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BEITRAG
1 Editorial (Celnik Werner E.)
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0 INHALTSVERZEICHNIS (Beitrag)
BEITRAG
4 20 Jahre Fachgruppe Dark Sky (Hänel Andreas)
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0 Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie! (Beitrag)
BEITRAG
7 50.000 neue LED-Straßenleuchten - Konsequenzen für den Nachthimmel (Güths Torsten)
14 Welches Licht schützt den Sternhimmel? (Hänel Andreas)
18 Es geht doch! Eine Kleinstadt setzt auf neues Licht (Allmacher Erik)
21 Einfluss von hellen Lichtquellen auf Messungen mit dem SQM-L (Nolle Michael)
24 Wolken können auch nützlich sein (Güths Torsten)
28 Walkers Law in eigener Erfahrung (Güths Torsten)
33 Eichung von Fischaugenaufnahmen mit dem Sky Quality Meter (Hänel Andreas)
36 Nachthimmelhelligkeit bei Osnabrück 2006-2014 (Hänel Andreas)
38 Nachthimmelhelligkeit in Esslingen 2008-2014 (Quester Wolfgang)
40 Lichtverschmutzung aus dem Weltall verfolgt (Hänel Andreas)
46 Lichtverschmutzung - oder wie man damit leben kann (muss) (Detken Kai Oliver)
49 Erhellendes zum Licht! (Engel Matthias)
52 Politik, Wirtschaft, Lichtverschmutzung - ein Erfahrungsbericht (Köchling Peter)
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0 Inserentenverzeichnis (Beitrag)
BEITRAG
57 Mehr Licht, weniger Sicherheit?! (Köchling Peter)
60 Eine kleine Deutsche Montierung mit je einem Vierpunktlager pro Achse (Muttersbach Matthias)
64 Neues aus der VdS-Fachgruppe Astrofotografie - Das Astrofoto des Jahres 2014 (Zilch Thorsten)
65 Astrofotografen und Nordlichter (Riepe Peter)
67 Amerikanische Nationalparks in der Nacht (Kunze Michael)
72 Nebelsuppe: Bericht vom Treffen der Beobachter atmosphärischer Erscheinungen (Haußmann Alexander)
76 Das Bahnelement W und Gegenschweifbeobachtungen bei Kometen (Jahns Helmut)
77 Vom Algorithmus zur eigenen Software (Bornemann Hartmut)
78 Bonsai - numerische Integration auf Nvidia-Grafikkarten (Jahns Helmut)
78 Virtuelle Observatorien (Jahns Helmut)
79 Software (Jahns Helmut)
79 Interactive AladinLite view (Riepe Peter)
80 Bücherkiste (Rohe Klaus)
80 Das Rätsel der Rotation des Jupiters (Wünsche Nikolai)
81 Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie (Steinicke Wolfgang)
83 Neues aus der Fachgruppe Kleine Planeten (Lehmann Gerhard)
84 Kosmische Begegnungen (Hohmann Klaus, Ries Wolfgang)
86 Der Komet C/2014 Q2 Lovejoy - Entwicklung bis zum Perihel (Pilz Uwe)
90 Rückblick auf den Kometen C/2014 Q2 Lovejoy (zusammengestellt von Celnik Werner E. Celnik, Riepe Peter)
104 Der neue Blick auf Meteorströme (Rendtel Jürgen)
108 Riesen-Sonnenfleck AR 12192 am 24. Oktober 2014 (Leich Jens)
110 Die provisorischen Relativzahlen des SONNE-Netzes, 2. Halbjahr 2014 (Bulling Andreas)
110 Der junge Mond umarmt den alten (Kaltenböck Reinhard)
112 Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark - Startschuss in die wunderbare Welt der Spektroskopie (Strandbæk Knud)
113 Bau von Spektrografen (Larsen Frank R.)
115 Ein Spektrograf mittlerer Auflösung (Jacobsen Jens)
121 Spektroskopische Aktivitäten im Nightsky-Observatorium (Zielke Lars)
122 Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 3. Quartal 2015 (Riedel Eberhard)
125 Sternfinsternis in den Plejaden - Kleinplanet (2520) Novorossijsk bedeckt den Stern 24 Tauri (Klös Oliver)
126 BAV Veränderlichenbeobachtungs- und Urlaubswoche 2015 (Bannuscher Dietmar)
127 Rho Cassiopeiae 1994-2014 (Vollmann Wolfgang)
129 Die 32. VdS-Tagung am 21. und 22. November 2015 in Braunschweig (Guthier Otto)
129 Spenden an die Vereinigung der Sternfreunde e. V. (Keßler Thomas)
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0 Impressum (Beitrag)
0 Wir begrüßen neue Mitglieder (Beitrag)
BEITRAG
131 33. BoHeTa an der Ruhr-Universität Bochum (Detken Kai-Oliver)
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0 Himmelsvorschau Juli-September 2015 (Beitrag)
BEITRAG
138 Sonnenfinsternis über dem Grand Canyon: Eine Reise zur partiellen Sonnenfinsternis am 23.10.2014 in die USA (Dittler Ullrich, Dittler Martina)
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0 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen Juli-September 2015 (Beitrag)
0 Autorenverzeichnis (Beitrag)
Textinhalt des Journals 54
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20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky
20 Jahre Fachgruppe Dark Sky
von Andreas Hänel
Vor fast 20 Jahren hat sich die Fachgruppe Dark Sky gebildet und vor fast zehn Jahren erschien das letzte Schwerpunkthema des VdS-Journals zur Lichtverschmutzung. Daher ist es jetzt Zeit, eine Bilanz zu ziehen.
Die öffentliche Beleuchtung, besonders die Straßenbeleuchtung, wird unter der Knappheit der öffentlichen Finanzen energieeffizienter und auch die ,,Lichtlenkung" wird immer effektiver. Nur noch kleine Prozentsätze des verwendeten Lichts werden unmittelbar in den Himmel abgestrahlt.
Dies trifft für andere Beleuchtungszwecke indes kaum zu. Hinzu kommt, dass der Energieverbrauch von LED-Leuchtmitteln inzwischen minimal ist und deren Anschaffungskosten kaum noch über denen konventioneller Lichtquellen liegen, sofern diese überhaupt noch angeboten werden.
Wie die Auswertung von Aufnahmen städtischer Gebiete durch die ISS zeigt, gehören Fassadenbeleuchtungen von unten durch Bodenstrahler oder von an den Fassaden angebrachten, nach oben gerichteten Strahlern zu denjenigen Lichtquellen, die das meiste Licht ungenutzt in den Himmel strahlen (Abb. 1).
Das gilt inzwischen aber nicht mehr nur für Innenstädte. Gerade die mit LED machbaren kleinen Bauformen ermöglichen eine massenhafte Beleuchtung von Gebäuden, die regelrecht ,,ansteckend" wirkt und immer mehr Nachahmer findet. Wenn das Ganze dann auch noch schön bunt ist, wird es womöglich gleich als ,,Lichtkunst" bezeichnet (Abb. 2).
Eine wesentlich stärkere Belastung der Natur stellt die auf gleiche Weise realisierte Beleuchtung von Bäumen dar, die im Sommer massenhaft Insekten anzieht und im Winter das meiste Licht ungehindert gen Himmel strahlt (Abb. 3).
Durch Angebote in Baumärkten und Discountern werden solche Beleuchtungen auch immer mehr in privaten Gärten eingesetzt. Und während Lichtkugeln in
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1 Außenbeleuchtung eines Versicherungsgebäudes in Nürnberg
der öffentlichen Beleuchtung wegen ihrer Ineffizienz kaum noch zu finden sind, werden sie nun palettenweise in den Baumärkten zu Spottpreisen angeboten. Weil es der Nachbar in seinem Garten nun ,,so schön hell" hat, kann kaum ein Gartenbesitzer dem Kauf- und Installationszwang solcher Lichtschleudern widerstehen (Abb. 4).
Dennoch hat sich in den letzten 20 Jahren viel getan, denn das Problem der Lichtverschmutzung ist auch immer weiter in Öffentlichkeit und Politik vorgerückt. So hat - zurückgehend auf das Jahr der Astronomie 2009 - das Bundesministerium für Bildung und Forschung für drei Jahre das interdisziplinäre Projekt ,,Verlust der Nacht" für Forschungsinsti-
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2 Das Ars-Electronica-Center in Linz mit
wechselnder, farbiger Beleuchtung
tute vor allem in und um Berlin herum gefördert [1]. Die wissenschaftlichen Ergebnisse sind noch nicht alle ausgewertet und veröffentlicht, aber einige, wie die Nachtflüge über Berlin, haben eine breite Resonanz gefunden. Ein Folgeprojekt läuft zurzeit auf europäischer Ebene als ,,Loss of the Night Network", womit die europäische Kooperation in Wissenschaft und Technologie gefördert wird [2]. An beiden Projekten war und ist unsere Fachgruppe beteiligt. Ein Wettbewerb ,,Energieeffiziente Straßenbeleuchtung" in den Jahren 2008-2011 wurde vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit mit einem Auftrag an den Naturschutzbund begleitet, die Lichtverschmutzung bei der kommunalen Lichtplanung zu berücksichtigen [3]. Die Fachgruppe erreichen immer wieder Anfragen von Bürgern, aber auch von Lampenfirmen oder Kommunen. So wurde beispielsweise im März 2014 vor dem Umweltausschuss der Stadt Hannover vorgetragen.
Mit Unterstützung der Fachgruppe konnten der Naturpark Westhavelland und das Biosphärenreservat Rhön im Jahr 2014 als ,,International Dark Sky Reserves" und der Nationalpark Eifel vorläufig als ,,International Dark Sky Park" nach den Kriterien der International Dark Sky Association anerkannt werden. Damit
Hinweis
Nachdem wir die Artikel-Annahme für unser Journal 55 abgeschlossen haben, möchten wir gerne auf unsere zukünftigen Schwerpunktthemen hinweisen:
,,Sternwarten-Bau und automatische Teleskopsteuerung" in Journal Nr. 56 Redaktionsschluss: 01.08.2015 Redakteur: Herbert Zellhuber, redaktion-selbstbau@vds-astro.de
,,Der Südsternhimmel" in Journal Nr. 57 Redaktionsschluss: 01.11.2015 Redakteur: Peter Riepe, redaktion-astrofotografie@vds-astro.de
,,Mitgliedssternwarten" in Journal Nr. 58 Redaktionsschluss: 01.02.2016 Redakteur: Dietmar Bannuscher, redaktion-veraenderliche@vds-astro.de
Zur Gestaltung unserer Journale benötigen wir Beiträge der Mitglieder. Dies kann sowohl ein wissenschaftlich fundierter Artikel als auch ein einfaches Beobachtungserlebnis sein. Außerdem soll es möglichst regelmäßig eine Galerie von Fotografien und Zeichnungen geben. Wer nicht gerne schreibt, kann also auch auf diese Weise vertreten sein! Wir freuen uns über alle Einsendungen!
Beiträge sollen an die zuständigen Redakteure (siehe auch Liste der VdS-Fachgruppen-Redakteure) oder an die VdS-Geschäftsstelle (Mail/Postadresse) geschickt werden.
Mit dem Einsenden gibt jeder Autor gleichzeitig sein Einverständnis zum Abdruck im ,,VdS-Journal für Astronomie". Es besteht jedoch keine Veröffentlichungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter Form abzudrucken. Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion
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3 Bei der Beleuchtung von Bäumen geht in der
vegetationslosen Zeit viel Licht ungenutzt in den Himmel verloren.
wird exemplarisch an jeweils einem Vertreter der Großschutzgebietskategorien in Deutschland gezeigt, dass es noch nahezu natürliche Nachtlandschaften gibt, und dass sie als schützenswert angesehen werden.
Inzwischen ist das Interesse an weiteren Sternenparks sehr groß und wir suchen Wege, um die Nacht auch auf breiterer Basis zu schützen. Aber auch wenn die dort noch vorhandene Dunkelheit der Nacht und die Sternenfülle des Firmaments geschützt werden, darf es keineswegs heißen, dass woanders auf ,,Teufel komm raus" beleuchtet werden kann. Im Gegenteil sollen diese Pro-
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4 Lichtkugeln beleuchten nicht.
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jekte zeigen, dass eine Reduzierung von Lichtverschmutzung ohne Komfort- oder Sicherheitsverlust möglich ist.
Es bedarf also eines Umdenkens in Politik und Gesellschaft, dass eine Beleuchtung ohne Energieverschwendung und ohne Lichtverschmutzung möglich ist, wenn man sie mit Bedacht einsetzt. Vielleicht hilft es ja, darauf hinzuweisen, dass wir die faszinierenden Himmelsobjekte, de-
ren Licht Hunderte, Tausende oder gar Millionen Jahre unterwegs war, am Ankunftsort nicht durch falsche Beleuchtung überstrahlen sollten. Wenn eine Lampe nicht nur einfach installiert wird, sondern auf ihre Verträglichkeit mit der Natur, der menschlichen Gesundheit, also der Vermeidung von Lichtverschmutzung geprüft wurde, nur dann kann man von einer sinnvollen, verantwortungsvollen und nachhaltigen Beleuchtung reden.
Internet- und Literaturhinweise: [1] www.verlustdernacht.de [2] www.cost-lonne.eu/ [3] www.nabu.de/themen/energie/
stadtbeleuchtung/
50.000 neue LED-Straßenleuchten
- Konsequenzen für den Nachthimmel
von Torsten Güths
Unsere Welt ist geprägt von technischen Errungenschaften und ihren Folgen. So bringen sie häufig neben Gewinnen für Unternehmen und Vorteilen für den Einen auch Nachteile für den Anderen oder ganze Lebensbereiche, getreu dem Spruch ,,Wat den een sin Uhl, is dem annern sin Nachtigall". So sind technische Weiterentwicklungen nicht vermeidbar und diese betreffen natürlich auch die Außenbeleuchtung. Hier wird seit einigen Jahren die LED von der Industrie als das ,,Licht der Zukunft" proklamiert und entsprechend beworben.
In den Jahren 2011/12 wurde im Rahmen der Klimaschutzinitiative vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) die Möglichkeit von Projektförderungen im sozialen, kulturellen und öffentlichen Bereich geschaffen, die unter anderem auch die Außenbeleuchtung betrafen [1]. Gefördert wurden gezielt LED-Beleuchtungen und Steuer-/Regelanlagen der LED-Lampen zur weiteren Energieabsenkung mit der Bedingung, dass die CO2-Emissionen mindestens um 60 % gegenüber dem IstZustands gemindert wurden. Allerdings durfte das Ziel nicht durch Abschalten einzelner Leuchten erreicht werden, um ,,Dunkelzonen" zu vermeiden. [2]
Die Reduktion des Energieverbrauchs um mindestens 60 % sieht auf den ersten Blick verheißungsvoll aus. Da häufig immerhin halbwegs abgeschirmte Kofferleuchten mit bereits recht effizienten Natriumdampflampen eingesetzt wurden, lag die Hoffnung nah, dass diese For-
derung nur durch wirklich abgeschirmte Leuchten zu bewerkstelligen sei, deren Lampen im Nachtbetrieb mit einer reduzierten Leistung ein zumindest nicht helleres Licht erzeugen sollten als bisher.
Das regionale Projekt In der Heimatregion des Autors, dem mittleren Hessen, liegt ,,Oberhessen", das aus drei Kreisen (Wetterau, Vogelsberg, Land Gießen) besteht und für deren Straßenbeleuchtung die Oberhessische Versorgungsbetriebe AG (OVAG) zuständig ist. Die OVAG nutzte dieses Förderangebot und stellte von Mitte 2013 bis Oktober 2014 die nicht unbeträchtliche Anzahl von rund 50.000 Straßenleuchten auf LED-Betrieb um. Im Wesentlichen erfolgte dies durch den Austausch der Leuchten unter Beibehaltung des alten Mastes.
Die Umsetzung In ihren Presseerklärungen berichtete die OVAG, dass jeder Leuchtenkopf für seinen Standort individuell berechnet wurde. Hierbei wurden unterschiedliche Leistungen, unterschiedliche Lichtströme und eine individuelle Anzahl von Leuchtdioden in dem Leuchtenkopf und dessen Neigungswinkel umgesetzt. Für jede Leuchte wurden geometrische Daten wie beispielsweise die Masthöhe, der Abstand zum nächsten Lichtpunkt oder die Straßenbreite ermittelt und für die Neuberechnung berücksichtigt. [3]
Diese Berechnungen wurden durch Aussagen flankiert, die direkt auf die Problematik der Lichtverschmutzung hin-
wiesen. So fanden sich in den Artikeln häufig Umschreibungen, wie ,,gezielte Ausleuchtung der Straßen ohne die Randbereiche wie Gärten, Hofeinfahrten und Schlafzimmer" oder ,,dass das Licht weniger in den Nachthimmel abstrahlt und eine Ortschaft von außen zunächst dunkler wirkt". [3]
Der Autor konnte in den ihm bekannten Orten feststellen, dass dies auch größtenteils entsprechend umgesetzt wurde. Die Leuchte vom Typ Philips Indal ,,Luma" [6] hat die LEDs etwas im Gehäuse versenkt angebracht und ist somit ausreichend abgeschirmt. Leider wurden einige der Leuchten etwas angewinkelt, so dass in Richtung der Anwinklung die Abschirmung nicht mehr voll gewährleistet ist. Die Philips Leuchte ,,City Curve" ersetzte die Siteco-,,Glockenleuchte", die eine bauchige Glaskuppel unter dem Gehäuse aufwies und deren Lampe zusätzlich aus dem Reflektor herausragte. Die City Curve besitzt zwar eine flache Glaskuppel, doch liegen die LEDs abgeschirmt im Gehäuse und die seitliche Abstrahlung ist gering [7]. Wie sich das allerdings im Laufe der nächsten 20 Jahre durch Alterung und Verschmutzung entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Die Abbildungen 1 und 2 zeigen die angesprochenen Lampen.
Die Aussage, dass die Leuchten mit wachsender Lebensdauer mehr Strom abrufen, um möglichst lange die benötigte Leuchtkraft zu liefern, deutet darauf hin, dass deren Energieeffizienz zurückgeht! Damit wird auch der sog. Wartungswert
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1 Die Leuchte ,,City Curve" im Vergleich zur vormals eingesetzten ,,Glocke" (Bildinsert
rechts). Die Lampe ragt bei der Glocke aus dem Reflektorgehäuse und Lampenschirm heraus und sorgt zusätzlich mit einer gealterten Glaskuppel für Streulicht. Die LEDs der City Curve sind vorbildlich versenkt und trotz der flachen Kuppel wird praktisch kein Licht seitlich und nach oben gestreut. Bleibt zu hoffen, dass die neue und flachere Glaskuppel nicht zu sehr altert und dann das Licht ebenfalls zu streuen beginnt.
2 Die Indal ,,Luma", die viele Glocken-
leuchten und auch alle Pilzleuchten in Ober-Mörlen ersetzte. Die LEDs sind gut versenkt, jedoch sind die Leuchten etwas angewinkelt.
umgangen, der besagt, dass neue Leuchten zuerst heller als nötig leuchten, um eine nachlassende Helligkeit aufgrund des Alterungseffekts vorab zu kompensieren. Der Autor hat einige Luxmessungen mit einem Voltcraft-MS-1500Messgerät vorgenommen. Aufgrund der Eichung des Geräts auf das Glühbirnenspektrum kann man sowohl bei LEDs als auch bei Natriumdampflampen davon ausgehen, dass höhere Luxwerte vorliegen als gemessen wurden.
Geteilte Meinungen in der Öffentlichkeit Die OVAG hat jede der umgerüsteten Gemeinden als Pressenotiz auf ihrer Website [3] beschrieben und teilweise wurden in lokalen Zeitungen auch Berichte veröffentlicht. Leider stehen diese Artikel nicht mehr alle online zur Verfügung. Im Folgenden sollen einige veröffentlichte und vom Autor persönlich erfahrene Aussagen sinngemäß wiedergegeben werden: - ,,In Wohngebieten freuen sich einige
Bürger darüber, dass kein Licht in die Schlafzimmer dringt. Andere ärgert es, dass ihr Hof oder die Einfahrt nicht mehr ,,mitversorgt" werden." - ,,Es ist heller auf der Straße, jedoch ist es außerhalb der Straßen und Gehwege dunkler geworden." - ,,Es ist insgesamt dunkler als vorher." - ,,Die Straßen sind nicht mehr so gleichmäßig ausgeleuchtet. Es sind
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dunkle Zonen entstanden." - ,,Das Licht blendet." - ,,Einzelne Beschwerden gibt es immer,
aber die überwiegende Meinung der Bürger ist positiv." - ,,Einigen Bürgern gefällt das weiße Licht, während andere das wärmere, orangene Licht vermissen." - ,,Abschaltungen der Leuchten in der Nacht sind unpopulär gewesen und dass durch das neue LED-Licht nun alle Ortsteile die gesamte Nacht hindurch beleuchtet sind, ist ein Plus an Wohnqualität."
Zur Beschwerde, dass es nun dunkle Flecken gebe, ist zu sagen, dass der Autor am Beispiel der Gemeinde Ober-Mörlen Lichtmastabstände von rund 40 Metern bei einer Masthöhe von nur vier Metern ermittelt hat. Vormals waren hier Pilzleuchten installiert, die einen Großteil des Lichts seitlich und in den Himmel emittierten. Die Straße wurde auch vorher nicht gleichförmig ausgeleuchtet wie die Abbildung 3 zeigt. Da diese nun durch abgeschirmte und breit strahlende Leuchten ersetzt wurden, sind die entfernten Leuchten nicht mehr direkt sichtbar, und so empfinden viele Menschen, dass die Beleuchtung schlechter geworden ist. Diesem Umstand könnte man mit einer entsprechenden Mastverlängerung entgegenwirken, so dass der Lichtkegel eine weitere Zone der Straße beleuchten würde.
Weitere Erkenntnisse aus den Daten der OVAG Da die OVAG sehr umfassend über ihr Projekt berichtete, lag es nahe, die regelmäßig gemachten Angaben zur Leuchtenanzahl und Einsparungen zu erfassen und auszuwerten. So ließen sich interessante Daten zur Beleuchtung und zum Projekt ermitteln [3].
Von den insgesamt 48 Gemeinden hat der Autor Berichte zu 46 Gemeinden gefunden. Über 46.000 Leuchten wurden in diesen Gemeinden insgesamt umgebaut. Nach Angaben von Wikipedia sind damit 340.000 Einwohner direkt vom Umbau betroffen. Das ergibt einen Wert von 136 Lichtpunkten pro 1.000 Einwohnern in den Gemeinden, über die Berichte vorliegen.
Der Bundesdurchschnitt liegt bei rund 110 Lichtpunkten pro 1.000 Einwohner [4]. Das würde bedeuten, dass Oberhessen insgesamt stärker als der Durchschnitt beleuchtet wird. Allerdings sind alle Gemeinden relativ klein und je kleiner die Gemeinde, umso höher liegt dieser Wert.
Die Gemeinden, über die Berichte vorlagen, sparen insgesamt eine Summe von über 1,1 Millionen Euro pro Jahr durch die neuen Leuchten ein. Also rund 23 Euro pro Leuchte und Jahr. Leider wurde nur sehr sporadisch über die eingesparten CO2-Emissionen berichtet und gar
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komplett abgeschaltet war. - Das weiße Licht enthält einen hohen
blauen Anteil, der wiederum aufgrund der Rayleigh-Streuung an den Luftmolekülen stärker in die Atmosphäre verbreitet wird [5]. - Das Licht ist jetzt weiß und es ist fraglich, wie gut astronomische Filter, die auf das gelbe Natriumlicht abgestimmt sind, dieses Licht reduzieren können. Schmalbandige Nebelfilter, die nur bestimmte Wellenlängen durchlassen, werden sicherlich noch eine gute Wirkung zeigen, wogegen breitbandige Deepsky-Filter vermutlich eine Beeinträchtigung ihrer Wirkung erfahren werden.
Offen bleibt, ob der gesamte abgegebene Lichtstrom in der Region heute insgesamt höher ist, als vorher. In einzelnen Bereichen liegt er sicherlich höher und dadurch wurden lokal auch schon stärkere Lichtglocken bemerkt. Vermutlich wird - vor allem bei Schnee - der erhöhte Lichtstrom stärker reflektiert. Die Helligkeit von Winternächten sollte also erkennbar zunehmen.
3 Die kleine Wohnstraße in Ober-Mörlen
vorher (Pilzleuchten, oben) und nach der Umrüstung (unten). Man beachte auch das nicht mehr angeleuchtete Haus. Hier ist definitiv eine Verminderung der Lichtverschmutzung erzielt worden. ,,Dunkelzonen" gab es aber auch schon vorher. Eine Messung unterhalb der neuen Leuchte ergab einen Wert von 12 Lux. Vermutlich liegt dieser Wert höher, weil das Spektrum des Voltcraft MS-1500 auf das Glühbirnenspektrum ausgelegt ist.
nicht über die eingesparte Energie. Abschätzungen über den emittierten Lichtstrom der LED-Lampen und eine Aussage über eine Erhöhung oder Verminderung des Lichtstroms und die Lichtverschmutzung sind daher nicht ableitbar.
Beobachtete Nachteile hinsichtlich der Vermeidung von Lichtverschmutzung: - Es werden nun einige Bereiche be-
leuchtet, in denen das Licht vorher
4 Eine alte Peitschenleuchte im Vordergrund im Vergleich zu den neuen, abgeschirmten
Leuchten. Deren Abschirmung ist wirkungsvoll, allerdings erkennt man ihre höhere Helligkeit am Boden. Aufgenommen vor der Leuchtkraftreduktion, die ab 23 Uhr wirksam wird.
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5 Vergleich Langenhain: In der oberen Reihe sieht man das in RGB zerlegte Bild der Beleuchtung vorher, in der unteren Reihe das in RGB
zerlegte Bild der LED-Beleuchtung. Am auffälligsten ist die Reduktion der Helligkeit im roten Bereich. Im grünen/visuellen Bereich ist auch eine Reduktion erkennbar, jedoch bleiben die im Text erwähnten Lichtglocken aufgrund zusätzlicher und stärkerer Beleuchtung in einigen Zonen. Die 2. Aufhellung von links ist ein Gebäude im Tal, das u. a. freiliegende Neonlampen verwendet. Bei beiden Aufnahmen herrschten in etwa ähnliche Dunstbedingungen. Als Kamera diente eine Canon EOS 350D mit dem Weißabgleich ,,Tageslicht" bzw. ,,Sunny" (Temperatur 5500 K) sowie ein 28-Millimeter-Objektiv mit 0,42-fach Bower-Fisheyevorsatz.
Bildhafte Beispiele anhand der Gemeinde Ober-Mörlen Für die fotografische Erfassung der realen Lichtglocken und für SQM-L-Messungen des Nachthimmels herrschen leider keine Laborbedingungen vor. Die Abschätzung (idealerweise die Messung) der Umstände, besonders der Transparenz des Himmels, muss ebenfalls erfolgen. Umgehen kann man dieses, indem man viele Messungen bei ähnlichen Bedingungen vornimmt und die Messwerte
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,,vorher/nachher" miteinander vergleicht. Mangels geeigneter Wetterlagen konnte der Autor bisher nicht genügend Datenmaterial sammeln, um belastbare Vergleiche zum ,,vorher/nachher" präsentieren zu können. Die Aussagen sind daher unter Vorbehalt zu sehen.
Aufgrund der räumlichen Nähe und der Lage von Ober-Mörlen auf dem Weg zu den Beobachtungsplätzen des Autors hat dieser die Gemeinde auch bereits in der
Vergangenheit untersucht. Der Ort besteht aus zwei Ortsteilen: Ober-Mörlen mit 4.300 Einwohnern und Langenhain mit 1.400 Einwohnern. Eine gewerbliche Beleuchtung ist vorhanden. Die Gemeinde liegt am Rand des Taunus, etwa drei Kilometer westlich von Bad Nauheim (30.000 Einwohner) und rund 35 Kilometer nördlich des Rhein-Main-Gebiets (650.000 Einwohner) mit Deutschlands größtem und daher auch hellstem Flughafen!
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Durchgeführte Beobachtungen und Messungen Es wurden standardisierte Digitalaufnahmen mit einer Canon EOS 350D und einem 28-Millimeter-Weitwinkelobjektiv plus 0,42-fach Fisheyevorsatz oder mit einem Standardobjektiv (18-55 mm) gemacht. Der bevorzugte Messort lag 5,5 Kilometer westlich von Bad Nauheim und 800 Meter nordnordöstlich von Langenhain auf einer Anhöhe. Auch ein Punkt auf einer Anhöhe 1.500 Meter westlich des Ortskerns wurde für den Blick über Ober-Mörlen gewählt. Vereinzelte Messungen mit einem SQM-L- und Luxmeter wurden ebenfalls gewonnen.
Analyse der Lichtglockenbilder Leider waren nie gleiche Dunstverhältnisse gegeben: Als Vergleichsbasis für
die alte Beleuchtung stand nur eine klare Winternacht mit tiefer gelegenem Dunst bis ca. 500 Meter Höhe zur Verfügung. Die Bedingungen bei den abgebildeten Vergleichsfotos mit der LED-Beleuchtung waren sicherlich ähnlich, aber nicht gleich. Abbildungen 5 und 6 zeigen die Ergebnisse.
Es fällt auf, dass die allgemeine, hochaufragende Lichtverschmutzung deutlich reduziert wurde. Eine Ausnahme stellt die ganz linke, tiefe Lichtglocke dar. Sie wird von einer bestimmten Straße erzeugt. Vormals befanden sich dort fünf Langfeld- (Peitschen-) leuchten, nun sind es neun abgeschirmte LED-Leuchten. Somit wird zwar kein Licht seitlich und oberhalb der Leuchten abgegeben, jedoch wird der Boden
deutlich stärker beleuchtet. Dieses Licht wird in den Nachthimmel gestreut. Zum Vergleich der beiden Leuchten siehe Abbildung 4.
SQM-L-Messungen Messungen mit einem SQM-L wurden im Vergleich zu anderen, entlegeneren Orten durchgeführt. Meistens wurden sie nach Mitternacht auf dem Heimweg von einem Beobachtungsabend gewonnen. Leider ist die Anzahl aus den vorher erwähnten Gründen zu gering, um eine sichere Aussage treffen zu können.
Tendenziell verbesserten sich wohl die Messwerte für die Langenhain-Anhöhe um 0,05 mag/arcsec2. Ich folgere daraus, dass sich die Lichtverschmutzung - trotz der zum Teil erhöhten Beleuchtung mit
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6 Vergleich Ober-Mörlen: Die obere Reihe zeigt das in RGB zerlegte Bild der Beleuchtung vorher, die untere Reihe das in RGB zerlegte
Bild der Situation mit den LED-Leuchten. Trotz des hier verwendeten automatischen Weißabgleichs fällt auf, dass die Reduktion der Lichtglocke im roten Bereich am auffälligsten ist. Man beachte dazu die Silhouette des dahinterliegenden Hügels. Besonders die früher eingesetzten Pilzleuchten sorgten für eine kräftige Aufhellung. Bei beiden Aufnahmen herrschten ähnliche Dunstbedingungen. Als Kamera diente eine Canon EOS 350D mit einem Zoomobjektiv (18 mm - 55 mm) bei 22 Millimeter.
mehr Blauanteilen - aufgrund der besseren Abschirmung der Lampen verringerte. Der Wert von ca. 0,05 mag/arcsec2 zeigt allerdings, wie gering diese Auswirkung ist und folglich, wie schnell dieser Zugewinn durch zusätzliche Beleuchtungsanlagen (z. B. in neuen Gewerbegebieten) mehr als zunichte gemacht werden kann. Die Anhöhe liegt jedoch recht weit entfernt von diesem kleinen Ort, vermutlich haben die Anwohner am Ortsrand und im Ort selbst in einigen Zonen doch eine deutlich spürbare Besserung erfahren.
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Fazit Leider lässt sich kein eindeutig positives Fazit ziehen. Die Vorteile der Abschirmung und Nachtabsenkung werden durch den teilweise helleren Lichtstrom und die erhöhten Anteile von blauhaltigem Weißlicht und die dadurch größere Streuung des Lichts in der Atmosphäre aufgehoben. In der Summe kann man dennoch zufrieden sein, denn es wurden die Belange der Minderung der Lichtverschmutzung berücksichtigt. Manchmal geht die Gleichung ,,im Namen des Fortschritts" auch deutlich ungünstiger
bezüglich der Reduzierung der Lichtverschmutzung aus.
Internet- und Literaturangaben: [1] www.bmub.bund.de/ (Stand:
Januar 2015) [2] www.osram.de/osram_de/tools-
und-service/services/oeffentlichefoerderprogramme/bmu-2013/index. jsp (Anmerkung: Für das Jahr 2013 wurde das Förderprogramm wiederholt) (Stand: Januar 2015) [3] www.ovag-gruppe.de/og/ovag-
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gruppe.nsf/c/News,Presseinfo (Anmerkung: diese Presseinformationen standen nur ca. ein halbes Jahr nach Veröffentlichung zur Verfügung) (Stand: Januar 2015) [4] Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen, StGB NRW-Mitteilung 656/2003 vom 29.07.2003 [5] http://de.wikipedia.org/wiki/Rayleigh-Streuung (Stand: Januar 2015) [6] Philips-Indal-Luma-Leuchte: http://indal-gmbh.de/produkte/ detail/ansicht/luma.html (Stand: Januar 2015) [7] Philips-City-Curve-Leuchte: www.lighting.philips.com/main/ prof/outdoor-luminaires/road-andurban-lighting/road-and-urbanluminaires/citycurve-gen2 (Stand: Januar 2015)
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Welches Licht schützt den Sternhimmel?
von Andreas Hänel
Wer sich über störende Beleuchtung beschwert, sollte sich schon etwas mit den Grundlagen der Beleuchtung beschäftigt haben, um Alternativlösungen anbieten zu können. Dazu versucht dieser Artikel einige Informationen zu geben.
Momentan befindet sich die Beleuchtungstechnik in einem rasanten Umbruch: Mit der Entdeckung der LED, die blaues Licht aussendet und wofür die Entdecker im Jahr 2014 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden, ist es möglich geworden, weißes Licht zu erzeugen, das sehr energieeffizient und damit im Betrieb günstig ist. Weißlicht-LEDs nutzen meist das blaue Licht von GalliumNitrit-LEDs, das mithilfe von Lumineszenzfarbstoffen (sogenanntem Phosphor) in gelbes und rotes Licht umgewandelt wird, was gemischt mit dem blauen Licht dann weißes Licht ergibt. Anfangs war die Farbwandlung so, dass noch hohe Blauanteile im weißen Licht vorhanden waren, das Licht erschien kaltweiß. In den letzten Jahren wurde die Phosphorschicht aber immer weiter verbessert, so dass immer mehr Blauanteil in andere Farben umgewandelt werden konnte, das
Licht erscheint nun neutral- oder warmweiß. Beschrieben wird die Weißtönung mit der (äquivalenten) Farbtemperatur: Kalt- oder Tageslichtweiß besitzt eine Farbtemperatur von über 5300 Kelvin (K), Neutralweiß zwischen 3300 und 5300 K und Warmweiß unter 3300 K. Die Effizienz der warmweißen LEDs ist inzwischen ähnlich hoch, wie die der neutralweißen.
1 Nicht abgeschirmte Leuchten, die
blendend weit in den Außenraum leuchten, überstrahlen die Sterne.
Durch die sinkenden Preise dieser Beleuchtungskörper und wegen ihres geringen Stromverbrauchs ist davon auszugehen, dass in Zukunft immer mehr LEDs für die Beleuchtung eingesetzt werden.
2 Verschiedene Modelle horizontal montierter LED-Leuchten an Bogenmasten
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Die EOS 60Da wurde speziell für Astrofotografen entwickelt. Im Gegensatz zu den normalen Modellen besitzt dieses einen astrofotografischen Tiefpass-Filter. Damit ist die 60Da im roten und infraroten Bereich wesentlich empfindlicher. Bei 656nm hat sie eine dreifach höhere Sensibilität als die handelsüblichen D60.
Artikel-Nr.: 24839
Preis:
Sky-Watcher Star Adventurer
Mit dem Star Adventurer schließt sich der Kreis zur astronomischen Montierung: Bis zu fünf Kilogramm trägt diese Nachführeinheit. So kann statt einer Kamera auch eine kleine teleskopische Optik benutzt werden. Wir bieten den Star Adventurer auch als Set mit viel Zubehör an. Damit erhalten Sie eine vielseitige astronomische Reisemontierung. Insbesondere die Polhöhenwiege im Set ist ein echter Gewinn: Sie ist präzise CNC-gefräst und erlaubt die Einstellung von Höhe und Azimut über ein Höhenrädchen und Gewindestangen - ganz so, wie man das von astronomischen Montierungen her kennt. Auch als Set erhältlich.
Artikel-Nr.: 45118, 45119
Preis: ab
1149.- 269.-
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EDELSTAHL OKULARAUSZÜGE IN HIGH-END AUSFÜHRUNG
Würden Sie Ihr Teleskop gerne mit einem besseren Okularauszug ausstatten und spielend leicht den exakten Fokus finden? Mit den neuen Omegon Steeltrail Crayfordauszügen setzen Sie ab sofort auf höchste Präzision bei der Fokussierung.
Die Omegon Steeltrail Auszüge gibt es in drei Versionen: 2" SC-Crayford mit 1:10 Dualspeed, 2" Newton-Crayford mit 1:10 Dualspeed und 2" Helical Auszug mit Innenfokussierung für Newton.
Die Omgeon Steeltrail Crayfordauszüge bestehen aus gehärtetem Edelstahl. Die V2A-Kugellager laufen zusätzlich auf Edelstahlführungen entlang. Der Okularauszug erreicht dadurch eine deutlich höhere Präzision. Mit dem Helicalauszug fokussieren Sie so genau wie mit einem Crayford. Die Tragkraft ist jedoch deutlich höher und damit optimal für schweres Zubehör.
Artikel-Nr.: 45072-45074
Preis: ab 239.-
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Omegon Proteus 120 MCI
Die Omegon Proteus 120 MCI ist eine hochempfindliche monochrome Planetenkamera zum kleinen Preis! Mit einer Auflösung von 1280x960 Pixeln nehmen Sie direkt Kurs auf die Planeten in unserem Sonnensystem. Das weite Bildfeld ist sogar wie geschaffen für scharfe Fotos von der Mondoberfläche. Für Ihre Fotos von Galaxien und Nebeln bietet sich die Kamera auch als empfindlicher Autoguider an.
Artikel-Nr.: 44975
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Omegon Capture CCD-Kameras
Der 21AU618 CCD-Chip, der in den Omegon Capture CCD-Kameras verbaut ist, ist einer der empfindlichsten auf dem Markt der Planetenkameras. Während Sie früher längere Belichtungszeiten benötigten, nimmt dieser Chip Ihre Lieblingsobjekte sozusagen in Windeseile auf. Denn eine hohe Empfindlichkeit steht auch für kurze Aufnahmezeiten. Im Gegensatz zum ICX098BQ-Chip, der in vielen Kameras zum Einsatz kommt, bietet dieser CCD-Chip bei der Farbvariante 50% mehr Empfindlichkeit im blauen, 100% mehr im grünen und 200% mehr im roten Bereich.
Artikel-Nr.: 45310, 45311
Preis: je
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i-Nova Nebula Kameras
Die Kameras der Nebula-Serie ermöglichen langzeitbelichtete Aufnahmen lichtschwacher Objekte. Damit erschließen die Kameras dieser Serie Ihnen die Welt der Nebel und Galaxien zu einem Preis, der deutlich unter dem der speziellen Deep-Sky-Kameras liegt. Das Gesamtbild eines lichtschwachen Objekts wird erzeugt, indem Bilder mit relativ kurzer Belichtung erzeugt und übereinander gelagert werden (man nennt das auch ,,Stacking"). Eine echte Besonderheit der i-Nova-Kameras ist, dass Sie diesen Prozess live an ihrem PC oder Laptop verfolgen können.
Artikel-Nr.: 45423-45430
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20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky
Dadurch mag der Energieverbrauch zurückgehen, die Lichtmenge wird damit aber auf jeden Fall zunehmen, denn nur zu gerne wird ein Leuchtmittel mit hoher Lichtmenge und geringerem Energieverbrauch eingesetzt. Gerade in der Straßenbeleuchtung beobachten wir, dass dort, wo früher die Beleuchtung aus Energieeinsparungsgründen reduziert oder gar abgeschaltet wurde, sie nun die ganze Nacht über in Betrieb bleibt, wenn der Energieverbrauch gering ist. Eine Reduzierung ihres Einsatzes erscheint bei den geringen Wattzahlen der neuen Leuchtkörper nicht mehr notwendig. In der Wissenschaft wird dies als ,,ReboundEffekt" bezeichnet.
Voll abgeschirmte und blendfreie Leuchten Für alle Leuchten, ob technische oder dekorative, sollte gelten, dass sie voll abgeschirmt sind, das heißt, dass sie im montierten Zustand kein Licht in und oberhalb der Horizontalen abstrahlen. Das Leuchtmittel (klassische Lampe oder LED-Modul) darf also nicht aus dem Lampengehäuse herausragen und muss durch ein flaches Glas abgedeckt sein. Zudem darf die Leuchte nicht geneigt installiert sein. Ziel muss sein, dass die Lampe aus der Ferne nicht zu sehen ist, denn sonst wirkt sie störend oder gar blendend (Abb. 1).
Fast alle europäischen Leuchtenhersteller bieten solche Modelle an, einige bewerben sie auch dezidiert als ,,Lichtverschmutzung reduzierende Lampen". Eine Liste solcher Modelle hat die Fachgruppe zusammengefasst [1]. Gerade die Hochleistungs-LEDs, aber auch Entladungslampen mit Keramikbrennern, sind extrem hell und blendend, so dass sie abgeschirmt werden müssen. Nach der lichttechnischen Bezeichnung entsprechen solche Leuchten der Lichtstärkeklasse G6. Wenn lediglich eine Umrüstung ohne Austausch des Leuchtenkopfes stattfindet, etwa durch einfaches Einschrauben einer LED-Lampe, ist eine Abschirmung oft nicht zu erreichen. Obwohl oft behauptet wird, dass durch Einsatz von LEDs die Lichtverschmutzung reduziert würde, strahlen sie weiterhin in die Gegend. Auch die optische Effizienz einer Lampe wird dadurch nicht verbessert, dies wird erst durch optimierte Einsatzmodule oder komplett neue
VdS-Journal Nr. 54
3 Eine Laterne mit einem LED-Modul,
das im Gehäusedach voll abgeschirmt wurde.
Leuchtenköpfe erreicht. Selbst für die oft verwendeten Bogenmasten gibt es Leuchtenköpfe, deren Neigung so einstellbar ist, dass sie im montierten Zustand horizontal ausgerichtet sind (Abb. 2). Bei Pilzleuchten oder klassischen Laternen ist eine gute Abschirmung oft nur durch den Einbau ganzer Module möglich (Abb. 3). Ein weiterer Vorteil voll abgeschirmter Leuchten besteht darin, dass kein direktes Licht in die Atmosphäre gestreut wird, und sie damit nicht zu den Lichtglocken über den besiedelten Gebieten beitragen.
Welches Leuchtmittel? In den letzten Jahrzehnten hatte sich das gelbe Licht der Natriumhochdruck-
dampflampen vor allem an Hauptstraßen in vielen Ländern als das energieeffizienteste Leuchtmittel durchgesetzt und die weißen Quecksilberdampflampen abgelöst, deren Verkauf ab 2015 ohnehin wegen ihrer geringen Effizienz verboten ist. Deren gelbe Farbe, verursacht durch die Druckverbreiterung der gelben Natriumlinie (ein Prozess, wie er ähnlich in Sternspektren beobachtet wird), fällt ungefähr mit der spektralen Empfindlichkeitsverteilung der Zapfen, den tagempfindlichen Sehzellen in unserem Auge, zusammen. Damit wird das ,,photopische Sehen" beschrieben und in dem Spektralbereich werden auch die die photometrischen Größen (z. B. cd/m2, lux) gemessen. Die maximale Empfindlichkeit unserer Augen bei Tage liegt im Grünen bei einer Wellenlänge von 555 Nanometern. Die empfindlicheren Stäbchen, die für das Nachtsehen verantwortlich sind und bei der Beobachtung schwacher Himmelsobjekte aktiv sind, haben im Blaugrünen (500 Nanometer) ihr Empfindlichkeitsmaximum. Dies wird als ,,skotopisches Sehen" bezeichnet. Ihre Dunkeladaption dauert sehr lange, wird aber durch das gelbe Natriumlicht weniger gestört (Abb. 4).
Weißes Licht mit hohen Farbtemperaturen hingegen regt bei geringen Helligkeiten, wie sie in der Straßenbeleuchtung herrschen, mit seinen höheren Blauantei-
4 Empfindlichkeitsverteilung von Stäbchen (türkis), Zapfen (grün) und Zellen, welche
die Tag-/Nachtaktivität steuern (blau), im menschlichen Auge. Zudem sind die Spektren einer Natriumdampfhochdrucklampe (gelb) und einer LED-Lampe mit 3000 K (rot) abgebildet.
20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky
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5 Beleuchtung einer Straße mit Natriumdampflampen (links), mit 4000 K LEDs (Mitte) und nach einer Reduzierung auf 50% der ursprünglichen
Beleuchtungsstärke um 22:30 Uhr (rechts). Alle Aufnahmen wurden mit gleichen Werten (1:1,4, f = 300 mm, 1/20 s, ISO 800) aufgenommen.
len verstärkt die Stäbchen an. Dadurch wird die Dunkeladaption gestört (,,skotopische Blendung") und der Blick auf schwache Himmelsobjekte verschleiert. Wird das Beleuchtungsniveau bei Umrüstungen beibehalten, erscheint eine weiß beleuchtete Straße bei gleicher Helligkeit viel heller als eine im Natriumdampflicht. Das ist darauf zurückzuführen, dass die photometrischen Größen im Empfindlichkeitsbereich des photopischen Sehens gemessen werden. Wenn der Helligkeitseindruck beibehalten werden soll, kann beim Einsatz weißen Lichts die Beleuchtungsstärke (und damit natürlich der Energieverbrauch) reduziert werden (Abb. 5).
Mit Hilfe von speziellen Filtern (DeepSky-Filter) können die Emissionslinien der Natrium- und Quecksilberdampflampen unterdrückt werden, während die charakteristische Linienstrahlung kosmischer Nebelobjekte (vor allem [OIII] bei 501 nm und H bei 656 nm) durchgelassen wird. Die Filter können optimal nur bei Lampen mit Linienstrahlung eingesetzt werden, während die kontinuierliche Strahlung von Weißlicht-LEDs nur etwas abgeschwächt wird. Die Filter haben hier also eine geringere Wirkung. Eine Möglichkeit zur Reduzierung dieser negativen Einflüsse wäre der Einsatz farbiger LEDs, die in schmalen Emissionslinien leuchten. Es gibt rein gelbe LEDs oder bernsteinfarbene (PC amber), die das Licht der Natriumdampflampen simulieren und beispielsweise in Katalonien vor allem in Naturschutzgebieten eingesetzt werden (Abb. 6).
Wird zu den gelben zusätzlich eine weiße LED geringer Leuchtkraft eingesetzt, wird das Farberkennen verbessert, während die Blauanteile gering bleiben. Eine andere Variante setzt eine rote und eine weiße LED ein, das Gesamtlicht erscheint rosa, was sich allerdings kaum im Straßenverkehr durchsetzen dürfte. Bei diesen beiden Lösungen ist die spektrale Energieverteilung so, dass die [OIII]- und
die H-Linie kaum gestört werden, während die bernsteinfarbenen LEDs bei beiden Spektrallinien noch relativ große Anteile haben. In wieweit diese Beleuchtung astronomische Beobachtungen weniger stört, soll in einer Musterinstallation auf der Wasserkuppe in der Rhön getestet werden, wo verschiedene gelbe LEDs installiert werden.
Der Vormarsch der weißen LED-Beleuchtung wird allerdings kaum zu stoppen sein. Wenn sie eingesetzt wird, sollte auf möglichst geringe Blauanteile geachtet werden, was mit warmweißen Farbtemperaturen von weniger als 3000 K erreicht wird. In Fulda hat der lokale Energieversorger ,,SynEnergie" eine Demo-Straße mit voll abgeschirmten Leuchten mit Farbtemperaturen von 3000 Kelvin und weniger eingerichtet (Abb. 7).
Oft werden inzwischen auch LED-Leuchten angeboten, die bereits standardmäßig eine Halbierung der Helligkeit ermöglichen. Dies wird vom Auge nicht wahrgenommen, wenn man das Reduzieren nicht unmittelbar sieht oder einen Vergleich mit Lampen voller Helligkeit hat. LEDs können zudem beliebig gedimmt werden, eine Reduzierung auf 10-20 % der maximalen Helligkeit in den späten Nachtstunden ist so ohne Weiteres möglich.
Anders als Entladungslampen können sie auch sofort wieder auf 100 % hochgefahren werden, womit sie sich sehr gut für Bewegungsmelder eignen. Hierdurch kann die Lichtmenge deutlich reduziert werden und dies ergibt die höchsten Einsparpotenziale.
Ob solche Einsparungen, der Einsatz voll abgeschirmter Leuchten und die Wahl einer warmweißen Lichtfarbe einen besseren Blick auf den Sternhimmel gewähren, wird die Zukunft zeigen.
Internethinweis: [1] lichtverschmutzung.de/seiten/
vollabgeschirmt.php (abgerufen 1/2015)
6 Im Ort Serinya im spanischen
Katalonien sind Natriumdampflampen (rechts) und gelbe LEDLampen (links) nebeneinander installiert, Unterschiede sind nur in den Spektren darüber zu erkennen.
7 Leuchten-Demostraße in Fulda mit
voll abgeschirmten LEDs mit Farbtemperaturen von 3000 und weniger Kelvin.
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Es geht doch!
Eine Kleinstadt setzt auf neues Licht
von Erik Allmacher
1 Bauform der früher vorhandenen
Straßenleuchten
Die kleine Stadt Neukirchen in Nordhessen liegt am Rande des Knüllgebirges und ist schon seit vielen Jahren ein Ort, der Hobbyastronomen Freude macht. Da ist zum einen das lokale Klima, das öfters auch dann noch einen Blick auf die Sterne ermöglicht, wenn oben auf den Bergen die Wolken hängen, und da ist zum anderen die Gepflogenheit, in den späten Nachtstunden die Straßenbeleuchtung, abgesehen der von wichtigen Straßenkreuzungen, abzuschalten. Sei es durch die städtische Haushaltslage, sei es durch hartnäckige Aufklärungsarbeit: Seit etwa 15 Jahren beginnen die späten Nachtstunden um 00.05 Uhr. Wenn es Wetter und Zeit zuließen, konnte ich bis dahin meine Vorbereitungen abschließen und mit dem Beobachten oder Fotografieren beginnen.
