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Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 42

BEITRAG
  4 Venustransit 2012 - erste Impressionen (Melchert Sven)
  6 Einleitung ins Schwerpunktthema Helle Kometen (Kerner Heinz)
  6 Große Kometen der letzten 50 Jahre (Meyer Maik)
  16 Kometen beobachten (Pilz Uwe)
  20 Wie kommt man zur Kometenbeobachtung? (Wulff Andre)
  22 Highlights aus 40 Jahren Kometenbeobachtung (Guthier Otto)
  28 Der Große Septemberkomet von 1882 (Kerner Heinz)
  32 1/P Halley oder P/Halley (1982i) (Celnik Werner E.)
  35 Erinnerungen an die beiden hellen Kometen der 1990er Jahre - Teil 1 (Zilch Thorsten)
  39 Erinnerungen an die beiden hellen Kometen der 1990er Jahre - Teil 2 (Zilch Thorsten)
  42 Komet C/2006 P1 (McNaught) (Böckel Thorsten)
  45 Lovejoy (Guthier Norbert)
  48 Erfahrungen bei der DSLR-Fotografie heller Kometen (Hauss Micheal)
  52 Fotografie schwacher Kometen (Häusler Bernhard)
  55 CCD-Fotometrie heller Kometen (Pilz Uwe, Häusler Bernhard)
  58 Das Internet als Informationsquelle (Pilz Uwe)
  61 Der Weg zum eigenen MPC-Code (Zilch Thorsten)
  64 Ein Vierteljahrhundert Schweifstern (Kammerer Andreas)
  66 Erste Erfahrungen mit dem LiteScope-Reise-Dobson (Schmidt Werner)
  68 Das Astrofoto des Jahres 2011 - Teil 2 (Riepe Peter)
  72 Die H-Alpha-Sonnenfiltersysteme "Coronado SolarMax 90" u "SolarSpectrum Advanced Solar Observer" Teil 2 (Geissinger Rolf)
  76 Projekt: Der eigene Messier-Katalog (Hauss Michael)
  78 Astronomische Ziele in den USA (Kunze Michael)
  82 Die Entwicklung der VdS-Fachgruppe Astrofotografie (Riepe Peter)
  87 Entwicklung einer automatisierten Amateursternwarte (Nickel Otmar)
  92 Fachgruppe Deep Sky - Neues Journal 42 (Bohle Jens, Spitzer Daniel)
  92 Pickering´s Triangular Wisp (Spitzer Daniel)
  93 M 27 im Detail (Kleisa Manfred)
  93 Planetarische Nebel im Sternbild Schwan (Spitzer Daniel)
  96 Zum 100. Geburtstag von Max Waldmeier (Holl Manfred)
  96 Fachgruppe Geschichte der Astronomie Neues J. 42 (Steinicke Wolfgang)
  98 Die "Scientific Papers of Sir William Herschel" (Steinicke Wolfgang)
  100 Drei helle Kometen im frühen 20. Jahrhundert (Wenzel Klaus)
  102 Ganz schön heiß (Kudla Jennifer, Ludwig Kevin)
  103 Missverständnisse in der Kosmologie (Bohlin L., Matsarskaia O., Schweyer L., Spaniol S.)
  104 Einblicke in die Raumfahrtmedizin (Mach Pia)
  106 Neues aus der FG Kleine Planeten (Lehmann Gerhard)
  107 Kosmische Begegnungen Journal 42 (Ries Wolfgang, Hohmann Klaus)
  108 Klassifizierung und Längenausdehnung von Sonnenfleckengruppen (Viertel Andreas)
  111 Einige Aspekte zur Rotverschiebung (Pannach Günter)
  112 Spektroskopie an Planetarischen Nebeln (Gerhardus Andreas, Urban Steffen, Stinner Peter)
  115 Visuelle Beobachtungen der neu entdeckten Zergnova PNV J18422792+4837425 (Kriebel Wolfgang, Wenzel Klaus)
  117 Veränderliche haben mehr zu bieten (Reichmann Norbert)
  118 VdS-Vorstand aktuell Journal 42 (Melchert Sven)

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  0 Spenden an die VdS (Beitrag)
  0 VdS Mitglieder neu Begrüßung Journal 42 (Beitrag)

BEITRAG
  120 Die Mitgliedssternwarten der VdS Teil 1 (Celnik Werner E.)
  120 Ein Podium für Sternwarten - Vereine und Planetarien mit VdS-Mitgliedschaft (Gallus Astrid, Bannuscher Dietmar)

42
  0 Sternwarte Bad Kreuznach e.V. (Beitrag)
  0 Vereinigung der Sternfreunde Mende e.V. (Beitrag)

BEITRAG
  122 Uuml;ber die Effizienz der Schulastronomie (Clausnitzer Lutz)

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  0 Leserbriefe an die GS (Beitrag)

BEITRAG
  124 Der Sternhimmel Juli-August-September 2012 (Melchert Sven, Celnik Werner E., Braune Werner)
  128 Die 30. Bochumer Herbsttagung (Holl Manfred)
  131 Pleiten Pech und Pannen (Rixen Elmar)
  131 Ausschreibung: Reiff-Förderpreis für Amateur- und Schulastronomie (Staude Jakob)
  133 Die Sonne und Sterne im Martinsloch (Bischof W., Sparenberg R., Steinrücken B.)
  138 Zum visuellen Beobachten von Details ermutigen (Schilling Johannes)
  143 Buchbesprechung "Das Duell der Astronomen" (Bannuscher Dietmar)
  143 Urlaubswoche und Veränderlichenbeobachtung 2012 (Bannuscher Dietmar)
  144 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen Journal 42 (Celnik Werner E.)
  0 Editorial Journal 42 (Melchert Sven)

Textinhalt des Journals 42

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VdS-Journal Nr. 42

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Nach Redaktionsschluss

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In Deutschland hieß es am Morgen des 6. Juni ,,warten auf den Sonnenaufgang". Und kurz danach bedeckten Wolken die Sonne. Foto: Astronomische Vereinigung Bayerischer Wald e.V., Josef Bastl.
Venustransit 2012 - erste Impressionen
von Sven Melchert
In der Nacht vom 5. auf den 6. Juni 2012 zog der Planet Venus als kleine schwarze Scheibe vor der Sonne vorbei. Ein Ereignis, das von überall auf der Welt (und sogar vom Weltraum aus) intensiv beobachtet wurde. Von Mitteleuropa aus war nur das Ende des Durchgangs nach Sonnenaufgang zu sehen. Trotzdem machten sich zahlreiche Sternfreunde auf, um diesem letzten Venustransit unseres Lebens - bis zum nächsten Ereignis werden 105 Jahre vergehen - beizuwohnen. Auf diesen Seiten präsentieren wir Ihnen erste Eindrücke des Schauspiels. In der Ausgabe 44 des Journal für Astronomie wird sich dann ein ganzes Schwerpunktthema ausführlich mit dem Venustransit beschäftigen.

3 Wann geht die Sonne auf? Ein Gruppe von Beobachtern
war nach Schweden knapp nördlich des Polarkreises gereist, um den Transit in voller Länge zu erleben. Doch kurz nach dem ersten Kontakt verschwand die Sonne für rund zwei Stunden wieder hinter entfernten Bergen. Foto: Bernd Flach-Wilken.
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2 Exakt um 02:10:47 Uhr MESZ trat
die Venus dann endlich über den Rand des Gebirges. Foto: Sven Melchert.

Nach Redaktionsschluss 5

4 Mitte des
Transits: Venus hat die halbe Strecke auf der Sonnenscheibe zurückgelegt. Foto: Otto Guthier.
5 Das Ende naht: Um
6:34 Uhr MESZ stand die Venus wieder am Rand der Sonne. Foto: Bernd FlachWilken.
7
Vom Weltraum aus konnte das ,,Solar Dynamics Observatory" der NASA den Transit in voller Länge verfolgen. Foto: NASA/ Goddard Space Flight
Center/SDO.

6 Zwei Minuten vor
dem endgültigen Austritt bedeckt nur noch ein kleiner Zipfel der Venus die Sonne. Foto: Otto Guthier.
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Helle Kometen

Einleitung

Nach dem VdS-Journal Nr. 14 (II/2004) ist dies die zweite Ausgabe des Journals mit dem Schwerpunktthema ,,Kometen". Die eigene Erfahrung einer hellen Kometenerscheinung ist nicht selten der Auslöser dafür, sich dauerhaft mit diesen Objekten zu beschäftigen. Dem einen oder anderen Autor zu diesem Schwerpunktthema ist die Begeisterung auch nach Jahren noch anzumerken. Die FG-Kometen hofft, mit den nachfolgenden Beiträgen bei der VdS-Leserschaft nicht gleich Begeisterung, aber vielleicht Interesse an diesen Himmelskörpern wecken zu können. Mit C/2006 P1 (McNaught) und C/2011 W3 (Lovejoy) gab es zwei helle Kometen innerhalb der letzten fünf Jahre für die Bewohner der Südhalbkugel der Erde. Der nächste ist natürlich für uns. Es kann also nicht schaden, vorbereitet zu sein.
Für die FG Kometen, Heinz Kerner.

1 Komet C/2001 Q4 (NEAT) und M 44 am 15. Mai
2004 um 21:17 UT. Aufnahme mit 180-mm-Teleobjektiv bei Blende 4 und 5x2 Minuten Belichtung mit Canon EOS 10D. Aufnahme Norbert Mrozek in Südfrankreich.

Große Kometen der letzten 50 Jahre
von Maik Meyer

Einleitung Wenn man eine Übersicht der größten Kometen der letzten 50 Jahre geben möchte, ist es notwendig, die Kriterien für die Auswahl dieser Kometen genau zu definieren. Nimmt man als Kriterium

die bloße Helligkeit, kann es passieren, dass Kometen ausgewählt werden, die sehr schwer sichtbar waren, da diese beim Erreichen der größten Helligkeit zu nahe bei der Sonne am Himmel positioniert waren. Ebenso trifft dies für die

Schweiflänge oder die scheinbare Ausdehnung am Himmel zu. Einen ,,Großen Kometen" macht zusätzlich noch die Dauer der Erscheinung aus, welche eine erweiterte öffentliche Wahrnehmung unterstützt. Allerdings haben sich die

1 Lichtkurve des Kometen C/1962 C1 (Seki-Lines) nach visuellen Beobachtungen
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Helle Kometen

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Zeiten geändert und durch Internet und satellitengestützte Beobachtung werden selbst kurzlebige Erscheinungen zu erinnerungswürdigen und beeindruckenden Schauspielen. Ich möchte hier eine subjektive Liste der großen Kometen der letzten 50 Jahre präsentieren und kurz beschreiben. Sicher wird es Leser geben, die einen Kometen aus der Liste gesehen haben, während andere für sie weniger beeindruckend waren.
C/1962 C1 (Seki-Lines) (alt: 1962c = 1962 III) Der Komet wurde am 4. Februar 1962 unabhängig durch zwei Amateure entdeckt. R. D. Lines fand ihn visuell mit einem 15-cm-Reflektor in der Wüste von Arizona, 50 km östlich von Phoenix. Kurze Zeit später wurde er durch T. Seki ebenfalls visuell mit einem 9-cm-Refraktor aufgefunden. Da Sekis Entdeckungsmeldung früher als die von Lines eintraf, erhielt der 9 mag helle Schweifstern den Namen Seki-Lines.
Erstaunlicherweise scheint der Komet kurz nach seiner Entdeckung zwei Größenklassen heller geworden zu sein, denn bereits einige Tage später wurde der Komet auf 6 mag geschätzt. Dies, zusammen mit dem Fakt, dass die Bahnrechnungen ein Perihel bei nur 0,03 AE am 1. April 1962 zeigten, erklärte, dass der Komet das Potenzial hatte, sehr hell zu wer-

den. Am 26. Februar erreichte der Komet seine Erdnähe mit 0,62 AE und wurde zu diesem Zeitpunkt auf 5-6 mag geschätzt. Der Komadurchmesser lag bei etwa 5` und ein Schweif bis zu über einem Grad Länge war ebenfalls auszumachen. Bis eine Woche vor dem Perihel steigerte der Komet seine Helligkeit kontinuierlich bis auf ca. 3 mag. Durch die mittlerweile geringe Elongation zur Sonne war der Komet immer schwerer zu beobachten. Nichtsdestotrotz gelangen Beobachtern in Südafrika und Neuseeland Helligkeitsschätzungen in der Dämmerung, die einen rasanten Helligkeitsanstieg zeigten. Die letzte Schätzung am 27. März zeigte eine Helligkeit von -1 mag.
Am Tag des Perihels lief der Komet in 1,5 Grad Abstand an der Sonne vorbei. Trotz mehrfacher Versuche konnte der Komet nicht am Taghimmel wahrgenommen werden. Die nach der Helligkeitskurve zu erwartenden -7 mag werden daher wohl nicht erreicht worden sein. Die ersten Nach-Perihel-Beobachtungen gelangen erst wieder am 3. und 4. April und ergaben eine Helligkeit von -1,5 mag mit einem kurzen Schweif von bis zu 2,5 Grad . In den folgenden Tagen gewann der Komet schnell wieder Abstand von der Sonne und verschwand aus der Abenddämmerung in dunklere Nachtzeiten, wobei sich seine Helligkeit kontinuierlich verringerte. Der Komet entwickelte in der ersten

Aprilhälfte einen imposanten Schweif, der Längen von bis zu 15 Grad erreichte. Die komplexe Struktur des Gas- und Staubschweifes bot einen beeindruckenden Anblick für Beobachter. Gegen Ende April wurde der Komet schwächer als 6 mag, wies zu dieser Zeit allerdings immer noch einen ca. 1-2 Grad langen Schweif auf. Die letzte Beobachtung des Kometen datiert vom 25. Januar 1963, als der Kern eine Helligkeit von nur noch 20,4 mag aufwies.
Warum war der Komet so hell und beeindruckend? Der geringe Perihelabstand (ein sogenannter ,,sunskirter") zusammen mit der absoluten Helligkeit von 5-6 mag ließen den Kometen das heiße Abenteuer gesund überstehen.
C/1965 S1 (Ikeya-Seki) (alt: 1965f = 1965 VIII) Dieser Komet war einer der hellsten der letzten 100 Jahre. Entdeckt wurde er unabhängig voneinander innerhalb von 15 Minuten visuell durch K. Ikeya und T. Seki aus Japan. Die Helligkeit wurde mit 7 mag angegeben. Erste Bahnrechnungen ließen nicht erahnen, was den Beobachtern bevor stand. Erst am 1. Oktober veröffentlichte B. G. Marsden eine Bahn, die zeigte, dass der Komet wahrscheinlich ein Mitglied der berühmten Kreutz-Gruppe ist, welche sich durch

2 Lichtkurve des Kometen C/1965 S1 (Ikeya-Seki) nach visuellen Beobachtungen

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Helle Kometen

3 Lichtkurve des Kometen C/1969 Y1 (Bennett) nach visuellen Beobachtungen

eine extrem geringe Periheldistanz auszeichnet (Sungrazer) und deren bis dahin berühmteste Mitglieder Ende des 19. Jahrhunderts zu sehen waren. Marsden äußerte die Prognose, dass der Komet im Perihel bis zu -7 mag erreichen könnte.
Da das Perihel am 21. Oktober noch einen Monat entfernt war, konnte der Komet intensiv verfolgt werden. Bereits Ende September konnte ein kurzer Schweif von unter einem Grad Länge visuell ausgemacht werden. Mitte Oktober durchbrach der Komet die Helligkeit von 2 mag, wobei der Schweif auf bis zu 5 Grad Länge angewachsen war. Bis zum 17. Oktober gelangen noch einige wenige Beobachtungen des Kometen in der hellen Dämmerung, welche eine Helligkeit von etwa 1 mag zeigten.
Die große Überraschung zeigte er dann ab dem 20. Oktober. Er konnte am Tageshimmel selbst mit dem unbewaffneten Auge wahrgenommen werden! Am 20. Oktober steigerte der Komet seine Helligkeit innerhalb von knapp 6 Stunden von -6 mag auf -10.5 mag! Selbst ein Schweif bis zu 4 Grad Länge war erkennbar. Japanische Astronomen konnten den Kometen praktisch während des Perihels am 21. Oktober beobachten und bemerkten eine Dreiteilung des Kernes, die sie mit dessen Zerfall in Verbindung brachten. Am Ende des 21. Oktobers war die Helligkeit be-
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reits wieder auf -5 mag gefallen und am 22. Oktober auf -3 mag.
Nach dem Perihel verlor der Komet rasch an Helligkeit. Doch sein Schauspiel war noch nicht vorüber. Ab dem 25. Oktober, während der Komet aus der Dämmerung wieder dunklen Himmel erreichte, konnte ein ständig wachsender Schweif beobachtet werden. Anfang November lag die Schweiflänge des 4 mag hellen Kometen bei etwa 25 Grad . Fotografisch konnten bis zu 35 Grad Ende November erfasst werden.
Am 4. November wurde ein erster Bericht über die Kernteilung des Kometen bekannt. Drei Komponenten konnten erfasst werden, wobei die dritte Komponente extrem schwach war. Letztendlich wurden für die beiden hellsten Komponenten unabhängige Bahnelemente angegeben, wobei die Umlaufzeit im Bereich von 800 Jahren liegt.
Warum war der Komet so hell und beeindruckend? Der extrem geringe Perihelabstand von nur 0,008 AE und eine absolute Helligkeit von 6 mag.
C/1969 Y1 (Bennett) (alt: 1969i = 1970 II) Der Südafrikaner J. C. Bennett entdeckte diesen Kometen visuell mit seinem 13-cm-Refraktor nach 333,5 Suchstun-

den am 28. Dezember 1969 und schätzte die Helligkeit auf 8,5 mag. Die berechnete Bahn ließ erkennen, dass der Komet vor dem Perihel am 20. März 1970 ein Südhimmelobjekt war und nach dem Perihel am Nordhimmel zu beobachten sein würde. Der Helligkeitsanstieg vollzog sich ruhig. Im Januar stiegt die Helligkeit von 8,5 mag auf 6-7 mag, wobei erste Sichtungen eines kurzen Schweifs gemeldet wurden. Ende Februar war die Helligkeit schon auf 4 mag gestiegen, wobei die Schweiflängen bereits bis zu 5 Grad betrugen. Innerhalb von drei Wochen bis zum Perihel steigerte der Komet seine Helligkeit weiter und wies eine Maximalhelligkeit von 0 mag auf. Die zwei flächenhellen Schweife von bis zu 15 Grad Länge trugen zu seinem imposanten Erscheinungsbild bei. Gegen Ende März wurde die Helligkeit des Kometen, der nun auch für Beobachter auf der Nordhalbkugel immer besser sichtbar wurde, mit 1-2 mag angegeben. Bis Ende April ging die Helligkeit auf 4-5 mag zurück, wobei immer noch die flächenhellen Schweife auffällig blieben. Diese erreichten in der ersten Aprilhälfte eine Maximallänge von bis zu 20 Grad . Im Mai war der Komet zirkumpolar für Nordhemisphärenbeobachter. Die Helligkeit sank hierbei von 4-5 mag auf 7-8 mag, wobei Ende Mai der Schweif immer noch bis zu 2 Grad Länge aufwies. Bis Ende Oktober konnte der Komet noch visuell verfolgt werden, wobei er im September

Helle Kometen

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4 Lichtkurve des Kometen C/1975 V1 (West) nach visuellen Beobachtungen

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Lichtkurve des Kometen C/1995 O1 (Hale-Bopp) nach visuellen Beobachtungen

und Oktober so diffus geworden war, dass Helligkeitsschätzungen sehr schwer wurden. Am 27. Februar 1971 wurde der Komet zuletzt fotografisch erfasst.
Warum war der Komet so hell und beeindruckend? Zum einen wies der Komet eine überdurchschnittliche absolute Helligkeit von 4-5 mag auf. Zum anderen fielen

der Periheldurchgang (0,54 AE) und die Erdnähe (0,69 AE) fast genau zusammen. Der Komet war zusätzlich während des Perihels nie weniger als 31 Grad von der Sonne entfernt.
C/1975 V1 (West) (alt: 1975n = 1976 VI) Obwohl dieser Komet einer hellsten seit der Erscheinung des Kreutz-Kometen

von 1965 war, wurde er durch die Presse stiefmütterlich behandelt, was verhinderte, dass eine breite Öffentlichkeit den Kometen in voller Pracht bemerkte. Entdeckt wurde er durch R. M. West auf einer am 24. September 1975 aufgenommenen Platte mit dem 100-cm-Schmidtspiegel der ESO auf La Silla (Chile). Später konnten noch frühere Aufnahmen vom 10. und 13. August identifiziert werden.
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Helle Kometen

6 Lichtkurve des Kometen C/1996 B2 (Hyakutake) nach visuellen Beobachtungen

7 Lichtkurve des Kometen C/2006 P1 (McNaught) nach visuellen Beobachtungen

Der Komet hatte eine Helligkeit von 1415 mag. B. G. Marsden konnte damit eine relativ sichere Bahn berechnen und sagte eine Helligkeit von 5 mag für das Perihel am 25. Februar 1976 voraus.
Der Komet war vor dem Perihel ein Südhimmelobjekt mit geringer Elongation zur Sonne. Nur wenige Beobachtungen
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wurden somit gewonnen, die allerdings zeigten, dass der Komet sehr hell werden könnte. Ende Januar berichteten Beobachter Helligkeiten von etwa 6 mag in der Abenddämmerung, wobei der Komet einen ca. 2 Grad langen Schweif aufwies. Mitte Februar hatte der Komet 3-4 mag erreicht und nur wenige Tage später, am 20. Februar, war der Komet 1 mag hell.

Vom 22. bis zum 25. Februar stieg die Helligkeit von -1 mag auf -3 mag an. Der Schweif erschien nur bis zu 1 Grad lang. Tatsächlich gelangen auch Tagbeobachtungen des Kometen kurz vor Sonnenuntergang. Da der Komet sich nun aus der Abenddämmerung verabschiedete, wurde er jetzt von sehr vielen Beobachtern verfolgt. Da die Helligkeit aber nur

Helle Kometen

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langsam sank, wurde der Komet zu einem beeindruckenden Objekt. Noch in der ersten Märzdekade lagen die Helligkeiten bei 1-3 mag, wobei sich nun sehr deutlich ein imposanter Staubschweif zeigte. Tiefrot und aus bis zu fünf Komponenten bestehend erreichte dieser Längen bis zu 35 Grad . Der Schweif erschien dabei wie ein Fächer mit einer Vielzahl von Strukturen. Bis Ende März fiel dann die Helligkeit auf 5-6 mag bei maximaler Schweiflänge von nur noch 4 Grad . Der Helligkeitsabfall setzte sich langsam durch den April und Mai fort. Ende Mai war der Komet nur noch 7-8 mag hell und der Schweif erreichte noch Längen von maximal 1 Grad . Am 25. September 1976 wurde der Komet das letzte Mal fotografisch beobachtet.
Der Komet erlitt bei seiner Perihelpassage allerdings einen Kernbruch. Bis zu vier Komponenten wurden ab der ersten Märzwoche beobachtet.
Warum war der Komet so hell und beeindruckend? Auch hier wies der Komet eine überdurchschnittliche absolute Helligkeit von 4-5 mag auf. Ebenso fielen der Periheldurchgang (in nur 0,20 AE) und die Erdnähe (0,79 AE) fast genau zusammen.
C/1995 O1 (Hale-Bopp) 20 Jahre sollte es dauern, bis der nächste Große Komet entdeckt wurde. A. Hale und T. Bopp entdeckten den Kometen unabhängig voneinander am 23. Jul 1995 visuell. Die Helligkeit wurde von Hale auf 10,5 mag geschätzt. Es wurde schnell klar, dass hier ein ungewöhnliches Objekt entdeckt worden war und es dauerte erstaunlich lang, bis die IAU Stellungnahmen zu dessen Entwicklung herausgab. Dies muss aber nicht verwundern, war der Komet doch seinerzeit noch 7 AE von der Sonne und 1,5 Jahre von seinem Periheldurchgang entfernt und doch schon 10 mag hell. Die Vorausberechnung ergab dann eine extrem lange Sichtbarkeitsperiode, in der er 6 mag werden sollte, und eine Maximalhelligkeit von fast -2 mag!
Die gesamte Sichtbarkeit des Kometen hier zu beschreiben, würde den Rahmen sprengen. Es sei hier auch auf den Beitrag von Thorsten Zilch (S. 39) verwiesen. Somit sollen im Folgenden nur die wichtigsten Eckdaten genannt werden: Der Komet ent-

8 Komet C/1965 S1 (Ikeya-Seki) am 19. Okt. 1966. Aufnahme Roger Lynds
(Wikipedia)

wickelte sich im Großen und Ganzen wie vorhergesagt. Ende Juni 1996 hatte der Komet die 6-mag-Grenze durchbrochen - und noch war ein Dreivierteljahr bis zum Perihel Zeit! Ein Schweif war zu diesem Zeitpunkt kaum auszumachen. Ende des Jahres 1996 war der Komet bei 3,5 mag angelangt. Die maximalen Schweiflängen lagen nun bei 2-3 Grad . Ende Februar 1997 wies der Komet eine Helligkeit von 0 mag auf, wobei die Schweiflängen teilweise die 10 Grad -Marke schon übertrafen. Ende März war dann das Maximum mit 0 mag bis -1,5 mag erreicht. Der Komet wies nun lehrbuchmäßige Gas- und Staubschweife auf, deren Längen bis zu 25 Grad erreichten. Ende April war die Helligkeit auf 0-1 mag gefallen, wobei die Schweife nur wenig zurückgingen. Erst Mitte Oktober war der

Komet so schwach geworden, dass er nicht mehr mit bloßem Auge gesehen werden konnte. Damit war der Komet durchgehend fast 500 Tage heller als 6 mag - ein Rekordwert!
Der weitere Helligkeitsabstieg ging dann gemächlich vonstatten. Ein Jahr, nachdem der Komet schwächer als 6 mag geworden war, also im Oktober 1998, wies er immer noch eine Helligkeit von 9-10 mag auf. Wiederum ein Jahr später, im Oktober 1999 wurde der Komet auf 12-13 mag geschätzt. Die letzte visuelle Sichtung gelang dann im Juli 2000 bei etwa 14 mag.
In der Folge blieb der Komet jedoch weiterhin unter Beobachtung. Dabei wies der Komet auch bei immer größer werdenden
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Helle Kometen

9 Komet C/1969 Y1 (Bennett) am 30. Apr. 1970 um 01:50 UT. Aufnahme:
Gerhart Klaus

Sonnendistanzen Helligkeitsschwankungen und Ausbrüche auf. War er zum Beispiel im Januar 2005 etwa 20 mag hell, konnte er im Sommer des gleichen Jahres plötzlich bei 18 mag aufgenommen werden! Im Oktober 2007 wurde wiederum eine Helligkeit von 20,5 mag gemessen.
Die bisher letzte Beobachtung gelang am 4. Dezember 2010, als der Komet 23 mag hell war. Es ist wahrscheinlich, dass der Komet auch noch in kommenden Jahren beobachtet werden kann.
Warum war der Komet so hell und beeindruckend? Eindeutig die große absolute Helligkeit von knapp -1 mag - der drittgrößte bisher für einen Kometen ermittelte Wert. HaleBopp war ein wahrlich großer Komet. Dabei waren die geometrischen Verhältnisse des Periheldurchgangs für Beobachter auf der Erde nicht ideal. Der Komet hätte bei optimalen Verhältnissen noch sehr viel heller werden können!
C/1996 B2 (Hyakutake) Der Überraschungskomet des Jahres 1996 wurde am 30. Januar 1996 durch den japanischen Amateur Y. Hyakutake bei seiner
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Kometensuche mit einem 25x100-Feldstecher entdeckt. Er gab die Helligkeit des Kometen mit etwa 11 mag an. Nachträglich konnte eine fotografische Aufnahme eines anderen Amateurs identifiziert werden, die den Kometen am 1. Januar 1996 bei ca. 13 mag zeigt. Interessanterweise hatte Hyakutake erst im Dezember 1995 seinen ersten Kometen gefunden.
Relativ schnell wurde klar, dass der Komet nicht nur ein enges Perihel bei etwa 0,23 AE durchlaufen würde, sondern - und dies war noch interessanter - eine enge Erdpassage von nur 0,10 AE vor sich hatte. Die Abschätzungen der Helligkeit waren allerdings noch sehr unsicher.
Der Komet wurde bereits im Februar rasch heller. Gegen Ende des Monats hatte der Komet bereits die 6. Größenklasse erreicht und wies aufgrund der sich immer weiter verringernden Erddistanz einen Komadurchmesser von einem viertel Grad auf. Schweifsichtungen bis zu 2 Grad wurden ebenfalls gemeldet. Am 25. März sollte der Komet der Erde am nächsten kommen. Am 15. März war der Komet bereits heller als 4 mag, die Koma mehr als ein halbes Grad im Durchmesser. Die Schweiflängen

lagen meist unter 5 Grad. Am 20. März hatte der Komet die 2. Größenklasse erreicht. Der Komadurchmesser wurde teilweise auf 1,5 Grad geschätzt ebenso wie extreme Schweiflängen von 30-40 Grad . Am 21. März war der Komet 1 mag hell und am 22. März hatte er die 0. Größenklasse erreicht. Der Komadurchmesser betrug nun nahezu 2 Grad , der Schweif wurde meist 10-40 Grad lang geschätzt. Im Laufe des 24. März wurden erste negative Helligkeiten geschätzt. Der Komadurchmesser wurde teilweise als bis zu 3 Grad erkannt bei unveränderter Schweiflänge.
Der Tag der Erdnähe wurde für diejenigen, die den Kometen bei klarem Himmel beobachten konnten, unvergesslich. Ich hatte ein solches Glück: Ich hatte den Kometen zuletzt am 21. März gesehen und auf 1,6 mag geschätzt. Danach war das Wetter schlecht und ich fürchtete, die Erdpassage zu verpassen. Die Wettervorhersage ab dem 25. März ließ jedoch klaren Himmel erwarten. Da ich zu der Zeit noch Student und auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen war, fuhr ich nachmittags in Richtung Heimat ins Erzgebirge, um den Kometen unter hoffentlich optimalem Himmel beobachten zu können. Ob es mir jemand glaubt, dass ich den Kometen und seinen langen Schweif schon aus dem Bus heraus abends erkennen konnte? Er stand zu dem Zeitpunkt noch relativ niedrig, war aber deutlich sichtbar. Unglaublich. Zuhause angekommen führte ich eine erste Beobachtung durch: -0,6 mag, 64 Koma und ein 37 Grad langer Schweif. Der Komet sollte jedoch erst gegen 2 Uhr morgens fast im Zenit kulminieren. Also den Wecker gestellt und in der Hoffnung eingeschlafen, dass kein Hochnebel eintritt. Ich hatte Glück und erlebte einen meiner astronomischen Höhepunkte. Der Komet stand fast im Zenit, die unglaublich große Koma zeigte eine grünlich blaue Färbung. Im Teleskop konnten kernnahe Details einfach erkannt werden. Gleichzeitig zeigte sich ein 54 Grad langer Schweif. Der Anblick war absolut unwirklich. Es war ein unglaubliches Glücksgefühl, dies zu sehen, und ich war tief beeindruckt. Dies ist auch der Grund, warum für mich dieser Komet beeindruckender war als Hale-Bopp.
Die folgenden Tage brachten zwar eine wieder abfallende Helligkeit, jedoch wurde die Schweiflänge aufgrund der geometrischen Bedingungen größer. Am 28. März

10 Komet C/1975 V1 (West) am 4. März 1976 um 04:30 UT. 85-mm-Objektiv, f/2 und 8 min. Belichtungszeit auf Kodak
Ektachrome High Speed. Aufnahme: Jürgen Linder
11 Komet C/1995 O1 (Hale-Bopp) am 4. April 1997. 8-Schmidtkamera, f/1,5, Belichtungszeit 5 min. auf Kodak TP 2415 hyp.
und 4 min. auf Kodacolor Pro Gold 400. Aufnahme: Michael Jäger VdS-Journal Nr. 42

12 Komet C/1996 B2 (Hyakutake). 225/255/435-mm-Schmidtkamera,
Belichtungszeit 10 min. auf Kodak TP 6415 hyp. Aufnahme: Gerald Rhemann.

konnte ich sogar 63 Grad Schweif erkennen. Andere Beobachter meinten in diesen Tagen über 100 Grad gesehen zu haben, was sich aber letztendlich als Täuschung erwies. Längen von 80-90 Grad sollten aber realistisch sein. Am 29. März näherte sich der Komet wieder der 2. Größenklasse und am 1. April wurde er auf 2-3 mag geschätzt. Die geschätzten Schweiflängen lagen zu diesem Zeitpunkt nur noch selten über 10 Grad . Der Komet behielt diese Helligkeit für die Folgetage bei, da der sich vergrößernden Erddistanz durch die sich verringernde Sonnendistanz entgegengewirkt wurde. Als weiterer Effekt schrumpfte der sichtbare Komadurchmesser, je näher das Perihel rückte. Das Perihel selbst konnte nur
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durch Aufnahmen der SOHO-Sonde beobachtet werden.
Ab dem 9. Mai wurde der Komet wieder erdgebunden am Südhimmel sichtbar, die Helligkeit betrug nur noch 3-4 mag. Mitte Juni fiel der Komet unter die 6. Größenklasse und wurde im September das letzte mal visuell bei etwa 12 mag gesehen. Am 2. November wurde der Komet das letzte Mal astrometrisch detektiert.
Warum war der Komet so hell und beeindruckend? Die geringe Erdnähe von 0,10 AE. Zusätzlich der erstaunlich lange Schweif. Der kurze Zeitraum der Sichtbarkeit und die

überraschend positive Entwicklung ließen den Eindruck des Besonderen entstehen.
C/2006 P1 (McNaught) Dieser für die meisten mitteleuropäischen Beobachter nur von Fotos bekannte Komet wurde am 7. August 2006 durch R. H. McNaught am Siding-SpringObservatorium in Australien entdeckt. Der Komet wurde von ihm zu etwa 17 mag hell bestimmt. Die erste berechnete Bahn sah wenig viel versprechend aus, da die Periheldistanz mit etwa 1,6 AE angegeben war. Nachdem mehr Beobachtungen vorlagen, wurde klar, dass der Komet ein sonnennahes Perihel bei etwa 0,17 AE durchlaufen würde. Trotzdem argwöhnten viele Experten, dass der Komet das Perihel nicht überleben würde, da die derzeitige Helligkeit auf ein eher schwaches Objekt hinweisen würde. Einer der wenigen, die daran glaubten, dass der Komet durchaus heller werden könnte, war McNaught selbst. Aus seiner Beobachtungsserie glaubte er zu erkennen, dass der Komet schnell und kontinuierlich heller wurde.
Aufgrund der ungünstigen geometrischen Situation waren verlässliche visuelle Schätzungen Mangelware und trugen nicht zu einer sicheren Abschätzung des Periheldurchgangs bei. Von August bis Oktober zeigten die wenigen visuellen Schätzungen einen Anstieg von knapp 14 mag auf 11-12 mag. Umso erstaunlicher war es, dass der Komet im November plötzlich schon heller als 10 mag war. Da der Komet sich allerdings immer weiter der Sonne näherte, die er am 12. Januar 2007 umrunden sollte, wurden die Beobachtungen immer schwieriger. Ende Dezember gelangen Aufnahmen, die den Kometen bei 3-4 mag zeigten - ein gutes Zeichen. Die Helligkeit des Kometen stieg weiter rasant an, und es gelangen in der ersten Januarwoche viele Beobachtungen, die den Kometen bei 1 mag in der hellen Abenddämmerung zeigten. In der zweiten Januarwoche hatte der Komet die -1. Größenklasse erreicht.

Helle Kometen

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Die weiter ansteigende Helligkeit hatte zur Folge, dass der Komet im Perihel am hellen Taghimmel beobachtet werden konnte. Die Maximalhelligkeit betrug etwa -5,5 mag und selbst am Taghimmel konnte ein kurzer Schweif ausgemacht werden! Viele Beobachter in Deutschland verpassten die Möglichkeit, einen Tageshimmelkometen zu sehen, durch diesige Himmelsverhältnisse. In einigen Gegenden gelangen jedoch Beobachtungen. Ich selbst hatte kein Glück.
Nach dem Perihel ging die Helligkeit langsam zurück. Erst am 21. Januar war der Komet wieder in positiven Größenklassen angekommen, zeigte allerdings ab diesem Zeitpunkt einen wachsenden Schweif, welcher sich fächerartig gebogen wie ein Vorhang immer mehr ausdehnte. Interessanterweise gelangen in der Nordhemisphäre Beobachtungen des Schweifes, während sich der Kopf des Kometen bereits am Südhimmel befand! Die Südhimmelbeobachter waren es auch, die das beeindruckende Schauspiel des Kometen erlebten, der mit dem spektakulären Schweif seine ganze Pracht entfaltete. Dieses dauerte bis etwa Ende Januar an, als der Komet ca. 2-3 mag hell war. Visuell konnte der Schweif bis auf etwas über 35 Grad verfolgt werden. Ende Februar/Anfang März war der Komet bereits schwächer als 6 mag geworden, wobei der Schweif visuell nicht mehr sehr auffällig erschien. Ende April war der Komet bei 10 mag angelangt. Die letzte astrometrische Beobachtung des Kometen wurde am 11. Juli gemeldet, als der Komet nur noch 1819 mag aufwies.
Warum war der Komet so hell und beeindruckend? Die geringe Periheldistanz und ein gesunder Kometenkern führten zu einem aktiven und hellen Kometen. Die verbreitete Nutzung des Internets lenkte die Aufmerksamkeit auf diesen Kometen und erlaubte eine Verfolgung nahezu in Echtzeit - noch dazu am Taghimmel!

Die großen Kometen der letzten 50 Jahre

Komet
C/1962 C1 (Seki-Lines) C/1965 S1 (Ikeya-Seki) C/1969 Y1 (Bennett) C/1975 V1 (West) C/1995 O1 (Hale-Bopp) C/1996 B2 (Hyakutake) C/2006 P1 (McNaught)

Maximalhelligkeit in Größenklassen
0 -10
0 -3 -1 0 -5,5

heller als 6 mag in Tagen
65 42 95 55 487 111 64

Literaturhinweise: [1] Kronk, G. W., Meyer, M., Cometo-
graphy, Volume 5: 1960-1982, Cambridge UP, 2010. [2] ICQ-Datenarchiv [3] IAU-Zirkulare zu den jeweiligen Kometen

13 Komet C/2006 P1 (McNaught) am 10. Januar 2007. Aufgenommen
von Thorsten Boeckel mit Teleskop f = 480 mm, f/D = 5,6, t = 1 s; Kamera Canon 20D bei ISO 200.
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Helle Kometen

Kometen beobachten
von Uwe Pilz

Was sind Kometen? Unser Sonnensystem ist von zwei Gruppen von Kleinkörpern bevölkert: Asteroiden und Kometen. Diese Körper stellen die Überreste der Planetenentstehung vor 4,6 Milliarden Jahren dar. In diesen Körpern ist das Material versammelt, das nicht von den sich bildenden Planeten eingefangen wurde. Asteroiden bestehen aus Silikaten, während Kometen einen großen Anteil an Wasser und gefrorenen Gasen enthalten. Kometen konnten erst jenseits der Jupiterbahn entstehen. Die inneren Bereiche des Sonnensystems sind zu warm für Eis - Wasser liegt hier als Wasserdampf vor. Erst jenseits der ,,Frostgrenze" konnten sich Eisagglomerate bilden.

Die Bahnen von Kleinkörpern werden durch die Gravitation der Planeten beeinflusst. Zwischen den Planeten sind keine stabilen Bahnen von Kleinkörpern möglich. Eine Ausnahme ist der Kleinplanetengürtel zwischen Mars und Jupiter. Hier gibt es allerdings keine Kometen, da dieser Bereich zu sonnennah ist. Die Bahnen zwischen den Gasplaneten sind besonders unbeständig. Hier entstandene Körper werden meist entweder von den Planeten ,,aufgesammelt" oder auf andere Bahnen verschoben. Jenseits der Neptunbahn sind dagegen wieder stabile Umlaufverhältnisse möglich. Kometen, die hier entstanden sind, bilden den Kuipergürtel, der sich in etwa in der Ebene der Ekliptik befindet. Bahnen von weiter innen entstandenen, dann aber nach außen geschleuderten Kometen bilden die Oortsche Wolke. Sie reicht soweit nach außen, wie es die Gravitation unseres Zentralgestirns zulässt, etwa ein Lichtjahr (Abb. 1). Die Bahnneigungen der dort versammelten Schweifsterne sind zufällig verteilt. Aus beiden Reservoirs können Kleinkörper in Richtung Sonne gelenkt werden. Asteroiden werden dabei meist nicht entdeckt. Kometen hingegen bilden bei Erwärmung eine Gasund Staubhülle aus, welche beobachtet werden kann. Anhand der Bahnparameter kann entschieden werden, ob die Schweifsterne aus der Oortschen Wolke oder dem Kuipergürtel kommen.
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1 Den Kuipergürtel in 40-50 Astronomischen Einheiten (AE) Entfernung bilden
Kometen und Asteroiden, die stabile Bahnen außerhalb der Neptunbahn gefunden haben. Die Oortsche Wolke hingegen reicht bis in die Außenbereiche des Sonnensystems, bis in ca. einem Lichtjahr Entfernung hinaus.

Aufbau von Kometen Ab etwa fünf AE Sonnenentfernung beginnt ein Komet auszugasen. Parallel werden die in das Eis eingebetteten Silikate frei. Sie bilden den sogenannten Staub. Daraus entsteht die Koma, das ist eine annähernd kugelförmige Gas- und Staubwolke um den eigentlichen Kometenkern herum. Diese einige Zehntausend Kilometer große Ansammlung macht den Kometen überhaupt erst beobachtbar. Der innere, kernnahe Teil ist besonders hell und wird als Pseudonukleus bezeichnet. Der eigentliche Kern ist zu klein, um gesehen werden zu können.
Wirklich prachtvoll werden Schweifsterne, wenn sie ihrem Namen gemäß einen Schweif ausbilden. Durch den Strahlungsdruck der Sonne und den Sonnenwind werden Teile der Koma mitgerissen

und bilden dieses typische Kennzeichen. Bei großen Kometen lassen sich zwei Schweife unterscheiden. Ein Plasmaschweif, der aus geladenen Gasen besteht, und ein Staubschweif. Der Gasschweif ist schmal und gerade, der Staubschweif ist breit und wird durch die Sonnenanziehung gekrümmt (Abb. 2).
Durch Koma und Schweif verliert ein Komet bei jedem Vorübergang an der Sonne ein wenig von seiner Masse: etwa ein Promill. Periodische wiederkehrende Kometen erodieren schließlich soweit, dass sie in einzelne Teile zerfallen. Oft lösen sie sich danach vollständig auf.
Warum Kometen beobachten? Kometen sind lohnenswerte Beobachtungsziele. Jedes Jahr kommen einige dieser Körper in die Reichweite von

Helle Kometen

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kleinen Fernrohren oder des Fernglases. Es ist also jedes Instrument zur Kometenbeobachtung geeignet. Wichtig ist ein dunkler Himmel, da Koma und Schweif meist nur eine geringe Leuchtdichte haben. Von Vorteil sind Instrumente, die ein großes wahres Bildfeld bieten, denn Schweiferscheinungen erreichen oft ein Grad Länge oder mehr.
Schweifsterne sind rasch veränderlich. Helligkeit, Größe sowie Koma- und Schweifdetails ändern sich meist von einem Beobachtungsabend zum nächsten. Helligkeitsausbrüche sind nicht selten. Eine versäumte Beobachtung ist verloren, der Anblick ein paar Tage später oft deutlich anders. Die Ergebnisse visueller Beobachtungen dienen noch heute der Kometenforschung. Damit sind Schweifsterne eines der wenigen verbliebenen Gebiete der visuell beobachtenden Astronomie. Der wichtigste zu messende Parameter ist die Gesamthelligkeit. Sie wird bestimmt, indem der Anblick des Kometen mit dem eines unscharf eingestellten Sterns bekannter Helligkeit verglichen wird. Das erfordert einige Monate Übung. Aus der Helligkeitsentwicklung lassen sich Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung ziehen. Andere visuell messbare Werte sind die Größe von Koma und Schweif sowie die Helligkeitsverteilung innerhalb der Koma. Hinweise zu Beobachtungen, zur auswertbaren Notation der Ergebnisse und zur Einsendung an die internationalen Datenbanken finden sich auf der Webseite der Fachgruppe [1].
Welche morphologischen Einzelheiten bieten Kometen dem visuellen Beobachter? Wenn sich ein Komet der Sonne nähert, dann bildet sich zunächst eine rotationssymmetrische Koma heraus. Viele Kometen kommen visuell über dieses Stadium nicht hinaus und bilden das namensgebende Merkmal - den Schweif - gar nicht aus. Fotografisch lässt er sich viel öfter nachweisen. Aber auch die Koma bietet Sehenswertes. Der innere, dichte Teil der Koma um den Kometenkern herum wird Pseudonukleus genannt. ,,Pseudo" deshalb, weil wir hier nicht den höchstens wenige Kilometer großen Kometenkörper sehen, sondern den viel größeren, dichten Teil der Kometenatmosphäre. Oft ist dieser Pseudonukleus auch bei hohen

2 Ein typischer Komet besteht aus Koma, Staubschweif und Gasschweif.
Foto: Michael Jäger
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Der Komet 103P/ Hartley zeigte am 4. September 2010 einen flächenförmigen, gekrümmten Pseudonukleus sowie einen Schweifansatz. Zeichnung: Uwe Pilz

Vergrößerungen sternförmig, mitunter aber eine ausgedehnte Scheibe. In wenigen Fällen hat er eine ausgeprägte Form, länglich oder gar gekrümmt (Abb. 3).
Das Aussehen der Koma wird durch das Abströmen des Gases vom Kometenkern bestimmt. Wenn das Gas rasch abströmt, dann nimmt die Helligkeit der Koma auch rasch ab. Es gibt aber auch Komas, die ziemlich homogen sind. Beobachter erfassen dies in Form eines sog. Kondensationsgrades in 10 Stufen (Abb. 4). Wenn die Koma gasreich ist, dann leuchtet sie besonders stark gefärbt. Die geladenen Gase absorbieren Licht und geben es in Fluoreszenz wieder ab. Im optischen Bereich überwiegt das blaugrün.
Richtig interessant wird ein Komet aber erst, wenn er seinem Namen Ehre macht und gut erkennbare Schweifstrukturen zeigt. Staub und Gas verhalten sich nach dem Verlassen des Kometenkerns unterschiedlich und bilden deshalb zwei Schweife. Jedes Staubteilchen folgt nach

der Trennung vom Kern seiner eigenen Bahn. Diese hängt vom Ort und der Geschwindigkeit des Kometen zu diesem Zeitpunkt ab, aber auch von der Geschwindigkeit und dem Winkel, unter dem das Teilchen freigesetzt wird. Außerdem werden die Teilchen vom Strahlungsdruck der Sonne beeinflusst, welcher auf unterschiedlich große Teilchen verschieden wirkt. Der Staubschweif ist deshalb breit, fächerförmig und gekrümmt. Er streut das Sonnenlicht und hat eine gelblich weiße Farbe.
Gase in einer Kometenatmosphäre werden durch den Einfluss der Sonne ionisiert und sind elektrisch geladen. Aus diesem Grund werden sie vom sog. Sonnenwind beeinflusst. Dies ist ein Strom geladener Teilchen, der von der Sonne in das All strömt. Er führt das solare Magnetfeld mit sich, welches letzten Endes die geladenen Gase transportiert. Plasmaschweife sind schmal und gerade, wie eine Windfahne zeigen sie Änderungen des Sonnenwindes an. Aus diesem Grund
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Helle Kometen

4 Der Kondensationsgrad, (eng-
lisch ,,degree of condensation", DC) gibt die Helligkeitsverteilung innerhalb der Koma an. Der Pseudonukleus wird getrennt beurteilt: sternförmig/(s)tarlike oder flächig/(d)isk-like
sehen wir oft Verdichtungen, Knoten und Asymmetrien im Gasschweif. Gelegentlich wird das Magnetfeld des Sonnenwindes so stark gestört, dass der damit gekoppelte Schweif regelrecht abreißt (Abb. 5).
Der Kometenkern ist nicht auf der gesamten Oberfläche aktiv. Vielmehr gibt es einige Aktivitätszentren, welche für die Gasproduktion verantwortlich sind. Die Bilder der Raumsonden belegen dieses Verhalten. Von der Erde aus lässt sich das nicht direkt beobachten - wohl aber indirekt. Eine besonders starke, eruptive Gasentwicklung an einer Stelle eines Kometen führt zu einem Jet, der als helle, scharf abgegrenzte Struktur in der Koma beobachtet werden kann. Da der Kometenkern normalerweise rotiert, bewirkt der Jet eine Inhomogenität in der Koma, sogenannte Enveloppen. Diese werden
5 Schweifabriss des Kometen
C/2004 Q2 (Machholz) am 7. Januar 2005; Aufnahme: Norbert Mrozek

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6 Komet C/1995 O1 (Hale-Bopp)
bildete am 31. März 1997 sog. Enveloppen (Lichthüllen), die von Eruptionen der Kometenoberfläche ausgehen. Zeichnung: Heinz Kerner
durch einen ,,Rasensprengereffekt" der Gas- und Staubfontäne hervorgerufen (Abb. 6). Im Gasschweif äußern sich fokussierte Ausströmungen in Form von Schweifstrahlen (Abb. 7). Aus der Lage eines Jets kann die Rotationsdauer des Kometenkerns abgeschätzt werden.
Die Beobachtung von Kometen birgt immer wieder neue Überraschungen. Es ist nicht vorherzusehen, wann der nächste helle Schweifstern am Himmel erscheint und welche Strukturen künftig auftreten (Abb. 8). Auch kurzfristig kann sich die Morphologie eines Schweifsterns verändern, so dass bei hellen Kometen eine allabendliche Beobachtung lohnt. Die Beobachtungsergebnisse liefern wichtige Informationen über den Kometen, z.B. Größe und Zusammensetzung des Kerns. Die Strukturen des Plasmaschweifs sind über den Sonnenwind mit dem solaren Magnetfeld gekoppelt und machen dieses direkt beobachtbar.

