der professionellen Radioastronomie stand bei Jürgen immer wieder der Amateurastronom im Fokus und wie dieser, auch mit schmalem Budget, interessante Ergebnisse erzielen kann. Zufällig flog während des Vortrages die ISS nahe dem Zenit vorbei und so konnten live einige Datenpakete von der Raumstation empfangen werden.
Ach ja, der 13. PaS findet wie immer am dritten Samstag im Oktober statt und somit in diesem Jahr am 15. Oktober. Vorträge werden wie immer gesucht, das Buffet steht, die Frikadellen und das neue Planetarium sind hoffentlich mit dabei!

Planeten im April
Merkur ist fast den ganzen Monat abends am Westhimmel zu sehen. Beste Zeit 8. - 20.4.

Venus steht am Taghimmel und wird am 6.4. vom Mond bedeckt, nur 10 Grad neben der Sonne.

Mars, nahe dem Skorpion, ist nicht weit von Saturn entfernt. Der rote Planet wird heller und größer.

Jupiter stand Anfang März in Opposition, er ist noch fast die ganze Nacht zu beobachten.

Saturn steht wie Mars im Schlangenträger, der Ringplanet geht bald vor Mitternacht auf.

Uranus nimmt diesen Monat seine Konjunktion mit der Sonne ein, er steht mit ihr am Taghimmel.

Neptun ist den dritten Monat in Folge nicht am dunklen Nachthimmel zu sehen.

Ereignisse im April

01.

max. Libration im Mond-SW, 9,8 Grad

01. 19:33 Beginn Jupitermonde Io und Europa

und deren Schatten gleichzeitig vor

Jupiter (-2,4 mag), bis 00:05 am 2.

04. 19:30 Beginn Merkur (-1,3 mag) Abendsicht-

barkeit, W-Horizont

06. ab Mond bedeckt Venus (-3,9 mag),

08:20 Austritt ab 09:13, genaue Zeit abh. v.

Standort. Vorsicht: Sonnennähe!

07. 12:24 Neumond

07. 19h Mond erdnah, 33,5'

08. 21:19 Beginn Jupitermonde Io und Europa

und deren Schatten gleichzeitig vor

Jupiter (-2,4 mag), bis 02:42 am 9.

09.

Uranus in Konjunktion mit der Sonne

10.

beste Merkursichtbarkeit des Jahres,

Abendhimmel, bis 19.

10. ab Mond bedeckt Stern 70 Tauri (6,5 mag),

19:47 genaue Zeit abh. v. Standort

10. ab streifende Sternbedeckung durch den

20:30 Mond (S-Rand): 71 Tau (Doppelstern,

4,5 mag), Linie: Amrum - Schleswig-

Holstein - Kiel - nördl. Neubrandenburg

10. ab Mond bedeckt Stern Theta1 Tauri (3,8

21:02 mag), genaue Zeit abh. v. Standort

10. ab Mond bedeckt Stern Theta2 Tauri (3,4

21:05 mag), genaue Zeit abh. v. Standort

10. 21:30 Mond 1,6 Grad W Aldebaran (Alpha Tauri,

1,0 mag)

10. ab Mond bedeckt Stern HR1427 (4,8 mag),

22:02 genaue Zeit abh. v. Standort

10. ab streifende Sternbedeckung durch den

22:16 Mond (S-Rand): 81 Tau (5,5 mag),

Linie: Insel Pellworm - Lübeck - Schwerin

11. ab Mond bedeckt Stern 111 Tauri (5,0

19:09 mag), genaue Zeit abh. v. Standort

11. ab Mond bedeckt Stern 117 Tauri (5,8

20:55 mag), genaue Zeit abh. v. Standort

11. ab streifende Sternbedeckung durch den

23:09 Mond (S-Rand): 167 Tau (Doppelstern,

6,1/6,5 mag), Linie für Hauptkompo-

nente: Osnabrück - Zwickau, für

Nebenkomponente (Doppelstern 7,3/7,3

mag): Meppen - Chemnitz

13.

max. Libration im Mond-NO, 9,7 Grad

14. 04:59 Erstes Viertel

15.

Merkur in Halbphase (Dichotomie),

Durchm. 7,1''

17. 00:56 Mond 2,9 Grad S Regulus (Alpha Leonis, 1,4

mag)

17. 20h Mond 4,0 Grad SW Jupiter (-2,3 mag)

17. 3h Mars (-1,1 mag) wird rückläufig

17. ab streifende Sternbedeckung durch den

21:06 Mond (N-Rand): 37 Leo (6,4 mag),

Linie: NW-Niedersachsen - Sachsen-

Anhalt - Brandenburg - Görlitz

18. 4h Mond 2,8 Grad S Jupiter (-2,3 mag)

18. 15h Merkur in größter Elongation Ost, 20 Grad

21. 1h Mars (-1,2 mag) 7,2 Grad W Saturn (0,2 mag)

21. 3h Mond 6,1 Grad NW Spica (Alpha Virginis,

1,1 mag)

21. 17h Mond erdfern, 29,4'

21. 21:30 Mond 6,3 Grad O Spica (Alpha Virginis, 1,1

mag)

22. 06:24 Vollmond

22. 22h Maximum Meteorschauer Lyriden, max.

20/h, 49 km/s, 22 bis 4 Uhr, Radiant im

Sternbild Leier

25. 3h Mond 4,2 Grad N Mars (-1,3 mag), 9,1 Grad N

Antares (1,1 mag), 9,0 Grad W Saturn (0,2

mag)

27.

Kleinplanet (3) Juno (10,0 mag) in

Opposition zur Sonne, Sternbild Virgo

28.

max. Libration im Mond-SW, 9,2 Grad

28. ab streifende Sternbedeckung durch den

03:11 Mond (S-Rand): SAO 162021 (Doppel-

stern, 7,0 mag), Linie: Aachen -

Koblenz - Aschaffenburg Würzburg -

Nürnberg - Oberpfalz

30. 04:29 Letztes Viertel

VdS-Journal Nr. 57

Zusammengestellt von Werner E. Celnik und Werner Braune (Veränderliche Sterne), Eberhard Riedel (streifende Sternbedeckungen), Oliver Klös (Sternbedeckungen durch Kleinplaneten)

Planeten im Mai
Merkur wird am 9. Mai vor der Sonnenscheibe zu sehen sein - ein Merkurtransit findet statt.
Venus hat ihre Konjunktion mit der Sonne noch nicht erreicht, sie steht am Taghimmel.
Mars erreicht am 22. Mai seine Opposition, doch der rote Planet steht tief im Skorpion.
Jupiter ist noch ein attraktives Objekt bis um Mitternacht, dann geht er bald unter.
Saturn wird Anfang Juni seine Opposition einnehmen, er ist nicht weit von Mars entfernt.
Uranus in den Fischen bleibt auch diesen Monat im hellen Licht der Sonne verborgen.
Neptun ist den vierten Monat in Folge nicht am dunklen Nachthimmel zu sehen.
Ereignisse im Mai
01. 21:09 Beginn Jupitermond Io und sein Schatten gleichzeitig vor Jupiter (-2,3 mag), bis 00:27 am 2.
05. 22:22 AI Dra Minimum 8,1 mag, Abstieg von 7,0 mag in rd. 2 Std.
06. 20:30 Neumond
VdS-Journal Nr. 57