Im Frühjahr kam ich nach einer Zeit beruflicher Abwesenheit bei Dunkelheit nach Hause. Doch irgendetwas hatte sich verändert. Die Straßenbeleuchtung war an, trotzdem schien alles wie gedimmt. Ich brauchte eine Weile, um zu erfassen,
4 Die Blendung auf dem Balkon ist
nur noch gering.
VdS-Journal Nr. 54
2
Vom Balkon über die Stadt geblickt: Rechts die von alter Beleuchtung aufgehellte
Kernstadt mit Kirchturm. Der Streulichtabfall von Kernstadt zum umgerüsteten
Siedlungsbereich ist extrem.
3 In die Siedlung geblickt: Die Hausfronten bekommen kaum direktes Licht.
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5 Die Lichtkegel in der Wohnstraße gehen kaum über den Straßenraum hinaus.
6 Die wirkungsvolle Abschirmung wird beim Blick ins Tal sehr deutlich.
7 Umgerüstete Straßenbeleuchtung: LED-Köpfe mit flachem Schutzglas (Bildinsert) auf
alten Masten
was sich geändert hatte: Die vertrauten Zylinderleuchten, verächtlich Lichteimer (Abbildung 1) genannt, die nicht nur die Straßen und Wege beleuchteten, sondern auch geblendet und die Häuserfronten erhellt hatten, waren verschwunden und durch LED-Leuchten ersetzt worden (Abbildungen 2 bis 7).
LED-Leuchten sind kein Allheilmittel gegen Energieverschwendung und Lichtverschmutzung. Abschreckendes Design und völlig überzogene Beleuchtungsstärken sind oft zu finden. Doch was hier installiert worden war, das war schon klasse! Keine unnötige Blendwirkung, keine angestrahlten Hausfronten, ein erstaunlich dunkler Himmel! Da auch die Lichtfarbe nicht kalt wirkt, ist hier das Ideal der ,,cutoff"-Leuchte getroffen, einem Leuchtenkörper also, aus dem kein Licht über die Horizontale hinaus abgestrahlt wird. In der hier realisierten Lösung kommt dazu, dass die Beleuchtungsstärke moderat geblieben ist. Der Versuchung, einen Teil des künftig eingesparten Stroms in ,,mehr Licht" anzulegen, wurde hier widerstanden, dem Stadtkämmerer sei Dank! Leider habe ich keine Aufnahmen der vormaligen Zustände, aber die Bilder sprechen für sich.
Die Auswirkung auf den Nachthimmel ist beeindruckend! Bei voll eingeschalteter Beleuchtung ist der Nachthimmel jetzt etwa so dunkel wie vorher während der Nachtabschaltung, als lediglich die Schwerpunktbeleuchtung Streulicht produzierte. Bei Nachtabschaltung braucht es jetzt schon eine Taschenlampe, und es gibt quasi keinen Unterschied mehr zur Nachthimmelshelligkeit in den Bergen. Fotografisch kann ich die erfreuliche Wendung noch nicht mit Himmelsaufnahmen belegen, visuell konnte ich aber im 16x70-Fernglas einen weit ausgedehnten Andromedanebel (M 31) oder den Zirrusnebel mühelos beobachten, und das bei eingeschalteter Straßenbeleuchtung!
Zur Dokumentation habe ich Aufnahmen von meinem Balkon aus gemacht und bin auch ein Stück aufs freie Feld hinausgegangen, um zu zeigen, welches Streulicht jetzt dominiert. Die Nacht war bedeckt, der Mond schon aufgegangen. Die Blickrichtung geht über den Taleinschnitt, in dem die Randsiedlung von Neukirchen
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liegt - etwa 1000 Menschen wohnen hier. Am Horizont links zeigt sich der Lichtkegel des Truppenlagers Schwarzenborn, das sieben Kilometer entfernt ist. (Abbildung 8). Der übrige Horizont ist durch das Mondlicht schwach zu erkennen. Das Streulicht über der Siedlung - nur ein Hauch (Abbildung 9). Der Blick nach Süden über die Kernstadt zeigt dagegen einen deutlichen Streulichtkegel, gebildet aus Leuchten historischer Bauart um den Marktplatz herum und relativ sparsamer Weihnachtsbeleuchtung. Der angestrahlte Kirchturm wirkt wie eine Fackel (Abbildung 10). Außerdem wird der Horizont von den Städten Gießen und Frankfurt sichtbar aufgehellt. Die Aufnahmen entstanden bei Blende 2,8, ISO 400 und 30 Sekunden Belichtungszeit.
Natürlich werden die Sichtbedingungen der 1970er-Jahre nicht mehr zurückkommen. Allein der dichte Flugverkehr sorgt für eine meist vorhandene, hochliegende Dunstschicht, die den Himmel auch von weit entfernt liegenden Lichtquellen ,,ergrauen" lässt. Doch das jetzt erreichte Ergebnis stimmt hoffnungsfroh, zumal die Nachbargemeinden mitziehen.
8 Blick vom Feld nach Osten ins
Knüllgebirge: das Truppenlager Schwarzenborn aus sieben Kilometer Entfernung
9 Blick vom Feld nach Südost über
die Siedlung: Nur ein Hauch lokales Streulicht ist noch vorhanden.
10 Blick vom Feld nach Süden: Hell
wie eine Fackel erstrahlt der Kirchturm!
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Einfluss von hellen Lichtquellen auf Messungen mit dem SQM-L
von Michael Nolle
Die Sky-Quality-Meter der Firma Unihedron erfreuen sich unter den Amateurastronomen zunehmender Beliebtheit. Bieten sie doch für relativ geringe Anschaffungskosten die Möglichkeit, quantitative Messwerte über die Himmelshelligkeit zu erhalten, die obendrein sehr reproduzierbar sind. Dabei gibt es unter den Handmessgeräten zwei Modelle, eines ohne (SQM) und eines mit Linse (SQM-L) vor der lichtempfindlichen Diode. Das Modell ohne Linse hat einen großen Messwinkel von ca. 140 Grad , wobei die Empfindlichkeit nach Herstellerangaben bei einem Winkel von ca. 42 Grad von der optischen Achse auf die Hälfte abgenommen hat [1]. Das SQM ist im Prinzip am besten geeignet, wenn der ganze Himmel ohne Abschattungen oder direkte Lichtquellen im Gesichtsfeld gemessen werden kann. Das SQM-L, welches über die Linse verfügt, hat einen begrenzten Messwinkel von ca. 70 Grad bis 80 Grad , wobei bei diesem Modell die Empfindlichkeit bei bereits ca. 10 Grad von der optischen Achse halbiert ist. Mit diesem Gerät können gerichtete Messungen, z. B. in Richtung des Beobachtungsobjekts, durchgeführt werden. Dies macht durchaus Sinn, da die meisten Amateurastronomen unter einem Himmel beobachten, der einen starken Helligkeitsgradienten aufweist. Abbildung 1 gibt die Empfindlichkeit in Abhängigkeit vom Winkel zur optischen Achse des Sensors wieder [1]. Dabei wurden die Werte auf den Maximalwert normiert. Der Hersteller der Messgeräte schreibt auf seiner Webseite zu dem Umstand, dass Messungen durch Punktlichtquellen beeinflusst werden können, Folgendes: "The sensitivity to a point source ~19 Grad off-axis is a factor of 10 lower than on-axis. A point source ~20 Grad and ~40 Grad off-axis would register 3.0 and 5.0 magnitudes fainter, respectively." Übersetzt heißt das: Die Empfindlichkeit gegenüber einer Punktquelle ungefähr 19 Grad außerhalb der Achse ist um einen Faktor 10 niedriger als auf der Achse. Eine Punktquelle etwa 20 Grad und etwa 40 Grad außerhalb der Achse würde drei bzw. fünf Größenklassen schwächer registriert werden.
Nun geht es vielen Amateuren, die vom Dach, Balkon oder dem Garten aus beobachten, wie mir. Wir haben da eine oder gar mehrere blendende Straßenlampen vor der Nase, die sich vielleicht nur begrenzt ausblenden lassen. Bei Messungen der Himmelshelligkeit im Zenit haben diese Lampen in meinem Fall keinen Einfluss. Die Situation sieht aber anders aus, wenn ich Messungen in geringeren Höhen über dem Horizont durchführe. Die obige Angabe des Herstellers erlaubt den meisten von uns nicht abzuschätzen, inwieweit eine solche Punktlichtquelle sich nun konkret auf die Messung auswirkt, da andere Faktoren, allen voran die Leuchtdichte der Lichtquelle, eine bedeutende Rolle spielen.
die Außenbereiche des Messkegels abgeschnitten werden. Dies wirkt sich auch bei einem dunklen Himmel deutlich auf die Messung aus. So haben Versuche ergeben, dass eine Blende mit einem Öffnungswinkel von ca. 50 Grad noch deutlich den Messkegel des SQM-Ls begrenzt und demnach einen dunkleren Himmel vortäuscht.
Im Folgenden habe ich mit einer Gegenlichtblende aus meiner Fotoausrüstung gute Erfahrungen gemacht (siehe Abbildung 2). Diese hat eine Gesamthöhe vom SQM-L-Gehäuse von 37 Millimetern und eine Öffnung von 75 Millimetern. Daraus ergibt sicht ein ausreichend großer Öffnungswinkel von ca. 90 Grad .
1 Winkelabhängige Empfindlichkeit des SQMs und des SQM-Ls gemäß Hersteller [1]
Meine erste Überlegung war, einfach eine Streulichtblende vor die Sensorlinse zu halten. Hier habe ich mit mehreren Versionen von Blenden experimentiert: von der abgeschnittenen Toilettenpapierrolle bis zur Faltblende von Fotoobjektiven. Durch Vergleichsmessungen mit und ohne Blende hat sich aber schnell gezeigt, dass eine solche Blende nicht zu eng bemessen sein sollte, da ansonsten
2 Das SQM-L mit aufgesetzter
Gegenlichtblende
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20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky
Im Folgenden habe ich ein einfaches Experiment an einer recht isoliert stehenden, teilabgeschirmten Natriumdampf-Hochdrucklampe durchgeführt. Abbildung 3 zeigt diese Lampe bei Nacht. Leider ist mir die Lichtleistung der Lampe nicht bekannt, sie erscheint mir aber als eine gewöhnliche Lampe wie sie für die Straßenbeleuchtung eingesetzt wird (Abbildung 4). Die nächststehende Leuchte (in Abbildung 3 im Hintergrund sichtbar) befindet sich in 70 Meter Entfernung. Die Durchsicht in dieser Nacht war recht gut und die Himmelshelligkeitswerte waren mit die besten an diesem Standort überhaupt. Dabei wurden Messungen im Zenit mit und ohne Streulichtblende in horizontalen Abständen von der Lampe zwischen 10 und 70 Metern durchgeführt.
Haupzielsetzung des Experiments war herauszufinden, wie weit man sich von einer solchen Lampe entfernen muss, damit die Messungen im Zenit nicht zu stark beeinflusst werden. Natürlich haben folgende Faktoren einen weiten Einfluss auf das Ergebnis, welche nicht berücksichtigt werden konnten, nämlich: - die momentane Lichtleistung der
Lampe, welche vom Alter des Leuchtmittels und der Transparenz bzw. dem
3 Die Versuchsszenerie bei Nacht
4 Nahaufnahme der Versuchslampe,
rechts
Entfernung/ZW von Lampe
10 m/61 Grad 20 m/74 Grad 30 m/79 Grad 40 m/81 Grad 50 m/83 Grad 60 m/84 Grad 70 m/85 Grad
ohne Gegenlichtblende
16,95 19,25 20,29 20,52 20,59 20,63 20,63
mit Gegenlichtblende
19,95 20,48 20,58 20,61 20,63 20,67 20,65
Zenitwinkel
61,0 73,7 78,5 81,1 82,7 83,8 84,5
VdS-Journal Nr. 54
Verschmutzungsgrad des Schutzglases abhängt, - die winkelabhängige Abstrahlleistung (dementsprechend spielt die Installationshöhe der Lampe eine Rolle), - die Farbtemperatur des Leuchtmittels, welche das SQM-L über die spektrale Empfindlichkeit beeinflusst.
Abbildung 5 gibt das Resultat des Experiments wieder. Der Zenitwinkel wurde aus der Installationshöhe der Lampe, der Messhöhe über dem Boden und der horizontalen Entfernung bestimmt. Das sehr
5 Zenitmessungen mit einem SQM-L
in Abhängigkeit des Abstands bzw. Zenitwinkels zu einer relativ isoliert stehenden Straßenlampe (Näheres siehe Text)
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leichte Gefälle entlang der zu messenden Straße wurde bei der Berechnung des Zenitwinkels berücksichtigt.
Die Abbildung zeigt, dass die Blende ein recht effektives Mittel zur Unterdrückung von Streulicht bzw. der Blendwirkung der Lampe darstellt. In einer Enfernung von nur ca. 20 bis 25 Metern von der Lampe werden bereits annähernd Hintergrundwerte von 20,65 mag/arcsec2 erreicht. Werden Messungen sehr nahe an hellen Lichtquellen durchgeführt, ist wohl die Streuung innerhalb der nicht komplett schwarzen Blende nicht mehr zu vernachlässigen. Auf der anderen Seite ist es beinahe erschreckend, wie stark die Messungen des unabgeschirmten SQM-Ls beeinflusst wurden. Noch bei einem Zenitwinkel von etwas weniger als 75 Grad beträgt der Unterschied zwischen den Messungen mit und ohne Streulichtblende 1,23 mag/arcsec2 und selbst bei 30 Metern Abstand von der Lampe ist immer noch ein Unterschied von knappen 0,3 mag/arcsec2 zu vermerken. Himmelshelligkeitsdifferenzen von einigen Zehntel mag/arcsec2 scheinen auf den ersten
Blick nicht groß zu sein, man muss aber berücksichtigen, dass die Variabilität der Himmelsqualität in klaren, mondlosen Nächten und an ein und demselben Ort in der gleichen Größenordnung liegt. Dementsprechend kann man bei Messungen ohne Streulichtblende davon ausgehen, dass erst bei Winkelabständen von über 80 Grad , welche in diesem speziellen Fall 40 bis 50 Metern Abstand entspricht, kein signifikanter Unterschied mehr besteht. Was bei diesem Experiment mit einfließt, aber nicht quantitativ berücksichtigt bzw. korrigiert wurde, ist, dass die Beleuchtungsstärke am Messort zum Einem umgekehrt proportional mit der Entfernung zum Quadrat abnimmt, zum Anderen die Abstrahlleistung der Lampe zur Horizontalen hin höchstwahrscheinlich ebenfalls abnimmt. Letzteres kann aber nur mittels des Polardiagramms der Lampe bestätigt werden.
Aus diesem einfachen Experiment kann folgende Schlussfolgerung gezogen werden: - Direkter Lichteinfall auf die Linse
des SQM-Ls sollte auch bei großen
20.04.15 14:13
Anzeige Winkelabständen zu den blendenden Lichtquellen auf jeden Fall vermieden werden. - Eine ausreichend dimensionierte Steulichtblende sollte benutzt werden. - Bei gerichteten Messungen soll nicht zu niedrig über dem Horizont gemessen werden. Sonst sind nicht nur direkte Lichtquellen, sondern auch indirekt beleuchtete Hauswände und Bäume etc. mögliche Fehlerquellen.
Internethinweis: [1] http://unihedron.com/projects/sqm-l/
(Messungen von P. Cinzano)
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20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky
Wolken können auch nützlich sein
von Torsten Güths
Im Dezember des Jahres 2008 hing ein trüber, grauer Nebel tagelang über der Landschaft des Rhein-Main-Gebiets. Mal wieder deprimierende Aussichten für Sternfreunde. Aufgrund des Besuchs einer Bekannten im Taunus fuhren meine Freundin und ich über den Großen Feldberg bei Frankfurt und erlebten eine tolle Überraschung: Ein strahlender, tiefblauer Himmel erwartete uns ab rund 700 Metern Höhe. Was für ein Anblick für die ausgedörrte Astroseele! Wie mag das nur in der Nacht aussehen?
1 a+b
Die Wolkenschicht schirmt das Licht von Frankfurt wirkungsvoll ab. Man beachte auch die starken Flugbewegungen. Die Originalaufnahme zeigt 13 Leuchtspuren. Einzelbild, aufgenommen mit einer Canon EOS 350D durch ein 28-mm-Objektiv mit 0,42-fach Fisheyevorsatz mit 30 s Belichtungsdauer bei f/2,8 und ISO 1600.
Bei einer normalen, klaren Winternacht hellt das Licht des rund 750 Meter tiefer gelegenen Frankfurt den Himmel erheblich auf! Einzelbild, aufgenommen mit einer Canon EOS 350D durch ein 28-mm-Objektiv mit 0,42-fach Fisheyevorsatz mit 30 s Belichtungsdauer bei f/2,8 und ISO 1600.
2 Messaufnahmen der Zenitregion im Vergleich. Von links nach rechts die Standorte Großer Feldberg ohne Wolkenschicht, Großer Feldberg
mit Wolkenschicht, Bodenrod (Taunus) mit dem Lichtdom Rhein-Main, Herchenheimer Höhe (Vogelsberg). Jeweils Einzelbilder, aufgenommen mit einer Canon EOS 350D durch ein 28-mm-Objektiv mit 0,42-fach Fisheyevorsatz mit 30 s Belichtungsdauer bei f/2,8 und ISO 800.
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20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky
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Ich war noch nie nachts auf dem Großen Feldberg aufgrund seiner Nähe zu Frankfurt und seinem hell erleuchteten Flughafen. Die gut 45 Minuten dauernde Fahrt dorthin würde sich nicht lohnen, vermutete ich, da bereits in 20 Minuten Fahrentfernung lohnenswerte Beobachtungsplätze ab Bad Nauheim erreichbar waren. Denn nur rund 35 Kilometer nördlich von Frankfurt können im Taunus recht schöne Bedingungen herrschen mit SQM-L-Werten von 21,0 bis 21,3 mag/arcsec2 im Zenitbereich. Allerdings hellt das Rhein-Main-Gebiet auch hier den Süden so sehr auf, dass die Milchstraße im Schild und Schützen, abgesehen von den hellsten Sternenwolken, völlig verblasst. Trotz seiner Höhe von 880 Metern über NN sollte demnach durch die Nähe zu Frankfurt und seinem Flughafen die Himmelshelligkeit auf dem Großen Feldberg nicht geringer als an meinen Beobachtungsorten sein.
Doch was wäre, wenn eine Wolkenschicht das Licht von Frankfurt samt seinem Flughafen abschirmte?
Gebannt von dieser Idee fuhr ich am Abend des 16. Dezember 2008 auf den Großen Feldberg. Das Zeitfenster war knapp, denn um 21:20 Uhr sollte bereits der Dreiviertelmond aufgehen. Und tatsächlich: Ab rund 750 Metern riss die Wolkenschicht auf und ich konnte die Sterne sehen. Und wie viele! Der Himmel sah richtig gut aus! Der Rest der Som-
Tabelle 1: Ermittlung der Himmelshelligkeit
Ort
Uhrzeit
Großer Feldberg klar, mit tiefem Dunst 20:55 Großer Feldberg klar, mit tiefen Wolken 20:05
Himmelshelligkeit korrigiert auf Mitternacht
20,2 mag/arcsec2 20,4 mag/arcsec2 21,0 mag/arcsec2 21,3 mag/arcsec2
Zum Vergleich:
Feldanhöhe 1,7 km westl. BN Zentr. Taunus 9 km westlich von Butzbach Herchenhainer Höhe (Vogelsberg) Natürlicher Nachthimmel
22:55 01:30 00:45
20,2 mag/arcsec2 20,3 mag/arcsec2 21,2 mag/arcsec2 21,1 mag/arcsec2 21,7 mag/arcsec2 21,6 mag/arcsec2 21,9 mag/arcsec2 21,9 mag/arcsec2
Messwerte gewonnen durch SQM-L- und Graustufenauswertungen von standardisierten Weitwinkelaufnahmen [1]. Die Werte der linken Spalte sind die gemessenen Werte, die der rechten sind zur besseren Vergleichbarkeit auf Mitternacht korrigierte Werte.
mermilchstraße stand senkrecht über dem Westhorizont (Abbildung 3) und unter mir leuchteten die Wolken zwar kräftig doch der Himmel darüber war dunkel! Sogar die Wintermilchstraße beim Sternbild Orion war über den hell leuchtenden Wolken Frankfurts sichtbar. (Abbildungen 1a und 4)
Eine Woche später folgte dann eine ,,normal" gute, klare Winternacht mit Dunst bis ca. 600 Meter Höhe. Der Gedanke lag nahe, einmal umfangreiche Messfahrten ausgehend vom Großen Feldberg über Frankfurt bis zu meinen Beobachtungsorten durchzuführen. So fuhr ich erstmalig bei klarer Sicht auf den Großen Feldberg, der sogar den Vorteil hatte,
oberhalb der leichten Dunstschicht zu liegen.
Oben angekommen offenbarte sich mir das Desaster: Der Himmel war viel heller als vor zwei Wochen! Er war blass, mit einer kaum erkennbaren Milchstraße und einer Stadt Frankfurt, die wie verrückt strahlte! (Abbildung 1b) Die Messwerte fielen dementsprechend schlecht aus: nur rund 20,2 mag/arcsec2. Das ist nicht einmal besser, als direkt bei Bad Nauheim.
Auswertung Die Messungen der Nachthimmelshelligkeit des Großen Feldbergs erfolgten relativ früh am Abend in der Zeit von 20 bis 21:30 Uhr. Die Vergleichshelligkeiten
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im nördlichen Taunus oder den Ausläufern des Vogelsbergs.
Fazit Ich habe mit meiner anfänglich erwähnten Einschätzung richtig gelegen. Der immerhin 880 Meter hohe Große Feldberg war vergleichbar mit einem Feld in 1,5 Kilometer Entfernung von Bad Nauheim und es ist folglich nicht lohnenswert, ihn von Bad Nauheim aus anzusteuern. Es sei denn, es herrscht mal wieder ein verdrießliches Wetter mit einer Wolkenschicht bis in 700 Metern Höhe!
3 Der Blick nach Nordwesten zeigt die untergehende Sommermilchstraße und die
darunterliegende Wolkenschicht. Einzelbild, aufgenommen mit einer Canon EOS 450Da durch ein Walimex-8-mm-Fisheye mit 60 s Belichtungsdauer bei f/3,5 und ISO 1600.
aus dem Taunus und Vogelsberg wurden dagegen nach Mitternacht gewonnen und sollten dadurch vermutlich einen 0,2 bis 0,3 mag großen Vorteil haben, den es auszugleichen gilt.
Die Ermittlung der Himmelshelligkeit erfolgte über die Bestimmung der Graustufen von DSLR-Aufnahmen mit standardisierten Parametern. In einer zweiten Nacht im Februar des Jahres 2011 hatte ich inzwischen ein SQM-L dabei. Es zeigte Messwerte bis 21,4 mag/arcsec2 nach 23 Uhr an. Auch zeigten vergleichende Messungen an anderen Standorten, dass die Methode mit der Bestimmung über eine Graustufenwertermittlung geeignet ist. [1,2]
lich dunklen Nachthimmel aufgehellt. Die Wolken haben immerhin die Helligkeit um einen Wert von 0,9 mag/arcsec2 bzw. um einen Faktor von rund 2,3 abgeschwächt. Der Nachthimmel ist zwar so noch immer 0,6 mag/arcsec2 heller als natürlich, doch immerhin so schön wie
Literaturhinweise: [1] Torsten Güths (2013): Messungen
und Überwachung der Himmelshelligkeit mit DSLR und Digitaler Kompaktkamera, VDS-Journal Nr. 47, S. 29 ff. [2] Andreas Hänel (2015): Eichung von Fischaugenaufnahmen mit dem Sky Quality Meter, VDS-Journal Nr. 54
Aufgrund der Reduzierung der Himmelshelligkeit durch Sparschaltungen, Ausschalten von Werbung oder anderen Beleuchtungen und durch die Verringerung des Verkehrsaufkommens ist erfahrungsgemäß mit einer Abnahme von rund 0,07 mag/arcsec2 pro Stunde in der Zeit von 21 Uhr bis 1 Uhr zu rechnen. Vergleiche von Nachthimmelshelligkeiten sollten dieses idealerweise berücksichtigen. Tabelle 1 zeigt die Werte in der Übersicht, Abbildung 2 illustriert die Standorte.
Ohne die schützende Wolkenschicht ist der Himmel um 1,5 Größenklassen oder einen Faktor vier gegenüber dem natür-
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4 Die Wintermilchstraße vom Parkplatz unterhalb des Gipfels des Großen Feldbergs.
Man erkennt die Wintermilchstraße und eine leichte Aufhellung durch das wolkenabgeschirmte Frankfurt. Der rötliche Schein rechts ist die Flugbefeuerung der Türme und Masten. Einzelbild, aufgenommen mit einer Canon EOS 450Da durch ein Walimex8-mm-Fisheye mit 60 s Belichtungsdauer bei f/3,5 und ISO 1600.
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Walkers Law in eigener Erfahrung
von Torsten Güths
Die meisten Sternfreunde in Deutschland kennen die Situation: In unserem dicht besiedelten Deutschland mit seinen Wetterlaunen ist es selten möglich, einen nicht durch Lichtverschmutzung gestörten Blick auf den Nachthimmel zu erhaschen. Kaum fährt man einige Kilometer raus, stößt man schon auf die nächste Stadt oder ein entlegenes, hell erleuchtetes Gewerbegebiet.
0oSo findet man ständig einen mehr oder weniger stark aufgehellten Himmel vor, der den Beobachtungsgenuss trübt. Auch kann ein DarkSky-Forscher so nicht feststellen, wie sich die Verbreitung des Lichts einer einzelnen Stadt in der Atmosphäre verhält. Es gibt jedoch noch erschlossene und leicht zugängliche Gegenden, die das zulassen.
In den 1970er-Jahren führte der USamerikanische Astronom Merle F. Walker eine Vielzahl von Untersuchungen der Himmelsqualität im Südwesten der USA durch. Sein Auftrag war die Beurteilung von unterschiedlichen Standorten für Observatorien in dieser trockenen und sonnenreichen Gegend. Unter anderem wurde auch die Himmelshelligkeit erfasst und in ihrer Auswirkung auf einen potenziellen Standort hin untersucht [1].
Walkers Law Als ein Ergebnis seiner Untersuchungen ermittelte Walker einen prinzipiellen Zusammenhang von der Bevölkerungszahl einer Stadt und ihrer Entfernung zu einem bestimmten Beobachtungsort. Seine Gesetzmäßigkeit wird durch folgende Formel beschrieben:
I = 0,01 x P x d-2,5
[2,3]
P ist dabei die Einwohnerzahl der Stadt und d die Entfernung zum Beobachtungsort in Kilometern. Das Ergebnis I
1 Der Lichtdom von Las Vegas aus
56, 125 und 292 km Distanz. Als Kamera diente eine Canon EOS 450Da mit einem 8-mm-WalimexFisheyeobjektiv. Belichtet wurden 60 s bei Blende 3,5.
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stellt die Aufhellung als Faktor der Aufhellung des natürlichen Nachthimmels in einer Horizonthöhe von 45 Grad in Richtung der Stadt dar. Ein Wert von 0,02 bedeutet z. B. 2 %, der Wert 1 bedeutet 100 %.
Es darf an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass später auch andere Untersuchungen und Modellrechnungen durchgeführt wurden [4,5], jedoch das Walker Law für Laien und zur persönlichen Einschätzung von Lichtverschmutzung aufgrund seiner Einfachheit noch immer von Bedeutung ist.
Der Standortvergleich Ich hatte das Glück, in den Jahren 2013 und 2014 die geschäftlichen Besuche der CES (Consumer Electronics Show) in Las Vegas/Nevada mit ein paar Tagen vorab in Arizona kombinieren zu können. Glücklicherweise war in diesen Zeiten der Mond noch nicht störend, so dass sich eine wundervolle Verbindung zwischen der Flucht aus dem dauergrauen Deutschland und etwas Astronomie bei dunklem Himmel ergab.
Die Lichtverschmutzungskarte (Abbildung 5) zeigt die Gegend, in der ich mich herumtrieb. Gleich nach der Ankunft konnte ich auf der Fahrt von Las Vegas nach Kingman an Punkten entlang des Highway 95 den Einfluss der Entfernung zu dieser grell beleuchteten Spielermetropole auf die Dunkelheit des Nachthimmels ermitteln. An weiteren Abenden war es mir auch möglich, in der Nähe von Flagstaff und dem Grand Canyon die Lichtglocken von Phoenix, Flagstaff und wiederum Las Vegas zu beurteilen.
Die Beobachtungspunkte befanden sich südöstlich von Las Vegas und in Hochebenen südlich des Grand Canyon bei Flagstaff von 1.900 bis 2.100 Metern Höhe. Allgemein sind diese Regionen bis auf wenige lokale Gemeinden eher dünn besiedelt.
Die Lichtglocke von Las Vegas/ Nevada An drei Punkten habe ich die Lichtglocke von Las Vegas erfasst. Entlang des Highway 93, am Parkplatz bei Willow Beach, in 56 Kilometern Entfernung vom Zentrum und ,,Santa Claus" bei Chloride in 125 Kilometern Entfernung zum
2 Der Fisheyeblick nach Süden zeigt die Lichtdome von Flagstaff (links) aus 29 km und
55 km sowie Phoenix aus 200 km und 233 km Entfernung. Als Kamera diente eine Canon EOS 450Da mit einem 8-mm-Walimex-Fisheyeobjektiv. Belichtet wurden 60 s bei Blende 3,5.
Zentrum von Las Vegas. Der dritte Punkt lag bei Valle/Arizona, südlich des Grand Canyon, in 292 Kilometern Entfernung.
Der Blick nach Las Vegas war verheerend: Trotz der Entfernung von 56 Kilometern zum Zentrum war ein sehr heller Lichtdom zu sehen, in dem auch noch der senkrecht nach oben gehende Scheinwerferstrahl der Pyramide des Luxorhotels erkennbar war! Die Luft war sehr klar und trocken. Das Licht reichte somit zwar weit in die Umgebung, doch waren nicht so viele Aerosole in der Atmosphäre, die das Licht streuten. So war das Zodiaklicht, was sich in ca. 90 Grad Abstand zu Las
Vegas befand, sichtbar und die Milchstraße im Zenit sowie in entgegengesetzter Richtung zum Orion schon recht strukturiert erkennbar (Abbildung 1). Das SQM-L zeigte Werte von rund 21 mag/arcsec2 im Zenit. Im Süden war ein breiter Strahl sichtbar, der möglicherweise von beleuchteten Casinohotels im 80 Kilometer entfernten Bullhead City herrührte.
In 125 Kilometern Entfernung war der Himmel trotz der noch deutlichen Lichtglocke schon beeindruckend, obwohl sich der bekannte Ort an der Route 66, Kingman, nur noch 20 Kilometer entfernt im Süden befand. Der Lichtstrahl
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von Bullhead City war nunmehr 38 Kilometer entfernt und ragte bis in gut 30 Grad Höhe empor. Die Milchstraße war eindrucksvoll strukturiert. Im Zenit hatte ich SQM-L-Messwerte von gut 21,2 mag/ arcsec2.
Südlich des Grand Canyon, in knapp 300 Kilometern Entfernung von Las Vegas war diese Stadt zwar noch fotografisch detektierbar, doch fiel es nun wirklich nicht mehr ins Gewicht. Hier ist sicherlich ein kleines Astroparadies! Die Messwerte des SQM-L fielen mit 21,5 mag/ arcsec2 aufgrund des relativ starken natürlichen Airglows nicht so gut aus und auch weil die Milchstraße störte.
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3 Die Allskyaufnahme im Tal des Todes. Links das Licht vom 160 km entfernten
Las Vegas, unten erkennt man noch den Schein des 300 km entfernten Los Angeles. Als Kamera diente eine Canon EOS 550D mit einem 4,5-mm-Sigma-Fisheyeobjektiv. Belichtet wurden 300 s bei Blende 2,8 und ISO 800. (Bildautor: Andreas Hänel)
Die Lichtglocken von Phoenix und Flagstaf f Die größte Stadt von Arizona ist Phoenix mit rund 1,5 Millionen Einwohnern. Die gesamte Gegend um die Stadt hat zusammen rund 3,6 Millionen Einwohner, rund zwei Drittel der Bevölkerung Arizonas. Flagstaff ist mit 65.000 Einwohnern zwar wesentlich kleiner und hat sogar eine Beleuchtungsregulierung, doch hellt sie
trotz der dünnen Luft in über 2.000 Metern Höhe die Atmosphäre ordentlich auf. Auf dem Lowell-Observatorium, das sich gut 100 Meter höher gleich nordwestlich von Flagstaff auf dem Mars Hill befindet, konnte ich nur einen SQM-L-Wert von 20,3 mag/arcsec2 messen, den Dr. Hänel mit 20,4 in etwa bestätigt [6]. Dennoch waren auf der stadtabgewandten Seite die Milchstraße gut und im Westen das Zokiakallicht schwach sichtbar.
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4 Die Allskyaufnahme bei Natural Bridges National Monument, Utah. Einzig das
natürliche Airglow beeinträchtigt die Helligkeit. Als Kamera diente eine Canon EOS 550D mit einem 4,5-mm-Sigma-Fisheyeobjektiv. Belichtet wurden 300 s bei Blende 2,8 und ISO 800. (Andreas Hänel)
Das Bild ändert sich deutlich in rund 30 Kilometern westlicher Entfernung bei Parks: Dort erwartete mich ein Prachthimmel! Eine mit Sternen übersäte und reich strukturierte Milchstraße zog sich über das nächtliche Firmament! Jedoch gab es zwei signifikante Lichtglocken: Die von Flagstaff ragt zwar höher auf als die von Phoenix, jedoch ist letztere heller und konzentrierter.
Im Jahr darauf war ich bei Valle in 55 Kilometern Entfernung nordwestlich von Flagstaff, was dessen Lichtglocke visuell fast gänzlich zum Verschwinden brachte. Allerdings blieb das Licht von Phoenix noch deutlich sichtbar, wenn auch im Vergleich zu 200 Kilometern Entfernung deutlich reduziert. Die Lichtglocke nimmt in 233 Kilometern Entfernung spürbar ab und beim Grand Canyon in rund 280 Kilometern Entfernung war sie
bereits nicht mehr erkennbar. Allerdings war die Horizontsicht hier etwas eingeschränkt (Abbildung 2).
Vergleichende Eindrücke einer Reise von Dr. Andreas Hänel Dr. Hänel bereiste den Südwesten der USA im März und April 2014. Sein lesenswerter Bericht ist auf den Webseiten des europäischen ,,Loss Of The Night Network" (loNNe) veröffentlicht und frei downloadbar [6]. Die Erfahrungen von ihm bestätigen meine Beobachtungen auch bei Flagstaff. Das Sunset Crater National Monument befindet sich rund 25 Kilometer nordöstlich und es zeigte sich dort die Lichtglocke der Stadt sowie ein
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pen verwendet, außerdem wird heller und häufiger beleuchtet. Der Großraum Las Vegas zum Beispiel wird überdurchschnittlich stark kunstvoll erhellt. Ich fand einen Faktor von über 3 zu Walker! Anders ausgedrückt: Las Vegas strahlt wie eine 4-Millionen-Metropole statt wie eine 1,3 Millionen Einwohner zählende Großstadt. Für den Großraum Phoenix (3,6 Millionen Einwohner) und Flagstaff (70.000 Einwohner) fand ich hingegen jeweils einen Faktor von ,,nur" 2. Besonders Letzterer wirkt realistisch, wenn man die beschriebene Entwicklung der Beleuchtung zugrundelegt.
5 Die Lage der Mess- bzw. Beobachtungsorte am Black-Marble-Overlay von Google Earth.
SQM-L-Messwert von 21,5 mag/arcsec2 im Zenit. Auch der Besuch im Death Valley zeigte eine signifikante Lichtglocke von Las Vegas noch aus 160 Kilometern Entfernung sowie aus 300 Kilometern noch das Licht von Los Angeles konzentriert am Südhorizont. Ähnlich der von Phoenix aus 200 Kilometern (Abbildungen 2+3). Allerdings konnte Dr. Hänel sicherlich ein Nirwana am nördlichen Sternenhimmel im Natural Bridges National Monument besuchen: Ein SQM-L-Wert von knapp 21,7 mag/arcsec2 bei kunstlichfreiem Horizont (Abbildung 4).
Vergleich mit Walkers Law Die Leser mögen mir verzeihen, dass die numerische Auswertung der Graustufen aufgrund der geringen Anzahl an Nächten nur Anhaltspunkte bringen kann und keine belastbaren Messwerte. Für die Graustufenermittlung wurde das auf ,,sonnig" eingestellte jpg in Graustufen umgewandelt. Die Vignettierung wurde nicht berücksichtigt. Da die Graustufen nur aus dem Bereich innerhalb 25 % Durchmesser um die optische Achse genommen wurden, sollten die von einer Vignettierung am stärksten betroffenen Randbereiche nicht ins Gewicht fallen [7].
Leichte Schleierwolken und Airglowbänder beeinträchtigten die Messungen etwas. Auch die Milchstraße und das Zodiaklicht behinderten. Ebenso die nicht gleiche Uhrzeit (Abschaltungen im Laufe der Nacht) sind Faktoren, die in solche Einzelmessungen einfließen.
Die Anzahl von Messungen war zu gering und dadurch konnten die Schwankungen der Parameter Transparenz, Airglow, Milchstraße, Zodiaklicht nicht ausreichend berücksichtigt werden. Die Ausdehnung der Städte beträgt auch bis zu einigen Dutzend Kilometern und folglich liegen weite Stadtbereiche näher zum Beobachtungspunkt. Problematisch ist auch die Wahl bzw. Einschätzung der Bevölkerung. Gerne finden sich Angaben, welche die eigentlichen Städte bezeichnen, jedoch sollte man auch den direkten Einzugsbereich berücksichtigen, was die Bevölkerungszahl deutlich erhöht. Topografische Eigenarten des Geländes können zusätzlich zu einer Beeinflussung führen. Walker selbst weist auch auf diese Unzulänglichkeiten in seiner Untersuchung hin [2]. Auch die SQM-LMessungen hatten nur einen begleitenden Effekt.
Alle diese Faktoren behindern die Datenerfassung deutlich und ,,mal auf die Schnelle nebenher" ermittelte Werte bringen folglich nur Anhaltspunkte.
Diese Anhaltspunkte veranlassen mich dennoch, mit meinem Artikel einmal anzuregen, den Koeffizienten von Walkers Law anzupassen. Der Lichteinfluss war deutlich höher, als Walker mit seinem Gesetz beschreibt. Nicht weil die Bevölkerung angewachsen ist (Walker berücksichtigt mit seiner Formel die Bevölkerungsgröße), sondern vermutlich, da die Beleuchtung massiv zugenommen hat: Es werden heute effizientere Lam-
Internet- und Literaturhinweise: [1] Walker, M. F. (1970): The Califor-
nia Site Survey, Publications of the Astronomical Society of the Pacific 82, 672-698 [2] Walker, M. F. (1977): The effects of urban lighting on the brightness of the night sky, Publications of the Astronomical Society of the Pacific 89, 405-409 [3] IDA Information Sheet #11, Estimating the Level of Sky Glow Due to Cities [4] Garstang, R. H. (1989): Night sky brightness at observatories and sites, Publication of the Astronomical Society of the Pacific [5] Duriscoe et al (2013): The relation of outdoor lighting characteristics to sky glow from distant cities, Sage Publications [6] Hänel, Andreas (2014): An Exploration of Dark Sky Places in the USA 2014. Download unter: www. cost-lonne.eu/ (Stand Januar 2015) [7] Andreas, Hänel (2015): Eichung von Fischaugenaufnahmen mit dem Sky Quality Meter, VDS-Journal Nr. 54
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Eichung von Fischaugenaufnahmen mit dem Sky Quality Meter
von Andreas Hänel
Digitale Spiegelreflexkameras haben sich inzwischen mehrfach als zuverlässige Messgeräte erwiesen. Sie können für Astrom etrie oder auch zur Sternfotometrie eingesetzt werden, insbesondere dann, wenn die Aufnahmen im unkomprimierten Rohformat (bei den verwendeten Canon-Kameras: RAW-Format) aufgenommen werden. Besonders gut sind sie daher als bildgebende Messgeräte für die Leuchtdichte einzusetzen. Damit sollten sie zur Messung der Helligkeit in Straßenszenen oder zur Messung der Himmelshelligkeit eingesetzt werden können [1].
Um die Himmelsqualität an einem Beobachtungsort dokumentieren und beurteilen zu können, haben sich Aufnahmen mit einem Fischaugenobjektiv bewährt. Dafür hat der Autor seit 2009 eine digitale Spiegelreflexkamera Canon EOS 1000D mit einem Fischaugenobjektiv Sigma 1:2,8/4,5 mm eingesetzt, wobei sich die Lichtstärke dieses Objektivs bewährt hat. In helleren Gebieten wurden standardmäßig Aufnahmen mit ISO 800 und 30 Sekunden Belichtungszeit, in dunkleren Regionen mit drei oder gar fünf Minuten Belichtungszeit gemacht. Dabei wurden die Aufnahmen immer im RAW-Format und als jpeg-Bilder abgespeichert. Zusätzlich wurden Dunkelbilder mit gleichen Belichtungszeiten aufgenommen. Gleichzeitig mit den Aufnahmen wurden Messungen der Himmelshelligkeit mit dem Sky Quality Meter SQM-L im Zenit über ein Feld mit etwa 20 Grad Halbwertsbreite gemacht. Da lag es nahe, zu versuchen, die Aufnahmen mit Hilfe des SQM-Ls zu kalibrieren, um die Himmelshelligkeit auf den Fotos in den Einheiten der Himmelshelligkeit mag/ arcsec2 angeben zu können.
Ein erster Versuch im Schulpraktikum Da sich immer wieder Schüler für ein Praktikum an meinem Arbeitsplatz Planetarium bewerben, wurde Jan Hoffmann, ein Schüler der 9. Klasse, an diese Aufgabe herangeführt. Die RAW-
1 a+b
Eine Fischaugenaufnahme, wobei oben (a) der Messbereich für den Dunkelstrom eingezeichnet ist, unten (b) die Messblende, die das SQM-L darstellt.
Aufnahmen wurden mit Hilfe der freien Software AstroImageJ [2] bearbeitet. Zunächst wurden die RAW-Bilder in das Programm eingelesen und dann der grüne Farbkanal ausgewählt, da er am ehesten der spektralen Empfindlichkeitsverteilung der visuellen Helligkeit entspricht. An diesen Bildern wurden dann die weiteren Bearbeitungen vorge-
nommen. Der Einfachheit halber wurde zunächst der Anteil des Dunkelstroms aus den Randbereichen der Fischaugenaufnahmen selbst bestimmt, da diese ja nicht belichtet werden (Abb. 1a). Dabei werden allerdings keine Pixel-zu-PixelVariationen in der Aufnahme berücksichtigt. Dann wurden die Intensitäten der einzelnen Pixel in einer kreisförmi-
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2 Die über die Blende auf den Grünauszügen der RAW-Daten ermittelten Intensitäten (logarithmiert) - aufgetragen gegen die gleichzeitig
mit dem SQM-L gemessenen Himmelshelligkeiten. Die Streuung liegt unter 0,1 mag/arcsec2.
gen Blende von 30 Grad Durchmesser (Abb. 1b) aufsummiert.
Dies ist etwas mehr als der Durchmesser der Halbwertsbreite des SQM-L-Messkegels am Himmel. Davon wurde dann der mittlere Dunkelstrom entsprechend dem Blendendurchmesser abgezogen. Um einen linearen Vergleich mit den Helligkeitsmessungen zu ermöglichen, wurden diese Intensitätswerte noch logarithmiert. Insgesamt standen über 70 Fischaugenaufnahmen mit parallelen SQM-L-Messungen mit unterschiedlichsten Helligkeiten zur Verfügung. Die Messungen wurden gegeneinander aufgetragen (Abb. 2) und es ergab sich ein linearer Zusammenhang von etwa 19,0 bis 21,8 mag/arcsec2, wobei die Streuung kaum 0,1 mag/arcsec2 überschreitet und damit der Fehlerangabe für das SQM-L entspricht.
Genauere Analyse in einer Bachelor-Arbeit Es war jedoch klar, dass mehrere Faktoren noch genauer untersucht werden mussten, und das wurde im Rahmen einer Bachelor-Arbeit im Fachbereich Physik der Universität Osnabrück von
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Kai Hinrichs [3] gemacht. Im Rahmen des Studiums zur Lehrerausbildung in der Physik werden solche Themen vergeben, um mit einfachen Mitteln Arbeitsmethoden der Astronomie nachvollziehen zu können. Dafür bieten sich Beobachtungen mit digitalen Spiegelreflexkameras als Analogon zu den CCD-Detektoren der Astronomie und freie Bildverarbeitungsprogramme wie AstroImageJ oder Iris [2] als Ersatz für die in der Astronomie genutzte Bildverarbeitungssoftware an.
Zunächst wurde untersucht, ob es während der vier Jahre, während denen die Aufnahmen gemacht wurden, instrumentelle Effekte an der Kamera gab. Dabei wurde festgestellt, dass offenbar die Anzahl der ,,Hot Pixels" zunimmt und deren Verhalten beobachtet werden muss. Es konnten keine Änderungen des Dunkelstrombildes festgestellt werden, eine Temperaturabhängigkeit wird kameraintern sogar etwas überkompensiert. Dennoch ist es wichtig, möglichst oft Dunkelbilder separat aufzunehmen. Die beobachteten Effekte haben jedoch keinen Einfluss auf die Messgenauigkeit. Beim ersten Versuch für das Schulpraktikum wurde eine einfache kreisförmige
Blende mit 30 Grad Durchmesser benutzt. Doch tatsächlich ändert sich die Empfindlichkeitsverteilung des SQM-L über den ganzen Winkelbereich und ist bei einem Radius von 20 Grad auf etwa 10 % der maximalen Empfindlichkeit gefallen (Abb. 3) [4]. Deshalb wurde diese Blende in den Allsky-Bildern simuliert, lieferte aber keine wesentlich anderen Ergebnisse.
Wie alle Objektive hat auch das Fischaugen-Objektiv einen Mitte-Rand-Abfall der Transmission (Vignettierung), die allerdings bei so großen Bildwinkeln schwer zu korrigieren ist. Normalerweise wird dies mit Hilfe von FlatfieldAufnahmen gemacht. Dafür wurden Versuche mit weißen Styropor-Halbkugeln oder unter der Kuppel des Planetariums gemacht, die aber keine zufriedenstellenden Resultate lieferten. Zufällig wurde eine Veröffentlichung gefunden, in der die Vignettierung in einem belgischen optischen Labor punktweise bestimmt wurde [5]. Diese Korrekturwerte wurden daher für das benutzte Objektiv übernommen. Bis zum Bildrand des Fischaugenobjektivs fällt die Transmission bis auf unter 40 % ab. Damit werden die horizontnahen Lichtquellen auf den Auf-
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nahmen immer viel schwächer abgebildet, als sie wirklich sind (Abb. 4)! Aber selbst nach Anbringung einer entsprechenden Flatfield-Korrektur ändert sich die Kalibrierung mit dem SQM-L kaum. Die Erklärung liegt darin, dass die Vignettierung im Zentrum, also dem Bereich wo mit dem SQM-L gemessen wurde, noch sehr gering ist.
Ferner wurde untersucht, welchen Einfluss die Sterne haben. In der professionellen Astronomie wird die Himmelshintergrundhelligkeit gemessen, das ist die Helligkeit des Himmels zwischen den auf einer CCD-Aufnahme erkennbaren Sternen. Das SQM-L und die Blendenmethode bei den Fischaugenaufnahmen messen aber den Himmelshintergrund plus die Helligkeit der im Feld enthaltenen Sterne. Daher wurden neben der Himmelshelligkeit in der Blende auch die Helligkeiten in sternfreien Feldern gemessen, wobei sich wiederum kein Unterschied ergab.
Die meisten Aufnahmen wurden nicht nachgeführt, deswegen haben die Sterne durch die Erddrehung Striche gezo-
3 Die relative radiale Empfindlichkeitsverteilung des SQM-L, die zur Simulierung für
eine Messblende für die Kameradaten genutzt wurde. Der Zentrumsabstand ist in Pixel angegeben, 13,4 Pixel entsprechen 1 Grad .
gen, die bei drei Minuten Belichtungszeit nahe dem Himmelsäquator deutlich zu erkennen sind. Erst im Jahr 2013 wurden nachgeführte Aufnahmen (mit SkyTracker und NanoTracker) gewonnen.
Daher lag es nahe zu untersuchen, ob die Himmelshelligkeit auf den Aufnahmen durch die Strichspuren der Sterne beeinträchtigt werden könnte. Die Auswertung der Aufnahmen zeigte allerdings auch hier keine Einflüsse.
4 Eine Fischaugenaufnahme ohne (links) und mit Korrektur (rechts) der Vignettierung durch das Fischaugenobjektiv,
der Horizont erscheint viel heller.
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Als Fazit ergibt sich, dass die Fischaugenaufnahmen sehr gut mit parallel gemachten SQM-L-Messungen kalibriert werden können und selbst die einfachste Auswertemethode, die ein Schüler während seines Praktikums eingesetzt hat, offenbar bereits so genaue Ergebnisse liefert, wie sie mit den genutzten Geräten erwartet werden können. Für die Zukunft ist geplant, dass in den Fischaugenaufnahmen noch Konturlinien mit den Himmelshelligkeiten eingezeichnet werden sollen.
