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Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 55

BEITRAG
  1 Editorial (Melchert Sven)

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  0 INHALTSVERZEICHNIS (Beitrag)

BEITRAG
  4 Enge Planetenbegegnungen (Melchert Sven)
  6 Eine Nachführung für Balkon und Fensterbank (Beyer Peter)

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  0 Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie! (Beitrag)

BEITRAG
  7 Ein Eimer als Taukappe fürs Celestron 11 (Rau Axel, Schneider Oliver)
  8 Klein, scharf und hell - NGC 7027 (Burkart/Kreuels Ralf)
  10 NGC 4214 - eine irreguläre Zwerggalaxie in den Jagdhunden … und die Geschichte einer Fotografie (Willems Gerald)
  14 Der Cirrusnebel - ein Gemeinschaftsprojekt mit neuen Einsichten (Burkart/Kreuels Ralf, Küppers Stephan, Kunze Michael, Schocke Mark, Riepe Peter)
  16 1. November 2014 - Großes Halophänomen in Miesbach/Oberbayern (Klein Thomas)
  20 Die 46 Grad -Lowitzbögen und ihre Geschichte (Haußmann Alexander)
  22 Theli - ein Softwarepaket zur Reduktion astronomischer Bilddaten (Sackenheim Frank)
  25 Die 10 Regeln der NASA für sicheren Programmcode (Jahns Helmut)
  25 Dislin (Jahns Helmut)
  26 Earth Impact Effects Program (Jahns Helmut)
  26 Freie IT-Online-Kurse bei OpenHPI (Jahns Helmut)

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  0 Impressum (Beitrag)

BEITRAG
  27 Rosettas Bahn um den Kometen (Jahns Helmut)
  27 Umfassende Arbeit zu Planetenringen auf dem Preprint-Server (Jahns Helmut)
  27 Why is Astronomy important? (Jahns Helmut)
  27 Astrodynamik und Himmelsmechanik mit CelestLab (Rohe Klaus)
  28 Auf astrophysikalischer Entdeckungsreise: Tabellen und Kataloge visualisieren mit TOPCAT (Jahns Helmut)
  28 Ein verlinkter Uuml;berblick über die Physik des Universums und die Kosmologie (Rohe Klaus)
  28 Stabile Planetensysteme "basteln" (Theede Frank)
  30 PixInsight - ein Tool für die Bildbearbeitung (Koch Bernd)
  31 Practical Computer-Aided Lens Design (Jahns Helmut)
  31 A Student’s Guide to the Mathematics of Astronomy (Theede Frank)
  32 Doppelstern Xi Ursae Maioris (Vollmann Wolfgang)
  33 Ein magischer Moment - Feier zum Erscheinen der ersten Biographie von Lord Rosse (Steinicke Wolfgang)
  33 Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie (Steinicke Wolfgang)
  36 Meteorite "Hraschina" und "Cabin Creek" - eine Betrachtung zweier Eisenmeteorite mit bemerkenswerter Geschichte (Wolfram Konrad)
  38 Atlas Coelestis von Johann Gabriel Doppelmayr, Nürnberg 1742 (Steinicke Wolfgang)
  39 Unter dem Himmel der Rhön - das Astronomische Sommerlager 2014 (Schwarzbach Laura)
  42 Neues aus der Fachgruppe Kleine Planeten (Lehmann Gerhard)

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  0 Wir begrüßen neue Mitglieder (Beitrag)

BEITRAG
  44 Der Kleinplanet (410928) Maidbronn (Häusler Bernhard)
  46 Die Entdeckung des gefährlichen Kleinplaneten 2015 BK515 (Schwab Erwin)
  49 Kosmische Begegnungen (Hohmann Klaus, Ries Wolfgang)
  52 Kometenaufnahmen von Gerald Rhemann (Riepe Peter)
  54 Die Entwicklung des Kometen C/2014 Q2 (Lovejoy) nach dem Perihel (Pilz Uwe)
  56 Die Dynamik im Gasschweif von Komet C/2014 Q2 (Lovejoy) (Celnik Werner E.)
  60 Ein Spektrum des Kometen C/2014 Q2 (Lovejoy) (Koch Bernd)
  61 Wichtige Informationen für unsere Mitglieder (Garbe Eva)
  62 Rückblick auf den Kometen C/2014 Q2 (Lovejoy) (Celnik Werner E.)
  70 Die International Meteor Conference 2014 in Giron, Frankreich (Haas Axel)

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  0 Inserentenverzeichnis (Beitrag)

BEITRAG
  72 34. AKM-Seminar 2015 in Waren/Müritz (Winkler Roland)
  74 Erhöhte Aktivität eines kleinen Meteorstromes: Die k-Cygniden 2014 (Rendtel Jürgen, Molau Sirko)
  78 Bedeckung des Jupitermondes Io durch den Mond Europa (Wischnewski Erik)
  79 Gegenseitige Jupitermonderscheinungen 2015 (Vollmann Wolfgang)
  82 Lichtbrücken in Sonnenflecken beobachten - viel Dynamik - viel Unbekanntes (Hilbrecht Heinz)
  86 Eruptive "Stab-Protuberanz" (Surge) vom 30. März 2014 zwischen Cirrenschleiern (Leich Jens)
  87 Die Sonnenfinsternis 2015 mit einer digitalen Filmkamera aus dem Flugzeug (Slansky Peter C.)
  91 MIFUS - 3D-Spektroskopie für Amateure (Sablowski Daniel P.)
  93 Hochauflösende Spektroskopie an Doppelsternen (Anton Rainer)
  97 Spektroskopie der Supernova SN 2014J in M 82 mit dem StarAnalyser 100 (Hansen Torsten)
  104 Nova Delphini 2013 (Wischnewski Erik)
  108 "Die Heppies" - die Anfängerkurse der Fachgruppe Spektroskopie (Eversberg Thomas)
  111 Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 4. Quartal 2015 (Riedel Eberhard)
  114 VSX J213806.5+261957 - überraschender Ausbruch im Herbst 2014 (Wenzel Klaus, Hambsch Franz-Josef (Josch))
  116 Verfinsterung von b Persei im Januar 2015 (Vollmann Wolfgang)
  117 Neues aus dem Vorstand (Melchert Sven)
  117 Das war’n noch Zeiten (Völker Peter)
  119 Das Deep-Sky-Treffen 2015 (Detken Kai-Oliver)
  122 Bericht zur Baugenehmigung einer Dachsternwarte (Diessner Herwig)

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  0 VdS-Fachgruppen-Redakteure (Beitrag)
  0 VdS-Fachgruppen-Referenten (Beitrag)

BEITRAG
  126 Himmelsvorschau Oktober - Dezember (Celnik Werner E.)
  129 Clavius mit dem Smartphone (Völker Peter)
  130 Planetenkonjunktionen (Calderari Patricio)
  131 Planet Lovejoy (Calderari Patricio)
  131 Nordlichter auf Senja/Norwegen (Otto Silvia)
  134 Mond bei Aldebaran und Venus (Plohberger Rudolf)
  135 Totale Sonnenfinsternis am 20. März 2015 (Otto Silvia)
  136 Nach Svalbard zur Sonnenfinsternis (Calderari Patricio)
  138 Ein Sonnenfinsternisflug (Ackermann Gabriele, Ackermann Jörg )
  138 Die totale Sonnenfinsternis am 20. März 2015 war in Deutschland nur partiell (Hopf Hans)
  139 SoFi an der Schulsternwarte Zwickau (Müller Monika)
  139 Beobachtungen der Sonnenstrahlung während der Sonnenfinsternis am 20. März 2015 (Vossebürger Markus)
  142 SoFi 2015 in Eichstätt - Jugend- und Öffentlichkeitsarbeit mit Spaß (Geiss Alexander)
  142 Meine SoFi am 20. März 2015 (Seeger Karl-Heinz)
  144 SoFi-Aktion am Hohenstaufen-Gymnasium (Schmidt Konni)
  145 Sonnenfinsternis und Tag der Astronomie 2015 an der Sternwarte Trier (Luy Michael)
  146 Sonnenfinsternis mit Hindernissen (Celnik Werner E.)
  147 "Zur Kultur des VdS-Journals für Astronomie" (Fritz Olaf)
  148 Zu "Bildungspolitische Argumente für das Schulfach Astronomie im Licht bundesweiter Erfahrungen" (Lassak Wilfried)
  148 "Auf alle Fälle ein Schulfach Astronomie" (Müller Monika)
  149 Zum Schwerpunktthema "Planetarische Nebel" (Dirscherl Jürgen)
  150 Handferngläser - Funktion, Leistung, Auswahl (Zellhuber Herbert)
  151 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen ab Oktober 2015 (Celnik Werner E.)

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  0 Autorenverzeichnis (Beitrag)

Textinhalt des Journals 55

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Nach Redaktionsschluss

Enge Planetenbegegnungen
von Sven Melchert

Bereits Ende Juni zogen Venus und Jupiter in nur 23 Bogenminuten Abstand aneinander vorbei. Die nahe Begegnung der zwei hellen Planeten war ein willkommenes Motiv in der Abenddämmerung. Mit längerer Brennweite konnten sogar beide Planetenscheibchen in einem Bild festgehalten werden, wie die Aufnahmen auf dieser Seite eindrucksvoll zeigen.
Wer das verpasst hat oder wem vielleicht der Blick zum Nordwesthorizont ver-

sperrt war, dem bieten sich ab Oktober weitere Gelegenheiten, engen Planetenbegegnungen zu beobachten und zu fotografieren. Denn diesmal spielt sich das Schauspiel (oder besser die Schauspiele) am morgendlichen Osthorizont ab, wo sich Venus, Mars und Jupiter zu beachtlichen Konstellationen versammeln. Dazu kommt hin und wieder der abnehmende Mond, und auch Merkur ist Mitte Oktober für einige Tage mit von der Partie. Eigentlich lohnt es sich, jeden

Morgen einen Blick an den Himmel zu werfen, um die tägliche Veränderung der Planetenpositionen zu verfolgen. Folgende Ereignisse sollten Sie dabei auf keinen Fall verpassen:
9. Oktober Die schmale Sichel des abnehmenden Mondes steht zwischen Venus und Mars. Venus ist an diesem Morgen nicht weit entfernt von Regulus, und etwas tiefer als Mars steht Jupiter.

1 Venus und Jupiter am Abend des 30. Juni 2015 um 21:10 MESZ. Aufnahme von Helmut Zugfil mit einem Teleskop Vixen
VC 200L bei 1800 mm Brennweite. Mit einer Canon 600Da wurden bei ISO 200 20 Aufnahmen à 1/40 s Belichtungszeit kombiniert. Um die Jupitermonde zu erfassen folgten weitere 20 Aufnahmen bei ISO 100 und 1,4 Sekunden Belichtungszeit.
VdS-Journal Nr. 55

Nach Redaktionsschluss

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11. Oktober Ganz knapp über dem Osthorizont taucht jetzt auch Merkur auf, direkt neben ihm steht die sehr schmale Mondsichel.
16. Oktober Merkur hat seine größte westliche Elongation erreicht, nun kann man vier Planeten am Morgenhimmel ausmachen. Gleichzeit haben sich Mars und Jupiter deutlich angenähert.
18. Oktober Der geringste Abstand von Mars und Jupiter ist erreicht, die zwei Planeten trennen nur 23 Bogenminuten.
Ab 23. Oktober Venus, Jupiter und Mars tummeln sich in einem Gebiet von nur fünf Grad Durchmesser. Dabei überholt Venus Jupiter, deren kleinste Distanz am 26. Oktober ein gutes Grad beträgt.
3. November Venus zieht an Mars vorbei; der minimale Abstand beträgt rund 40 Bogenminuten.
7. November Noch einmal schmückt der schmale Mond die Planetenversammlung. Diesmal in der Nähe von Mars und Venus; alle drei passen in einen Kreis mit vier Grad Durchmesser.
Jupiter steigt in dieser Zeit immer höher auf, in einigem Abstand gefolgt von Mars. Venus wird zum horizontnächsten Objekt.
6. Dezember Der abnehmende Mond steht kurz nach Mitternacht (vom Mondrand aus gemessen) nur 20 Bogenminuten von Mars entfernt, für Mitteleuropa leider noch unter dem Horizont. Wenn Mars und Mond aufgegangen sind, beträgt ihr Abstand bereits wieder rund 40 Bogenminuten.
7. Dezember Eine letzte Gelegenheit, die Planetenkette zusammen mit dem Mond zu sehen: An diesem Morgen ist der Mond knapp fünf Grad von Venus entfernt. Weitere Motivationshilfe: Ebenfalls nur rund fünf Grad von Venus, in östlicher Richtung, zieht der Komet C/2013 US10 Catalina seine Bahn - zu dieser Zeit um 5 mag hell. Ein perfektes Fotomotiv!

2 Ebenfalls am 30. Juni 2015 fotografierte Ralf Burkart/Kreuels ab 22:30 MESZ die enge
Begegnung von Venus und Jupiter. Teleskop Celestron 11 (f = 2800 mm), Kamera Canon 5D Mark II. Vier Aufnahmen à 1/30 s wurden von Hand gestackt. Anmerkung des Fotografen: ,,Es war schon sehr komisch, zwei Planeten gleichzeitig im Gesichtsfeld zu sehen, sowohl im Okular als auch auf dem Kameradisplay. Das Seeing war sehr schlecht."
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Amateurteleskope / Selbstbau

Eine Nachführung für Balkon und Fensterbank
von Peter Beyer

Kometen zu entdecken und den Pluto zu verfolgen, daran ist hier weniger gedacht (Profi-Astronomen können getrost weiterblättern). Denn das, was hier folgt, ist eher Hausmannskost für jene, die den Sternhimmel nicht nur bewundern, die darüber hinaus auch noch etwas erleben und entdecken möchten. Und zwar durchweg fotografisch mit Nachführung, die ein engagierter Sternfreund in der Regel ja auch von Anfang an besitzt. Hat er noch keine oder steht die irgendwo fest montiert, könnte es immerhin reiz-

voll sein, so etwas für Balkon oder sogar Fensterbank selbst zu bauen, ja zu basteln. Dass dies problemlos und ohne präzise Technik möglich ist, soll nun gezeigt werden.
Abkehr von der zentralen Säule, dafür Pult mit Drehscheibe (Abb. 1). Da vibriert selbst bei Wind nichts, da braucht man kein Gegengewicht, das läuft auch ohne Mikrometergenauigkeit. Auf diese Drehscheibe wird dann die Kamera schwenkbar montiert. Wie die Scheibe gedreht

Hinweis
Nachdem wir unser Schwerpunktthema für das Journal 56 ,,Sternwartenbau" abgeschlossen haben, möchten wir gerne auf unsere zukünftigen Schwerpunktthemen hinweisen:
,,Der Südsternhimmel" in Journal Nr. 57 Redaktionsschluss: 01.11.2015 Redakteur: Peter Riepe, redaktion-astrofotografie@vds-astro.de
,,Mitgliedssternwarten" in Journal Nr. 58 Redaktionsschluss: 01.02.2016 Redakteur: Dietmar Bannuscher, redaktion-veraenderliche@vds-astro.de
,,Kleinplaneten" in Journal Nr. 59 Redaktionsschluss: 01.05.2016 Redakteur: Gerhard Lehmann, redaktion-kleine-planeten@vds-astro.de
Zur Gestaltung unserer Journale benötigen wir Beiträge der Mitglieder. Dies kann sowohl ein wissenschaftlich fundierter Artikel als auch ein einfaches Beobachtungserlebnis sein. Außerdem soll es möglichst regelmäßig eine Galerie von Fotografien und Zeichnungen geben. Wer nicht gerne schreibt, kann also auch auf diese Weise vertreten sein! Wir freuen uns über alle Einsendungen!
Beiträge sollen an die zuständigen Redakteure (siehe auch Liste der VdS-Fachgruppen-Redakteure) oder an die VdS-Geschäftsstelle (Mail/Postadresse) geschickt werden.
Mit dem Einsenden gibt jeder Autor gleichzeitig sein Einverständnis zum Abdruck im ,,VdS-Journal für Astronomie". Es besteht jedoch keine Veröffentlichungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter Form abzudrucken. Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

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Das grundsätzliche Prinzip der Drehscheibe
wird, ist Sache des erfindungsreichen Tüftlers. Zum Beispiel so, wie es dem Autor hinreichend gelang: Gleichstrommotor - Getriebe - Schraube. Der Motor stammt hier aus einem ausgedienten Kassettenrecorder. Da ist die Drehzahl justierbar und weitgehend unabhängig von der Batteriespannung. In Fotopausen kann umgepolt werden und die Scheibe fährt zurück. Das Getriebe liefert uns vielleicht ein alter Wecker oder irgendein Spielzeugauto oder ein technischer Versandhandel. Dort gibt es aber auch perfekte Getriebemotoren. Die Schraube ist wirklich eine. Die passende Mutter sitzt beweglich auf der Drehbühne. Deren Abstand zum Drehpunkt der Scheibe müssen wir über eine hübsche Rechenübung ermitteln (die M6-Gewindestange im Bild hat eine Umlaufzeit von 72 Sekunden, ergibt 191 mm Radius). Statt Schraubmutter fungiert hier eine Krokodilklemme, da kann man schneller zurücksetzen (Abb. 2).
Als Basismaterial ist manches möglich. Bestens geeignet sind Hartschaumtafeln, 10 mm dick. Man findet sie manchmal als Schilder von verlassenen Baustellen. Unsere Spiegelreflexkamera (günstig, eine mit ausklappbarem Display) fungiert im Manualmodus. Bei einer Belichtung bis zu dreißig Sekunden bleiben Sterne noch Punkte, selbst bei nicht ganz korrekter Ausrichtung. Aber auch mit zehn Sekunden ist bei klarem Wetter durchaus etwas zu wollen. Übrigens scheinen alte Analog-Objektive, über Adapter angesetzt, den regulären Zoom-Objektiven deutlich überlegen zu sein.

VdS-Journal Nr. 55

Amateurteleskope / Selbstbau

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Die fertige Montierung mit aufgesetzter Kamera
Unsere ,,richtige" Astro-Ausrüstung bleibt natürlich weiterhin präsent. Dem Einsteiger aber gelingt es jetzt problemlos Neuland am Himmel zu erobern und dem ,,alten Hasen" gefällt's vielleicht, die schnelle Gelegenheit beiläufig zu nutzen. Etwa so: Nächtliche Schlafpause, toller Sternhimmel, kurz mal knipsen vom Balkontisch aus, dann weiterschlafen. Und das Gerät ist klein und leicht, passt in jeden Kofferraum. Also ab damit in den Urlaub. Den Autor, der dieses Hobby neben ganz anderen betreibt, interessiert hier vor allem das, was sich von Stunde zu Stunde oder auch von Jahr zu Jahr ändert: Kleinplaneten, die Nova neulich im Delfin, seit dreißig Jahren Barnards Pfeilstern oder derzeit die launenhaften Veränderlichen R CrB (Abb. 3) oder EE Cep. Aber eben nur als Zuschauer.

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Der launenhafte Veränderliche R CrB

Ein Eimer als Taukappe fürs Celestron 11
von Axel Rau und Oliver Schneider

Eine flexible Taukappe mit den üblichen Dimensionen hat sich am Celestron 11 mit Hyperstar-Optik als nicht praktisch erwiesen. Einerseits muss die Taukappe abgenommen werden, wenn man die Kamera oberhalb der Schmidtplatte erreichen will, andererseits kann sich die Kappe beim Aufsetzten einer Lightbox etwas verbiegen, was eine Abschattung bei der Flataufnahme zur Folge haben kann. Eine steife und kurze Taukappe umgeht diese Nachteile und lässt sich relativ einfach aus einem Kunststoffeimer selbst bauen. Die Autoren haben zwei Varianten im Einsatz.

1 Taukappe Variante 1, hergestellt aus einem 10-Liter-Baueimer

Die Abbildung 1 zeigt die erste Variante, hier wurde ein schwarzer 10-Liter-Baueimer aus einem Baumarkt verwendet. Die Abbildung 2 zeigt die zweite Variante unter Verwendung von Sauerkrauteimern (Typ Frischkost). Diese bekommt man z. B. in einem Neuform-Reformhaus. Die Eimer werden in der Re-
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Astrofotografie

2 Hier die Variante 2 aus einem Sauerkrauteimer

gel entsorgt, so dass sie normalerweise kostenlos zu bekommen sind. Der Vorteil der Sauerkrauteimer sind die sehr stabilen und dichten Deckel, Dadurch wird die Schmidtplatte des Fernrohrs vor Verschmutzung geschützt.
Durch die leicht konische Form beider Eimervarianten ist eine Abschattung ausgeschlossen. Man schneidet einfach den Eimer parallel zum Boden ab, so dass der Außendurchmesser des unteren Endes dem Tubus-Innendurchmesser des Celestron 11 vor der Schmidtplatte entspricht. Damit klemmt der Eimer schon ganz im Tubusende. Mit zwei Löchern lässt sich die Taukappe an den Stiften, die zur Arretierung des Standarddeckels verwendet werden, zusätzlich einrasten. Wenn man einen der Stifte verlängert und herausnehmbar macht, kann die Kappe noch leichter abgenommen werden. Zum Schluss empfiehlt es sich, die Innenseite mit schwarzem Velours zu bekleben, um Reflexionen auszuschließen. Wichtig ist eine gute Beheizung, um ein Beschlagen der Schmidtplatte auch bei einer so kurzen Tauschutzkappe zu vermeiden.

Klein, scharf und hell - NGC 7027
von Ralf Burkart/Kreuels

Bekanntlich hat ein Planetarischer Nebel gar nichts mit Planeten zu tun, außer, dass man bei manchen dieser Deep-SkyObjekte die Aufnahmetechnik der Planetenfotografie anwenden kann. NGC 7027 ist so ein Beispiel dafür.
Die scheinbare V-Helligkeit des Nebels ist vergleichbar mit der des Ringnebels M 57, aber NGC 7027 hat eine wesentlich kleinere Zentralfläche. Damit dürfte dieser Planetarische Nebel eines der flächenhellsten Deep-Sky-Objekte überhaupt sein. Mit seiner Größe von nur 5'' x 10'' (im hellen Zentralbereich) und etwa 9'' x 16'' für die angrenzende, aber viel schwächere Hülle, kann man ihn im Übersichtsokular schnell mit einem Stern verwechseln. Er verrät sich aber durch seine intensive blaugrüne Farbe.
Am 3.10.2014 war das Seeing wirklich ungewöhnlich gut und ich beschloss (ein weiteres Mal), diesem kleinen Gesellen so viele Details wie möglich abzuringen. Bei einer Belichtungszeit von nur 111 ms (Celestron C11 bei f/5, 1.400 mm, mit der ,,Planetenkamera" ASI_120MM) war der Nebel schon gut durchbelichtet und einige Details auch schon im Live-Bild sichtbar. Eine dunkle Einschnürung, dazu verschiedene, ungleichmäßig verteilte dunkle und helle Flecken.

So scharf hatte ich das Objekt noch nie gesehen. Die Sterne in der Umgebung waren nur unmerklich größer als die Hotpixel meiner Kamera. Mein Adrenalinspiegel stieg. Solche Tage gibt es nur selten, jetzt nur keinen Fehler machen. Brennweite und Pixelgröße der Kamera waren gut aufeinander abgestimmt, das hatte ich im Vorfeld getestet, mit ,,Luft nach oben", und genau diese hoffte ich nun nutzen zu können. Ich verzichtete auf Experimente und belichtete, so lange es ging, im Weißlicht. Die Farbe könnte ich ja auch noch später belichten. Es entstanden fünf Filme mit je etwa 5.000 Einzelbelichtungen, ganz so wie auch bei der Planetenfotografie. Auch bei der späteren Bildbearbeitung betrachtete ich den PN als Planeten und stackte und schärfte ihn fast genau so, wie ich das sonst mit Jupiter und Co. mache.
Schon das erste, nur grob bearbeitete Bild zeigte noch viele weitere Details und ließ meine Mundwinkel weit zur Seite und nach oben wandern. Ich war mir sicher, ich hatte alles aus meiner Ausrüstung herausgeholt, was möglich war, denn ich kannte die Bilder, die es im Netz von diesem Objekt gab. Hier musste ich nicht mehr ran, fertig! Besser ging es mit meinen Mitteln nicht!

Im Netz findet man an erster Stelle natürlich das mit dem Weltraumteleskop Hubble aufgenommene Bild, das ich vor vielen Jahren schon einmal gesehen hatte. Dieses Objekt empfand ich damals als sehr ungewöhnlich, und es erinnerte mich eher an einen Feuerball als an einen zarten Nebel. So ist es dann wohl auch, denn dieser PN ist mit seinem geschätzten Alter von nur 600 Jahren (laut Wikipedia) nach astronomischen Maßstäben quasi noch inmitten seiner Explosionsphase, und seine Größe lässt sich eher in Lichtwochen angeben als in Lichtjahren. Hubble fotografierte NGC 7027 bereits im Jahr 1998. Zu meinem Aufnahmezeitpunkt war der Nebel immerhin 2,7 % älter und damit sicher auch messbar größer - das hoffte ich. Glücklicherweise fand ich zwei Sterne, die ich zur Deckung bringen konnte und tatsächlich, bei einer blinkenden Gif-Animation konnte man den expansionsbedingten Größenunterschied deutlich erkennen. Leider ist das hier im Heft nicht darstellbar.
Und dann war da noch etwas. Wenn man so kurz wie möglich belichten will, um das Seeing einzufrieren, dann darf man nicht wählerisch mit der Lichtwellenlänge sein. Der obligatorische UV-IR-CutFilter blieb deshalb in seiner Aufbewahrungsbox, denn die Kamera ist im roten

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und nahen Infrarot,,licht" besonders empfindlich. Warum also sollte ich das IR-Licht verschenken? Nun gut, vielleicht wäre mein Bild noch ein bisschen schärfer geworden, aber auf der anderen Seite hatte ich nun auch recht viele Photonen im IR-Licht eingesammelt, und genau dieses braucht man, um den Zentralstern sichtbar zu machen. Dieser wird nämlich von Staub verdeckt, und das IR-Licht kann da hindurchleuchten.
Ein von Hubble erstelltes Bild wies mir den Weg, wo ich suchen musste. Und tatsächlich, da war eine Aufhellung, genau an der richtigen Stelle, sehr schwach, aber der Ort passte. Noch nie hatte ich mich mehr über eine Handvoll Pixel gefreut, die gerade mal wenige Prozent heller als ihre Umgebung waren.
Zum Schluss flossen, für die finale Bildbearbeitung, noch weitere Belichtungen von anderen, nicht ganz so guten Tagen ein. Ziel war es, die zweite Hülle, die ein bisschen einem Tierfell ähnelt, noch besser darzustellen. Tja, und dann fiel mein Blick auf weitere, kreisrunde Hüllen, noch viel weiter außerhalb des Zentrums. Vielleicht werde ich dieses kleine Kerlchen also doch noch mal aufs Korn nehmen, irgendwann einmal, bei besonders gutem Seeing.

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NGC 7027 im Sternbild Schwan (Aufnahmedaten im Text)

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Astrofotografie

NGC 4214 - eine irreguläre Zwerggalaxie in den
Jagdhunden ... und die Geschichte einer Fotografie

von Gerald Willems

- Teil 1 -
Wir kennen die zahlreichen verschiedenen Galaxien in den Jagdhunden bestens. Kein Jahr vergeht, in dem nicht die vielen Hauptobjekte in den Astroforen gezeigt und diskutiert werden. Von M 51, M 106, und M 94 bis zu den vielen Galaxien aus dem NGC finden wir eine enorme Vielfalt. Sie sind uns vertraut und kaum jemand, der sich schon etwas länger mit diesen Objekten beschäftigt, hat sie noch nicht beobachtet oder fotografiert. So war ich überrascht, dass ich durch Zufall über die recht helle Zwerggalaxie NGC 4214 (V = 10,2 mag) im südwestlichen Bereich der Jagdhunde ,,stolperte". Sie ist stark strukturiert und weist einen bemerkenswerten Reichtum an Besonderheiten auf. Inzwischen sind mir einige Aufnahmen dieser Galaxie gelungen, von denen ich hier berichten möchte.

Zur Geschichte meiner Aufnahme: Mein selbst gebauter 12-Zoll-Newton sollte aus technischen Gründen überarbeitet werden. Ich entschied mich schließlich für einen Tausch des gesamten Systems. Ziel war es, eine besonders lichtstarke Optik einzurichten, die aber auch mit einer Brennweite zu verwenden war, die meiner Zielgruppe weit entfernter und eher lichtschwacher Galaxien entgegenkommt. Durch die Verwendbarkeit verschiedener Korrektoren bin ich mit dieser Konstruktion nun in der Lage, drei verschiedene Brennweiten zu realisieren. Die Grundbrennweite des neuen Newtonspiegels beträgt 1.600 mm. Bei 350 mm Öffnung ist somit ein Öffnungsverhältnis von 1:4,5 gegeben. Mein Baader-KomaKorrektor verändert die Brennweite nicht, und so steht mir diese Grundbrennweite zur Verfügung. Der bewährte Paracorr von Televue verlängert die Brennwei-

te um 15 %. Damit erreiche ich etwas mehr als 1.800 mm Brennweite und ein Öffnungsverhältnis von 1:5,3. Die sicher drastischste Variante sollte aber die Verwendung eines 3-zölligen ASA-Korrektor-Reduktors sein. Er verkürzt die Brennweite auf 1.200 mm und erhöht das Öffnungsverhältnis auf 1:3,4.
Viele Versuche waren notwendig, bis der richtige Arbeitsabstand für den ASAKorrektor gefunden war. Schon bei der Konstruktion des neuen Tubus legte ich besonderen Wert auf die Stabilität. Der Tubus besteht deshalb aus einem Karbon-Sandwich mit Verstärkungen im Bereich der Hauptspiegelzelle, der Fangspiegelzelle und des Okularauszugs. Nur so war es möglich, dieses ,,sportliche" Öffnungsverhältnis auch handhaben zu können.

1 NGC 4214 (Ausschnitt), 350-mm-Newton bei 1.200 mm Brenn-
weite, Atik 4000 M. Belichtet wurde L: 38 x 10 min, R, G, B: je 12 x 10 min. Mit dieser lichtstarken Optik sollten schwache Einzelheiten am besten deutlich werden.
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2 NGC 4214, 350-mm-Newton bei 1.600 mm Brennweite, Atik
4000 M. Belichtet wurde L: 22 x 15 min, R, G, B: je 8 x 10 min. Die größere Brennweite ist gut geeignet, Einzelheiten innerhalb der Galaxie darzustellen.

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Astrofotografie

3 NGC 4214, Weltraumteleskop Hubble, Wide Field Camera 3 (WFC3). Hier ist
die Verteilung des leuchtenden Wasserstoffs gut zu erkennen, besonders die Höhlungen, die durch blaue O-Sterne in die vorhandenen Gase geblasen wurden. Die blauen O-Sterne selbst kommen hier ebenso deutlich heraus.

Zurück zum eigentlichen Objekt dieses Artikels. NGC 4214 war eines der ersten Aufnahmeobjekte für diese Optik. Die ersten Ergebnisse dazu gehören noch in die Phase der Tests und des Findens des richtigen Arbeitsabstands für den ASAKorrektor. Die Ergebnisse zeigten sofort das Potenzial der neuen Optik - ich war sehr zufrieden. Natürlich entging mir bei den Aufnahmen nicht, dass NGC 4214 eine hoch interessante Vertreterin ihrer Gattung ist. Durch meine aber noch andauernden Tests zur Findung des Arbeitsabstands verlor ich NGC 4214 zunächst wieder aus den Augen. Nachdem der korrekte Arbeitsabstand gefunden war, folgten zahlreiche Aufnahmen mit dieser Konfiguration, auch verschiedener anderer Objekte. Fast ein Jahr später folgte die erneute Aufnahme von NGC 4214. Auslöser dafür war der Beitritt zur TBG-Gruppe der VdS. NGC 4214 steht auf einer der Listen, ich erinnerte mich meiner ersten Aufnahmen, und nun sah ich auch genauer hin.
Die eigentlichen Aufnahmen Die erste Aufnahme (Abb. 1) erfolgte im Februar 2013 mit dem 350-mm-Newton bei f = 1.200 mm und 1:3,4. Die erreichte Tiefe war sehr erfreulich, und so wurden auch die Randgebiete der Galaxie deut-
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lich. Die zweite Aufnahme (Abb. 2) vom Januar 2014 erfolgte mit f = 1.600 mm und 1:4,5. Mit dieser Aufnahme ging es mir in erster Linie darum, mehr Einzelheiten innerhalb der Galaxie aufzudecken. Schon bei der Ansicht der ersten Vorschaubilder fiel mir ein sehr schwacher nebliger Fleck südöstlich der Galaxie auf. Da er auf sämtlichen Aufnahmen erschien, konnte ich von einem realen Objekt ausgehen.
Um was für eine Galaxie handelt es sich bei NGC 4214? Laut Datenbank ,,Simbad" hat NGC 4214 eine mittlere Entfernung von 3,28 Mpc (ca. 10,7 Mio. Lj). Daraus lässt sich nun die wahre Ausdehnung der Galaxie errechnen. Zunächst wird die Ausdehnung der Abbildung auf dem Kamerasensor ermittelt. Für diese Berechnungen diente die zweite Aufnahme (Abb. 2) vom Januar 2014. Der Sensor meiner Atik 4000 M hat 2.047 x 2.047 Pixel. Die Sensorgröße beträgt 15,1 mm x 15,1 mm, bei 7,4 m Pixelgröße. Bei f = 1.600 mm ergibt sich damit ein Abbildungsmaßstab von 0,96 Bogensekunden/Pixel und es können damit (32,5 x 32,5) Bogenminuten abgebildet werden. Will man die wahre Ausdehnung der Galaxie ermitteln, bietet es sich an, diese Werte als Maßstab an-

zuwenden. Denn es ist für einen Amateur sicher sinnvoll, zunächst seine eigenen bekannten Größen zur Beurteilung eines Objekts zu verwenden.
Die fertig bearbeitete Aufnahme zeigt das Bildfeld in der unveränderten Breite von 32,5'. NGC 4214 mit ihren lichtschwachen Randgebieten hat eine Ausdehnung von ca. 473 x 500 Pixeln. Wenn 2.047 Pixel 32,5' entsprechen, dann kommt die Galaxie auf 7,5' x 7,9'. Bei der o. g. Entfernung ergibt das eine wahre Größe von 23.300 x 24.600 Lichtjahren. Ein Vergleich dieser Werte, aber auch der gesamten Erscheinung, erinnert schnell an die Große bzw. Kleine Magellansche Wolke. Eine Zwerggalaxie dieser Erscheinung wird deswegen auch als Magellan-Typus bezeichnet. In jedem Fall können unsere Überlegungen deutlich machen, dass es sich bei NGC 4214 um eine Zwerggalaxie in der näheren Umgebung der Lokalen Gruppe handelt. Sie gehört der CanesVenatici-I-Gruppe an.
Auffällige Merkmale Wer NGC 4214 in der Abbildung 2 betrachtet, dem fallen verschiedene weitere Merkmale auf. Zunächst erscheint sie sehr unregelmäßig geformt. Ihre helle zentrale Zone erstreckt sich diagonal über ca. zwei Bogenminuten. Senkrecht darauf befinden sich, ähnlich wie Spiralarme, zwei weitere helle Bereiche. Zusammen scheinen sie ein ,,H" zu bilden. Man kann annehmen, dass die äußeren hellen Zonen tatsächlich Ansätze von Spiralarmen darstellen, während die zentrale helle Zone einem Balken ähnelt. Im nördlichen Bereich findet man noch einen Ausläufer, der aber anscheinend von Südwest nach Nordost ausgerichtet ist. Sollte es ein Rotationszentrum in der Galaxie geben, wäre dieser Ausläufer nicht vollständig in diese Rotation einbezogen. Auch südlich und südöstlich liegen weitere schwache Bereiche, die ziemlich sicher zur Galaxie gehören dürften.
Was fällt uns weiter auf? Das vielleicht auffälligste Merkmal ist eine über die gesamte Galaxie verteilte knotige Struktur. Auch die bläuliche Färbung sticht ins Auge. Es müssen enorme Energien sein, die innerhalb der erkennbaren Strukturen umgesetzt werden. Die auffälligste Konzentration von hellen, blauen Bereichen erstreckt sich

Astrofotografie

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entlang der balkenartig geformten Zone über eine Distanz von ca. 1,5 Bogenminuten vom Galaxienkern aus gemessen diagonal über das Zentrum [3]. Ab einer Entfernung von knapp 4 Bogenminuten vom Galaxienkern aus erkennt man nur noch eine geringe Oberflächenhelligkeit. Das Besondere an dieser Galaxie ist anscheinend, dass sie fast wie ein einziges Sternentstehungsgebiet erscheint. Deutlich macht das bereits die dominierende blaue Färbung (Abb. 2).
HII-Regionen sind nicht ,,eigentlich" rot. Ihre Farbe hängt stark vom Alter ab. Kurz nach ihrer Entstehung sind sie noch blau, aber nicht nur deswegen, weil massenhaft blaue O-Sterne darin sind. Nein - im Zentrum junger Nebel ist noch der Staub in großen Mengen enthalten, aus dem die neuen Sterne gebildet wurden. Das extrem blaue Licht der O-Sterne lässt diesen im Zentrum noch dicht verteilten Staub aufleuchten und sorgt somit für kräftig verstärkte Reflexionsanteile. Später, wenn dieser Staub durch den Strahlungsdruck und die Sternwinde der O-Sterne weggeblasen wird, ergibt sich um die entstandenen Sterne eine Höhle (bestes Beispiel ist der Rosettennebel).
Jetzt kann die UV-Strahlung zu den restlichen, umgebenden gasförmigen Anteilen durchdringen (im Staub vorher nicht) und diese - insbesondere den Wasserstoff - ionisieren und rot aufleuchten lassen. Jetzt also erst wird die älter gewordene HII-Region rot. Darüber hinaus gibt es noch einen weiteren Grund für die blaue Farbe der jungen HII-Regionen: Bei den hohen Temperaturen der O-Sterne (> 35.000 K) ist ein hoher Ionisierungsgrad der Gase die Folge, so dass auch [O III] stark angeregt wird, was den Blaueindruck noch erhöht.
Die Fachastronomen haben NGC 4214 inzwischen auch schon mit dem Weltraumteleskop Hubble untersucht. Mit Hilfe seiner Wide Field Camera 3 (WFC3), die in Wellenlängen von 200 nm bis 1.000 nm operieren kann, wurde die besonders interessante Aufnahme in der Abbildung 3 erzeugt. Es handelt sich um ein Komposit aus UV, H und des nahen IR. Hier werden nun auch Strukturen deutlich, die auf leuchtende Gaswolken schließen lassen. Die Konzentration besonders hoher Energie zeigt sich in der

Kompositaufnahme auch darin, dass es im Innern der Galaxie blasenartig ausgeformte Bereiche gibt. Die Sternwinde hoch konzentrierter blauer O-Sterne haben Höhlungen im Gas erzeugt, die nun von leuchtendem Wasserstoff befreit sind. Eine weitere Aufnahme mit der Wide Field and Planetary Camera 2 (WFPC2) des Hubble-Teleskops (Abb. 4) zeigt den Kernbereich mit den energiereichen Sternhaufen sehr deutlich [4]. Auch hier sind die Höhlungen, die in das vorhandene Gas geblasen wurden, gut zu erkennen, während die massereichen O-Sterne, die hier deutlich hervortreten, fast isoliert erscheinen. Mit Hilfe der Infrarot-Fotografie sind aber auch ältere Sterne entdeckt worden. Zumindest die roten Überriesen konnten innerhalb der IR-Aufnahmen lokalisiert werden. Man kann also davon ausgehen, dass es auch in der Vergangenheit bereits Sternentstehung gegeben haben muss. Und dass es in der Zukunft zu weiteren Generationen von Sternen kommen wird, kann aus der großen Menge des noch immer vorhandenen Gases geschlossen werden [1].

4
NGC 4214, Weltraumteleskop Hubble, Wide Field and Planetary Camera 2 (WFPC2)
Die Umgebung der Zwerggalaxie In der direkten Umgebung von NGC 4214 gibt es spannende Merkmale zu entdecken. Darauf soll im später folgenden, zweiten Teil dieses Berichts eingegangen werden.
Literaturhinweise: [1] R. O'Connell (University of Virginia)
and the WFC3 Scientific Oversight Committee, 2011: "Galaxy NGC 4214: A star formation laboratory", 12. Mai 2011 [2] I. O. Drozdovsky et al., 2002: "The Dwarf Irregular/Wolf-Rayet Galaxy NGC 4214. I. A New Distance, Stellar Content, and Global Parameters", Astron. J. 124, 811 [3] F. Walter et al., 2001: "The interacton between the interstellar medium and star formation in the dwarf starburst galaxy NGC 4214", Astron. J. 121, 727 [4] J. M. Appellaniz, Instituto de Astrofisica Andalucia: "The recent star formation in NGC 4214"
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Astrofotografie

Der Cirrusnebel
- ein Gemeinschaftsprojekt mit neuen Einsichten
von Ralf Burkart/Kreuels, Stephan Küppers, Michael Kunze, Mark Schocke und Peter Riepe

Man stelle sich vor: 10.000 AmateurAstrofotografen auf der ganzen Welt fotografieren mit ihren relativ kleinen Geräten alle ein und dieselbe Himmelsregion. Die Bilder würden zentral gesammelt, analysiert, gewichtet und gestackt. Die gesamte Lichtsammelfläche würde die des VLT übersteigen, was wäre da wohl möglich?
Nun gut, fangen wir erst einmal kleiner an. Vier Astrofotografen vom Niederrhein, der ja nicht gerade als El Dorado der Deep-Sky-Fotografie bekannt ist, möchten gemeinsam eine tiefe Aufnahme erstellen. Ein bisschen Erfahrung haben die vier schon gesammelt. Hin und wieder, wenn es passt, kombinieren sie ihre Bilder zu einem Gemeinschaftsbild. Mal sind zwei Mitglieder beteiligt, mal drei oder sogar alle. Sie erkennen, dass eine solche Zusammenarbeit nur dann sinnvoll ist, wenn das Ausgangsmaterial eine ähnliche Qualität hat. Brennweite, Schärfe, Belichtungsdauer, das alles muss irgendwie zusammenpassen.
Bei einem dieser netten Stammtischabende mit alkoholfreiem Weißbier und leckerem Essen führt das Gespräch dann auf kurzbrennweitige Astrofotografie mit Teleobjektiven. Schnell wird klar, dass das irgendwie alle interessiert, denn es gibt so schöne Objekte in diesem Brennweitenbereich, die ansonsten nur unvollkommen wiedergegeben werden können. ,,Ich habe ein 200-mm-Teleobjektiv", ,,ich auch", ,,genau das wollte ich mir auch kaufen", ,,ich habe ein Zoom bis 200 mm, das passt auch".
Die Idee ist geboren, und zum ersten Mal planen die vier eine gemeinsame Aufnahme von Anfang an. Ein Objekt ist schnell gefunden, der Cirrusnebel. Drei Mitglieder der Gruppe belichten mit Astrokameras und Schmalbandfiltern vom Stadtrand aus. Einer belichtet mit normaler DSLR. Am Ende betrug die gesamte gemeinsame Belichtungszeit 54,5 Stunden, und man kann wohl sagen, dass das Gesamte mehr ist als die Summe seiner Teile.
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Ralf Burkart/Kreuels Mein Teleobjektiv von 70-200 mm Brennweite hatte ich bisher im Astrobereich noch nie eingesetzt. Mit der modifizierten Canon 7Da ergab sich genau das richtige Bildfeld für den Cirrusnebel. Ein erster Test bei Blende 2,8 zeigte, dass die Abbildungsqualität erstaunlich gut war. Lediglich die hellsten Sterne streuten das Licht zu unschönen, verbreiterten Kreisen. Anstatt abzublenden entschied ich mich dazu, den größten Teil der Belichtungen bei Offenblende zu machen, denn ich wollte möglichst tief belichten. Die unschönen Sterne würden in der späteren Bildbearbeitung vermutlich stark abgeschwächt, da meine Kollegen ja alle mit Schmalbandfiltern arbeiteten. Überhaupt war mir klar, dass aus meinem Bild vermutlich nur die Farben verwendet würden. Nachdem ich nun 25 Stunden an Belichtungszeit zusammenbekommen hatte, konnte ich aber deutliche Staubstrukturen im Nebel selbst und seiner Umgebung ausmachen. Da diese bei den Schmalbandaufnahmen nicht sichtbar wurden, konnte ich dann, mit Hilfe eines künstlichen Gelbkanals, doch noch etwas mehr beisteuern. Mit einem Problem allerdings hatte ich nicht gerechnet, es gab in meinem Bild einfach zu viele Sterne, die den Blick auf die feinen Nebelstrukturen verdeckten. Aber was soll's, dafür waren ja die anderen zuständig.
Stephan Küppers Da ich im letzten Herbst in Südfrankreich war, plante ich, meinen Cirrusnebelb eitrag von dort zu leisten. Als Equipment standen mein 200-mm-Objektiv von Canon und eine CCD-Kamera Morav ian G2 8300 zur Verfügung. Ich versprach mir von Südfrankreich einen deutlichen Gewinn in der Aufnahmetiefe, da der Himmel dort durchschnittlich 21,3 mag/arcsec2 hat, gegenüber 19,6 mag/arcsec2 bei mir zuhause. Leider war das Wetter nicht so stabil wie gewohnt, so dass ich nur drei Stunden [OIII] und vier Stunden H bei Blende 4 beisteuern konnte. Zu allem Überfluss ging auch noch die Mikrofokussierung des Objektivs kaputt, so dass

durch manuelle Fokussierung nicht der optimal mögliche Schärfepunkt erreicht wurde. ,,Macht nichts", dachte ich mir, ,,ich sorge für Tiefe in den Schmalbandaufnahmen und die Schärfe muss dann halt von den Kollegen am Niederrhein kommen."
Michael Kunze Ich interessiere mich jetzt schon 20 Jahre für die Astronomie, und der Cirrusnebel war schon immer eines meiner Lieblingsobjekte am Himmel. Damals war es das visuelle Erlebnis, heute möchte ich die Objekte als Astrofoto ablichten. Den Cirrusnebel hatte ich auf meinem Zettel stehen, wollte dazu aber in ein 200-mmObjektiv investieren. Nach einer abendlichen Diskussion, bei der wir das Projekt abgestimmt hatten, habe ich dann das Objektiv gekauft. Mit einer Moravian G2 8300 konnte ich 10,5 Stunden in H belichten und 4 Stunden in [OIII]. Das Objektiv habe ich bei Blende 4 benutzt, um die Sternabbildung optimal zu bekommen. Froh bin ich, wenn ich an meinem Standort in Moers 19,0 mag/arcsec2 erreiche. Nur in wenigen Nächten komme ich an die Grenze von 19,5 mag/arcsec2.
Mark Schocke Mein 200er-Teleobjektiv verwende ich regelmäßig für die Astrofotografie. Zunächst nur an der DSLR (Canon EOS 550Da) im Einsatz, tut es mit einem speziellen Adapter nun auch Dienst an der CCD-Kamera. Dieses Objektiv bietet meiner Meinung nach einen hervorragenden Kompromiss aus guter Bildqualität und großem Bildfeld für meine bevorzugten Motive - ausgedehnte Nebelgebiete wie den Cirrusnebel. Die Tiefe der Aufnahme ist unter dem Himmel des Ruhrgebiets und mit 12-nm-Schmalbandfiltern begrenzt, daher ist mir die feine und scharfe Abbildungsqualität bei Sternen und Nebelanteilen umso wichtiger. Zur Vermeidung von Beugungseffekten setze ich eine Außenblende ein, die das Objektiv außerdem von der Maximalblende 2,8 auf 4 abblendet. Im Rahmen der Bildbearbeitung leistet das ,,Drizzeln"

gute Dienste, da die Aufnahme bei 200 mm Brennweite schon ein beträchtliches ,,Undersampling" aufweist (Pixel zu groß, um die Auflösung zu garantieren). Da später mehrere Bilder zusammengebracht werden, gilt es hier, möglichst viel Bildinformation zu erhalten. Eine anschließende Deconvolution verringert den durch die Atmosphäre bedingten Schärfeverlust. Nach etwa 8 Stunden Belichtungszeit in H und [OIII] ließen sich schon viele feine Details des Nebels erkennen. Allerdings zeigte sich selbst auf dieser Schmalbandaufnahme schon ein sehr dichtes Sternfeld. In der Bildbe-

1 Der Cirrusnebel, insgesamt 54,5 Stunden belichtet (Daten: siehe Text)

arbeitung würde also noch einige Arbeit auf uns zukommen.
Peter Riepe Die Abbildung 1 zeigt das Ergebnis - ein Bild von selten gesehener Fülle und Wiedergabe faseriger Nebelstrukturen! Genießen wir es erst einmal! Der Cirrusnebel bildet eine runde Blase. Klarer Fall - ein Supernovaüberrest entsteht ja durch die Explosion eines Sterns. Dabei wird das Material nach allen Richtungen in den Raum geschleudert und bildet im

Idealfall - wenn keine interstellare Materie die Ausbreitung behindert - eine Kugel. Für diese Cirruskugel wurde bisher übrigens noch kein Pulsar als ,,Sternleiche" gefunden.
Aber das ist noch nicht alles! Mein Part an diesem Artikel ist es, auf astronomische Details hinzuweisen, die bei der üblichen Bilderschau meist übersehen werden oder die man noch gar nicht kennt. Und so ist es auch hier. Die Teilbilder von Mark Schocke hatten einen größeren
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Atmosphärische Erscheinungen

2 a) Die invertierte, kontrastgesteigerte Darstellung des gesamten Cirrusnebels (Bild
links) zeigt im Süden ein zusätzliches, rundes Anhängsel. b) Die Polarisation des Cirrusnebels im Südbereich (Bild rechts) ist deutlich anders und kann durch einen separaten Supernovarest erklärt werden (aus [5]). (Anm. d. Red.: Die Polarisation wird durch Richtung und Länge der kurzen Striche dargestellt, die dem Isophotenbild überlagert sind.)

Ausschnitt nach Süden. So konnte ich den H-Anteil invertieren und im Kontrast anheben (Abb. 2a). Dadurch wird ein Blick auf einen kaum beachteten Nebelteil im Südbereich möglich. Man bemerkt eine weitere rundliche Hülle, die direkt südlich der eigentlichen Cirrusblase erscheint.
Fesen, Kwitter und Downes stellten 1992 ihren ,,neuen Blick" auf den Cirrusnebel vor. Im Südwesten bemerkten sie einige gekrümmte Filamente und diskutierten mögliche Ursachen [1]. Da das dort gezeigte Bild dem POSS entnommen war,

kam die Tiefe kaum an unsere Abbildung 2 heran. Daher wurde auch kein Wort über die wahrscheinliche ,,wahre Natur" der Südblase verloren. Sechs Jahre später erschien eine aufschlussreiche Arbeit von Levenson und Kollegen [2]. Hierin wurde die Südblase als ,,breakout" (Ausbruch) bezeichnet. Erstmals wurde dann 2002 von Uyaniker und Kollegen vermutet, die Südblase könne einen separaten Supernovarest bilden [3]. Ein starkes Argument war, dass mit dem Röntgensatelliten ASCA das Röntgenobjekt AX J2049.6+2939 gefunden worden war, ein möglicher Pulsar - dazu an der

rechten Stelle [4]. Aber auch ein aktiver Galaxienkern war denkbar. Dem Chinesen Sun und Kollegen gelangen 2006 verschiedene Beobachtungen des Cirrusnebels im polarisierten Licht [5]. Man fand heraus, dass die Südblase im polarisierten Licht tatsächlich andere physikalische Eigenschaften als der eigentliche Cirrusnebel hat (Abb. 2b). Insgesamt jedoch konnte die Frage, ob zweiter unabhängiger Supernovarest oder nicht, bis heute noch nicht endgültig geklärt werden. Dennoch scheint uns dieser astronomische Hintergrund interessant genug, unser Bildergebnis durch solche Informationen zu ergänzen.
Literaturhinweise: [1] R. A. Fesen, K. B. Kwitter, R. A.
Downes, 1992: "H Images of the Cygnus Loop: A New Look at Shock-Wave Dynamics in an Old Supernova Remnant", Astron. J. 104, 719 [2] N. A. Levenson et al., 1998: "Panoramic Views of the Cygnus Loop", Astrophys. J. 118, 541 [3] B. Uyaniker et al., 2002: "Is the Cygnus Loop two supernova remnants?", Astron. Astrophys. 389, L61 [4] E. Miyata et al., 1998: "Discovery of a Compact X-Ray Source inside the Cygnus Loop", Publ. Astron. Soc. Japan 50, 475 [5] X. H. Sun et al., 2006: "New 6 cm observations of the Cygnus Loop"; Astron. Astrophys. 447, 937

1. November 2014
- Großes Halophänomen in Miesbach/Oberbayern
von Thomas Klein

Am 01.11.2014 konnte ich mein bislang größtes Halophänomen in Miesbach beobachten. Es waren bereits am Vormittag immer wieder sehr helle Nebensonnen zu sehen. Ab 11:46 Uhr (alle Zeitangaben: MEZ) wurde es dann aber interessant. Es waren der 22 Grad -Ring, eine helle rechte Nebensonne, der obere Berührungsbogen sowie ein schwacher Parrybogen zu sehen. Der Parrybogen war allerdings nur
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für ca. 1 Minute visuell zu sehen. Nach einem schnellen Mittagessen wollte ich mit meiner Familie einen Spaziergang machen. Die Kamera habe ich natürlich mit allen Objektiven mitgenommen - ich hatte schon geahnt, dass heute noch mehr drin war. Der Spaziergang dauerte nicht lange - um es genau zu nehmen, sind wir bis zur Haustür gekommen. Um 12:32 Uhr war ein nahezu vollständi-

ger Horizontalkreis, die linke Nebensonne sowie beide 120 Grad -Nebensonnen und möglicherweise die linke LiljequistNebensonne zu sehen. Auf den Fotos konnte man noch den Wegener-Gegensonnenbogen erkennen. Visuell habe ich ihn aber leider übersehen. Nach einigen Minuten Beobachten hat sich schließlich noch der Zirkumzenitalbogen samt Supralateralbogen gezeigt. Auf den Fotos

Atmosphärische Erscheinungen

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konnte man noch deutlich den fast vollständigen oberen Teil des Sonnenbogens ausmachen. Auch visuell wäre der Sonnenbogen vielleicht drin gewesen (vgl. Abb. 1 und 2).
Nachdem die Intensität der Halos weiter zugenommen hat, ist meine Familie alleine zum Spaziergang aufgebrochen, und ich bin mit meiner Kamera auf ein frei gelegenes Feld nordwestlich von Miesbach gefahren - eine sehr gute Entscheidung, wie sich wenige Minuten später herausstellte! Als ich dort um 12:43 Uhr ankam, war weiterhin ein Teil des Horizontalkreises und die linke 120 Grad -Nebensonne zu sehen. Außerdem konnte ich visuell noch einen Teil des 22 Grad -Rings, beide Nebensonnen, einen hellen oberen Berührungsbogen, einen hellen Parrybogen, den Zirkumzenitalbogen und Supralateralbogen (und/oder 46 Grad -Ring) sehen. Auf den Bildern ist noch der Sonnenbogen, der Lowitzbogen im Bereich des Parrybogens und die beiden oberen Tapes-Bögen zu sehen. Die Tapes-Bögen hätten aber durchaus als Aufhellung visuell gesehen werden können. Leider habe ich auch diesen Halo übersehen. (vgl. Abb. 2 und 3)
Um 12:47 Uhr war dann schließlich der Höhepunkt des Phänomens. Es waren zwar immer noch die gleichen Halos mit ähnlicher Intensität zu sehen, auf den Bildern sind allerdings zusätzlich noch Wegeners Gegensonnenbogen (und Hastings Bogen?) und sehr ausgeprägte 46 Grad -Berührungsbögen zu sehen (Abb. 4). Die 46 Grad -Berührungsbögen sind sehr selten, aber da ich sie visuell nicht gesehen habe, kann ich sie nicht als mein persönliches Highlight abstempeln. Ab 12:55 Uhr war für mich dann das eigentliche Highlight dieses Phänomens. Es zeig-

1 12:44 Uhr MEZ: Phänomen mit Parry-
bogen und Supralateralbogen
2 12:43 Uhr MEZ: In dem mit USM
bearbeiteten Bild ist ein Teil des Sonnenbogens zu sehen.
3 12:35 Uhr MEZ: Beschriftung der
Bögen im Gegensonnenbereich

Tabelle 1: Kristallpopulation

Orientierung zufällig Plättchen 0,2 Grad Tilt Lowitz 0,2 Grad Tilt Horiz. Säulen 0,2 Grad Tilt Parry-Säulen 2 x 0,2 Grad Tilt

Anteil/% 45 5 26 18 6

Verh. Höhe/Breite 1,0 0,7 0,7 2,0 2,0

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Atmosphärische Erscheinungen

4 12:47 Uhr MEZ: Ausgeprägter 46 Grad -Berührungsbogen, bearbeitet mit der R-B-Methode
(Dank an Andreas Möller für die Bearbeitung und Beschriftung)
5 13:02 Uhr MEZ: Detailaufnahme der Lowitzbögen, rechts mit R-G-Methode von Michael
Theusner
Daten zu den Simulationen:
Simulation Weitwinkelansicht (Abb. 8): Sonnenhöhe: 26,65 Grad Simulation Lowitzbögen (Abb. 6): Sonnenhöhe: 25,93 Grad 20 Mio. Strahlen Kristallform: hexagonale Prismen

ten sich sehr deutlich die verschiedenen Lowitzbögen im Bereich der Nebensonnen. Auf der linken Seite waren alle 4 Lowitzbögen mit bloßem Auge zu sehen. Ich konnte die 4 farbigen Striche deutlich voneinander unterscheiden. Auf dem bearbeiteten Bild sind die Lowitzbögen sogar durch die Nebensonne und darüber hinaus zu sehen. Die Lowitzbögen standen bis um 13:15 Uhr am Himmel. Mit dem Verschwinden der Lowitzbögen war das Phänomen schließlich zu Ende (vgl. Abb. 5 und 6).
Neben dem 22 Grad -Ring, den beiden Nebensonnen mit langem Schweif und dem Zirkumzenitalbogen zeigten sich noch beide Infralateralbögen, welche ich von 13:15 bis 14:00 Uhr beobachten konnte (Abb. 7). Erstaunlicherweise waren die Infralateralbögen zum Teil als einziger Halo am ganzen Himmel zu sehen. Um 14:20 Uhr habe ich schließlich meinen Beobachtungspunkt verlassen. Bis zum Sonnenuntergang um 16:55 Uhr waren immer wieder zum Teil helle Nebensonnen und der Zirkumzenitalbogen zu sehen.
Fazit Dieses Halophänomen war für mich ein wahnsinniges Erlebnis. Nicht nur, weil ich so tolle Lowitzbögen sehen konnte, sondern auch, weil ich zuvor in meinem Leben nur zwei kleine Phänomene mit fünf Haloarten gesehen habe. Bisher konnte ich die 120 Grad -Nebensonnen, den Supralateralbogen, die Infralateralbögen, den 46 Grad -Ring, die Lowitzbögen und die Liljequist-Nebensonnen noch nie beobachten. Außerdem habe ich noch nie einen Sonnenbogen, die Tapes-Bögen, die 46 Grad -Berührungsbögen, den Hastings-Bogen und Wegeners Gegensonnenbogen fotografiert.

6 Simulation der Lowitzbögen mit
HaloSim 3.6 von Les Cowley, Michael Schroeder (Dank an Alexander Haußmann)
7
13:16 Uhr MEZ: Linke Nebensonne und beide Infralateralbögen
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Insgesamt waren es also elf komplett neue Haloarten für mich - unglaublich, was ich da erleben durfte!
Weitere Bilder im Meteoros-Forum: http://forum.meteoros. de/viewtopicphp? f=2&t=55162

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8 Simulation des Gesamtphänomens mit HaloSim 3.6 von Les Cowley,
Michael Schroeder (Dank an Alexander Haußmann)

9 SAT-Bild vom 01.11.2014 um 13:06 Uhr MEZ (Quelle:
DLR), das kleine Cirrusfeld am Nordrand der Alpen ist sehr lokal und lässt sich keiner Front zuordnen.
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Atmosphärische Erscheinungen

Die 46 Grad -Lowitzbögen und ihre Geschichte
von Alexander Haußmann

Lowitzbögen kennt der durchschnittliche Halobeobachter vor allem als Verbindungen zwischen Nebensonnen und 22 Grad Ring unterhalb des Horizontalkreises. Diese ,,unteren Lowitzbögen" wurden erstmals von Tobias Lowitz 1790 in St. Petersburg dokumentiert. Bereits im klassischen Standardwerk von J. M. Pernter und F. Exner wird unter Verwendung eines Zitats von A. Wegener (1911) als Erklärung eine Pendelbewegung von Plättchenkristallen angeführt [1]. R. Greenler [2] postulierte hingegen unter Verweis auf R. A. R. Tricker (1972) eine Rotation der Plättchen während des Fallens. Die Debatte darüber, welche Orientierungen bzw. Bewegungsmodi der Kristalle tatsächlich vorliegen, ist bis heute nicht abgeschlossen, denn die damit simulierten Lowitzbögen decken sich in ihren Positionen und unterscheiden sich nur in der Helligkeitsverteilung [3]. Erst nach der theoretischen Vorhersage durch Greenler konnten auch der mittlere und obere Lowitzbogen beobachtet und fotografiert werden, so z. B. 1985 in Knau, Thüringen [4], 1988 in Dover, Delaware, USA [5] und 1994 in Vaala, Finnland [6]. Allerdings waren diese Beobachtungen nicht von der Theorie inspiriert, sondern die

Identifikation erfolgte erst nachträglich durch Vergleich mit den Vorhersagen. In den Berichten der Sektion Halobeobachtungen und später des Arbeitskreises Meteore (AKM) wurde der obere Lowitzbogen zunächst als ,,unbekannte Erscheinung" bzw. ,,ungewöhnlicher Parrybogen" klassifiziert und später unabhängig von Greenler durch E. Tränkle in einer Simulation reproduziert [4].
Weniger bekannt ist, dass es außer diesem Ensemble von ,,22 Grad -Lowitzbögen" (so genannt, da sie wie der 22 Grad -Ring durch einen brechenden Winkel von 60 Grad zustandekommen) auch eine Gruppe von ,,46 Grad -Lowitzbögen" durch Brechung an den 90 Grad -Kanten gibt. Dies liegt natürlich zum einen daran, dass diese Bögen in der Natur noch viel seltener als die 22 Grad -Lowitzfamilie auftreten, zum anderen ist aber auch eine historisch gewachsene Begriffsverwirrung daran schuld. Doch der Reihe nach: Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts war noch unklar, wie derjenige Halo entsteht, den wir heute als Zirkumzenitalbogen (ZZB) kennen. Es gab zwei Erklärungsansätze, von G. Galle [7] und A. Bravais [8], wobei sich der von Bravais letztlich als korrekt erwies.