06. 5h Mond erdnah, Winkeldurchm. 33,4'

06. Abend Maximum Meteorschauer Eta-Aqua-

riden, bis zu 60/h, 65 km/s, Radiant im

Sternbild Aquarius bei Stern Eta, ganze

Nacht

08. ca. Beginn Bedeckung Aldebaran (1,0 mag)

8:30 durch den Mond, Taghimmel, beobacht-

bar in SO-Österreich

08. Abend Maximum Meteorschauer Eta-Lyriden,

ca. 5/h, Radiant im Sternbild Leier,

ganze Nacht

09. 12:12 Merkurdurchgang vor der Sonne, bis

19:41, Sonnenfilter benutzen!

09. 24h Jupiter (-2,2 mag) wird rechtläufig

11.

max. Libration im Mond-NO, 9,2 Grad

11. ab Mond bedeckt Stern 1 Cancri (5,8 mag),

19:46 genaue Zeit abh. v. Standort

11. 22:22 AI Dra Minimum 8,1 mag, Abstieg von

7,0 mag in rd. 2 Std.

13. 09:10 Erstes Viertel

13. 21:30 Mond 5,9 Grad SO Regulus (Alpha Leonis,

1,3 mag)

14. 21:30 Mond 7,4 Grad SO Regulus (Alpha Leonis,

1,4 mag), 6,5 Grad O Jupiter (-2,2 mag)

15. 11h Mond 2 Grad S Jupiter, Abstand 4,9 Grad um 2h

17. 22:07 AI Dra Minimum 8,1 mag, Abstieg von

7,0 mag in rd. 2 Std.

18. 21:30 Mond 4,3 Grad NO Spica (Alpha Virginis,

1,1 mag)

18. 23h Mond erdfern, Winkeldurchm. 29,4'

20. ca. Scorpius-Sagittarius-Meteore, 2. Nacht-

hälfte, 30 km/s

21. 23:53 Mond 4,9 Grad N Mars (-2,1 mag)

21. 22:14 Vollmond

22. 3h Mond 10,6 Grad NW Antares (Alpha Scorpii,

1,1 mag)

22. 12h Mars (-2,1 mag) in Opposition zur

Sonne, Sternbild Waage, Durchm. 19''

22. 21:30 Mond 2,3 Grad N Saturn (0,1 mag), 9,3 Grad NO

Antares

22. 22:36 Beta Lyrae Minimum 4,4 mag, Abstieg

von 3,3 mag in rd. 2 Tagen

23. 22:07 AI Dra Minimum 8,1 mag, Abstieg von

7,0 mag in rd. 2 Std.

24. 21:12 Beginn Jupitermond Io und sein

Schatten gleichzeitig vor Jupiter (-2,1

mag), bis 00:39 am 25.

25.

max. Libration im Mond-SW, 8,2 Grad

29. 13:12 Letztes Viertel

30. 23h Mars (-2,0 mag) in geringstem Erdab-

stand, 75,3 Mio. km

Quellen: US Naval Observatory, eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto), Berechnungen der BAV, Berechnungen der IOTA (Steve Preston), Berechnungen der IOTA/ES (Eberhard Riedel [GRAZPREP]), Kosmos Himmelsjahr 2016 (H. U. Keller)

Alle Zeitangaben in MEZ, für Standort bei 10 Grad ö.L. und 50 Grad n. Br. zum Umrechnen in MESZ eine Stunde zu den Zeitangaben addieren.

Planeten im Juni
Merkur nimmt Anfang Juni eine größte westliche Elongation ein, ist aber nur von Südeuropa aus am Morgenhimmel zu sehen.
Venus wird am 6./7. Juni von der Sonne bedeckt, was freilich nicht zu sehen ist.
Mars hat sich nach der Opposition vom Skorpion in die Waage bewegt.
Jupiter kann man noch in der ersten Nachthälfte zwischen Löwe und Jungfrau sehen.
Saturn erreicht am 3. Juni seine Opposition; wie Mars steht er tief am Himmel, im Schlangenträger.
Uranus ist immer noch zu nah an der Sonne, um sich am dunklem Himmel bemerkbar zu machen.
Neptun im Wassermann taucht endlich wieder am Morgenhimmel auf; am 26.6. begegnet ihm der Mond.

Ereignisse im Juni

01.

R Ser im Anstieg zum Maximum am

20.7. mit 5,2 mag (o. schwächer)

03. 8h Saturn (0,0 mag, 18,4'') in Opposition

03. 11h 03. 12h 04. 21:10
05. 04:00 05. 10h
06. 23h
08. 09. 00:30
09. 22:22
10. 00:30
10. 22:30
11.
11. 22:30 12. 09:10 13. ca.
14.

zur Sonne, Sternbild Schlangenträger Mond 1,0 Grad S Merkur (0,7 mag) Mond erdnah, 33,13' Beta Lyrae Minimum 4,4 mag, Abstieg von 3,3 mag in rd. 2 Tagen Neumond Merkur (0,4 mag) in größter Elongation West, 24 Grad , tief! Venus in oberer Konjunktion mit der Sonne max. Libration im Mond-NO, 8,3 Grad Kleinplanet (5) Astraea (11,4 mag) 27' NO Galaxie M 95 (9,8 mag) RR Lyr Maximum 7,1 mag, rd. 1,5 Std. schneller Anstieg von 8,1 mag Kleinplanet (5) Astraea (11,4 mag) 7,5' NW Galaxie M 96 (9,3 mag) Mond 4,2 Grad SO Regulus (Alpha Leonis, 1,4 mag) Merkur (0,0 mag) Dichotomie (Halbphase) Mond 2,2 Grad S Jupiter (-2,0 mag) Erstes Viertel Maximum Scorpius-SagittariusMeteorstrom, 26 km/s, relativ wenige Meteore Neptun (7,9 mag) wird rückläufig, bei Lambda Aqr (3,7 mag)

14. 24h
15. 13h 17. 23h
18. 21h 18. 22:07
19. 02:32 20. 12:02 20. 23:34 21. 26. ab
00:06
26. ab 00:10
26. 22:22
26. 27. 19:19 27. ca.
30. 9h