Internet- und Literaturhinweise: [1] Güths, T.: Messung und Überwa-
chung der Himmelshelligkeit mit DSLR und Digitaler Kompaktkamera, VdS-Journal 47, 29 (4/2013) [2] AstroImageJ Download: www.astro. louisville.edu/software/astroimagej/ IRIS Download: www.astrosurf.com/ buil/us/iris/iris.htm (Januar 2015) [3] Hinrichs, K.: Photometrie von Nachthimmelsaufnahmen mithilfe von Fischaugenoptik, Bachelor-Arbeit, Physik, Univ. Osnabrück, 2014
[4] Cinzano, P.: Report on Sky Quality Meter, version L, ISTIL internal report
[5] Cauwerts, C., Deneyer, A., Bodart, M.: Vignetting effect of two identical fisheye lenses: www.wtcb.be/ homepage/download.cfm?dtype=lab_ daylight&doc=Labo_LB_C_15_E. pdf&lang=en) (Januar 2015)
Nachthimmelhelligkeit bei Osnabrück 2006-2014
von Andreas Hänel
Immer wieder wird die Zunahme der Lichtverschmutzung beklagt, allerdings liegen kaum zuverlässige Messungen vor, die dies quantifizieren oder belegen könnten. Dabei sollte man unterscheiden, ob es um die Beeinträchtigung durch unmittelbar sichtbare Lichtquellen geht, oder um die diffuse Aufhellung des Nachthimmels über besiedelten Gebieten (die Lichtverschmutzung im engeren Sinne). Wenn nur einige Lichtquellen zusätzlich in der Nähe eines Beobachtungsortes neu installiert werden, erscheinen sie zwar störend oder gar blendend, in der Regel werden sie aber noch nicht den Himmel aufhellen. Dazu sind mehrere Lichtquellen notwendig, die über eine größere Fläche verteilt sind.
Um die Himmelshelligkeit (in Größenklassen/Quadratbogensekunden, mag/arcsec2) und eventuell eine Änderung derselben zu messen, wurde ein Sky Quality Meter SQM der kanadischen Firma Unihedron angeschafft. Seit Februar 2006 wurden Messungen gemacht, unter anderem im Garten des Verfassers (GeorgsmarienhütteHolzhausen, geografische Koordinaten: Länge 8,01019 Grad Ost, Breite 52,2219 Grad Nord) an der immer gleichen Stelle (Abb. 1).
Zunächst wurden die Messungen mit dem SQM (Seriennummer 527) gemacht, das einen breiten Messkegel von 40 Grad Halbwertsbreite hat, seit April 2008 mit dem SQM-L (Seriennummer 2536), dessen Messkegel durch eine Linse auf 20 Grad
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1 Fischaugenaufnahme des Beobachtungsplatzes, eingezeichnet ist der Messkegel
des SQM-Ls
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2
Messpunkte der Himmelshelligkeit im Garten des Autors über acht Jahre hinweg. Eine mathematische Ausgleichsgerade suggeriert eine Abnahme der Himmelshelligkeit, die bei der Streuung der Werte aber nicht sicher ist.
Halbwertsbreite eingeschränkt wird. Das SQM hatte sich mit seinem weiten Messkegel als sehr empfindlich gegen Störungen durch benachbarte Lichtquellen, abschattende Bäume oder Gebäude erwiesen. Da beide Geräte unterschiedliche Messwerte lieferten, wurden längere Zeit Parallelmessungen gemacht und eine systematische Abweichung von 0,3 mag/ arcsec2 ermittelt, um die dann die SQMMessungen korrigiert wurden.
Die Messungen wurden nur bei klarem Wetter gemacht, wenn kein Mond am Himmel stand und die Dämmerung beendet war. Die ersten 3-4 Messungen werden wegen eines instrumentellen Fehlers des SQM immer verworfen, anschließend werden mindestens vier Messungen im Zenit mit der Orientierung des Geräts in die Haupthimmelsrichtungen gemacht, wobei sich der Beobachter um die eigene Körperachse dreht. Damit soll ausgeschlossen werden, dass eventuelle Lichtquellen, Abschattungen oder instrumentelle Einflüsse (so kann die optische Achse des Geräts nicht mit der mechanischen übereinstimmen) die Messungen verfälschen. Wenn keine groben Abweichungen erkennbar sind, wird der Mittelwert notiert.
Trägt man die Messungen über die Zeit auf (Abb. 2), so fällt eine starke Streuung auf. Die hellsten Werte wurden bei frisch gefallener Schneedecke beobachtet, auch bei leicht diesigem Wetter fällt die Himmelshelligkeit höher aus. In guten Näch-
ten liegt die Helligkeit bei 20,5 - 20,6 mag/arcsec2, die Milchstraße ist dann im Zenit gut zu sehen. Es wurden weitere Untersuchungen angestellt, die hier nur kurz zusammengefasst werden können:
1. Trägt man die Daten über die Uhrzeit auf, zeigt sich typischerweise eine Abnahme der Himmelshelligkeit um 0,5 mag/arcsec2 im Verlauf der frühen Abendstunden bis gegen Mitternacht. Zurückzuführen ist dies auf das Abschalten von Beleuchtungen. Eine Kirchenbeleuchtung, die nur während der Winterzeit eingeschaltet ist, wird gegen 23 Uhr abgeschaltet.
Das Licht der Straßenbeleuchtung wird um 22:30 Uhr durch das Abschalten einer Lampe auf die Hälfte reduziert, allerdings seltener bei neu installierter LED-Beleuchtung. Auch private Beleuchtungen wie etwa helle Fenster, Hausoder Gartenbeleuchtungen werden am späteren Abend und in der Nacht abgeschaltet. Dieses Ergebnis wird auch durch die Messungen mit einem kontinuierlich messenden SQM-LU auf dem Dach des Museums am Schölerberg am Stadtrand von Osnabrück bestätigt.
2. Mitte Mai bis Ende Juli sind wegen der hellen Nächte Messungen nicht sinnvoll, dennoch scheinen die Nächte im Sommer etwas dunkler als im Winter zu sein. Zurückzuführen ist dies auf die Wirkung der Belaubung, die Streulicht im Sommer wirkungsvoll abschattet.
3. Eine gravierende Änderung ergab sich im September 2009, als die alten Pilzleuchten, die etwa 20 - 25 % des Lichts nach oben abstrahlten, durch Aufsatzleuchten ersetzt wurden, die den Großteil des Lichts streng nach unten gerichtet strahlen und nur noch maximal 3 % nach oben abgeben. Die Auswahl dieser abgeschirmten Leuchten ging auf eine Intervention bei Politikern und Stadtwerken zurück, die ursprünglich moderne Pilzleuchten mit Lamellen einsetzen wollten, die noch etwa 15 % des Lichts nach oben abstrahlen. Ein unmittelbarer Einfluss dieser Umrüstung ist allerdings nicht festzustellen. Sie dürfte aber dazu beigetragen haben, dass die Himmelshelligkeit in den letzten Jahren nicht stark zugenommen hat.
Insgesamt ist über die acht Jahre keine merkliche Zunahme der Himmelshelligkeit festzustellen, ein mathematischer Ausgleich ergibt sogar eine Abnahme um etwa 0,2 mag/arcsec2 in diesem Zeitraum. Das entspräche einer jährlichen Abnahme von etwa -0,25 %. Eine Zunahme um jährlich 1 % würde in acht Jahren eine Zunahme der Himmelshelligkeit um fast 0,1 mag/arcsec2 entsprechen, was aber in der Streuung der Messwerte nicht erkennbar ist. Wesentliche Einflüsse auf diese Streuung haben die unterschiedlichen Witterungsbedingungen (vor allem die Luftfeuchtigkeit), weswegen eine Änderung der Himmelshelligkeit nur über lange Messzeiträume nachweisbar sein dürfte.
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20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky
Nachthimmelhelligkeit in Esslingen
2008-2014
von Wolfgang Quester
1 Oben: Blick ins nächtliche Neckartal
mit Industriegebiet
Standort und Messverfahren Esslingen liegt im Großraum Stuttgart südöstlich der baden-württembergischen Landeshauptstadt. Mein Fernrohr steht auf dem rechts des Neckars, nach Norden ansteigenden Hang, etwa 40 Meter über dem Talgrund auf 280 Metern Seehöhe, und überschaut das im Tal gelegene Industriegebiet. Etwa zwei Kilometer östlich befindet sich das Kohlekraftwerk Altbach, dessen Dampfwolken vor allem im Herbst und Winter bei Ostwind den Himmel überziehen. Abbildung 1 zeigt einen nächtlichen Blick über das Tal.
Ziel der Messungen ist es, etwaige langzeitige Veränderungen der Nachthimmelhelligkeit (NHH), evtl. bedingt durch menschliche Einflüsse, festzustellen. Deswegen beschränke ich mich auf wolken- und mondlose Nächte und nur auf den Mittelwert einer Messreihe um Mitternacht (von 23 bis 01 Uhr). Eigentlich sollte die Messung gegen Mitternacht Ortszeit erfolgen. Aber die Aktivitäten im Industriegebiet richten sich nicht nach dem Stand der Sonne unter dem Horizont. Der jährliche Wechsel von Winter- auf Sommerzeit verschiebt auch Beginn und Ende der Arbeitszeiten. Hin-
zu kommen Änderungen durch betriebliche Anforderungen. So wird z. B. die Beleuchtung des Dachparkplatzes des uns direkt gegenüberliegenden Supermarkts normalerweise einige Zeit nach Betriebsschluss (22 Uhr) abgeschaltet. Es gibt aber auch Nächte, in denen sie gar nicht erlischt. Allgemein kann ich aber sagen, dass die NHH nach Mitternacht geringer ist als davor.
Gemessen wird mit einem SQM-L der kanadischen Firma Unihedron [1]. Eine Linse vor dem Sensor beschränkt den Öffnungswinkel der Messung auf 20 Grad , was
2 Helligkeit des Nachthimmels am Beobachtungsort von 2008 bis 2014. Das rote Quadrat ist eine Messung auf freiem Gelände
in Oberschwaben.
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20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky
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den Beitrag horizontnaher Lichtquellen vermindert. Das Gerät wird auf den Zenit gerichtet und das Mittel aus mindestens 10 Messungen gebildet. Die Helligkeit wird als mag/arcsec2 angegeben. Frühere Versuche mit subjektiven Messungen (schwächste sichtbare Sterne, Sternzählungen in einem festgelegten Himmelsareal) waren aufgrund altersbedingter Änderungen meiner Augen unbefriedigend verlaufen. Die Temperatur des Geräts bei den Messungen liegt bei Zimmertemperatur zwischen 20 und 25 Grad C.
Kohler [2] schreibt, dass die Messergebnisse des SQM-L von der Gerätetemperatur abhängig sind und sorgt dafür, dass sich sein Gerät vor der Messung an die Nachttemperatur anpasst. Mein Gerät zeigt diesen Temperaturgang nicht. Gerätetemperaturen zwischen 11 und 24 Grad C ergaben in kontrollierter Umgebung einen Wert von 19,61 mit einer Standardabweichung von +- 0,06. Das ist nur 1/3 der am Himmel gemessenen Standardabweichung (siehe nächsten Abschnitt). Der Spektralbereich des SQM-L entspricht nicht dem Johnson-V, sondern erstreckt sich auch auf kürzere Wellenlängen. Heutige künstliche Lichtquellen strahlen dort zumeist wenig. Vermehrten Einsatz von LEDs, die stärker im Blauen abstrahlen, wird das Gerät erfassen [3].
Ergebnisse In Abbildung 2 zeigen die gelben Kreise die seit 2008 in Esslingen erhaltenen Messwerte. Im langjährigen Mittel beträgt hier die NHH 19,81 mag/arcsec2 mit einer Standardabweichung von +- 0,16. Das rote Quadrat steht für eine Messung auf freiem Gelände während des Ravensburger Astrotreffens im Jahr 2008. Die Tabelle rechts zeigt die jährlichen Medianwerte. Zum Vergleich sind die Mittelwerte daneben gestellt. Eine anfangs vermutete jährliche Zunahme ist nicht nachweisbar.
Auffällig ist die Zahl dunkler Nächte im Frühsommer 2014. Die Nächte waren besonders klar und außerdem haben einige Betriebe im Industriegebiet jetzt ihre Nachtbeleuchtung eingeschränkt. Die Monate August bis Dezember 2014 zeichneten sich dann durch mehrwöchige regenreiche Beobachtungspausen aus.
Abbildung 3 zeigt über der NHH ihre Häufigkeit. Meist beobachte ich in Näch-
ten mit NHH 19,7 mag/arcsec2. In den sieben Jahren seit 2008 wurde die NHH in 84 Nächten gemessen. Aus dieser relativ geringen Zahl kann man aber nicht auf den Fleiß des Beobachters schließen. In nicht wenigen Nächten musste die Beobachtung vor Mitternacht abgebrochen werden und bei Mondschein wird nicht gemessen. Aber natürlich werden dann Veränderliche beobachtet. Es ist ein Vorteil, den viele BAV-Mitglieder nutzen, dass der Lichtwechsel veränderlicher Sterne auch bei hellem Himmel, z. B. aus der Stadt heraus, verfolgt werden kann.
Vergleich mit anderen Helligkeitsskalen Der gefundene Wert entspricht der als ,,Vorstadthimmel" bezeichneten NHH [4]. Auf der Bortle-Skala entspricht das der Klasse 5-6 [5].
Dawson (1984) beschreibt weitere Messgrößen für die NHH [6]. So wird sie auch als ,,Magnitude pro Quadratgrad" angegeben. Es gilt:
mag/( Grad )2 = mag/(")2 - 17,78
Der Mittelwert meiner Messungen wird damit zu 2,0 mag/( Grad )2.
Tabelle 1: Jährliche Medianund Mittelwerte
Jahr
2008 2009/10 2011 2012 2013 2014
Median ,, 2
[mag/( ) ]
19,88 19,85 19,70 19,75 19,83 19,87
[mag/( Mittel ,,)2]
19,88 19,84 19,70 19,75 19,80 19,85
Die Jahre 2009/10 wurden wegen geringer Zahl an Messungen zusammengefasst.
3
Häufigkeitsverteilung der Nachthimmelhelligkeit
Und schließlich kann man die NHH in S10-Einheiten angeben. Das ist die Anzahl der Sterne 10. Größe, deren Gesamthelligkeit gerade der NHH eines Quadratgrades entspricht. Hier gilt:
-2,5 . log(S10) = mag/(,,)2 - 27,78
Der Mittelwert meiner Messungen entspricht damit 1600 S10-Einheiten.
Zusammenfassung Seit 2008 messe ich in wolken- und mondlosen Beobachtungsnächten die Helligkeit des Nachthimmels mit einem SQM-L. Die mittlere Helligkeit betrug 19,81 +- 0,16 mag/arcsec2 (Standardabweichung). Eine Zunahme der Nachthelligkeit in diesen sieben Jahren ist nicht nachweisbar.
Internet- und Literaturhinweise: [1] www.unihedron.com/projects/sqm-l/
(Stand: Januar 2015) [2] Kohler, G.: www.gerd-kohler.eu/
Zubehoer/SQM-L.html (nicht mehr existent) [3] Puschnig, J. et al., 2013: Night sky photometry and spectroscopy performed at the Vienna University Observatory, ArXiv:1304.7716 [4] Pilz, U., 2010: Wie findet man einen brauchbaren Beobachtungsplatz? Interstellarum Nr. 70, 41 [5] Hänel, A., 2011: Dark Sky Parks in Germany. Vortrag gehalten auf dem ,,11th European Symposium for the Protection of the Night Sky" [6] Dawson, D. W., 1984: Light Pollution and its measurement. Advances in photoelectric photometry, vol. 2; Hrsg. Wolpert, R. C. & Genet, R. M, Fairborn Observatory
Weitere Informationen über die NHH findet man im Internet bei der Fachgruppe der VdS, unter ,,Lichtverschmutzung" oder ,,Dark Sky".
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20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky
Lichtverschmutzung aus dem Weltall verfolgt
von Andreas Hänel
Schon seit Jahren faszinieren die Satellitenaufnahmen der Erde bei Nacht, welche die zunehmende Beleuchtung unseres Planeten dokumentieren. Sie können hilfreiche Unterlagen sein, um dunkle Beobachtungorte zu finden oder auch die Veränderungen des nach oben gerichteten Lichts und damit die Hauptlichtverschmutzer zu erkennen und zu untersuchen.
Entsprechend empfindliche Sensoren haben die Satelliten des amerikanischen, militärischen Programms ,,Defense Meteorological Satellite Program" (DMSP), die vor allem der Wetterüberwachung bei Nacht dienen. Der erste Satellit des damals noch geheimen militärischen Projekts unter dem Namen ,,Program 35" wurde im Jahr 1962 gestartet. Die Satelliten umkreisen die Erde auf polaren Bahnen in 830 Kilometern Höhe in ca. 100 Minuten und können damit im Laufe eines Tages die ganze Erde zwei-
1 VIIRS-Daten von 2012 (links) und 2014 (rechts) nördlich von Osnabrück mit der
,,Digitalen Topografischen Karte" als Overlay. Punkt 1 ist eine Autobahnbaustelle, Punkt 2 ein Gewerbegebiet (s. Abb. 2), Punkt 3 unbekannt.
4 Das hell erleuchtete Gewerbegebiet
Niedersachsenpark an der Autobahn A1
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mal abtasten. Seit 1972 sind diese Daten öffentlich, werden aber auch weiterhin vom Militär genutzt. Inzwischen sind sie für jeden Tag abrufbar. Bearbeitet und archiviert werden sie jetzt vom National Geophysical Data Center in Boulder/ Colorado, das auch homogenisierte und
bereinigte Daten für ganze Jahre zur Verfügung stellt [1]. Darstellen und bearbeiten lassen sich diese Daten am besten mit speziellen Programmen für geografische Informationssysteme (GIS), wie die Freeware-Programme ,,TatukGISViewer" oder flexibler ,,QGIS".
Basierend auf den DMSP-Daten aus dem März 1996 (8 Nächte) und Januar sowie Februar 1997 (jeweils 10 Nächte) haben italienische Astronomen um Pierantonio Cinzano im Jahr 2000 einen Atlas der Lichtverschmutzung erstellt. Die Streuung des in der Atmosphäre nach oben
3 VIIRS-Daten von 2012 (links) und 2014 (rechts) aus der Rhön mit der ,,Digitalen
Topografischen Karte" als Overlay. Punkt 1 ist die Kirche von Brüchs, Punkt 2 der Ort Unterelsbach, die weiteren Punkte sind im Text beschrieben.
4 Die Beleuchtung der Kirche in Brüchs, die inzwischen nicht mehr die ganze Nacht
in Betrieb ist.
gerichteten und von den Satelliten registrierten Lichts wurde modelliert und daraus dann die Aufhellung des Himmels abgeleitet. Dabei fällt vor allem auf, dass der aufgehellte Himmel sich über einen viel weiteren Bereich erstreckt, als das direkte Licht, was aber auch zu erwarten war. Beide Datensätze, die DMSP-Daten des direkt nach oben gerichteten Lichts bis 2010 und die Cinzano-Daten, stellt die Fachgruppe Dark Sky als Overlays für das Programm Google Earth zur Verfügung, die auch in der mobilen AndroidVersion genutzt werden können [2]. Sie sind eine erste Hilfe bei der Suche nach dunklen Beobachtungplätzen, wobei besonders die DMSP-Daten helfen, lokale helle Lichtquellen zu identifizieren und vielleicht zu meiden.
VIIRS-Daten sind schärfer Seit 2012 sind die Daten des VIIRS-Empfängers an Bord des neuen Suomi-National-Polar-Orbiting-Partnership-Satelliten verfügbar. Sie haben eine höhere Auflösung (0,75 km gegenüber 3 km) und sind intensitätskalibriert. Ein erstes Datenset aus den Monaten April und Oktober 2012 ist auch als ,,Overlay Black Marble" für Google Earth verfügbar und ermöglicht es bereits, einzelne intensive Lichtquellen zu identifizieren. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels waren weitere
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20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky
5 ISS-Aufnahme von der Eifel und dem Köln/Bonner Raum am 8.12.2012 gegen 21:39
Uhr. Weitere Erläuterungen im Text. (Bildnummer: ISS034-E-5938.jpg)
Daten aus den Monaten Januar 2013 und Mai 2014 verfügbar, so dass auch zeitliche Veränderungen erfasst werden können [1].
An zwei Beispielen sollen die Möglichkeiten dieser Daten demonstriert werden, wobei die Daten aus April und Oktober 2012 (zusammengefasst) und aus Mai 2014 verwendet werden. Den Satellitendaten ist zur Orientierung die ,,Digitale Topografische Karte" [3] überlagert. Abbildung 1 zeigt die Region nördlich von Osnabrück. Punkt 1 kennzeichnet 2012 den Verlauf der Autobahn A1 südlich des Ahlhorner Dreiecks, wo während der Ausbauphase auf drei Spuren eine helle Baustellenbeleuchtung installiert war, die mit der Fertigstellung wieder deinstalliert wurde und 2014 nicht mehr zu sehen ist. Punkt 2 kennzeichnet das Gewerbegebiet Niedersachsenpark an der A1, das weiter ausgebaut und damit illuminiert wird (Abb. 2). Diese Region war früher relativ dunkel. Inzwischen werden astronomische Beobachtungen dort stark
6 Panorama der Doppelstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler mit vor allem weißer Straßen-
beleuchtung, nur einige Straßen links im Vordergrund sind mit gelbem Natriumlicht beleuchtet.
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20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky
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beeinträchtigt. Die Quelle für Punkt 3 ist unbekannt, es könnte eine hell illuminierte Baustelle oder eine Festveranstaltung (,,Hai in den Mai"?) im Mai 2014 gewesen sein.
Abbildung 3 zeigt ein Gebiet im Biosphärenreservat Rhön, das im August 2014 als sogenannter Sternenpark (,,International Dark Sky Reserve") anerkannt wurde. Nördlich von Fladungen war über dem Ort Brüchs eine helle Lichtglocke zu beobachten (Abb. 4), verursacht durch die Beleuchtung der Kirche mit zwei schlecht ausgerichteten 400-Watt-Strahlern und als heller Punkt 1 in Abb. 3 zu erkennen. Brannten die Strahler anfangs die ganze Nacht hindurch, werden sie inzwischen abgeschaltet und sind seit 2013 auf den VIIRS-Aufnahmen, die generell gegen 1-2 Uhr nachts gemacht werden, nicht mehr zu sehen. Warum die Gemeinde Unterelsbach (Punkt 2) im Mai 2014 so hell war, ist unklar, es könnte eine hell erleuchtete Festveranstaltung gewesen sein. Die thüringischen Gemeinden Geisa
(Punkt 3, 4677 Einwohner), Dermbach (4, 3050 Einw.) und Frankenheim (7, 1134 Einw.) strahlen mehr Licht in den Himmel als die gleich großen oder größeren hessischen Gemeinden Tann (5, 4446 Einw.) und Hilders (6, 4600 Einw.). Dies ist teilweise auf modernere Beleuchtung, die nach der Wende installiert wurde, teilweise auf die flächenhafte Ausweisung von Gewerbegebieten außerhalb der Orte, teilweise aber wohl auch auf den verschwenderischen Umgang mit Licht (und damit Energie) zurückzuführen. Ein ähnliches Resultat, dass die Kommunen in Ostdeutschland heller als im Westen strahlen, haben Kyba et al. [4] mit dem Datenmaterial für ganz Deutschland herausgefunden. Jedenfalls ist nicht bekannt, dass die Sicherheitslage in den stärker beleuchteten Gemeinden besser wäre als in den weniger hellen.
Die Interpretation der Satellitendaten für die Suche nach dunklen Beobachtungsplätzen hat allerdings ihre Grenzen. Das Biosphärenreservat Rhön beispielsweise
erscheint auf der ,,Cinzano"-Karte sehr hell und auch auf den ,,Black-Marble"Daten sind viele kleine Orte als helle Lichtquellen zu erkennen. Trotzdem konnten dort Nachthimmelshelligkeiten von 21,75 mag/arcsec2 und damit nahe der natürlichen Nachthimmelshelligkeit gemessen werden, was ermöglichte, dass das Biosphärenreservat Rhön im August 2014 als ,,International Dark Sky Reserve" anerkannt wurde.
Noch schärfer sind die ISS-Bilder Eine weitere Möglichkeit, Lichtquellen insbesondere in Städten zu identifizieren, bieten die Aufnahmen der Astronauten an Bord der Internationalen Weltraumstation ISS. Sie benutzen dafür mehrere digitale Nikon-Spiegelreflexkameras mit unterschiedlichen Brennweiten. Meist machen sie Freihandaufnahmen, die mit hohen ISO-Zahlen aufgenommen werden und oft durch die große Geschwindigkeit der ISS eine Bewegungsunschärfe aufweisen. Um dies zu vermeiden, wurde auf Vorschlag des niederländischen
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7 ISS-Aufnahme von Straßburg am 21.2.2012 um 20:09 Uhr, weitere Erläuterungen
im Text. (ISS030-E-274365.jpg)
Gesundheitsministeriums die Nachführeinrichtung NightPod durch die ESA gebaut, die die Kameras so nachführen kann, dass die schnelle Bewegung der ISS kompensiert wird. Damit sind je nach Kamerabrennweite Auflösungsvermögen bis zu sechs Metern möglich. Von den Astronauten sind viele Fotos gemacht worden, die über eine spezielle Webseite zugänglich sind [5]. Allerdings sind die Nachtaufnahmen dort schwer zu finden und bei vielen ist es schwierig, die Orte auf der Erde zu identifizieren. Aus diesem Grunde werden Interessierte aufgerufen, die Lichtquellen auf den Bildern der ISS-Astronauten zu identifizieren [6], um letztlich eine Nachtkarte der Erde erstellen zu können, die im Gegensatz zu den Daten der unbemannten Satelliten auch Farbinformationen enthält. Anhand von zwei Beispielen sollen die Möglichkeiten der Interpretation solcher Aufnahmen aufgezeigt werden.
Drei Aufnahmen mit Belichtungszeiten von 1/20 bis 1/2 Sekunde wurden bei der ISS-Mission 34 am 8.12.2012 gegen 21:39 Uhr von der Eifel und dem Köln/ Bonner Raum gemacht. Es wurde ein Objektiv (f = 180 mm) an einer Vollformatkamera Nikon D3S verwendet [7]. Um einzelne Lichtquellen besser identifizieren zu können, wird so ein Bild zunächst
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anhand leicht identifizierbarer Lichtquellen (z. B. Straßenzüge) so ausgerichtet, dass es als Overlay-Bild in Google Earth eingebunden wird, dann können weitere Lichtquellen identifiziert werden.
In Abbildung 5 ist ein Ausschnitt um Bonn dargestellt. Unmittelbar fallen einige hell erleuchtete Hauptverkehrsstraßen wie die B9 nach Bad Godesberg und einige Rheinbrücken auf. Sehr hell ist der Konrad-Adenauer-Damm im Stadtteil Duisdorf (Punkt 3). Diese Beleuchtung wird in den Abendstunden jedoch abgeschaltet. Beim Verteidigungsministerium (Punkte 4 und 5) ist deutlich eine weiße Lichtfarbe zu erkennen. Für die Sicherheitsbeleuchtung werden voll abgeschirmte weiße LED-Leuchten eingesetzt, während sonst auf dem Gelände meistens Leuchtstoffröhren genutzt werden. Der Bundesnachrichtendienst in Meckenheim (Punkt 6) setzt vor allem Leuchtstoffröhren ein, wie auch die Straßenbeleuchtung in dem Ort vor allem aus Fluoreszenz lampen (Leuchtstoffröhren und Kompaktleuchtstofflampen) besteht. Die Lichtpunkte 7 und 9 sind angestrahlte Kirchen. Die Doppelstadt Bad NeuenahrAhrweiler (Punkt 8) benutzt vor allem weiße Lichtquellen (Quecksilberdampf-, Kompaktleuchtstoff-, Halogenmetalldampflampen), nur in einem kleinen
Teil der Stadt wird das gelbe Natriumdampflicht eingesetzt (Abb. 6). Viele andere helle Lichtpunkte (1, 2, 11) sind auf schlecht ausgerichtete Beleuchtungen, oft mit Bodenstrahlern, zurückzuführen. Besonders gravierend ist die Beleuchtung der Drachenburg (Punkt 13) bei Königswinter im Naturpark Siebengebirge, welche teilweise mit Strahlern auf dem Dach illuminiert wird - die Lichtverschwendung ist hier weithin deutlich sichtbar!
Ein anderes Beispiel ist eine Aufnahme von Straßburg vom 21.2.2012 um 20:09 Uhr (aufgenommen mit 400 mm Brennweite, Abb. 7) [8]. Hier fallen vor allem weiße, rechteckige Flächen auf, die beleuchtete Sportplätze sind. Punkt 4 ist der beleuchtete Parkplatz eines großen Einkaufszentrums (Baggersee). Die hellen Lichtpunkte im Zentrum (Punkt 2) lassen sich auf Fassadenbeleuchtungen der Kaufhäuser zurückführen. Punkt 3 ist eine Hängebrücke für Fußgänger und Radfahrer über den Rhein nach Kehl, wo die Tragseile mit Strahlern von unten angestrahlt werden. Sie erscheint dadurch heller als die benachbarte vierspurige und viel befahrene Straßenbrücke.
Allein diese beiden Beispiele zeigen, dass Beleuchtungen von unten nach oben, oft realisiert durch Bodenstrahler, zu den stärksten Lichtverschmutzern überhaupt gehören.
Literatur- und Internethinweise: [1] DMSP-Download: ngdc.noaa.gov/
eog/dmsp.html VIIRS-Download: ngdc.noaa.gov/ eog/viirs.html [2] lichtverschmutzung.de/seiten/ karten.php [3] www.geodatenzentrum.de [4] Kyba, C. et al.: High-Resolution Imagery of Earth at Night: New Sources, Opportunities and Challenges, Remote Sens. 2015, 7, 1-23. [5] eol.jsc.nasa.gov/ [6] www.citiesatnight.org [7] eol.jsc.nasa.gov/DatabaseImages/ ESC/large/ISS034/ISS034-E-5938. JPG [8] eol.jsc.nasa.gov/DatabaseImages/ ESC/large/ISS030/ISS030E-274365.JPG
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1 Astronomy Picture of the Day (APOD)
,,Earth at Night" (27. November 2000) [3]
Lichtverschmutzung
oder wie man damit leben kann (muss)
von Kai Oliver Detken
Hobby-Astronomen sind schon eine seltene, wie auch seltsame Spezies. Sie gehen gerne raus, wenn es kalt und dunkel ist und schlagen sich die Nächte um die Ohren, wenn die Wettervorhersage mal wieder eine sternenklare Nacht verspricht. Dies steht im starken Gegensatz zu den Gepflogenheiten anderer Erdbewohner, welche es gerne draußen warm und hell haben, was man an der wachsenden Haus- und Gartenbeleuchtung in der eigenen Nachbarschaft immer wieder gut beobachten kann. Leider wird dies auch von vielen Städten und Gemeinden so vorgelebt, wo Straßenbeleuchtungen meistens im Einsatz sind, um mehr Licht in die Umgebung abzustrahlen, als - wie die Benennung eigentlich aussagt - die Straße zu beleuchten. Daher sieht sich der Hobby-Astronom einer zunehmen-
den Lichtverschmutzung ausgesetzt, die ihm letztendlich das Hobby zunichtemachen kann, wenn er nicht entsprechend gegensteuert.
Da wir mit unserem Ansinnen eines dunklen Sternenhimmels so ziemlich alleine stehen, muss man sich anderweitig behelfen. Und dies wird immer häufiger notwendig, da der Mensch in Europa sowie anderen Teilen der Erde immer mehr die Nacht zum Tag macht. In dem Buch ,,Night as Frontier: Colonizing the World After Dark" [1] spricht der amerikanische Schriftsteller Murray Melbin sogar von einer Kolonisierung der Nacht, indem die Menschen viele wirtschaftliche Tätigkeiten und Freizeitaktivitäten in die Nacht ausdehnen. Der Nachthimmel verblasst dabei zunehmend. Dies stellt auch der
Amerikaner Paul Bogard in dem 2014 erschienenen Werk mit dem Originaltitel ,,The End of Night" [2] fest, in dem er sich auf die Reise von der hellsten Stadt der Welt (Las Vegas) zu den dunkelsten Orten der Welt (Great Basin National Park in der Nevada-Wüste) aufmachte. Er erwähnt hier u. a., dass 99 % aller Menschen auf dem nordamerikanischen und westeuropäischen Kontinent keine richtige dunkle Nacht mehr erleben. Dadurch ist 80 Prozent der Kinder in den USA, und bei uns wird dies auch nicht großartig anders sein, der Anblick der Milchstraße unbekannt! Die Satellitenaufnahme des APOD vom 27. November 2000 in Abbildung 1 zeigt, wie weit die Lichtverschmutzung bereits zugenommen hat. Und sie wird sich bis heute noch weiter ausgebreitet haben.
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20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky
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Dieser industriellen Entwicklung mussten sich auch bereits alle Observatorien beugen, die noch Ende des 19. Jahrhunderts direkt in den Städten erbaut worden waren. Als Beispiel sei hier die Bonner Sternwarte genannt, die 1843 in einem Gebiet errichtet wurde, welches nur aus freiem Feld und ein paar Gaslaternen bestand. Hier unternahm der Astronom Friedrich Wilhelm August Argelander seine berühmte Bonner Durchmusterung des Himmels, indem er 325.000 Sterne in einem einzigartigen Sternenkatalog zusammenfasste. Bereits nach dem ersten Weltkrieg war das Beobachten an dieser Stelle aber schwierig geworden - aufgrund der immer weiter anwachsenden Stadt und der Verbreitung des elektrischen Lichts. Ab 1960 war dann keine praktische Astronomie mehr von diesem Standort aus möglich [4].
Aber auch auf dem Land findet man immer weniger dunkle Rückzugsorte. Hat man seinen Wohnstandort nach der Astronomie ausgesucht, kann einem schnell die Beobachtung oder die Foto-
grafie durch lichtverseuchte Nachbargärten vergällt werden. Die Problematik der Lichtverschmutzung ist den meisten ,,normalen" Menschen dabei völlig unbekannt, wie man an persönlichen Gesprächen über den Nachbarzaun dann auch häufig mitbekommt. Aussagen wie, ,,wir leuchten ja nicht in ihr Fernrohr" oder ,,unsere Gartenlampen strahlen ja nicht die Sterne an" zeugen von einer Unwissenheit. Da hilft es nur, Überzeugungsarbeit zu leisten und die Nachbarn einmal zum Ansehen des nächtlichen Sternenhimmels einzuladen. Oftmals kann man sich auch darauf einigen, dass die nächtliche Ausleuchtung des Gartens ja nicht die ganze Nacht erfolgen muss - schließlich kostet dies ja Strom. Im Zuge der immer häufiger anzutreffenden Solarleuchten oder -anlagen ist aber auch dies oft kein ausreichend starkes Argument.
Neben den Nachbarn hat man aber häufig auch mit Straßenlaternen oder Lichtglocken aus Richtung der Ballungszentren zu kämpfen. Während man Straßenlaternen entweder abhängen
oder ihnen aus dem Weg gehen kann, ist dies bei der Stadtbeleuchtung nicht möglich. Daher behelfen sich immer mehr Sternenfreunde durch entsprechende Filter, die nur einen Teil des sichtbaren Lichtspektrums durchlassen. Ich verwende beispielsweise die Astronomik-ClipFilterlösung [5] für meine DSLR-Kamera, um so die Lichtverschmutzung in Schach zu halten. Am häufigsten nutze ich dabei den CLS-Filter, der die Grenzgröße von < 6,3 mag noch kompensieren kann und den Kontrast deutlich anhebt (Durchlassbereich: 450 bis 540 nm und größer 650 nm). Bei meinem Landhimmel in der Nähe von Bremen, komme ich unter besten Seeing-Bedingungen maximal auf diese Grenzgröße, die einer Bortle-Skala von 4-5 entspricht (5,8-6,3 mag). Selbst bei diesen relativ guten Bedingungen macht sich der Filter bereits positiv bemerkbar. Will man allerdings die natürliche Aufhellung durch den Mond oder starke künstliche Beleuchtung kompensieren, kommt man an einem UHC-Filter nicht vorbei, der das durchgelassene Lichtspektrum nochmals einengt (Durch-
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20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky
2 Milchstraße mit stehender DSLR-Kamera am Grand Canyon (10 x 15 sec, 800 ASA)
lassbereich: 485 bis 505 nm und 650 bis über 700 nm). Allerdings wird dann das Himmelsobjekt nahezu in Falschfarben dargestellt und muss entsprechend überarbeitet werden. Beide Filter lassen sich aber auch visuell nutzen und können über einen EOS-Clip-Adapter von Gerd Neumann jr. durch ein M48-Gewinde direkt in ein 2"-Okular geschraubt werden.
Wie unbekannt vielen Menschen der Nachthimmel ist, habe ich eindrucksvoll am Grand Canyon erfahren. Hier betrug der Bortle-Wert 1-2 (7,3-7,8 mag), da Teile der Milchstraße wie Wolken am Himmel aussahen. Viele Beobachter waren so fasziniert, dass sie versuchten, diese Wolken zu fotografieren: mit Blitzlicht! Das war natürlich ein unmögliches Unterfangen. Ich habe mit meiner damals nicht modifizierten DSLR-Kamera die Milchstraße mit einer Belichtung von 15 Sekunden zehn Mal aufgenommen (800 ASA, ohne Filter, 55 mm Brennweite, 1/1,8 Öffnungsverhältnis) und konnte so eine Vielzahl von Sternen ausmachen (Abbildung 2), die ich unter gleichen Bedingungen in Europa so noch nie fotografieren konnte. Meine Kinder haben
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dort, aber auch bei uns im Garten, die Milchstraße in ihrer Vielfalt bewundern können. Wir sollten alle daran arbeiten, dass dies auch so bleibt. Immerhin gibt es ein wenig Hoffnung: So entstehen weltweit immer mehr Sternenparks, Gemeinden achten öfters auf die Effektivität ihrer Beleuchtungen und die International Dark Sky Association engagiert sich gegen die Lichtverschmutzung. Zudem hat sich die VdS-Fachgruppe Dark Sky [6] zum Ziel gesetzt, über die Problematik aufzuklären und Lösungen anzubieten. Man darf gespannt sein, wie diese Maßnahmen sich zukünftig auswirken.
Internet- und Literaturhinweise: [1] Murray Melbin: Night as Frontier:
Colonizing the World After Dark. The Free Press, ISBN-13: 9780029209400, 230 pages, February, New York 1987 [2] Paul Bogard: Die Nacht - Reise in eine verschwindende Welt. Karl Blessing Verlag, ISBN-13: 9783896674678, Originaltitel: The End of Night, 368 Seiten, Juni, Münster 2014
[3] Astronomy Picture of the Day (APOD, http://apod.nasa.gov): Earth at Night. Credit: C. Mayhew & R. Simmon (NASA/GSFC), NOAA/ NGDC, DMSP Digital Archive, USA 2000
[4] Arnold Sitte: Hell wie am Tag - eine Geschichte der nächtlichen Beleuchtung. interstellarum 93, Ausgabe: April/Mai 2014, Oculum-Verlag GmbH, Erlangen 2014
[5] Astronomik-Filter: www.astronomik.com. Webseite von Gerd Neumann jr., Hamburg, aufgerufen am: 06.12.2014
[6] Dark-Sky-VdS-Fachgruppe: Initiative gegen die Lichtverschmutzung (www.lichtverschmutzung.de). Fachgruppe Dark Sky der Vereinigung der Sternfreunde e.V., c/o Museum am Schölerberg, Osnabrück
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Erhellendes zum Licht!
von Matthias Engel
Erhellendes zum Licht! Das Thema Lichtverschmutzung, also der Eintrag künstlichen Lichts in die Umwelt, begegnet uns derzeit häufiger. In größeren Städten sieht man kaum noch Sterne. Das Kunstlicht würde der Gesundheit schaden, ebenso Insekten, Vögeln und Pflanzen. Lichtverschmutzung - ist das ein weiteres Ökothema, bei dem uns wieder etwas verboten werden soll, diesmal also das Licht, oder ist da mehr dran?
Künstliches Licht ist für uns Zeichen von Fortschritt und Lebensqualität. Licht rund um die Uhr gilt als urban und modern, eine Reduzierung davon als rückständig. Mit dieser Ansicht haben wir uns ein Maß an Beleuchtung geschaffen, das nun seine Schattenseiten zeigt, nicht nur für Insekten, Vögel und Sterngucker.
Licht brauchen wir nachts hauptsächlich auf den Straßen und Gehwegen, zur Orientierung und um ein Gefühl der Sicherheit zu schaffen. Schaut man sich aber eine Vielzahl der Außenbeleuchtungen an, so werden große Lichtmengen und damit Energie und Geld direkt in den Himmel und die Natur gestrahlt - ohne Beleuchtungszweck. Mancherorts bewegen wir uns in gleißenden ,,Lichttunneln", blendende Lampen schränken unsere Sehfähigkeit ein, und bläulich weißes Licht beeinträchtigt unseren TagNacht-Rhythmus [1]. Zusätzlich zur Straßenbeleuchtung flutet uns eine Vielzahl kommerzieller und privater Beleuchtung von Werbetafeln bis zu leistungsstarken Flutlichtstrahlern.
Es ist also unbedingt notwendig, das künstliche Licht zielgerichteter einzu-
Anmerkung der Redaktion:
Der Beitrag von Matthias Engel wurde für die Zeitung ,,Die Zeit" verfasst, jedoch aufgrund eines früheren Leserbeitrags zum Thema nicht veröffentlicht. Wir wollen seinen Artikel als Beispiel dafür bringen, wie jeder regional dazu beitragen kann, die Lichtverschmutzung zu thematisieren.
setzen! Richtig gelenkte Beleuchtung spart nicht nur Geld, da das Licht nur dorthin gestrahlt wird, wo es benötigt wird, sondern ist durch reduzierte Blendung auch ein Gewinn für die Sicherheit.
1
Schematischer Vergleich unterschiedlicher Beleuchtungsanwendungen. Rechts geeignete Beleuchtung, welche die Lichtver-
schmutzung verringert. Entnommen von Wikipedia - Sternenpark Schwäbische Alb: http://de.wikipedia.org/wiki/Sternenpark_
Schw%C3%A4bische_Alb
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Vermeidung unnötiger Lichtabstrahlung vermindert gleichzeitig die Beeinträchtigung der Tierwelt und die Aufhellung des Sternenhimmels. Oft ist weniger Licht ausreichend und vor allem angenehmer, da unnötige Reflexion vermindert wird. Warmweißes Licht ist für unsere Gesundheit und unser Wohlempfinden wichtig und hat nebenbei auch noch eine geringe Anlockwirkung auf Insekten [2].
Aber warum ist es eigentlich zu dieser falschen Beleuchtung gekommen? Neben fehlender Sensibilisierung für richtige Beleuchtung sind auch unzureichende Immissionsschutzrichtlinien ein Grund hierfür, denn Straßenbeleuchtung wird darin explizit ausgenommen. Brauchen
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2 Burgruine Bichishausen am 2.1.2013. Der winterliche Sternenhimmel über der
Burgruine Bichishausen im Lautertal, Schwäbische Alb. Im Norden ist der Lichtkegel der Stadt Stuttgart zu sehen, auch wenn diese 50 km entfernt ist. Bildautor: Till Credner
wir also ein Gesetz zur Lichtnutzung? Wer sich in den Städten umschaut, muss leider zu diesem Schluss kommen. So wie auch z. B. Lärm und Emissionen reguliert werden, wird auch beim Licht nicht nur Einsicht ausreichen. Andere Länder und Regionen wie Slowenien und Südtirol machen es uns vor.
Es ist also notwendig, sich mit umweltgerechter Beleuchtung zu beschäftigen: aus wirtschaftlicher, gesundheitlicher
und umweltpolitischer Sicht. Voll abgeschirmte, maßvolle Außenbeleuchtung mit warmweißem Licht aus energieeffizienten Lampen muss den Weg in die Gemeinden finden [3, 4].
,,Einfach nur hell" ist von gestern! Ein bewusster Umgang mit Licht und eine umweltgerechte Beleuchtung mit nachhaltiger Lichtnutzung sind ein wahres Zeichen für Fortschritt.
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Internet- und Literaturhinweise: [1] Studie "Evaluating Potential
Spectral Impacts of Various Artificial Lights on Melatonin Suppression, Photosynthesis, and Star Visibility": www.plosone.org/ article/info:doi/10.1371/journal. pone.0067798 (Stand: Januar 2015) [2] Forschungsverbund Verlust der Nacht: www.verlustdernacht.de (Stand: Januar 2015)
3 Blick vom Jusenberg, dem ,,Jusi", bei Kohlberg, am 12.12.2012. Der Blick geht vom
verschneiten Gipfel des Jusis hinunter auf das Lichtermeer des Neckartals und des Großraums Stuttgart. Jeder sichtbare Lichtpunkt ist eine Leuchte, die einen nicht unerheblichen Anteil ihrer Energie ohne Beleuchtungszweck nach oben abstrahlt. Bildautor: Till Credner
[3] Fachgruppe Dark Sky: www.lichtverschmutzung.de (Stand: Januar 2015)
[4] Projekt Sternenpark Schwäbische Alb: www.sternenpark-schwaebischealb.de (Stand: Januar 2015)
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Politik, Wirtschaft, Lichtverschmutzung - ein Erfahrungsbericht
von Peter Köchling
Die technischen und wissenschaftlichen Hintergründe zur Entstehung von Lichtverschmutzung sind ausreichend untersucht und bekannt. Um zu verstehen, warum es überhaupt ineffiziente künstliche Beleuchtung in unseren Städten und Gemeinden gibt, müssen wir sehr viel tiefer in das Getriebe von Politik und Wirtschaft hineinschauen. Dazu soll beispielhaft meine Erfahrung im Kampf gegen Lichtverschmutzung im ländlichen Westfalen stehen.
Aufgrund eines VdS-Journals über Lichtverschmutzung wurde ich stärker auf die Problematik aufmerksam und fragte mich, was ich in meiner Heimat Geseke gegen Lichtverschmutzung tun könne. Bei meiner Recherche wurde mir sehr schnell klar, dass private und gewerbliche künstliche Beleuchtung weitestgehend außerhalb meines Einflussbereiches liegt. Dagegen liegt die Straßenbeleuchtung, die für schätzungsweise 30 % der Lichtverschmutzung verantwortlich ist, als Bürger meiner demokratisch organisierten Stadt sehr wohl in meinem Einflussbereich. Und da ich nicht nur in der Astronomischen Arbeitsgemeinschaft Geseke aktiv war, sondern auch in
der größten politischen Partei des Ortes, konnte ich mein Engagement in dieser Sache wunderbar und fruchtbar miteinander verbinden.
Die Fakten Bevor man aktiv wird, muss man sich erst einmal umfangreich informieren. Denn die Informationshoheit gegenüber anderen Verhandlungspartnern ist in der Politik ein absolutes Muss. Glücklicherweise und lobenswerterweise gehört die Stadt Geseke zu einer der wenigen Kommunen in Deutschland, die ihren Haushaltsplan u. a. im Internet veröffentlicht. Dies sollte die wichtigste Quelle meiner Kennzahlen sein (Abb. 1). Die Stadt Geseke im nordöstlichen Südwestfalen hat ca. 20.000 Einwohner. 2005 bestand die Straßenbeleuchtung im Wesentlichen aus Quecksilberdampflampen und Halogenlampen. Die Leuchten waren gewöhnliche Standardware der Firma Trilux und zeichneten sich durch durchschnittliche bis schlechte Austrittswinkel aus (Abb. 5). Planung, Installation, Instandhaltung, Wartung und Stromversorgung der Straßenbeleuchtung wird vollständig von der RWE durchgeführt. Stadtrat und Bauausschuss nickten die Vorschläge der RWE
in der Regel ohne kritische Nachfragen ab. In den 1990er-Jahren hatte der Kämmerer der Stadt Geseke mit der RWE in Verbindung mit einem Konzessionsvertrag einen Versorgungsvertrag für die städtische Straßenbeleuchtung ausgehandelt, auf den Nachbarkommunen neidisch schauten. Der Bürgermeister nannte dies: ,,ein Rundum-Sorglos-Paket".
Der Antrag Um in Deutschland etwas politisch zu bewegen, muss man in keiner Partei sein oder ein besonderes Amt bekleiden. Beides hilft aber dabei. Den Antrag für eine effizientere Straßenbeleuchtung habe ich im Namen der Astronomischen Arbeitsgemeinschaft Geseke gestellt und er kann auf unserer Internetseite nachgelesen werden [1].
Einen solchen Antrag in Briefform zu stellen, ist ganz einfach: ,,Sehr geehrter Herr Bürgermeister, ..." und los geht's.
Antrag I Die Verwaltung wird beauftragt, eine Reduzierung der Wege- und Straßenbeleuchtung in Geseke vorzunehmen. Folgende Maßnahmen können dazu erfolgen: a) Abschalten oder Entfernen ganzer
Leuchten b) Zeitweises Abschalten von Leuchten c) Halb-Nacht-Schaltung bei mehreren
Lampen in einer Leuchte d) Dimmen durch geringere Stromein-
speisung oder durch Amplituden- und Frequenzsteuerung e) Einsatz effizienter, energiesparender und dunklerer Lampen
Antrag II Die Stadt Geseke verpflichtet sich selbst, in Zukunft ausschließlich Leuchten zu installieren, welche so konstruiert sind, dass ein Grenzaustrittswinkel von 80 Grad nicht überschritten wird.
1 Gesekes Straßenbeleuchtung in der Übersicht: Diese Folie war Teil der Präsentation
in der Bauausschusssitzung.
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Der Grenzaustrittswinkel ist der Winkel vom Lot aus gemessen, bei dem die Lampe, Lichtquelle oder Flächen großer
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Leuchtdichte gerade nicht sichtbar sind. Ausnahmen von dieser Regelung bedürfen einer besonderen Begründung und Genehmigung.
Auf diese beiden Anträge folgten noch sieben Seiten Begründung mit Bildern, die sich auf folgende Schwerpunkte bezogen: - Kostenersparnis - Verkehrssicherheit - Öffentliche Sicherheit und Krimi-
nalität - Umweltschutz - Öffentliche Gesundheit - Kultur, Image und Stadtmarketing
Das Hauptargument für eine Kommune ist natürlich die jährliche Kostenersparnis, die ich optimistisch auf 60.000 abgeschätzt hatte (Abb. 2).