1 Lichtwege für 46 Grad -Lowitzbögen
bzw. ,,contact arcs" durch einen rotierenden Plättchenkristall nach Greenler (aus [2]).
Demnach ist der ZZB durch Plättchen mit vertikaler Achse kein echter ,,oberer Berührungsbogen" zum 46 Grad -Ring, da er ihn nur für eine einzige Sonnenhöhe (ca. 22 Grad ) wirklich exakt berührt. Galle hingegen war von einer Pendelbewegung dieser Kristalle ausgegangen, und in weiteren Arbeiten durch Pernter [1] wurde damit tatsächlich ein wirklicher oberer Berührungsbogen zum 46 Grad -Ring berechnet, welcher somit durch eine LowitzKristallorientierung zustandekommen sollte (zusammen mit einem unteren Berührungsbogen bzw. einer Verbindung beider bei großen Sonnenhöhen analog zum umschriebenen Halo). Auf diese

2 a) Simulation des Halophänomens von Miesbach, 01.11.2014, mit allen beteiligten Halofamilien (invertierte Darstellung), Kristallpopula-
tion siehe Bericht von Thomas Klein, b) Anteil der Lowitz-orientierten Kristalle. Die Lichtwege der 46 Grad -Lowitzbögen sind entsprechend der Abb. 1 markiert. ,,3,4" bezeichnet den oberen Berührungsbogen des 46 Grad -Rings bzw. Bogen von Galle. Simulation mit HaloSim 3.6.
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Atmosphärische Erscheinungen

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Weise fand der ,,Bogen von Galle" oder obere 46 Grad -Berührungsbogen Eingang in die Haloliteratur [9], ohne dass es bis 2006 je eine wirklich eindeutige Beobachtung gegeben hätte. Auch im bisherigen Haloschlüssel des AKM findet er sich als EE52 wieder.
Als in den 1970er-Jahren Monte-Carlo-Halosimulationen möglich wurden, untersuchte Greenler auch die Haloeffekte der rotierenden Lowitzkristalle im 46 Grad -Bereich [2]. Dort sollten durch 6 mögliche Lichtwege (vgl. Abb. 1) maximal 10 ,,contact arcs", d. h. den 46 Grad -Ring berührende Bögen, entstehen. Dabei kann jeder Lichtweg bis zu 2 Bögen beisteuern, die Beiträge der Lichtwege 3 und 4 fallen jedoch stets zusammen. Sieht man von dem subtilen Unterschied zwischen Pendeln und Rotation der Kristalle ab, so sind dies genau die von Galle und Pernter vorhergesagten oberen und unteren Berührungsbögen. Genau wie diese waren die Greenlerschen ,,contact arcs" zunächst aber nur reine Theorie. Es war jedoch zum Zeitpunkt von Greenlers Analyse bereits klar, dass die Lowitz-orientierten Kristalle im 46 Grad -Bereich ein weit komplexeres Lichtmuster als ,,nur" zwei Berührungsbögen liefern müssten. Allerdings kann man das Ensemble der 46 Grad -Lowitzbögen nun wiederum nicht als einen einzelnen, gesamten Halo verstehen. Je nach Kristallgestalt können die einzelnen Lichtwege mehr oder weniger intensiv zum Gesamtergebnis beitragen. Im Zusammenhang mit den 22 Grad -Lowitzbögen wurden aus diesem Grund bereits nicht-hexagonale, d. h., rhombische Kristallformen diskutiert [10].
Das von Thomas Klein beobachtete Halophänomen am 01.11.2014 in Miesbach war nun in der Tat eine der sehr seltenen Gelegenheiten, bei denen 46 Grad -Lowitzbögen in der Natur dokumentiert werden konnten. Dabei handelt es sich um die Lichtwege 2 und 6, welche als ,,Ausläufer" des 46 Grad -Rings zum Supralateralbogen (SLB) und in Tapes Bögen (46 Grad Parrybögen) hineinreichen. Möglicherweise deutet sich auch der obere 46 Grad -Berührungsbogen (3,4) zwischen ZZB und SLB in einer mit der R-G-Methode bearbeiteten Reihenaufnahme an [11]. Die restlichen 46 Grad -Lowitzbögen treten jedoch bei dieser Sonnenhöhe (26,6 Grad ) entweder außerhalb des relevanten Bildausschnitts auf oder lassen sich nicht vom 46 Grad -Ring unterscheiden (siehe Abb. 2). Die Frage war nun: Handelte es sich möglicherweise gar um den ersten fotografischen Nachweis der 46 Grad -Lowitzbögen?
Diese Frage muss nun allerdings mit ,,nein" beantwortet werden, wie ein Blick in die im Internet verfügbaren Haloberichte zeigt. Am 26.10.2006 wurde von Päivi Linnansaari nahe der finnischen Stadt Muonio während eines Halophänomens im Eisnebel eine markante Verstärkung am oberen Scheitel des 46 Grad -Rings fotografiert, der wegen des niedrigen Sonnenstandes deutlich von SLB und ZZB abgesetzt war. In späteren Simulationen stellte sich diese Aufhellung als eine Zusammensetzung aus drei benachbarten ,,contact arcs" heraus, wobei der mittlere dem Bogen von Galle entsprach [12]. Darüber hinaus gibt es einen Bericht von Jukka Ruoskanen, der am 01.01.2009 in Hyvinkää 46 Grad -Lowitzbögen im Scheinwerferlicht fotografieren konnte [13]. Das erste bekannte Foto, welches Spuren eines wirklich seitlichen 46 Grad -Lowitzbogens durch Sonnenlicht zeigt, stammt hingegen von Andrew Kirk, aufgenommen am 13.09.2012 in Kalifornien [14]. Allerdings war in diesem Fall eine starke Nachbearbeitung nötig, um die Erscheinung sichtbar zu machen.
Somit bleibt festzuhalten, dass die Fotos von Thomas Klein zwar keinen Erstnachweis der 46 Grad -Lowitzbögen darstellen, nichtsdestotrotz aber eine der seltensten Haloarten erstmals im deutschsprachigen Raum dokumentieren. Quasi nebenbei konnte dadurch auch das Mysterium des ,,oberen 46 Grad -Berührungsbogens" aufgeklärt werden. Denn letztlich hat die über 170 Jahre alte Erklärung von Galle am Ende doch ihre Berechtigung, wenngleich sie durch die Nichteinbeziehung der alternativen Strahlengänge unvollständig ist. Daher war es nun angebracht, die Benennung der EE52 im Haloschlüssel auf ,,46 Grad -Lowitzbögen" oder ,,46 Grad -Berührungsbögen" zu erweitern. Letztlich fiel die Wahl auf den Begriff ,,Berührungsbögen", um die Kontinuität mit der alten Eingruppierung zu wahren und

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Computerastronomie

Haloschlüssel EE52A EE52B EE52C/EE52D EE52E/EE52F EE52G/EE52H EE52I/EE52J

Tabelle 1: Benennung der EE52
Name nach Erscheinungsbild Oberer mittlerer 46 Grad -Berührungsbogen Unterer mittlerer 46 Grad -Berührungsbogen Linker/Rechter oberer äußerer 46 Grad -Berührungsbogen Linker/Rechter oberer innerer 46 Grad -Berührungsbogen Linker/Rechter unterer äußerer 46 Grad -Berührungsbogen Linker/Rechter umschlingender 46 Grad -Berührungsbogen

Strahlengänge in Abb. 1 3,4 3,4 6/2 1/5 2/6 5/1

um direkt an die englische Bezeichnung ,,contact arcs" anzuschließen. Die den einzelnen Lichtwegen entsprechenden Bögen wurden als Unterarten eingefügt [11]. Entsprechend dem Erscheinungsbild in den Simulationen wurden inzwischen die in der Tabelle 1 aufgeführten Unterarten definiert.
Literaturhinweise: [1] J. M. Pernter, F. M. Exner, 1922:
,,Meteorologische Optik", Wilhelm Braumüller Universitäts-Verlagsbuchhandlung, 2. Aufl., Wien/Leipzig, 368ff, 410ff [2] R. Greenler, 1980: ,,Rainbows, Halos, and Glories", Cambridge University Press, New York, 44ff, 58ff [3] R. Greenler, R. Gorkin, L. Cowley, 2013: ,,Lowitz Arcs Revisited", Vortrag bei der Konferenz Light & Color in Nature, Fairbanks, Alaska, 06.08.2013 [4] Mitteilungen des Arbeitskreises Meteore, 12/1995, 15ff,

Mitteilungen des Arbeitskreises Meteore, 01/1996, 13ff [5] www.atoptics.co.uk/halo/low1988. htm [6] www.atoptics.co.uk/halo/lowim4.htm [7] G. Galle, 1840: ,,Ueber Höfe und Nebensonnen", Annalen der Physik und Chemie von J. C. Poggendorff 49, 1-31, 241-291, s. insb. 261ff [8] A. Bravais, 1847: ,,Memoire sur les Halos et les Phenomènes Optiques qui les Accompagnent", Journal de l`École Royale Polytechnique, Cahier 31, Tome 18, 1-280, s. insb. 91ff, 244ff [9] G. Dietze, 1957: ,,Einführung in die Optik der Atmosphäre", Akademische Verlagsgesellschaft Geest & Portig K. G., Leipzig, 74 D. K. Lynch, ,,Atmospheric Halos", 1980: in ,,Atmospheric Phenomena: Readings from Scientific American", W. H. Freeman and Co., San Francisco, 128 M. Minnaert, 1992: ,,Licht und Farbe

in der Natur", Birkhäuser Verlag, Basel, 271 W. Tape, J. Moilanen, 2006: ,,Atmospheric Halos and the Search for Angle x", American Geophysical Union, Washington, 27 [10] M. Riikonen, L. Cowley, M. Schroeder, M. Pekkola, T. Öhman, C. Hinz, 2007: ,,Lowitz arcs", Weather 62, 252 [11] www.meteoros.de/themen/halos/ haloarten/ee52/ [12] http://haloreports.blogspot.de/ 2006/11/diamond-dust-seasonopened-in-finland.html http://haloreports.blogspot.de/2007/ 10/46-contact-arcs.html www.ursa.fi/fileadmin/ursa2010/ Harrastus/Jaostot/Ilmakeha/ Sivuaurinko/sa606.pdf [13] www.ursa.fi/blogi/ice-crystal-halos/ reflected_lowitz_arcs_and_46d_ contact_ar/ [14] www.atoptics.co.uk/fz817.htm

Theli - ein Softwarepaket zur Reduktion astronomischer Bilddaten
von Frank Sackenheim

Theli ist ein Softwarepaket, welches verschiedene Softwareanwendungen zusammenfasst, die von Profi-Astronomen zur Reduktion astronomischer Bilddaten entwickelt wurden. Die Kenntnis der einzelnen Programme ist nicht notwendig, auch wenn ich im weiteren Verlauf auf einige wichtige eingehen werde. Am Ende des Bearbeitungsprozesses erhält man ein fertig koaddiertes Bild aus den kalibrierten Rohdaten. Im Folgenden werden die einzelnen Reduktionsschritte
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erklärt und es wird aufgezeigt, wodurch sich Theli von anderen Bearbeitungsprogrammen unterscheidet.
In der Abbildung sehen wir die Benutzeroberfläche von Theli. Die einzelnen Programmreiter führen Schritt für Schritt durch den Datenreduktionsprozess. Da nicht alle Schritte notwendig sind, wird im Folgenden nur auf die zwingend erforderlichen eingegangen.

Initialise Bei der ersten Anwendung von Theli muss zunächst ein Instrument angelegt werden. Mit diesem Steckbrief erhält Theli wesentliche Informationen über den Detektor der Kamera. Aus der Kombination von Kamera und Teleskop ergibt sich der Abbildungsmaßstab (Pixelskala) am Himmel, eine der wichtigsten Kenngrößen, die Theli mitgeteilt werden muss. Ist das Instrument angelegt, geht die eigentliche Datenreduktion los. Im ersten Fenster

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teilt man Theli die Dateipfade mit, unter denen sich die einzelnen Darks, Bias, Flats und Lights (die eigentlichen Astroaufnahmen) befinden. Letztere bezeichnet Theli als ,,Science".
In dieser Sektion wird außerdem der Projektname vergeben, die Anzahl der zu verwendenden CPUs festgelegt, und ein Instrument ausgewählt. Hier kann man aus verschiedenen professionellen Kamera-Teleskop-Kombinationen, kommerziellen (amateurastronomischen) Kameras oder eben dem selbst angelegten Instrument wählen.
Preparation In der zweiten Sektion, der Preparation, werden lediglich die FITS-Header der Daten standardisiert, so dass Theli diese verstehen kann. Die eigentlichen Bildinformationen bleiben unangetastet.
Calibration In dieser Sektion findet die Vorreduktion statt. Aus den Bias-, Dark- und FlatBildern wird jeweils eine Masterversion erstellt, und die Lights werden dann in bekannter Art mit diesen Masterframes kalibriert. Die so bearbeiteten Bilder erkennt man im Dateiverzeichnis an der Endung OFC.
Weighting Bei der Gewichtung unterscheidet sich Theli von anderen Bearbeitungsprogrammen. Für jedes Light wird ein passendes Gewichtsbild erzeugt, welches auf dem Masterflat basiert. Letzteres kodiert, wie viele Photonen ein bestimmtes Pixel im Vergleich zu den anderen Pixeln registriert, und somit dessen relativen Informationsgehalt. Die Pixel werden dann bei der Koaddition entsprechend individuell gewichtet und somit wird das Signal-zuRausch-Verhältnis (SNR) optimiert.
Dieses Vorgehen eröffnet dann auch weitere Möglichkeiten. So können z. B. Satellitenspuren und Detektordefekte maskiert werden oder Aufnahmen, welche unter schlechterer Durchsicht gemacht wurden, herabgewichtet werden. Auch lassen sich übergangslose Mosaike erstellen.
Astrometrie Ziel der Astrometrie ist es, die einzelnen Rohbilder aufeinander zu registrieren.

1 Die grafische Benutzeroberfläche der Software Theli

Das geschieht üblicherweise dadurch, dass ein Bild der Serie als Referenz genommen wird und die restlichen Bilder solange gedreht und verschoben werden, bis sie mit dem Referenzbild deckungsgleich sind.
Theli unterscheidet sich hierin interessanterweise deutlich von anderen amateurastronomischen Bearbeitungsprogrammen. Anstelle eines Referenzbildes aus der Serie verwendet Theli bestehende, astrometrische Sternkataloge. Theli analysiert zunächst die Bilder und erkennt die dort befindlichen Sterne. Anhand eines Vergleichs mit dem vorher ausgewählten Sternkatalog wird eine astrometrische Lösung für jedes Bild erstellt. Für diejenigen Astrofotografen, die sich mit der astrometrischen Vermessung von Kleinplaneten beschäftigen, ist das nicht weiter ungewöhnlich. Für andere ist dies aber oftmals Neuland, und daher bleiben viele Erstanwender zunächst an dieser Stelle hängen. Es ist notwendig, sich mit dem Prinzip einer astrometrischen Lösung auseinanderzusetzen. Theli benötigt verschiedene Parameter (bzw. Einschränkungen), um eine astrometrische Lösung finden zu können. Im Hintergrund dieses

Prozesses arbeiten die Programme SExtractor (für die Extraktion der Quellen, also der Sterne in den Bilddaten) und SCAMP (Astrometrie) [1].
Die Astrometrierung der Bilddaten hat einen entscheidenden Vorteil; so können optische Verzerrungen und atmosphärisch bedingte Stauchungseffekte (differentielle Refraktion) korrigiert werden. Die Möglichkeit beliebig großer Mosaike ergibt sich automatisch. Darüber hinaus vergleicht Theli die Helligkeiten der Sterne in den verschiedenen Bildern und kann so eine Korrektur für Änderungen der Transparenz bestimmen.
Coaddition In dieser Sektion wird zunächst der Himmelshintergrund der einzelnen Aufnahmen bestimmt und entfernt. Die Helligkeit des Himmelshintergrundes schwankt von Aufnahme zu Aufnahme (Airglow, Mond, Streulicht) und kann Gradienten verursachen. Vor allem beim Erstellen von Mosaiken ist es essenziell, dass dieses Hintergrundsignal entfernt wird.
Bei überwiegend ,,leeren" Feldern kann dies automatisch geschehen. In Anwe-
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senheit sehr großflächiger Galaxien, Gasnebel oder dichter Sternfelder hingegen muss der Anwender manuell einen gültigen Hintergrundbereich auswählen.
Die anschließende Koaddition ist der Schritt, der aus den einzelnen kalibrierten Bildern ein fertiges Summenbild macht. Dies wird durch das Programm Swarp (ebenfalls von [1]) erledigt. Swarp verwendet hierzu die vorher erstellten Gewichtsbilder sowie die astrometrische Lösung. Ein wichtiger Bestandteil dieses Prozesses ist das sogenannte Resampling. Darunter versteht man eine Transformation der ursprünglichen Bildmatrix in eine neue, hauptsächlich bedingt durch das Verdrehen, Verschieben und die Distortionskorrektur (Korrektur sämtlicher Verzerrungen durch Optik und atmosphärische Phänomene).
Die Bildmatrix des koaddierten Bildes besitzt darüber hinaus einen frei wählbaren Abbildungsmaßstab. So können z. B. Aufnahmen verschiedener Instrumente kombiniert werden (Stichwort Astrokooperation). Auch lässt sich bei geditherten undersampelten Bildserien ein Teil der verlorenen Auflösung wieder herstellen. Swarp stellt zu diesem Zweck verschiedene Resamplingkernel zur Verfügung, die abhängig vom Sampling der Aufnahmen mehr oder weniger Sinn ergeben.
Die Koaddition bietet verschiedene statistische Stackingmethoden an, darunter den Mittelwert und den Median. Optional ist die ,,Outlier Rejection", eine zusätzliche Unterdrückung statistischer Ausreißer (Cosmics, Satellitenspuren, Flugzeuge, Hotpixel). Swarp analysiert auch das SNR der einzelnen Aufnahmen und kann Bilder mit besserem SNR stärker gewichten als solche mit schlechterem.
Da die Einzelaufnahmen bereits astrometriert sind, bietet sich auch die Möglichkeit, direkt auf Kometen und Kleinplaneten zu stacken. Hierzu muss lediglich der Proper Motion Vektor (die Eigenbewegung des Objektes im Bild) in Rektaszension und Deklination angegeben werden. Nach erfolgter Coaddition steht uns ein fertiges Bild zur Verfügung, welches wissenschaftlichen Ansprüchen standhält. Es enthält einen standardisierten astrometrischen FITS-Header, kann also z. B.
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2 In den entsprechenden Dateiordnern findet man nach der Kalibration die fertigen
Bilddateien. Im Hintergrund eines der Bilder im Bildbetrachter DS9 geöffnet.

zur Vermessung von Kleinplaneten herangezogen werden. Außerdem können wir uns sicher sein, dass unser Bild das bestmögliche SNR und die bestmögliche Auflösung hat, die unsere Rohdaten erlauben.
Prepare Colour Picture Für Astrofotografen bietet Theli die Möglichkeit, ein kalibriertes RGB-Bild vorzubereiten. Dies geschieht anhand der fotometrischen Farbkalibration (,,B-VMethode"). Hierbei werden anhand fotometrischer Referenzkataloge (SDSS, APASS) sonnenähnliche Sterne im Bildfeld identifiziert. Die Farbgewichtungsfaktoren werden dann so eingestellt, dass diese Sterne im fertigen Bild weiß erscheinen.
Außerdem ist es möglich, aus gefilterten RGB-Aufnahmen eine künstliche Luminanz zu erstellen. Auch können Schmalbandaufnahmen den Farbkanälen so zugemischt werden, dass die Sternfarben (und die Farbkalibration) erhalten bleibt.
Vorteile von Theli Theli setzt sich deutlich von anderen Bearbeitungsprogrammen ab. Alleine das Arbeiten mit Gewichtungsfaktoren, die Hintergrundsubtraktion und die Möglichkeiten des Resamplings garantieren dem Anwender das Allerbeste aus sei-

nen Bildern herauszuholen. Gleichzeitig wird man gezwungen, sich intensiv mit den Prozessen der Datenreduktion auseinanderzusetzen. Gerade im Austausch mit dem Autor Mischa Schirmer habe ich enorm viel über Astrofotografie lernen können.
Nachteile von Theli Theli setzt voraus, unter Linux zu arbeiten. Allerdings gibt es gut dokumentierte Installationsanleitungen und ein umfangreiches deutschsprachiges Webforum. Bei größeren Problemen kann man auf die Hilfe der erfahrenen TheliAnwender und des Autors zählen (genau genommen ein Vorteil der Software).
Theli ist für professionelle Astronomen geschrieben worden, was man schon alleine an den vordefinierten Profi-Instrumenten erkennt (Abb. 1). Nomenklaturen, Eingabeparameter und Betriebsabläufe sind aus Profisicht stringent und einfach, uns Amateurastronomen erscheinen diese aber zunächst fremd und unübersichtlich. Die Software ist aber gut dokumentiert, und es gibt Anleitungen, die einen leicht und verständlich durch den Reduktionsprozess leiten.
Referenz: [1] www.astromatic.net

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+ + + + + + + + + + Computer-Ecke + + + + + + + + + +

Dislin
von Helmut Jahns

Es zeigt sich immer wieder, welch leistungsfähige Codebiblio-

theken im Netz verfügbar sind. Dislin zum Beispiel. Dislin ist

eine Bibliothek zur grafischen Darstellung wissenschaftlicher

Daten und beherrscht eine Vielzahl von Darstellungsmöglich-

keiten:

- 2D- und 3D-Grafen

- Balken- und Tortendiagramme

- Vektorfelder

- geografische Karten

und einiges mehr. Diese Codebibliothek bietet viele Annehmlichkeiten: Legenden, Achsbeschriftungen, Skalierungen (linear/ logarithmisch), Überlagerungen von Grafiken, u.v.m. Dislin wurde von einem Mitarbeiter des Max-Planck-Institus für Sonnen-

systemforschung entwickelt und ist für die nichtkommerzielle Verwendung kostenfrei verfügbar. Die Bibliothek liegt für Windows, Linux und Unix vor und kann in diversen Programmiersprachen verwendet werden (z. B. C, Fortran und Python). Hier bietet sich eine hervorragende Möglichkeit, eigene Programme durch leistungsfähige Grafikroutinen massiv aufzuwerten und sich zugleich einiges an Programmierarbeit abnehmen zu lassen. Die Benutzung der Bibliothek erfolgt durch das Absetzen von Funktionsaufrufen mit entsprechenden Parameterlisten.
Mehr Info zu diesem Paket findet sich im Online-Handbuch: www.dislin.de/

Die 10 Regeln der NASA für sicheren Programmcode
von Helmut Jahns

Wer schon etwas tiefer in das Programmieren eingestiegen ist, wird entdeckt haben, dass es etwas mehr gibt, als nur ,,irgendwie funktionierenden" Programmcode zu erzeugen. Es wird ihm vielmehr bewusst geworden sein, dass es eine Vielzahl von Fallstricken in Form von problematischen Codestrukturen und nachteiligen Sprachbestandteilen gibt, die zwar augenscheinlich die ihnen zugedachte Aufgabe ausführen, aber dennoch potenzielle Fehlerquellen oder Ursache für unbestimmtes Verhalten sein können.
Ein Klassiker für solche Programmierfehler ist zum Beispiel ein ungültiger Zeiger, also der Zugriff auf einen Speicherbereich, der vom Programm noch nicht reserviert worden oder vielleicht schon freigegeben worden ist. Das Schreiben von Daten in einen solchen Speicherbereich kann einen Laufzeitfehler verursachen oder im ungünstigsten Fall ein völlig unvorherbestimmtes Verhalten des Programms bis hin zum Absturz verursachen, das schwer zu lokalisieren und zu beheben ist!
Die NASA hat ein besonderes Bedürfnis für einwandfrei funktionierenden Programmcode und deshalb 10 ihrer elementarsten Regeln zusammengestellt, die auch für programmierende Astroamateure eine gute Anleitung sind, den eigenen Programmcode in punkto Sicherheit und Zuverlässigkeit zu verbessern. Die Regeln fußen auf der Programmiersprache C; die meisten von ihnen sind allerdings auf andere Programmiersprachen übertragbar.
1. Man beschränke sich auf einfachste Strukturen zur Ablaufkontrolle und vermeide Anweisungen wie GoTo oder SetJmp, da sie in der Regel den Programmfluss unverständlich machen. If-Abfragen sind das Mittel der Wahl.

2. Alle Schleifen (z. B. for-Schleifen) sollten eine feste Obergrenze besitzen. Berechnete Grenzen sind schwerer zu durchdenken und daher fehlerträchtig.
3. Verwende, von der Initialisierung abgesehen, keine dynamische Speicherreservierung. Damit vermeidet man von vornherein eine komplette Klasse verbreiteter Programmierfehler wie z. B. den eingangs erwähnten ungültigen Zeiger oder Speicherlecks.
4. Keine Funktion sollte mehr als eine DIN-A4-Seite einnehmen (ca. 60 Zeilen). Andernfalls repräsentiert sie wahrscheinlich keine logische Einheit mehr.
5. Im Mittel sollten zwei Assert-Prüfungen pro Funktion vorhanden sein. Mit Assertions werden die Vorbedingungen des Funktionsaufrufs anhand der Gültigkeit der übergebenen Parameter geprüft.
6. Der Gültigkeitsrahmen von Datenobjekten sollte so gering wie möglich ausfallen. Je ,,lokaler" eine Variable angelegt ist, desto weniger Gelegenheit gibt es für ihre fehlerhafte Benutzung. Globale Variablen verbieten sich von selbst; ebenso das Wiederverwenden von Variablen für einen weiteren Zweck.
7. Der Rückgabewert einer Funktion sollte nicht ignoriert werden. Oft informiert der Rückgabewert über Fehlerzustände in der aufgerufenen Funktion; und auf die sollte stets reagiert werden.
8. Präprozessoranweisungen sollten auf die Einbindung von Headern (#include), das Verhindern von Mehrfacheinbindungen und einfachste Makros beschränkt werden.

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9. Zeiger sollten nur restriktiv eingesetzt werden. Der unkontrollierte Gebrauch erschwert das Verständnis des Programmablaufs. Dies gilt insbesondere für Funktionszeiger.
10. Der Code sollte von Beginn des Projekts an ohne Warnings compilierbar sein, und zwar mit der penibelsten CompilerEinstellung. Warnings sind oft Indikatoren für Logikschwächen im Programm und weisen damit auf Fehlerquellen hin. Auch ,,harmlose" Warnings sollten stets sofort ausgebaut werden, denn sie verstellen allein durch ihr Vorhandensein den Blick auf die tatsächlichen Fehlerquellen.

Es geht bei solchen Richtlinien keineswegs darum, die kreative Tätigkeit des Programmierens unter einem Berg von Regeln zu ersticken. Vielmehr dienen sie dazu, ein Programm robuster zu gestalten; in der industriellen Softwareentwicklung sind sie daher Standard. In Einzelfällen ist es allerdings legitim, von solchen Regeln abzuweichen; allerdings sollte man hierfür einen wirklich guten Grund vorweisen können und diesen im Programmcode als Kommentar hinterlegen.
Link: http://spinroot.com/gerard/pdf/P10.pdf

Ins Netz gegangen

Earth Impact Effects Program
von Helmut Jahns
Welche Verwüstungen richtet ein Asteroideneinschlag an und wovon hängen diese ab? Diese Frage hilft das Earth Impact Effects Program, eine Web-Anwendung unter http://impact.ese.ic.ac.uk/ImpactEffects/, zu beantworten.
Ein Eingabeformular ermöglicht die Festlegung der Ausgangsparameter der Berechnung, u. a. die Entfernung zum Einschlagsort, die Größe und Geschwindigkeit des Projektils sowie seine Masse und seinen Einschlagswinkel. Als Ergebnis erhält der Benutzer vielfältige Informationen zu Kratergröße (vorübergehend und endgültig), seismischen Effekten, max. Windgeschwindigkeiten, Druck, der Beschaffenheit des Auswurfmaterials, u. v. m.

Freie IT-Online-Kurse
bei OpenHPI
von Helmut Jahns
OpenHPI ist eine Einrichtung des Hasso-Plattner-Instituts, worin Kurse rund um die Softwareentwicklung und Informationstechnologie im Allgemeinen angeboten werden. Die Kurse sind vollständig online gehalten und decken z. B. Einführungen in Programmiersprachen wie Java oder Python ebenso ab wie andere Aspekte der Programmierung wie Software Analytics oder Codequalität. Die Kurse beinhalten neben Lehrvideos auch Selbsttests und Praxisteile. Die Zielgruppe ist kursabhängig; dies können Schüler ebenso wie Informatiker sein.
Das in Potsdam ansässige Hasso-Plattner-Institut wurde vom Gründer des Softwareunternehmens SAP Hasso Plattner ins Leben gerufen. Sämtliche Kurse auf OpenHPI sind kostenfrei und für jedermann zugänglich; sie können nicht nur für programmierende Amateurastronomen interessant sein, sondern eignen sich generell zur IT-Weiterbildung: https://open.hpi.de/

IMPRESSUM

VdS-Journal für Astronomie · Vereinszeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde (VdS) e.V. Hier schreiben Mitglieder für Sternfreunde.

Herausgeber: Vereinigung der Sternfreunde (VdS) e.V.
Geschäftsstelle: Postfach 1169, D-64629 Heppenheim Tel: 0 62 52 / 78 71 54 Fax: 0 62 52 / 78 72 20 E-Mail: service@vds-astro.de www.vds-astro.de

Grafiken u. Bildbearbeitung: Dr. Werner E. Celnik und die Autoren

Layout:

Bettina Gessinger, Dipl. Designerin

Anzeigen:

Otto Guthier c/o VdS-Geschäftsstelle

Litho und Druck: Kullmann und Partner, Stuttgart

Redaktion: Dr. Werner E. Celnik, Stephan Fichtner, Otto Guthier, Dietmar Bannuscher, Sven Melchert, Peter Riepe.
Redaktionelle Mitarbeit der VdS-Fachgruppen-Redakteure und VdS-Mitglieder

Mitarbeit:

Eva Garbe, Elke Lawrenz

Vertrieb:

Werner Teutsch GmbH, Laudenbach

Bezug: ,,VdS-Journal für Astronomie" erscheint viermal pro Jahr und ist im Mitglieds-beitrag von 35,- E (Europa) und 40,- E (außereurop. Länder), bzw. ermäßigt 25,- E pro Jahr enthalten

Beiträge werden erbeten an: VdS-Geschäftsstelle, Postfach 1169, D-64629 Heppenheim und an die Redakteure der VdS-Fachgruppen (siehe Redaktionsliste).

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Umfassende Arbeit zu Planetenringen
auf dem Preprint-Server
von Helmut Jahns
Der Preprint-Server unter arxiv.org wird von einigen Amateurastronomen, die aus verschiedensten Motiven gern selbst nach wissenschaftlichen Arbeiten recherchieren, sehr geschätzt. Eine dort hinterlegte Arbeit zu den Ringen der Planeten unseres Planetensystems hat hingegen schon regelrecht Buchcharakter. Diese Arbeit fasst das physikalische und himmelsmechanische Wissen (Stand 2012) über Ringsysteme auf 82 Seiten zusammen. Darin behandelte Themen sind
· Roche`sche Grenze und Gezeitenkräfte · Optische Tiefe · Vorstellung der Ringsysteme der einzelnen Planeten von Jupiter bis Neptun · Ausblick auf das Vorhandensein und die möglichen Eigenschaften von Ringsystemen einiger anderer Himmelskörper · Mechanismen der Ringentstehung und Formgebung (u. a. Wakes, radiale Strukturen, Propellereffekt) sowie
Lebenserwartung
Link: http://arxiv.org/pdf/1112.3305v2.pdf

Rosettas Bahn um den Kometen
von Helmut Jahns
Die Raumsonde Rosetta erreichte im vergangenen Jahr ein weiteres ihrer Ziele: den periodischen Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko. Um ihre Relativgeschwindigkeit zum Kometen kontrolliert zu senken, wurden aufwändige Bahnmanöver durchgeführt, die die Sonde zunächst auf einer weiten Umlaufbahn um ihr Zielobjekt führte. Durch gezielte Betätigungen ihrer Triebwerke wurde die Sonde auf eine dreieckförmige Bahn um den Kometen lanciert, die sich immer mehr verengte, wobei das Gravitationsfeld im Außenbereich des Kometen vermessen wurde. Die Bahnform kann anhand einer Animation auf der Website der ESA veranschaulicht werden. Suchbegriffe: Rosetta's orbit around the comet

1 Die Bahn der Raumsonde Rosetta um den Kometen 67P/
Tschurjumow-Gerasimenko (Momentaufnahme der Animation)

Why is Astronomy important
von Helmut Jahns

Astrodynamik und Himmels-
mechanik mit CelestLab
von Klaus Rohe

Auf dem Preprint-Server von archive.org findet sich ein Essay mit dem Thema ,,Why is Astronomy important". Wer für Vorträge oder ähnliches einige Argumente benötigt, weshalb Astronomie wichtig ist, findet in dieser Quelle einige wirklich gute. Der Artikel legt seinen Schwerpunkt auf den Technologietransfer von der Astronomie in die Industrie, die Luftfahrt, den Energiesektor, die Medizin sowie unser Alltagsleben und unterfüttert dies mit einer Fülle von Beispielen. Auch kulturelle und zivilisatorische Gesichtspunkte finden in dieser Zusammenstellung Berücksichtigung: http://arxiv.org/abs/1311.0508 Alle URLs sind auf dem Stand von März 2015.

CelestLab (https://atoms.scilab.org/toolboxes/celestlab/3.1.0) ist eine frei verfügbare Programmbibliothek für das Open-SourceProgramm Scilab (http://www.scilab.org/). Sie bietet über 200 Funktionen zur Lösung von Aufgaben der Astrodynamik und Himmelsmechanik. CelestLab wurde am französischen CNES zur Analyse von Raumfahrtmissionen entwickelt. Eine Einführung in die Anwendung von CelestLab auf die Positionsberechnung von Sonne, Mond und Planeten wird auf der Webseite ,,Angewandte Himmelsmechanik" von Bernd Ragutt gegeben. Link: www. bernd.ragutt.de/himmelsmechanik/sonnemondplaneten/index. html#tt4.

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Ein verlinkter Überblick über die Physik des Universums und die Kosmologie

von Klaus Rohe

Wer einen Überblick über Kosmologie und die Physik des Universums sowie ihre geschichtliche Entwicklung sucht und die englische Sprache nicht scheut, sollte sich die Webseite http://www.physicsoftheuniverse. com/intro.html anschauen. Es werden dort vielfältige Themen mit Bezug zum Urknall, zu der speziellen und allgemeinen Relativitätstheorie, zu schwarzen Löchern bis hin zum Ursprung des Lebens behandelt. Außerdem gibt es ein Kapitel zum Thema ,,Geschichte der kosmologischen Theorien". Des Weiteren wird der Lebenslauf wichtiger Wissenschaftler beschrieben, die sich um die Kosmologie und Astrophysik verdient gemacht haben. Ein alphabetisches Glossar rundet diese Webseite ab.

Stabile Planetensysteme
von Frank Theede
Zurzeit sind Tausende (Kandidaten für) Exoplaneten bekannt und Gegenstand intensiver Forschung. Aber wie stabil sind diese Systeme - und wie stabil ist unser Sonnensystem? Für die Beantwortung dieser Frage bedarf es lang laufender und aufwändiger Simulationen.

,,basteln"

Um ein Gefühl für die Schwierigkeit zu entwickeln, ein wenigstens kurzfristig stabiles System zu formen, kann man das ,,Simulationsspiel" Super-PlanetCrash (SPC) des Astrophysikers Dr. Stefano Meschiari (University of Texas, Austin) auf http://www.stefanom.org/spc/ verwenden.

Die Aufgabe besteht darin, für simulierte 500 Jahre bis zu zwölf Planeten, Braune Zwerge und Zwergsterne so anzuordnen, dass diese eine Planetensystemgrenze von zwei Astronomischen Einheiten nicht überschreiten und dabei nicht zusammenstoßen. Die 2-AU-Grenze hat keine astrophysikalische Bedeutung, sondern dient der Erhöhung der Schwierigkeit. Je mehr Himmelskörper über möglichst

lange Zeit den Zentralstern umkreisen, desto mehr Punkte werden vergeben, und der Planetensystemschöpfer kann sich in die Highscore-Liste eintragen. Als Vorlagen sind die Planetensysteme Kepler-11, Kepler-18 und HD80606 verfügbar; wei-

1 Die Oberfläche von Super Planet Crash
terhin enthält die Webseite interessante Links zu Ressourcen über Exoplaneten, wie z. B. exoplanets.org.

Software

Auf astrophysikalischer Entdeckungsreise:
Tabellen und Kataloge visualisieren mit TOPCAT
von Helmut Jahns

Die Java-Anwendung TOPCAT (Tool for OPerations on Catalogues And Tables) ermöglicht die Visualisierung und Bear-
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beitung tabellarischer Daten und Kataloge. Ziel der Entwicklung dieses Projekts war es, Astronomen ein leistungsfähiges

Werkzeug mit grafischer Benutzeroberfläche zur Analyse und Verarbeitung von Daten aus verschiedenen Quellen in die

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1 Beispielgrafik eines Plots in TOPCAT. Aufgetragen
wurde die Helligkeit von Cepheiden über die Periode für die Große Magellansche Wolke und M 31 samt Regressionsgeraden für die Entfernungsbestimmung. Die Werte wurden von TOPCAT vom Datendienst Vizier abgefragt. Auf ähnlichem Wege können vielfältige astrophysikalische Fragestellungen mit wenigen Mausklicks auf eigene Faust untersucht werden. (Bild: Helmut Jahns und Arndt Latußek)

Hand zu geben. Aber auch Amateurastronomen kann dieses Tool wertvolle Dienste leisten. Einige Anwendungen und Merkmale von TOPCAT sind:

- 2D- und 3D-Visualisierung von Daten - Verknüpfung von Daten aus verschiedenen
Tabellen - Ausführung logischer, statistischer und
mathematischer Operationen - Erweiterung der Funktionalität mittels
javabasierter Skriptsprache

TOPCAT unterstützt das Einlesen vieler gängiger Formate (u. a. FITS, CDF, CSV) aus dem lokalen Dateisystem, kann sich aber auch mit diversen virtuellen Observatorien und Internet-Katalogdiensten wie Vizier (http://vizier.u-strasbg.fr/) verbinden, um das Arbeiten auf dem dortigen Datenbestand zu realisieren. Auch Zugriffe auf relationale (SQL-)Datenbanken sind möglich.

Das Programm erfordert eine Java-Laufzeitumgebung (Runtime Environment, RTE) für die Ausführung. Das Paket kann von der Projektwebsite als Tar-Ball heruntergeladen werden. Auf der Webseite finden sich ebenso umfangreiche Dokumentationen und Benutzungsbeispiele. Link: www.star.bris.ac.uk/~mbt/topcat/
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Computerastronomie

PixInsight
- ein Tool für die Bildbearbeitung
von Bernd Koch

Für die Bildbearbeitung von Astroaufnahmen muss jeder seinen eigenen Weg finden, das ist nicht leicht. Manche verwenden dazu viele verschiedene Freeware-Programme. Ich persönlich mache gerne alles mit einem Programm, wobei bisher Astroart 5.0 mein Werkzeug dafür war. Das ist wirklich ein vielseitiges Programm, das nebenbei auch zur Kamerasteuerung, dem Guiding und zur Fotometrie verwendet werden kann. Meiner Meinung nach ist Astroart in der Bildbearbeitung besser als sein Ruf. Wenn man jedoch schwache Details kräftig verstärkt, ist bald ein Punkt erreicht, wo die Sterne leiden, da es keine Masken gibt, um die Sterne zu schützen. Was also tun - auf Adobe Photoshop umsteigen und damit weiterbearbeiten oder doch ein Programm nehmen, das speziell für die Astrobildbearbeitung entwickelt wurde? Im Dezember habe ich mich dann entschieden, eine Lizenz für PixInsight (PI) von Pleiades Astrophoto zu erwerben. Sie kostet für Bürger der Eurozone inzwischen 279 EUR - eigentlich noch ein fairer Preis für dieses komplexe Programm.
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1 Ein Schnappschuss aus der Bildbearbeitung mit PixInsight

Dabei sind alle zukünftigen Updates dauerhaft inklusive, was heutzutage ja auch nicht mehr selbstverständlich ist.
Es gibt leider keine gedruckte Bedienungsanleitung; wie auch schon beim Kauf der Software selbst läuft alles über die Homepage der Firma. Dort gibt es auch eine ,,Reference Dokumentation", in der man ausführliche Beschreibungen fast aller Funktionen findet; ebenso wie Bearbeitungsbeispiele, Anleitungen und nicht zuletzt auch Video Tutorials (letztere auch auf YouTube). Das Material ist allerdings auf Englisch, was viele abschrecken mag, aber man findet auch einen Link zu Gerald Wechselbergers Homepage, wo man deutschsprachige Video-Anleitungen findet. Dies ist ebenso bei Herbert Walters Seite der Fall, ohne dessen Anleitungen ich größere Startschwierigkeiten gehabt hätte. In der Zeitschrift Interstellarum Nr. 86

bis Nr. 91/2013 ist eine sehr ausführliche Einführung in das Programm von ihm erschienen; diese Hefte dürfte ja der eine oder andere Interessent noch im Bücherregal haben. Die Gruppe ,,PixInsight Österreich", der beide angehören, veranstaltet sogar Tagungen, wo es speziell um die Bildbearbeitung mit diesem Programm geht. Man findet also durchaus deutschsprachige Hilfe im Internet; an den Englischkenntnissen sollte ein Umstieg also nicht scheitern. Bei Astronomicum gibt es inzwischen auch ein deutschsprachiges Forum für PI.
Einem Neueinsteiger erscheint zunächst die Programmoberfläche doch etwas gewöhnungsbedürftig. Da sind zum Beispiel Symbole für Grundfunktionen, die man von anderen Programmen nicht kennt, und auch die Namensgebung der einzelnen Prozesse ist zunächst ungewohnt. Das Programm ist sicherlich

Computerastronomie

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nicht rein intuitiv zu bedienen; dazu hat es einfach auch zu viele Funktionen mit sehr vielen Einstellungsmöglichkeiten. Von Photoshop oder GIMP kann man das sicherlich aber auch nicht behaupten, vor allem, wenn man mit mehreren Ebenen operiert. Man muss sich anhand von Anleitungen einarbeiten, bis man langsam in der Bedienung sicherer wird. Es gibt für viele Aufgaben auch eine Reihe von Möglichkeiten; es gibt also nicht den einzig richtigen Weg, Bilder in PI zu bearbeiten. Es gibt Spielräume, und man kann mit der Zeit seinen individuellen Workflow finden, der für sich und seine Ausrüstung am besten passt. Allen ge-

meinsam ist das grundlegende Ziel, die Daten so lange wie möglich im linearen Bereich zu halten; durch die ScreenTransfer-Funktion kann man trotzdem etwas auf dem Bildschirm erkennen. Für viele Funktionen ist eine wirklich gute Echtzeitvorschau vorhanden, die einem beim Herausfinden der richtigen Einstellungen sehr gute Dienste leisten kann. Das Erstellen von Masken geht mit PI eigentlich recht einfach, auch wenn es wieder sehr viele Parameter gibt. Bei vielen Funktionen reichen aber oft schon die Grundeinstellungen aus. In der Bildbearbeitung ist weniger oft mehr, das gilt besonders für das Entrauschen. Es

muss nicht alles gemacht werden, wofür es ein Werkzeug gibt. Wenn man sich ,,vergaloppiert" hat, kann man zu jeden Punkt zurück gehen und dort mit der Bearbeitung wieder einsteigen. Ich habe den Umstieg auf PixInsight nicht bereut, auch wenn er wirklich zeitaufwendig ist.
Weblinks (Stand der URLs: Mai 2015): [1] https://pixinsight.com/ [2] www.werbeagentur.org/oldwexi/
PixInsight/PixInsight.html [3] www.skypixels.at/pixinsight_
tutorials.html

Bücherkiste
Practical ComputerAided Lens Design
von Helmut Jahns
Bei Sternfreunden, die einen etwas tieferen Einblick in die Astrooptik gewinnen möchten, könnte das Lehrbuch Practical Computer-Aided Lens Design von Gregory Hallock Smith Interesse hervorrufen. Es behandelt viele Aspekte auf dem Gebiet der astronomischen Optik. Wie viele andere Bücher auch beginnt es mit einigen Grundlagen wie z. B. die Natur des Lichtes, die Eigenschaften von Glas, die Grundlagen abbildender Systeme oder Linsenfehler. Dieses hier geht jedoch noch einen Schritt weiter und schafft einen Schwerpunkt in der Optikrechnung samt ihren zahlreichen Facetten, ganz wie es der Buchtitel schon nahelegt.
Verschiedene Verfahren werden darin ausführlich vorgestellt: Analysemethoden, Gauß`sche Optik, Raytracing oder Optimierungsverfahren, um nur einige zu nennen. Abgerundet wird das Buch durch einige Kapitel mit Beispielen ausgewählter optischer Systeme, mit ihrer Berechnung und Optimierung.
Die Einarbeitung in das Thema wird dadurch erleichtert, dass das Buch eher untypisch für Fachbücher in einem akademischen und trotzdem sehr ansprechenden Englisch gehalten ist, das beim Lesen ausgesprochen Spaß machen kann.

A Student's Guide to the Mathematics of Astronomy
(Daniel Fleisch, Julia Kregenow)
von Frank Theede
Das englischsprachige Buch soll ein von einem der Autoren, Professor Daniel Fleisch (Wittenberg University, Ohio), beobachtetes Problem beheben: Zwar sind die Konzepte der Astronomie für College-Studenten erfassbar, aber viele haben Probleme mit der dazugehörigen Mathematik. Adressaten sind daher ,,mathematische Laien", die parallel zur Astronomievorlesung und/oder Lektüre astronomischer Einführungsbücher die Mathematik verstehen möchten. Dabei bedeutet Mathematik hier die Grundlagen wie z. B. das Rechnen mit Einheiten, Potenzen und Proportionalitäten. Differenzial- und Integralrechnung werden nicht behandelt.
Die einzelnen Themenbereiche, u. a. Schwerkraft (Newton, Kepler), Parallaxen, Winkelauflösung, Strahlungsgesetze, werden ansprechend präsentiert und durch ca. 150 Übungen abgerundet.
Beachtenswert sind insbesondere die verfügbaren OnlineRessourcen unter http://www4.wittenberg.edu/sgmoa/. Hier finden sich Video-Podcasts zu den einzelnen Kapiteln und Aufgaben. Diese können auch ohne Erwerb des Buches genutzt werden.

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Deep Sky

Doppelstern Xi Ursae Maioris
von Wolfgang Vollmann

Xi Ursae Maioris (xUMa) ist ein mit freiem Auge sichtbarer Stern 4. Größe bei den hinteren Pfoten der Großen Bärin. Er ist am Ort Rektasz. 11h 18,2m und Dekl +31 Grad 32' (2000.0) zu finden. Im Fernrohr ist er als Doppelstern zu erkennen. Derzeit benötigt man ein Fernrohr ab 63 mm Objektivdurchmesser, um die beiden Sterne zu trennen, in den nächsten Jahrzehnten wird das noch leichter möglich werden. In den Doppelsternkatalogen wird das Doppelsternsystem auch als S1523 AB nach der Nummer im Katalog von Friedrich Georg Wilhelm Struve bezeichnet (bzw. STF 1523 AB im neueren Washington Double Star Catalog WDS, der keine griechischen Buchstaben verwendet). Eine häufige Bezeichnung ist auch ADS 8119 AB im Katalog von Robert Grant Aitken.

1 Umlaufbewegung von Xi UMa mit Webcam-Messungen von 2005 bis 2009
(rot markiert). Ein Skalenstrich entspricht einer Bogensekunde.

Xi UMa ist der erste Doppelstern, von dem eine Bahn berechnet werden konnte (1828 von Savary). Grund dafür ist, dass die Umlaufzeit von 60 Jahren relativ kurz ist und der Abstand der beiden Sterne trotzdem immer zwischen 0,8 und 3,1 Bogensekunden bleibt. Das System ist also auch mit recht kleinen Fernrohren über den gesamten Umlauf gut trennbar und beobachtbar. Dadurch wurde die Gültigkeit des Gravitationsgesetzes auch außerhalb des Sonnensystems nachgewiesen. Die beiden Komponenten des Xi-UMa-Systems sind nur um 0,5 Größenklassen unterschiedlich hell und beide sehr sonnenähnliche Sterne vom Spektraltyp G0 bzw. G5. Sie erscheinen im Fernrohr etwas gelblich. Das System ist etwa 27 Lichtjahre von uns entfernt.

Tagen Umlaufzeit. 1988 wurde noch ein Begleiter von B mit der Bezeichnung Bb gefunden. Ein weiterer Stern mit 15 mag in einer Bogenminute Abstand (mindestens 450 AE) könnte als sechste Komponente zum System gehören.
In den letzten nunmehr fast 40 Jahren habe ich immer wieder mit meinem 80 mm/880 mm-Schüler-Refraktor und anderen Fernrohren dieses System beobachtet. Eine Auswahl meiner Aufzeichnungen zeigt, dass ich damit einen

halben Umlauf des Doppelsterns nur mit Positionswinkelschätzungen erleben konnte. Die folgenden Distanzangaben/ Positionswinkelangaben in Klammern beim Datum habe ich aus der Ephemeride berechnet.
April 1976 (3,1''/112 Grad ) Bei 146-fach war er deutlich zu trennen. Den Positionswinkel schätzte ich zu 120 Grad (aus der täglichen Bewegung; Nachführung hat dieses Fernrohr nicht).

Xi UMa A und B sind im Mittel 21 Astronomische Einheiten (AE) voneinander entfernt - das entspricht etwas mehr als der Entfernung Sonne - Uranus. Auf ihrer exzentrischen Bahn nähern sich die beiden Sterne auf 13 AE (etwas weiter als Sonne - Saturn) und entfernen sich maximal auf 29 AE (Entfernung Sonne - Neptun) voneinander.

Beide Komponenten des Systems sind spektroskopische Doppelsterne: A hat einen Begleiter Aa mit 1,8 Jahren Umlaufzeit. B hat einen Begleiter Ba mit 4
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2 Webcam-Aufnahme vom 7. April 2006 mit Refraktor
130 mm/1.040 mm und 5x-Barlowlinse

Geschichte

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Juni 1985 (2,2''/89 Grad ) Der Begleiter war nun fast genau im Osten zu sehen. Meine Schätzung des Positionswinkels: 90 Grad. Die Bewegung des Doppelsterns war merkbar geworden!
Mai 1993 (0,9''/350 Grad ) Jetzt genügte der 80-mm-Refraktor nicht mehr zur Trennung. Im 150 mm/3.000 mm-Refraktor der Urania-Sternwarte Wien waren die beiden Sterne aber deutlich getrennt (300x); PositionswinkelSchätzung: 345 Grad - nun war er fast im Norden.
Mai 1996 (1,4''/299 Grad ) Nun gelang mir erstmals wieder die Sichtung mit dem 80-mm-Refraktor: sehr schwierig, nur länglich. Positionswinkelschätzung: 290 Grad - fast im Westen.
Mai 2001 (1,8''/264 Grad ) Leicht trennbar bei gutem Seeing; Positionswinkel: 270 Grad - im Westen.

April 2014 (1,7''/181 Grad ) Im Refraktor 130 mm/1.040 mm bei 260-fach sehr gut trennbar. Der Begleiter stand dieses Jahr praktisch genau im Süden des Hauptsterns.
Die Positionswinkelschätzungen mache ich, indem ich mir den helleren Stern in der Mitte und den Begleiter auf einem gedachten Uhrzifferblatt vorstelle. Die Richtung der täglichen Bewegung nach Westen definiert den Positionswinkel von 270 Grad (N=0, O=90, S=180, W=270 Grad). Es ist nach etwas Übung nicht allzu schwer, die Richtung vom Hauptstern zum Begleiter ,,auf die Stunde genau" (Uhrzifferblatt, entspricht 30 Grad im Positionswinkel) anzugeben. Auch etwas bessere Genauigkeit, bis zur Hälfte, also 15 Grad ist möglich.
Heute gibt es auch für Amateurastronomen etwas aufwändigere, aber auch genauere Möglichkeiten, die Umlaufbewegung von Xi Ursae Maioris und an-

deren Doppelsternen zu verfolgen als durch Schätzungen. Visuell gelingt die Messung mit einem Baader-MicroguideOkular, wenn ein Fernrohr mit Nachführung zur Verfügung steht. Eine noch genauere Messmethode bietet eine einfache Webcam. Beide Methoden sind in [2] und [3] detailliert beschrieben.
Weblinks und Literaturhinweise: [1] Viele weitere Informationen zu Xi
UMa bietet die Webseite von J. S. Schlimmer: www.epsilon-lyrae.de/ Doppelsterne/Galerie/Xi_UMa.html [2] Doppelstern-Astrometrie mit CCD, Webcam und visuell mit Microguide: http://members.aon.at/wolfgang. vollmann/ds/ds3web.pdf [3] R. Argyle (ed.), 2012: "Observing and Measuring Visual Double Stars", Springer-Verlag [4] J. Kaler: ,,ALULA AUSTRALIS (Xi Ursae Majoris)", http://stars.astro. illinois.edu/sow/alulaaus.html

Ein magischer Moment

- Feier zum Erscheinen der ersten Biografie von Lord Rosse

von Wolfgang Steinicke

Der 14. November 2014 war ein historischer Tag. In der ehrwürdigen Royal Society, London, wurde das Erscheinen der ersten wissenschaftlichen Biografie des irischen Astronomen William Parsons, 3rd Earl of Rosse gefeiert. Eingeladen hatten der gegenwärtige, 7th Earl of Rosse und seine Frau Alison, Countess of Rosse. Die Darstellung von Leben und Werk ihres bedeutenden Vorgängers, allgemein als Lord Rosse bekannt, war bislang ein weißer Fleck in der wissenschaftlichen Literatur. Es gab nur vereinzelte Darstellungen, die gewisse Aspekte seines Wirkens betrafen, meist im Zusammenhang mit dem großen Reflektor in Birr Castle.
Die Lücke wurde nun durch ein Team von Experten gefüllt, die mit den unterschiedlichen Facetten des Themas vertraut sind. Diese umfassen etwa Astronomie, Ingenieurwesen, Familie und irische Geschichte. Das Autorenkollektiv wurde geleitet von Charles Mollan, Dublin, einem intimen Kenner der irischen Wis-

senschaftsgeschichte, bekannt durch sein zweibändiges Standardwerk ,,It's Part of What We are - Science and Irish Culture".
Zu den Autoren gehören natürlich auch Lord und Lady Rosse mit einem Kapitel über die Geschichte der Parsons-Familie.

Weitere Beiträge stammen z. B. von den bekannten Astronomiehistorikern Simon Schaffer (Cambridge University) und Allan Chapman (Wadham College, Oxford) sowie von Professor Trevor Weekes (Universität Texas) und Wolfgang Steinicke; siehe das beigefügte Inhaltsver-

Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie
von Wolfgang Steinicke
Artikel, die aus Platzgründen verschoben werden mussten, erscheinen nun in diesem Heft. Für alle anderen, bereits eingesandten Artikel, bitte ich die Autoren um Geduld. Die Vorbereitungen für die 12. Tagung ,,Geschichte der Astronomie" laufen. Sie wird, wie bereits angekündigt, vom 30. Oktober bis 1. November an der Archenhold-Sternwarte in Berlin-Treptow stattfinden. Die dortige Infrastruktur ist hervorragend und wir erwarten viele Teilnehmer. Neben dem großen Refraktor gibt es eine interessante Ausstellung zur Geschichte der Astronomie zu sehen. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Webseite http://geschichte.fg-vds.de.

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Geschichte

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Gruppenfoto (C. Mollan)

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Unten: Die anwesenden Autoren (v.l.n.r): Margaret Hogan, Wolfgang Steinicke, Earl of Rosse, Countess of Rosse, Daniel McDowell, Charles Mollan, Allan Chapman (C. Mollan)

zeichnis. Das Vorwort stammt von keiner Geringeren als Jocelyn Bell Burnell, der Entdeckerin der Pulsare und Mitglied der Royal Society. Das Buch ist bei Manchester University Press erschienen und umfasst 378 Seiten. Zu den Sponsoren gehören die Royal Society (immerhin war Lord Rosse 1848-54 ihr Präsident), die Royal Irish Academy und die Royal Dublin Society. Etwa drei Monate nach der Veröffentlichung fand nun die ,,launch party" in den historischen Räumen der Royal Society an der Londoner Carlton House Terrace statt.
Etwa 40 Gäste waren geladen, darunter viele interessante Personen, wie der Irische Botschafter in Großbritannien, der frühere Direktor des Britischen Museums, die Tochter des berühmten Radioastronomen Sir Bernard Lovell und der Vorsitzende der Flamsteed Astronomical Society, Greenwich. Der siebte Earl zeigte sich in seiner Begrüßungsrede hocherfreut über das Erscheinen der Biografie. Er war sichtlich stolz auf die umfassende Darstellung seines berühmten Vorfahren und dankte allen Autoren für die geleistete Arbeit; sie waren oft Gäste in Birr Castle und nutzten das dortige Archiv. Allan Chapman folgte mit einem unterhaltsamen Vortrag über Lord Rosse und dessen bedeutende Beiträge zur Astronomie und zum Teleskopbau. Es ging natürlich um den ,,Whirlpool-Nebel" (M 51) und den gewaltigen 1,8-MeterReflektor, bekannt als ,,Leviathan von Parsonstown". Er wurde 1997 restauriert und kann heute im Park von Birr Castle besichtigt werden. Das Schloss bietet auch eine beeindruckende astronomische Ausstellung.

Die zweistündige Veranstaltung bot eine willkommene Gelegenheit zum ,,small talk"; dazu wurden Wein und Schnittchen gereicht. Natürlich gab es auch die obligatorische ,,afterwork-party" beim Italiener um die Ecke. Ein Abend zum Erinnern!
3
Die Lord-Rosse-Biografie (W. Steinicke)
William Parsons, 3rd Earl of Rosse - Astronomy and the castle in nineteenth-century Ireland
Charles Mollan (Hrsg.), Manchester University Press, 2014
1. History of the Parsons family and Birr Castle - The Earl and Countess of Rosse 2. Origin of the 3rd Earl's interest in astronomy - Trevor Weekes 3. Mary, Countess of Rosse (1813-85) - Daniel McDowell, Alison, Countess of
Rosse, and David Davison 4. William Parsons' influence on the town and community of Birr - Margaret
Hogan 5. Negotiating `a difficult sectarian terrain': The public life and political opinions
of the 3rd Earl of Rosse - Andrew Shields 6. A Consummate Engineer - Charles Mollan 7. Birr Castle observations of non-stellar objects and the development of nebular
theories - Wolfgang Steinicke 8. William Parsons and the Irish nineteenth-century tradition of independent
astronomical research - Allan Chapman 9. `A presiding influence': The relations of the 3rd Earl of Rosse with scientific
institutions in Britain and Ireland - Simon Schaffer 10. The 3rd Earl of Rosse: An assessment - Trevor Weekes

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Geschichte

Meteorite ,,Hraschina" und ,,Cabin Creek"
- eine Betrachtung zweier Eisenmeteorite mit bemerkenswerter Geschichte
von Konrad Wolfram

Das Bild der zwei Meteorite (Abb. 1) zeigt eine frappierende Ähnlichkeit zwischen ihnen, die an ,,himmlische Zwillinge" denken lässt [1]. Die wie üblich nach ihren Fall- bzw. Fundorten benannten Exemplare lassen aber schon den Unterschied erkennen:

Der weltberühmte Hraschina-Meteorit fiel am 26. Mai 1751 in der Gegend des heutigen Zagreb in Kroatien und erregte sogleich höchstes Interesse beim damaligen Landesfürsten, Kaiser Franz I. Stephan, der eine Kommission ins Fallgebiet entsandte.

Der Cabin-Creek-Meteorit ist nicht ganz so prominent, dafür aber etwas gewichtiger: Das hier abgebildete, einzige gefallene bzw. gefundene Exemplar kam am 27. März 1886 mit einem ,,Geburtsgewicht" von 48,2 kg zur Welt. Er wurde bereits drei Stunden nach dem (von zahlreichen Augenzeugen) beobachteten Fall im Bundesstaat Arkansas gefunden und war angeblich noch ,,unangenehm warm" [2]. Mit knapp 40 kg ist der Kroatien-Findling zwar etwas leichter, aber er hatte dafür noch ein Zwillingsstück von 9 kg aufzuweisen, das ebenfalls dort gefunden wurde; dieses gilt aber heute als verschollen. Es wurde vermutlich teilweise von den Hufschmieden der Gegend als kostengünstiges und doch hochwertiges Material zu Nägeln und Hufeisen verarbeitet und z. T. auch als Kuriosität in Besitz genommen und gehandelt.
Beide vereint im Naturhistorischen Museum Wien Was beide selten schönen Eisenbrocken verbindet, ist ihr derzeitiger Standort, nämlich die Meteoritensammlung des Naturhistorischen Museums (NHM) in Wien, wo der Hraschina seit 1777 gleichsam den Grundstein der dortigen, heute sehr umfangreichen Sammlung bildet. Damals war es noch das NaturalienKabinett des Kaiserhofes und wohl noch überwiegend eine Raritäten- und Kuriositätenschau, in der zeitweise sogar ein prä-
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1 Die beiden Meteorite
parierter Afrikaner ausgestellt war. Später, zu Beginn des 19. Jahrhunderts, wurde es dann nach eher wissenschaftlichen Kriterien umgestaltet und ausgebaut, was ein besonderes Verdienst des damaligen Direktors Carl von Schreibers war.
Man muss sich vorstellen, dass in dieser Zeit noch kaum etwas über die kosmische Herkunft der so unerwartet vom Himmel gefallenen Steine bekannt war. Erst nach dem heftigen Meteoritenschauer von L'Aigle in der Normandie im Jahre 1803 begann sich die Erkenntnis der kosmischen Herkunft der Meteorite allmählich immer mehr Bahn zu brechen. Vom ersten gut dokumentierten Donnerstein von Ensisheim, der am 7.11.1492 an einem Mittwochmittag auf einen Acker fiel, bis zum inzwischen auch wissenschaftlich untersuchten Hraschina hielt man sie bestenfalls für ,,gefallene Sterne", deren Besitz entweder Glück und - im Falle von Eisenmeteoriten - ein ausgezeichnetes Material für Schwert- und Messerschmiede brachte oder für Unglücksbringer, die die Menschen von oben bedrohten. Vielleicht hat man deshalb auch den Hraschina nach seinem Fund gleich dem Bischof von Zagreb gebracht, worüber ein in Latein und

ein in altem Beamtendeutsch abgefasster Bericht berichtet, der im bischöflichen Archiv urkundlich verwahrt wurde (hier ein Auszug davon): ,,Welch forthin Zweyer Stucken das grössere, so auf Unserer wäag 71 pfund gewogen in Figur eines irregulairen Triangels, und einer grösseren Schulterblatt gleichend, Eyssen oder Stachl färbig. Von Beyden seythen etwas durchlöchert, wessen dennoch ein Theyll mit unserem Ambts-Sigill Verpetschiret, in etwas glatter ist, der andere Theyll aber mit mehreren ausshöllungen angethan Zu sehen ist, und einig: Erdene particuln ancklebend an sich hat." [3]
Man hat also dem Fundstück in alter Beamtenmanier ein Amtssiegel verpasst; weil dessen durch Rhemaglypten (Schmelzgrübchen) geprägte Vorderseite kaum dafür geeignet war, hat man dafür die etwas glattere Rückseite genommen. Dass auch noch Erdpartikel dem Fundstück anhafteten, spricht für den sorgsamen, professionell durchgeführten Umgang des Stücks bei seiner Bergung und dem Transport.
,,Krater" im Ackerboden Diese Erde stammte demnach vermutlich noch vom Acker, wo der Pfarrersknecht

Geschichte

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Michl Kollar den Meteoriten eigenhändig ausgegraben haben soll, der nach seiner, in oben genannter Urkunde verbrieften Aussage, drei Ellbogen tief in den frisch gepflügten Boden eingedrungen war. Über die Größe des Erdtrichters, der nach heutigen Erkenntnissen kaum ein typischer Krater gewesen sein dürfte, wurde manche Überlegung und Deutung geäußert, die alten Maßeinheiten Elle, Fuß und Zoll tragen nicht gerade zu eindeutigen Werten bei der Beschreibung bei; so ist bei einem Autor von 4 Fuß Tiefe die Rede (1 österr. Fuß betrug ca. 32 cm, demnach wäre die Eindringtiefe 11/4 m gewesen). Der Durchmesser des Lochs soll etwa 1/2 m betragen haben. Der Zwillingsmeteorit schlug in 300-2.000 Fuß (2251.500 m) Entfernung ein und hinterließ ein 90 cm breites und ebenso tiefes Loch im Boden. Das Impaktareal lag östlich von Hrascina, einem Ort zwischen Zagreb, der Hauptstadt Kroatiens, und Varazdin (der Name ist Operettenfreunden gut bekannt aus ,,Gräfin Mariza").
Meteor bis nach Franken beobachtet Dem Meteoritenfund war eine spektakuläre Leuchterscheinung, verbunden mit Knall- und Donnergeräuschen vorausgegangen. Augenzeugen des Feuerkugelflugs gab es bis zum 100 km entfernten Graz, im ungarischen Städtchen Szigetvar und sogar noch im über 700 km entfernten Neustadt an der Aisch. Sektionsund Hofrat Wilhelm Karl Ritter von Haidinger, ein österreichischer Geologe und Mineraloge, verfasste gut hundert Jahre nach dem Fall zwei Abhandlungen darüber, die er an die kaiserliche Akademie der Wissenschaften sandte. Diese beziehen sich auf das erwähnte bischöfliche Dokument und einen weiteren handschriftlichen Bericht eines Domherrn zu Zagreb, der in seiner Chronik zum Jahr 1751 diesen Fall und Fund beschrieb. Hier war auch der kaiserliche Wunsch nach Erhalt des Meteoriten vermerkt: ,,Indessen waren damals in Hraschina (lese Hrascina) zwei Kugeln aus der Luft herabgefallen, welche der Ortspfarrer aus der Erde, in welche sie eingedrungen, herausgraben liess. Und da so viel hin und wieder geschrieben worden war, dass die Nachricht auch zur Wissenschaft Ihrer Majestäten nach Pressburg gelangte, so (befahl) Allerhöchst Seine Majestät der Kaiser, dass Ihm eine jener Kugeln gesandt werde." [3]

2 Das dem Hraschina von Alois von Widmannstätten entnommene Teststück
4,0 cm x 2,5 cm)

Neues Verfahren zur Identifizierung und Unterscheidung von Eisenmeteoriten entwickelt 1808 hatte der Direktor des kaiserlichen Industrie-Produkten-Kabinetts, Alois von Widmannstätten, Erhitzungsversuche an polierten und mit Säure geätzten Plättchen des Hraschina-Meteoriten durchgeführt und beim Studium der Anlauffarben die nach ihm benannten Figuren entdeckt, welche die innere Struktur und Zusammensetzung von Eisenmeteoriten sichtbar machen. Das dem Hraschina dafür entnommene Teststück von 4,0 cm x 2,5 cm (Abb. 2) befindet sich noch heute im Wiener Museum und ist dort ausgestellt [4].
Aus der Ätzmethode und weiteren Analysen wurde dann die Typisierung möglich, die den Hraschina als einen Oktaedriten mit mittelgroßer Kamacit-Bandbreite von etwa 0,7 mm und aufgrund seines 10-%-Nickel- und 0,4-%-Phosphorgehalts in die Gruppe IID der Eisenmeteoriten-Klassen einordnet. Chemisch-genetisch besteht somit eine Verwandtschaft zu einem der größten bisher bekannten Eisenmeteoriten, dem Cape York, von dem ein 31 Tonnen schweres Stück sich seit über hundert Jahren im American Museum of Natural History von New York befindet, nachdem es von seinem küstennahen Fallort in Grönland per Schiff nach Amerika verfrachtet worden war.
Bleibt noch anzumerken, dass Oktaedrite unter den Eisenmeteoriten am häufigsten vertreten sind und aus einer NickelEisen-Legierung bestehen, die nach den Flächen eines Achtecks angeordnet ist.