Mond 4,2 Grad N Spica (Alpha Virginis, 1,1 mag) Mond erdfern, 29,5' Mond 7,3 Grad NO Mars (-1,7 mag), 14 Grad W Saturn (0,1 mag), 14 Grad NW Antares Mond N Saturn, bis 3 h am 19. U Oph Minimum 6,6 mag, rd. 2,5 Std. Abstieg von 5,9 mag Mond 2,2 Grad N Saturn (0,1 mag) Vollmond Sommersonnenwende max. Libration im Mond-SW, 7,6 Grad Mond bedeckt Neptun (7,9 mag), bis ca. 00:52, genaue Zeiten abh. v. Standort Ende Mondbedeckung Stern Lambda Aquarii (3,7 mag), genaue Zeit abh. v. Standort RR Lyr Maximum 7,1 mag, rd. 1,5 Std. schneller Anstieg von 8,1 mag Maximum Corviden-Meteorstrom Letztes Viertel Meteorstrom der Juni-Draconiden, ca. 5/h Mars (-1,4 mag, 16'') wird rechtläufig

VdS-Journal Nr. 57

134

Beobachterforum

Die Morgenkonjunktion vom 09.10.2015
von Bernd Flach-Wilken

Die Teneriffa-La Palma-Tour hatte Höhen und Tiefen. Die Truppe war toll, Joachim Biefang in Höchstform, aber leider war einer meiner Hauptreisegründe wegen Starkwind unerreichbar: der Teide ... Reiht sich ein in eine Reihe von leichten Bergen, die mir bisher alle verwehrt blieben zu erklimmen: Zugspitze, Vesuv, Ätna ... War überall am Fuße, aber nie auf dem Berg. Bin deswegen immer noch ,,stinkig". Da liegt irgendwo ein Fluch. Am Abreisetag war die Seilbahn wieder offen, aber ich musste schon um 9 Uhr auf die Rückfahrt. Grrrrhhh ...

GranTeCan auf La Palma (größtes optisches Teleskop der Welt mit 10,4-mHauptspiegel) war sehr, sehr eindrucksvoll, Izana (Sonnenobservatorium) am Fuße des Teide leider total wolkenverhangen, und das Gregor-Sonnen-Teleskop war wegen undichter Kuppel mit einer Folie abgehängt. Wir konnten zwar drunter kriechen, aber so einen richtigen Kompletteindruck haben wir natürlich nicht bekommen.
Astro in Praxis mit Joachims Dobson war gut und unter dem Himmel dort unten eindrucksvoll. Der Parador als Astrostandpunkt hat zwar sehr dunk-

1 Morgenkonjunktion vom 09.10.2015. Bilddaten: 06:35 UT, PENTAX-K3-Kamera, 45 mm
Brennweite, Blende 4, Belichtungszeit 0,5 s, ISO 400, Insel La Palma

len Himmel, aber so viele Autos, Busse und Taschenlampentouristen streunen da nachts durch die Gegend, dass es manchmal mehr als nervig war, dort auch nur visuell zu beobachten.
Die Vulkanlandschaften der beiden Inseln sind wirklich beeindruckend und ich

denke, das letzte Mal war ich noch nicht dort unten.
Die tolle Morgenkonjunktion am 9. Oktober wurde inszeniert von (v.o.n.u.) Regulus, Venus, Mond, Mars und Jupiter. Merkur steht noch hinterm Berg, stand an der Grenze von Löwe und Jungfrau.

Silberhochzeit unter der ,,schwarzen Sonne"

von Anette Domning

Als mein Mann 2012 von seiner Reise nach Spitzbergen, wo er den Venustransit beobachtet hatte, zurückkehrte, verkündete er schon kurz danach, dass ,,wir" 2015 doch zur Sonnenfinsternis gemeinsam nach Longyearbyen reisen könnten. Selbstverständlich ins Hotel, da ich schon die Schilderung seines Kampierens bei Temperaturen um den Gefrierpunkt als unattraktiv empfand. Meine Einwän-

1 Schwarze Sonne über dem Flughafen
Longyearbyen, Kamera EOS 450D, ISO 400, 1/60 s, f/4, 18 mm
VdS-Journal Nr. 57

Beobachterforum

135

de, wir hätten doch Silberhochzeit, und wir hätten uns doch eine romantische zweite Hochzeitsreise überlegt, wurden nach und nach demontiert.
Letztendlich buchte er schon rund ein Jahr im Voraus zwei Flüge von Berlin via Oslo nach Longyearbyen. Während die Reservierung für ein schönes Hotelzimmer in Oslo keine Schwierigkeiten bereitete, beichtete mein Mann mir letztendlich, dass es in Longyearbyen keine freien Hotelzimmer, Hostels oder Privatunterkünfte mehr gäbe. Dass es ihm aber gelungen sei mit der Betreiberin des Campingplatzes in Kontakt zu treten, und da sie auch noch Anfragen von anderen Beobachtungswilligen erhalten habe, einverstanden sei, den Platz schon in der Woche der Sonnenfinsternis zu öffnen. ,,Schatz, ist das nicht toll, wir haben eine Unterkunft!" Zur Erinnerung, der Campingplatz befindet sich auf Spitzbergen in der Arktis - im März sind Temperaturen bis -25 Grad C normal; der Boden ist hart gefroren und mit Eis und Schnee bedeckt, und die Gefahr durch herumziehende Eisbären darf nicht unterschätzt werden, daher ist es angeraten nur mit einer Waffe die Siedlungen zu verlassen. Während ich mir Sorgen machte, wie wir die rund 40 Stunden in arktischer Kälte in einem kleinen Zelt überleben würden, war mein Mann damit beschäftigt, sich ausführlich mit den meteorologischen Begebenheiten auseinanderzusetzen; immer neue Berechnungen zu machen, von wo aus die Sonnenfinsternis zu beobachten sei. Er studierte Karten, Fotos und schrieb E-Mails mit Forschern und Einheimischen, glich die Zeiten für Transportwege und Eincheckzeiten am Flughafen miteinander ab. In der Zwischenzeit begann ich mich mit dem unabwendbaren Zelten in arktischer Kälte auseinanderzusetzen. Ich kaufte für uns beide wärmende Unterwäsche, wattierte Thermohosen (kleiner Tipp: die Berufsbekleidung für Kühlhausmitarbeiter ist sehr funktional, hält prima warm und kostet nur eine Bruchteil der vergleichbaren Ski- oder Expeditionskleidung), Outdoorjacken (die bis -30 Grad warm halten sollten), spezielle Handschuhe und Fellmützen aus Armeebeständen sowie Stiefel mit Innenschuhen und Warmfutter. Zu Weihnachten 2014 bekam ich dann einen Schlafsack, der für Temperaturen bis -25 Grad C das Überleben sichern