Die Diskussion Der Antrag wurde an den Bauausschuss weitergeleitet und dort zunächst für ein halbes Jahr ignoriert. Schließlich musste ich auf einer Parteiveranstaltung, als man sich gerade mal wieder über die
2 Wie man ein Viertel der Kosten bei der Straßenbeleuchtung einsparen kann
knappen Kassen der Kommune beklagte, ein paar deutliche und laute Worte finden und an meinen Antrag erinnern. Der Bürgermeister versprach mir sofort, den Antrag nun priorisiert zu behandeln. Im Herbst 2006 durfte ich dann als einfacher Bürger vor dem Bauausschuss ca. 45 Minuten referieren und meinen Antrag vorstellen, was nicht sehr häufig gestattet
wird. Die Versammlung und auch die anwesende Presse reagierten verzückt und überrascht. Aus dem ,,Rundum-SorglosPaket" der RWE wurde an einem Abend ein ,,Rundum-Gedankenlos-Paket". Bei der Argumentation meines Vortrages achtete ich darauf, dass der sachliche Part der Zuhörer angesprochen wurde sowie auch der emotionale Part (Tab. 1).
Tabelle 1: Sachliche und emotionale Argumentation
Sachliche Argumente
Wir können jährlich über 60.000 sparen.
Die Investitionskosten amortisieren sich in wenigen Jahren.
Für die Verkehrssicherheit braucht man eine gleichmäßige und nicht blendende Beleuchtung.
Eine optimale Beleuchtung für die öffentliche Sicherheit ist diejenige, die die Umgebung gerade stark genug ausleuchtet, allerdings so abgeschirmt und gedimmt ist, dass sie nicht blendet.
Lichtverschmutzung hat einen schädlichen Einfluss auf Flora und Fauna.
Lichtverschmutzung hat einen schädlichen Einfluss auf unsere Gesundheit.
Lichtverschmutzung erschwert die Sicht auf den Sternhimmel.
Emotionale Argumente
Das Geld, das wir z. B. für das Jugendheim oder Freibad brauchen, liegt nachts auf der Straße.
Die Stadt sollte ihre RWE-Aktien verkaufen und sich endlich selbst um ihre Straßenbeleuchtung kümmern.
Durch eine hellere Straßenbeleuchtung steigen nachweislich die Unfälle mit schweren Sachschäden und Personenschäden.
Weisheit der Polizei: Der beste Freund des Einbrechers ist die Straßenbeleuchtung, die unsere Wohnungen ausleuchtet.
Wann haben Sie zuletzt einen seltenen Nachtfalter aus Ihrer Kindheit gesehen?
Wozu brauchen Sie eigentlich Rollläden vor Ihrem Schlafzimmer? Bestimmt nicht für den Mond!
Der berühmte Sohn unserer Stadt, Professor Ludwig Schupmann, war nicht nur Entwickler der Straßenbeleuchtung am Brandenburger Tor in Berlin, sondern auch leidenschaftlicher Astronom. Seine über 100 Jahre alten Kandelaber strahlen kaum Licht in den Himmel.
Eine Übersicht einiger meiner Argumente vor dem Bauausschuss. Sachliche und emotionale Argumente für eine bessere Straßenbeleuchtung ergänzen sich, um alle Zuhörer zu gewinnen.
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3 Das Diagramm des Verhältnisses von Nacht-/Tagunfällen nach den Daten von Scott in England [2] zu sehen. Eingefügt ist - mit
dem gleichen Wertebereich - das Diagramm, das die Fördergemeinschaft ,,Gutes Licht" publiziert [3]. Im eingefügten Diagramm der Fördergemeinschaft ,,Gutes Licht" wurden nachträglich erfundene Einzelwerte hineingemalt, um den Anschein eines signifikanten Effektes der Beleuchtungsdichte auf die Unfallzahlen zu erwecken (Grafik: A. Hänel).
Die Reaktion Einige Wochen später hatte die RWE Gelegenheit, auf meinen Antrag zu reagieren und im Bauausschuss zu referieren. Sie hatte diesmal über 90 Minuten Zeit. Die Zeit nutzte sie überwiegend für Dinge, die nichts mit meinem Antrag zu tun hatten, was bei einigen Zuhörern auf Ungeduld traf. Die Argumentation der Vertreter der RWE war einfach: 1. Mehr Licht bedeutet mehr Sicherheit. 2. Mehr Licht ist einfach schöner! Letzteres untermalten Sie emotional mit einem astronomischen Bild der Milchstraße am Ende ihres Vortrages.
Ich ergriff gleich darauf das Wort und machte deutlich, dass ich eben diese Milchstraße in Geseke nur noch schwer sehen könne aufgrund der ineffizienten und lichtverschmutzenden Straßenbeleuchtung der RWE. Die erste These hatte ich im Bauausschuss vor einigen Wochen durch Zahlen der Bundesanstalt für Straßenwesen bereits widerlegt. Nun ging es nur noch darum, die Glaubwürdig-
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keit der RWE anzugreifen. Zum eigenen Schaden hatten die Vertreter der RWE in Sachen Verkehrssicherheit ein Diagramm gezeigt, welches den angeblichen Effekt sinkender Verkehrsunfälle bei hellerer Straßenbeleuchtung zeigt (Abb. 3).
Ich hatte mich gut vorbereitet und zeigte den Zuhörern das Diagramm der RWE über meinen Laptop, da ich es auf der Internetseite der Fördergemeinschaft ,,Gutes Licht", einer Lobbygruppe der Beleuchtungsindustrie, zuvor gefunden hatte. Zunächst machte ich deutlich, dass die angeblichen Messpunkte im Diagramm nachträglich hineingemalt wurden und nur wenig mit dem ursprünglichen Diagramm der Originalstudie zu tun hatten. Anschließend zeigte ich das Diagramm der Originalstudie und erklärte, dass man hier das Verhältnis der Unfälle im Dunklen zu den Unfällen im Hellen gegen die Helligkeit der Straßenbeleuchtung aufgetragen hatte. Helle Straßenbeleuchtungen sind aber vorzugsweise solche Straßen mit hoher
Verkehrsdichte und höheren Unfallzahlen. Das Diagramm ist allein dadurch zu erklären, dass auf Straßen mit höherer Verkehrsdichte die Unfallzahlen überproportional steigen, ein bekannter Effekt im Straßenwesen. Über die Wirkung der Straßenbeleuchtung sagt dies gar nichts aus, da hier Äpfel mit Birnen verglichen werden.
Die Glaubwürdigkeit der RWE lag am Boden des Sitzungssaales. Der Bürgermeister machte deutlich, dass ihm das ,,Rundum-Sorglos-Paket" der RWE zu teuer sei. So gab die RWE zu, dass die Straßenbeleuchtung über Jahrzehnte eben nicht an die Minimalanforderungen der Norm angepasst war. Laut Norm darf man mit sinkender Verkehrsdichte in den Nachtstunden die Straßenbeleuchtung herunterschalten. Die RWE bot somit an, eine Halbnachtschaltung ab 23 Uhr zu installieren, bei der je ein Leuchtmittel in einer Leuchte abgeschaltet wird. Die jährlichen Einsparungen beim Strom würde sich so auf etwa 12.000 Euro be-
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4 LED-Straßenbeleuchtung der Firma Hella, betrieben durch die Stadtwerke
Lippstadt, setzt neue Standards in Sachen Effizienz, Lichtverschmutzung und Design. Die Lichtverteilung ist sehr gleichmäßig bei einem niedrigen Grenzaustrittswinkel.
Aktuelles rund um die Astronomie Zeitschriften und Buchbesprechungen
laufen. Eine Einsparung bei den Unterhaltskosten, z. B. aufgrund des geringeren
Beobachtungspraxis
Verbrauchs an Leuchtmitteln, gestand die RWE aber nicht ein. Des Weiteren kämen
auf die Stadt noch erhebliche Investitionskosten zu, da eine neue Technik eingesetzt werden müsse. Leider war die Stadt durch einen langjährigen Vertrag an die
Der Himmel aktuell
RWE gebunden und konnte so keinen weiteren, unabhängigen und günstigeren
Partner für eine Halbnachtschaltung gewinnen.
uvm.
Die Umsetzung
Einige Monate später wurde die Halbnachtschaltung zunächst probeweise in einer
Straße getestet. Schließlich wurde die Halbnachtschaltung auf das gesamte Stadtgebiet ausgedehnt. Aus der Bevölkerung kam keine negative Rückmeldung. Ich selbst erreichte mit einem weiteren Antrag, dass die Halbnachtschaltung bereits ab 21 Uhr aktiv wurde. Die jährliche Einsparung wuchs somit auf etwa 14.000 Euro.
Die Nachwirkung Etwa zeitgleich hatten die Stadtwerke im benachbarten Lippstadt zusammen mit
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dem Automobilzulieferer HELLA KGaA Hueck & Co. effiziente LED-Straßenleuch-
ten entwickelt und im Stadtgebiet verstärkt aufgestellt (Abb. 4). Damit verpasste
sich Lippstadt nicht nur ein modernes Images, sondern sicherte heimische Arbeits-
plätze in der Wirtschaftskrise - auch die Arbeitsplätze vieler Geseker. So fragten
sich manche Geseker, warum die Stadt Geseke nicht auch die Hella-Leuchten ins-
tallieren und warum sie nicht auch von den Stadtwerken Lippstadt Strom beziehen könne. Beides verhinderten die Verträge mit der RWE. Die Verantwortlichen in Po- RZ_Astronomie-de.indd 1 13.03
litik und Verwaltung erkannten das Sparpotential in Sachen Straßenbeleuchtung
und fühlten sich von der RWE hintergangen. Die Idee, mit anderen Kommunen
eigene Stadtwerke zu gründen, um die Verantwortung für die Straßenbeleuchtung
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gegeben haben. Das wenige Personal in den Bauämtern ist in Sachen Straßenbeleuchtung nur rudimentär ausgebildet. Das Ergebnis ist eine ineffiziente, teure und lichtverschmutzende Straßenbeleuchtung (Abb. 5). Doch gegen den Widerstand der RWE konnte die Stadt Geseke ihre Kosten reduzieren. Dies hat eine öffentliche Diskussion angestoßen, welche die Bürger über eigene Stadtwerke nachdenken lässt. Gleichzeitig wurde die Öffentlichkeit ganz allgemein für das Thema Energieeffizienz und Lichtverschmutzung sensibilisiert. Einen positiven Effekt der Halbnachtschaltung auf die Lichtverschmutzung und damit für die Astrofotografie konnte ich allerdings nicht nachweisen.
Internet- und Literaturhinweise: [1] www.astronomie-geseke.de [2] Scott, P. P. (1980): The Relation-
ship between Road Lighting Quality and Accident Frequency. Report no. 929 des Transport and Road Research Laboratory (TRRL), Crowthorne [3] Licht. Wissen 03, Straßen, Wege und Plätze, Fördergemeinschaft ,,Gutes Licht", S. 14 (www.licht.de)
5 Die RWE setzt in Geseke auf die alte Technik der Firma Trilux. Große Teile des Lichts
werden ungenutzt nach oben abgestrahlt.
selbst zu übernehmen, war geboren. Andere Nachbarkommunen verfolgten das Geschehen in Geseke intensiv und erkundigten sich bei der Verwaltung und auch bei mir nach dem neuen Straßenbeleuchtungskonzept. Das Image der RWE dagegen war auf dem absteigenden Ast. Als Reaktion zeigte die RWE verstärkt Präsenz in Geseke. Von nun an erschien bei jedem Empfang, Stadtfest oder anderen offiziellen Veranstaltungen ein Vertreter der RWE. Man darf ihn, glaube ich, Lobbyist nennen. Gleichzeitig wurden die Geseker Vereine stärker gesponsert und Geseke bekam von der RWE eine neue Weihnachtsbeleuchtung.
Das Fazit Im Jahr 2012 lagen die Stromkosten für die Straßenbeleuchtung in Geseke bei
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80.442,90 Euro und die Unterhaltskosten bei 161.854,90 Euro. Obwohl seit 2004 die Stromkosten Deutschlandweit deutlich gestiegen sind, konnte Geseke mit Hilfe der Halbnachtschaltung die Kosten etwa konstant halten. Die noch laufenden Verträge mit der RWE machen es leider nicht möglich, dass Geseke auch von den tatsächlich geringeren Wartungskosten profitiert. Diese Gewinne streicht sich die RWE ein. Der Antrag II konnte sich gegenüber dem Netzwerk von RWE als Energieerzeuger und Trilux als Leuchtenhersteller nicht durchsetzen.
Geseke ist nur eine von vielen kleinen Kommunen in Deutschland, die sich von großen Energieversorgungsunternehmen abhängig gemacht und die Verantwortung für ihre Straßenbeleuchtung ab-
Inserentenverzeichnis
AME Astro-Messe
63
astronomie.de, Neunkirchen
55
Astro-Shop, Hamburg
U2
Astroshop.de nimax GmbH,
15
Landsberg
Baader Planetarium,
U4
Mammendorf
Bresser GmbH, Reede
45
Gerd Neumann jr., Hamburg
51
Koring, Marocco
69
Kosmos Verlag, Stuttgart
23
Optical Vision Ltd., UK
U3
Optische Geräte Wolfgang Lille, 13 Heinbockel
Spektrum der Wissenschaft Ver- 27 lagsgesellschaft mbH, Heidelberg 115
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Mehr Licht, weniger Sicherheit?!
von Peter Köchling
In der Diskussion um Lichtverschmutzung und Effizienz von Straßenbeleuchtung dauert es nicht lange, und es wird das scheinbare Totschlagargument gegen jeden Versuch, die Helligkeit einer Straßenbeleuchtung zu senken, gezogen: die Verkehrssicherheit! Viele Menschen sind der Meinung, eine hellere Straßenbeleuchtung bedeute automatisch mehr Sicherheit. Und so geraten verantwortungsvolle Politiker, Wissenschaftler und Hobbyastronomen schnell unter den Vorwurf, sie würden ihre eigenen Interessen über die der Verkehrssicherheit und damit die der Allgemeinheit stellen. Doch gilt die These ,,mehr Licht ist gleich mehr Sicherheit" in ihrer Einfachheit tatsächlich?
Rund um diese Frage ranken sich vielerlei Studien unterschiedlicher Qualität und Aussagekraft aus der ganzen Welt, die mal die eine, dann wieder die andere Position bestätigen. Im Folgenden möchte ich die Ergebnisse einer deutschen Studie vorstellen, die wohl eine der umfangreichsten und aussagekräftigsten ist.
1 Änderung der Unfallzahlen nach Aufhellung der Straßenbeleuchtung gegenüber
einer unveränderten Kontrollstrecke. Schwere Schachschäden und Personenschäden steigen mit hellerer Beleuchtung erheblich an.
Die Studie Hintergrund der Studie ist, dass verschiedene westdeutsche Städte in den 1980erJahren dazu übergegangen sind, mit Hilfe von Halbnachtschaltungen die Leuchtdichte auf den Straßen zu halbieren. Die Stadt Münster ging sogar dazu über, ihre Straßenbeleuchtung von vornherein nur halb so hell auszulegen, wie es die Normen DIN 5044 bzw. DIN EN 13201 empfehlen. Die Entwicklung der Unfallzahlen nach Halbierung der Leuchtdichte verhielt sich in den verschiedenen Städten sehr unterschiedlich und wurde von anderen Effekten überlagert. So brauchte es eine sorgfältigere Studie ,,Straßenbeleuchtung und Verkehrssicherheit", die von der Bundesanstalt für Straßenwesen durchgeführt wurde (BAST V14, 1994).
In dieser Studie betrachtete man in sechs westdeutschen Städten 22 Straßen mit reduzierter Leuchtdichte. In einem Teil der Straßen, den Untersuchungsstrecken, wurde die Leuchtdichte durch den Einsatz hellerer Leuchtmittel oder durch die Zurücknahme der Halbnachtschal-
2 Änderung der Unfälle mit Personenschäden nach Aufhellung der Straßenbeleuchtung
gegenüber einer unveränderten Kontrollstrecke. Die nasse Fahrbahn zeigt eine drastische Zunahme der Unfälle nach Aufhellung der Straßenbeleuchtung.
tung erhöht. Die Leuchtdichte wurde also etwa verdoppelt. Der andere Teil der Straßen blieb als Kontrollstrecken unverändert. Anschließend beobachtete man in dem Zeitraum von 1989 bis 1992 die Entwicklung der Unfallzahlen auf den Strecken. Gleichzeitig wurden stichprobenartig Geschwindigkeitsmessungen an PKWs durchgeführt und Passanten nach der Erkennbarkeit von Objekten befragt. Ein großer Vorteil der Studie war, dass bei allen Daten sowohl die Uhrzeit als auch die Wetterbedingungen berücksichtigt wurden. Man wusste also, ob die
Fahrbahn bei der Erhebung der Daten nass oder trocken war.
Insgesamt wurden in dem betrachteten Zeitraum vor und nach Verstärkung der Beleuchtung auf den Untersuchungsstrecken 627 Unfälle gemeldet. Auf den Kontrollstrecken waren es 478 Unfälle. Der Vergleich der prozentualen Änderung von Vorher zu Nachher zeigte, dass schwere Sachschäden und Personenschäden auf den Untersuchungsstrecken gegenüber den Kontrollstrecken deutlich zugenommen hatten (Abb. 1). Leichte
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ßerer Leuchtdichte auf trockener Fahrbahn (Abb. 5). Allerdings bewerteten die Passanten auf den Kontrollstrecken die Beleuchtung ebenfalls als besser, ohne dass hier etwas geändert wurde (Abb. 6). Andere Effekte scheinen die Passanten während der Befragung beeinflusst zu haben, so dass sich die Erkennbarkeit durch hellere Beleuchtung schlussendlich nicht signifikant verbessert hat.
3
Änderung der Gesamt-Unfallzahlen vor 23 Uhr und nach 5 Uhr nach Aufhellung der Straßenbeleuchtung gegenüber einer unveränderten Kontrollstrecke. In der Hauptverkehrszeit ist die negative Wirkung der hellen Straßenbeleuchtung am deutlichsten.
Einen markanten Effekt hatte die hellere Straßenbeleuchtung auch auf die mittleren Geschwindigkeiten der PKW (Tab. 1). Auf trockener Fahrbahn wurde bei größerer Leuchtdichte im Mittel 0,52 km/h schneller gefahren, auf nasser Fahrbahn sogar 1,05 km/h schneller. Die Kontrollstecken ohne hellere Straßenbeleuchtung zeigten im betrachteten Zeitraum keine Veränderung der mittleren Geschwindigkeit. Auch dieser Effekt überrascht nicht. Es ist bekannt, dass eine hellere Straßenbeleuchtung unbewusst ein Gefühl der Sicherheit vermittelt, welches zu höheren Geschwindigkeiten verleitet. Positive Effekte durch eine eventuell bessere Erkennbarkeit von Objekten werden so durch längere Bremswege wieder wettgemacht.
4 Änderung der Gesamt-Unfallzahlen zwischen 23 Uhr und 5 Uhr nach Aufhellung der
Straßenbeleuchtung gegenüber einer unveränderten Kontrollstrecke.
Sachschäden sind zurückgegangen. Vielleicht hilft eine hellere Straßenbeleuchtung beim Einparken.
Die Befragung der Passanten ergab tendenziell eine bessere Erkennbarkeit von Objekten bei Untersuchungsstrecken grö-
Insgesamt lassen die Zahlen der Bundesanstalt für Straßenwesen nur ein vernichtendes Urteil gegenüber den Empfehlungen der Norm zur Leuchtdichte zu: Die volle Straßenbeleuchtung erhöht die Unfallzahlen, insbesondere auf nasser Fahrbahn, und führt zu erhöhten Geschwindigkeiten. Eine Halbierung der
Bei genauerer Betrachtung der Personenschäden (Abb. 2) zeigte sich, dass auf nasser Fahrbahn die hellere Straßenbeleuchtung verheerend wirkte und die Unfälle um 83 % zugenommen hatten. Ein Effekt der nicht verwundert, führt man sich vor Augen, wie sehr die Straßenbeleuchtung auf nasser Fahrbahn blendet und die Erkennbarkeit insbesondere von Passanten erheblich verschlechtert. Die negative Wirkung der helleren Straßenbeleuchtung zeigt sich vor allem zu Zeiten höherer Verkehrsdichte also vor 23 Uhr und nach 5 Uhr (Abb. 3). Alle drei Arten von Unfällen nahmen um mindestens 15 % zu. Zwischen 23 Uhr und 5 Uhr zeichnet sich keine klare Tendenz der Unfallzahlen ab (Abb. 4).
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5 Bewertung der Erkennbarkeit von Fußgängern und Radfahrern anhand einer
Befragung von Passanten. Es existiert eine leichte Tendenz zur besseren Erkennbarkeit bei hellerer Straßenbeleuchtung.
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Gesamtbewertung der Erkennbarkeit von Objekten anhand einer Befragung von Passanten. Weniger Punkte bedeuten hier bessere Erkennbarkeit. Die Passanten beurteilen die Erkennbarkeit in den Zeiträumen der besseren Beleuchtung auch bei den unveränderten Kontrollstrecken besser.
Tabelle 1: Änderung der PKW-Geschwindigkeiten nach Verbesserung der Straßenbeleuchtung auf den Untersuchungsstrecken im Vergleich zu den unveränderten Kontrollstrecken. Eine hellere Straßenbeleuchtung scheint zu erhöhten Geschwindigkeiten zu führen.
Straßenbeleuchtung wäre daher im Sinne der Verkehrssicherheit ratsam.
Die Interpretation der Autoren Interessanterweise kommen die Autoren zu einem ganz anderen Schluss. In der Kurzfassung heißt es: ,,Die Unfallauswertungen zeigten, dass die verbesserte Straßenbeleuchtung teilweise einen Einfluss auf die Unfallentwicklung hatte. Bei trockener Fahrbahn ergab sich bei Unfällen mit Personenschaden zwischen 23 und 5 Uhr ein Rückgang der Unfallzahlen gegenüber der Kontrollstrecke um rund 45 %. Allerdings ist dieser Unterschied aufgrund zu geringer Unfallzahlen nicht signifikant. Bei Unfällen mit einer Beteiligung von Fußgängern und Radfahrern ergab sich ein signifikanter Rückgang um 68 %. Die Geschwindigkeitsmessungen wiesen nach, dass ein Sicherheitsgewinn aufgrund besserer Lichtverhältnisse nicht durch ein höheres Geschwindigkeitsniveau wieder kompensiert wurde."
Die Autoren lassen wesentliche Erkenntnisse der Daten und Fakten einfach unter den Tisch fallen und heben lediglich jene Fakten hervor, welche die These ,,Mehr Licht ist gleich mehr Sicherheit" stützen. Bemerkenswert ist zudem, dass viele der oben gezeigten Diagramme in der Studie überhaupt nicht zu finden sind. Die dramatische Entwicklung der Personenschäden bei nasser Fahrbahn wurde gar nicht in Diagrammen ausgewertet. Diese musste ich mir aus den Rohdaten zunächst herausrechnen, um die Diagramme überhaupt erstellen zu können.
Cui bono? Ganz offensichtlich neigten die Autoren bei dieser Studie dazu, die Daten erheblich zu filtern und zu schönen, um den Empfehlungen der Norm nicht zu widersprechen. Nun kann man an dieser Stelle Spekulationen für ihre Motivation anstellen, die mich mit Sorge erfüllen, wenn man bedenkt, dass die Norm zur Straßenbeleuchtung auf Empfehlungen
der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft e. V. beruht, die wiederum von Vertretern der Beleuchtungsindustrie dominiert wird. Die Industrie macht sich also ihre Norm selbst!
Doch solche Spekulationen übersteigen den Einflussbereich einfacher Hobbyastronomen. Dennoch kommt uns eine wichtige Rolle in der Diskussion um Lichtverschmutzung zu, da wir unabhängig von wirtschaftlichen oder politischen Interessen in der Öffentlichkeit beratend auftreten und Zusammenhänge beschreiben können, die andere nicht sehen können oder wollen.
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Amateurteleskope / Selbstbau
Eine kleine Deutsche Montierung mit je einem Vierpunktlager pro Achse
von Matthias Muttersbach
- Teil 2 -
In Teil 1 (VdS-Journal für Astronomie Nr. 53) ging es viel um Theorie und Beweggründe, in einer Montierung Vierpunktlager statt Kegelrollen- und/oder Rillenkugellager zu verbauen. Hier sollen nun die Fertigstellung und Erfahrungen mit den ersten Einsätzen der Montierung geschildert werden.
Das Design für die Montierung stand Juni 2012 fest und war so gut wie endgültig. Daraufhin bestellte ich ein zweites Lagerelement LEL bei der Fa. Franke GmbH. Eines hatte ich ja schon, das war aber in meiner ersten Selbstbaumontierung verbaut, die nun zerlegt werden musste. Die Schneckenräder und Schnecken gab es, so wie ich sie benötigte, nicht vom Band. Also nahm ich Kontakt zur Fa. Kremp Wetzlar auf und fragte dort die Verzahnung von Rohlingen an, die ich selbst fertigen konnte. Die positive Rückmeldung veranlasste mich dann zu weiteren Materialbestellungen und die Fertigung konnte im Juli 2012 starten. (Anm. d. Red.: im Folgenden stehen ,,RA" für die Stundenachse und ,,DE" für die Deklinationsachse der Montierung.)
Zunächst wurden die Grundplatte RA, die Lagerschalen und die RA-Welle gefertigt. Danach die Welle in RA für die Grobverstellung und der ,,RA-Kopf" - dort wird später das DE-Gehäuse aufgeschraubt (Abb. 1 u. 2). Die Gesamthöhe der RASektion beträgt im Zusammenbau 91 mm, der Durchmesser des RA-Kopfes 100 mm. Das Lager wurde bei diesem Fertigungsstand aber noch nicht zu 100 % eingestellt, das kommt später, wenn die Montierung fast fertig ist. Die Welle für die Grobverstellung RA ist aus Messing, gleitend in der RA-Welle gelagert und in zusammengebautem Zustand mit dem RA-Kopf verschraubt.
1 Von links nach rechts: RA-Kopf, RA-Welle mit Drahtbett, Grundplatte RA, obere, untere
Lagerschale, Grobverstellung RA (aus Messing, gleitend in der RA-Welle gelagert). (RA bezieht sich auf die Stundenachse)
wurde in das DE-Gehäuse integriert (Abb. 3). Zur Einstellung des Lagerspiels wurde die Abstimmfläche der Lagerschale bearbeitet. Die Welle für die Grobverstellung DE besteht aus Alu, die gleitend in zwei Messingbuchsen gelagert ist, welche sich in der DE-Welle befinden. Die Abbildung 4 zeigt den Zusammenbau der DE-Sektion, auch hier noch ohne Schneckenrad. Der Durchmesser beträgt 100 mm, die Länge über alles ca. 161 mm. Hier ist das Lagerspiel schon eingestellt. Die Vorgehensweise zur Einstellung des Spiels schildere ich weiter unten im Verlauf dieses Berichtes an der RA-Achse.
Als Nächstes mussten die Rohlinge für die Schneckengetriebe gefertigt werden. Die Verzahnung sollte Modul 0,7 sein und die Zähnezahl der Schneckenräder 144, da ich die Motoren und GOTO-
2 RA-Achse (Stundenachse)
zusammengebaut, noch ohne Schneckenrad
Weiter ging es mit der DE-Sektion. Hier wurden nicht - wie in RA - zwei äußere Lagerschalen gebaut, sondern nur eine. Das Drahtbett für den zweiten Laufring
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3 Von links nach rechts: DE-Kopf, Lagerschale, DE-Welle mit Drahtbett, DE-Gehäuse,
Grobverstellung DE (aus Alu, gleitend in Messingbuchsen in der DE-Welle gelagert) mit Abschlussplatte. (DE bezieht sich auf die Deklinationsachse)
Amateurteleskope / Selbstbau
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4
DE-Achse (Deklinationsachse) zusammengebaut, noch ohne Schneckenrad
5 Die Rohlinge der Schneckenräder aus Bronze komplett auf der jeweiligen Welle
montiert (links DE-, rechts RA-Welle). Die Räder wurden so auf den Wellen montiert verzahnt.
Steuerung einer SynScan EQ5 verwenden wollte. Den notwendigen Durchmesser der Rohlinge kann man zwar berechnen, ich fragte aber zur Sicherheit noch mal bei Herrn Kremp nach. Wie sich herausstellte, war das eine gute Idee. Mir wurde der Rat gegeben, die Rohlinge mit einem Aufmaß von 0,15 mm im Durchmesser zu fertigen. Des Weiteren schlug mir Herr Kremp vor (Fa. Kremp, Wetzlar) die Schneckenräder doch besser jeweils komplett auf der Welle montiert zu verzahnen, um einen besseren Rundlauf zu erhalten. Das waren natürlich wertvolle Hinweise, die ich gerne entgegennahm. Also machte ich mich an die Arbeit und fertigte die Rohlinge. Die Abbildung 5 zeigt die Rohlinge der Räder aus Bronze komplett auf der jeweiligen Welle montiert, so wie sie verzahnt werden sollten. Die Abbildung 6 zeigt die beiden Schneckenrohlinge, Stand September 2012.
Nach einer eineinhalbjährigen Pause, Ende März 2014, konnte dann die Verzahnung in Auftrag gegeben und die Montierung weitergebaut werden. Es fehlten noch die Polhöhenwiege, Schnecken- und Motorlager; das DE-Gehäuse war auch noch nicht ganz fertig. Und
vor allem musste das Lagerspiel der RAAchse noch eingestellt werden. Die Wellen waren jetzt jedoch erst einmal zum Verzahnen unterwegs. Aber es gab ja genug zu tun, bis diese wieder zurückkommen würden. Zunächst wurde die Polhöhenwiege gefertigt, dann ging es an die finale Bearbeitung des DE-Gehäuses. Als das fertig war, konnte man sich die Montierung das erste Mal halbwegs komplett ansehen,
6 Die Schneckenrohlinge aus Edelstahl
um einen Gesamteindruck zu bekommen. Die Abbildung 7 zeigt die Montierung, im Hintergrund liegt ein 6-Zoll-f/6-Newton. Am 15. Mai 2014 kamen die sehnlichst erwarteten Schneckengetriebe zurück. Auf den ersten Blick sahen die Schnecken und Schneckenräder sehr gut aus. Ich habe die Montierung testweise zusammengebaut (Abb. 8) und konnte nun auch das Lagerspiel der RA-Achse prüfen. Da gab es natürlich ein leichtes Spiel. Die Montierung wurde wieder zerlegt und von der Abstimmfläche der unteren Lagerschale wurden ca. 0,05 mm abgenommen. Dann wurde das Lager wieder zusammengebaut und erneut geprüft.
Mit dem Prüfen des Spiels ist das so eine Sache. Ich hatte keine ausreichenden Vorrichtungen, um das Spiel objektiv zu messen, sondern musste es erfühlen. Beim Abstimmen der Lagerschale musste ich mich dann herantasten. Die Lagerschale der RA-Achse habe ich zweimal abstimmen müssen (jeweils um ca. 0,05 mm), bis ich mit dem Spiel zufrieden war.
Weiter ging es mit der Fertigung der Schnecken- und Motorlager. Die Schnecken sind radial mit je zwei Rillenkugellagern versehen, die sich in entsprechenden justierbaren Lagerböcken befinden. Axial laufen die Schnecken gegen Anlaufscheiben und Einstellbuchsen aus Messing mit Außengewinde M12 x 0,5. Mit diesem feinen Gewinde kann man das axiale Spiel der Schnecken sehr schön einstellen. Dann kamen noch Kleinigkeiten wie Achsklemmungen, Verkleidungen etc.
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Amateurteleskope / Selbstbau
7 Die Montierung halbwegs zusammengebaut, im Hintergrund liegt ein
6-Zoll-f/6-Newton als Größenvergleich.
in GOTO-Geschwindigkeit bewegen. Ich gab die passenden Parameter ein und los ging's. Anstandslos brachte die Montierung das Teleskop in Position. Das bedeutet: Test 1 bestanden. Seitdem heißt die Montierung ,, leonis".
Der Sommer 2014 war wetterbedingt leider nicht besonders geeignet, um Astronomie zu betreiben. Obwohl es schon erste Nachführtests gab, die vielversprechend waren, musste ich bis zum 21. September 2014 warten, bis die leonis das erste Mal zeigen durfte, was sie zunächst mit einem kleinen ED80 kann. Als fotografisches Objekt wählte ich Barnard 142/143 aus, zwei benachbarte Dunkelnebel, auch bekannt als ,,Barnards E" im Adler. Finale Rohbilder konnte ich am 26. September 2014 sammeln. Das Ergebnis ist in der Abbildung 10 zusehen. Die Nachführung durch den 60 mm/238 mm-Sucher via PHD und ALCCD5 war
8 Montierung testweise zusammengebaut, ohne Schneckenlagerungen und ohne
Verkleidungen
Am 23. Mai 2014 war es dann endlich so weit: Die Montierung steht auf der Säule und trägt meinen 10-Zoll-Newton mit einem Eigengewicht von ca. 13 kg und 8 kg Gegengewichten (Abb. 9). Das Gewicht der Montierung selbst beträgt ca. 10 kg. Natürlich wackelte ich vorsichtig an dem Setup herum und war selbst überrascht, wie stabil das Ganze war. Eigentlich wackelte gar nichts. Dann prüfte
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ich, ob die Antriebe ihren Sinn erfüllen. Dazu wurde die Montierung zunächst vorsichtig mit den Richtungstasten der Handbox bewegt, erst langsam, dann immer schneller, bis ich bei GOTO-Geschwindigkeit war. Als auch das alles in Ordnung war, beschloss ich den Newton per GOTO auf Regulus zu richten. Dazu musste die Montierung das Fernrohr jeweils ca. 90 Grad um die RA- und DE-Achse
9 Die fertige Montierung trägt meinen
10-Zoll-Newton mit einem Gewicht von ca. 13 kg plus 8 kg Gegengewichte. Die Montierung selbst wiegt ca. 10 kg und heißt jetzt ,, leonis".
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10 Barnard 142/143 vom 26.09.2014 durch ED80 auf leonis.
Nachführung durch Sucher 60 mm/238 mm, PHD und ALCCD5; Abweichung: ca. 2 Bogensekunden.
mit einer Abweichung von ca. 2 Bogensekunden mehr als zufriedenstellend. Demnächst werden größere Teleskope zum Einsatz kommen.
Fazit Die Verwendung von Vierpunktlagern hat Vor- und Nachteile. Die Vorteile liegen klar auf der Hand und überwiegen nach meiner Auffassung die Nachteile bei Weitem, die lediglich im Arbeitsaufwand und in den etwas höheren Anforderungen an die Präzision bei der Fertigung liegen. Die Lagerelemente sind nicht ,,besser" als andere Lager oder -kombinationen. Erfahrungsgemäß kann ich sagen, dass die Lagerelemente in Alu verbaut sehr ,,tolerant" sind, auch wenn man beim Abstimmen etwas zu viel Material abgenommen hat, da Alu relativ weich ist. In den Technischen Informationen der Fa. Franke GmbH, die auf deren Webseite kostenlos erhältlich sind, wird wegen Setzverhalten sogar eine Vorspannung empfohlen. Aber man sollte es natürlich nicht übertreiben. Ich kann jedem ambitionierten Selbstbauer nur Mut machen, die Verwendung solcher Lager in Betracht zu ziehen.
Danksagung Der größte Dank gehört meiner lieben Frau. Ohne ihr Verständnis wäre das Projekt nicht umsetzbar gewesen. Mein Dank gilt weiter der Firma Franke GmbH für die freundliche Beratung und die Berechnungen der Lager. Mein Dank gilt nicht zuletzt der Firma Kremp, Wetzlar, für die freundliche Beratung und die sehr gute Arbeit.
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Neues aus der VdS-Fachgruppe Astrofotografie
- Das Astrofoto des Jahres 2014
von Thorsten Zilch
Die Mitglieder der Fachgruppe Astrofotografie hatten auch für das Jahr 2014 wieder die ehrenvolle Aufgabe, das Astrofoto des Jahres zu wählen. Aus einem Fundus von insgesamt 52 Astroaufnahmen, die als ,,Astrofoto der Woche" (AdW) unter Astronomie. de innerhalb eines Jahres aus dem Kreis der deutschsprachigen Astrofotografen regelmäßig veröffentlicht werden, galt es, die ersten drei Plätze zu nominieren.
Mit einer Wahlbeteiligung von 65 % konnten folgende drei Platzierungen bestimmt werden:
Platz 1:
Fabian Neyer, Woche 10 Die Dunkelwolke LDN 1251 - was verbirgt sich dort?
1 Die Dunkelwolke LDN 1251.
Fabian Neyer hat diese beeindruckende Szenerie in neun Nächten zwischen Juli und August 2013 an der Sternwarte Antares in Gossau/ Schweiz eingefangen. Mit einem Apochromaten TEC140 (f = 1.027 mm) und einer SBIG STL-11000M wurde das LRGB-Bild 9,3/4,3/2,7/3,3 Stunden belichtet, zusammen 19,7 Stunden!
Platz 2:
Endriko Siegismund und Gorden Konieczek, Woche 28 Nebel um Bernes 157
Platz 3:
Ulrich Teschke, Woche 43 Die Lofoten, ein Ort für die Polarlichtfotografie
Die drei Siegerbilder sind an dieser Stelle noch einmal abgebildet. Platz 3 wird im nachfolgenden Beitrag ,,Astrofotografen und Nordlichter" von Peter Riepe gezeigt. Herzlichen Glückwunsch den Gewinnern, aber auch recht herzlichen Dank an die vielen treuen Einsender!
Ihr AdW-Team der FG Astrofotografie
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2 Endriko Siegismund und Gorden Konieczek waren im Mai 2014 eine Woche auf der Farm Tivoli (Namibia). Zahlreiche Bilder entstanden,
darunter auch die Südliche Krone, hier als Ausschnitt. Kamera war eine auf ca. -16 Grad C gekühlte, modifizierte Canon 60D an einem Apochromaten TMB 80 mm/480 mm. Belichtet wurde 14 x 600 s bei ISO 500.
Astrofotografen und Nordlichter
von Peter Riepe
Polarlichter sind stets eine Folge koronaler Auswürfe der Sonne. Passt die Auswurfrichtung zur Position der Erde, so gelangen diese Gasmassen etwa drei Tage später zur Erde. Die elektrisch geladenen Teilchen wandern entlang der Magnetfeldlinien in Richtung der geomagnetischen Pole und fallen in die Erdatmosphäre ein. Dabei erzeugt die Wechselw irkung mit geladenen Teilchen der Lufthülle dynamische Emissionen, die visuell überwiegend als graue Schleier sichtbar sind. Fotografische Aufnahmen jedoch zeigen sie in prächtigen Farben. Auf der Nordhalbkugel reden wir von Nordlichtern, auf der Südhalbkugel von Südlichtern. Ab und zu - besonders zu Zeiten starker Sonnenaktivität - kann man Nordlichter auch in mittleren Breiten bewundern. Schöner und höher am Himmel jedoch präsentieren sie sich in einem wenige Grad breiten Korridor, der sich wie ein geschlossener Gürtel von
Skandinavien über Nordsibirien, Alaska, Nordkanada, Neufundland, Grönland und Island erstreckt [1].
Ulrich Teschke suchte mit Astrofreunden im März 2014 die Lofoten auf - eine Inselkette auf 68 Grad nördlicher Breite vor der norwegischen Atlantikküste. Am 26. März gelang ihm ein Supermotiv (Abb. 1, S. 66). Kamera war eine Pentax K5 (DSLR APS-C) mit einem Weitwinkel-Zoomobjektiv Sigma 10-20 mm, 1:3,5. Bei einer effektiven Brennweite von 16 mm, offener Blende und Empfindlichkeitseinstellung auf ISO 100 wurde 10 s belichtet. In der Bildmitte erkennt man das Sternbild Perseus, etwas tiefer zum Horizont hin steht Persei (Algol). Vom Perseus aus nach rechts oben sieht man den bekannten Doppelsternhaufen h/Chi Persei, oben am Bildrand das Sternbild Cassiopeia. Wegen der hohen geografischen Breite der Lofoten steht die Cassiopeia selbst bei unterer
Kulmination sehr hoch über dem Nordhorizont. Links fällt der helle Stern Aurigae (Capella) ins Auge.
Zu dieser Szenerie schreibt der Bildautor, so als wäre es live: ,,In dieser Nacht tanzt der Polarlichtbogen stundenlang direkt über unseren Köpfen. Das hellste Band steht bei dieser Aufnahme in meinem Rücken und lässt die schneebedeckten Berge grün leuchten. Etwas abseits des hellen Bandes findet dieses besonders nuancierte Farbenspiel statt. Die Strahlen schießen nicht in die Höhe, sondern fließen langsam wie Öltropfen vom Himmel herab. Mit bloßem Auge sind die Polarlichter beinahe farblos und mitunter kaum von Wolkenstreifen zu unterscheiden, erst die Kamera lässt die Farbenvielfalt zum Leben erwachen. Das allgegenwärtige Grün des Sauerstoffs in tieferen Schichten fällt hier etwas schwächer aus und das üb-
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Amateurteleskope / Selbstbau
1 Nordlicht über den Lofoten, Bildautor Ulrich Teschke. Daten im Text.
2 Nordlicht über Island, Bildautor Rainer Sparenberg. Daten im Text.
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Astrofotografie
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licherweise über dem Grün auftretende Rot, ebenfalls vom Sauerstoff, ist in diesem Ausschnitt gar nicht vertreten. Umso kräftiger tritt das Violett des Stickstoffs hervor, welches durch tiefes Eindringen bei hohen Energien entsteht. Durch die Überlagerung dieser Farben in unterschiedlichen Anteilen entwickeln sich zahlreiche Farbschattierungen, die auch ins Blau reichen."
Weitere Polarlichtbilder sind auf der Homepage des Bildautors zu finden [2].
Rainer Sparenberg hatte sich Island für Polarlichtaufnahmen ausgesucht. Am 7.
September 2014 stellte er am Ort Jökulsarlon mit Blick auf den Atlantik seine Canon 6D auf (Abb. 2). Sie war für die Polarlichtfotografie mit einem Weitwinkelobjektiv ausgerüstet (Walimex 1:2,8/14 mm). Bei einer Empfindlichkeitseinstellung von ISO 1600 und Blende 4 belichtete er gegen 01:20 Uhr MESZ 12 Sekunden. Im oberen rechten Teil des Nordlichts zeichnet sich der Zentralteil des Perseus ab. Inmitten des grünen Lichts steht Capella, unten im dichtesten Bereich erkennt man die Zwillinge mit Castor und Pollux. Rechts im Bildfeld stehen die Plejaden und Hyaden, rechts oben die hellsten Sterne des Widders.
Links neben dem Nordlicht stehen die weniger markanten Sterne des Sternbildes Luchs sowie die ,,Tatzensterne" des Großen Bären.
Beide Astrofotografen haben neben dem Nordlicht auch sehr schön die Landschaft mit ins Bild einbezogen. Das trägt ungemein zu der erzielten Bildwirkung bei.
Internetlinks (geprüft: November 2014): [1] Aurora Forecast, www.swpc.noaa.
gov/ovation/North_New.html [2] www.ulrich-teschke.de/polarlichter.
htm
Amerikanische Nationalparks in der Nacht
von Michael Kunze
Meine Frau und ich haben 2014 eine weitere Reise in den Südwesten der USA unternommen. Ziel war es, einige der großen Nationalparks nicht nur am Tag, sondern auch in der Nacht zu besuchen. Denn der Nachthimmel ist in weiten Teilen stockfinster und man kann so einen grandiosen Nachthimmel genießen. In Kombination mit einer atemberaubenden Landschaft ist das ein starkes Erlebnis. In den Nächten habe ich mir vorgenommen, die Landschaft und den Himmel im Zeitraffer aufzunehmen. Zudem wollte ich Weitwinkelaufnahmen der Milchstraße machen.
1 Eine von 27 Antennen des VLA mit Schienensystem
In vielen Nationalparks werden von den Park-Rangern astronomische Beobachtungen angeboten. So kann der Besucher oftmals die Sonne im Weißlicht, aber auch im H-Licht beobachten. Am Abend kann man zudem an Beobachtungen der Sterne mit größeren Teleskopen teilnehmen. Die Infrastruktur der Parks ist bemerkenswert und trägt maßgeblich zum Schutz der Natur bei.
Auf der Reise haben wir eine erste Nacht am Very Large Array (VLA) verbracht. Das VLA ist ein Radioobservatorium im Bundesstaat New Mexico, 80 Kilometer von Socorro entfernt. Es liegt auf 2.124 Metern über dem Meer und wird vom
2 Wartungshalle und Transporteinheit
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Astrofotografie
3 Delicate Arch
National Radio Astronomy Observatory (NRAO) betrieben. Das VLA besteht aus 27 einzelnen Radioteleskopen, die einen Durchmesser von 25 Metern besitzen. Jedes Teleskop wiegt 230 Tonnen. Die einzelnen Teleskope können in verschiedenen Stellungen auf einer Y-förmigen Schienenstrecke angeordnet werden
(Abb. 1). Jeder Arm des Y ist 21 Kilometer lang. In der größten Ausdehnung entspricht das nach dem Prinzip des Interferometers einem Teleskop von 36 Kilometern Durchmesser. Für Besucher gibt es ein Besucherzentrum und man kann sich einige der Einrichtungen anschauen. Interessant ist die Wartungshalle, in der ein Teleskop in aufgerichtetem Zustand Platz findet. Zudem kann das Transportgerät angeschaut werden, mit dem die
Teleskope verschoben werden können (Abb. 2). Dies geschieht über ein Schienensystem.
Einige 100 Kilometer weiter nördlich verbrachte ich eine weitere Nacht im Arches National Park. Dieser Park zeichnet sich durch viele Felsbögen aus, die durch ständige Erosion und Verwitterung entstehen und vergehen. Der bekannteste ist der 14 Meter hohe Delicate Arch (Abb. 3). Diesen kann man von einem Parkplatz aus sehen. Aber erleben kann man den Delicate Arch erst, wenn man die 1,7 Meilen von der Wolfe Ranch wandert. Relativ steil geht es schon durch eine tolle Landschaft und vorbei an alten Petroglyphen. Ich verbrachte die Nacht allein und machte meine Aufnahmen. Die Milchstraße stieg nach Sonnenuntergang empor und zeigte sich frühmorgens über dem Steinbogen (Abb. 4).
Eine faszinierende Stimmung kann man zudem auch möglichst noch bei Mondschein am Grand Canyon erleben. Besonders im Mondlicht wirkt der Riese unter den Canyons außerordentlich beeindru-
4 Delicate Arch mit Milchstraße
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Astrofotografie
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5 Polstrichspur über dem Grand Canyon
ckend. Am North Rim kann man über dem Canyon die Milchstraße sehen und am South Rim bietet der Canyon auch den Blick auf den Nordhimmel (Abb. 5). Beide Seiten des Canyons sind sehr beeindruckend. Jeweils eine Nacht habe ich am North und am South Rim verbracht. Viele bedeutende und namhafte Observatorien befinden sich in der Gegend. Wir besuchten zum einen das Kitt Peak National Observatory, welches 80 Kilometer von Tuscon entfernt ist, außerdem das Lowell Observatory in Flagstaff.
ressierten über die Geschichte und die Forschung auf dem Berg. Entweder kann man an einer geführten Tour teilnehmen oder auf eigene Faust das Gelände kennenlernen. Das McMath-Pierce Telescope und das Mayall Telescope haben Besucherplattformen (Abb. 8), von denen aus sie näher betrachtet werden können.
In der Stadt Flagstaff im Bundesstaat Arizona befindet sich das Lowell Obser-
In rund 80 Kilometern Entfernung zur Großstadt Tuscon in Arizona befindet sich auf dem 2.095 Meter hohen Kitt Peak das Observatorium inmitten der Sonora-Wüste gelegen. 1958 wurde der Gipfel ausgewählt und beherbergt heute rund 20 Teleskope. Die größten sind das Mayall Telescope mit 4 m Öffnung (Abb. 6) und das WIYN Telescope (3,5 m Öffnung). Außerdem befindet sich auf dem Gipfel das imposante McMath-Pierce Solar Telescope (Abb. 7), das größte Sonnenteleskop der Welt. Auch ein 25-mRadioteleskop ist zu finden, das zum Very Long Baseline Array gehört und eine von 10 Stationen in Amerika ist.
Ein Besuch auf dem Kitt Peak ist sehr lohnenswert. Ein sehr gut gestaltetes Besucherzentrum informiert den Inte-
vatory, welches 1894 von Percival Lowell gegründet wurde. Hier sollten der Planet Mars und die von Giovanni Schiaparelli in den Jahren 1877 bis 1879 beobachteten Marskanäle weiter untersucht werden - weswegen der Berg, auf dem die Sternwarte steht, auch Mars Hill heißt. 1930 wurde Pluto nach jahrelanger Vorarbeit in Flagstaff entdeckt. Das Plutoteleskop und die beiden Fotoplatten, mit denen Pluto entdeckt wurde, können besichtigt
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Astrofotografie
6 4-m-Mayall-Teleskop 7 Oben: McMath-Pierce-Teleskop
8 Unten: Kuppel des Mayall-Teleskops
werden. Eindrucksvoll ist auch die Besichtigung des 61-cm-Clark-Refraktors, der zur Beobachtung des Mars herangezogen wurde.
Ein weiteres Highlight in der Gegend ist der wenige Kilometer von Flagstaff entfernte Barringer-Meteorkrater. Mitten in der Wüste erhebt sich 45 Meter hoch der Kraterwall. Der Einschlagkrater selbst hat einen Durchmesser von 1.200 Metern und eine Tiefe von 180 Metern. Vor rund 49.000 Jahren schlug hier ein 300.000 Tonnen schwerer Meteorit ein, der diese Narbe in der Landschaft hinterließ. Ein Großteil seiner Masse verdampfte allerdings. Ein sehr gut gestaltetes Besucherzentrum informiert über die Geschehnisse. Das größte Stück des gefundenen Meteoriten ist ausgestellt.
Das ,,Haus der Sonne", der HaleakalaVulkankrater auf der hawaiianischen Insel Maui, war mein letztes Ziel. Hier erlebte ich meine bisher eindrucksvollste Nacht. Unter extrem dunklem Himmel ging die Milchstraße über dem 4.200 Meter hohen Schildvulkan Mauna Kea auf, und ich habe bisher noch nie eine solch beeindruckende Nacht erlebt (Abb. 9)! Der Mauna Kea befindet sich auf der Nachbarinsel Hawaii Big Island. Auf der Inselgruppe lebt eine endemische Gänseart, die Nene, in Höhen zwischen 1.5002.500 Metern. Im Jahr 1778 wurden noch 25.000 Exemplare gezählt, die durch Einfuhr fremder Arten nach Hawaii bis 1950 auf 30 Tiere reduziert wurden. Durch eingeleitete Schutzmaßnahmen waren es 1999 wieder rund 1.000 Tiere. Tagsüber bekommt man das scheue Tier selten zu Gesicht. In dieser Nacht waren um mich herum viele Gänse, die ich zwar nicht gesehen, aber gehört habe. Die Tiere flogen über mich hinweg und waren neben mir und schnatterten unentwegt. Zusammen mit dem eindrucksvollen Himmel ein wahres Erlebnis.