Das etwa 4-7,5 % Nickel enthaltende Mineral Kamacit bildet beim Anätzen balkenähnliche Linien (es wird daher auch ,,Balkeneisen" genannt), die von Taenitbändern (Taenit = Eisenvarietät mit 3050 % Nickel) eingefasst sind, während Plessit die Zwischenräume füllt. Oktaedrite sind das Ergebnis extrem langwieriger Entmischungsvorgänge und auf künstlichen Wege deshalb nicht herstellbar.
135 Jahre nach dem Hraschina und 8.500 km weiter westlich: Cabin Creek Im US-Staat Arkansas fiel am helllichten Nachmittag des 27. März 1886 unter all den üblichen Effekten fallender Meteorite, also besonders einer hellen Leucht- und dann Rauchspur am Himmel und Geräuschen wie Zischen und Knattern, ein Stück Eisen fast senkrecht auf die Erde und bohrte sich fast 1 m in diese. Zahlreiche Leute hatten diese Erscheinungen beobachtet und so war man relativ schnell an der Fallstelle, wo Mr. und Mrs. Shandy die noch warme Eisenmasse ausgruben. Sie konnten offenbar keinen besonderen Gefallen daran finden und verkauften das gute, fast zentnerschwere Stück weiter. Nach weiterem Besitzwechsel geriet der Meteorit schließlich an den New Yorker (auch Himmels-) Steinesammler bzw. Mineralogen Kunz, der ihn fotografierte und beschrieb. Dieser verkaufte seine Meteoriten-Kollektion (91 Einzelstücke) um 1890 an das Naturhistorische Hofmuseum in Wien, wie das NHM damals hieß, das somit unter vielen andern auch ein weiteres eindrucksvolles und schwergewichtiges Exemplar eines Oktaedriten seiner Sammlung hinzufügte.
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Geschichte

Seine Kamacit-,,Balken"-Breite beträgt etwa 1,1 mm und er enthält 8 % Nickel und 0,3 % Phosphor, was also auch eine enge ,,innere" Verwandtschaft mit dem Hraschina erkennen lässt. Die Form ist dem ,,Bruder" recht ähnlich, nur etwas rundlicher, an einen Schildkrötenpanzer erinnernd. Diese eigenartigen Fladenformen mit den Abschmelzstrukturen auf der Vorderseite können nach heutigem Wissen nur entstehen, wenn die Lage der Meteoroiden bei ihrer Passage durch die Atmosphäre relativ stabil bleibt, was offenbar nicht so häufig vorkommt. Steinmeteoriten sehen ja oft recht kartoffelähnlich aus und haben nur in seltenen Fällen eine flugorientierte Kegelform, schon weil sie eher auseinanderbrechen als Eisenmeteoriten.
Fest steht jedenfalls, dass diese himmlischen Erbstücke einer Betrachtung ihrer irdischen Geschichte besonders wert sind und das Wort Alexander von Humboldts auf sie in hohem Maße zutrifft: ,,Wir erhalten durch einen Meteoriten die einzig mögliche Berührung von etwas, das unserem Planeten fremd ist. Gewöhnt, al-

les nichttellurische nur durch Messung, durch Rechnung, durch Vernunftschlüsse zu kennen, sind wir erstaunt, zu betasten, zu wiegen, zu zersetzen, was der Außenwelt angehört." [5]
Und besonders praktisch: Dieses Material kam und kommt quasi per Himmelspost immer wieder einmal zu uns direkt auf die Erde und muss nicht erst mit hohem Aufwand aus dem All geholt werden ...
Quellenangaben: [1] Das Foto wurde freundlicherweise
vom Naturhistorischen Museum Wien zur Verfügung gestellt und vom Autor bearbeitet (Hintergund teilweise entfernt und Beschriftung eingefügt). [2] V. F. Buchwald, 1975: "Handbook of Iron Meteorites", Vol. 2, 359-362 (Cabin Creek) u. 664-668 (Hraschina), digitalisiert in: http:// evols.library.manoa.hawaii.edu/ handle/10524/35683. (Nov. 2014) [3] W. Haidinger, 1859: ,,Der Meteoreisenfall von Hraschina bei Agram

am 26. Mai 1751", aus: Sitzungsber. Akad. Wiss. math.-naturw. Kl. Wien XXXV, No. 11, 361-388 u. W. Haidinger, 1860: ,,Eine dritte Urkunde über den Meteoreisenfall von Hraschina bei Agram", aus: Sitzungsber. Akad. Wiss. math.naturw. Kl. Wien XXIX, No. 6, 519-525 Beide Dokumente als sehr lesenswerte Digitalisate unter: www.landesmuseum.at/pdf_frei_ remote/SBAWW_35_0361-0388. pdf (Nov. 2014, 714 KB) www.landesmuseum.at/pdf_frei_ remote/SBAWW_39_0519-0525.pdf (Nov. 2014, 2 MB) [4] Foto vom 10.04.2010 unter GNULizenz für freie Dokumentation aus: http://commons.wikimedia.org/wiki/ File:Hraschina_meteorite,_etched_ slice,_Naturhistorisches_Museum_ Wien.jpg?uselang=de, An diesem Stück wurden die WidmanstättenStrukturen entdeckt. NHM Wien [5] A. v. Humboldt, 1845: Kosmos, Bd. 1, Cotta, 142

Atlas Coelestis
von Johann Gabriel Doppelmayr, Nürnberg 1742
Originalgetreues Faksimile in limitierter Auflage von 399 Exemplaren, Albireo-Verlag, Köln 2014, ISBN: 978-3-9816040-1-6, 160 Seiten, 198,- EUR
Nun also der zweite Streich aus dem Albireo-Verlag, Köln. Nach der überzeugenden Publikation des Goldbach-Atlas (siehe meine Rezension in VdS-Journal für Astronomie 50) im Jahr 2013 folgt nur ein Jahr später der ,,Doppelmayr". Wieder ein originalgetreues Faksimile in hervorragender, historischer Ausstattung. Das Buch ist komplett im Vierfarbdruck erstellt und enthält 30 doppelseitige Tafeln, die das astronomische und kosmografische Wissen des frühen 18. Jahrhunderts dokumentieren.

Gezeigt werden u. a. Sonnen- und Planetensysteme (Kopernikus, Tycho), die Planeten und ihre Bahnbewegungen (inkl. Transite, Oberflächen, Monde und Phasen), eine Mond- und Weltkarte, Sternkarten beider Hemisphären sowie ein Sternverzeichnis mit Helligkeiten und
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Jugendarbeit

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Positionen (leider ohne Bayer-Bezeichnungen). Der Titel ,,Atlas" ist also ziemlich untertrieben.
Klappt man den eher unscheinbaren, braunen Halbledereinband auf, so kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus - nicht nur, was das damalige Wissen und dessen anschauliche Darstellung betrifft. Vor allem fasziniert die gelungene Reproduktion des Werks durch den Verlag. Man fühlt sich - wie schon beim ,,Goldbach" - in die Vergangenheit zurückversetzt. Jede Doppelseite ist ein neues Erlebnis. Das prunkvolle Werk ist allerdings nichts für schmächtige Unterlagen oder Buchregale von IKEA, ist es doch 1,5 kg schwer und mehr als einen halben Meter hoch (55 cm x 32 cm). Sich gemütlich hinsetzen und blättern geht

also nicht. Auch der Paketzusteller wird seine Mühe haben.
Neben der Größe hat der Leser noch ein zweites ,,Problem": das Lesen selbst, denn der gesamte Text ist in Latein geschrieben. Hier gibt es nur zwei Lösungen: Entweder man besitzt das große Latinum oder man legt sein Smartphone neben das Buch und gibt den Text in den Google-Latein-Übersetzer ein. Wem das zu mühsam ist, der sollte sich einfach an den beeindruckenden Farbdarstellungen erfreuen. Wer etwas mit der Geschichte der Astronomie vertraut ist, wird vieles auch ohne den Text verstehen. Man fühlt sich dabei an die legendäre AstronomieDoppelseite am Ende des Diercke-Schulatlas erinnert. Es ist eben quasi das Original von 1742 - ein prachtvolles Beispiel

barocker Buchkunst. Johann Gabriel Doppelmayr (1677-1750) schuf es in seinen letzten Lebensjahren. Der bekannte Astronom, Mathematiker und Kartograf wurde 1710 Direktor der Eimmart-Sternwarte in Nürnberg.
Fazit: Das Werk ist jedem historisch interessierten Liebhaber der Astronomie wärmstens zu empfehlen. Es ist seinen hohen Preis wert. Hat man diesen Schatz gekauft, ist man stolzer Besitzer eines Einzelstücks: Jeder Atlas hat eine eigene Nummer (1 bis 399). Mein Exemplar ist das Einhundertzweiundzwanzigste - handgeschrieben auf der letzten Seite. Man darf auf den dritten Streich des Albireo-Verlags gespannt sein!
Wolfgang Steinicke

Unter dem Himmel der Rhön
- das Astronomische Sommerlager 2014
von Laura Schwarzbach

Das Astronomische Sommerlager (ASL) bringt seit 15 Jahren astronomiebegeisterte Jugendliche im Alter zwischen 14 und 24 Jahren zusammen, die aus allen Ecken Deutschlands sowie aus Österreich und der Schweiz oder sogar aus Belgien und Spanien stammen. 2014 fand es vom 9. bis zum 23. August statt. Dazu trafen sich 70 Teilnehmer im Schullandheim Bauersberg in Bischofsheim a. d. Rhön; ein Teilnehmer-Rekord in der 15-jährigen Geschichte des Camps. Dazu gesellten sich elf Leiter: Organisatoren, AGBetreuer und Ansprechpartner aller Art.
Die Leiter waren früher auch selbst Teilnehmer. Jetzt engagieren sie sich ehrenamtlich und sorgen dafür, ein schönes, in Erinnerung bleibendes Camp für alle zu organisieren und durchzuführen. Vor allem dem Orga-Team, bestehend aus Aliona Solomonova, Robin Riesner und Sven Brauch, war der reibungslose Ablauf dieses gelungenen Sommerlagers 2014 zu verdanken. Veranstalter des Camps war wie bisher die Vereinigung für Jugendarbeit in der Astronomie (VEGA e.V.), die aus der Fachgruppe Jugendarbeit der VdS hervorgegangen ist.

1 Start des Wetterballons
Erstmals trafen sich im Jahr 1999 Jugendliche aus dem deutschsprachigen Raum in Violau, um gemeinsam die totale Sonnenfinsternis zu bestaunen. Seit dem wurde, auch ohne Sonnenfinster-

nis, die Idee eines Astro-Sommercamps beibehalten. Im Laufe der Jahre gab es immer wieder einen Wechsel der Orte und Herbergen. Für Herbergsvater Dieter Köstler war es 2014 aber bereits das 5. Mal, dass das Camp bei ihm im Schullandheim in Bischofsheim veranstaltet wurde. Bei der Wahl der Herberge wird sowohl auf die Erreichbarkeit, möglichst zentrale Lage innerhalb Deutschlands, vor allem aber auf die Gegebenheiten der Herberge und Umgebung geachtet. So stellt der Sternenpark Rhön optimale Bedingungen bereit, den Nachthimmel zu beobachten.
Neben den nächtlichen Beobachtungen bieten die Camp-Tage ein abwechslungsreiches Programm für alle Teilnehmer. Der erste Punkt auf der Tagesordnung eines gewöhnlichen ASL-Tages ist natürlich das Frühstück. Ab 10 Uhr folgen Workshops. Einige davon werden über mehrere Tage angeboten, z. B. der Bau von Raketen oder der Film-Workshop. Andere Workshops werden von den Teilnehmern selbst bzw. von eingeladenen Referenten angeboten, z. B. zur Infrarotastronomie oder zur speziellen Relativitätstheorie.
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Jugendarbeit

2 Auf dem Weg zum Kreuzberg - natürlich in den grünen Camp-Shirts!

Auch 2014 entstanden im genannten Raketen-Workshop wieder eine Menge Flugobjekte. Die Palette an Raketen reichte dabei von handelsüblichen Getränkeflaschen, die durch Wasser-Druckluft angetrieben werden, bis hin zu 1,20 Meter großen Feststoffraketen. Die Starts finden an verschiedenen Tagen im Laufe des Camps statt. Die etwa 100 Meter hoch fliegenden Raketen begeistern die Teilnehmer immer wieder.
Nach dem Mittagessen finden die AGs statt, der Hauptbestandteil des ASLs. Die Teilnehmer suchen sich für das Camp zwei Arbeitsgemeinschaften aus, in denen Themen der Astronomie behandelt werden. Die AG-Zeit von 3 Stunden an 5 Tagen dient dazu, sich intensiv mit selbst gewählten Themen beschäftigen zu können. Das vielseitige AG-Angebot umfasst dabei theoretische sowie praktische AGs. 2014 bestand das AG-Angebot aus aktuellen Themen der Astronomie, Astrobiologie, Astrofotografie, Atmosphäre, Bahnmechanik, Computersimulationen in der Astronomie, Exoplaneten, Kosmologie, Kulturgeschichte der Astronomie, Radioastronomie, Raumfahrt, Raumfahrtbiologie, Relativitätstheorie und Robotik. Am Ende einer AG-Woche präsentieren die Teilnehmer ihre Ergebnisse im Rahmen eines Vortrages voreinander. Damit bekommen die Teilnehmer einen Einblick in alle AGs.
Ab 16:30 Uhr finden entweder Seminare oder das ,,Nicht-astronomische Programm" statt. Als Seminare werden Mathekurse angeboten. Diese sollen vor allem den Teilnehmern mathelastiger AGs helfen, die Grundlagen der Vektor-, Integral- und Differenzialrechnung kennen und verstehen zu lernen. Im ,,Nichtastronomischen Programm" steht vor allem, wie eigentlich auch überall sonst, der Spaß im Vordergrund. So gibt es beispielsweise Turniere in Ultimate-Frisbee
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oder Volleyball. Im 2014er-Camp wurde sogar eine Wasserrutsche gebaut. Trotz der kühlen Temperaturen von maximal 20 Grad C erfreuten sich die Teilnehmer daran und nutzten die auf einem Hang befestigte Plane ausgiebig. Höhepunkt des ,,Nicht-astronomischen Programms" stellt für die meisten Teilnehmer das ,,Construction Game" dar. In diesem Spiel geht es darum, im Team mithilfe vorgegebener Materialien ein Gebilde herzustellen, welches den vorgegebenen Forderungen am besten genügt. 2014 sollten die Teilnehmer eine Möglichkeit finden, rohe Eier sicher und bruchfrei auf dem Boden aufzufangen. Die Schwierigkeit bestand in der Tatsache, dass die Fallhöhe immer weiter zunahm. In den meisten Fällen glückte das Vorhaben, sehr zur Freude des Aufräum-Teams. Am Ende gab es sogar zwei Teams, die sich den Sieg teilten.
Nach dem Abendessen fanden diesmal meistens die Proben des ASL-Chores statt. Es konnten erneut viele Songs einstudiert werden, welche am letzten Abend präsentiert wurden, z. B. Uptown Girl von Billy Joel. Im Anschluss setzte sich der ASL-Tag mit Vorträgen, Seminaren oder einfach nur gemütlichem Zusammensitzen fort. Für die Vorträge werden jedes Jahr Referenten aus der Forschung eingeladen. So durften wir im ASL 2014 beispielsweise Andreas Stamminger vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und Carolin Liefke vom Haus der Astronomie in Heidelberg begrüßen. Sie referierten über eine mobile Raketenbasis bzw. über Röntgenastronomie. Als häufiger Gast im ASL brachte Prof. Dierck-Ekkehard Liebscher auch in diesem Jahr den Teilnehmern die Geschichte der Zeit näher.
Nach den Vorträgen nutzten die Teilnehmer natürlich die Zeit bis zum Mitternachtsimbiss, und manchmal weit

darüber hinaus, für Beobachtungen. Natürlich nur, soweit es die Bedingungen zuließen. Zu Beginn des ASLs erschwerte der Vollmond die Sicht auf schwach leuchtende Sternhaufen und Galaxien. Dennoch konnten Satellitenüberflüge und die Sternschnuppen des Perseidenschauers beobachtet werden.
Hatten sich die Bedingungen für Beobachtungen an einigen Abenden als nicht geeignet erwiesen, fanden sich die Teilnehmer entweder bei Gesellschaftsspielen zusammen oder sie arbeiteten an der ASL-Zeitung, wo jeden Tag wichtige und witzige Informationen für alle bekannt gegeben wurden.
Nach der ersten AG-Woche findet üblicherweise der Wandertag statt. Aufgrund des Wetters musste er dieses Jahr allerdings um einen Tag verschoben werden. Das Ziel war dann der nahegelegene Kreuzberg, auf dem die Teilnehmer sowohl die Aussicht auf die Rhön als auch ein Eis genießen konnten.
Herzlicher Dank für die Unterstützung des ASLs gilt allen privaten Spendern, aber auch unseren Sponsoren. Insbesondere möchten wir uns bei der JoachimHerz-Stiftung für ihre großzügige Unterstützung bedanken. Durch die Förderung konnten im ASL 2014 erstmals Stipendien vergeben werden, von denen diejenigen profitieren, für die eine Teilnahme am ASL finanziell nicht oder nur schwierig denkbar wäre. Außerdem konnten wir einen Teil der Fördermittel für ein Wetterballon-Projekt nutzen. Der Ballon startete während der ASL-Zeit und nahm Daten zu den Eigenschaften der Atmosphäre auf. Während der ASL-Zeit konnte allerdings die Box mit den verschiedenen Messinstrumenten und Daten nicht wiedergefunden werden.
Auch 2015 wird es ein ASL geben. Es findet vom 9. bis 23. August in St. Andreasberg im Harz statt. Erstmals wird das Camp an einem Sonntag beginnen. 14 Leiter warteten auf möglichst viele Anmeldungen und freuen sich auf ein schönes Camp. Weitere Informationen können der Homepage www.vega-astro. de/sommerlager entnommen werden.
3 Rechts: Eindrücke aus dem Camp
(Fotos und Gestaltung: Robin Riesner)

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Kleine Planeten

Neues aus der Fachgruppe

Kleine Planeten

von Gerhard Lehmann

Positionen pro Beobachtungsjahr

Die Urlaubszeit im Sommer ist vorüber und bald endet auch wieder die Sommerzeit. Vielleicht haben Sie auf Ihren Himmelsaufnahmen schon Strichspuren heller Kleinplaneten entdeckt. Wenn diese Ihr Interesse geweckt haben, können Sie mit den Beobachtungshinweisen in diesem Journal gezielt solche Beobachtungen durchführen.

Eine Gruppe aus Berufsastronomen und erfahrenen Amateuren, auch aus der FG Kleine Planeten der VdS, beobachtet im Rahmen von TOTAS (Teide Observatory Tenerife Asteroid Survey) [1] seit 2009 (s. Abb.1) erfolgreich Kleinplaneten. In ausgewählten Himmelsfeldern (s. Abb. 2) wurden bis zum Jahr 2014 insgesamt ca. 230.000 Positionen dem MPC (Minor Planet Center) in den USA gemeldet. Erwin Schwab, Mitglied der FG Kleine Planeten der VdS, berichtet in diesem Journal über die Entdeckung des gefährlichen Kleinplaneten 2015 BK515 am gleichen Teleskop auf Teneriffa.

1 Verteilung der von TOTAS dem MPC übermittelten Positionen von
Kleinkörpern im Sonnensystem

Bernhard Häusler, auch Mitglied der FG Kleine Planeten der VdS, kann sich über seine erste Benennung eines von ihm entdeckten Kleinplaneten freuen. Wie es letztendlich dazu kam, dass er seinen Heimatort als (410928) Maidbronn ehren konnte, berichtet er auf den nächsten Seiten.

2 Verteilung der von TOTAS dem MPC übermittelten Positionen von Kleinkörpern
an der scheinbaren Himmelskugel

Wenn Sie dieses VdS-Journal für Astronomie in Ihren Händen halten, ist die 18. Kleinplanetentagung 2015 in der WalterHohmann-Sternwarte in Essen Geschichte. Im nächsten VdS-Journal können Sie dazu einen Tagungsbericht lesen.
Wenn Sie Lust bekommen haben, vielleicht auch einmal Kleinplaneten zu beobachten, dann sind Sie herzlich eingeladen. Als Mitglied in der FG Kleine Planeten werden Sie Gleichgesinnte treffen und von den Erfahrungen der anderen profitieren.
Weblink: [1] http://vmo.estec.esa.int/totas/
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19. Kleinplanetentagung 2016
Die FG Kleine Planeten der VdS lädt recht herzlich ein am
18./19. Juni 2016
zur 19. Kleinplanetentagung in die Archenhold-Sternwarte nach Berlin. Weitere Informationen unter www.kleinplanetenseite.de und im nächsten VdS-Journal für Astronomie.

Hinweise

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Wir begrüßen neue Mitglieder

M.-Nr. Name

Vorname

20582 Kirsch

Norbert

20583 Wolf

Karlheinz

20584 Dornheim

Jörg

20585 Willms

Michael

20587 Günkel

Norbert

20586 Königstedt

Rainer

20609 Herne

Karl-Ludwig

20596 Uhl

Andre

20589 Lins

Rolf

20591 Ilgenstein-Schülken Rüdiger

20607 Sitte

Arnold

20597 Brögeler

Rolf

20610 Reimbold

Floris

20604 Zonta

Albin

20601 Günzel

Bernd

20599 Wieczorek

Markus

20608 Lütkehaus

Martin

20611 Ehlert

Sonja

20588 Staufer

Thomas

20598 Philippi

Carsten

20592 Barth

Jan-Olaf

20614 Fleck

Gerald

20605 Pyka

Werner

20618 Klein

Helmut

20613 Frangesch

Alexander

20606 Engel

Michael

20612 Stumm

Thomas

20552 Wilkening

Niels

20617 Apel

Ingo

20619 Woger

Nicole

20600 Czwalinna

Cindy

20615 Suntinger

Bernhard

20590 Dr. Daumann

Harald

20616 Lohmann

Mark

20620 Vogel

Alfred

20622 Wankerl

Alexander

20625 Zimmermann

Frank-Horst

20595 Merten

Heiko

20603 Meier

Robin

20621 Moellney

Rainer

20624 Hellmann

Christian

20626 Hahner

Frank

20627 Heinen

Guy

20631 Werst

Markus

20629 Reinecke

Werner

20628 Steeds

Udo

20630 Lenz

Stefan

20632 Ahrndt

Jürgen

20593 Viola

Gerrit

Straße Waldbach Str. 39 b Sophie-von-La-Roche-Str. 80 Altremda 1B Großloederstraße 2b Rudloser Str. 59 Robert-Koch-Straße 18 Altstraße 82A Auf der Höll 4 Falkenhainer Weg 88 Kettelbachstraße 7 Hordorfer Weg 39 Freyhaushof 6 Fritz-Erler-Str. 10 Auf Der Forst 14 Ahornstraße 7 Echeloh 29 Wöste 33 Friedhofstraße 1E Angerleiten 16 Röntgenstraße 13 Lise-Meitner-Str. 19 Kirschbäumleboden 26 Uhlandstraße 51 Am Hanfbach 19 Eibenwald 19 Peter-Cathrein-Str. 14 Mühlstraße 9 Jahnstraße 13 Lippermannweg 10 Im Lehen 11 In der Siedlung 6 Johann-Weitzer-Weg 12 Konrad-Reuter-Str. 37 Heesestraße 10 Arndtstraße 49 Sonnenstraße 15 Auf den Hüften 32 Friedrichstraße 129 Herrserheider Str. 70 Josef-Horstmann-Weg 6 Raiffeisenweg 2 Jakobskamp II Rue du Bois 30 Eichendorffstraße 8 Schafgasse 6 Steinstraße 7 Gotenring 8 Auf der Eislage 2 Am Aelkeswald 6

Land
ÖSTERREICH LUXEMBURG

PLZ Ort 65347 Eltville-Hattenheim 56077 Koblenz 07407 Remda-Teichel 51491 Overath 36367 Wartenberg 65462 Gustavsburg 52066 Aachen 35625 Hüttenberg 01773 Altenberg 58339 Breckerfeld 53332 Bornheim 46499 Hamminkeln 61169 Friedberg 45219 Essen 46514 Schermbeck 44149 Dortmund 48291 Telgte 45309 Essen 83362 Surberg 35440 Linden 40591 Düsseldorf 79379 Müllheim 40723 Hilden 53773 Hennef (Sieg) 37120 Bovenden 65520 Bad Camberg 64579 Gernsheim 93105 Tegernheim 45329 Essen 69226 Nußloch 44625 Herne
8041 GRAZ 22393 Hamburg 12169 Berlin 41238 Mönchengladbach 82216 Maisach 31608 Marklohe 57072 Siegen 32107 Bad Salzuflen 59399 Olfen 06317 Seegebiet Mansfelder Land 30539 Hannover
4795 LINGER 67304 Eisenberg 96155 Buttenheim 41334 Nettetal 50679 Köln 49626 Berge-Dalvers 57234 Vilnsdorf

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Kleine Planeten

Der Kleinplanet (410928) Maidbronn
von Bernhard Häusler

Im VdS Journal für Astronomie 33 aus dem Jahr 2010 [1] habe ich bereits ausführlich über die Entdeckung des Kleinplaneten 2009 ST242 berichtet. Endlich ging letzten Herbst der Traum in Erfüllung und dem Objekt 2009 ST242 wurde die Nummer 410928 zugeteilt und gleichzeitig meiner Station B82 Maidbronn die Entdeckung offiziell zugeschrieben. Darüber hinaus wurde meinem Vorschlag entsprochen, das Objekt ,,Maidbronn" zu benennen. Der Entdeckungsort Maidbronn bei Würzburg und als Nebeneffekt seine Station B82 Maidbronn sind nunmehr dauerhaft im Weltraum präsent.

Heute möchte ich weniger auf die technischen Details der Entdeckung eingehen, sondern über den Weg berichten, der schließlich zu meiner ersten Entdeckung eines Objektes im Sonnensystem führte. Meine Leidenschaft für den Sternhimmel begann, wie wohl bei den meisten Lesern hier, in der frühen Kindheit. Als ich 4 Jahre alt war, erfuhr mein Vater im Jahr 1961 aus der Zeitung von einem Überflug eines Sputniks über unsere Heimat und als da tatsächlich ein sich langsam bewegendes Pünktchen am Abendhimmel an uns vorüber zog, war ich infiziert. Mit 13 Jahren durfte ich dann mit mühsam gespartem Geld endlich mein erstes Quelleteleskop kaufen und die Reise ins Weltall begann. Es gibt wohl so viele Vorlieben für die verschiedenen Himmelsobjekte wie es Sternfreunde gibt.
Meine entwickelte sich schon bald in den Bereich der bewegten Objekte und dabei besonders in Richtung Kometen und Asteroiden. Aber erst die Anschaffung eines etwas größeren Teleskops, eines 12-zölligen LX200 SCT von Meade im Jahr 1993 ermöglichte mir den dauerhaften Zugang zu diesen Objekten, die ich seitdem mit eigenen Augen beobachten konnte. Gleichzeitig lernte ich auf Teleskoptreffen in Österreich den einen oder anderen Sternfreund kennen, mit denen ich mein Hobby und meine Begeisterung teilen konnte. Ohne diese persönlichen Kontakte und die Tipps so manch eines geschätzten Sternfreundes aus Europa, USA und aus den VdS-Fachgruppen Kometen und Kleinplaneten wäre es mir
VdS-Journal Nr. 55

1 Die Balkonsternwarte von der Station B82 Maidbronn

kaum möglich gewesen, die Anforderungen an die Fotografie und das Vermessen von Kometen und Asteroiden zu bewerkstelligen. Mein besonderer Dank gilt dabei auch Gerhard Lehmann von der Fachgruppe Kleinplaneten, der mir bei meinen Asteroidenentdeckungen sehr wohlwollend und mit manch wertvollem Rat zur Seite stand.
Nach Ablichtungen der Kometen HaleBopp und Hyakutake noch mit Filmmaterial begann meine eigentliche Reise zur Fotografie von Kometen und Asteroiden mit der Anschaffung einer ST8-CCDKamera von SBIG. Die ersten ernsthaften Versuche der CCD-Fotografie startete ich dann während des Teleskoptreffens auf der Emberger Alm in Kärnten im Jahre 1998. Doch das Fieber der Jagd nach neuen Objekten hat sich bei mir bereits im Oktober 1997 eingestellt, als ich feststellen musste, dass mir und allen ca. 200 Teilnehmern des Teleskoptreffens auf der Emberger Alm im September des gleichen Jahres ein visuell ca. 10 mag heller Komet nicht aufgefallen war, der direkt über unseren Köpfen seine langsame Bahn zog. So war es Syogo Utsunomiya, der das Objekt von Japan aus Anfang Oktober 1997 visuell entdeckte, das dann auch seinen Namen trug, C/1997 T1 (Utsunomiya).

Wenn das Entdecken von Objekten in unseren Breiten nur einfacher wäre. Der oftmals bedeckte Himmel, der die Anzahl der Beobachtungstage sehr einschränkt, verbunden mit ständig wechselnden Transparenzbedingungen und störendem Mondlicht macht die Suche nach neuen Objekten in unseren Regionen nicht leicht. Die sich bietenden Alternativen der Nutzung von Remote-Teleskopen in trockeneren Gebieten sind nicht wirklich prickelnd und deren Nutzung aus der Sicht eines Kometen- und Asteroidenbeobachters alles andere als preiswert. Mein Entdeckerfeeling wird genährt durch die Herausforderungen, die mir mein eigenes Instrumentarium auferlegt. Objekte möchte ich mit eigener Hand entdecken, und wenn es hilft oder aufgrund der Wetterbedingungen notwendig ist, dann bitte ich Sternfreunde um Bestätigungsaufnahmen oder benutze dafür auch mal ein Remote-Teleskop. Diese Art der Hilfestellung beruht selbstverständlich auf Gegenseitigkeit.
So ähnlich geschah die Entdeckung dann auch mit dem durchschnittlich ca. 1,7 km großen und ca. 9 Milliarden Tonnen schweren Asteroiden Maidbronn im Jahr 2009, der sich mit fast genau 5-jähriger Umlaufzeit als kartoffelförmiger Felsbrocken durch den Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter bewegt. Tim Spahr,

Kleine Planeten

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der damalige Direktor des Minor Planet Centers, hatte mir ein Jahr zuvor die Stationsnummer B82 Maidbronn zugeteilt. Die Einsendung einiger brauchbarer Messungen von Kometen und Asteroiden waren notwendig, um Tim von der Qualität der Balkonstation zu überzeugen - es handelt sich ja nicht um eine klassische Sternwarte. Aber mit einer Stationsnummer erhält man auf exzellente Art und Weise den Zugang zu Informationen auf den MPC-Seiten im Internet, welche man für das Vermessen bewegter Objekte an seinem Standort benötigt. Und man gehört mit seiner Stationsnummer zu dem Kreis aller Beobachtungsstationen weltweit dazu und kann so auf sehr einfache Weise seine Messungen an das MPC weiterreichen oder deren Qualität beurteilen. Der eine oder andere Leser möchte meinen, dass die Beschäftigung mit der Beobachtung und dem Vermessen von bewegten Objekten schon ein hoher Spezialisierungsgrad sei. Doch auch auf diesem Gebiet gibt es unterschiedliche Vorlieben und Schwerpunkte. Eine Amateurstation sendet fast ausschließlich Kometenbeobachtungen ein, eine andere spezialisiert sich auf ,,follow-up"Beobachtungen von gerade entdeckten erdnahen oder besonderen Objekten, den sogenannten NEO's. Ganz zu schweigen von der kleinen, aber überaus bedeutenden Gruppe von professionellen Beobachtungsstationen wie F51 Pan-STARRS, G96 Mount Lemmon Survey oder 691 Steward Observatory, Kitt Peak-Spacewatch, welche auf die Entdeckung neuer Objekte spezialisiert sind und nunmehr über 99 % aller Beobachtungen und Entdeckungen für sich verbuchen können.
Die Details der Entdeckung des Asteroiden 2009 ST242 alias (410928) Maidbronn habe ich ausführlich im VdSJournal für Astronomie 33 im Jahr 2010 beschrieben und bitte den interessierten Leser dort um Einsichtnahme. Nochmals herzlichen Dank auch für die ,,followup"-Messungen von Josep M. Bosch (B74) und Antonio G. Sanchez (B37) aus Spanien, die das Objekt in der Folgezeit beobachteten. Hier erwähnen möchte ich allerdings, dass der Entdeckung dieses und einiger weiterer Asteroiden in den Jahren 2011 und 2012 glückliche Umstände vorausgingen, die eher außergewöhnlich waren. Sowohl das 12-Zoll-Meade als auch die verwendete

2 Schematische Darstellung der Umlaufbahn des Asteroiden Maidbronn

3 Komposit aus den Entdeckungsaufnahmen

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Kleine Planeten

CCD-Kamera ST-10XME waren vor meiner ersten Asteroidenentdeckung mehrfach defekt und mussten wieder instandgesetzt werden. Die Kamera erlitt einmal einen Spannungsschaden und war insgesamt zweimal in den USA zur Reparatur. Das schwere Teleskop flog 2003 während eines Gewittersturms förmlich wie ein Vogel über das Brüstungsgeländer meines Balkons, überschlug sich dabei und landete drei Meter tiefer kopfüber in einem Busch, aus dem es sich wieder aufrichtete und letztendlich auf dem Dreibein und auf dem weichen Grasboden stehenblieb. Nur das Dreibeinstativ und der Busch waren verformt, alles andere blieb ohne einen Kratzer heil. Außerdem zerstörte eines Tages ein ,,run-away"-Fehler, ein Ausbrechen des Deklinationsmotors mit anschließendem Festfressen des Tubus an der Montierung Teile der Steuerungsund Hauptplatine des Teleskops, und in Ermangelung einer externen Reparaturmöglichkeit blieb mir nichts anderes übrig, als mit der Hilfe des Sternfreunds und Elektronikspezialisten Alan Sickling aus England über E-Mail-Kommunikation die defekten Platinen aus dem Jahr 1993 mittels ein paar Überbrückungsdrähten und Ersatzchips eigenhändig zu reparieren, was auch glücklicherweise gelang. So konnte ich meine einst teure Ausrüstung über die Jahre mit niedrigen Kosten funktionsfähig halten. Dem Wetter und den Profis zum Trotz gelingt immer wieder die Entdeckung eines Objekts

durch Amateure. Asteroid Maidbronn ist so ein Beispiel, der aus dem Zusammenwirken von Jagdtrieb, Fleiß, Glück, Geschick und Hartnäckigkeit seinen Entdecker letztendlich gefunden hat. Die Frage nach dem Lohn stellt sich natürlich nicht monetär, denn kaufen kann man sich nichts von einer Entdeckung am Sternhimmel. Dennoch hat mich das große Interesse der Presse, des Rundfunks [2] und des Fernsehens bei mir im Bayernund Frankenland ein wenig überrascht. Und ganz besonders freut mich, dass sich auch die Bürger des Marktes Rimpar, zu dem der Ortsteil Maidbronn gehört, sehr wohlwollend und interessiert zeigen. Es stehen auch nach der Fertigstellung dieses Artikels noch weitere Interviews für die Presse und Vorträge zur Entdeckung des Asteroiden an. Wir werden im Rahmen von Veranstaltungen der Würzburger Sternfreunde auch am Astronomietag 2015 präsent sein, um die Gelegenheit zu nutzen, die Entdeckung des Asteroiden und unsere Begeisterung für die Sterne mit anderen zu teilen.
Abschließend ein paar Worte zur Intention der Namensvergabe. Eine Fernsehreporterin des BR wollte wissen, warum ich nicht den Namen meiner Frau vorgeschlagen habe. Nun, da musste ich schon ein wenig schmunzeln und darüber nachdenken, ob ich da nicht etwas falsch gemacht habe. Den Namen Maidbronn für den Asteroiden finde ich an-

Namensbegründung
(410928) Maidbronn = 2009 ST242, discovered 2009 Sept. 28 by B. Haeusler at Maidbronn. Maidbronn is a small village in northern Bavaria, Germany. The village was first mentioned in 1169, and a Cistercian convent from 1232-1581 has been preserved in parts. The church contains a stone relief of the Lamentation of Christ, an important late work by Tilman Riemenschneider, dated from 1519-1522.
gemessen, weil er sich direkt auf den Ort der Entdeckung bezieht und gerade auch, weil es meine erste Entdeckung war. Ich habe ja noch ein paar weitere Objekte in der Entdeckerpipeline, da muss sich die Familie noch ein wenig gedulden.
Literatur- und Internethinweise: [1] B. Häusler, 2010: ,,Entdeckung von
Kleinplaneten auf B82 Maidbronn", VdS-Journal für Astronomie 33 (II/2010), 38 [2] Hörfunk Interview BR: www.br.de/nachrichten/unterfranken/ inhalt/asteroid-maidbronn-rimpar100.html

Die Entdeckung des gefährlichen Kleinplaneten 2015 BK515

von Erwin Schwab

Am Izaña-Observatorium auf Teneriffa, an der ESA Optical Ground Station (ESA OGS), wird seit 2009 in Zusammenarbeit mit Amateuren nach Kleinplaneten gesucht. Für dieses Projekt der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) zum Aufspüren von Gefahren aus dem Weltraum stehen 4 bis 6 Beobachtungsnächte pro Monat zur Verfügung.
Detlef Koschny, Leiter der Abteilung ,,Erdnahe Objekte" des Space Situational Awareness-Programme (Programm zur Weltraumlageerfassung) der ESA,

hat ein Team aus Berufsastronomen und erfahrenen Amateuren vereint, die die Beobachtungszeit am 1-Meter-Teleskop planen und auswerten.
Da das Teleskop nicht ferngesteuert wird, sind vor Ort die Beobachter Pablo Ruiz oder David Abreu für die Bedienung zur Stelle. Die restlichen Team-Mitglieder sitzen zuhause und teilen sich die Zuständigkeit im Wesentlichen in die folgenden drei Bereiche auf. 1. Das Kleinplaneten-Suchprogramm TO-
TAS (Teide Observatory Tenerife Aste-

roid Survey), welches von den Amateurastronomen Matthias Busch und Rainer Kresken von der StarkenburgSternwarte Heppenheim im Jahr 2009 initiiert wurde. Es werden quadratische Regionen, bestehend aus jeweils 5 x 5 Einzelfeldern, fotografiert und mit einer von Matthias Busch geschriebenen Software ausgewertet. Kleine Bildausschnitte mit möglichen Entdeckungskandidaten werden generiert und über das Internet einer Gruppe von über 40 Amateuren zur Begutachtung bereitgestellt. Diese entscheiden dann durch

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Kleine Planeten

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1 Beispiel einer Ungenauigkeits-Ellipse bei relativ geringem
Bahnfehler. Die Ellipse umfasst über 60 Bogensekunden (grün ist die Bewegungsrichtung des Objekts). Bild generiert mit NEODyS-Service.

2 Beispiel einer Ungenauigkeits-Ellipse, die bei relativ hohem
Bahnfehler zur Linie wird. Die Länge ist über 4 Grad hinaus (grün ist die Bewegungsrichtung des Objekts). Bild generiert mit NEODyS-Service.

Anklicken auf einer Webseite, ob es sich um einen Asteroiden bzw. Kometen oder irgendein Artefakt handelt. Durch diese Himmelsdurchmusterung konnten bereits 12 erdnahe Objekte (NEOs) [1] und zwei Kometen [2, 3, 4] entdeckt werden (Stand: Februar 2015). 2. Für die Nachfolgebeobachtungen von kürzlich entdeckten erdnahen Objekten sind der Amateurastronom Andre Knöfel von der Lindenberg-Sternwarte sowie die ESA-Berufsastronomen Marco Micheli und Detlef Koschny zuständig. 3. Die gezielte Wiederentdeckung gefährlicher Asteroiden wird geplant und ausgewertet vom Amateurastronomen Erwin Schwab, der auch auf der Starkenburg-Sternwarte Heppen-

heim und der Taunus-Sternwarte des Physikalischen Vereins Frankfurt aktiv ist.
Nach der Entdeckung eines mutmaßlich gefährlichen Kleinplaneten ist dessen Bahn meist nur mit sehr geringer Genauigkeit bekannt. Deshalb steigert gerade die Wiederauffindung des Objektes in einer der folgenden Oppositionen die Genauigkeit enorm und verbessert damit signifikant die Vorhersagbarkeit einer möglichen Gefährdung der Erde.
Für eine erfolgreiche Wiederentdeckung muss der Fehler der Bahnbestimmung berücksichtigt werden, welcher sich am Firmament durch eine UngenauigkeitsEllipse um die berechnete Sollposition ,,abzeichnet". Dies führt in der Praxis

dazu, dass bei einem großen Bahnfehler mehrere Gesichtsfelder entlang der Ungenauigkeits-Ellipse fotografiert werden müssen. Je größer die Bahnfehler sind, umso mehr wird aus der UngenauigkeitsEllipse (Abb. 1) eine UngenauigkeitsLinie (Abb. 2), die auch oft als Line-ofVariation (LOV) bezeichnet wird.
Mittels des TOTAS-Suchprogramms wird aufgrund der quadratischen Regionen die Abdeckung einer UngenauigkeitsLinie zeitlich ineffizient, weshalb Erwin Schwab im Jahr 2012 für das gezielte Wiederentdecken die Suche entlang dieser Ungenauigkeits-Linie vorschlug. Denn die z. B. 6 Felder entlang der Ungenauigkeits-Linie anstatt der 36 Felder für eine quadratische Region (Abb. 3) reduzieren den zeitlichen Aufwand be-
Anzeige

VdS-Journal Nr. 55

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Kleine Planeten

der Track-and-Stack-

Methode ausgewertet

wurden. Das gesuch-

te Objekt fand Erwin

Schwab etwa 2 Grad von

der vorhergesagten Po-

sition entfernt [5], was

ungefähr dem vierfa-

chen Durchmesser der

von der Erde aus sicht-

baren Vollmondschei-

be entspricht. Seitdem

3
Vergleich der Felder-Anzahl einer quadratischen Such-

konnten mit dieser Methode über 30 NEOs,

region mit den Suchfeldern entlang der Ungenauigkeits- die meisten davon als

Linie. Bild von Erwin Schwab.

gefährlich für die Erde

eingestuft, sowie die

Kometen P/2003 U3

trächtlich. Die gesparte Zeit kann hinge- (NEAT) [6] und P/1997 T3 (Lagerkvist-

gen genutzt werden, die Einzelaufnah- Carsenty) [7] wiederentdeckt werden.

men länger zu belichten, um wesentlich

lichtschwächere Asteroiden wiederzufin- Am 19. Januar 2015 stand die Wieder-

den. Da ein Survey primär dahingehend entdeckung des NEOs 2013 GD34 auf

optimiert ist, viel Himmelsfläche abzu- dem Plan. Aufgrund des relativ geringen

suchen und nicht dafür gedacht ist, ex- Bahnfehlers war mit hoher Wahrschein-

trem lichtschwache Objekte abzubilden, lichkeit nur ein einziges Gesichtsfeld

ist mit der TOTAS-Software auch kein (47' x 47') nötig. Der Kleinplanet 2013

Track-and-Stack möglich. Für schnelle GD34 konnte knapp am westlichen Rand

und lichtschwache Objekte ist dies aber des fotografierten Feldes aufgefunden

unbedingt nötig.

werden. Eine neue Bahnberechnung, die

eigenen Positionsmessungen einge-

Der erste Erfolg einer gezielten Suche schlossen, zeigte aufgrund der geringen

entlang der Ungenauigkeits-Linie stellte Restfehler, dass es sich auf jeden Fall um

sich bereits am 16. September 2012 mit den gesuchten NEO handelt.

der Wiederentdeckung des Kleinplane-

ten 2008 SE85 ein. Für die Suche nach Beim weiteren routinemäßigen Absuchen

diesem Potentially Hazardous Asteroid der Aufnahme kam noch eine Überra-

(PHA) waren letztendlich 9 Gesichtsfel- schung hinzu. Ebenso am Rand des Ge-

der nötig, die mittels Astrometrica in sichtsfelds, jedoch am dem 2013 GD34

VdS-Journal Nr. 55

4
Gesichtsfeld mit der Soll- (Feldmitte) und Auffindposition (westlicher Rand) der Wiederentdeckung 2013 GD34, sowie die Position der Entdeckung des 2015 BK515 (östlicher Rand). Bild von Erwin Schwab.

gegenüberliegenden östlichen Rand (s. Abb. 4.), war ein weiteres, sich schnell bewegendes Objekt zu sehen (Abb. 5). Die Verblüffung war sehr groß, als für diesen Fund mittels der NEO-Rating-Internetseite eine NEO-Wahrscheinlichkeit von 100 % ermittelt wurde.
Nach Einsenden der Positionsmessungen an das weltweit zuständige Minor Planet Center kam der Neuling sofort unter der vom Beobachter festgelegten Bezeichnung Schw684 auf die NEOBestätigungs-Internetseite (NEO Confirmation Page). In der folgenden Nacht ist es nochmals gelungen, an der ESA OGS den Asteroiden ,,einzufangen", was aufgrund der hohen Sterndichte aber keine einfache Angelegenheit war. Danach war die Beobachtungszeit für diesen Monat vorüber.
Der neue NEO-Kandidat war weiterhin auf der Bestätigungs-Internetseite, aber für eine Weile wollte er von keinem weiteren Observatorium beobachtet werden. Erst über eine Woche später, am 27. Januar, wurde er von einem anderen spanischen Observatorium aufgespürt. Stephan Hellmich und Stefano Mottola (beide DLR, mitfinanziert von der ESA) hatten ihn am 1,2-m-Teleskop auf dem Calar Alto erwischt.
Aber erst nach weiteren 10 Tagen, am 7. Februar, nachdem von Ron Mastaler am 1,8-m-Spacewatch-II-Teleskop Messungen hinzukamen, erschien endlich das ersehnte Entdeckungs-Zirkular [8]. Das elektronische Rundschreiben hat die Bezeichnung ,,MPEC 2015-C21: 2015 BK515". Darin ist unter anderem folgende Zeile zu lesen: ,,PHA, Earth MOID = 0.0471 AU". Die Entdeckung mit der zugeteilten Bezeichnung 2015 BK515 ist also kein ,,stinknormaler" NEO, sondern gehört sogar zu der Klasse der Potentially Hazardous Asteroids (PHA)! Also zu den möglicherweise gefährlichen Asteroiden, die der Erde näher als etwa sieben Millionen Kilometer kommen können und eine bestimmte kritische Größe überschreiten (Absolute Helligkeit < 22 mag); über 1.500 davon sind inzwischen bekannt.
2015 BK515 ist nun der erste als gefährlich eingestufte erdnahe Asteroid, der an ESA's Optical Ground Station entdeckt wurde. Denn die 12 NEO-Funde des TO-

Kleine Planeten

49

5 Entdeckungsfoto vom 19.01.2015. Ausschnittsgröße: 5 x 5 Bogenminuten
vom Gesamtfeld (47 x 47 Bogenminuten). Bild von ESA/Erwin Schwab.

TAS-Suchprogramms fallen nicht in diese Klasse der Potentially Hazardous Asteroids. Davon kam einer zwar der Erde bedenklich nahe, er war aber kleiner als die definierte kritische Größe. Ein wirklich verrückter Zufall, dass ausgerechnet auf einer Einzelaufnahme per manueller Auswertung die erste Entdeckung eines gefährlichen Asteroiden gelang und nicht während der dafür optimierten Himmelsdurchmusterung.

Obwohl als gefährlich eingestuft, wird 2015 BK515 uns jedoch in absehbarer Zeit nicht auf den Kopf fallen. Die engste Annäherung in den kommenden 85 Jahren wird 2066 sein. Dann wird der Brocken mit rund 250 m Durchmesser dennoch in sicherer Distanz von 9 Millionen Kilometern vorbeiziehen und eine scheinbare Helligkeit von 17. Magnitude haben.

Literaturhinweise und Weblinks: [1] TOTAS-Internetseite: http://vmo.
estec.esa.int/totas/mpecs.php [2] U. Pilz, 2014: ,,Suchprogramm TO-
TAS entdeckt den ersten Kometen", VdS-Journal für Astronomie 50, 78 [3] CBET 3800, COMET P/2014 C1 (TOTAS), INTERNATIONAL ASTRONOMICAL UNION, 2014 February 5 [4] CBET 4066, COMET P/2015 C1 (TOTAS-GIBBS), INTERNATIONAL ASTRONOMICAL UNION, 2015 February 17 [5] ESA press release, 2012-Oktober12: www.esa.int/ger/ESA_in_your_ country/Germany/ESA_hilft_bei_ Wiederentdeckung_von_vermisstem_Asteroiden [6] CBET 3887, COMET P/2014 L1 = P/2003 U3 (NEAT), INTERNATIONAL ASTRONOMICAL UNION, 2014 June 2 [7] CBET 3925, COMET P/2014 O2 = P/1997 T3 (Lagerkvist-Carsenty), INTERNATIONAL ASTRONOMICAL UNION, 2014 July 30 [8] Minor Planet Electronic Circulars, MPEC 2015-C21: 2015 BK515, 2015 Feb. 7; www.minorplanetcenter. net/mpec/K15/K15C21.html

Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries

Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiterbewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.
Nicht nur der Frühling, sondern auch der Herbst bietet für die Galaxienfreunde reiche Jagdgründe. Im Sternbild Widder findet man das ungewöhnliche Galaxienpaar Arp 78. Die große Spiralgalaxie

NGC 772 zeigt Wechselwirkungseffekte durch die nahe Begegnung mir ihrer kleinen Begleiterin NGC 770. Der Abstand beider Galaxien beträgt nur 100.000 Lichtjahre. Das führte zu einer Verformung eines Spiralarms in NGC 772. Dort findet nun ein Sternentstehungsausbruch statt. Beides zusammen bedingt das charakteristische Aussehen von NGC 772. Das dynamische Duo ist übrigens ca. 115 Mio. Lichtjahre von uns entfernt. Die asymmetrische Spirale hat die 4,5-fache Leuchtkraft unserer Milchstraße und erscheint daher mit 10,3 mag trotz der großen Entfernung sehr hell. Mit etwas weniger Leuchtkraft wartet hingegen der Kleinplanet (21420) 1998 FL74 auf, der mit ca. 18,4 mag seine

Strichspur bei Arp 78 hinterlassen hat. Für die Deep-Sky-Aufnahme (Abb. 1, [1]) wurden Daten aus mehreren Nächten im Herbst und Winter 2013 verwendet. Die Begegnung zwischen den Galaxien und dem Asteroiden fand am 13. Oktober 2013 statt. Beim Kombinieren so vieler Daten verschwindet die Strichspur. Daher wurde die Aufnahmen der Begegnungsnacht extra gestackt und der Kleinplanet in das Deep-Sky-Bild eingefügt.
Der Asteroid (21420) 1998 FL74 wurde 1998 von Wolf Bickel, einem der erfolgreichsten deutschen Kleinplanetenentdecker, an seiner Kleinplanetenstation ,,621 Bergisch Gladbach" entdeckt. Der Hauptgürtelasteroid ist ca. 5 km groß

VdS-Journal Nr. 55

50

Amateurteleskope / Selbstbau

1 Der Kleinplanet (21420) 1998 FL74 Brenda bei der Spiralgalaxie NGC 770/2. Aufgenommen mit einer AL9-CCD-Kamera und einem
18-zölligen Newton bei f/4,5 von Stefan Heutz und Wolfgang Ries. Bildorientierung: Norden links und Osten unten.

und braucht für einen Umlauf um die Sonne ca. 3,45 Jahre. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war er rund 195 Mio. km von der Erde entfernt.
Kosmische Begegnungen finden täglich statt. Die nachfolgende Tabelle 1 enthält eine kleine Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten, die von uns erstellt wurden. Damit soll Ihnen der Weg zum persönlichen Bild einer kosmischen Begegnung erleichtert werden. Eine Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren, finden Sie auf der Homepage von Klaus

Hohmann [2]. Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit, verschiedene Parameter wie die Helligkeit des Deep-SkyObjektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selbst auszuwählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden.
Wir möchten Sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS bitten, Ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals für Astronomie mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die Bilder per

Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an diriesw@aon.at. Bitte vergessen Sie nicht, das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.
Weblinks: [1] http://astro-kooperation.com/
?attachment_id=1488 [2] http://astrofotografie.hohmann-edv.
de/aufnahmen/kosmische. begegnungen.aufnahmen.php

Tabelle 1: Interessante Begegnungen von Kleinplaneten mit Deep-Sky-Objekten

Datum 11.10.2015 13.10.2015 14.11.2015 20.11.2015 11.12.2015 11.12.2015

Uhrzeit 21:00 21:00 22:00 24:00 20:00 24:00

Kleinplanet

mag

(232) Russia

14,8

(5069) Tokeidai

15,6

(1329) Eliane

14,9

(747) Winchester

9,5

(39) Laetitia

10,1

(225) Henrietta

14,7

Objekt

Art

mag

NGC 7606

Gx

10,8

NGC 488

Gx

10,4

NGC 1035

Gx

12,2

M 42

GN

3,7

M 77

Gx

8,9

NGC 2024

GN

7,5

Abstand 6' 7' 5' 1'
12' 1'

Abkürzungen: Gx = Galaxie, GN = Galaktischer Nebel.

VdS-Journal Nr. 55

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52

Kometen

Kometenaufnahmen von Gerald Rhemann
zusammengestellt von Peter Riepe
Im August 2014 gelangen Gerald Rhemann einige beeindruckende Kometenaufnahmen. Zunächst entstand am 3. August um 02:53 Uhr UT auf Farm Tivoli in Namibia ein Bild des Kometen C/2013 A1 Siding Spring bei NGC 1291 (Abb. 1). Teleskop war ein 12-Zoll-Astrograf (ASA) 1:3,6 in Kombination mit einer CCD-Kamera FLI ML 8300. Das LRGBBild wurde mit 15/9/9/9 min belichtet.
Komet C/2014 E2 Jacques wurde am 4. August 2014 um 03:25 Uhr UT am selben Ort aufgenommen (Abb. 2). Der Gasschweif ist gegabelt, die Koma leuchtet grün. Teleskop, Kamera und Belichtung wie für Abbildung 1, jedoch war die Luminanzbelichtung drei Minuten länger. Am 17. August 2014 entstand um 22:05 Uhr UT ein weiteres Bild des Kometen C/2014 E2 Jacques (Abb. 3). Die Erscheinungsform des Kometen ist im Wesentlichen so wie in der Abbildung 2. Aufnahmeort war Eichgraben in Niederösterreich. Mit dem 12-Zoll-Astrografen (ASA) und einer CCD-Kamera FLI PL 16803 wurde das LRGB-Bild 24/12/12/12 min belichtet.
Und nochmals Komet C/2014 E2 Jacques, diesmal am 19. August um 23:31 Uhr UT bei der großen HII-Region IC 1805/1848 in der Cassiopeia (Abb. 4). Hier erkennt man den Schweif dreifach. Das LHRGBBild entstand in der Nähe von Zwettl in Niederösterreich. Diesmal wurde ein 8-Zoll-Astrograf (ASA) 1:2,8 eingesetzt. Mit der CCD-Kamera FLI PL 16803 wurde 12/4/4/8/12 min belichtet.
1
Oben: Komet C/2013 A1 Siding Spring bei NGC 1291, 03.08.2014, 02:53 UT
2
Unten: Komet C/2014 E2 Jacques, 04.08.2014, 03:25 UT
VdS-Journal Nr. 55

3
Komet C/2014 E2 Jacques, 17.08.2014, 22:05 UT
4
Komet C/2014 E2 Jacques bei IC 1805/1848, 19.08.2014, 23:31 UT
VdS-Journal Nr. 55

54

Kometen

Die Entwicklung des Kometen C/2014 Q2 (Lovejoy) nach dem Perihel

von Uwe Pilz

Der Komet Lovejoy durchlief sein Perihel am 30. Januar 2015. Zu dieser Zeit war die Helligkeit gegenüber den Anfang Januar erreichten Maximalwerten (4 mag) wieder gesunken, der Komet zeigte etwas mehr als 5 mag. Dieses Absinken wurde durch die gewachsene Erdentfernung hervorgerufen. In der Phase dieses geozentrischen Helligkeitsabfalls blieb ein Helligkeitsausbruch um das Perihel herum nahezu unbemerkt; die Beobachter registrierten lediglich einen langsameren Helligkeitsrückgang als erwartet. In Wirklichkeit - von einer konstanten Betrachtungsentfernung gesehen - war dieser Ausbruch deutlich (Abb. 1). Das Geschehen begann kurz vor dem Perihel und setzte sich noch einige Zeit nach dem Perihel fort. Insgesamt gewann der Komet dabei mehr als eine halbe Größenklasse. Eine Analyse der Gas- und Staubentwicklung zeigt, dass dieses Ereignis vor allem durch eine vermehrte Staubentwicklung hervorgerufen wurde (Abb. 2). Dieser Vorgang lässt sich auch anhand von Fotos nachvollziehen.

Im Bildarchiv der

Fachgruppe fand ich

zwei Aufnahmen

von Frank Wächter,

welche mit identi-

scher Ausrüstung

den Kometen genau

zum Perihel und

einige Tage später

zeigen. Die Aufnah-

me vom 4. Februar

zeigt einen brei-

teren Schweif mit

mehreren Schweif-

strahlen und einen

Staubschweif-An-

satz nahe der Koma

(Abb. 3).

1 Heliozentrische Helligkeitsentwicklung um das Perihel herum

In Abbildung 2 ist

auch zu erkennen,

dass der Aktivitätsparameter nach dem diese Situation geozentrisch. Rechne-

Perihel erheblich geringer ist als vor dem risch ergibt sich ein Aktivitätsparameter

Perihel. Dies bedeutet, dass der Komet von n = 9,14 vor der Sonnennähe und n

viel langsamer an Helligkeit verlor als = 1,89 danach. Der Zeitraum des Hellig-

erwartet. Die Abbildung 4 verdeutlicht keitssprungs wurde für diese Berechnung

ausgelassen.

Ein Helligkeitsparameter von fast 10 deutet auf einen Kometen hin, der schon einen oder mehrere Umläufe um die Sonne hinter sich hat. Der Eiskern ist dann von einer dicken Staubschicht bedeckt, welche von der Sonnenstrahlung nur langsam durchdrungen wird. Eine Ausgasung findet zunächst nur durch Risse und Spalten der Staubschicht statt. Je mehr sich ein solcher Schweifstern der Sonne nähert, umso größer wird die Anzahl an Stellen, an denen die Staubschicht aufgebrochen wird, und die Aktivität erhöht sich stark. Diese Vorstellung wird durch die Bahnparameter gestützt: Die Umlaufzeit bei Eintritt in den sonnennahen Raum wurde mit ca. 11.500 Jahren berechnet. Es ist damit wahrscheinlich, das Lovejoy bereits wenigstens einen Umlauf hinter sich hat.

2 Gas- und Staubproduktion
VdS-Journal Nr. 55

Noch interessanter ist die Entwicklung nach dem Perihel. Eine Aktivität von n=2 gilt für Asteroiden, ohne jede Gasentwicklung: Die Helligkeitsveränderung

Amateurteleskope / Selbstbau

55

3 Schweifstruktur vor und nach dem Perihel-Ausbruch, links: 30. Januar 2015, rechts: 4. Februar 2015, 66-mm-Refraktor, Belichtungszeit
ca. 10 Minuten auf Nikon-D5100-Digitalkamera (Frank Wächter)

wird dort ausschließlich durch die sich mit dem Sonnenabstand vermindernde Beleuchtung hervorgerufen. Die Helligkeit des Kometen Lovejoy nahm sogar noch etwas langsamer ab. Das bedeutet, dass die Gasentwicklung trotz größeren Sonnenabstandes weiter zunahm, zumindest im betrachteten Zeitraum (bis in den April hinein). Dieser Effekt wurde aufgrund von visuellen Beobachtungen belegt!
Volker Kasten machte mich auf eine weitere Ungewöhnlichkeit aufmerksam: Der Gasschweif ist normalerweise genau von der Sonne weggerichtet. Bei Lovejoy ist hiervon eine systematische Abweichung zu beobachten (Tab. 1). Dies war mir bei meinen Schweifmessungen auch aufgefallen, ich hatte jedoch nicht generell danach gesucht. Die beobachteten Posi-

4
Helligkeitsentwicklung vor und nach dem Perihel (geozentrisch)
tionswinkel waren deutlich höher als die berechneten.
Ein solcher Effekt wurde bereits 1943 von Cuno Hoffmeister beobachtet. Ludwig Biermann erkannte als Ursache die Wechselwirkung zwischen den Ionen des Schweifs und dem Sonnenwind. 1981 schrieb er in einer Rückschau auf sein Wirken: ,,Die infragekommenden Winkel betrugen nur einige Grade, und Hoffmeister beobachtete, daß die Plasmaschweife im Sinne der Bahnbewegung des Kometen um die Sonne immer etwas zurückblieben. Ferner war der Winkel umso größer, je größer die zum Radiusvektor senkrechte Komponente der Bahnbewegung war ... Die eben von Hoffmeister entdeckten Gesetzmäßigkeiten stützten diese Vermutung vollkommen, insofern der beobachtete Winkel sich nach der Art

der Aberration der Lichter der Sterne ... erklären ließ. Ein Winkel von knapp 3 Grad (1/20 Radian) bedeutet dann, dass die Strömungsgeschwindigkeit des solaren Plasmas etwa das 20-fache der transversalen Geschwindigkeitskomponente der Bahnbewegung des Kometen betragen muß ..."
Die größten Abweichungen wurden um den 20. Februar herum beobachtet. Zu dieser Zeit stand der Komet in der Nähe des Kleinen Hantelnebels M 76. Ich habe in die schöne Aufnahme von Norbert Mrozek die Antisolarrichtung einmal eingezeichnet (Abb. 5). Es zeigt sich, dass die visuellen Beobachter den Winkel etwas überschätzt haben, im Foto beträgt

Tabelle 1: Schweifabweichung

Tag

PW(beob.) - PW(theor.)

14

6 Grad

16

9 Grad

18

10 Grad

19

2 Grad -14 Grad

21

28 Grad

22

18 Grad

23

18 Grad

25

8 Grad

26

12 Grad

28

11 Grad

Beobachteter Positionswinkel minus theoretischer Positionswinkel gegenüber der Antisolarrichtung, nach visuellen Messungen der Fachgruppe Kometen im Februar 2015.
VdS-Journal Nr. 55

56

Kometen

er 9,5 Grad . Dennoch ist es faszinierend, diesen Effekt einmal mit den eigenen Augen nachzuvollziehen.