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Oben: Komet 1P/Halley zeigte am 10. April 1986 ausgeprägte Schweifstrahlen. Aufnahme: Bernd Flach-Wilken und Otto Guthier
8 Links: Chronologische Verteilung
aller Kometen von 1935 bis einschließlich 2009, die heller als 3,5 mag und damit mit dem bloßen Auge zu sehen waren. Dargestellt ist jeweils der Zeitpunkt der größten Helligkeit. Grafik: Heinz Kerner
Internethinweis: [1] Internetauftritt der Fachgruppe
Kometen: kometen.fg-vds.de
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Helle Kometen

Wie kommt man zur Kometenbeobachtung?
von Andre Wulff

Ich beschäftige mich seit meinem 12. Lebensjahr mit der Astronomie. Dabei standen die Kometen zunächst einmal gar nicht so sehr zur Debatte. Mein Interesse galt eigentlich vielmehr den Planeten. Das lag sicherlich auch daran, dass man in Hamburg ja nun wirklich keinen dunklen Himmel zur Verfügung hat.
Die erste Berührung mit dem Thema Kometen gab es dann im Jahre 1973. Mit dem 1,2-Meter-Schmidtspiegel der Hamburger Sternwarte entdeckte Lubos Kohoutek den Kometen C/1973 E1. Die heimische Presse löste einen Riesenhype zu diesem Kometen aus. Zu dieser Zeit waren wir ja noch sehr weit vom Internet und anderen schnellen Informationsmöglichkeiten entfernt und die Beschaffung seriöser Informationen funktionierte für Sternfreunde im Prinzip nur über das Hamburger Planetarium. Dort hatte man das IAU-Circular abonniert und so konnte man auf Nachfrage einmal einen Blick darauf werfen. Leider war man auch im Hamburger Planetarium durch die Sensationsberichte der Presse infiziert und gab ein Informationsblatt zum Kometen
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1 Komet C/1975 V1 (West) am 04.03.1975, ca. 07:00 Uhr. 200-mm-Teleobjektiv,
f/4,5 und 5 s Belichtungszeit auf Ilford HP4. Aufnahme: Andre Wulff

heraus. So versprach man uns einen hellen Weihnachtskometen, der einen langen Schweif haben sollte. Den Kometen habe ich nie zu Gesicht bekommen. Das lag aber sicherlich nicht nur an der doch recht enttäuschenden Kometenerscheinung, sondern vielmehr auch an meiner totalen Unerfahrenheit und Naivität, mit der ich das Thema anging.
So sollte ich auch erst zwei Jahre später meinen ersten Kometen zu Gesicht bekommen. Bei einem Treffen der GvA im Hamburger Planetarium wurde wieder ein Informationsblatt verteilt, das auf diesen Kometen hinwies und auch eine Ephemeride beinhaltete. Es handelte sich um den Kometen Kobayashi-Berger-Milon. Noch am gleichen Abend schnappte ich mir den Feldstecher und konnte in der Nähe von Alkor/Mizar im Großen Bären den Kometen tatsächlich mühelos erkennen. Mit einem Kometen, wie man ihn von Aufnahmen her kannte, mit einem langen Schweif versehen, hatte die-

ser Komet natürlich nichts gemeinsam. Vielmehr war es am hellen Hamburger Stadthimmel ,,nur" ein blasses Wölkchen, aber immerhin mein erster beobachteter Komet. Damals ahnte ich ja noch nicht, dass ich nur ein Dreivierteljahr später einen richtig großen Kometen zu Gesicht bekommen würde.
Wie sich die Fakten doch gleichen: Wieder bei einem Vereinstreffen im Hamburger Planetarium bekamen wir eine Eilnachricht über einen sehr hellen Kometen, der am Morgenhimmel sichtbar werden sollte. Es handelte sich um den Kometen C/1975 V1 (West), der am 10. August von Richard West mit dem 1-Meter-Schmidt Spiegel der ESO auf La Silla entdeckt wurde. Durch den Kometen Kohoutek war ich natürlich noch sehr skeptisch, was solche Vorhersagen betraf. Obwohl es doch schon so lange her ist, kann ich mich immer noch an die erste Beobachtung erinnern.

Helle Kometen

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Es war Anfang März 1976, die Nacht sollte klar werden, und so stellte ich mir den Wecker so, dass ich vor der Schule noch die Möglichkeit der Beobachtung hatte. Der Komet sollte erst in der Dämmerung aufgehen, und ich dachte mir, dass ich ja einmal einen Beobachtungsversuch unternehmen könnte. Die Dämmerung war schon ziemlich fortgeschritten und mit dem bloßen Auge sah ich nichts. Da nahm ich meinen Feldstecher zur Hand - und dann fiel mir fast der Feldstecher aus der Hand. Da stand der Komet recht horizontnah mit einem langen Schweif, der deutlich das Gesichtsfeld meines Feldstechers sprengte. Was für ein Anblick. Ich konnte mich gar nicht satt sehen an diesem Anblick. Die Beobachtung musste ich dann aber abbrechen, denn das Abitur war doch wichtiger als ein Komet... Glücklicherweise waren wir in Hamburg in den nächsten Tagen mit traumhaft klarem Wetter gesegnet und der Komet ging jetzt jeden Tag immer früher auf. Zwei Tage später sah man bei totaler Dunkelheit den Schweif schon über dem Horizont, während der Kopf noch unter dem Horizont lag. Zu Beginn der Dämmerung war der Komet dann vollends aufgegangen und bot einen prachtvollen Anblick.
Mein Instrumentarium war damals noch sehr bescheiden. Ich besaß nur einen azimutal montierten 6-cm-Refraktor. An Astrofotografie mit nachgeführter Kamera war also nicht zu denken. So mussten dann ein paar Aufnahmen mit hoch empfindlichem Film vom Fotostativ aus zur Dokumentation herhalten. Den Kometen konnte ich in den nächsten Wochen weiter gut beobachten. Später zerbrach der Komet dann in vier Teile. Alles in allem war Komet West sicherlich der imposanteste Komet, den ich bisher beobachten konnte.
Nach der Schule verschlug es mich dann von Hamburg weg in die Nähe von Flensburg. Das Thema Kometen ließ mich aber auch damals nicht ganz los. Ich erinnere mich noch an die Kometen IRASAraki-Alcock, Austin und natürlich auch Halley. Zu Beginn der 1990er- Jahre zog ich dann wieder in die Gegend von Hamburg. Im Sommer des Jahres 1990 gab es den Kometen Levy. Ihn konnte ich von einer Beobachtungsstation aus verfolgen, die wir mit mehreren Leuten nordöstlich

von Hamburg errichtet hatten. Im Juli 1994 erlebte ich dann ein weiteres Highlight der Kometenbeobachtung: Der Komet Shoemaker-Levy 9 schlug auf dem Jupiter ein. Auch hier passte das Wetter wirklich sehr gut in Norddeutschland. Ich habe mit einem befreundeten Sternfreund das Ereignis von seinem Balkon aus live erleben dürfen. Er hatte schon am Taghimmel den Jupiter eingestellt. Noch vor Einbruch der Dunkelheit waren die ersten Treffer auf dem Jupiter sichtbar. Es war ja nicht ganz sicher, ob wir überhaupt etwas davon zu sehen bekommen würden und wenn ja, was. In den nächsten Tagen schlugen dann jedoch immer mehr Fragmente auf dem Jupiter ein und hinterließen dort über Wochen deutlich sichtbare Spuren. Highlights in dieser Zeit waren natürlich außerdem die Kometen Hyakutake und Hale-Bopp, die im Abstand von einem halben Jahr beeindruckende Beobachtungsobjekte waren.
Ein pensionierter Lehrer übergab mir kurz vor seinem viel zu frühen Tode zur Jahrtausendwende sein komplettes Equipment samt einer CCD-Kamera. Ich konnte nun bei der Kometenbeobachtung in bisher unerreichbare Dimensionen vorstoßen und so nahm die Kometenbeobachtung für mich ganz neu an Fahrt auf. Inzwischen war ja auch die Informationsbeschaffung via Intenet eine große Hilfe. Nicht zu vergleichen mit den Zeiten, als man im Hamburger Planetarium auf das Eintreffen eines IAU-Circulars warten musste. Ab sofort waren für mich auch die schwächeren Kometen interessant, weil erreichbar. Wer nun meint, dass ihn dieser lichtschwächeren Kome-

tenwelt wenig passiert, wird schnell merken, dass dem absolut nicht so ist. Gerade die schwächeren Kometen ändern ihr Erscheinungsbild manchmal sehr stark. Der Komet 29P/Schwassmann-Wachmann ist so ein Beispiel, aber z.B. auch ein bisher unscheinbarer Kleinplanet zeigte auf einmal kometarische Anblicke, so geschehen beim Kleinplaneten 596 Scheila. Aber auch hellere Kometen ließen sich so natürlich noch intensiver beobachten.
Als letzte Steigerung der Beobachtungsmöglichkeiten habe ich seit zwei Jahren die Chance zur Nutzung mehrerer Remote-Teleskope. Das norddeutsche Wetter ist ja leider nicht immer beobachtungsfreundlich und so sind die Chancen auf eine Beobachtung damit doch deutlich vergrößert. Auch die Anschaffung einer digitalen Spiegelreflexkamera war ein Meilenstein, obwohl seitdem noch kein richtig großer Komet am Nordhimmel in Erscheinung getreten ist. Aber wir Kometenbeobachter ziehen unsere Motivation natürlich auch aus der Erwartung, dass mal ein richtig dicker Brummer am Himmel erscheint. Der größte Traum wäre natürlich die Entdeckung eines Kometen, aber die Chancen hierfür sind durch die automatischen Suchprojekte in den letzten Jahren doch extrem gesunken, vom leider sehr abwechslungsreichen norddeutschen Wetter einmal abgesehen ...
Ich habe es bisher nicht bereut, Kometenbeobachter zu sein. Kometen sind sehr unberechenbare Mitglieder unseres Sonnensystems. Jeder Komet hat sozusagen sein eigenes Profil und seine Eigenheiten, keiner gleicht dem anderen. Für Abwechslung ist also quasi immer gesorgt.
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Helle Kometen

Highlights aus 40 Jahren Kometenbeobachtung
von Otto Guthier

Es war die erste Begegnung, die prägend sein sollte und einen damals jungen, unerfahrenen Sternfreund in seinen Bann zog und nicht mehr losließ: Als ich am 4. April 1970 in den frühen Morgenstunden diesen, meinen ersten Kometen mit bloßem Auge und einem prächtigen Schweif erblickte, stand ich ziemlich fassungslos und mit großen Augen auf dem häuslichen Balkon, der damals die Instrumente der Starkenburg-Sternwarte beherbergte. Komet 1969i Bennett, so die korrekte Bezeichnung, war mein ,,erster" Schweifstern, den ich zu Gesicht bekam und der mich so beeindruckte, dass ich mich intensiv und begeistert um die Beobachtung von Kometen in den Folgejahren bemühte.
Komet Bennett 1969i Komet Bennett war am 28. Dezember 1969 von dem gleichnamigen Astronomen in Südafrika entdeckt worden und erschien Ende März 1970 den Beobachtern auf der Nordhalbkugel. Damals, in Zeiten ohne Internet, gab es lediglich spärliche Informationen über das VdSSchnellzirkular, das den Vereinsmitgliedern zur Verfügung stand.
In den folgenden Nächten konnte ich den Kometen mit meinem 10x50-Feldstecher und einem 80mm/750mm-Refraktor des astronomischen Arbeitskreises Heppenheim beobachten und seine Bewegung unter den Sternen verfolgen. Alfred Sturm, der damalige Leiter des Arbeitskreises, schleppte seinen selbstgebauten 150mm/1200mm-Newton-Reflektor am 4. Mai 1970 auf ein freies, abgelegenes Feld im Odenwald, um mit den Mitgliedern des Arbeitskreises diesen imposanten Schweifstern zu beobachten. In dieser Nacht sah ich erstmals die volle Ausdehnung und Länge des Schweifes, den wir auf 26 Grad (!!) schätzten. Die letzte der insgesamt neun Beobachtungen gelang mir am 1. Juni 1970; die Helligkeit des Kometen war auf circa 5 mag zurückgegangen, die Schweiflänge betrug nur noch ein Grad. An Fotografieren war da-
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mals noch nicht zu denken, so dass lediglich die prägenden Erinnerungen von diesem Gastspiel erhalten geblieben sind.
Komet Kohoutek 1973f = C/1973 E1 Der Hamburger Astronom Lubos Kohoutek entdeckte am 7. März 1973 an der Bergedorfer Sternwarte mit dem großen Schmidt-Teleskop einen Kometen, der sein Perihel am 28. Dezember in einer Entfernung von rund 20 Millionen Kilometern zur Sonne erreichen sollte. Schnell wurde dieser Komet zu einem Jahrhundertkometen ,,hochstilisiert", sollte Kohoutek doch Anfang 1974 als hell strahlender Schweifstern am Himmel stehen. Was daraus wurde, ist hinlänglich bekannt: Die Helligkeit des Kometen blieb deutlich hinter den Vorhersagen und Erwartungen zurück.
Erstmals konnte ich den Kometen in den Morgenstunden des 4. Oktober 1973 mit einem 110-mm-Schiefspiegler der neu errichteten Starkenburg-Sternwarte auffinden. Inzwischen war es der zehnte Schweifstern, den ich zu Gesicht bekam. Am 19. Oktober gelang mir die erste Aufnahme mit einem 300-mm-Teleobjektiv auf Tri-X-Pan, dem damals vielfach verwendeten SW-Film. Die Helligkeit lag bei ca. 9 mag. Am 30. Januar 1974 entstand nebenstehende Aufnahme und zeigt den
Komet
1 Kohoutek
C/1973 E1 am 30.01.1974 um ca. 18:00 UT, aufgenommen mit Objektiv 1:5,6/300mm auf SW-Film Kodak TriX-Pan (KB-Format), belichtet 15 min (visuelle Helligkeit: ca. 6 mag, Entfernung: 146 Mio. km), Bildautor: Otto Guthier.

Kometen als kleinen diffusen Fleck mit einem kurzen Schweifansatz (Abb. 1).
Bis zum 4. Februar 1974 konnte ich diesen sehr enttäuschenden Kometen in 15 Nächten verfolgen, wobei er nur einen kurzen Schweif und eine Maximalhelligkeit von 3,7 mag entwickelte.
Komet West 1975n = C/1975 V1 Was für ein Komet! Entdeckt hat ihn der Schweizer Astronom Richard West am 10. August 1975. Die Bahndaten versprachen eine Sichtbarkeit ab Anfang März 1976 nach dem Periheldurchgang am 24. Februar, der in einer Entfernung von 0,197 Astronomischen Einheiten zur Sonne stattfand.
Erstmals konnte ich diesen Schweifstern im Morgengrauen des 2. März 1976 östlich von Hamburg-Bergedorf erspähen. Die Helligkeit schätzte ich auf -1 mag! Auffallend waren der helle Kern und ein kurzer, breiter Schweif, der rasch in der Morgendämmerung verblich. Nur eine Nacht später offenbarte sich dieser Komet mit seiner vollen Schönheit: Ein 26 Grad langer Schweif schob sich in den frühen Morgenstunden über den Horizont. Neben einem kurzen Plasmaschweif (Typ I) war ein stark gekrümmter Staubschweif (Typ II) zu sehen. Die Helligkeit

Helle Kometen

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schätzten wir zu etwa -0,5 mag; die des hellen, scheibenförmigen false nucleus zu etwa 2 mag. Zeichnungen und erste Farbaufnahmen dokumentieren diesen prächtigen Kometen, den wir auch in den folgenden Tagen verfolgen konnten. Die längste Schweifausdehnung notierte ich am 5. März mit rund 31 Grad Typ II und 6 Grad Typ I (Abb. 2).
Die letzte Beobachtung der insgesamt 28 Sichtungen datiert auf den 18. Mai, als ich die Helligkeit des Kometen mit meinem 20x80-Feldstecher auf 8,1 mag schätzte.
Komet 1P/Halley = 1982d Komet Halley - der berühmteste aller ,,Schweifsterne" - trägt im Verzeichnis aller periodischer Kometen mit einer Umlaufzeit von rund 76 Jahren die Nummer 1! Der Komet erreichte am 5. Februar 1986 in einem Abstand von 0,586 Astronomischen Einheiten das Perihel. Danach ergab sich eine gute Sichtbarkeit für Beobachter auf der südlichen Hemisphäre.
Selbstverständlich hatte auch mich Mitte der 1980er-Jahre das ,,Halleyfieber" erwischt. Eigens dazu organisierte ich 1986 meine erste VdS-Reise zusammen mit Hans-Joachim Bode, sowie 43 weiteren Amateurastronomen aus Deutschland, darunter die heute bekannten Astronomen Susanne Hüttemeister und Daniel Fischer.
Aber bis es erst mal so weit war, versuchte ich mich an dem berühmten Schweifstern von meiner neu errichteten Sternwarte von Ingelheim aus mit einem 250mm/1500mm-Newton-Teleskop. Als Komet Nummer 40 in meiner privaten Beobachtungsliste fand ich 1P/Halley in den Morgenstunden des 9. Juli. Die Helligkeit schätzte ich visuell auf circa 13,5 bis 14 mag. Bis Ende Januar konnte ich den Kometen regelmäßig beobachten. Am 27. Januar 1986 gelang mir die letzte Sichtung mit einer Helligkeit von 3,5 mag und einem rund 2,5 Grad langen Schweif. Dann verschwand er für die Beobachter auf der Nordhalbkugel.
Am 25. März erblickte ich den Kometen nach dem Periheldurchgang wieder mit einer Helligkeit von 3,2 mag und einem 3,5 Grad langen Schweif - unter dem Himmel Namibias. Nacht für Nacht konnte ich gemeinsam mit Bernd Flach-

2 Komet
West C/1975 V1 am 04.03.1976 um 05:03 UT, aufgenommen mit Objektiv 1:2,8/50mm auf SW-Film Kodak Tri-X-Pan (KB-Format), belichtet 150 s (Kometenentfernung: 123 Mio. km). Man beachte den schwachen Gasschweif, der zum rechten Bildrand verläuft (Westen). Bildautor: Otto Guthier.

Wilken und Ulrich Lehmann 1P/Halley am Morgenhimmel aufspüren, zeichnen und fotografieren (Abb. 3). Die Maximalhelligkeit wurde am 6. April mit 2,5 mag bestimmt. Als großer, eindrucksvoller Komet ist er uns allerdings nicht in Erinnerung geblieben. Die letzte der 63 visuellen Beobachtungen datiert vom 25. Mai 1986, als ich den Kometen mit dem

10-Zoll-Reflektor mit einer Helligkeit von 8,1 mag beobachten konnte.
Komet Hyakutake C/1996 B2 Der japanische Amateurastronom Yuri Hyakutake entdeckte am 30. Januar 1996 seinen zweiten Kometen, exakt an der Stelle, wo er wenige Wochen zuvor seinen ersten Schweifstern visuell aufgefunden

3 Komet 1P/Halley im Sternbild Lupus am 11.04.1986 um 02:13 UT, FFC
1:3,5/500mm, SW-Film Technical Pan 2415 (KB-Format, hypersens.), 15 min belichtet. Bildautoren: Bernd Flach-Wilken und Otto Guthier, Beobachtungsort: Farm Karichab, Namibia (Kometenentfernung: 62 Mio. km)
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Helle Kometen

4 Hyakutake C/1996 B2 im Sternbild Perseus am 14.04.1996 um 20:05 UT, Schmidt-Kamera 1:2,3/495mm, SW-Film Techni-
cal Pan 6415 (Format 6x6, hypersens.), belichtet 8 min (Kometenentfernung: 102 Mio. km). Bildautor: Otto Guthier.

hatte. Interessanterweise beobachtete ich in der Nacht der Entdeckung diesen ersten Kometen, nur wenige Grad von der Position des neuen Kometen entfernt.
Komet Hyakutake 1996 B2 erreichte am 1. Mai 1996 in 0,23 AE sein Perihel. Interessant und spannend sollte der relativ nahe Vorbeiflug in den Tagen um den 25. März werden, als der Komet in nur 15 Millionen Kilometern Entfernung an der Erde vorbeizog.
Als ich Hyakutake 1996 B2 am 24. Februar (es war exakt mein 100. Schweifstern seit April 1970) zum ersten Mal in einem 125mm/750mm-Refraktor mit einer Helligkeit von 7,8 mag und einer Koma von 4,2 Bogenminuten Größe sah, ahnte ich nicht, dass die nächsten Wochen sehr aufregend werden würden. Am 2. März erreichte der Komet bereits eine Helligkeit von 6,5 mag, am 14. hatte die Koma die 4. Größenklasse erreicht; die Schweiflänge betrug etwa 1,6 Grad.
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Erst am 20. März gelang mir die nächste Sichtung und es verschlug mir die Sprache: Der Kopf des Kometen hatte eine Ausdehnung von ca. 36 Bogenminuten; die Helligkeit lag bei 2 mag. Da in den darauffolgenden Nächten in Deutschland bewölkter Himmel angesagt war, starteten wir, Axel Thomas, Konrad Horn, mein Sohn Björn und ich zu einer Tour in die Alpen - in der Hoffnung auf eine klare Nacht in den Bergen. Am 23. März standen wir bei klirrender Kälte auf dem 2.300 Meter hohen Bernina-Pass in den Schweizer Alpen und wurden Zeuge eines unglaublichen, für uns unfassbaren Himmelsschauspiels: Gegen 19:45 Uhr schob sich die bläulich grüne Koma des Kometen über die schneebedeckten Berge und bot uns ein faszinierendes Schauspiel. In ihr leuchte ein heller Kern, an dem helle Jets ansetzten. Als der Komet an Höhe gewonnen hatte, konnten wir die Ausdehnung des Kopfes erfassen und zu rund 75 (!!) Bogenminuten bestimmen. Die Helligkeit bestimmten wir zu

0,8 mag. Erst eine Stunde nach Aufgang des Kometen waren wir in der Lage, unsere Kameras in Betrieb zu nehmen und zu fotografieren. Bis 3:30 Uhr setzen wir unsere Beobachtungen fort und konnten das gesamte Ausmaß des Kometen verfolgen und dokumentieren. Der Plasmaschweif hatte eine Länge von etwa 32 Grad. In den Nachtstunden des 25. März - aus den Alpen zurückgekehrt - betrug die geschätzte Länge rund 36 Grad; am 27. März überstieg die Ausdehnung 50 Grad!! Am 15. April 1996 erreichte der Komet nach meinen Beobachtungen unter besten Bedingungen auf dem 3100 Meter hohen Gornergrat rund 56 Grad; die Koma besaß eine Helligkeit von 2 mag. Eine Aufnahme aus der Zeit findet sich unter Abbildung 4.
Komet C/1996 B2 sollte als großer Komet des Jahres in die Annalen eingehen, beeindruckend war sein rascher Vorbeiflug an der Erde und sein riesiger Schweif mit zahlreichen Plasmastrahlen - einfach irre!

Helle Kometen

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Komet Hale-Bopp C/1995 O1 Am 23. Juli 1995 fanden unabhängig voneinander die beiden amerikanischen Amateurastronomen Alan Hale und Thomas Bopp einen neuen Kometen ganz in der Nähe von M 70 auf. Schnell verbreitete sich die Nachricht, dass dieser Komet ein ganz großer werden könnte. Das Perihel sollte er am 1. April 1997 in einer Entfernung von 0,914 Astronomischen Einheiten von der Sonne erreichen, und die Bahnlage versprach eine gute Sichtbarkeit für Beobachter auf der Nordhalbkugel.
Wie der Zufall es so wollte, verbrachten wir Ende Juli einen Beobachtungsaufenthalt in Hochsölden in den Ötztaler Alpen. Christian Fuchs, ein Sternfreund aus Regensburg, brachte die Nachricht mit, dass amerikanische Amateurastronomen einen neuen Kometen in der Nähe von M 70 entdeckt hatten. Am 27. Juli, vier Tage nach der Entdeckung, fanden wir tief am Horizont stehend diesen neuen Kometen mit einer Helligkeit von ca. 10,5 mag und einer Koma von 1,5 Bogenminuten. Damals ahnte ich noch nicht, dass ich fast zwei Jahre lang den Spuren dieses Kometen folgen sollte ...
Die Helligkeit nahm in den folgenden Monaten kontinuierlich zu; Anfang November 1996 lag sie bereits bei 6 mag mit einem Schweif von 1-2 Grad. Am 25. Dezember, als der Komet in geringer Elongation von der Sonne stand, gelang mir die 50. Beobachtung; die Helligkeit lag bei 3,6 mag mit einem 7,3 mag hellen false nucleus.
Anfang Februar 1997 war die Helligkeit bereits auf 2 mag angestiegen, die Ausbildung des für diesen Kometen so typischen Ionen- und eines abgewinkelten Staubschweifes war bereits sichtbar. Die Schweiflängen lagen bei sechs bzw. zwei Grad.
Für Anfang März plante ich einen Beobachtungsaufenthalt auf dem Gornergrat in den Walliser Alpen. Am Morgenhimmel bot sich ein beeindruckendes Schauspiel, als der Komet sich beim Aufgang über die schneebedeckten 4000er der Walliser Alpen schob (Abb. 5). Die Helligkeit überschritt um den 10. März die 0-mag-Grenze, die Schweiflängen erreichten bereits 15 bzw. sechs Grad. Auf-

5 Komet Hale-Bopp C/1995 O1 im Sternbild Lacerta am 12.03.1997 um 4:18 UT,
Schmidt-Kamera 1:2,3/495mm, Farbdiafilm Kodak Pro Gold 400 (Format 6x6), belichtet 9 min, Beobachtungsort: Gornergrat, Schweiz (Kometenentfernung: 203 Mio. km). Bildautor: Otto Guthier.

fällig war in diesen Nächten der circa 0,5 mag helle false nucleus mit seinen zahlreichen Jets und Streamern. Eine VdSBeobachtungskampagne vereinte fast 20 Amateurastronomen Ende März bis Mitte April im 3100 Meter hoch gelegenen Kulmhotel des Gornergrats. Nacht für Nacht konnten wir bei traumhaften Bedingungen den Kometen beobachten. Im Perihel, am 1. April 1997, schätzen wir die Helligkeit des Kometen zu -1,0 mag mit einem rund 22 Grad langen Gasschweif und einem 13 Grad langen Staubschweif. Die Maximalhelligkeit von -1,2 mag erreichte der Komet in den Tagen um den 6. April.
Auch in den folgenden Wochen war Hale-Bopp das beeindruckendste astronomische Highlight und brachte es auf viele Titelbilder der Boulevardpresse. Der Komet gilt heute noch als der am längsten mit bloßem Auge sichtbare Komet und zählt zu den am häufigsten von Menschen beobachteten Schweifsternen.
Am 8. Mai 1997 konnte ich den Kometen am Rande des Internationalen Teleskoptreffens im Vogelsberg zum 98. und

letzten Mal mit einer Helligkeit von 0,6 mag, einem zwei Grad langen Schweif, bei einer Horizonthöhe von nur vier Grad beobachten. Nach fast zwei Jahren an Beobachtungszeit war mir dieser Schweifstern sehr ans Herz gewachsen, ähnlich einem Jäger, der über Jahre ein bestimmtes Tier in der freien Wildbahn und es eines Tages nicht mehr sieht. Hale-Bopp war der große Komet des Jahres 1997.
Die Kometen Hyakutake und Hale-Bopp waren für sich betrachtet großartige und schöne Objekte, die tief beeindruckende und prägende Erlebnisse hinterließen. Konnte es da noch eine Steigerung geben, fragte ich mich?
Es sollten zehn Jahre vergehen, doch in diesem Zeitraum gab es noch zwei bemerkenswert auffällige Kometen, die ich kurz vorstellen möchte:
Komet C/2002 C1 = 153P/IkeyaZhang Am 1. Februar entdeckten unabhängig voneinander der chinesische Astronom Zhang und der bekannte japanische As-
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tronom Kaoru Ikeya einen Kometen, der am 18. März 2002 in einer Sonnenentfernung von 0,507 AE sein Perihel erreichte. Bereits einen Tag später konnte ich den Kometen mit einer Helligkeit von 8,5 mag mit meinem 16-Zoll-Dobson im Odenwald auffinden. Ende Februar lag die scheinbare Helligkeit bereits bei 5 mag, am 10. März betrug sie 4 mag. Am 31. März schätzte ich ihn auf 3,3 mag mit einer Schweiflänge von 4-5 Grad. Am 4. April kam es zu einer Begegnung mit dem Andromeda-Nebel M 31. Mit dem Auto ging es in die südlichen Vogesen, die Astro-Ausrüstung im Gepäck. Recht spät erreichten wir einen geeigneten Beobachtungsplatz auf der ,,Route des Crêtes". Tief am Westhorizont gelang nebenstehende Aufnahme (Abb. 6). Bis zum 29. Juli 2002 konnte ich den Kometen noch mehrmals verfolgen und fotografieren.
Komet C/2004 Q2 Machholz Am 27. August 2004 entdeckte der bekannte amerikanische Kometenjäger Don Edward Machholz einen neuen Kometen; es war seine 10. Entdeckung. Das Perihel erreichte dieser Schweifstern am 24. Januar 2005 in einer Entfernung von 1,205 AE - also nicht unbedingt ,,aufregend". Allerdings erreichte er um den 5. Januar mit rund 0,35 AE seine geringste Erdnähe, was durchaus für eine reizvolle Begegnung sprach.
Lange musste ich warten, um den Kometen zu Gesicht zu bekommen. Anlässlich einer Beobachtungsnacht am 12. Dezember auf der Hornisgrinde im Nordschwarzwald konnten wir Komet Machholz mit einer Helligkeit von 5,1 mag und einer rund 20 Bogenminuten großen Koma beobachten. Ende Dezember lag die Helligkeit bei 4,2 mag mit einem kurzen Plasmaschweif. Vom 7. bis 9. Januar 2005 zog dieser Komet an den Plejaden (M 45) vorbei - ein lohnendes Motiv für die Fotografie (Abb. 7). Die Helligkeit verharrte in den ersten Januartagen zwischen 4,1 und 4,4 mag, während die Schweiflänge auf 5 Grad anwuchs mit einem um 90 Grad abgewinkelten zwei Grad langen Staubschweif.
Komet C/2006 P1 McNaught Am 7. August 2006 durch den bekannten australischen Kometenjäger Robert McNaught entdeckt, sollte dieser Schweifs-
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6 Komet 153P/
Ikeya-Zhang im Sternbild Andromeda bei M 31 am 04.04.2002 um 19:35 UT, Schmidt-Kamera 1:2,3/495mm, SWFilm Technical Pan 6415 (Format 6x6, hypersens.), belichtet 3 min, Beobachtungsort: Route des Crêtes/Vogesen (Kometenentfernung: 82 Mio. km). Bildautor: Otto Guthier.
7 Komet Machholz C/2004 Q2 im Sternbild Taurus bei den Plejaden am
07.01.2005 um 21:02 UT, Deltagraph 1:3,3/990mm, Farbdiafilm Kodak Provia 400 (Format 6x6), belichtet 20 min. Beobachtungsort. Gornergrat, Schweiz (Kometenentfernung: 52 Mio. km). Bildautor: Otto Guthier.

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8 Komet McNaught
C/2006 P1 bei Merkur, 4 Grad neben der Sonne, 14.01.2007 um 13:41 UT, Refraktor ED 115mm/890mm Farbdiafilm Fijichrome ISO 50, belichtet 1/1000 s. Beobachtungsort: Gornergrat, Schweiz. Bildautoren: Werner E. Celnik und Otto Guthier (visuelle Helligkeit -5,5 mag, Entfernung 122 Mio. km).
tern am 12. Januar 2007 in nur 0,17 AE Entfernung zur Sonne an unserem Zentralgestirn vorbeiziehen. Die Bahnlage zur Erde verhieß für die Beobachter auf der Nordhalbkugel nichts Gutes, denn es sollte nur ein kleines ,,Beobachtungsfenster" um die Jahreswende geben. Danach blieb dieser Komet den Beobachtern auf der Südhalbkugel vorbehalten.
Am 4. Januar fand ich den Schweifstern erstmals tief über dem Westhimmel stehend mit einer Helligkeit von 2 mag. Bereits drei Tage später erreichte er die 0. Größenklasse, die Spannung stieg! Rasch wurde ein Aufenthalt auf dem Gornergrat gebucht und am 12. Januar entdeckten wir kurz nach Sonnenuntergang den Kometen mit einer Helligkeit von etwa -4 mag - so hell wie der Planet Venus in seiner günstigsten Stellung. Am folgenden Tag hielten wir Ausschau um die Mittagstunden und fanden - freisichtig - den Kometen am Taghimmel, nur wenige Grad von der Sonne entfernt. Die Helligkeit schätzten wir auf etwa -5 bis -5,5 mag! Für uns war es eine Sensation, einen Kometen am Taghimmel beobachten zu können, und mit Genuss verfolgten wir seine Bahn am Himmel, bis er am Westhorizont mit einem kurz sichtbaren Schweif verschwand. Der nächste Tag, der 14. Januar, brachte dann noch eine Steigerung, als wir den Kometen zusammen mit dem nur wenige Bogenminuten entfernten Merkur im Fernrohr zu Gesicht bekamen (Abb. 8). Anhand der bekannten Helligkeit des innersten Planeten von -1,2 mag konnten wir die Helligkeit des Kometen McNaught recht exakt zu -5,5 mag bestimmen. Diese Beobachtungen beeindruckten uns wahnsinnig, das große Schauspiel auf der Südhalbkugel nahm in den folgenden Tagen seinen Lauf.
Der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass sich wenige Monate später eine weitere Sensation für die Freunde der Schweifsterne bot: Der irrsinnige Helligkeitsausbruch des periodischen Kometen 17P/Holmes - der im November 2007 mit einer plötzlichen Steigerung um mehr als zehn Größenklassen die 2-mag-Grenze erreichte.
Nach über 40 Jahren Beschäftigung mit Kometen hat das Interesse und die Spannung nicht nachgelassen. Inzwischen sind es fast 250 Schweifsterne, die ich größtenteils visuell und auch fotografisch beobachten konnte. Wann immer sich die Zeit bietet, verfolge ich auch heute noch diese aufregenden Objekte, die durch das Innere unseres Sonnensystems ziehen, plötzlich auftauchen und geheimnisvoll wieder verschwinden. Keine der vielen Beobachtungsnächte seit jenem 4. April 1970 möchte ich missen!

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Helle Kometen

Der Große Septemberkomet von 1882
von Heinz Kerner

Wie kommt man dazu, sich mit einem Kometen aus dem 19. Jahrhundert zu beschäftigen? Der bekannte Kometenexperte John Bortle sagt, dieser war der hellste Komet der letzten 1000 Jahre. Er erreichte eine maximale Helligkeit von -18 mag und war damit rund fünf Größenklassen oder 100-mal heller als der Vollmond. Ein wirklich außergewöhnlicher Komet!

Wie auch bei anderen großen Kometen der Geschichte ist der Entdecker dieses Kometen unbekannt. Kometen, die plötzlich für das bloße Auge sichtbar am Himmel standen, wurden von verschiedenen Orten mehr oder weniger gleichzeitig gesichtet. Solche Kometen bekamen dann Namen wie ,,Großer Märzkomet" oder ,,Großer Komet von 1881". Bei diesem ist nicht einmal das Entdeckungsdatum sicher bekannt. In den ersten Septembertagen 1882 wurde er von Neuseeland, Australien, Südamerika und an Bord von Schiffen im Südatlantik gesehen. Der erste Astronom, der ihn zu Gesicht bekam, war ein gewisser William Finlay von der Kap-Sternwarte in Südafrika.
Mr. Finlay hatte den Beobachtungsdienst auf der Sterwarte beendet und war am frühen Morgen des 8. September auf dem Weg nach Hause, als er ihn als auffälliges Objekt 3. Größe mit einem 1 Grad langen Schweif im Sternbild Wasserschlange entdeckte. Er wusste nicht um diesen Kometen - Nachrichten verbreiteten sich damals nicht so schnell wie heute. In den folgenden Tagen bewegte sich der Komet schnell auf die Sonne zu und man befürchtete, er würde in der hellen Sonnenumgebung verloren gehen. Das bestätigte sich aber nicht, da der Komet enorm an Helligkeit gewann. Am 13. September wird er bereits als so hell wie Jupiter und mit einem 12 Grad langen Schweif beschrieben. Am 16. September war er - obwohl nur 4 Grad von der Sonne entfernt - für das bloße Auge am Tageshimmel sichtbar.
Am folgenden Tag, dem 17. September, durchlief der Komet das Perihel seiner
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1 Periheldurchgang des Kometen C/1882 R1 (Großer Septemberkomet) alt
1882 b = 1882 II. Grafik erstellt mit GUIDE

Bahn in nur 460.000 km Abstand von der Sonnenoberfläche. Es kam dabei zu einem Vorübergang vor der Sonnenscheibe mit anschließender Bedeckung durch die Sonne (Abb. 1). An diesem Nachmittag tritt Mr. Finlay wieder in Erscheinung: Er beobachtet mit dem 15-cm-Refraktor der Sternwarte und ausgerüstet mit einem Graukeil zur Lichtdämpfung die Sonne. Bei 110-facher Vergrößerung, so berichtet er, sind Sonnenrand und Komet zusammen im Gesichtsfeld zu sehen. Den Kometen schätzt er so hell wie den Sonnenrand ein. Auffällig für ihn ist der Farbkontrast zwischen dem Gelb-Orange der Sonne und dem silbrigen Licht des Kometen. Man bekommt eine Ahnung von der Helligkeit dieses Kometen, wenn er in einem Fernrohr mit Sonnenfilter zu sehen war! Finlay kann den Kometen bis wenige Sekunden vor dem Eintritt verfolgen. Die Luftunruhe und der wallende Sonnenrand verhindern, den genauen Zeitpunkt des Eintritts zu bestimmen. Und dann war der Komet verschwunden. Jeder Versuch, ihn als dunkles Objekt vor der Sonne auszumachen, schlug fehl.

Am nächsten Morgen hatte sich der Direktor der Sternwarte David Gill aufgemacht, um nach dem Kometen zu sehen. Zu Beginn der Dämmerung, als der Komet noch nicht aufgegangen ist, sagt er in seinem Beobachtungsbericht über den Schweif: ,,Genau in Osten sah man den Schweif emporragen, leicht gekrümmt und fast bis zum Zenit reichend." Und später, als der Komet aufgegangen ist: ,,Der Schweif reichte bis über den Zenit hinaus, als wollte er die Welt umschlingen." Es gibt nicht eine Zahlenangabe in diesem Bericht, so auch nicht über die Schweiflänge. Aus dieser Beschreibung würde man eine Länge um die 90 Grad vermuten. Das ist insofern bemerkenswert, als in der Literatur für diesen Kometen nur eine maximale Schweiflänge von 30 Grad genannt wird. Über die Helligkeit sagt Gill: ,,Wenige Minuten später ging die Sonne auf und zu meiner großen Überraschung schien der Komet keineswegs an Helligkeit verloren zu haben. Er war sogar noch weißer geworden und schärfer umrissen, als er sich aus dem Horizontdunst erhob. Und obwohl im vollen Son-

Helle Kometen

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nenlicht der Großteil des Schweifs verschwunden war, blieb der Komet selbst den ganzen Tag für das bloße Auge leicht zu sehen."
Über eine Woche lang war der Komet mit bloßem Auge am Tageshimmel zu sehen. Wie hell muss ein Komet dazu sein? Eigentlich sollte dieser Wert direkt aus der Lichtkurve abzulesen sein (Abb. 2). Leider ist aber das Ende der Tagessichtbarkeit nicht mehr genau zu bestimmen. Der Komet war mit Sicherheit ab dem 14. September zu sehen, vermutlich sogar früher. Für den 14. ergibt sich aus der Lichtkurve ein Wert von -5,2 mag. John Bortle sagt, der Komet war nach dem Perihel noch etwa eine Woche lang zu sehen, also bis zum 24. Für den 24. ergibt sich ein Wert von -3,3 mag. Die gestrichelte Linie ist das Mittel beider Werte und fällt mit -4,3 mag zusammen, mit der größten Helligkeit der Venus. Sichtungen der Venus am Tageshimmel mit dem bloßen Auge gibt es. Ein Komet müsste also schon -4 mag haben, um am Tage sichtbar zu sein. Ebenso schnell wie die Helligkeit in den Tagen vor dem Perihel zunahm, ging sie nach dem 18. September wieder zurück und lag am Ende des Monats bei 0 mag. Danach verlangsamte sich der Helligkeitsrückgang, am Ende des Jahres war der Komet immer noch 4 mag hell und bis Mitte Februar 1883 konnte er mit dem bloßen Auge gesehen werden.
Der Schweif wird ebenfalls als ungewöhnlich hell beschrieben. Das zeigt sehr schön eine Beobachtung vom 27. September, die besagt, dass in der hellen Dämmerung ein Schweif von 10 Grad Länge auszumachen war, als nur noch Sterne 1. Größe zu sehen waren. Zwischen dem 16. und 24. Oktober bildete sich ein auffälliger Gegenschweif von 4 Grad bis 6 Grad Länge. Anders als bei normalen Gegenschweifen, die schmal und spitz sind, war dieser 1 Grad breit mit parallelen Rändern, wobei die Ränder heller waren als die Mitte. Bortle und Kronk geben als maximale Schweiflänge 30 Grad für Ende Oktober an. Danach soll die Länge langsam und stetig abgenommen haben. Mitte Januar 1883 betrug sie 15 Grad , Mitte Februar noch 5 Grad .
Und dann gab es da noch ein seltsames Phänomen. Von Ende September bis in den November hinein, also über vier Wo-

2 Lichtkurve des Kometen C/1882 R1 (Großer Septemberkomet), konstruiert
aus den Beschreibungen von Bortle und Kronk.
3 Zeichnungen des Kometen C/1882 R1 (Großer Septemberkomet) von
Friedrich Schwab an Bord der Kosmos S. S. Theben. VdS-Journal Nr. 42

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Helle Kometen

4 Komet C/1882 R1 (Großer Septemberkomet) am 7. Nov. 1882, aufgenommen
mit 60/280-mm-Portrait-Kamera und 100 Minuten Belichtungszeit, nachgeführt auf den Kometen. Aufnahme: David Gill

chen lang, erschien an dunklen Orten der Komet umgeben von einer schwach leuchtenden Nebelhülle, die weit nach vorne über den Kopf hinausreichte. Friedrich Schwab, ein Teilnehmer der deutschen astronomischen Expedition, die in Feuerland den Venusdurchgang im Dezember beobachten sollte, hatte auf hoher See im Südatlantik diese guten Beobachtungsbedingungen und erstellte die Zeichnungen in Abb. 3. Etwas stärker gezeichnet ist der Umriss des Kometen, schwächer der der Nebelhülle.
Seinen Aufzeichnungen entnehmen wir hierzu: ,,Sept. 30, 18h9 (GMT) ... Eine sehr breite Nebelhülle (bez. mit e) begrenzt die linke Seite. Sie ist aber viel schwächer als der eigentliche Schweif und geht nicht um den Kopf herum. Am rechten Rand ist nur eine Spur (bez. mit a) sichtbar... Oct. 2, 18h9 ... Nebelhülle mit blossem Auge nur bis zum Kopfe sichtbar, während im Fernrohr die Hülle nach der Sonne zu weiter geht, ohne dass die beiden Ränder zusammenkommen. Der eigentliche Comet steckt ganz einseitig in der Nebelhülle. ... Oct. 5, 18h5 bis 19h5 ... Der linke Rand des inneren Cometen ist an der Stelle g verwaschen, während die Nebelhülle im Opernglas scharf begrenzt erscheint, und erst am Ende nach der Sonne hin, wo nie ein bestimmter Schluss sichtbar ist, undeutlich wird. ..." Nie wieder ist so etwas bei einem Kometen beobachtet worden.
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Dass der Komet die nahe Sonnenpassage doch nicht so schadlos überstanden hatte, wie es zunächst aussah, zeigte sich dann Anfang Oktober, als zwei Helligkeitszentren in der Koma zu sehen waren. Dann waren es vier und schließlich sechs. Sechs Fragmente, aufgereiht wie Perlen auf der Schnur, ausgerichtet in Bewegungsrichtung des Kometen, verbunden durch Lichtbrücken und eingehüllt in leuchtende Materie. Der Kern war zerbrochen. Wie immer in solchen Fällen lässt sich der Zeitpunkt des Zerfalls kaum genau datieren. Beobachtungen der Kap-Sternwarte belegen, dass bis
5 Sir David Gill (1843-1914),
Direktor der königlichen Sternwarte Kapstadt. Aufnahme um 1896

zum 28. September einschließlich nichts auf einen Zerfall des Kerns hindeutete. Der Kernbruch erfolgte damit wohl erst Tage nach dem Periheldurchgang.
Der Große Septemberkomet von 1882 hatte zwei direkte Auswirkungen auf die Astronomie der damaligen Zeit. Die erste betraf die Astrofotografie. Es war der erste Komet, der erfolgreich fotografiert wurde (Abb. 4). Es hatte zwar in den Jahren vor 1882 schon Versuche gegeben, Kometen zu fotografieren, überzeugende Ergebnisse gelangen aber erstmals an diesem Kometen und die Aufnahmen stammen von David Gill (Abb. 5). Er hatte sich dazu in Kapstadt von einem Fotografen eine Portrait-Kamera ausgeliehen, eine dieser großen, hölzernen Plattenkameras, die damals in Gebrauch waren und sie auf dem 15-cm-Refraktor der Sternwarte montiert. Ende Oktober und Anfang November machte er in sieben Nächten Aufnahmen von dem Kometen. Gills Aufnahmen müssen damals eine Sensation gewesen sein. Die astronomische Fachwelt zeigte sich sehr beeindruckt über die große Zahl an Sternen, die auf diesen Bildern zu sehen waren, was dazu führte, dass Gill und Kapteyn einige Zeit später mit einer solchen Kamera die erste fotografische Durchmusterung des Südhimmels unternahmen. Man kann also mit Fug und Recht sagen, dass dieser Komet den Einsatz der Fotografie in der Astronomie förderte und beschleunigte.
Zweitens war dieser Komet maßgeblich daran beteiligt, dass die Kreutz-Kometen-Gruppe gefunden wurde. Natürlich war schon 1882 aufgefallen, dass es Kometen mit sehr ähnlichen Bahnelementen gab. Heinrich Kreutz kam dann auf die Idee einer Kometenfamilie, die die Überreste eines zerfallenen Urkometen darstellt und die heute als die KreutzKometen-Gruppe bekannt ist. Er veröffentlichte seine Arbeit in drei Teilen mit dem Titel: ,,Untersuchungen über das System der Kometen 1843 I, 1880 I und 1882 II (eben diesen Kometen und allesamt Kreutz-Kometen)" in den Jahren 1888, 1891 und 1901.