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9 Rechte Seite (Querformat):
Aufgehende Milchstraße auf Maui, Hawaii
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Atmosphärische Erscheinungen
1
22 Grad -Ring und oberer Berührungsbogen im Eisnebel am Nachmittag des 28.11.2014 im Neklid-Gebiet, Foto: Claudia Hinz
Nebelsuppe: Bericht vom Treffen der Beobachter atmosphärischer Erscheinungen
in Bozí Dar/Gottesgab (CZ), 28.-30.11.2014
von Alexander Haußmann
Bereits zum 12. Mal versammelten sich mittlerweile die Enthusiasten von Halos und anderen atmosphärischen Erscheinungen in Form eines ,,Halotreffens". In den letzten 5 Jahren wurden diese Treffen stets an Orten abgehalten, die durch besondere Eisnebel-Halophänomene aufgefallen waren. Nach dem Sudelfeld in Oberbayern und Davos in der Schweiz fiel die Wahl diesmal auf das FichtelbergKeilberg-Gebiet, in welchem im Januar und Februar 2014 mehrmals Eisnebelhalos aufgetreten waren. Insbesondere das im Skigebiet Neklid/Unruh von Claudia und Wolfgang Hinz am 30.01.2014 beobachtete ,,antarktische" Phänomen gab hier den Ausschlag. Claudia und Wolfgang organisierten für uns die Unterbringung im ehemaligen Wohnhaus des Erzgebirgs-Heimatdichters Anton Günther, welches in der Vergangenheit zu einer Gruppenunterkunft für Wintersportler umgebaut wurde.
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2 ,,Bozí-Devil" mit Glorie, Foto: Kevin Förster
Atmosphärische Erscheinungen
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3 Gruppenbild unterm Neklid-Nebelbogen, Foto: Andreas Möller (Selbstauslöser)
Wer von den Teilnehmern am Freitag im Hellen das Ziel erreichte, hatte das Glück noch einige Sonnenstrahlen zu erhaschen. Im Neklid-Gebiet zeigten sich am Nachmittag sogar schon ein paar Eisnebelhalos wie der 22 Grad -Ring und der obere Berührungsbogen (Abb. 1). Viele kamen allerdings erst im Dunklen an, wobei es sich als Herausforderung entpuppte, hinter Oberwiesenthal den richtigen Abzweig nach Bozí Dar im dichten Nebel zu finden. Überhaupt präsentierte sich unser Gastort während des gesamten Wochenendes fast ständig in Nebel gehüllt, wohingegen die Gipfel von Keilberg und Fichtelberg über den Nebel hinausragten. Leider handelte es sich wegen einer zwischenzeitlich erfolgten Veränderung der Strömungsrichtung dabei nicht um Eisnebel, sondern um gewöhnlichen Wassertropfennebel.
Nach dem Abendessen am Freitagabend begann das Vortragsprogramm mit Beiträgen von Anke und Manfred Hamann über Polarlichter in Lappland, festgehalten in Film und Foto, sowie einer Bilderschau der Jahreshöhepunkte von Michael Großmann. Später wurden dann am Ortsrand, wenige Schritte hinter unserer
Unterkunft, die traditionellen ,,Sudelfeldmonster" mit Michaels LED-Taschenlampe als Lichtquelle in Szene gesetzt und prompt in ,,Bozí-Devils" umbenannt (Abb. 2). Die begleitende steife Brise ließ uns aber ziemlich schnell wieder ins Warme zu einem gemütlichen Ausklang des Abends verschwinden.
Für den Sonnabend stand nach einem soliden Frühstück im eiszapfenbewehrten Anton-Günther-Haus zunächst der Besuch im Neklid-Gebiet auf dem Programm. Dieses befindet sich etwa mittig zwischen Bozí Dar und dem Keilberggipfel und markierte die für den Flachländer überraschend stabile Obergrenze des Ne-
4 Der Fichtelberggipfel über dem Nebel vom Keilberg aus gesehen,
Foto: Alexander Haußmann
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5 Radiale Schattenstrahlen um einen Fichtenwipfel, Foto: Andreas Möller
bels, die es ermöglichte, den Nebelbogen ohne Auflösungstendenzen so lange wie gewünscht zu beobachten (Abb. 3). Unser nächstes Ziel war der Keilberggipfel, der sich in herrlichem Sonnenschein und mit bizarren Rauhreifformationen präsentierte. Faszinierend war auch die teils turbulente Bewegung des Nebels und die schrittweise ,,Freigabe" der Gebäude auf dem benachbarten Fichtelberg, dessen Gipfel schließlich wie eine Insel im Nebelmeer erschien (Abb. 4).
Bei der Abfahrt in Richtung Mittagessen legten wir noch einen Zwischenstopp direkt an der Keilbergstraße ein, wo das Sonnenlicht malerisch durch das Geäst der Nadelbäume fiel. Neben den dreidimensional projizierten Licht- und Schattenstrahlen waren dicht an der Sonne auch ausgeprägte Kränze zu beobachten und das Gewimmel der Nebeltröpfchen erinnerte ein wenig an das typische Einsnebelhaloglitzern (Abb. 5).
Nach dem Mittagessen in einem der örtlichen Gasthäuser setzten wir gut gesättigt unser Vortragsprogramm fort. Elmar Schmidt widmete sich den speziellen Problemen des Zirkumhorizontalbogens
VdS-Journal Nr. 54
als Haloart, dessen erforderlicher Grenzwert der Sonnen- oder Mondhöhe (58 Grad ) in Deutschland nur selten überschritten wird. Alexander Haußmann behandelte mögliche Eiskristallformen und -orientierungen zur Simulation des relativ hellen Untergegensonnenbogens im NeklidPhänomen vom 30.01.2014.
Zur Beobachtung des Sonnenuntergangs wurde danach rechtzeitig der Fichtelberg angesteuert, wo uns spontan die Wetterwarte geöffnet wurde und wir so einen optimalen Überblick in alle Richtungen genießen konnten. Bei genauem Hinsehen zeichnete sich noch eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang die Glorie mitsamt Gipfelschatten auf dem Nebel ab. In der anderen Blickrichtung (zum sogenannten ,,Kleinen Fichtelberg" hin) waren zur gleichen Zeit wieder von Bäumen projizierte Schattenstrahlen in einem Nebelstreifen zu erkennen. Im Unterschied zur Beobachtung am Vormittag präsentierte sich der Nebel nun aber in der goldgelben Farbe der untergehenden Sonne. Zudem wurde uns durch den veränderten Standpunkt (in größerer Entfernung oberhalb des Waldes) anschaulich vor Augen geführt, dass sämtliche Licht-
und Schattenstrahlen, ungeachtet des perspektivischen Eindrucks, aus der Nähe im Raum stets parallel zueinander liegen. Der Sonnenuntergang bescherte uns noch eine linke Nebensonne sowie eine
6 Der Halomator 3, Foto: Kevin Förster
Atmosphärische Erscheinungen
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obere Lichtsäule in horizontnahem Cirrus. Die Sonnenscheibe erschien vor Erreichen des Horizonts in der Vertikalen ziemlich stark abgeplattet, danach jedoch direkt am Horizont ,,breitgeflossen". Dadurch war auch der exakte Zeitpunkt ihres vollständigen Verschwindens schwer feststellbar, da sich ein heller Streifen dicht am Horizont noch einige Sekunden länger als gewöhnlich hielt. Dies erinnerte ein wenig an den NowajaSemlja-Effekt, dort wird jedoch ein streifenförmiges Stück Sonne durch anomale Refraktion bis zu einigen Grad höhergehoben. Abgetrennte Segmente oder deutliche Grünfärbungen gab es leider nicht. Claudia Hinz konnte aber noch durch das Fernglas ein durch Luftspiegelungen verzerrtes Abbild des Großen Arber erhaschen, welches leider schnell wieder durch einen Wolkenstreifen am Horizont verdeckt wurde.
Im Anschluss an diesen Außentermin ging es wieder mit der Theorie weiter: Alexander Haußmann gab in einem zweiten Vortrag anlässlich des Halophänomens von Miesbach (01.11.2014,
7 Simulation des 22 Grad -Rings als Überlagerung vieler Berührungsbögen mit dem
Halomator 3, Foto: Andreas Möller
beobachtet von Thomas Klein) eine Übersicht über die Systematik der 22 Grad und 46 Grad -Lowitzbögen und mögliche Namensgebungsvarianten. Darauf folgte zum Ausgleich ein Beitrag aus der Hochgebirgspraxis: Claudia Hinz zeigte ihre schönsten Aufnahmen von der Zugspitze.
Nach einem (im Vergleich zum üppigen Mittagsbrot etwas kleineren) Abendessen im Gasthaus demonstrierte uns Michael Großmann seinen neuen ,,Halomator 3" (Abb. 6). Dieser Aufbau ermöglicht es, ein Plexiglas-Eiskristallmodell in allen drei Raumachsen mit Elektromotoren
8 Doppelter Lampenlicht-Nebelbogen mit Interferenzbogen innerhalb des Hauptbogens,
Foto: Andreas Möller
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Computerastronomie
zu drehen, um eine experimentelle Simulation des 22 Grad -Rings zu ermöglichen. Interessanterweise erfordert gerade diese einfachste Haloart den größten Aufwand, wenn sie an einem einzelnen Kristallmodell nachgestellt werden soll. Als Zugabe führte uns Michael noch die parryförmigen und Lateralbögen (,,plate arcs") an einem einachsig rotierenden Pyramidalkristallmodell vor.
Die Reihe der Innenexperimente setze Alexander Haußmann mit der Präsentation eines ,,Öltropfenregenbogens" fort. Dabei werden in einem Wasser-EthanolGemisch viele kleine Ölkügelchen zum Schweben gebracht. Aus dem relativen Brechungsindex der schwebenden Öltröpfchen von 1,08 resultiert ein Hauptregenbogen bei ca. 90 Grad Ablenkwinkel. Der qualitative Unterschied zu den Halomatorversuchen liegt dabei darin, dass hier wie in der Natur viele statt nur eines einzigen Streukörpers am Entstehen des Effekts beteiligt sind. Daher benötigt der Öltropfenbogen genau wie ein natürli-
cher Regenbogen oder Halo eine abbildende Optik (Auge, Kamera), um sichtbar zu sein und projiziert nicht ,,von selbst" ein Bild auf eine Wand (Abb. 7).
Schließlich wagten noch einige Mutige einen nächtlichen Ausflug ins NeklidGebiet, da noch eine gewisse Chance auf Eisnebelhalos am zunehmenden Mond bestand. Es sollte allerdings auch dieses Mal ,,nur" bei Nebelbögen bleiben, die wieder mit der mitgebrachten Lampe erzeugt wurden (Abb. 8). Dabei gelangen sogar ausgesprochen lehrbuchreife Exemplare mit ausgeprägten Neben- und Interferenzbögen. Immer noch lag die Nebelgrenze auf der Höhe von Neklid, so dass nur wenige Schritte ausreichten, um einen herrlichen Sternenhimmel zu genießen. Kälte und Wind brachten die Unternehmung dann aber doch zu einem mehr oder weniger zügigen Ende.
Für den Sonntag war noch ein Ausflug auf den Keilberggipfel angesetzt, bei welchem wir nun endlich auch ein paar
Halos zu Gesicht bekamen - zwar ganz klassisch in Cirrus, immerhin aber auch mit einem schwachen Supralateralbogen. Da der Rückweg ohnehin am NeklidGebiet vorbeiführte, versammelten sich dort nochmals fast alle Teilnehmer, so dass das große Abschiednehmen auf dem historischen Grund des großen Halophänomens vom 30.01.14 stattfand. Derweil hatte auch die Haloaktivität wieder etwas zugenommen, und als Höhepunkt konnte sogar ein kurzlebiges Stück des konkaven Parrybogens kollektiv beobachtet werden. Auch wenn die erhofften Eisnebelhalos leider auch bei diesem Treffen größtenteils ausblieben, hat die Mischung aus Vorträgen, Ausflügen und Experimenten allen zugesagt und die Anton-Günther-Baude in Bozí Dar ist bereits für das 13. Treffen der Beobachter atmosphärischer Erscheinungen vom 26.-29.11.2015 gebucht. Ein Programmpunkt steht auch schon fest: Die komplette Besichtigung der FichtelbergWetterwarte, welche 2016 ihr 100-jähriges Bestehen feiert.
+ + + + + + + + + + Computer-Ecke + + + + + + + + + +
Das Bahnelement W und Gegenschweifbeobachtungen bei Kometen
von Helmut Jahns
Die Bahnelemente von Kometen findet man im Internet auf den einschlägigen Seiten (z. B. von JPL Horizons unter http://ssd.jpl.nasa.gov/horizons.cgi). Meist wird dort ein Satz Bahndaten mit den Elementen q: Periheldistanz [AE] T: Zeitpunkt des Periheldurchgangs e: Exzentrizität i: Bahnneigung [ Grad ] : Perihellänge [ Grad ] : Länge des aufsteigenden Knotens [ Grad ] angegeben.
Dieser Satz von Bahnelementen (oder ein äquivalenter Datensatz) ist erforderlich, um die Position eines Kometen unter Vernachlässigung von Störeffekten der Planeten berechnen zu können. Man kann jedoch noch etwas mehr damit anstellen.
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1 Das Bahnelement beschreibt den Winkel zwischen Frühlingspunkt und der
Schnittgeraden der Erdbahnebene (grün) und der Kometenbahnebene (blau).
Computerastronomie
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Es gibt bei Kometen gelegentlich das Phänomen des Gegenschweifes, z. B. bei PANSTARRS (C2011/L4) oder bei Lulin (C/2007 N3). Der Gegenschweif ist ein Lichteffekt, der von Staubpartikeln hervorgerufen wird, die sich auf der Bahnebene des Kometen verteilen. Zu dem Zeitpunkt, an dem die Erde durch diese Bahnebene hindurchtritt, blicken wir entlang der Bahnebene, weshalb sich diese ansonsten sehr schwachen Intensitäten aufsummieren und das Phänomen unter günstigen Bedingungen sichtbar werden lassen. Der günstigste Zeitpunkt lässt sich dem Bahnelement ablesen.
wird in Grad angegeben und gibt den Winkel zwischen dem Frühlingspunkt und der Schnittgeraden aus Kometen- und Erdbahn an. Wenn also die Erde seit Frühlingsanfang genau diesen Winkel zurückgelegt hat (das gilt übrigens auch für den Winkel plus 180 Grad ), passiert sie diese Schnittgerade und befindet sich somit in der Bahnebene des Kometen. Mit der einfachen Formel
T = / 360 Grad · 365,25 d
lässt sich der Zeitpunkt berechnen. Hierbei ist T die Anzahl der Tage seit Frühlingsanfang; d steht für Tage. Es sei
an dieser Stelle allerdings darauf hingewiesen, dass nur die wenigsten Kometen überhaupt einen Gegenschweif ausbilden. Dennoch kann es sinnvoll sein, bei neu erscheinenden Kometen die Formel zu benutzen und diesen Moment für eine Beobachtung abzupassen. Es gibt einige Astrofotografen, die dies tun; manche von ihnen planen bei der Zeitpunktsbestimmung noch eine Toleranz von einigen Tagen ein.
Vom Algorithmus zur eigenen Software
von Hartmut Bornemann
Die Beschäftigung mit der Astronomie und astronomischen Berechnungsmethoden verleitet heute schnell zur Suche im Internet. Wenn dann die gefundenen Artikel Bezug auf die hier besprochenen Bücher nehmen, empfiehlt sich vielleicht doch ein kleines Studium auf die herkömmliche Art. Zu den Pionieren computerunterstützter astronomischer Berechnungsmethoden gehört Jean Meeus, der bereits vor dem PC-Zeitalter 1979 seine erste Arbeit ,,Astronomical Formulae for Calculators" herausbrachte. In seinem überarbeiteten Buch unter dem Titel ,,Astronomical Algorithms" [1] beschreibt Jean Meeus zahlreiche Formeln und deren Umsetzung nunmehr in einem leicht verständlichen BASIC, d. h., für Computer. Oliver Montenbruck und Thomas Pfleger setzen in ihrem Buch ,,Astronomie mit dem Computer" [2] die Sprache C++ ein und lösen so Transformationen auf eine sehr elegante Weise.
Wer die Position der sichtbaren Sterne am heutigen Abendhimmel wissen will, braucht keinen Computer, allenfalls eine gute Sternkarte. Der Computer wird aber als Hilfsmittel für astronomische Beobachtungen immer wichtiger, wenn höhere Ansprüche an Genauigkeit und Schnelligkeit gefordert werden. Ein einzelnes Objekt kann dem Astronomen bei der Bestimmung der Position schon etliche Rechenschritte abverlangen. Will man auch noch Konjunktionen bestimmen oder die Position von Planeten über eine Reihenentwicklung berechnen, dann
treibt einen die Arbeit mit Bleistift und Papier schnell zur Verzweifelung.
Nun ist es nicht gerade üblich, die Funktion der Sternkarte in einem ComputerProgramm abzubilden, obwohl das für den geübten Programmierer in einem überschaubaren Zeitraum realisierbar wäre. Gefragt sind eher Programme, die den gesamten Sternenhimmel in Echtzeit simulieren und mit skalierbaren Hintergrundbildern von Galaxien, Nebeln, Mond, Planeten und Sternhaufen die Funktion von Planetarien übernehmen. Man spricht dann auch von virtuellen Planetarien, die an sich ein anspruchsvolles Anschauungsmaterial hergeben und zudem oft auch über Funktionen zur Steuerung von automatisierten Teleskopen verfügen. Verfügbar sind virtuelle Planetarien als kommerzielle Produkte oder auch kostenlos im Internet.
Allen Produkten gemeinsam sind die Methoden, wie z. B. die Sternzeit des Beobachters berechnet wird und wie sich aus Katalogdaten durch Transformationen die Koordinaten des Tages, Stundenwinkel und Höhe, ermitteln lassen. Die Umsetzung einer Methode, die als mathematisches Formelwerk vorliegt, erfolgt in einem Rechner mit Hilfe eines ,,Sprachübersetzers" oder eines Compilers. Das ist keine Zauberei, und Einsteiger haben mit den genannten Büchern ausgezeichnete Mittel, durch Anwendung der Methoden gleichzeitig die Grundzüge der astronomischen Berechnungen erfolgreich zu
studieren. Von Ausnahmen abgesehen findet man in den Büchern dagegen keine Daten zu astronomischen Objekten. Das ist Aufgabe von Katalogen, die z. T. im Internet abrufbar sind. Selbst die umfangreichen Tabellen für die Berechnung der Positionen der Planeten sind nur als Auszüge abgedruckt; sie sind aber für die praktische Anwendung hinreichend genau.
Die Astronomie steht in beiden Büchern an erster Stelle, die Programmierung erklärt lediglich das Wie. Meeus nutzt für diese Umsetzung die Computer-Sprache BASIC und gibt auch gleichzeitig praktische Hinweise auf geschickte Formulierungen für eine performante Übersetzung. BASIC steht für Beginner's All-purpose Symbolic Instruction Code, ein Sprachübersetzer, dessen Anfänge in den frühen 60er-Jahren liegen, der es zu vielen Variationen gebracht hat und heute strukturierte und objektorientierte Programmierung ermöglicht. In einer modernen Variante kommt eine Implementierung von Microsoft unter dem Namen ,,Visual Basic.NET" daher, mit der sich die Beispiele aus dem Buch gut realisieren lassen. Benutzer von Applebzw. Linux-Computern finden sicherlich adäquate Übersetzer. Die nicht-kommerzielle Nutzung dieser lizenzpflichtigen Compiler-Software ist heute erfreulicherweise kostenlos und bedarf lediglich einer Registrierung des Produktes beim Hersteller.
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Computerastronomie
,,Astronomie mit dem Computer" [2] setzt konsequent auf der Sprache C++ auf; der Quellcode ist damit auf alle Betriebssysteme übertragbar. Die Autoren nutzen die erweiterten Fähigkeiten dieser Sprache und ersetzen Skalare durch Vektoren und Matrizen, wo immer es möglich ist. Hierfür wurde eine Entwicklung von Klassenbibliotheken wie Vec3D und Mat3D erforderlich, mit der die Schreibarbeit z. B. bei Drehungen im 3-dimensionalen Raum zu Einzeilern schrumpft -, elegant und praktisch zugleich. Das Programm wird durch die kompakte Schreibweise
auch übersichtlicher und damit weniger anfällig gegen Fehler. Eine Umsetzung der C++-Beispiele auf andere, eher bevorzugte Sprachen, ist weitgehend möglich, setzt allerdings einige Kenntnisse voraus. Microsoft stellt dem privaten Nutzer eine Express-Version seiner Entwicklungsumgebung Visual Studio mit einer kostenlosen Lizenz zur Verfügung. In der heutigen Version von Visual Studio 2013 sind die Sprachen Basic, C# und C++ vertreten; manche Astronomen nutzen diese Werkzeuge für Analysen und die Entwicklung von Teleskopsteuerungen und
Treibern für den Betrieb astronomischer Instrumente. Nachdem man seinen Rechner mit der Installation dieser Software fit gemacht hat, können die Beispiele aus den Büchern in die Praxis umgesetzt werden.
Literaturhinweise: [1] J. Meeus: "Astronomical Algo
rithms", 2nd Edition, ISBN 0-943396-61-1 [2] O. Montenbruck, Th. Pfleger: ,,Astronomie mit dem Computer", 4. Auflage, ISBN 3-540-21204-3
Virtuelle Observatorien
von Helmut Jahns
Mit Hilfe von virtuellen Observatorien wird in der Profiastronomie gegenwärtig versucht, eine Plattform für Beobachtungsdaten zu schaffen. Der Gedanke ist, die heterogenen Bestände an Messdaten (Zielobjekte, Wellenlängenbereiche, Datenumfang und -formate) aller an den großen Sternwarten getätigten Beobachtungen zu archivieren und sie über eine einheitliche Schnittstelle bzw. Oberfläche den Astronomen zugänglich zu machen.
Der Vorteil einer solchen Plattform liegt auf der Hand: Astronomische Arbeitsgruppen werden in die Lage versetzt, viele ihrer Forschungsvorhaben unter teilweiser oder sogar ausschließlicher Verwendung bereits aufgenommener Datenbestände durchzuführen. Unter diesen Umständen entfällt die Beantragung der notorisch knappen Beobachtungszeit an den Großteleskopen. Ferner besteht die Möglichkeit, Forschungsprojekte an gegebenen Datenbeständen
auszurichten. Aus der Perspektive der Sternwarten ergibt sich eine Effizienzsteigerung ihrer Gerätschaften.
Manche virtuelle Observatorien verfolgen weitergehende Ansätze. Das German Astrophysical Virtual Observatory z. B. überdeckt auch Dokumentationen, Artikel, Softwaretools (Datenanalyse) oder Rechenleistung (Grid Computing).
Derzeit werden virtuelle Observatorien auf nationaler oder multinationaler Ebene eingerichtet oder bereits betrieben (z. B. das oben erwähnte German Astrophysical Virtual Observatory, das UK Virtual Observatory Astrogrid oder das US National Virtual Observatory). Es gibt jedoch Bestrebungen, die Aktivitäten auf internationaler Ebene zu bündeln (International Virtual Observatory Alliance) und eine einheitliche Plattform zu schaffen.
Bonsai - numerische Integration
auf Nvidia-Grafikkarten
von Helmut Jahns
Bonsai ist eine Codebibliothek für die numerische Integration, die von einer Arbeitsgruppe der Universität Leiden entwickelt und zur Verfügung gestellt wird. Das Bemerkenswerte an diesem Paket ist, dass Bonsai die eigentliche numerische Integration zu 99 % an die GPU (Graphics Processing Unit) der Grafikkarte(n) delegiert und den Hauptprozessor nur zum Steuern des Betriebsablaufs benutzt.
GPUs erlauben durch starke Parallelisierung (einige von ihnen besitzen mehrere hundert Kerne) die rasche Ausführung nume-
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rischer Berechnungen. Bonsai ist sowohl unter Linux als auch Windows lauffähig; der Zugriff auf die GPU erfolgt über die Grafikkartenprogrammierschnittstelle CUDA.
Die URL (Stand: Januar 2015) des Projektes lautet http://web. bedorf.net/blog/bonsai/. Dort finden sich der Link zum beschreibenden Paper sowie ein weiterer Link zum Download des Pakets für eigene Experimente.
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Software
von Helmut Jahns
Mosaikerstellung mit Hugin
Um aus Einzelbildern Mosaike zu erstellen, ist eine Vielzahl von PC-Programmen verfügbar. Eines der bemerkenswerten von ihnen ist Hugin. Dieses Tool ermöglicht bei hinreichend großen Überlappbereichen das Zusammenfügen von Bildern der gängigen Bildformate in wahlfreier Anordnung, z. B. in n x m-Anordnung oder einfach nur neben- bzw. übereinander aufgereiht. Mosaikerstellung kann sowohl für Landschaftsaufnahmen, wenn z. B. kein Weitwinkelobjektiv zur Hand war, als auch für bestimmte Astroaufnahmen, z. B. für die Erstellung von Milchstraßenpanoramen [1] vorgenommen werden.
Für den eigentlichen Stitching-Prozess nimmt sich das Tool zwar etwas Zeit, dafür ist das Ergebnis meistens gut. Ein manuelles Nachkorrigieren der Ankerpunkte im Überlappbereich von Einzelbildern ist zur Ergebnissteigerung ebenfalls möglich.
Hugin ist kostenfrei, läuft unter Windows und Mac und kann z. B. unter Sourceforge (http://hugin.sourceforge.net/download/) heruntergeladen werden.
Internetlink: [1] Blog von Jan Hattenbach,
www.scilogs.de/himmelslichter/ milchstra-enpanorama-2-0/ (URL-Stand Januar 2015)
ImageJ und AstroImageJ
Für Sternfreunde, die darüber nachdenken, ihr Bildverarbeitungsportfolio zu erweitern, könnte es sich lohnen, einen Blick auf das Programmpaket ImageJ zu werfen. ImageJ hat seinen Ursprung in der Medizin und ist ein leistungsfähiges und zugleich benutzerfreundliches Tool zur Bildanalyse und -verarbeitung. Es bietet zahlreiche Funktionen zur quantitativen mathematischen Bildanalyse, wie z. B. das Auszählen von Objekten, logische bzw. arithmetische Operationen oder auch Abstands- und Winkelmessungen. Es ist zudem, wie viele andere
Programme auch, in der Lage, Stapelverarbeitung an Bilddateien (,,Stacks") zu betreiben.
ImageJ wurde in der Programmiersprache Java entwickelt und läuft daher plattformunabhängig. Die Schnittstelle zum Programmkern ist offen und kann für eigene Entwicklungen von Plugins genutzt werden, sofern man der Programmiersprache Java mächtig ist. Es sind bereits zahlreiche Plugins erhältlich, wobei die Schwierigkeit eher darin besteht herauszufinden, ob für eine gegebene Aufgabe bereits eines existiert oder ob es selbst entwickelt oder ein vorhandenes abgewandelt werden muss.
Für die Astronomie gibt es ein Erweiterungspaket namens AstroImageJ. Dies basiert auf ImageJ und wurde um zahlreiche Plugins und Makros für diesen Zweck erweitert. Einer der Schwerpunkte von AstroImageJ ist die Fotometrie. Aus einer Vielzahl von Einzelbildern eines Veränderlichen lässt sich mit wenig Arbeitsaufwand eine Lichtkurve generieren.
Im Netz
Interactive AladinLite view
von Peter Riepe
Das ,,Centre de Donnees astronomiques de Strasbourg" (CdS) [1] gibt u. a. die folgenden astronomischen Informationsquellen in OnlineVersion heraus:
- CDS Portal (mit Bilderwahl) - SIMBAD Astronomical Database - VizieR Service - Aladin Sky Atlas
In SIMBAD gibt es seit Jahresbeginn eine sehr praktische Neuerung. Bei der Objektsuche (query by identifier) wird das Sichtfenster ,,Interactive AladinLite view" angeboten, in dem ein quadratischer Bildausschnitt von jeweils wenigen Bogenminuten um das gesuchte Objekt erscheint (Abb. 1). Im Bild kann mit dem Cursor herumgefahren werden und mit der Cursorspitze jede im Feld vorhandene Position in äquatorialen Ko-
1 Interactive AladinLite view von NGC 1532 in der
Darstellung des DSS
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Geschichte
ordinaten abgelesen werden. Darüber hinaus ist das Fenster durch Klick auf ein Doppelpfeilsymbol auf Bildschirmgröße vergrößerbar. Was mich besonders beeindruckt: Mit gedrückter linker Maustaste kann das Bild so in allen Richtungen verschoben werden, dass auch das nähere bis weitere Umfeld des Objekts abgefahren werden kann.
Ganz toll ist, dass neben der Anwahl der Bilddarstellung aus dem Deep Sky Survey (DSS) auch die Bilddarstellungen aus dem Two Micron All Sky Survey (2MASS) und - sofern schon erfasst - des Sloan Digital Sky Survey (SDSS) wählbar sind.
Wer sich näher damit befassen möchte und weitere Einzelheiten sucht, für den steht eine Anleitung bereit [2].
Internetlinks: [1] CdS, http://cds.u-strasbg.fr/ [2] ALADIN Lite documentation, http://
aladin.u-strasbg.fr/AladinLite/doc/
Portal für Sonnenaktivität inkl. Newsletter für Polarlichtalarme
von Helmut Jahns
SpaceWeatherLive ist eine Seite der belgischen Astro-Event Group (AEG) mit
zahlreichen aktuellen Infos zur Sonnenaktivität sowie einer Polarlichtprognose. Es werden fortlaufend aktualisierte Diagramme zur Geschwindigkeit, Dichte und Richtung des Sonnenwindes sowie zu Flecken, Eruptionen und KP-Index angegeben. Über einen Newsletter kann man sich über aktuelle Ereignisse wie z. B. Polarlichtwarnungen informieren lassen.
URL: http://www.spaceweatherlive.com/ (URL-Stand Januar 2015)
Großkreise auf der Erdkugel
Diese Seite hat nichts mit Astronomie zu tun, ist aber trotzdem ganz nett: Der ,,Great Circle Mapper" zeichnet Großkreise auf der Erdkugel für die kürzeste Verbindung zwischen zwei geografischen Positionen, z. B. für kürzeste Flugrouten. Die Berechnung von Distanzen ist ebenfalls möglich. URL: www.gcmap.com
Bücherkiste
von Klaus Rohe
Physics of the Sun - A First Course
Das Buch ,,Physics of the Sun - A First Course" von Dermott J. Mullan gibt in 18 Kapiteln eine Einführung in alle Aspekte der Physik der Sonne. Besonderer Wert wird darauf gelegt, relativ einfache Algorithmen zu entwickeln, um wichtige physikalische Eigenschaften der Sonne, wie z. B. den radialen Verlauf von Druck und Temperatur, quantitativ zu berechnen. Die Algorithmen werden ohne Bezug auf eine spezielle Programmiersprache gut verständlich beschrieben. Für Leute, die keine Angst vor mathematischen Formeln und Spaß am Programmieren haben, bietet das Buch einen fundierten Einstieg in die Sonnenphysik. Die im Buch entwickelten Algorithmen lassen sich mit frei verfügbarer Software wie Scilab, R und Python einfach implementieren. Das Buch ist bei CRC Press erschienen. Ein Wermutstropfen ist der hohe Preis von ca. 81 .
Das Rätsel der Rotation des Jupiters
von Nikolai Wünsche
Vor 350 Jahren wurde der Große Rote Fleck des Jupiters erstmals beobachtet und mit ihm die Rotation des Planeten. Doch die Astronomen hatten so ihre Schwierigkeiten damit: Die Oberflächendetails änderten sich laufend oder verschwanden sogar, die Rotationszeit war rätselhaft und entzog sich einer genauen Bestimmung. Erst mit der Entdeckung der Radiostrahlung des Jupiters vor fast 50 Jahren, 300 Jahre nach Entdeckung der Rotation, konnte die wahre Rotationsdauer des Planeten ermittelt werden. Die Jubiläen waren Anlass genug, der Erforschung dieser Phänomene nachzuspüren.
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Im 17. Jahrhundert beschleunigte sich die Entwicklung der Natur- und Geisteswissenschaften sowie der Technik ganz erheblich. So ermöglichte z. B. die Erfindung des Fernrohrs 1609 immer neue Entdeckungen mit weitreichenden Folgen. 1665 wurden in Europa die ersten wissenschaftlichen Fachzeitschriften gegründet, in Frankreich das ,,Journal des sçavans" und nur Monate später in England die ,,Philosophical Transactions of the Royal Society" (im Folg. Phil. Trans., Abb. 1). Die ersten Bände der ,,Philosophical Transactions" wurden von Henry Oldenburg herausgegeben. Darin wurden aktuelle Forschungsergebnisse aller
Wissenschaftsgebiete zusammengetragen und in den Worten des Herausgebers den Mitgliedern der ,,Society" und einer wissenschaftlichen Leserschaft in englischer Sprache vorgestellt. Schon im zweiten Artikel der gerade begründeten ,,Philosophical Transactions" vermeldet Oldenburg nicht nur die Entdeckung eines Flecks auf dem Jupiter, sondern faktisch auch die Entdeckung der Jupiterrotation durch Robert Hooke (Abb. 2): ,,Der begabte Herr Hook hat vor einigen Monaten einem Freund angedeutet, dass er mit einem exzellenten 12-Fuß-Teleskop, vor ein paar Tagen, bevor er davon erzählt hatte (offenbar am neunten Mai
Geschichte
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1664 gegen 9 Uhr in der Nacht), einen kleinen Fleck im größten der 3 dunkleren Bänder des Jupiters beobachtet hat, und dass, ihn von Zeit zu Zeit beobachtend, er fand, sich binnen 2 Stunden danach, der besagte Fleck von Ost nach West bewegt hatte, etwa um die halbe Länge des Durchmessers des Jupiters." [1]
Robert Hooke beobachtete vermutlich von London aus, da er zu dieser Zeit am Gresham College in London eigens für ihn gestiftete Vorlesungen hielt. Damit sind Datum und Zeit dieser nach Hörensagen wiedergegebenen Entdeckung fraglich, denn Jupiter stand zur angegebenen Zeit in London tief unter dem Horizont!
Die Beobachtung des Jupiters war 1664 in Mitteleuropa schwierig: Der Planet bewegte sich im Sternbild Schütze, hatte -22 Grad Deklination und erreichte deshalb nur eine geringe Höhe. Am 9. Mai 1664 (Julianischer Kalender, entspricht dem 19. Mai heutiger Zählung) ging Jupiter in London gegen 23:25 Uhr mittlerer Ortszeit auf und kulminierte um 03:20 Uhr in 16 Grad Höhe. Jupiter zwei Stunden lang zu beobachten war etwa zwischen 01:00 Uhr und 03:00 Uhr möglich (Sonnenaufgang 04:00 Uhr).
Abgesehen vom offensichtlichen Zeitfehler gebührt Hooke zweifellos die Priorität, diesen Fleck erstmals beschrieben und die Rotation erstmals gesehen zu haben, auch wenn er die Rotation - zumindest in der Wiedergabe Oldenburgs - nicht als solche benannte. Der von Robert Hooke entdeckte Fleck im südlichen Äquatorband wurde damals als Hooke`scher Fleck bezeichnet [2].
1 Titelseite der ,,Philosophical
Transactions", Band 1, 1665-1666
Später schreibt Oldenburg: ,,... es wurde beobachtet zuerst durch Herrn Hook (wie in Nr. 1 dieser Transactions erwähnt), dann durch Herrn Cassini, ein permanenter Fleck in der Scheibe des Jupiters, mit dessen Hilfe sie in der Lage waren zu beobachten, nicht nur dass sich Jupiter um seine eigene Achse dreht, sondern auch die Zeit für eine solche Coversion zu bestimmen, die er schätzt, 9 Stunden und 56 Minuten zu sein." [3]
Giovanni Cassini beobachtete von Bologna aus [4]. Jupiter stand dort doppelt so hoch über dem Horizont und war entsprechend besser beobachtbar. Cassini war 1665 vermutlich der erste, der die Rotation des Jupiters als solche benannte und ihre Dauer richtig maß. Cassini war es auch, der während der Jupitersichtbarkeit 1690/91 als erster erkannte, dass Jupiter nicht als starre Kugel rotiert, sondern eine differenzielle Rotation ausführt, bei der die Äquatorregionen schneller als die übrigen rotieren [5].
Knapp ein Jahrhundert später beobachtete Johann Hieronymus Schroeter (Abb. 3) diese Besonderheit ebenfalls, wie er 1788 mitteilte: ,,Wären aber die von mir beobachteten Flecken und Streifen auf der Jupiterkugel selbst gewesen, so konnte die Geschwindigkeit ihrer Bewegung nicht merklich verschieden sein, weil sich überhaupt kein Grund denken lässt, weil ein Weltkörper bald eine geschwindere, bald langsame Rotation haben sollte. [...] Meine Beobachtungen ergeben vollends die ganz verschiedenen Perioden von 7 St. 7 Min, ($12-16), 7 St. 36, ($7), 8 St. 1, ($10), 9 St. 50, 30" ($28), 9 St. 55, 11" ($53), 9 St. 55` 33" ($77) und 9 St. 55, 57,3" ($89)." [6]
2
Die Entdeckungsnachricht von Hookes Fleck in den ,,Phil. Trans.", Bd. 1, S. 3
Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie
von Wolfgang Steinicke
Zunächst die schlechte Nachricht: Leider mussten einige Artikel mangels Platz auf das nächste Heft verschoben werden. Hier erscheint lediglich der Beitrag von Nikolai Wünsche, Das Rätsel der Rotation des Jupiters. Die gute Nachricht: Ort und Zeit für die 12. Tagung ,,Geschichte der Astronomie" stehen bereits frühzeitig fest. Sie wird vom 30. Oktober bis 1. November an der Archenhold-Sternwarte in Berlin-Treptow stattfinden. Die dortige Infrastruktur ist hervorragend und wir erwarten viele Teilnehmer. Informationen dazu auf unserer Webseite http://geschichte.fg-vds.de.
Er zog daraus die Schlussfolgerung, ,,dass die von mir beobachteten sowohl dunklen als auch hellen Flecken und Streifenveränderungen, wenigstens größtenteils, sich nicht auf der Oberfläche selbst, sondern in der Atmosphäre des Jupiters ereignet haben müssen, weil natürlich zu ein und derselben Zeit die Rotationsperiode unter allen südlichen und nördlichen Abweichungen völlig gleich groß sein muss."
Seine Beobachtungen von Rotationsperioden von gut 7 Stunden waren zweifellos unrichtig [7]. Doch die Schlussfolgerung,
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Geschichte
die Ereignisse spielten sich in der Atmosphäre ab, ist sehr bemerkenswert. Die Erkenntnis, Jupiter ist eine Gaskugel und hat keine feste Oberfläche, lag damals noch in ferner Zukunft! Auch gut 100 Jahre nach ihrer Entdeckung blieb die Rotation des Jupiters rätselhaft.
Der deutsche Astronom Albert Marth (Abb. 4 ) war 1868 mit 25 Jahren nach England gegangen, weil er dort die besten und modernsten Instrumente zu nutzen hoffte. Er veröffentlichte seit 1868 regelmäßig Beiträge in den ,,Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" und seit 1875 dort auch Ephemeriden des Jupiters. Diese Daten wurden häufig in Veröffentlichungen zitiert und allgemein als ,,Marth`sche Ephemeriden (Marth`s Ephemeris)" bezeichnet.
In diesen Ephemeriden wurden erstmalig Angaben zu einem Zentralmeridian des Jupiters gemacht. Das ist der Nullpunkt der Längenkreise auf dem Jupiter. Damit schuf Marth die Möglichkeit, den Längengrad eines beobachteten Details allgemeingültig und genau zu beschreiben. Marth schreibt, dass er sich auf einen willkürlich festgelegten Nullmeridian bezieht, der um ,,Mitternacht vor dem 1. Januar 1872 scheinbar zur Erde zeigte". Er definiert als Rotationsrate 870,60 Grad in 24 Stunden, woraus sich eine Rotationsdauer von 9h 55min 27s ergibt [8].
Nach 1875 waren jahrelang markante weiße Flecken nahe des Äquators zu beobachten. Da die Äquatorzone erheblich schneller rotiert, nutzte der angegebene Zentralmeridian nichts. Marth trug dem Rechnung, indem er in seinen Ephemeriden 1885 zwei Rotationssysteme einführte: Spalte I mit 878,4 Grad in 24 Stunden für die Äquatorzone und Spalte II 870,31 Grad für den Großen Roten Fleck und die sonstigen Regionen des Jupiter (Abb. 5). Die heute noch gebräuchlichen Rotationssysteme ,,System I" und ,,System II" waren geboren [9].
Die Werte für die Rotationsraten wurden von Marth mehrfach korrigiert, um einen besseren Einklang mit den Beobachtungen zu erreichen. Seit 1886 verwendete er für das System II erstmals den noch heute gültigen Wert von 877,90 Grad /d (Rotationsdauer 9h 50min 30s), seit 1889 für das System I die bis heute gültigen 870,27 Grad /d (9h 55min
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3 Johann Hieronymus Schröter
(1745-1816), nach C. Westermayr
41s). Marth blieb dabei, da die gemessenen Werte weiterhin schwankten [10].
Die unklare Rotationsdauer und die oft ungenauen Zeitangaben erschweren es heute, ältere Beobachtungsberichte zu deuten. Der von Robert Hooke entdeckte Fleck galt z. B. ab 1713 als verschwunden. Das gleiche Schicksal teilten andere Erscheinungen im südlichen Äquatorband des Jupiters. Man hielt sie für zeitweilige Erscheinungen. Dem Großen Roten Fleck gestand man lange das Entstehungsjahr 1830 zu.
Erst Mitte des 20. Jahrhunderts setzte sich die Erkenntnis durch, dass all das unterschiedliche Ausprägungen des Großen Roten Flecks waren [11]. Die Größe und Färbung aller sichtbaren Details auf dem Jupiter, selbst die der großen Äquatorbänder, verändern sich ständig. Manchmal war der rote Fleck weiß, sein Ort nur an der ,,Bucht des Großen Flecks" im südlichen Äquatorband zu erkennen. Das Verschwinden des Hooke`schen Flecks 1713 wird vermutlich ein solches ,,Verblassen" gewesen sein.
4 Albert Marth (1828-1897),
Archiv Archenhold-Sternwarte Berlin
Bei der Beobachtung des Jupiters mit Teleskopen sehen wir dynamische Wettererscheinungen. Vom Wetter unseres Planeten Erde würden wir nicht erwarten, über Monate, Jahre oder Jahrhunderte stabile und gleichmäßige Erscheinungen auszuprägen, warum dann auf dem Jupiter? Deshalb lohnt eine Beobachtung immer, auch heute noch!
1955 wurde zufällig die Radiostrahlung des Jupiters durch B. F. Burke und K. L. Franklin entdeckt [12, 13]. Schnell zeigte sich, dass diese Strahlung eine strenge Periodizität aufweist, die ähnlich der Rotationsperiode des Planeten ist - Jupiter entpuppte sich als ,,Radiopulsar" [14]. Die Radiostrahlung wird durch das starke Magnetfeld des Planeten generiert. Das Magnetfeld selbst entsteht in den Tiefen des Jupiters.
Dieses tiefe Innere rotiert offenbar sehr gleichförmig. Im Jahre 1965 wurde durch die Internationale Astronomische Union das ,,System III (1965.0)" als ,,offizielle" Rotationsdauer des Jupiters definiert. Sie beträgt 9h 55min 29,71s, die Zählung begann am 0. Januar 1965, 12 Uhr GMT. Anders als bei den Systemen I und II gab und gibt es beim System III keinen Anlass, die Periodendauer nochmals an Beobachtungen anzupassen - sie ist innerhalb der Messgenauigkeit konstant [15]. Das Rätsel der Rotation des Jupiters war 300 Jahre nach ihrer Endeckung gelöst! Marths erster Wert (1872) der Rotationsdauer (9h 55min 27,1s) weicht von der Rotationsdauer des modernen ,,Systems III" nur um 2,6 Sekunden ab.
Wie aussichtslos die Versuche waren, die Rotationsdauern der Systeme I und II an Beobachtungen anzupassen, zeigte sich spätestens 1979 mit Annährung und Vorbeiflug beider Voyager-Raumsonden am Jupiter. Die NASA veröffentlichte Bildsequenzen, bei denen der Große Rote Fleck im Bild zentriert bleibt. Um ihn herum fliegen weiße Wolkenwirbel und andere Oberflächendetails rasch hin und her, teilweise mit erheblichen Abweichungen zur Geschwindigkeit benachbarter Details. Auch der Große Rote Fleck bewegte sich mal östlich, mal westlich und mit sehr unterschiedlicher Geschwindigkeit in ,,seinem" System II [16]. Doch auch im Zeitalter von Raumsonden und Weltraumteleskopen haben die bei-
Kleine Planeten
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Marths erste Ephemeride mit beiden ,,Systemen", in: Monthly Notices, 1885, S. 504
den Systeme I und II noch großen praktischen Wert: Sie werden von Beobachtern der Jupiteroberfläche genutzt, um - ganz im Marth`schen Sinne - den Längengrad beobachteter Oberflächendetails zu beschreiben und die Sichtbarkeit des Großen Roten Flecks vorherzusagen. Für solche Beobachtungen des Jupiters genügt ein kleines Amateur- oder Schulfernrohr.
Literaturhinweise und Anmerkungen: [1] Phil. Trans. 1 (1665-1666), 3 [2] B. M. Peek, 1958: "The Planet
Jupiter", London, 119 [3] Phil. Trans. 1 (1665-1666), 143 [4] vgl. "A More Particular Account of
Those Observations about Jupiter, That Were Mentioned", Phil. Trans. 1 (1665-1666), 171 [5] in: Memoires de mathematique et physique, de l`annee 1692, Academie de sciences, France [6] J. H. Schröter, 1788: ,,Beiträge zu den neuesten astronomischen Entdeckungen", Berlin, 107 ($93) als Absatz (3) [7] Die schnellste gemessene Rotationsperiode zwischen 1898 bis 1943 wird von B. M. Peek mit 9h 49min 46s angegeben (vgl. B. M. Peek, 1958: ,,The Planet Jupiter", London, 107)
[8] Monthly Notices 35 (1875), 113 [9] Monthly Notices 45 (1884), 506 [10] Monthly Notices 47 (1886), 40ff;
und: Monthly Notices 50 (1889), 340ff [11] B. M. Peek, 1958: "The Planet Jupiter", London, 148 [12] B. F. Burke, K. L. Franklin, 1955: "Observations of a variable radio source associated with the planet Jupiter", Journal of Geophysical Research 60, 213 [13] K. L. Franklin, 1959: "An ac-
6
Auch ,,Hubble Space Telescope"Fotos zeigen schnelle Änderungen an Jupiters Oberfläche. (Quelle: http:// hubblesite.org)
count of the discovery of Jupiter as a radio source", Astrophysical Journal 64, 37 [14] R. H. Brown, A. C. B. Lovell 1957: "The Exploration Of Space By Radio", London, 190 [15] Geophysical Research Letters 28, S. 1911 (15. Mai 2001) [16] vgl.: http://jupos.org
Neues aus der Fachgruppe
Kleine Planeten
von Gerhard Lehmann
Die Beobachtung von einem erdnahen Kleinplaneten ist sicherlich eine der reizvollsten Aufgaben in der Kleinplanetenastronomie. Zu den der Erde nahekommenden gehören die Amor-, die Apollo- und die Aten-Objekte. Die beiden Letztgenannten kreuzen die Bahn der Erde. Der Kleinplanet (357439) 2004 BL86 ist vom Apollo-Typ. In der Nacht vom 26. zum 27. Januar diesen Jahres kam er der Erde bis auf eine dreifache Mondentfernung nahe.
Gerhard Dangl, Mitglied der FG Kleine Planeten der VdS, fotografierte erfolgreich in den Abendstunden des 26. Januar diesen Kleinplaneten mit seinem 10-zölligen Newton und einer CCD-Kamera (Abb. 1) von seinem Beobachtungsstandort in Österreich [1]. Leider war das Wetter in Deutschland gar nicht gut, so dass dem Autor dieser Zeilen eine Beobachtung unmöglich war. Aber Jost Jahn, ebenfalls Mitglied der FG Kleine Planeten der VdS, wies mit einer eher beschei-
deneren Ausrüstung den Kleinplaneten nach. Mit einer DSLR Pentax K-r und einem Walimex-1:1,4/85mm-Objektiv fotografierte er den Kleinplaneten in den Morgenstunden des 27. Januar auf der Nordseeinsel Amrum (Abb. 2).
Bernhard Häusler, auch Mitglied der FG Kleine Planeten der VdS, kann sich über seine erste Benennung eines von ihm entdeckten Kleinplaneten freuen. Wie es letztendlich dazu kam, dass er seinen
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Kleine Planeten
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Der Kleinplanet (357439) 2004 BL86 am 26. Januar 2015 von 20:42:37 UT bis 20:50:17 UT fotografiert. Es wurden 21 Aufnahmen mit einer Belichtungszeit von 0,5 s zu einem Bild kombiniert. Aufgenommen mit einer Atik314L+-CCD-Kamera und einem 10-zölligen Newton bei f/4,8 von Gerhard Dangl. Bildzentrum: Rektaszension 08h 21min 19s und Deklination 00 Grad 32' 00''. Bildorientierung: Norden oben und Osten links. Aufnahmeort: Nonndorf/Österreich, Bildautor: Gerhard Dangl
Heimatort als (410928) Maidbronn ehren konnte, berichtet er im nächsten Journal. Wenn Sie dieses VdS-Journal für Astronomie in Ihren Händen halten, sind es nur noch wenige Tage bis zur 18. Kleinplanetentagung [2] am 27./28. Juni in Essen in der Walter-Hohmann-Sternwarte [3]. Vielleicht entscheiden Sie sich noch kurzfristig zur Teilnahme. Wenn Sie also Lust bekommen haben, vielleicht auch einmal Kleinplaneten zu beobachten, dann sind Sie herzlich eingeladen. Als Mitglied in der FG Kleine Planeten werden Sie Gleichgesinnte treffen und von den Erfahrungen der anderen profitieren.