Literaturhinweis: [1] L. Biermann, 1980: ,,Dreißig Jahre
Kometenforschung", Mitteilungen der Astronomischen Gesellschaft 51, 37 (Bibliographic Code: 1981MitAG..51...37B)

5
19. Februar 2015, 20:10 UT, Instrument: 8-Zoll-Newton, f/3, 1.200 s mit Moravian-
CCD-Kamera G1-8300 (Norbert Mrozek)

Die Dynamik im Gasschweif von Komet C/2014 Q2 (Lovejoy)
von Werner E. Celnik

Über Monate hinweg bescherte uns der Komet C/2014 Q2 Lovejoy von Dezember 2014 an eine prächtige Erscheinung: eine über Wochen mit bloßem Auge erkennbare grüne Koma und ein selbst im Feldstecher zeitweise strukturreicher Gasschweif. Ein Staubschweif war dagegen nur rudimentär existent. In der Ausgabe 54 des VdS-Journals für Astronomie präsentierten die Sternfreunde eine erste Bildergalerie und Hintergrundinformationen zur Erscheinung des Kometen. (Anm. d. Red.: Eine Fortsetzung der Bildserie folgt in diesem Heft, weil der Komet selbst noch im Juni 2015 Strukturen zeigt.)
Jetzt, Anfang April 2015, wo ich diese Zeilen schreibe, ist der Komet hoch am Nordhimmel, wenn auch schon lichtschwächer geworden, noch immer aktiv und harrt der nächsten Beobachtung an einem klaren Abend.
Der Gasschweif Bekanntlich zeigt der Gasschweif eines Kometen (ungefähr) in gerader Linie von der Sonne weg. So ganz stimmt das nicht, weil die geladenen Atome und Moleküle im Gasschweif mit dem Sonnenwind und mit dem darin sich mitbewegenden inter-
VdS-Journal Nr. 55

planetaren Magnetfeld interagieren. Die Magnetfeldlinien können gekrümmt sein und der Sonnenwind strömt dann nicht in gerader Linie, sondern auf einer gekrümmten Bahn von der Sonne weg. So sind für den Gasschweif Abweichungen von der antisolaren Richtung um bis zu 5-8 Grad nicht ungewöhnlich. Von der Erde aus sieht man jedoch nur einen Teil dieser Abweichung, nämlich den, der quer zur Sichtlinie liegt. Der Leser betrachte dazu auch den Beitrag von Uwe Pilz in diesem Heft. Für die folgenden Auswertungen nehme ich eine Abweichung von Null an.
Die Gase strömen etwa mit einer Geschwindigkeit von 1 km/s aus dem Kometenkern, bilden die Koma und stoßen hier auf die Teilchen des mit 400-600 km/s anströmenden Sonnenwindes. Ist die Sonne besonders aktiv, kann die Teilchendichte des Sonnenwindes erhöht und seine Geschwindigkeit bis auf 1.000 km/s oder mehr ansteigen. Die Teilchen des Kometengases werden vom Sonnenwind mitgerissen und strömen mit steigender Geschwindigkeit von der Koma weg in die antisolare Richtung. Schwankungen im Sonnenwind und Schwankungen in der Kometenaktivität sorgen für Struk-

turen von dichten und weniger dichten Wolken im Gasschweif. Die Bewegung dieser Wolken soll hier beobachtet und ausgewertet werden.
Die Beobachtungen So waren beispielsweise in meinen Aufnahmen am 12. März, aber zuvor auch schon am 13. Februar 2015 einige Strukturen im Schweif zu beobachten, die sich deutlich bewegten, wie bereits nach 30 Minuten zu erkennen war. Eine Mail dazu über die Mailingliste der Fachgruppe Astrofotografie - und nach kurzer Zeit schickten mir einige Sternfreunde ihre fotografischen Beobachtungen vom 12. März zwecks Auswertung zu. So erhielt ich Bildbeiträge von Norbert Mrozek, Waldemar Skorupa und Volker Wickert, aufgenommen zwischen 19:01 und 21:22 UT. In der Abbildung 1 sind die Aufnahmen ungefähr im selben Bildmaßstab in der richtigen Reihenfolge nebeneinander gestellt. Die wiedererkennbaren Strukturen A, B und auch noch C sind markiert. Die Abbildung 2 zeigt die kurze Aufnahmeserie am 13. Februar. Die Bezeichnungen A, B und C in dieser Serie haben nichts mit den Bezeichnungen in der Serie am 12. März zu tun, sie sind rein willkürlich.

Die Messungen Benötigt werden: die Aufnahmezeit und das Julianische Datum (zum Rechnen einfacher). Erdabstand (ca. 225 Mio. km am 12. März) und Phasenwinkel zum Aufnahmezeitpunkt (ca. 39,4 Grad am 12. März) stammen aus den Ephemeriden des Kometen und werden noch zur Berechnung der realen Distanzen im Raum benötigt.
Nachdem in einer Bildserie die Strukturen identifiziert worden sind, wird auf dem digitalen Bild zunächst ihr Abstand vom hellsten Punkt der Koma (hier soll der Standort des Kometenkerns angenommen werden) in Pixel gemessen. Für jedes einzelne Bild lässt sich der Bildmaßstab in Bogenminuten je Pixel leicht messen, wenn man den Abstand zweier Sterne im Bild (Pixelabstand) und derselben Sterne in einem Sternkartenprogramm (Abstand in Bogenminuten=arcmin) vergleicht. So erhält man den gemessenen Winkelabstand Struktur - Kern in arcmin. Bereits an den Zahlenwerten ist sofort zu sehen, dass die Strukturen innerhalb des Beobachtungszeitraums des jeweiligen Tages dazu tendieren, ihren Abstand vom Kern zu vergrößern (Abb. 3).

1 Aufnahmeserie am 12.03.2015, die
Mitten der Belichtungen und Bildautoren sind angegeben. Der helle Stern oben rechts ist Delta Cassiopeiae (2,6 mag). Die Bezeichnungen A-C in diesem Bild sind andere als die Bezeichnungen in der Abb. 2.
Die Fehlerquellen Natürlich sind diese Positionsmessungen mit Fehlern behaftet. Ein Test zeigt, dass bereits ein Messfehler von 1 %, das entspricht bei einem Abstand von 500 px ein Fehler von 5 px, im Endergebnis (Geschwindigkeit) einen Fehler von 20% verursacht. Bei 10 px sind es bereits 40 %. Ist die Zeitangabe des Aufnahmezeitpunktes (i. d. R. die Mitte der Belichtung) nur um 1 Minute falsch, steigert sich der Fehler im Resultat auf 25% bzw. 45%. Eine Unsicherheit in der Abstandsmessung von 1 % ist nicht groß, wenn man berücksichtigt, dass zum einen die Koma im Zentrum meist überbelichtet ist, der Mittelpunkt des hellen Flecks daher unsicher festzustellen ist, und die Position des Kerns nicht unbedingt mit der Mitte des hellen Komaflecks übereinstimmen muss; zum anderen ist die zu vermessende Struktur meist recht ausgedehnt und verändert auch noch während des Beobachtungszeitraums ihre Form (vgl. Abb. 2).

57

2 Aufnahmeserie am 13.02.2015, Mitte der Belichtungen v.l.n.r. um 19:00:30 UT,
19:32:30 UT, 20:04:00 UT und 20:30:00 UT. Struktur A markiert eine Schweifgabelung, die Strukturen B und C einzelne Gaswolken. Die Bezeichnungen A-C in diesem Bild sind andere als die Bezeichnungen in der Abb. 1. Das Gesichtsfeld misst in der Höhe ca. 1,8 Grad . Bild von Werner E. Celnik

VdS-Journal Nr. 55

58

Kometen

3 Veränderung der Abstände der benannten Strukturen
am 12.03.2015 vom Kern mit der Zeit

4 Geometrie zwischen den Objekten Sonne, Erde, Komet und
Gaswolke im Schweif

5 Geschwindigkeiten der Gaswolken A-C am 13.02. und
12.03.2015 mit wachsendem Abstand vom Kern. Annahme: Bei Kernabstand 10 km beträgt die Geschwindigkeit 1,0 km/s. Dieser Punkt ist mit einbezogen.

6 Geschwindigkeiten der benannten Strukturen am 13.02. (rot)
und 12.03.2015 (blau) mit wachsendem Abstand vom Kern, Mittelwerte mit Fehlerangaben. Die Ausgleichsgeraden als Maß für die Beschleunigung (angegeben für beide Tage mit Fehlerbreite) sind im Rahmen der Messfehler identisch.

Von 2D auf 3D Ohne ein wenig Trigonometrie geht es leider nicht weiter. Um vom Winkelabstand an der Himmelssphäre auf die reale Distanz im dreidimensionalen Raum zu schließen, betrachten wir nur die Ebene im Raum, die von den drei Objekten Sonne - Erde - Komet aufgespannt wird (Abb. 4). Hierbei ist gleichgültig, wie diese Ebene im Raum orientiert ist. Unter der Annahme, dass der Gasschweif in antisolare Richtung zeigt (s. o.), liegen die zu untersuchenden Wolken im Gasschweif in derselben Ebene. (Sollte der Gasschweif in Richtung Erde ,,verbogen" sein, sind die wahren Distanzen kleiner als die gemessenen, ist er von der Erde weg verbogen, sind die wahren Distanzen größer als die gemessenen). In der Grafik sind die aus der Ephemeride zu entnehmenden Größen Erdabstand R und Phasenwinkel eingetragen. Der auf dem Foto gemessene Winkelabstand ei-
VdS-Journal Nr. 55

ner Wolke vom Kern ist durch den Winkel dargestellt. Damit sind im Dreieck Erde - Komet - Gaswolke alle Winkel bestimmt (Winkelsumme im Dreieck = 180 Grad ), inkl. des Hilfswinkels = - . Da im Dreieck nun alle Winkel und die Seite R bekannt sind, hilft der Sinussatz weiter, um die Seite d zu bestimmen:
d/sin = R/sin d = R · sin /sin ( - )
Somit lässt sich die reale Kerndistanz d einer Gasschweifwolke im Raum aus den Ephemeridendaten R und und aus dem gemessenen Winkelabstand bestimmen. Wir betrachten hier im Beobachtungszeitraum den Schweif bis zu Distanzen von 4,5 Mio. km vom Kern.
Die Geschwindigkeit Zur Bestimmung der Geschwindigkeit, mit der sich die Wolken von der Koma wegbewegen, werden Abstandsdifferenz

und Zeitdifferenz zwischen zwei aufeinanderfolgenden Aufnahmen dividiert (denn Geschwindigkeit = Weg/Zeit). Als Ergebnis erhalten wir die mittlere Geschwindigkeit während des Zeitraums zwischen den beiden Aufnahmen. In der Abbildung 5 sind die Werte der Geschwindigkeit gegen den Abstand vom Kern dargestellt. Auch der Punkt bei Abstand Null und Geschwindigkeit nahe Null ist eingetragen. Die Grafik zeigt eine wachsende Geschwindigkeit bei größer werdendem Abstand vom Kometenkern. Am 12. März bewegt sich Wolke A mit ca. 50 km/s, Wolke C mit ca. 60 km/s und Wolke B mit ca. 130 km/s vom Kern weg. Und zwar nimmt die Geschwindigkeit etwa alle 1,7 Mio. km um 50 km/s zu. Die Streuung der Messwerte ist in erster Linie ein Maß für die Messfehler.
Interessanterweise ergeben sich für den 13. Februar, obwohl völlig unabhängig

Kometen

59

vom 12. März gemessen, ganz ähnliche Geschwindigkeits- und Abstandswerte (violett dargestellt in der Abb. 5). Die Ausgleichsgerade ist sogar identisch. Daraus lässt sich bereits schließen, dass im interplanetaren Raum wohl ähnliche ,,Wetterbedingungen" geherrscht haben müssen.

Die Beschleunigung Wenn die Geschwindigkeit zunimmt, so muss eine Beschleunigung vorliegen. Diese ist ein Maß dafür, wie effektiv die Teilchen des schneller vorbeiströmenden Sonnenwindes an die Teilchen des langsamer strömenden Gasschweifes über das Magnetfeld ,,ankoppeln" und diese mitnehmen.

Wegen der Messfehler und der damit verbundenen Streuung der Geschwindigkeitswerte lässt sich eine mittlere Beschleunigung aus den Einzel-Messwerten nicht ermitteln. Die Messwerte werden daher weiter reduziert. Es werden nur noch Messungen mit Zeitabständen zwischen zwei Aufnahmen von mindestens 900 s berücksichtigt. Ein Aufnahmepaar mit zu kurzem Zeitabstand wird gestrichen und das zeitlich nächstliegende Aufnahmepaar verwendet. Die verbleibenden Werte für eine Gaswolke werden gemittelt. Der Fehler des Mittelwerts für eine Gaswolke ergibt sich aus der Streuung der Messwerte und der realen Bewegung der betreffenden Wolke im Beobachtungszeitraum. In der Abbildung 6 sind die Mittelwerte für jede Wolke und die zugehörigen Fehlergrenzen eingetragen.

Die gleichmäßige, mittlere Bescheunigung a lässt sich ermitteln aus der Geschwindigkeit v und der Distanz d durch
d = a/2 · t2 v = a · t = (2 · d · a)

In einer Grafik, in der die Geschwindig-

keit gegen die Wurzel der Distanz aufge-

tragen ist, gilt für die Steigung m dem-

nach

m = (2 · a)

Also ist die Beschleunigung a a = m2 / 2

Die Grafik wird hier nicht dargestellt, sie entspricht der Abbildung 6 mit einer xAchse, die nicht den Abstand, sondern die Wurzel des Abstands darstellt. Aus

den vier Punkten für Abstand 0 und die Gaswolken A-C lässt sich nun für den 12. März eine mittlere Beschleunigung bestimmen zu (1,23 +- 0,27) m/s2. Für den 13. Februar ergibt sich die Beschleunigung ganz ähnlich zu (1,06 +- 0,41) m/s2. An beiden Tagen ist die Beschleunigung also wie die Geschwindigkeitsverteilung im Gasschweif im Rahmen der Fehlergrenzen identisch.
Der Sonnenwind Dieser anscheinend ,,normale" Beschleunigungswert könnte sich bei einem besonders dichten Sonnenwind, der mit höherer Geschwindigkeit als ,,normal" anströmt, nach oben hin verschieben.
Nach [3] waren die Geschwindigkeiten und Dichten des Sonnenwindes an den Tagen der hier betrachteten Beobachtungen am 13.02.2015: ca. 350 km/s und 1,3 Protonen/cm³, und am 12.03.2015: ca. 400 km/s und 5,1 Protonen/cm³, jeweils in der Sonnenentfernung des Kometen zur Zeit der Beobachtungen. Das sind keine besonders herausragenden Werte. Dennoch scheint es dass der Sonnenwind am 13.02. und 12.03. besonders effektiv an die geladenen Teilchen im Gasschweif ankoppelte. Ein Zeichen dafür könnten auch die Schweifstrahlen sein, die jeweils an den Vortagen beobachtet wurden, so am 10. und 11.02. sowie am 10.03.2015 [vgl. 4]. Die im Vergleich zum Sonnenwind dichte Koma und der Gasschweif aus geladenen Teilchen bilden eine Barriere für den dünnen anströmenden Sonnenwind mit seinem eingelagerten solaren Magnetfeld. Der Wind wird abgelenkt und strömt am Schweif entlang, dabei falten sich die Magnetfeldlinien um Koma und Gasschweif herum - Schweifstrahlen entstehen.
Ein Fazit Will man sichtbare Strukturen in Gasschweifen von Kometen auswerten, so stellt dies Ansprüche an die Genauigkeit der Dokumentation (die Zeit der Mitte der Belichtung sollte genauer als 1 Minute bekannt sein; ob UT, MEZ oder MESZ notiert sind, muss eindeutig sein) und die Qualität der Aufnahmen (Bildauflösung und der Kontrast des Kometenschweifs zum Hintergrund) muss in allen Aufnahmen ausreichend hoch sein, um die Strukturen gut identifizieren zu können. Dazu ist ein dunkler Himmel natürlich

von Vorteil. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so steht Auswertungen nichts im Wege. Schulwissen in Geometrie, Trigonometrie und Mechanik ist ausreichend.
Danksagung Für die Bereitstellung von Kometenaufnahmen vom 12. März 2015 zur Auswertung bedanke ich mich ganz herzlich bei den Sternfreunden Norbert Mrozek, Waldemar Skorupa und Volker Wickert.
Literaturhinweise: [1] W. E. Celnik, 1986: "The accele-
ration within the plasma tail, the rotational period of the nucleus and the aberration of the plasma tail of comet P/Halley 1986" , ESA Proceedings of the 20th ESLAB Symposium on the Exploration of Halley`s Comet. Vol. 1, 53 (1986ESASP.250a..53C) [2] W. E. Celnik, T. Schmidt-Kaler, 1987: "Structure and dynamics of plasma-tail condensations of comet P/Halley 1986 and inferences on the structure and activity of the cometary nucleus", Astron. Astrophys. 187, 233 (1987A&A...187..233C) [3] http://spaceweather.com/archive. php [4] http://kometen.fg-vds.de/ pix/2014Q2.htm [5] J. C. Brandt, F. M. Caputo, J. T. Hoeksema, M. B. Niedner, Y. Yi1, M. Snow, 1999: "Disconnection Events (DEs) in Halley's Comet 1985-1986, The Correlation with Crossings of the Heliospheric Current Sheet (HCS)", Icarus 137, 69 [6] http://de.wikipedia.org/wiki/ Heliosphärische_Stromschicht [7] J. J. Blanco, 1999: "A tentative method for current sheet crossings detection", Proceedings of the 26th International Cosmic Ray Conference. August 17-25, 1999. Salt Lake City, Utah, USA. Under the auspices of the International Union of Pure and Applied Physics (IUPAP). Vol. 6, 508 (1999ICRC....6..508B) [8] R. Schulz, W. Schlosser, 1989: "CN-shell structures and dynamics of the nucleus of Comet P/Halley", Astron. Astrophys. Vol. 214, 375 (1989A&A...214..375S)
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AmKoamteeutretenleskope / Selbstbau

Ein Spektrum des Kometen C/2014 Q2 (Lovejoy)
von Bernd Koch

Das in der Abbildung 1 oben gezeigte Spektrum der Koma des Kometen C/2014 Q2 (Lovejoy) wurde am 31. Januar 2015 aufgenommen. Der mit einem 200 Linien/mm ausgestattete DADOS SpaltSpektrograf wurde an ein Celestron-14EdgeHD-Teleskop mit Reducer angesetzt, das effektive Öffnungsverhältnis beträgt f/7,7. Das C14 ist auf einer 10MicronGM2000HPS-Montierung befestigt.
Durch den Nachführausgang des DADOS (Guiding Port) war die Koma des Kometen auf dem Spaltplättchen des DADOS leicht sichtbar. Der Komet hatte zu jener Zeit ca. 5 mag Helligkeit. Deshalb konnte der Komet visuell genau auf den 25-my-

Spalt gesetzt werden, denn dieser hob sich dunkel vor der hellen Kometenkoma ab. Es war leicht, mit dem Handpad visuell auf die Koma nachzuführen.
Mit einer monochromen SBIG ST-8300MCCD-Kamera wurden zwei Aufnahmen zu je 600 s Belichtungszeit angefertigt. Die Kamera wurde im 2x2-Binning-Modus betrieben. Der Stack der beiden Originalaufnahmen, von dem dunkle und heiße Pixel entfernt wurden, ist hier als Negativbild dargestellt.
Knapp zwei Wochen früher wurde das farbige Kometenbild mit einer Canon EOS1000D-DSLR-Kamera am Celestron

11-Zoll-Rowe-Ackermann-Schmidt-Astrograf bei f/2,2 aufgenommen, der vor dem C14 auf der GM2000HPS montiert war. Die Kometenbilder wurden ohne Autoguiding aufgenommen und mit Deep SkyStacker und Photoshop verarbeitet.
Die Position des 25-my-Spalts wurde hier markiert, damit klar ist, welcher Teil des Kometen spektroskopiert wurde. Bitte beachten Sie, dass die Orientierung des Spalts stimmt, dieser aber nicht maßstabsgetreu dargestellt ist. Bildaufnahme mit MaxIm-DL-Software, Kalibrierung des Spektrums mit VisualSpec-Software. (Fotos und Spektren von Bernd Koch)

VdS-Journal Nr. 55

Hinweise

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wenn Sie uns schriftlich mitteilen, ab wann das Abo über uns beginnen soll (Sie möchten die Zeitschrift zum 1. 1. des nächsten Jahres abonnieren, dann teilen Sie uns dies bitte bis zum 15. 11. diesen Jahres mit). Wir veranlassen dann alles Weitere. Wenn Sie schon Direkt-Abonnent sind, prüfen Sie bitte, zu welchem Termin Ihr Abonnement-Vertrag auslaufen kann und kündigen Sie diesen selbst beim Verlag. Dann teilen Sie uns den Start-Termin für Ihr Abo über die VdS mit. Wenn Sie zur Abwicklung weitere Fragen haben, rufen Sie uns an oder mailen Sie uns. Wir helfen Ihnen gerne weiter.
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dungsbescheinigung vorliegt. Diese Bescheinigung benötigen wir auch für den Nachweis gegenüber dem Verlag beim reduzierten Bezug von Sterne und Weltraum. Für die korrekte Rechnungserstellung muss uns Ihre Bescheinigung unaufgefordert bis spätestens 15. 10. eines jeden Jahres für das Folgejahr vorliegen. Eine nachträgliche Rechnungsänderung im Frühjahr erfordert einen enormen Zeit- und Kostenaufwand, sowohl bei uns als auch beim Verlag und ist nicht mehr möglich! Sollten wir Ihre Bescheinigung zum genannten Termin nicht haben, so verlieren Sie im Folgejahr Ihren Anspruch auf den ermäßigten Beitrag! Neumitglieder reichen uns die Bescheinigung bitte zum Beginn der Mitgliedschaft ein.
Und so erreichen Sie uns: VdS-Geschäftsstelle Postfach 1169, D-64629 Heppenheim E-Mail: service@vds-astro.de Tel.-Nr. 0 62 52 / 78 71 54 Fax-Nr. 0 62 52 / 78 72 20
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Datum, Unterschrift

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Kometen

Rückblick auf den Kometen C/2014 Q2 (Lovejoy)

zusammengestellt von Werner E. Celnik

- Teil 2 -
Der erste Teil unserer Bilderstrecke im vorausgegangenen Heft des VdS-Journals für Astronomie [1] reichte vom 20.12.2014 bis zum 06.02.2015, also nur kurz bis nach dem Periheldurchgang am 30.01.2015.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Betrachten dieser Fotostrecke, die den Kometen vom 12. Februar bis zum Juni 2015 zeigt, aufgenommen mit ganz unterschiedlichen Beobachtungsinstrumenten an qualitativ völlig verschiedenen Beobachtungsorten.

Weil Lovejoy jedoch wegen seiner langsamen Helligkeitsabnahme nach dem Perihel (vgl. den Beitrag von Uwe Pilz in diesem Heft) noch bis in den Juni 2015 hinein interessante Strukturen zeigte, folgt hier noch eine Nachlese. Wer mehr Bilder sehen möchte findet diese z. B. auf der Homepage der VdS-Fachgruppe Kometen [2].

Literaturhinweise und Weblinks: [1] W. E. Celnik, P. Riepe, 2015: ,,Rückblick auf den Kometen
C/2014 Q2 Lovejoy", VdS-Journal für Astronomie 54, 92 [2] Homepage der VdS-Fachgruppe Kometen: http://kometen.
fg-vds.de/

1
02.12.2015, 19:15 UT, Norden oben, Newton 200 mm/560 mm, CCDKamera Moravian G2 8300, belichtet in L: 2 x 180 s, in RGB: 180/180/180 s (Norbert Mrozek)

VdS-Journal Nr. 55

2
13.02.2015, 20:36 UT, Norden oben, Optik-Brennweite 420 mm, f/6, Kamera: Canon 700D, ISO 3200, belichtet 85 x 60 s, Ort: Grasberg (Kai-Oliver Detken)

Amateurteleskope / Selbstbau

63

3
13.02.2015, 19:01 UT, Norden links, ApoRefraktor 150 mm/1.100 mm, Feldkorrektor, Kamera: Canon EOS 5D MkII, ISO 1600, belichtet 35 x 45 s, abgebildete Schweiflänge 1,7 Grad , Ort: Rheinberg (Werner E. Celnik)
4
Rechts oben: 19.02.2015, 19:30 UT, Lovejoy bei M 76, Norden oben, Newton 200 mm/560 mm, CCD-Kamera Moravian G2 8300, belichtet in B: 2 x 300 s, in RGB: 200/200/200 s (Norbert Mrozek)
5
Rechts Mitte: 19.02.2015, 19:33 UT, Lovejoy bei M 76, Norden oben, ASA-8H-Astrograf, Kamera: FLI CCD, belichtet in L(B): 600 s, in RGB: 300 s (Waldemar Skorupa)
6
27.02.2015, 19:19-21:45 UT, Norden oben, Apo-Refraktor 150 mm/1.100 mm, Feldkorrektor, Kamera: Canon EOS 5D MkII, ISO 1000, belichtet 200 x 30 s, sehr heller Himmel, Ort: Rheinberg (Werner E. Celnik)

VdS-Journal Nr. 55

64

Amateurteleskope / Selbstbau

7
07.03.2015, 20:06 UT, Norden oben, Teleskop ASA 10-Zoll-Öffnung, f/3,6, CCD-Kamera SBIG 8300M, belichtet 4 x 3 min (Roland Fichtl)
8
Rechts: 11.03.2015, 20:02 UT, Lovejoy bei Chi Cas (4,7 mag), Norden oben, 8-Zoll-Newton, f/2,8, CCD-Kamera Moravian G2 8300, belichtet in LBRGB je 300 s, gesamt 25 min, mit Reflex im Bild unten links (Norbert Mrozek)
11
Unten: 24.03.2015, 01:45 UT, Lovejoy beim off. Haufen NGC 559, Norden oben, Teleskop Öffnung 10 Zoll, f/4,0, CCD-Kamera Moravian G3-11002, belichtet RGB je 230 s (Michael Jäger)

VdS-Journal Nr. 55

Amateurteleskope / Selbstbau

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9
16.03.2015, 02:40 UT, Lovejoy bei Delta Cas (2,6 mag), Norden oben, Teleskop Planewave CDK, 20 Zoll Öffnung, CCD-Kamera FLI-PL11002M, Remote-Beobachtung in New Mexico/USA (Jose J. Chambó)

12
04.04.2015, 21:17 UT, Lovejoy bei Psi Cas (4,7 mag), Norden oben, Takahashi-Refraktor TOA 150 mm/1.100 mm, Feldkorrektor, Kamera: Canon EOS 5D MkII, ISO 1000, belichtet 30 x 60 s, Ort: Rheinberg (Werner E. Celnik)

10
Links: 18.03.2015, 19:57 UT, Lovejoy bei Delta Cas (2,6 mag) und den off. Haufen M 103 und Trumpler 1, Norden oben, Takahashi-Refraktor FSQ 106 mm/382 mm, Kamera Canon EOS 60Da, ISO 2500, Ort: Kobernaußen/Österreich (Georg Klingersberger)

13
14.04.2015, 20:36 UT, Lovejoy mit Schweifabriss bei 38 Cas (5,8 mag, unten links), Norden links, Takahashi-Refraktor TOA 150 mm/1.100 mm, Feldkorrektor, Kamera: Canon EOS 5D MkII, ISO 1000, belichtet 30 x 60 s, Ort: Rheinberg (Werner E. Celnik)

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15.04.2015, 20:16 UT, Lovejoy 1 Tag nach dem Schweifabriss (Abb. 13) bei 38 Cas (5,8 mag, links), Norden links, Takahashi-Refraktor FSQ 106 mm/382 mm, Kamera: Canon EOS 60Da, ISO 2500, Ort: Kobernaußen/Österreich (Georg Klingersberger)
15
15.04.2015, 21:04 UT, Lovejoy 1 Tag nach dem Schweifabriss (vgl. Abb. 14 und 16), Norden links, Teleskop Öffnung 10 Zoll, f/4,0, CCD-Kamera FLI 8300, Blau-Aufnahme (Michael Jäger)
16
21.04.2015, 20:55 UT, Norden links, 8-Zoll-Newton, f/2,8, CCD-Kamera Moravian G2 8300, belichtet in L: 600 s, in RGB je 300 s (Norbert Mrozek)

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25.04.2015, 00:00 UT, Norden links, Teleskop Öffnung 10 Zoll, f/4,0, CCD-Kamera FLI 8300, belichtet in L: 3 x 400 s, in RGB je 180 s (Michael Jäger)

18
09.05.2015, 23:40 UT, Norden oben, Refraktor 80 mm/840 mm, CCD-Kamera ST-8XME, belichtet 10 x 3 min (Mark Emmerich, Sven Melchert)

19
12.05.2015, 23:33 UT, Lovejoy mit Gas- und Gegenschweif, Norden oben, 8-Zoll-Newton, f/4,0, CCD-Kamera Moravian G2 8300, belichtet in L: 600 s, in RGB je 300 s (Norbert Mrozek)

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18.05.2015, 21:36 UT, Lovejoy beim off. Haufen NGC 188, Norden oben, 10-Zoll-Teleskop, f/3,6, Kamera: Canon EOS 5D MkII, ISO 1600 (Roland Fichtl)

21
29.05.2015, 02:30 UT, Lovejoy am Polarstern, Norden oben, 8-Zoll-Teleskop, f/3,8, Kamera: Canon EOS 100D, ISO 400, belichtet 8 x 120 s (Jose J. Chambó, Valencia/Spanien)

22
06.06.2015, 22:25 UT, Norden unten, Takahashi-Refraktor TOA 150 mm/1.100 mm, Feldkorrektor, Kamera: Canon EOS 5D MkII, ISO 1000, belichtet 40 x 90 s, Ort: Rheinberg, sehr heller Himmel (Werner E. Celnik)

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23
12.06.2015, 22:06 UT, Lovejoy bei SAO 2459 (5,6 mag), Norden unten, Leica Teleobjektiv 1:4,0/180 mm, CCD-Kamera FLI 8300, belichtet 4 x 300 s (Michael Jäger)

116

Mond bei Mars, Erde im Perihel

Maximum der Quadrantiden

1 53 2 3

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Neujahr New Year's Day

Nouvel An

4 1 5 6 7 8 9 10

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Fr·Fr·Ve

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So·Su·Di

Hl. Drei Könige Epiphany

Épiphanie

Infrarotaufnahme eines kleinen Teils des Affenkopfnebels mit Staub- und Gasschwaden und -knoten

11 2
Mo·Mo·Lu

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Di·Tu·Ma

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Mi·We·Me

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Mond bei Uranus

15
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(3) Juno in Opposition
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Mond bedeckt Aldebaran
20
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Do·Th·Je

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Fr·Fr·Ve

23
Sa·Sa·Sa

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So·Su·Di


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Mo·Mo·Lu

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Di·Tu·Ma

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Mi·We·Me

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Do·Th·Je

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Fr·Fr·Ve

Mond bei Jupiter

30
Sa·Sa·Sa

31
So·Su·Di

MOTIVE

JETZT

SCH4 ON 16

1 13 2 3

Fr·Fr·Ve

Sa·Sa·Sa

So·Su·Di

Mond bedeckt Venus

4 14 5 6 7 8 9 10

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Fr·Fr·Ve

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ONLINE

ANSCHAUEN!

Der offene Sternhaufen Messier 7 im Sternbild Skorpion

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Copyright (C) 2015 by WEINGARTEN

Merkur in größter östl. Elongation

18 16
Mo·Mo·Lu

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Di·Tu·Ma

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Mi·We·Me

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Do·Th·Je

Maximum der Lyriden
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Fr·Fr·Ve


Maximum der PiPuppiden
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So·Su·Di

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Mo·Mo·Lu

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DER NEUE BILDKALENDER
HIMMEL UND ERDE 2016
Sterne und Weltraum präsentiert im Bildkalender »Himmel und Erde« 13 herausragende Motive aus der astronomischen Forschung. Sie stammen aus verschiedenen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums: dem sichtbaren Licht, dem Infrarotlicht, dem Mikrowellen- und Radiowellenbereich. Zusätzlich bietet er wichtige Hinweise auf die herausragenden Himmelsereignisse 2016 und erläutert ausführlich auf einer Extraseite alle auf den Monatsblättern des Kalenders abgebildeten Objekte.
14 Seiten; 13 farbige Großfotos; Spiralbindung; Format: 55 x 45,5 cm; 29,95 zzgl. Porto; als Standing Order 27,- inkl. Inlandsversand

516

1 17
So·Su·Di Tag der Arbeit Fête du travail

2 18 3

Mo·Mo·Lu

Di·Tu·Ma

4 5 6

Mi·We·Me

Do·Th·Je

Fr·Fr·Ve

Christi Himmelfahrt Ascension

L'Ascension

Maximum der EtaAquariden

7
Sa·Sa·Sa

8
So·Su·Di
Victoire (F) Muttertag Mother's Day

Saturn »von oben« aus der Sicht der Raumsonde Cassini

Merkurtransit

9 19
Mo·Mo·Lu

10
Di·Tu·Ma

11
Mi·We·Me

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Do·Th·Je

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Fr·Fr·Ve


14
Sa·Sa·Sa

Mond bei Jupiter

15 16 20 17 18

So·Su·Di

Mo·Mo·Lu

Di·Tu·Ma

Mi·We·Me

Pfingsten

Pfingstmontag

Whitsun / Pentecôte

Lundi de Pentecôte

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19
Do·Th·Je

20
Fr·Fr·Ve

21
Sa·Sa·Sa


Mars in Opposition
22
So·Su·Di

23 21
Mo·Mo·Lu

24
Di·Tu·Ma

25
Mi·We·Me

26
Do·Th·Je
Fronleichnam Corpus Christi
Fête-Dieu

27
Fr·Fr·Ve

28
Sa·Sa·Sa

29
So·Su·Di Fête des mères (F)


30 22
Mo·Mo·Lu

31
Di·Tu·Ma

716

1 26 2

Fr·Fr·Ve

Sa·Sa·Sa

(3) Juno in Opposition

Erde im Aphel; Sonde Juno erreicht Jupiter

3 4 27 5 6 7

So·Su·Di

Mo·Mo·Lu

Di·Tu·Ma

Mi·We·Me

Do·Th·Je



Pluto in Opposition
8
Fr·Fr·Ve

Mond bei Jupiter
9
Sa·Sa·Sa

10
So·Su·Di

Mars Express blickt auf den Südpol des Mars mit Schichten aus Wassereis

11 28
Mo·Mo·Lu

12
Di·Tu·Ma


13
Mi·We·Me

14
Do·Th·Je Fête nationale (F)

15
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Sa·Sa·Sa

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18 29
Mo·Mo·Lu

Copyright (C) 2015 by WEINGARTEN

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Di·Tu·Ma


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Fr·Fr·Ve

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Sa·Sa·Sa

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So·Su·Di

25 30
Mo·Mo·Lu

26
Di·Tu·Ma

27
Mi·We·Me


Max. der südl. DeltaAquariden

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Do·Th·Je

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Fr·Fr·Ve

Merkus nahe bei Regulus
30
Sa·Sa·Sa

31
So·Su·Di

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Meteore

1
Gruppenfoto (Bild: Lucie Marquet)

Die International Meteor Conference 2014
in Giron, Frankreich
von Axel Haas

Vom 18. bis 21. September 2014 fand die 33. Auflage der IMC [1] statt. Als Tagungsort war Giron/Frankreich (unweit von Genf) gewählt worden, und man traf sich im La Fauconnière, einem Jugendhotel. Insgesamt 134 Teilnehmer von beinahe allen Kontinenten nahmen die Strapazen der Anreise auf sich, wobei das Abenteuer auf den letzten 10 km der Anfahrt lag. Merke: Verkehrsregeln können mit ausdrücklicher Einwilligung Ortsansässiger den Gegebenheiten angepasst werden.

Aber für die Hartgesottenen gab es nach dem Abendessen bereits den ersten Workshop über die Neuorientierung der IMO-Website.
Nach dem Frühstück am Freitagmorgen begann die Session 1: ,,Meteor Networks". Es fällt auf, dass sich ein geografischer Schwerpunkt der Meteor-Forschung auf den Kanaren zu etablieren scheint. Wer

die IMC 2012 genießen durfte, kann dies nachvollziehen. Meryem Guennoun aus Marokko erfreute mit der Nachricht, dass nun auch auf dem afrikanischen Kontinent ein Beobachtungsnetzwerk im Norden aufgebaut wird.
Nach dem Mittagessen begann die Session 2: ,,Meteor Shower Observations". Hier trugen meist die ,,üblichen Verdächtigen"

Das eigentliche Abenteuer hatte die Konferenz aber schon hinter sich gebracht. Kurz vor Beginn war eines der beiden vorgesehenen Übernachtungshotels Bankrott gegangen. Nur durch einen immensen Kraftaufwand des lokalen Organisationskommitees (LOC) und seiner Helfer konnte noch eine akzeptable Lösung gefunden werden. Diese außergewöhnliche Leistung muss ausdrücklich erwähnt werden.

Die Konferenz selbst begann am Donnerstagnachmittag mit dem Üblichen: ankommen, registrieren, sich einnisten, viele alte Bekannte treffen, quatschen.
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2 Aufmerksames Auditorium

Meteore

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ihre neuen Ergebnisse vor. Es ist schön zu verfolgen, dass sich hier eine gewisse Routine auf hohem Niveau herausbildet. Vor dem Abendessen stand dann im engen Programmablauf die Poster Session. Hier bestand die Möglichkeit, dass auch Nichtanwesende ihre Beobachtungen und Ergebnisse einbringen konnten. 17 Poster waren es diesmal.
Nach dem Abendessen stand die 26th General Assembly auf der Tagungsordnung. Nach den obligatorischen Formalitäten stand ein berührender Moment an. Der frühere IMO-Präsident Jürgen Rendtel wurde für seine engagierte 25-jährige Amtstätigkeit zum Ehrenmitglied erklärt. Selten ist eine Entscheidung so schnell und widerspruchslos durch alle IMOGremien gegangen (Abb. 3).
Am Samstagmorgen begann die Session 3: ,,Meteoroid Streams". Die Teilnehmer erschienen pünktlich und zahlreich trotz der vorhergegangenen Nacht, auf die hier nicht näher eingegangen wird. Jeremie Vaubaillon gab hier eine aufschlussreiche Keynote Lecture mit dem Thema ,,The future of meteor shower forecasting".
Die Kaffeepause führte dann direkt zur Session 4: ,,Fireballs etc". Die US-amerikanischen Kollegen haben ein effektives Webtool zur Rekonstruktion von Trajektorien entwickelt, das nun auch in vielen Sprachen über die IMO-Website verbreitet werden soll. Im Hinterkopf ist dabei natürlich die Möglichkeit des Auffindens möglicher Meteoriten.
Nach dem Mittagessen stand die obligatorische Exkursion an. Es ging zum CERN (Conseil Europeen pour la Recherche Nucleaire, Europäische Organisation für Kernforschung, Abb. 4). Auch hier war vom LOC alles gut organisiert - was man von CERN nicht unbedingt behaupten konnte. Nicht jeder arbeitet gerne am Samstagnachmittag.
Nach der Rückfahrt kam es zum diesjährigen Gruppenbild (Abb. 1) und darauf folgte das Abendessen. Und dann stand der gesellschaftliche Höhepunkt einer jeden IMC an: die IMC Saturday Night. Auch hier leistete das LOC und das Service Team von La Fauconniere vorbildliche Arbeit. Durch die Initiative zahl-

3 Ehrung von Jürgen Rendtel
reicher Teilnehmer war es wieder einmal denkwürdig. Details bleiben - wie immer - unter den Beteiligten. Nur soviel: Für ausreichend Musik und Alkohol war gesorgt.
Es ist eine gute Tradition, dass das Programm am Sonntagmorgen immer eine Stunde später als üblich beginnt. Vielleicht auch deshalb begann die Session 5 ,,Radio & Radar" pünktlich und mit zahlreicher Beteiligung. Den Abschluss bildete eine Zusammenfassung der Konferenz von Geert Barentsen. Dabei machte er auf ein Phänomen aufmerksam: Kameras. Überall scheinen sie sich zu pilzartigen Netzwerken zusammenzuschließen.
Fazit: Es war wie immer. Wer schon einmal an einer IMC teilgenommen hat, weiß, was dies heißt - es gibt kein größeres Kompliment.
Weblinks: [1] Programm: http://imo.net/imc2014/
program.php [2] Bilder: http://imo.net/imc2014/
day_after.php [3] Informationen zur IMC 2015:
www.imo.net/imc2015/

4
Besichtigung des CERN

Inserentenverzeichnis

astronomie.de, Neunkirchen

21

Astro-Shop, Hamburg

U2

Astroshop.de nimax GmbH,

11

Landsberg

Baader Planetarium,

U4

Mammendorf

Bresser GmbH, Rhede

53

Gerd Neumann jr., Hamburg

47

Koring, Marokko

29

Kosmos Verlag, Stuttgart

19

Optical Vision Ltd., UK

U3

Optische Geräte Wolfgang Lille,

85

Heinbockel

Spektrum der Wissenschaft Ver-

35

lagsgesellschaft mbH, Heidelberg 69

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72

Meteore

34. AKM-Seminar 2015
in Waren/Müritz

von Roland Winkler

Das Treffen des Arbeitskreises Meteore e.V. (AKM) fand vom 20.03. bis 22.03.2015 im malerischen Waren/Müritz statt. Als Tagungsort hatten wir uns die Jugendherberge an der Binnen-Müritz (Abb. 2) ausgesucht, wo man neben den Vorträgen auch eine Runde an den Ufern des Wassers verweilen konnte.
Die ersten Tagungsgäste waren im Hinblick auf die Sonnenfinsternis am 20.03. schon einen Tag eher angereist, um das Ereignis in vollen Zügen zu genießen (Abb. 5). Das Wetter hatte auch mitgespielt, so dass nach der Finsternis noch diverse atmosphärische Erscheinungen zu bestaunen waren und u. a. der Parrybogen als nettes ,,Nebenprodukt" abfiel. Am Abend des 20.03. füllte sich langsam die Jugendherberge und selbst Thomas Osthoff und Bernd Gährken ließen es sich nicht nehmen, aus dem fernen Spitzbergen bzw. vom Sofi-Flug über den FäröerInseln rechtzeitig anzureisen, nachdem sie dort bei besten Bedingungen die tota-

le Sonnenfinsternis bestaunen konnten. Das zum Thema Anreiseweg, für eine interessante Tagung ist eben kein Weg zu weit.
Am Freitagabend standen nach der Eröffnung des Treffens durch die Vorsitzende Claudia Hinz zur Einstimmung einige Vorträge auf dem Programm. Ina Rendtel berichtete über einen spontanen Polarlichtausflug nach Nordschweden. Dabei konnte man imposante Polarlichter bewundern. Eine Wiederholung derartiger Vorhaben ist auf jeden Fall eine Überlegung wert. Anke Hamann und Manfred Heinrich erfreuten uns wieder mit einem sehenswerten Polarlichtfilm von ihrem PL-Urlaub im nordfinnischen Ennontekiö. Trotz schon mehrfacher Reisen in diese Region bringen uns die Polarlichter doch immer wieder zum Staunen. Andreas Möller zeigte im Anschluss einige selbst erstellte Zeitraffer-Filme von verschiedenen atmosphärischen Erscheinungen. Die heutige Fototechnik

1 Bild: Claudia Hinz
erlaubt mittlerweile eine Qualität, wie sie früher nur von Profis genutzt werden konnte. Der Abend klang anschließend mit langen Gesprächen aus.
Der Sonnabend begann mit einem Block von Vorträgen, welche das Spektrum der im AKM beobachteten und untersuchten Erscheinungen gut abbildeten. Kevin Förster sprach über Auswertungen zu Haloerscheinungen in Bezug auf die Großwetterlagen, die er im Rahmen seines Abiturs machte. Es stellte sich dabei heraus, dass sich prozentual betrachtet diese Erscheinungen auf wenige Wetterlagen konzentrieren, jedoch ist bei Auftreten von Cirren am Himmel immer ein ,,Kontrollblick" zu tätigen, denn auch dann ist selbstverständlich mit Haloerscheinungen zu rechnen. Andre Knöfel referierte über LIDAR-Messungen an Cirruswolken, welche vom Meteorologi-

2 Teilnehmer des 34. AKM-Seminars in Waren/Müritz. Bild: Andreas Möller
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Meteore

73

schen Observatorium Lindenberg durchgeführt werden. Das System mit Namen RAMSES ermöglicht Messungen, welche Aufschlüsse über die Beschaffenheit der Cirruswolken geben. Allerdings befindet sich dieses Projekt noch am Beginn und die Datenauswertung ist sehr kompliziert. Dann brachte uns Alexander Haußmann mit seinem Vortrag über Regenbogenanalysen anhand des auch im AKM-Beobachterforum und auf der Mailingliste diskutierten gespaltenen Regenbogens aus Japan die Methodik nahe, wie man durch Erstellung eines Kalibrierungsfotos die Regenbogensegmente auswerten kann. Für weitere Messungen

3
Ernennung der Ehrenmitglieder Sirko Molau und Jürgen Rendtel durch die Vorsitzende des AKM Claudia Hinz. Bild: Wolfgang Hinz

4 Bernd Gährken brachte den Vulkan Bardarbunga in Island mittels 3D-Bilder
ganz nah an die Teilnehmer. Bild: Wolfgang Hinz

und Analysen ist dies sehr hilfreich und wurde sehr anschaulich dargestellt. Sirko Molau gab im Anschluss einen Rückblick über die Saison 2014 im Meteor-Videokameranetz des AKM. Nebenbei wurden auch die Daten von visuellen Meteorströmen analysiert. Dabei wurden die KappaCygniden, ein Strom welcher im August aktiv ist, detailliert ausgewertet, wobei sich Mitglieder aus dem AKM beteiligen können. Weiterhin wurde ein Kameravergleich gemacht, um verschiedene Objektive hinsichtlich ihrer Grenzgröße für Videobeobachtungen zu untersuchen.

Schmalz referierte über den Zusammenhang zwischen Sungrazer-Kometen und Meteorströmen. Als Sungrazer-Komet ist den meisten der Komet ISON bekannt,

welcher nach seinem Perihel-Durchgang durch die Sonne ,,aufgelöst" wurde. Auch wurden Untersuchungen präsentiert, wonach durch solche Sungrazer-Kometen Meteormaterie ,,generiert" werden kann, die dann entlang der Kometenbahn verteilt wird und als Meteorstrom oder erhöhte Aktivität zu beobachten ist. Nach diesen interessanten Vorträgen folgten die Sonnenfinsternis-Bilder Teil 2. Im Anschluss stellte Sirko Molau das neue Webformular für Feuerkugelsichtungen auf der Webseite der IMO (International Meteor Organization) vor. Dieses wird noch in die AKM-Webseite integriert und ermöglicht auch dem Laien detailliertere Angaben zur Sichtung einer Feuerkugel. Der Link ist unter http://www.meteoros. de zu finden.

Zur Auflockerung folgten Sonnenfinsternis-Bilder Teil 1, bevor Jürgen Rendtel die Frage stellte ,,Was ist (heute) ein Meteorstrom?". Anhand einiger Beispiele wurde gezeigt, welche Kriterien man ansetzt, um eine Häufung von Meteoren als Strom zu definieren. Das Resultat ist u. a. eine kompaktere Beobachtungsliste, da Ströme unterhalb der Wahrnehmungsgrenze nicht aufgeführt werden. Auch ist eine Zuordnung zu einem Strom nur eingeschränkt möglich. Sergei

5
Beobachtung der Sonnenfinsternis am 20. März bei wolkenlosem Himmel durch die früher angereisten Teilnehmer. Bild: Kevin Förster
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Meteore

Im Anschluss folgte die Mitgliederversammlung des AKM, wo als wichtige Punkte eine Satzungsänderung, die Diskussion der Mitgliedsbeiträge und mögliche Tagungsorte für die nächsten Jahre auf dem Programm standen. Aufgrund ihrer langjährigen Verdienste um den AKM wurden Jürgen Rendtel und Sirko Molau zu Ehrenmitgliedern ernannt (Abb. 3).
Das Vorabendprogramm begann mit einem Vortrag von Bernd Gährken, welcher durch einen Sofi-Flug über den Färoer-Inseln erst am Sonnabend anreiste. Er zeigte anhand wunderschöner Bilder und Videos den Vulkan Bardabunga auf Island, der sich mittlerweile wieder beruhigt hatte (Abb. 4). Daneben entstanden noch schöne Polarlichtaufnahmen. Thomas Osthoff ließ es sich selbstverständlich nicht nehmen, seine Impressionen von der totalen Sonnenfinsternis auf Spitzbergen auf die Anwesenden wirken zu lassen. In Mitteleuropa sieht es

für Sonnenfinsternisse in den nächsten Jahrzehnten mau aus, so dass auf andere Kontinente ,,ausgewichen" werden muss. Danach gab es mit einer Bildpräsentation von Claudia Hinz noch den Jahresrückblick 2014, wieder mit imposanten atmosphärischen Erscheinungen aus dem AKM. Der letzte Abend klang dann in sehr gemütlicher Runde aus.
Am letzten Tag gab es einige Kurzvorträge. Bernd Gährken zeigte eine Reihe von Sonnenfinsternis-Bildern, welche auf dem Flug über die Färoer-Inseln entstanden waren. Sein Augenmerk lag jedoch nicht so sehr auf der Verfolgung der Totalität, sondern auf den Effekten des Mondschattens und dem Nachweis von möglichen Polarlichtern. Andreas Möller knüpfte an seinen Vortrag von Freitag an und zeigte anhand von Beispielen wie man die Zeitraffer-Aufnahmen mittels Software bearbeitet und danach eine Videodatei erstellt. Es folgten noch Bilderserien von Thomas Osthoff über Spitz-

bergen und Jürgen Rendtel von Teneriffa, ehe Claudia Hinz über ihre Sichtungen von atmosphärischen Erscheinungen und Polarlichtern 2014/15 in Island berichtete. Den Abschluss bildete ein Film über den Ausbruch des Eyafjallajökull aus Sicht eines Isländers. Vulkanismus ist zwar nicht mit atmosphärischen Erscheinungen verwandt, dies war aber eine willkommene Ergänzung zum Island-Vortrag.
Alles in allem war es wieder ein gelungenes Treffen mit interessanten Vorträgen, die einen zum Mitmachen animierten. Man nahm einige Sachen für sein eigenes Arbeitsgebiet mit nach Hause, und vor allem die persönlichen Kontakte machen diese Treffen immer zu etwas Besonderem. So verabschiedeten wir uns von der Müritz und werden sehen, wo nächstes Jahr das Treffen zu Themen rund um die Atmosphäre und ihrer Erscheinungen stattfindet. Danke auch dieses Jahr an die Organisatoren des Treffens und bis zum nächsten Mal.

Erhöhte Aktivität eines kleinen Meteorstroms:
Die -Cygniden 2014
von Jürgen Rendtel und Sirko Molau

Auf ihrem Umlauf um die Sonne durchquert die Erde zahlreiche Meteoroidenströme. Große Ströme wie etwa die Perseiden oder Geminiden finden viel Beachtung, doch Ereignisse, bei denen nur wenige Meteore pro Stunde erscheinen, bleiben praktisch unbemerkt. Einige dieser kleinen Ströme sorgten für Überraschungen in Form von kurzzeitigen, merklichen Ausbrüchen (Tabelle 1).

Die -Cygniden (Code-Bezeichnung 012 KCG in der IAU-Meteorstrom-Datenbank http://www.astro.amu.edu.pl/~jopek/ MDC2007/) lassen sich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen. Sie sind fast den gesamten Monat August hindurch zu beobachten. Die Aufmerksamkeit konzentriert sich in dieser Zeit auf die Perseiden, so dass die meisten Beobachter (fast) nichts von den -Cygniden bemerken. Ein erkennbares Maximum gibt es nicht. Um den 17./18. August sind bis zu drei Meteore des Stroms pro Stunde zu sehen. Der Radiant ist in der gesamten Nacht hoch über dem Horizont. Die
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1 Dieser helle, langsame -Cygnid wurde am 12. August 2014 um 20:45 Uhr UT
von Pierre Bader in der Nähe von Würzburg aufgenommen. Der Radiant passt am besten zu der in Tabelle 2 als ALY angegebenen Position.

Meteore

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Meteoroide treten mit nur 22 km/s in die Atmosphäre ein. So erscheinen Cygniden hoch am Himmel nahe dem Radianten perspektivisch verkürzt und langsam; Meteore in Horizontnähe sind weit vom Beobachter entfernt und somit ebenfalls scheinbar kurz und langsam.
Erwartungen 2014 Eine genaue Untersuchung des Stroms wurde 2014 von Masahiro Koseki [1] publiziert. Er ging u. a. Berichten über erhöhte Raten in den Jahren 1950, 1993 und 2007 nach. Da diese zu einer Periode von sieben Jahren passen würden, gab es im Juni in der IMO-Zeitschrift WGN [2] einen Hinweis auf möglicherweise erhöhte Raten im August 2014.
Visuelle wie auch Videobeobachtungen vom August 2014 belegen, dass es tatsächlich höhere Raten der -Cygniden gab. Da Vollmond (13.08.) und Perseidenmaximum (12.08.) fast zusammenfielen, gab es nur wenige visuelle Beobachtungsberichte (Abb. 1). Meist wurden Zählungen durchgeführt, deren Daten keine Aussagen über Meteore von SubRadianten erlauben. Bei Videobeobachtungen können nachträglich alle Meteore auf ihre Zuordnung zu Radianten hin untersucht werden. Das erfordert eine erneute Analyse mit entsprechenden Daten, denn die Standard-Auswertung berücksichtigt nur den bekannten KCGRadianten. Entsprechend der Koseki-Arbeit haben wir nach vier Sub-Radianten gesucht (Tabelle 2).
Visuelle Beobachtungen Wegen der ungünstigen Mondbedingungen ist die Anzahl der Beobachtungen und damit auch die Stichprobe von -Cygniden klein, und wir erhalten nur eingeschränkt Aussagen über Rate und andere Stromparameter. Die Zuordnung zu den Sub-Radianten bleibt offen. Sehr wahrscheinlich wurden alle langsamen Meteore aus der Region als ,,KCG" zusammengefasst und Meteore von den weiter entfernten Radianten (ALY) ausgeschlossen. Der Effekt wird klein sein, da bei einer Beobachtung etwa in Richtung Pegasus die Sub-Radianten mehr oder weniger in einer Linie liegen und somit fast alle als ,,KCG" gezählt wurden. Die gezeigte KCG-ZHR (Abb. 2) ist als Summe der gesamten Aktivität zu verstehen und eher unter- als überschätzt. Für die

2 Visuell beobachtete ZHR der -Cygniden im August 2014. Für die Berechnung wurde
ein konstanter Wert des Populationsindexes r = 3,0 und ein Zenitexponent = 1,0 im gesamten Zeitraum angenommen. Zum Vergleich ist die im Mittel der Jahre 1988-2007 beobachtete ZHR des Stroms eingetragen.

Berechnung wurde ein Populationsindex von r = 3,0 angenommen und mit einem Zenit-Exponenten = 1,0 gerechnet. Da der Radiant in allen Intervallen zwischen 50 Grad und 90 Grad hoch war, spielt der Wert von praktisch keine Rolle. Die größte Fehlerquelle steckt in der geringen Anzahl von Strommeteoren. Die durchschnittliche ZHR aus visuellen Beobachtungen der Jahre 1988-2007 liegt bei ZHR = 2;

die Zeit um 145 Grad Sonnenlänge mit einer ZHR = 2,2 wird allgemein als Maximum betrachtet. Die ZHR erreichte dagegen im August 2014 einen Ert von ZHR 6 im Intervall 144-145 Grad , also rund den dreifachen Wert des Mittels. Alle Intervalle zwischen 141,5 Grad und 148,0 Grad weisen ZHR 4 auf, also das Doppelte des Mittelwertes (Abb. 2).

Tabelle 1: Besondere Aktivität kleiner Meteorströme in den letzten 20 Jahren

Datum 22. Dez. 1994 22. Nov. 1995

27. Jun. 08. Okt. 17. Aug. 22. Dez. 23. Jun. 22. Dez. 01. Sep. 22. Dez. 09. Sep. 08. Okt. 08. Okt. 09. Sep.

1998 1998 2000 2000 2004 2004 2007 2007 2008 2011 2012 2013

24. Mai 2014 16. Aug. 2014 01. Dez. 2014 22. Dez. 2014

Strom Ursiden -Monocerotiden
Juni-Bootiden Draconiden -Cygniden Ursiden Juni-Bootiden Ursiden Aurigiden Ursiden September--Perseiden Draconiden Draconiden September--Perseiden
Camelopardaliden -Cygniden Phoeniciden Ursiden

ZHR 50
450
100 720
6 90 30 48 130 34 15 400 9000 25
15 6
10 40

Besonderheiten unerwartet 40 min, erwartet, Zeit war unsicher
1/2 Tag, unerwartet vorausberechnet >1 Tag, unerwartet vorausberechnet 7 h, vorausberechnet vorausberechnet 20 min, vorausberechnet vorausberechnet einige h, unerwartet vorausberechnet (Radar), unerwartet 2 h, r=1,5, erwartet (nicht publiziert)
2 h, vorausberechnet >1 Tag, vorausberechnet ca. 1 h, vorausberechnet 0,5 h, vorausberechnet

Die ZHR (zenithal hourly rate oder stündliche Zenitrate) gibt die auf Standardbedingungen reduzierte Anzahl von Meteoren eines Stroms an.
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Meteore

3 Flussdichte der gesamten -Cygniden (bekannter KCG-Radiant) im August 2014 im
Vergleich zu den Daten der Vorjahre. Parameter für die Berechnung r = 3,0 und = 1,5.

4 Flussdichte von -Cygniden des Radianten KCG (7J) aus Videodaten

-Cygniden in den Videodaten Zunächst haben wir die Gesamtaktivität ermittelt (Abb. 3). Die Flussdichte (Meteoroide pro Stunde pro 1.000 km2) wurde wie die visuelle ZHR mit einem konstanten Populationsindex von r = 3,0 und einem Zenitexponenten von = 1,5 berechnet. Dieser Wert von wird für die meisten Analysen von Videodaten als Referenzwert verwendet, hat aber wegen des hochstehenden Radianten hier kaum Einfluss.

Die Flussdichte ist etwa 3-4-mal so hoch wie im Mittel der Vorjahre. Erhöhten Fluss sehen wir rund 18 Tage lang (136-154 Grad Sonnenlänge), also merklich länger, als es die visuellen Daten zeigen. Das Maximum zwischen 141 Grad und 145 Grad Sonnenlänge (13.-17. August) stimmt in beiden Datensätzen gut überein (Abb. 3). Die Videodaten erlauben eine (nachträgliche) Zuordnung der Meteore zu verschiedenen Radiantenpositionen. Wir konnten so prüfen, wie viele Meteore sich zu den

Zentren aus Tabelle 2 zuordnen ließen. Bei Videodaten von einzelnen Kamerastationen ist dies nur mit begrenzter Sicherheit möglich, insbesondere wenn die Positionen nur wenige Grad voneinander entfernt und die Geschwindigkeiten praktisch identisch sind [3]. Die Radianten der als KCG (7J) und KCG (Hi) bezeichneten Komponenten überlappen sich sogar. Es kann daher sein, dass die KCG (7J) noch stärker sind, da die Hintergrund-Komponente einige der KCG (7J) enthält.
Das Flussdichte-Profil der KCG (7J), das von Koseki [1] für die eventuell mit siebenjähriger Periode wiederkehrende Aktivität verantwortlich gemacht wird, ist in der Abbildung 4 zu sehen. Der Fluss übersteigt bei 134 Grad Sonnenlänge (7. August) sofort das Hintergrund-Niveau und erreicht einen Wert von 2,5/(1.000 km2 h).
Danach ist ein langsamer Rückgang bis zu 155 Grad Sonnenlänge (28. August) zu erkennen. Der Peak entspricht etwa dem Fluss in einem kleinen Meteorstrom wie zum Beispiel den -Capricorniden [4]. (vgl. Abb. 4 bis 7). Die ZDR-Komponente erscheint wie eine Hintergrund-Aktivität mit merklicher Streuung der Einzelwerte und generell sehr geringem Fluss (unter 0,8/(1.000 km2 h)).
Ganz anders verhält es sich mit den Meteoren vom ALY-Radianten. In der Abbildung 6 ist der Fluss bereits ab 130 Grad Sonnenlänge (3. August) klar erkennbar. Das Maximum liegt zwischen 135 Grad und 141 Grad , also hauptsächlich vor dem Perseidenmaximum (140 Grad ) mit einer Flussdichte von 1,1/(1.000 km2 h). Das ist etwa halb

Tabelle 2: Radiantenpositionen entsprechend der Analyse von Koseki [1]

Sonnenlänge (J2000) 130 Grad 135 Grad 140 Grad 145 Grad 150 Grad 155 Grad 160 Grad

KCG (7J) Rektasz. Dekl.
280,3 Grad 42,4 Grad 283,6 Grad 45,5 Grad 286,5 Grad 48,7 Grad 289,0 Grad 51,9 Grad 291,0 Grad 55,3 Grad 292,5 Grad 58,7 Grad 293,2 Grad 62,2 Grad

KCG (Hi) Rektasz. Dekl. 275,1 Grad 50,5 Grad 275,5 Grad 53,5 Grad 275,1 Grad 56,0 Grad 273,8 Grad 58,5 Grad
271,5 Grad 60,8 Grad 268,0 Grad 62,7 Grad 263,5 Grad 64,1 Grad

ZDR (-Draconiden)

Rektasz. Dekl.

276,0 Grad

60,1 Grad

272,0 Grad

61,8 Grad

267,1 Grad

63,0 Grad

261,4 Grad

63,5 Grad

255,6 Grad

63,4 Grad

250,1 Grad

62,5 Grad

245,4 Grad

61,0 Grad

ALY (-Lyriden) Rektasz. Dekl. 283,0 Grad 39,8 Grad 282,0 Grad 43,3 Grad 280,1 Grad 46,1 Grad 277,3 Grad 49,1 Grad 273,6 Grad 51,1 Grad 269,2 Grad 52,5 Grad 264,2 Grad 53,1 Grad

Für die KCG verwenden wir die Angaben auf Grundlage der Videodaten in [1]. ZDR ist eine gemittelte Position der als ZDR1 und ZDR2 bezeichneten Radianten. Die angegebenen Dezimalstellen stellen nicht die tatsächliche Genauigkeit dar, sondern dienen nur zur Interpolation der Drift der Radianten.

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Meteore

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so viel, wie wir von der aktivsten Quelle messen können. Bei 144 Grad Sonnenlänge endet die nachweisbare Aktivität.
Schließlich sehen wir noch auf die Hintergrund-Komponente der KCG, deren Aktivität etwa der ALY-Quelle entspricht: 1,1/(1.000 km2 h) um das Perseidenmaximum bei 140 Grad Sonnenlänge (Abb. 7). Der Fluss übersteigt 0,5/(1.000 km2 h) im gesamten Zeitraum zwischen 130 Grad und 153 Grad Sonnenlänge. Dies entspricht der gesamten bekannten Aktivitätsperiode der -Cygniden.
Da wir insgesamt Meteore von einem größeren Radiationsgebiet einbeziehen, ist die Summe der Flüsse der einzelnen Komponenten höher als der in der Abbildung 3 gezeigte Fluss der als -Cygniden zugeordneten Meteore.
Schlussfolgerungen Die -Cygniden (012 KCG) zeigten im August 2014 erhöhte Aktivität um 144 Grad Sonnenlänge (17. August). Dies war nach den Untersuchungen von Koseki [1] erwartet worden. Die visuellen ZHR sowie die Flussdichte aus den Videodaten sind etwa 3-4-mal so hoch wie der langjährige Mittelwert.
Die Vermutung einer Periode von sieben Jahren geht auf Koseki [1] zurück. Um dies zu belegen, sind Daten aus möglichst vielen Jahren nötig. Im AKM haben wir visuelle Daten seit 1975. Eine Durchforstung der alten Meteor-Eintragungen in Sternkarten soll helfen, Belege für eine Periode zu finden.
Eine zusätzliche Aktivität kann dem ALY-Radianten zugeordnet werden, der 8-10 Grad südöstlich von der in den Katalogen aufgeführten Radiantenposition liegt (siehe z. B. S. 37 in [5]). Die Analyse der Helligkeitsdaten der Videobeobachtungen weist auf einen Populationsindex von r ~ 2,6 für alle Komponenten hin, der unter dem mittleren Wert für den Strom liegt [5].
Eine systematische Beobachtung von Meteoren im gesamten Jahr ist angesichts der in Tabelle 1 zusammengestellten Ereignisse lohnend - und wichtig für das bessere Verständnis der Entwicklung von Meteorströmen.

5 Flussdichte der Meteoroide vom Sub-Radianten ZDR

6 Vom Sub-Radianten ALY, der den größten Abstand von den anderen Komponenten
hat, wird eine etwa halb so hohe Flussdichte wie von den KCG registriert.