2 Unsere Zelte zum Schlafen und für das Gepäck auf kompaktem Eis

3 Der Campingplatz in Richtung Osten, etwa 15 Minuten vor der Totalität

sollte, einen zweiten hatte mein Mann praktischerweise für sich gekauft.
Und dann kam der Schock: ca. zwei Wochen vor unserem Abflug gab es eine Wetterprognose, die zwar strahlenden Sonnenschein vorhersagte, aber auch in der Nacht Temperaturen bis -30 Grad C. Mir sank das Herz in die Hose, wie sollten wir das im Zelt überleben? Mein Mann begann umgehend, unsere Ausrüstung nochmals zu prüfen und im Internet zu recherchieren. Im Prinzip waren wir mit allem gut ausgestattet, nur dass wir uns mit den erlaubten 20 kg Freigepäck so schwer taten - doch da kam uns die Airline (Norwegian Air Shuttle) entgegen, für einen Betrag von 18 Euro konnte je Flugstrecke noch ein weiteres Gepäckstück mitgenommen werden. So fanden insgesamt 5 Schlafsäcke und 6 extra zugeschnittene, 5 cm dicke Styroporplatten als Zeltboden sowie ein Akkuschrauber samt langen Schrauben den Weg nach Spitzbergen.
Unsere Reise begann dann am 18. März mit dem Flug von Berlin nach Oslo und

dann weiter nach Longyearbyen. Beide Flüge waren ruhig und der letzte Flieger voller Menschen, die sich auf das außergewöhnliche astronomische Ereignis freuten. Gegen 20 Uhr kamen wir in Longyearbyen an und konnten im Dunkeln den Weg zum Campingplatz finden, der nur 200 m vom Flughafen entfernt liegt. Das Gelände war nur wenig schneebedeckt, stattdessen erwartete uns eine rund 10 cm dicke, kompakte Eisschicht und ein eisiger Wind. Wir benötigten rund zwei Stunden für den Aufbau unseres Zeltes; dann gingen wir ins Servicegebäude, um uns aufzuwärmen, Tee zu trinken und mit den anderen rund 80 astronomiebegeisterten Campern aus aller Welt zu klönen. Nach rund 3 Stunden Schlaf wurden wir geweckt, da wir nun mit unserer Eisbärenwache an der Reihe waren. Jeder Camper musste eine Stunde in der Nacht übernehmen. Es war unvergleichlich schön, die stille, klare, kalte Nacht unter einem Sternenhimmel, der zu unserer Freude noch ein kurzes Polarlichtleuchten bereithielt - schon dafür hatte sich der ganze Aufwand gelohnt. Nach einem herzhaften Frühstück kon-
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4 Der Ehemann der Autorin vor dem Isfjorden, kurz vor der Totalität

trollierte mein Mann seine berechneten Koordinaten bzgl. des Beobachtungsplatzes für den kommenden Tag. Wir entschieden uns für einen Platz entlang der Eispiste, ca. 250 m vom Campingplatz entfernt. Hier würde man sowohl die Sonne gut beobachten können und hatte zudem freie Sicht über den Fjord an der gegenüberliegenden Seite, so dass wir wahrscheinlich auch die Bewegungen des Mondschattens sehen konnten, eventuell sogar filmen. Danach machten wir uns zu Fuß auf, um Longyearbyen zu erkunden.
Nach einer wunderbar erholsamen Nacht wachten wir sehr zeitig morgens auf. Im Zelt schneite es von der gefrorenen Atemluft. Alle batteriebetriebenen Geräte, die für die Beobachtung verwendet werden sollten, wurden während des Frühstücks und bis unmittelbar vor ihrem Einsatz im Servicegebäude mit Strom versorgt und aufgewärmt, da wir am Tag zuvor die Erfahrung gemacht hatten,

dass die extreme Kälte zum schnelleren Entladen der Akkus beitrug. Wir bauten unser Zelt ab und verstauten die ,,Schlafsachen" wieder in den Rucksäcken und Reisetaschen, da wir nach dem Ende der Sonnenfinsternis nur wenig Zeit bis zum Rückflug hatten.
Nachdem wir unsere Abreise und die Beobachtung der Sonnenfinsternis vorbereitet hatten, waren wir endgültig sicher, dass das Wetter halten würde - strahlender Sonnenschein und eine glasklare Luft sorgten für entspannte, fast ausgelassene Stimmung. Alle Anwesenden waren freudig gestimmt, selbst die Kälte (nach wie vor -15 Grad C) trat in den Hintergrund. Nach dem ersten Kontakt und dem Beginn der Sonnenfinsternis landete unerwartet noch ein Charterflugzeug. Vom Flughafengelände strömte eine Gruppe - der Witterung nicht wirklich angemessen gekleideter - Asiaten und gesellte sich zu den verschiedenen Beobachtungsgruppen.

Und dann ging alles auf einmal ganz schnell - trotz minutiösem Beobachtungsplan, dem richtigen Standort, der aufgewärmten Geräte, überwältigte uns dieses Naturschauspiel wieder einmal! Während wir staunend und freudig erregt die schrittweise Verfinsterung der Sonne und die damit einhergehende, rapide abkühlende Temperatur beobachteten, versagten uns nacheinander verschiedene Kameras den Dienst. Dafür sahen wir die Sonnenfinsternis in einer Brillanz, die unbeschreiblich war. Die ,,Perlschnur" war diesmal nur ein einzelner ,,Diamant", die rötlichen Protuberanzen wunderbar deutlich. Die klare, extrem saubere Luft ermöglichte einen atemberaubenden Blick auf eine wirklich schwarze Sonne. Durch den extrem langen Mondschatten war es wirklich Nacht, der Himmel dunkel und die Sterne und die Sonnenkorona strahlend. Auch die Bewegung des Mondschattens konnten wir einen kurzen Augenblick wahrnehmen, leider fiel die dafür vorgesehene Kamera komplett aus. Wie kurz sind doch 2 Minuten und 23 Sekunden! Erst eine leichte Abnahme der Dunkelheit, dann brach sich das Sonnenlicht den Weg durch die Mondtäler es war vorüber.
Nach dem Ende der Totalität ging es leider bald zum Flughafen. Es folgten ein paar sehr schöne Tage in Oslo. Und der feste Entschluss, zukünftige Sonnenfinsternisse weiter gemeinsam anzuschauen - ob im Zelt oder im Hotel.