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Helle Kometen

1P/Halley oder P/Halley (1982i)
von Werner E. Celnik

1986 - alle Welt spielt verrückt - die Challenger-Katastrophe schon fast vergessen - DER KOMET ist ein Weltereignis! Mehrere (5) Raumsonden sind gestartet worden - die europäische ESASonde GIOTTO sollte die erfolgreichste unter ihnen sein. Es gelingen die ersten Nahaufnahmen eines Kometenkernes überhaupt [1].

An den irdischen Sternwarten gibt es Gedränge: Nahezu jeder Astronom - gleich ob Profi oder Amateur - scheint den Kometen beobachten zu wollen. Tausende Beobachter weltweit sind in der ,,International Halley Watch" (IHW) organisiert. Es herrscht Kometenfieber: Die großen wissenschaftlichen Zeitschriften ,,Nature" [2] und ,,Astronomy and Astrophysics" [3] bringen Sonderausgaben mit den ersten, überwältigenden Erkenntnissen heraus ...

Auf der Nordhalbkugel der Erde ist 1P/Halley während der Perihelzeit dieser Periode nur schlecht zu beobachten, da er seiner Bahn durch sehr südliche Sternbilder folgt.

Einerseits führt dies dazu, dass den öffentlichen Medien in Deutschland die Aufgabe zuteil wird, astronomische Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, weil es den heimischen Volkssternwarten nur in geringem Maße möglich ist, den Kometen zu zeigen. Diese ,,Öffentlichkeitsarbeit" führt zu wahrhaft kuriosen Fernsehsendungen, die in der Fachwelt und bei Sternfreunden meist Kopfschütteln hervorrufen.
Andererseits streben Fachleute wie Amateure in südliche Gefilde wie Südamerika, Australien und ins südliche Afrika, um den berühmtesten aller Kometen zu erwischen - vor allem im Frühjahr 1986, denn bis Jahresende 1985 war der (bis dahin noch schwächelnde) 1P/Halley auch von Mitteleuropa aus noch am Abendhimmel zu sehen.
Sein Perihel erreicht 1P/Halley am 9.2.1986 - wie wird er sich danach entwickeln?
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1 1P/Halley am 9.3.1986 um 23:31 UT, RGB-Farbkomposit aus drei parallel
belichteten Aufnahmen mit Objektiven 1:2,0/110mm auf 6x6cm-Glasplatten mit AstroEmulsion Kodak IIIa-F (baked). RGB-Kanäle belichtet mit Filtern, R: OG530 - 8 min, G: Interferenzfilter auf CN-Banden bei 388 nm - 110 min, B: Interferenzfilter auf CO+Banden bei 426 nm - 110 min. Beobachtungsort: La Silla/Chile. Bildautoren: W.E. Celnik, W. Schlosser, R. Schulz, P. Svejda, K. Weißbauer. Bildbearbeitung mit Registar, MaxIm DL und Photoshop (mit GradientXTerminator): Bernd Koch und W.E. Celnik.

Zu dieser Zeit steht der Komet im Sternbild Steinbock und wird am Morgenhimmel hinter der Sonne wieder auftauchen. Anschließend bewegt er sich durch die Milchstraße (Sternbilder Schütze und

Skorpion) weiter nach Süden in den Centaurus, wo es am 14. April eine grandiose Passage an der Galaxie NGC 5128 vorbei gibt. Am 11. April erreicht Halley seine Erdnähe mit 0,42 AE Abstand.

Helle Kometen

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Der Autor befindet sich zu dieser Zeit mit einer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten, kleinen wissenschaftlichen Arbeitsgruppe der Ruhr-Universität Bochum [4, 5] an der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile, zur Durchführung der weltweit umfangreichsten lückenlosen fotografischen und fotometrischen Beobachtungskampagne an Halley überhaupt. Vom 17.2. bis zum 16.4.1986 werden in jeder Nacht mit verschiedenen, speziell angefertigten Interferenzfiltern fotografische Aufnahmen auf Glasplatten (!) im 6x6-Format mit Weitwinkel-Objektiven 1:2/110mm (Feld 30 Grad x 30 Grad ) an Hasselblad-Kameras, zusätzlich mit einem Astrographen (Lichtenknecker Flat-FieldCamera 1:4/760mm auf 35-mm-Film) angefertigt. Parallel dazu wird die Kometenkoma in denselben Wellenlängenbereichen des Spektrums mit einem 61-cm-Teleskop lichtelektrisch fotometriert. Die Beobachtungsbedingungen sind hervorragend - der Komet zieht durch den Zenit!
Alle diese fotografischen Aufnahmen sind mit Unterstützung der ESA katalogisiert und archiviert und inzwischen über das Internet frei verfügbar [6, 7]. Zahlreiche Diplom- und Doktorarbeiten

2 1P/Halley östlich der Milchstraße im Sternbild Schütze am 21.3.1986 um
00:35 UT, 40 min belichtet mit Objektiv 1:2,0/50mm auf Farbdiafilm Fujichrome ISO 100 (KB-Format). Beobachtungsort: La Silla/Chile. Bildautoren: W.E. Celnik, W. Schlosser, R. Schulz, P. Svejda, K. Weißbauer. Bildbearbeitung: W.E. Celnik

basieren auf diesem Datenmaterial. Mit bloßem Auge sind bis zu 16 Grad Schweiflänge (Staubschweif) erkennbar. Fotografisch reicht der Gasschweif über

30 Grad Länge hinaus. Die visuelle KomaHelligkeit erreicht immerhin 2,3 mag - am dunklen Wüstenhimmel bietet Halley so einen beeindruckenden Anblick.

3 Abb. links: 1P/Halley am 24.3.1986 um 09:10 UT,
35 min belichtet mit Flat-Field-Camera 1:4,0/760mm auf Farbdiafilm Agfachrome ISO 1000 (Kleinbild-Format). Beobachtungsort: La Silla/Chile. Bildautoren: W.E. Celnik, W. Schlosser, R. Schulz, P. Svejda, K. Weißbauer. Bildbearbeitung: W.E. Celnik

4 Abb. rechts: 1P/Halley in der Milchstraße im Sternbild
Skorpion am 6.4.1986. Beobachtungsort: Argentinien. Bildautor: Friedrich W. Gerber.

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Helle Kometen

5 1/P Halley am 9.4.1986 um
00:52 UT, 44 min belichtet mit FlatField-Camera 1:3,5/500mm mit SchottFilter BG25 auf S/W-Negativfilm Kodak Technical Pan 2415 (hypersens., KBFormat). Beobachtungsort: Karichab/ Namibia. Bildautoren: Otto Guthier und Bernd Flach-Wilken.

Einige Amateure können auch auf dem Gelände der ESO beobachten. Die Mehrzahl jedoch zieht nach Namibia, um an den dortigen Astro-Farmen ihre Instrumente aufzustellen. So eine Reisegruppe der Vereinigung der Sternfreunde (VdS) [8], aber auch einzelne Amateure. Einige Aufnahmen seien hier präsentiert.
Mit seiner Umlaufzeit um die Sonne von 75,3 Jahren wird 1P/Halley erst im Jahr 2061 wieder in Sonnennähe auftauchen. Als Buchempfehlung zur Historie dieses ältesten bekannten Kometen sei auf [9] verwiesen.
Literaturhinweise und Links: [1] H.U. Keller et al., 1986: "First
Halley Multicolour Camera imaging

results from Giotto", Nature 321, 320 [2] Nature, 15.5.1986, Ausgabe 321,
s.a.: http://www.nature.com/nature/ journal/v321/n6067s/index.html [3] Zeitschrift ,,Astronomy and Astrophysics" Ausgabe 187 (November 1987): ,,Halley's Comet" [4] W.E. Celnik, 1986: ,,Auf der Jagd nach dem Halleyschen Kometen", Sterne und Weltraum 25, 221 [5] W.E. Celnik, 1986: ,,Hunting Halley's Comet", ESO Messenger 45, 6 [6] The ESA Planetary Science Archive: http://www.rssd.esa.int/index. php?project=PSA&page=advanced [7] J. Zender et al., 2004: ,,The Planetary Science Archive - Introduction and Overview", http:// iris.iki.rssi.ru/conferences/Pv2004/ Session1/1.04-Zender.pdf

[8] E. Brodkorb, 1986: ,,Die VdSReise nach Südwestafrika zum Halleyschen Kometen", Sterne und Weltraum 25, 492
[9] G.A. Tammann, P. Veron, 1985: ,,Halleys Komet", Birkhäuser Verlag Basel, ISBN 3-7643-1698-5
6 1P/Halley zieht an der Galaxie
NGC 5128 im Sternbild Zentaur vorbei. Aufnahmen am 14. (links) um 23:13 UT und am 15.4.1986 (rechts) um 0:10 UT, die Farbaufnahme auf KB-Diafilm Fujichrome RD100 wurde 40 min durch ein Filter Ilford CC10M belichtet, die S/W-Aufnahme 20 min auf Negativfilm Kodak Technical Pan 2415 (hypersens.), Aufnahmeinstrument war eine Celestron-Schmidtkamera 1:1,65/225 mm. Beobachtungsort: Farm Tivoli/Namibia. Bildautor: Bernd Koch.

Helle Kometen

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Erinnerungen an die beiden hellen
Kometen der 1990er Jahre
- Teil 1: C/1996 B2 (Hyakutake)
von Thorsten Zilch

Die Leser, die bei meinen beiden Artikeln zu C/1996 B2 (Hyakutake) und C/1995 O1 (Hale-Bopp) wissenschaftlichen Tiefgang erwarten, werden sicherlich enttäuscht. Vielmehr sollen mit den beiden Aufzeichnungen aus der damaligen Zeit einfach nur Stimmungen und Eindrücke vermittelt werden, die seinerzeit durch die Kometen hervorgerufen wurden - selbst bei Regen!
Textpassagen, die entweder mit dem Thema nichts zu tun hatten, oder nachträglich nicht wirklich zu belegen waren, wurden in der Form [...] auskommentiert. Neben den wissenschaftlich korrekten Kometenbezeichnungen werden im Falle der beiden Hauptdarsteller auch die umgangssprachlichen Namen verwendet. Nun viel Spaß beim Stöbern in alten Zeiten.
Kometen interessieren mich seit meinem Hobbybeginn 1989. Und seit diesem Jahr warte ich, wie viele ,,Artgenossen", auf den Kometen, der den damals von mir verpassten Kometen P/Halley locker in den Schatten stellt! [...] Alle von mir beobachteten Kometen lagen bisher im Bereich zwischen 5 mag und 10 mag. Da ist neuerdings der Komet C/1995 O1 (HaleBopp). Er soll sich 1997 zum Sensationskometen entwickeln! [...]
Am 04.03.1996 wurde ich jedoch von Markus auf eine Nachricht aus der AstroMailbox aufmerksam gemacht. Ein neu entdeckter Komet! Sein Name: C/1996 B2 (Hyakutake).
[...] Die wunderbare Stellung der Erde zum Kometen Ende März in nur 0,1 AE Entfernung verspricht eine Sensation! Vielleicht haben wir endlich den erwarteten Kometen im Anflug! Aus diesem Grund soll dieses Schriftstück eine Art ,,Tagebuch" zu diesem Kometen werden, in dem Beobachtungen, Eindrücke und Empfindungen wiedergegeben sind. Bottrop, den 13.03.96 Thorsten Zilch

15.03.96 Für 4:00 Uhr MEZ habe ich mir den Wecker gestellt, in der Hoffnung Hyakutake ,,hoch" im Süden zu sehen. Vergeblich! Die visuelle Grenzgröße lag bei 5 mag im Fernglas! Zwei 50-mm-Fotos habe ich anschließend in den ,,blauen Dunst" geschossen. Abends fuhren Markus und ich in den Dämmerwald, um dort unser Glück zu versuchen. Komet C/1996 B1 (Szczepanski) konnten wir um 23:15 Uhr MEZ mit Mühe und ganz viel indirektem Hinschauen sehen. Die Helligkeit war mit 8,2 mag angegeben, jedoch schätzten wir die Helligkeit auf ca. 10 mag. Die Koma war sehr diffus, keine zentrale Aufhellung und zudem noch für die Helligkeit recht großflächig! Sehr schwer zu finden!
16.03.96 In der gleichen Nacht gelang es uns dann noch ohne Mühe, den für mich 13. Kometen C/1996 B2 (Hyakutake) zu finden. Mit bloßem Auge zu erkennen im Sternbild Waage, stand er für uns sichtbar um 2:25 Uhr MEZ am südöstlichen Morgenhimmel im Dämmerwald. Ein atemberaubender Anblick! [Nachtr. Anm.: Es war für mich der erste freisichtige Komet! Deshalb hierbei schon die spürbare Euphorie. Ich hatte ja keine Ahnung, was uns noch erwartete ...] Es wurden Fotos geschossen, jedoch herrschte ein starker Wind, der wohl keine punktförmigen Sterne auf den Fotos hinterließ! Zum ersten Mal in meiner ,,Astro-Laufbahn" konnte ich einen Kometen auf seinen Kern nachführen!! Markus äußerte hinterher noch den Eindruck, zwei Kometenkerne gesehen zu haben. Einen länglichen Eindruck hatte ich auch, dies schob ich aber auf die ständigen Erschütterungen des Windes! Die Helligkeit schätzten wir auf 3 mag.
20.03.96 Heute hörte ich im Radio (WDR 2) um 13:20 Uhr MEZ eine kleine Talkrunde über den Kometen. Sie machten auf eine Sondersendung (ARD) um 23:00 Uhr

MEZ aufmerksam, die ich auch gesehen habe.
21.03.96 Eine allgemeine Krisenstimmung macht sich breit. Am 24.03. und 25.03. soll der Komet über unseren Himmelsnordpol hinwegrasen! Laut Beobachtungen aus der Mailbox werden mittlerweile mit bloßem Auge Schweiflängen und Details bis 4 Grad Länge beobachtet!! Und bei uns regnet es, Sch...! Auch für die nächsten Tage ist keine Wetterbesserung angesagt! Unsere Sachen sind jedoch gepackt, und wir stehen startbereit in den Löchern. Jetzt im Augenblick soll die Helligkeit 0 mag betragen. Das endlos erscheinende Warten kann einen zermürben!
Mein Fluchen muss jemand gehört haben! Noch am gleichen Abend reißt die Bewölkung auf, und mit bloßem Auge ist er aus Bottrop um 23:25 Uhr MEZ zu sehen. Ein Blick durch das Fernglas vermittelt mir den Eindruck eines Schweifes, der sich in Richtung 2 Uhr erstreckt. Markus und ich hatten den gleichen und nur einen Gedanken! Nachdem wir uns ohne Verabredung spät abends mitten auf der Straße trafen [damals funktionierte das noch ohne Mobiltelefon!], ging es gegen Mitternacht zu unserem Beobachtungsplatz in den Dämmerwald.
22.03.96 Um 1:30 Uhr MEZ sahen wir ihn dann unter wesentlich besseren Beobachtungsbedingungen ohne optische Hilfsmittel mit einem 1 Grad langen Schweif! Ein wahnsinniger Anblick! Ich habe so etwas noch nie zuvor gesehen. Im Fernglas passte der Schweif nicht mehr in den 5 Grad großen Gesichtsfelddurchmesser!! Fotos konnten keine mehr gemacht werden, da uns für den Rest der Nacht dicker Nebel einhüllte. An diesem Morgen brachte ich anschließend meine bisherigen Fotos zur Entwicklung, um eventuelle Fehler bei den folgenden Fotos zu vermeiden.
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Helle Kometen

Alle erwiesen sich als recht gut, kleine Schweifansätze sind schon zu erkennen! Der starke Wind hat seltsamerweise keine starken Verwackelungen auf den Bildern hinterlassen. Selbst C/1996 B1 ist auf den Bildern zu erkennen, mit ca. 10 mag!
23.03.96 Regen! Regen! Regen! Manche Wettervorhersagen behaupten jedoch, dass ab Montag gegen Nachmittag (also am 25.03.96) eine Wetterberuhigung in Sicht ist. Ich will's hoffen!
24.03.96 Heute gegen 14:00 Uhr MEZ klart der Himmel plötzlich auf, mittlerweile ist der Himmel bis auf ein paar Zirren völlig klar! Die Spannung steigt! Soll es wahr werden, dass die engste Passage des Kometen zur Erde heute von uns beobachtet werden kann? Laut Wetterbericht soll es sich bewölken. Ich hoffe es nicht! Alles ist gepackt, eine Menge Kameras samt verschiedenen Objektiven und Filmen sind zum Einsatz bereit. Ich bin gespannt, was mich bzw. uns da heute Nacht erwartet!
25.03.96 Nächster Morgen: Markus und ich fuhren mit zwei Autos hin und zurück. Ohne Unterhaltung war es irgendwie eine ungewohnte Stille! Jedoch hätten wir uns auch dann nicht viel unterhalten, wenn

wir mit einem Auto gefahren wären. Übrigens, der Wetterbericht hatte gelogen! Bis auf 10 Minuten war der Himmel über dem Dämmerwald völlig klar! Nach Angaben der Eltern, anderen Verwandten und Bekannten war der Himmel über Bottrop und Umgebung total bedeckt! Langsam aber sicher wurde uns bewusst, was für ein Glück wir hatten. Nach sehr vielen Jahren kommt da mal wieder so ein Ding vorbei, wir leben gerade, wir haben die nötige Ausrüstung, der Mond stört nicht, es ist klar, ... [...]
Am Abend des 24.03.96 stand der Komet im Nordosten, und wir merkten schon, dass der Anblick selbst im Fernglas ,,nicht mehr lohnenswert" ist. Der diffuse Schweif reichte im Fernglas bis ca. 7 Grad bis 8 Grad . Mit bloßem Auge konnte man wesentlich mehr erkennen! Der Schweif erreichte eine Länge von ca. 15 Grad ! Bisher habe ich so etwas noch nie gesehen! Es kam noch besser. Gegen 2 Uhr MEZ, als der Komet ungefähr im Zenit stand, trauten wir unseren Augen nicht! Bis 18 Grad war der Schweif leicht zu sehen, bis 30 Grad Länge war er durch indirektes Hinschauen zu verfolgen!!! Der Anblick des Firmaments erschien richtig künstlich, absolut fremd! Es war kein weit gefächerter Schweif, wie z.B. bei Komet West im März 1976, den ich selbst nicht erlebt habe und nur von Bildern kenne. Ein nur geringfügig breiter werdender Schweif zog sich über den

Himmel, der länger war als das Sternbild Großer Wagen!
Der erste Weg, nachdem wir aufwachten, führte zum Fotoladen. Nach dem Anblick der Negative fiel uns ein Stein vom Herzen. [...] Die Filmentwicklung war geglückt, die Fotos waren gut, und so zogen wir unmittelbar zur WAZ-Redaktion (Westdeutsche Allgemeine Zeitung). An dem heutigen 25.03.96 war in der WAZ eine Aufsuch-Grafik für den Kometen. Wir fragten nach, ob die Redaktion an Beobachtungsergebnissen in Form von Fotos interessiert war, die gerade mal im Schnitt 14 Stunden alt waren. Die Bilder erregten großes Aufsehen! Es folgten ein Interview und ein Fototermin (Bild 1, Bild 2, Bild 3, Bild 4).
26.03.96 Um sieben Uhr MEZ schlich ich aus dem Bett, holte die Tageszeitung, und es traf mich gleich viermal. Ein Artikel auf dem Deckblatt, ein Artikel und ein Kommentar (,,Zum Tage") auf dem Blatt ,,Aus dem Westen" und unser Interview im Bottroper Lokalteil! Recht unfair bzw. schade fand ich, dass nicht auch wenigstens eines der Bilder von Markus abgebildet war. Wir wussten aber schon vorher, dass nur ein Foto veröffentlicht wird, und unsere Chancen 50 zu 50 standen. [...] Jedoch war von meinem Kometenbild durch den Druck bedingt nicht mehr

1 Komet C/1996 B2 (Hyakutake) am 24. März 1996 um
23:40 UT. 105-mm-Objektiv und 20 min Belichtung auf FujiColor 400.
VdS-Journal Nr. 42

2 Komet C/1996 B2 (Hyakutake) am 25. März 1996 um
01:25 UT. 35-mm-Objektiv und 25 min Belichtung auf FujiColor 400.

viel übrig: ein verwaschener Klecks auf schwarzem Untergrund! Leider! Heute erfuhr ich auch (davon weiß Markus aber noch nichts - wird eine Überraschung), dass ich von der WAZ-Redaktion in Essen für mein Foto ein Honorar bekomme!

Eigentlich müsste es heißen ,,unser Foto", und deswegen geht auch die Summe, egal wie hoch sie ist, durch zwei!
27.03.96 Seit heute Morgen ist das Wetter sehr klar.

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Ein kurzes aber kräftiges Hochdruckgebiet zieht über uns hinweg. Eine enorme Fernsicht! Der Himmel hat auch diese übertriebene, künstliche, überblaue Farbe. In den nächsten Tagen soll das Wetter extrem schlechter werden. Also sind

3 Komet C/1996 B2 (Hyakutake) am 24. März 1996 um
22:46 UT. 500-mm-Objektiv und 15 min Belichtung auf FujiColor 1600.

4 Komet C/1996 B2 (Hyakutake) am 25. März 1996 um
00:15 UT. 500-mm-Objektiv und 20 min.Belichtung auf FujiColor 400. Alle Aufnahmen: Thorsten Zilch
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Helle Kometen

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Komet C/1996 B2 (Hyakutake) am 27. März 1996 um 20:54 UT. 100/1000-mmRefraktor und 4 min Belichtung auf Fuji-Color 1600. Aufnahme: Thorsten Zilch

wir auch heute wieder ,,live on tour". Die WAZ meldete heute, dass französische Forscher das Zerbrechen des Kometenkerns gemeldet haben. Markus erzählte mir, dass er gestern aus Bottrop-Fuhlenbrock einen ca. 16 Grad langen Schweif gesehen habe. Der Komet entfernt sich zwar wieder, heute ist er 20 Millionen Kilometer weit weg, jedoch glaube ich heute bei der klaren Durchsicht an Schweiflängen von 30 Grad -40 Grad ! Lassen wir uns überraschen. Der Mond (ca. erstes Viertel) wird dem Schweif hoffentlich nicht zu sehr schaden. 21:00 Uhr MEZ: Der Mond schadete doch mehr, als wir dachten! Nach Mitternacht verschlechterte sich der Himmel, und wir konnten nur einen ca. 13 Grad langen Schweif beobachten.

29.03.96 Aus Bottrop beobachtet war der Schweif im Fernglas gerade mal 2,5 Grad lang. Der Mond stört immer mehr. [...]
04.04.96 Um den Kometen bei Vollmond beobachten zu können, findet ,,zufälligerweise" eine totale Mondfinsternis statt! Alles passt irgendwie zusammen! Die Schweiflänge beträgt ,,nur" noch ca. 1 Grad im 42-mm-Okular, der Komet steht sehr tief am Horizont. [...]
17.04.96 Heute bekam ich endlich einen Brief von der WAZ, in dem mir der Überweisungsbetrag für das Bild genannt wurde. Im-

merhin 52,50 DM für ein bisschen Gas am Himmel! Markus war recht gut überrascht über diese kleine finanzielle Spende. Ich hoffe, dass ich den Kometen noch am Abendhimmel beobachten kann!
25.07.96 Nachtrag: Den Kometen konnten wir nicht mehr beobachten, aber uns fiel wieder ein, dass noch acht Hyakutake-Aufnahmen von der Kernregion auf einem 1600ASA-Film vor sich hinschlummern, und nur darauf warten, entwickelt zu werden. Wann das mal was wird? Ich hoffe, dass ich den Film endlich beim Perseiden-Maximum im August durchschießen kann. [Ja, so sparsam war man damals!]
22.10.96 Wie man sich so irren kann!! Erst heute habe ich den restlichen Film zur Entwicklung gebracht, und wieder muss ich sagen, die Negative sehen gut aus, sehr gut sogar (Bild 5)! [...]
23.10.96 Die Fotos sehen alle so super aus, dass auch diese noch in mein ,,the best of"Album eingeklebt wurden. Insgesamt 16 Fotos von einem Objekt in so kurzer Zeit haben wir noch nie geschossen. Schade, dass es nun vorbei ist, und dass man solche ,,Dinger" nicht öfters sieht. [...]

IMPRESSUM

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Helle Kometen

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Erinnerungen an die beiden hellen
Kometen der 1990er Jahre
- Teil 2: C/1995 O1 (Hale-Bopp)
von Thorsten Zilch

Nach der kleinen Geschichte zu C/1996 B2 (Hyakutake) finde ich nun, dass auch C/1995 O1 (Hale-Bopp) wertvoll genug ist, um dokumentiert zu werden. HaleBopp ist für mich Komet Nr.14, und ist als erster Komet mehr als ,,fotoscheu"! Zum ersten Mal konnte ich ihn am 14.07.1996 um 00:45 Uhr MESZ in Müden beobachten. Mit einem Fernglas war er mühelos zu sehen, etwas lichtschwächer, aber gleich groß wie M 11.
Direkt am nächsten Abend versuchte ich, ihn zu fotografieren, jedoch vergeblich. Die zunächst guten Sichtbedingungen verschlechterten sich zunehmend. Am 16.07.1996 morgens um ein Uhr MESZ konnte ich ihn ebenfalls wieder wie am Vortag beobachten, aber nicht fotografieren! Ein Wechsel zwischen klarem Himmel und Wolken und ein Verdecken durch Bäume machten letztlich weder das Fotografieren des Kometen, noch des Planetoiden (12) Victoria, möglich. Noch nicht einmal für zehn Minuten! Ein echtes Trauerspiel!
Zurzeit (16.07.1996, 20:45 Uhr MESZ) ist der Himmel schon seit drei Stunden sehr klar und blau. Alles ist vorbereitet für den dritten Versuch. Das Wetter soll sich wieder etwas verschlechtern. Da der Komet im März 1997 ein ,,Prachtstück" werden soll, versuche ich auch hierbei, die Entwicklung und Erlebnisse, ähnlich wie bei Hyakutake, zu verfolgen und festzuhalten.
17.07.1996 Endlich, die ganze Nacht sternenklar! Um 0:25 Uhr MESZ kann ich die 30-minütige Aufnahme starten. In dieser Nacht finde ich auch meinen 15. Kometen, 22P/ Kopff, der aber nur durch indirektes Hinschauen zu erkennen war. Hier stieß ich bei -20 Grad Deklination und ca. 9 mag fast an die Grenzen meines Refraktors.

19.07.1996 Wieder ein Abbruch der Belichtungszeit! Nur 19 Minuten anstatt 30. Heute hatte ich den Eindruck, dass die Koma nicht kreisförmig, sondern leicht dreieckig erscheint. Ich hoffe, dass die beiden Fotos meinen Eindruck bestätigen können. Am 18.07. abends rief mich Markus an, und hat neue Ephemeriden eines neu entdeckten Kometen C/1996 N1 (Brewington) übermittelt. Ihn konnte ich in dieser Nacht noch nicht sehen, weil Bäume im Weg standen. Vielleicht gehe ich heute Abend noch mal mit dem Fernglas außerhalb von Müden auf die Suche. Ich weiß jedoch nicht, wie hell er ist, und ob er überhaupt im Fernglas sichtbar ist.
10.08.1996 Als der Urlaubsfilm endlich voll war, ließ ich ihn entwickeln und war über mein erstes Foto von Hale-Bopp angenehm überrascht. Ein gut sichtbarer Komet stand neben dem offenen Sternhaufen NGC 6649. Dieses Foto (Abb. 1) schickten Markus und ich zur Redaktion der Zeitschrift ,,Sterne und Weltraum". Hoffentlich bekommen wir mit dem relativ aktuellen Foto dieses Mal eine Chance, wobei die Möglichkeit zur Veröffentlichung unserer Hyakutake-Bilder auch noch nicht ganz ausgestorben ist!
19.08.1996 Heute ging ich nur mit einem Fernglas bewaffnet auf die Suche nach Hale-Bopp. [...] Die 6. Größenklasse hat er bereits erreicht. Aber obwohl ich in Grafenwald beobachtet habe, erschien mir der Komet gegen 22:20 Uhr MESZ wesentlich lichtschwächer als in Müden! [...] Eine sichtbare Koma von nur 8' Durchmesser enttäuschte mich. Von fast gleicher Größe und Helligkeit wie M 11 kann keine Rede mehr sein! [...] Ich bin gespannt, ob Markus mit einem Fernglas unter dem Sternenhimmel Formenteras einige interessante Beobachtungen machen konnte.

1 Komet C/1995 O1 (Hale-Bopp)
neben NGC 6649 am 16. Juli 1996 um 22:25 UT. 100/1000-mm-Refraktor und 30 min Belichtung auf Fuji-Color 400.
05.09.1996 Markus hatte auf Formentera wetterbedingt keine Beobachtungen durchführen können. Der Komet soll jetzt schon wesentlich heller sein als M 11. Gegen 21:45 Uhr MESZ beobachtete ich ihn aus Bottrop. Trotz der hervorragenden visuellen Grenzgröße [...] war der Anblick im Fernglas nicht beeindruckend. Selbst Amateurastronomen in der MailboxSzene zweifeln schon an der tatsächlichen Größe und Helligkeit, verglichen mit M 11. [...] Ich schätze den Kometen nicht heller als 6 mag.
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Helle Kometen

Markus die erste Meldung. Gegen 5 Uhr MEZ hat er ihn beobachtet. Er soll mit einer großen Koma und einem ca. 1-1,5 Grad langen, weit aufgefächerten Schweif zu sehen sein. Jetzt sollten wir jede freie Wolkenlücke nutzen, um noch ein paar gute Fotos zu schießen. Hoffentlich spielt das Wetter in der nächsten Zeit mit.

2 Komet C/1995 O1 (Hale-Bopp) am 2. März 1997 um 04:00 UT,
Ort Dämmerwald.

17.09.1996 Nachdem mein Vater sich entschlossen hatte, mit in den Dämmerwald zu fahren, konnte ich Hale-Bopp bei 80-facher Vergrößerung gegen 21 Uhr MESZ kurzzeitig beobachten. Der Himmel ließ nur eine dreiminütige Belichtung zu. Eine Angabe zur Größe und Helligkeit konnte ich nicht machen, weil die Beobachtungszeit nicht ausreichte.

6,0 mag (M 11) war er aber. Ich schätzte ihn auf 5,5 mag (4,3 mag kann ich nicht glauben!). Er hatte ungefähr einen Durchmesser von 4'.
11.02.1997 Nach der ganzen Zeit, in der Hale-Bopp hinter der Sonne stand, jetzt endlich von

02.03.1997 Irgendwie habe ich der Wetterkarte nach der Tagesschau nicht so getraut, und als um 2:40 Uhr MEZ der Wecker klingelte, hing der Himmel voller Wolken. Es klarte aber wie vorhergesagt auf, und aus Bottrop konnte man den Kometen schon mit einem 1 Grad langen Schweif sehen. In Schermbeck dann noch etwas schöner mit zwei getrennten Schweifen. Der Staubschweif hatte eine Länge von 2 Grad , der Gasschweif von 3,5 Grad (Abb. 2). Im Fernrohr konnte man sehen, wie die Materie seitlich aus dem Kern in den Schweif einströmt. Deswegen erschien die Koma wie halbiert, aber trotzdem noch umgeben von einer ganzen, schwach bläulichen Koma. In der hellen halben Koma waren noch drei wellenartige Strukturen zu sehen, die konzentrisch vom Kern nach außen verliefen (ähnlich, wie wenn ein Stein ins Wasser fällt).
05.03.1997 Heute habe ich mir die Mühe gemacht und bin um 5 Uhr MEZ aufgestanden - es war sogar klar! Da sich der Komet in den

04.10.1996 Mit meinem Vater fuhr ich nach 20 Uhr MESZ zum Flugplatz ,,Schwarze Heide" und konnte dort Hale-Bopp recht schnell mit meinem kleinen ,,Reisefernrohr" (500 mm, f/8) bei 24-facher Vergrößerung finden. Mit meinem Instrument konnte ich kaum eine Veränderung feststellen. Lediglich der Durchmesser und die Helligkeit stiegen minimal an (von ca. 6,5 auf 5,5 mag und von ca. 5' auf 8'). Die Schätzung von 4,6 mag laut SuW halte ich immer noch für übertrieben.

23.10.1996 Um 20:10 Uhr MESZ konnte ich HaleBopp bei fast vollem Mond und naher Horizontstellung finden und beobachten. Die Helligkeit konnte ich nicht gut abschätzen, ein wenig lichtstärker als
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3
Komet C/1995 O1 (Hale-Bopp) am 31. März 1997 um 22:08 UT. 35-mmObjektiv und 10 min Belichtung auf Fuji-Color 400.

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drei Tagen nicht viel verändert hat, war der Eindruck nicht neu. Allerdings konnte ich nur einen 1 Grad langen Staubschweif erkennen. Aber was will man in Bottrop schon anderes erwarten?
06.03.1997 Die Sachen sind gepackt, das Wetter spielt mit - was kann da noch schief gehen? Ein Super-Hochdruckgebiet nähert sich, die Ausläufer streifen uns aber jetzt schon. Leider können Markus und ich die nächsten Tage nicht beobachten, da wir ab Montag Klausurphase haben, und man dafür doch halbwegs ausgeschlafen haben sollte. Aber unser Motto: Erst einmal diese Nacht genießen, und dann weitersehen.
07.03.1997 Das war dann wohl nichts mit dieser Nacht! Es zog so dichter Nebel auf, dass man kaum 50 Meter weit gucken konnte. Unser Beobachtungsplatz im Dämmerwald war richtig fremd geworden durch diesen Nebel. Wir sind dann nach Norden geflüchtet, um dort dem Nebel auszuweichen. In Velen war es dann plötzlich so klar, dass wir uns eine geeignete Ecke ausgesucht haben. Den Kometen konnte man gut beobachten, die Schweife waren noch ein Stückchen länger als in Schermbeck, ich schiebe das aber auf die Neumondphase. Fotos konnten jedoch keine geschossen werden, da uns ab 5 Uhr ebenfalls dichter Nebel die Möglichkeit dazu genommen hat.
11.03.1997 Wieder zog in Schermbeck gegen Morgen dichter Nebel auf. Vorher konnten wir aber noch einige Fotos schießen, jedoch war der Himmel nicht ganz klar. Die danach entwickelten Aufnahmen von Markus zeigten einen Kometen mit Schweif, jedoch nicht zu vergleichen mit Hyakutake. Er sah halt nur völlig anders aus, weswegen Markus anfangs etwas enttäuscht war. Ganz schön Hyakutakeverwöhnt, der Kleine!
21.03.1997 Heute konnte ich nur aus dem Küchenfenster drei Aufnahmen mit 50 Millimeter Brennweite machen. Hoffentlich störte die Fensterscheibe nicht, denn es war superklar! Die 0. Größenklasse dürfte er locker haben!

4 Komet C/1995 O1 (Hale-Bopp) am 2. April 1997 um 21:11 UT. 50-mm-Objek-
tiv und 25 s Belichtung auf KODAK TMAX 400.

22.03.1997 Meine Großtante sollte diesen Kometen auch noch mal gesehen haben, ehe er ins All zurückdüst. Also fuhr ich hin und zeigte ihr dieses Prachtstück vor ihrer Haustür. Überraschung gelungen!
27.03.1997 Heute berichtete die Presse von einem absoluten Knaller: 39 Menschen einer Sekte haben sich umgebracht, da nun die Zeit gekommen war, in der sie ein Zeichen der ,,höheren Quelle" bekommen haben (Hale-Bopp!). Es lag also nahe, zu dem jetzt günstigen Zeitpunkt, die Welt zu verlassen! [...] Übrigens: Mir hat HaleBopp bisher nur Glück gebracht! Immerhin habe ich mein Vordiplom auf Anhieb gepackt, was aber nicht bedeuten soll, dass ich abergläubisch bin!
28.03.1997 Heute konnte ich nur zwischen Wolkenlücken hindurch beobachten. Der Schweif ist länger geworden, auch die Helligkeit

hat zugenommen. Leider kann ich solche Größenklassen schlecht schätzen. Sch... egal! Einfach nur hinsehen, und genießen! Ende April ist schließlich Schluss.
29.03.1997 Habe eine große Wolkenlücke gefunden, in der ich drei Fotos schießen konnte. Wenn ich mir jetzt vorstelle, die 39 Sektenmitglieder fliegen nun dem HaleBopp hinterher (natürlich rein mental!), und ich sitze hier immer noch - da läuft doch irgendwas schief! Es werden in Österreich inzwischen Flüge angeboten, um der störenden Lichtverschmutzung zum Beobachten zu entkommen.
31.03.1997 Der Anblick in Schermbeck ist einfach irre! Ich kann mich einfach nicht daran sattsehen (Abb. 3).
01.04.1997 Heute entstand nur eine Zeichnung.
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Helle Kometen

02.04.1997 Heute wurde kaum intensiv beobachtet, sondern nur Bilder gemacht (Abb. 4)!
03.04.1997 Die Fotos wurden entwickelt, und es sind sehr schöne Aufnahmen dabei! [...]
06.04.1997 Der Schweif krümmt sich immer mehr [...], selbst meine Oma hat sich heute dieses Prachtstück angeschaut! (Natürlich nur nach langer Überredungsphase!)
07.04.1997 Heute haben wir einen so dunklen und klaren Himmel gehabt, dass wir in dieser Nacht wohl die schönsten Bilder geschossen

haben (Abb. 5). Bis zu 10 Grad waren die Schweife mit bloßem Auge zu sehen.
15.04.1997 Heute entstand wieder nur eine Zeichnung.
Warum folgten eigentlich gleich zwei so helle Kometen aufeinander, und warum hatten wir soviel Glück beim Beobachten? Newton, Kopernikus, Galileo und all die anderen Kameraden haben sich vor lauter Ärger bestimmt im Grab herumgedreht! Leider enden hiermit die Beobachtungen über diesen prachtvollen Kometen, der mittlerweile als der Jahrtausendkomet bezeichnet wird.

5 Komet C/1995 O1 (Hale-Bopp) am 7. April 1997 um 20:07 UT.
105-mm-Objektiv und 15 min. Belichtung auf KODAK TMAX 400. Alle Aufnahmen und Zeichnungen: Thorsten Zilch.

Komet C/2006 P1 (McNaught)
- Beobachtungen im südbayerischen Raum
von Thorsten Böckel
In einem Sonnenabstand von nur 0,17 AE erreichte der Komet McNaught, welcher vom Australier Robert McNaught am 7. August 2006 entdeckt wurde, am 12. Januar 2007 sein Perihel und kam der Sonne so nahe wie die halbe Distanz des sonnennächsten Planeten Merkur (0,38 AE). Nachdem auf der Merkuroberfläche an der Sonnenseite um die 500 Grad C herrschen, standen die Prognosen eines Durchgangs eher auf Zerfall, bzw. dürfte dieser überdimensionale Schneeball so ordentlich durchgekocht werden, dass seine Zerstörung nicht ausgeschlossen war. Es kam aber deutlich anders: Der Komet schaffte den Durchgang und entpuppte sich ab 17. Januar 2007 als sog.

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1 Komet C/2006 P1 (McNaught)
am 7. Jan. 2007. 70-mm-Objektiv, f/5,6, Canon EOS 20D

Helle Kometen

2 Komet C/2006 P1 (McNaught)
am 10. Jan. 2007. 63/860-mm-Refraktor und Canon EOS 20D. Aufgenommen am Auerberg, Südbayern
,,Sungrazer" noch zwei Wochen lang als unikates, auffälliges Schmuckstück am südlichen Abendhimmel. Hierbei zeigte sich der Komet in voller Pracht. Zum Schmerz der Nordhalbkugler erschien der Komet mit einem etwa 40 Grad Schweifbogen, welcher reichlich mit Streamern durchzogen war. Wie erwähnt, war für die Beobachtung in den gemäßigten nördlichen Breiten durch die ungünstige Umlaufbahn ab 15. Januar 2007 Feierabend. Von der ersten Sichtung des Kometen wurde am 5. Januar berichtet.
Chronologie meiner Beobachtungen: 7.-15. Januar 2007 7. Januar 2007: Nach etlichen Tagen dichter Bewölkung ergab sich endlich am 7. Januar eine Lücke über dem Horizont. Und zur Überraschung war der Komet deutlich und hell mit bloßem Auge zu sehen (ca. 0,5 mag). Das Foto (Abb. 1) zeigt die realen Lichtverhältnisse zwischen Dämmerung und Komet.
10. Januar 2007: Der Komet erscheint nun auffällig hell (Abb. 2). Bei etwa 4 Grad über dem Horizont hatte der Komet um 17:15 MEZ die beste Leuchtkraft mit geschätzten -1,5 bis -2,0 mag.
13. Januar 2007: Nachdem der Sonnenabstand nur noch etwa 5,5 Grad betrug, wurde angenommen, dass der Komet nur noch mittels der SOHO-Sonde zu erkennen war. Auch hier kam es anders - die Überraschung war riesig.
Der Tageskomet mit Schweif unter einem großen Kondensstreifen (Abb. 4)? Ich war komplett erstaunt, als ich mit bloßem Auge deutlich diesen ,,Haken" darunter sah. Erst war ich mir nicht sicher, ob es tatsächlich der Komet war, jedoch mit Blick durch den Refraktor konnte ich das Geheimnis schnell lüften. Er war es tatsächlich. Trotz des Sonnenabstandes von 5 Grad -6 Grad war der Kometenkopf mit kurzem Schweif von etwa 0,5 Grad deutlich erkennbar. Die Tagesaufnahmen entstanden zwischen 15:00 und 15:45 MEZ. Nun ist es wahr geworden, den Kometen sogar am helllichten Tag mit bloßem Auge

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Amateur-Teleskoptreffen - Burgwald -
Dienstag 14.08. - Sonntag 19.08.2012
Anreise ggfls. ab So. 12.08. möglich.
Veranstaltungsort: 35288 Wohratal - OT Hertingshausen im Landkreis Marburg/Biedenkopf
Veranstalter: Astronomie-Gruppe Lahn/Eder e.V. Info und Anmeldung (ist erforderlich) unter: www.astronomie-lahn-eder.de
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Komet C/2006 P1 (McNaught) am 13. Jan. 2007. 63/860-mm-Refraktor und Canon EOS 20D

sehen zu können. Der extrem blaue und klare Himmel steuerte zu diesen Sichtungen positiv bei. Somit war der Komet McNaught bis 2007 der hellste Komet der seit 41 Jahren in dieser Helligkeitsstufe mit bloßem Auge beobachtet werden konnte. Er erreichte eine Helligkeit von -5,5 mag und übertraf mit dieser Lichtstärke die Erscheinung des Planeten Venus. Hätte sich McNaught bei totaler Dunkelheit am Himmel positioniert, so würde man mit Sicherheit bemerkbare Lichtveränderungen am Boden erkennen können. Der letzte Komet in dieser Helligkeitsstufe war 1976 mit -3 mag der Komet West. 1965 wurde der Komet Ikeya-Seki mit -7,0 mag beobachtet.
15. Januar 2007: Eine überaus freundliche Wetterneigung bei blauem Himmel über Süddeutschland ließ auf weitere Sichtungen am Tag hoffen. Der Komet konnte am 14. Jan. jedoch nur noch als fahl scheinende Kugel in einem 8-SC-Teleskop gegen 13:00 Uhr gesichtet werden. Am 15. Januar ging gar nichts mehr. Im Vergleich zum 13. herrschte eine diffuse helle Hintergrundstrahlung, die den Kometen in seinem Kontrast nicht mehr abhob.
4 Ein Flugzeug fliegt am 13. Jan. 2007 am Kometen
C/2006 P1 (McNaught) vorbei. 63/860-mm-Refraktor und Canon EOS 20D. Alle Aufnahmen: Thorsten Böckel.