7 Flussdichte von der KCG-Hintergrund-Komponente, als KCG (Hi) in Tab. 2 bezeichnet

Literaturhinweise: [1] M. Koseki, 2014: "Various meteor
scenes II: Cygnid-Draconid Complex (-Cygnids)", WGN 42, 181 [2] "Call for observations of -Cygnids in 2014", WGN 42, 89 [3] S. Molau, J. Rendtel, 2009: "A comprehensive list of meteor showers obtained from 10 years of observations with the IMO Video

Meteor Network", WGN 37, 98 [4] S. Molau, J. Kac, S. Crivello, E.
Stoemo, G. Barentsen, R. Goncalvez, A. Igaz, C. Saraiva, M. Maciewski, M. Maslov, 2014: "Results of the IMO Video Meteor Network - July 2014", WGN 42, 234 [5] J. Rendtel, 2014: "Meteor shower workbook 2014", IMO
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Planeten

Bedeckung des Jupitermondes Io durch den Mond Europa
von Erik Wischnewski

Jupiter umläuft die Sonne in 11,86 Jahren. Dabei überquert er zweimal die Erdbahnebene, also etwa alle 6 Jahre. In den Monaten davor und danach sehen wir die Bahnen der vier großen Jupitermonde von der Kante. Deshalb kommt es in dieser Zeit zu gegenseitigen Bedeckungen und Verfinsterungen der Jupitermonde.
Am 15.02.2015 konnte ich die Bedeckung von Io durch Europa mit einem fünfzölligen Apochromaten f/7,5 und einer Canon EOS 60Da aufnehmen. Die Gesamthelligkeit von Europa und Io wurde mit der von Ganymed verglichen (Abb. 1).
Wie wurde gemessen? Um den Zeitpunkt des Minimums und die Amplitude zu bestimmen, wurde ein Gaußfit durchgeführt (hierzu Näheres im Astronomical Bulletin Wischnewski No. 18, [1]).
Die gesamte Serie wurde mit dem Programm MuniWin nach der Blendenmethode vermessen. Dabei wurde die Blende so groß gewählt, dass die beiden Monde Europa und Io gemeinsam erfasst wurden. Ausgewertet wurde der Grünkanal. Die so ermittelte Helligkeit ist die Summe aus beiden (4,30 mag). Das Programm Occult gibt eine Amplitude von 0,493 mag an - entsprechend einer Reduzierung der Helligkeit von 63,5 %. Das bedeutet, dass während der Bedeckung bis zu 61,5 % durch Europa bedeckt werden. Die minimale Gesamthelligkeit beträgt somit 4,79 mag.
Gemessen wurde die Differenz zwischen V (,,variable" = Europa + Io) und C (,,comparison" = Ganymed). Das Ergebnis V-C ist die auszuwertende Lichtkur-
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1
Konstellation der vier großen Jupitermonde am 15.02.2015 eine halbe Stunde vor der Bedeckung. Europa entfernt sich von Jupiter, Io läuft auf ihn zu. Die Helligkeiten wurden mit Hilfe der Software Horizons von JPL auf Basis der Flächenhelligkeit, Durchmesser, Phasenwinkel und Entfernungen der Monde berechnet.

ve (Abb. 2). Ferner wurde die Differenz zwischen C und K (,,check" = Kallisto) bestimmt. Das Ergebnis C-K sollte theoretisch konstant sein und ist insofern ein Maß für die Genauigkeit und die atmosphärischen Bedingungen. Dieses Vergleichsdiagramm wird in diesem Artikel nicht weiter betrachtet (siehe Bulletin Nr. 18 im Quellennachweis). Erwartet wird also eine Grundhelligkeit V-C = -0,20 mag und ein Minimum V-C

= 0,29 mag (Amplitude = 0,49 mag). Für die Messblende wurde ein Radius von knapp 10 Pixeln gewählt, der Hintergrund wurde in einem Ring von 20 bis 30 Pixel Radius gemessen. Damit ist gewährleistet, dass sowohl Europa und Io immer in einem Messfeld liegen, als auch, dass sich bei der Hintergrundmessung keine anderen Objekte im Messfeld befinden.

2 Differenzhelligkeit von (Europa + Io) zu Ganymed mit Gaußfit

Tabelle 1: Vergleich zwischen gemessenen (Wischnewski) und berechneten (Occult) Ereigniszeiten

Beginn: Mitte: Ende:

Wischnewski 0,5001 0,50223 0,5044

+-0,0001 +-0,00005 +-0,0001

Occult 0,50002 0,50226 0,50449

Planeten

79

Lichtkurve und Auswertung Die Lichtkurve (Abb. 2) stellt die Differenzhelligkeit von (Europa + Io) zu Ganymed dar. Zur Ermittlung des Minimumzeitpunktes wurde ein Gaußfit durchgeführt (rote Kurve). Auffallend ist die zunehmende Streuung der Messpunkte und Länge der Fehlerbalken. Die Ursache liegt in der ansteigenden (ungleichmäßigen) Verdichtung von Hochnebel und Zirruswolken.
Der Gaußfit ergibt als Zeitpunkt für die Mitte der Bedeckung (= Minimum = Symmetrieachse) J.D. 2457068.50223 +- 0.00005. Diese Angabe ist genau genommen topozentrisch, darf aber bei der vorliegenden Genauigkeit auch als geozentrisch angesehen werden. Umgerechnet fand das Minimum also am 15.02.2015 um 01:03:12,7 MEZ (+- 4,3 s) statt. Zum

Vergleich: Der mit dem Programm Occult berechnete Wert liegt bei 01:03:15 MEZ, also nur 2,3 Sekunden später und somit gut innerhalb des eigenen Messfehlers.
Für das Grundniveau ergibt der Gaußfit den Wert (-0,13 +- 0,01) mag. Hier wird aufgrund der oben genannten Betrachtungen -0,20 mag erwartet. Die geringe Abweichung von 0,07 mag kann sowohl durch mittleren Fehler einer Einzelmessung (Streuung) von 0,09 mag erklärt werden als auch durch physikalische Effekte wie Rotationslichtwechsel der Jupitermonde.
Dafür stimmt die gemessene Amplitude wieder sehr genau mit den theoretischen Berechnungen aus Occult überein. Die Amplitude beträgt (0,49 +- 0,03) mag in bester Übereinstimmung mit dem theo-

retischen Wert von 0,493 mag (entsprechend 63,5 % Helligkeitsabfall).
Der Beginn und das Ende der Bedeckung lässt sich nur grafisch aus der Lichtkurve ablesen. Hier ergeben sich die in der Tabelle 1 angegebenen Werte.
Daraus schätze ich die Dauer der Bedeckung mit (6,2 +- 0,3) min ab. Der berechnete Vergleichswert aus Occult beträgt 6,43 min.
Quellennachweise: [1] E. Wischnewski: www.astronomie-
buch.de/Astronomical_Bulletin_ Nr_18.pdf [2] D. Herald: www.lunar-occultations. com/iota/occult4.htm [3] D. Motl: http://c-munipack.sourceforge.net

Gegenseitige Jupitermonderscheinungen 2015
von Wolfgang Vollmann

Die vier hellen Galileischen Jupitermonde werden sehr häufig vom Planeten Jupiter verfinstert oder bedeckt bzw. werfen ihren Schatten auf den Planeten oder sind vor dem Jupiter im Durchgang zu sehen [1]. Nur jedes halbe Jupiterjahr (sechs Erdjahre) sehen wir aber genau von der Kante auf die Bahnebene der Monde, und es sind gegenseitige Verfinsterungen eines Mondes durch einen anderen oder von der Erde aus sichtbare Bedeckungen eines Mondes durch einen anderen zu sehen [2, 3]. Hier spricht man von ,,gegenseitigen Jupitermonderscheinungen" (mutual events). Die Sonne stand am 5. Feb. 2015 genau in der Bahnebene der Monde, die Erde ging am 8. Nov. 2014, am 10. Apr. 2015 und 5. Mai 2015 durch die Bahnebene. Daher traten 2014/2015 solche gegenseitigen Jupitermonderschein ungen ein [2, 3].
Sehr schön ist die Beobachtung von Bedeckungen bei ruhiger Luft und hoher Vergrößerung ab ca. 150x. Die Unterschiede in Größe, Helligkeit und Farbe der beteiligten Monde sind dann schon mit einem 13-cm-Refraktor oder 20-cmNewton sehr deutlich sichtbar. Verfinsterungen fallen am Okular nur dann auf,

wenn der verfinsterte Mond um zirka 0,5 mag oder mehr schwächer wird und seine Helligkeit mit einem anderen Jupitermond oder einem nahestehenden Stern ähnlicher Helligkeit verglichen werden kann [4].
Ich beobachtete mehrere Bedeckungen und Verfinsterungen mit einem ZoomTeleobjektiv bei längster Brennweite von 300 mm und der digitalen Spiegelreflexkamera (DSLR). Die Fotoreihe startete ich jeweils einige Minuten vor dem berechneten Beginn der Erscheinung und setzte sie bis einige Minuten nach dem Ende fort. Alle 5 bis 10 Sekunden wurde ein Foto gemacht. Dabei wurde die Kamera auf eine parallaktische Montierung geschraubt und den Sternen motorisch nachgeführt. Mehrere Beobachtungen gelangen auch mit der Kamera am Fotostativ und genügend kurzer Belichtungszeit (0,5 Sekunden), um Strichspuren zu vermeiden. Zur möglichst genauen Zeitnehmung fotografierte ich vor und nach der Erscheinung das Display einer Funkuhr. Damit war die Abweichung der internen Kamerauhr von der MEZ auf eine Sekunde genau bestimmbar. Da mein Ziel die Fotometrie der Monde zur Er-

1 Messkreise mit den Monden, die
zur Helligkeitsmessung benutzt wurden: V = Io+Europa, C1 = Ganymed, C2 = Kallisto
stellung einer Lichtkurve der Bedeckung oder Verfinsterung war, achtete ich darauf, dass die Monde nicht überbelichtet waren.
Die Fotometrie liefert bei diesen Erscheinungen auch astrometrische Ergebnisse, da aus der Lichtkurve auf den genauen Ort der beteiligten Monde im Raum geschlossen werden kann. Eine möglichst genaue Zeitnehmung ist dazu nötig.
Zwei Beobachtungsbeispiele (Jupitermond Europa bedeckt Io am 15. Feb. 2015; Verfinsterung des Jupitermonds
VdS-Journal Nr. 55

80

Planeten

2 Gesamte beobachtete Lichtkurve ,,Europa bedeckt Io", blaue Punkte: beobachtete
Gesamthelligkeit Io mit Europa (nicht getrennt) relativ zu Ganymed, grüne Linie: Vergleichsmond Ganymed, rote Punkte bzw. Linie: beobachtete Helligkeit Prüfmond Kallisto relativ zu Ganymed (Einzelbeobachtungen sind Punkte, Mittelwert ist die Linie)

3 Ausschnitt der Lichtkurve um die Bedeckung, blaue Punkte: beobachtete Gesamt-
helligkeit Io mit Europa (nicht getrennt) relativ zu Ganymed, grüne Linie: Vergleichsmond Ganymed

Europa durch Ganymed am 2. März 2015) sollen als Anreiz dienen, es auch einmal zu versuchen.
15. Februar 2015 - Jupitermond Europa bedeckt Io In der Nacht vom 14. auf den 15. Feb. bedeckte Jupitermond Europa den Mond

Io von 23:59:46 bis 00:06:26 UT (Berechnung IMCCE). Die Bedeckung fotometrierte ich mit Teleobjektiv f = 300 mm. Details zu Aufnahme und Fotometrie: - Teleobjektiv 1:10, f = 300 mm - Kamera nachgeführt auf Montierung - Kamera Canon 600D mit 2 s Belich-
tungszeit, ISO 200, Einzelaufnahmen

im RAW-Format gespeichert - Fotometrie mit AIP4WIN der
Grünbilder - Zeitnehmung: Vor und nach dem
Ereignis fotografierte ich das Display einer Funkuhr und konnte so die Kamerauhr auf 1 Sekunde genau an UT anschließen - Es wurde die Gesamthelligkeit von Europa und Io, die sich nicht trennen ließen, mit dem Vergleichsmond Ganymed gemessen, als Prüfmond diente Kallisto.
Ergebnisse - Etwa am 14. Feb., 23:59:30 UT, war
der Beginn der Bedeckung, am 15. Feb., 00:07:00 UT, das Ende. - Als Mitte der Bedeckung bestimmte ich aus der Lichtkurve 00:03:21 UT +- 8 Sekunden. - Außerhalb der Bedeckung war das Paar Europa und Io etwa 0,12 mag heller als Ganymed, zur Mitte der Bedeckung war Europa+Io 0,38 mag schwächer als Ganymed, eine Amplitude von 0,50 mag. - Die Helligkeit des Prüfmonds Kallisto war konstant 1,12 mag schwächer als Ganymed mit einer Standardabweichung von 0,05 mag, das ist etwa die Genauigkeit einer Einzelmessung (vgl. Abb. 1 bis 3).
Vergleich mit der Beobachtung von Erik Wischnewski Dasselbe Ereignis wurde von Erik Wischnewski beobachtet: www.astronomiebuch.de/Astronomical_Bulletin_Nr_18. pdf (vgl. auch den vorangehenden Beitrag in diesem Heft). Beim Vergleich mit der ersten fotometrischen Auswertung meiner Aufnahmen, die mit Muniwin gemacht

4 Messkreise mit den Monden, die zur Helligkeitsmessung
benutzt wurden: V = Europa, C1 = Io, C2 = Kallisto
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5 Identifikation der Monde mit den Anfangsbuchstaben
ihrer Namen

Planeten

81

wurden (Beobachtungsbericht: www.waa. at/bericht/2015/02/20150215wvo00. html) bemerkte ich eine systematische Differenz in den Messungen mit Muniwin. Trotz der Hilfe durch Erik bei der Parametrierung von Muniwin konnte ich den Fehler nicht beseitigen. Ich vermute, dass meine geringe Brennweite von 300 mm bzw. das Streulicht des hellen Jupiter die Messungen mit Muniwin verfälscht. Die Beobachtungen oben sind mit AIP4WIN ausgewertet und die Übereinstimmung mit den Vergleichsbeobachtungen von Erik ist jetzt sehr gut.
2. März 2015 - Verfinsterung des Jupitermondes Europa durch Ganymed Am 2. März beobachtete ich die Verfinsterung von Europa durch Ganymed. Ausrüstung war wieder das 300-mm-Teleobjektiv, diesmal bei Blende 1:5,6 und 0,5 Sekunden Belichtungszeit bei ISO 200. Durch Windböen hatte ich die Kamera am Fotostativ (keine Nachführung) und versuchte am Balkon in die windgeschützteste Ecke zu kommen. Details zu Aufnahme und Fotometrie: - Teleobjektiv 1:5,6, f = 300 mm - Kamera am Fotostativ ohne Nachfüh-
rung - Kamera Canon 600D mit 0,5 s Belich-
tungszeit, ISO 200, Einzelaufnahmen im RAW-Format gespeichert - Fotometrie der Grünbilder mit AIP4WIN - Zeitnehmung: Vor und nach dem Ereignis fotografierte ich das Display einer Funkuhr und konnte so die Kamerauhr auf 1 Sekunde genau an UT anschließen. - Es wurde die Helligkeit von Europa mit dem Vergleichsmond Io gemessen, als Prüfmond diente Kallisto.
Ergebnisse - Etwa um 20:22 UT war der Beginn der
Verfinsterung, um 20:29 UT das Ende. Das IMCCE (http://www.imcce.fr) hatte in der Vorausberechnung 20:22:05 bis 20:29:52 UT. - Als Mitte der Verfinsterung bestimmte ich aus der Lichtkurve 20:25:49 UT +- 7 Sekunden. - Unverfinstert habe ich Europa 0,2 mag schwächer als Io gemessen, zur Mitte der Verfinsterung war Europa 2,0 mag schwächer als Io, eine Amplitude von 1,8 mag.

6 Verlauf der Verfinsterung, gezeigt an 5 Einzelbildern

- Die Helligkeit des Prüfmonds Kallisto war konstant mit einer Standardabweichung von 0,11 mag, das ist etwa die Genauigkeit einer Einzelmessung (vgl. Abb. 4 bis 7).
Weblinks: [1] ,,Jupitermonde und Jupitermond
erscheinungen, Beobachtung und Hintergründe": www.waa.at/apo/ jumo/main.html [2] ,,Gegenseitige Jupitermonderscheinungen 2014/2015": www.waa.at/

hotspots/planeten/jupiter-20142015/mutual-events/index.html [3] ,,Anleitung zur Beobachtung und Vorherberechnung der gegenseitigen Jupitermonderscheinungen 2014/2015 vom IMCCE": www. imcce.fr/en/observateur/campagnes_ obs/phemu15/ [4] ,,Eigene Beobachtungsberichte von Jupitermonderscheinungen": http:// members.aon.at/wolfgang.vollmann/ jumo.htm

7
Lichtkurve Verfinsterung Europas durch Ganymed

VdS-Journal Nr. 55

82 Sonne

Lichtbrücken in Sonnenflecken beobachten
- viel Dynamik - viel Unbekanntes
von Heinz Hilbrecht

Sonnenflecken bestehen im Weißlicht aus drei Teilen: Umbra, Penumbra und Lichtbrücken. Letztere sind helle Gebiete, die von außen in den Fleck eindringen oder sich im Fleck entwickeln. Lichtbrücken können eine Granulation tragen, bei den meisten handelt es sich um Penumbra-Filamente, die sich von der Umbra/ Penumbra-Grenze in die Umbra vorbauen (s. Abb. 1a+b). In der VdS-Fachgruppe Sonne bildet sich gerade eine Gruppe, die Lichtbrücken beobachten will. Interessenten aus allen Bereichen der Sonnenbeobachtung sind willkommen. Es gibt Projekte für Gelegenheitsbeobachter und interdisziplinäre Teams von Astrofotografen, Weißlicht- und Filterbeobachtern, auch ,,Schreibtischastronomen" sind willkommen, die nicht einmal ein eigenes Teleskop brauchen.

1a In hoher Auflösung sind die prinzipiellen Unterschiede von Lichtbrücken sichtbar:
links eine schmale granulare Lichtbrücke im Fleck mit Penumbra, rechts mehrere penumbrale Lichtbrücken die sich von der Umbra/Penumbra-Grenze in die Umbra vorbauen; Lichtbrücken-Granulen sind im Durchschnitt kleiner als in der ungestörten Photosphäre; aufgenommen am 19.01.2015, 18:04 Uhr UT (Quelle: ISAS/JAXA/NAOJ/ Hinode G-Band).

Wie sehen Lichtbrücken aus? Granulare Lichtbrücken bestehen aus Granulation, also Konvektionszellen. Sie tragen kein oder kaum Magnetfeld und erinnern oft an die hellen Fackelgebiete außerhalb von Sonnenflecken. Die Konvektionszellen sind deutlich kleiner als die Granulation der ungestörten Photosphäre. Im Teleskop erscheinen sie deshalb etwas unschärfer als die ungestörte Sonnenoberfläche. Sie können aus einer einzigen Reihe von Granulen bestehen, wie eine Perlenkette, aus einer Doppelreihe oder aus größeren und scheinbar ungeordneten Flächen von Granulen. Deutliche Veränderungen sind oft innerhalb von Minuten bis wenigen Stunden beobachtbar, manche Lichtbrücken bleiben über Tage fast unverändert.
Penumbrale Lichtbrücken bestehen aus hellen und dunklen Penumbra-Filamenten, die sich in die Umbra vorbauen. Meistens sind das einzelne Filamente, die in die Umbra reichen. Sie können gegenüberliegende Umbra/Penumbra-Grenzen verbinden oder auf Bögen durch die Umbra ziehen und Segmente im Kern der
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1b Bei geringerer Auflösung bleiben granulare und penumbrale Lichtbrücken unterscheid-
bar; die Helligkeit penumbraler Lichtbrücken wird durch helle Knoten in den Filamenten bestimmt; aufgenommen am 19.01.2015, 18:11 Uhr UT (Quelle: NASA/SDO/HMI).

Sonnenflecken abgrenzen. Größere penumbrale Lichtbrücken bestehen aus Bündeln von Filamenten. Das Verhältnis von hellen zu dunklen Filamenten verändert sich ständig, deformierte Granulationszellen bilden helle Gebiete aus. Penumbrale

Lichtbrücken können deshalb ihren Helligkeitsverlauf und ihre Form innerhalb von Minuten bis wenigen Stunden ändern.
Lichtbrücken machen außergewöhnliche Beobachtungen möglich. Umbra und

Sonne 83

2a In Randnähe stehen Lichtbrücken scheinbar höher als die
dunklen Teile des Sonnenflecks, weil die Wilson-Depression einen tieferen Blick in die Photosphäre erlaubt; aufgenommen am 18.10.2014, 15:12 Uhr UT (Quelle: NASA/SDO/HMI).

2b Besonders in chromosphärischen Linien erscheinen Licht-
brücken am Sonnenrand wie ein Gebirge; vor allem über penumbralen Lichtbrücken stehen ,,Flammen" und kleinere Jets; aufgenommen am 18.10.2014, 15:04 Uhr UT (Quelle: ISAS/JAXA/NAOJ/Hinode CaII-H).

3a Penumbrale Lichtbrücken in Ha, unter ungünstigen Luftbe-
dingungen bei niedrig stehender Wintersonne; trotzdem sind die Lichtbrücken gut zu sehen, die ,,Flammen" über ihnen sind angedeutet; aufgenommen am 06.12.2014 mit einem 80-mm-Doublestack-Teleskop von Dirk Lucius.

3b Zum Vergleich mit Abb. 3a das Bild von SDO; die beiden
penumbralen Lichtbrücken verbanden tatsächlich gegenüberliegende Umbra/Penumbra-Grenzen, wie am Teleskop zu sehen war; der begrenzte Grauwertumfang im Bild von SDO zeigt die weniger hellen Teile der Lichtbrücken nicht vollständig; aufgenommen am 06.12.2014, 12:23 Uhr UT (Quelle: NASA/SDO/HMI).
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84 Sonne

4 Lichtbrücken können sich in Minuten oder Stunden stark verändern; manche markieren aber auch stabile Bereiche im Sonnenfleck und
entwickeln sich langsam; über vier Tage im Abstand von 12 Stunden: Die penumbrale Lichtbrücke in AR 12325 (unten) veränderte ständig ihre Helligkeit und Form, blieb aber über Tage stabil. In AR 12324 (oben) bildeten sich aus schmalen penumbralen Lichtbrücken breite granulare Lichtbrücken, die bei aller Veränderung praktisch ortsfest blieben. Aufnahmedaten: 17.04.2015, 00:09 Uhr UT; 17.04.2015, 12:09 Uhr UT; 18.04.2015, 00:09 Uhr UT; 18.04.2015, 12:39 Uhr UT; 19.04.2015, 00:09 Uhr UT; 19.04.2015; 12:03 Uhr UT; 20.04.2015, 00:09 Uhr UT; 20.04.2015, 06:09 Uhr UT; Quelle: NASA/SDO/HMI

Penumbra im Sonnenfleck sind transparenter als die ungestörte Photosphäre. Der Blick geht dort tiefer in die Sonne hinein. Lichtbrücken stehen in dieser Wilson-Depression, auf den Sonnenrand zu zeigen sich ihre Filamente oder Granulen deshalb von der Seite. Sie erscheinen wie ein Gebirge oder als Bogen im Sonnenfleck, über der Wilson-Depression (Abb. 2 a+b). Aus diesem Grund haben Lichtbrücken eine eigene Mitte-Rand-Variation der Helligkeit. Ursache ist der ,,Hot Wall Effekt", der Blick auf die Seiten der Granulationszellen, die von einer größeren Fläche mehr Licht abstrahlen.
Was Filterbeobachtungen zeigen Besonders penumbrale Lichtbrücken zeigen in den chromosphärischen Linien, z. B. Ha und Ca II, in der Höhe eine Flammenstruktur. In Videos scheint es, als würde die komplette Lichtbrücke brennen. Sie sind besonders gut zu sehen, wenn sie näher am Sonnenrand stehen und deshalb von der Seite beobachtet werden können. Gute Luftbedingungen sind nötig, denn sie sind nur ungefähr zehn Bogensekunden hoch. Versierte Ha-Fotografen bilden sie allerdings regelmäßig ab (Abb. 3a+b). Daneben gibt es kurzlebige Jets, die bis zu einigen Bogenminuten hoch ausgeworfen werden können. Es ist unbekannt, wann solche Jets auftreten. Jede Beobachtung ist deshalb wertvoll. In der Chromosphäre
VdS-Journal Nr. 55

scheinen Lichtbrücken außerdem oft in größere Strukturen eingebettet zu sein.
Lichtbrücken und die Fleckentwicklung Noch vor wenigen Jahrzehnten galten Lichtbrücken als Zeichen des Zerfalls und der Auflösung von Sonnenflecken. Amateurbeobachtungen lieferten klare Hinweise, dass Lichtbrücken auch in jungen Sonnenflecken häufig sind und sich entwickeln. Inzwischen ist bekannt, dass sie auch bei der Neubildung von Sonnenflecken entstehen. Dazu fehlen allerdings systematische Beobachtungen. Typisch für diesen Vorgang ist, dass die

spätere Lichtbrücke scheinbar ,,angekündigt" ist. Meistens bildet der Sonnenfleck eine unvollständige Penumbra aus, die am Ort der zukünftigen Lichtbrücke fehlt. Die Entstehung der Lichtbrücke beginnt mit der Neubildung eines zweiten Sonnenflecks, der sich ausdehnt und dabei den Raum zum ersten Sonnenfleck immer mehr verkürzt. Diese Entwicklung kann aufgehalten werden, als würde der zweite Sonnenfleck von einem Hindernis gebremst: Die Lichtbrücke bildet sich. Sie wird dabei meistens etwas heller, in den chromosphärischen Linien zeigen sich Ähnlichkeiten mit Fackelgebieten. Dazu gehört ein häufiges Aufblitzen über Se-

5 Typisierungsschema für Lichtbrücken, das durch Unterscheidung von penumbralen
und granularen Lichtbrücken und eine einfache Schätzung der Helligkeit ergänzt wird

Sonne 85

kunden bis wenige Minuten, in Gebieten deutlich kleiner als eine Bogensekunde. Diese Blitze sind trotzdem sichtbar, weil sie sehr hell sind. In einem Fall wurde beobachtet, wie sich dabei eine granulare Lichtbrücke in eine schmale penumbrale Lichtbrücke umgewandelt hat.
Es gibt auch Übergänge zwischen penumbralen und granularen Lichtbrücken, sie sind bisher nicht systematisch untersucht. Manche penumbralen Lichtbrücken zeigen über Tage Felder von gestörter und länglich verzerrter Granulation, die seitlich in helle Penumbrafilamente übergeht. In größeren granularen Lichtbrücken entsteht nicht selten Penumbra, die innerhalb von Minuten bis wenigen Stunden wachsen oder wieder verschwinden kann. Die Abbildung 4 zeigt Beispiele, wie sich über Tage hinweg aus penumbralen Lichtbrücken breite granulare Lichtbrücken entwickeln. Weil sich dabei die Physik der Lichtbrücken deutlich ändert, sind solche Vorgänge besonders interessant.
Amateurastronomen beobachten Lichtbrücken sind sehr dynamische Objekte, die mit den verschiedensten Interessen beobachtet werden können. Sie könnten Angelpunkt für ein interdisziplinäres Team werden, für tägliche Routinebeobachtungen oder befristete Projekte, in denen Lichtbrücken an einem Tag über Stunden hinweg verfolgt werden. Aktuelle Bilder vom Weltraumobservatorium SDO liefern bereits am Teleskop die geometrischen Verhältnisse sehr genau, allerdings mit geringem Kontrastumfang. Hier liegt die Stärke der Beobachtung am Teleskop, wo Amateurastronomen

das Phänomen besser sehen als das Weltraumteleskop.
Für die allgemeine Beschreibung von Lichtbrücken gibt es eine Typisierung (Abb. 5). Sie ist nun erweitert durch die Unterscheidung von granularen und penumbralen Lichtbrücken und eine dreistufige Angabe zur Helligkeit. Eine ausführliche Anleitung steht zum Download im Internet bereit [5]. Dabei sind vor allem junge Fleckengruppen interessant, in denen Lichtbrücken bei der Neubildung von Sonnenflecken entstehen können. Außerdem scheint es, dass Lichtbrücken stabile Strukturen im Sonnenfleck markieren können, die in der allgemeinen Dynamik sonst kaum auffallen (Abb. 4). Die ,,langweiligen" Lichtbrücken, die sich über Tage hinweg entwickeln, wenig Veränderungen zeigen, aber leicht zu beobachten sind, könnten deshalb der interessanteste Teil eines LichtbrückenProjekts sein.

Internet- und Literaturhinweise: [1] H. Hilbrecht, 1999: ,,Kapitel 5.1.7.
Lichtbrücken. In: Reinsch, K. et al., Die Sonne beobachten", Verlag Sterne und Weltraum, Heidelberg [2] A. Lagg et al., 2014: "Vigorous convection in a sunspot granular light bridge", Astron. Astrophys. 568, A60 [3] R. E. Louis et al., 2012: "Analysis of a fragmenting sunspot using Hinode observations", Astrophys. J. 755, 16 [4] T. Shimizu et al., 2009: "Hinode observations of the magnetic fields in a sunspot light bridge accompanied by long-lasting chromospheric plasma ejections", Astrophys. J. 696, L66 [5] ,,Material für LichtbrückenBeobachter": VdS-Fachgruppe Sonne, sonne.vdsastro.de/index. php?page=de/mitarb.html#lbnetz oder www.fuhrmann-hilbrecht.de/ LB
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86 Sonne
Eruptive ,,Stab-Protuberanz" (Surge)
vom 30. März 2014 zwischen Cirrenschleiern
von Jens Leich
1 Dieses Bild zeigt den 130-mm-Apochromaten von
Starfire mit dem H-Filter und den mit einem Herschelprisma bestückten 60-mm-Apochromaten auf der Astrophysics-Montierung (Mach 1).
Es war ein warmer März-Sonntag und kompakte Cirrenfelder überzogen den weißlich blauen Frühlingshimmel. Trotzdem richtete ich meine zwei Apochromaten auf die Sonne. Huckepack auf dem 130-mm-Apochromaten (Starfire von Astrophysics) zeigte der kleine 60-mm-Fluorit-Apochromat (Takahashi), bestückt mit einem Herschelprisma von Baader, nur wenige Sonnenflecken. Aber der Sonnenrand war relativ ruhig, und so entschloss ich mich, das H-Filter (Solarspectrum, Halbwertsbreite 0,05 nm) inklusive 4-facher Telezentrik am 5-zölligen Starfire zu montieren. Schnell war das ,,Cool-ERF" - ein Energieschutzfilter vor dem Objektiv - aufgesetzt und das Solarspectrum fertig zum ,,Heizen". Die Abbildung 1 zeigt die eingesetzte Ausrüstung auf einer Astrophysics-Montierung (Mach 1) in meiner Sternwarte. Nachdem das Filter seine Betriebstemperatur von 37,4 Grad C erreicht hatte, zog ich das Sternwartendach auf, und mein Blick wanderte über den Sonnenrand. Das Solarspectrum hat 19 mm freie Öffnung und zusammen mit einem 26-mm-Okular (Typ Plössl von Meade) erreiche ich eine Vergrößerung von ca. 130fach. Schnell fiel mir beim Abschwenken des Sonnenrands ein kleiner, sehr heller ,,Spieß" auf. Das war
2 Protuberanz am 30.03.2014 um 09:44 Uhr UT
(oben), 09:55 Uhr UT (Mitte) und um 10:01 Uhr UT (unten) VdS-Journal Nr. 55

Sonne 87

schon sehr verdächtig. Außerdem sah das Ganze aus, als wäre da eine Art heller Trichter, aus der die Protuberanz aufzusteigen begann. Offensichtlich wurde ich Zeuge einer eruptiven Protuberanz, eines sogenannten Surges. Diese treten oft nach einem Flare (= Ausbruch elektromagnetischer Strahlung) auf und ragen wie ein Spieß meist senkrecht zur Sonnenoberfläche auf. Dabei wird chromosphärische Materie mit Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/s in die Korona katapultiert, das konnte ich in den folgenden Minuten sehr anschaulich sehen. Aufgrund langjähriger Forschungen geht man heute davon aus, dass es sich bei den drei bekannten Eruptionsarten Flare, Surge und CME (koronaler Massenauswurf) um unterschiedliche Ausprägungen ein und desselben physikalischen Prozesses handelt, wobei allerdings unbekannt ist, welche Voraussetzungen in

einer solchen aktiven Region erfüllt sein müssen. Vermutet wird, dass Eruptionen immer dann auftreten, wenn Feldlinien mit entgegengesetzter Polarität sehr dicht zusammengedrängt werden. Aber nicht alle Regionen sind davon betroffen [1]. Die meisten Protuberanzen weisen eine Säulen- oder Stabform auf, daher mein bezeichnender Name für diese auffällige Protuberanz.
Viele der beobachteten Protuberanzen zeichne ich gerne auf Papier, aber diese änderte sich so schnell, dass die Entscheidung, das Phänomen mit der TISVideokamera aufzunehmen, mit einer Handvoll brauchbarer Aufnahmen belohnt wurde.
Drei Aufnahmen zeigen die relativ schnellen Veränderungen der Protuberanz (Abb. 2). Zum Einsatz kam eine

Videokamera TIS DMK-21AU618.AS. Als Aufnahmeprogramm diente ,,FireCapture" (Version 2.3) von Torsten Edelmann. Jede Szene wurde als 30-s-Video von 1.800 Bildern Länge festgehalten. Davon wurden nur jeweils 30-50 Bilder mit der aktuellen Version 2 des Programms ,,AutoStakkert" von Emil Kraaikamp verarbeitet, die Endbearbeitung erfolgte in Photoshop 6.
Ich konnte in den letzten Wochen einige Male ähnliche Phänomene beobachten. Das ist richtig spannend, zumal auf unserem Heimatstern immer etwas los ist. Jeder Tag bringt etwas Neues!
Literaturhinweis: [1] J. Banisch, 2009: ,,Die Sonne",
Oculum-Verlag, 1. Auflage 2009

Die Sonnenfinsternis 2015 mit einer digitalen Filmkamera aus dem Flugzeug

von Peter C. Slansky
1

Eine totale Sonnenfinsternis gehört zu den spektakulärsten Naturerscheinungen überhaupt. Die totale Sonnenfinsternis am 20. März 2015 war allerdings nur entlang eines Streifens über dem Nordatlantik sichtbar, der lediglich an zwei Stellen festen Boden berührte: den Färöer Inseln und Spitzbergen. Die Gegend ist

nicht gerade für ihr gutes März-Wetter bekannt. Da kam mir das Angebot der Firma Eclipse Reisen aus Bonn gerade recht: Ein Beobachtungsflug mit einer Chartermaschine, in der lediglich ein Drittel der Sitze, rechts am Fenster und rechts in der Mitte, vergeben wurden. Die Flughöhe von 11.000 m versprach

Totale Sonnenfinsternis am 20. März 2015 über dem Nordatlantik; Komposit Nr. 2 aus 2596 Einzelbildern
perfekte Sichtbedingungen, allein ,,getrübt" durch das Bordfenster. Die beiden Sitzplätze in einer Reihe waren exakt zur

VdS-Journal Nr. 55

88 Sonne

wurde unsere Alexa Mini mit einem Zeiss 1:2,8/180 mm Cine Sonnar mit einem Linear-Polfilter sowie, während der partiellen Phase, mit einem Solarfolienfilter ND 3,8.

2 Die ARRI Alexa Mini mit Zeiss Cine Sonnar 1:2,8/180 mm

Finsternismitte auf Ansage zu wechseln; dieser Vorgang wurde mehrfach geprobt - ich hatte allerdings zwei Plätze gebucht ...
Aufnahmetechnik Auch meine fünfte Sonnenfinsternis wollte ich wieder mit einer speziellen fotografischen Technik aufnehmen, die sich dieses Mal den besonderen Bedingungen des Beobachtungsfluges anzupassen hatte: Durch die große Transparenz der Erdatmosphäre in 11 km Höhe sollte ein Blick auf die äußere Korona möglich sein. Da aus einem bewegten Flugzeug heraus aufgenommen wurde, konnten jedoch weder eine lange Brennweite noch lange Belichtungszeiten eingesetzt werden. Dagegen bot sich ein lichtstarkes Teleobjektiv an, um die Kamera den Relativbewegungen von Sonne und Mond nachzuschwenken und diese möglichst in der Bildmitte halten. Hierdurch würden auch Kratzer und Schmutz auf dem Bordfenster weniger bildwirksam in Erscheinung treten. Der Beobachtungsflug legte insgesamt eine ähnliche Aufnahmetechnik wie in der Planetenfotografie nahe: Die Erstellung einer großen Anzahl von Einzelbildern durch eine Filmaufnahme und deren spätere Überlagerung und Schärfefilterung. Diese Aufnahmetechnik kombinierte ich mit der HighDynamik-Range-Fotografie, bei der eine Serie unterschiedlich belichteter Bilder zu einem HDR-Bild überlagert wird.

Mini zur Verfügung zu stellen. Die Alexa Mini ist die kleine Schwester der ARRI Alexa, die sich weltweit - gerade auch in Hollywood - als DIE digitale Filmkamera für große Kinofilme etabliert hat und die auch an der Hochschule für Fernsehen und Film in München, an der ich lehre, im Einsatz ist. Gegenüber der großen Alexa ist das Gehäuse der Mini sehr viel kompakter; es besteht aus Carbonfaser und wiegt ohne Objektiv, Sucher und Akku 2,5 kg. Alle Alexas haben denselben Sensor, einen speziell entwickelten, 24 mm x 13,5 mm großen CMOS-Sensor mit einer nativen Auflösung von 2.880 x 1.620 Pixel. Der übertragbare Szenenkontrast beträgt 14 Blendenstufen, gemessen mit dem ARRI Dynamic Range Test Chart. Aufgezeichnet wird auf C-Fast-2.0-Speicherkarten. Das Kameragehäuse kostet ohne Sucher, Objektiv und Stromversorgung 32.000 . Bestückt

Beobachtungsflug Unser Airbus A 320 startete um 06:15 Uhr MEZ ab Zürich. Die Kernschattenlinie, der ,,totality run", wurde pünktlich um 09:30 Uhr UTC über den Färöer Inseln erreicht. Begleitet wurde ich von Katrin Richthofer und Christoffer Kempel von der Hochschule für Fernsehen und Film, die einen Fernsehbericht über den Beobachtungsflug drehten, sowie David Bermbach von der Firma ARRI, der die Kamera einstellte und überwachte (es handelte sich noch um ein Vorserienmodell). Auf dem totality run flogen insgesamt 22 Jets zur Sofi-Beobachtung, dirigiert von einem speziell engagierten Chefnavigator.
Nach dem Bordfrühstück wurde die Alexa Mini auf einem Filmstativ mit FluidSchwenkkopf hinter dem Bordfenster in Stellung gebracht (Abb. 2). Hierzu musste ein Stativbein entfernt werden, die weitere Befestigung erfolgte mit Schraubklemmen, Gelenkarmen, Spanngurten und Klebeband - kein Kandidat für einen Designpreis. Das kritischste optische Element war das Bordfenster aus drei Lagen Glas bzw. Polycarbonat, das leider schon eine Stunde nach dem Start im Inneren die ersten Eisblumen zeigte, die sich bis zur Totalität noch verstärken sollten.

Diese Aufnahmen waren ein Fall für eine professionelle digitale Filmkamera. Ich war glücklich, die Firma ARRI überzeugen zu können, mir für den Beobachtungsflug ihr neuestes Modell Alexa
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3 Um 9:40 UTC wurde unser Airbus vom fast doppelt so schnellen Kernschatten
überholt; Aufnahme mit Sony Alpha 7S mit Canon FD 1:2/35 mm.

4 Komposit Nr. 1

Sonne 89

5 Komposit Nr. 3

Totalität Kurz vor dem 2. Kontakt nahm ich den Solarfilter ab und startete die Belichtungsreihe über insgesamt 13 Blendenstufen. Die Szenen belichtete ich zuerst 5-7 Sekunden bei 25 Bildern/s, später bis 15 s, um genug Einzelbilder zu erhalten. Start war bei Blende 11 und 1/1.800 s Belichtungszeit bei ISO 800 (der nativen Kameraempfindlichkeit), die tiefste Belichtung erfolgte bei Blende 2,8 und 1/25 s bei ISO 3.200. Innerhalb der 3:44 min der Totalität musste ich ständig

mehrere Kameraparameter verstellen, was aber bei der sehr guten Ergonomie kein Problem war. Die Mondscheibe und die Protuberanzen bis hin zur äußeren Korona waren wunderschön im elektronischen Sucher der Alexa zu sehen. Der Bildeindruck war sehr natürlich, wie mir der Blick durch den oberen Teil des Fensters bestätigte.
Viel zu kurz waren diese 3:44 min! Doch auch der 3. Kontakt war spektakulär: Die Kratzer und Eisblumen des Bordfensters

führten zu ausgedehnten Strahlen um die wieder hervorkommende Sonnenscheibe herum (Abb. 3). War es während der Totalität ziemlich ruhig an Bord gewesen, so entlud sich nun die Spannung aller in Applaus und Jubel - mein Diktiergerät zeichnete alles auf. Reiseleiter Stefan Krause hatte einen tollen Job gemacht: Seine Ansagen regelten den Ablauf perfekt, auch der Sitzplatzwechsel zur Finsternismitte hatte lediglich 10 Sekunden gedauert, gegenüber mehr als doppelt so viel bei der ersten Probe. Nach einem
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90 Sonne

Mittagessen landete die Maschine gegen 13:00 Uhr wieder in Zürich.
Vom Flughafen fuhren wir direkt zum Schweizer Fernsehen SRG: Der Chefredakteur hatte Interesse an den Filmaufnahmen von Katrin Richthofer und Christoffer Kempel und mir. Sie kauften das Material an und sendeten den Beitrag in der Tagesschau am selben Abend.
Bildbearbeitung Nach der Heimfahrt nach München und der Rücklieferung des Equipments begann für mich die Bildbearbeitung, die insgesamt drei Tage dauerte. Aus einer Ausgangsdatenmenge für die Aufnahmen der Totalität inkl. 2. und 3. Kontakt von 8,5 GB wurde eine Gesamtdatenmenge von 46 Gigabyte. Die native Aufzeichnung der ARRI Alexa Mini war in 2K (2.048 x 1.152 Pixel) mit dem professionellen Film-Codec ProRes 4444 12 Bit erfolgt. Um das Filmbildmaterial in den in der Astrofotografie üblichen Programmen bearbeiten zu können, musste es zuerst komplett in TIFF-16-Bit-RGB-Dateien konvertiert werden. Das besorgte Christoffer Kempel auf einer Workstation der Hochschule mit dem Programm Nuke. Aus 9 MB pro Bild in der ProRes-Datei wurden knapp 3.000 TIFF-Bilddateien mit 13,8 MB pro Bild, von denen am Ende die 2.596 schärfsten verwendet wurden.
Im nächsten Schritt wurden alle scharfen Einzelbilder einer Sequenz in Fitswork 4.47 gestackt und zu jeweils einem Summenbild aufaddiert. Das erfolgte in der doppelten Auflösung 4K (4.096 x 2.304 Pixel): Stacken in Subpixelgenauigkeit ergibt einen echten Auflösungsgewinn. Die 13 4K-Summenbilder wurden im Format FITS, 32 Bit, Gleitkomma abgespeichert, was pro Bild 110 MB ergab. Mit einer Gammakorrektur versehen wurden diese Summenbilder wieder als 16-BitTIFF abgespeichert, was weitere 13 Dateien zu je 55,3 MB ergab.
Im letzten Schritt wurden die 4K-TIFFSummenbilder in Photoshop CS6 zu drei Komposits verarbeitet. Hierzu wurde jeweils eine Photoshop-Datei mit 14 Ebenen angelegt, in die die Summenbilder mit der am tiefsten belichteten Aufnahme unten und der am knappsten belichteten Aufnahme oben eingefügt wurden. Eine
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solche PSD-Datei umfasste bis zu 750 MB. Das Overlay der Ebenen erfolgte in Photoshop mit einer Anpassung des jeweiligen Deckungsgrades, teilweise auch durch eine ovale, weiche Auswahlmaske. Das Kunststoff-Bordfenster hatte bei der Aufnahme in Verbindung mit dem Polfilter zu Farbartefakten geführt, daher wurden die Ebenen der Korona lediglich im Schwarzweiß-Modus bearbeitet; nur die obersten drei Ebenen mit der inneren Korona und den Protuberanzen wurden in der Original-Farbe belassen. Der dunkle Blauton des Himmelshintergrundes wurde, der Originalaufnahme entsprechend, nachträglich wieder eingefärbt. Auf diese Weise wurde Farbrauschen, das bei der Schärfung zumeist verstärkt wird, vermieden. Die oberste Ebene bestand immer aus einem scharfen Einzelbild der Mondscheibe bei der knappsten Belichtung, da dies die größte Schärfe für diese Ebene ergab.
Beim Komposit Nr. 1 (Abb. 4) wurde die Schärfung allein in Photoshop mit der Funktion ,,Unscharfe Maskierung" vorgenommen.
Beim Komposit Nr. 2 (Abb. 1) wurden die acht am stärksten belichteten Ebenen zusammengefasst und in Fitswork zurückexportiert. Nach Anwendung des Schärfenfilters nach Larsen-Sekanina wurde das gefilterte Bild dem PhotoshopKomposit wieder so überlagert, dass sich ein harmonischer Bildeindruck ergab: Gegenüber dem Komposit Nr. 1 sind die Strukturen der Korona deutlicher zu erkennen, ohne dass das Bild völlig vom visuellen Eindruck abweicht.
Beim Komposit Nr. 3 (Abb. 5) wurden zuerst alle Ebenen einzeln in Fitswork mit dem Larsen-Sekanina-Filter bearbeitet und dann in Photoshop mit etwas unscharfer Maskierung überlagert. Auf diese Weise werden zuvor unsichtbare Strukturen der Korona sichtbar, der Bildeindruck ist aber bereits recht artifiziell.
Fazit Schon mehrfach hatte ich professionelle digitale Filmkameras für die Astrofotografie einsetzen können. Bei einem Beobachtungsflug einer Sonnenfinsternis herrschen besondere Aufnahmebedingungen, die die Aufnahme vieler Einzelbilder mit nachträglicher Überla-

gerung nahelegen. Diese Methode kann auch dann erfolgreich eingesetzt werden, wenn keine digitale Filmkamera zur Verfügung steht, sondern z. B. eine der verbreiteten DSLR- oder EVIL-Kameras mit HD-Videofunktion. Mir jedoch hat es einmal mehr großen Spaß gemacht, professionelle digitale Filmtechnik ,,exzentrisch" einzusetzen ...

Spektroskopie

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MIFUS - 3D-Spektroskopie für Amateure

von Daniel P. Sablowski
Die 3D-Spektroskopie ist bei den professionellen Astronomen zu einem wichtigen Werkzeug bei der Untersuchung von extragalaktischen Quellen geworden. Die Technologien zur Separierung der räumlichen Wellenlängeninformation sind komplex und interessant zugleich. Neben sehr aufwändigen Methoden wie dem Advanced Image Slicer [1] gibt es auch einfachere, nachteiligere Methoden, um die räumliche Information im Spektrum zu erhalten. Wie eine solche Technik an kleinen Amateurteleskopen betrieben werden kann, ist Gegenstand dieses kurzen Artikels.
Die Integral-Feld-Einheit (IFU) Diese Einheit dient dazu, die Bildebene des Teleskops in kleine Einheiten zu zerschneiden und am Eingang des Spektrografen zur Zerlegung in die Wellenlängen anzuordnen. Die räumlichen Elemente nennt man, analog zum Pixel (picture element) Spaxel (spatial element). Neben der sonst wichtigen Größe der Auflösung des Spektrografen (genauer der Wellenlängenauflösung) tritt bei 3D-Spektrografen die räumliche Auflösung, gegeben durch das von einem Spaxel in der Bildebene erfasste Winkelelement, zusätzlich als wichtiges Kriterium auf.
Die einfachste Art, um eine solche Einheit zu realisieren, ist ein Bündel optischer Fasern in den Teleskopfokus zu packen. Diese Methode ist verhältnismäßig kostengünstig, jedoch zu Lasten der räumlichen Auflösung. Nichtsdestotrotz wurde diese Variante für die IFU für den Mini-Integral-Field-Unit Spectrograph (MIFUS) gewählt.

Spiegel, welcher die Abbildung des direkten Sternbildes sowie des vom Bündel rückreflektierten Bildes möglich macht. Ein Bild der Einheit ist in Abbildung 2 gezeigt.
In dieser Abbildung erkennt man auch einen zweiten Faseranschluss, welcher zur Adaption einer Kalibrationsfaser vorgesehen ist. Damit lassen sich dann die entsprechenden Aufnahmen für Wellenlängen- und Flatkalibration erstellen. Für Details sei auf die mehrteiligen Artikel zur spektroskopischen Datenanalyse von Lothar Schanne verwiesen [2].
Neben der direkten Kopplung über Fasern gibt es die Möglichkeit, direkt die Ebene durch ein Mikrolinsenarray zu separieren. Diese Methode jedoch schränkt

1
Faserbündel der IFU für MIFUS. Es handelt sich um 38 Fasern mit einem Kerndurchmesser von 0,1 mm, verklebt und poliert in einem SMA-Stecker.
die Dispersion stark ein. Eine weitere Methode ist die Verwendung eines Mikrolinsenarrays vor dem Faserbündel. Hiermit erzielt man eine gute räumliche Abdeckung und behält den Freiheitsgrad, die Fasern im Spektrografen nach Belieben anzuordnen oder sogar auf mehrere aufzuteilen. Diese Methoden sind schematisch in der Abbildung 3 dargestellt.
Der Spektrograf Es gibt viele Möglichkeiten zur Auslegung des optischen Layouts eines Spektrografen, und jede ist ein Kompromiss vieler verknubbelter Parameter. Um MIFUS relativ flott und einfach zu einem ersten Test zu bringen, wurde eine Anordnung mit niedriger Dispersion und einem Transmissionsgitter gewählt. Dies hatte auch seinen Grund darin, dass dem

Als ein erstes Testbündel wurden 38 Fasern mit einem Kerndurchmesser von 0,1 mm in einen SMA-Stecker geklebt und poliert. Ein Bild dieses Bündels ist in der Abbildung 1 gezeigt.

Dieses Bündel ist dann mit einer Fasereinkopplung verbunden, welche das Auffinden und Nachführen des Objektes auf dem Bündel ermöglicht. Diese Einheit verfügt über einen Strahlteiler und einen

2 Die Faserkopplungseinheit bildet zusammen mit dem Faserbündel die IFU für MIFUS.
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Spektroskopie

profils in Gasnebeln oder Galaxien geschlossen werden. Das Layout von MIFUS ist nun in der Abbildung 4 gezeigt.

Durch die ausgedehnte Eingangsapertur, also den senkrecht übereinander angeordneten Fasern, müssen etwas bessere Optiken zur Kollimierung und Abbildung verwendet werden, welche auch eine akzeptable optische Korrektur im Feld besitzen. Obwohl die hier verwendete Doppel-Petzval-Anordnung über keinen Feld-Ebner verfügt, haben Feldaberrationen keinen limitierenden Einfluss. Es bleibt jedoch eine chromatische Aberration im blauen Bereich unter 420 nm.

3 Einige verhältnismäßig einfach zu realisierende IFU-Techniken

Ergebnisse Erste Tests am Orionnebel M42 belohnen die Mühen für's Erste. Obwohl der Aufbau sehr einfach und kostengünstig gehalten ist, zeigen die Tests brauchbare Ergebnisse, die zu weiteren Versuchen und Verbesserungen anregen. Das Rohspektrum des genannten Objektes ist in der Abbildung 5 gezeigt. Tageslicht muss für Testzwecke immer herhalten und darf daher in der Abbildung 6 nicht fehlen.

Bevor jedoch die Technik (Optik und Mechanik) weiter ausgefeilt wird, muss eine zeitlich vertretbare Reduktion der Messdaten realisiert werden.

4 Layout von MIFUS. Die Fasern sind senkrecht übereinander angeordnet und bilden
den Eintrittsspalt. Das Licht wird durch ein sogenanntes Petzval-Objektiv kollimiert, vom Gitter zerlegt und durch ein weiteres Petzval auf das CCD abgebildet.

Schluss Es ist immer wieder erstaunlich, mit welch einfachen Mitteln sich zunächst schwierige Aufgaben realisieren lassen. Zunächst die ,,einfache" Spektroskopie

Autor ein entsprechendes Gitter bereits zur Verfügung stand. Damit lässt sich der gesamte Spektralbereich auf einem kleinen CCD-Detektor abbilden. Eine hochauflösende Variante zum ,,SingleLine-Monitoring" ist in einer Abwandlung von MIFUS zum H-MonitoringSpectrograph (HMoniS) geplant. Hierfür ist ein 1.800 l/mm zählendes holografisches Volumenphasen-Gitter (VPH-Gitter), getrimmt auf die H-Linie, vorgesehen. Diese Gitter erreichen Effizienzen um 85 bis 90 % und sind teilweise als Massenware erhältlich. Durch die höhere Auflösung und Dispersion ist dann nur noch ein kleiner Spektrumausschnitt auf dem CCD sichtbar. Jedoch kann durch eine Linienprofilanalyse auf räumliche Änderungen z. B. des Geschwindigkeits-
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5 Die 38 Spektren von M 42 der 38 Fasern aus der Bildebene des Teleskops,
aufgespalten in ein Spektrum. Die Emissionen stammen aus dem Emissionsnebel und die hellen ,,kontinuierlichen" Spektren von den Sternen des Trapezes im Orion.

Spektroskopie

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mit einem klassischen Langspaltspektrografen, dann die Echellespektroskopie und Faserkopplung und nun rückt die 3D-Spektroskopie in greifbare Nähe der Amateure. Natürlich lassen sich solche Projekte erst realisieren, wenn genügend Erfahrung in vorangegangenen Projekten gesammelt werden konnte. Über den Fortschritt dieses und weiterer Projekte gibt die Homepage des Autors Aufschluss [3].

Literaturhinweise und Weblinks: [1] Centre de Recherche Astrophysique
de Lyon [2] L. Schanne, 2014-2015: ,,Die
Auswertung spektroskopischer CCD-Aufnahmen", VdS-Journal für Astronomie 50, 51, 52 (und weitere) [3] hobbysternwarteploesen.de

6 Rohaufnahme des Tageslichts

Hochauflösende Spektroskopie an Doppelsternen
von Rainer Anton

Die Spektroskopie liefert wesentliche Informationen nicht nur über die Natur von Sternen, sondern auch über ihre Bewegungen. Das ermöglicht der DopplerEffekt, indem man aus Linienverschiebungen Geschwindigkeitskomponenten in Blickrichtung, d. h., sogenannte Radialgeschwindigkeiten, berechnen kann. Das ist insbesondere interessant bei den spektroskopischen Doppelsternen, die auch mit großen Teleskopen meist nicht aufgelöst werden, sich im Spektrum aber durch periodische Linienverschiebungen verraten. Im Folgenden berichte ich über Messungen an zwei Beispielen: Centauri und Capella. Über beide gibt es umfangreiche Fachliteratur, aber ich als Amateur wollte untersuchen, welche Informationen mein Eigenbau-Spektrograf von solchen Objekten liefern kann.
Spektrograf und Auswertung Der Spektrograf besteht aus Spalt, Kollimator, Blaze-Reflexionsgitter mit 1.800 Linien/mm, und einer Abbildungsoptik. Meine DMK31-S/W-Kamera erfasst einen Wellenlängenbereich von etwa 16 nm des Spektrums bei einer Dispersion von 0,0158 nm/Pixel bzw. nach Re-Samp-

1 Der Eigenbau-Spektrograph am 50-cm-RC der IAS in Namibia, hier mit Reducer
auf f/5,9. Am schräg angesetzten Rohr befindet sich die DMK31, gegenüber die Guiding-Kamera.

ling von nominell 0,0079 nm/Pixel. Ein Strahlteiler vor dem Spalt spiegelt einen Teil des Strahls vom Teleskop auf eine seitlich angebrachte Guiding-Kamera. Auch kann eine Neon-Glimmlampe zur Kalibration eingespiegelt werden. Weite-

re Einzelheiten habe ich in [1] kürzlich beschrieben. Eine Ansicht des Spektrografen zeigt die Abbildung 1.
Von Centauri habe ich Spektren mit dem 50-cm-RC der IAS in Namibia [2]

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Spektroskopie

2 Der Doppelstern Centauri. Aufnahme mit ,,lucky
imaging" am 50-cm-RC der IAS in Namibia bei effektiver Brennweite 8.200 mm (mit Barlowlinse), Norden ist unten, Osten rechts.

3 Der scheinbare Orbit von Centauri mit Messdaten aus der Literatur
(aus [4, 5] grün und magenta) und eigene (rot mit Zeitangaben). Die Skalen bezeichnen Abstände in Bogensekunden. Die gestrichelte Linie verbindet die Bahnknoten.

bei einer effektiven Brennweite von 3 m aufgenommen sowie von Capella mit meinem 250 mm/1.500 mm-Newton zu Hause, jeweils im Bereich der H-Linie. Beide Sternsysteme sind sehr hell, und wenige Sekunden genügten zur Ausbelichtung. Bei der Bearbeitung habe ich

bis zu 128 Einzelbilder überlagert, um das Rauschen zu minimieren. Die Auswertung der Spektren erfolgte anhand von Literaturdaten für die Metalle und die terrestrischen Linien [3]. Das ergab, dass die Skalierung nicht genau linear war. Eine Korrektur mit einem angepass-

ten Polynom 2. Grades erwies sich als notwendig und hinreichend. DopplerVerschiebungen wurden umgerechnet auf Radialgeschwindigkeiten gemäß der Formel vr = c · / (wobei c = Lichtgeschwindigkeit).

4 Spektrum der Komponenten A (oben) und B (unten) von Centauri in der Umgebung der H-Linie bei 656,28 nm (Bildmitte). Die drei
hellen Linien kommen von der Neon-Kalibrierlampe. Aufnahme vom 26.3.2014.
Neon

5 Wellenlänge nm

Wellenlänge nm

Links: Intensitätsprofile der Komponenten A und B im Bereich der H-Linie. Rechts: Entsprechend bei etwas längeren Wellenlängen.

Die Neon-Linien dienten als Referenz.

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Spektroskopie

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Centauri Alpha Centauri ist ein bekannter Doppelstern, der schon mit kleinen Teleskopen gut getrennt werden kann. In Katalogen wird er oft als RHD 1 AB verzeichnet. Die Helligkeiten der Komponenten sind 0,01 und 1,33 mag. Die Umlaufperiode beträgt 79,9 Jahre. Als Doppelstern habe ich das System seit 2000 schon öfter vermessen. Der Abstand hat sich in den letzten Jahren stark verringert. Er betrug etwa 4,3'', als ich ihn im April 2014 aufnahm (Abb. 2).
Die Abbildung 3 zeigt den Orbit nach Pourbaix [4] und dem Sixth Catalog of Orbits of Visual Binary Stars [5]. Zusätzlich habe ich die von mir gemessenen Positionen eingetragen.
Spektren habe ich im September 2012 und im März 2014 aufgenommen. Dabei lagen die Positionswinkel der Komponenten bei etwa 260o bzw. 279o, d. h., fast in Ost-West-Richtung. Entsprechend hatte ich den Spektrografenspalt orientiert, so dass sich beide Spektren praktisch gleichzeitig aufnehmen ließen, wie in der Abbildung 4 zu sehen ist.
Die Breite der Bänder wird hauptsächlich durch das Seeing bestimmt, ihr Abstand

6 Verlauf der Radialgeschwindigkeiten nach Pourbaix [4]. Eigene Messwerte sind in
Magenta eingetragen. Zeitpunkte in Blau bezeichnen das vorherige und das nächste Periastron.

auf die Sonne bezogen. Mit der ,,heliozentrischen Korrektur" wegen der Erdbewegung ergab sich ein Wert von -20,7 km/s [6]. Dieser entspricht innerhalb der Fehlergrenzen dem Literaturwert für die Systemgeschwindigkeit von -22,4 km/s. Das Minuszeichen bedeutet dabei Annäherung.

Sie passen ganz gut zu den erwarteten Radialgeschwindigkeiten. Sie bedeuten, dass sich beide Komponenten auf uns zu bewegen und zwar B zurzeit schneller als A. Also liegt B in der Abbildung 3 hinter A und bewegt sich in Richtung auf den absteigenden Knoten rechts unten (in der Nähe des Periastrons). Dabei heißt abstei-

7 Spektrum von Capella in der Umgebung der H-alpha-Linie (Mitte) von 648 bis 665 nm, aufgenommen am 22.11.2012. Die überlagerten
Emissionslinien stammen von der Neon-Kalibrierlampe.

ergibt sich aus der teleskopischen Abbildung. A und B werden in die Spektralklassen G2 bzw. K1 eingestuft, und die meisten Linien, abgesehen von Wasserstoff, stammen von Metallen wie Fe, Ni, Ca und anderen. Es gibt auch einige terrestrische Linien, die bei der Kalibrierung helfen. In der entsprechenden Aufnahme von 2012 war praktisch keine Verschiebung der Spektren gegeneinander messbar, jedoch eine geringe Verschiebung zu kürzeren Wellenlängen gegenüber den terrestrischen und Neon-Linien, was einer Radialgeschwindigkeit von -0,7 km/s entsprach, wobei die Fehlergrenzen mit +-1,8 km/s weit größer waren. Radialgeschwindigkeiten werden meist

In 2014 war dann eine deutliche Verschiebung der Spektren auch gegeneinander sichtbar, allerdings nicht im Maßstab der Abbildung 4, sondern erst bei starker Vergrößerung. Das verdeutlichen die Überlagerungen der Intensitätsprofile von A und B in der Abbildung 5.
Die anhand von 28 Linien gemittelten Verschiebungen für A und B gegenüber den Neon- und terrestrischen Linien ergaben Radialgeschwindigkeiten von -39,8 km/s und -43,0 km/s, mit Fehlergrenzen von +-1,5 km/s, bzw. heliozentrisch korrigiert -21,5 km/s und -24,7 km/s. Die Abbildung 6 zeigt meine Messwerte im Vergleich mit Literaturdaten.

gend auf uns zu, aufsteigend wäre von uns weg. Dieses Ergebnis demonstriert, wie man mit der Spektroskopie die Knoten identifizieren kann. Diese Information folgt nicht allein aus Bahnberechnungen auf Basis von Positionsdaten.
Interessant ist auch, dass die älteren Messwerte bis zu den 60er-Jahren stark streuen, während sie später mit der Entwicklung von besseren Spektrometern wesentlich genauer wurden. Es sei noch angemerkt, dass die etwas bizarre Form der Radialgeschwindigkeitskurven auf den großen Werten von Bahnneigung (i = 79,2o) und Exzentrizität (e = 0,52) beruht. In den Kreuzungspunkten sind
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Spektroskopie

Wellenlänge nm
8 Vergleich der Spektren von Capella (blau, kleiner Ausschnitt aus Abb. 7) und Sonne
(rot) im Bereich um die H-Linie. Die Stern-Linien sind (am 22.11.2012) um 0,086 nm gegenüber den Ruhe-Wellenlängen der Sonne und einigen terrestrischen Linien nach rechts verschoben.

9 Verlauf der Radialgeschwindigkeiten von Capella mit der Phase nach Weber &
Strassmeier (blau: Hauptstern, schwarz: Begleiter) [7] und eigene Messwerte (magenta).

die Radialgeschwindigkeiten der Komponenten gleich und stellen die Systemgeschwindigkeit dar, weil ihre Bahnen dann senkrecht zur Blickrichtung verlaufen. Der Unterschied wird in den nächsten Jahren stark zunehmen und beim Periastron 2035 ein Maximum von etwa 13 km/s durchlaufen. Das zu verfolgen, ist vielleicht auch für Amateure reizvoll.
Capella Ein anderer interessanter Fall ist Capella im Fuhrmann, der wohl best bekannte spektroskopische Doppelstern. Lange Zeit konnte er teleskopisch nicht getrennt werden, was aber vor einigen Jahren mit der ,,Long Baseline Interferometry" doch gelang. Wegen seiner Helligkeit und überschaubaren Periode von 104 Ta-
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Wellenlänge nm

gen ist er auch bei Amateuren beliebt. In der Abbildung 7 ist der Bereich um die H-Linie zu sehen. Das Spektrum wird dominiert vom Hauptstern mit der Helligkeit 0,91 mag, während kaum Linien vom Begleiter zu erkennen sind, obwohl er mit 0,76 mag sogar etwas heller ist. Der Grund ist die höhere Temperatur, bei einem Spektraltyp G0 gegenüber G8 vom Hauptstern, und besonders die schnelle Eigenrotation, wodurch die Spektrallinien stark verbreitert sind. Jedoch macht er sich bemerkbar im Profil der H-Linie, was weiter unten illustriert wird.
Die Abbildung 8 zeigt einen Ausschnitt als Intensitätsprofil im Vergleich mit dem von der Sonne. Die genaue Analyse ergibt eine mittlere Verschiebung der Stern-Linien um 0,086 nm zu längeren Wellenlängen. Daraus folgt eine Radialgeschwindigkeit von +39,1 km/sec von uns weg bzw. nach heliozentrischer Korrektur +48,3 km/sec.
Weitere Spektren habe ich im Zeitraum bis April 2014 aufgenommen und der jeweiligen Phase zugeordnet. Der Vergleich der resultierenden Radialgeschwindigkeiten mit neueren und sehr genauen Daten von Fachastronomen (Weber & Strassmeier [7]) ergab recht gute Übereinstimmung, wenn auch natürlich mit größeren Fehlerbalken, wie die Abbildung 9 illustriert. Dabei wird als Phase definiert die Zeit nach Durchlaufen des Periastrons, bezogen auf die Umlaufzeit. Als Referenz dienten das von [7] angegebene Periastron und die Periode von 104,022 Tagen. Im Gegensatz zu Cen variieren die Radialgeschwin-
10
Die Form der H-Linie variiert mit der Phase. Hier zeigt sich die Bewegung des Begleiters.