Eine ereignisreiche Nacht
von Stefan Schwager

Bestes Wetter markiert einen traumhaften Wochenstart, und die Menschen der Region sind Zeuge einer wundervollen totalen Mondfinsternis geworden. Am Morgen des 28.09.2015 ereignete sich

1 Verlauf der Halbschattenverfinsterung
am 28.09.2015 von 01:00 bis 03:27 Uhr bei gleichen Belichtungswerten: ISO 100, 1/125 s. Man erkennt deutlich den Schattenverlauf vom Rand des Halbschattens bis zum Rand des Kernschattens.
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eine eindrucksvolle ,,Supervollmond - Mondfinsternis", wie sie auch gerne genannt wurde, denn der Mond stand zum Zeitpunkt der Verfinsterung im erdnahen Punkt auf seiner Bahn und war uns somit näher, als es im Mittel der Fall ist. ,,Nur" 353.000 km trennten uns vom Mond, als dieser am frühen Morgen in den Schattenkegel der Erde eingetreten war. Das Wetter spielte perfekt mit und nur kleinere Hochnebelfelder zogen ab und zu mal über den Riesaer Himmel. Ab 2 Uhr versammelten sich an der Riesaer Volkssternwarte etliche interessierte Bürgerinnen und Bürger und warteten gespannt auf die bevorstehende ,,MoFi". Die Vereinsmitglieder der Sternwarte bauten jede Menge Teleskope und Binokulare auf, damit auch jeder einen stark vergrößerten Blick zur Finsternis werfen konnte. Natürlich war auch das große Spiegelteleskop der Volkssternwarte im Einsatz und bezauberte die Besucher. Es war ein tolles Schauspiel, als der Mond kurz nach 3 Uhr in den Kernschatten der Erde eintrat und sichtbar verfinstert wurde.
Zuvor verfolgten die Profis der Sternwarte schon die sog. Halbschattenfinsternis, ein recht unscheinbares Ereignis vor der partiellen Phase der Finsternis. Hier beginnt sich der Mond dem Kernschattenbereich des irdischen Schattenkegels zu nähern, und man kann vor allem auf Fotos erste Veränderungen der Mondhelligkeit erkennen. Der Riesaer Sternwartenleiter machte auch Fotos von Vollmond und Halbschattenfinsternis mit je gleichen Aufnahmewerten der Kamera und dadurch ist ein direkter Vergleich der Helligkeitsveränderung zu erkennen. Doch sobald der Mond in den Kernschatten eintritt, verliert er massiv an Helligkeit, so dass schnell sehr lange
2 Oben: Fotomontage der Totalen
Mondfinsternis vom 28.09.2015 mit Weg durch den Erdschatten
3 Mitte: Totale Mondfinsternis
28.09.2015, Anblick zu Beginn der Totalität
4 Unten: Totale Mondfinsternis am
28.09.2015 über der Sternwarte Riesa

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Belichtungszeiten oder höhere Bildempfindlichkeiten notwendig sind.
Die Totalität ist der spannendste Teil der MoFi, denn hier steht der Mond vollständig im Kernschattenkegel der Erde. Der sonst sehr helle Vollmond ist in dieser Phase in ein rot-kupferfarbenes Farbkleid getaucht und schimmert geheimnisvoll inmitten der ihn umgebenden Sterne. Je nach Beschaffenheit der Atmosphäre kann die Totalität dann ,,hellrot" oder ,,tiefbraun" ausfallen und klassifiziert werden. Diese Finsternis war recht dunkel und ist im Mittelmaß einzuordnen. Ein einmaliger Moment der
Startrails
von Helmut Metz
Gute Wetterbedingungen herrschten am Wochenende vom 10./11. Oktober 2015 an der Walter-Hohmann-Sternwarte in Essen. Deshalb herrschte hier ein reges Treiben. Alle 5 Beobachtungsstationen

Natur, den Mond in diesem Farbenspiel zu sehen. Im Fernglas und Binokular war die Beobachtung wegen der möglichen Übersicht am schönsten.
An die 40 Gäste kamen an diesem Morgen zur Riesaer Volkssternwarte und wollten gemeinsam mit den Sternenfreunden einen Blick zur MoFi erleben. Zwischendurch riefen interessierte Bürger an und fragten nach der Finsternis. auch einige Radiosender riefen in Riesa an und wollten wissen, wie es aussieht und was man so sehen kann. Nach der erfolgreichen Beobachtung war der sichtbare Teil dann gegen 6:30 Uhr lei-
waren geöffnet. Das ist auch auf der 8,5-Stunden-Aufnahme (21:36 - 05:53) dokumentiert. Sie ist zusammengesetzt aus ca. 2.300 Einzelbildern. Die Bilder entstanden vom Dach einer Beobachtungsstation mit einer Canon 20Da durch ein 8-mm-Walimex-Fischauge. Die Bildverarbeitung erfolgte mit der Freeware Startrails 2.2 von Achim Schaller.

der schon vorbei und die Sternenfreunde diskutierten aufgeregt die erlebten Eindrücke der vergangenen Nacht bei einem gemütlichen Frühstück.
In der ersten Auswertung der angefertigten Fotos kann man nun verschiedene Dinge herausarbeiten, so wie z. B. die Bahn des Mondes durch den Erdschatten, indem man diesen aus den Bildern errechnen und darstellen kann. Auch die Größe der Erde und der Abstand des Mondes kann daraus abgeleitet werden, so wie es die alten Griechen einst vormachten. Mehr Bilder in der Galerie unter www.Sternenfreunde-Riesa.
Der helle Satellitenreflex links oben im Bild kam von GLOBALSTAR M078. Auf der Strichspuraufnahme sind auch eine Menge geostationäre Satelliten verewigt, welche Ihr leicht als eine Kette von Lichtpunkten parallel zu den Sternstrichspuren links im Bild findet. Es war eine schöne Nacht, welche wohl allen Beteiligten auf Warte viel Spaß bereitet hat.

1 Sternstrichspuren über der Walter-Hohmann-Sternwarte in Essen am 10./11. Oktober 2015, 21:36 - 05:53.
Canon 20Da, 8-mm-Walimex-Fischaugenobjektiv.
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Vergleich der Mondfinsternisse 2007 und 2015

von Klaus Kosbi

Am 28. September 2015 fand eine in Mitteleuropa vollständig sichtbare totale Mondfinsternis statt. Diese Finsternis wurde als ein ganz besonderes Ereignis angekündigt, da der Mond einerseits sehr nahe am Zentrum des Erdschattens vorbeiziehen sollte. Zum anderen befand sich der Mond nahe seines Perigäums. In der Konsequenz war also eine sehr große und sehr dunkle Mondscheibe zum Zeitpunkt der Totalität zu erwarten. Und so war es auch, wie sich jeder Beobachter der Mondfinsternis erinnern wird.
Wie viele andere auch, habe ich den Finsternisverlauf fotografisch festgehalten und dabei Belichtungsserien im Abstand von 2,5 Minuten angefertigt, so dass eine recht große Anzahl von Bildern entstanden ist. Als Aufnahmegerät diente ein Takahashi-Refraktor FS-102 mit 102 mm / 820 mm Öffnung / Brennweite. Daran war fokal eine digitale Spiegelreflexkamera angebracht.
Bei der Auswertung meiner Bilder habe ich mich gefragt, wann ich denn eigentlich die letzte totale Mondfinsternis beobachtet habe und kam auf die Idee, einen Vergleich mit der diesjährigen Finsternis anzustellen. Bei Durchsicht meiner Rechnerverzeichnisse fielen mir bald Aufnahmen der Mondfinsternis vom 3./4. März 2007 in die Hände, die mit derselben Instrumentenkombination erstellt worden waren. Nun war es also ein Einfaches, Bilder vom Maximum der beiden Finsternisse gegenüberzustellen. Um die Helligkeiten der beiden Finsternisse einzuschätzen, suchte ich Bilder heraus, die maximal zwei Minuten vom Zeitpunkt der maximalen Finsternisphase abweichen. Für einen direkten Vergleich bedarf es weiter der gleichen Belichtungseinstellungen an der Kamera. Dies ist in den beiden präsentierten Bildern nicht ganz der Fall, da sich Empfindlichkeit (ISOZahl) und Belichtungszeiten unterscheiden. Glücklicherweise ist der Unterschied aber derart marginal, dass sich effektiv im Bild 1:1 vergleichbare Intensitäten ergeben: 2007 war es die Kombination ISO 800 bei zwei Sekunden Belichtungszeit,