Lovejoy
von Norbert Guthier
Wir waren gerade im tropisch heißen Darwin gelandet und hatten übermüdet im Hotel eingecheckt, als mein Handy klingelte und ich einen Anruf von meinem Bruder erhielt. Was für eine Katastrophenmeldung würde mich jetzt erwarten, schoss es mir durch den Kopf. ,,Alles hier in Ordnung", meinte er und des Weiteren verstand ich: ,,Lovejoy ist am Himmel". Aha, alles klar, jetzt ist er völlig durch den Wind. Doch schnell wurde mir klar, dass er einen neu entdeckten Kometen meinte, der von einem australischen Amateurastronomen namens ,,Lovejoy" erstmals gesichtet wurde. Mich indes interessierte zuerst einmal, wie man überhaupt zu solch einem Nachnamen kommt und ob man dann überhaupt noch ernst genommen wird. ,,Lovejoy" - großartig! Genauso außergewöhnlich wie dieser Name war der Komet, den Terry Lovejoy entdeckt hatte. Als ich die Nachricht - und damit die Bitte, diesen dreckigen Eisklotz zu fotografieren - bekam, war es sehr wahrscheinlich, dass dieser - unsichtbar für alle Astronomen - sang- und klanglos während seines Vorbeiflugs hinter der Sonne in selbiger verschwinden würde. Seine vorhergesagte Flugbahn in gerade mal 140.000 Kilometern Abstand von der Sonnenoberfläche und die Tatsache, durch die Millionen Grad heiße Korona fliegen zu müssen, ließ mich hoffen,

1 Sich am Horizont zusammenballende Gewitter der ,,wet season";
Aufnahmedaten: 30s, f/3,2, ISO 1000, 70-mm-Objektiv

die nächsten Nächte in Ruhe durchschlafen zu können.
Um diese Jahreszeit beginnt im nördlichen Australien die ,,wet season", das heißt, riesige Gewitterwolken türmen

sich auf und entladen sich meist abends oder nachts und es kann zu Regenfällen kommen, bei denen man sich wundert, dass soviel Wasser aus einer Wolke stürzen kann. Das Wort ,,Regen" vermittelt dabei vielleicht die falsche Vorstellung

2 Die Zeit scheint im australischen Outback keine große Rolle zu spielen.
Aufnahmedaten: 1/15 s, f/7,0, ISO 640, 35-mm-Objektiv
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Helle Kometen

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von diesem Event, bei dem bis zu 800 Millimeter Niederschlag an einem Tag und nicht, wie bei uns, in einem Jahr niederprasseln. Ein weiterer Grund, nicht mit der Kamera nächtens im Freien zu stehen.
Wir begannen unsere Reise gen Perth mit einem 4x4-Camper, und obgleich wir noch keine extremen Niederschläge hatten, waren schon etliche Nationalparks geschlossen. ,,Road closed due to floodings" stand dann ein Schild quer über die Straße, und um uns jeden Spaß am Erkunden der tatsächlichen Wassertiefe zu nehmen, kam oft noch ein Schild ,,beware of crododiles" oder ,,crocodiles inhabit this water" hinterher. Und die ,,salties", wie die Krokodile an den nördlichen Küsten und Flüssen Australiens genannt werden, sind recht stattliche Erscheinungen mit bis zu neun Metern Länge. Die Länge ihrer Zähne will man dann schon gar nicht mehr wissen.
3 Komet Lovejoy nach seinem
Vorbeiflug an der Sonne - jetzt bereits wieder mit voll ausgeprägtem Gas- und Staubschweif. Aufnahmedaten: 30 s, f/2,8, ISO 1250, 70-mm-Objektiv

4 Der ,,Weihnachtskomet" 2011 - zumindest auf der Südhalbkugel.
Aufnahmedaten: 30s, f/2,8, ISO 1600, 16-mm-Objektiv

Als Lovejoy auf dem Weg zu seinem Sonnenmeeting war, sollte man ihn abends, kurz nach Sonnenuntergang sehen können, doch was wir zu sehen bekamen, waren spektakuläre Sonnenuntergänge mit dramatischen Wolkenformationen. Von Lovejoy indes keine Spur.
Eine Mail von meinem Bruder erreichte mich im australischen Outback, bei einer der seltenen Gelegenheiten, wieder einmal Internetempfang zu haben. Wir durchreisten nämlich das Gebiet der Kimberleys und das hat in etwa die Ausmaße der Bundesrepublik. Während hier bei uns aber 82 Millionen Einwohner auf dieser Fläche angesiedelt sind, leben in den Kimberleys lediglich 40.000 Menschen, von denen noch mal die Hälfte das Gebiet in der ,,wet season" verlassen, da sie ansonsten durch die überfluteten Straßen von der Außenwelt abgeschnitten wären. Wenn dann nach einigen tausend Kilometern ,,wilderness" die nächste ,,Stadt" mit wenigen hundert Einwohnern auftaucht, akzeptiert man auch, dass sich nicht gleich am Ortsein-

gang ein Internetcafe befindet, zumal sich die Zeitabstände der Durchreisenden eher in Stunden denn in Minuten bemessen lassen. Jedenfalls war mein Bruder völlig aus dem Häuschen, dass Lovejoy sein Rendezvous mit der Sonne nicht mit seiner Existenz bezahlt hatte. Lediglich seinen Schweif habe er bei seinem engen Vorbeiflug verloren (an dieser Stelle muss ich mich wirklich mit Allegorien zurückhalten!), und auch dieser Verlust sei zu verschmerzen, denn der Komet bilde rasch einen neuen Schweif aus und sei jetzt am Morgenhimmel zu sehen.
In den ersten Nächten genügte ein Blick aus dem Fenster unseres Autos und man konnte sich getrost auf die andere Seite drehen, um weiterzuschlafen. Zumindest eine Hochbewölkung verhinderte stets die Sicht, und wenn ich doch mal das Auto verließ, wurde ich oft von einem dramatischen Morgenrot begrüßt, das in den Tropen sehr rasch einer gleißenden Sonne zum Opfer fällt. Von Lovejoy indes keine Spur.
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Helle Kometen

Am 22. Dezember erreichten wir Derby und checkten auf der dortigen Campsite ein. Die Uhr über dem Counter zeigte exakt, wie die Stunde im Outback schlägt.
Für die Nacht suchten wir uns einen Schlafplatz außerhalb des Ortes mit einem möglichst freien Blick gen Osten. Um 3.30 Uhr war´s dann endlich soweit: Da war er, Lovejoy mit seinem nagelneuen Schweif (Abb. 3). Wow, noch nie hatte ich einen derartigen Kometen gesehen, und so schickte ich noch am gleichen Tag die Aufnahme zu meinem Bruder, der sogleich aus dem Häuschen geriet.
Am nächsten Tag brachen wir zur Windjana George auf. Keinerlei Reifenspuren auf dem roten Lehmboden der Piste verrieten, dass seit dem letzten Regen, der sicher schon einige Tage zurücklag, hier keiner mehr entlanggefahren war. Und richtig: Am Ende des Weges kam schon in Sichtweite der George das vertraute ,,road closed"-Schild ins Blickfeld.
Aber so dicht am Ziel wollten wir nicht mehr umkehren. Wir fanden einen Weg in den Eingang der Schlucht und folgten überwachsenen Pfaden in deren Inneres. Unsere Fußabdrücke waren die einzigen

auf dem Track, vielleicht die einzigen seit Wochen. Die Sandbänke zeigten nur Spuren von Vögeln und Krokodilen. Wir hatten das Gefühl, die einzigen Menschen auf dem Planeten zu sein.
In der kommenden Nacht, Heiligabend, übernachteten wir erneut im ,,nowhere" in der Hoffnung, am nächsten Morgen den Kometen möglichst ohne ,,Fremdlicht" wieder vor die Linse zu bekommen. Kleine Wolken in der Ferne zogen beständig über den nächtlichen Himmel und machten es spannend, aber letztlich war dann doch freie Sicht auf den weihnachtlichen Kometen (Abb. 4). Was für ein prächtiges Event für alle Esoteriker: Ein Jahr vor dem Ende des MajaKalenders und ein Unheil ankündigender Komet taucht auf - und dann auch noch pünktlich zu Weihnachten!
Doch uns nervten lediglich Myriaden von Fliegen, die urplötzlich mit dem aufdämmernden Licht über uns herfielen. Unser geplantes Frühstück unter freiem Himmel am Rande der legendären Gibb River Road verlegten wir bei laufender Klimaanlage daher in die Fahrerkabine. Schade, aber nicht wirklich ein Weltuntergang.

Mein Bruder schrieb mir, dass er das Schwänzchen von Lovejoy mit ... Grad bestimmt hätte und seine Helligkeit betrüge ... mag. Aha, dachte ich und schloss daraus, ich solle doch bitte die nächsten Nächte weiterhin Ausschau nach seiner Entwicklung halten. Doch am 28. Dezember war das Spektakel dann für uns vorbei. Lovejoy verblasste zusehends, das konnte ich schon bei einer meiner letzten Aufnahmen feststellen und die neuerlich aufziehenden Gewitterwolken bedeuteten uns, dass wir die Nächte getrost wieder schlafen konnten. ,,The Lovejoy-Show was over."
Es gibt sehr viele Gründe, nach Australien zu fliegen und der nächste steht schon vor der Tür: die totale Sonnenfinsternis im November diesen Jahres. Und dies ausgerechtet in der Nähe unserer australischen Freunde bei Port Douglas. Daher hier der absolute Geheimtipp für all jene, deren Weg ins tropische Queensland führt: ,,accomodation at the botanical ark". Wer neugierig ist, findet auf meiner Website www.guthier.com/travel-videos. html unter ,,tranquilla" ein kleines Video dazu. Und auch weitere Bilder unserer Australienreise sind dort zu entdecken.

Erfahrungen bei der DSLR-Fotografie heller Kometen
von Michael Hauss

Da helle Kometen meist auch recht ausgedehnte Himmelsobjekte sind, sind für deren Fotografie bekanntermaßen lichtstarke Teleskope mit kurzen Brennweiten von Vorteil. Lange Belichtungszeiten bei optimalen Beobachtungsbedingungen zeigen die Kometen dann in ihrer vollen Schönheit! Doch auch Besitzer von langbrennweitigen Systemen kommen bei den hellen Kometen auf ihre Kosten. Und wie hier gezeigt werden soll, auch dann, wenn die Beobachtungsbedingungen nicht optimal sind, weil etwa die Gartensternwarte in einer Vorstadt angesiedelt ist.
Für die recht weit verbreiteten SchmidtCassegrain-Teleskope (SCT) bietet es sich an, einen Fokalreduktor einzusetzen, um
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so die Brennweite zu reduzieren. Bei meinem Meade LX90 lässt sich so die Brennweite von 2000 mm immerhin auf 1260 mm reduzieren. Jedoch ist die Bildqualität am Bildrand nicht optimal, was aber beim Einsatz einer handelsüblichen digitalen Spiegelreflexkamera (DSLR) eine untergeordnete Rolle spielt, da diese - im Vergleich zum früheren 36-mm-BildStandard - wiederum Brennweiten verlängernd wirkt.
Alles in allem wird man mit einem SCT, einem Fokalreduktor und einer handelsüblichen DSLR auf einen brauchbaren Himmelsausschnitt von 20-30 kommen, also knapp die Vollmond-Größe. Kometen mit größeren Ausmaßen können

folglich nicht mehr in voller Größe abgebildet werden, aber der - meist besonders helle - zentrale Bereich lässt sich so sehr gut und nicht selten eindrucksvoll ablichten. Helle Kometen befinden sich oft in Erdnähe, was wiederum die unangenehme Nebenerscheinung hat, dass sie sich sehr schnell über den Himmel bewegen können. In extremen Situationen reichen schon rd. 1-2 Minuten aus, in denen der Komet sich erkennbar zwischen den Sternen bewegt.
Für den hinsichtlich Beobachtungsbedingungen oft nicht besonders verwöhnten Amateur bietet sich hier eine Gelegenheit, das Notwendige mit dem Nützlichen zu verbinden. Und zwar, indem er viele

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Helle Kometen

Die hier präsentierten Fotos zeigen meine Ergebnisse an folgenden hellen Kometen:

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Helle Kometen

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1+2 Komet 17P/Holmes: Dieser Komet überraschte mit
einem spektakulären Helligkeitsausbruch am 23.10.2007 und wurde im Maximum rd. 2,4 mag hell [5]. Aufnahmedaten Bild 1: Komet 17P/Holmes am 31.10.2007 um 17:58 UT. Das Foto ist eine Überlagerung von neun Einzelbildern und hat eine Gesamtbelichtungszeit von 4,1 min. (Canon EOS 350D, ISO 800). Deutlich erkennbar ist der schalenförmige Aufbau der Koma und der besonders helle ,,false nucleus". Aufnahmedaten Bild 2: Komet 17P/Holmes am 12.11.2007 um 21:12 UT. Das Foto ist eine Überlagerung von acht Einzelbildern und hat eine Gesamtbelichtungszeit von 5,2 min. (Canon EOS 350D, ISO 1600). Im Vergleich zur Abb. 1 hat sich der Komet innerhalb von rd. zwei Wochen deutlich vergrößert. Die Koma ist viel ausgedehnter und der ,,false nucleus" erscheint als eine sehr längliche, zentrale Verdichtung.
3 Komet 8P/Tuttle: Dieser Komet wies im Jahreswech-
sel 2007/2008 eine besonders günstige Sichtbarkeit auf und wurde im Maximum rd. 5,7 mag hell [5]. Aufnahmedaten: Komet 8P/Tuttle am 30.12.2007 um 19:30 UT. Das Foto ist eine Überlagerung von elf Einzelbildern und hat eine Gesamtbelichtungszeit von 9,2 min. (Sony A700, ISO 3200).
4 Komet C/2009 K5 (McNaught): Dieser Komet war
einer der hellsten Kometen des Jahres 2010 und wurde im Maximum rd. 8,1 mag hell, was aus fotografischer Sicht getrost noch als ,,hell" bezeichnet werden darf [6]. Aufnahmedaten: Komet C/2009 K5 (McNaught) am 02.06.2010 um 21:45 - 22:33 UT. Das Foto ist eine Überlagerung von 40 Einzelbildern und hat eine Gesamtbelichtungszeit von 46,7 min. (Canon EOS 500D, ISO 1600).
5
Komet 103P/Hartley: Dieser Komet, der zudem Besuch von der US-Raumsonde ,,Deep Impact" bekam, war der hellste Komet des Jahres 2010 und wurde im Maximum rd. 5,0 mag hell [6], [7]. Aufnahmedaten: Komet 103P/ Hartley am 12.10.2010 um 19:53-20:47 UT. Das Foto ist eine Überlagerung von 52 Einzelbildern und hat eine Gesamtbelichtungszeit von 47,7 min. (Canon EOS 500D, ISO 3200).
6 Komet C/2009 P1 (Garradd): Dieser Komet ist wohl
der hellste Komet des Jahres 2011 und erreicht im Herbst eine Helligkeit von ca. 7,2 mag [8]. Aufnahmedaten: Komet C/2009 P1 (Garradd) am 14.09.2011 um 19:55-20:39 UT. Das Foto ist eine Überlagerung von 61 Einzelbildern und hat eine Gesamtbelichtungszeit von 40,7 min. (Canon EOS 500D, ISO 3200).

Aufnahmen gleicher (kurzer) Belichtungszeit erstellt und diese dann später im Computer so verarbeitet, dass das Foto auf den Kometen zentriert ist und sich folglich die Sterne zu Strichen verziehen. Diese Methodik spielt gerade denjenigen Amateuren in die Hände, deren Ausrüstung Belichtungszeiten von mehr als zwei Minuten nicht zulässt, weil entweder eine azimutale Aufstellung für eine Bildrotation sorgt, die automatische Nachführung nicht präzise genug ist, oder aber einfach, weil der Himmel wegen der Lichtverschmutzung nicht dunkel genug ist.
Ich habe mir im Laufe der Jahre eine auf meine persönlichen Beobachtungsbedingungen und mein eigenes Instrumentarium abgestimmte Methodik erarbeitet, mit der zufriedenstellende Ergebnisse erreicht werden können: - Erstellung von Reihenaufnahmen mit gleichen Parametern
(Belichtungszeit und ISO-Einstellung) mit einer digitalen Spiegelreflexkamera [1]. - Division der Einzelbilder durch ein ,,Flat" mit dem Programm ,,Fitswork" als Batch-Prozess, das die Randabdunklung wegrechnet [2].
Da bei mir der aufgehellte Himmelshintergrund als größtes Problem zu sehen ist, habe ich gute Erfahrungen mit einem ,,MasterFlat" gemacht, welches ich mir einmal erstellt habe. Durch die Division (statt der Subtraktion) der Bilder sind die ,,normierten" Einzelfotos recht gut für eine weitere Verarbeitung geeignet.
- Stacken der Einzelaufnahmen mit dem Programm ,,DeepSky Stacker" [3] und [4]. Dabei werden die Einzelfotos zunächst registriert und dann auf den Kometen zentriert gestackt. Dadurch werden die Sterne zu Strichen verzogen, wenn sich der Komet sehr schnell über den Himmel bewegt, was wiederum diese Bewegung quantitativ dokumentiert.
- Nachbearbeitung des so entstandenen Fotos mit einem Bildverarbeitungsprogramm (Ausschnitt festlegen, Kontraste erhöhen etc.). Diese Methodik erfüllt meine persönlichen Ambitionen als Amateur und liegt in dem mir zur Verfügung stehenden zeitlichen Rahmen. Im Laufe der Zeit wird diese aber natürlich immer weiter entwickelt und wer weiß, was für Resultate in Zukunft noch erreicht werden können. Ich bin überzeugt davon, dass gerade die besonderen Herausforderungen und die daraus resultierende Notwendigkeit der Entwicklung und Optimierung eigener Methodiken die Fotografie von Kometen so interessant machen!
Die prächtigen Beobachtungsmöglichkeiten des Kometen 17P/ Holmes nach dessen Helligkeitsausbruch im Jahre 2007 und das nahezu zeitgleiche Auftreten des hellen Kometen 8P/Tuttle lenkten meine Aufmerksamkeit auf die Fotografie von Kometen. Da Kometen in besonderer Weise für Überraschungen sorgen können, ist dies ein immerwährendes spannendes Beobachtungsfeld, das mich bis heute sehr fesselt! Wie die vielen Kometenfotos auf der VdS-Seite der Kometengruppe [9] eindrucksvoll belegen, lässt sich grundsätzlich jedes Instrument mit seinen spezifischen Vor- und Nachteilen für Kometenbeobachtungen einsetzen. Man muss es nur ausprobieren, spezifische Techniken entwickeln bzw. weiter entwickeln und sich auf diese Weise für seine persönlichen
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Helle Kometen

Randbedingungen sein eigenes KnowHow aufbauen. Und schon steht einem die Tür weit offen, sich mit dem unglaublich spannenden Thema der Kometenfotografie erfolgreich zu beschäftigen!
Alle Fotos in diesem Beitrag, die die Ergebnisse der hier vorgestellten Methodik dokumentieren sollen, sind mit einem 8-SCT mit Fokalreduktor und einer daraus resultierenden Brennweite von 1.260 Millimetern aus einem Randbereich von Frankfurt gemacht worden. Eingesetzt wurden die DSLRs Canon EOS 350D, Sony A700 und Canon EOS 500D. Die Original-Aufnahmen von 2007 habe ich mit den mir heute zur Verfügung stehenden Mitteln nochmals komplett neu bearbeitet und damit erheblich verbesserte

Ergebnisse erhalten. Es lohnt sich also immer, die Originalaufnahmen gut dokumentiert zu archivieren und bei Zeiten nochmals neu zu bearbeiten!
Internet- und Literaturhinweise: [1] Michael Hauss, 2010: ,,Erste Erfah-
rungen mit der Canon EOS 500D", VdS-Journal 32 (2010), 70 - 73. [2] Fitswork - Bildverarbeitung für Astrofotografien inkl. Anleitung: http://www.fitswork.de/software/ [3] Berthold Schneider, 2010: ,,DeepSky-Stacker Schnellkurs", sternzeit 3/2010, 35-139. [4] DeepSkyStacker inkl. Anleitung: http://deepskystacker.free.fr/german/index.html

[5] Schweifstern - Mitteilungsblatt der FG Kometen der VdS, Heft 126 (April 2008); http://kometen.fg-vds. de/schweifstern/schw126.pdf .
[6] Schweifstern - Mitteilungsblatt der FG Kometen der VdS, Heft 138 (November 2010); http://kometen. fg-vds.de/schweifstern/schw138.pdf
[7] Schweifstern - Mitteilungsblatt der FG Kometen der VdS, Heft 139 (Februar 2011); http://kometen.fg-vds. de/schweifstern/schw139.pdf .
[8] Schweifstern - Mitteilungsblatt der FG Kometen der VdS, Heft 140 (September 2011); http://kometen. fg-vds.de/schweifstern/schw140.pdf
[9] Internet-Auftritt der Fachgruppe Kometen der VdS: http://kometen. fg-vds.de/

Fotografie schwacher Kometen

von Bernhard Häusler

Die Faszination der Fotografie heller Kometen führt in direkter Linie auch zur Beobachtung schwacher Kometen, denn mit den CCD-Detektoren eröffnen sich dem Amateur heute völlig neue, zeitlose Perspektiven. Für die Erstellung guter Bilder von Hale-Bopp, Hyakutake und Co. brauchte der Astrofotograf früher dunkle Standorte auf hohen Bergen und viel Geduld, bis endlich wieder mal ein hellerer Komet am Nachthimmel erschien. Die damals verwendeten Filme waren besonders im Flachland praktisch ungeeignet für die Abbildung schwächerer Kometen. Mittels einer CCD-Kamera kann heute jeder Astrofotograf fast unabhängig vom Standort jederzeit Asteroiden und Kometen aufnehmen und einer vielfältigen Nutzung zuführen. Dazu möchte ich in meinem Aufsatz einige Tipps und Hinweise geben. Denn für mich persönlich eröffneten sich mit der Beschäftigung der Fotografie von kleinen Objekten aus unserem Sonnensystem vorher nie geahnte Möglichkeiten der Kommunikation mit Amateuren und Astronomen weltweit.

1 Komet C/2009 P1 (Garradd) am 19.11.2011. Summenbild zentriert auf den
Kometen von 26 Einzelbildern mit je 2 min Belichtungszeit. 11,18 mag (gemessen mit Blende 10 x 10). Norden oben, Osten links

Mein Standort liegt etwa fünf Kilometer Luftlinie nördlich von Würzburg, einer Stadt mit 130.000 Einwohnern. Die Lichtverschmutzung ist erheblich, wenn auch nicht katastrophal. Die visuelle Helligkeitsschätzung von Kometen mittels anerkannter Methoden nach Sidgwick
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oder Bobrovnikoff kostet mich mindestens eine Größenklasse Ungenauigkeit, wenn ich meine Messungen mit denen der Fachgruppenkollegen vergleiche. Mehr Sinn macht es also für meinen Standort, sich elektronischer Mittel zu

bedienen. Auf meinem durchschnittlichen Beobachtungsterrain erreicht meine CCD-Kamera ST-10XME von SBIG aufgesattelt auf mein 12-LX200-Classic Kometen und Asteroiden bis ca. 20 mag, abhängig von der relativen Bewegungs-

Helle Kometen

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geschwindigkeit der Objekte gegen den Sternhintergrund und der Qualität des Nachthimmels.
Die sichtbaren Kometen der Beobachtungsnacht sollten immer aktuell in Planetariumsprogramme wie Guide oder TheSky geladen werden, da die Bahnelemente laufend angepasst werden. Die Bahnelemente können von der Seite des IAU Minor Planet Centers [2] geladen werden, falls dies nicht automatisch möglich ist.
Hat man sich für einen oder mehrere Kometen entschieden, rät es sich, die relative Geschwindigkeit VKomet der Objekte zur Beobachtungszeit zu ermitteln. Denn von genau dieser Geschwindigkeit hängt die maximale Belichtungszeit pro Bild ab, mit der sinnvollerweise der Komet fotografiert werden sollte. Als ein sehr nützliches Programm dafür hat sich das Programm Orbitas unserer spanischen Kometenfreunde [3] herausgestellt. Oder man ermittelt die Ephemeriden auf der MPC-Seite [4].
Bei gutem Seeing und sehr guter Durchsicht sollte folgende Formel verwendet werden:
(1) Bel.zeit (s) = [Auflösung CCD-Bild (/Pixel) : VKomet (/min) ] x 60
Alternativ ist auch folgende Formel anwendbar:
(2) Bel.zeit (s) = [(øFWHM : 2) :
VKomet (/min) ] x 60
Die zweite Formel errechnet die maximale Belichtungszeit in Sekunden unter Berücksichtigung des durchschnittlichen FWHM, welches man mit seinem Instrument normalerweise erreichen kann. In der Regel verwende ich allerdings die Formel nach Auflösung der CCD-Kamera in Bogensekunden pro Pixel, da ich meine Bilder für astrometrische Zwecke verwende. Zum Erreichen guter Bilder mit punktförmiger zentraler Kondensation des Kometen genügt auch die 2. Formel. Aufgrund des steigenden Risikos, bei langer Belichtungszeit den Leitstern zu verlieren, integriere ich in der Regel nie länger als fünf Minuten pro Bild, auch wenn das Objekt längere Belichtungszeiten zuließe.

2 Komet 81P/Wild am 12.03.2010. Summenbild zentriert auf den Kometen und
die Sterne von elf Einzelbildern mit je 3 min Belichtungszeit. 12,69 mag (gemessen mit Blende 10 x 10). Norden oben, Osten links

3 Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko am 19.03.2009. Summenbild zentriert
auf den Kometen von 16 Einzelbildern mit je 1 min. Belichtungszeit. Aufnahme Bernhard Häusler.

Je nach Geschwindigkeit des Objektes erreicht man mit den errechneten Belichtungszeiten eine gute Sättigung des Einzelbildes oder eben auch nicht. Bilder mit schlechtem Signal-Rauschverhältnis (SNR), welche durch kurze Belichtungszeiten oder auch lichtverschmutztem Nachthimmel entstanden, werden mit

Hilfe eines Verarbeitungsprogrammes wie Astrometrica, Astroart oder MaxIm DL addiert, um das Signal-Rauschverhältnis der Gesamtaufnahme zu verbessern. Die einfachste und schnellste Methode zur Bildaddition bewegter Objekte bietet die ,,Track and Stack"-Funktion von Astrometrica von Herbert Raab, wel-
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Helle Kometen

4 Komet 19P/Borrelly am 20.03.2009. Summenbild zentriert auf den
Kometen und die Sterne von 24 Einzelbildern mit je 5 min Belichtungszeit. 17,18 mag (gemessen mit Blende 10 x 10). Norden oben, Osten links. Alle Aufnahmen: Bernhard Häusler

ches die aktuelle Bewegung des Objektes automatisch ermitteln kann. Die dabei entstehenden Summenbilder erzeugen Strichspuren bei den Sternen und punktförmige zentrale Kondensationen der Kometen (Abb. 1).
Wie in Abb. 2 erkennbar, kann man durch Nachbearbeitung der Aufnahmen eine Kombination von punktförmigen Sternen und punktförmigen Kometenkernen erzielen. Dazu gibt es unterschiedliche Methoden je nach Gusto und Übung. Im Beispiel des Kometen 81P/Wild wurden 11 Bilder mit je 3 Minuten Belichtungszeit zweimal addiert, einmal auf die Sterne und ein weiteres Mal auf den Kometen mittels Astrometrica. Die beiden Bilder wurden anschließend mit Photoshop kombiniert und manuell nachbearbeitet. In diesem Fall wurden die Strichspuren des Kometenbereichs weggestempelt und die Sterne des anderen Bildes in den Kometenbereich hineinkopiert. Bei dieser Methode bleiben die Informationen der Kometenabbildung insgesamt erhalten. Andere Amateure wie Michael Jäger und Rolando Ligustri haben dafür eigene Methoden entwickelt.
Die ESA-Raumsonde Rosetta wird in den Jahren 2014 und 2015 den Kometen 67P/ Churyumov-Gerasimenko für ein Jahr aus unmittelbarer Nähe untersuchen und einen Lander auf ihm absetzen. Dieser Höhepunkt der Kometenforschung wird
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uns eine völlig neue Sicht auf die Entwicklung eines Kometen geben, der sich seinem nächsten Perihel nähert. Auf meinen Bildern aus dem Jahre 2009 bei seiner letzten größten Annäherung an die Sonne, zeigte der Komet eine faszinierende Struktur, was auf einen sehr aktiven Kometen schließen lässt (Abb. 3).
Die Einzigartigkeit dieses Kometen erhellt die Geometrie seiner Ausgasungen auf eindrucksvolle Weise. Die Koma des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko fächerte sich in südliche Richtung auf und hatte zum Aufnahmezeitpunkt einen Durchmesser von ca. einer Bogenminute. Der deutlich sichtbare Strahl in westliche Richtung zeigt mit ca. vier Bogenminuten Ausdehnung und einem Positionswinkel von 243 Grad fast direkt in Richtung Sonne, die sich zum Aufnahmezeitpunkt auf Positionswinkel 250 Grad befindet. Nur angedeutet kann man einen Schweif in östlicher Richtung erkennen, der sich ca. drei Bogenminuten weit erstreckt.
Auch der Komet 19P/Borrelly, den die Raumsonde Deep Space 1 im Jahre 2001 besuchte, zeigte signifikante Strahlen, die dem Schweif quasi entgegengesetzt waren und aus dem Bereich der Oberfläche des Kometen stammten, der der Sonne zugewandt war. Die zweidimensionale Perspektive des Bildes von 67P/ wird die Sonde Rosetta in eine korrekte dreidimensionale Geometrie transferieren und

die wahren Ereignisse auf dem Kometen dokumentieren. Schon heute können wir uns auf ein nie zuvor gesehenes Spektakel freuen, das die Sonde zur Erde übermitteln wird.
Sehr schwache Kometen stellen eine weit größere Herausforderung für den Astrofotografen dar. Normalerweise zeigen sich Kometen unter 17 mag meist als kleine Lichtflecke mit angedeuteter Koma und - wenn überhaupt - kleinen Schweifen. Ganz anders präsentierte sich 19P/ Borrelly im März 2009, ca. acht Monate nach seinem letzten Perihel. Er erfüllte die Erwartungen voll und ganz, die man nach dem Besuch der Raumsonde Deep Space 1 erwarten konnte. Auf Bildern wie in Abb. 4 sah man eindrucksvoll den etwa 2 AE von der Erde entfernten Kometen mit seinen Stahlen und seiner komplexen Schweif- und Komastruktur. Die signifikanten Strahlenstrukturen in Richtung Westen sind der Sonne zugewandt und zeigen die Ausströmungen der von Deep Space 1 entdeckten Jets, welche sich gegen den Sonnenwind stemmten. Insgesamt bilden die Staubemissionen eine vogelähnliche Form, eine Struktur der ganz besonderen Art.
Die kleine Verdickung gleich westlich neben der zentralen Kondensation in Richtung des sonnenzugewandten Strahles war vermutlich ein Jet-Ereignis, wie Dr. Nalin Samarasinha vom PSI Planetary Science Institute [5] mir schrieb. Die Entdeckung dieses Ereignisses ließ mich und einige Amateure zunächst vermuten, es handele sich eventuell um ein Bruchstück. Dr. Samarashina klärte uns allerdings auf, dass Bruchstücke vom Sonnenwind normalerweise in Richtung des eigentlichen Schweifes gedrückt werden, und nicht in Richtung der Sonne. Immerhin war meine Entdeckung einer zweiten Kondensation eine IAUC-Meldung wert (IAUC 9044). Wichtiger war allerdings das Erlebnis der Zusammenarbeit mit Amateuren aus Italien, Frankreich und Spanien, die sich zusammen mit mir engagiert mit dem Jet-Ereignis beschäftigten.
Die Fotografie mit aufgesattelten DSLRKameras sollte eine guter Einstieg in die Kometenfotografie sein. Kann man doch damit bei wirklich dunklem Nachthimmel sehr schöne, farbige Bilder von helleren

Helle Kometen

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Kometen aufnehmen. Die Verwendung einer lichtempfindlichen monochromen CCD-Kamera eröffnet dem Amateur allerdings vielschichtige Anwendungsmöglichkeiten. Die erzielten .FITS-Bilder sind grundsätzlich Astrometrie-tauglich und können mit Hilfe von Astrometrica im Zusammenhang mit einem MPC-Beobachter-Code an das Minor Planet Center weitergeleitet werden. Seit 2009 habe ich ca. 3500 Einzelmessungen von Asteroiden und Kometen mit meinem Code B82 Maidbronn an das MPC gesandt. Außerdem können die .FITS-Bilder photometrisch verarbeitet werden. Dabei unterstütze ich die spanische Fachgruppe Cometas_Obs und die italienische C.A.R.A-Gruppe. Auch in unserer deut-

schen Fachgruppe beschäftigen sich Uwe Pilz und ich mit der Verwertung der Messungen. Uwes selbst geschriebenes Programm ermittelt dabei photometrische Af-Werte aus den mittels Astrometrica und Focas erzielten Messungen. Unser Ziel ist es, die visuellen Beobachtungsergebnisse mit denen der CCD-Kamera vergleichbar zu machen. Dafür brauchen wir interessierte Amateure, die durch ihre Messungen einen wichtigen Beitrag dafür leisten möchten.
Wer Interesse an den Aktivitäten der Fachgruppe hat und mitmachen möchte, kann sich gerne an Uwe Pilz oder mich wenden. Meine Email-Adresse lautet: bernhard.haeusler@t-online.de

Internethinweise: [1] Website des Autors: http://www.
amication.de/Bernhards_Comet_ Project/ [2] Seite des Minor Planet Centers: http://www.minorplanetcenter.net/ iau/Ephemerides/SoftwareEls.html [3] Website des Programms ,,Orbitas": http://astrosurf.com/orodeno/ orbitas/Orbitas.rar [4] Ephemeriden des MPC: http://www. minorplanetcenter.net/iau/MPEph/ MPEph.html [5] Website des Planetary Science Institutes: http://www.psi.edu/

CCD-Photometrie heller Kometen - der Parameter
von Uwe Pilz und Bernhard Häusler

Visuelle Helligkeitsmessung Die visuelle Helligkeitsmessung hat eine lange Tradition. Die Methode zielt darauf

ab, einen Kometen mit Sternen bekannter Helligkeit zu vergleichen. Gemessen wird die Gesamthelligkeit von Koma und

Schweif. Das Verfahren ist bei geeigneter Wahl des Beobachtungsinstruments sehr genau, da das Auge bei indirektem Sehen

1 Der Komet 17P/Holmes zeigte am 30. Oktober 2007 eine schwache äußere Koma. Aufnahme: Norbert Mrozek
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in der Lage ist, den gesamten Lichtstrom über der Hintergrundhelligkeit vergleichend zu ermitteln, unabhängig von der scheinbaren Objektgröße. Dies funktioniert gut für einigermaßen kompakte Kometen, deren Koma im Instrument nicht größer als 1 Grad erscheint. Das Instrument ist also so zu wählen, dass bei minimaler Vergrößerung dieser Wert nicht überschritten wird. Wenn dies nicht beachtet wird, unterschätzt das Messergebnis die Helligkeit. Die Hauptursache der verbleibenden Differenzen erfahrener Beobachter liegt in verschiedenen atmosphärischen Bedingungen begründet. Eine schwache, aber ausgedehnte äußere Komaschale kann erheblich zur Gesamthelligkeit beitragen. Der Beobachter mit den schlechteren Bedingungen nimmt diese möglicherweise nicht wahr. Das prominente Beispiel für diesen Effekt war der Ausbruch den Kometen 17P/Holmes in seiner Spätphase (Abb. 1).
Die konventionelle CCD-Photometrie Die Bildaufnahme-Elemente elektronischer Kameras sammeln Ladungen. Eine Addition dieser Ladungen führt auf einem direkten Weg zur Helligkeit von Sternen und Kometen, wenn die Hintergrundhelligkeit subtrahiert wird. Allerdings dürfen die Pixel bei der Belichtung nicht in die Sättigung geraten. Dieses vom Prinzip her ideale Verfahren scheitert, wenn große Bildfelder abgedeckt werden sollen. Die Berücksichtigung des Hintergrundes einschließlich einge-

2 Die Teilchen einer ungestörten
Kometenatmosphäre bewegen sich im Effekt radial. Jede Schale um den Kometenkern enthält dieselbe Menge Teilchen.
schlossener Sterne wird immer schwieriger, die Fehler steigen. Interessanterweise stört dies bei visueller Photometrie nicht im gleichen Maße - die Datenverarbeitungsanlage ,,Mensch" hat die besseren Algorithmen. Als Folge dieser Einschränkung wird üblicherweise nicht der gesamte Komet vermessen, sondern nur der innere Teil. Der für die Messung berücksichtigte Himmelsausschnitt wird

als Apertur bezeichnet. International hat sich eine Apertur von zehn Bogensekunden durchgesetzt. Dies führt bei kleinen und damit meist schwachen Kometen zu Ergebnissen, welche sich mit den visuellen Resultaten vergleichen lassen. Die üblicherweise visuell vermessenen, hellen Kometen haben jedoch Komadurchmesser von einigen Bogenminuten. Nur die innersten zehn Bogensekunden zu berücksichtigen bedeutet, einen Großteil der rückgestrahlten Energie nicht zu verwenden. CCD-Helligkeiten liegen in solchen Fällen oft einige Magnituden über den visuellen. Einen Ausweg aus diesem Dilemma bieten Multiapertur-Messungen, hierüber habe ich schon berichtet [1]. Dieses Vorgehen erweitert den Einsatzbereich der elektronischen Helligkeitsbestimmung, scheitert aber letztlich bei sehr ausgedehnten, hellen Kometen ebenfalls.
Der Parameter Aus der Gesamthelligkeit lässt sich das physikalische Geschehen der Kometenatmosphäre nur bedingt ableiten. Allgemein wird der Aktivitätsparameter bestimmt, ein empirisches Maß. Es gibt Ansätze zur Abschätzung der Gasentwicklung [2], aber diese lassen sich nur auf Kometen anwenden, die über einen langen Zeitraum beobachtet wurden. Elektronische Helligkeitsbestimmungen bieten einen eleganten Weg, nahezu direkt an das physikalische Geschehen der Kometenoberfläche heranzukommen.

3 Formeln zur Berechnung von
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4 Die Konstanz von gilt nur in einen Bereich der
Kometenatmosphäre. In der Nähe des Nukleus ist der Füllfaktor 1, weit außen wird das freie Abströmen gestört.

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Erdacht wurde diese Methode 1984 von Michael A`Hearn [3]. Er schlägt die Bestimmung des Parameters Af vor. Hierin ist A die Albedo der Kometenatmosphäre, d.h., der Anteil des vom Staub reflektierten Lichts. Der Füllfaktor f kennzeichnet den Flächenanteil reflektierenden Materials an der Gesamtfläche des zur Messung benutzten Himmelsfeldes. Der letzte Parameter stellt die lineare Ausdehnung des Messfeldes dar, also gemessen in Metern. kann aus der Messapertur einfach berechnet werden, wenn die Erdentfernung des Kometen bekannt ist. Füllfaktoren, die wesentlich kleiner als 1 sind, geben die Staubdichte der Kometenatmosphäre gut wieder. Bei f in der Nähe von 1 gilt dieser Zusammenhang nicht mehr. Ich möchte das an einem irdischen Beispiel erläutern: Wenn wir einen kleinen lichten Wald ansehen, dann können wir zwischen den Bäumen hindurch den Hintergrund sehen. Wir können einen Füllfaktor angeben, den die Bäume vom Hintergrund ausblenden. Wenn wir dies zur Vermeidung perspektivischer Effekte aus einer größeren Entfernung ansehen, ist der Füllfaktor ein gutes Maß für die Dichte an Bäumen. Bei der Betrachtung eines immer dichteren Waldes überdecken und verdecken sich Bäume. Der Zusammenhang zwischen Füllfaktor und Dichte ist schwächer. Bei einem völlig undurchsichtigen Wald lässt sich nichts mehr entscheiden, da wir kein Maß dafür haben, wie viele Bäume in der Sichtlinie stehen. Es ist nicht zu entscheiden, ob es ein mittelgroßer, un-

5 Komet C/2010 G2 (Hill) - Veränderung des
Entfernung von der Sonne

-Wertes bei Annäherung und

durchsichtiger Wald ist oder ein riesig ausgedehnter. Dieser Effekt hat für die Bewertung des Af-Wertes eine wichtige Bedeutung.
Af stellt den Anteil des Sonnenlichts dar, der von einem Ausschnitt der Kometenatmosphäre reflektiert wird und die Erde erreicht. Dieser Wert ist in weiten Grenzen unabhängig von selbst. Dies hängt mit dem Aufbau der Kometenatmosphäre zusammen (Abb. 2).
Die Staubteilchen bewegen sich radial nach außen. Solange dieses Abströmen nicht wesentlich gestört wird, befinden

sich in jeder Schale gleich viele Teilchen, also Staub. In Abb. 2 befinden sich in jeder Schale 20 Teilchen. Wenn wir den innersten Radius mit 1 kennzeichnen, dann ergibt sich hierfür ein Wert Af11. Der nächste Radius 2 ist doppelt so groß wie 1. In dieser Fläche 2 befinden sich doppelt so viele (40) Teilchen. Der Füllfaktor ist insgesamt nur halb so hoch. Doppelt so viele Teilchen, doppelter Radius, was der vierfachen Fläche entspricht. Es gilt also 2=2 · 1 und f2=f1/2. Da sich die Albedo beim Abströmen nicht ändert, bleibt der Wert Af unabhängig von selbst und damit unabhängig von der Messapertur. Dies gilt allerdings nur für
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ungestörte Kometenatmosphären wie in der Abbildung dargestellt. Die Außenbereiche der Atmosphäre mit ihrer geringen Teilchendichte sind dem Strahlungsdruck stärker ausgesetzt. Damit gilt die Konstanz von Af gegen bzw. die Apertur vor allem für ausgedehnte Kometen mit kräftiger Staubhülle bei Benutzung einer kleinen Apertur.
Dieser Wert eignet sich gerade für die Gruppe von Schweifsternen, wo die direkte Photometrie versagt. Die Berechnungsformeln für Af können der Abb. 3 entnommen werden.
Die physikalische Bedeutung des -Parameters
Abb. 4 zeigt den Verlauf des Af-Wertes über einen weiten Bereich von . Bei mittlerem gilt die oben besprochene Konstanz, bei sehr großen Aperturen erfassen wir gestörte Teile der Kometenatmosphäre. Der Füllfaktor sinkt stärker als von der Theorie des ungestörten Abströmens vorhergesagt, in der Folge verkleinert sich Af. Bei sehr kleinen Radien tritt das Phänomen des ,,dunklen Waldes"

ein. Nicht alle Teilchen der Kometenatmosphäre können Sonnenlicht zur Erde reflektieren, da sie sich aus der Sichtlinie des Beobachters gegenseitig überdecken. Für eine völlig opake Atmosphäre wird Af linear mit kleiner. A ist laut Modell also konstant, f ist konstant bei 1 und sinkt linear. Mit einer kleinen Idealisierung können wir den Grenzwert gr ermitteln, ab dem Af konstant wird. An dieser Stelle gilt f =1 und somit f= 1 · gr. Wir können also feststellen:
f ist die Dicke der opaken Kometenatmosphäre. Af ist die Dicke der opaken Atmosphäre, korrigiert um die Albedo.
Mit einer einfachen Messung können wir also die Größenordnung der undurchsichtigen Staubhülle ermitteln. Diese ist erstaunlich klein und bewegt sich zwischen wenigen Zentimetern bis hin zu Metern, meist unterhalb des Kilometerbereichs. Kometenatmosphären sind dünn (Abb. 5).
Der Af-Wert ist direkt mit der GesamtStaubproduktion verbunden. Die Ab-

strömgeschwindigkeit hängt ab von der Sublimationstemperatur, also der kinetischen Energie der verdampfenden Teilchen. Durch die Verdampfungskühlung wird diese Temperatur auch bei Annäherung an die Sonne weitgehend konstant gehalten. Auch wenn wir diesen Wert nicht genau kennen, führt seine Konstanz zur Folgerung:
Die Af-r-Kurve zeigt die relativen Veränderungen der Staubentwicklung bei verschiedenen Sonnenabständen r.
Literaturhinweise: [1] Pilz, U., Häusler, B., 2011.Visuelle
und CCD-Photometrie von Kometen: Angleich der Messwerte durch die Multiapertur-Methode. VdS-Journal 36/2011, 82-84 [2] Hübner, W. F., 1965. Über die Gasproduktion der Kometen. Zeitschrift für Astrophysik 63, 22-34 [3] A'Hearn, M. F., Schleicher, D. G., Feldmann, P. D., Millis, R. L., Thompson, D. T., 1984. Comet Bowell 1980b. The Astronomical Journal 89, 579-591

Das Internet als Informationsquelle
von Uwe Pilz

Deutschsprachige Quellen Die Vereinigung der Sternfreunde bietet Kometenbeobachtern einen guten Überblick über die Beobachtungsmöglichkeiten von Kometen. Für den Gelegenheitsbeobachter ist die Übersicht ,,Aktuelles" auf unserer Vereinsseite vds-astro.de ein nützlicher Einstieg: Hier wird regelmäßig über helle Kometen informiert (Abb. 1). In der Regel sind auch Aufsuchhinweise hinterlegt, sodass es sofort losgehen kann.