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digkeiten bei Capella sinusförmig. Der Grund ist, dass die Exzentrizität nahezu Null ist und daher die Bahngeschwindigkeit etwa konstant ist.
In der Abbildung 8 fällt eine Deformation der H-Linie von Capella gegenüber der Sonne auf. Diese hängt reproduzierbar von der Phase ab und rührt vom Begleiter her. Die Abbildung 10 zeigt drei repräsentative Linienprofile bei den Phasen nahe 0 (bzw. 1) sowie 0,25 und 0,5. Dabei wurden die Spektren justiert auf die Metalllinien, da diese von der Hauptkomponente dominiert sind. Im ersteren Fall differieren die Radialgeschwindigkeiten etwa maximal, ebenso im letzteren, nur umgekehrt. Das heißt, dass der Begleiter sich in der Nähe eines Knotens befindet. Im mittleren Fall dagegen bewegen sich beide Komponenten etwa

senkrecht zur Blickrichtung, so dass die Linienbreite minimal ist.
Abschließend möchte ich bemerken, dass ich als Amateur mit vergleichsweise einfachen Mitteln viel aus der Spektroskopie gelernt habe. Auch wenn man nicht unbedingt wissenschaftliches Neuland betritt, wird doch das Verständnis von astrophysikalischen Zusammenhängen vertieft.
Literaturhinweise: [1] R. Anton, 2014: ,,Selbstbau eines
hoch auflösenden Gitter-Spektrografen", Sternkieker, GvA Hamburg, Nr. 239, 208 [2] Internationale Amateur-Sternwarte: www.IAS-observatory.org [3] www.spectra.freeshell.org/

spectroweb.html spectra.freeshell. org/spectroweb.html [4] D. Pourbaix et al., 2002: ,,Constraining the Difference in Convective Blueshift between the components of Centauri with precise radial velocities", Astron. Astrophys. 386, 280 [5] W. Hartkopf et al., 2014: ,,Sixth Catalog of Orbits of Visual Binary Stars", U.S. Naval Observatory, www.usno.navy.mil/USNO/ astrometry, Mai 2014 [6] www.spektroskopie.fg-vds.de, im Programmpaket SpecRaVe [7] M. Weber, K. G. Strassmeier, 2011: "The spectroscopic orbit of Capella revisited", Astron. Astrophys. 531, A89

Spektroskopie der Supernova SN 2014J in M 82 mit dem StarAnalyser 100
von Torsten Hansen
Frage: ,,Warum ist die Beschäftigung mit der Astronomie so spannend?" Antwort: ,,Es gibt immer wieder einmal etwas Überraschendes oder Unerwartetes zu erleben!"

So geschehen am 21.01.2014, als während eines Teleskopworkshops an der Sternwarte der Londoner Universität einem Team von 4 Studenten (Ben Cooke, Tom Wright, Matthew Wilde und Guy Pollack) unter Anleitung von Dr. Steve Fossey die Entdeckung einer der uns am nächsten gelegenen Supernovae der letzten Jahrzehnte widerfuhr (zur Entdeckungsgeschichte siehe [1]).

Aufnahmen des vor-offiziellen Entdeckungszeitpunkts dieser Supernova in M 82 (Bezeichnung SN 2014J) datieren den Beginn des Ereignisses auf den 15.01.2014 (J. Itagaki, [2]).

Noch vor wenigen Jahren hätte sich der Autor nun über ein weiteres Fotoobjekt gefreut, M 82 mit der Supernova fotografisch aufs Korn genommen und der Flut der Aufnahmen des Ensembles weitere eigene Bilder hinzugefügt (Abb. 1).

Mittlerweile allerdings gibt es für Amateure eine weitere interessante Möglichkeit, Supernovae auf den Leib zu rücken, die Spektroskopie!

Der folgende Artikel soll Möglichkeiten aufzeigen, mit relativ einfachen Mitteln lichtschwächere, dynamische Objekte wie Supernovae

1 Supernova SN 2014 J in M 82 mit
9-cm-Refraktor bzw. 20-cm-Newton

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Spektroskopie

2
Schematische Darstellung eines Spaltspektrografen und eines spaltlosen Spektrografen. Mit freundlicher Genehmigung von R. Leadbeater.

3 StarAnalyser 100. Optisches Gitter
mit 100 Linien pro mm, eingebaut in eine 11/4-Zoll-Schraubfassung.

spektroskopisch zu beobachten und so erste Einblicke in das physikalische Verhalten dieser Objekte zu erhalten.
Beobachtungstechnik - Instrumente Der geneigte Leser wird sich fragen, welche Geräte für die Aufnahme von Spektren einer Supernova nötig sind.
Prinzipiell gibt es 2 Anordnungen, Spekren aufzunehmen, als da wären die Spekroskopie mit bzw. ohne Spalt ( vgl. Abb. 2).
Bei einem Spektrografen mit Spalt fällt das Licht durch einen i. d. R. wenige Mikrometer weiten Spalt und wird danach durch weitere optische Elemente, inklusive ein das Licht zerlegendes Element (z.

B. optisches Gitter oder Prisma), weiter zum Detektor geleitet. Hierbei tritt, vermittelt durch diese Prozedur, eine Verteilung der Lichtintensität über die Photonenwellenlängen ein, und man erhält, je nach Dispersion und Wahl des zu beobachtenden Spektralausschnitts, eine Reduktion der vom Detektor empfangenen Lichtmenge, welche auf einen schmalen, aber langen Spektrumstreifen verteilt ist. Der Spektrograf mit Spalt stellt auch aufgrund des eben Gesagten ein kompliziert zu bedienendes Gerät dar, welches die Koordination einer Reihe von Aktionen erfordert. Je lichtschwächer die zu spektroskopierenden Objekte sind, desto schwieriger ist die Bewältigung dieser Aufgabe.

4 Rohspektrum von Wega; oben Rohstack aus 1.970 Einzelvideoframes; unten Spektral-
streifen vertikal gestreckt, links der Stern in nullter Ordnung (normale Abbildung), rechts der Spektrumstreifen (erste Ordnung).

5 Rohspektrum (oben) des Saturnmondes Titan, vom Himmelshintergrund befreit (unten)
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Entfernt man den Spalt des Spaltspektrografen erhält man eine spaltlose Anordnung, die aber kompliziert zu bedienen bleibt, da die optische Konstruktion ansonsten nicht grundsätzlich geändert wurde.
Wesentlich einfacher gestaltet sich die Beobachtung, wenn man die Anordnung in der Abbildung 2 (unten) wählt, welche ebenfalls spaltlos arbeitet. Das Licht fällt durch ein optisches Gitter, wird hierdurch in die verschiedenfarbigen Bereiche zerlegt (Spektrum) und im Fokus des Teleskops von der Kamera registriert. Diese Anordnung liegt preislich derzeit im Bereich von 120 Euro (optisches Gitter), während man für einen kommerziellen Spaltspektrografen das 10- bis 80-fache hinlegen muss!
Das optische Gitter, welches hier zum Einsatz kommt, läuft unter der Bezeichnung StarAnalyser 100 (vgl. Abb. 3), ist also ein Gitter mit 100 Linien pro Millimeter, welches in einer Filterfassung mit 11/4-Zoll-Schraubgewinde verbaut ist. Dieses Gitter lässt sich sehr einfach, z. B. in einer Steckhülse, vor den Chip einer (Video-) Kamera einschrauben und dann fokal verwenden [3].
Die spektroskopische Ausrüstung besteht nun des Weiteren noch aus dem verwendeten Teleskop (alternative Nutzung mit Fotoobjektiv und DSLR oder CCDKamera, siehe [3]) und einer Kamera. Wenn man konsequent auf Einfachheit der Anordnung Wert legt, benutzt man eine empfindliche Videokamera neuerer Generation. Bei Verwendung einer gekühlten CCD-Kamera wird sich die für ein möglichst rauscharmes Ergebnis

Spektroskopie

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nötige Gesamtbelichtungszeit natürlich entsprechend verkürzen.
Vor der Auswertung der Spektren Neben der Aufnahmetechnik steht bei allen Spielformen der Himmelsfotografie die Auswertung der Beobachtung auf gleicher Stufe. Im Falle der Spektroskopie gibt es nun neben den üblichen Schritten zur Erzielung eines weiter bearbeitbaren Resultats, Stichwort Bildkalibrierung, noch eine weitere Komponente, die in der Analyse des Ergebnisses besteht. Arbeitsschritte wie Schärfung und Glättung wie in der ,,normalen" Astrofotografie fallen hingegen komplett weg, da sie zu einer Verfälschung des Datenmaterials führen würden. Als Beispiel könnte man hier das Schärfen einer Spektrallinie anbringen, welches zu einer Veränderung des Linienprofils führen würde und letztendlich fehlerhafte physikalische Interpretationen des Ergebnisses nach sich ziehen würde!
Um die Auswertung von Spektren vorzubereiten, sind zwei wesentliche Aktionen nötig: a) Video- bzw. Einzelbilder überlagern
(inkl. Dark-, Bias- und Flatfieldkorrektur), b) Abzug des Himmelshintergrundes.
Diese Arbeitsschritte sind mit Hilfe vieler frei erhältlicher Programme durchführbar. Speziell für die Spektroskopie zugeschnitten sind die Programme IRIS [4] und das neuere ISIS [5] von Christian Buil. Letzteres verfügt z. B. auch über eine StarAnalyser-Routine, bei der die Rohdaten komplett bis zum fertigen Grafen auswertbar sind. Im Falle von IRIS und für die Datenreduktion von Spektren gibt es zwei sehr nützliche Anleitungen von Urs Flükiger [6] und Richard Walker [7].
Was darf erwartet werden? Mögliche Ergebnisse der ersten beiden Arbeitsschritte zeigen die Abbildungen 4 und 5. In Abbildung 4 oben ist als Beispiel ein Spektrum des Sterns Wega zu sehen, welches durch Überlagerung aus 1.970 Einzelbildern eines Videos von 2.000 Einzelbildern entstand. Für die Überlagerung von Videos mit integrierter Dark- und Flatfieldkorrektur funktionieren die gängigen Überlagerungsprogramme für Planetenvideos recht gut. Je nach

6 Bildkalibriertes Rohspektrum von SN 2014J

7 Nullte Ordnung und Wellenlängenkalibrierung am Beispiel von Neptun

Seeing ergeben Registax5 und Registax6 [8] sehr gute Ergebnisse. Ebenfalls sehr gut geeignet ist das Programm Giotto [9], welches hervorragende dark- und flatkalibrierte Einzelbilder liefert. Danach sollte aus Zeitgründen die Überlagerung der kalibrierten Einzelbilder aber in Registax erfolgen. Die Abbildung 4 unten zeigt das Spektrum, nachdem es in einen 10 Pixel hohen Streifen ausgeschnitten, dieser Streifen auf genau ein Pixel Höhe reduziert und danach auf 100 Pixel Höhe zurückgerechnet wurde.
Arbeitsschritt 2, die Entfernung des Himmelshintergrundes, ist eine wichtige Maßnahme, um das Spektrum von allen äußeren Einflüssen zu bereinigen. Vor allem in lichtverschmutzter Umgebung überlagern sich der aufgehellte Himmel und das zu untersuchende Sternlicht, d. h., über dem Bild des Spektrums liegt z. B. das Natriumlicht von künstlich beleuchteten Objekten, welches durch Streuung

an Aerosolen mit im Himmelshintergrund enthalten ist. Extrembeispiele hierfür gibt es auf C. Buils Internetseite, wo diese Linien bei länger belichteten Spektren als Emissionslinien über dem Bild liegen.
Ein weiteres Beispiel zeigt die Abbildung 5, in der das Spektrum des Saturnmondes Titan zu sehen ist. Durch die lange Belichtungszeit erkennt man im Hintergrund eine Aufhellung durch Licht, welches von Saturn stammt. Dieses Hintergrundlicht liegt auch über dem Spektrum und ,,kontaminiert" gewissermaßen das Titan-Spektrum. In der Abbildung 5 unten kann man nun die erfolgreiche Entfernung dieser Kontamination sehen, welche durch Subtraktion des Himmelshintergrundes bewerkstelligt wurde.
Im Falle von Supernova-Spektren kommt der Subtraktion des Himmelshintergrundes sogar eine spezielle Bedeutung zu, da der Himmelshintergrund nicht nur aus
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Spektroskopie

8 Rohspektrum SN 2014J (grün) und Kamera-Profil (rot)

9 Ergebnis der Division des Rohspektrums durch das Kamera-
profil: das responsekorrigierte Spektrum des Zielobjekts

störenden künstlichen Lichtquellen besteht, sondern auch noch vom Licht der Galaxie bestimmt wird, in welche die Supernova eingebettet ist!
Die Programme IRIS und ISIS beinhalten diese Korrektur, um den Himmelshintergrund als automatische Prozedur im Zuge der Bildkalibrierung bzw. Vorbereitung der Spektren zur Auswertung zu entfernen. Im Falle von Supernova-Spektren mit dem StarAnalyser ist eine automatische Korrektur allerdings durchaus mit Vorsicht zu betrachten. Hier empfiehlt sich, dies manuell vorzunehmen, indem man z. B. das oben beschriebene Verfahren des Ausschneidens eines wenige Pixel hohen Streifens auf möglichst nah am Zielspektrum gelegene Bereiche anwendet und diese Streifen vom Streifen des Zielspektrums abzieht, um abschließend die Ergebnisse zu mitteln.
Vom Spektralbild (2D-Spektrum) zum Grafen (Spektralprofil) Die Bildkalibrierung, egal ob mit Videooder Einzelbildern, ist abgeschlossen; wie geht es nun weiter? Wie erhält man einen Grafen bzw. das Spektralprofil des aufgenommen Rohspektrums?
In der Abbildung 6 ist das bildkalibrierte Rohergebnis eines Spektrums der Supernova SN 2014J in M 82 zu sehen. Um das Spektralprofil zu erhalten, muss das Spektrum ausgeschnitten werden (gelber Rahmen in Abb. 6). Bewährt hat sich, einen 10 Pixel hohen Streifen um das Spektrum zu legen und auszuschneiden. Danach wird entweder dieser Streifen in ein Spektrenauswerteprogramm geladen oder der Streifen in ein Bild verwandelt,
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so wie für die Abbildung 4 (unten) vorher schon beschrieben. Die zweite Variante hat den Vorteil, ein zweites Spektrum, welches für die Wellenlängenkalibrierung nötig ist, genau an die Position der nullten Ordnung des Zielspektrums anzupassen. Diese Prozedur ist für StarAnalyser-Spektren nötig, da sonst keine unabhängige Wellenlängenreferenz zur Verfügung steht (außer man hat auf eine andere Art für eine externe Kalibrierlichtquelle gesorgt).
Die Abbildung 7 zeigt bildlich, was unter der Anpassung der nullten Ordnungen zu verstehen ist. Die nullte Ordnung ist nichts anderes als das unabgelenkt durch das Gitter hindurchgegangene Sternlicht. Liegen die nullte Ordnung des Zielobjektes (in Abb. 7 am Beispiel eines Spektrums von Neptun) und die nullte Ordnung des Kalibriersterns übereinander, können die im Spektralprofil des Kalibriersterns gut erkennbaren Balmerlinien für die Wellenlängenkalibrierung benutzt werden. Nebenbei bemerkt, kommt man bei Spektren, die keine bekannten Linien enthalten bzw. sehr weite Linienbereiche wie in der Abbildung 7 das Neptunspektrum, oder auch Spektren von Supernovae ohne diese Kalibriermethode zu kaum brauchbaren Resultaten.
Die Abbildung 7 zeigt nun bereits Spektralprofile, welche mit dem Spektroskopie-Programm ,,Visual Spec" (kurz vspec) erstellt wurden [10]. Leider kann auf die Einzelheiten zur Spektralprofilerstellung nicht näher eingegangen werden. Als hervorragende Anleitungen sei hier noch einmal auf die Quellen [6] und [7] verwiesen.

Die Supernova SN 2014J in M 82 im Visier der Spektroskopie Die Spektroskopie ist seit einigen Jahren mit Macht im Amateurbereich angekommen. Selbst lichtschwache Objekte wie Supernovae gehören mittlerweile, sogar für Spaltspektrografen, zu relativ leicht erreichbaren Zielen. Das Ganze ist derzeit so populär, dass auch schon Datenbanken angelegt werden, mit deren Hilfe man sich über die Ergebnisse informieren und diese auch herunterladen und für Auswertungen und Publikationen verwenden kann (vgl. Datenbank zu SN 2014J, [11]).
Die folgenden Ausführungen sollen nun die zuvor beschriebenen Abläufe der Bildkalibrierung, Hintergrundkorrektur und Wellenlängenkalibrierung ergänzen und anhand von Ergebnissen veranschaulichen.
Als Geräte wurden neben dem StarAnalyser 100 ein 200-mm-Newton-Teleskop (sowie für eine einzige Beobachtung ein 280-mm-Schmidt-Cassegrain-Teleskop) auf einer Losmandy-G11-Montierung eingesetzt. Alle Rohdaten wurden mit einer Videokamera QHY 5L-II (mono) bei Belichtungszeiten von 15 bis 20 Sekunden pro Einzelbild aufgezeichnet.
In der Abbildung 8 ist das Rohprofil des Supernova-Spektrums vom 21.02.2014 (Rohspektrum Supernova SN 2014J, grüne Linie) dargestellt. Dieses Spektrum enthält nun noch die spektrale Empfindlichkeitsverteilung der Kamera (rote Linie), welche im nächsten Auswerteschritt entfernt werden soll. Dazu ermittelt man mit Hilfe des für die Kalibrierung

Spektroskopie

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verwendeten Sterns die spektrale Empfindlichkeitskurve der Kamera, die sogenannte Response-Kurve (Kamera-Profil). Die Einzelheiten der Durchführung des Verfahrens sind in [7] sehr ausführlich geschildert. Im nächsten Schritt wird nun das Rohspektrum durch die Responsekurve dividiert und man erhält so das um die Response korrigierte Spektrum der Supernova (Abb. 9).
Der Verlauf in der Abbildung 9 entspricht nun gewissermaßen demjenigen Intensitätsverlauf, welcher sich ergeben hätte, wenn die Kamera im gesamten Spektralbereich die gleiche Empfindlichkeit gehabt hätte. Somit kann man das um die Response korrigierte Spektrum als das näherungsweise ,,wahre", unbeeinflusste Spektrum bezeichnen.
Leider waren dem Autor seit der Entdeckung insgesamt nur 4 Beobachtungen vergönnt. Die Resultate dieser Beobachtungen zeigt die Abbildung 10. In der oberen Grafik von Abbildung 10 sind die um die Response korrigierten Spektren wiedergegeben. Die untere Grafik zeigt die 4 Spektren nach der Normierung auf ein lokales Kontinuum, also gewissermaßen eine Darstellung der verschiedenen Linienbereiche. Die Elementzuordnungen in dieser Grafik stammen aus den ProfiPublikationen [12] bzw. [13]. Der Zusatz ,,II" (Bsp. Si II) bezeichnet den einfach ionisierten Zustand des Atoms.
Diskussion Im Folgenden nun ein paar Gedanken zum Verlauf der Spektral-Profile und zu möglichen Interpretationen. Betrachtet man die Abbildung 10, so kann man drei Eigenschaften bzw. Veränderungen als besonders markant hervorheben.
1. Der Intensitätsverlauf über die gesamte Wellenlängenskala betrachtet hat sich geändert (responsekorrigierte Spektren). Der Intensitätsverlauf über die gesamte Wellenlängenskala hinweg beschreibt die über den betrachteten Bereich ausgesendete (relative) Lichtmenge. Man erhält hier also, bezogen auf das sichtbare Licht, letztendlich eine Information über die Farbe des Objekts.
Sehr interessant erweist sich in diesem Zusammenhang ein Vergleich mit einem

10 Vier ausgewertete Spektren der SN 2014J
11 Vergleich der Spektren der Supernovae vom Typ Ia in M 101 (2011) und M 82 (2014)
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Spektroskopie

12 Supernova SN 2011dh in M 51 (Typ IIb)

Spektrum der Supernova SN 2011fe in M 101 von 2011. In der Abbildung 11 sind die Grafen der beiden Supernovae dargestellt und zwar jeweils kurz nach ihrer Entdeckung (SN 2011fe eine Woche, SN 2014J etwa 2 Wochen nach Entdeckung bzw. Pre-Discovery).
Beide Spektren sind um das KameraProfil (Response) korrigiert. Das Spektrum von SN 2011fe zeigt für den blauen Teil eine sehr hohe relative Intensität, was typisch für die Anfangsphase von Supernovae vom Typ Ia ist (vgl. z. B. [13]). Hingegen besaß SN 2014J zu Beginn offenbar nur einen relativ geringen Blauanteil und einen zum Roten hin ansteigenden Intensitätsverlauf. Dies deutet auf ein deutlich gelbrotes Erscheinungsbild hin. Der Grund für dieses nicht normale Verhalten war schnell erkannt. Da wir im Gegensatz zu M 101 im Falle von M 81 nicht von oben auf die Spirale schauen, durchquert das Licht von SN 2014J große interstellare Bereiche von M 82, die überproportional starke Absorptionen des kurzwelligen Lichts verursachen. Ein Indiz hierfür war das Auftreten der Natrium-D-Linie in hö-
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her aufgelösten Spaltspektren (vgl. [11]), welches auf interstellares Natrium-Gas in M 82 hindeutet (vgl. [12]).
2. Die Form einzelner Spektrallinien bzw. Spektralbereiche, im Fachjargon als Tröge bezeichnet (vgl. [13]), hat sich mitunter stark verändert (normierte Spektren). Betrachtet man die Grafik in der Abbildung 10 unten, so fällt neben der Verbreiterung des Troges um die SII-Linie bei 6120 Å eine deutliche Veränderung im Bereich zwischen 5200 Å und 5850 Å ins Auge. Es hat den Anschein, als hätte sich der SII-Bereich bei 5400 Å im Laufe der Zeit vollständig ,,verflüchtigt". Am 21.02.14 scheint dieser Bereich auf dem Niveau des lokalen Kontinuums zu liegen bzw. innerhalb der betrachteten 3 Wochen in Emission übergegangen zu sein. Laut Modellrechnungen in [14] wird dieser Effekt durch Emission von Cobaltund Eisen-Ionen verursacht. Im gleichen Zuge scheint sich der SiII-Trog nach 5700 Å hin extrem vertieft zu haben (von 0,1 relative Intensität am 31.01.14 auf relative Intensität 0,5 am 21.02.14 ). Die Modellspektren geben als Grund die

Zunahme der Absorption von Eisen und Cobalt sowie eine durch die Modelle bisher noch nicht erklärbare Emission bei 5800 Å an.
Eine weitere interessante Änderung des Spektralprofils betrifft die schon erwähnte Verbreiterung des SiII-Troges bei 6120 Å. Gemäß der Modellspektren und Ergebnisse in [14] ist hierfür der Übergang der SiII-Linie in Emission in der Nähe ihrer Ruhewellenlänge von 6355 Å ursächlich. Dieses Verhalten wird zusätzlich noch durch Emission von CobaltIonen verstärkt.
3. Das Spektrum enthält auffällig breite Spektrallinien bzw. Spektralbereiche (Tröge). Die auffällig breiten Linienbereiche sind ein Charakteristikum aller SupernovaTypen. Sie machen diese Objektgruppe zu einem idealen Studienobjekt für niedrig auflösende Spektrografen; so reicht z. B. kurz nach Entdeckung einer Supernova ein einfaches, niedrig auflösendes Gitter aus, um den Typus der Supernova festzustellen. Zum Vergleich betrachte man die Abbildung 12, welche ein Spektrum der Supernova SN 2011dh in M 51 zeigt. Diese Supernova war vom Typ IIb und zeigte ein deutlich anderes Linienprofil! Warum erscheinen die Linien in Supernovaspektren so stark verbreitert?
Neben den unter 2.) schon angesprochenen Wechselerscheinungen zwischen Absorptions- und Emissionsvorgängen ist ein wesentlicher Grund für die Linienverbreiterung in Supernovae die hohe Expansionsgeschwindigkeit der sich durch den Explosionsvorgang ausbreitenden Sternenhülle. Hierbei muss jedem Linienbereich eine eigene Expansionsgeschwindigkeit zugeordnet werden. Betrachtet man die Wellenlängenskala, so gestattet der Doppler-Effekt eine sofortige Umrechung in eine Geschwindigkeitsskala. Diese Umrechung inkl. grafischer Darstellung lässt sich sehr einfach z. B. mit dem Programm Visual Spec durchführen.
Für den auffälligsten aller Tröge, den SiII-Trog bei 6120 Å ist dies in der Abbildung 13 für den 31.01.14 durchgeführt. Die SiII-Linie, bzw. das Doublett 6347 Å und 6371 Å, besitzt eine Ruhewellenlänge von 6355 Å. Der Nullpunkt des Geschwindigkeitsprofils liegt demnach

Spektroskopie

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bei diesen 6355 Å. In der Abbildung 13 erkennt man nun, dass am 31.01.14 der rechte Rand des Troges offenbar mit der Ruhewellenlänge zusammenfällt (Abb. 13 oben). Der Bereich links davon ist somit blauverschoben und entspricht deshalb einer Bewegung des SiII-Gases auf den Beobachter zu. Aus der Blauverschiebung des Linienminimums (hier: 6114 Å) lässt sich schließlich mit Hilfe des Doppler-Effekts ein Wert für die Expansionsgeschwindigkeit des SiII-Teils der Supernovahülle ermitteln (zur Methode siehe z. B. [15]). Aus der Abbildung 13 ist dieser Wert genähert ablesbar und liegt betragsmäßig bei etwa 11.000 Kilometern pro Sekunde (berechnet mit gerundeten Werten aus der Grafik ergibt sich -11.377 km/s). Dieser Wert ist verglichen mit Werten aus anderen Veröffentlichungen um etwa 1.200 km/s zu klein (vgl. z. B. [14]), korrespondiert aber ganz gut mit den Ergebnissen aus Amateurspektren, die mit Spaltspektrografen gewonnen wurden (vgl. [11], Spektren vom 31.01.14).
Schluss Vor wenigen Jahren noch undenkbar, gehören relativ lichtschwache Ziele wie Supernovae mittlerweile für Amateure mit auf die Liste der spektroskopierbaren Himmelskörper. Um erste interessante Einblicke in die Natur und Physik dieser Objekte zu erhalten, genügen bereits einfache und relativ preisgünstige Gerätschaften. Ohne entsprechende Sekundärhilfsmittel wie Computer-Bildaufzeichungs- bzw. -auswerteprogramme wären Ergebnisse wie in diesem Artikel vorgestellt natürlich nicht machbar.
Literaturhinweise und Weblinks: [1] ,,Entdeckungsgeschichte der SN
2014J": www.ucl.ac.uk/mapsfaculty/maps-news-publication/ maps1405 [2] J. Itagaki: "Pre-Discovery Bilder", www.flickr.com/photos/snimages/ 12115024283/lightbox/ [3] StarAnalyser-100-Homepage: www.patonhawksley.co.uk/ staranalyser.html [4] IRIS-Homepage: www.astrosurf. com/buil/us/iris/iris.htm [5] ISIS-Homepage: www.astrosurf. com/buil/isis/isis_en.htm [6] Urs Flükiger: ,,Tutorial IRIS/

13 Geschwindigkeitsprofil SiII-Linie SN 2014J

Vspec", www.ursusmajor.ch/ downloads/tutorial_iris_vspec_6.2. pdf [7] R. Walker: ,,Praktische Aspekte der Spektroskopie", www.ursusmajor.ch/ downloads/praktische-aspekte-derspektroskopie-2.0.pdf [8] Registax: www.astronomie.be/ registax/ [9] GIOTTO: www.giotto-software.de/ [10] V. Desnoux: ,,Visual Spec (vspec), Spektren Auswerteprogramm", http://astrosurf.com/vdesnoux/ [11] ,,A.R.A.S. - Datenbank zur Supernova SN 2014J", www.astrosurf. com/aras/Aras_DataBase/ Supernovae/SN2014J_M82.htm [12] WeiKang Zheng et al.: "Estimating the First-Light time of the Type IA Supernova 2014J in M82", http:// arxiv.org/pdf/1401.7968.pdf

[13] A. V. Filippenko: "Optical Spectra of Supernovae", http://arxiv.org/ pdf/astro-ph/0307138v1.pdf
[14] D. R. van Rossum: "The nature of the Si II 6150 A, Ca II HK, CA II IR-Triplet, and other spectral features in Supernovae type Ia spectra", http://arxiv.org.pdf/ 1208.3781.pdf
[15] F. Teyssier: "Super Novae Ia", www.astronomie-amateur.fr/ feuilles/Spectroscopie/SuperNovae_ Ia.html
[16] "Astronomer's Telegramm No. 5843": www.astronomerstelegram. org/?read=5843
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Spektroskopie

Nova Delphini 2013
von Erik Wischnewski
Die Nova Delphini 2013 bot die günstige Gelegenheit, bei milden sommerlichen Temperaturen in den Abendstunden die Nova zu beobachten. Dabei ging es mir darum, herauszufinden, welche wissenschaftlichen Ergebnisse mit einem optimal eingesetzten StarAnalyser 100 erreicht werden können. Die vollständigen und ausführlich diskutierten Ergebnisse sind in [7] zusammengestellt und sollen hier in angemessener Kürzung präsentiert werden.

Spektrosko-
pie

Aufbau des Spektrografen Zur Gewinnung der Spektren wurde das Blazegitter StarAnalyser mit 100 Linien/mm spaltlos prefokal (wie ein Farbfilter) direkt in den Strahlengang eines 127 mm/950 mm-Apochromaten vor die Canon EOS 60Da (Pixelgröße = 4,3 µm) eingesetzt (Abb. 1). Anfänglich betrug der Abstand Gitter-Sensor 139,5 mm, zum Schluss wurde er mittels optimierter Distanzhülsen auf 155 mm vergrößert. Damit erreichte ich eine lineare Dispersion von 3,1 Å/Pixel bzw. 2,8 Å/Pixel. Weil das Gitter spaltlos verwendet wird, bestimmt die Luftunruhe (Seeing) die spektrale Auflösung. Hinzu kommen weitere Effekte (z. B. durch das Stacken der Aufnahmen). Als Maß für die Auflösung wurde die Halbwertsbreite (FWHM in Pixel) der nullten Ordnung (auch als Stern bezeichnet) verwendet. Während der Messperiode wurden Werte von 10-21 Å (im Mittel 15 Å) erreicht.
Belichtung der Spektren Die Aufnahmen wurden vorzugsweise mit ISO 800 und 4 s belichtet, in einigen Fällen auch mit ISO 1600 und 8-10 s. Es wurde versucht, die H-Linie ungesättigt zu halten, was in drei Fällen leider nicht gelang. Die Überbelichtung wurde erst nach Abbau entdeckt. Zur Reduzierung des Rauschens wurden anfänglich 40-60 Bilder und ab RJD 564 sogar 80100 Aufnahmen addiert. Die Addition erfolgte mit Fitswork anhand der nullten Ordnung des Nachbarsterns SAO 88610.
Kalibrierung der Wellenlänge Zur Kalibrierung wurde der F2-Stern SAO 88610, der sich neben der Nova auf allen Aufnahmen befand, verwen-
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1 Instrumenteller Aufbau des Spektrografen mit Okularauszug, Verbindungsadapter
mit eingesetztem Gitter, Distanzhülse und DSLR-Kamera. Die Position des Gitters ist eingezeichnet (roter Rahmen). Die Distanz Gitter - Sensor beträgt 155 mm.

det. Der Stern zeigt deutlich die H- und H-Linie, wodurch eine lineare Kalibrierung möglich war, und in den meisten Fällen auch noch die H-Linie, so dass eine parabolische Kalibrierung durchgeführt werden konnte. Die nullte Ordnung wurde hierbei nicht verwendet. Zwar hätte ich auch die Balmerlinien der Nova zur Wellenlängenkalibrierung verwenden können, aber dann hätte ich mich um die Chance gebracht, mögliche Radialgeschwindigkeiten nachzuweisen. Leider reichte die spektrale Auflösung hierfür nicht aus. Zudem war der mittlere Fehler der Messungen größer als eine mögliche Radialgeschwindigkeit.
Spektren Es konnten im Zeitraum vom 18.08.2013 bis 03.10.2013 insgesamt 21 Spektren gewonnen werden. Dabei war die H-Linie bei drei Spektren in der Sättigung. In den ersten Tagen nach dem Helligkeitsmaximum veränderte sich das Aussehen des Spektrums von Abend zu Abend sehr stark. Anfänglich sind noch die markanten P-Cygni-Profile erkennbar, wie man an der H-Linie in der Abbildung 2 deutlich sieht. Zum Schluss meiner Beobachtungsreihe wurde es dann noch einmal spannend, als die Polarlicht- (Aurora-) und Nebellinien allmählich die Oberhand gewannen (Abb. 3 bis 6).

Im Rahmen der Auswertungen habe ich dann auch versucht, meine Spektren in die Tololo-Spektralklassifikation [5] einzureihen. Dieses Thema würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen und kann detaillierter in [7] nachgelesen werden.
Neben der ästhetischen Schönheit solcher Spektren und der Identifizierung von Linien und einer Spektralklassifikation können aber auch weitere Messungen und Berechnungen vorgenommen werden, die eine ganze Menge über die Nova verraten. Dies möchte ich im Folgenden skizzieren.
Lichtkurve Klassisch bestimmt man die Helligkeiten von Sternen anhand normaler Sternfeldaufnahmen. Als langjähriger Beobachter veränderlicher Sterne habe ich das natürlich auch gemacht [8], möchte hier aber im Rahmen der Spektroskopie die Bestimmung der Helligkeit durch Integration der Intensität der Spektren vorstellen. Dazu benötigt man die Filterkurven für die Helligkeiten im Johnson-Kron-Cousins-System und einen Referenzstern. Bei der Nova V339 Del war glücklicherweise der etwa gleich helle Stern SAO 88610 der Spektralklasse F2 nur 8 Bogenminuten entfernt.

Spektroskopie

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Die Helligkeiten streuen bei dieser Methode etwas mehr als bei der klassischen Fotometrie [8]. Der Verlauf der V-Helligkeit wurde durch ein Polynom 3. Grades angenähert, wobei Ausreißer außer Acht gelassen wurden. Das erleichtert die Bestimmung des Helligkeitsabfalls.
Absolute Helligkeit Aus dem Helligkeitsabfall lässt sich die absolute visuelle Helligkeit der Nova bestimmen. Je schneller die Nova an Helligkeit verliert, umso leuchtkräftiger ist sie im Maximum gewesen. Hierzu bestimmt man die Zeitspanne, in der die Helligkeit um 2 mag [1] bzw. 3 mag [2] abgefallen ist. Aus der Lichtkurve für V lassen sich die Zeiten ableiten (siehe graue Hilfslinien (Abb. 7). Laut AAVSO liegt das Maximum bei RJD 520,95 und V = 4,3 mag. Nach [1] ergibt sich eine absolute visuelle Helligkeit von MV = (-8,4 +- 0,4) mag, nach [2] errechnet sich ein Wert von MV = (-8,7 +- 0,7) mag. Das gewichtete Mittel beträgt MV = (-8,5 +- 0,4) mag.
Leuchtkraft und Radius Aus der absoluten visuellen Helligkeit lässt sich die Leuchtkraft ermitteln. Dabei handelt es sich nur um eine Abschätzung, weil die bolometrische Korrektur unbekannt ist. Mit der sehr vernünftigen Annahme von BC = 0,0 mag ergibt sich eine Leuchtkraft im Maximum von LMax = (200.000 +- 80.000) L (1039 erg/s). Innerhalb der ersten neun Wochen wurden somit 1045 erg abgestrahlt. Der Leuchtkraft entspricht unter der Annahme einer effektiven Temperatur von 9.000 K [3] nach dem Stefan-Boltzmann-Gesetz ein maximaler Radius des Feuerballs von 184 R = 0,86 AE.
Entfernung der Nova Aus der absoluten und der scheinbaren visuellen Helligkeit im Maximum ergibt sich unter Berücksichtigung der interstellaren Absorption von 0,55 mag [4] eine Entfernung der Nova von d = (9.200 +- 1.400) Lichtjahren.
Äquivalentbreite Die Helligkeit ist der Strahlungsfluss eines bestimmten Wellenlängenbereiches und errechnet sich als Integral der Intensität. Das gilt nicht nur für Farbbereiche wie B oder V, sondern auch für einzelne Linien wie H. Im Falle der Nova wird hier der Bereich 6505-6650 Å verwendet.

2 Spektrum der Nova Delphini 2013 am 18.08.2013, 2,5 Tage nach dem Maximum bei
m = 1,1 mag (spektrale Auflösung = 24 Å). Deutlich erkennbar sind neben der Balmerserie auch zahlreiche FeII-Linien, weshalb die Nova zum Typ FeII-Novae gehört. Außerdem zeigen die Linien ein P-Cygni-Profil, was besonders deutlich bei der HLinie hervortritt.
3 Spektrum der Nova Delphini 2013 am 26.08.2013, 10 Tage nach dem Maximum bei
m = 3,1 mag (spektrale Auflösung = 13 Å). Deutlich erkennbar sind neben der Balmerserie und den FeII-Linien nun auch die verbotenen [O I]-Linien. P-Cygni-Profile treten nicht mehr in Erscheinung.
4 Spektrum der Nova Delphini 2013 am 02.10.2013, 47 Tage nach dem Maximum bei
m = 5,1 mag (spektrale Auflösung = 11 Å). Die FeII-Linien rücken weiter in den Hintergrund und die Polarlicht- und Nebellinien beginnen zu dominieren.
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Spektroskopie

Normiert man diesen Linienfluss auf das Kontinuum im Bereich der Linie (IC = 1), so erhält man die Äquivalentbreite EW der H-Linie. Zum einen ist die zeitliche Entwicklung (Abb. 8) und zum anderen die Korrelation zur visuellen Helligkeit V (Abb. 9) interessant.
Dass die Kurven in den Abbildungen 8 und 9 ähnlich verlaufen, verwundert insofern nicht, als dass die Nova im Laufe der Zeit dunkler wird (im Postmaximum). Insofern ist eine Helligkeitsachse auch gleichzeitig eine Zeitachse und umgekehrt.

5
Veränderungen der Spektrallinien im Bereich von 61006500 Å innerhalb der ersten Wochen nach Ausbruch der Nova. Der Doppelpeak bei 6364 Å im Spektrum 7,5 d nach dem Maximum könnten die SiII-Linien bei 6347 Å und 6371 Å sein. Der kleine Peak ganz rechts bei 6482 Å in den Spektren 4,4 d und 7,5 d nach dem Maximum ist wahrscheinlich vom einfach ionisierten Stickstoff.
Expansion Aus der Breite von Emissionslinien einer Hülle lässt sich die Expansionsgeschwindigkeit bestimmen. Bei der Nova habe ich die Halbwertsbreite FWHM der HLinie relativ gut messen können. Bei einer spektralen Auflösung von 10-21 Å ist eine Geschwindigkeitsauflösung von ca. 500-1.000 km/s möglich. Die Halbwertsbreite wurde mittels Gaußfit berechnet und von der instrumentenbedingten Linienverbreiterung bereinigt.
In der Abbildung 10 ist gut zu erkenn en, wie die Expansion des H-Emissions

gebietes langsamer wird. Die Expansion erreichte zum Zeitpunkt des visuellen Maximums mit 1.800 km/s ihre höchste Geschwindigkeit und nahm im Laufe der nächsten sieben Wochen auf 1.200 km/s ab.
Hülle Mit dem Erreichen des Helligkeitsmaximums erreicht auch der Feuerball (Photosphäre der Nova) seine größte Ausdehnung. Danach schrumpft die Photosphäre wieder, was einen Abfall der Helligkeit zur Folge hat. Innerhalb der Photosphäre ist die Hülle undurchsichtig (optisch dick). Im Postmaximum baut sich nun aber durch die Sternwinde gleichzeitig eine optisch dünne Hülle auf, die nach außen hin expandiert. Diese bewirkt eine zunehmende zirkumstellare Absorption.
Aus dem Balmerdekrement (Abb. 11) lässt sich die Gesamtabsorption berechnen, aus der sich nach Abzug der interstellaren Absorption die zirkumstellare Absorption ergibt (die atmosphärische Extinktion ist bereits bei der Ermittlung des Balmerdekrements eliminiert worden).
Kurz nach dem Maximum, wo sich noch keine nennenswerte optisch dünne Hülle aufgebaut hat, liegt das Dekrement nahe dem theoretischen Wert von D = 2,8. Bei RJD 570 hat sich das Dekrement auf D = 8 +- 2 erhöht. Das entspricht nach [6] einer Gesamtabsorption von AV = (2,9 +- 0,7) mag. Subtrahiert man davon die

6 Zeitliche Veränderungen der Intensitäten einiger Linien
im Verhältnis zu H. Während die Eisenlinie schwächer wird, treten die verbotenen Polarlicht- und Nebellinien von Stickstoff und Sauerstoff immer stärker hervor.
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7 Lichtkurven der Nova V339 Del. Das Kreuz markiert das Maxi-
mum der visuellen Helligkeit (gemäß AAVSO). Die Helligkeiten wurden mittels Integration der Intensitäten der Spektren ermittelt und mit dem Stern SAO 88610 verglichen.

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8 Zeitliche Entwicklung der H-Äquivalentbreite

9 Korrelation zwischen V-Helligkeit und H-Äquivalentbreite

interstellare Absorption von knapp 0,6 mag [4], so erhält man eine zirkumstellare Absorption von (2,3 +- 0,7) mag.
Schlussfolgerungen Die vorliegenden Ergebnisse zur Nova Delphini 2013 wurden mit einfachem, amateurastronomischem Instrumentarium ermittelt. Es kam ein parallaktisch montierter Fünfzöller, das wie ein Filter eingesetzte Blazegitter StarAnalyser100 und eine H-empfindliche Spiegelreflexkamera zum Einsatz. Zum Erreichen eines optimalen Abstandes des Gitters von der Sensorebene der Kamera wurden vorhandene, handelsübliche Distanzhülsen und Adapter verwendet.
Um eine optimale Auflösung zu erreichen, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muss das Seeing möglichst niedrig sein, da bei spaltlosen Spektrografen die Luftunruhe voll zur Wirkung kommt und die spektrale Auflösung bestimmt. Zum anderen muss die lineare Dispersion in Ångström/Pixel möglichst klein sein. Der realisierte Aufbau bringt es auf 2,8 Å/Pixel. Hierzu sind drei Dinge notwendig:
1. Die Pixelgröße des Sensors muss möglichst klein sein. Die verwendete DSLR-Kamera besitzt eine Pixelgröße von 4,3 µm.
2. Der Abstand d zwischen Gitter und Sensor muss möglichst groß sein. Dieser betrug im zuletzt optimierten Aufbau 155 mm.
3. Die Ausleuchtung des Gitters muss möglichst groß sein. Die Zahl der ausgeleuchteten Linien entspricht dem theoretischen Auflösungsvermögen. Der StarAnalyser besitzt einen nutzbaren Durchmesser von 24 mm bei 100

Linien/mm. Damit beträgt der optimale Gitter-Sensor-Abstand d = 24 mm f / D. Bei einem Öffnungsverhältnis von 1:5 (1:7,5 bzw. 1:10) beträgt der optimale Abstand d = 120 (180 bzw. 240) mm. Im verwendeten Aufbau reichte der Backfokus des Okularauszugs nicht aus, um bei d = 180 mm noch fokussieren zu können. Unter Beachtung verschiedener Reserven wurde mit Di-

stanzhülsen ein Aufbau mit 155 mm realisiert.
Um das Signal-Rausch-Verhältnis zu verbessern, wurden bis zu 100 Aufnahmen gemittelt. Dazu wird man eine niedrige ISO-Zahl wählen, was allerdings die Belichtungszeit verlängert. Diese wird durch die Qualität der Nachführung begrenzt. Bei Autoguiding wird man deut-

10 Zeitliche Entwicklung der Expansionsgeschwindigkeit des H-Emissionsgebietes. Die
Linienbreite FWHM wird als Dopplerverbreiterung interpretiert und in km/s angegeben.
11
Zeitliche Entwicklung des flusskalibrierten Balmerdekrements für H
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Spektroskopie

lich länger belichten können als bei einfacher motorischer Nachführung einer mobil aufgestellten Montierung, zumal vorhandene Schneckenfehler zusätzlich begrenzen. So lag im vorliegenden Fall die Grenze bei 10 s, was zwangsläufig zu ISO-Werten von 800-1600 führte.
Mit ein wenig Mut und Experimentierfreude lässt sich mit dem preiswerten StarAnalyser 100 und einer Hempfindlichen Kamera sehr viel erreichen. Es muss allerdings auch eingeschränkt werden, dass Novae (und vermutlich auch Supernovae) wahrhaft reichhaltige Informationslieferanten sind. Bei einer Nova tut sich binnen weniger Tage und Wochen so viel, dass es weniger das Equipment ist, dass einem das Vergnügen vergönnen möchte, als vielmehr das Wetter zu genau

dieser Zeit. Mit einem Remote-Teleskop allein ist es hier nicht getan. Es müsste schon fest als Spektrograf aufgebaut sein, mit dem StarAnalyser 100 oder 200 und einer passenden DSLR.
Literaturhinweise: [1] J. G. Cohen, 1988: "Nova Expansion
Parallaxes", Astron. Soc. Pacific 4, 114 [2] R. A. Downes, H. W. Duerbeck, 2000: "Optical Imaging of Nova Shells and the Maximum Magnitude-Rate of Decline Relationship", Astron. J. 120, 2007 [3] M. Friedjung, H. W. Duerbeck, 1993: "Models of Classical Recurrent Novae", Nation. Assoc. Sec. School Princ., 371

[4] M. M. Santangelo et al., 2013: ,,Distance of nova Del 2013 from MMRD relations", Astronomer's Telegram No. 5313
[5] R. E. Williams et al., 1991: "The Evolution and Classification of Postoutburst Novae Spectra", Astrophys. J. 376, 721
[6] E. Wischnewski, 2013: ,,Astronomie in Theorie und Praxis", 6. Auflage. Eigenverlag
[7] E. Wischnewski, 2014: ,,Helligkeit und Spektrum der Nova V339 Del", Astronomical Bulletin Wischnewski No.12
[8] E. Wischnewski, 2014: ,,Photometrie und Spektroskopie der Nova V339 Del", BAV Rundbrief Heft 2/2014

,,Die Heppies" - die Anfängerkurse
der Fachgruppe Spektroskopie
von Thomas Eversberg

Spektroskopie ist für die meisten Amateurastronomen ein Mysterium, unverständlich und daher unzugänglich. Das ist durchaus nachvollziehbar, haben doch alle der Aktiven in der Fachgruppe
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genau diesen Zustand schon selbst erlebt. Man denke nur an die ,,nicht zu bewältigende" Astrophysik. Um dieses Abschreckungspotential zu minimieren, Interes-
1 Unsere Youngster Thomas Berg-
mann, Daniel Weiss und Daniel Sablowski sprechen über den Spektrografenbau. sierte bei der Thematik zu begleiten, zu unterstützen, den Einstieg zu ermöglichen und um zu zeigen, dass das Thema eigentlich nicht so schwer zu verstehen ist, bietet die Fachgruppe jeden Herbst Anfängerkurse an, bisher immer an der Sternwarte Heppenheim. Wir versetzen

damit Amateure in die Lage, die Grundlagen spektroskopischer Techniken, also den Umgang mit Geräten (Selbstbau oder aus dem Handel), ihre Anwendungen, die Datenauswertung und die Physik, zu verstehen und nachzuvollziehen. Mentorenteams vom Schüler (!) bis zum Astrophysiker diskutieren mit den Teilnehmern offene Punkte und holen Anfänger dort ab, wo sie mit ihren Fragen und Problemen stehen. Dies gilt insbesondere für die spektroskopische Arbeit an den Geräten der Sternwarte. Die Ankündigung dieser Kurse findet sich auf der obersten Seite der Fachgruppendomain http:// spektroskopie.fg-vds.de und wird außerdem von den Mentoren in unser Diskussionsforum eingestellt. Innerhalb von nur wenigen Tagen ist der jeweilige Kurs normalerweise belegt. Die schon seit Jahren bestehende Unterstützung durch die Starkenburg-Sternwarte ist exzellent und hat sich gut bewährt. Wir sind den dort Aktiven sehr dankbar, zumal die Starkenburger uns immer gut mit Kaffee und Kuchen versorgen.
Grundlage all unserer Kurse ist der Dialog mit den Teilnehmern. Was hilft es, wenn die Inhalte an den Bedürfnissen vorbeigehen? Also wird das Programm

Spektroskopie

109

2 Günter Gebhard zeigt mit Holzklötzchen den
Unterschied zwischen Mittelwert und Median.

3 Lothar Schanne und Daniel Sablowski begleiten die ersten Spektral-
aufnahmen.

schon im Vorlauf abgestimmt, diskutiert, verworfen und wieder zusammengestellt. Unsere Fachgruppe hat sich in den letzten fünf Jahren deutlich verjüngt, und wir ,,alten Knacker" freuen uns umso mehr, wenn auch unsere Youngster Zeit und Lust haben, als Mentoren zu agieren. So können wir immer wieder facettenreiche Teams zusammenstellen und so die Gefahr der ,,Betriebsblindheit" minimieren. Ein ,,alter Hase" versteht Anfängerprob leme nicht unbedingt besser als ein Newcomer und eine Mentorengruppe verhindert, dass sich Fehler einschleichen. Um allen die Teilnahme zu ermöglichen, legen wir die Kurse immer auf ein langes Wochenende. Meist reservieren wir dazu ein ganzes Kleinhotel. Am Freitagabend trudeln die meisten schon im Hotel ein und nutzen den Abend für lange Diskussionen. Das ist etwas riskant, da alle ein volles und anstrengendes Programm vor sich haben. Doch wer zieht sich schon gern zurück, wenn die Stimmung großartig und das Bier kalt ist? Schlafen kann man dann ja am Sonntagabend.
Unsere Anfängerkurse decken möglichst viele Facetten spektroskopischer Arbeit ab. Dabei unterscheiden wir zwischen Vorträgen und praktischen Übungen am Teleskop und am Computer.
Zu den Grundlagen der Spektroskopie gehört u. a. eine Einführung in das Instrumentarium mit einem Abriss über optische Komponenten und die nötigen Teleskopanpassungen. Darüber hinaus werden praktische Hilfsmittel für den Bau eines Spektrografen vorgestellt, die

in der Fachgruppe entwickelt wurden (mit diesen von Amateuren entworfenen Hilfsmitteln in Excel muss man keine einzige Gleichung kennen). Praktische Erfahrungen können dann bei der Vorstellung selbst gebauter und kostengünstiger Spektrografen diskutiert werden (Abb. 1).
Dabei werden individuelle Zielsetzung, die Gründe für das Design (vorhandene Ausrüstung, Kosten, Fertigungsmöglichkeiten, Materialauswahl und Ziele) und die schon angesprochene Berechnung eines Spektrografen sowie alternative

Entwürfe vorgestellt. Auch die Justage der optischen Komponenten wird besprochen, ist sie doch für die korrekte Datenaufnahme entscheidend. Vor einigen Jahren deckten diese Bereiche Daniel Weiss, Thomas Bergmann und Daniel Sablowski ab, damals allesamt Schüler und Studenten. Das Alter spielt keine Rolle, wenn man etwas lernen will.
Auch Fragen nach der Auswertung von Spektren werden beleuchtet. Dazu gehören u. a. grundsätzliche Fragen zum Verhalten von CCD-Kameras, die entspre-

4 Die ,,Heppies". Kommentar Daniel Sablowski: ,,Das beweist wieder, Lothar ist die
größte Grinskiste."
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110

Spektroskopie

chenden Daten- und Kalibriersignale, störende physikalische und elektronische Effekte sowie spektroskopische Grundlagen zum Signal-zu-Rausch-Verhältnis, der Normierung und verschiedene spektrale Parameter. Unvergessen sind die Holzklötze von Günter Gebhard, die er für seine Darstellungen statistischer Größen nutzte (Abb. 2). Auch die entsprechenden Werkzeuge zur Datenreduktion sind natürlich ein Thema. Dazu gehören verschiedene Programme unter Windows und LINUX sowie deren grundlegende Anwendungsverfahren. Und wer dann noch Platz im Kopf hat, dem liefern wir Informationen zur Interpretation der Spektren, die Erkennung und Eliminierung von Artefakten sowie verschiedene andere Spektraleffekte.
Natürlich wollen alle auch an die Teleskope. Für uns Gäste ist es immer wieder ein Genuss, die Sternwarte für uns allein zu haben und deren Geräte nutzen zu dürfen. Kollegen bringen unterschiedliche Spektrografen mit, um damit vor Ort Spektren aufzunehmen. In dieser

Hinsicht ist die Starkenburg-Sternwarte bestens ausgerüstet, stehen doch sechs Teleskope zur Verfügung. Und wenn das Wetter mitspielt, gibt es immer wieder einen harten Beobachterkern aus Nachteulen, der morgens in der Sternwarte statt im Hotel aufwacht. (Daniel Weiss hatte sich einmal ein Nachtlager aus Pappkartons gebaut und sah am morgen ohne Frühstück etwas zerknittert aus.)
Mit der Art, wie wir unsere Kurse gestalten, machen wir bisher gute Erfahrungen. Um theoretische Sachverhalte darzustellen, kann Frontalunterricht nicht gänzlich vermieden werden, ist aber so von den Teilnehmern auch erwünscht. Das heißt natürlich nicht, dass das jeweilige Auditorium nur stumm zuhört. Im Gegenteil, unsere Mentor-MenteeKonstellation ist geprägt von Dialogen, den beide Seiten gestalten. Das allein schon durch die Tatsache, dass angeblich ,,dumme Fragen" oft so gefährlich sind, dass der Mentor die jeweiligen Antworten erst später nachreichen kann. Wie auch bei den praktischen Anwendungen

werden Fragen in der Gruppe diskutiert und beleuchtet bzw. Prozeduren vorgeschlagen, so dass deren Fallstricke und potenzielle Komplexität vernünftig dargestellt werden. Das hat zur Folge, dass sich unsere Kurse völlig von schulischen Veranstaltungen unterscheiden und die Stimmung entsprechend entspannt ist. Darüber hinaus ist uns der Nachwuchs sehr wichtig, und wir versuchen unseren finanziellen Hilfsfond für die jungen Leute so gut es geht zu füllen. Die für mich wichtigste Rückmeldung kam bisher von einer Schülerin aus Nürnberg: ,,Ich hätte nie gedacht, dass es hier so entspannt und mit so viel Spaß zugeht!" (Abb. 3 und 4)
Danksagung Ich danke allen Beteiligten Mentoren und Mentees für ihren Einsatz und ihre Geduld. Besonders danke ich allen Kollegen an der Starkenburg-Sternwarte, dass sie uns immer wieder ihre wertvollen Geräte anvertrauen.

Impression
Der Planetarische Nebel PN G75.5+1.7 im Sternbild Schwan
Der Planetarische Nebel PN G75.5+1.7 im Sternbild Schwan wird wegen seiner zarten Erscheinung auch Seifenblasennebel genannt. Er wurde erst 2008 von dem Amateur Dave Jurasevich am Mount-Wilson-Observatorium entdeckt. Das Bild ist eine Bicolor-Darstellung aus [OIII]- und H-gefilterten Aufnahmen (Falschfarben). Um die Sternfarben halbwegs natürlich zu halten, wurden zusätzliche RGB-Aufnahmen für die Sterne angefertigt. Aufnahmedaten: Juli/August 2015, Wilsenroth/Westerwald, 300-mmNewton f/4 (mit GPU Korrektor), CCD-Kamera Moravian G2-8300, Montierung Alt 5 AND, Belichtung 31 x 900 s [O III], 11 x 900 s H, 5 x 300 s R, je 4 x 300 s G und B. Bildautor: Andreas Rörig, Fachgruppe Astrofotografie, für die Bildbearbeitung wurde die eigene Software REGIM verwendet.

Sternbedeckungen

111

Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 4. Quartal 2015
von Eberhard Riedel

Im 4. Quartal dieses Jahres gibt es fünf streifende Sternbedeckungen durch den Mond, deren günstige Bedingungen eine Beobachtung besonders lohnend machen. Die Abbildung 1 zeigt die fünf Grenzlinien dieser Ereignisse über Deutschland, die dreimal den Nordrand und zweimal den Südrand des am Stern vorbeiziehenden mittleren Mondniveaus abbilden. Von jedem Punkt dieser Linien ist zum richtigen Zeitpunkt das oft mehrfache Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns bereits in einem kleinen Fernrohr zu verfolgen.

Ereignis 1: 05.10.2015 Am Morgen des 5. Oktober wird der 5,9 mag helle Stern 41 Geminorum (HIP 33937) vom zerklüfteten Südrand des Mondes gestreift. Zu sehen ist dieses auf einer Linie von der Nordseeküste südlich an Kiel vorbei über Rostock bis Greifswald. Der abnehmende Mond ist zu 47 % beleuchtet, wobei die Mitte der Streifung am beleuchteten Mondrand stattfindet und dort etwas schwierig zu verfolgen ist. Nach der engsten Annäherung des Mondes finden jedoch etwa 2 Minuten lang Bedeckungsereignisse am dunklen Mondrand statt.
Die Abbildung 2 zeigt die zu erwartende Situation beim Blick durch das Fernrohr (Norden ist oben). Das Mondrandprofil ist für eine geografische Länge von 10 Grad Ost dargestellt, gilt aber annähernd für die gesamte dargestellte Grenzlinie. Die scheinbare Sternbahn entlang des Mondrandes ist die blauweiß gestrichelte Linie, die Minuteneinteilungen zeigt. Die Länge eines weißen bzw. eines blauen Streifens entspricht jeweils 10 Zeitsekunden. Die Krümmung der scheinbaren Sternbahn ist grafisch erforderlich, weil die Profilstrukturen des Mondes in 6-facher Überhöhung dargestellt sind. Auf diese Weise kann besser beurteilt werden, wann und wie viele Bedeckungsereignisse im Einzelnen zu erwarten sind.
Die Grafik zeigt die Streifungssituation, wie sie bei exakter Positionierung auf

1 Karte mit den Grenzlinien der fünf Streifungsereignisse

der vorausberechneten Grenzlinie auf Meereshöhe voraussichtlich stattfinden wird. Genau hier berührt die scheinbare Sternbahn das mittlere Mondniveau, welches als weiß gepunktete Linie dargestellt ist. Aufgrund der librationsbedingt gegebenen Mondrandstrukturen findet an dieser Stelle dreimal ein Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns statt. Das Kästchen in der Abbildung 2 gibt die bei der verwendeten Sternposition und korrekten Profildaten resultierenden Kontaktzeiten an.
Um andere Bedeckungen des Sterns sehen zu können, muss man in unterschiedlichen Abständen zur Grenzlinie beobachten. Einen Anhalt über die Verlagerung der scheinbaren Sternbahn, wenn

man die vorausberechnete (in der Grafik angegebene) geografische Breite verlässt, geben die roten Begrenzungslinien. Diese zeigen einen Abstand von der Grenzlinie von +- 3.000 m, welche senkrecht zur Grenzlinie angetragen wird.
Ereignis 2: 29.10.2015 Am 29. Oktober findet die sehenswerteste Sternbedeckung dieses Quartals statt. Auf einer Linie zwischen Mannheim und Karlsruhe über Würzburg und Coburg hinweg und knapp nördlich an Zwickau und Chemnitz vorbei bedeckt ab ca. 20:06 MEZ der Nordrand des Mondes den 5,0 mag hellen 75 Tauri (HIP 20877). Der abnehmende Mond ist zwar noch zu 92 % beleuchtet, jedoch findet die Streifung in ausreichendem Abstand zum
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Sternbedeckungen

2 Beleuchtungssituation am südlichen Mondrand mit hochauflgelöstem
Oberflächenprofil
3 a) oben: Streifungssituation am nördlichen Mondrand auf der Grenzli-
nie, b) unten: vergrößerte Streifungssituation auf der Grenzlinie mit vier erwarteten Kontakten
4 Streifungssituation am nördlichen Mondrand auf der Grenzlinie
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Terminator statt, um auch im kleinen Fernrohr verfolgt werden zu können.
Das Mondrandprofil in der Abbildung 3a zeigt die Situation bei der geografischen Länge von 10 Grad Ost. Auf der für das mittlere Mondrandniveau gerechneten Grenzlinie zeigt die Grafik mindestens ein Verschwinden und ein Wiederauftauchen des Sterns. Die 24-fache Überhöhung des Profils und weitere Vergrößerung (s. Abb. 3b) lässt hingegen sogar 4 Kontakte erwarten: ein 1 Sekunde langes Verschwinden um ca. 20:06:26 und eine längere Bedeckung von ca. 20:06:33 bis ca. 20:07:52 MEZ. Wenn man sich ca. 1.000 m weiter nördlich positioniert, werden mehr Kontakte zwischen Mondrand und Stern erfolgen. 75 Tauri ist ein sehr enger Doppelstern (0,02'' Abstand) im Positionswinkel 238 Grad , was das Verschwinden und Wiederauftauchen manchmal weniger schlagartig erscheinen lassen kann!
Ereignis 3: 01.11.2015 Am 1. November kommt erneut der extreme Norden zum Zuge, wenn am frühen Morgen der 5,2 mag helle 26 Geminorum (HIP 32104) vom Nordrand des zu 73 % beleuchteten abnehmenden Mondes gestreift wird.
Die Profilgrafik (Abb. 4), die erneut für die geografische Länge 10 Grad Ost erstellt ist, zeigt, dass auf der Grenzlinie voraussichtlich nur ein längeres Verschwinden des Sterns während ca. 105 Sekunden zu sehen sein wird. Die Grafik verrät aber auch, dass Mehrfachereignisse zu erwarten sind, wenn man sich bis zu 1.000 m weiter nördlich postiert. 26 Geminorum ist ein enger Doppelstern (0,05'' Abstand). Das Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns kann daher vereinzelt weniger schlagartig sein.
Ereignis 4: 18.11.2015 Der 5,5 mag helle 18 Aquarii (HIP 105668) wird am Abend des 18. November vom zerklüfteten dunklen Südrand des nur zu 44 % beleuchteten Mondes gestreift. Die Grenzlinie verläuft ausgehend von Aachen quer durch das Ruhrgebiet über Hannover und Celle bis nach Greifswald.
Die Abbildung 5a zeigt das Mondrandprofil bei 10 Grad östlicher Länge. Man erkennt dort, dass das niedrige Mondniveau keine Bedeckung des Sterns von der vorausberechneten Grenzlinie aus ermöglicht. Bereits wenige 100 m weiter nördlich wird jedoch der Stern hinter den höchsten Berg-

Sternbedeckungen

113

spitzen verschwinden. Die Abbildung 5b gibt die scheinbare Sternbahn wieder, die sich bei einer Beobachtung 2.268 m nördlich von der Grenzlinie ergibt. Die Profilhöhen sind hier 24fach überhöht dargestellt. Zwischen 20:09:47 und 20:13:08 MEZ sind von dieser Beobachtungsposition voraussichtlich 14 Kontakte zu verfolgen!
Ereignis 5: 01.12.2015 Von der letzten herausragenden streifenden Sternbedeckung dieses Jahres am 1. Dezember profitiert erneut der Norden Deutschlands. Der dunkle Nordrand des zu 71 % beleuchteten abnehmenden Mondes streift am frühen Morgen den 6,5 mag hellen 177 Cancri (HIP 44148).
Nach dem in der Abbildung 6a gezeigten Profil auf 10 Grad östlicher Länge verschwindet der Stern einmal kurz dicht am Terminator. Eine Beobachtung nur 60 Meter weiter südlich der vorhergesagten Grenzlinie wird vergrößert in der Abbildung 6b bei 24-facher Profildehnung dargestellt. Von dort aus gesehen finden zwischen 02:45:54 und 02:47:21 MEZ gleich 10 Kontakte statt!
Um streifende Sternbedeckungen erfolgreich beobachten zu können, werden eine ganze Reihe präziser Informationen benötigt. Die europäische Sektion der International Occultation Timing Association (IOTA/ES) stellt diese Daten zur Verfügung. Kernstück ist die Software ,GRAZPREP` des Autors, die sowohl eine komplette und stets aktualisierte Auflistung aller interessanten Ereignisse als auch für jedes Ereignis die genauen Koordinaten der Grenzlinien und viele weitere Informationen liefert. Darüber hinaus kann von jedem Standort aus das Profil des Mondes und die zu erwartende Sternbahn grafisch dargestellt werden, um so den besten Beobachtungsstandort auswählen zu können. Letzterer muss auch unter Berücksichtigung der Höhe optimiert werden, weil diese einen Einfluss auf den Blickwinkel zum Mond hat. Hierzu können höhenkorrigierte Grenzlinien direkt in eine Google-Earth-Karte übertragen werden, mit der es dann einfach ist, die besten Beobachtungsstationen festzulegen.
Die Software kann kostenlos unter www. grazprep.com heruntergeladen und installiert werden (Password: IOTA/ES). Die zusätzlich benötigten Vorhersagedateien sind direkt vom Autor (e_riedel@msn.com) oder über die IOTA/ ES (www.iota-es.de) zu beziehen. Weiterführende Informationen, z. B. über die Meldung der Bedeckungszeiten, sind dort ebenfalls erhältlich.