Weblinks: [1] Minor Planet Center:
www.minorplanetcenter.net/
[2] Online-Anmeldung: www.minorplanets.eu/KPT2015
[3] Sternwarte Essen: www.walter-hohmann-sternwarte.de/
2
Der Kleinplanet (357439) 2004 BL86 am 27. Januar 2015 von 01:03 UT bis 02:44 UT fotografiert. Es wurden 136 Aufnahmen mit einer Belichtungszeit von 20 s und einem Bildabstand von 24 s (für ein Dunkelbild) zu einem Bild kombiniert. Aufgenommen mit einer DSLR Pentax K-r und einem WalimexObjektiv 1:1,4/85 mm bei ISO 1600, Bildorientierung: Norden oben und Osten links, Aufnahmeort: Nebel/Nordseeinsel Amrum, Bildautor: Jost Jahn
Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries
Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiterbewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.
Auch in den Sommermonaten finden sich interessante Galaxien am Himmel. Noch interessanter wurde eine Galaxie im Grenzbereich der Sternbilder Schlange und Schlangenträger für meinen Co-
Autor Klaus Hohmann, als diese Besuch von einem Kleinplaneten erhielt. Trotz einiger durchziehender Schleierwolken, konnte Klaus die kosmische Begegnung des Kleinplaneten (1609) Brenda mit der Spiralgalaxie NGC 6118 am 7. Juni 2013 fotografieren (Abb. 1, [1]).
Entdeckt wurde Brenda im Jahr 1951 vom südafrikanischen Astronomen Ernest Leonard Johnson in Johannisburg, der den Kleinplaneten nach dessen Nummerierung nach seiner Enkeltochter benannte. Johnson entdeckte 17 weitere Asteroiden sowie 4 Kometen. Brendas Durchmesser beträgt ca. 30 km und ihre Rotationsperiode konnte mit knapp unter
20 Stunden bestimmt werden. Ihre Bahn verläuft mit der numerischen Exzentrizität von 0,2497 relativ exzentrisch um die Sonne. Zum Zeitpunkt der Aufnahme befand sie sich mit einer scheinbaren Helligkeit von 13,8 mag in der Nähe des Perihels ihrer Bahn. Der Abstand zur Erde betrug ca. 211 Millionen Kilometer. Etwas weiter entfernt, nämlich ca. 70 Millionen Lichtjahre, ist NGC 6118, eine Spiralgalaxie vom Typ Sc. Ihre Masse wird mit ca. dem 1,1-fachen der Milchstraße angenommen. Auch ihre Größe ist mit der Milchstraße vergleichbar und beträgt ca. 100.000 Lichtjahre im Durchmesser. Sie hat eine scheinbare Helligkeit von 12,6 mag. Damit gehört sie zwar
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Kleine Planeten
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1 Der Kleinplanet (1609) Brenda bei der Spiralgalaxie NGC 6118. Aufgenommen am 7. Juni 2013 mit einer ATIK-16IC-HS-CCD-Kamera und
einem 10-zölligen Schmidt-Cassegrain bei f/3,9 von Klaus Hohmann. Bildorientierung: Norden links und Osten unten
nicht zu den hellen Galaxien, aber ihre feinen Spiralarme und bläulichen Sternwolken machen sie zu einem lohnenden Fotomotiv abseits der Sommerhighlights. Kosmische Begegnungen finden täglich statt. Die nachfolgende Tabelle enthält eine kleine Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten, die von uns erstellt wurde. Damit soll Ihnen der Weg zum persönlichen Bild einer kosmischen Begegnung erleichtert werden.
Eine Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren, finden Sie auf der Homepage von Klaus Hohmann [2]. Dort kann sich
der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit, verschiedene Parameter wie die Helligkeit des DeepSky-Objektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selbst auszuwählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden.
Wir möchten Sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS bitten, Ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdSJournals mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die Bilder per Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an
diriesw@aon.at. Bitte vergessen Sie nicht das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.
Weblinks: [1] http://astrofotografie.
hohmann-edv.de/aufnahmen/ NGC6118.php [2] http://astrofotografie.hohmann-edv. de/aufnahmen/kosmische. begegnungen.aufnahmen.php
Ausgewählte interessante Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten im 3. Quartal 2015
Datum
12.07.2015 21.07.2015 12.08.2015 19.08.2015 10.09.2015 13.09.2015
Uhrzeit
23:00 01:00 24:00 24:00 24:00 24:00
Kleinplanet
mag
(451) Patientia
11,6
(500) Selinur
12,3
(657) Gunlod
14,7
(351) Yrsa
13,5
(5839) GOI
15,8
(4) Vesta
6,4
Objekt
NGC 6369 M 72 NGC 7009 NGC 7293 NGC 7492 NGC 274/5
Art
mag
Abstand
PN
11,4
6'
GC
9,2
10'
PN
8,0
10'
PN
7,3
7'
GC
11,2
3'
Gx
11,8/12,5
8'
Abkürzungen: Gx = Galaxie, GC = Galaktischer Kugelsternhaufen, PN = Planetarischer Nebel
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Kometen
Der Komet C/2014 Q2 Lovejoy - Entwicklung bis zum Perihel
von Uwe Pilz
Der Komet C/2014 Q2 wurde am 17. August 2014 vom australischen Amateurastronomen Terry Lovejoy entdeckt. Er fand den Schweifstern auf einer Aufnahme, die er mit einem 8-Zoll-Astrografen angefertigt hatte. Der Komet stand seinerzeit im Achterdeck und hatte die 15. Größe - recht hell für einen neu entdeckten Kometen.
Der Komet war zunächst ein Objekt für die Beobachter der Südhalbkugel. Dank Remote-Teleskopen liegen aus dieser Zeit Aufnahmen unserer Fachgruppe vor. Die früheste ist diejenige von Michael Hauss, nur zwei Wochen nach der Entdeckung (Abb. 1). Lovejoy nahm rasch an Helligkeit zu und konnte ab Mitte Dezember von südlichen Standorten aus mit dem freien Auge gesehen werden. Er wurde ab den Weihnachtstagen in Mitteleuropa sichtbar. Zuvor, ab dem 16. Dezember, gelangen Winfried Kräling von Teneriffa mehrere Beobachtungen mit dem Fernglas und dem bloßen Auge. Die erste Beobachtung vom deutschen Sprachraum aus gelang Burkhard Leitner am
1 30. August 2014, 17:56 UT, Instrument: 0,51-m-Cassegrain f/6,8, 120 s mit
SBIG-STL6303E-Kamera (Michael Hauss)
2 21. Dezember 2014, 21:15 UT, Instrument: 12-Zoll-Astrograf, f/3,6, 1.100 s mit
FLI-ML-8300-Kamera (Gerald Rhemann )
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Kometen
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18. Januar 2015, 20:00 UT, 16x70Fernglas (Uwe Pilz )
21. Dezember, sein südlicher Standort in Österreich begünstigte die Sichtung. Er bestimmte die Helligkeit mit einem Fernglas zu 6,0 mag bei einem beachtlichen Komadurchmesser von 12 Bogenminuten. Zur selben Zeit konnte Gerald Rhemann den Schweifstern von Namibia aus fotografieren. Sein Foto belegt einen Komadurchmesser von mindestens 25 Bogenminuten. Der Schweif war so lang, dass er mit mehr als 1,7 Grad die Grenzen des Bildfelds sprengte (Abb. 2).
Ab den Weihnachtstagen wurden die Beobachtungen zahlreicher, obwohl der Komet noch tief in der Taube stand. Die beobachteten Helligkeiten stiegen rasch auf 5 mag, wegen des tiefen Standes am Himmel waren Beobachtungen mit den freien Auge zunächst nicht möglich. Nach und nach zeigte sich der Schweif: Zunächst nur als Ansatz (Walter Kutschera, Volker Kasten und Gerhard Scheerle
4 Rechts: 14. Januar 2015, 23:01 UT,
Instrument: 25-cm-Deltagraf, f/3,3, 30 s mit Ricoh-GXR-A12-Kamera, ISO 1600 (Uwe Wohlrab)
5 Unten: 13. Januar 2015, 21:35 UT, Instrument: 50-mm-Objektiv, f/4, 1.800 s mit Nikon-D90-Kamera, ISO 800 (Andre Müller)
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Kometen
6 17. Januar 2015, 20:45 UT, Instrument: 85-mm-Objektiv, f/3,5, 1.200 s mit Canon-6D-Kamera, ISO 3200 (Norbert Mrozek)
7 21. Januar 2015, 18:17 UT, Instrument: 8-Zoll-Astrograf, f/2,9, 200 s mit FLI-PL-16803-Kamera, Mosaik aus 3 Feldern (Gerald Rhemann) 8 22. Januar 2015, 19:18 UT, Instrument: 8-Zoll-Astrograf, f/2,8, 1.500 s mit FLI-ML8300-Kamera (David Bender)
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Kometen
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zwischen dem 26. und 28. Dezember), schließlich mehr als ein Grad lang (Robin Hegenbarth am 9. Januar) bis hin zu fast 5 Grad (meine Beobachtung vom 18. Januar, Abb. 3). Ab Anfang Januar wurde der Komet für das freie Auge sichtbar (zuerst für Wolfgang Scheerle am 5. Januar). Der Komet durchlief das Perigäum am 7. Januar und näherte sich danach der Sonne. Inzwischen war die Helligkeit auf etwa 4 mag gestiegen. Wegen der Bahngeometrie blieb sie für zwei bis drei Wochen in diesem Bereich und sank dann nur langsam. Der Komadurchmesser lag visuell bei mehr als einem halben Grad, Gerhard Scheerle sah Mitte des Monats sogar fast 2 Grad. Auch auf fotografischen Aufnahmen ist der Komadurchmesser beachtlich: Die ,,Nahaufnahme" von Uwe Wohlrab zeigt einen Komadurchmesser von 20 Bogenminuten (Abb. 4).
Mitte des Monats bewegte sich Lovejoy vom östlichen Stier in den Widder und war damit nur wenige Grad von den Hyaden und vor allem den Plejaden entfernt. Diese schöne Szene wurde viel fotografiert, als Beispiel mögen die Aufnahmen von Andre Müller und Norbert Mrozek dienen (Abb. 5 und 6). Während dieser Zeit war auch die grün leuchtende Koma visuell gut zu erkennen, ein Hinweis auf einen gasreichen Kometen.
Meine Beobachtung mit einem Beugungsgitter an einem 32-cm-Newton-Teleskop zeigte jedoch für den zentralen Teil der Koma eine überwiegende Kontinuumsstrahlung mit schwachen Natrium- und C2-Emissionen. Mit Annäherung an die Sonne wurde der Schweif stark vom solaren Magnetfeld beeinflusst und zeigte Verwirbelungen, Teilabrisse und Knicke. Die Fotos von Gerald Rhemann und David Bender belegen diese Effekte in exzellenter Weise (Abb. 7 und 8).
Die Helligkeitsentwicklung bis zum Perihel lässt sich gut mit einer absoluten Helligkeit m0 = 2,9 mag und einem Aktivitätsparameter n = 9,6 beschreiben. Die Abbildung 9 zeigt die Lichtkurve bis zum Perihel samt den Ergebnissen dieser Modellrechnung. Die Resultate stimmen gut mit denen von Andreas Kammerer überein, welche auf Beobachtungen bis 20. Dezember beruhen. Er bestimmte die Werte m0 = 2,5 mag und n = 10,0.
9 Geozentrische Lichtkurve bis zum Perihel
10 Gas- und Staubentwicklung bis zum Perihel
Die Abbildung 10 stellt die Gas- und Staubentwicklung dar. Beide laufen parallel, die Staubentwicklung überwiegt. Dies widerspricht in gewisser Weise den visuellen und fotografischen Beobach-
tungen, bei denen der Plasmaschweif überwiegt, die Koma deutlich grün ist und ein Staubschweif kaum nachweisbar ist. Sie stimmt allerdings mit meiner spektroskopischen Beobachtung überein.
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Kometen
Rückblick auf den Kometen C/2014 Q2 Lovejoy
zusammengestellt von Werner E. Celnik und Peter Riepe
Komet Lovejoy war der ,,Überraschungskomet" am Jahresanfang 2015. Die zunächst schwachen (auf die Kometenhelligkeit bezogen) Vorhersagen mussten vielfach nach oben korrigiert werden. Kurzzeitig war der Komet sogar mit bloßem Auge sichtbar und war monatelang ein Feldstecherobjekt. An einem dunklen Himmel konnte man den Schweif mit dem Fernglas über mehr als 6 Grad Länge verfolgen. Die Koma erschien recht hell und ausgedehnt, von intensiv grüner Farbe, der im Gegensatz zur Koma relativ lichtschwache cyanblaue Gasschweif zeigte meist mal eng, mal weit aufgefächerte Schweifstrahlen. Manchmal waren Kno-
ten und sogar dicke Plasmawolken erkennbar, die im Gasschweif von der Koma weg nach hinten drifteten, mitgezogen vom Sonnenwind. Ein Staubschweif war bestenfalls schwach zu erahnen, äußerte sich höchstens als nach hinten ausgedehnte Verlängerung der Koma, ohne ausgeprägte eigene Farbe, die gelblich weiß zu erwarten gewesen wäre.
Zahlreiche Kometenfotografen sind unserem Aufruf gefolgt und haben ihre Aufnahmen von Lovejoy bis zum Redaktionsschluss eingesandt. Leider können wir mangels Platz nicht jedes Bild zeigen. Doch sollte jeder Bildautor berück-
sichtigt werden. So können wir in dieser Ausgabe 43 Aufnahmen von 23 Bildautoren präsentieren. Der geneigte Betrachter berücksichtige bitte, dass sowohl die eingesetzten Instrumente und Kameras wie auch die Beobachtungsorte zwischen Stadthimmel und Wüstenhimmel höchst unterschiedliche Ergebnisse erwarten lassen und auch zeigen.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Betrachten dieser Fotostrecke, die den Kometen von Dezember 2014 bis Anfang Februar 2015 zeigt.
VdS-Journal Nr. 54
1 Von links nach rechts:
20.12.2014 (Mosaik aus 3 Feldern), 21.12.2014 (3 Felder), 22.12.2014 (4 Felder), 23.12.2014 (4 Felder), 27.12.2014 (4 Felder), 28.12.2014 (6 Felder), ASA-12-Zoll-Astrograf f/3,6, Kamera FLI ML 8300, belichtet LRGB 200/300/300/300 s pro Feld, Ort: Farm Tivoli, Namibia, Norden oben (Gerald Rhemann)
2 23.12.2014, 22:36-22:47 UT, Norden
oben, Canon EOS 1000Da, Objektiv 1:2,8/200 mm, f/3,5, ISO 800, 17 x 30 s, Außenstelle der Regensburger Volkssternwarte, extrem gute Horizontsicht bei sehr tiefem Kometenstand (Gottfried Meissner)
3 Oben: 28.12.2014, 21:16-22:32 UT, Lovejoy bei M 79, Norden
oben, Refraktor Takahashi FSQ 106 ED f/5, Kamera: SBIG STL11000M, Baader-Filter, belichtet in L: 4 x 6 min, in RGB: jeweils 4 x 3 min (2 x 2-Binning), Ort: Somerset West, Südafrika (Dieter Willasch)
4 Rechts: 08.01.2015, 19:00-21:00 UT, Norden rechts, 14,5-Zoll-
Newton, belichtet in LRGB jeweils 120 s, Ort: Nerpio/Spanien (Robert Pölzl)
5
08.01.2015, 20:14-20:36 UT, Norden rechts, C11 HyperStar, Moravian G2-8300m, Baader-CCDLuminanz-Filter, belichtet 4 min, Ort: Sternwarte Leopoldshöhe (Oliver Schneider)
6
Ganz rechts: 10.01.2015, 17:24-21:20 UT, Norden rechts, C11 HyperStar, Moravian G2-8300m, Baader-CCD-Luminanz-Filter, belichtet 12 min, Ort: Sternwarte Leopoldshöhe (Oliver Schneider)
7 10.01.2015, 20:39 UT, Norden rechts, 8-Zoll-Newton
f/2,8, CCD-Kamera Moravian G2 8300, belichtet in L: 12 x 60 s, in RGB: 7 x 1 min mit 200-mm-Objektiv, Canon 6D, ISO 3200 (Norbert Mrozek)
8 11.01.2015, 17:40 UT, Norden rechts, ASA-N-12-Zoll-Astrograf f/3,6, CCD-Kamera
FLI PL 1680, belichtet LRGB 1.000/300/300/300 s, Ort: Eichgraben, Niederösterreich (Gerald Rhemann)
9 12.01.2015, 22:20 UT, Norden rechts, 8-Zoll-Schmidtnewton
f/4, Kamera EOS500, belichtet 80 x 30 s (Bernd Gährken)
10 12.01.2015, 17:55-22:00 UT, Norden rechts, William Optics Megrez 72, TS-Optics-
2-Zoll-Reducer, Moravian G2 8300 FW, belichtet 19 x 3 min in LRGB (Bernd Weinzierl)
11 13.01.2015, 18:10 UT, Norden rechts oben, Objektiv:
Canon 1:4/70 mm, Kamera: Canon EOS350Da, belichtet 31 x 4 min, ISO 800 (Robert Pölzl)
12 13.01.2015, 20:46 UT, Norden re. ob., Objektiv: Canon 200 mm
bei f/4,6, Kamera: Canon 5D MkII, belichtet 30 x 2 min, ISO 800, Ort: Gurk/Kärnten (Werner Probst)
13
13.01.2015, 18:04-18:21 UT, Norden oben, Objektiv: Canon 1:2,8/200 mm bei f/3,5, Kamera: Canon EOS 1000Da, ISO 400, belichtet 6 x 180 s, Ort: Sinzing (Gottfried Meissner)
14-16
Oben: 13.01.2015, 20:28-21:06 UT, Norden oben, 4,5-Zoll-Newton, f = 440 mm, Kamera: SBIG ST830M, Baader-LRGB-Filter, belichtet: L 5 x 2 min + 4 x 1 min, RGB: je 3 x 2 min (Michael Deger)
Mitte: 13.01.2015, 18:05-19:16 UT, Norden oben, C11 Hyperstar, Kamera: EOS 1000, belichtet 12 min (Axel Rau)
Unten: 13.01.2015, 17:40-18:10 UT, Norden oben, Luminanz mit Newton 250 mm f/4, SBIG ST-2000XM, RGB mit Newton 130 mm f/5, SXV-H9, gesamt belichtet 14 min (L 7 x 30 s, RGB je 7 x 30 s), Ort: Sternwarte Gahberg (Markus Blauensteiner)
17-19
Oben: 14.01.2015, 18:30 UT, Norden oben, Refraktor ED70 f = 420 mm, f/6, TS-Flattener, Kamera: Canon 1000Da, CLS-Astronomik-Filter, belichtet 82 x 60 s, ISO 1600, Ort: Grasberg (Kai-Oliver Detken)
Mitte: 14.01.2015, 17:36-19:00 UT, Norden oben, C11 HyperStar, Kamera: Canon EOS 6D, gesamt belichtet 40 min, ISO 1600, Ort: Sternwarte Leopoldshöhe (Oliver Schneider)
Unten: 14.01.2015, 19:20 UT, Norden oben, 8-Zoll-Newton f/2,8, CCDKamera Moravian G2 8300, belichtet in L: 5 x 120 s, in RGB: 60/60/60 s (Norbert Mrozek)
95
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21
Unten: 16.01.2015, 17:16-18:42 UT, Norden oben rechts, Apo-Refraktor 150 mm/1.100 mm, Feldkorrektor, Canon EOS 5D MkII, 67 x 30 s, ISO 3200, Ort: Rheinberg (Werner E. Celnik)
22
Rechts: 17.01.2015, 17:11-19:13 UT, Norden rechts, Apo-Refraktor 150 mm/1.100 mm, Feldkorrektor, Canon EOS 5D MkII, 194 x 30 s, ISO 3200, Ort: Rheinberg (Werner E. Celnik)
20
Links: 14.01.2015, 22:20 UT, Norden oben, ASA-H8Astrograf f/2,9, Kamera: FLI PL 16803, belichtet: LRGB 600/250/250/250 s, Ort: Weissenkirchen/ Niederösterreich (Gerald Rhemann)
23
Rechte Seite: 17.01.2015, 18:10 UT, Zweifachmosaik, Objektiv: 1:3,5/24 mm, belichtet je Feld 30 x 60 s, Kameras: Canon EOS 6D (ISO 3200), Canon EOS 600Da (ISO 1600), Ort: Hunsrück (Stefan Binnewies)
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24-26
Oben: 17.01.2015, 19:17 UT, Norden oben, 8-Zoll-Newton f/2,8, CCD-Kamera Moravian G2 8300, belichtet in L: 5 x 120 s, in RGB: 120/120/120 s (Norbert Mrozek) Mitte: 17.01.2015, 19:4119:58 UT, Norden oben, ASA12NOK3Z f/3,6, Kamera: ALccd12, belichtet 6 x 120 s, Ort: Hobeck/ Fläming (Martin Nischang) Unten: 17.01.2015, 20:45 UT, Norden oben, Objektiv: 1:3,5/ 85 mm, Kamera: Canon 6D, ISO 3200, belichtet 15 x 60 s, ca. 18 Grad langer Schweif erkennbar (Norbert Mrozek)
27-28
Rechte Seite:
Links: 17.01.2015, 18:10 UT, Norden rechts, Zweifachmosaik, Objektiv: 1:2,8/200 mm bei f/3,5, Kamera: Canon EOS 6D, belichtet 90 x 40 s, invertierter Blaukanal, Ort: Hunsrück (Stefan Binnewies) Rechts: 18.01.2015, 20:20 UT, Norden rechts, Mosaik aus 4 Aufnahmen, ASA-H8-Astrograf 1:2,9, Kamera: FLI PL 16803, belichtet je Feld: LRGB 400/250/250/250 s, Ort: Hochkar/Niederösterreich (Gerald Rhemann)
VdS-Journal Nr. 54
31 20.01.2015, 19:30 UT, Norden rechts, Objektiv: Sigma 50-200 mm,
f = 95 mm, f/5, Kamera: Canon 1000Da, CLS-Astronomik-Filter, belichtet 20 x 180 s, ISO 1600, Ort Grasberg, (Kai-Oliver Detken)
32 20.01.2015, 20:30 UT, Norden rechts, Objektiv: Nikon 1:2,8/180 mm,
FLI-CCD-Kamera, belichtet 180 s, Bradford Robotic Telescope Teneriffa (Michael Hauss)
29 18.01.2015, 20:05-20:50 UT, Norden rechts, Celestron 14, f/1,9,
CCD-Kamera QHY12, belichtet 10 x 180 s (Peter Remmel)
30 18.01.2015, 22:55-23:16 UT, Norden oben, Objektiv:
Mamiya 1:2,8/80 mm, Kamera: ATIK 314-LC, belichtet 3 x 300 s, Ort: Rubi bei Oberstdorf (Thorsten Zilch)
33-35
Links: 21.01.2015, 21:15-21:35 UT, Norden rechts, Objektiv: Canon 1:2,8/200 mm bei f/3,5, Kamera: Canon EOS 1000Da, ISO 1600, belichtet 16 x 60 s, Ort: Sinzing (Gottfried Meissner) Mitte: 21.01.2015, 17:25-18:16 UT, Norden rechts, C11 HyperStar, Kamera: Moravian G2-8300m, BaaderCCD-Luminanz-Filter, Mosaik aus 5 Bildern, belichtet je Segment 5 x 1 min, Ort: Sternwarte Leopoldshöhe (Oliver Schneider) Rechts: 21.01.2015, 18:17 UT, Norden rechts, Mosaik aus 3 Aufnahmen, ASA-H8-Astrograf f/2,9, Kamera: FLI PL 16803, belichtet je Feld: LRGB 400/250/250/250 s, Ort: Turmkogel/Niederösterreich (Gerald Rhemann)
VdS-Journal Nr. 54
VdS-Journal Nr. 54
36-39
Links oben: 21.01.2015, 21:08 UT, Norden rechts, Objektiv: Kiev 1:3,5/250 mm, Kamera: Nikon D 5100, belichtet 10 x 20,6 s, Ort: Rottenburg/Laaber (Hans Gerhard Weber)
Links unten: 21.01.2015, 20:00 UT, Norden rechts, Objektiv 1:1,8/85 mm bei f/3,5, Kamera: Nikon D800e, ISO 400, belichtet 16 x 120 s, Ort: Kematen an der Krems/Österreich (Christoph Kaltseis)
Oben: 23.1.2015, 19:54-22:53 UT, Norden rechts, Objektiv: Canon 100-400 mm, Brennweite 400 mm, f/5,6, Kamera: Canon EOS 5D MkII, ISO 3200, belichtet 88 x 90 s, Ort: Gornergrat/Schweiz (Werner E. Celnik und Otto Guthier)
Rechts: 24.1.2015, 20:58 UT, Norden rechts, Objektiv: 70-200 mm, f/2,8, Kamera: Canon 5D MkII, belichtet 240 x 32 s, Schweiflänge 7 Grad (Ralf Burkart/Kreuels)
40
Links: 31.01.2015, 19:07 UT, Norden rechts, Newton 200 mm/560 mm, CCD-Kamera Moravian G2 8300, belichtet in L: 10 x 60 s, in RGB: 120/120/120 s (Norbert Mrozek)
41
Rechts: 03.02.2015, 18:31 UT, Norden rechts, Newton 200 mm/560 mm, CCD-Kamera Moravian G2 8300, Mosaik aus 2 Bildern, belichtet je Bild 10 x 30 s (Norbert Mrozek)
42
Links: 06.02.2015, 19:08 UT, Norden rechts, 8-Zoll-Newton, f/2,8, CCD-Kamera Moravian G2 8300, belichtet in L: 2 x 180 s, in RGB: 120/120/120 s, Ort: Herscheid/Sauerland (Norbert Mrozek)
43
Rechts: 06.02.2015, 18:3121:47 UT, Norden rechts, ApoRefraktor 150 mm/1.100 mm, Feldkorrektor, Canon EOS5D MkII, ISO 1600, 200 x 45 s (gesamt 150 min), Ort: Rheinberg (Werner E. Celnik)
VdS-Journal Nr. 54
104 Meteore
Der neue Blick auf Meteorströme
von Jürgen Rendtel
Schiaparelli hatte 1872 in seinem Buch über ,,die astronomische Theorie der Sternschnuppen" [1] Zusammenhänge von Meteorströmen und Kometen dargelegt. In der Folge konnten zahlreiche Verbindungen zwischen Kometen, Kleinplaneten und Meteorströmen belegt werden, die zu diesem Bild passten: Meteorströme sind Auflösungsprodukte von Kometen. Natürlich konnte nicht zu jedem kleineren Strom sogleich ein Verursacher gefunden werden, doch das schien mehr eine Frage der Zeit zu sein.
Die periodischen Ströme mit sehr intensiven Maxima konnten als konzentrierte Teilchenwolken in relativer Nähe zum Ursprungsobjekt verstanden werden. Das traf etwa auf die Andromediden des Kometen 3D/Biela im November 1872 und 1885 zu sowie insbesondere die alle 33 Jahre zuverlässig erscheinenden Leoniden des Kometen 55P/Tuttle. Die Raten von 1799 und 1833 (Abb. 1) wurden nicht wieder erreicht: Die Peaks lagen bei 900 im November 1866, und deutlich unter 300 in den Jahren um 1900 bzw. um 1933. Die Dichte der Ströme konnte als Folge von Störungen hauptsächlich durch Jupiter, Saturn und Uranus erklärt werden. Ein neues starkes Leoniden-Maximum wurde 1966 erwartet. Dies wurde der intensivste beobachtete LeonidenSturm. Schwierig war es, die bereits 1965 beobachtete hohe Rate in dieses Bild einzuordnen.
dingt auch die Draconiden des kurzperiodischen Kometen 21P/Giacobini-Zinner, die erstmals 1933 ein sehr hohes Maximum verursachten. Mit einer Umlaufzeit von rund 6,5 Jahren traten praktisch bei jedem zweiten Umlauf neue Peaks auf.
1
LeonidenMaximum von 1833 (aus: E. Weiß: Bilderatlas der Sternenwelt, Esslingen, 1888)
Zuletzt gab es 2011 ein berechnetes Maximum, das von Europa aus gut verfolgt werden konnte, sowie ein weiteres im darauffolgenden Jahr, das vornehmlich aus kleineren Meteoroiden bestand und nicht in dieser Form erwartet worden war.
Entscheidende Schritte gab es dann Ende der 1990er-Jahre mit Hilfe von Modellrechnungen durch McNaught und Asher [2], die schließlich das überraschende breite Leoniden-Feuerkugelmaximum von 1998 sowie die zahlreichen größeren und kleineren Peaks des Stroms bis in die 2000er-Jahre erklären konnten, dazu auch die genannte hohe Rate bereits im November 1965. Zahlreiche ,,Staubspuren" (englisch: dust trails) nicht nur der Leoniden wurden bis 2011 beobachtet. Auch die Serie der Perseidenpeaks zwischen 1991 und 2004 konnte modelliert werden.
In die Kategorie der ,,frischen" und ,,strukturierten" Ströme gehören unbe-
VdS-Journal Nr. 54
2 Zwei Fundstücke vom Tscheljabinsk-Meteoriten am 15.2.2013, der als L5-Chondrit
klassifiziert ist. Die beiden Stücke sind jedoch in ihrer Struktur sehr unterschiedlich - fast schwarz mit Metalleinschlüssen gegenüber der hellen Matrix, wie sie von anderen L5-Chondriten geläufiger ist.
Meteore 105
Tabelle 1: Meteoritenfälle Ende März/Anfang April
nach Ereignisdatum sortiert
Meteoritenfall/ Feuerkugel
Park Forest (USA) FK Süddeutschland Neuschwanstein (D) Pribram (CZ) Glanerbrug (NL) Berduc (ARG) Jesenice (SLO) Mason Gully (AUS)
Datum
03.27.2003 03.31.2014 04.06.2002 04.07.1959 04.07.1990 04.07.2008 04.09.2009 04.13.2012
Orbit, große Bahnhalbachse
2,53 AE -
2,40 AE 2,40 AE
(2 AE) 1,75 AE 2,47 AE
Eintrittsgeschwindigkeit
20 km/s -
21 km/s 21 km/s
(14 km/s) 14 km/s 15 km/s
Meteoriten-Typ
L5 EL6 H5 L.LL5 L6 L6 H5
Bestrahlungs-Alter/ Mio. J.
48 28+-10 3,5 -
Eine andere Kategorie sind sehr kurze Peaks (unter einer Stunde Dauer), die bei Strömen von langperiodischen Kometen auftraten. Das erste derartige gut dokumentierte Ereignis betraf die a-Monocerotiden 1995, von denen kein Ursprungskomet bekannt ist. Der Strom hatte bereits 1925 und 1935 ähnliche Ereignisse verursacht. Es folgten die Aurigiden 2007 des Kometen C/1911 N1 (Kiess), der 2.500 Jahre Umlaufzeit hat und die September--Perseiden 2007 und 2013 (bisher kein Verursacherkomet gefunden). Auf Grundlage der Beobachtung von 2007 und einer angenommenen Kometenbahn war das 2013er-Ereignis berechnet worden. Nicht zuletzt gehören die vereinzelt beobachteten LyridenPeaks des Kometen C/1861 G1 (Thatcher) mit 425 Jahren Umlaufzeit auch in diese Gruppe.
Parallel zu den Möglichkeiten der ModellBerechnungen gibt es mittlerweile durch Videobeobachtung von Meteoren (wie schon zuvor durch Radarbeobachtungen) eine Unmenge von präzisen Positionsdaten und Orbits. Daraus lassen sich nun schwache Ströme herausfiltern, die sich kaum vom sporadischen Hintergrundrauschen abheben [3]. Dazu trugen auch Video-Beobachtungen vom Arbeitskreis Meteore bei. Die IAU-Datenbank hat gegenwärtig (Anfang Februar 2015) schon über 580 Einträge und nähert sich dem Zustand an, den Denning vor mehr als hundert Jahren so beschrieb: Es gibt in jeder Nacht des Jahres bis zu 50 aktive Radianten [4]. Das ist sicher nicht einmal verkehrt, aber was sehen wir tatsächlich? Radianten stellen eine Beschreibung eines Teilchenstroms dar: Richtung und Geschwindigkeit zum Zeitpunkt der Be-
gegnung mit der Erde definieren die Lage der Bahnen im Raum eindeutig - sagen aber wenig über den Strom selbst aus, wie wir gleich noch sehen werden.
Der neue Blick Die englische Terminologie unterscheidet zwischen einem ,,meteor shower" (die am Himmel von einem Radianten erscheinenden Meteore) und einem ,,meteoroid stream" (die auf ähnlichen Orbits um die Sonne laufenden Teilchen). Im deutschen Sprachgebrauch wird der Begriff Meteorstrom für beides verwendet. Wir wollen aber wegen der wichtigen Unterscheidung der beiden Aspekte hier von Meteorstrom und Meteoroidenstrom im oben genannten Sinn sprechen.
Objekt-Seite Bei der Freisetzung von Meteoroiden von ihren Mutterkörpern spielen mehrere verschiedene Parameter eine wesentliche Rolle. Beobachtungen von Kometen wie auch von Kleinplaneten belegen, dass ihre Oberflächen sehr variabel sind. Eros, Tempel 2 oder Ida erscheinen eher monolithisch, dagegen sehen Itokawa und Tschurjumov-Gerasimenko eher aus wie relativ lose zusammengefügte Körper. Alle haben sicher zahlreiche Kollisionen erlebt, was aus Kratern an der Oberfläche oder losen Brocken abzuleiten ist. Die Substanz ist sehr wahrscheinlich auch sehr inhomogen. Belege dafür sind vergleichweise kleine Objekte wie der nur rund 4 m große Kleinplanet 2007 TC_3, der als Almahata-Sitta-Meteorit gleich mehrere Typen (EL6, EH4-5) enthält. Selbst der als L5-Chondrit eingestufte Tschelajbinsk-Meteorit weist in seinen einzelnen Fundstücken überaus verschiedenartige Strukturen auf (Abb. 2), er war
sehr wahrscheinlich auch ein eher lose zusammengefügter Körper. Wir finden komplett verschiedene Meteorite auf der Erde, deren Bahnen vor der Kollision mit der Erde praktisch identisch waren (Pribram, 1959, L5; Neuschwanstein, 2002, EL6, beide Anfang April gefallen). Wenngleich es eine ganze Reihe von Meteoritenfällen zu dieser Zeit des Jahres gab und die Bahnen zum Teil sehr ähnlich sind, ist ein ,,Strom" von Objekten dazu nicht nachweisbar (Tab. 1).
Nun kommen wir zur alternativen Beschreibung von Teilchenströmen: Lage im Raum, Geschwindigkeit und Zeitpunkt der Begegnung mit der Erde. Southworth und Hawkins entwickelten einen Zahlenwert (D-Kriterium), der die Ähnlichkeit einzelner Orbits charakterisiert [5]. Dieser Wert oder leicht modifizierte Werte werden von verschiedenen Autoren benutzt, um Ähnlichkeiten und somit mögliche Verbindungen zwischen Objekten einzustufen.
Wie die Modellrechnungen zu allen Staubspuren von Kometen belegen, haben diese eine endliche Länge und unterliegen verschiedenartigen Störungen. Das bedeutet, dass ,,ein Strom" durchaus nur in wenigen Begegnungen mit der Erde beobachtet werden kann. Bei den geschilderten Fällen der periodischen intensiven Ströme ist das offensichtlich und klar. Das wird aber sinngemäß auf alle Ströme zutreffen. Ein schwacher Strom kann also in einem oder einigen wenigen Jahren beobachtbar sein und dann ,,verschwinden". Dies passt zum Beispiel zu den Juni-Lyriden, die in den 1960er-Jahren wiederholt beobachtet wurden, seit vielen Jahren aber nicht
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106 Meteore
3 Meteorströme des Kometen 96P/Machholz und des Kleinplaneten (196256) 2003 EH_1 nach Modellrechnungen von
Neslusan und Kollegen [9]
nachweisbar sind. Mehrere Analysen von Meteoraktivität aus dem Bereich AurigaPerseus-Lynx im September/Oktober haben immer wieder andere Ergebnisse gezeigt. So waren z. B. die -Aurigiden Anfang Oktober in den 1960er- und 1970er-Jahren fotografisch nachweisbar [6], tauchen aber heute nur ganz schwach auf [7]. Dafür sind die schon erwähnten September--Perseiden zuletzt intensiver gewesen. Hier könnte - genau wie es Kometenfamilien gibt - auch eine ganze Gruppe von kleinen Strömen aktiv sein, die aber jeweils nur kurzzeitig nachweisbare Raten hervorbringen. Es wäre also nicht überraschend, wenn unsere Listen von beobachtbaren Meteorströmen in jedem Jahr verschieden ausfallen.
Meteorstrom-Sicht Für jeden einzelnen Meteoroidenstrom gilt generell, dass die Erde bei jedem Umlauf einen anderen Abschnitt erreicht oder durchquert, der sich in der Dichte und Größenverteilung vom Durchschnitt unterscheiden wird. Ganz offensichtlich sorgt die zeitliche Entwicklung eines Meteoroidenstroms dafür, dass sich auch die Position des Durchgangs verändern wird. Die Erde selbst sorgt natürlich auch für Bahnstörungen der Meteoroide in Erdnähe. Die größten Störungen erfolgen jedoch durch Jupiter und bei längeren Umlaufszeiten auch durch Saturn. Dabei können Ströme für den Beobachter auf der Erde ,,verschwinden" (wie die intensiven Andromediden nach den beiden sehr starken Ereignissen von 1872 und 1885) oder neu ,,erscheinen" (wie die Geminiden Anfang des 19. Jahrhunderts).
Einigen Meteoroidenströmen kann die Erde in beiden Bahnknoten begegnen.
VdS-Journal Nr. 54
Bekanntestes Beispiel sind Meteoroide des Kometen 1P/Halley, die wir als -Aquariiden (nahe dem aufsteigenden Knoten) im Mai und als Orioniden (absteigender Knoten) im Oktober beobachten können. Andere Beispiele sind die Tauriden (Oktober-November), die u. a. als Tagesstrom der Arietiden (Juni-Juli) erneut beobachtbar werden. Nicht nur im Fall der Tauriden sprechen wir von Meteorstrom-Komplexen (Tab. 2).
Kombinationen Einer der gegenwärtig intensivsten Meteorströme, die Quadrantiden (Peak Anfang Januar), gaben lange Rätsel um ihren Ursprung auf, denn es konnte kein Mutterobjekt gefunden werden. Als der
Komet 96P/Machholz mit dem Strom in Verbindung gebracht wurde, schien die Frage geklärt. Mit dem Kleinplaneten (196256) 2003 EH_1 kam ein weiteres Objekt als Verursacher der Quadrantiden in Betracht. Des Weiteren ergaben Modellrechnungen von Neslusan, Hajdukova und Kollegen, dass die Quadrantiden eine gemeinsame Geschichte mit einem intensiven südlichen Strom, den Südlichen d-Aquariiden (Maximum Ende Juli) haben. Beide Objekte füllen jeweils mehrere Ströme (Abb. 3). Möglicherweise gab es einen gemeinsamen Vorläufer des 96P und 2003 EH_1. Nach der Trennung lieferten beide Objekte unabhängig voneinander Meteoroide, die sich entlang der Bahn verteilten und merklichen Ju-
4 Meteoroidenwolke des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko (von J. Vaubaillon [10])
Meteore 107
piterstörungen zu verschiedenen Zeiten unterlagen. Dabei entstanden die Ströme mit so unterschiedlichen Radianten. Wenn wir gegenwärtig die Quadrantiden beobachten, sehen wir am Himmel einen scharf begrenzten Radianten. Die Meteoroide hingegen wurden zu unterschiedlichen Zeiten von dem einem oder dem anderen Objekt freigesetzt.
Die gravitativen Störungen sorgen dafür,
dass unter bestimmten Bedingungen von
einem Objekt ein riesiger Raum mit zahl-
reichen Staubspuren angefüllt werden kann. Als Beispiel zeigen wir die vom
5 Meteoroide, die vom Kometen 102P/Shoemaker freigesetzt wurden, werden nach
Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko
langer Zeit aus Radianten an sehr verschiedenen Positionen erscheinen
freigesetzten Meteoroide nach Berech-
(Berechnungen von Tomko [11])
nungen von Jeremie Vaubaillion (Abb.
4). Eine eindrucksvolle Simulation, die
unter Mitwirkung vieler Nutzer entstand, von nachweisbaren Radianten aus Vi- In naher Zukunft werden wir sicher
ist bei YouTube zu sehen: Comet Trails: deo- oder Radarbeobachtungen ableiten? eine überaus lange Liste von beobach-
67P/Churyumov-Gerasimenko and ESA Was sollten wir sinnvoll als Meteoroi- teten Meteorströmen haben. Die meisten
Rosetta Mission (Constellation).
denstrom betrachten?
davon werden sehr schwache Quellen
sein. Viele Einträge werden periodische
Auch Kometen, deren Staubspuren von Folgerungen
oder gelegentliche Ereignisse beschrei-
der Erde durchquert werden, können Sowohl die Radianten als auch die ge- ben. Es gilt, aus Modellrechnungen die
derart komplexe Strom-Systeme ver- nannten Bahn-Ähnlichkeiten liefern zu- erwarteten oder möglichen Ereignisse
ursachen. Auch hier gibt es aktuelle verlässige Informationen über Meteor- herauszufinden und diese schließlich
Berechnungen von Tomko [11], die bei- ströme. Was die Daten nicht zeigen, ist durch Beobachtungen zu belegen. Damit
spielsweise im Fall des Kometen 102P/ die Ursache der Ähnlichkeit. Bilden also können wiederum die Modelle verfeinert
Shoemaker Radianten fast über den ge- etwa Objekte wie die genannten Meteo- werden und unser Verständnis für den
samten Himmel verteilt ergeben (Abb. riten-Mutterkörper einen ,,genetischen" Komplex der Kleinkörper wachsen. Un-
5). Wenn aber ein einzelnes Objekt fast Strom? Sind Meteore, die von einem erwartete Ereignisse werden zusätzlich
überall Radianten - also für den Beob- Radianten kommen, ein Strom im Sinne für Überraschungen sorgen. Dazu wird es
achter auf der Erdoberfläche: Meteor- eines geschlossenen Meteoroiden-Torus kommen, selbst wenn theoretisch alle in
ströme - verursachen kann, kommen wir oder eine räumlich eher ,,klein" begrenz- Erdnähe gelangenden Objekte mit mög-
dem eingangs genannten von Denning te Staubspur und somit eine temporäre lichen Staubspuren modelliert werden.
beschriebenen Zustand nahe. Was also Erscheinung, die eventuell nur einmal Große Unbekannte bleiben weiterhin die
können wir aus der wachsenden Anzahl mit der Erde zusammentrifft?
Größenverteilung der freigesetzten Mete-
oroide und die Geschwindigkeit, mit der
sie ihr Ursprungsobjekt verlassen. Beides
sind entscheidende Parameter für die Ent-
Tabelle 2: Meteorstrom-Komplexe
stehung von Strömen und die räumliche Ausbreitung der Meteoroide in ,,Längs-
Komplex Tauriden
Zugehörige Ströme
Nördliche Tauriden (917 NTA), Südliche Tauriden (002 STA), -Tauriden (173 BTA), -Perseiden (172 ZPE)
Zugeordnete Objekte
2P/Encke, mindestens 13 Kleinplaneten (siehe z. B. [8])
und Querrichtung". Dass die Spanne sehr groß ist, belegen bereits die ersten von Rosetta gemessenen Daten, die Ende Januar in der Zeitschrift ,,Science" vorgestellt wurden - und das noch weit vor dem Perihel des Kometen 67P. Messun-
PhaethonGeminiden
Geminiden (004 GEM), Tages-Sextantiden (221 DSX)
(3200) Phaethon
gen verschiedener Instrumente zwischen Juli und September 2014 erlaubten eine erste Abschätzung des Verhältnisses von
Quadrantiden
Quadrantiden (010 QUA), Arietiden (171 ARI), Südliche -Aquariiden (005 SDA), Nördliche -Aquariiden (026 NDA)
96P/Machholz, (196256) 2003 EH_1
Gas und Staub aus dem Kometen: Über die sonnenbeleuchtete Oberfläche gemittelt ist die Masse des Staubes etwa viermal so groß wie die freigesetzte Gasmenge. Eine Wolke größerer Staubteilchen
und Klumpen von Metergröße von ver-
VdS-Journal Nr. 54
108 Sonne
gangenen Perihelpassagen umkreist den Kometen auf gebundenen Bahnen [12]. Meteorbeobachter werden einerseits die Radiantenpositionen belegen können. Damit lassen sich zum einen die Modelle zur Entwicklung testen. Andererseits sollten Aussagen zur Meteoroiden-Population entlang des Durchgangs der Erde durch einen Strom Kenntnisse auch über Prozesse in Kometennähe (Menge an Freisetzung, Geschwindigkeit, Teilchengrößen) liefern.
Literaturhinweise: [1] J. V. Schiaparelli, 1871: ,,Entwurf
einer Astronomischen Theorie der Sternschnuppen", Stettin. [2] R. H. McNaught, D. Asher, 1999: "Leonid dust trails and meteor storms", WGN 27, 85 [3] S. Molau, J. Rendtel, 2009: "A comprehensive list of meteor
showers obtained from 10 years of observations with the IMO Video Meteor Network", WGN 37, 98 [4] F. W. Denning, 1899: "General catalogue of the radiant points of meteoric showers and of fireballs and shooting stars observed at more than one station", Memories of the Royal Astronomical Society 53, 202 [5] R. B. Southworth, G. S. Hawkins, 1963: "Statistics of meteor streams", Smithsonian Contributions to Astrophysics Vol. 7, 261 [6] J. D. Drummond, 1982: "A note on the Delta Aurigid meteor stream", Icarus 51, 655 [7] J. Rendtel, S. Molau, 2010: "Meteor activity from the Perseus-Auriga region in September and October", WGN 38, 161 [8] J. Rendtel (Hrsg.), 2014: "Meteor Shower Workbook 2014", Int. Meteor Org.
[9] L. Neslusan, M. Hajdukova, D. Tomko, Z. Kanuchova, M. Jakubik, 2014: ,,The prediction of meteor showers from all potential parent comets", Proceedings of the International Meteor Conference, Giron, France, 2014. Edited by Paul Roggemans, International Meteor Organization, 139
[10] J. Vaubaillon, P. Lamy, L. Jorda, 2006: "On the mechanisms leading to orphan meteoroid streams", Monthly Not. Roy. Astron. Soc. 370, 1841
[11] D. Tomko, 2013: "Mapovanie dynamiky prudov meteoroidov vybranych komet", PhD Thesis, Comenius University, Bratislava, 2013
[12] A. Rotundi et al., 2015: "Dust measurements in the coma of comet 67P/Churyumov-Gerasimenko inbound to the Sun", Science 347 (Jan. 2015)
Riesen-Sonnenfleck AR 12192 am 24. Oktober 2014
von Jens Leich
Nach Hochnebelauflösung entwickelte sich am 24.10.2014 ein goldener Oktobervormittag. Ich hatte das Glück, zu Hause arbeiten zu dürfen, und habe dies spontan unterbrochen, um den seit Tagen für Aufsehen sorgenden ,,Monsterfleck" mit der Bezeichnung AR 12192 auf der Sonne zu zeichnen. Im Übrigen nummeriert die Nationale Meeres- und Atmosphärenbehörde NOAA aus den USA fortlaufend aktive Regionen auf der Sonne, die einen oder mehrere Sonnenflecken beinhalten können. Es müssen mindestens zwei Observatorien eine aktive Region beobachtet haben, bevor diese eine eigene Nummer bekommt. Dies gilt im Prinzip nur für die der Erde zugewandten Flecken. Verschwindet ein bereits nummerierter Fleck aus unserem Blick, kann er unter Umständen ,,überleben" und erhält beim Wiedererscheinen eine neue Nummer. Besonders große Flecken, wie der hier gezeigte AR 2192 = AR 12192 = NOAA Region 2192 kann daher mehrere Nummern erhalten. Am
14. Juni 2002 erreichte die Nummerierung die Zahl 10.000. Aus praktischen Gründen hat man entschieden, die fortlaufende Nummerierung auf 4 Ziffern zu beschränken. Das heißt, auf 9.998, 9.999 folgt 0000, 0001, ..., 2.192. Das bedeutet zum Beispiel, die aktive Region ,,AR 10030" wird vereinfacht mit AR 0030 bezeichnet [1].
Für meinen Starfire-Apochromaten von Astrophysics mit 130 mm Öffnung war in der Sternwarte die Sonnensaison leider schon vorbei, da die Sonne zu tief stand. So saß ich draußen, verzichtete auf Videoaufnahmen und genoss am kleinen apochromatischen Refraktor von Takahashi mit einer Öffnung von nur 60 mm, montiert auf einem Fotostativ, den grandiosen Anblick des riesigen Sonnenflecks mit seinen zahllosen Details (Abb. 1). Ich bin beim Zeichnen fast verrückt geworden und muss gestehen, dass ich nach fast zwei Stunden mit Wolkenunterbrechungen nicht mehr konnte. Die Details
erschlagen einen und das schon bei 60 mm Öffnung und rund 80-facher Vergrößerung. Diese erreichte ich mit einem Okular der Marke Televue Delos und einer Brennweite von 4,5 mm. Beobachtet habe ich die Sonne mit einem HerschelPrisma von Baader Planetarium, dazu ein Solarcontinuum-Filter sowie ein Graufilter ND 3,0.
Sehr schwer war es, die Proportionen und Abstände richtig einzuzeichnen, ich hoffe, es ist mir einigermaßen gelungen. Mir sind beim Sitzen auf dem Absatz in der Türöffnung zur Sternwarte fast die Füße eingeschlafen, aber bei dieser außergewöhnlich langen Zeit des Zeichnens bekommt man in den leider nur wenigen Momenten sehr ruhiger Luft viele Details in der Umbra und Penumbra hautnah mit, auch die Veränderungen, die sich aufgrund der langen Zeichenzeit zwangsläufig ergeben. Es war ein atemberaubendes Erlebnis und bleibt im Gedächtnis hängen. Die Originalzeichnung
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Sonne 109
1 Diese Zeichnung zeigt den Sonnenfleck AR 12192 am 24.10.2014 zwischen 07:57 und 09:44 Uhr UT. Beobachtungsinstrument war ein
apochromatischer Refraktor von Takahashi mit 60 mm Öffnung. Die Beobachtung erfolgte mit einem Herschel-Prisma, bestückt mit einem Solarcontinuum-Filter und einem Graufilter ND 3. Das Okular war ein Delos 4,5 mm.