Die Internetseiten der Fachgruppe Kometen kometen.fg-vds.de informieren weit umfassender über die aktuellen Schweifsterne. In der Übersicht (Abb. 2) sind Kometen bis rund 14 mag berücksichtigt. Somit bietet diese Übersicht auch für gut ausgerüstete Beobachter einen vollständigen Überblick der in Frage kommenden Beobachtungsziele. Die Fachgruppe bemüht sich sehr um die Archivierung von Beobachtungsergeb-
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1 Rubrik ,,Aktuelles" des VdS-Internetauftritts

Helle Kometen

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2 Abb. rechts: Aktuelle Kometen
auf den Fachgruppenseiten

nissen. Von der Übersicht aus können Fotos und Beobachtungsergebnisse der aktuellen Schweifsterne direkt aufgerufen werden. Der Internetauftritt unserer Fachgruppe beherbergt ein umfangreiches Archiv von Beobachtungsergebnissen und Auswertungen. Die Fachgruppe Kometen stellt der Beobachtergemeinde zudem das weltweit größte öffentliche Archiv von Kometenfotos bereit, über 5000 Aufnahmen! Wir ermuntern alle Sternfreunde, ihre Fotos und Beobachtungsergebnisse an die Fachgruppe einzusenden.
Die visuelle Helligkeitsschätzung hat eine sehr lange Tradition in der Kometenbeobachtung und -forschung. Die

3 Abb. unten: Aufsuchkarte auf ,,Winnie's Kometenseiten"

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4 Die Rubrik
,,Beobachtungen visuell" des Internetforums astronomie. de enthält auch Kometenthemen.

Daten werden vom Journal International Comet Quarterly gesammelt, ausgewertet und publiziert (www.icq.eps.harvard. edu). Alle Einsendungen an unsere Fachgruppen werden dorthin weitergeleitet und stehen damit weltweit den Auswertungen zur Verfügung. Die Einsendungen müssen in einem alten Lochkartenformat vorgenommen werden, für welches es keine vernünftige Eingabemöglichkeit gab. Ich habe deshalb vor ein paar Jahren ein Eingabeprogramm programmiert, welches sich unkompliziert benutzen lässt (kometen.fg-vds.de/icq_sw.htm).
Die erfolgreiche Kometenbeobachtung ist an genaue Aufsuchkarten gebunden. Gedruckte Periodika können unseren Ansprüchen nur zum Teil gerecht werden, da sie oft nicht aktuell sind. Für helle Kometen bis 10 mag stellt Michael Hahn auf ,,Winnie`s Kometenseiten" (www. ki.tng.de/~winnie/kometen/aktuell.html) sehr gute Aufsuchkarten bereit (Abb. 3). Für schwächere Kometen kann der Sternkartendienst www.calsky.com/cs.cgi/Comets/2 des Internet-Himmelskalenders CalSky benutzt werden.
Die Diskussion über Kometenbeobachtung hat sich im Internetforum astronomie.de etabliert, in der Rubrik ,,Beobachtungen visuell" (Abb. 4). Trotz der Bezeichnung ,,visuell" werden hier auch Fotos gezeigt, welche die Ergebnisse der visuellen Beobachter unterstreichen. Das Forum kann anonym gelesen werden. Um Beiträge zu schreiben, ist eine Registrierung notwendig. Viele der Bilder und Daten bekommt man auch an anderer Stelle zu sehen, aber eine Unterstützung bei Problemen und die Beantwortung von Fragen kann nur ein Forum leisten.

Unsere Fachgruppe betreibt eine Mailingliste zu Kometenbeobachtungen, de.groups.yahoo.com/group/fg-kometen. Im Schnitt gehen etwa 20-30 Nachrichten im Monat ein, mit starken Schwankungen. Die Gruppe steht jedem offen und ist nicht nur für Fachgruppenmitglieder gedacht. Auch hier werden Fragen beantwortet und Ratschläge erteilt.
Wichtige englischsprachige Quellen Die Kometenbeobachter haben sich weltweit in zwei Mailinglisten organisiert, eine Diskussionsliste (groups.yahoo.com/ group/comets-ml) und eine zum Austausch von Beobachtungsergebnissen (groups.yahoo.com/group/CometObs). Der Nachrichtenstrom auf der Diskussionsliste kann bei bedeutenden Neuigkeiten ein erhebliches Ausmaß annehmen.
Die Seite der spanischen Kometenbeobachter (astrosurf.com/cometas-obs) bündelt die Aktivitäten der elektronisch Beobachtenden. Auf diesen Seiten ist für sehr viele Kometen der Verlauf der AfWerte dargestellt, welche einen direkten, physikalisch begründeten Rückschluss auf die Kometenaktivität geben.
Das Journal International Comets Quarterly www.icq.eps.harvard.edu/CometMags.html publiziert die internationalen Helligkeitsmessungen der visuellen Beobachter. Leider wird diese Seite zu selten aktualisiert.
Das Minor Planet Center sammelt Astrometriedaten sowohl von Asteroiden als auch für Kometen. Auf deren Seite minorplanetcenter.org/mpec/RecentMPECs. html finden sich auch die Ergebnisse der Beobachter unserer Fachgruppe.

Der Japaner Seiichi Yoshida betreibt eine sehr ausführliche Kometen-Informationsseite, aerith.net. Bedeutend sind seine ,,Weekly Information about Bright Comets" und die Vorhersagen ,,Visual Comets in the Future".
Der russische Kometenbeobachter Artyom Novichonok stellt auf einer Seite severastro.narod.ru/sla/com/lc.htm aktuelle Lichtkurven für alle beobachtbaren Kometen bereit.

Inserentenverzeichnis

APM Telescopes, Rehlingen

127

astronomie.de, Neunkirchen

85

Astrocom, Martinsried

13

Astro-Shop, Hamburg

U2

Astroshop.de nimax GmbH,

65

Landsberg

ATT

33

Baader Planetarium,

U4

Mammendorf

Deep-Sky-Treffen

87

Intercon Spacetec GmbH,

U3

Augsburg

Kosmos Verlag, Stuttgart

55

Meade Instruments Europe,

23

Rhede

Gerd Neumann jr.

53

Optische Geräte Wolfgang Lille, 97 Heinbockel

Spektrum der Wissenschaft Ver- 9 lagsgesellschaft mbH, Heidelberg 91

29. Planeten- und Kometen-

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tagung, Violau

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Der Weg zum eigenen MPC-Code
von Thorsten Zilch

Die Anfänge Die Astrometrie, also die Vermessung von astronomischen Aufnahmen, war nicht das astronomische Teilgebiet, welches direkt zu meinen Lieblingsbeschäftigungen zählte. Seit 1989 beobachte und verfolge ich Kometen, mittlerweile schon den 72. seiner Art (Stand Oktober 2011). Das jedoch mehr aus Spaß am Hobby, als aus reinem Forschungsdrang. Natürlich besteht auch bei mir der innige Wunsch, irgendwann einmal einen eigenen Kometen zu entdecken, das ist unter Kometenbeobachtern aber chronisch. Nur was geschieht eigentlich, wenn plötzlich etwas Kometenähnliches auf einer Aufnahme gefunden wird? Zeigt das Objekt in ein bis zwei Folgebeobachtungen eine merkbare Eigenbewegung im Bild, während sämtliche Kataloge und Hilfsmittel kein bekanntes Objekt an dieser Stelle zeigen, muss das Objekt in Rektaszension und Deklination vermessen werden, und zwar (wie ich heute weiß) sehr genau! Und hier kommt dann die Astrometrie ins Spiel.

1 Komet C/2007 Q3 (Siding Spring) am 17. Februar 2010 um 4:06 UT. 80-mm-
Triplet-APO, f/7 und 10 x 300 s Belichtungszeit mit ATIK-16HR + IR-Filter.

Das Buch ,,Kometen beobachten" von Andreas Kammerer und Mike Kretlow zeigte mit vielen mathematischen Herleitungen und Gleichungen, wie die Vermessung eines Bildes mit dem Ziel der Positionsbestimmung eines Himmelskörpers durchgeführt wird. Die Gleichungssysteme hatte ich mir im Jahre 2003 in eine Excel-Datei implementiert, um für den Ernstfall einer eigenen Entdeckung (Supernovae, Kometen, etc.) eine Vorlage für die aufwendige Positionsbestimmung zu haben. Diese Vorlage sollte weiterhin die Fehleranfälligkeit bei großer Nervosität während einer möglichen Entdeckung reduzieren. Die Vorlage musste mit vielen Daten und Koordinaten für bis zu sieben Referenzsterne gefüttert werden. Die Excel-Routine mit Referenzsternauswahl erforderte ungefähr eine Stunde konzentriertes Arbeiten. Ich erreichte hiermit Abweichungen von bis zu fünf Bogenminuten, was ich zur damaligen Zeit als ausreichend genau einstufte, sofern es nur um das zeitnahe bloße Auffinden eines Objektes ging.
Ein rasanter Fortschritt verbreitete sich dann mit der Nutzungsmöglichkeit von

2 Kleinplanet (660) Crescentia am 15. Juni 2010 um 23:33 UT. 80-mm-Triplet-
APO, f/7 und 22 x 300 s Belichtungszeit mit ATIK-16HR + IR-Filter.

professionellen Sternkatalogen für Amateurastronomen. Meine ersten Kataloge waren der TYCHO-2 mit 500 MB und der USNO A2.0 mit 6 GB erforderlichem

Festplattenspeicher. Weiterhin wurde der Bereich Astrometrie auch in die frei zugänglichen Bildbearbeitungsprogramme integriert, die ebenfalls diese Kataloge
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Helle Kometen

als Datenbasis einlesen konnten. Nun konnte eine Aufnahme plötzlich in wenigen Minuten vermessen werden, und das mit teilweise über 100 bekannten Referenzsternen. Ich konnte dadurch die Abweichungen auf nur noch wenige Bogensekunden reduzieren. An einen eigenen Stationscode hatte ich damals aber noch keinen Gedanken verschwendet.
Der Auslöser Im Mai 2010 folgte ich dem Aufruf der VdS-Fachgruppe Kometen, und reichte einige meiner Fotografien der Kometen 81P/Wild 2 und C/2007 Q3 (Siding Spring) ein (Abb. 1). Diese beiden Kometen waren zu Projektkometen auserwählt worden, um ein mathematisches Modell zu entwickeln. Hierbei geht es um das Ziel der besseren Vergleichbarkeit der scheinbaren Kometenhelligkeit basierend auf visuellen Beobachtungen und CCDBildern. Die Bilder der Kometen wurden von der Fachgruppe jeweils astrometriert und fotometriert. Die erfreuliche Rückmeldung der Fachgruppe (in diesem Fall von Bernhard Häusler) kam noch am gleichen Abend. Die Bilder seien bestens geeignet. Weiterhin zeigen die Positionen der Kometen so geringe Fehler - warum ich eigentlich noch keinen eigenen Stationscode hätte, war seine Frage. Somit wurde ich mit Gedanken konfrontiert, ob Astrometrie nicht vielleicht doch spannender werden könnte, als ursprünglich gedacht.
Der steinige Weg Zunächst folgte ich dem Rat von Bernhard Häusler, mir die professionelle Astrometrie-Software Astrometrica zu kaufen. Dies tat ich aus mehreren Gründen: - Astrometrica rechnet mit subpixelge-
nauen Intensitätsverteilungen. - Die Software ist als Standard auch in
den USA akzeptiert. - Die Messdaten werden direkt per Mail
an das Minor Planet Center (MPC) gesendet.
Meine Vorstellung, mit Hilfe des im Juni 2010 sichtbaren Kometen C/2009 K5 (McNaught) meinen eigenen MPC-Code zu erarbeiten, wurde mir sogar vom Astrometrica-Entwickler Herbert Raab höchstpersönlich erfolgreich ausgeredet. Ich folgte also dem weisen Rat, zunächst mit Kleinplaneten zu beginnen. Diese sind einfacher zu astrometrieren, da sie
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3 Komet 103P/Hartley 2 am 6. August 2010 um 23:15 UT. 80-mm-Triplet-APO,
f/7 und 21 x 300 s Belichtungszeit mit ATIK-16HR + IR-Filter. Alle Aufnahmen: Thorsten Zilch
Scheinbare Helligkeitsentwicklung des Kometenkerns von 103P/Hartley 2

4 Diagramm 1 zeigt die gemessenen scheinbaren Helligkeiten des Kometen-
kerns der gesamten (zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Artikels vorliegenden) Datenbasis. Rot gekennzeichnet sind die eigenen 34 Messpunkte aus den sechs Nächten.

sternförmig sind. Kometen lassen sich hingegen durch die zum Teil dezentrale Koma schwieriger vermessen. Das MPC wünscht hierbei keine bekannten großen Asteroiden wie Ceres, Pallas und andere Artgenossen. Hier wird ein Nummernbereich zwischen 400 und 40.000 vorgege-

ben. Also wählte ich für die kommenden Nächte Kleinplaneten aus, deren Nummerierung jenseits der 400 lag und die zudem über die ganze Nacht von meinem Beobachtungsort verfolgt werden konnten. Ich begann mit dem Kleinplaneten (660) Crescentia. Diesen Asteroiden

Helle Kometen

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konnte ich zuerst in der Nacht vom 15. auf den 16.06.2010 über mehrere Stunden fotografieren (Abb. 2). Die generelle Forderung des MPC ist zunächst, dass das Objekt mehrmals in der Nacht in genügend großen zeitlichen Abständen fotografiert und astrometriert werden soll (ca. 4-6-mal). Genügend groß bedeutet dabei, dass sich das Objekt im Bildfeld auf jeden Fall merkbar bewegt haben sollte. Um überprüfen zu können, ob meine Messfehler wirklich klein genug und somit für das MPC geeignet sind, habe ich eine eingetragene Sternwarte in näherer Umgebung, in diesem Fall Herne (Stationscode A18), als meinen theoretischen Beobachtungsort angenommen, und meine Bilder testweise astrometriert. Die Fehler blieben jeweils unter 0,5 Bogensekunden. Meine Zeitintervalle von fünf Minuten waren dabei sicherlich übertrieben, und aus Sicht des MPC reine Zeitverschwendung - trotzdem habe ich die Messdaten gesendet. Ein weiteres Beobachtungsfenster bot sich für den gleichen Himmelskörper am 24.07.2010. Hier habe ich allerdings aus einer Reihe von 25 Bildern nur jedes 5. Bild verwendet.
Für die kommenden Nächte suchte ich mir noch weitere Asteroiden aus, um auch bei anderen Himmelskörpern eine gute Messsicherheit unter Beweis zu stellen. Neben dem Beobachtungsfenster schaute ich auch, dass immer ein genügend heller Leitstern in der Nähe stand. Folgende Asteroiden sind dabei für den Zeitraum Juli/August 2010 in die engere Wahl gekommen: (478) Tergeste, (491) Carina, (441) Bathilde, (937) Bethgea, (780) Armenia und (3674) Erbisbühl.
Zuerst bot sich (478) Tergeste an. Dieser Kleinplanet zog mit knapp 13 mag am 30.07.2010 durch das Sternbild Adler. Auffällig war bei dieser Messreihe, dass die größte Abweichung für den verwendeten, als Herne (A18) ausgelegten Standort nur bei 0,15 Bogensekunden lag, während kleinste Abweichungen von 0,01 Bogensekunden ereicht wurden. Das ist ca. zehnmal genauer als vom MPC gefordert! Was mich besonders daran gefreut hat: Anscheinend erreiche ich die vom MPC geforderte Genauigkeit mit meinem Selbstbau-Apochromaten mit nur 80 mm Öffnung und 560 mm Brennweite! Sollte ich diesen Wahnsinn wirklich weitertreiben? Ja, ich tat es, und

sendete unbeirrt weitere Messdaten dieses Kleinplaneten auch vom 03.08.2011 und 06.08.2011 ein.
Nun, was hat sich seit meiner Excel-Liste aus dem Jahre 2003 in der Zwischenzeit getan? Eine typische Bilderkennung mit den zur Zeit aktuellen und sehr genauen Katalogen wie dem UCAC-3 Katalog hat weit über 4000 Sterne detektiert, von denen über 3000 Stück als Referenzsterne mit jeweils sehr genauen Koordinaten, Helligkeiten und Eigenbewegungen benutzt wurden. Dieser Sternkatalog umfasst 100.766.420 Sterne und steht heute jedem Amateurastronomen zur Verfügung!
Auch einen Kometen wollte ich nun endlich astrometrieren. Welcher Komet konnte da thematisch besser passen, als 103P/Hartley 2, der Komet, der hoffentlich hell und mit freiem Auge sichtbar zur Geburt meiner Tochter am Himmel stehen wird. Diesen Kometen verfolgte ich am 06.08.2010 und reichte auch diese Messdaten ein. Es war erfreulich zu sehen, dass dieser Komet bereits einen Schweifansatz zeigte (Abb. 3).
Meine anerkannte Sternwarte Ich war schon durch andere Amateure darauf vorbereitet, dass die Nachricht des MPC nicht von Pauken und Trompeten begleitet wird. Es dauerte bis zum 15.08.2010, bis endlich eine Nachricht vom MPC einging. Für mich persönlich war es ein ziemlich schönes Erlebnis, in die Liste der großen Observatorien mit aufgenommen zu werden. Für den Bearbeiter beim MPC war es sicherlich nur ein ganz normaler Job. So klang dann auch die Meldung, sogar ohne Begrüßung frei übersetzt: ,,Deine Stelle hat nun den Code C28." Allerdings muss man dem guten Mann auch zugute kommen lassen, dass er diese Mail mitten in der Nacht verfasst hat. Ausgerechnet dieser Komet mit so großem symbolischem Charakter schaffte es sogar als das erste

von mir vermessene Objekt in das offizielle Rundschreiben MPEC 2010-Q09 des MPC vom 18. August 2010.
Nach der weltweit erfolgten Beobachtung bis in den Spätherbst 2010 wurden vom MPC die Bahnelemente erneuert. Laut Rundschreiben vom 24.11.2010 (MPEC 2010-W22) konnte man in der Zeit vom 02.05.1997 bis zum 23.11.2010 auf insgesamt 3810 astrometrische Messwerte zurückgreifen, die mit entsprechender Genauigkeitsanforderung zur erneuten Bestimmung der Kometenbahn genutzt werden konnten. 34 Datensätze über insgesamt sechs Nächte wurden dabei von meiner Beobachtungsstation C28 generiert. (MPEC 2010-Q09, -Q38, -R72, -T98, -U29 und -W22). Die Tabelle unten zeigt in der mittleren Spalte die Bahnelemente des Kometen, die mit Hilfe des weltweiten Datensatzes berechnet wurden. Die rechte Spalte zeigt hingegen die Bahnelemente, die nur meine eigenen astrometrischen Ergebnisse beinhalten. Die in der rechten Spalte aufgeführten Bahnelemente zeigen sehr schön, dass die aus nur sechs Nächten stammenden Positionsmessungen bereits ausreichen, um eine Kometenbahn zu berechnen, die der tatsächlichen Bahn bereits sehr nahe kommt. Auch meine Fotometrieergebnisse des Kometenkerns passen gut in die gemessene Gesamtverteilung.
Zum Abschluss kann zusammenfassend gesagt werden, dass 103P/Hartley 2 im Jahr 2010 zumindest im Ruhrgebiet nicht freisichtig war und hierfür ein Fernglas erforderlich war. Trotzdem war diese Kometenbeobachtung in Zusammenhang mit dem Erhalt meines eigenen Stationscodes sowie der Geburt meiner Tochter zum Zeitpunkt dieses Kometen am Himmel ein ganz besonderes Erlebnis! Und wer weiß, vielleicht hat sie in ihrem späteren Leben sogar Spaß daran, gemeinsam mit ihrem Papa Kometen zu jagen. Equipment könnte ich jedenfalls zur Verfügung stellen.

Bahnelemente des Kometen 103P/Hartley 2 mit unterschiedlicher Datenbasis

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Helle Kometen

Ein Vierteljahrhundert Schweifstern
von Andreas Kammerer

Es war im Sommer 1984 ,als sich bei den Kometenbeobachtern eine gewisse Unruhe breit machte. Der Komet Halley war wiederentdeckt worden und würde im folgenden Jahr über viele Monate hinweg für Amateure erreichbar sein. In den USA wurde die International Halley Watch (IHW) ins Leben gerufen, welche alle Beobachtungen koordinieren sollte. Und in Deutschland? Die VdS-Fachgruppe Kometen existierte zwar, gab aber kein Lebenszeichen von sich. Dies ließ insbesondere Jürgen Linder nicht ruhig schlafen. Warum sollte es nicht möglich sein, die Halley-Beobachter auch hierzulande zu unterstützen und die Beobachtungen zu koordinieren? Schließlich überzeugte er mich mitzumachen und streckte seine Fühler in Richtung VdS aus. So kam es, dass wir an einem Samstagnachmittag den damaligen VdS-Vorsitzenden Dr. Klaus Güssow im Heidelberger Bahnhof trafen, um über eine Wiederbelebung der Fachgruppe Kometen zu sprechen. Nach einer Stunde stimmte Herr Güssow zu, die Fachgruppe durch Jürgen und mich neu aufzubauen.
In einem ersten Schritt mussten die bekannten und hoffentlich noch viel mehr potenziellen Interessenten auf die Wiederauferstehung der Fachgruppe Kometen aufmerksam gemacht werden. Dafür eignete sich die Zeitschrift ,,Sterne und Weltraum", in der wir einige Hinweise platzieren konnten. Unser Ziel aber, die FG-Mitglieder zeitnah und umfassend über die aktuellen Kometen zu unterrichten, konnten wir nur mit einem eigenen Fachgruppenblatt erreichen.
Flugs versandte Jürgen Linder im Oktober 1984 an uns bekannte Fachgruppen-Mitglieder und weitere Kometenbeobachter das Zirkular Nr. 1. Auf zwei Seiten wies dieses auf die neu aufgestellte Fachgruppe hin und stellte einige IAU-Zirkulare mit den Ephemeriden der damals aktuellen Kometen zusammen. Im Januar 1985 folgte die zweite, schon umfangreichere Ausgabe, die den Titel ,,Mitteilungsblatt der VdS-Fachgruppe Kometen" trug. Für die Ausgabe Nr. 25 (Oktober 1989) wollten wir dem Mittei-
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1 Mitteilungsblatt Nr. 4 der VdS-Fachgruppe Kometen mit einem Aufruf zur
Halley-Beobachtung

lungsblatt dann einen einprägsamen Namen geben. Im Ideenwettbewerb machte ,,Schweifstern" knapp vor ,,Comet News" das Rennen.
Bis zur Ausgabe Nr. 6 (November 1985) wurde das Mitteilungsblatt mit der Schreibmaschine erstellt. Was insbesondere in puncto Beobachtungstabellen eine Herausforderung darstellte, da es unser Ehrgeiz war, die Beobachtungen chronologisch aufzulisten. Dies bedeutete, dass alle Beobachtungsbögen auf dem Boden ausgebreitet werden mussten, um die Beobachtungen mit einer laufenden Nummer versehen zu können. Einen Computer für die Erstellung verwendete Jürgen Linder ab der Ausgabe Nr. 7, Andreas Kammerer folgte ab der Ausgabe Nr. 12.
Die ersten Fotos wurden in der Ausgabe Nr. 6 publiziert. Zunächst zeigten diese aber lediglich einen satten Schwarz- und einen reinen Weißton, so dass uns der Vergleich mit dem Original regelmäßig Tränen in die Augen trieb. Erst die Ausgabe Nr. 17 (Juni 1988) brachte durch den Einsatz einer Rasterfolie eine deutliche qualitative Verbesserung, da nun auch Grautöne darstellbar waren. Mit der

Umstellung von einem 9-Nadel-Drucker auf einen Laserdrucker im Februar 1995 erfolgte eine weitere deutliche Verbesserung. Ein qualitativer Quantensprung erfolgte schließlich - für den prächtigen Kometen Hyakutake gerade rechtzeitig - mit der Ausgabe Nr. 69 (April 1997), als Jürgen Lamprecht die Produktion übernahm und der Schweifstern unter Verwendung eines Laserkopierers erstellt wurde.
Normalerweise erscheinen Fotos/Abbildungen in Schwarz-Weiß. Durch einen kleinen Zuschuss seitens der VdS war es allerdings möglich, auf den vier Umschlagseiten der 100. Ausgabe (Februar 2003) Farbfotos der schönsten bis dahin erschienenen Schweifsterne abzudrucken (siehe VdSJ 11, S. 76-78).
Im Verlauf der Weiterentwicklung wurde nicht nur die Qualität gesteigert, sondern auch der Informationsgehalt stetig vergrößert. Als Beispiele seien genannt: Entwicklungsdiagramme inkl. Lichtkurven, Bewegung der Kometen vor der Sternkulisse, Azimut-Höhe-Diagramm bei definierter Sonnendepression, 3D-Darstellung der Kometenbahn, Prognosen von Komadurchmesser sowie Schweiflänge

Helle Kometen

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2+3 Qualitativer Unterschied in der Druckqualität in 16 Jahren: das ,,Schweifstern"-Titelblatt im Oktober 1995 und
Novemver 2011

und -orientierung, Vergrößerung des Bilderteils.
Seit der Ausgabe Nr. 16 (April 1988) weist der Schweifstern eine interne Untergliederung auf. Während der Bereich der allgemeinen Informationen und der visuellen Beobachtungen nahezu von Beginn an durch mich betreut und erstellt wird, gab es in den anderen Teilen bereits einige personelle Veränderungen. Der fotografische Bereich wurde bis Ende 1994 von Jürgen Linder betreut. Es folgten Andreas Philipp (Feb. 1995-Jan. 1998) und Sönke Folster (März 1998- Juni 2000). Mit Dieter Schubert, der diesen Bereich mehr als 11 Jahre lang (Sep. 2000-Nov. 2011) betreute, erfuhr dieser eine deutliche Umgestaltung und Aufwertung. Seit Februar 2012 zeichnet Michael Hauss für den Bilderteil verantwortlich. Zwischen Juni 1993 und Juni 2003 enthielt der Schweifstern auch eine Rubrik ,,CCD-Beobachtung", die aber aufgrund des Siegeszugs der digitalen

Fotografie auch in der Astronomie im September 2003 mit dem Bereich der fotografischen Beobachtung zusammengelegt und seitdem als Bilderteil bezeichnet wird. Seit der Ausgabe Nr. 134 (Februar 2010) enthält der Schweifstern zudem eine Übersicht über die astrometrischen Beobachtungen der FGK-Mitglieder. Während die genannten Bereiche vom Redaktionsteam erstellt werden, erschienen im Schweifstern darüber hinaus wiederholt Beiträge von FG-Mitgliedern über verschiedenste Themen.
Bis zur Ausgabe Nr. 15 (Januar 1988) erschien das Mitteilungsblatt in sehr unterschiedlichen zeitlichen Abständen. Seitdem aber konnte eine regelmäßige Erscheinungsweise durchgehalten werden: Bis zur Ausgabe Nr. 80 (Januar 1999) erschien das Mitteilungsblatt sechsmal pro Jahr, seitdem fünfmal. Abhängig vom aktuellen Geschehen weist der Schweifstern einen sehr unterschiedlichen Seitenumfang auf: Umfasste er z.B. Mitte 1995

lediglich 12 Seiten, konnten sich die Abonnenten schon mehrere Male an 44 Seiten erfreuen.
Seit Mitte 2003 wird die aktuelle Ausgabe des Schweifsterns - mit einem von den zahlenden Abonnenten erwünschten Zeitversatz - als PDF-Dokument auf die Internetseiten der FG Kometen gestellt. In einem Kraftakt gelang es Andreas Kammerer, alle älteren Ausgaben ohne erkennbaren Qualitätsverlust einzuscannen, so dass diese seit Ende 2009 ebenfalls im Internet abrufbar sind.
In den über 25 Jahren seines Bestehens hat sich der Schweifstern zu einer anerkannten Informationsquelle im Bereich der Kometen entwickelt. Die Entwicklung der Kometen heller als 12. Größenklasse wird - auf der Basis der FGK sowie internationaler Beobachtungen - in Form von Diagrammen und erläuterndem Text dargestellt, und auf dieser Basis eine Prognose für die weitere Entwicklung abge-
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Amateurteleskope/Selbstbau

geben. Es folgen die Beobachtungs- und die Ephemeridentabelle. Bei schwächeren Kometen (bis zur 16. Größenklasse) wird die Entwicklung anhand der meist geringen Zahl an Beobachtungen kursorisch dargestellt und eine entsprechende Ephemeride publiziert. Für die Kometen heller als 16 mag findet man darüber hinaus Grafiken, die ihre Bewegung am Sternenhimmel und über dem Horizont darstellen. Im umfangreichen Bilderteil kann sich der Kometenfreund zudem ein genaues Bild über das Aussehen dieser Kometen machen.
Außerdem hat es sich die SchweifsternRedaktion zur Aufgabe gemacht, von jedem offiziell benannten Kometen zumindest einen kurzen Abriss zu geben, auch wenn er lediglich 20 mag hell ist. In dieser Weise stellt der Schweifstern eine weltweit einmalige Dokumentation des Kometengeschehens der letzten 25 Jahre dar. Und damit diese auch zukünftigen Amateuren bzw. Forschern zugänglich sein wird, habe ich 1993 eine ISSNNummer beantragt und erhalten. Damit verbunden ist die Pflicht, pro Ausgabe mehrere Exemplare an die Deutsche Bibliothek und die Landesbibliothek BadenWürttemberg zu übersenden.

4 Mr. Schweifstern: Andreas
Kammerer
Trotz dieser Erfolgsgeschichte geht die Zahl der Abonnenten leider seit einigen Jahren stetig zurück. In den besten Zeiten lag die Auflagenstärke bei 100 Exemplaren, aktuell beträgt sie nur noch 60. An den Kosten kann dies eigentlich nicht liegen, wird der Schweifstern doch zum Selbstkostenpreis abgegeben, so dass er pro Jahr nur etwa 15 Euro kostet. Möglicherweise handelt es sich hier um ein Generationenproblem, denn auch die Zahl der aktiven Beobachter ist in den letzten Jahren gesunken, da kaum neue Beobachter hinzukommen. Vielleicht ist

auch das seit vielen Ausgaben ziemlich konstante Erscheinungsbild eine Ursache. Doch nur durch eine umfangreiche Automation kann der Aufwand für die Datensammlung, -auswertung und -aufbereitung vom winzigen Redaktionsteam bewältigt werden. Wobei andererseits ein konstantes Erscheinungsbild für Dokumentationszwecke wiederum von Vorteil ist, will ein Forscher die für ihn relevanten Informationen schnell extrahieren. Eine Bereicherung wäre diesbezüglich aber sicherlich eine größere Zahl von Beiträgen aus dem Mitgliederkreis.
Alle Kometenfreunde sind herzlich eingeladen, den Schweifstern als primäre Informationsquelle des aktuellen Kometengeschehens zu abonnieren und mit eigenen Beiträgen anzureichern. Interessenten sind eingeladen, sich einen Eindruck von dieser Publikation auf den Internetseiten der Fachgruppe (,,Projekte+Publikationen") zu verschaffen. Unter ,,Der Schweifstern" finden diese dort alle bislang veröffentlichten Ausgaben. Bei Fertigstellung dieses Beitrags sind dies 143. Sofern der Erscheinungsrhythmus in nächster Zeit weiter aufrechterhalten werden kann, wird im April 2013 die 150. Ausgabe erscheinen.

Erste Erfahrungen mit dem LiteScope-Reise-Dobson
- ein Vergleich verschiedener Gitterrohr-Dobsons

von Werner Schmidt

Bereits im Jahr 2006 machte ich mich auf die Suche nach einem transportablen Gitterrohr-Dobson-Teleskop. Weil ich in der Regel ohne Auto zu den Beobachtungsplätzen in der nahen Umgebung von Nürnberg/Fürth und mit dem Zug in die Alpen wollte, musste das Gerät im zerlegten Zustand klein und maximal 20 kg schwer sein. Ein günstiger 12,5-Zoll-Premiumspiegel war seinerzeit im Angebot. Damals verglich ich verschiede Produkte - allerdings hatten einige nur Montierungen für 12-Zoll-Spiegel.
Ich entschied ich mich für die Variante von Astroprodukte Nidderau. Sie hatte folgende Daten:

· Gewicht: 13,5 kg (inkl. Spiegel 20 kg) · Abmessungen zerlegt: 45 cm x 45 cm
x 20 cm · zzgl. 8 Stangen 1 cm x 120 cm
Alle Teile (mit Ausnahme der Stangen) konnten im Kasten verpackt werden. Die Aufbauzeit beträgt etwa 30 Minuten, und es ist jeweils eine Volljustierung notwendig. Alternativ kann das Gerät auch unzerlegt in einem VW-Bus oder Fahrradanhänger transportiert werden.
Als Alternative stand noch der OriginalGitterrohr-Dobson von Intercon Spacetec zur Verfügung, welcher folgende Daten hatte:

· Gewicht: 35 kg (inkl. Spiegel 41 kg) · Abmessungen: ca. 50 cm x 50 cm
x 40 cm · zzgl. 8 Stangen 2 cm x 100 cm
Wegen des hohen Gewichts (und des etwa dreimal so hohen Preises) schied diese Variante für mich aus.
Seit 2009 ist der Dobson aus Nidderau fest am Gornergrat und etwa 2-4-mal im Jahr fahre ich zum Beobachten in die Schweiz. Das Wetter auf 3100 m Höhe ist meist sehr gut. Von 2-4 Nächten sind immer 1-2 sehr gute Nächte dabei.

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Amateurteleskope/Selbstbau

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1 Die Einzelteile des Litescope-Reise-Dobsons, Gewicht:
3,5 kg + 6,5 kg Spiegel (in VdS-Tasche)

2 Der aufgebaute LiteScope-Reise-Dobson (12,5 Zoll
Öffnung, Öffnungsverhältnis 1:4,5)

Da man den Spiegel ausbauen kann, habe ich mir überlegt, eine zweite ReiseDobson-Montierung zu kaufen. In Interstellarum, Heft April/Mai 2011, habe ich dann den Test des LiteScope-Reise-Dobsons gelesen.
Ich habe der Herstellerin, Frau Bock aus Kochel, meine Spiegeldaten mitgeteilt und sie hat mir ein Angebot für eine Lowrider-Variante ihres Teleskops gemacht. Nach Besichtigung des Vorführund Testgerätes im Juni 2011 habe ich ein Teleskop bestellt. Im Dezember 2011 konnte ich es persönlich abholen. Die Teleskopteile aus Karbon werden alle in Handarbeit in Kochel gefertigt, und ich konnte bei der Endmontage persönlich dabei sein, und mich von der hohen Qualität der Fertigung überzeugen.
Das LiteScope-Teleskop kann in 6 Teile + Spiegelzelle zerlegt werden und hat dann folgende Packmaße: · Gewicht: 3,5 kg (inkl. Spiegel 10,0 kg) · Abmessungen: ca. 65 cm x 45 cm x 13 cm · zzgl. 1 Stange 4 cm x 100 cm
Zum Transport bieten sich drei Varianten an: Variante 1: Unzerlegt bis ca. 500 m in den Händen oder längere Strecken im Fahrradanhänger oder bei 1,25 m hoher Stellfläche in einem Kombi bzw. VW-Bus. Das Gerät ist dann sofort einsatzbereit.

Variante 2: Teilzerlegung in Spiegelzelle (passt in einen Rucksack), Stange und Fangspiegel (1,20 m lang) und restliche Teile (passen in eine Tasche 45 cm x 55 cm x 10 cm), Gewicht 2,5 kg. Die Aufbauzeit beträgt dann etwa 20 Minuten. Einfache Justierung ist ausreichend.
Variante 3: Vollzerlegung mit den oben angegebenen Abmessungen (passt in einen Hartschalenkoffer oder Karton) plus Stange; Aufbauzeit dann etwa 30 Minuten und Volljustierung.
Nachdem ich den LiteScope-Lowrider im Dezember 2011 abgeholt habe, wurde er zuerst im ausgebauten Dachboden in Zirndorf aufgebaut. Allerdings war das Wetter sehr schlecht, und es boten sich immer nur halbe Stunden zur testweisen Beobachtung vom Dachfenster bzw. Balkon. Wegen der niedrigen Außentemperaturen war allerdings die Luftunruhe durch die Wärme im Zimmer recht groß. Auch zwei relativ nahe Straßenlampen machten sich durch Lichtspiegelungen am Fangspiegel bemerkbar.
Aber am 28. Dezember war es etwas länger einigermaßen klar, und ich transportierte das unzerlegte 10 kg schweren LiteScope in den Händen zum 200 m entfernten Feld. Die Straßenlampen störten hier nicht mehr und ich konnte ne-

ben Jupiter noch Plejaden, h und chi Persei, die Andromedagalaxie, M 57 und die untergehende Mondsichel beobachten. Dann kamen leider Schleierwolken. Mit dem 30-mm-Okular (Gesichtsfeld 70 Grad ) hat man ein sehr ruhiges Bild. Mit dem 12-mm-Nagler ist die Ausschwingzeit nach dem Nachführen etwa 2 Sekunden und auch bei 7,5 mm (200-fache Vergrößerung) sind es maximal 3 Sekunden. Die Lagestabilität beim Okularwechsel ist dank des Gummizuges sehr gut. Die alternativ noch mögliche Verstärkung des Armes durch zwei Stahldrähte brauche ich nicht, da ich keine noch höheren Vergrößerungen benötige; ein Gegengewicht ist wegen des relativ schweren Spiegel auch nicht notwendig.
Der Ausbau des Spiegels ist problemlos möglich, und Ende Januar werde ich ihn wieder zum Gornergrat mitnehmen. Im Frühjahr wird das LiteScope dann ausführlich mit den Kollegen vom Astrokreis Nürnberg getestet werden. Mein besonderer Dank gilt Frau Vivian Bock aus Kochel für die ausführliche fachlich fundierte Beratung. Mit dem LiteScope wird die Beobachtung von Deep-SkyObjekten im wahrsten Sinne des Wortes ,,kinderleicht".
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Astrofotografie

Das Astrofoto des Jahres 2011
von Peter Riepe

1 2. Platz Astrofoto des Jahres
2011, der Planetarische Nebel Abell 31, AdW 11-2011, von Andreas Rörig (Bilddaten s. Text)

- Teil 2 -
In der Ausgabe 41 unseres VdS-Journals für Astronomie haben wir das Siegerfoto von Rolf Geissinger (Cirrusnebel - Astrofoto der Woche (AdW) 48-2011) präsentiert. Hier nun die Preisträger auf den Plätzen 2 und 3, wobei letzterer mit gleichen Stimmenzahlen auf vier Bildautoren verteilt ist.
2. Platz Astrofoto des Jahres 2011 - Der Planetarische Nebel Abell 31, AdW 11-2011, von Andreas Rörig Der PN Abell 31 (Koordinaten 2000.0: 08h 54m 13s, +08 Grad 53' 59'') ist auch unter der heute üblichen Bezeichnung PN G219.1+31.2 bekannt. Diese Nummer stammt von der Astronomengruppe um Agnès Acker, die 1992 den umfassenden ,,Strasbourg-Eso Catalogue of Galactic Planetary Nebulae" publiziert haben.
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Das Bild von Andreas Rörig, Mitglied der Fachgruppe Astrofotografie, zeigt Norden links oben. Abell 31 ist ein sehr ausgedehnter PN. Der hier sichtbare Nebelanteil (geeicht an einer POSS-Aufnahme) hat 16,6' x 14,5'. Es zeigt sich eine eindeutige Ringstruktur in H, die von einer starken Dynamik zeugt. Im Inneren leuchtet Abell 31 blaugrün im Licht des doppelt ionisierten Sauerstoffs [O III]. Zum Leuchten angeregt wird der PN durch den 15,51 mag hellen, heißen Zentralstern AG82 109. Er besitzt den Spektraltyp O6, sein Farbindex beträgt B-V = -0,31 mag, er ist also extrem blau.
Abell 31 wurde mehrmals aufgenommen, um viel Belichtungszeit addieren zu können: am 17.02., 18.02., 02.03., 17.03. und 20.03.2009. Instrument war ein 300-mm-Newton mit f/4,5 (plus Pa-

racorr) auf einer Montierung Alt 5 ADN. Als Kamera diente eine SBIG ST-10XME. Aufnahmeort war Wilsenroth im Westerwald. Belichtet wurde in H: 40 x 600 s, [O III]: 16 x 600 s, R: 6 x 300 s, G: 6 x 300 s, B: 6 x 450 s. Während H und [O III] (beide Astronomik, 13 nm HWB) ohne Binning aufgenommen wurden, erfolgte die Belichtung der Breitbandfarben (Astronomik RGB) im 2x2-Binning. Die Nachführung im Selfguide-Modus wurde durch eine AO-8 unterstützt. (Abb. 1)
3. Platz Astrofoto des Jahres 2011 - Die Galaxie NGC 3718 im Großen Bären, AdW 17-2011, von Torsten Grossmann NGC 3718 liegt knapp südlich vom Kasten des Großen Wagens (Rektasz. 11h 32,6m, Dekl. +53 Grad 04', 2000.0). Die seltsam verformte Galaxie wurde von Halton

Astrofotografie

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Arp als Objekt Nr. 214 in seinen ,,Atlas of peculiar Galaxies" aufgenommen. Vom Typus her wird sie als SBa-Spirale bezeichnet.
In diesem AdW ist Norden oben. Wir erkennen die außergewöhnliche Form, die sich durch die weit nach Nord und Süd auslaufenden Arme ergibt. Dazu kommt noch ein dichtes zentrales Staubband. Außerdem sind zahlreiche Sternansammlungen noch filamentartig weit nach außen hin sichtbar. Wie kommt dieses Aussehen zustande? NGC 3718 steht in Wechselwirkung mit NGC 3729, die sich ca. 10' weiter östlich (hier links im Bild) befindet. Im Radiobereich wurde eine Menge neutralen Wasserstoffs gefunden, der NGC 3718 als ,,gewarpte" (= verbogene) Scheibe umgibt. Es gibt Hinweise darauf, dass der Wasserstoff sogar eine Gezeitenbrücke zum Begleiter bildet. Die Entfernung des Systems wird zu etwa 42 Millionen Lj veranschlagt. Da der scheinbare Durchmesser 8,7' x 4,5' beträgt, hätte NGC 3718 einen wahren Durchmesser von immerhin 105.000 Lj. Das wäre vergleichbar mit unserer Milchstraße. Was die Helligkeit von NGC 3718 betrifft, so ist sie mit visuellen 10,5 mag recht lichtschwach. Als durchschnittliche Flächenhelligkeit ergibt sich 14,2 mag pro Quadratbogenminute bzw. 23,1 mag pro Quadratbogensekunde. Ein sehr interessantes Bilddetail ist die kleine Galaxienkette südlich von NGC 3718, die auch als Arp 322 katalogisiert ist. Sie befindet sich in einer Distanz von 350 Millionen Lichtjahren, steht also weit hinter NGC 3718.
Torsten Grossmann nahm NGC 3718 mit einem 7-zölligen Apochromaten (TMB) auf. Dieses Instrument hat ein Fokalverhältnis f/8, also ein Öffnungsverhältnis von 1:8. Mit einer SBIG STL-4020 wurde ohne Binning 420 min in Luminanz belichtet, die Farbkanäle dann mit 2-fachem Binning 180 min in R und B sowie 150 min in G. Das macht stramme 15,5 Stunden, und nur so ist die enorme Detailfülle zu bekommen (Abb. 2)!
3. Platz Astrofoto des Jahres 2011 - Die Galaxie NGC 5128 im Centaurus, AdW 37-2011, von Eduard von Bergen und Hansjörg Wälchli Nur 4,3 Grad nördlich des bekannten Kugelsternhaufens Omega Centauri hält dieses

2 3. Platz Astrofoto des Jahres 2011, die Galaxie NGC 3718 im Großen Bären,
AdW 17-2011, von Torsten Grossmann (Bilddaten s. Text)

Sternbild ein weiteres ,,Juwel" bereit, die Galaxie NGC 5128 (Rektasz. 13h 25,5m, Dekl. -43 Grad 01', 2000.0), auch als Radioquelle Centaurus A katalogisiert. Mit 7 mag scheinbarer visueller Helligkeit und 18' x 14' Ausdehnung springt NGC 5128 jedem Beobachter sofort ins Auge.
Was wir hier sehen, spielt sich im Universum recht häufig ab - zwei Galaxien kollidieren. Dafür hat man natürlich einen Anglizismus gefunden: ,,merger" (= Durchmischung). Eine elliptische Galaxie, besser gesagt, der Bulge einer S0Galaxie, stößt gerade mit einer Spiralgalaxie zusammen, die wir nahezu von der Kante sehen. Ihr markantes Staubband verläuft sogar hinter der Kugel der S0Galaxie weiter, dabei ist es um 18 Grad geneigt. Das Staubband rotiert eindeutig, was bereits 1959 von Burbidge & Burbidge nachgewiesen wurde. Zwischen dem Nordwest- und dem Südostteil des Staubbandes lässt sich eine Differenzgeschwindigkeit von 700 km/s messen.
Aber auch die alten Sterne des S0-Bulge vollführen eine eigenständige Rotation

(Bertola, Galetta und Zeilinger 1985), so dass wir zweifelsfrei zwei unterschiedliche Systeme vorliegen haben. Die Spuren der Kollision sind nicht nur per Radioteleskop nachweisbar, sondern auch im visuellen Spektralbereich. Um den dichten Staubgürtel zieht sich ein blaues Band junger Sterne, die bei dieser Kollision entstanden sind. Diese Farbe kommt im AdW schön heraus, insbesondere im Nordwest- und auch im Südostbereich des Staubgürtels. Man glaubt sogar, Einzelsterne sehen zu können. Dies ist auch vollkommen richtig, denn bei einem Vergleich mit fotografischen Aufnahmen am 2,5-m-Spiegel von Las Campanas in Chile entdeckt man diese blauen Sterne sofort eindeutig (Feststellung P. Riepe).
Das Erscheinungsbild von NGC 5128 als leuchtende Kugel mit einem Staubgürtel durchs Zentrum ist nicht einzigartig. Sehr ähnlich präsentieren sich die Galaxien NGC 5266 - auch im Centaurus - sowie NGC 5485 in Ursa Major. Sie sind allerdings erheblich kleiner, weil weiter weg, und daher wirken sie weniger detailliert und spektakulär.
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3 3. Platz Astrofoto des Jahres 2011, die Galaxie NGC 5128 im Centaurus,
AdW 37-2011, von Eduard von Bergen und Hansjörg Wälchli (Bilddaten s. Text)

Unsere Schweizer Freunde Eduard von Bergen und Hansjörg Wälchli mieteten im Frühjahr den 400-mm-Hypergraphen f/8,3 von Bernd Schröter auf Farm Tivoli/Namibia. Mit einer SBIG STL-11000M entstand dann das LRGB-Bild mit 70/80/70/70 Minuten Belichtungszeit. Die Fülle an Details ist enorm, Gratulation! So erkennt man bis weit nach außen im S0-Bulge zahlreiche kleine, kugelige Dunkelwolken, ähnlich den Globulen in Gasnebeln. Ferner möchte ich auf eine blaue Kette aufmerksam machen. Man entdeckt sie etwa 8' nördlich des diffusen Endes im südöstlichen Staubband. Auch auf großteleskopischen Aufnahmen ist dieses merkwürdige Objekt abgebildet - also real. Hier handelt es sich um einen Jet (Hinweis Stefan Binnewies), der bei aktiven Galaxien wie z. B. M 87 oder auch bei Quasaren durchaus üblich ist. (Abb. 3)
3. Platz Astrofoto des Jahres 2011 - Der Nebelkomplex LBN 468 im Cepheus, AdW 40-2011, von Frank Slotosch Fachgruppenmitglied Frank Slotosch hat Spaß an der Fotografie großflächiger lichtschwacher Nebel. Dazu schrieb er im VdSJournal Nr. 26 einen eigenen Bericht. Nun ist ihm ein interessanter Fisch ,,ins Netz

gegangen": der Nebelkomplex LBN 468 im Sternbild Cepheus. Dieses Feld liegt etwa 2 Grad westsüdwestlich des bekannten Reflexionsnebels NGC 7023, bei Rektasz. 20h 40m, Dekl. = +68 Grad 00' (2000.0).