1 Vergleich der totalen Finsternisphasen der Mondfinsternisse am 03.03.2007 (links)
und am 28.09.2015 (rechts) bei nominell identischen Aufnahmebedingungen (siehe Text).

2015 hatte ich ISO 400 bei vier Sekunden Belichtungszeit verwendet.
Damit sollte der Eindruck der beiden angefügten Bilder ziemlich genau der tatsächlichen Situation am Himmel entsprechen, wenn auch die gleiche Himmelstransparenz vorausgesetzt wird. Dabei zeigt sich nun, dass die 2015erFinsternis tatsächlich deutlich dunkler ausgefallen ist, als die Finsternis 2007.
Auffällig ist im Vergleich der Bilder auch der deutliche Größenunterschied der beiden Mondscheiben, die im selben Abbildungsmaßstab wiedergegeben sind. Den Entfernungen Erde-Mond zum Zeitpunkt der jeweiligen Finsternis von 397.400 km (2007) und 354.200 km (2015) ent-

sprechen scheinbare Durchmesser des Mondes von 30,1' respektive 33,7'. Eine Überprüfung des Abbildungsmaßstabs auf dem Kamerasensor anhand des aufgenommenen Monddurchmessers führt auf 37,44 respektive 37,45 Pixel/arcmin. Dies ist als identisch anzusehen, wie es bei Verwendung desselben Equipments zu erwarten ist.
Nach der Gegenüberstellung der beiden Bilder freue ich mich, mir die 2007erMondfinsternis nochmals in Erinnerung gerufen zu haben. Schön ist es aber auch, die Ankündigung der ,,großen dunklen" Finsternis 2015 bestätigt zu sehen. Im direkten Vergleich mit 2007 gilt dies nun umso mehr.

Tabelle 1: Die beiden Mondfinsternisse und Aufnahmebedingungen

Jahr Datum Max. Phase in UT Höhe über Horizont am Aufnahmeort Gerät Kamera Belichtungszeit Empfindlichkeit Mondentferung von Erde in km Durchmesser aus Ephemeride Monddurchmesser in Pixeln Abbildungsmaßstab

2007 3. März 23:21 47,5 Grad Tak FS-102 EOS 350D 2 s ISO 800 397.400 30,1 arcmin 1.127 37,44 Pixel/arcmin

2015 28. September 02:47 23,5 Grad Tak FS-102 EOS 350D 4 s ISO 400 354.200 33,7 arcmin 1.262 37,45 Pixel/arcmin

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Mondfinsternisbeobachtung am 28.09.2015

von Uwe Petzl

Die Beobachtungen erfolgten an meiner kleinen Amateursternwarte in Kefferhausen (Eichsfeld, Thüringen). Der Mond war schon halb verfinstert, als bei mir so nach und nach auch ein paar interessierte Gäste eintrafen, so dass zur Zeit der totalen Finsternis ca. 15 Interessierte anwesend waren. Auch meine beiden Zwillinge Ronja und Svenja Petzl (beide 6 Jahre) waren dabei. Mama Cordula hatte sie geweckt, da es so ein Ereignis ja nicht alle Tage zu sehen gibt. Die Stimmung war wirklich gut.

1 Die Besucher-
gruppe an der Sternwarte

Ich fotografierte, Jens Köhler (auch Sternenfreunde Eichsfeld) erklärte den Sternenhimmel und stellte die Teleskope auch einmal auf andere Motive ein (z. B. Orionnebel). Normalerweise sind ja bei Vollmond nicht so viele Objekte zu sehen, da der Mond alles überstrahlt. Aber in der Totalitätsphase war sogar die Milchstraße super zu sehen!

Nachdem der Mond aus dem Kernschatten herausgetreten war, verabschiedeten sich so nach und nach die Leute. Es war wirklich ein aufregendes und wunderschönes Ereignis, von dem ich denke, dass es allen noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Link zur Homepage der Sternenfreunde Eichsfeld: www.sternenfreunde-eichsfeld.de

2 Am 28.09.2015 gegen 5 Uhr MESZ (kurz nach der dunkelsten Phase) wurde die
Mondfinsternis in Kefferhausen mit einer Canon EOS 6D an einem Refraktor Astro Professional 127 mm/820 mm auf AYO-Montierung aufgenommen. Bei ISO 1.600 wurde 0,8 Sekunden ohne Nachführkorrektur belichtet.

Messung der Mondentfernung bei einer Mondfinsternis

von Joachim Spindler

Eratosthenes war ein schlaues Kerlchen. Er wies schon um 309 v. Chr. eindeutig die Kugelgestalt der Erde nach und vermaß sie auch sogleich. Durch die unterschiedlichen Einfallswinkel der Sonne in Syene und Alexandria unter Zuhilfenahme der Entfernung der beiden Orte konnte er den Erdumfang mit 40.000 km

sehr genau bestimmen. Wie er das genau bewerkstelligte, kann man leicht in der Literatur und im Internet nachlesen.
Mich beschäftigte die Frage: Hätte er mit ähnlich einfachen Mitteln auch die Entfernung Erde-Mond bestimmen können? Ich komme zum Ergebnis: Ja!