2 Fast zeitgleich nahm Siegfried Friedl aus Idstein den Sonnenfleck auf. Sein Newton-Teleskop hat 150 mm Öffnung und ist montiert auf
einer Montierung EQ-6. Die Aufnahme entstand um 10:22 Uhr UT und wurde mit einer Kamera ASI120MM von ZWO erstellt. Als Frontfilter diente eine Sonnenfilterfolie ND 3,8 von Baader Planetarium. Mit einer Barlowlinse von Baader/Abbe Zeiss wurde die Brennweite 3-fach verlängert. Zusätzlich wurde ein Solarcontinuum-Filter eingesetzt, dazu ein IR-Sperrfilter. Die Belichtung betrug 3,8 ms. Aufnahmesoftware war FireCapture v2.3. Bearbeitet wurde das Bild mit AutoStakkert Version 2.1 und AstroImage 4. Insgesamt 100 von 1.000 Bildern wurden bei einem Vergrößerungsfaktor von 1,5x zum Endbild verarbeitet.
VdS-Journal Nr. 54
110 Sonne
spiegelt den Eindruck allerdings noch besser wieder als jede gescannte digitalisierte Version.
Der größte Sonnenfleck seit vielen Jahren zog ein enormes Interesse auf sich und so fand ich auf Astronomie.de eine schöne Fotografie des Flecks (Abb. 2), die nur wenige Minuten nach Ende meiner Zeichnung aufgenommen wurde. Die Nachfrage, ob ich diese für diesen Bericht verwenden dürfe, wurde positiv beschieden.
Weblink: [1] http://hesperia.gsfc.nasa.gov/
sftheory/questions.htm#AR_ numbers, Stand 29.10.2014
Die provisorischen Relativzahlen des SONNE-Netzes, 2. Halbjahr 2014 von Andreas Bulling
Tag 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 Mittel
Juli 104 116 139 135 139 151 153 149 124 125 111 92 69 42 18
6 5 15 28 26 12 31 45 51 40 49 69 88 99 92 106 78,4
August 119 118 111 99 85 90 85 68 54 43 52 56 55 60 72 76 80 75 69 75 84 92 97 105 84 65 62 56 47 57 60 75,8
September 66 74 70 86 87 101 110 114
123 113 105 85 77 70 63 75 86 58 53 51 64 73 84 80 98 122 121 141 129 131
- 90,3
Oktober 104 85 82 70 64 52 51 57 42 24 21 22 32 58 54 42 53 49 69 85 92 95 92 114 101 92 81 74 74 76 62 66,7
November 64 70 81 80 96 68 69 61 57 59 64 68 75 83 79 63 72 60 54 57 51 51 60 78 87 84 101 96 109 106 - 73,4
Dezember 104 84 67 83 49 44 40 46 50 61 81 93 90 120 121 130 123 120 118 96 108 87 80 63 66 62 66 70 65 69 68 81,4
Impression
Der junge Mond umarmt den alten
Dieses stimmungsvolle Bild mit der Emmericher Rheinbrücke vor der Abenddämmerung nahm Reinhard Kaltenböck am 24. November 2014 auf. Unterhalb der Rheinbrücke ist die angestrahlte Klever Schwanenburg zu erkennen.
VdS-Journal Nr. 54
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Spektroskopie - Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark
Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark - Startschuss in die wunderbare
Welt der Spektroskopie
von Knud Strandbæk Bjert/Kolding (DK)
Vor gut 25 Jahren habe ich Mitglieder von der VdS-Fachgruppe Spektroskopie auf dem ATT in Essen getroffen. Das war mein erster Kontakt zur Spektroskopie. Hier wurden mir diverse Lehrmaterialien für Gymnasialschüler über die Spektroskopie ausgewählter Sterne gegeben. Später habe ich diese Materialien in einer Gruppe des AAF-Amateur-Astronomischen Vereins in Dänemark benutzt.
Das Lehrmaterial war ein guter Ausgangspunkt, die Spektroskopie heller Objekte mit kleinen Teleskopen zu erlernen und erste Erfahrungen zu sammeln. Später kam vermehrtes Interesse für die veränderlichen Sterne auf. Das Thema war sehr beliebt bei Amateuren in Skandinavien. Mit dazu beigetragen haben meine langjährigen Kontakte zu Paul Ahnert (1897-1989), der Leiter der Sternwarte Sonneberg in der ehemaligen DDR. Paul Ahnert war sehr bekannt in Amateur- und professionellen Kreisen - und nicht zuletzt auch in Dänemark, und hier war es Dr. Per Darnell ( 2007), der mir den Kontakt mit Paul Ahnert ermöglichte. In den letzten 20 Jahren habe ich die guten Kontakte mit den Astronomen, sowohl Amateure wie auch Profis in Deutschland und Frankreich, weiter ausgebaut. Ich wollte damit die Pro-AmZusammenarbeit in Dänemark und in den verschiedenen Ländern fördern.
Gemeinsame Anstrengungen zur Weiterbildung Im Laufe der Jahre ergaben sich viele Vorträge und Kurse in Dänemark, die sich mit der Astronomie im Allgemeinen, der Fotometrie und neuerdings der Spektroskopie befassten. Insbesondere haben wir selbst mehrere Spektroskopiekurse für Schülerinnen und Schüler an meinem Stella-Nova-Observatorium durchgeführt.
Auch für unsere Mitglieder des Amateur-Astronomischen Vereins in Kolding
VdS-Journal Nr. 54
1 Mein Stella-Nova-Observatorium in Bjert nahe Kolding in Jütland/Dänemark
((C) Jonas Fotografi)
wurde mehrmals die Teilnahme an den spektroskopischen Kursen von Michael Winkhaus am Carl-Fuhlrott-Gymnasium Observatory in Wuppertal organisiert.
Mehrmals habe ich an den durch die VdS-Fachgruppe Spektroskopie an der Starkenburg-Sternwarte in Heppenheim ausgerichteten spektroskopischen Workshops teilgenommen, bei denen die Teilnehmer eine mächtige theoretische und praktische Ausbeute mitgenommen haben. Einige der VdS-Mitglieder aus Dänemark, darunter auch ich, haben an den Jahrestagungen der VdS-Fachgruppe Spektroskopie teilgenommen.
Ich hatte im Jahr 2012 Lothar Schanne von der VdS-Fachgruppe Spektroskopie eingeladen, uns in Kolding zu besuchen und an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden den Teilnehmern eine gründliche theoretische Grundlage der Techniken und Methoden zur Messung und digitalen Weiterverarbeitung der aufge-
nommenen Spektren zu vermitteln. Diese Veranstaltung fand statt in Zusammenarbeit mit der Amateur-Astronomischen Vereinigung in Kolding im dänischen Jütland. Es nahmen etwa 15 Mitglieder aus Dänemark und Norddeutschland teil. Alle haben einen großen Gewinn aus den beiden Wochenenden gezogen, obwohl der Kurs überwiegend in deutscher Sprache durchgeführt wurde. Gelegentlich war denn auch der Wechsel ins Englische erforderlich, was der entspannten Grundstimmung recht zuträglich war.
Anschließend waren einige der Teilnehmer so motiviert, dass sie mit dem Selbstbau von Spektrografen begannen, um anschließend selbst Spektren von Himmelsobjekten aufzunehmen und die Datenreduktion durchzuführen. Aus den Beiträgen meiner dänischen Kollegen in diesem Heft wird das noch deutlicher werden. Es war der Startschuss in die wunderbare Welt der Spektroskopie.
Spektroskopie - Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark
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Mein Stella-Nova-Observatorium in Bjert nahe Kolding Für mein eigenes Stella-Nova-Observatorium (Abb. 1) kaufte ich vor einigen Jahren einen Spectra-L200-Spektrografen in der ersten Version, der von Ken M. Harrison entwickelt wurde. Er wird derzeit auf die neueste Version aktualisiert, mit einem reflektierenden Spalt ähnlich dem Lhires III von Shelyak. Der ursprüngliche Strahlteiler, der etwa 80 % des Lichts zur Science-Kamera und 20 % zur GuideKamera leitete, war nicht die optimale Lösung, obwohl sie funktionierte. Der Spektrograf erhält jetzt eine reflektierende Spaltplatte. Mittlerweile produziert die niederländische Firma JTW-Astronomy diese Spektrografen. Wir hoffen, damit im kommenden Winter arbeiten zu können.
Zusätzlich kaufte ich einen Lhires-IIISpektrografen von Shelyak, ein bewährtes Arbeitspferd, das verlässlich gute Ergebnisse liefert.
Wir hoffen, auch noch ein spaltloses ,,MiniSpek"-Spektroskop von Daniel Sablowski zu erhalten. Dieses Gerät er-
möglicht Erweiterungen, so dass es auch als Spaltspektrograf verwendet werden kann.
Wir hoffen, auf diese Weise ein größeres Interesse aufzubauen für die verstärkte Zusammenarbeit zwischen deutschen und dänischen Amateurastronomen. Unser besonderes Anliegen ist, unsere Jugend an die Naturwissenschaften und die Astronomie heranzuführen, nicht nur theoretisch, wie es in den Schulen vermittelt wird, sondern durch eigene konstruktive und praktische Tätigkeit, die das Potenzial junger Menschen zur Begeisterung und Motivierung optimal anspricht.
Mein Stella-Nova-Observatorium liegt in freier Natur im Osten der Gemeinde Agtrup-Bjert östlich von Kolding. Es gibt wenig Lichtverschmutzung und die Aussicht auf den Himmel ist ziemlich frei. Natürlich sind unsere Beobachtungsmöglichkeiten vom gleichen unstabilen Wetter beeinträchtigt, das das Klima in Schleswig-Holstein charakterisiert, aber wir haben oft auch klare Nächte. In einem Sommerhaus nördlich der Ostsee
auf dem Hvidbjerg in der Nähe von Vejle Fjord - zwischen Fredericia und Vejle, DK - besitze ich noch ein zweites kleines Observatorium unter einer Kuppel. Astronomieinteressierte können das Ferienhaus mieten und hier einen wunderbaren schwarzen Nachthimmel genießen.
Weblinks: [1] Shelyak Lhires III: www.shelyak.
com [2] Spectra-L200: www.jtwastronomy.
com/products/spectroscopymain. html [3] MiniSpec von Astro Spectroscopy Instruments, Potsdam, Daniel Sablowski: http://de.astro-spec. com/ [4] VdS-Fachgruppe Spektroskopie: http://spektroskopie.fg-vds.de/ [5] Astronomical Amateur Spectroscopy (engelsk og fransk) - Yahoo Group: https://groups.yahoo.com/ neo/groups/spectro-l/conversations/ topics/14435
Bau von Spektrografen
von Frank R. Larsen, Taastrup, Dänemark
Im Rahmen meiner amateurastronomischen Aktivitäten beschäftige ich mich bereits seit einigen Jahren auch mit dem Bau eigener Spektrografen, darunter einige Spektrometer mit Auflösungen R zwischen 100 und 27000, darunter auch ein Echelle-Spektrograf mit R = 6000. Derzeit nutze ich vor allem meinen klassischen, niedrigauflösenden Spektrografen an einem 12-Zoll-SCT (Abb. 1+2). Der Spektrograf verfügt über eine eingebaute Guiding-Optik und einen Strahlenteiler zur präzisen Kontrolle der Position des Objektbildes auf dem Spalt. Der Spalt ist eine runde OVIO-Spaltplatte von Ken Harrison, die auf einer Spindel montiert ist. Die verfügbaren Spaltweiten variieren zwischen 20 und 40 µm. Weitere Charakteristika dieses Selbstbauspektrografen: f = 100 mm-1-Zoll-Achromat als Kollimator, 25x25 mm2 Reflexionsgitter von Thorlabs mit 600 Linien/mm (ruled) und ein Objektiv, f = 50 mm, f/2,8, Domi-
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Blick in meinen niedrigauflösenden klassischen Selbstbauspektrografen
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plan, aus einer SLR. In Verbindung mit einer Art4021-CCD wird der Spektralbereich von 370 bis 800 mm mit R > 550 abgedeckt. Damit lassen sich Sterne bis 14 mag spektroskopieren.
Derzeit arbeite ich an einem fasergespeisten Echelle-Spektrografen und an einem direkt am Teleskop gekoppelten niedrigauflösenden Echelle-Spektrografen.
Außerdem habe ich mich am Bau von Spektroheliografen versucht. Mein erster war ein Littrow-Typ mit einer Auflösung R von 25000. Der zweite hat ein klassisches Design mit faltenden Spiegeln und einem integrierten Teleskop mit 1500 mm Brennweite. Die erreichbare Auflösung R liegt bei 26000 bis 28000. In Verbindung mit einem Heliostaten wurde damit die Abbildung 3 aufgenommen, ein schmalbandiges Foto im H-Licht.
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Der Spektrograf aus Abb. 1 am 12 -SCT
3 Sonne im H-Licht, aufgenommen mit meinem Selbstbau-Spektroheliografen
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Ein Spektrograf mittlerer Auflösung
von Jens Jacobsen, Egeskov, Dänemark
Dieser Artikel erzählt in persönlicher Weise von meinem Kampf mit den Tücken der Optik und dem Bau klassischer Spektrografen und vermittelt hoffentlich auch etwas von der Faszination dieses wunderbaren Hobbys.
Mein Hintergrund Ich bin 45 Jahre alt und Ingenieur der Elektrotechnik (Dipl.-Ingenieur, Starkstrom) von Beruf. Ich arbeite für das dänische Nationale Leitungsnetz, meine Spezialität ist die Fernbedienung und der Schutz der Kraftwerke.
Ich habe seit 1980 Interesse an Astronomie und habe anfangs mehrere Teleskope selbst gebaut, einschließlich dem Schleifen der Optik. Mein aktuelles Spitzen-Teleskop ist ein 400-mm-Newton (mit Orion-Optics-Spiegel) auf einer sehr schweren englischen Montierung. Die Abbildung 2 zeigt einen Blick auf die Front des Teleskops.
Das 400-mm-Teleskop befindet sich in meinem Observatorium in Egeskov, zwischen Vejle und Fredericia in Dänemark (Abb. 3). Die Kuppel ist umgeben von drei kostengünstigen deutschen Montierungen auf Säulen, die ich für fotometrische Messungen verwende, vor allem für Objekte bis 13 mag. Hierzu verwende ich verschiedene kleinere Teleskope, von einem 66-mm-Williams-Refraktor bis zu einem C8. Dafür benutze ich auch mehrere ältere CCD-Kameras (klein und kostengünstig, aber nützlich für die Fotometrie) mit Johnson Filtern. Die Fotometrie ist mein Hauptarbeitsgebiet. Fast jede klare Nacht arbeite ich mit bis zu drei Teleskopen gleichzeitig (Abb. 4).
Ich benutze auch ein älteres, aber ausgezeichnetes C11 mit einer DMK21-618-Kamera für die planetarische Fotografie. Ein Beispiel zu meiner Planetenfotografie zeigt die Abbildung 5.
Die Inspiration An zwei Wochenenden im Frühjahr 2012 organisierte der Vorsitzende unserer Astronomie-Gesellschaft, Knud Strandbæk, Amatør-Astronomisk Forening, einen Kurs über die grundlegende und erwei-
1 Mein Selbstbau-Spektrograf
terte Spektroskopie. Der Kurs wurde von Dr. Lothar Schanne, VdS, aus Deutschland durchgeführt. Der Kurs hat meine Aufmerksamkeit zu diesem spannenden Teil der astronomischen Welt geweckt, und ich habe beschlossen, mir diese Wissenschaft zu erschließen.
Zuerst sah ich die Möglichkeit, einen kommerziell produzierten Spektrografen zu kaufen. Ich verfüge über mehrere gekühlte, monochrome CCD-Kameras, darunter eine Starlight Xpress SXVRH16 und ein Atik 314L, die beide für die Spektrografie geeignet sind. Aber was ist mit dem Spektrografen selbst?
Während des Kurses berichtete Lothar ausführlich über seine ,,Mäusevilla", einen selbstgebauten spaltlosen klassischen Spektrografen. Die Ergebnisse, die Lothar mit diesem einfachen, aber sehr praktischen Instrument erhalten konnte, beeindruckten mich sehr. Hier war ein perfektes Beispiel für ein Instrument, einfach, aber gut verstanden und vorhersehbar und für jeden bau- und verwendbar. Wiederholbarkeit und Berechenbarkeit
2 Blick auf die Front meines
Selbstbau-Teleskops (400-mm-Newton mit OrionOptics-Spiegel)
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3 Mein Observatorium in Egeskov
4 Fotometrie mit mehreren
Teleskopen gleichzeitig
Die Entscheidung für ein Design Ich entschied nach langen Überlegungen, dass das Instrument ein klassisches Design mit einer Auflösung um R=3000 für den Bereich des H-Lichts erhalten sollte. Nicht sehr viel, aber immer noch nützlich.
Anfangs verwendete ich die hervorragende Tabellenkalkulation Simspec von Christian Buil, um die verschiedenen Parameter für einen Spektrografen zu entwerfen und zu kalkulieren. Ich war auch von Christians Entwurf des klassischen Spektrografen mit zwei Fotoobjektiven und einer Audine-CCD inspiriert. Die Größe der Blende wurde als Beugungsscheibe des Sternbilds vom 400-mmTeleskop eingegeben. Das erwies sich jedoch als etwas zu optimistisch. Mehr darüber später.
Für das erste Layout hatte ich beschlossen, zwei Kameraobjektive (von SLR-Kameras, früher verwendet für die Astrofotografie) in meinem Design zu verwenden. Ich habe das Gehäuse aus Aluminiumblech und Standard-Aluminiumprofilen hergestellt. Ich bestellte ein
waren die zwei Schlüsselwörter für mich. Lothar gab auch einen Überblick über die verschiedenen Arten von Spektrografen, und erklärte ihre Vor- und Nachteile. Einige Fakten wurden mir in diesem Kursus klar:
Ich wollte mein größtes Instrument, den Newton mit 400 mm Öffnung und f/5, dafür nutzen. Ausreichendes Licht ist von größter Bedeutung in der Spektroskopie. Ich musste zur Optimierung der Effizienz der Kombination aus Spektrograf und Teleskop ein Design mit F/5 wählen.
Das Gewicht war in meinem Fall kein kritisches Thema. Das 400-mm-Teleskop (Eigengewicht rund 250 bis 300 kg) sollte auch einen schweren Spektrografen tragen können. Aber bald zeigten sich gravierende Grenzen: Der Okularauszug konnte nicht mehr als 500 bis 1.000 Gramm tragen.
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5 Jupiter, aufgenommen mit meinem C11
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Blaze-Gitter von Thorlabs, 600 l/mm, das möglichst für die Wellenlänge des HLichts geblazed sein sollte. Die nötige standardisierte Größe betrug 50 mm x 50 mm, um den gesamten Lichtstrahl des Kollimators nutzen zu können (Vermeidung von Lichtverlusten).
Die erste Version Die erste Version des Spektrografen war spaltlos und mit zwei Fotoobjektiven ausgerüstet. In der Abbildung 7 ist ein Plan des Designs in 1:1 dargestellt, auf den die optischen Komponenten gelegt sind. Der Lichteintritt befindet sich unten rechts. Dort habe ich eine verschiebbare Blende mit 1 mm Durchmesser platziert, um die das Objekt umgebenden Sterne und den Himmelshintergrund zu blockieren. Die Idee war, die Umgebung um das Objekt so dunkel wie möglich zu machen. Dies funktionierte gut, aber die Auflösung des Designs war nicht viel mehr, als wir mit einem StarAnalyzer erhalten können. Es ist eben ein Unterschied zwischen dem theoretischen Beugungsscheibchen (wie in der alten Simspec-Version berechnet) und dem durch das Seeing und GuidingFehler vergrößerten Sternbild.
Der Gitterhalter ist in der Abbildung 8 dargestellt. Ich hatte auch die Dicke des Glassubstrats des Gitters zu berücksichtigen, das immerhin 10 mm beträgt. Das Gitter schwenkt um die 4 mm dicke Edelstahl-Zentral-Schraube. Eine Feder (im Bild nicht sichtbar) arbeitet gegen eine Mikrometerschraube, so dass der Drehwinkel des Gitters stufenlos einstellbar ist. Dies funktioniert gut und ist sehr genau und wiederholbar. Die Mikrometerschraube zur Anpassung des Gitterwinkels sitzt auf der Rückseite des Spektrografen (Abb. 9).
Der Außenmantel des Spektrografen besteht aus 3 mm dicken Aluminiumblechen (Abb. 10).
Mit der Gittereinstellung in nullter Ordnung wird der richtige Objektstern in das Zentrum der Blende geschoben. Das funktioniert ganz gut, aber es ist zusätzlich notwendig, die Wellenlänge für jeden Stern einzustellen, die ich unter-
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Der Gitterhalter
6 Eine frühe Konstruktionszeichnung meines ersten Selbstbauspektrografen
7 Design-Plan 1:1 mit aufgelegten optischen Komponenten zur Kontrolle des Platzbe-
darfs. Rechts unten der Fokus des Teleskops mit einer beweglichen 1-mm-Blende, dann das Kollimatorobjektiv, links unten der Gitterhalter und darüber in der Mitte das Fotoobjektiv zur Abbildung des Spektrums auf der CCD.
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9 Mikrometerschraube zur Einstellung des Gitterwinkels zur
Auswahl des abgebildeten Spektrumausschnitts
10 Alubleche für das Spektrografengehäuse
11 Die Einrichtung zur Verschiebung der Lochblende
12 Ein verstellbarer Spalt aus zwei Bleistiftspitzerklingen gebaut
13 Beugungsmuster am Spalt, aus dem die Spaltweite berechnet werden kann
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14 Blick auf den Spalt teleskopseitig
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suchen möchte. Und hier macht sich das Defizit des spaltlosen Spektrografen bemerkbar: Es ist nicht möglich, eine Referenzlampe für ein Vergleichsspektrum zu verwenden. Deshalb beschloss ich bald, den spaltlosen Spektrografen in eine Version mit Spalt zu konvertieren.
Spaltspektrograf - Version 1 Für die erste Version von meinem Spalt stellte ich eine ,,klassische" Variante her, basierend auf zwei Bleistiftspitzerklingen. Den besten Klingentyp, den ich gefunden hatte, war der aus ,,Staedtler"Spitzern. Aus zwei Bleistiftspitzern habe ich die Version gebastelt, die in der Abbildung 12 gezeigt ist.
Die mit Schrauben eingestellte Weite des Spalts ließ sich mit einem grünen LaserPointer ermitteln. Die Beugung des Laserlichts am Spalt ergibt das bekannte Beugungsmuster und basierend auf der Wellenlänge des Lasers (532 nm) lässt sich die Weite des Spalts berechnen (Abb. 13). So konnte ich den Spalt auf die gewünschten 30 m einstellen. Mit dem Licht einer Energiesparlampe nahm ich mein erstes ,,echtes" Spektrum auf (Abb. 15).
Die Verwendung von diesem Setup am Teleskop zeigte sofort den großen Fehler in meinem Design: Es ist nicht möglich, den Stern auf dem Spalt zu sehen und zu positionieren, und es ist nicht möglich das Spektrum visuell zu erkennen, wenn der Objektstern etwas weniger hell ist als Wega oder Sirius. Der Spektrograf war schlicht nicht am Teleskop zu gebrauchen. Wieder etwas gelernt. Also zurück ans Reißbrett.
15 Mein erstes Spektrum mit dem Spaltspektrografen, aufgenommen im Licht
einer Energiesparlampe
Spaltspektrograf - Version 2 Ich habe dann eine Mail von einem anderen Mitglied der Dänischen Spektroskopischen Gesellschaft erhalten. Lars Zielke hatte sich einen Ovio-Spalt zugelegt. Diese Spaltplatte reflektiert auf einer Hälfte mit parallelen Spalten verschiedener Breiten (Abb. 16). Nützlicher wären aber radial angeordnete Spalte. Nur wenige Wochen nach Erhalt der Ovio-Spaltplatte kam die Nachricht aus der Yahoo-Gruppe für Spektroskopie, dass Ken Harrison versuchen würde, einige maßgeschneiderte Spaltplatten auf der Grundlage des Entwurfs nach der Abbildung 17 anfertigen zu lassen. Diese Anordnung wäre viel nützlicher, weil durch einfaches Drehen der Platte Spalte der gewählten Weite an die gleiche Position kämen.
Ich bestellte eine (für 30 , also ein Schnäppchen!) und begann mit dem Bau einer Spalt- und Guiding-Einheit für den Spektrografen. Gleichzeitig habe ich die beiden Linsensysteme im Spektrografen auf zwei gleiche 40-mm-StandardAchromaten mit 200-mm-Brennweite geändert. Das Gehäuse für die reflektierende Spaltplatte aus Glas machte ziemlich viel Arbeit, da alle Teile aus Aluminium zu fertigen waren (Abb. 18).
Das Licht vom Teleskop tritt am unteren Bildrand ein, trifft den Spalt, durch den der Großteil des Sternlichts durchtritt. Der Rand des Sternscheibchens wird auf der spiegelnden Spaltplatte reflektiert und fällt schräg nach oben auf einen gegenüberliegenden Planspiegel, der das Licht in Richtung einer Guiding-Kamera
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Links: Schema der Ovio-Spaltplatte
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Rechts: Schema einer Spaltplatte mit radial angeordneten Spalten unterschiedlicher Weite
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18 Gehäuse für die drehbare und reflektierende Spaltplatte
19 Der Spaltspektrograf, Version 2, im Fokus des 400-mm-
Newton montiert, mechanisch durch Streben zusätzlich stabilisiert
umleitet. Der komplette Spalt-Version2-Spektrograf ist in der Abbildung 19 im Fokus meines 400-mm-Teleskops montiert.
Eine StarlightXpress SXVR-H16 dient dem Imaging des Spektrums und eine DMK41 (in Abb. 19 die blaue Box oben) dient zur Zentrierung des Sterns auf den
Spalt und der automatischen Nachführung. Die Abbildung 20 zeigt ein Sternscheibchen auf dem Spalt (horizontaler, dunkler Streifen, der das Sternscheibchen etwa mittig durchschneidet).
Bei schwachen Sternen gab es anfangs einige Probleme beim Guiding mit dem Programm PHD-Guiding. Das Gewicht des Spektrografen war jetzt allerdings recht groß geworden und die Stabilität der Montage reichte nicht wirklich aus. Deshalb werde ich in naher Zukunft seitlich an das Teleskop eine feste Kopplungseinrichtung für den Spektrografen bauen, so dass das Gerät immer am Teleskop verbleiben kann. Für die Lichteinkopplung plane ich eine demontierbare Transferoptik, damit das Teleskop auch andersweitig, z. B. für direktes Imaging, genutzt werden kann.
Einige Ergebnisse mit dem Spaltspektrografen - Version 2 Eines der ersten Ergebnisse dieses Spektrografen war das reflektierte Sonnenlicht vom Mond (Abb. 21, 22). Die grauen
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Sternbild im Fokus des Teleskops auf dem horizontal orientierten Spalt
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21 Spektrumaufnahme des Mondlichts. Links der Mitte die starke H-Linie, ganz rechts eine Bande des Sauerstoffs der Luft
22 Wie 21. Links der Mitte das prägnante Natrium-Dublett (Na D)
23 Spektrum des Saturns mit geneigten Linien, eine Folge seiner Rotation (Doppler-Effekt)
horizontalen Streifen darin resultieren aus Rauhigkeiten der Spaltschneiden, die leicht unterschiedliche, lokale Spaltbreiten verursachen. Dadurch tritt über die Spaltlänge unterschiedlich viel Licht ein. In der Abbildung 23 ist ein Spektrum
von Saturn wiedergegeben. Die Linien des Saturnlichts sind wegen seiner Rotation etwas geneigt, während die terrestrischen Linien (Absorptionslinien der Erdatmosphäre) exakt senkrecht stehen.
Ausblick Als Nächstes steht die feste Montage des Spektrografen am Teleskop an. Dazu ist auch die Entwicklung einer demontierbaren Transferoptik nötig. Für den Spektroskopiker gibt es immer etwas zu tun!
Spektroskopische Aktivitäten im Nightsky-Observatorium
von Lars Zielke
Im Jahr 2009, als ich Co-Organisator der MAF-Star-Party war, hatten wir Robin Leadbeater (GB) und Olivier Thizy (F) nach Dänemark zu Vorträgen eingeladen, um das Interesse an der Spektroskopie zu wecken. Das war meine erste Begegnung mit der Spektroskopie auf der Amateurebene, und es folgte der Wechsel meines Primärinteresses als Amateurastronom hin zur Spektroskopie.
Vorher hatte ich einzelne Beobachtungen und fotometrische Analysen verschiedenster Objekte durchgeführt und empfand dabei sehr große Freude. Neben den
1 Mein Nightsky-Observatory
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Sternbedeckungen
2 Mein Mini-Spec
typischen Objekten wie Supernovae und Novae, war ich auf der Suche nach einem interessanten Objekt auf TYC 2505-672-1 gestoßen. Dieser geheimnisvolle R-Coronae-Borealis-Variable veränderte im Jahr 2013 deutlich seine Helligkeit über eine kurze Zeit.
Ich bin derzeit mit der Klassifizierung von TYC 2139-1802-1 beschäftigt. Der Stern scheint wie ein Zentralstern in etwas Ähnlichem wie einem Planetarischen Nebel zu sein, ist es aber nicht. Hier habe ich mit meinem guten Freund Frank Larsen gemeinsam Spektren aufgenommen. Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen, und wir hoffen mit einem fernsteuerbaren Teleskop auf Teneriffa einige HighRes-Aufnahmen vom Stern und der Blase um ihn herum machen zu können.
Das letzte Jahr habe ich fast ausschließlich dazu benutzt, um die Nova Del 2013
zu beobachten, zu analysieren und zu verstehen. Dabei wurde ich - wie auch viele andere - von Professor Steve Shore unterstützt. Steve Shore war eine große Inspirationsquelle für mich, er beantwortete immer bereitwillig Fragen, und ich habe von ihm sehr viel über Novae gelernt. Ich freue mich, wenn ich zukünftig mit einer verbesserten spektroskopischen
Ausrüstung mehr zu solchen interessanten Beobachtungskampagnen beitragen kann.
Ich habe mehrere Spektrografen gebaut, aber ihre Stabilität und Qualität war nicht so, wie ich dies gerne gehabt hätte. Deshalb wurden sie auch nicht für echte Beobachtungen verwendet. Daher hatte ich beschlossen, den Mini-Spec von Daniel Sablowski zu erwerben (Abb. 2), und ich hoffe, mit ihm bereits routinemäßig zu arbeiten, wenn Sie dies lesen.
Es ist so viel passiert in Dänemark rund um die Spektroskopie. Ich habe einige Spektroskopiekurse in Deutschland und Dänemark mit qualifizierten deutschen Lehrern wie Michael Winkhaus, Bernd Koch, Ernst Pollmann und - von der VdS - Lothar Schanne absolvieren können.
Wir dänischen Amateurastronomen freuen uns sehr, mit unseren deutschen Freunden zusammen die Spektroskopie in Dänemark weiterentwickeln zu können.
Spektroskopiepreis
Die VdS-Fachgruppe Spektroskopie lobt ab 2015 einen jährlichen Förderpreis im Bereich Spektroskopie für Schülerinnen und Schüler aus. Der Preis beinhaltet ein Preisgeld von 1.500,- EUR sowie einen Reisekostenzuschuss von höchstens 500,- EUR für die Reise zur Preisverleihung und ggf. für die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Fachgruppe ,,Aspekt" gemäß den Vergabebedingungen.
Die Regularien zum Preis finden sich unter http://spektroskopie.fg-vds.de/ pdf/preis.pdf. Einsendeschluss der Bewerbungsunterlagen ist jeweils der 30. September.
Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 3. Quartal 2015
von Eberhard Riedel
Drei herausragende streifende Bedeckungen von Sternen durch den Mond sind im 3. Quartal dieses Jahres zu beobachten, eine davon während der totalen Mondfinsternis am frühen Morgen des 28. September. Die Abbildung 1 zeigt die drei Grenzlinien dieser Ereignisse quer über Deutschland, die der mittlere Mond-
rand während des Vorbeizugs am Stern beschreibt. Ein kleines Fernrohr, das zur richtigen Zeit auf einem Punkt dieser Linien aufgestellt wird, zeigt innerhalb weniger Minuten, wie das zerklüftete Randprofil des Mondes den Stern teilweise mehrfach schlagartig verschwinden und wieder auftauchen lässt.
Ereignis 1 am 2. September Am 2. September wird es etwa 20 Minuten vor Mitternacht (MESZ) auf einer Linie von Lörrach über Ulm bis ins nördliche Bayern spannend: Dann schiebt sich der Nordrand des zu 76 % beleuchteten abnehmenden Mondes am 6,7 mag hellen Stern VW Arietis vorbei. Wegen der Nähe
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Sternbedeckungen
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der beleuchteten Mondstrukturen ist die Bedeckung des Sterns weiter westlich der deutschen Grenze nicht beobachtbar. Ab der Grenze verschiebt sich die Streifung aber auf den unbeleuchteten Mondrand und kann dort mit einem Fernrohr mit 15 cm Öffnung verfolgt werden.
Die Abbildung 2 zeigt die zu erwartende Situation beim Blick durch das Fernrohr (Norden ist oben). Das Mondrandprofil ist für eine geografische Länge von 10 Grad Ost dargestellt, gilt aber annähernd für die gesamte dargestellte Grenzlinie. Die scheinbare Sternbahn entlang des Mondrandes ist die blauweiß gestrichelte Linie, die Minuteneinteilungen zeigt. Die Länge eines weißen bzw. eines blauen Streifens entspricht jeweils 10 Zeitsekunden. Die Krümmung der scheinbaren Sternbahn ist grafisch erforderlich, weil die Profilstrukturen in 6-facher Überhöhung dargestellt sind. Auf diese Weise kann besser beurteilt werden, wann und wieviele Bedeckungsereignisse im Einzelnen zu erwarten sind.
Die Grafik zeigt die Streifungssituation, wie sie bei exakter Positionierung auf der vorausberechneten Grenzlinie stattfinden wird. Genau hier berührt die scheinbare Sternbahn das mittlere Mondniveau, welches als weiß gepunktete Linie dargestellt ist. Würde man an genau dieser geografischen Position beobachten, würde man allerdings überhaupt keine Bedeckung erleben. Dies liegt an den tatsächlichen Mondrandstrukturen, die an dieser Stelle bei der gegebenen Libration des Mondes teilweise deutlich unterhalb des mittleren Mondrandniveaus liegen.
1 Karte mit den Grenzlinien der drei Streifungsereignisse
Um eine oder mehrere Bedeckungen des Sterns sehen zu können, muss man in diesem Fall nach Süden ausweichen. Einen Anhalt über die Verlagerung der scheinbaren Sternbahn, wenn man die vorausberechnete (in der Grafik angege-
bene) geografische Breite verlässt, geben die roten Begrenzungslinien. Diese zeigen einen Abstand von der Grenzlinie von +/- 3.000 m, welche senkrecht zur Grenzlinie aufgetragen wird. Bei diesem Ereignis wird eine Position ab ca. 1.500 m
2 Beleuchtungssituation am Mondrand mit hochaufgelöstem
Oberflächenprofil
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Streifungssituation auf der Grenzlinie und Vergrößerung VdS-Journal Nr. 54
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Sternbedeckungen
4 Profil im Kernschatten der Erde
5 Videoaufzeichnung einer Sternbedeckung
weiter südlich als in der Grafik angegeben die Beobachtung mehrfacher Bedeckungen ergeben.
Ereignis 2 am 7. September Am 7. September findet ab ca. 04:32 MESZ die Nordrandstreifung des 6,3 mag hellen 292B Gemini (HIP 30218) statt. Der abnehmende Mond ist nur noch zu 32 % beleuchtet.
Das Mondrandprofil in der Abbildung 3 zeigt die Situation bei der geografischen Länge von 10 Grad Ost. Der Stern ist hier bei genügendem Abstand zu den beleuchteten Mondstrukturen gut zu erkennen. Auf der für das mittlere Mondrandniveau gerechneten Grenzlinie wird eine Bedeckung des Sterns bereits erfolgen. Diese dauert von ca. 04:35:54 bis ca. 04:36:15 MESZ. Wie die Vergrößerung innerhalb der Abbildung offenbart, in der das Mondrandprofil in 24-facher Vergrößerung dargestellt ist, wird der Stern ca. zwischen 04:36:18 und 04:36:21 MESZ in einem kleinen Mondtal erscheinen. Je weiter südlich man sich hier positioniert, umso mehr Kontakte zwischen Mondrand und Stern werden erfolgen.
Ereignis 3 am 28. September (totale Mondfinsternis) Am 28. September findet beginnend um 04:36 MESZ auf einer Linie vom nördlichen Niedersachsen ins südliche Mecklenburg-Vorpommern und durch die Stadt Neubrandenburg eine streifende Bedeckung während der totalen Mondfinsternis statt. Der Stern SAO 109080 (HIP 1121) ist zwar nur 9,2 mag hell, da er aber zu diesem Zeitpunkt fast mittig zum Kernschatten der Erde steht und der
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Mond vollständig verfinstert ist, ist seine Beobachtung auch in kleinen Fernrohren problemlos möglich.
Die Profilgrafik (Abb. 4), die erneut für die geografische Länge 10 Grad Ost erstellt ist, zeigt, dass auf der Grenzlinie voraussichtlich nur ein wenige Sekunden langes Verschwinden des Sterns zu sehen sein wird. Wenn man sich bis zu 1.000 m weiter südlich postiert, sind aber auch Mehrfachereignisse zu sehen.
Beobachten Grundlage der hier veröffentlichten Profildaten sind Laser-Messungen der japanischen Kaguya-Sonde, die vom Chemnitzer Sternfreund Dietmar Büttner für eine hochauflösende Darstellung aufbereitet und nachberechnet wurden.
Im besten Fall gilt es, eine Aufzeichnung der Streifung per Video zusammen mit einer hochgenauen Zeitsynchronisation durchzuführen. Viele Amateure auf der ganzen Welt verfügen über eine entsprechende Ausrüstung und sammeln auf diese Weise wertvolle Daten. Die Abbildung 5 zeigt ein Bild aus einer entsprechenden Videoaufnahme der streifenden Bedeckung von Lambda Gemini am 4. Mai 2014, die der Autor angefertigt hat. Der Stern ist links von der Sichelspitze des Mondes kurz nach mehreren Bedeckungen erkennbar. Am unteren Bildrand ist die Einblendung der genauen Uhrzeit und der geografischen Position des Beobachtungsortes ablesbar. Der Berliner Sternfreund Sven Andersson ist der Konstrukteur einer Time-InserterElektronik, die das hochgenaue Sekundensignal der GPS-Satelliten nutzt, um
eine genügend genaue Zeitmessung zu ermöglichen.
Um streifende Sternbedeckungen erfolgreich beobachten zu können, werden eine ganze Reihe präziser Informationen benötigt. Die europäische Sektion der International Occultation Timing Association (IOTA/ES) stellt diese Daten zur Verfügung. Kernstück ist die Software GRAZPREP des Autors, die sowohl eine komplette und stets aktualisierte Auflistung aller interessanten Ereignisse als auch für jedes Ereignis die genauen Koordinaten der Grenzlinien und viele weitere Informationen liefert. Darüber hinaus kann von jedem Standort aus das Profil des Mondes und die zu erwartende Sternbahn grafisch dargestellt werden, um so den besten Beobachtungsstandort auswählen zu können. Letzterer muss auch unter Berücksichtigung der Höhe optimiert werden, weil diese einen Einfluss auf den Blickwinkel zum Mond hat. Hierzu können höhenkorrigierte Grenzlinien direkt in eine Google-Earth-Karte übertragen werden, mit der es dann einfach ist, die besten Beobachtungsstationen festzulegen.
Die Software kann kostenlos unter www. grazprep.com heruntergeladen und installiert werden (Password: IOTA/ES). Die zusätzlich benötigten Vorhersagedateien sind direkt vom Autor (e_riedel@msn. com) oder über die IOTA/ES (www.iotaes.de) zu beziehen. Weiterführende Informationen, z. B. über die Meldung der Bedeckungszeiten, sind dort ebenfalls erhältlich.
Sternbedeckungen
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Sternfinsternis in den Plejaden
- Kleinplanet (2520) Novorossijsk bedeckt den Stern 24 Tauri
von Oliver Klös
In den frühen Morgenstunden am Montag, dem 7. September 2015, ereignet sich ein ganz besonderes Himmelsschauspiel im Sternbild Taurus. Hoch am südöstlichen Himmel verschwindet für etwa vier Sekunden ein Stern in den Plejaden (Abb. 1).
Der Asteroid Dieses Ereignis wird durch den Asteroiden (2520) Novorossijsk hervorgerufen. Der im Jahr 1976 entdeckte Kleinplanet gehört zum Hauptgürtel und hat einen geschätzten Durchmesser von etwa 35 km. Eine Sternbedeckung durch diesen Asteroiden wurde bisher noch nicht beobachtet (Stand: Januar 2015) und somit könnte eine erfolgreiche Beobachtungskampagne einen Hinweis über den wahren Durchmesser des Kleinplaneten geben.
Der Stern 24 Tauri ist ein Stern der Spektralklasse A0. In einem Abstand von etwa 86 Bogensekunden und bei einem Positionswinkel von 344 Grad, befindet sich die schwächere Komponente des Doppelsterns mit 8,2 mag. Nur zwei Bogenminuten entfernt steht der hellste Stern der Plejaden, Eta Tauri (Alkyone), mit einer Helligkeit von 2,8 mag.
Das Ereignis Die Sternbedeckung findet gegen 02:28 UT (04:28 MESZ) statt. Dabei ist der Asteroid ca. 2,6 AE von der Erde entfernt und nur 17 mag hell. Nach der Berechnung von Steve Preston im April 2014 beginnt das Ereignis gegen 02:18 UT über dem Atlantik, der Schatten von (2520) Novorossijsk streift anschließend die Westküste Afrikas und erreicht Europa im Südosten Spaniens. Über den Süden Frankreichs, den Osten der Schweiz und den Westen Österreichs läuft der Schattenpfad schließlich über den Süden und Osten Deutschlands (Abb. 2), bevor er westlich von Prag Tschechien und dann den Westen Polens und die baltischen Staaten überquert. Wenn der Schatten Russland streift, hat dort bereits die Morgendämmerung eingesetzt.
Die projizierte Schattenbreite auf der Erdoberfläche beträgt nur 40 km, auch ist die Genauigkeit der Berechnung der Pfadlage nicht sehr hoch. Die berechneten Zeiten haben eine Genauigkeit von +-18 Sekunden. Daher sind viele Beobachtungen, auch außerhalb des berechneten Pfades und seiner Fehlergrenzen, erwünscht [1].
Die Messung Videobeobachtungen mit Video Time Insertern zur genauen Zeitmessung sind für eine erfolgreiche Messung der Bedeckung absolut wünschenswert. Es ist ein Irrglaube, dass helle Sternbedeckungen einfach zu messen sind. Gerade helle Sterne haben oft einen großen Sterndurchmesser. Dadurch geschieht der Helligkeitsabfall nicht plötzlich, sondern kann sich über ein paar Sekundenbruchteile hinziehen. Das ist mit dem Auge nicht wahrnehmbar und schon gar nicht zeitlich zu erfassen.
Achten Sie darauf, dass bei der Videoaufzeichnung der Zielstern sowie der Vergleichsstern nicht überbelichtet sind. Ist der Chip in der Kamera ,,gesättigt", kann der erste Moment des Helligkeitsabfalls in der Überbelichtung verlorengehen. Natürlich gilt dies auch für das Ende der Bedeckung, wenn der Stern wieder seine volle Helligkeit erreicht. Daher ist es auch sinnvoll, die schwache Doppelsternkomponente der viel zu hellen Alkyone als Vergleichsstern vorzuziehen.
Von der Videoaufzeichnung sollten Sie eine Lichtkurve erstellten. Hierfür gibt
1 Finde den Fehler!
Die Abbildung links zeigt die Plejaden mit allen ihren Sternen bis ca. 13 mag. Das zweite Bild zeigt den simulierten Anblick während der Bedeckung durch (2520) Novorossijsk. (Foto: O. Klös)
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Veränderliche
es spezielle Auswertungsprogramme [2]. Im Fall einer positiven Beobachtung sind dann dort die entscheidenden Zeitpunkte der Bedeckung auf wenige Sekundenbruchteile auswertbar. Achten Sie darauf, dass bei der Erstellung der Lichtkurve kein ,,Streulicht" von Alkyone in die Messung einfließt.
Keine Videoausrüstung zur Hand? Wenn Sie über die notwendige Ausrüstung für eine Messung nicht verfügen, dann genießen Sie die Sternbedeckung einfach! Sehen Sie den Stern verschwinden und wieder auftauchen, das ist ein einmaliges Ereignis, das nicht wiederkommt. Diesen Augenblick werden Sie mit Sicherheit nie mehr vergessen!
2 Der Schattenpfad von (2520) Novorossijsk. Die grünen Linien stellen den Pfad dar,
die blauen, gestrichelten Linien die 1-Sigma-Fehlergrenzen. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 68 % findet innerhalb dieser Fehlergrenzen die Bedeckung statt. Die Pfadberechnung erstellte Steve Preston im April 2014. Pfadverschiebungen in seinen aktuellen Berechnungen sind möglich. (Grafik: O. Klös)
Weblinks: [1] S. Preston: "IOTA/IOTA-ES
occultation update for (2520) Novorossijsk / TYC 1800-02201-1 event on 2015 Sep 07, 02:28 UT", http://asteroidoccultation. com/2015_09/0907_2520_35574. htm [2] H. Pavlov: "Tangra 3", www.hristopavlov.net/Tangra3/
BAV-Veränderlichenbeobachtungsund Urlaubswoche 2015
1.-9. August
Die nun schon traditionelle BAV-Veränderlichenbeobachtungswoche an der VdS-Sternwarte Kirchheim bei Erfurt findet nach einem Jahr Pause wieder statt.
Vom 1. bis 9. August lernen Sie die Veränderlichen von der Pike auf kennen, erfahren ihre Geschichte, erleben ihre unterschiedlichen ,,Temperamente" und steigen in die visuelle und/oder fotografische Beobachtung ein.
Die Übernachtung findet in den Räumen der Sternwarte statt (Selbstversorgung) oder alternativ in einer Pension in der Umgebung. Auch tageweise Teilnahme ist möglich. Bitte melden Sie sich unter zentrale@bav-astro.de.
Dietmar Bannuscher
Tagsüber werden auch Ausflüge in die geschichtsträchtigen und schönen Städte wie Erfurt, Eisenach und Jena angeboten, gleichfalls lockt der Thüringer Wald.
VdS-Journal Nr. 54
sternwarte-kirchheim.de
Veränderliche
127
Rho Cassiopeiae 1994-2014
von Wolfgang Vollmann
Rho Cassiopeiae (Abb. 1) ist ein Stern der Superlative: aus 8.000 Lichtjahren Entfernung leuchtet der Stern so hell, dass er mit normalerweise um die 4,5 mag deutlich mit freiem Auge erkennbar ist. Der Stern dürfte mehr als 500.000-mal heller als die Sonne leuchten und ist ein gelber Hyperriese vom Spektraltyp F8-K0, einer der leuchtkräftigsten Sterne der Milchstraße. Rho Cas wird auf 40 Sonnenmassen geschätzt. Mit einem Durchmesser von 4 Astronomischen Einheiten wäre Rho Cas, an die Stelle der Sonne gesetzt, größer als die Marsbahn [2] [7].
Lichtwechsel zwischen 4,2 und 4,8 mag (Abb. 3). Im Oktober 2000 (JD 2451830) wurde ein besonders tiefes Minimum von 5,35 mag erreicht. Das letzte tiefere Minimum erreichte Rho Cas 1986 und davor im September 1946 mit nur 6,2 mag. Die Lichtkurve 1994 - 2014 wurde zum größten Teil mit dem AAVSO Vstar Tool [5] erstellt, wobei lichtelektrische, CCDund DSLR-Helligkeiten, die auf Johnson
V reduziert wurden, dargestellt sind. Ein Phasendiagramm (Abb. 4) aus den Beobachtungen dieser 20 Jahre zeigt die Periode von 320 Tagen (aus AAVSO VSX [3]) nicht.
Da sich Rho Cas in astronomischen Zeiträumen sehr rasch weiterentwickelt und auf das Ende seines Sternenlebens zusteuert, bleibt er weiter interessant zum
Bela Hassforther hat in den Jahren 2000 - 2003 öfter über diesen interessanten Stern berichtet [1]. Seit 2011 beobachte ich Rho Cas mit der Digitalkamera (DSLR Canon 450D, Abb. 2). Dabei verwende ich die für Gamma Cas gemachten Bilder, deren Technik in [4] beschrieben ist: Objektiv 1:2,8, f = 35 mm bei 13 Sekunden Belichtungszeit und Einstellung ISO 400. Die Kamera ist am Fotostativ montiert und den Sternen nicht nachgeführt. Das Objektiv ist auf eine Entfernung von 3 m eingestellt, was unscharfe Sterne mit einem Durchmesser von 16-18 Pixel bewirkt. Dadurch verteilt sich das Sternlicht auf mehr Pixel und selbst helle Sterne wie Gamma Cas sind nicht überbelichtet. Unregelmäßigkeiten einzelner Pixel beeinflussen das Ergebnis also nicht. Gemessen wird jeweils das Grünbild und auf Johnson V mit Hilfe des mittleren Farbindex B-V der Vergleichssterne transformiert [6]. Die Messungen von jeweils 10 Einzelbildern werden gemittelt. Die erzielte Genauigkeit reicht nicht ganz an die der lichtelektrischen Fotometrie heran, ist aber mit einer mittleren Standardabweichung von 0,02 bis 0,03 mag besser als visuelle Einzelbeobachtungen. Bei Sternhöhen unter 30 Grad (> 2 Luftmassen) sinkt die Genauigkeit deutlich ab, obwohl natürlich die mittlere differenzielle Extinktion berücksichtigt wird. Durch die nördliche Deklination von +57 Grad ist Rho Cas das ganze Jahr über zu beobachten, wobei meistens in Höhen > 30 Grad gemessen werden kann.