Vielen Astrofotografen ist sicherlich bekannt, dass unsere Galaxis von zahlreichen Staub- und Molekülwolken durchzogen wird, die ausschließlich von den Sternen des galaktischen Bulge und der inneren Scheibe angeleuchtet werden. Diese Sterne gehören der alten, entwickelten Population II an, sind also gelb bis rötlich. Logischerweise leuchten die Staub- und Molekülwolken bräunlich, was aber nichts mit irgendeiner H-AlphaEmission zu tun hat. Sitzt dann irgendwo in diesem Nebelkomplex ein junger blauer Stern, so tritt an dieser Stelle ein blauer Reflexionsnebel auf.
Bei erhöhtem Kontrast erkennt man sehr schön, dass der Nebelkomplex im großen Aufnahmefeld rund ist und innen eine Höhlung aufweist. Das Bildfeld wurde also sehr gut aufs Motiv ausgerichtet! Die Nebelstränge sind an verschiedenen Stellen von sehr dunklen Partien durchsetzt - hier gelangt weder das Licht der Hintergrundsterne durch noch schafft

4 3. Platz Astrofoto des Jahres
2011, der Nebelkomplex LBN 468 im Cepheus, AdW 40-2011, von Frank Slotosch (Bilddaten s. Text)
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Astrofotografie

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5 3. Platz Astrofoto des Jahres 2011, die Galaxie Messier 31, unsere Nachbarin in der Andromeda, AdW 45-2011,
von Patrick Hochleitner und Dieter Beer (Bilddaten s. Text)

das Licht der galaktischen Scheibensterne eine Aufhellung dieser Gebiete. Weiterhin kommen im gesamten Feld verstreut Herbig-Haro-Objekte vor, was von Sternentstehung zeugt. Aufnahmeteleskop war ein Refraktor FSQ 106, dazu eine CCD-Kamera FLI MicroLine 4022c. Die Bilderserie entstand am Vogelsberg in Hessen, wobei der Bildautor das Seeing und die Durchsicht als hervorragend einstuft. Insgesamt wurden 28 Einzelbilder zu je 10 min belichtet (Abb. 4).
3. Platz Astrofoto des Jahres 2011 - Die Galaxie Messier 31, unsere Nachbarin in der Andromeda, AdW 45-2011, von Patrick Hochleitner und Dieter Beer Das Archiv der Fachgruppe Astrofotografie umfasst zahlreiche Bilder von M 31, in allen denkbaren Qualitätsstufen. Hier soll sie wieder einmal vorgestellt werden, diesmal aber in bestechender Qualität. Bitte jetzt nicht murren (,,es werden ja eh

nur die High-End-Fotos berücksichtigt"). Man sollte sich einfach an einem solchen AdW erfreuen und aus den Aufnahmedaten lernen, wie man diese Qualität ebenfalls erreichen kann. Einsender sind Patrick Hochleitner und Dieter Beer, zwei neue Astrofotografen in unserer Runde - wieder einmal aus Österreich. Offenbar ist das Alpenland bevorzugt, was die klaren Nächte im Jahresdurchschnitt betrifft. Wir begrüßen beide mit einem freundschaftlichen ,,Servus".
Das Bild entstand in 8 Nächten vom 20. bis zum 28. August 2011. Aufnahmeorte waren Bruck a.d. Glstr. und Schrick. Als Aufnahmeteleskop diente ein EDRefraktor Skywatcher BD 80 bei 510 mm Brennweite. Belichtet wurde mit einer G2Moravian 8300FW und einer Alccd6Pro. In H-Alpha waren es 8 Stunden, im Luminanzkanal 14 Stunden und für RGB 12 Stunden, d.h. insgesamt 34 Stunden!

M 31 ist eine Sb-Spiralgalaxie von riesenhafter Ausdehnung. Am Himmel misst sie 3 Grad x 1 Grad , was bei einer Entfernung von 2,6 Millionen Lj auf einen wahren Durchmesser von 136.000 Lj hinausläuft. Mit einer scheinbaren visuellen Helligkeit von 3,47 mag ist sie leicht mit dem bloßen Auge bei Rektasz. 00h 42m 44s und Dekl. +41 Grad 16' 09'' (2000.0) zu erspähen. Aber selbst in leistungsfähigen Amateurfernrohren bleibt ihr Anblick diffus, auch wenn sich die Spiralstruktur schon bei mittleren Öffnungen deutlich zeigt. Erst die Fotografie enthüllt die wahre Detailfülle. Im aktuellen AdW kommen die zahlreichen roten H II-Regionen sehr schön zur Geltung. Sie liegen entlang der Spiralarme und zeugen von lebhafter Sternentstehung. Dort bilden sie am Rande der dunklen Staub- und Molekülwolken einen farblich guten Kontrast. Die bläulichen Spiralarme sind aufgebaut aus zahllosen blauen Sternen.
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Astrofotografie

Ein interessantes Detail ist die auffällige helle Sternassoziation im südwestlichen Galaxienbereich. Sie hat als NGC 206 eine eigene Nummer im NGC-Katalog erhalten. Der Kernbereich, auch ,,Bulge" genannt, zeigt wegen der überwiegenden alten Sterne der Population II eine gelbliche Färbung. Ins Auge springt der enorme Durchsatz an Dunkelwolken.
Es macht Spaß, auf dem Monitor M 31 zu umrunden und dabei auch viel wenig Bekanntes zu entdecken. Hand aufs Herz: Wer hat schon in einer AmateurAufnahme die Auswirkungen der Wech-

selwirkung zwischen M 31 und ihren elliptischen Begleitern beachtet? So zeigt die kleine rundliche M 32 (südlich des Bulge) einen eindeutigen kometenhaften Fortsatz, der weg von M 31 gerichtet ist. Wie kommt das? Bei ihrer Runde um die Muttergalaxie verlieren die Begleitgalaxien Substanz in Form von Sternen. Wie mag M 32 vor Hunderten von Millionen Jahren ausgesehen haben, als sie die inzwischen verlorenen Sterne noch besaß? Und NGC 205, nordwestlich des Bulge gelegen, zeigt unverkennbar die typischen Warp-Verbiegungen mit einer diffusen Verlängerung auf M 31 zu.

M 31 bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von etwa 300 km/s auf unsere Milchstraße zu (van den Bergh, 2000). Diese Bewegung wird sich im Laufe der Zeit beschleunigen. In etlichen hundert Millionen Jahren werden beide Galaxien kollidieren und zu einer riesigen elliptischen Galaxie verschmelzen (Abb. 5).

Die H-Sonnenfiltersysteme ,,Coronado SolarMax 90" und ,,SolarSpectrum Advanced Solar Observer" im Vergleich
- ein persönlicher Erfahrungsbericht
Teil 2: Vergleich der Filtersysteme
von Rolf Geissinger

Im vorangegangenen VdS-Journal für Astronomie Nr. 41 stellte ich H-Sonnenfiltersysteme von Coronado und SolarSpectrum vor. Da ich mit beiden Systemen ausgiebig beobachtet und auch fotografiert habe, kann ich nachfolgend meine praktischen Erfahrungen im direkten Vergleich aufzeigen.
Das Coronado-System besticht durch seinen einfachen und schnellen Aufbau. Innerhalb von 5 Minuten ist alles komplett einsatzfähig. Die beachtliche Öffnung von 90 mm (SolarMax 90) bietet eine sehr detaillierte Abbildung. Protuberanzen konnte ich in allen Erscheinungsformen bereits ab der Minimalvergrößerung beobachten (33-fach mit 24-mm-Okularen am Binokularansatz). Die Sonne kann dabei problemlos als Ganzes beobachtet werden. Der Himmelshintergrund erscheint im Okular recht dunkel, vorausgesetzt der Himmel ist völlig klar. Die Streulichtunterdrückung funktioniert also ziemlich gut.
Mit steigender Vergrößerung (67-fach mit 12-mm-Okularen) offenbaren sich
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feine Strukturen in den Protuberanzen, und Oberflächendetails kommen recht kontrastreich zum Vorschein (Abb. 1). Diese Vergrößerung hat sich bei meinem Balkon-Beobachtungsplatz als ideal erwiesen. Vergrößerungen über 100-fach konnte ich jedoch nur selten mit dem Coronado gewinnbringend einsetzen. Die Filteroptik stößt meiner Ansicht nach hier an ihre Grenzen. Es besteht die Möglichkeit, auf die bestehende EtalonEinheit noch eine zweite, baugleiche Einheit aufzuschrauben. Die Halbwertsbreite (HWB) sinkt dann von 0,7 Å auf ca. 0,5 Å. Besonders die Oberflächenstrukturen treten dadurch merklich kontrastreicher hervor, was sich auch im praktischen Versuch bestätigt hat.
Prinzipiell ist es vorteilhaft, bei bekannten Sternfreunden an einem baugleichen Filtersystem eine Vergleichsbeobachtung durchzuführen. In meinem Fall hatte ich mich zunächst gewundert, warum die Abbildung meines Systems wesentlich dunkler erschien als bei dem meines Bekannten. Es stellte sich heraus, dass mein Blockfilter die Ursache für die dunklere

Abbildung war, sodass ich diesen umtauschte. Es scheint dabei eine gewisse Serienstreuung der Blockfilter zu geben.
Beim SolarSpectrum-Filtersystem gestaltet sich vor allem der allererste Aufbau der verschiedenen Komponenten (Abb. 2) wesentlich aufwändiger. Da jedes Teleskop mechanisch ein wenig anders aufgebaut ist, muss zuerst die exakte Lage des Brennpunktes ermittelt werden. Hierfür hatte ich zuerst den D-ERF-Energieschutzfilter mit Hilfe eines speziell angefertigten Adapters auf die Taukappe montiert. Nach dem Ausrichten des Teleskops auf die Sonne hielt ich ein Stück weißen Kartons hinter den unbestückten Okularauszug, um die exakte Lage des Brennpunktes festzustellen. Am besten führt man diesen Test durch, wenn es ein wenig bewölkt ist, weil das fokussierte Abbild der Sonne trotz IRFilterung immer noch gleißend hell ist. Es tritt jedoch keine nennenswerte Wärmeentwicklung auf. Noch sicherer ist es, den Brennpunkt am Mond zu bestimmen. Die telezentrischen Linsen müssen im Anschluss in einer festgelegten Distanz zum Brennpunkt positioniert werden.

Astrofotografie

73

1 SolarMax 90: H-Sonne im
Okular
Nun wird ausgemessen, wie weit der Okularauszug inklusive der montierten Telezentrik-Einheit ausgefahren werden muss, damit sich die Eingangslinse der Telezentrik im korrekten Abstand zum Brennpunkt befindet. Da zur späteren Fokussierung der Okularauszug nur wenige Millimeter bewegt werden darf (sonst verändert sich der Abstand des Brennpunktes zur Telezentrik zu stark), wird nun versucht, mit passenden Abstandshülsen am hinteren Ende im Okular ein scharfes Bild zu erzeugen. Dies ist ein wenig aufwändig, muss aber nur ein einziges Mal durchgeführt werden.
Hat man es letztendlich geschafft, das komplette System zu fokussieren, wird man mit einer grandiosen Abbildung der Sonne belohnt (Abb. 3). Besonders ist mir dabei die extrem detaillierte Darstellung der Spikulen am Sonnenrand im Vergleich zum Coronado-System aufgefallen. Es ist im Direktvergleich sehr deutlich, dass mit 140 mm Öffnung (SolarSpectrum am TEC 140) gegenüber 90 mm (Coronado SM90 am TMB 115/805) eine deutliche Steigerung in der Auflösung feiner Strukturen zu verzeichnen ist. Die Qualität der Optik lässt beim SolarSpectrum-Filter, gutes Seeing vorausgesetzt, Vergrößerungen bis über 250-fach zu. Die Detailfülle bei Protuberanzen, Filamenten, Spikulen und feinsten Oberflächenstrukturen (Abb. 4) ist schlichtweg überwältigend.
Es sollte allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass bei einem Teleskop mit der Grundbrennweite von ca. 1.000 mm die Gesamtbrennweite aufgrund der notwendigen 4-fach Telezentrik auf nahezu 4000 mm anwächst. Deshalb ist es nicht möglich, die komplette Sonnenscheibe mit 24-mm-Okularen und einem Binokularansatz zu beobachten. Der Hersteller bietet jedoch einen Fokalreduktor von 0,66x an, mit dem die Sonne dann komplett ins Gesichtsfeld passt. In der Praxis stört mich dies jedoch überhaupt nicht, da ich es viel spannender finde, den Sonnenrand bei mittlerer Vergrößerung langsam abzufahren und dabei überrascht zu werden, wenn sich eine riesige Protuberanz oder eine aktive Region ins Bildfeld schiebt.

Coronado SolarMax 90 (0,7 Å) mit Blockfilter BF 30
Vertrieb z.B. über die Firma Meade oder Astro-Fachhändler
Vorteile: sehr schneller Aufbau unabhängig von Netzspannung (problemloser Feldeinsatz) verschiedene Kombinationen aus Etalon- und Blockfiltern erhältlich bequemer Einblick dank kurzer Baulänge preiswerter Refraktor genügt Transportkoffer im Lieferumfang enthalten
Nachteile: Filter begrenzt die Öffnung und damit das Auflösungsvermögen sinnvoll nutzbare Maximalvergrößerung endet bei ca. 100-fach je nach Blockfilter etwas dunkles Bild Halbwertsbreite nur 0,7 Å konstruktionsbedingte geringe Obstruktion (Abstandshalter im Etalon) muss sehr behutsam behandelt werden (keine harten Stöße - Gefahr der Delaminierung)
SolarSpectrum 0,5 Å Advanced Solar Observer mit 160 mm D-ERF und 4-facher Telezentrik
Vertrieb z.B. über die Firma Baader-Planetarium
Vorteile: Öffnung/Auflösungsvermögen nicht vom Filter abhängig viele verschiedene Modelle verfügbar Vergrößerung bis 250-fach oder mehr möglich (je nach Öffnung) HWB von 0,8 Å bis 0,2 Å verfügbar keinerlei Obstruktion bei Verwendung eines Refraktors mechanisch relativ robust
Nachteile: Abhängigkeit von Netzspannung (Temperatursteuergerät) Aufwändiger Aufbau (Energieschutzfilter, Telezentrik, H-Filter, Steuergerät, Kabel) sehr stabiler Okularauszug notwendig Einblick wegen Baulänge teilweise unbequem kein Transportkoffer im Lieferumfang
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74

Astrofotografie

2 Solar-
Spectrum-Komponenten

sehr deutlich sichtbar. Bei der Beobachtung unserer Sonne im H-Licht verhält es sich ein wenig wie bei der Deep-SkyBeobachtung. Man benötigt eine gewisse Erfahrung, um feinste Details erkennen zu können. Es scheint, als ob sich das Auge erst langsam an das tiefrote Licht gewöhnen muss. Ich persönlich finde es sehr hilfreich, mit einem Binokularansatz zu beobachten, da hierbei die Erkennbarkeit feinster Strukturen enorm anwächst.

Fotografische Nutzung Viele Hobbyastronomen verspüren den Wunsch, das visuell Erlebte fotografisch festzuhalten. Bei der Fotografie unserer Sonne im H-Licht wende ich mit recht gutem Erfolg dieselbe Methode an, wie ich sie auch bei Mond- und Planetenaufnahmen praktiziere. Anstatt eines Einzelbildes zeichnet ein Videomodul eine ganze Serie von kurz belichteten Aufnahmen auf (z. B. AVI-Video). Die schärfsten Einzelbilder werden von einer speziellen Software (z. B. Registax oder AVIStack 2) aussortiert und nachfolgend überlagert. Besonders gute Ergebnisse erhalte ich mit AVIStack 2 im Automatikmodus. Zurzeit verwende ich ein hochempfindliches Videomodul des kanadischen Herstellers PointGrey (ICX 285-CCD-Sensor, Abb. 5).
Die Kamera-Adaption ist bei beiden HFiltersystemen recht einfach. Anstatt des Okulars wird einfach ein Kameramodul montiert, der Fokus eingestellt und schon kann die Aufnahmesequenz gestartet werden. Die Qualität der Aufnahmen ist sehr gut, optimales Seeing vorausgesetzt, und es können erstaunliche Ergebnisse erarbeitet werden (Abb. 6).
Mein persönliches Fazit Nun, Sie werden sich jetzt vielleicht fragen, warum ich mittlerweile von dem bereits sehr guten Coronado H-Filter auf ein Filtersystem von SolarSpectrum umgestiegen bin. Ich will ehrlich sein: Ich erhoffte mir noch mehr Detailfülle auf der Oberfläche und in den Protuberanzen. Die Steigerung von 90 mm auf 140 mm freie Öffnung bei gleichzeitiger Verringerung der HWB von 0,7 Å auf 0,5 Å spricht auch in der Praxis für sich. Die Steigerung der Abbildungsleistung ist
VdS-Journal Nr. 42

3
SolarSpectrum: Feuerwerks-Protuberanz
4 SolarSpectrum: große Protuberanz

Astrofotografie

75

5 SolarSpectrum mit PointGrey-Videokamera

Sehr empfehlenswert ist die Nutzung eines dunklen Tuches über dem Kopf, um jegliches Streulicht auszuschließen.
Legen Sie Wert auf einen unkomplizierten Aufbau und schnellen Einsatz bei guter optischer Qualität, treffen Sie mit einem H-Filter von Coronado oder ähnlichen Systemen die richtige Wahl. Bevorzugen Sie jedoch eine möglichst große Öffnung bei allerbes-

ter Abbildungsqualität und scheuen Sie den gewissen Aufwand beim Aufbau nicht, dann sollten Sie sich die Geräte von SolarSpectrum genauer ansehen. Preislich bewegen sich Einsteigergeräte unter EUR 1000. Bei Filtersystemen mit größeren Öffnungen steigen die Kosten jedoch in den hohen, vierstelligen Bereich.

6 SolarSpectrum: Sonnenoberfläche

Tipp 1 Es sind viele verschiedene Modelle von SolarSpectrum-Filtern erhältlich. Die Unterschiede bestehen im Wesentlichen aus:
freiem Durchlass (19 mm - 46 mm) Halbwertsbreite (0,8 Å - 0,2 Å) Güte des Filters (Research Grade oder Standard)
Meiner Erfahrung nach ist eine Halbwertsbreite von 0,5 Å der ideale Kompromiss aus Bildhelligkeit und Kontrastleistung auf der Sonnenoberfläche. Geringere Halbwertsbreiten zeigen visuell ein noch kontrastreicheres Bild, jedoch zu Lasten der Bildhelligkeit und damit zu Lasten der Belichtungszeiten bei Videoaufnahmen. Den freien Durchlass würde ich bei der Nutzung eines Binokularansatzes möglichst groß wählen. Ob der finanziell erhebliche Mehraufwand einen ,,Research-Grade"-Filter rechtfertigt, muss jeder selbst entscheiden. Ich habe bei meinem Standard-Grade-Filter keine auffälligen Unregelmäßigkeiten bei der Abbildung bemerkt.
Tipp 2 Vorsicht ist geboten bei der Auswahl eines geeigneten Zenitspiegels. In einem zufälligen Versuch habe ich festgestellt, dass ein hochwertiger, dielektrischer Zenitspiegel nicht optimal mit dem SolarSpectrum-Sonnenfilter zusammen arbeitet. Protuberanzen konnte ich zwar noch erahnen, aber die Sonnenoberfläche verlor fast jegliche Struktur. Die Verwendung eines T2-Zenitprismas beeinträchtigte die Abbildungsleistung hingegen nicht. Vermutlich lag es an der dielektrischen Vergütung des Spiegels. Möglicherweise funktionieren einfachere Spiegel ohne aufwändige Vergütung besser. Da man aber selten einen Vergleich hat, wie die Oberfläche mit dem eigenen Sonnenfilter nun aussehen kann, halte ich es für ratsam, auf alle Fälle ein Zenitprisma anstelle eines Spiegels zu verwenden. Bei der Verwendung eines Binokularansatzes ist es zudem wichtig, dass die Filtereinheit möglichst senkrecht zum Bino-Einblick montiert wird, da ansonsten unterschiedliche Bildhelligkeiten zwischen den beiden Okularen auftreten.
VdS-Journal Nr. 42

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Astrofotografie

Projekt: Der eigene Messier-Katalog
von Michael Hauss

Früher oder später dürfte es jeden Amateurastronomen reizen, sämtliche Objekte des wohl berühmtesten aller DeepSky-Kataloge, dem Messier-Katalog, selbst zu beobachten bzw. zu fotografieren. In Anbetracht der Tatsache, dass die 110 Objekte des Katalogs alle recht hell sind und auch alle von (fast ganz) Deutschland aus beobachtbar sind, ist der Rahmen für ein sehr schönes Projekt definiert: Die Erstellung eines eigenen fotografischen (oder visuellen) MessierKatalogs! Ein solcher Katalog dokumentiert nicht nur die Ergebnisse, die sich mit den eigenen Instrumenten unter den gegebenen Bedingungen realisieren lassen, sondern liefert auch ein schönes privates ,,Bilderbuch", in dem man bei schlechtem Wetter blättern kann und das als eigenes Referenzwerk dient.

- Gartensternwarte unter Vorstadtbedingungen
- Einsatz eines Schmidt-CassegrainTeleskops mit einer Brennweite von 1620 mm (mit Fokalreduktor) und

einer Öffnung von 200 mm - digitale Spiegelreflexkameras als
Aufnahmegeräte - die besonders ausgedehnten Objekte
des Messier-Katalogs wie M 24, M 31

Den Umfang des Projektes sollte man dabei aber nicht unterschätzen! Es dauert eine ganze Weile, bis von den einzelnen Messier-Objekten ausreichend gute Fotos vorliegen, was bei 110 Objekten eine erhebliche Zeit in Anspruch nimmt. Auch die Dokumentation in Form eines ,,Messier-Katalogs" geschieht nicht an einem Tag. Ein fertiger Messier-Katalog kann dann schließlich ins Internet gestellt werden, damit auch andere Amateurastronomen daran partizipieren können. Dazu dienen - ähnlich zu Youtube für Videos - Dokumentenplattformen wie www.doktus.de (Deutschland) oder www. scribd.com (USA). Bei doktus.de ist der Umfang eines Dokuments leider auf 25 MByte beschränkt, was mit einem Messier-Katalog nur mühsam eingehalten werden kann.

1 Kugelsternhaufen M 5 (Klasse V) mit der Helligkeit 5,7 mag im Sternbild
Serpens Caput am 22.05.2009 um 22:45 UT. Das Foto ist eine Überlagerung von 8 Einzelbildern à 60 Sekunden Belichtungszeit mit einem 8''-SCT (Canon EOS 500D, ISO 3200).

Ich halte es für empfehlenswert, dass ein eigener Katalog unter möglichst fest definierten Rahmenbedingungen erstellt wird, da die einzelnen Beobachtungsergebnisse dann vergleichbar werden. So erhält man seine eigene persönliche Antwort auf die Frage, was unter den eigenen Randbedingungen alles möglich ist und wo die Grenzen liegen. Bei der Erstellung meines eigenen MessierKatalogs galten für mich die folgenden Randbedingungen:
VdS-Journal Nr. 42

2 Offener Sternhaufen M 21 (Klasse I 3 p) mit der Helligkeit 5,9 mag im
Sternbild Sagittarius am 05.06.2010 um 00:41 UT. Das Foto ist eine Überlagerung von 8 Einzelbildern à 40 Sekunden Belichtungszeit mit einem 8''-SCT (Canon EOS 500D, ISO 3200).

Astrofotografie

77

und M 7 verlangen Brennweiten von weniger als 1000 mm, so dass hier Tele-Objektive zum Einsatz kamen.
Da je nach Umständen, Möglichkeiten und Technik immer wieder ,,noch bessere" Fotos der Messier-Objekte gelingen, wird dieses Projekt eigentlich nie zu Ende gehen. Um trotzdem zu einem ,,Endergebnis" zu kommen, sollte auch dann, wenn vielleicht das

ein oder andere Foto noch nicht ganz den eigenen Wünschen entspricht, eine Version des Messier-Katalogs ,,abgeschlossen" werden. Ich selbst habe mittlerweile eine 2. Version des Messier-Katalogs fertig gestellt, der im Internet verfügbar ist [1].
Mit der vorliegenden zweiten Version meines Messier-Katalogs bin ich zwar schon recht zufrieden, in einigen Jahren wird

3 Offener Sternhaufen M 103 (Klasse II 2 m) mit der Helligkeit 7,4 mag im
Sternbild Cassiopeia am 10.10.2010 um 18:53 UT. Das Foto ist eine Überlagerung von 8 Einzelbildern à 70 Sekunden Belichtungszeit mit einem 8''-SCT (Canon EOS 500D, ISO 3200).
4 Galaxie M 104 (Klasse Sa) mit der Helligkeit 8,0 mag im Sternbild Virgo am
22.05.2009 um 22:08 UT in der invertierten Darstellung. Das Foto ist eine Überlagerung von nur 4 Einzelbildern à 60 Sekunden Belichtungszeit mit einem 8''-SCT (Canon EOS 500D, ISO 3200).

es aber sicherlich noch eine dritte, wesentlich verbesserte Version geben, denn bei so manch einem Objekt sehe ich bei optimalen Wetterbedingungen noch Potential für bessere Fotos. Aber so soll ein Hobby ja auch schließlich sein: Jedes einzelne Foto, das noch besser ist als alle vorhergehenden, macht Freude und wird letztendlich in die eigene ,,Best of"-Liste aufgenommen. Auch mit einem 200-Milimeter-Objektiv lassen sich die MessierObjekte ablichten. Viele sind dann zwar recht unspektakulär, aber einige zeigen erst dann ihre wahre Schönheit, wenn sie zusammen mit ihren benachbarten DeepSky-Objekten abgebildet sind. Auch das ist ein schönes Projekt unter entsprechend anderen Randbedingungen [2].
Natürlich gibt es unzählige wunderbare Fotos der Messier-Objekte in der Literatur und im Internet. Wer stöbert nicht gerne im ,,Atlas der Messier-Objekte" herum [3]? Dabei entpuppten sich die besonderen Highlights des Messier-Katalogs wie M 45, M 31 und M 33 für mich in Wirklichkeit als besondere Deep-SkyHerausforderungen!
Bei der Ausübung des Hobbys Astronomie sollte meiner Überzeugung nach stets die eigene Arbeit im Vordergrund stehen - und völlig egal, welches Instrumentarium zur Verfügung steht - mit heutiger Technik lassen sich wunderbare Ergebnisse erzielen, mit denen dieses Hobby sehr, sehr viel Freude bereitet!
Literaturhinweise: [1] M. Hauss, 2010: ,,Messier-Katalog:
Alle 110 Deep-Sky-Objekte des Messier-Katalogs fotografiert mit einem 8-Zoll-Schmidt-CassegrainReflektor und einer digitalen Spiegelreflexkamera (Version 2.0)", http://www.doktus.de/dok/59214/ messierkatalog-mit-8-quot--sct. html [2] M. Hauss, 2010: "The Messier Catalogue - The stunning world of Messier objects seen with the 200mm-tele-lense of the Bradford Robotic Telescope (Version 1.0)", http://www.scribd.com/ doc/42454466/Messier-CatalogueBRT-V1-0 [3] R. Stoyan, 2006: ,,Atlas der Messier-Objekte - Die Glanzlichter des Deep Sky", Oculum Verlag
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Astrofotografie

Astronomische Ziele in den USA
von Michael Kunze

Die Ostseite ist geprägt vom Regenwald

und die Westseite gilt als Sonnenküste.

Deswegen haben sich an der Westküs-

te auch die Touristenzentren rund um

Lahaina entwickelt. Der Mittelteil wird

vom 3055 Meter hohen Vulkankrater

Haleakala dominiert. In seiner Caldera

lassen sich viele tolle Vulkanlandschaf-

ten entdecken - empfehlenswert zum

Wandern. Am westlichen Kraterrand sind

einige astronomische Einrichtungen zu

finden, wie z. B. das Mess Solar Observa-

tory und einige Einrichtungen der NASA

zur Satellitenverfolgung. Auch die US

Air Force unterhält hier einige Einrich-

tungen. Von dort hat man eine tolle Sicht

auf die Nachbarinseln wie Hawaii Big-

Island mit seinen beiden Schildvulkanen

Mauna Kea und Mauna Loa. Das Gebiet

1 Der Mond beleuchtet den rauchenden Eintritt von Lava in den Ozean.

rund um den Haleakala ist Nationalpark und für nächtliche Beobachtungen sehr

gut geeignet. Die Anfahrt erfolgt über

die Inselhauptstadt Kahului und dauert

Die reisenden und beobachtenden Ama- näher behandelt werden, zumal sie auch von dort eine gute Stunde auf sehr gut

teurastronomen finden den Weg meist ins wegen verschiedener astronomischer ausgebauter Straße. Am Gipfelbereich

ferne Namibia. Unter nahezu perfekten Einrichtungen von Interesse sind.

befindet sich ein großer Parkplatz, auf

Bedingungen wird der nächtliche Süd-

dem man gut beobachten kann. Wenige

himmel beobachtet und fotografiert. Es Die restlichen Inseln sind aber nicht we- Schritte weiter genießt man einen gran-

gibt auf der Welt aber auch viele weitere niger interessant. Jede Insel gleicht kei- diosen Blick auf die Westseite der Insel

Standorte mit fantastischem Himmel und ner zweiten, und überall ist vor allem mit den West Maui Mountains und den

astronomischen Sehenswürdigkeiten. Ich eine tolle Natur zu

möchte in diesem Artikel Hawaii und ei- bewundern. So ist

nige Sternwarten an der USA-Westküste es auf der ältes-

behandeln, da ich hier im Frühjahr 2011 ten Insel Kauai die

meine Reisezeit verbracht habe.

berühmte Napali

Coast, die schroff

Für eigene Beobachtungen ist es ratsam, und steil ins Meer

nur kleines Gepäck mitzunehmen, denn abfällt. Auf Oahu

der Flug bzw. die Reisezeit von Deutsch- ist Waikiki einen

land nach Hawaii dauert mitunter 28 Besuch wert.

Stunden, und Übergepäck ist zudem

unhandlich und teuer. Aber erst einmal Das Surferpara-

die Reisestrapazen hinter sich gelassen, dies Maui

erwartet einen auf Hawaii ein Paradies. Die Insel Maui ist

Herrliche Strände mit tollen Schnorchel- auch als Surfer-

gebieten, Buckelwale im Winter, Regen- paradies bekannt.

wald und Wasserfälle sowie eine gran- An der Nordseite

diose Vulkanlandschaft. Hawaii besteht kommen mitunter

aus acht großen Hauptinseln, wovon die höchsten Wel-

die größte den Namen Hawaii trägt. Um len der Inselgrup-

Verwechselungen auszuschließen, wenn pe vor und somit

man von Hawaii spricht, wurde noch ist die Nordküste

,,Big-Island" angehängt. Die Inseln Maui und Hawaii Big-Island sollen nun etwas

Austragungsort des Surfweltcups.

2 Kuppeln der Teleskope Keck I und II

VdS-Journal Nr. 42

Astrofotografie

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3 Gipfelregion des Mauna Kea mit den Kuppeln der
Teleskope (von links): Subaru, Keck I, Keck II und IRTF (Infrared Telescope Facility).

4 Kuppelgebäude des 100-Zoll-Hooker-Teleskops

5 Das Hooker-Teleskop von der Besucherplattform

6 Sonnenturm auf dem Mount Wilson

7 Der 24-zöllige Clark-Refraktor auf dem Mars Hill

8 Das ,,Pluto-Teleskop"

nahegelegen Nachbarinseln Kahoolawe, Lanai und Molokai.
Die Vulkaninsel Hawaii Big-Island wartet mit einem aktiven Vulkan auf. An der Südwestflanke der Insel befindet sich der Vulcano National Park mit dem Vulkan Kilauea, der seit mehr als 20 Jahren un-

unterbrochen Lava fördert, meist unterirdisch. Die austretende Lava ist dann am Meer zu beobachten, wie sie tosend mit Wasser in Berührung kommt (Abb. 1). Ab und an tritt die Lava aber auch an die Oberfläche und verwüstet weite Teile der Insel. Das Besucherzentrum und die Nationalpark-Ranger informieren umfassend

über den aktuellen Stand. Der im Kilauea eingebettete Krater Halemaumau ist seit ca. 2008 wieder aktiv. Seitdem steigt eine Rauchwolke in den Himmel.
Auf Hawaii Big-Island ist auch der Mauna Kea mit einer Höhe von 4207 Metern zu finden, sowie der Mauna Loa mit
VdS-Journal Nr. 42

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Astrofotografie

4169 Metern. Diese beiden Schildvulkane überragen den gesamten Archipel und zählen vom Meeresboden aus gemessen zu den größten Bergen der Welt. Auf dem Mauna Kea [1] befinden sich einige bekannte Großteleskope (Abb. 2 und 3). Dazu zählen die beiden Keck-Teleskope (10 Meter Durchmesser), das japanische Subaru-Teleskop (8,3 Meter) und das Gemini-Teleskop (8,1 Meter). Bekannt ist auch das Canada France Hawaii Telescope, das aber mit seinem 3,6-m-Spiegel mittlerweile zu den kleineren Teleskopen zählt. Das Subaru-Teleskop ist in die Schlagzeilen geraten, weil im Jahr 2011 Kühlflüssigkeit über den Spiegel ausgetreten ist. Es sind aber nicht nur optische Teleskope zu finden, sondern auch ein britisches Infrarot-Teleskop (3,8 m) sowie Submillimeter-Teleskope, angeführt vom dem James Clerk Maxwell Telescope (15 Meter) und dem Caltech Submillimeter Observatory (10,4 Meter). Zwischen den beiden Vulkanriesen führt die Saddle Road von der einen zur anderen Inselseite auf etwa 2400 Meter Höhe und verbindet die Städte Hilo an der Ostseite

9 Oben: Der
,,Barringer Meteor Crater" aus 2 km Entfernung
10 Rechts: Der
Innenbereich des Meteorkraters
mit Kailua-Kona an der Westseite. An ihrem höchsten Punkt biegt die Mauna Kea Access Road ab, die zuerst zum OnizukaBesucherzentrum führt. Hier auf ca. 2800 Metern Höhe sollte man unbedingt eine längere Akklimatisationspause einlegen. Ab dem Besucherzentrum geht es auf einer Schotterpiste weiter, die kurz unter dem Gipfelbereich wieder asphaltiert ist. Der geschotterte Abschnitt ist nur mit einem Allradfahrzeug befahrbar und je nach Witterungsbedingungen gesperrt.

11 Milchstraße im Gebiet Schütze, aufgenommen im Valley of Fire
VdS-Journal Nr. 42

Neben dem Besucherzentrum sieht man die Einrichtungen, in denen die beobachtenden Astronomen und das Servicepersonal untergebracht sind.
Die Westküste der USA An der amerikanischen Westküste gibt es eine Vielzahl an Natursehenswürdigkeiten. Grand Canyon, Death Valley, Monument Valley oder Yosemite, um nur einige zu nennen. Aber auch astronomisch ist diese Region höchst interessant, denn hier befinden sich viele historisch bedeutsame Observatorien.
Wenige Meilen von Los Angeles entfernt, in den San Gabriel Mountains, liegt in 1734 Metern Höhe mitten im Angeles National Forest das Mount Wilson Observatory [2]. Bekannt geworden ist es durch die damals größten Teleskope, die es auf der Welt gab. Zum einen war es das 60-Zoll-Teleskop, zum anderen wurde dieses durch das 100-Zoll-Hooker-Teleskop abgelöst (Abb. 4 und 5), welches auch Albert Einstein nutzte. Auf dem Mount Wilson befindet sich zudem noch ein aktives Sonnenturmteleskop (Abb. 6). Das Gelände auf dem Mount Wilson ist nach der Entrichtung einer Parkplatzgebühr ebenso frei zugänglich wie die Besucherplattform des Hooker-Teleskops. Zudem befindet sich ein Museum auf dem Gelände.

12 Gewitter im Monument Valley

Weiter westlich liegt die Stadt Flagstaff. Hier, auf dem Mars Hill, befindet sich das Lowell Observatory [3], von dem aus 1930 Pluto entdeckt wurde. Um 1900 wurde auf dem Mars Hill der 24-ZollClark-Refraktor als erstes Teleskop installiert (Abb. 7). Mit diesem Instrument untersuchte Percival Lowell die von Schiaparelli beobachteten Marskanäle. Auf dem Sternwartengelände ist die Plutokuppel zu finden. In ihr steht das Teleskop, mit dem 1930 Pluto entdeckt wurde (Abb. 8). Clyde Tombaugh hat dazu zwei Fotoplatten in einem Zeiss-Blinkkomparator untersucht und den vermuteten Planeten entdeckt. Die originalen Fotoplatten, der Blinkkomparator und die Marszeichnungen von Lowell sind im Museum ausgestellt.
Einige Meilen westlich von Flagstaff liegt ein ganz besonderer Ort. In der Wüstenlandschaft ist vor ca. 50.000 Jahren ein Meteor auf die Erdoberfläche eingeschlagen und hat den heute besterhaltensten Meteorkrater, den Barringer Meteor Crater, zurückgelassen [4]. Schon von weitem sieht man seinen Kraterwall (Abb. 9). Von der Besucherplattform aus bietet sich ein gewaltiger Blick in den 1200 Meter breiten und 174 Meter tiefen Krater (Abb. 10). Im Ausstellungsgebäude kann man sich sehr anschaulich über das Thema informieren. Zudem ist das größte gefundene Fragment des Meteors dort ausgestellt.
Ich bin hier auf die Observatorien bzw. astronomischen Orte eingegangen, die

13 Sternstrichspuren über dem Monument Valley

ich 2011 besucht habe. Weitere sehr interessante Observatorien sind das Kitt Peak Observatory, das Mount Palomar Observatory, Lick Observatory, Big-Bear Solar Observatory und einige mehr. Alle diese Einrichtungen sind einen Besuch wert und liegen günstig auf den Pfaden, die man als USA-Besucher abfahren sollte. Die USA-Tour führte mich auch an die bekannten Orte mit landschaftlich atemberaubenden Sehenswürdigkeiten. Dort entstanden verschiedene astrofotografisch interessante Aufnahmen (Abb. 11, 12, 13). Während der Tour habe ich aber auch vermehrt Zeitrafferaufnahmen gemacht [5]. In diesen meist nur kurzen Videos zeigt sich die Bewegung des nächtlichen Himmels im Laufe mehrerer

Stunden, wie Wolken ziehen oder Jupiter am Horizont aufgeht. Wer sich für meine Reise interessiert, sei auf [6] verwiesen.
Internetlinks: [1] Mauna Kea Observatory:
www.ifa.hawaii.edu/mko/ [2] Mount Wilson Observatory:
www.mtwilson.edu [3] Lowell Observatory: www.lowell.edu [4] Barringer Meteor Krater:
www.barringercrater.com [5] M. Kunze: "Zeitrafferaufnahmen",
www.sky-in-motion.de [6] M. Kunze: "Reiseberichte",
www.michaelkunze.de
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Astrofotografie

Die Entwicklung der VdS-Fachgruppe Astrofotografie
von Peter Riepe

Unsere Wurzeln Die FG Astrofotografie wurde 1982 bei der 25-jährigen Jubliläumstagung der Volkssternwarte Bonn gegründet, um dem gestiegenen astrofotografischen Interesse gerecht zu werden. Initiator war Dr. Rainer Beck, damals junges und reges Mitglied im ansonsten eher konservativen VdS-Vorstand. Die Umsetzung der VdS-Konzeption übernahmen drei Mitglieder der Astronomischen Arbeitsgemeinschaft Bochum. Schon bald schlossen sich Aktive aus München und Berlin an. Erster Fachgruppenleiter war Dr. Werner E. Celnik, damals Bochum, heute Rheinberg. Seit 1989 wird die FGArbeit durch Peter Riepe, Bochum, koordiniert. Die FG besteht derzeit aus mehr als 40 Astrofotografen des gesamten deutschsprachigen Raums.
Die konventionelle chemische (nicht: analoge) Fototechnik hatte eine lange

Blütezeit in der Astrofotografie, nun ist sie fast vergessen, obwohl sie recht gute Ergebnisse lieferte, sowohl in Schwarzweiß (Abb. 1) als auch in Farbe (Abb. 2). Gegen Mitte der 1980er-Jahre kam die digitale Bildaufzeichnung im Amateurbereich auf. Die ersten winzigen Chips besaßen nur wenige Pixel und hatten es schwer, die fortgeschrittenen Farbfilme zu verdrängen. Bei unzureichender Auflösung wirkten die kleinen Quadrate störend. Aber das änderte sich schnell. Um der digitalen Fotografie Rechnung zu tragen, kamen im April 1993 am Rande der 19. Würzburger Frühjahrstagung zahlreiche CCD-Begeisterte zusammen. Innerhalb der FG Astrofotografie gründete sich ein ,,Arbeitskreis CCD-Technik", der offiziell im Oktober 1993 bei der BoHeTa vorgestellt wurde. Schon im März 1994 wurde dieser Arbeitskreis zur eigenständigen ,,VdS-Fachgruppe CCD-Technik". Ihr Ziel: Selbstbau von CCD-Kameras.

1 H II-Region Sh2-126 im Stern-
bild Lacerta. Objektiv 1:1,8/85 mm, Rotfilter Schott RG 645, Kodak 103a-E, Belichtung 90 Minuten, Feld: 22 Grad x 15 Grad , unten links der Stern Beta Pegasi. Wer kennt den 4 Grad ausgedehnten Nebel? Bild: Astronomische Arbeitsgemeinschaft Bochum.

VdS-Journal Nr. 42

2 Milchstraße im Schlangenträger,
Schütze, Skorpion, Ara und Norma, entstanden 2001 auf Farm Tivoli, Namibia. 6x6-Mittelformatkamera Rolleiflex SLX mit Objektiv 1:2,8/80 mm, Farbdiafilm Kodak Ektachrome 200. Bei Blende 4 wurde 90 min belichtet. Bild: Rainer Sparenberg, Stefan Binnewies und Volker Robering.

3 Oben: Sh 2-3 im Skorpion.
Newton-Reflektor 200 mm / 800 mm, 22.07.1998 Namibia, 50 min belichtet mit SBIG ST-8, H-Filter und Komakorrektor. Bild: Harald Tomsik, Peter Riepe und Stefan Binnewies. Nachführung per Auge am GA-2.
4 Mitte: Supernova 1995an in
UGC 3188. Links: POSS Blue. Rechts: 20.11.1995, 16,7 mag hell, Newton 450 mm / 2000 mm, OES LcCCD 11N, 4 x 5 min belichtet. Bild: Harald Tomsik, Stefan Binnewies und Peter Riepe.
5 Unten: Spiralgalaxie NGC 6946
im Cepheus, 7-Zoll-Maksutov-Cassegrain, f = 1800 mm, CCD-Kamera QSI 540wsg monochrome, L: 18 x 600 s (ohne Binning), R: 13 x 300 s, G: 11 x 300 s, B: 12 x 300 s (Farben 2-faches Binning), Astrodon True Balance II RGB Filter-Set, Bild: Mark Hellweg.
Heute ist dies überholt, denn inzwischen kann jeder seine persönliche Ausrüstung aus Optik und Kamera im Fachhandel kaufen. Die Themen der digitalen Bildgewinnung und -verarbeitung sind inzwischen mit der Astrofotografie ebenso verknüpft wie es die chemische Technologie in der damaligen Zeit der Filme war.
Die Anfänge der CCD-Fotografie waren noch holperig. Monochrome Bilder erzielten zunächst nur eine einfache Bildwirkung (Abb. 3). Bilder mit Teleskopen ab 300 mm Öffnung kamen nun aber schon in den Qualitätsbereich der POSS-Fotos (Abb. 4). Mittlerweile ist das Schnee von gestern. CCD-Kameras, digitale Spiegelreflexkameras und Webcams werden mit großem Erfolg eingesetzt und die Technik entwickelt sich permanent weiter. Ohne Videokameras wäre die Planetenfotografie heute unvorstellbar. Für Deep-Sky-Fotografen stehen großflächige Chips mit hoher Empfindlichkeit und Auflösung zur Verfügung, Farbbilder sind Standard (Abb. 5 und 6).
Ziele und Aufgaben Die als gemeinnützig eingetragene VdS hat laut Satzung das Ziel, die Astronomie in all ihrer Schönheit und Bedeutung der Bevölkerung auf populäre Art zugäng-

Astrofotografie

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VdS-Journal Nr. 42

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Astrofotografie

6 NGC 7822 von Robert Pölzl. 8-Zoll-Newton f/4,5 mit Komakorrektor Paracorr
und SBIG ST-2000XM; in drei Augustnächten 2010 belichtet, R und B je 10 x 15 min, G: 10 x 12 min, H: 10 x 30 min als Luminanz verwendet.

lich zu machen. Dieses Ziel wird ganz wesentlich durch die VdS-Fachgruppen umgesetzt, z. B. bei Veranstaltungen wie Tagungen, Messen und regionalen Treffen. Auch der bundesweite Astro-

nomietag bietet eine ideale Möglichkeit, die Öffentlichkeit über Astronomie zu informieren. Darüber hinaus sind Publikationen effektive Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit.