5 a) oben: Streifungssituation am südlichen Mondrand auf der Grenzlinie,
b) unten: vergrößerte Streifungssituation 2.268 m nördlich der Grenzlinie mit 14 erwarteten Kontakten
6 a) oben: Streifungssituation am nördlichen Mondrand auf der Grenzlinie,
b) unten: vergrößerte Streifungssituation 60 m südlich der Grenzlinie mit 10 erwarteten Kontakten
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114

Veränderliche

VSX J213806.5+261957
- überraschender Ausbruch im Herbst 2014
von Klaus Wenzel und Franz-Josef (Josch) Hambsch
1
Drei Aufnahmen, welche die Eigenbewegung von VSX J213806.5+261957 (Bildmitte) dokumentieren. Links: 2.8.1911 (LSW Heidelberg), Mitte: 11.7.1951 (POSS I), rechts: 29.9.1991 (POSS II)

Am 22. Oktober 2014 alarmierte eine Meldung im AAVSO-Forum des amerikanischen AAVSO-Beobachters Carey Chiselbrook, dass er den seit seinem Ausbruch im Mai 2010 identifizierten WZSge-Stern VSX J213806.5+261957 mit einer Helligkeit von 9,7 mag erneut im Ausbruch beobachtet hatte.
Etwa 17 Stunden nach Carey's Beobachtung konnte Klaus Wenzel diesen Ausbruch bei einer visuellen Beobachtung am 317 mm/1.500 mm-Newton in seiner Dachsternwarte in Wenigumstadt mit einer Helligkeit von 9,8 mag bestätigen.
Zwergnova mit kleinen Besonderheiten Am 7. Mai 2010 meldete der Südkoreaner Dae-Am Yi aus Gangwon-do über den Japaner H. Yamaoka von der Kyushu University die Entdeckung eines 10,8 mag hellen Objektes im Pegasus, welches er 24 Stunden zuvor, am 6. Mai, mit einer 93-mm-Digitalkamera aufgenommen hatte. Die Bestätigung seiner Entdeckung gelang ihm am 7. Mai mit einem 400-mmTeleobjektiv selbst. Auf dieser Aufnahme war die Helligkeit der Nova mittlerweile auf 8,4 mag angestiegen.
Die Position des neuen Objektes ist identisch mit einem GSC-Stern (GSC 0219700866) mit einer Helligkeit von 14,3 mag. Bei einer Inspektion mit dem POSS wurde schnell klar, dass es sich hier wohl um einen (vermutlich) optischen Doppelstern handelt, dessen südliche Komponente (die Zwergnova) eine deutliche Eigenbewegung aufweist. Die Position von Yis Nova ist ebenfalls mit einer Röntgen-
VdS-Journal Nr. 55

quelle aus dem ROSAT-Katalog (1RXS J213807.1+261958) identisch.
Während des Ausbruchs im Mai 2010 wurde die Zwergnova von einer Beobachtergruppe um D. Chochol am Terksol-Observatorium im Kaukasus und am Krim-Observatorium eingehend untersucht. Sie fanden einen Weißen Zwerg mit einer Masse von 0,6 Sonnenmassen und einer Oberflächentemperatur von 15.000 K. Die Umlaufperiode beträgt 0,0542 Tage, wobei es sich bei der Sekundärkomponente um einen Roten Zwerg mit 0,09 Sonnenmassen handelt. Das Ausbruchsverhalten und die Amplitude von etwa 8 Größenklassen deuteten darauf hin, dass es sich bei diesem CV mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Zwergnova vom Typ WZ Sge handelte. Bei Nachforschungen im Plattenarchiv der Sternwarte Sonneberg für den Zeit-

raum 1928-2004 konnte ein weiterer Ausbruch am 30. November 1942 mit einer Helligkeit von 9,8 mag gefunden werden. Wenn sonst kein weiterer Ausbruch mehr stattgefunden hat, wäre dies auch für einen WZ-Sge-Stern ein extrem langer Ausbruchsintervall (67 Jahre). Umso überraschender kam eine Meldung des amerikanischen AAVSOBeobachters Carey Chiselbrook im AAVSO-Forum, dass er die Zwergnova VSX J213806.5+261957 mit einer Helligkeit von 9,7 mag am 22. Oktober 2014, also 4 Jahre und 5 Monate nach dem Ereignis von 2010, erneut im Ausbruch beobachtet hatte.
Visuelle Beobachtungen (Klaus Wenzel) Meine ersten visuellen Beobachtungen dieser Zwergnova reichen bis zum Mai 2010, dem ersten registrierten Ausbruch,
2
Fernrohrskizze von VSX J213806.5+261957 während des Ausbruchs 2010 (22.5.2010 mit 317 mm/ 1.500-mm-Newton bei V = 170x)

Veränderliche

115

zurück. Damals konnte ich zwischen dem 22.05. und dem 06.06.2010 VSX J213806.5+261957 insgesamt dreimal visuell mit Helligkeiten zwischen 10,5 und 13,7 mag beobachten. Danach verlor ich den CV zunächst wieder aus den Augen.
Umso überraschender kam die Meldung von Carey Chiselbrook im Oktober 2014 über einen erneuten Ausbruch. Noch am gleichen Tag von Carey Chiselbrooks Meldung begann ich mit visuellen Schätzungen der Zwergnova mit den NewtonTeleskopen (12,5 und 16 Zoll) meiner Dachsternwarte in Wenigumstadt. Bei diesem neuen Ausbruch gelangen mir zwischen dem 22.10. und dem 23.11.2014 insgesamt 14 visuelle Schätzungen, die den Helligkeitsverlauf dieses Ausbruchs schön dokumentieren (Abb. 3). Spektakulär war die Beobachtung am 6. November, als VSX J213806.5+261957 in die ,,Rapid Fading Phase" überging, die das Ende des aktuellen Ausbruchs einleitete. So schätzte ich die Helligkeit der Zwergnova um 17:10 UT auf 13,0 mag und zwei Stunden später um 19:10 UT auf 13,2 mag. Dieser Helligkeitsrückgang während dieser 2 Stunden war im Okular auf Anhieb erkennbar. Der Helligkeitsrückgang in dieser Phase betrug also etwa 0,1 mag pro Stunde. Am 23. November schätzte ich die gemeinsame Helligkeit der beiden Komponenten auf 14,4 mag, leider war auch bei dieser Beobachtung, die ich mit dem 16-Zöller bei 457-facher Vergrößerung durchführte, die Zwergnova nicht von ihrem nördlichen Begleiter zu trennen.
CCD-Beobachtungen Remote am Road Observatory in Chile (Josch Hambsch) Seit 1. August 2011 betreibe ich in San Pedro de Atacama eine Remote-Sternwarte. Der Standort befindet sich in der trockensten Wüste der Erde, der Atacamawüste, wo sich auch die großen Teleskope der ESO (VLT auf dem Paranal) und der Amerikaner (z. B. La Silla) befinden. Der Ort zeichnet sich durch viele transparente und klare Nächte zur Beobachtung aus. Im Mittel bin ich bisher auf 320-330 beobachtete Nächte pro Jahr gekommen. Um das Pensum an Daten verarbeiten zu können, müssen schon sehr viele der Bearbeitungsschritte automatisiert sein. Ich beobachte ausschließlich veränderliche

3 Lichtkurve des Ausbruchs vom Herbst 2014 nach visuellen Beobachtungen am
12,5- und 16-Zoll-Newton in der Dachsternwarte in Wenigumstadt - deutlich ist der Übergang in die ,,Rapid Fading Phase" erkennbar.

4 Lichtkurve des Ausbruchs, remote beobachtet von ROAD, wobei ein V-Filter benutzt wurde.

5 Superhumps zeigten sich während der Ausbruchsphase.

Sterne, wobei der Schwerpunkt auf Kataklysmischen Veränderlichen und kurzperiodischen Pulsationsveränderlichen liegt.
So wurde ich auch auf den Veränderlichen VSX J213806.5+261957 aufmerksam und habe damit begonnen, mit

meinem 40-cm-Teleskop auf einer ASADDM85-Montierung und CCD-Kamera den Stern mittels Zeitreihen jede klare Nacht über einen Zeitraum von beinahe 3 Wochen zu beobachten. Dabei kam die Lichtkurve in der Abbildung 4 zustande. Wenn man die Abbildungen 3 und 4 vergleicht, dann haben Klaus und ich
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116

Veränderliche

den gleichen Helligkeitsverlauf beobachtet. Durch die Aufnahme von Zeitreihen konnte ich auch das Verhalten des Sterns während der Ausbruchsphase innerhalb einer Nacht festlegen. Die Abbildung 5 zeigt die Helligkeitsschwankungen des Sterns über einen Zeitraum von ca. 2,5 Stunden. Deutlich sieht man die Variation der Helligkeit von ca. 0,15 bis 0,2 Magnituden. Diese Variation sind sogenannte Superbuckel (englisch Superhumps), die auf kleine Periodenunterschiede zwischen den Helligkeitsschwankungen und der Umlaufdauer in den engen Doppelsternsystemen, in welchen Zwergnovae

auftreten, zurückzuführen sind. Bei Wikipedia [6] oder in der Fachliteratur kann man mehr über das Entstehen der Superhumps nachlesen.
WZ-Sge- oder SU-UMa-Stern? Vor dem Ausbruch 2014 wurde VSX J213806.5+261957 als Zwergnova vom Typ WZ Sge geführt, doch nach neueren Beobachtungen von Superhumps dieses aktuellen Ausbruchs scheint es so, dass es sich hier um eine normale Zwergnova vom Typ SU UMa handelt.

Literaturhinweise: [1] 2012: Contrib. Astron. Obs.
Skalnat´e Pleso 42, 39 [2] D. Chochol et al., 2010: "Photome-
tric investigation of the dwarf nova Pegasi 2010 - a new WZ Sge-type object", ATel #2619 (13. May 2010) [3] R. Hudec, 1942: "superoutburst of OT J213806.6+261957", VSNET Alert 17894 [4] T. Kato: "OT J213806.6+261957: already stage B superhumps" [5] F.-J. Hambsch, 2012: JAAVSO, 40, 1003 [6] Wikipedia, https://de.wikipedia.org/ wiki/Superhump

Verfinsterung von b Persei im Januar 2015

von Wolfgang Vollmann

Der Stern b Persei ist ein ,,ellipsoidischer Veränderlicher" mit geringem Lichtwechsel von nur 0,06 Größenklassen und einer Periode von 1,5 Tagen. Es handelt sich um einen engen Doppelstern, bei dem die beiden Sterne abgeplattet und verformt sind. Schon 2013 wurde eine Verfinsterung des Systems durch einen dritten Begleiter beobachtet. 700 Tage später gab es wieder eine mögliche Verfinsterung. Sie konnte diesmal sehr gut beobachtet werden, dabei wurde der Stern um 0,2 Größenklassen schwächer.
Da das System im Normallicht um die 4,6 mag hell ist, konnte ich auch mit der DSLR-Kamera bei der Kampagne mitma-

chen (www.aavso.org/aavso-alert-notice -507). Da das Wetter mitspielte, konnte ich jeden Abend vom 10. bis 13. Januar 2015 Aufnahmen des Sternfelds machen. Ich fertigte jeweils mehrere Serien mit je 10 Einzelbildern, und die Helligkeitsmessungen hatten auch eine gute Genauigkeit. Dabei ist die Kamera am Fotostativ montiert, und mit 50-mm-Objektiv, f/2,8 bei ISO 400 und leicht unscharfer Einstellung belichtete ich die Aufnahmen mit jeweils 13 Sekunden. Aus meinen Beobachtungen allein leitete ich einen Minimumstermin von JD 2457034,5 ab. Mit den Daten der anderen Beobachter ist die Lichtkurve natürlich viel besser darstellbar.

Literaturhinweise: [1] ,,Ellipsoidischer Veränderlicher
b Persei ist jetzt auch ein Bedeckungsveränderlicher", BAV Rundbrief 3/2013 [2] Webseite von Donald Collins mit Beobachtungsergebnissen, Modellen, Simulationen: http://inside.warrenwilson.edu/~dcollins/bPersei/ [3] Für das letzte Minimum im Januar 2015: http://inside.warrenwilson.edu/~dcollins/bPersei/ bPersei2015Eclipse/b_Persei2015 eclipse.html

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1
Lichtwechsel von b Per zur Verfinsterung vom Januar 2015 (www. aavso.org/campaignhighlight-b-persei), Analyse und Lichtkurve: D. Collins (Warren-Wilson College)

VdS-Nostalgie

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Neues aus dem Vorstand

von Sven Melchert

Am 11. Juli 2015 trafen sich die Vorstandsmitglieder in Heppenheim zur Vorstandssitzung. Mit Blick auf die anstehende Mitgliederversammlung und das neue Jahr war die Tagesordnung reichlich gefüllt. Über folgende Themen möchte Sie der Vorstand hier informieren:
Anzahl der Mitglieder Zum 30. Juni 2015 zählte die VdS 4107 Mitglieder, was einem weiterhin leichten Wachstum und dem größten bisher notierten Wert entspricht.
VdS-Tagung und Mitgliederversammlung in Braunschweig Mit der Unterstützung der Sternfreunde aus Braunschweig sind die Vorbereitungen zu dieser Veranstaltung weitgehend abgeschlossen (siehe dazu auch den Beitrag im VdS-Journal 54 auf Seite 129). Alle Mitglieder werden per Briefsendung zur Tagung eingeladen, das Vortragsprogramm kann man auch online unter www.vds-astro.de einsehen.

VdS-Journal Um den bisher eingereichten Artikeln Raum zur Veröffentlichung zu geben, erscheint dieses Heft ohne ein Schwerpunktthema. In der Diskussion sind Artikel mit größerem Umfang als 10.000 Zeichen, ob diese in zwei getrennten Heften erscheinen sollen oder grundsätzlich nicht veröffentlicht werden können.
VdS-Website Die Seite wird derzeit unter Leitung von Alexander Weis grundsätzlich überarbeitet und in den nächsten Monaten in neuem Glanz zur Verfügung stehen.
Werbung für die VdS Mit den Publikationen ,,Sternzeit" und ,,Space" wurde ein Tauschgeschäft von redaktionellen Beiträgen und Anzeigen vereinbart.
Mitgliedssternwarten Die VdS arbeitet weiterhin intensiv daran, den Service für Sternwarten zu ver-

bessern. Dazu wird es ein Brainstorming geben. Als Idee wurde eine Fachgruppe für Sternwarten vorgeschlagen.
Rechtsfragen Rechtsfragen zum Thema Amateurastronomie können an die Geschäftsstelle gerichtet werden. Ein rechtskundiges VdS-Mitglied hat sich bereit erklärt, unverbindlich zu solchen Fragen Stellung zu nehmen. Fragen von allgemeinem Interesse werden im VdS-Journal besprochen. Ein Rechtsanspruch auf die Beantwortung gestellter Fragen besteht nicht.
Die letzte Vorstandssitzung dieser Amtsperiode wird traditionsgemäß am Freitagabend vor der Mitgliederversammlung stattfinden. Themenvorschläge aus dem Mitgliederkreis sind wie immer willkommen und werden an die Geschäftsstelle gerichtet.

Ausgewählt und zusammengestellt von Peter Völker - Folge 25
Die 25. Folge möchte ich zum Anlass nehmen, etwas in eigener Sache zu plaudern.
Alle nostalgischen Themen suche ich sorgfältig nach folgenden Gesichtspunkten aus: Sagt der Inhalt heutigen Lesern noch etwas?
Lohnt es sich, diese und jene Themen einem heutigen Leserkreis noch einmal nahe zu bringen oder erneut aufzugreifen? ,,Tagesaktuelle" Beobachtungsberichte, Buchbesprechungen, Mitgliedereinund -austritte und sehr spezielle Mitteilungen (,,Die genaue Bahn des Satelliten XY") habe ich nicht berücksichtigt.
Die ausgewählten Beiträge werden vom Originalheft eingescannt, wenn nötig bearbeitet und für die Redaktion digital vorbereitet. All diese Arbeiten hat von Folge 1 bis heute meine Frau Aygün Völker erledigt (siehe Abb. rechts), die viel mehr von elektronischer Grafik versteht als ich. Ich spreche ihr dafür den Dank der VdS aus.
Das heutige Thema ist sehr speziell, knüpft aber thematisch direkt an die Folge 24 an. Der Vollständigkeit halber sei es hier als Faksimile der Seiten 106/107 abgedruckt, denn ich gehe davon aus, dass die meisten jüngeren Leser die alten Originalhefte nicht zur Verfügung haben.
VdS-Journal Nr. 55

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VdS-Nostalgie

VdS vor Ort/Tagungsberichte

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Das Deep-Sky-Treffen 2015
von Kai-Oliver Detken

1
Die Teilnehmer des DST 2015 (Bild: Jens Bohle)

Das Deep-Sky-Treffen (DST) in Bebra besteht seit 2005 in dieser Form. Auch in diesem Jahr luden die Organisatoren Peter Riepe und Jens Bohle zum DST ein. Es war also das elfte DST im Hotel Haus Sonnenblick. Das Programm war auch in diesem Jahr wieder sehr vielfältig und steht Einsteigern wie erfahrenen HobbyAstronomen offen.
Gestartet wurde am Samstag mit dem ,,Atlas of Peculiar Galaxies" von Halton Arp, dessen Interesse es u. a. war, neue ungewöhnliche Galaxien zu entdecken, die in bisherigen Katalogen noch nicht oder unvollständig aufgeführt wurden. Referent Martin Nischang hatte eigene Aufnahmen von Arp-Galaxien (z. B. Stephans Quintett) durchgeführt und sie mit Halton Arps Originalbildern verglichen. Dazu wurde eine große Brennweite mit hoher Lichtempfindlichkeit (Astrograf) verwendet. Trotzdem waren teilweise 8-stündige Belichtungen notwendig, die in mehreren Nächten im Feld durchgeführt wurden. Obwohl es sich um relativ lichtschwache Objekte handelte, konnten so die Strukturen zahlreicher ArpGalaxien durchaus detailnah abgebildet werden.

nommen wurde. Sie gehört zum Typ der Magellanschen Galaxien und beinhaltet ein großes Sternentstehungsgebiet. Anhand der Aufnahmen in unterschiedlichen Filterungen und Spektralbereichen (auch des Weltraumteleskops Hubble) wurde die Vorgehensweise zum Auffinden neuer Galaxien erläutert. Das ist auch heute immer noch möglich - sogar für Hobbyastronomen, wenn die entsprechende Bildtiefe erreicht werden kann!
Die letztjährige Untersuchung des Objekts Cepheus A wurde von Manfred Mrotzek fortgesetzt. Er erstellt von diesem Gebiet immer wieder Aufnahmen in unterschiedlichen Sichtfenstern (auch IR) durch Nutzung verschiedener Filter. Dabei ist er speziell auf der Suche nach einem bisher nie beachteten veränderli-

chen Nebel, der kein H emittiert - ein Reflexionsnebel also. Je nach Filterung leuchtet dieser Nebel rot oder grünlich. Auch ältere Aufnahmen von 1997, die ebenfalls den Reflexionsnebel zeigen, wurden zum Vergleich herangezogen. Extrem dichte Staubwolken scheinen hier in Bewegung zu sein, sie dunkeln diesen Nebel mal ab und mal nicht. Aber welcher Stern leuchtet den Reflexionsnebel eigentlich an? Dies konnte der Referent auch noch nicht abschließend klären, weshalb das Objekt von ihm weiter beobachtet werden wird.
Etwas ,,leichtere Kost" bot dann Bernd Gährken mit einem Reisebericht nach La Palma. Er ging noch einmal auf die Jagd nach dem Kometen ISON ein, der 2013 durch die Presse ging und sich leider

Gerald Willems von der Astronomischen Vereinigung Lilienthal (AVL) stellte die Galaxie NGC 4214 vor. Es handelt sich dabei um eine Zwerggalaxie in den Jagdhunden, die eigentlich nur zu Testzwecken seines neuen Equipments aufge-

2 Gemütliche Gesprächsrunde (Bild: Jens Bohle)

VdS-Journal Nr. 55

120

VdS vor Ort/Tagungsberichte

nomische Kataloge mit einer umfangreichen Suchfunktion.

3 Kleine Geschenke an die Referenten (Bild: Josef Müller)

als Spielverderber einen Namen machte. Grundsätzlich ist die Insel La Palma aber für die Astronomie sehr interessant, weil dort relativ wenige Menschen wohnen und die Gesetzgebung eine zu große Lichtverschmutzung verhindert. Der Himmel bietet eine erstklassige Transparenz, und es lassen sich bereits südliche Himmelsobjekte erreichen.
Erst recht in Chile ist dies natürlich möglich, worüber Bernhard Hubl berichtete. Dort wurde eine neue Astrofarm bei La Serena besucht, um den Südhimmel unter perfekten Bedingungen bei stabiler Wetterlage zu beobachten. Es stand dort eine High-End-Ausrüstung mit unterschiedlichen Brennweiten zur Verfügung. Nachdem die Planungsphase von drei Monaten abgeschlossen war, nahm man in drei Wochen 260 potentielle Objekte (!) mit 10 verschiedenen Teleskop-/Kameraausrüstungen ,,unter Beschuss". Dabei wurden auch sehr interessante Emissions- und Reflexionsnebel aus verschiedenen Katalogen abgelichtet und einige neue Sternentstehungsgebiete konnten entdeckt werden.

weite benötigt, sondern eine möglichst lange Belichtungszeit (z. B. 20 Stunden), um eine ausreichende Tiefe erreichen zu können. Alle Kandidaten werden markiert und auf ihre Radialgeschwindigkeit (Entfernung) untersucht. Danach werden sie mit der SDSS-Datenbank (Sloan Digital Sky Survey) analysiert. Bei M 106 wurden mit dieser Methode 12 Kandidaten gefunden. Abschließend ist mit Professor Igor Karachentsev eine gemeinsame wissenschaftliche Veröffentlichung in Arbeit. So kann eine optimale Zusammenarbeit zwischen Hobby- und Profiastronomen aussehen. Jens Bohle und Peter Riepe stellten dann in einem Workshop das Arbeiten mit Internet-Datenbanken vor. Dabei kristallisierten sich die folgenden drei Suchmöglichkeiten als wichtigste heraus: SIMBAD (http://simbad.u-strasbg.fr/ simbad/): eine astronomische Datenbank, die über 7,5 Millionen Objekte enthält.
VizieR-Service (http://vizier.u-strasbg. fr/viz-bin/VizieR): bietet 13.000 astro-

ALADIN (http://aladin.u-strasbg.fr/ aladin.gml): interaktiver Himmelsatlas, der alle Arten von Informationen aus den Katalogen mit verschiedenen astronomischen Himmelsaufnahmen kombiniert.
Wie man das Programm Regim einbeziehen kann, wurde von Andreas Rörig am nächsten Tag auch noch gezeigt. Dazu muss der FITS-Header der Bilder allerdings gefüllt sein (u. a. mit den Koordinaten). Sternenkataloge können dann mit eigenen Bildern ergänzt und ausgewertet werden.
Zum Abschluss des ersten Tages präsentierte Harald Strauß den Astronomischen Arbeitskreis Salzkammergut mit seiner Sternwarte Gahberg. Im Verein, der aus 420 Mitgliedern besteht, liegt der Schwerpunkt klar auf der Astrofotografie, wie auch das ziemlich professionelle Equipment (u. a. ASA-DDM-Montierungen) zeigte. Die Sternwarte Gahberg liegt auf 860 m Höhe und besitzt inzwischen einige Kuppeln und Schiebedachhütten auf dem Vereinsgelände. Beispielaufnahmen in hervorragender Qualität wurden gezeigt (u. a. M 32, Arp 273, M 65 und 66), teilweise mit Belichtungszeiten von über 30 Stunden! Die Sternwarten lassen sich auch teilweise remote betreiben, so dass man auch fotografieren kann, wenn man beruflich unterwegs ist. Interessant

Peter Riepe stellte vor, wie man konkret bei der Identifikation neuer Galaxien vorgeht. Dies wird in der Arbeitsgruppe ,,Tief Belichtete Galaxien" (TBG) gezielt mit fachlicher Unterstützung von Profiastronomen angegangen. Speziell Galaxien des Typs Low Surface Brightness (LSB) werden dabei gesucht. Da die großen Galaxien bereits bekannt und in Katalogen beschrieben sind, geht es jetzt darum, neue ,,Fusselobjekte" als Begleitgalaxien zu entdecken. Exemplarisch wurde M 106 mit ihren gravitativ gebundenen Begleitern vorgestellt. Dabei deutet eine ähnliche Radialgeschwindigkeit bereits auf eine Bindung hin. Jede neu entstandene Aufnahme wird nach ganz kleinen, neuen Galaxien durchsucht. Dafür wird keine große Öffnung oder Brenn-
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3 Arp 210 (= NGC 1569), Vergleich. Links: Arp-Katalog, rechts: Zentralteil einer
Aufnahme von Martin Nischang mit 300-mm-Newton (f = 1.080 mm) und Belichtungszeit 8,3 Stunden.

VdS vor Ort/Tagungsberichte

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anzusehen war die Sternwarte von Sam Reisenberger.
Der zweite Tag begann mit der Astrofotografie im Ruhrgebiet, die Mark Schocke anhand eines Gemeinschaftsprojektes vorstellte. Dem Vorurteil ,,Himmel und Öffnung ist durch nichts zu ersetzen" begegnete er, indem er seine eigenen Bilder zeigte, die mit 92 mm kleiner Öffnung (f = 506 mm) und in einem absolut lichtverschmutzten Umfeld aufgenommen worden waren. Der Einsatz von Schmalbandfiltern (H, [O III]) hilft dabei, doch noch gute Ergebnisse erzielen zu können. Dies wurde am Beispiel des Nordamerikanebels deutlich. Hier verwendete er eine Bildkombination, indem er die Vorteile von RGB- und Schmalbandfiltertechnik miteinander kombinierte. Neben wichtigen Schritten in der Bildverarbeitung (Rohbilder kalibrieren, Gradienten entfernen, Details herausarbeiten) wurde auch mit anderen Kollegen zusammengearbeitet, um mehr Belichtungszeit zu erhalten. So wurde abschließend der Cirrusnebel gezeigt, aufgenommen mit 200 mm Brennweite von einem Vierer-Team. Ziel des Gemeinschaftsprojektes war es, die Abbildung aller Objektklassen des gesamten Komplexes hinzubekommen. Dies wurde auch erreicht, wie das Endresultat eindrucksvoll zeigte. (Anm. d. Red.: Vgl. dazu auch das Titelbild und den Bericht in diesem Heft).
Dass man auch sehenswerte Bildresultate mit azimutaler Montierung erreichen kann, zeigte Kai-Oliver Detken im zweiten AVL-Vortrag. Hierbei wurde die Montierung als Handicap ausgemacht, die eigentlich für den visuellen Einsatzzweck entwickelt wurde. So ist es auch immer wieder in den Foren zu lesen. Doch was macht man, wenn man bereits eine azimutale Montierung besitzt und nicht sofort in eine parallaktische Montierung neu investieren will? Man beginnt erst einmal bei geringer Brennweite und steigert sich dann langsam mit den auftauchenden Herausforderungen. Als Lösung zur Bildfelddrehung wurden kurze Belichtungszeiten (z. B. 60 s) und viele Bildaufnahmen (z. B. 100 Bilder) ausgemacht. Zusätzlich helfen Bildverarbeitungsprogramme, die Bildfelddrehung im Zaum zu halten. Auch wird die ISOEmpfindlichkeit heutiger DSLR-Kameras immer besser, so dass ganz andere Re-

5 Teleskope mit Himmel über Chile (Bild: Christoph Kaltseis)

sultate möglich sind als noch vor einigen Jahren. So konnten einige schöne Aufnahmen präsentiert werden, die laut Foren-Aussage eigentlich gar nicht möglich sind.
Abschließend wurden visuelle Deep-SkyBeobachtungen an der Sternwarte Melle von Peter Riepe vorgestellt. Diese steht inmitten eines Naturschutzgebietes und enthält einen Newton 1.120 mm / 4.400 mm mit einem Öffnungsverhältnis von 1:4,5. Beobachtergruppen können die Sternwarte für 70 Euro einen Tag bzw. Nacht mieten. Ein deutsch/holländisches Team tat dies und erstellte Zeichnungen von ihren Beobachtungen, die präsen-

tiert wurden. Der Planetarische Nebel (PN) NGC 6826 konnte beispielsweise sehr gut gezeichnet werden. Die visuelle Beobachtung wurde später mit Aufnahmen verglichen. Dabei kamen sehr ähnliche Ergebnisse zutage. Das Highlight war der ,,blaue Schneeball" NGC 7662, der visuell mit feinsten Strukturen gezeichnet wurde. Visuell die Sternobjekte zu erleben bleibt daher letztendlich eine andere Erfahrung, als sie fotografisch zu erfassen, wie der Referent abschließend feststellte.
Für alle Frühplaner: Im kommenden Jahr wird das DST vom 15. bis 17. April 2016 stattfinden.

6 Galaxie M 51, aufgenommen in Oberhausen (Ruhrgebiet). 200-mm-Newton,
f = 800 mm, CCD-Kamera Moravian G2-8300, Belichtung: R = 50 x 180 s, G = 48 x 240 s, B = 50 x 300 s, H = 19 x 600 s (HWB = 12 nm). Bildautor: Mark Schocke, Fachgruppe Astrofotografie.
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VdS vor Ort/Porträt

Bericht zur Baugenehmigung einer Dachsternwarte
von Herwig Diessner

Im Leben eines Sternfreundes kommt wohl unweigerlich irgendwann der Moment, in dem man sich überlegt, ob man nicht eine eigene Sternwarte betreiben möchte. Sei es als feststehende Säule im Garten oder ein Schutzbau in Form einer Rolldachhütte oder eines Kuppelgebäudes im Garten. Doch selbst dort droht Ungemach: Gleißend helle Straßenbeleuchtung, die 24-Stunden-LED-Beleuchtung in Nachbars Garten oder ,,EinbruchSchutzbeleuchtung" mit Bewegungsmeldern, die auch bei vorbeifahrenden Autos oder nachtaktiven Kleintieren reagieren und die Umgebung hell erleuchten. In einer solchen Situation bleibt oft nur noch der Rückzug auf das Dach des Hauses, was Vor- wie Nachteile mit sich bringt.

Eine große Herausforderung ist dabei häufig das Thema Baugenehmigung und der Zug durch die Ämter. Dazu gibt es auch in den einschlägigen Foren kaum Erfahrungsberichte, weshalb ich gerne meine Erfahrungen schildern möchte. Ein Kochrezept mit ,,Geling-Garantie" ist es nicht. Doch möchte ich andere Sternfreunde gerne mit meinen Erfahrungen ermutigen, diesen Schritt zu wagen!
Man nehme sich als erstes: viel Zeit!
Bevor man zu irgendeinem Amt geht, sollte man sich über verschiedene Aspekte im klaren sein. Dies kann einem unnötige Arbeit und vor allem Geld ersparen:
- Gründliche Prüfung: Muss ich wirklich aufs Hausdach ausweichen? Denn so gut wie jede andere Alternative dürfte schneller und günstiger zu realisieren sein.
- Ist die Situation (Sicht, Lichtverschmutzung) dort wirklich besser? Nichts wäre ärgerlicher, als nach der Fertigstellung feststellen zu müssen, dass die ursächlichen Störeinflüsse dort oben auch vorhanden sind.
- Wäre eine Sternwarte auf dem Dach statisch realisierbar? Hier muss am
VdS-Journal Nr. 55

1 Blick aus der Dachgaube auf den Kuppelring. Eine beinahe perfekte 360-Grad-
Rundumsicht.

Anfang keine detaillierte Berechnung stehen, denn die wird ohnehin später von einem Profi angefertigt. Aber eine augenscheinliche Einschätzung der Situation vor Ort hilft, sich auch über Größe der Warte und die mögliche Instrumentierung bewusst zu werden.
- Wie haben andere Sternfreunde eine Dachsternwarte realisiert? An Beispielen habe ich am meisten gelernt. Dazu habe ich seit Anfang 2013 Kontakt zu anderen Sternfreunden aufgenommen und bin nicht nur durch den Stuttgarter Raum, sondern auch bis nach Hannover gefahren, um Erfahrungen zu sammeln.
- Wie reagieren die Nachbarn auf diese Idee? Bei einem Bauantrag, vor allem wenn er etwas außergewöhnlich ist, werden meist von Amts wegen die Nachbarn befragt. Deshalb habe ich vorher mit allen meinen Nachbarn gesprochen, ihnen erklärt, welches schöne Hobby ich betreibe und was ich deshalb auf meinem Dach vorhabe. So war schnell klar, dass die Wahrschein-

lichkeit eines Einspruchs von Seiten der Nachbarn auf einen Bauantrag eher gering sein wird. Nach der Phase der intensiven Evaluierung ging es dann im nächsten Schritt um das Sammeln von Detailinformationen:
Welche Art von Bauantrag muss gestellt werden? Dies ist von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich, ich kann also keine allgemein gültige oder rechtlich verbindliche Aussage treffen, sondern nur von meinen Erfahrungen berichten. Für Baden-Württemberg kann ich sagen: Es wird ein vollständiger Bauantrag mit Baufreigabeschein (,,Roter Punkt") benötigt. Die Landesbauordnung ist die Sammlung geltender Vorschriften. Zusätzlich gilt in vielen Gemeinden des Landes eine sogenannte Dachgaubensatzung, die lokale Besonderheiten für Dachausbauten reglementiert.
Kann und will ich den Bau der Sternwarte selbst übernehmen oder beauftrage ich Unternehmen? Auch wenn ich handwerklich begabt bin

VdS vor Ort/Porträt

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und mir vieles beim Hausbau selbst zutraue, so haben mich folgende Gründe doch dazu bewogen, diese Arbeit von Profis durchführen zu lassen:
1. Für den Bauantrag benötige ich ohnehin einen vorlageberechtigten Fachmann, das heißt einen Architekten oder andere zertifizierte Personen mit entsprechender Erfahrung und dem Wissen, die Statik korrekt zu berechnen und genehmigungsfähige Baupläne zu erstellen. Ich dürfte die notwendigen Planungsunterlagen also gar nicht beim Bauamt einreichen, selbst wenn ich sie selbst erstellen könnte, weil mir die entsprechende Vorlageberechtigung fehlt.
2. Mit einer Dachöffnung geht man immer einige Risiken ein in Bezug auf Wärmedämmung und Dichtigkeit. Ich wollte auf keinen Fall, dass ich mir selbst durch mangelnde Erfahrung eine Kältebrücke oder gar ein ,,Wasserloch" ins Haus hole und ich dann in einer ,,Tropfsteinhöhle" wohne, wenn auch mit einer Sternwarte auf dem Dach.
3. Eine Kuppel ist nie absolut wind- und wasserdicht. Deshalb wollte ich eine professionell gefertigte Kuppel auf mein Dach setzen, damit das Wasser möglichst perfekt draußen gehalten wird.
Wie wird ,,das Amt" auf einen solchen Bauantrag reagieren? Eine Sternwarte auf dem Dach fällt völlig aus dem Rahmen, was die sonst üblichen Baugesuche angeht. So gut wie alle Vorschriften werden damit missachtet, weshalb wirklich kaum eine Vorhersage möglich ist, wie die Entscheidung ausfällt.
Doch hinter ,,dem Amt" stecken auch Menschen, vielleicht sogar Nachbarn oder Bekannte. Und wenn es noch keine Bekannte sind, kann man die Bekanntschaft doch leicht herstellen! So bin ich zum Bauamtsleiter unserer Gemeinde gegangen und habe ihn bei einem Termin um Rat gefragt. Mit dabei hatte ich schon einmal eine Skizze des Bauplans, eine Ansicht des Hauses mit der geplanten Kuppel sowie einige Astrofotos.
So erfuhr ich schnell, dass man beim Bauantrag am besten von der ,,Errichtung einer Dachgaube" sprechen sollte,

2 Außenansicht der neuen Dachsternwarte. Am Wochenende nach dem Aufbau war sie
die Attraktion im Ort für die Sonntagsspaziergänger.

so kann gleich der richtige Freigabeprozess angestoßen werden. Da die Dachgaube sehr hoch im Dach sitzen und die Kuppel sogar über den Dachfirst ragen würde, war sofort klar, dass es eine Sondergenehmigung und eine Befreiung von den Vorschriften der örtlichen Dachgaubensatzung geben musste. Damit habe ich mich gedanklich bereits auf ein längeres Verfahren vorbereitet.
Der Bauamtsleiter war jedoch durchaus positiv eingestellt, wohl auch weil er ganz verwundert war, welche Bilder von unserem Ort aus möglich sind (ein Saturn oder ein Orionnebel beeindrucken da durchaus). So erhielt ich seine Zusage, dass er vorab beim Landratsamt anfragen würde, ob man sich eine Befreiung von der Dachgaubensatzung und damit verbunden eine Baufreigabe vorstellen könnte, wenn ein solcher Bauantrag gestellt würde.
Einige Tage später bekam ich die Auskunft von ihm: Das Landratsamt hat grundsätzlich keine Bedenken und ich könne nun mit zwei Schritten parallel weitermachen:

1. Eine Bau-Voranfrage zur Diskussion im Gemeinderat an die Gemeinde stellen
2. Die Formulare für den Bauantrag ausfüllen und geeignete Pläne zur Vorlage erstellen (lassen).
An dieser Stelle zahlte sich aus, dass ich meine Hausaufgaben bereits vorher gemacht hatte: Da ich bereits wusste, welche Unternehmen die Bauausführung übernehmen würden, konnte ich weite Teile der Formulare auf Anhieb ausfüllen und vom Bauleiter unterschreiben lassen. Ebenso konnten die Bauzeichnungen und -pläne nach amtlichen Vorgaben schnell erstellt werden, da der Bauleiter ja bereits wusste, um was es sich bei diesem Vorhaben handelt.
Die Bau-Voranfrage erhielt einige Wochen später im Gemeinderat grünes Licht, und so konnte ich Anfang September 2013 meinen Bauantrag stellen. Erst zu diesem Zeitpunkt habe ich also einen Prozess angestoßen, der später zu Kosten in Form der amtlichen Gebühren für die Baugenehmigung führen würde.
VdS-Journal Nr. 55

124

VdS vor Ort/Porträt

Dann begann die Zeit des Wartens - für mich fast unerträglich lange. Doch im Oktober kam Post vom Landratsamt! Ich war schon ganz ungeduldig aber auch hoffnungsvoll, dass ich nun die Baufreigabe erhielte. Doch leider Fehlanzeige: Es fehlten noch einige Angaben im Bauplan, wie die Bauausführung vonstatten gehen sollte, und ich hatte vier Wochen Zeit, diese Informationen nachzuliefern. 48 Stunden später schickte ich erneut die Unterlagen, nun vervollständigt, los. Wieder warten.
Und dann kam am 13.12.13 mein verfrühtes Weihnachtsgeschenk vom Landratsamt: ,,Auf Ihren Antrag wird für das Bauvorhaben nach $ 58 Landesbauordnung (LBO) in ihrer derzeit geltenden Fassung die Baugenehmigung erteilt."
Mit dabei waren die Bauvorlagen mit Genehmigungsvermerk, Genehmigungs-

hinweise, Auflagen und Bedingungen zur Baugenehmigung und natürlich der sofort zu bezahlende Gebührenbescheid von 100 Euro, die ich gerne noch am selben Tag überwies.
Im Januar 2014 erhielt ich dann den Baufreigabeschein, auch ,,Roter Punkt" genannt, der von außen gut sichtbar angebracht sein muss, während die Bauarbeiten am Haus laufen. Außerdem ein Formular, mit dem ich das Landratsamt über den geplanten Beginn der Bauarbeiten informieren musste. Zusätzlich bekam ich einige Tage später weitere Post von der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, der ich mitteilen sollte, welche Helfer ich plante, bei dem Vorhaben einzusetzen, damit ich sie entsprechend versichern konnte. Da ich nur gewerbliche Firmen und meine eigene Arbeitskraft einsetzte, war dies schnell erledigt und ohne zusätzliche Kosten in Form von Versicherungsprämien verbunden.

Damit war der Ämter-Marathon überstanden und ich konnte mit den ausführenden Unternehmen in die Umsetzung gehen. Am 29.09.2014 wurde die Baustelle auf meinem Dach plangemäß eingerichtet und der Bau der Dachsternwarte konnte starten.
Ich wünsche allen Sternfreunden, die ebenso wie ich mit ihrer Sternwarte ,,hoch hinaus" wollen, viel Geduld und verständnisvolle Amtsmitarbeiter, damit sie ihre Bauvorhaben erfolgreich genehmigen lassen können.

Impression

Leuchtende Nachtwolken

Leuchtende Nachtwolken am 10.07.2015 um 22:09 UT, beobachtet auf 52,9 Grad N, 10,2 Grad O, Objektiv: 1:2,8/50 mm, 10 s Belichtung bei ISO 400, Aufnahme: Heinz Kerner
VdS-Journal Nr. 55

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VdS-Journal Nr. 55

Castor Pollux
ZWILLINGE
Beteigeuze ORION

FUHRMANN Aldebaran

Capella

KASSIOPEIA

KEPHEUS

STIER

PERSEUS Plejaden

Algol
DREIECK WIDDER

ANDRO MEDA

FISCHE Uranus

EIDECHSE

Deneb PEGASUS

Wega

LEIER

SCHWAN

Albireo

FÜCHSCHEN PFEIL

DELFIN FÜLLEN

Atair ADLER

Rigel

Mira WALFISCH

WASSERMANN Neptun

SÜDOST
Sternkarte exakt gültig für 15. Oktober 1 Uhr MESZ

ERIDANUS

Mondphasen im Oktober 2015

BILDHAUER SÜD

FomalhautSÜDL. FISCH

STEINBOCK SÜDWEST

Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Zusammengestellt von Werner E. Celnik und Werner Braune (Veränderliche Sterne), Konrad Guhl (Sternbedeckungen durch den Mond), Eberhard Riedel (streifende Sternbedeckungen), Oliver Klös (Sternbedeckungen durch Kleinplaneten)

Letztes Viertel 4.10.

Planeten im Oktober
Merkur wird am Morgenhimmel sichtbar: rund um die Monatsmitte (13.-23.10.) findet man ihn ab 6:30 MESZ über dem Osthorizont.

Venus dominiert den Morgenhimmel. Bis Ende Dezember ist sie strahlender Morgenstern.

Mars macht sich zunehmend am Morgenhimmel bemerkbar und bildet mit Venus und Jupiter eine schöne Planetenkette (am besten Ende
Oktober).

Jupiter ist ebenfalls am Morgenhimmel vertreten; am 18. zieht Mars an ihm vorbei.

Saturn verschwindet in der Abenddämmerung; seine Sichtbarkeitsperiode ist beendet.

Uranus erreicht am 12.10. seine diesjährige Opposition, man findet ihn in den Fischen.

Neptun schleppt sich im Wassermann dahin. Er hat seine Opposition hinter sich und ist daher ein Objekt der ersten Nachthälfte.

Ereignisse im Oktober

02. 22h Mond 5,0 Grad O Aldebaran (Tauri, 1,0 mag)

03.

Kleinplanet (15) Eunomia (7,9 mag) in

Opposition zur Sonne, Sternbild Pegasus

04. 0h max. Libration im Mond-NO, 10,4 Grad

04. 21:10 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller

Helligkeitsanstieg von 8,1 mag

04. 22:06 Letztes Viertel

05. ca. streifende Sternbedeckung durch den

04:51 Mond, 41 Geminorum (SAO 96409,

HIP 33937) (5,9 mag), Sternbild

Zwillinge, Pfadverlauf ca. südl. Kiel -

Rostok - Greifswald (s. Beitrag im

VdS-Journal Nr. 55

Neumond 13.10.

Erstes Viertel 20.10.

Vollmond 27.10.

VdS-Journal 55)

08.

Maximum Meteorstrom der Delta-

Draconiden, 21 km/s

08. ca. Mond bedeckt Omicron Leonis (3,5 mag),

08:48 Uhrzeit abh. v. Standort, bis ca. 10:11

09. 3h Mond 3,6 Grad SO Venus (-4,5 mag) und

5,2 Grad SO Regulus ( Leonis, 1,4 mag)

09. 5h Mond 5,7 Grad S Mars (1,8 mag)

09. 05:30 Venus bei Regulus ( Leonis, 1,4 mag)

10. 4h Mond 4,5 Grad S Jupiter (-1,7 mag)

10. 05:20 Beginn Beobachtungsperiode Merkur

(0,5 mag), Osthorizont

11. 6h Mond 2,7 Grad S Merkur (0,3 mag), dazu

Jupiter (-1,7 mag), Mars (1,8 mag) und

Venus (-4,5 mag)

11. 14h Mond erdfern, Winkeldurchm. 29,4'

11. 20h Kleinplanet (232) Russia (14,8 mag)

bei Galaxie NGC 7606 (10,8 mag),

Abstand 6'

12. 5h Uranus (5,7 mag, 3,7'') in Opposition

zur Sonne

13. 01:06 Neumond

13. 20h Kleinplanet (5069) Tokeidai (15,6 mag)

bei Galaxie NGC 488 (10,4 mag),

Abstand 7'

16. 05:20 Merkur (-0,5 mag, 7,1'', Phase 50%)

Morgensichtbarkeit, max. Elongation

West 18 Grad

16. 18h Mond 2,4 Grad N Saturn (0,6 mag)

16. 22:55 Kleinplanet (29) Amphitrite (8,9 mag)

9,7' N Iota Arietis (5,1 mag)

17. 21:53 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller

Helligkeitsanstieg von 8,1 mag

18. 4h Mars (1,7 mag) 25' N Jupiter (-1,8 mag)

19. 0h max. Libration im Mond-SW, 9,5 Grad

20. 19:23 Kleinplanet (4) Vesta (6,6 mag) 1,5 Grad S

Iota Ceti (3,6 mag)

20. 21:31 Erstes Viertel

21. 0-5h Maximum Meteorstrom der Orioniden,

20-30/h, 65 km/s

21. 05:25 Venus (-4,4 mag) bedeckt gleichzeitig

die Sterne TYC 260-486-1 (8,8 mag)

und PPM 157218 (9,9 mag), bis 05:38

21. 21:10 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller

Helligkeitsanstieg von 8,1 mag

23. 19h Mond 2 Grad N Neptun (7,9 mag)

25.

Kleinplanet (29) Amphitrite (8,7 mag)

in Opposition zur Sonne, Sternbild

Widder

25. 02:00 Umstellung auf MEZ = MESZ-1h

25.

Venus (-4,4 mag) Phase 50% (Dichoto-

mie), 24,5''

25. 5h Venus (-4,4 mag) zieht an Jupiter (-1,8

mag) und Mars (1,7 mag) vorüber,

Dreieck

25. 18h Saturn (0,6 mag) nördl. Stern Beta

Scorpii (2,4 mag), Abendhimmel

25. 22:20 AI Dra Minimum 8,1 mag, Abstieg von

7,0 mag in rd. 2 Std.

26. 5h Venus (-4,4 mag) 1 Grad S Jupiter (-1,8 mag)

26.

Venus (-4,4 mag) in größter Elongation

West, 46,5 Grad

26. 14h Mond erdnah, Winkeldurchm. 33,3'

27. 13:05 Vollmond

29. 06:10 Ende Beobachtungsperiode Merkur

(-1,0 mag), Osthorizont

29. ca. streifende Sternbedeckung durch den

20:06 Mond, 75 Tauri (= HIP 20877, 5,0 mag),

Mannheim - Karlsruhe - Würzburg -

Coburg - Zwickau - Chemnitz (s. Beitrag

im VdS-J 55)

29. ca. Mond beendet Bedeckung von Theta2

20:19 Tauri (3,4 mag), Uhrzeit abh. v. Standort

29. ca. Mond beendet Bedeckung von Theta1

20:26 Tauri (3,8 mag), Uhrzeit abh. v. Standort

29. ca. Mond bedeckt Aldebaran (Alpha Tauri,

22:50 0,9 mag), Uhrzeiten abh. v. Standort,

bis ca. 23:56

31. 22:10 AI Dra Minimum 8,1 mag, Abstieg von

7,0 mag in rd. 2 Std.

LUCHS

KREBS

Pollux Castor ZWILLINGE

KLEINER HUND
Procyon

Beteigeuze

GIRAFFE Capella

KASSIOPEIA

FUHRMANN
STIER Aldebaran ORION

Algol PERSEUS

ANDROMEDA DREIECK

Plejaden

WIDDER

FISCHE

Uranus

EINHORN
GROSSER HUND Sirius
SÜDOST
Sternkarte exakt gültig für 15. November 0 Uhr MEZ

Rigel HASE

WALFISCH
ERIDANUS
CHEMISCHER OFEN

SÜD
Mondphasen im November 2015

E EIDECHS

SCHWAN
PEGASUS
WASSERMANN Neptun SÜDWEST
Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Alle Zeitangaben in MEZ, für Standort bei 10 Grad ö.L. und 50 Grad n.Br. zum Umrechnen in MESZ im Zeitraum 29.3. 2:00 Uhr MEZ bis 25.10. 2:00 MEZ eine Stunde zu den Zeitangaben addieren

Letztes Viertel 3.11.
Planeten im November
Merkur zieht am 17.11. hinter der Sonne vorbei - er ist damit nachts nicht zu sehen.
Venus ist auffälliger Morgenstern. Anfang November zieht sie nah an Mars vorbei, am 7.11. gesellt sich der Mond dazu.
Mars wird am Morgenhimmel besser sichtbar, zieht seinen Weg aber nach Süden in die Jungfrau.
Jupiter ist nun der erste und damit höchste Planet am Morgenhimmel; mit Mond am 6.11.
Saturn nimmt Ende November seine Konjunktionsstellung mit der Sonne ein.
Uranus stand Mitte Oktober in Opposition, er ist weiterhin in den Fischen gut zu beobachten.
Neptun im Wassermann ist ein Beobachtungsziel für die erste Nachthälfte.
Ereignisse im November
01.0h max. Libration im Mond-NO, 10,0 Grad
01. ca. streifende Sternbedeckung 04:27 durch den Mond, 26 Geminorum (= HIP 32104, 5,2 mag), Pfad

Neumond 11.11.

Erstes Viertel 19.11.

Vollmond 25.11.

verlauf ca. Büsum - Neumünster

- Seedorf - Klütz - Wismar -

Ahlbeck (s. Beitrag im VdS-J. 55)

03. 6h Venus (-4,3 mag) 0,7 Grad S Mars

(1,7 mag)

03. 13:24 Letztes Viertel

05. 02:39 Mond 3,5 Grad S Regulus ( Leonis,

1,4 mag)

06. 7h Mond 4,6 Grad S Jupiter (-1,8 mag)

06. 22:00 AI Dra Minimum 8,1 mag,

Abstieg von 7,0 mag in rd. 2 Std.

07. 6h Mond 2,5 Grad S Mars (1,7 mag)

07. 7h Mond 3,2 Grad S Venus (-4,3 mag),

dazu Mars (1,7 mag) und Jupiter

(-1,8 mag)

07. 23h Mond erdfern, Winkeldurchm.

29,5'

09. 6h Mond 5,7 Grad NW Spica ( Virgi-

nis, 1,1 mag)

10. 22:20 Beta Per (Algol) Minim. 3,4 mag,

Abstieg von 2,1 mag in rd. 3 Std

11.

Venus (-4,3 mag) 1,1 Grad S Gamma

Virginis ( mag)

11. 18:47 Neumond

12. 21:50 AI Dra Minimum 8,1 mag,

Abstieg von 7,0 mag in rd. 2 Std.

14. 22h Kleinplanet (1329) Eliane (14,9

mag) bei Galaxie NGC 1035

(12,2 mag), Abstand 5'

15.

Kleinplanet (29) Amphitrite (9,2

mag) 1,1 Grad N Eta Piscium (3,6 mag)

16. 0h max. Libration im Mond-SW, 8,6 Grad

18. 3h Maximum Meteorstrom der

Leoniden, Stärke variabel, 70 km/s 18. ca. streifende Sternbedeckung durch 20:08 den Mond, 18 Aquarii (= HIP 105668, 5,5 mag), Pfadverlauf ca. Aachen - Ruhrgebiet - Hannover - Celle - Greifswald (s. Beitrag im VdS-J 55) 18. 21:40 AI Dra Minimum 8,1 mag, Abstieg von 7,0 mag in rd. 2 Std. 19. 07:27 Erstes Viertel 20. 24h Kleinplanet (747) Winchester (9,5 mag) bei Nebel M 42 (3,7 mag), Abstand 1' 22. 21h Mond 1,6 Grad S Uranus (5,7 mag) 23. 21h Mond erdnah, Winkeldurchm. 32,9' 24. 21:35 AI Dra Minimum 8,1 mag, Abstieg von 7,0 mag in rd. 2 Std. 25. 23:44 Vollmond 26. 06:30 Mond 3,3 Grad W Aldebaran ( Tauri, 1,0 mag) 29. 0h max. Libration im Mond-NO, 9,1 Grad 29. ab Mond beendet Bedeckung von 06:39 Lambda Geminorum (3,6 mag), Uhrzeit abh. v. Standort 30. 6h Venus (-4,3 mag) 4,2 Grad N Spica ( Virginis, 1,1 mag) 30. 6h Mars (1,5 mag) 1,3 Grad S Gamma Virginis (3,4 mag) 30. 21:30 AI Dra Minimum 8,1 mag, Abstieg von 7,0 mag in rd. 2 Std. 30. 22:36 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag
VdS-Journal Nr. 55

GROSSER BÄR

GIRAFFE

KASSIOPEIA

LÖWKLEIN E ER LÖWE

LUCHS

Capella

KREBS

Castor Pollux

FUHRMANN ZWILLINGE

Regulus

WASSERSCHLANGE
Alphard

KLEINER HUND
Procyon

Beteigeuze

EINHORN

SÜDOST
Sternkarte exakt gültig für 15. Dezember 0 Uhr MEZ

Sirius
GROSSER HUND

Aldebaran ORION
Rigel HASE

SÜD
Mondphasen im Dezember 2015

Algol PERSEUS

ANDROMEDA DREIECK

Plejaden STIER

WIDDER

FISCHE

PEGASUS

Uranus

WALFISCH

ERIDANUS

SÜDWEST
Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Quellen: US Naval Observatory, eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto), Berechnungen der BAV, Berechnungen der IOTA (Steve Preston), Berechnungen der IOTA/ES (Eberhard Riedel [GRAZPREP]), Kosmos Himmelsjahr Premium 2015 (Keller), Kosmos Der Sternenhimmel 2015 (Roth)

Letztes Viertel 3.12.

Neumond 11.12.

Erstes Viertel 18.12.

Vollmond 25.12.

Planeten im Dezember
Merkur taucht Ende Dezember über dem südwestlichen Abendhimmel auf. Nur eine schwache Sichtbarkeit, aber schon 17 Uhr.
Venus wechselt von der Jungfrau in die Waage, ist morgens weiterhin nicht zu übersehen.
Mars bildet die Mitte der Planetenkette aus Venus, Mars und Jupiter. Am 6.12. mit Mond.
Jupiter geht nun bald vor Mitternacht auf und vertreibt uns die Wartezeit auf Mars und Venus.
Saturn ist eine Herausforderung ab Ende des Monats, wenn er morgens wieder auftaucht.
Uranus kann man nun gut in der ersten Nachthälfte beobachten - in den Fischen.
Neptun sollte man gleich zu Anbruch der Nacht aufsuchen, er geht zunehmend früher unter.
Ereignisse im Dezember
01. ca. streifende Sternbedeckung durch den 02:45 Mond, 177 Cancri (= HIP 44148, 6,5 mag), Sternbild Krebs, Pfadverlauf ca. Helgoland - Weddingstedt - Heide - Wankendorf - Sierksdorf - Schwaan - Ueckermünde (s. Beitrag im VdS-J 55)
01. 22:07 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag
02. 06:45 Mond 4,1 Grad S Regulus ( Leonis, 1,4 mag) 02. 21:24 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std.
Abstieg von 8,6 mag 02. 23:09 Kleinplanet (1114) Lorraine (14,1 mag)
bedeckt Stern UCAC4-493-006725
VdS-Journal Nr. 55

(10,7 mag) für 5,7 s, Pfadverlauf: Österreich-N - Deutschland-S - Schweiz, Doppelstern, schwächere Komponente 03. 08:40 Letztes Viertel 03. 20:41 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag 04. 5h Mond 2,6 Grad S Jupiter (-2,0 mag) 04. 19:56 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag 05. 16h Mond erdfern, Winkeldurchm. 29,5' 05. 19:11 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag 06. 18:26 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag 06. 18:30 Kleinplanet (4) Vesta (7,6 mag) 1,5 Grad NW Iota Ceti (3,6 mag) 06. 3h Mond 0,7 Grad S Mars (1,5 mag) 07. 02:26 Kleinplanet (622) Esther (12,7 mag) bedeckt Stern 2UCAC 35184189 (11,8 mag) für 4,7 s, Sternbild Einhorn, Pfadverlauf: Österreich - Deutschland-S 07. 5h Mond 5,0 Grad NO Spica ( Virginis, 1,1 mag) 07. 8h Mond 4,3 Grad N Venus (-4,2 mag) 07. 17:41 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag 11. 11:29 Neumond 11. 20h Kleinplanet (39) Laetitia (10,1 mag) bei Galaxie M 77 (8,9 mag), Abstand 12' 11. 24h Kleinplanet (225) Henrietta (14,7 mag) bei Nebel NGC 2024 (7,5 mag), Abstand 1' 12. 0h max. Libration im Mond-SW, 8,1 Grad 13. 21-6h Maximum Sternschnuppenschauer Geminiden, max. 120/h, 35 km/s 14. 19:30 Kleinplanet (27) Euterpe (8,9 mag) 29' N My Geminorum (2,9 mag) 18. 06:30 Venus (-4,1 mag) 1,9 Grad NO Alpha Librae (2,7 mag)

18. 16:14 Erstes Viertel

20. 22:40 Kleinplanet (589) Croatia (13,5 mag)

bedeckt Stern TYC 0746-00417-1 (9,6

mag) für 7,3 s, Sternbild Einhorn, Pfad-

verlauf: Deutschland O-W

21. 10h Mond erdnah, Winkeldurchm. 32,4'

22. 05:48 Wintersonnenwende, Winteranfang

22. 20:30 Kleinplanet (27) Euterpe (8,6 mag) 43'

N Eta Geminorum (3,3 mag)

22. 24h Maximum Meteorstrom der Ursiden,

10-20/h

23. 7h Mars (1,3 mag) 3,5 Grad N Spica ( Virginis,

1,1 mag)

23. ca. Mond bedeckt Theta1 Tauri (3,8 mag),

16:02 Uhrzeit abh. v. Standort

23. ca. Mond bedeckt Theta2 Tauri (3,4 mag),

16:15 Uhrzeit abh. v. Standort, bis ca. 16:33

23. ca. Mond bedeckt Aldebaran ( Tauri, 1,0

19:12 mag), Uhrzeit abh. v. Standort, bis ca.

20:20

23. 22:30 Beta Per (Algol) Minimum 3.4 mag,

Abstieg von 2.1 mag in rd. 3 Std

25. 12:12 Vollmond

25. 17h Beginn Sichtbarkeitsperiode Merkur

(-0,7 mag), bis 3.1.2016

25.

Kleinplanet (27) Euterpe (8,4 mag) in

Opposition zur Sonne

26. 0h max. Libration im Mond-NO, 8,1 Grad

28.

Kleinplanet (27) Euterpe (8,6 mag) 1,0 Grad

S Sternhaufen M 35, Sternbild Zwillinge

29. 17:45 Merkur(-0,5mag) Abendsichtbarkeit,

max. Elongation Ost 19,7 Grad

29. 22h Mond 3,5 Grad S Regulus ( Leonis, 1,4 mag

31.

Merkur Dichotomie (-0,4 mag, Phase

50%)

31. 24h Mond 4,1 Grad S Jupiter (-2,2 mag)

Beobachterforum

129

Clavius mit dem Smartphone
von Peter Völker

Ernsthafte Astrofotografen werden bei dieser Überschrift die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Die Mondfotografie galt als eigenständige Kunst. Die differierende Geschwindigkeit des Mondes gegenüber den Sternen und die Gefahr der Überbelichtung durch den hell bestrahlten Mond erforderten ein sorgfältiges Vorgehen, Probeaufnahmen oder gar Blendenstaffeln. Ohne fest montierte Kamera war perfekte Schärfe undenkbar.
So fotografierte Adolf Voigt den Mond am 18.09.1965 - am 12-Zoll-Bamberg-Refraktor mit fünf Metern Brennweite für den Berliner Mondatlas fokal (Monddurchmesser ca. 5 cm) mit einer
Herausgekommen sind folgende Ergebnisse:

Spezialkamera in schwarz/weiß. Clavius wurde heraus vergrößert, und das Ergebnis zeigt Abbildung 1.
Am 03.10.2014 beobachtete ich um ca. 20:30 Uhr MEZ den Krater von meiner Balkon-Sternwarte aus mit einem 5-ZollOmegon-Refraktor. Meine Frau und mein Sohn wollten ,,nur so zur Erinnerung" mit ihren Smartphones versuchen, den Anblick festzuhalten.
Ich war überrascht, was kleine Geräte heutzutage leisten!

1 Mond am 18.09.1965 - am 12-Zoll-Bamberg-Refraktor mit fünf
Metern Brennweite für den Berliner Mondatlas fokal (Monddurchmesser ca. 5 cm) mit einer Spezialkamera in schwarz/weiß.

2 Gesamtansicht/Smartphone per Hand hinter das
Okular gehalten.

3-4

Clavius im Rechner heraus vergrößert; Bildautoren: Abb. 3 (Ilian Völker, mit LG Nexus 5, acht Megapixel, 20:37 Uhr) Abb. 4 (Aygün Völker mit Mobistel Cynus T2, 12 Megapixel, 20:40 Uhr). Beide Vergrößerungen ohne Bildnachbearbeitung.
VVddSS--JJoouurrnnaall NNrr.. 5555

130

Beobachterforum

Planetenkonjunktionen
von Patricio Calderari

1 Begegnung Venus - Neptun: 01.02.2015, 19:00 Uhr. Kamera: Canon EOS 60Da, Pentax 75. Belichtungszeit: 20 s, 400 ISO
2 Begegnung Venus - Merkur: 10.01.2015, 18:03 Uhr. Objektiv: Nikkor 70-200 mm mit 200 mm. Belichtungszeit: 2 s mit f/7,1, 400 ISO
VdS-Journal Nr. 55

Komet Lovejoy
von Patricio Calderari

Beobachterforum

131

1 Komet Lovejoy, aufgenommen am 14. Januar 2015. Kamera: Nikon d810 mit Pentax 75. Bildautoren: Patricio Calderari, Mauro Luraschi
Nordlichter auf Senja/Norwegen
von Silvia Otto

1
Nordlicht mit 24 mm, 2 s bei f/1,6 ISO 2500

VdS-Journal Nr. 55

132

Beobachterforum

Im Januar flogen wir von Berlin nach Norwegen. Schon vor der Landung in Bardufoss konnten wir das erste Nordlicht sehen, das uns dann auf der Fahrt nach Hamn i Senja begleitete.
Neben den Polarlichtern standen auch Wale auf unserem Beobachtungsprogramm. Gleich nach der Einführung startete unsere erste Walbeobachtungstour, die auch erfolgreich war: Wir konnten einige Buckelwale beobachten. Nebenbei boten sich herrliche Blicke auf den Fjord mit einem scheinbaren Alpenglühen. Die Sonne stand jeweils nur kurz über dem Horizont und wir haben sie während der kompletten Woche nicht gesehen. Auch Komet Lovejoy war beobachtbar. Später am Abend zeigten sich dann wieder Polarlichter, diesmal eindrucksvoller als am Vorabend. Ihre Bewegung war deutlich erkennbar.

Auch während unserer zweiten Bootstour konnten wir Wale sehen. Auf dem Weg durch der Fjord begegneten wir Seehunden und Seeadlern. Dann fast zum Ende der Tour tauchten die Orcas auf - eine eindrucksvolle Begegnung.
Dienstag Abend gab es schon um 17 Uhr ,,Nordlichtalarm". Sehr hohe Sonnenaktivität führte zu einem eindrucksvollem Spektakel am Himmel. In den Nordlichtern waren rote Strukturen sichtbar. Dann schien das Nordlicht über uns hinweg zu ziehen. Im Zenit stand eine Korona, die fotografisch beeindruckte.
An unserem letzten Tag führte uns ein kleiner Ausflug zu wunderschönen Aussichtspunkten auf der Insel. Auch der letzte Abend auf Senja bescherte uns nochmal Nordlichter.

Dann hieß es Abschied nehmen von einem wunderbaren Ort mit vielen wunderschönen Eindrücken und Erinnerungen. Wir blicken auf eindrucksvolle Tage zurück.