Bei eine totalen Sonnenfinsternis beobachte ich, wie sich der Mond vor die Sonne schiebt und sie komplett verdeckt, obwohl er sehr viel kleiner ist, nämlich über 400-mal kleiner. Unserem Trabanten gelingt diese außergewöhnliche Vorführung, weil er uns auch 400-mal näher als die Sonne steht. Das mathematische

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Prinzip, das dahinter steht, ist der Strahlensatz. Und das ist sehr einfach: Werden zwei sich schneidende Geraden von zwei parallelen Geraden durchkreuzt (Abb. 1), dann stehen die Streckenabschnitte a, b, c und d in einem festen Verhältnis:
a : b = c : d
Wende ich diese abstrakte Beschreibung auf das Erde-Mond-System bei einer Mondfinsternis an und stelle ich mir vor, ich stünde am Schnittpunkt der Geraden, dann ergibt sich dieser einfache Messaufbau (Abb. 2):
In einer Entfernung ECD von meiner Beobachtungsposition aus, die ich bei der Mondfinsternis messen muss, platziere ich eine CD mit dem Durchmesser DCD. Während der Mondfinsternis vergleiche ich die scheinbare Größe der CD-Scheibe mit der Größe des Erdschattens DS in der Mondentfernung EMond. Die Mondscheibe dient mir gewissermaßen als Projektionsfläche für den Erdschatten.
Theoretisch sind mir nun 3 Parameter bekannt und einer, nämlich die Mondentfernung, unbekannt. Enthält eine Gleichung eine Unbekannte, so ist die Gleichung lösbar.
In der Praxis ist die Durchführung nicht ganz so simpel, ich muss noch ein paar Kleinigkeiten beachten: 1. Die beleuchtete Mondoberfläche ist
sehr hell und überstrahlt den Rand der CD, so dass ich den Schattenverlauf nicht mehr sicher erkennen kann. 2. Wegen der Ausdehnung der Sonnenscheibe verjüngt sich der Kernschatten mit zunehmender Entfernung von der Erde. Ich kann also nicht unmittelbar den Erddurchmesser dem Schattendurchmesser gleichsetzen. 3. Ich kann auf der Mondoberfläche nur einen kleinen Ausschnitt des gesamten Erdschattens erkennen.
Die Blendung durch die hell erleuchtete Mondoberfläche kann ich mit zwei gegeneinander drehbaren Polarisationsfiltern beherrschen, die ich dem optischen Zubehör eines Physikbuchs entnommen hatte. So kann ich stufenlos die Helligkeit des Mondlichts regulieren. Wer nicht dieses Glück hat, kann auch 2 Sonnenbrillen übereinander aufsetzen. Das müsste auch funktionieren. Eratosthenes

hätte es hier eindeutig schwerer gehabt. Er hätte es mit einer feinen Lochblende versuchen können.
Die tatsächliche Größe des Kernschattens kann ich berechnen, weil ich weiß, dass die Sonnenscheibe eine Winkelausdehnung von ungefähr 0,5 Grad aufweist. Unter diesem Winkel verjüngt sich dann auch der Erdschatten.
Der Schatten der Erde (DS) in Abhängigkeit von der Entfernung (EMond) beträgt
DS = DErde - 2 · SErde Der Durchmesser der Erde (DErde) ist mit

1
Prinzip des Strahlensatzes
2 Das Messverfahren
12.700 km bekannt. Die Korrektur des Erdschattens (SErde) bestimme ich durch die trigonometrische Tangens-Funktion SErde = EMond · tg 0,25 Grad . Also hat der Erdschatten DS einen Durchmesser von
DS = DErde - 2 · EMond · tg 0,25 Grad Mit ein wenig Umformen wird aus der Formel des Strahlensatzes die Gleichung EMond = (ECD · DErde) / (DCD + 2 · ECD · tg 0,25 Grad ) Nach der Theorie kommt jetzt die Praxis. Mit einer einfachen Rechnung bekomme ich eine Vorstellung, dass ich einen

3
Links: Das Stativ mit ,,Leerrohr" zur Aufnahme des Rundholzes mit der CD

4
Oben: Die Klemme im Rundholz für die CD
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5 Die CD
sehr, sehr langen Arm bräuchte, um die CD gegen den Mond zu halten. Also muss ich mir eine Haltevorrichtung für die CD bauen und auch die Höhe der Montierung im Auge behalten. Ich komme auf eine Entfernung zwischen Auge und CD von 3 bis 4 Metern. Wenn der Mond 30 Grad über dem Horizont steht, müsste sich die CD in einer Höhe von 3,5 m befinden, wenn ich bei der Messung nicht wie ein Käfer auf dem Rücken liegen will. Die Messung nach dem Zeitpunkt der Totalität am 28.09.2015 verspricht mehr Entspannung, weil der Mond auf 15 Grad abgesunken ist und es für eine komfortable Beobachtung in der Hocke ausreicht, die CD in einer Höhe von 2,8 m anzubringen.
Mit einfachen Mitteln baue ich mir aus einem Fotostativ, bei dem ich die Montageplatte kopfüber in das Stativ einstecke (Abb. 3), einem 1,5 m langen Rundholz

6 Fixieren der CD
und einem kurzen Stück Vierkantholz eine Klemmvorrichtung für die CD (Abb. 4).
Für eine gute Entfernungsmessung befestige ich eine Schnur von 5 m Länge mit einem Pappkarton an das Zentrum der CD (Abb. 5). Da ich ungefähr mit einer Entfernung von 3 bis 4 Metern rechne, klebe ich mit einem transparenten Paketband ein Papiermaßband an der richtigen Stelle an die Schnur. Solche Maßbänder gibt es oft beim Holzzuschnitt in Baumärkten und sie kosten nichts.
Jetzt noch ein Schreibblock und Bleistift und die Aktion kann losgehen.
Der Wecker wirft mich um 1 Uhr nachts aus dem Bett. Das Auto steht schon voll beladen mit allem, was ich brauche, in der Garage und ist abfahrbereit. Auf meiner Sternwarte über dem Tal bläst mir ein

kräftiger und auch kalter Wind entgegen. Ich baue mein Teleskop mit CCD-Kamera, mein Fotostativ für die Canon Powershot und natürlich meine Entfernungsmesseinrichtung auf. In regelmäßigen Abständen schieße ich Fotos von der fortschreitenden Bedeckung des Mondes. Beginnend mit einer Belichtungszeit von 1/1.000 Sekunde bin ich bei der Totalität bei 5 Sekunden angekommen. Überraschend dunkel ist der Mond, aber auch dunkelrot, wie angekündigt. Jetzt bewegt sich der Mond aus dem Erdschatten heraus. Endlich ist die Hälfte des Mondes wieder hell beleuchtet und die Schattenlinie am längsten. Ich starte meine Messungen.
Mit einer Hand halte ich leicht gespannt die Schnur mit der Messskala und in der anderen halte ich den Dämpfungsfilter vor das beobachtende Auge (Abb. 7 und 8).
Durch Bewegung des Kopfes dirigiere ich die Silhouette der CD auf den Schattenrand des Erdschattens zu. Dabei schaue ich, wie gut sich die Krümmungen gleichen. Berührt die Kontur der CD den Schatten nur in einem Punkt, dann ist der Abstand zu groß. berührt der Rand der CD den Erdschatten an zwei Punkten und dazwischen bleibt der Schatten sichtbar, dann bin ich zu nahe. Durch Entfernen oder auf die CD Zubewegen variiere ich so lange die Krümmung der CD, bis der CD-Rand parallel zum Erdschatten verläuft. Auf dem Maßband lese ich die Distanz zur CD ab und notiere sie