Publikationen Auch die FG Astrofotografie wirkt öffentlich. Das geschieht in astronomischen Zeitschriften, über Astroforen und jedem zugängliche Mailinglisten. Die Publikation astrofotografischer Berichte und verwandter Themen erfolgt in erster Linie im vereinseigenen VdS-Journal für Astronomie, aber auch in anderen beliebten Astro-Zeitschriften. Geeignete Berichte von außerhalb und aus den Reihen der Mitglieder werden vom FGRedakteur (Peter Riepe) gesammelt und für das VdS-Journal aufbereitet. Bei dem Autorenkontakt kommt oft ein interessanter Erfahrungsaustausch zustande. Zwischen den Redakteuren aller Fachgruppen und der VdS-Endredaktion besteht eine enge Kooperation.
Auf unserer eigenen Homepage (http:// astrofotografie.fg-vds.de/) gibt Michael Kunze einen Überblick zur FG Astrofotografie und ihren Aktivitäten. Im bekannten Forum ,,Astronomie.de" unterhält die FG Astrofotografie seit November 2004 wöchentlich das ,,AdW" (Astrofoto der Woche). Auf der VdS-Webseite veröffentlichen wir regelmäßig das ,,AdM"

7 Die aktive Region AR 11268 auf der Sonne am
08.08.2011 im H-Licht. Refraktor TOA 130 mit Energieschutzfilter (DERF) vor dem Objektiv, Filter Solar Spectrum SO 1.5 (HWB = 0,5 Å), direkt dahinter ein 2-Zoll-Telekompressor 0,7-fach von Solar Spectrum, Videokamera DMK 41 AU04, 15 Bilder/s. Das nötige Öffnungsverhältnis von 1:30 wurde mit einem 4-fachen telezentrischen Linsensystem erreicht. Bild: Bernd Eser.
VdS-Journal Nr. 42

8 Gebiet der Krater Deslandres-Walter-Orontius-Stöfler,
bei Orontius eine ineinander verschachtelte Kraterreihe. Die Aufnahme entstand am 03.04.2009 in der späten Abenddämmerung mit einem C11, Brennweite mit FFC 2-fach verlängert, DMK31AF03.AS und vorgeschraubter Gelbfilter, 30 Bilder/s, gestackt mit AviStack 1.80. Bild: Manfred Wolf.

Astrofotografie

85

(Astromotiv des Monats), mit zahlreichen Aufnahmen und ausgiebigen Infos zu den vorgestellten Objekten.
Anfragen von Ratsuchenden Neben ihrer persönlichen praktischen Astrofotografie übernehmen die FG-Mitglieder auch Beratungsaufgaben. Beraten werden alle Sternfreunde, die mit Fragen und Wünschen zur Astrofotografie zu uns stoßen. Dies wird heutzutage über E-Mails via Astroforen und Mailinglisten durchgeführt. Von daher bedeutet FGArbeit also auch Kommunikation nach außen!
Viele Fragen drehen sich darum, was man mit seinem Teleskop oder seiner Optik fotografieren kann. Wie fertige ich Aufnahmen der Milchstraße, von Sternfeldern und Kometen an? Was habe ich bei der Fotografie von Sonne (Abb. 7), Mond (Abb. 8) und Planeten (Abb. 9) zu beachten? Welche Kameras sind zu empfehlen? Wie lange muss belichtet werden? Wer erfolgreiche Astrofotografie betreiben will, befasst sich auch mit Optik und Instrumententechnik. Wie komme ich an Literatur? Oft dreht sich die Diskussion auch um den Filtereinsatz und das automatische Nachführen (Autoguiding) während der Langzeitbelichtung. Nach der Aufnahme geht es dann weiter. Welche Software zur Bildverarbeitung ist zu empfehlen und was kann sie leisten? Ehe scharfe und richtig belichtete Astroaufnahmen von Objekten unseres Sonnensystems oder auch des ,,tiefen Himmels" (deep sky) gelingen, heißt es, genügend Erfahrungen zu sammeln. In den vergangenen Jahren unternahmen unsere Mitglieder regelmäßige Exkursionen, unter

9 Jupiter am 02.10.2011 um 23:20 Uhr UT. Newton 254 mm / 1250 mm,
4x-Powermate, f = 5000 mm, Video mit DMK.21AU618.AS, Filterung RRGB, Kombination der schärfsten Bilder. Der Mond Ganymed zeigte eindeutige Strukturen. Er steht im Bild an der richtigen Stelle, ist jedoch 4-fach nachvergrößert, um das gute Seeing zu zeigen. Bild: Michael Kunze.

anderem in die Alpen, in die südspanische Sierra Nevada, auf die Kanarischen Inseln Teneriffa und La Palma, nach La Silla/Chile, Hawaii und sogar nach Australien (Abb. 10). Unschlagbarer Renner in der Astro-Szene ist aber Namibia im südwestlichen Afrika mit seinen gastlichen Astrofarmen.
Interne Kommunikation Die FG-Leitung schickt jedem Mitglied per E-Mail mehrere Rundschreiben im Jahr, um über Interna und wichtige Aktivitäten der FG Astrofotografie zu informieren. Das Gesamtverzeichnis der FG-Mitglieder liegt bei der FG-Leitung. Natürlich steht den Mitgliedern zur Kommunikation untereinander auch die Mailingliste zur Verfügung. Sie erfreut sich einer großen Beliebtheit, auch über den FG-Rahmen hinaus.

Zusammenarbeit und Veranstaltungen Überwiegend stehen die Himmelsobjekte und ihre Aufnahme im Mittelpunkt. Insofern sind enge Kontakte zur FG ,,Visuelle Deep-Sky-Beobachtung" gewachsen. Das zeigt sich an gemeinsamen Veranstaltungen und Projekten. Lockere Verbindungen bestehen auch zu anderen Fachgruppen, denn im Rahmen der VdSArbeit gibt es in jedem Jahr eine Zusammenkunft von VdS-Vorstand, FG-Leitern und FG-Redakteuren.
Astrofotografen suchen überregionale Kontakte. Untereinander stehen wir über E-Mails und Mailingliste miteinander in Verbindung. Darüber hinaus treffen wir uns dreimal im Jahr. In jedem Frühjahr findet das Deep-Sky-Treffen statt, das die FG Visuelle Deep-Sky-Beobachtung und wir gemeinsam ausrichten. Hier
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Astrofotografie

10 Amateurastronomen in Australien, hier richten Axel
Thomas (li.) und Bernd Flach-Wilken eine kleine Montierung zur Astrofotografie ein. Bild: Werner E. Celnik.

11 ,,Tag der Astrofotografen" im Jahre 2010.

gibt es Vorträge, Workshops und geselliges Beisammensein für Beobachter und Fotografen (www.fachgruppe-deepsky.de). Am 30.06.2012 findet wieder der ,,Tag der Astrofotografen" statt, unser beliebter Workshop in der Westfälischen Volkssternwarte Recklinghausen (Abb. 11, auch http://astrofotografie.fg-vds.de/). Schließlich folgt im Herbst in Zusammenarbeit mit dem Astronomischen Institut der Ruhr-Universität Bochum die ,,BoHeTa" (Bochumer Herbsttagung, www. boheta.de, Webmaster Uwe Reimann). Die BoHeTa bietet vielseitige Vorträge zur Amateurastronomie sowie die jährliche Verleihung des ,,Reiff-Preises" und den ,,Reiff-Vortrag" eines Fachastronomen. Bei allen FG-Veranstaltungen bestehen Kontaktmöglichkeiten mit Gleichgesinnten. Die Ankündigungen erfolgen rechtzeitig im Terminkalender der Astro-Zeitschriften und auf den eigenen Webseiten.
Projekte Die praktische Astrofotografie wird im Mitgliederkreis durch Projekte gefördert. Beliebte Projekte waren in der Vergangenheit ,,Galaxien im Arp-Katalog", ,,Wechselwirkende Galaxien", ,,Zwerggalaxien" oder ,,Planetarische Nebel". Die drei letztgenannten waren gemeinsame Projekte mit der FG Visuelle Deep-SkyBeobachtung.
In diesem Jahr laufen zwei neue Projekte (siehe http://astrofotografie.fg-vds.de/). Das Projekt ,,Tief belichtete Galaxien" wendet sich an Fortgeschrittene. Ziel ist der Nachweis von Sternströmen. Das sind extrem schwach leuchtende Res-
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te ehemaliger Zwerggalaxien, die von größeren Galaxien ,,geschluckt" wurden (Abb. 12). Das Projekt wird von Prof. Dr. R.-J. Dettmar (Astronomischen Institut der Ruhr-Universität Bochum) unterstützt. Geplant ist, geeignete Amateuraufnahmen auch wissenschaftlich auszuwerten. Parallel dazu geht es im Projekt ,,Wolf-Rayet-Nebel" um die Fotografie ausgestoßener Hüllen von Wolf-RayetSternen (Abb. 13). Die Projektergebnisse werden im VdS-Journal für Astronomie publiziert.

Mitgliedschaft in der Fachgruppe Astrofotografie Wer an der Astrofotografie interessiert ist - Einsteiger und auch Fortgeschrittene - kann Mitglied der FG Astrofotografie werden. Schön wäre, wenn neue Mitglieder sich auch aktiv beteiligen. Das hieße, andere Sternfreunde im Rahmen der FG-Arbeit zu beraten, Anfragen zu beantworten, Amateur-Artikel zu schreiben, Astro-Aufnahmen für Fachgruppenzwecke bereitzustellen, an Treffen und Veranstaltungen teilzuneh-

12 Galaxie NGC 3521 mit Sternströmen. Das ursprüngliche LRGB-Bild, auf-
genommen von Günter Kerschhuber an der Gahberg-Sternwarte, wurde zu einer Schwarzweißansicht invertiert. Teleskop: ASA N10 f = 950 mm mit Kamera ST10XME für die Luminanz, 4-Zoll-Apo Televue NP101 f = 540 mm mit einer SXV-H9 für RGB, alles auf einer Montierung Gemini G42. Belichtet wurde: L: 114 x 300 s, R: 38 x 290 s, G: 37 x 290 s und B: 37 x 290 s. Farbkalibration mittels B-V (Regim).

Computerastronomie

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men. Vielleicht empfinden Sie es aber sinnvoller, zunächst noch keine direkte Aktivarbeit zu übernehmen, weil Sie lieber selbst noch beraten werden möchten. Das ist ganz normal - schließlich haben wir alle als Einsteiger begonnen! Deshalb können Sie mitmachen bei der fachgruppeninternen Mailingliste, um sich mit den anderen über interessante Themen auszutauschen. Oft gelangt man auch so ans Verfassen kleinerer Berichte. Ihre Aufnahmen werden im FG-Archiv aufbewahrt und werden bei verschiedenen Gelegenheiten (z. B. Projekten, AdW, AdM, Vorträgen usw.) publiziert.
Um in der FG Astrofotografie mitzuarbeiten, ist die VdS-Mitgliedschaft erwünscht. Wenn auch Sie Interesse haben, wenden Sie sich an die FG-Leitung: Peter Riepe, Lortzingstr. 5, 44789 Bochum, E-Mail: fg-astrofotografie@ vds-astro.de

13 NGC 6888 im Cygnus. Der Wolf-Rayet-Stern HD 192163 stieß diese Gas-
schalen im Laufe seiner Entwicklung ab. Aufgenommen mit CCD-Kamera QHY9 und H-Filter an einem Celestron 14 bei f/1,9 (Hyperstar), nachgeführt über ein Leitrohr von f = 500 mm mit DSI 3, belichtet 12 x 5 Minuten. Bild: Peter Remmel.

Entwicklung einer automatisierten Amateursternwarte
von Otmar Nickel

Seit vielen Jahren besitze ich eine kleine Gartensternwarte (Abb. 1) mit einem 10-Zoll-Newton-Teleskop und einer ST7-CCD-Kamera von SBIG. Zur Steuerung der ursprünglichen Eigenbau-Montierung hatte ich selbst ein Programm ent-

wickelt, das auf einem PC in der Sternwarte lief, der vom Wohnhaus daneben ferngesteuert werden konnte. Vor allem in kalten Winternächten war das sehr angenehm.

Eine naheliegende Idee war es, mit einem Computerprogramm ein komplettes Beobachtungsprogramm von vielen Objekten ablaufen zu lassen, das selbsttätig die Positionierung des Teleskops und die CCD-Kamerafunktionen steuert. Die Pro-

1 Gartensternwarte am Stadtrand von Mainz

2 Über den Schalter an der Wand wird dem Programm
mitgeteilt, dass sich das Teleskop in der Parkposition befindet.
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Computerastronomie

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Benutzeroberfläche von StarPilot1 mit Beobachtungsprogramm

grammierung war weniger aufwändig als man annehmen könnte, da die bestehende Softwarelösung für die Teleskopsteuerung nur um Funktionen zur Kamerasteuerung erweitert werden musste. Zur Bildaufnahme verwendete ich das Programm MaxIm DL (V.2), dessen Funktionen über Windows Scripts (VBScript) gesteuert werden konnten. Prinzipiell funktionierte sowohl die GoTo-Funktion des Teleskops als auch die Bildaufnahme. Leider erwies sich das ganze Projekt zunächst als nicht durchführbar, da die Mechanik der Eigenbau-Montierung für diesen Zweck nicht ausreichend präzise funktionierte: Erstens gelang die Positionierung nur mit einer Genauigkeit von ca. +- 15', was bei einem Gesichtsfeld der Kamera von 19' x 12' nicht ausreichend war. Zweitens funktionierte die Nachführkorrektur über den Guider-Chip der ST-7 nur, wenn sich gerade ein ausreichend heller Guider-Stern im Gesichtsfeld befand; ohne Guider waren nur Belichtungszeiten von maximal 20-30 s möglich.
Vor einem Jahr beschloss ich daher, eine entsprechend präzise Montierung mit Computersteuerung zu beschaffen. Meine Wahl fiel auf die DDM60 der Firma ASA [1], die auch längere Aufnahmezeiten ohne zusätzliches Autoguiding erlauben sollte. Wegen der Direct-DriveMotoren mit hochauflösenden Winkelencodern wird der periodische Schneckenfehler kompensiert und die Montierung
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kann sehr schnell und genau positionieren. Das unter Windows laufende Steuerungsprogramm Autoslew wurde von Philipp Keller (Regensburg) entwickelt. Mit dieser Software kann die Teleskoppositionierung und Nachführung optimiert werden: Unabhängig von der Genauigkeit der Winkelencoder entstehen Positionierungsfehler durch eine ungenaue Polachsenausrichtung, durch eine Winkelabweichung der optischen Achse (Kollimationsfehler) sowie durch positionsabhängige Biegungen des Teleskops (z. B. Spiegelhalterungen, Okularauszug). Diese Positionierungsfehler können durch Registrierung der Winkelabweichungen einer größeren Anzahl von Sternen, die über den ganzen Himmel verteilt sind, in der Software berücksichtigt werden. Diese Korrekturen werden auch bei der Nachführung laufend berücksichtigt, sodass auch die Nachführgenauigkeit dadurch optimiert wird.
Nachdem die neue Montierung auf der vorhandenen Säule aufgebaut war und das Teleskop montiert war, erfolgte die Einnordung, die mit Software-Unterstützung sehr genau möglich war. Nach einer Kalibrierung mit 50 Sternen konnte ich mit meinem Teleskop und der ST-7-Kamera 2-3 min bei f = 1,25 m ohne zusätzliche Guider-Korrektur aufnehmen. Auch die Positionierung war jetzt so genau, dass sich jedes angefahrene Objekt im Gesichtsfeld der Kamera befand (mit ca. 2' Genauigkeit). Die Voraussetzungen

für einen automatischen Betrieb waren somit gegeben.
Für einen vollautomatischen Betrieb der Sternwarte müssen prinzipiell noch folgende Voraussetzungen gegeben sein: - Öffnen und Schließen des Dachs mit
Kontrolle durch Sensorschalter - Positionierung des Teleskops zu einer
Parkposition, Kontrolle durch Sensor - exakte Kalibrierung der Positions-
winkel der Montierung, über interne Markierungen der Winkelencoder oder einen Leitstern - motorische, rechnergesteuerte Fokussierung der Kamera - Regensensor zum notfallmäßigen Schließen des Dachs - Software zur Ablaufsteuerung der Funktionen mit Abarbeitung einer Liste von Beobachtungspositionen und Kameraeinstellungen
Das Dach meiner Gartensternwarte wird mit einem Garagentorantrieb geöffnet und geschlossen. Zur Kontrolle, ob das Dach ganz offen bzw. geschlossen ist, dienen Druckschalter, die vom Dach jeweils an den Endstellungen betätigt werden (s. Abb. 2). Zur Computersteuerung verwende ich ein I/O-Modul mit 8 Eingängen für die Sensoren sowie mit 8 Relais-Ausgängen, das über eine serielle Schnittstelle programmierbar ist.
Zum Öffnen und Schließen des Dachs muss das Teleskop in einer bestimmten horizontalen Position stehen. In dieser ,,Parkposition" betätigt das Teleskop einen Schalter, der an der Wand befestigt ist (Abb. 2). Dieser Schalter ist in Reihe mit dem Dachantrieb geschaltet, so dass dieser nur dann betätigt werden kann, wenn das Teleskop geparkt ist.
Um zur Steuerung und Kontrolle dieser Funktionen nicht das Rad neu erfinden zu müssen, gibt es den sog. ASCOMStandard [2]. Dieser definiert Programmierschnittstellen zur Teleskopsteuerung, Kamerasteuerung, Fokussierung und Steuerung einer Sternwartenkuppel. Neuere kommerzielle Programme zur Teleskopsteuerung und Kamerasteuerung unterstützen die ASCOM-Schnittstelle. Mit Sternkartenprogrammen (z. B. Cartes du Ciel [3]), die diese Schnittstelle unterstützen, kann das Teleskop (falls es ebenfalls ASCOM-kompatibel ist) auf alle

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Objekte aus deren Datenbank positioniert werden. Um die Automatisierung eines Beobachtungsprogramms zu ermöglichen, kann man kommerzielle Programme verwenden, z. B. MaxIm DL (V.5) mit Script-Steuerung. Da ich selbst Programmiererfahrung in der Erstellung von astronomischer Software besitze, beschloss ich, ein eigenes Steuerprogramm mit der Programmiersprache Delphi (Pascal) zu entwickeln.
Die Implementierung des ASCOM-Standards war kein Problem, da auch das Programm ,,Cartes du Ciel" in Pascal (Free Pascal, bzw. ,,Lazarus") entwickelt wurde und die Programmquellen dazu frei verfügbar sind [3]. Die ASCOM-Schnittstelle verwende ich zurzeit nur für die Teleskopsteuerung und die Fokussierung. Die entsprechenden ASCOM-Funktionen sind sehr gut im ASCOM-Programmpaket dokumentiert. Zur Kamerasteuerung verwende ich nach wie vor MaxIm DL (V.2), das noch keine ASCOM-Funktionalität besitzt, die Dachsteuerung wird direkt über die serielle Schnittstelle implementiert.
Das Programm ,,Starpilot1", das nun entstanden ist (Benutzeroberfläche siehe Abb. 3), enthält jetzt folgende Funktionen:
Teleskopsteuerung: Das Teleskop wird über die ASCOMSchnittstelle angewählt, die momentanen Koordinaten werden angezeigt. Mit ,,Home pos." wird das Teleskop zunächst in die Nähe der Home-Position gefahren, dann mit dem ASCOM-Befehl ,,FindHome" [2] die exakte Home-Position gesucht. Die Teleskop-Koordinaten sind dann exakt kalibriert. Objekte aus dem NGC-Katalog können dann direkt angewählt und angefahren werden (mit dem Kommando ,,slew").
Sternwartensteuerung und -kontrolle: Die serielle Schnittstelle wird mit ,,connect" aktiviert, der Zustand des Dachs (auf/zu) und des Regensensors (trocken/ feucht) wird angezeigt. Mit ,,Dach auf" wird zuerst das Teleskop in die Parkposition gefahren, dann das Dach geöffnet (sofern der Regensensor trocken ist).
Kamerasteuerung: Die Kameratemperatur kann angewählt werden, die momentane Temperatur

wird angezeigt. Eine Testbelichtung mit vorgegebener Aufnahmezeit, Filterposition und Binning kann gestartet werden, um z. B. einen Stern zur genaueren Koordinatenkalibrierung aufzunehmen. Die Position des hellsten Sterns im Gesichtsfeld wird anschließend angezeigt; mit der Pfeiltaste kann der Stern automatisch zentriert werden (durch einen ,,slew"-Befehl). Der Stern selbst muss allerdings mit einem Sternkartenprogramm angewählt werden (ein Sternkatalog ist im Programm noch nicht integriert).

Fokussteuerung: Ich verwende einen motorisierten Okularauszug mit ,,Robofokus"-Software; die Fokusposition kann über einen ASCOM-Befehl angewählt werden. Falls nicht alle Filter der Kamera homofokal sind, wird der Fokus bei Anwahl eines Filters um einen bestimmten Betrag verschoben, der in einer Filtertabelle vorgegeben wird.

4 Flussdiagramm für den typischen Ablauf einer Be-
obachtungsnacht. Der Ablauf besitzt die Option, das Beobachtungsprogramm zu einem definierten Zeitpunkt starten zu lassen. Der Regensensor kontrolliert mit einer Periode von 3 s auf etwaige Niederschläge (hier nicht dargestellt).

Planer- /Ablaufsteuerung: Im unteren Teil der Benutzeroberfläche befindet sich eine Tabelle, in der ein Beobachtungsprogramm eingegeben werden kann. Im Feld ,,Objektname" wird der Name des aufzunehmenden Objekts eingetragen, z. B. ,,NGC 891". Nach Klicken auf ,,Objektpos." werden die J2000-Koordinaten in die entsprechenden Felder für RA (Rektaszension) und DEC (Deklination) automatisch eingetragen, sofern das Objekt im NGC- oder Messier-Katalog

gefunden wird. Für andere Objekte müssen die Koordinaten manuell eingetragen werden. In den ersten 3 Feldern kann optional eine Startzeit für die Aufnahme eingetragen werden, der Ablauf startet dann an dieser Position erst nach Ablauf dieser Zeit (in UTC).
Für die Kameraaufnahme werden die Belichtungszeit in s, die Filter-Nummer, die Anzahl der aufzunehmenden Bilder sowie der Dateiname in die entsprechenden
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Computerastronomie

5 Serie von Galaxienaufnahmen vom 31.10.2011. Belichtung je 5x2 min

Felder eingetragen. Der Pfad wird für alle Bilder im entsprechenden Textfeld eingetragen.
Die Tabelle kann als Textdatei gespeichert und mit ,,Datei laden" wieder eingelesen werden. Mit dem Button ,,Testen" kann getestet werden, ob der Ablauf zu einer bestimmten Zeit möglich ist, d. h. ob sich die Objekte auch über dem lokalen Horizont befinden. Die azimutalen Koordinaten des Horizonts müssen dazu vorher definiert sein, und zwar im gleichen Format wie für Cartes du Ciel.
Spezielle Kommandos, die sich nicht auf die Positionierung und Bildaufnahme eines Objekts beziehen, werden im Feld ,,RA(h)" eingegeben, z. B.: · CD: Darkframe-Aufnahme · P0: Fahre in Parkposition · Z0: Fahre in Parkposition und
schließe Dach
Mit dem ,,Ausführen"-Button wird der Ablauf gestartet. Wie beim Testlauf wird bei jeder Positionierung überprüft, ob sich das Objekt über dem Horizont befindet. Zwischen den Positionierungen werden konfigurierbare Pausen eingelegt, um Einschwingzeiten zu berücksichtigen. Nach Beenden einer Aufnahme wird das Bild unter dem angegebenen Dateinamen (+ fortlaufende Nummer) gespeichert, im FITSHeader werden Objektname, Filternummer und Objektkoordinaten gespeichert.

Fazit Das Programm hat sich inzwischen im Probebetrieb gut bewährt. Im Prinzip können jetzt die ganze Nacht durch viele Objekte aufgenommen werden. Wegen der ungünstigen Wetterbedingungen im Herbst 2011 hatte ich bisher nur Tests über 3-4 Stunden durchgeführt, die aber durchweg positiv verlaufen sind; von allen angefahrenen Objekten konnten während des automatischen Ablaufs brauchbare Aufnahmen erhalten werden. Die Abbildung 5 zeigt als Beispiel eine Serie von (nachträglich gestackten) Galaxienaufnahmen, die jeweils 5x2 min automatisch positioniert und belichtet wurden.
Erweiterungen des Programms, die ich in Zukunft noch implementieren möchte, sind z. B.: - Speicherung der Aufnahmedaten
(nach erfolgreicher Aufnahme) in einer Datenbank - Automatische Fokussierung
Meine Beobachtungsprogramme, die ich in den nächsten Jahren damit durchführen möchte, sind: - Supernova-Suche in Galaxien - Lichtkurven von Veränderlichen - Lichtkurven von Exoplaneten
Die bisherigen Ergebnisse mit der beschriebenen Software zeigen, dass es mit Amateurmitteln durchaus möglich ist,

ein automatisch arbeitendes Teleskop zu realisieren und zu betreiben.
Gerade wegen der bei uns ungünstigen Wetterbedingungen lohnt es sich, jede Minute in einer klaren Nacht für Beobachtungsprogramme zu nutzen. Automatische Teleskope machen dies möglich; bei Vorhandensein des geeigneten Equipments ist ein entsprechender Betrieb für ambitionierte Amateur- bzw. Vereinssternwarten sehr zu empfehlen. Meine Software ist noch nicht universell einsetzbar, die Programmquellen dazu können aber von meiner Webseite [4] geladen werden und an die jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden.
Literaturhinweise und Webseiten: [1] M. Manthey, 2011: ,,Die Montie-
rung ASA DDM60 pro Mount und der ASA Astrograph N8", VdSJournal für Astronomie 38 [2] ASCOM Standard Homepage: http://ascom-standards.org/ [3] Cartes du Ciel Download Seite: http://www.ap-i.net/skychart/en/ download [4] Programmquellen (Delphi Pascal) für Starpilot1: http://www.staff.unimainz.de/nickel/Astrosoftware.html [5] Dokumentation zu Windows Scripting: http://technet.microsoft.com/ de-de/scriptcenter/default

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Deep-Sky

Neues aus der Fachgruppe

Auf den nachfolgenden Seiten haben wir wieder ein paar interessante Artikel zu unseren neuen Rubriken zusammengestellt. Im Durchblick stellt uns Daniel Spitzer ,,Pickerings Dreieck" vor, welches zurzeit optimal zu beobachten ist und sicher neben den beiden auffälligeren Strukturen des Cirrusnebels auch eines längeren Blickes gewürdigt werden sollte.
Manfred Kleisa zeigt uns den bekannten Hantelnebel, wie er mit großem Teleskop erscheint.

Magellanschen Wolke, welche sie anhand von Beobachtungen von Namibia aus mit einem großen Fernglas gewinnen konnte.
Passend zur Sommerzeit stellt uns Daniel Spitzer ein paar Planetarische Nebel im Schwan vor, die allesamt einen reizvollen Anblick bieten. Zum Schluss noch ein Hinweis auf unsere Facebook-Seite, auf der auch Neuigkeiten rund um die FG bekannt gegeben werden: http://www.facebook. com/pages/Fachgruppe-Deep-Sky/153778574636747

Bereits in Heft 27 des VdS-Journals für Astronomie hatte uns Evelyn Petkow eindrucksvoll ihr Beobachtungs- und Zeichentalent unter Beweis gestellt. In diesem Heft zeigt sie in der Galerie eine umfangreiche Zeichnung der Kleinen

Und nun wünschen wir viel Spaß beim Lesen der nachfolgenden Seiten.
Daniel Spitzer und Jens Bohle

Pickering's Triangular Wisp
von Daniel Spitzer

Pickering's Triangular Wisp - oder im Deutschen oft ,,Pickerings Dreieck" - trägt die seltener gebräuchliche Katalogbezeichnung NGC 6979. Es handelt sich um einen Bestandteil des Cirrusnebels und ist damit eigentlich ein klassisches Sommerobjekt. Jedoch konzentrieren sich die meisten Beobachter auf die wesentlich helleren Hauptkomponenten westlich und östlich des lichtschwachen Dreiecks. Auf Fotografien fällt er deutlich auf, nicht zuletzt durch die recht

große Fläche, die er zwischen West- und Ostkomponente einnimmt. Aber genau diese große Fläche macht ihn zu einem Objekt mit geringer Flächenhelligkeit. Diese Aussagen verraten dem versierten visuellen Beobachter, wie er für eine erfolgreiche Sichtung vorgehen muss: Ein großes Gesichtsfeld ist nötig, um den Nebel in seiner Gesamtheit zu erfassen, damit sich der schwache Glow gegen den dunkleren Himmelshintergrund abhebt. Damit hat man auch gleichzeitig eine

große Austrittspupille - das Auge erfasst so die maximale Ausbeute an Licht. Wichtig ist auch die Verwendung eines [OIII]-Filters, auf den sämtliche Komponenten des Cirrusnebels sehr gut reagieren. Zum Aufsuchen ist wie immer eine Karte beigefügt.
1 Aufsuchkarte für Pickering's
Triangular Wisp. (Erstellt mit dem Programm ,,Cartes du Ciel")

r ick e bl D ch Dur

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b Kurz eobach tet

M 27 im Detail
von Manfred Kleisa

Die ideale Zeit, um den Hantelhebel (M 27) zu beobachten, ist der Sommer. Die Nächte sind zwar relativ kurz, aber für eine Detailbeobachtung reicht die Zeit aus. Die scheinbare visuelle Helligkeit beträgt rund 7,5 mag (ca. 11 mag/arcmin2 Flächenhelligkeit). Seine Ausdehnung beträgt 8' x 5,7'. Der Nebel reagiert sehr gut auf einen [OIII]-Filter. Um allerdings die schwächeren Sterne im Nebel gut zu sehen, empfiehlt es sich, den PN auch ohne Filter zu betrachten. Gezählt wurden von mir rund 16 Sterne innerhalb des Nebels. Die Hantelform kristallisiert sich bei der Verwendung eines [OIII]- oder UHC-Filters sehr gut heraus. Interessant sind der südwestliche Nebelteil bei sehr hoher Vergrößerung, sowie der ,,Balken". Dort zeigen sich feine wolkenartige Strukturen. Der hellste involvierte Stern ist im Süden. Der Nebel erscheint einem danach fremdartig, wenn man ihn so genau ,,aufgelöst" hat. Die gewohnte Erscheinungsform bei 100fach verschwindet in der Erinnerung.

1 Die Bilddaten: Instrument: 24-Zoll-Dobson f/4,1, Vergrößerung: 420-fach,
Filter: [OIII]. Die Objektdaten: Rektasz.: 19h 59m 36s, Dekl. +22 Grad 43' (2000.0),
Sternbild: Vulpecula (Füchschen), Helligkeit: 7,5 mag (visuell, mv), Flächenhelligkeit: ca. 11 mag/arcmin2 (visuell)

Planetarische Nebel im Sternbild Schwan
von Daniel Spitzer

Bei planetarischen Nebeln (PN) handelt es sich um das Material eines alternden Sterns, das dieser in den interstellaren Raum abgestoßen hat. Die Strahlung des Sterns regt diese Nebelhülle zum Leuchten an. Besonders intensiv emittieren PN in den beiden Linien des zweifach ionisierten Sauerstoffs, den [OIII]-Linien bei 495,9 nm und 500,7 nm. Die eckigen Klammern geben dabei an, dass es sich um eine, unter irdischen Laborbedingungen, verbotene Linie handelt. Die beiden Wellenlängen fallen perfekt mit der maximalen, nächtlichen Empfindlichkeit des menschlichen Auges zusammen. Eine Anschaffung eines [OIII]-Filters ist damit für Beobachter von PN sinnvoll, zumal sie auch an vielen anderen Objekten (etwa der HII-Region M 17) einen hohen Gewinn bringen.

Da sich die beobachtbaren PN entlang des Milchstraßenbandes sammeln, sind sie in einigen Sternbildern besonders häufig vertreten. Ein Beispiel ist das Sternbild Schwan. Neben vielen sehr kleinen und/oder lichtschwachen Vertretern gibt es auch eine Reihe von helleren Objekten. Einige darunter sind recht bekannt und tragen sogar Eigennamen. Fünf PN sollen hier vorgestellt werden. Das Besondere an ihnen ist, dass sie hell sind, aber trotzdem - wie für PN typisch - alle sehr unterschiedlich aussehen! Im Sternbild Schwan kann man also in ein oder zwei Nächten (je nachdem, wie viel Zeit man sich lässt) die Vielfalt der planetarischen Nebel entdecken.
Ich habe vier der fünf Objekte mit 12 Zoll Öffnung beobachtet:

NGC 6826 - ,,Blinking Planetary" Den Auftakt macht der blinkende planetarische Nebel (Abb. 1). Nicht oft ist der Zentralstern eines PNs so deutlich zu sehen wie am Beispiel NGC 6826. Er ist es auch, der NGC 6826 zum Blinken bringt: Im direkten Sehen dominiert der Zentralstern das Objekt, im indirekten Sehen tritt der Nebel deutlich hervor. Mit einer Helligkeit von 8,8 mag übertrifft er sogar den Ringnebel M 57 um rund eine Größenklasse. Jedoch mit seiner Größe von 0,4' im Durchmesser ist NGC 6826 nur etwa ein Drittel so groß wie M 57. Bei gut 200-facher Vergrößerung ist der PN optimal beobachtbar - die Austrittspupille beträgt etwa 1,5 mm. Der UHC-Filter erhöht einerseits den Kontrast, nimmt aber nicht zu viel Licht weg, um den Zentralstern zu verschlucken. Der Blinkeffekt bleibt also erhalten.
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Deep-Sky

1 Der ,,Blinking Planetary" NGC 6826, beobachtet im
12-Zoll-Newton bei 208-facher Vergrößerung unter Zuhilfenahme eines UHC-Filters.

2 Der ,,Hamburger PN" NGC 7026 im 12-Zoll-Newton.
Die Vergrößerung betrug 333-fach und es wurde ein [OIII]Filter verwendet.

3 Der ,,Fliegende Teppich" NGC 7027. Der kleine PN
wurde ebenfalls mit 12 Zoll Öffnung mit 312-facher Vergrößerung und [OIII]-Filter beobachtet.

4 NGC 6894 im 12-Zoll-Newton bei 208-facher Vergrö-
ßerung mit [OIII]-Filter. Um die Feldsterne zu zeichnen, wurde der [OIII]-Filter gegen einen UHC-Filter getauscht.

NGC 7026 Dieser PN wird gelegentlich aufgrund seiner Form ,,Hamburger-PN" genannt (vgl. Abb. 2). Mit 12 mag gehört er zu den etwas lichtschwächeren PN des NGCs. Mit etwa 0,2' x 0,4' ist er ein recht kleiner Vertreter. Dazu muss gesagt werden, dass der helle Teil von ca. 0,2' x 0,2' am deutlichsten ist und die ohrenförmigen Ansätze erst bei höherer Vergrößerung erkennbar werden. Dieser kleine Zentralbereich gepaart mit einer Flächenhelligkeit von 8,5 mag/arcmin2
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lassen ihn bei typischen Vergrößerungen beim Aufsuchen wie einen Stern erscheinen. Vergrößert man aber höher, sieht man auch die dunkle Brücke, welche den hellen Kernbereich teilt. Das Auffinden gelingt daher am besten mit [OIII]Blink, denn durch die geringe Größe des PNs kann man ihn leicht mit einem der zahlreichen Feldsterne verwechseln. Bei 333-facher Vergrößerung (Austrittspupille ca. 0,9 mm) und [OIII]-Filter konnte ich einige Strukturen erkennen. Der PN scheint etwa 3:1 elongiert zu sein, wobei

der Zentralbereich etwa ein Drittel der Länge beträgt. Die dunkle Brücke nimmt etwa ein Drittel der Breite des PNs ein, ragt aber nicht in die lichtschwachen Ohren hinein.
NGC 7027 - ,,Flying Carpet Nebula" Seine Form ist seltener, denn er ist nahezu rechteckig (Abb. 3), woher auch sein Name rührt. Zum Auffinden empfiehlt sich wie bei NGC 7026 der [OIII]Blink, denn die scheinbare Ausdehnung von NGC 7027 ist mit 0,2' x 0,3' jener

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5 NGC 7008, auch ,,Totenkopfnebel" genannt. Beobach-
tet wurde er in einem 8-Zoll-SCT mit 161-facher Vergrößerung und einem UHC-Filter.

der Literatur gelegentlich unter diesem Synonym in Erscheinung. Schon im mittelgroßen Instrument kann man interessante Details erwarten (Abb. 5). Mit 1,1' x 1,4' ist er so groß wie der Ringnebel in der Leier M 57. Schon vor einigen Jahren habe ich diesen

PN beobachtet - damals noch mit einem 8-Zoll-SCT bei 160-facher Vergrößerung. Obwohl er nur 12 mag an Helligkeit aufweist, erscheint er im Teleskop doch recht hell. Der UHC-Filter bringt helle Knoten zum Vorschein. Zudem schwächt er etwas die beiden hellen Sterne ab, die unmittelbar südlich des PNs stehen. Die Beobachtung zeigt eine halboffene, ringartige Form, die in Richtung Osten unterbrochen ist. Der halbe Ring zeigt drei helle Spitzen, die in Richtung Zentrum weisen.

von NGC 7026 vergleichbar. Wieder sind hohe Vergrößerungen sinnvoll, dann sieht man auch die helle Ecke des PNs. Durch seine Helligkeit von 9,6 mag und einer Flächenhelligkeit von 6,2 mag/arcmin2 ist aber für die Beobachtung selber ein Filter nicht zwingend notwendig. Ich konnte ihn bei gut 300-facher Vergrößerung beobachten. Die Struktur erschien eher keilförmig als die häufig beschrieben rechteckige Form. An der Keilspitze scheint er leicht abgestumpft. Am gegenüberliegenden Ende befindet sich die helle Kante.

Die Kleine Magellansche Wolke.
Gezeichnet von Evelyn Petkow an einem 25x150-Fernglas von Namibia aus.
Die kyeep-Srie DGale

NGC 6894 Dieser ist ein PN mit Ringstruktur (Abb. 4). Mit nur 14,4 mag ist er nicht ganz einfach zu beobachten, der besagte [OIII]Filter hilft enorm! Bei etwa 200-facher Vergrößerung wird die Austrittspupille so klein, dass ich ohne Filter nichts mehr sehen konnte. Nach einiger Eingewöhnung erkennt man neben einer zunächst gleichmäßig erleuchteten kreisrunden Scheibe auch den Ring bzw. einige Bögen. Der hellste Bogen befindet sich im Nordwesten. Er besitzt eine kleine dunkle Lücke. Auch im Südosten befindet sich ein hellerer Teil des Rings. Tauscht man dagegen den [OIII]- gegen den UHC-Filter aus, verschwinden die Ringstrukturen und es bleibt nur die Scheibe übrig.

NGC 7008 - ,,Totenkopfnebel" NGC 7008 ist nur ein Vertreter, der den Beinamen Totenkopfnebel trägt. Auch andere Nebel, etwa NGC 246, treten in

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Geschichte

Neues aus der Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie"
von Wolfgang Steinicke
In diesem Heft lesen Sie drei Beiträge, die Ereignisse im frühen 20. Jahrhundert betreffen. Da ist zunächst der Geburtstag des Sonnenforschers Max Waldmeier, der sich in diesem Jahr zum 100sten-mal jährt, wie Manfred Holl berichtet. Ich selbst möchte an das Erscheinen des Gesamtwerks von William Herschel im Jahr 1912 durch J.L.E. Dreyer erinnern. Schließlich geht es im Artikel von Klaus Wenzel um drei helle Kometen, die zwischen 1907 und 1913 am Himmel erschienen sind. Viel Spaß beim Lesen und versorgen Sie mich auch weiterhin mit interessanten Artikeln! Informationen zur Fachgruppe finden Sie wie gewohnt auf unserer Webseite http://geschichte.fg-vds.de. Dort finden Sie auch Informationen über die diesjährige Geschichtstagung. Sie wird vom 2. bis 4. November in Jena stattfinden.