2
Nordlicht mit 24 mm, 2 s bei f/1,6 ISO 1600 VdS-Journal Nr. 55

Beobachterforum

133

3 Nordlicht-Korona mit 24 mm, 2,5 s bei f/1,6 ISO 2000

4 Nordlicht-Korona mit 24 mm, 2,5 s bei f/1,6 ISO 2000

VdS-Journal Nr. 55

134

Beobachterforum

Mond bei Aldebaran und Venus
von Rudolf Plohberger

VdS-Journal Nr. 55

Das Bild entstand an der Sternwarte Pelmberg/Hellmonsödt/Österreich Datum: 21.4.2015, 20:41 h MESZ Mondalter 2,9 d (Mond stand 15` nördlich von Aldebaran) Kamera: Canon 40D Objektiv: 24-105 mm/4 (105 mm @ f/4) Belichtungszeit: 1/10 s bei ISO 800 Tonwertkorrektur und Kontrastanhebung in PS CS5

Totale Sonnenfinsternis
am 20. März 2015
von Silvia Otto
Frühmorgens trafen wir am Flughafen in Düsseldorf ein zum Check-in unseres Sonderfluges zur totalen Sonnenfinsternis. Pünktlich um 7:40 Uhr starteten wir Richtung Färöer Inseln, um die Totalität aus dem Flugzeug zu beobachten. Mit einigen anderen Flugzeugen waren wir gemeinsam zum Kernschatten unterwegs. Nur eine Seite des Flugzeuges war belegt, damit alle die Totalität beobachten konnten. Mit uns waren auch Fernsehteams an Board.
Nach ca. 2 Stunden Flug war es soweit: der erste Kontakt. Der Mond schob sich vor die Sonne. Die partielle Phase verging schneller als am Boden, und dann kam der Kernschatten heran, der gut auf der Wolkendecke zu sehen war. Das Licht wurde weniger, die Korona erschien und eine Protuberanz war mit bloßem Auge zu beobachten. Wir kamen auf über 3 Minuten Totalität, da das Flugzeug mit dem Kernschatten flog, der uns dann allerdings überholte, auch eine eindrucksvolle Erfahrung von Geschwindigkeit. Am Horizont war Licht zu sehen. Mit einem Brillantringeffekt erschien die Sonne wieder. Der Schatten bewegte sich davon. Nach weiteren 2 Stunden Flug landeten wir gut gelaunt wieder in Düsseldorf.
Es war eine besondere Erfahrung, dass das Wetter keinen Einfluss auf den Erfolg der Beobachtung nehmen würde, und den heranfliegenden Schatten aus den Wolken zu sehen.
1 Die verfinsterte Sonne
(70 mm Brennweite, Blende 3,2)

Beobachterforum

135

2 Der Kernschatten

3 Unsere Flugroute

VdS-Journal Nr. 55

136

Beobachterforum

1 Der Beobachtungsplatz in Svalbard

Nach Svalbard zur Sonnenfinsternis
von Patricio Calderari (ins Deutsche übertragen von W. E. Celnik)

Vor einigen Jahren machte ich einen kleinen Trip in den Norden mit einer Spezialagentur. Im Februar 2012 wandte ich mich an dieselbe Agentur, um zu erfahren, ob sie zur SoFi 2015 eine Reise nach Svalbard auf Spitzbergen organisieren würden. Im August 2013 erhielt ich die Antwort: Ich solle schnell buchen, denn die Plätze seien knapp! Tatsächlich verließ sich die Agentur auf einen amerikanischen Veranstalter, der die wenigen Hotels in Logyearbyen (Svalbard) in Beschlag genommen hatte.
Im letzten Dezember begann ich, die Verhältnisse in der Stadt durch die dort installierten Webcams zu beobachten: Die Polarnacht und schlechtes Wetter dauerten bis zum Mittwoch, 18.03.2015 an. Bei unserer Ankunft dort brauste zudem ein Schneesturm ...

ein Wölkchen! An diesem trostlosen wie faszinierenden und einmaligen Ort erleben wir die erste Sonne nach Monaten der Dunkelheit und schlechten Wetters.
Alle Menschen um uns herum sind nun eifrig dabei, sich zum Basiscamp zur Beobachtung der Sonnenfinsternis zu begeben. Jeder hastet zu einem Bus. Wir dürfen nicht zu spät kommen!
Und das hektische Treiben endet auch nicht nach der Ankunft: Jedermann versucht, einen guten Beobachtungsplatz zu ergattern. - Lächerlich, denn meilenweit gibt es nichts als eine topfebene Schneefläche! (Abb. 1) Es gibt nur ein kleines Schutzzelt zum Aufwärmen mit heißer Schokolade, Tee oder Kaffee. Es ist sehr kalt. Bei -16 Grad C warte ich auf die Finsternis (Abb. 2).

ner Kamera Nikon d810. Die resultierenden 700 mm Brennweite sind weder zu lang noch zu kurz, ein guter Kompromiss. Ich belichtete die Aufnahmen der Korona unterschiedlich lang. Zuhause werde ich dann meinen Freund Mauro Luraschi die Bilder zur Bearbeitung übergeben, um ein Summenbild zu bekommen. An der kompletten Serie bin ich nicht interessiert, nur einige ,,Klicks" werde ich als Andenken behalten.

,,Hervorragender Start!" war unser (Felicitas und mein) Kommentar. Nur das ziemlich aufregende Probieren der vorzüglichen Norwegischen Küche gefiel uns: Das Essen mochte nicht politisch korrekt sein, aber dafür sehr gut.
Am nächsten Tag besuchten wir bei etwas besserem Wetter, aber immer noch bedeckten Himmel, die Stadt, die Aussichten - eher schlecht. Im Hotel schauten alle Leute hoffnungsvoll auf das Board mit der Vorhersage für Freitag, den 20. März, der bedeckten Himmel versprach.
Am SoFi-Morgen klingelt der Wecker früh. Ich öffne die Fenstervorhänge und - ein unglaublich tiefblauer Himmel erhebt sich vor mir! Was für ein Glück! Nicht
VdS-Journal Nr. 55

Plötzlich ein Aufschrei! Der Mond berührt gerade den Sonnerand und beißt ein kleines Stückchen ab! Dann Ruhe. Venus erscheint. Das Licht schwindet. Die Temperatur fällt auf minus zweiundzwanzig Grad. Der wunderschöne Diamantring auf der linken Seite. Dann die Flammen der Sonne - die Korona! Der Diamantring auf der rechten Seite. Nur wenige Minuten - doch was für Gefühle ... (Abb. 3 bis 5)
Aus Gewichtsgründen musste die parallaktische Montierung zugunsten eines einfachen Stativs zu Hause bleiben. Für die Aufnahmen fiel meine Wahl auf ein leichtes aber hochwertiges Teleobjektiv: ein Hasselblad Tele-Apotessar 1:8/500 mm mit einem Apo-Telekonverter 1,4x an ei-

2 SoFi-Beobachtung mit
Minimalausrüstung

Beobachterforum

137

Am freien Nachmittag schlendern wir durch die Stadt, wobei ,,Stadt" eine bodenlose Übertreibung ist. Am Abend gibt es überall Diskussionen in den verschiedenen Gruppen - jeder hat das Bedürfnis, sein Erlebnis und seine Emotionen Anderen mitzuteilen. Ich verstehe kein Wort Englisch, und so beteilige ich mich mit Gesten.
Nach dem Abendessen und einer kurzen ,,Nacht" stehen wir um 23:30 Uhr auf. Ein Blick durchs Fenster und ich sehe grüne Polarlichter am Himmel! Schnell den Trainingsanzug über den Pyjama geworfen, Winterjacke, Handschuhe, das Stativ mit Weitwinkelkamera gegriffen und raus! Brrrr - es sind ca. 20 Grad unter Null. Eine tolle Show am Himmel: Hier taucht für eine Minute ein kleiner grüner Schimmer auf, um wieder zu verschwinden und an anderer Stelle in Erscheinung zu treten (Abb. 6). Für eine halbe Stunde tauchen immer wieder nur für Sekunden verschiedene Polarlicht-Phänomene auf - dann nichts mehr.
Am Morgen danach immer noch gutes Wetter. Dann kommen die ersten Wolken und es dauert nicht lange, bis der Himmel ,,clouded out" ist. Am Folgetag verlassen wir diesen für uns unvergesslichen Ort bei schlechtem Wetter.
Zwei weitere Phänomene haben mich gefesselt: Der Venusuntergang um ein Uhr nachts an einem sehr klaren horizontnahen Himmel, ein sehr langsamer Untergang, wie man ihn von Italien aus nicht beobachten kann. Und dann, dass Mitte Februar Polarnacht herrscht, Mitte April der Tag wieder da ist und er zwei Monate später 24 Stunden gewonnen haben wird.

3 Der 2. Kontakt

4 Die ,,Flammen der Sonne"

5 Unten: Der 3. Kontakt

6 Die Überraschung: Nordlichter nach
der Sonnenfinsternis

VdS-Journal Nr. 55

138

Beobachterforum

Ein Sonnenfinsternisflug
von Gabriele und Jörg Ackermann
Wir haben an dem Finsternisflug AB1000 von Air Berlin und Eclipse Reisen teilgenommen. Die Finsternis konnten wir über den Wolken bei sehr klarem Himmel erleben. Allerdings hatten wir einige Schwierigkeiten mit der ,,optischen Qualität" der Flugzeugfenster. Nur wenn man das Teleobjektiv richtig gerade hielt, waren die Bildfehler erträglich (Verzerrungen und Doppelbilder). Das ist auch der Grund, warum wir nur wenige Bilder zu einem Komposit kombinieren konnten. Die zweite Hälfte der Finsternis haben wir keine Fotos mehr aufgenommen, sondern uns die ,,Schwarze Sonne" in Ruhe angesehen.
1 Die Sonnenkorona am 20.03.2015.
Komposit aus 4 Einzelbelichtungen (1/160 s, 1/100 s, 1/50 s, 1/25 s) zwischen 09:42:22 und 09:44:12 UT, mit Objektiv Zeiss Sonnar 1:4/300 mm und Kamera Canon EOS 5D bei ISO 200.
Die totale Sonnenfinsternis
am 20. März 2015 war in Deutschland nur partiell
von Hans Hopf

1
Meine 49 Aufnahmen der Sonne in Abständen von je 3 Minuten nahm ich mit einem Objektiv Takumar 1:4/200 mm und 2-fach-Konverter an einer Kamera Canon 1100D auf. Die Montage erfolgte mit Photoshop, die Reihenfolge der Einzelbilder ist von links oben spiralförmig im Uhrzeigersinn zu betrachten.

Beobachterforum

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SoFi an der Schulsternwarte Zwickau
von Monika Müller

Endlich mal schönes Wetter zu einem astronomischen Ereignis! Dies nutzten etwa 150 Besucher, um sich an der Schulsternwarte Zwickau mit verschiedensten Teleskopen die 70-prozentige Sonnenfinsternis anzuschauen. Vom Selbstbau einer Lochkamera aus Pappe, über SoFi-Brillen und verschiedenste Teleskope mit Projektionsscheiben bzw. Filtern war alles vertreten. Es herrschte eine wunderbar entspannte Atmosphäre, geprägt von Fachsimpeleien, Weitergabe der SoFi-Brillen, Abfotografieren von Projektionsbildern und Genießen der besonderen Lichtstimmung während der maximalen Verfinsterung.

Erwähnenswert ist, dass viele Eltern von Kindern aus Grundschule oder Kindergarten für diesen Tag ihre Kinder entschuldigt hatten, um ihnen die Beobachtung dieses Naturschauspieles zu ermöglichen. Die teilweise Panikmache führte nämlich dazu, dass man an diesen Bildungseinrichtungen die Kinder ext-

1 Die Beobachtung der partiell verfinsterten Sonne lockte zahl-
reiche Besucher in die Schulsternwarte.

2 Die in Zwickau nahezu maximal vom Mond bedeckte
Sonne, aufgenommen um 10:43 MEZ (Förderverein der Schulsternwarte Zwickau)

ra nicht ins Freie ließ. Zum Glück gab es an den Zwickauer Oberschulen und Gymnasien engagierte Physiklehrer, die für Beobachtung an den Schulen sorgten. Besonders gut hatten es zwei 10. Klassen des Clara-Wieck-Gymnasiums, die an diesem Tag im Rahmen des Physikunterrichtes die Sternwarte besuchten, da Sternwarte und Gymnasium im selben Stadtteil Planitz liegen.
Obwohl am Samstag, dem 21.03.15, kein Beobachtungswetter herrschte, kamen nochmals ca. 50 Besucher zum Tag der Astronomie in die Schulsternwarte Zwickau.
Neben dem Darstellen des Frühlingssternhimmels im Planetarium und der Erklärung, wie Astronomen den Frühlingsanfang auf die Minute genau bestimmen können, stand der Vortrag über die Entstehung von Finsternissen und dabei auftretende Effekte im Mittelpunkt. Besonderes Interesse galt dem Ereignis vom Vortag und den zukünftigen Finsternissen in Deutschland. www.sternwartezwickau.de

Beobachtungen der Sonnenstrahlung
während der Sonnenfinsternis am 20. März 2015
von Markus Vossebürger

Bei der Sonnenfinsternis am 20. März verlief der Streifen der Totalität zwar leider nur über den nördlichen Atlantik. Dennoch erregte die in Mitteleuropa nur partiell sichtbare Finsternis auch astronomisch sonst nur wenig Interessierte, die Medien und zudem so manches Gemüt. Es wurde viel über die Auswirkungen der reduzierten Sonneneinstrahlung während der Finsternisphase auf die produzierte Stromleistung von Photovol-

taikanlagen diskutiert. Nun ist der Leistungsabfall vergleichbar wie der durch eine vorbeiziehende Wolke, und bei Nacht entfällt der Photovoltaikbeitrag
1 Foto von der Sonnenfinsternis
wenige Minuten nach der maximalen Bedeckung. Das Kameraobjektiv wurde mit der Folie einer gewöhnlichen SoFi-Brille abgedeckt.

VdS-Journal Nr. 55

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Beobachterforum

2 Messung der Sonnenstrahlung am Tag der Finsternis (20.3.) und Vortag und
Vergleich mit den theoretischen Erwartungen (Erläuterungen siehe Text).

ins Stromnetz sowieso. Während jedoch Wolken mal hier und mal dort Anlagen abdunkeln, traf die Finsternis das Photovoltaiknetz ganzflächig gleichzeitig.
Die Finsternis fand statt, und der Strom fiel nicht aus (Abb. 1). Anscheinend hatten sich die Netzbetreiber gut vorbereitet und den Leistungseinbruch ausgleichen können. Maßgeblich dafür ist, dass man weiß, wie dieser verlaufen wird. Im Gegensatz zum Einfluss des Wetters lässt sich der Helligkeitseinbruch durch die Finsternis mittels himmelsmechanischer Gesetze weit im Voraus berechnen.
Auch ich konnte den Effekt in meinen Wetteraufzeichnungen verfolgen. Ich betreibe seit Jahren eine Vantage Pro2 Plus von Davis Instruments, die mit einem Solar-Sensor ausgestattet ist. Der SolarSensor misst die Strahlungsleistung der Sonne, die auf eine horizontale Fläche auftrifft, die sogenannte Globalstrahlung.
Die Abbildung 2 zeigt den zeitlichen Verlauf der Globalstrahlung am Tag der Sonnenfinsternis (20.) und am Vortag (19.). An beiden Tagen war der Himmel zwar dunstig, aber abgesehen von ein paar Zirruswolken, die gelegentlich durchzogen, war er nahezu wolkenfrei. Gezeigt werden drei Kurven: die vom Solar-Sensor gemessene Globalstrahlung (Globalstrahlung_Mess), einen berechneten erwarteten Verlauf der Globalstrahlung für einen wolkenfreien Himmel (Globalstrahlung_0) sowie die aus dem Finsternisverlauf berechnete Kurve der Verminderung der Globalstrahlung aufgrund der Bedeckung der Sonnenscheibe
VdS-Journal Nr. 55

durch den Mond (Globalstrahlung_SoFi). Die Globalstrahlung setzt sich grundsätzlich aus zwei Komponenten zusammen: a) Die direkte Sonnenstrahlung, also die
unmittelbar von der Sonne durch die Atmosphäre ohne Seitwärtsstreuung des Lichts zum Sensor gelangende Strahlung. b) Die diffuse Strahlung, die durch Rayleigh-Streuung an Luftmolekülen (,,Himmelsblau") sowie durch MieStreuung an Aerosolen und Wolkentröpfchen auf Umwegen zum Sensor gelangt.
Man erkennt den typischen Tagesgang. Dabei ist zu beachten, dass der Sensor einige Zeit nach Sonnenaufgang bzw. vor Sonnenuntergang im Schatten lag und in diesem Zeitraum nur diffuse Strahlung gemessen wurde.
Der erwartete Verlauf der Globalstrahlung für einen wolkenfreien Himmel wurde anhand eines Modells, welches für die Auslegung von Photovoltaik-Anlagen entwickelt wurde, berechnet. Dabei werden direkte (Gdir) und diffuse (Gdiff) Komponente getrennt berechnet. Die Globalstrahlung G ergibt sich dann aus
Mond
Sonne

In die Berechnung der Komponenten gehen die Extinktion und Trübungsmaße in Abhängigkeit von der Sonnenhöhe h über dem Horizont bzw. der optischen Dicke der Atmosphäre ein. Die Abhängigkeit der Solarkonstante am Oberrand der Atmosphäre (TOA = top of atmosphere) vom Abstand Erde-Sonne wird ebenfalls berücksichtigt.
Die Bestimmung der erwarteten Verminderung der Globalstrahlung durch die Sonnenfinsternis erfolgt über die Berechnung des Bedeckungsgrades im Verlauf der Finsternis. Die durch den Mond bedeckte Fläche der Sonnenscheibe ergibt sich nach den folgenden geometrischen Überlegungen, die ähnlich wie bei der Berechnung der Helligkeitskurven von Bedeckungsveränderlichen erfolgen (Abb. 3). Während der Bedeckung teilen sich Mond- und Sonnenscheibe eine gemeinsame Sehne, die durch die Schnittpunkte der Kreisumfänge von Mond und Sonne definiert wird. Die Sehne teilt die bedeckte Sonnenfläche A in zwei Teilflächen AM und AS auf, die getrennt nach dem gleichen Schema berechnet werden können. Die Teilflächen sind Kreissegmente der jeweiligen Himmelskörper. Die Fläche des Kreissegments ASegm (dunkelgraue Fläche in Abb. 4) ist durch den Mittelpunktswinkel , der die Weite des Kreissektors definiert, und dem Radius des Kreises r gegeben durch
Die Gleichung ergibt sich, indem man von der Fläche des Kreissektors die Fläche des anliegenden gleichschenkligen Dreiecks abzieht (s. Abb. 4). Der Winkel ist gegeben durch
l ist dabei die Höhe des anliegenden Dreiecks, h die Höhe des Kreissegments.
3
Geometrische Verhältnisse der Sonnenfinsternis. Für die Bestimmung des Bedeckungsgrades der Sonnenfinsternis muss man die Flächen AM und AS links und rechts der gemeinsamen Sehne bestimmen. Die Abstände lM und lS von der Sehne zu den Mittelpunkten der Sonnen- bzw. Mondscheibe sind dafür wichtig.

Beobachterforum

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5 Erläuterung der Bahn-
parameter q und b. b ist der minimale scheinbare Abstand zwischen Sonne und Mond bei maximalem Bedeckungsgrad.

4 Verdeutlichung der geometrischen
Beziehungen zwischen Kreisscheibe, Kreissegment und angrenzenden Dreiecken sowie der in den Gleichungen verwendeten Formelzeichen.
Gleichzeitig ist die Summe aus lM = rM hM und lS = rS - hS aber auch der Abstand q zwischen Mond- und Sonnenmittelpunkt zu einem Zeitpunkt t der Finsternisphase: q = lM + lS. Die Teilung von q in die Abschnitte lM und lS ergibt sich aus dem Verhältnis der scheinbaren Größe von Sonne und Mond. Das gleichschenklige Dreieck am Kreissegment setzt sich nämlich aus zwei kongruenten rechtwinkligen Dreiecken zusammen, und es ergibt sich nach dem Satz von Pythagoras mit der gemeinsamen Sehne s für die beiden Himmelkörper
Damit lassen sich lM und lS bzw. M und S als Funktionen von rM, rS und q (t) bestimmen. Es gilt z. B.
Aus den Winkeln M und S als Funktion der Zeit t lassen sich damit die Kreissegmente AM und AS bestimmen und damit die bedeckte Fläche A der Sonnenscheibe

Für die gesuchte Kurve der erwarteten Verminderung der Globalstrahlung G(t) durch die Sonnenfinsternis kann dann der folgende Ansatz gewählt werden
Dabei ist G0 (t) die Globalstrahlung ohne Sonnenfinsternis. 1-f ist der Anteil der Sonnenscheibe, der sichtbar ist. Den Effekt der Mitte-Rand-Verdunkelung der Sonnenscheibe habe ich bei der Berechnung vernachlässigt. Aus den Ephemeriden der Sonnenfinsternis entnahm ich folgende Daten: Sonnenradius rS=0,2677 Grad und Mondradius rM=0,2808 Grad . Die Relativgeschwindigkeit zwischen Mond und Sonne habe ich aus der Länge des synodischen Monats zu v=0,0085 Grad /min überschlagen. Der scheinbare minimale Abstand SonneMond von b=0,150 Grad passt am besten zum beobachtbaren Kurvenverlauf der Globalstrahlung und zum erwarteten Bedeckungsgrad von 67 % an meinem Standort, wobei b laut Ephemeriden bei 0,122 Grad liegen sollte. Trotz der Vereinfachungen lässt sich der beobachtbare Verlauf der Globalstrahlung (orange Kurve in Abb. 2) gut durch die theoretisch erwartete Kurve (schwarz gestrichelt in Abb. 2) erklären.

Die Sonnenfinsternis wirkte sich auch auf die Lufttemperatur aus. Subjektiv hatte ich zwar das Gefühl, dass gleichzeitig mit dem Auftreten des charakteristischen fahlen Lichtes und der sichelförmigen Schatten zum Zeitpunkt des Maximums der Finsternis auch eine Abkühlung eintrat. Objektiv zeigt sich jedoch im Temperaturverlauf nur ein Plateau (Abb. 6). Der morgendliche Temperaturanstieg zeigte zur Zeit des Finsternismaximums eine Verzögerungspause. In diesem Zeitraum ist also die Bilanz zwischen zugeführter Strahlungsleistung und Abfuhr thermischer Leistung durch Wärmestrahlung und -strömung nach oben und Wärmeleitung in den Boden gleich Null. Der beobachtbare Temperaturverlauf lässt sich daher sogar grob quantitativ erklären, wenn man zu den Beobachtungsdaten von Globalstrahlung, thermischer Strahlung aus der Atmosphäre (Gegenstrahlung durch Treibhausgase), thermischer Abstrahlung des Bodens und dem Temperaturverlauf am Boden noch plausible Annahmen für die Wärmeabfuhr in den Boden und die Höhe des konvektiv in die Luft transportierten Wärmestroms macht.

Der Bedeckungsgrad f ist definiert als das
Verhältnis zwischen bedeckter Fläche A und Sonnenscheibe r 2 S und ergibt sich demnach zu

Der scheinbare Abstand q (t) von Sonne und Mond während der Finsternisphase ergibt sich aus einer einfachen Gleichung, die den minimalen Abstand b bei größtem Bedeckungsgrad zum Zeitpunkt t=0 und die senkrecht dazu gerichtete relative Geschwindigkeit v zwischen Sonne und Mond am Himmel verwendet

6 Wirkung der Sonnenfinsternis aufs Wetter. Der morgendliche Temperaturanstieg
legte während der Finsternis eine kleine Verzögerungspause ein.
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Meine SoFi am 20. März 2015
von Karl-Heinz Seeger
Auch ich konnte die schöne Sonnenfinsternis am Freitag beobachten und fotografieren. Neben der alten Canon-Analogkamera (EOS 300) auf Stativ mit BW-Filter versuchte ich mich mit meiner z. Zt. verfügbaren Canon PowerShot SX 280 Hs Digital-Einfachkamera. Dies machte ich ganz einfach freihändig und legte eine Hälfte der mitgeführten Sonnenfinsternisbrille vors Objektiv! Ich machte dann mit Vergrößerungen während der Finsternis laufend Aufnahmen. Außerdem führte ich diesmal mit einer Vorlage des Wappens meiner Heimatstadt Nagold wieder das sogenannte Lochkamera-Experiment durch. Viel Spaß beim Betrachten.

1 Mit Sonnenfinsternisbrille vor
dem Kameraobjektiv: zur Zeit der maximalen Phase.

2 Kurz vor Ende der partiellen
Sonnenfinsternis kommt ein Sonnenfleck wieder zum Vorschein.

3 Völlig ungefährliches Beobachten
der Verfinsterungsphasen mit einem Lochkamera-Experiment

SoFi 2015 in Eichstätt
- Jugend- und Öffentlichkeitsarbeit mit Spaß
von Alexander Geiss

Das war sie: die partielle Sonnenfinsternis 2015 in Deutschland - ein öffentliches Gemeinschaftserlebnis in Eichstätt! Etwa 300 Menschen konnten das miterleben, davon zwei Schulklassen der Mittelschule und fünf Gymnasialklassen mit ihren Lehrerinnen und Lehrern.
Schon frühzeitig hatte ich mir für diesen 20. März 2015 Urlaub genommen, und mir war klar, dass ich daraus eine öffentliche Beobachtung im nahen Eichstätt machen wollte. Anfang Februar besorgte ich mir Infos zu Richtung und Höhe der Sonne bei Anfang und Ende der Finsternis und erkundschaftete den besten Beobachtungsplatz auf dem Marktplatz mit Kompass und Sextant.
Bereits beim letzten Astronomietag bekam ich das Einverständnis der Stadt für eine erneute Aktion in der Fußgängerzo-
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ne inkl. Parken der benötigten Pkw. Mein Vorschlag wurde gleich von den Astronomiefreunden Ingolstadt angenommen, zu dritt waren wir sofort. Ich meldete unsere Aktion bei der VdS an und erhielt die angefragte Anzahl Broschüren und Plakate.
Für die Grundschule meiner jüngeren Tochter lieh mir mein Freund Peter seinen großen Sonnenprojektor, und die Direktorin war begeistert und versprach allen Schülerinnen und Schülern, damit die SoFi zugänglich zu machen, wofür ich hohen Respekt zollte. Die Einweisung machten wir bald darauf mit Sonne und einer vierten Klasse im Schulhof - das machte schon richtig Spaß!
Die Plakate gingen nach einer das Ereignis ankündigenden E-Mail an die Schulen in Eichstätt, da ja die Kinder

bekanntlich die Zukunft bedeuten, denn besonders die Schülerinnen und Schüler sollten eine wichtige Zielgruppe sein. Naturwissenschaftliches Gymnasium und Mittelschule meldeten sich mit insgesamt fünf Schulklassen an. Das Gymnasium hatte bereits im Vorfeld allen Schülerinnen und Schülern und Personal sogar Sonnenfinsternisbrillen besorgt.
Apropos SoFi-Brillen: die waren natürlich bereits Tage vor dem Ereignis vergriffen. Vorher schon hatte ich das Prinzip ,,Lochkamera" an einem Umzugskarton versucht und machte nun den vereinfachten Versuch mit zwei dünnen Kartonstücken, wovon ich einen mit einer Kugelschreibermine lochte. Das Bild der Sonne war sehr gut auf dem zweiten Karton zu sehen. Zur Ankündigung der Veranstaltung stellte ich eine Nachricht für die Zeitung zusammen und

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der Wetterbericht meldete eine stabile Schönwetterlage - wir hatten also beste Voraussetzungen!
Und dann war endlich der 20. März gekommen. Die letzten Wolkenschleier im Osten lösten sich auf und ich packte das Auto mit allem, was ich aufbieten konnte: Selbstbau-6-Zoll-Parallaktiker [1] und PST, Sonnenprojektor und ,,Guckson", einem kleinen Gerät aus zwei Glasscheiben, mit Abstand verklebt [2], meine Pappstücke, Info-Material und meinen Pappsonnenkompass.
Als ich auf dem Marktplatz eintraf, hatte gerade Holger mit dem Entladen begonnen. Mein auserkorener Beobachtungsplatz lag fast eine Stunde vor Beginn noch tief im Häuserschatten und mich beschlichen schon Zweifel, ob ich die richtige Wahl getroffen hatte. Dennoch nordeten wir die parallaktischen Montierungen mit dem flugs nivellierten Sonnenkompass ein.
Denn für Zweifel war keine Zeit, weil sich schon erste Besucher interessierten und nach SoFi-Brillen fragten. Langes Erstaunen oder Enttäuschung gab es nicht, als ich sofort meine Pappkartons zückte und immer wieder an einem Hausschatten eine Sonnenfinsternis simulierte, indem ich mein Kartonpaar seitlich in den Schatten führte und das umgekehrte Bild die Funktion zeigte. Als ich den Sonnenprojektor auf meinem Klapptisch scharf stellte, zeigte sich ein Sonnenfleck in etwa Erdgröße und ich erklärte daran sofort den Besuchern die Größenverhältnisse an unserem Zentralgestirn, was immer wieder großes Erstaunen erzeugt.
In der Zwischenzeit waren die Schatten gewichen, unser Beobachtungsplatz stand in der Sonne und der Herr von der Lokalzeitung machte mit mir ein Interview: wer wir sind, was es zu sehen gab und warum wir das tun und in die Öffentlichkeit gehen. Aber das Schönste ist nun mal, schöne Erlebnisse mit anderen Menschen zu teilen. Das macht Spaß!
Und nun ging es los, meldete ein Besucher: Der Mond begann gerade die Scheibe der Sonne ,,anzuknabbern", und das konnte man perfekt im Projektor sehen, weil das Bild der Sonne schon vorher knackscharf war und nun ein winziges

Stück fehlte. Es war gerade 9:31 Uhr geworden, die Menschen kamen zu dem kleinen Gerät und waren begeistert, die Sonnenfinsternis so sehen zu können: 5 cm groß auf einem Tisch.
Schon kam die erste Schulklasse. Nun bemerkte ich, dass es bereits einen Menschenauflauf gab und die Leute sich an den sieben Instrumenten von Albert, Ludwig, Holger und mir verteilten. Also noch schnell ein weiteres Foto am Projektor gemacht und ran an mein Teleskop. Da bemerkte ein Mädchen, das der Rand des Mondes ,,hubbelig" aussah - wunderbar, das liebe ich, wenn die Menschen so bildlich sagen, was sie sehen. Da kann sich doch sofort jeder etwas darunter vorstellen. Denn das war mir vorher noch nicht aufgefallen, weil ich ja immer nur kurz durch das Okular blickte, um das Teleskop schnell nachzustellen. Also gab ich das schnell bekannt, dass der hubbelige Rand des Mondes tatsächlich durch die Krater und Berge des Mondes entstand. Die Begeisterung, mit der ich das immer wieder tat, sei mir hoffentlich verziehen.
Immer mehr Schulklassen und Passanten kamen und viele schauten auch immer wieder das Fortschreiten des Mondes an und ließen sich faszinieren. Eine Dame bemerkte, dass der Fleck nicht mehr zu sehen sei und fragte, was passiert war. So ließ sich an einem weiteren Beispiel die Dynamik des Himmels und das Voranschreiten des Mondes verdeutlichen.
Dann wurde es auffällig, dass es kühler geworden war und die anfangs noch grell besonnten Häuser nun in ein dumpfes, fahles Licht getaucht waren.
Der Herr von der Presse schrieb immer wieder fleißig mit, und nun kamen zwei Damen mit Mikrofon und Kamera, die mich auf ein paar vorbereitete Fragen einstellten, darunter, ob ich mit einem derartigen Andrang gerechnet hätte - hatte ich nicht!
Die Menschen waren fasziniert, nicht nur die Finsternis, sondern auch noch Berge auf dem Mond zu erkennen. Schön konnte man sehen, dass die Mitte der überdeckten Fläche nun zur Westseite der Sonne schwenkte und das Maximum der Finsternis überschritten worden war.

Carina betreute währenddessen das PST, das ich schnell auf seinem Fotostativ aufgebaut hatte, und die Protuberanzen hielten noch weitere Besucher bei uns. Langsam erhellten sich wieder die Häuser hinter uns. Und da wurde auch schon wieder unser Sonnenfleck freigegeben und man konnte direkt sehen, wie der Abstand zum Mondrand wuchs, während der Bogen des Mondrandes immer kürzer wurde.
Bald darauf wurden die Schlangen an den Geräten kürzer und die Besucher langsam weniger. Mir wurde nun warm unter Jacke und Pullover und ich zog sie aus, denn jetzt wurde es wieder merklich ruhiger und die meisten Menschen gingen wieder ihrer Wege. Weil nun fast keine Besucher mehr bei uns waren, konnte ich die letzte Phase der Finsternis sehen, bis der Mond wie angekündigt um 11:51 Uhr die Sonne wieder freigegeben hatte. Ein tolles Erlebnis.
Wir Aktiven verstauten unsere Geräte wieder und beschlossen unsere erfolgreiche Aktion mit ein paar Kugeln Eis und hofften gemeinsam auf gutes Wetter für den folgenden Tag der Astronomie auf der Willibaldsburg oberhalb von Eichstätt.
Literaturhinweise: [1] VdS-Journal für Astronomie Nr. 43 [2] K. Reinsch et al., 1999: ,,Die Sonne
beobachten", Sterne und Weltraum 1999
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SoFi-Aktion am Hohenstaufen-Gymnasium
von Konni Schmidt

Beeindruckend! Kann ich nicht anders sagen. Natürlich war es nicht so dunkel wie im vergangenen Jahrtausend (1999). Aber dafür hat man/Frau was gesehen!

Ich habe leider keine Strichliste geführt, aber gefühlt waren es hunderte Schüler des Hohenstaufen-Gymnasiums, die mit (oder auch ohne) Erlaubnis ihrer LehrerInnen mal einen Blick durch mein Rucksackteleskop wagten. Und ein Handyfoto. Manche haben`s toll hingekriegt. Eine Schülerin schickte mir ihre 2 Handyfotos, durchs Okular des Teleskops fotografiert. Gratulation!

1 Abnehmende Phase der Sonnenfinsternis
um 11:25 Uhr. 1/125 s belichtet bei Blende 11 und ISO 3200 bei Brennweite 235 mm. Natürlich mit Sonnenfilter vor dem Objektiv!

2 So geht's auch: der Blick
durchs Okular, ebenfalls mit dem Sonnenfilter vor dem Teleskop.

Einige Lehrerinnen und Lehrer kamen dann auch und fanden's spannend. Die Schüler: Diszipliniert, nein freundlich und korrekt, auch wenn gerade kein Lehrer da war. Scheint ein gutes Klima zu sein am Hohenstaufen-Gymnasium. Die Lehrer reihten sich ebenso geduldig wie die Schüler in die lange Warteschlange, um einen Blick durchs einzige Teleskop zu werfen (Am anderen Ende des Gebäudes hatte der Physiklehrer noch ein Spektiv aufgebaut, erfuhr ich später). Viele interessierte Fragen: ,,Wann wird es ganz dunkel?", ,,Wieso geht der Mond nicht ganz vor die Sonne?", ,,Was hat das Teleskop gekostet?"
Dass man eine Brille braucht (und das Teleskop auch eine) das wussten eigentlich alle ...
Einer berichtete, dass Amazon die Brille für 29 Euro anbietet, die das intensive Sonnenlicht auf ein 5000stel reduziert. Meine hat 2,20 Euro beim AstromediaVersand gekostet. Den verdienstvollen Versand (und Hersteller) von tollem pädagogischem astronomischen Material sollte man viel bekannter machen (www. astromedia.de). Gut, preiswert, ideenreich.
Wann ist die nächste Sonnenfinsternis? Gar nicht so leicht zu beantworten, siehe http://www.sonnenfinsternis.org, vielleicht 15.10.2022, aber nur ca. 15 % Bedeckung in Mitteleuropa, und ob wir dann im Oktober so schönes Wetter haben? Also 79 % bei Superwetter, das war doch was Einmaliges!
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Erst am 12.8.2029 wird abends eine 90-prozentige partielle Sonnenfinsternis in Mitteleuropa zu beobachten sein. Da kann man dann gleich durchstarten und nachts die Perseiden ansehen.
Schon am 27./28. September diesen Jahres gibt es eine totale Mondfinsternis. Allerdings nicht ganz so schulkompatibel: in der Nacht auf Montag 2:00-5:00 Uhr. Im Osten geht dabei um 3:40 die Venus auf, um 4:29 Mars, um 5:28 Jupiter. Eine lohnende Nacht - wenn das Wetter mitspielt.
Es gab also Lust auf mehr. Naja, Astronomie hat ja noch viel mehr zu bieten als Sonnenfinsternisse. ,,Kümmere dich um den Weltraum! Du bist ein Teil davon!" sagte 2009 die Internationale Astronomen Union im Galilei-Jahr.
Um 11:52 Uhr war dann definitiv Schluss. Um neun hatte es angefangen. Ich hab

schon langweiligere drei Stunden erlebt. Danke den Lehrern für viel Verständnis und viel mehr: Interesse!
Danke auch der Studentischen AG für Astronomie e.V., die zum HohenstaufenGymnasium eingeladen hatte. Gerne wieder.
Die Fotos, naja, gehen als Belegexemplare durch: Durch die Brille fotografiert, da fehlte ein bisschen die dritte Hand und das zweite Stativ. Ans Teleskop kam ich ja - außer zum Nachführen - kaum mehr dran! :-))
Aber immerhin: Selbst ein Sonnenfleck ist bei genauem Hinsehen durch das 250-mm-Zoom-Objektiv zu erkennen.
Etwas hab ich auch gelernt: Was heißt Nawi? Navigation? Nein, weit gefehlt, wir sind doch keine Seefahrer! ,,Naturwissenschaft!" Ach so.
3
Das Gedränge um das Teleskop war groß - Jeder der Schüler wollte mal ran und Himmelsmechanik ,,live" erleben!

Beobachterforum

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Sonnenfinsternis und Tag der Astronomie 2015 an der Sternwarte Trier
von Michael Luy

20. März Für uns Sternfreunde von der Sternwarte Trier begannen die Vorbereitungen auf die Sonnenfinsternis bereits am Abend zuvor.
Es war allen klar, das unser Hauptinstrument in der Kuppel, ein 150 mm/2.300 mm-Coude-Refraktor dem zu erwartenden Besucherandrang am kommenden Morgen alleine nicht genügen würde, hatte doch die lokale Presse ausführlich über das bevorstehende Naturschauspiel berichtet. Daher wurden noch zusätzliche Teleskope der Vereinsmitglieder und deren reichliches Zubehör schon mal zur Sternwarte gebracht und erste Vorbereitungen getroffen.
Am Morgen der Finsternis galt es dann bereits recht früh, die zusätzlichen Instrumente, einen Pentax-, einen Meade- und einen Zeiss-Refraktor, aufzubauen und bobachtungsklar zu machen. Außerdem wurden drei Feldstecher aufgestellt und die Kameras zur Fotografie vorbereitet. Gegen 9:00 Uhr war alles klar zu Beobachtung.
Alles, nur nicht das Wetter! Nebel, Hochnebel, wieder Hochnebel und Nebel! Das konnte doch nicht sein!
Der Beginn der Finsternis rückte immer näher und wir starrten mit schon leicht wässrigen Augen gegen eine weiße Wand aus Wassertröpfchen. Und die ers-

ten Besucher waren auch schon auf der Beobachtungsplattform der Sternwarte auf dem Dach der Universität Trier angekommen.
Aber leider nicht die eigentlichen Hauptakteure, nämlich Sonne und Mond. Jedenfalls nicht zum ersten Kontakt. Also erst einmal Plan B.
Unser Vereinsmitglied Dr. Rüdiger de Boer, seines Zeichen Sonnenphysiker, nahm die Gäste mit in den Vortragsraum. Seinem Vortrag über die Sonne und die Entstehung einer Sonnenfinsternis lauschten dann schon annähernd 50 Interessierte, während der Besucherandrang auf der Beobachtungsplattform immer größer wurde.
Und dann die Wende im Wettergeschehen. Die ersten Nebellücken! Die Sonne schien nun matt zwischen den Schwaden hindurch. Ein herrlicher Anblick! Und wir brauchten nicht einmal die Finsternisbrillen. Mit bloßen Augen erkannte man nun sehr schön, dass der Mond bereits ca. 20 % der Sonnenscheibe bedeckt hatte. Ein erstes Raunen ging durch die Besuchergruppe. Der Vortrag von Dr. de Boer wurde beendet und damit waren alle Besucher auf der Plattform und in der Sternwarte. Der Andrang, aber auch unsere Stimmung, war nun sehr hoch. Und der Himmel wurde immer heller und blauer. Schnell wurden jetzt die rechtzeitig reichlich eingekauften Finsternisbril-

len unter den Beobachtern verteilt und die Teleskope auf die Sonne gerichtet.
Gegen 10:36 Uhr, dem Höhepunkt der Finsternis mit 76,1 % Bedeckungsgrad über Trier, war das Wetter optimal. Es wurde beobachtet, teilweise mit den einfachsten Mitteln (Smartphone) fotografiert, das gesehene erklärt und Fragen beantwortet. Es zeigte sich sogar ein Sonnenfleck, der ebenfalls großes Interesse auf sich zog.
Wir alle konnten jetzt das Naturschauspiel in vollen Zügen genießen, und das bis zum Ende der Finsternis gegen Mittag. Ein wirklich beeindruckendes Erlebnis!
Zur Zeit der maximalen Verfinsterung fanden sich annähernd 150 Besucher in der Sternwarte ein. Die Gesamtbesucherzahl schätzen wir auf ca. 250.
21. März Am Tag der Astronomie hatten wir leider nicht soviel Glück mit dem Wetter.
Über Trier hatte es den ganzen Nachmittag bis zum Abend hin geregnet. Der Regen ließ zwar pünktlich zum Beginn unserer öffentlichen Veranstaltung um 19:30 Uhr nach. Doch hielt die ungemütliche nasskalte Witterung viele Trierer vom Besuch der Sternwarte ab, so dass sich dann nur ca. 15 Interessierte zum Tag der Astronomie einfanden.

1 Besucher auf der Beobachterplattform. Im Hintergrund die Kuppel des 150mm/2.300mm-Coude-Refraktors
(alle Aufnahmen: Sternwarte Trier)

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Beobachterforum

2 Die Sonnenfinsternis fotografiert durch einen 75-mm-Pentax-Refraktor im Abstand von 30 Minuten

Trotzdem hatten wir ein volles Programm zu bieten, das wir diesmal in unserer Außensternwarte im Stadtteil Irsch veranstalteten. Im Vortragsraum wurden Vorträge über aktuelle astronomische Themen gehalten.
Und zu unserem Glück riss der Himmel dann gegen 21 Uhr tatsächlich noch mal auf. Schnell wurde das 12-Zoll-Casse-

grain-Teleskop auf den Jupiter gerichtet. Und tatsächlich konnte neben der beeindruckenden und erstaunlich ruhigen Planetenatmosphäre auch noch der Schatten des Mondes Io auf der Planetenscheibe und das Ende dessen Durchganges vor Jupiter beobachtet werden.
Und wieder beeindruckte Besucher am Teleskop.

Gegen Mitternacht endete dann das astronomische Wochenende inklusive Sonnenfinsternis an der Trierer Sternwarte mit dem Ergebnis, dass viele Besucher wieder kommen wollen.
Also dann, bis zum nächsten Mal!

Sonnenfinsternis mit Hindernissen
von Werner E. Celnik

Der Wetterbericht für Nordrhein-Westfalen am 20. März 2015 sieht überhaupt nicht gut aus: der ganze Niederrhein bis ins Ruhrgebiet und Münsterland soll unter Hochnebel und sehr kaltem Bodennebel verschwinden. Also Stative und

Kameras mit Notebook ins Auto gepackt und los von Rheinberg aus Richtung Nordosten auf die A2 nach Hannover. Ich würde dann ja sehen, ob und wann der Nebel aufhörte ...

Der Nebel scheint dagegen immer dichter zu werden. Tempo 40-60. Mehr geht nicht. Hoffentlich komme ich vor Beginn der Finsternis noch an einem nebelfreien Ort an. Die Autobahn ist frei, trotzdem, es geht nur quälend langsam vorwärts.

1 Reihenaufnahme der partiell verfinsterten Sonne am 20.03.2015, 08:19 bis 10:53 UT, Brennweite 35 mm, Sonnenfilterfolie Dichte 5,
jeweils 1/125 s bei ISO 100 belichtet. Komposit mit Tageslichtaufnahme der realen Situation mit der Sonne über den Bäumen.
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Leserbriefe

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Bei Herford wird es etwas lichter, zuweilen kommt Himmelsblau durch. Aha, immerhin scheint der Hochnebel weg zu sein. Doch der Bodennebel bleibt, über 200 km lang nun schon. Dann, im Weserbergland, kurz vor der Raststätte Auetal, plötzlich Lücken in der Nebeldecke! Raus auf den Parkplatz, der da gerade kommt, aussteigen, JAAAA, die Sonne ist da, direkt an der Nebel-Obergrenze!
Ich bleibe am nur höchstens 5 m breiten Grünstreifen zwischen Parkplatz und Autobahn stehen. Genau ausgewählt, denn ich möchte eine Reihenaufnahme machen, wie die Sonne in ihren Verfinsterungsphasen über die Bäume am Parkplatzrand hinweg zieht, in denen noch Nebelschwaden hängen (Abb. 1). Ich packe aus, baue auf (Abb. 2). Direkt hinter mir brausen die Lkw vorbei. Zwei Fotostative, der Hocker für den Notebook, der die Reihenaufnahme steuern soll. Die Canon EOS 700D erhält das 100-400mmTele-Zoom mit 2-fach-Telekonverter. 800 mm Brennweite also. Davor klebe ich den großen Foliensonnenfilter der Dichte 3,8, der eigentlich für das zuhause gebliebene Teleskop gedacht ist. Vorteil des hier viel zu großen Filters: Man kann am Objektiv vorbei schauen und die Sonne beobachten, muss die SoFi-Brille nicht

immer auf- und absetzen. Die Canon EOS 5D Mk II erhält das Standard-Zoom 24-105 mm, ich stelle eine Brennweite von 35 mm für die Reihenaufnahme und die Sonne am linken Bildrand ein. Steuerungsprogramm starten. Ich bin gerade fertig, da beginnt die Sonnenfinsternis. Uff.
Der Parkplatz füllt sich, je weiter die Sonnenfinsternis fortschreitet. Autofahrer fahren extra (wie ich) auf den Parkplatz, um einen Blick durch ihre Sofi-Brillen (sie hatten tatsächlich welche) auf die Sonne zu werfen, machen Aufnahmen mit ihren Handy-Kameras. Einer stellt sein Stativ mit einer Videokamera auf und hält anderthalb Stunden lang mit der Hand einen Filter vor die Optik, bis der Kamera-

2
Beobachtungssituation auf einem Autobahnparkplatz an der A2 während der SoFi: Kamera mit Teleobjektiv, davor der Sonnenfilter eines Teleskops, Kamera mit 35-mm-Objektiv für die Reihenaufnahme, gesteuert vom PC.
Akku leer ist ... ,,Darf ich mal schauen?" ist die häufigste Frage, die an mich gestellt wird. Durchs Teleobjektiv kann man wie durch ein Teleskop die Sonnensichel mit dem einen Sonnenflecken sehen. Das Seeing ist hier am Nebelrand allerdings grauenhaft. Ich zeige, wie man mit dem Handy durch die SoFi-Brille Aufnahmen der Sonnensichel machen kann (es funktioniert wirklich). Ich werde gefragt, ob ich von der Presse bin oder einem Verein angehöre und mache kräftig Werbung für die VdS und die örtlichen Volkssternwarten.
Als die Sonnenfinsternis endet, bin ich durchgefroren, es sind immer noch nur ca. 2 Grad C über Null. Aber es hat sich gelohnt.

,,Zur Kultur des VdS-Journals für Astronomie" (Nr. 51, S. 159 / Nr. 53, S.140)

Leserbriefe

Sehr geehrte Damen und Herren, beim Durchblättern der aktuellen Ausgabe des VdS-Journals (Nr. 53, S. 140) bin ich auf den Leserbrief von Herrn Heinrich Weiland gestoßen. Darin geht Herr Weiland auf einen Leserbrief von Thomas Eversberg (VdS-Journal Nr. 51, S. 159), mit der Überschrift: ,,Zur Kultur des VdS-Journals" ein. Daraufhin suchte ich mir das betreffende Journal heraus, um die Ausführungen von Herrn Eversberg selbst nachzulesen. Die Lektüre veranlasste mich schließlich dazu, selbst einige Anmerkungen zum Leserbrief von Herrn Eversberg zu verfassen. Wenn ich die Ausführungen von Herrn Eversberg richtig verstanden habe, dann vertritt er die Auffassung, dass man durch die bloße Zahlung des Mitgliedsbeitrages in der

Vereinigung der Sternenfreunde e.V. ein Publikationsrecht erwirbt, um im VdSJournal für Astronomie Artikel und Bilder zu veröffentlichen. Er schreibt dazu selbst im VdS-Journal (Nr. 51, S. 159): ,,Ich möchte daran erinnern, dass das VdS-Journal das Organ aller VdS-Mitglieder ist und sie mit ihrem Vereinsbeitrag ein Recht auf die Publikation ihrer fachlichen Beiträge haben."
Ich stimme soweit Herrn Eversberg zu, dass das VdS-Journal grundsätzlich das Organ aller Mitglieder sein sollte. Gleichwohl bin ich nicht der Meinung, dass ich durch die Zahlung meines Mitgliedsbeitrags - automatisch - ein Publikationsrecht erwerbe. Wenn ich in die mir vorliegende Vereinssatzung (Fassung vom

13. September 2003) blicke, dann kann ich weder unter den $8 - Mitgliedsbeiträge oder $4 - Mitgliedschaft einen Hinweis darauf finden, dass mir als zahlendes Mitglied ein Publikationsrecht an der Vereinszeitung eingeräumt wird. Schaut man sich ferner den $2 an, welcher den Vereinszweck näher bestimmt, dann kann ich auch hier kein Recht herauslesen, welches mir grundsätzlich die Möglichkeit gibt, Artikel und Bilder im VdSJournal zu veröffentlichen. Blickt man auf $2 Unterpunkt 3b, dann gibt es dort einen Hinweis, dass man Arbeitsergebnisse veröffentlichen könnte. Dort heißt es u.a., dass der Verein: ,,... Fachgruppen unterhält, die Auskünfte und Anregungen zu Beobachtungsprogrammen und anderen astronomischen Fragen geben,
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die Mitglieder in instrumentellen Fragen beraten, die die Zusammenarbeit der Beobachter fördern, die Kontakte zu Fachastronomen knüpfen, die die Auswertung der Beobachtungs- und anderen Arbeitsergebnissen koordinieren und diese veröffentlichen." Daraus kann m. E. nicht der Schluss gezogen werden, dass dies grundsätzlich in der Vereinszeitung erfolgen muss. Auch $2 Unterpunkt 4 lässt m. E. diesen Schluss nicht zu. Vor diesem knapp skizzierten Hintergrund kann festgehalten werden, dass es kein

Recht für Vereinsmitglieder gibt, dass seine Artikel und/oder Bilder im VdSJournal veröffentlicht werden. Dies gilt ebenso für Leserbriefe. Es obliegt letztendlich dem Chefredakteur und seinem Redaktionsteam, was an Artikel und Bildern im Journal veröffentlicht wird!
Abschließend ist noch auf den Vorschlag von Herrn Eversberg einzugehen. Er schlägt vor, ein sogenanntes RefereeSystem, wie es bei wissenschaftlichen Publikationen üblich ist, für das VdS-

Journal einzuführen. In dieser Beziehung stimme ich den Überlegungen von Herrn Heinrich Weiland im VdS-Journal (Nr. 53, S. 140) zu. Durch die Einführung eines solchen Systems würden die Hürden für neue Autoren unnötig erhöht. Das VdS-Journal ist die Vereinszeitung von und für Amateur- und Hobbyastronomen. Die eingereichten Beiträge sollten dies auch in gewisser Art und Weise widerspiegeln.
Olaf Fritz

,,Auf alle Fälle ein Schulfach Astronomie"

Den Artikel von Hans Lammersen: ,,Bloß kein Schulfach Astron omie" im VdS-Journal für Astronomie Nr. 53 kann ich nicht unwidersprochen lassen.
Man merkt seiner Argumentation deutlich an, dass er nie das Fach Astronomie als eigenständiges Fach erlebt hat, ganz anders als Herr Lutz Clausnitzer, der wie ich aus Sachsen stammt. Damit habe ich dieses Fach als Schülerin selbst erlebt, und dort wurde mein Interesse für astronomische Themen geweckt. Mittlerweile bin ich selbst seit über 30 Jahren als Lehrerin für Physik, Mathematik und Astronomie tätig, zuerst an einer Polytechnischen Oberschule (entspricht heute der Realschule) und seit 1992 an einem Gymnasium. Das eigenständige Fach Astronomie wurde in Sachsen bis 2007 in der Klassenstufe 10 mit einer Unterrichtsstunde pro Woche unterrichtet. Und es gehörte eindeutig zu den Lieblingsfächern der Schüler.

ich hier nicht vollständig aufgeführt habe - ist meines Erachtens ein ganz wichtiges Argument für ein eigenständiges Fach Astronomie, da braucht man so was wie fächerverbindenden Unterricht nicht künstlich zu konstruieren.
Der ältesten und zugleich aber auch lebendigsten Wissenschaft der Menschheit sollte man das Recht einräumen, ein Schuljahr lang zum Fächerkanon zu gehören. Projekttage werden dem nicht gerecht und werden von Schülern - aus meiner Erfahrung heraus - noch weniger ernst genommen als sogenannte Nebenfächer. Unter Einbeziehung der neuen Medien (interaktive Tafel, Computerprogramme) kann man sehr gut im Klassenzimmer anschaulichen astronomischen Unterricht gestalten. In Sachsen habe ich natürlich noch den Vorteil, dass es eine nennenswerte Anzahl von Schulsternwarten gibt (bin selbst im Förderverein der Schulsternwarte Zwickau tätig).

Einen wichtigen Grund sehe ich darin, dass eigens dafür ausgebildete Lehrer dieses Fach unterrichteten und damit der Spezifik der astronomischen Teilgebiete gerecht werden konnten. Denn weder der Physik- noch der Geografielehrer haben zu allen Themen einen Bezug.
Die Orientierung am Sternhimmel und der Aufbau von Planeten gehören eher in den geografischen Bereich, dagegen ist die Entwicklung von Sternen und dem All als Ganzes eindeutig der Physik zuzuordnen. Und mit der Entwicklung der Vorstellungen von der Welt ist man ganz schnell im Bereich Geschichte und Ethik. Diese Vielfalt von Fächern - die

Die jetzige Situation, Astronomie als ein Lernbereich der Physik in Klasse 10, ist sowohl für die Physik als auch die Astronomie nicht befriedigend. Trotzdem stelle ich immer noch den Effekt fest, dass Mädchen, die Physik nicht mögen, in Astronomie wieder Interesse an naturwissenschaftlichen Themen zeigen.
Aus meiner Unterrichtserfahrung heraus kann ich also nur den eigenständigen Astronomieunterricht durch dafür qualifizierte Lehrkräfte befürworten.
Monika Müller

Zu ,,Bildungspolitische Argumente für das Schulfach Astronomie im Licht bundesweiter Erfahrungen"
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Aus meiner 40-jährigen Tätigkeit als Mathe-Physik-und Astronomielehrer kann ich im Wesentlichen nur Positives zum EinStunden-Fach Astronomie berichten. Dieses Fach war Bestandteil der Stundentafel der 9. bzw. 10. Klassenstufe und wurde in der Regel von Fachlehrern mit entsprechender Lehrbefähigung

unterrichtet. Jede Schule hatte ein Schulfernrohr und weitere notwendige Gerätschaften, um praktische Beobachtungen durchzuführen und den Unterricht auch anschaulich gut gestalten zu können. So jedenfalls in der DDR. Dann kam die Wende und nach und nach das Aus für diese Form des durchaus

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bewährten Unterrichts. Der Sinn der Beseitigung dieser über 50-jährigen Struktur in fast allen Neuen Bundesländern ist mir unbegreiflich, erst recht die seichten Begründungen dazu. Das Fach Astronomie lässt sich auch nicht ansatzweise nur durch Projekte, Schülerarbeiten oder Einflechtungen in den Geografie bzw. Physikunterricht bewältigen. Für mich ist das nur Aktionismus und hat mit Fachunterricht wenig zu tun. Natürlich haben sich Inhalt und Methodik des Astronomieunterrichtes verändert. Das bedeutet, dass nicht zu viele Einzelheiten in den Unterricht einfließen. Der Blick auf das Wesentliche steht mehr im Vordergrund, da die SchülerInnen durch die Medien schon sehr zeitig Informationen über astronomische und astronautische Themen aufnehmen können. Ein beredtes Beispiel dafür bildet SachsenAnhalt.
Was spricht also objektiv dagegen, Astronomie als reguläres Ein-Stunden-Fach in die Stundentafel aufzunehmen? Schon zu Kopernikus' Zeiten konnte eine höhere Bildung nur dann genossen werden, wenn u. a. das Studium der 7 Freien Künste, zu denen auch die Astronomie gehörte, absolviert worden war.

nomie und Raumfahrt im Unterricht" Juni 2012: ,,Schule muss anstrengend sein und kein Spaß verheißendes Edutainment." Es ist müßig und würde auch den Rahmen sprengen, hier alles aufzuzählen, was im täglichen Leben aus den Forschungsergebnissen der Astronomie, Astrotechnik und Raumfahrt einen festen Platz eingenommen hat, und auf das niemand mehr verzichten will und kann.
Ich halte es da mit Einstein, der sagte: ,,Schämen sollten sich diejenigen, die sich gedankenlos der Wunder der Wissenschaft und Technik bedienen und nichts mehr geistig davon erfasst haben als die Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie mit Wohlbehagen frisst."
Obwohl ich die ,,Bildungspolitischen Argumente" von Herrn Clausnitzer, VdS-Journal 51, nur unterstreichen kann, befürchte ich, dass eine zielführende Diskussion über die flächendeckende Einführung des Faches Astronomie ebenso im Sande verlaufen wird, wie der Versuch, auf Bundesebene Bildungsanforderungen zu reformieren.

In diesem Zusammenhang verweise ich auf den Beitrag von Prof. Dr. Lotze zum Thema Schulastronomie in der Zeitschrift ,,Astro-

Da kann ich nur sagen: ,,Willkommen im 19. Jahrhundert!" Wilfried Lassak

Zum Schwerpunktthema ,,Planetarische Nebel",
VdS-Journal für Astronomie Nr. 52
Sehr geehrter Herr Riepe, ich möchte Ihnen und allen Autoren zu den hervorragenden Beiträgen über ,,Planetarische Nebel" im VdS-Journal für Astronomie I/2015 gratulieren.
Einige der Artikel zeigen auch Aufnahmen Planetarischer Nebel mit ,,Lucky Imaging". Damit lassen sich auch mit begrenztem Kamera- und Equipmentaufwand Planetarische Nebel insbesondere mit hoher Flächenhelligkeit gut abbilden.
Als Beispiel füge ich eine Aufnahme des Eskimonebels NGC 2392 vom 18. März an. Diese wurde von mir mit dem Newton-Teleskop (f=3.000 mm, D=600 mm) der Johann-Kern-Sternwarte Wertheim (www.jksw.de) mit einer einfachen, ungekühlten Planetenkamera des Typs i nova PLA-Mx ohne Autoguiding gewonnen. Das Bild entstand durch Überlagerung von Aufnahmen mit [O III]- bzw. H-Filter. Bei Belichtungszeiten von 3 s für [O III]bzw. 4 s für H-Filter wurden jeweils 880 Bilder aufgenommen, von denen jeweils 65 % verwendet wurden. Durch die unvermeidlichen Nachführungsfehler (ohne Autoguiding) wurden die vielen Hot-Pixel der Kamera bei der Bildüberlagerung zu einem diffusen Untergrund verschmiert und ließen sich so recht einfach herausfiltern. Das Stacken der Bilder erfolgte mit RegiStax 6, (sanft) geschärft wurde mit Giotto. Die beiden Farbkanäle habe ich mit Fitswork überlagert (H für R, [O III] für G+B). Durch diese Farbzuordnung entsteht ein relativ realistischer Farbeindruck.
Eventuell können Sie diese Anmerkung als Anregung für andere Amateure in eine spätere Ausgabe einfließen lassen. Mit freundlichen Grüßen, Jürgen Dirscherl
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Rezension

Handferngläser - Funktion, Leistung, Auswahl
von Herbert Zellhuber

Bibliografische Daten: Holger Merlitz: Handferngläser Erschienen im Verlag Europa-Lehrmittel 2013; 190 Seiten ISBN 978-3-8085-5774-7; 36,-

Der Verlag Europa-Lehrmittel ist mir schon lange für seine Lehrbücher bekannt. Es sind die Fachkundebücher ,,Metallverarbeitende Berufe", ,,Kraftfahrzeugtechnik" und ,,Elektrotechnik", die mir immer wieder als nützliche Nachschlagewerke dienen. Das Buch von Holger Merlitz machte mich daher sofort neugierig: Sollte ,,Handferngläser" auch ein Fachkundebuch dieser Art sein? Schon beim ersten Durchblättern sah ich, dass mit Mathematik und entsprechenden Formeln nicht gespart wird.
Na klar, Optik gehört ja zur Physik, und wenn man das Thema zur Gänze verstehen will, lässt sich Rechnen eben nicht vermeiden. Für diejenigen, die sich mit Formeln nicht so recht anfreunden können, ist das aber nicht weiter schlimm. Wichtige Formeln werden in zahlreichen Abbildungen grafisch dargestellt, sodass die entscheidenden Schlussfolgerungen auch nach dem Überspringen mathematischer Herleitungen zugänglich bleiben.
Teil I beinhaltet die Grundlagen zur Fernglastechnik. Da geht es um das Brechungsgesetz und das Optikrechnen. Es wird über die verschiedenen optischen Gläser berichtet und welche Vorteile reflexmindernde Vergütungen haben. Auch auf Abbildungsfehler wie die chromatische und sphärische Aberration, Bildfeldwölbung und Verzeichnung wird eingegangen. Dann werden die verschiedenen Umkehrsysteme für die Fernglastechnik besprochen - mit ihren Vor- und Nachteilen. Das Abstimmen der Komponenten wie Objektive, Blenden, Prismen, Okulare sind bekanntlich komplexe Zusammenhänge. Deshalb wird auch auf verschiedene Konstruktionsfehler, wie beispielsweise das falsche Dimensionieren der Prismengröße, hingewiesen. Der Leser erhält hier wertvolle Hinweise, wie man diese Fehler aufdecken kann.

In Teil II steht die optische Wahrnehmung im Vordergrund. Besprochen wird der visuelle Bildaufbau sowohl beim Tages- als auch beim Nachtsehen. Auch die Wahrnehmungspsychologie nimmt einen wichtigen Teil ein, da das Auge als optisches Instrument - wie jedes optisches System - auch mit gewissen Fehlern behaftet ist. Ein enormer Vorteil der binokularen Beobachtung ist bekanntlich die stereoskopische Tiefenwahrnehmung. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass man auch schon mit einfachen Mitteln die Wahrnehmungsfähigkeit heraufsetzen kann. Man betrachte nur mal den Unterschied zwischen freihändig gehalten und aufgelegt. Das kann jeder Besitzer eines Fernglases leicht in der Praxis feststellen. Die Schärfentiefe eines Fernglases kann übrigens nicht allein anhand technischer Daten ermittelt werden. Je nach Person (und Alter) kann diese schwanken. Weitere Phänomene sind die Verzeichnung und der Globuseffekt - je nach Gerät mehr oder weniger ausgeprägt. Bekanntlich ist auch nicht jedes Fernglas beim Beobachten mit Brille gleichermaßen gut geeignet.
Im Teil III werden Ferngläser in der Anwendung besprochen. So wird zum Beispiel auf die Frage eingegangen, welche Ferngläser mit welchen Eigenschaften sich für welchen Zweck am besten eignen. Vor allem die Jagd, das Militär, die Seefahrt und die Ornithologie haben bestimmte Ansprüche. Was für ein Glas eignet sich als Universalgerät für den Normalverbraucher und in welcher Preisklasse bewegen sich diese Instrumente? Welche Eigenschaften sind bei der astronomischen Beobachtung von Vorteil? Zum Testen und Bewerten der optischen Leistung ist natürlich etwas Erfahrung nötig. Was muss man beim Schnelltest am Ladentisch beachten? Man sollte nicht nur auf die Kriterien Streulichtre-

sistenz, Mitten- und Randschärfe eingehen. Eine kleine Kaufberatung gibt hier weitere wertvolle Hinweise. Die zehn Gebote zur Fernglaswahl sollte man dabei immer im Kopf haben, um Enttäuschungen durch Fehlinvestitionen vermeiden zu helfen. Kritisch sollte man gegenüber Billigimporten sein, die oft durch ihre fragwürdige Qualität - Originalzitat: ,,Letztlich eher zur globalen Umweltverschmutzung beitragen".
Das Buch ist recht umfangreich und anspruchsvoll geschrieben. Wie immer beim Lesen solcher Fachbücher sollte man sich von Anfang die beschriebenen optischen Fachausdrücke einprägen. Sonst wird man Schwierigkeiten haben, auch die nachfolgenden Kapitel richtig zu verstehen.

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