7 Peilen-Situation
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8 Nochmals Peilen

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mir. Ein kurze Pause und ich wiederhole die Messung. Nach 4 Messungen habe ich genug Zahlen, um mich an die Auswertung zu machen (Tab. 1).
Im Mittel erhalte ich eine Mondentfernung von 319.777 km. Tatsächlich beträgt die Entfernung 353.962 km. Die Abweichung von nur 9 % überrascht mich. Ich hatte etwa 20 % erwartet.
Als Nebenprodukt kann ich jetzt die Größe des Mondes berechnen. Bei einem Winkeldurchmesser von 0,5 Grad ergibt sich mit der gemessenen Entfernung ein Monddurchmesser von 2.790 km. In der

Tab. 1: Meine Messwerte vom 28.09.2015

Nr. ECD

1

3,92 m

2

3,87 m

3

3,89 m

4

3,81 m

EMond 322.835 km
319.622 km
320.909 km
315.742 kma

Literatur wird ein Wert von 3.476 km angegeben.
Meine Fotoserie setze ich fort, bis im Osten schon fast die Sonne aufgeht. Extrem zufrieden packe ich meine Utensili-

en wieder ein. Zu Hause trinke ich einen heißen Tee, bevor ich mich entspannt ins Bett lege, um den verlorenen Schlaf nachzuholen.
Wer Lust bekommen hat, es auch mal selbst mit dem beschriebenen Messverfahren zu versuchen, der möge sich die Mondfinsternis am 27.07.2018 vormerken. Der Mond geht dann schon fast verdunkelt über dem Osthorizont auf. Das Austreten aus dem Schatten findet in 17 Grad Höhe statt und ist für eine Messung in einer bequemen Position. Viel Spaß bei der Vorbereitung und dann bei der Auswertung der Messergebnisse.

Der letzte Gruß von der Mondfinsternis

Hallo liebe Sternfreunde, anbei ein Bild vom 28.09.2015. Wir von der Arbeitsgemeinschaft Astronomie und Raumfahrt Quedlinburg trafen uns gegen 02:30 Uhr am Stadtrand von Quedlinburg. Im Vorfeld hatten wir mit Kompass und Karte einen Standort gesucht, um den Monduntergang hinter dem Brocken nach dem Ende der Finsternis zu sehen. Der Brocken liegt ca. 35 km westlich von Quedlinburg. Es war sehr eindrucksvoll, wie der Mond sich nach seinem Schattendurchgang verabschiedete.

Stefan Kunz, Quedlinburg

1 Nach der Mondfinsternis - Monduntergang hinter dem ,,Brocken". Kamera: Nikon
D810, Objektiv 1:4 / 300 mm, Belichtungsautomatik mit Korrektur -1EV.

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Die totale Mondfinsternis am 28. September 2015
- eine kleine Bilderstrecke der Leser unseres VdS-Journals für Astronomie
Die totale Mondfinsternis war wegen guter Wetterbedingungen in großen Teilen Deutschlands gut zu beobachten. Zahlreiche Bilder dieses Ereignisses wurden bei der Redaktion eingereicht.
Als Besonderheit ist zu vermerken, dass die Finsternis nahezu vollständig am Morgenhimmel beobachtbar war und der Mond wegen seiner Position nahe seines Bahn-Perigäums sehr groß erschien, wodurch das Ereignis in der Presse z. T. auch als ,,Jahrhundertfinsternis" gefeiert wurde. So war das Publikumsinteresse an den Volkssternwarten auch relativ groß.
Viel Spaß beim Betrachten der nachfolgenden Aufnahmen wünscht Werner E. Celnik

1 Verschiedene Phasen der totalen Mondfinsternis am 28.09.2015, aufgenommen am Oermter Berg bei Rheurdt, Refraktor TMB 105 mm/650 mm,
Canon 7D bei ISO 400, Aufnahmezeiten in MESZ: Obere Reihe v.l.: 03:08, 03:21, 03:40, 03:54 (1/800, 1/640, 1/400, 1/125 s). Mittlere Reihe v.l.: 04:09, 04:47, 05:28 (1,3; 8,0; 0,5 s). Untere Reihe v.l.: 05:40, 05:50, 06:00, 06:11 (1/250, 1/250, 1/800, 1/640 s). Collage von Manfred Kiau
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2 Der Mond im Kernschatten am 28.09.2015 um 04:06, 04:47, 05:27 MESZ, Televue Genesis 102 mm f/5, Brennweite 2.000 mm,
Canon 650D, ISO 400, 5 s, Collage von Jörg Henkel

3
Kurz vor Beginn der Totalität am 28.09.2015, Canon Powershot SX 280HS auf Stativ, Einstellung ,,Auto", Aufnahme von Karlheinz Seeger

4
Beginn der Totalität, Kamera Fuji Finepix S8600, Blende 5,6. Brennweite 120 mm, 1/5 s, Aufnahme von Rainer Schendel in Berlin

5

Beginn der Totalität am 28.09.2015 um 04:11 MESZ, Pentax K-3, ISO 200, 8 s, Aufnahme von Bernd Flach-Wilken

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6 Reihenaufnahme des Verlaufs der totalen Mondfinsternis,
Brennweite 18 mm, ISO 400. Partielle Phasen: Canon 20D, 1/2.000 s. Totale Phase: Canon 40D, 5 s. Bild von Jörg Henkel

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7 Während der Totalität um 04:46 MESZ am 28.09.2015 sind
die Sterne um den Mond herum erkennbar. Vixen ED 70, f/5,7, Canon 60Da, ISO 200, Kombination von 3 Aufnahmen mit 20 s, 30 s, 2,5 s Belichtung. Aufnahme von Rolando Dölling in Hechingen

8 Aufnahme des verfinsterten Mondes vor dem Sternhimmel-
hintergrund, von Silvia Otto

9 Während des Eintritts in den Kernschatten am 28.09.2015. Refraktor Takahashi TOA 150 mm/1.100 mm, Brennweite 4.400 mm, Canon
5D Mk II bei ISO 1.600, Kombination einer lang und einer kurz belichteten Aufnahme (04:08 MESZ, 30 s und 03:34 MESZ, 1/8 s). Im Hintergrund Sternstrichspuren durch die Bewegung des Mondes während der Aufnahme, Bild: Werner E. Celnik
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Während der Totalität erscheint das Band der Milchstraße, hier von Gemini bis Cepheus. Links das Morgen-Zodiakallicht mit Venus, Mars und Jupiter. Rechts in den Bäumen der verfinsterte Mond. Belichtung 2 x 60 s bei ISO 1.600 mit Canon 6D, Brennweite 12 mm, Blende 4. Aufnahme von Stefan Binnewies und Rainer Sparenberg in Westebbe im Ebbegebirge