Der Stern zeigte zwischen 1994 und 2014 einen nahezu unregelmäßigen
1 Sternbild Kassiopeia (,,Himmels-W"), rechts (westlich) der gelbliche Rho Cas,
Aufnahme am 9. Okt. 2014
2 Rho-Cas-Lichtkurve 2011-2014, erstellt aus eigenen Beobachtungen mit der
Digitalkamera Canon 450D VdS-Journal Nr. 54
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Veränderliche
Beobachten. Bei den tiefen Minima von 1946, 1986 und 2000 warf der Stern eine dichte Materiehülle ab (2000: 10.000 Erdmassen) und wurde röter und kühler. Aber auch sonst zeigt Rho Cas Massenverlust durch einen starken Sternwind. Ein katastrophales Ende des Sterns in einer Supernova-Explosion in der (astronomisch) nahen Zukunft ist wahrscheinlich [7].
Literaturhinweise und Welinks: [1] B. Hassforther, 2000-2003: BAV
Rundbriefe 4/2000, 3/2001, 1/2003, 4/2003, www.bavdata-
astro.de/rb/RB2000-4/seite239. html, www.bavdata-astro.de/rb/ RB2001-3/seite136.html, www. bavdata-astro.de/rb/RB2003-1/ seite34.html, www.bavdata-astro. de/rb/RB2003-4/seite187.html [2] J. Kaler: ,,Rho Cas", http://stars. astro.illinois.edu/sow/rhocas.html [3] AAVSO VSX zu Rho Cas: www. aavso.org/vsx [4] E. Pollmann, W. Vollmann, F. Puskas, 2012: ,,H-Emission und V-Korrelationen als Sonden von Be-Sternscheiben", BAV Rundbrief
1/2012, www.bavdata-astro.de/rb/ RB2012-1/20.pdf [5] AAVSO Vstar Tool: www.aavso.org/ vstar-overview [6] W. Vollmann, 2011: ,,Beobachtung Veränderlicher Sterne mit der Digitalkamera: Miramaximum im Oktober 2010", BAV Rundbrief 1/2011, www.bav-astro.de/rb/rb2011-1/21. pdf [7] J. R. Percy, 2007: "Understanding Variable Stars", Cambridge University Press
3 Rho-Cas-Lichtkurve 1994-2014, AAVSO International Database, erstellt mit [5]. Die Beobachtungen rechts, 2011-2014, sind
größtenteils meine Messungen mit der Digitalkamera.
4 Rho-Cas-Phasendiagramm 1994-2014 mit der Periode 320 Tage, AAVSO International Database, erstellt mit [5]
VdS-Journal Nr. 54
VdS-Nachrichten
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Die 32. VdS-Tagung
am 21. und 22. November 2015 in Braunschweig
Otto Guthier, VdS-Vorstand
Ungerade Jahre sind ,,VdS-Jahre", denn im Rhythmus von zwei Jahren finden die VdS-Tagungen in Verbindung mit einer ordentlichen Mitgliederversammlung der Vereinigung der Sternfreunde e.V. statt.
Zuletzt war die VdS zu Gast im ,,Planetarium am Schölerberg" in Osnabrück. Die letzte Mitgliederversammlung datiert vom 19. Oktober 2013.
Auf Einladung der Sternfreunde Braunschweig-Hondelage e.V. findet die diesjährige Tagung und Mitgliederversammlung am 21. November im ,,Haus der Wissenschaft" in Braunschweig statt. Vorgesehen ist ein Vortrags- und Rahmenprogramm für diesen Tag.
Die Tagung soll am Samstag, 21. November, gegen ca. 10 Uhr mit Vorträgen aus dem Bereich der Amateurastronomie beginnen. Den vorgesehenen Fachvortrag wird Herr Prof. Dr. Joachim Block, seit Januar 2011 Leiter der DLR-Standorte Braunschweig und Göttingen, halten. Herr Professor Block wird aktuell über die neuesten Ergebnisse der Rosetta-PhilaeMission berichten. Nach der Mittagspause sollen weitere Referate aus dem Bereich der Amateurastronomie folgen. Die Mitgliederversammlung wird bis gegen 17 Uhr stattfinden. Die Tagung und Mitgliederversammlung findet in der Aula im ,,Haus der Wissenschaft" statt.
Nach der Mitgliederversammlung mit Wahlen zum Vorstand soll der Abend in einer Tagungsstätte mit einem gemütlichen
1 ,,Haus der Wissenschaft", Braunschweig 2 Blick in die Aula
Spenden an die Vereinigung der Sternfreunde e. V.
von Thomas Keßler, VdS-Schatzmeister
Im Jahr 2014 erhielt unsere Vereinigung wieder zahlreiche Spenden von Mitgliedern. Der Vorstand bedankt sich bei allen Spendern ganz herzlich, auch bei den vielen ungenannten Mitgliedern, die bei der Überweisung der Jahresrechnung den Betrag aufrundeten. Insgesamt erhielt die VdS Spenden in Höhe von 1.406,20 EUR, die teilweise zweckgebunden für bestimmte Projekte verwendet werden. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.
Mitgl-Nr. Name
Vorname
11324 11998 12451 12540 12980 13211 13448 13887 13921 14604
Dr. Fuchs Glitscher Dipl.-Phys. Quester Fehlmann Dr. Hambsch Hosters Stück Rendelmann Küppers Jonscher
Rainer Gunnar Wolfgang Wolfgang Franz-Josef Peter Günter Holger Stephan Peter
Mitgl-Nr. Name
Vorname
15127 15770 16851 16973 17898 17994 18465 19212 19677 20468
Quaas Wegt Brenner Polle Dipl.-W. Spindler Henze Meyer Dr. Stepputat Straußberger Ritter
Eberhard Peter Frank Joachim Rolf Werner Klaus Klaus-Jochen Klaus Rainer
Beisammensein ausklingen. Das Rahmenprogramm am Sonntag sieht einen Besuch der 2004 eingeweihten ,,Sternwarte Braunschweig-Hondelage" sowie eine Besichtigung der DLR in Braunschweig vor. Auch ein Besuch im ca. 30 Kilometer entfernten ,,Planetarium Wolfsburg" ist möglich.
Wer sich mit einem Vortrag oder einer Präsentation an der Tagung beteiligen möchte, ist herzlich dazu eingeladen. Interessenten wenden sich bitte an die Geschäftsstelle der VdS.
Das vorgesehene Programm der 32. VdSTagung und Mitgliederversammlung werden wir im nächsten ,,VdS-Journal für Astronomie", Nummer 55, vorstellen. Alle Mitglieder erhalten rechtzeitig eine Einladung mit einem Rückantwortschreiben.
Wir möchten unsere Mitglieder und Sternfreunde schon jetzt zu der im November stattfindenden 32. Tagung der VdS herzlich einladen.
VdS-Journal Nr. 54
130
VdS-Nachrichten
Wir begrüßen neue Mitglieder
Mitgl-Nr. Name
Vorname
Straße
20537 20540 20541 20542 20543 20544 20545 20546 20547 20548 20549 20550
Greß
Christian
Kieserstraße 29
Haaf
Andreas
Wisportstraße 16
Butters
Norbert
Kierbergstraße 15
Dr. Lippitsch Peter
Engelweg 18
Kuehle
Thorsten
Speyerer Str. 24c
Römmelt
Philipp
Erlenstraße 2e
Jung
Sebastian
Meineckestraße 28
Korb
Joachim
Kolpingstraße 13
Schüler
Michael
Weißdornerweg 20
Hübler
Richard
Theodor-Hütteneggerstr. 22
Schmitt
Rainer
Teichweg 14
Verein der Amateurastronomen des Saarlandes e. V.
Dillschneider Uwe
Postfach 100090
20553 20554 20555 20556 20557 20558 20559 20560 20561 20562 20563 20564 20565 20566 20567 20568 20569 20570 20571 20572 20573 20574 20575 20577
Opit Hof
Frank
Baastrup
Wiebke
Hericks
Nikolas
Garvert
Dieter
Vollendorff Klaus
Beyer
Oliver
Rosskopf
Siegfried
Völkel
Klaus
Gerbracht
Heinz-Jürgen
Marz
Thomas
Spindler
Thomas
Hildebrandt Johannes
Burkhardt
Wolfgang
Kueper
Guenter
Karger
Volker
Scheufen
Herbert
Franzen
Verena
Mielke
Wolfgang
Mahler
Friedrich
Iwaszkiewicz Frank
Otto
Frank
Feiler
Michael
Peveling
Wolfgang
Dr. med. dent. Richter, Siegfried
Uhlandstraße 29 Dependahl 12 Am Ruhestein 3 Ritterstraße 6 Auf der Leege 10 d Polsumer Str. 127 Lindenstraße 19 Kunigundendamm 148 Jäckbornsweg 8A Vordere Lerchensteige 3 Äußere Stollberger Straße 38 Hirschgasse 2 Gernsbacher Steige 19 Densloh 12 Zeigenhainer Str. 2 Bahnhofstraße 27 Behringstraße 91 Collinistraße 12 Lindenspürstraße 21 Grazer Str. 19 Reiherweg 9 Alte Gärtnerei 19 Nansenstraße 23/2 Äußere Passauerstraße 90
20578 Sternwarte Braunschweig Hondelage e. V.,
Ackerweg 1 B
20579 20580 20581
Reinke Hagedorn Book
Michael Thorsten Axel
Georg-Friedrich-Hegel-Str. 6 Werbelsbrunnen 12 An der Blinke 6
Land ÖSTERREICH ÖSTERREICH
PLZ
97953 54295 57250
9220 67354 97456 40474 65462 34125
8680 53797
Ort
Königheim Trier Netphen VELDEN Roemerberg Dittelsbrunn Düsseldorf Gustavsburg Kassel MÜRZZUSCHLAG Lohmar
66652
28211 21244 60529 46325 31171 45701 92542 96050 22927 74889 09376 88276 75337 44807 34576 52538 22763 68161 70176 15345 83512 61250 71522 94315
Merzig
Bremen Buchholz Frankfurt Borken-Gemen Nordstemmen Herten Dieterskirchen Bamberg Großhansdorf Sinsheim Oelsnitz (Erzgebirge) Berg-Weiler Enzkloesterle Bochum Homberg/Efze Gangelt Hamburg Mannheim Stuttgart Eggersdorf Wasserburg a. Inn Usingen Backnang Straubing
38108
13225 57271 26810
Braunschweig
Eberswalde Hilchenbach Westoverledingen
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gruppen-Redakteure und VdS-Mitglieder
Bezug: ,,VdS-Journal für Astronomie" erscheint viermal pro Jahr und ist im Mitglieds-beitrag von 35,- E (Europa) und 40,- E
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(außereurop. Länder), bzw. ermäßigt 25,- E pro Jahr enthalten
Beiträge werden erbeten an: VdS-Geschäftsstelle, Postfach 1169, D-64629 Heppenheim und an die Redakteure der VdS-Fachgruppen (siehe Redaktionsliste).
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VdS vor Ort / Tagungsberichte
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33. BoHeTa
an der Ruhr-Universität Bochum
von Kai-Oliver Detken
Die nun bereits 33. BoHeTa fand wie gewohnt an der Ruhr-Universität in Bochum statt und startete mit stehenden Ovationen für die Organisatoren, die auch dieses Jahr wieder ganze Arbeit geleistet hatten. So fanden 2014 ca. 200 Teilnehmer den Weg zur BoHeTa (Abb. 1 und 2) - ein neuer Rekord! Auch machte dies Mut für die kommenden Veranstaltungsjahre, da es anscheinend wieder wichtiger geworden ist, sich direkt miteinander auszutauschen. Schön auch, dass diesmal die Ausstellungswände im Hörsaalfoyer intensiv für Ergebnispräsentationen genutzt wurden.
Die Vortragsreihe, die auch in diesem Jahr wieder eine enorme Dichte aufwies, startete mit der Thematik des lokalen Seeings. Dr. Thomas Eversberg wies darauf hin, dass man dieses nicht von dem atmosphärischen Seeing trennen könne, da beide Varianten zu einer Bildverschlechterungen bei der Aufnahme führten. Er erklärte, dass das KuppelSeeing von verschiedenen Seeing-Arten (freie Konvektion vom Boden, Turbulenzen am Kuppelspalt, Spiegelwärme) abhänge. Dabei machte nach seinen Untersuchungen das Spiegel-Seeing den
1 Blick in den Hörsaal HMA 10
größten Anteil am Gesamtergebnis aus. Das heißt: Das Auskühlen bzw. aktive Kühlen sowie das Belüften eines Teleskops sind elementar. Daher habe das freie Beobachten ohne Sternwartenkuppel, die entsprechend hitzeanfällig ist, auch seine Vorteile.
Das Erstellen eines Zeitrafferfilms erläuterte im Anschluss Rainer Sparenberg. Er zeigte tolle Aufnahmen von unterschiedlichen astronomischen Orten und stellte die zugrundeliegende Ausrüstung (Weitwinkelobjektiv, Stativ, Reisemontierung) kurz vor. Zusätzlich zeigte er, wie man einen eigenen Schlitten für seine Kamera bauen kann, um Bewegung in die Aufnahmen zu bekommen. Als Alternative zur DSLR-Kamera stellte er für Tagesaufnahmen die Nutzung einer Action-Cam vor, die er für 360-Grad-Aufnahmen auf eine zylindrische Eieruhr montierte [1]. Abschließend wurden kurz SoftwareVarianten präsentiert, um der aufgenommenen Bilderflut auch Herr zu werden.
2 Gute Laune bei der Lilienthaler Gruppe
Bernd Gährken stellte seine Untersuchungen zur Kleinplanetensternbedeckung vor, die unter sehr schlechten Wetterbedingungen in den Alpen fotografiert werden konnte. Im Anschluss an die Aufnahmen wurde die Bedeckung durch den Kleinplaneten (9) Metis untersucht. Auf Basis diverser Fotometriekurven, die aus unterschiedlichen Sichten vorlagen, wurden zwei existierende Modelle des Kleinplaneten analysiert und das besser passende zugeordnet. Abschließend war
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VdS vor Ort / Tagungsberichte
3 Bernd Gährken (Mitte) mit seinem Metis-Globus. Neben ihm die Veranstalter,
links Prof. Dr. R.-J. Dettmar, rechts Peter Riepe
ein 3D-Druck des Objekts möglich (der erste Metis-Globus der Welt, siehe Abb. 3), der mit Stolz vorgestellt wurde.
Der Nachfolgevortrag demonstrierte, wie astronomische Ausbildung an einem Gymnasium aussehen kann: Bernd Koch zeigte die am Wuppertaler Carl-Fuhlrott-
Gymnasium aufgebaute Sternwartenanlage. Hier stehen für den Praxisteil des Astronomie-Unterrichts sechs parallele Säulen mit Montierungen auf dem Schuldach zur Verfügung (Abb. 4). Dadurch können mehrere Teilnehmer gleichzeitig Fotos und Spektren von Himmelsobjekten gewinnen, wodurch ein praktischer Laborbetrieb mit zeitnaher Auswertung möglich ist [2]. Bemerkenswert ist, dass keine öffentlichen Gelder in dem Schülerprojekt stecken, was aber gleichzeitig auch verdeutlicht, wie die Wertigkeit der Astronomie im Schulbetrieb heute in Deutschland gesehen wird.
Auf die Suche nach Exoplaneten machte sich Prof. Johannes Ohlert mit seinem Vortrag. Zum Nachweis der Exoplaneten wurden dabei u. a. Transitmessungen vorgenommen - mit der Fotometrie als Messmethode. Im vorgestellten Projekt wurde versucht, in bereits bekannten Exoplanetensystemen weitere Exoplaneten zu finden. Ziel war es, die Ganggenauigkeit von Exoplaneten zu erhöhen, um auch kleinere Objekte wie z. B. den Planeten WASP-12c zu finden. Man erhofft sich dadurch, Antworten auf die Frage zu finden, wie sich Planetensysteme bilden, wie sie beschaffen sind und ob es dort auch erdähnliche Planeten gibt.
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4
Dachsternwarte des Carl-Fuhlrott-Gymnasiums Wuppertal
VdS vor Ort / Tagungsberichte
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Die Bearbeitung der Deep-Sky-Aufnahmen mit PixInsight (PI) stand beim Vortrag von Dr. Sighard Schräbler im Mittelpunkt. Doch stellte er auch andere Alternativen zur Bildverarbeitung vor, da sich für unterschiedliche Anwendungsfälle durchaus verschiedene Tools nutzen lassen. Weitere Beispiele mit unterschiedlichen Brennweiten wurden gezeigt: von feststehenden Kameras auf Stativ und mit Fisheye-Objektiv bis hin zu nachgeführten Teleskopen mit hoher Brennweite. Dabei wurde die Bearbeitung der Bilder erläutert und PI-Vorzüge präsentiert. So stackt PI angeblich die Sterne genauer. Auch das ,,Entrauschen" der Bilder soll durch PI effizienter möglich sein. Die Farbzuordnung kann man abschließend mittels SHO-Skript beispielsweise über die Hubble-Palette vornehmen. Fazit: Es gibt viele Wege zum Ziel.
Ein ebenso interessanter wie amüsanter Praxisvortrag kam von Dr. Hartwig Luethen. Auf seiner Balkonsternwarte hat er direkt Bilder aus der HamburgAltonaer Innenstadt heraus geschossen. Und das, obwohl er von dort direkt auf den beleuchteten Hafen und auf die Flutlichtmasten des FC St. Pauli schaut. Bei Recherchen fiel ihm auf, dass der Komet 23P/Brorsen-Metcalf im Jahr 1847 ganz in der Nähe seines Balkons entdeckt wurde. Diese Entdeckung veranlasste ihn, es einmal selbst zu versuchen. Neben Planeten und Mond wurden sehr schöne Sonnenbilder im Weiß- und Rotlicht präsentiert (Abb. 5) sowie auch Kometenaufnahmen. Wie man ein PST Coronado mit Hilfe eines Lidl-Teleskops umbaut, wurde am Ende der Präsentation gezeigt.
Das Thema Sonnenfinsternis (SoFi) 2015 wurde von Stefan Krause vorgestellt. Die nächste SoFi findet (inzwischen hat sie bereits stattgefunden) im März 2015 in Europa statt. Allerdings wird in Norddeutschland nur eine Abdeckung von ca. 80 % erreicht, während die Faröer-Inseln genau im Kernschatten liegen werden. Allerdings sind die Wetteraussichten auf den Faröer-Inseln ziemlich schlecht, mit einer 75-%-Wahrscheinlichkeit für bedecktes Wetter. Schnelle Wetteränderungen sind möglich. Das Ende der SoFi ist um 12 Uhr mittags, während die Totalität um 10:45 Uhr stattfindet. Sie wird für längere Zeit die letzte, gut erreichbare SoFi bleiben.
5 Sonne am 9. Juli 2014, 9:07 Uhr UT, 10-zölliges Schmidt-Cassegrain-Teleskop,
2-fach-Barlowlinse, Baader-Folie, Rotfilter, DMK41, Verarbeitung mit AutoStakkert, Registacks, Bildautor: Hartwig Luethen
Kurator Dr. Jakob Staude verlieh die Reiff-Preise für Astronomie 2014. In der Kategorie 1 ging der erste Preis an die Astronomische AG am Gymnasium Josephinum in Hildesheim. Dr. Arndt Latußeck als Leiter sorgt hier seit 2003 zusammen mit Kollegen für eine stetige Entwicklung der Astronomie, nicht nur im Unterricht, sondern auch durch den weiteren Ausbau der Schulsternwarte, an der anspruchsvolle Projekte laufen.
Der zweite Preis ging an zwei Astronomie-Arbeitsgruppen am Friedrich-Schiller-Gymnasium Weimar (mit Schulsternwarte und mehreren Schülerfernrohren). Mario Koch und Uwe Schröter schaffen jetzt zu ihren vielseitigen Schülerprojekten noch eine Allsky-Kamera an. Den dritten Preis erhielt die AstronomieAG an der Gesamtschule Hennef-West (NRW). AG-Leiter Karsten Schraut, Lehrer für Mathematik, Physik, Informatik, betreibt seit der Schulgründung 2013 systematisch den Aufbau eines astronomischen Schwerpunkts. Der Förderpreis der Kategorie 2 geht wieder an Heidrun Boll und Christa Müller. Die Grundschullehrerinnen am Schülerforschungszen-
trum Südwürttemberg in Bad Saulgau haben umfassende Materialien für die Klassen 1 und 2 zum Thema Erde und Mond entwickelt.
Im Rahmen des Reiff-Fachvortrags beleuchtete Dr. Andreas Koch (Universität Heidelberg) aus Sicht eines Fachastronomen die Rolle lichtschwacher Zwerggalaxien. Er referierte über den häufigsten Galaxientyp im Universum und die ältesten Objekte: Zwerggalaxien. Im Rahmen seiner Forschungen stellte er fest, dass die Halos großer Scheibengalaxien immerzu mit neuem Material von außen gefüllt werden. Dort findet die gravitative Zerstörung einfallender Zwerggalaxien statt. In Zusammenarbeit mit der VdSArbeitsgruppe ,,Tief belichtete Galaxien" (TBG) ist eine Kooperation zwischen Wissenschaftlern und Hobby-Astronomen geplant, die solche Wechselwirkungen erfolgreich untersuchen. Dies führte Fabian Neyer von der TBG-Gruppe anhand des Systems NGC 4631/56 genauer aus. Der gefundene Sternenstrom und der mögliche Gezeitenschweif im Bereich dieser beiden nahen Galaxien (Abb. 6) sind extrem lichtschwach (> 28,5 mag/
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VdS vor Ort / Tagungsberichte
6 Galaxien NGC 4631/56 und Umgebung (invertiert, Norden oben), aufgenommen als LRGB zwischen Februar und Mai 2014 mit einem
5,5-Zoll-Apochromaten (TEC) f/7,2 und einer CCD-Kamera STL-11000M. Gesamtbelichtungszeit 50 Stunden. Das Bildfeld misst ca. 42, x 32,. Aufnahme und Bildbearbeitung: Fabian Neyer, TBG-Gruppe.
arcsec2), so dass extrem tief belichtet werden muss. In diesem Fall waren es 50 Stunden! Amateure können so den Profis neue Erkenntnisse liefern, da sie ihre freie Zeit besser einteilen und beliebige Objekte zur Fotografie auswählen können. Dadurch kann der Hobby-Astronom einen Beitrag zur Wissenschaft leisten.
Leuchtende Nachtwolken stellte Jens Leich im Anschlussvortrag vor. Dabei stellte er fest, dass Studien über Polarlichter und Zodiakallichter schon im 19. Jahrhundert durchgeführt wurden. Der Begriff ,,leuchtende Nachtwolken" ist allerdings etwas irreführend, da diese Wolken nicht von selbst leuchten. Das Phänomen ist noch nicht endgültig erforscht. Momentan wird angenommen, dass sie durch unsere Umweltverschmutzung (wie z. B. Methangase) entstehen bzw. verstärkt werden. Dadurch sieht man sie nicht nur mehr in Skandinavien, sondern auch immer weiter südlich (bis hin zu den Alpen).
Mit den Planetarischen Nebeln des Herschel-Katalogs beschäftigte sich Christian Harder. Herschel fertigte seine Geräte selbst an und entwickelte diese laufend weiter. Er entdeckte u. a. 1787 die Uranusmonde Titania sowie Oberon und hat in seinem Leben mehr als 2.500 Objekte beobachtet - davon allein 35 Planetarische Nebel (PN). Im Herschel-Katalog lassen sich schöne PN-Arten finden, die auch ein lohnendes Ziel für HobbyAstron omen sein können.
Die Veranstaltung wurde durch Zeitraffer-Aufnahmen von Michael Kunze abgerundet. Er besuchte verschiedene amerikanische Nationalparks und die Insel Hawaii und hielt dort den Nachthimmel in Bildern fest (siehe dazu auch den Beitrag in dieser Ausgabe, S. 67). So fand die Tagung einen schönen Ausklang, und der nächste Termin am 31.10.2015 ist schon im Terminkalender notiert.
Internet- und Literaturhinweise (Stand: November 2014): [1] Rainer Sparenberg: www.airglow.de [2] Broschüre zum Download:
www.schuelerlabor-astronomie.de
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ANDROMEDA DREIECK
KEPHEUS
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FÜCHSCHEN
Wega HERKULES
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BOOTES
NÖRDL. KRONE
Gemma
Arktur
HAAR DER BERENIKE
DELFIN FÜLLEN
PFEIL Atair
ADLER
SCHLANGE (SCHWANZ)
SCHLANGE (KOPF)
SCHLANGENTRÄGER
JUNGFRAU
STEINBOCK
SCHILD Pluto
SCHÜTZE
WAAGE Saturn
SKORPION Antares
SÜDWEST
Vereinigung der Sternfreunde e.V.
SÜD
www.sternfreunde.de
Alle Zeitangaben in MEZ, für Standort bei 10 Grad ö.L. und 50 Grad n.Br., zum Umrechnen in MESZ im Zeitraum 29.3. 2:00 Uhr MEZ bis 25.10. 2:00 MEZ eine Stunde zu den Zeitangaben addieren.
Planeten im Juli
Merkur erreichte Ende Juni eine größte westliche Elongation, ist aber Anfang Juli nur von südlichen Gegenden aus zu sehen.
Venus steht am Abendhimmel und erreicht am 10. ihre größte Helligkeit. Sie ist Anfang Juli nur 0,4 Grad von Jupiter entfernt.
Mars stand Mitte Juni in Konjunktion mit der Sonne und taucht morgens noch nicht wieder am dunklen Himmel auf.
Jupiter trifft Anfang Juli abends mit Venus zusammen, zieht sich dann aber zunehmend vom Abendhimmel zurück.
Saturn steht tief im Süden und ist in der ersten Nachthälfte zu beobachten.
Uranus zieht seine Bahn in den Fischen und taucht nun wieder am Morgenhimmel auf.
Neptun im Wassermann ist wie Uranus ein Objekt für das Ende der Beobachtungsnacht.
Ereignisse im Juli
01. 0h max. Libration im Mond-SW,
8,4 Grad
01. 15h Venus (-4,4 mag) 0,4 Grad S Jupiter
(-1,8 mag), Taghimmel
02.
Kleinplanet (2) Pallas (9,5 mag)
0,2 Grad S Stern Delta Herculis (3,1
mag)
02. 03:20 Vollmond
05. 20h Mond erdnah, Winkeldurchm.
32,6'
06. 17h Zwergplanet Pluto (14,1 mag) in
Opposition zur Sonne
06. 21h Erde im Aphel (Sonnendistanz
1,017 AE)
06. 21:23 Jupitermond Europa bedeckt Io,
partiell, Größe 0,18, bis 21:26
08. 21:24 Letztes Viertel
09. 3h Mond 1,6 Grad W Uranus (5,8 mag)
10.
Venus in größtem Glanz (-4,7
mag)
12. 3h Mond 8,5 Grad W Aldebaran (Alpha
Tauri, 1,0 mag)
14. 0h max. Libration im Mond-NO,
8,3 Grad
16. 02:24 Neumond
16.
Beginn Beobachtungsperiode
Meteorstrom der Perseiden,
Max. am 13.8., 60 km/s
18. ca. Mond beginnt Bedeckung
13:45 Omicron Leonis (3,5 mag), Uhr-
zeit abh. v. Standort, bis ca. 15:07
18. 21h Mond 3,1 Grad S Venus (-4,5 mag
21. 12h 23. 22h 24. 05:04 25.
25.
26. 26. 0h 26. 23h 28. 0h 28./29.
29.
31. 0h
31. 11:43 31. 21h
und 5,2 Grad S Jupiter (-1,7 mag), W-Horizont Mond erdfern, Winkeldurchm. 29,5' Mond 4,5 Grad NO Spica ( Virginis, 1,1 mag) Erstes Viertel Kleinplanet (1) Ceres (7,5 mag) in Opposition zur Sonne (Sternbild Schütze) Zwergplanet Pluto (14,1 mag) 0,3 Grad N Xi1 Sagittarii (5,0 mag) und 0,2 Grad N Xi2 Sagittarii (3,5 mag) Uranus (5,8 mag) 0,5 Grad S Stern Zeta Piscium (4,9 mag) Mond 5,8 Grad N Saturn (0,4 mag) Mond 10 Grad NW Antares ( Scorpii, 1,1 mag) max. Libration im Mond-SW, 9,1 Grad Maximum Meteorstrom der Alpha Capricorniden, ganze Nacht, ca. 5/h, 23 km/s Maximum Meteorstrom der Delta Aquariden, Morgenhimmel, 3-5 mag, ca. 20/h, 40 km/s Kleinplanet (2) Pallas (9,8 mag) 33'' O Stern SAO 84781 (7,1 mag), Sternbild Herkules Vollmond Venus (-4,3 mag) 6,4 Grad S Jupiter (-1,7 mag), W-Horizont
ANDROMEDA DREIECK WIDDER
PERSEUS
Algol
CH WALFIS
FISCHE Uranus
SÜDOST Sternkarte exakt gültig für 15. August 1 Uhr MESZ
KASSIOPEIA
PEGASUS WASSERMANN Neptun
EIDECHSE
DRACHE
KEPHEUS
HERKULES
Deneb
SCHWAN
Wega
FÜCHSCHEN
DELFIN FÜLLEN
PFEIL Atair
LEIER Albireo
ADLER SCHLANGE (SCHWANZ)
SCHILD
BOOTES
NÖRDL. KRONE
Gemma
SCHLANGE (KOPF)
SCHLANGENTRÄGER
Fomalhaut SÜDL. FISCH
STEINBOCK SCHÜTZE
SÜD
Pluto
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de
Alle Zeitangaben in MEZ, für Standort bei 10 Grad ö.L. und 50 Grad n.Br., zum Umrechnen in MESZ im Zeitraum 29.3. 2:00 Uhr MEZ bis 25.10. 2:00 MEZ eine Stunde zu den Zeitangaben addieren.
Planeten im August
Merkur wird Anfang September eine größte östliche Elongation erreichen, ist aber nur von südlichen Ländern aus sichtbar. Das gilt auch für die Begegnung mit Jupiter und Regulus am 7.8.
Venus wechselt rasch vom Abend- an den Morgenhimmel, wo sie Ende August bereits wieder auftaucht.
Mars ist nun ein Objekt für Frühaufsteher, er kann sich nur langsam aus der Morgendämmerung befreien.
Jupiter zielt auf seine Konjunktion mit der Sonne am 26.; man findet ihn nur am Taghimmel.
Saturn kann nur in den ersten zwei dunklen Abendstunden tief im Süden gesehen werden.
Uranus geht jetzt bald vor Mitternacht auf, er ist Objekt der zweiten Nachthälfte.
Neptun ist früher dran als Uranus, nach ihm kann man schon zu späterer Abendstunde suchen (Opposition am 1.9.).
Ereignisse im August
02. 11h 07. 03:03 07.
09. 1h 10. 0h 13.
14. 15:53 15. 20h
18.
18. 4h 22. 20h 22. 20:31 22. ab
21:59
Mond erdnah, Winkeldurchm. 33,0' Letztes Viertel Merkur (-0,6 mag) 0,6 Grad N Jupiter (-1,7 mag) und Regulus (1,4 mag), früher Taghimmel Mond 43' O Aldebaran (Alpha Tauri, 0,9 mag) max. Libration im Mond-NO, 9,0 Grad Maximum Sternschnuppenschauer Perseiden, ca. 100/h, 60 km/s, Radiant im Sternbild Perseus, Morgenhimmel Neumond Venus in unterer Konjunktion mit der Sonne, Wechsel vom Abend- zum Morgenhimmel, wird beobachtbar ab Monatsende Maximum Meteorstrom der Kappa Cygniden, 5-10/h, 25 km/s Mond erdfern, Winkeldurchm. 29,4' Mond 1,7 Grad N Saturn (0,5 mag) Erstes Viertel Mond beginnt Bedeckung von Eta Librae (4,2 mag),
23. 21h 25. 0h 26. 23h 29. 19:35 30. 16h 31.8/1.9.
Uhrzeit abh. v. Standort Mond 8,9 Grad N Antares ( Scorpii, 1,1 mag) max. Libration im Mond-SW, 9,9 Grad Jupiter in Konjunktion mit der Sonne Vollmond Mond erdnah, Winkeldurchm. 33,4' Maximum Meteorstrom der
Alpha Aurigiden, 65 km/s
Die Vorschau auf astronomische Ereignisse (Juli-Sept.) wurde zusammengestellt von Werner E. Celnik und Werner Braune (Veränderliche Sterne), Konrad Guhl (Sternbedeckungen durch den Mond), Eberhard Riedel (streifende Sternbedeckungen), Oliver Klös (Sternbedeckungen durch Kleinplaneten).
Quellen: US Naval Observatory, eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto), Berechnungen der BAV, Berechnungen der IOTA (Steve Preston), Berechnungen der IOTA/ES (Eberhard Riedel [GRAZPREP]), Kosmos Himmelsjahr professional 2015 (Keller), Kosmos Der Sternenhimmel 2015 (Roth)
FUHRMANN
PERSEUS Algol
Aldebaran
Plejaden STIER
KASSIOPEIA
EDA ANDROM
DREIECK WIDDER
FISCHE Uranus
KEPHEUS Deneb
SCHWAN
Wega
HERKULES
LEIER
EIDECHSE
PEGASUS
Albireo FÜCHSCHEN
PFEIL
DELFIN FÜLLEN
Atair
ADLER
SCHLANGENTRÄGER
CH WALFIS
ERIDANU S
SÜDOST Sternkarte exakt gültig für 15. September 1 Uhr MESZ
WASSERMANN Neptun
SCHILD
BILDHAUER
SÜDL. FISCH Fomalhaut
SÜD
STEINBOCK
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de
Alle Zeitangaben in MEZ, für Standort bei 10 Grad ö.L. und 50 Grad n.Br., zum Umrechnen in MESZ im Zeitraum 29.3. 2:00 Uhr MEZ bis 25.10. 2:00 MEZ eine Stunde zu den Zeitangaben addieren.
Planeten im September
Merkur steht am 4.9. in größter östlicher Elongation, taucht in Mitteleuropa aber nicht am Abendhimmel auf.
Venus wird rasch zum auffälligen Morgenstern, bereits am 21.9. erreicht sie ihre größte Helligkeit.
Mars tritt zögerlich am Morgenhimmel auf, verbessert aber zunehmend seine Sichtbarkeit.
Jupiter wird man ab Monatsmitte zusammen mit Mars und Venus am Morgenhimmel sehen können.
Saturn ist nur mehr ein Objekt für die erste dunkle Abendstunde.
Uranus wird Mitte Oktober seine Opposition erreichen und ist daher bereits im September fast die ganze Nacht über dem Horizont
Neptun steht am 1. in Opposition zur Sonne, jetzt sollte man nach ihm suchen.
Ereignisse im September
01. 04:30
01. 5h
02. ca. 22:41
Venus (-4,6 mag, Phase 9%, 52'') am Morgenhimmel, O-Horizont Neptun (7,8 mag, 2,4'') in Opposition zur Sonne streifende Sternbedeckung durch den Mond, VW Arietis (6,7 mag), Pfadverlauf ca. Basel/CH - Ulm - Ziertheim - Prag/CZ
04. 2h
04. 04. ca.
22:56 05. ca.
02:10 05. ca.
06:05 05. 10:54 07. 0h 07. 03:28
07. ca. 03:32
08./9. 08. ca.
04:51 10. 5h 11. 04:30
Kleinplanet (4) Vesta (6,5 mag) 18'' S Stern SAO 129056 (6,7 mag), Sternbild Walfisch Merkur in größter Elongation Ost, jedoch keine Merkursichtbarkeit Mond beendet Bedeckung von Gamma Tauri (3,6 mag), Uhrzeit abh. v. Standort Mond bedeckt Theta1 Tauri (3,8 mag), Uhrzeiten abh. v. Standort, bis ca. 02:42 Mond bedeckt Aldebaran (Alpha Tauri, 0,9 mag), Uhrzeiten abh. v. Standort, bis ca. 07:24 Letztes Viertel max. Libration im Mond-NO, 9,9 Grad Kleinplanet (2520) Novorossijsk (17,1 mag) bedeckt Stern SAO 76192 (Eta Tauri B) (6,3 mag) für 5,4 s, Pfadverlauf: Schweiz-SO - Österreich-W - Deutschland-O streifende Sternbedeckung durch den Mond, SAO 95572 (6,3 mag), Sternbild Zwillinge, Pfadverlauf ca. Speyer - Worms - Zwickau Dresden Maximum Meteorstrom der Epsilon Perseiden, ca. 10/h evtl. mehr Mond bedeckt Lambda Geminorum (3,6 mag), Uhrzeiten abh. v. Standort, bis ca. 05:58 Mond 2,1 Grad N Venus (-4,5 mag) Mond 6,0 Grad W Regulus ( Leonis, 1,4 mag), Osthorizont
13. 07:41 Neumond, Partielle Sonnenfinster-
nis, 79%, beobachtbar im südl.
Afrika u. Antarktis
14. 12h Mond erdfern, Winkeldurchm.
29,4'
19. 20h Mond 5 Grad NO Saturn (0,6 mag) und
8,8 Grad N Antares ( Scorpii, 1,1 mag)
20. ca. Maximum Meteorstrom der Pisci-
22-4h den, 5-10/h, 25 km/s
21. 09:59 Erstes Viertel
21. 16h Venus in größtem Glanz (-4,8 mag)
22. 0h max. Libration im Mond-SW, 10,1 Grad
23. 09:21 Herbstanfang, Tag-und-Nacht-
Gleiche
25. 04:41 Mars (1,8 mag) 47' N Regulus (
Leonis, 1,4 mag), Farbunterschied!
28. 3h Mond erdnah, Winkeldurchm.
33,5'
28. 3h Mond 1,6 Grad S Uranus (5,7 mag)
28. ca. streifende Sternbedeckung durch
03:36 den Mond während totaler Mond-
finsternis, SAO 109080 (9,2 mag),
Pfadverlauf ca. Delft/NL - Itter-
beck - Bakum - Munster - Alten-
medingen - Grabow - Ahlbeck
28. 03:50 Vollmond, Totale Mondfinsternis,
Größe 1,282, 01:10-06:24, Ende
Totalität 04:24, Dämmerungsbe-
ginn 04:26, Sonnenaufgang 06:15
29.
Kleinplanet (4) Vesta (6,2 mag) in
Opposition zur Sonne, Sternbild
Walfisch
138
Beobachterforum
Sonnenfinsternis über dem Grand Canyon
Eine Reise zur partiellen Sonnenfinsternis am 23.10.2014 in die USA
von Ullrich und Martina Dittler
Das Jahr 2014 bot für Finsternisbeobachter zwei Höhepunkte: Am 29. April ereignete sich eine ringförmige Sonnenfinsternis und ein halbes Jahr später, am 23. Oktober fand eine partielle Finsternis statt. Während die Finsternis im Frühjahr in Australien nur von wenigen Beobachtern am Nachmittag bzw. bei Sonnenuntergang beobachtet werden konnte, bot die Herbstfinsternis bessere Beobachtungsmöglichkeiten - und war auch für Finsternisjäger aus dem deutschsprachigen Raum einfacher zu erreichen: Die Finsternis im Herbst begann über der Halbinsel Kamtschatka im Pazifischen Ozean, wanderte über die nordöstlichen Gebiete Asiens und Sibirien nach Alaska. Im hohen Norden Kanadas, d. h., nördlich des Polarkreises, erreichte die Finsternis ihren Höhepunkt mit einer maximalen Bedeckung von 75 % und wanderte weiter über nahezu die gesamten USA und Mexiko. Der vollständige Verlauf der Finsternis war in Alaska und im Westen der USA zu beobachten, während in der Mitte und an der Ostküste der USA die Finsternis bei Sonnenuntergang noch nicht beendet war.
Bei der Wahl des Beobachtungsortes für diese partielle Finsternis zeigten die langfristigen Wettervorhersagen schnell,
VdS-Journal Nr. 54
1 180-Grad-Panorama des Beobachtungsorts am Grand Canyon: Ganz links ist die
DSLR-Kamera zu sehen, welche die Lichtverhältnisse über dem Grand Canyon dokumentierte, rechts daneben die Instrumente zur Wetteraufzeichnung auf einem Einbeinstativ und auf der rechten Bildseite sind die beiden Teleskope zur Beobachtung der Sonnenfinsternis im Weißlicht und im Ha-Licht auf einer Reisemontierung zu sehen.
dass im Norden der USA im Oktober und November mit einer größeren Wolkenwahrscheinlichkeit gerechnet werden musste als im Süden: In Alaska schwankt die Bewölkungswahrscheinlichkeit zwischen 70 und 90 % , im Bereich der Staaten Kalifornien, Nevada und Arizona hingegen war nur mit einer Bewölkungswahrscheinlichkeit von 20 bis 30 % zu rechnen. Leider verhielt sich das Maß der Bedeckung der Sonne genau andersherum: Im Norden der USA wurden größere Teile der Sonne vom vorbeiziehenden Mond bedeckt als im Süden - im Norden von Alaska bis zu 70 %, im Süden von Kalifornien hingegen nur 40 %.
Die Wahl des Beobachtungsortes Bei der Wahl des Beobachtungsortes musste daher zwischen der Bewölkungswahrscheinlichkeit und dem Maß der Bedeckung abgewogen werden. Mit Blick auf die nordamerikanische Landkarte erschienen zwei topografisch sehr un-
terschiedliche Regionen als geeignete und landschaftlich reizvolle Reiseziele für Finsternisjäger: die Westküste der USA mit ihren grünen und urwaldartigen Nationalparks sowie die von Wüsten geprägte Gegend des Colorado Plateau um den Grand Canyon in Arizona. Da wir als Beobachtungsort für die ringförmige Finsternis 2012 die Westküste gewählt hatten, entschieden wir uns nun für den Grand Canyon.
Die Beobachtung der partiellen Sonnenfinsternis sollte Teil unseres Urlaubs werden. Das Colorado Plateau und die Staaten Nevada, Utah und Arizona haben zahlreiche landschaftliche Highlights wie das Monument Valley, den Bryce Canyon und den Yosemite Nationalpark zu bieten. Der Verlauf der Reise war so geplant, dass wir am 22.10.2014 am Grand Canyon ankommen, innerhalb des Nationalparks zwei Nächte verbringen und die Sonnenfinsternis daher am Rande der ca.
Beobachterforum
139
450 Kilometer langen Schlucht im Norden des US-Bundesstaats Arizona erleben sollten. Die Aussicht, die Finsternis bei einer Sonnenhöhe von rund 37 Grad zu Beginn und 17 Grad am Ende an diesem einmaligen Naturwunder beobachten zu können, erschien uns bei der Reiseplanung
als ausgesprochen reizvoll. Der partiellen Finsternis wurde in den USA insgesamt eher wenig Beachtung geschenkt. Dennoch boten einige private Initiativen und Astroclubs sowie über 30 National- und Stateparks öffentliche Beobachtungen an: Ranger verteilten Finsternisbrillen
und gaben Tipps für die gefahrlose Sonnenbeobachtung. Um dem Trubel direkt am Visitor Center des Grand-CanyonNationalparks zu entgehen, suchten wir einen Beobachtungsort nur wenige Kilometer entfernt auf, der direkt am Rand des Grand Canyon (South Rim) gelegen
2-3
Der wilde Westen der USA ist für stabiles sonniges Wetter bekannt - und wurde somit als Beobachtungsort gewählt. Diesmal hielt das Wetterglück aber nicht ganz. Die Bilder zeigen die für die Sonnenaufnahmen verwendete Ausrüstung und den Himmel über dem Grand Canyon.
VdS-Journal Nr. 54
140
Beobachterforum
4 Oben: Montage der verschiedenen Phasen der partiellen Finsternis im Weißlicht. Verwendetes Equipment: DSLR-Kamera an
2,8,,-Refraktor bei 600 mm Brennweite mit Foliensonnenfilter
war und einen freien Blick nach Süden und Osten bot.
Am Tag der Finsternis Neben einer automatisch gesteuerten DSLR-Kamera mit Weitwinkelobjektiv, welche die Veränderung der Beleuchtungsverhältnisse über dem Grand Canyon während der Bedeckung der Sonne dokumentieren sollte, kam eine weitere DSLR an einem 2,8,,-Apo mit 1000 Millimeter Brennweite auf einer kleinen parallaktischen Montierung zur Dokumentation der Phasen der Finsternis im Weißlicht zum Einsatz. Parallel dazu sollte der Verlauf der Finsternis auch im Ha-Licht dokumentiert werden: Hierzu kam eine schwarzweiße CCD-Kamera von TIS an einem mit einem Coronado Solarmax60 ausgestatteten 2,8,,-Apo mit 355 Millimeter Brennweite zum Einsatz. Die CCD-Kamera wurde von einem Netbook gesteuert und fertigte in regelmäßigen Abständen Bildsequenzen der Bedeckung im Ha-Licht an. Beide Teleskope waren parallel montiert und wurden von einer AstroTrack-Reisemontierung dem Lauf der Sonne nachgeführt.
Da sich bei den Sonnenfinsternissen 2012 in den USA, 2011 in Athen, 2010 in Indien und 2009 in China Temperaturveränderungen während der Verfinsterung dokumentieren ließen, kam auch in den
VdS-Journal Nr. 54
USA wieder ein Messgerät zum Einsatz, das Temperatur, Luftfeuchtigkeit und die Windstärke aufzeichnete (Abb. 1-3).
Während sich der Himmel am Vortag und am Morgen der Finsternis noch völlig wolkenfrei gezeigt hatte, nahm ab Mittag die Bewölkung kontinuierlich zu. Zwischen Beginn der Bedeckung um 14:19 Uhr (bei einem Wolkenstand von rund 37 Grad über dem Horizont) und dem Höhepunkt der Bedeckung um 15:34 Uhr (Sonnenhöhe: 29 Grad ) konnte die zunehmende Bedeckung immer wieder durch Wolkenlücken oder dünne Bewölkung verfolgt werden.
Mit weiterem Verlauf der Finsternis und abnehmender Sonnenhöhe verschlechterten sich die Beobachtungsbedingungen bis zum Ende der Finsternis um 16:45 Uhr (bei einer Sonnenhöhe von 17 Grad ) so weit, dass die noch teilweise verfinsterte Sonne phasenweise nicht mehr zu sehen war und anschließend hinter den zunehmenden, horizontnahen, Wolken versank. Besonders eindrucksvoll war jedoch die Beobachtung der Finsternis aufgrund der großen Fleckengruppe mit der NOAA-Nummer 2192. Diese Fleckengruppe, welche die größte seit 1990 war, zeigte sich eindrucksvoll auf den Bildern im Weißlicht und im Ha-Licht - und bestimmte das Antlitz der Sonne auch in
den Tagen vor und nach der Finsternis (vgl. Abb. 4+5 und Artikel S.108) .
Lichtstimmungen und Wetterdaten während der Finsternis Die Lichtstimmung der partiellen Sonnenfinsternis unterscheidet sich deutlich von der Dunkelheit bei einer totalen Sonnenfinsternis. Die Veränderungen der Beleuchtung während der Finsternis konnten dokumentiert werden: Hierzu wurde zwischen dem Beginn und dem Ende der Finsternis regelmäßig der Grand Canyon fotografiert. Die Kombination der Bilder zeigt eindrucksvoll die sich verändernde Beleuchtungs- und Bewölkungssituation. Naturgemäß ist die Verdunkelung jedoch nicht so deutlich sichtbar wie bei einer ringförmigen oder gar bei einer totalen Finsternis (Abb. 6).
Während der gesamten partiellen Sonnenfinsternis wurde auch die Lufttemperatur gemessen. Und zwar, wie bei meteorologischen Messungen üblich, in der Höhe von zwei Metern und 20 Zentimetern über dem Boden. Der in der Literatur immer wieder erwähnte Temperaturabfall während einer Sonnenfinsternis, den die Autoren auch schon bei den Finsternissen 2013, 2012, 2011, 2010 und 2009 nachweisen konnten, wurde bei der partiellen Finsternis am Rande des Grand Canyon jedoch nicht bestätigt. Dies mag
Beobachterforum
141
5 Unten: Montage der verschiedenen Phasen der partiellen Finsternis im Ha-Licht. Verwendetes Equipment: TIS-Kamera
an 2,8,,-Refraktor bei 355 mm Brennweite mit Coronado-Solarmax60-Ha-Filter
6 Diese Montage aus Aufnahmen, die im Abstand von jeweils 15 Minuten entstanden sind, zeigt die sich verändernde Beleuchtungs-
situation - aber auch die sich verändernde Bewölkung - während der Finsternis über dem Grand Canyon (Arizona, USA).
VdS-Journal Nr. 54
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Amateurteleskope / Selbstbau
7 Wenige Meilen vor dem Capitol-Reef-Nationalpark in Utah entstanden diese Strichspuraufnahmen mit Blick nach Norden, welche die
Wanderung der Sterne über den vom zunehmenden Mond beleuchteten roten Sandsteinfelsen zeigt. In diesem Summenbild sind 350 Aufnahmen mit einer Belichtungszeit von je 90 Sekunden kombiniert (Gesamtbelichtungszeit: 525 Minuten = 8,75 Stunden). Entstanden ist das Bild mit einem 10-20-mm-Objektiv (bei 10 mm und f/4) an einer Canon DSLR vom Typ 450D.
zum einen an der geringen Bedeckung der Sonnenscheibe von nur rund 45 % liegen. Außerdem wurden die Messergebnisse auch durch das sich während der Finsternis ändernde Wetter am Beobachtungsort stark beeinflusst.
In den Tagen nach der Finsternis prägte wieder außerordentlich gutes Wetter den Himmel über dem Colorado Plateau , so dass - begünstigt durch den noch jungen Mond - einige Aufnahmen der Wanderung der Sterne über typischen Landschaftsformationen des wilden Westens erstellt werden konnten (Abb. 7).
Fazit Der Westen der USA ist eine faszinierende Landschaft, die trotz der zunehmenden Bewölkung in der zweiten Hälfte der Finsternis einen guten Beobachtungsort für die partielle Sonnenfinsternis im Oktober 2014 bot. Als besonders interessant erwies sich dabei, dass das Antlitz der Sonne in den Tagen um die Finsternis stark von den Sonnenflecken AR 2192 geprägt wurde. Während die künftigen Finsternisse der Jahre 2015 (über dem Nordmeer) und 2016 (Indonesien bzw. Zentralafrika) nur schwierig zu beobachten sein werden, bietet die totale Finster-
nis am 21.08.2017 (erneut in den USA) sicherlich vielen Finsternisfreunden einen willkommenen Anlass für eine (weitere) Reise in die USA.
Internethinweis: [1] Homepage der Autoren mit weiteren
Aufnahmen: www.sonnenwindobservatorium.de