Zum 100. Geburtstag von Max Waldmeier (1912 - 2000)
von Manfred Holl

Sein Name ist jedem Sonnenbeobachter gut bekannt, ist er doch fest verbunden mit dem auch heute noch, gerade unter Amateursonnenbeobachtern, weit verbreiteten Waldmeierschen Klassifikationsschema der Sonnenflecken und den Waldmeier-Gesetzen zur Entwicklung von Sonnenfleckenzyklen. Doch beschränkte sich sein Schaffen nicht ausschließlich auf diese zwei Punkte.
Sein Leben und sein Wirken Max Waldmeier wurde am 18. April 1912 in Olten in Kanton Solothurn in der Schweiz geboren. Seine Schulzeit verbrachte er zunächst an den Einrichtungen seiner Geburtsstadt, später wechselte er zur Bezirksschule nach Aarau, wo er 1928 in die technische Abteilung der Kantonsschule eintrat und diese 1931 mit der Matura abschloss.
Danach schrieb er sich an der mathematisch-physikalischen Abteilung der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich ein, die er als diplomierter Physiker wieder verließ. Nebenher hatte er sich auf verschiedenen naturwissenschaftlichen Fachgebieten betätigt. Seine Sonnenbeobachtungen an der ETH Zürich begann er im Jahr 1926, die schließlich
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zu seinem Hauptarbeitsgebiet werden sollten. 1936 wurde er Assistent an der ETH, befasste sich zunächst mit Problemen der Astrophysik und erhielt im gleichen Jahr den Doktortitel. 1945 wurde er zum Direktor der Eidgenössischen Sternwarte in Zürich ernannt (und blieb bis 1979 im Amt) und erhielt zeitgleich die Professur an den Züricher Hochschulen. Damit begann seine produktivste Phase in der Erforschung der Sonne.
Dazu gehörte auch die Errichtung eines Sonnenturms auf der Eidgenössischen Sternwarte und die Erweiterung des Astrophysikalischen Observatoriums in Arosa und die Gründung des Specola Solare in Locarno-Monti im Jahr 1957.
Die bereits seit Gründung der Sternwarte von Rudolf Wolf, Alfred Wolfer und William Brunner ins Leben gerufene und seitdem zum Kernprogramm der Sternwarte gehörende Sonnenfleckenstatistik wurde unter seiner Leitung fortgeführt, weiterentwickelt und später noch um Beobachtungen von Protuberanzen, koronalen Massenauswürfen und die Untersuchungen der Sonnenkorona erweitert. Auf ihn gehen viele Theorien zur Entwicklung des Sonnenfleckenzyklus zurück, er verfasste

annähernd 300 Schriften, war von 19681977 Mitherausgeber der Fachzeitschrift ,,Solar Physics". Insgesamt 20 Sonnenfinsternisexpeditionen in verschiedene Weltregionen unternahm Waldmeier (die Ergebnisse sind in 7 Bänden der ,,Publikationen der Eidgenössischen Sternwarte" und in 11 Bänden der ,,Mitteilungen" der Sternwarte Zürich zusammengefasst worden und umfassen insgesamt über 500 Arbeiten und 10 Bücher), dem schon zu Lebzeiten viele Ehrungen zuteil wurden. So war er 1962-1963 Repräsentant der Züricher und danach der Schweizer Naturforschenden Gesellschaft, er war langjähriger Herausgeber des ,,Quarterly Bulletin on Solar Activity", war Mitglied in vielen Kuratorien und durfte 1948 die erste Nachkriegstagung der Internationalen Astronomischen Union organisieren. Waldmeier untersuchte die Aufzeichnungen seiner Vorgänger und entwickelte daraus das auch heute noch - besonders bei Amateurastronomen - bekannte Waldmeiersche Klassifikationsverfahren. Mit dem Aufkommen der ersten Koronographen nach Bernard Lyot setzte er diese auf der Sternwarte ein und verglich die Ergebnisse mit denen im Weißlicht. Auch die Erkenntnis, dass chromosphärische Erscheinungen mit den photo-

Geschichte

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sphärischen verknüpft sind, geht auf ihn zurück. Er war ein unermüdlicher Arbeiter im Dienste der Wissenschaft und war auch den Amateuren sehr zugetan. Als aber um 1960 die professionelle Sonnenbeobachtung sich mehr und mehr von der Statistik, einer klassischen Domäne der beobachtenden Astronomie, ab- und der neuen Astrophysik (die so neu gar nicht war) zuwandte, war das nicht mehr Waldmeiers Welt, weswegen er sich unter Fachkollegen, die sich neuer Beobachtungsmethoden rasch annahmen, zunehmend isolierte.
Waldmeiers Sonnenfinsternisexpeditionen In früheren Zeiten boten totale Sonnenfinsternisse die einzige Möglichkeit, um Einblicke in Form und Struktur der Sonnenkorona zu bekommen. Dafür wurden mitunter aufwändige Exkursionen geplant und durchgeführt und viele weltweit führende Sternwarten, wie etwa die Sternwarte Hamburg-Bergedorf, waren daran beteiligt. Neben der Beobachtung der Sonnenkorona bietet eine totale Sonnenfinsternis auch die Möglichkeit, das Mondrandprofil zu beobachten und die theoretischen Modelle der Mondbewegung zu verifizieren, etwa, wenn es darum ging, die Kontaktzeiten richtig vorherzusagen und wie genau der Mond zu einem gegebenen Zeitpunkt in den Erdschatten eintauchen würde.
Waldmeiers Interesse an der Beobachtung totaler Sonnenfinsternisse vertiefte sich mit dem Aufkommen der Koronographen um 1938. Die folgenden Jahre mit dem 2. Weltkrieg und dessen langfristige politische und wirtschaftliche Folgen für Europa lassen es weniger erstaunlich erscheinen, dass er erst 1952 zur ersten eigenen Expedition aufbrach. Seit 1938 hatte er auf der Sternwarte Arosa seine Koronabeobachtungen durchgeführt, diese sollten aber durch die Beobachtung während einer natürlichen Verfinsterung der Sonne ergänzt werden. So reifte bereits 1949 in ihm der Gedanke, die Sonnenfinsternis vom 25. Februar 1952 zu beobachten. Der ca. 140 km breite Totalitätsstreifen sollte in einem Gebiet im Atlantik erstmals auf die Erde treffen, über Äquatorial-Afrika, Belgisch-Kongo, den Sudan, das Rote Meer, die arabische Halbinsel und das persische Hochland bis nach Sibirien laufen und dort die Erde

1 Max Waldmeier (ETH Zürich
wieder verlassen. Die von der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft finanzierte Expedition wählte schließlich die sudanesische Hauptstadt Khartoum aus, weil die Gegend vor allem günstige Wetteraussichten, vor allem für den Tag der Finsternis, versprach. Mit monströsen und heute doch recht altertümlichen, aber wirkungsvollen Geräten reiste er nach Afrika ... und seine Bemühungen waren von Erfolg gekrönt. So sehr, dass er beschloss, auch in den kommenden Jahren weltweit Sonnenfinsternissen hinterherzujagen. Ein Blick auf den Kalender verriet ihm, dass am 30. Juni 1954 und am 20. Juni 1955 weitere totale Sonnenfinsternisse zu beobachten sein würden.
Bereits Ende 1952 hatte er ein Programm zur Beobachtung zusammengestellt und reichte dieses beim Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung ein, verbunden mit dem Wunsch, beide Expeditionen finanzieren zu lassen. Die Kosten waren auch angesichts neu anzuschaffender Instrumente und den reinen Reisekosten sehr hoch, wurden aber Anfang 1953 bewilligt.
Bei der 1955er-Finsternis wanderte die Totalitätszone vom Indischen Ozean über Ceylon, die Andamanen, Siam und Indochina bis zu den Philippinen und endete in den Weiten des Pazifischen Ozeans. Damit lagen gleich mehrere große Städte mit entsprechender Infrastruktur auf

der Finsternisroute und man entschied sich für Polonnaruwa in der Nähe von Colombo, wo zwar nicht ganz die Totalitätsdauer von annähernd 7 Minuten erreicht wurde, wo aber das Wetter laut Statistik besser war. Ziel bei dieser Expedition war die Spektroskopie der Sonnenkorona, weshalb man 27 Kisten mit einem Gesamtgewicht von über drei Tonnen nach Colombo transportierte. Diese Kisten enthielten 17 verschiedene Messinstrumente, die während der Totalität von nur vier Leuten bedient wurden. Auch diese Reise erwies sich als großer Erfolg.
Eine weitere Expedition wurde nach Südamerika unternommen und zwar zur totalen Sonnenfinsternis am 12. November 1966. Hier sollte der Finsternisstreifen äquatornah im Pazifik beginnen und bei Lima auf Land treffen. Insgesamt verlief die Finsterniszone von Peru aus über Südbolivien, Nordargentinien und Südbrasilien über den Atlantik nach Südafrika. Finsternisdauer und Sonnenhöhe über dem Horizont sowie die kontinentalen Wetteraussichten ließen die Wahl schnell auf Arequipa in Peru als Beobachtungsort fallen. Dieses Mal sollten während der Totalität Erkenntnisse über die Physik der Korona (Dichte, Temperatur und chemische Zusammensetzung) gewonnen werden, weswegen man in erster Linie Wert auf die Beobachtung der polaren Streamer im Zusammenhang mit dem 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus legte. Man hatte wieder mal Glück und so konnten viele neue Einblicke gewonnen werden.
Waldmeier und die Amateure Dennoch bleib er auch in dieser Zeit den Amateursonnenbeobachtern stets verbunden, wie Peter Völker in seinem Nachruf schreibt: ,,Max Waldmeier hatte als internationale Koryphäe ein unverkrampftes Verhältnis zu den Amateurastronomen. Seit den dreißiger Jahren ließ er die Beobachtungen der DARGESO (unserer Vorgängerorganisation 1916-1965) in die internationale Zürcher Fleckenstatistik mit einfließen, und auch in späteren Jahren unterschied er dabei nicht zwischen Profi und Amateur, jeder hatte halt seinen persönlichen k-Faktor. Ab 1960 herum gewann die Sonnenphysik die Oberhand und verdrängte die statistischen Untersuchungen aus dem Profila-
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Geschichte

ger. Diesem Trend folgte Max Waldmeier nicht mehr, was ihn ziemlich allein dastehen ließ. Er galt als verschlossen und in die Arbeit verbissen. Als ich 1972 meine eigene Protuberanzen-Statistik mit seiner vergleichen wollte, sagte er zu, aber unter der Bedingung, dass mir das Material nur persönlich in Zürich zur Einsicht zugänglich gemacht würde. Ich traf einen freundlichen Herrn, der alle Fragen beantwortete, dennoch hatte die Begegnung mehr den Charakter einer Audienz. Unser Mitteilungsblatt SONNE bekam Max Waldmeier vom ersten Heft an zugeschickt. In privater Korrespondenz äußerte er sich sehr positiv über das Blatt. In den Anfangsjahren war er auch mit zahlreichen Beiträgen vertreten

- meist, wenn es um die Sichtung von Weißlicht-Flares ging, die er persönlich als sehr, sehr selten einstufte. Auch nach seinem Schlaganfall belieferten wir ihn weiterhin mit SONNE-Heften, leider seitdem ohne Echo, bis zum Schluss. Jetzt trauern wir um den Dahingegangenen. Dennoch wird sein Gedankengut lange in unseren Arbeiten weiterleben. Jan Olov Stenflo, sein Nachfolger im Amt an der ETH, drückte das in seinem Nachruf so aus: Nach der Ära Waldmeier wurde aus der Eidgenössischen Sternwarte das Institut für Astronomie. Forschungsschwerpunkte sind solare Magnetfelder und die Untersuchung jener Phänomene, die Max Waldmeier so zahlreich beschrieben hatte. In diesem Sinne hat er uns einen

Fundus hinterlassen, der uns noch lange beschäftigen wird."
Am 29. September 2000 verstarb Waldmeier, seit 1985 von einem Schlaganfall schwer gezeichnet, der sein Sprachzentrum beeinträchtigte, im Alter von 88 Jahren.
Hinweise und Internetlinks: [1] http://www.sonneonline.org/deu/
sonne97/so97-02.html [2] http://de.wikipedia.org/wiki/Max_
Waldmeier [3] http://www.library.ethz.ch/exhibit/
sonne/biogrWaldmeier00.html

Vor 100 Jahren erschienen: die ,,Scientific Papers of Sir William Herschel"
von Wolfgang Steinicke

Im vorletzten Heft habe ich über Edwin Hubble und seine revolutionäre Klassifikation der Galaxien berichtet [1]. Nun geht es um einen anderen bedeutenden Astronomen: William Herschel (Abb. 1), bestens bekannt als Entdecker und Beobachter tausender Deep-Sky-Objekte. Vor genau 100 Jahren wurde sein Lebenswerk in zwei großformatigen Bänden unter dem Titel ,,The Scientific Papers of Sir William Herschel" herausgegeben (Abb. 2) [2]. Es war kein geringerer als John Louis Emil Dreyer (Abb. 3), Verfasser des New General Catalogue (NGC) von 1888, der Herschels Arbeiten zusammengestellt hat. Auf insgesamt 1441 Seiten findet man alles, was der deutschstämmige Astronom über seine Entdeckungen und Beobachtungen, Theorien zum Aufbau des Kosmos (,,Construction of the Heavens") sowie den Bau von Spiegelteleskopen publiziert hat. Insgesamt 27 Abbildungen ergänzen den Text. Herausragend sind natürlich die drei Kataloge von Nebeln und Sternhaufen aus den Jahren 1786, 1789 und 1802, die Beobachtungen von Doppelsternen und die Entdeckung des Uranus im Jahr 1781.
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1 William Herschel (1738 - 1822)
Herschels Publikationen verteilen sich im Wesentlichen auf etwa 40 Bände der ,,Philosophical Transactions of the Royal Society".
Der Beschluss, William Herschels Gesamtwerk herauszugeben, wurde 1910 von der Royal Society und der Royal

Astronomical Society (RAS) in London gefasst. Man gründete ein Komitee, dem Dreyer angehörte (weitere Mitglieder waren z. B. William Huggins, Joseph Larmor und David Gill). Auch Herschels Enkel William John unterstützte das ambitionierte Vorhaben. Die Bearbeitung des umfangreichen Materials lag jedoch im Wesentlichen bei Dreyer, zu dieser Zeit Direktor des nordirischen Armagh Observatory. Grund waren seine umfassenden Erfahrungen bei der Beobachtung und Katalogisierung nicht-stellarer Objekte sowie sein astronomiegeschichtliches Wissen. Dreyer recherchierte intensiv in den Londoner Archiven und sichtete das von Herschels Nachkommen zur Verfügung gestellte Material. Eine wichtige Quelle waren die Beobachtungsjournale. Die handschriftlichen Notizen sind zwar detailliert, die Darstellung ist aber leider ziemlich unübersichtlich. Glücklicherweise hat Schwester Caroline Herschel, die ihrem Bruder bei den Beobachtungen eine große Hilfe war, die Daten stets sauber kopiert und geordnet. Die Originaldokumente sind heute im Besitz der RAS. Dreyer hat die drei Herschel-Kataloge

Geschichte

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und der Evolution seiner Objekte unter dem Titel ,,Construction of the Heavens - William Herschels Cosmology" erneut publiziert. Dies ist das Verdienst des führenden Herschel-Experten, Michael Hoskin (Cambridge). Sein Buch enthält aber nicht nur die Originaltexte, es gibt auch eine umfangreiche Einführung und viele Kommentare zu Herschels Publikationen [6]. Zusammen mit dem ehemaligen Bibliothekar der RAS und Cambridge-Astronomen David Dewhirst durfte ich den Part der Analyse aller im Text genannten Deep-Sky-Objekte übernehmen.

2 Titelseite der ,,Scientific Papers"
intensiv überarbeitet, kommentiert und mit dem NGC verglichen (die Darstellung unterscheidet sich daher von der in den ,,Transactions" erschienenen Version). Darüber hinaus verfasste er eine 56-seitige wissenschaftliche Biografie von William Herschel (sie bildet das erste Kapitel in Band I) und stellte auch dessen Beobachtungen von Messier-Objekten zusammen (im Anhang von Band II). Die ,,Scientific Papers" enthalten also auch viel unveröffentlichtes Material. Nach Abschluss der Arbeiten übergab Dreyer sein Manuskript der Kommission, die den Druck veranlasste (das Vorwort trägt das Datum Februar 1912). Das Buch wurde von Dulau & Co., London, vertrieben.
In Buchform sind die ,,Scientific Papers" heute nur noch antiquarisch erhältlich (man muss mit über 400 EUR rechnen). Es gibt aber eine gescannte Version der beiden Bände im Internet; sie umfasst 140 MB [3]. In den letzten Jahren wurden die drei Herschel-Kataloge von mir intensiv analysiert und in moderner Form zusammengestellt. Die resultierende Datei ist im Internet verfügbar und enthält historische und moderne Daten von 2515 Objekten (Bezeichnung ,,H") [4]. William Herschels Arbeiten über Nebel und Sternhaufen sind natürlich auch Thema meines Buchs über die Geschichte der visuellen Beobachtungen im 19. Jahrhundert [5]. Anfang 2012 wurden seine Artikel zum Aufbau des Kosmos

Literaturhinweise: [1] W. Steinicke, 2012: ,,Hubble und
die Klassifikation der Galaxien", VdS-Journal für Astronomie 40, 10 [2] J.L.E. Dreyer, 1912: "The Scientific Papers of Sir William Herschel", 2 Bände, Royal Society, London [3] siehe: www.archive.org (Titel des Buchs in das Suchfenster eingeben) [4] siehe meine Webseite: www.klimaluft.de/steinicke (Button NGC/IC) [5] W. Steinicke, 2010: "Observing and Cataloguing Nebulae and Star Clusters - from Herschel to Dreyer`s New General Catalogue", Cambridge University Press [6] M. Hoskin, 2012: "The Construction of the Heavens - William Herschel`s Cosmology", Cambridge University Press

3 Der Herausgeber der ,,Scien-
tific Papers": der dänischstämmige Astronom John Louis Emil Dreyer (1852 - 1926)
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Geschichte

Drei helle Kometen im frühen 20. Jahrhundert
von Klaus Wenzel

Auf dem Königsstuhl in Heidelberg entstand Ende des 19. Jahrhunderts unter der Leitung von Max Wolf eine leistungsfähige Bergsternwarte. Neben dem bekannten Bruce Teleskop (40 cm / 200 cm) standen für Aufnahmen zur Verfügung: der sogenannte ,,Wolfsche 6-Zöller", ein 6-Zoll-Refraktor, der sich dadurch auszeichnete, dass an ihm verschiedene Kameras (meist 15 cm / 80 cm) montiert waren, der Uranograph (ab Sept. 1905), der eine mit diversen kurzbrennweitigen Kameras (u. a. Tessar 31 mm / 145 mm) bestückte kleine Montierung besaß, und schließlich ab 1907 der 72-cmWaltz-Reflektor, bei dem es sich um ein Newton-Teleskop mit 280 cm Brennweite handelte. Mit diesen Instrumenten gelangen Max Wolf und seinen Kollegen u. a. für die damalige Zeit spektakuläre Kometenaufnahmen von historischem Wert [1]. Drei aus dieser Zeit stammende helle Kometen möchte ich hier nun kurz mit Aufnahmen aus dem Heidelberger Plattenarchiv [2] vorstellen.
Komet Daniel 1907d Das Jahr 1907 stand im Zeichen des Kometen Daniel. Dieser wurde am 09. Juni 1907 als etwa 7 mag helles Objekt im Sternbild Fische von Z. Daniel in Princeton entdeckt. Etwa zwei Monate später (Daniel hatte sich mittlerweile zu einem freisichtigen Objekt von etwa 3 mag entwickelt und stand im Bereich Gemini-Orion-Taurus am Morgenhimmel) begann Max Wolf mit seinen Beobachtungen. Er benutzte hier hauptsächlich den neuen Waltz-Reflektor [3]. Neben fotografischen Aufnahmen mit Belichtungszeiten zwischen 30 Sekunden und 15 Minuten fertigte Wolf auch einige Zeichnungen des Kometenkopfes an. Die hier vorgestellte Aufnahme (D166) wurde in den Morgenstunden des 12. August 1907 zwischen 02:35 Uhr und 02:50 Uhr (MEZ) im Newtonfokus des WaltzReflektors belichtet. Etwa zeitgleich entstand auch die Zeichnung des Kometenkopfes, die sich im Beobachtungsjournal des Waltz-Reflektors befindet (Abb. 2).
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1 Aufnahme (D 166) von Max Wolf des Kometen Daniel am Morgen des 12.
August 1907 mit dem 72-cm-Waltz-Reflektor. Bei dem Stern unmittelbar vor dem Kopf des Kometen handelt es sich um HD 253534. (Norden ist oben, Osten links)

Bei dieser Zeichnung verwendete Wolf vermutlich nicht den Reflektor, sondern das Leitrohr, den ,,5-Zoll-Pauly-Refraktor".
Großer Januar-Komet 1910a Im Jahre 1910 gab es außer Halley noch einen weiteren hellen Kometen zu beobachten. Dieser Komet ging in die Annalen als großer Januar-Komet ein. Wer diesen, bei seiner Entdeckung am 12. Ja-

nuar 1910 bereits -1 mag hellen, Kometen zuerst gesehen hat, ist unklar. Möglicherweise waren es Minenarbeiter beim Schichtwechsel in Südafrika. Wenige Tage später erreichte der Komet gar die Helligkeit von etwa -4 mag. Damit war er sicherlich einer der hellsten Kometen des 20. Jahrhunderts. Der Komet konnte allerdings während seiner kurzen Sichtperiode nur unmittelbar nach Sonnenuntergang im Südwesten gesehen werden.

2 Max Wolfs
Zeichnung nach visuellen Beobachtungen des Kometenkopfes (Näheres siehe Text). Bei dieser Zeichnung ist Norden oben und Osten rechts.

Geschichte

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3
Der große Januar-Komet des Jahres 1910, aufgenommen am 31. Januar 1910 (A5835) von Wilhelm Lorenz mit einer 150 mm/800 mm-VoigtländerPortraitkamera am ,,Wolfschen 6-Zöller" auf dem Königsstuhl bei Heidelberg.

Auf dem Königsstuhl wurde dieser Komet hauptsächlich mit Max Wolfs Privatinstrument, dem ,,Wolfschen 6-Zöller", beobachtet. Die hier abgebildete Aufnahme (A5835) wurde von Wolfs Assistenten Wilhelm Lorenz am frühen Abend des 31. Januar 1910 etwa 21 Minuten lang belichtet. Lorenz beendete die Belichtung erst, als der Komet hinter den Tannen auf dem Königsstuhl verschwand. Im Beobachtungsjournal steht der knappe Hinweis: ,,Schluss in den Tannen".
Komet Delewan 1913d Der Komet Delewan 1913d wurde bereits am 27. Oktober 1913 von Pablo T. Delewan als zunächst relativ unscheinbares Objekt von etwa 11 mag im Eridanus entdeckt.
Die Heidelberger Aufnahme (C449), die von Max Wolf am 26. September 1914 mit einem Tessar-Objektiv von 31 mm / 145 mm 52 Minuten am Uranographen belichtet wurde, zeigt den sich südlich im Sternbild Ursa Major befindlichen Kometen mit großem Schweif und mit einer Helligkeit von immerhin um die 3 mag. Auch dieser Komet dürfte mit dem bloßen Auge ein spektakuläres Bild am Westhimmel kurz nach der Abenddämmerung abgegeben haben.
Das Heidelberger Plattenarchiv Zum Abschluss möchte ich mich noch bei Herrn Dr. Holger Mandel für die freundliche Unterstützung bei den Recherchen in der Landessternwarte Heidelberg bedanken. Des Weiteren möchte ich noch auf das Scan-Projekt der Sternwarte hinweisen. Im Rahmen dieses Projektes, das von der Klaus-Tschira-Stiftung finanziert wird, werden die historischen Platten gescannt und nach und nach ins Internet gestellt. Mittlerweile sind nahezu das komplette Bruce-Archiv, sowie viele Aufnahmen des Schmidtteleskops vom Calar Alto bis zum Jahr 2000 online verfügbar [2]. Außerdem ist eine Sammlung von historischen Kometenaufnahmen des Heidelberger Archivs geplant.

Literaturhinweise und Internetlinks: [1] K. Wenzel, 2009: ,,Max Wolfs
Beobachtungen des Kometen Holmes 1892", VdS-Journal für Astronomie 30, 67 [2] K. Wenzel, K. Birkle, 2010: ,,Astro-

nomische Schätze heben", SuW 3/2010, 68 (http://vo.uni-hd.de/ lswscans/res/positions/q/form) [3] M. Wolf, 1908: "Photographs of Comet d 1907 (Daniel)", Mon. Not. Roy. Astr. Soc. 68, 180

4 Der Komet Delewan am 26.09.1914 (C449), aufgenommen von Max Wolf am
,,Uranographen" der Sternwarte Heidelberg mit einem Tessar-Objektiv von 31 mm / 145 mm. Bei den beiden hellen Sternen in der oberen Bildhälfte handelt es sich um Gamma und Beta Ursae Majoris.
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Jugendarbeit

Ganz schön heiß
- Bericht der AG Sternphysik im ASL 2011
von Jennifer Kudla und Kevin Ludwig

Begonnen haben wir die AG Sternphysik des diesjährigen astronomischen Sommerlagers mit den Grundlagen des Lichts - von Newtons Korpuskel-Theorie bis zum Huygens`schen Prinzip. Letzteres gehört immer noch zur aktuellen Physik und beschreibt das Licht als Welle, womit man Phänomene wie Lichtbeugung, Reflexion und Brechung erklären kann. Damit kann man die Funktion eines Spaltspektrographen verstehen, womit es heutzutage üblich ist, das Licht von Sternen und Galaxien zu untersuchen, um Informationen über Temperatur und chemische Zusammensetzung zu erhalten. In den folgenden Tagen beschäftigten wir uns dann auch mit der Spektralanalyse verschiedenartiger Sterne. Mit Hilfe des Bohrschen Atommodells konnten wir in den Sternspektren vorhandene Absorptionslinien interpretieren. Unter diesen Absorptionslinien gibt es einige prominente, wie die Balmer-Linien, die Kalium-Linien, sowie Absorptionslinien ionisierter Atome und Moleküle. Nun gibt es Sterne mit mehr oder weniger solcher Linien, dünnen oder dicken Absorptionen. Diese Unterschiede dienen als Klassifikationsmerkmale.
Einer der ersten Versuche, die Sterne sinnvoll in ein bestimmtes Muster einzuordnen war um 1890 die Harvard-Klassifikation. Bei der Auswertung von Antonia Maury und Annie Cannon stellte sich diese aber immer noch als fehlerhaft heraus. Die beiden Frauen erstellten eine neue Einteilung, die auch heute noch verwendet wird. Seit diesem Zeitpunkt unterteilt man die Sterne in die Klassen: O, B, A, F, G, K und M, sowie die Feineinteilung mit den Zahlen von 0 bis 9.
Die Temperatur an der Oberfläche (Photosphäre) der Sterne reicht von 2000 K bis 50.000 K. Dabei ist der Temperaturverlauf von Spektraltyp O nach M abnehmend. Ebenfalls gibt diese Einteilung Auskunft über die Farbe der Sterne. Heiße Sterne sind blau oder weiß. Je kühler ein Stern ist, desto rötlicher bzw. bräun-
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1 Einteilung der Sterne in verschiedene Klassen (O bis M) anhand ihrer
Spektren (Quelle: NASA)

licher leuchtet er. In den Kernen der Sterne ist es selbstverständlich noch um ein vielfaches heißer (bis einige Milliarden Kelvin).
An einem der nächsten Tage unternahmen wir den Versuch, die Strahlungsenergie unseres Zentralsterns experimentell zu bestimmen. Der Versuchsaufbau bestand aus einem mit Wasser gefüllten Behälter, dessen Deckel mit Ruß beschichtet wurde. Darauf sollte die Sonne einstrahlen. Und mit einem Thermometer konnte man die Temperatur des Wassers überprüfen. Über die Temperaturänderung pro Zeit ließ sich dann eine Leistung ermitteln. Allerdings hat uns dazu die wichtigste ,,Zutat" gefehlt - die Sonne selbst, denn es war bewölkt.

Daraufhin stellte sich uns die Frage, wodurch die Sonne (und andere Sterne) diese enormen Energiemengen produzieren. Der Schlüssel zur Lösung ist Einsteins berühmte Formel E = m · c2. Die Formel besagt, dass man Energie aus Masse gewinnen kann. Bei Sternen geschieht das mit Hilfe des Massendefekts bei der Kernfusion im Sterninneren. Dabei fusioniert Wasserstoff über mehrere Schritte zu Helium und später auch zu schwereren Elementen - bis hin zu Eisen. Da der Heliumkern leichter als die Masse der einzelnen Nukleonen ist, kommt es zu besagtem Massendefekt. Die Sonne strahlt!

So mussten wir mit gegebenen Werten, statt den eigenen Messwerten, die Strahlungsleistung unserer Sonne berechnen. Die berechnete Leistung war allerdings nur eine Vereinfachung, da wir die Erdatmosphäre nicht mit einberechnet hatten. Die Berechnung mit Einbeziehung der Atmosphäre wird über das Absorptionsgesetz durchgeführt. Und es ergibt sich die Strahlungsleistung der Sonne zu 384 Yottawatt oder 3,84·1026 Watt.

2 Schema unseres Aufbaus zur Mes-
sung der Strahlungsleistung der Sonne

Jugendarbeit

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Missverständnisse in der Kosmologie
von Lennart Bohlin, Olga Matsarskaia, Larissa Schweyer und Sebastian Spaniol

Missverständnisse verfolgen die Menschheit auf Schritt und Tritt - auch die Naturwissenschaften sind nicht immun gegen falsche Schlussfolgerungen. Im Folgenden sollen bekannte kosmologische Fehler und Falschannahmen entlarvt werden, welche im Rahmen der Kosmologie-AG des Astronomischen Sommerlagers (ASL) 2011 diskutiert wurden.

1. Beweise erfolgen durch Beobachtung. Beobachtungen sind eines der Handwerkzeuge der Naturwissenschaften - dennoch sollte ihre Bedeutung für Schlussfolgerungen und Begründungen mit Vorsicht genossen werden. Was kann also eine Beobachtung leisten und was nicht? Angenommen, es wurde eine Theorie entwickelt, z. B. dass die Teilnehmer des Astronomischen Sommerlagers eine ausgesprochene Vorliebe für Gummibärchen haben. Um diese Theorie zu überprüfen, wird ein Supermarkt in unmittelbarer Nähe des ASL 24 Stunden lang beobachtet, und es wird festgestellt, dass die Gummibärchendichte im Supermarkt innerhalb dieser Zeit um 75 % sinkt. Ist damit bewiesen, dass die Gummitiere ihren Weg ins ASL gefunden haben? Natürlich nicht, denn wohin genau die süßen Bärchen verschwunden sind, kann man aus dieser Beobachtung nicht schließen. Es ist lediglich eine negative Korrelation zwischen Teilnehmer- und Gummibärchenzahl festzustellen. Doch das allein lässt keineswegs eine Bestätigung oder Widerlegung der aufgestellten Theorie zu. Um dies zu gewährleisten, sollte die Messung auf jeden Fall mehrfach wiederholt werden. Damit könnte sich der Verdacht erhärten, bewiesen ist damit jedoch nichts.
2. Die Rotverschiebung ist auf den Dopplereffekt zurückzuführen. Im Jahr 1929 beobachtete Edwin Hubble eine Rotverschiebung (z) von entfernten Galaxien, die linear mit der Entfernung anwuchs (nur gültig für z<0,1). Diese Beobachtung wurde zunächst einmal auf den Dopplereffekt zurückgeführt. Gemäß der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART), welche heute die Grundlage der modernen Kosmologie bildet, ist diese Deutung jedoch nicht zulässig. Gemäß der ART ist die Rotverschiebung der Galaxien durch eine

1 Das Hubble Deep Field: Es finden sich hier hunderte Galaxien, die meisten
davon weit in den roten Spektralbereich verschoben. (Quelle: NASA)

Bewegung mit dem Raum und nicht im Raum zu erklären. Der Dopplereffekt beschreibt aber nur eine Bewegung im Raum. Im Universum sind solche Bewegungen jedoch der Bewegung des expandierenden Raumes selbst weit unterlegen, so dass der Dopplereffekt nicht als Erklärung herangezogen werden kann.
3. Die Lichtgeschwindigkeit kann nicht überschritten werden. Das kosmologische Prinzip besagt, dass das Universum auf großen Skalen sowohl homogen als auch isotrop ist. Daraus resultiert das Folgende: Wir nehmen an, dass zwischen drei Galaxien jeweils ein Abstand d liegt und sich alle Galaxien mit einer konstanten Relativgeschwindigkeit v bewegen. Dann bewegt sich Galaxie 2 mit der Geschwindigkeit v von Galaxie 1 weg. Allerdings befindet sich Galaxie 3 in einem Abstand von 2d von Galaxie 1 und bewegt sich demzufolge mit einer Geschwindigkeit von 2v von Galaxie 1 weg. Bestünde die Reihe aus weiteren Galaxien, so würde sich die Summe der Abstände und Geschwindigkeiten nach diesem Algorithmus fortsetzen. v ist daher proportional zu d, wobei die Proportionalitätskonstante die Hubblekonstante H ist. Daher können wir den Zusammenhang v = H · d formu-

lieren und erhalten so eine Abhängigkeit der Geschwindigkeit von der Entfernung. Insbesondere kann v bei hinreichend großen Entfernungen die Lichtgeschwindigkeit überschreiten. Dies ist kein Widerspruch zur Relativitätstheorie, da es sich wie schon erwähnt um eine Bewegung mit dem Raum handelt, nicht um eine Bewegung im Raum.
4. Das Universum ist endlich und besitzt daher einen Rand. Angenommen, das Universum sei kugelförmig gekrümmt. Würde man nun auf der Oberfläche des Universums stehen, so könnte man sich in jede beliebige Richtung bewegen, ohne jemals einen Rand zu erreichen. Gleiches gilt für eine Torus-Form: Auch hier erreicht man nie einen Rand. Sowohl Kugel als auch Torus sind aber an sich endliche Körper. Im Übrigen könnte es nach dem kosmologischen Prinzip ohnehin keinen Rand geben, denn der Rand bestünde aus ausgezeichneten Punkten, die es aufgrund von Homogenität und Isotropie nicht geben kann.
Die hier behandelten Missverständnisse sind nur wenige Beispiele, es gibt eine Vielzahl weiterer Irrtümer. Die Autoren hoffen dennoch, dass sie zu einem besseren Verständnis beitragen konnten.
VdS-Journal Nr. 42

104

Jugendarbeit

Einblicke in die Raumfahrtmedizin
- Ein Praktikum beim DLR
von Pia Mach

1 Probandin beim Fahrtest
(Foto: DLR)
Im Sommer 2011 habe ich ein Berufsorientierungspraktikum beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, einer der größten Forschungseinrichtungen in Deutschland, absolviert. Die Idee erhielt ich durch Dr. Eversberg, der durch den Bau einer privaten Sternwarte in Waldbröl mein Interesse an der naturwissenschaftlichen Forschung weckte. Mit diesem Praktikum wollte ich vor allem eine Entscheidung für meine spätere Berufswahl treffen und so entschied ich mich, für ein Praktikum beim Institut für Luftund Raumfahrtmedizin zu bewerben, da ich mich im Bereich der Naturwissenschaften vor allem für die Biologie und Chemie interessiere.
Einen großen Teil meiner Praktikumszeit nahm die Feldstudie COSMA ein: Mit dieser Studie werden die Auswirkungen der Fluglärmbelästigung durch den Flughafen Köln/Bonn auf die Anwohner untersucht. Hierzu werden der Lärmpegel und die von Versuchspersonen wahrgenommene Belästigung vor Ort bei den Versuchspersonen erhoben. Im Zuge dieser Studie konnte ich ebenfalls selbst als Probandin im Schalllabor tätig werden: Dort musste ich Flugzeuggeräusche bewerten und versuchen, sie durch Veränderung an Schiebereglern erträglicher zu machen.
VdS-Journal Nr. 42

Die sechsteilige Schlafstudie FIT konnte ich die letzten zwölf Tage meines Praktikums verfolgen, da dort der dritte Abschnitt der Studie im Schlaflabor durchgeführt wurde. Dabei leben acht Versuchspersonen für zwölf Tage im Schlaflabor und werden während dieser Zeit mit unterschiedlichen Schlafbedingungen konfrontiert: Zum Beispiel erwartet sie in manchen Nächten eine verkürzte Schlafperiode von vier Stunden bzw. ein kompletter Schlafentzug von 38 Stunden. Zudem müssen sie an einem Tag Alkohol konsumieren und vier der Versuchspersonen verbringen ebenfalls zwei Nächte in der Druckkammer, um einen Flug zu simulieren. Am Tag erwartet die Probanden eine Reihe von Tests, die die Leistungsfähigkeit prüfen, wie z. B. Reaktionszeittests. Mit dieser Studie sollen die Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Menschen durch den Schlafentzug untersucht werden. Dies ist vor allem in der Luftfahrt ein wichtiges Thema, da zum Beispiel Piloten oft wenig Schlaf bekommen und ihre Arbeit am frühen Morgen aufnehmen müssen.

2 Logo des Deutschen Zentrums
für Luft- und Raumfahrt (Quelle: DLR)
Insgesamt durfte ich nicht nur die naturwissenschaftliche Forschung miterleben, sondern sogar an manchen Stellen auch selbst tätig werden und zum Beispiel bei der Überwachung der Tests helfen. Da ich auch selbst Probandin war, konnte ich ebenfalls den Ablauf einer Studie von der Seite der Versuchspersonen beobachten. Während dieser vier Wochen bekam ich so einen wunderbaren Einblick in die wissenschaftliche Forschung und die weiteren Tätigkeiten eines Wissenschaftlers und ich konnte mich schließlich auch für einen Beruf in der Forschung entscheiden, nicht zuletzt durch die Empfehlungen von den Mitarbeitern dort, die zum Teil selbst noch Doktoranden sind und somit aus ,,frischer" Erfahrung sprechen können. Mir hat das Praktikum sehr geholfen, mich zu entscheiden, und ich hoffe, dass ich nun meine Pläne in die Tat umsetzen kann.

3 Dr. Elmenhorst bei der Vorbereitung der Schlafstudie (Foto: DLR)

106

Kleine Planeten

Neues aus der FG Kleine Planeten
von Gerhard Lehmann

Wenn Sie diese Zeilen lesen, dann ist die 15. Kleinplanetentagung der FG Kleine Planeten in der Archenhold-Sternwarte Berlin schon wieder Geschichte. Das Bemerkenswerte ist aber, dass es 15 Zusammenkünfte der Kleinplanetenfreunde in jährlicher Folge gegeben hat und noch weitere folgen werden. Zeit also auch für ein kleines Resümee in der FG.

Zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Zeilen hat die FG 92 Mitglieder aus insgesamt 6 europäischen Staaten. Davon sind 59 (64 %) Mitglied der VdS. Positionen von Kleinplaneten können dem Minor Planet Center (MPC) in den USA nur dann regelmäßig gemeldet werden, wenn die Sternwarte einen Observatory Code besitzt. In der FG sind insgesamt 66 solcher Sternwarten vertreten.

1 Verteilung von ca. 243.000 Kleinplanetenpositionen auf die Jahre 1994 bis 2011

An vielen in der FG vertretenen Sternwarten wird aktiv beobachtet. Alle dem MPC gemeldeten Positionen, welche für eine Bahnrechnung verwendet wurden, können heute über das Internet [1] abgerufen werden. Vom Autor wurde damit eine kleine Statistik über ca. 243.000 Positionen im Zeitraum von 1994 bis 2011 erstellt, welche das Ergebnis der Beobachtung an 64 Sternwarten ist (Abb. 1). Die Verteilung dieser Positionen pro Jahr zeigt einen kontinuierlichen Anstieg, wobei etwa ab 2005 diese Zahl sich auf ca. 24.000 pro Jahr einpegelte. Erfreulich auch, dass sich der Einbruch 2010 im folgenden Jahr nicht wiederholte. Durch die immer weiter verbesserte Beobachtungstechnik ist der Nachweis von Kleinplaneten jenseits der 20. Größenklasse möglich geworden.

2 Verteilung der neu entdeckten Kleinplaneten, von denen Bahnelemente
bekannt sind, auf die Jahre 1995 bis 2011

Ein besonderes Bonbon ist die Neuentdeckung von Kleinplaneten. Seit vielen Jahren wird im Internet [2] eine kleine Statistik geführt. Alle glücklichen Neuentdecker sind Mitglied in der FG. Im Januar 2012 waren Bahnelemente von ca. 1900 dieser Neuentdeckungen aus den Jahren 1995 bis 2011 bekannt (Abb. 2). Naturgemäß gehört der überwiegende Teil (95 %) der so genannten Hauptgruppe, also Kleinplaneten zwischen Mars und Jupiter, an. Hinzu kommen 61
VdS-Journal Nr. 42

3
Verteilung der neu entdeckten Kleinplaneten auf ihren Typ, ohne solche des Hauptgürtels

Kleine Planeten

107

Marskreuzer, 21 Jupiter-Trojaner, 6 Hilda-Kleinplaneten, 4 Apollos und 2 Amors (Abb. 3). Die beiden letztgenannten gehören zu den erdnahen Kleinplaneten, auch als NEOs bezeichnet.
Welche Kleinplaneten beobachtet werden, das wird in der FG niemandem vorgeschrieben. Einige suchen bewusst nach neuen Kleinplaneten. Andere helfen beim Nachweis von Objekten auf der NEO Confirmation Page (NEOCP) [3], einer Liste neu entdeckter Objekte. Die Bahnverlängerung bzw. die Beobachtung von One-Opposition-Objekten ist auch eine sehr lohnenswerte Aufgabe. Schon oft sind bei solchen Standardbeobachtungen neue Kleinplaneten ins Netz gegangen. Ebenso ist die Photometrie sehr wertvoll, denn nur wenige Lichtkurven sind bekannt.
Wenn Sie Lust bekommen haben, die Kleinplaneten zu beobachten, dann sind Sie dazu herzlich eingeladen. Als Mit-

4 Verteilung der neu entdeckten Kleinplaneten am Sternenhimmel am Tag
ihrer Entdeckung

glied in der FG Kleine Planeten werden Sie Gleichgesinnte treffen und von den Erfahrungen der anderen profitieren.

Internetlinks: [1] http://www.minorplanetcenter.net/iau/
ECS/MPCAT-OBS/MPCAT-OBS.html [2] http://www.kleinplanetenseite.de/ [3] http://www.minorplanetcenter.net/
iau/NEO/ToConfirm.html

Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries

Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiter bewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.
Unser heutiger Gastfotograf ist Manfred Simon aus Kaufbeuren im Allgäu. In der Nacht vom 8. auf den 9. August 2010 belichtete er bei der Volkssternwarte Buchloe die Galaxie NGC 6822 im Sternbild Schütze. Bei der Auswertung fiel ihm die Strichspur eines Kleinplaneten auf, die er mit Hilfe eines Sternfreundes als (16993) 1999 CC10 identifizieren konnte.
Bei NGC 6822, die auch als ,,Barnards Galaxie" bekannt ist, handelt es sich um eine irreguläre Zwerggalaxie. Mit ca. 1,6 Mio. Lichtjahren Entfernung ist

sie ein Mitglied der Lokalen Gruppe und weist nur ca. ein Zehntel der Masse unserer Milchstraße auf. Sie ist ca. 9,3 mag hell und 14'x16' groß. Die daraus resultierende geringe Flächenhelligkeit macht sie zu einem eher schwierigen, lichtschwachen Objekt [1].
Im Gegensatz dazu befand sich der ca. 10 km große Kleinplanet (16993) 1999 CC10 zum Zeitpunkt der Aufnahme nur rund
1 NGC 6822 und
Asteroid (16993) 1999 CC10, aufgenommen von Manfred Simon mit einem 8-Zoll-SchmidtNewton-Teleskop und einer unmodifizierten DSLR EOS 1000D.

VdS-Journal Nr. 42

108 Sonne

Eine Auswahl interessanter ,,Kosmischer Begegnungen" im kommenden Quartal

Datum 12.07.2012 20.07.2012 13.08.2012 16.08.2012 13.09.2012 24.09.2012

Uhrzeit 23:00 01:00 24:00 24:00 24:00 22:00

Kleinplanet (1326) Losaka (282) Clorinde/(2029) Binomi (1473) Ounas (48993) 1998 QF48 (41314) XN168 (6513) 1987 UW1

mag 15,1 14,2/15,3 14,1 16,0 16,3 16,2

Objekt

Art

mag

M 9

GC

7,7

M 72

GC

9,3

M 15

GC

6,3

M 73

OC

8,9

NGC 7293 PN

6,5

M 2

GC

6,5

Die Abkürzungen: GC = Galaktischer Kugelsternhaufen, OC = Offener Sternhaufen, PN = Planetarischer Nebel.

Abstand 4´ 8´ 7´ 3´ 5´ 3´

214 Mio. km von der Erde entfernt. Der Hauptgürtelasteroid braucht ca. 3,46 Jahre für die Umrundung der Sonne. Entdeckt wurde er 1999 am IAU Observatory 757 High Point in North Carolina von D.K. Chesney.
Kosmische Begegnungen finden täglich statt. Die obenstende Tabelle enthält eine kleine Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und DeepSky-Objekten, die von uns erstellt wurde. Damit soll Ihnen Ihr Weg zum persönlichen Bild einer kosmischen Begegnung erleichtert werden.
Eine seit Januar 2012 verbesserte Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kos-

mische Begegnungen zu informieren, finden Sie auf der Homepage von Klaus Hohmann unter http://astrofotografie. hohmann-edv.de/aufnahmen/kosmische. begegnungen.php. Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit, verschiedene Parameter wie die Helligkeit des DeepSky-Objektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selbst auszuwählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden.
Wir möchten Sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS auffordern, Ihre kosmische Begegnung einzu-

senden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals für Astronomie mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die Bilder per Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an diriesw@aon.at. Bitte vergessen Sie nicht das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.
Literaturhinweise und Internetlinks: [1] http://de.wikipedia.org/wiki/
NGC_6822

Klassifizierung und Längenausdehnung von Sonnenfleckengruppen
von Andreas Viertel

Die Klassifizierung von Sonnenfleckengruppen ist noch gar nicht so alt. Sowohl Samuel Heinrich Schwabe (1789 - 1875) als Entdecker der periodischen Sonnenfleckenaktivität in Dessau als auch Rudolf Wolf (1816 - 1893) sowie dessen Nachfolger Alfred Wolfer (1854 - 1931) und William Brunner (1878 - 1958) der Sternwarte der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich unterschieden zwar Gruppen, sortierten diese aber nicht nach irgendwelchen Kriterien. Erst ihr Nachfolger Max Waldmeier (1912 - 2000) in Zürich entwickelte um 1935 ein System der Sonnenfleckengruppenklassifikation, welches das Aussehen beschreibt und dabei auch Gesichtspunkten der zeitlichen Entwicklung folgt. Seine Typen A-B-C-D-E-F-G-H-J müssen aber
VdS-Journal Nr. 42

nicht chronologisch durchlaufen werden, einzelne Phasen können übersprungen bzw. ausgelassen werden.
Wo liegen nun Schwierigkeiten der Gruppenklassifikation nach Waldmeier? Eigentlich nirgends, sind die Gruppeneigenschaften doch klar definiert. Die Gruppentypen A, B und C sind eindeutig, da gibt es keinen Spielraum. Etwas anders ist es bei den Typen D, E, F, G sowie H und J. Die ersten sind bipolare Gruppen mit vorangehendem und nachfolgendem Penumbra-Fleck, zwischen denen sich Flecke teils ohne, teils mit Penumbra befinden. Die zweiten sind unipolare Einzelflecken mit Penumbra, die sich nur in der Größe unterscheiden.

Betrachtet man Aufzeichnungen von visuellen Sonnenbeobachtern, sogar der professionellen Institute, die so etwas heutzutage noch tun, (z. B. Kanzelhöhe, Catania), ist man erstaunt ob der häufigen offensichtlichen Fehleinschätzungen der dortigen Beobachter bei diesen Gruppentypen. Meist werden Gruppen größer eingeschätzt, als sie eigentlich sind.
Im Detail: Die bipolaren Typen D, E und F unterscheiden sich hauptsächlich in der Längenausdehnung (in geringerem Maße auch im Fleckenreichtum). Per Definition von Waldmeier sind D-Gruppen höchstens 10 Grad (heliografisch) lang, das sind max. 121.475 km. Größer, aber höchstens 182.212 km (15 Grad ) lang sind E-Gruppen. Die Gruppen vom Typ F sind mindestens

1 Die Sonnenphotosphäre am
20.10.2003 um 12:05 UT, aufgenommen mit SCT 220 mm / 1880 mm bei Brennweite 4770 mm auf Farbdiafilm ISO 100 Format 6x6, Belichtung 1/250 s mit Sonnenfilterfolie Dichte 3.8. Bildautor: Werner E. Celnik

Sonne 109

182.212 km (15 Grad ) lang, eine Beschränkung nach oben gibt es nicht. Ist man zu sehr beeindruckt von der scheinbar enormen Größe einer neu aufgetauchten riesigen Sonnenfleckengruppe, hilft oft eine Messung, um auf den Boden der Tatsachen zurückzufinden. Gerade am Beginn und am Ende eines Fleckenzyklus ist man von großen Sonnenfleckengruppen, die nach langer Passivität die Sonne zieren, über Gebühr beeindruckt. Die größten bisher beobachteten Gruppen hatten Längenausdehnungen von fast 400.000 km (1948). Ich selbst habe schon eine von 270.000 km Länge beobachtet (1992).
Eine etwas ,,unglückliche" Typisierung ist der Gruppentyp G. Nach Waldmeier ist das eine ,,alte" E- oder F- Gruppe (keine D!) mit sehr wenig Flecken zwischen beiden Penumbren, die mindestens 10 Grad auseinanderliegen. Also ist das dominierende Unterscheidungskriterium das Alter der Gruppe. Bei einer Beobachtung nach einer Schlechtwetterperiode allerdings ist man da oft überfordert, weil man die Vorgeschichte der Gruppe nicht kennt. Hinzu kommt, dass nach statistischen Untersuchungen die G-Gruppen am seltensten vorkommen und wenn, dann vermehrt am Ende eines Zyklus.
Die Unterscheidung von H- und J-Gruppen ist eigentlich ganz einfach, stößt aber in der Praxis ebenfalls oftmals auf Schwierigkeiten. Nach Waldmeier hat die Penumbra eines J-Flecks einen maximalen Durchmesser von 2,5 Grad (30.368 km), H-Gruppen sind größer. Da eine einzelne J-Gruppe auf einer sonst fleckenleeren Sonne oftmals größer wirkt, als sie real ist, hilft wieder nur nachmessen. Sind um den unipolaren H- bzw. J-Fleck noch Einzelflecken angeordnet, steht man vor der Entscheidung, sie eventuell als bipolare C-Gruppe einzustufen. Geht der

Hauptfleck mit Penumbra voraus, ist es wahrscheinlich eine, folgt er den kleineren Flecken, dann eher nicht. Aufklärung kann nur ein Magnetogramm geben. Bipolar: C-Gruppe, unipolar: J- bzw. HGruppe.
Aus all diesen Gründen wurden an der Waldmeier-Klassifizierung vielfältige punktuelle und individuelle Verbesserungen vorgenommen. Durchgesetzt hat sich eigentlich nur eine, die des USamerikanischen Sonnenphysikers Patrick McIntosh Ende der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Sie basiert ebenfalls auf der Waldmeier-Skala, aber ohne die Typen G und J. Die dreibuchstabige McIntosh-Klassifikation beschreibt: - erster Buchstabe: den modifizierten
Waldmeier-Typ (A, B, C, D, E, F, H) - zweiter Buchstabe: das Aussehen des
Hauptfleckes (x, r, a, s, k, h) - dritter Buchstabe: das Aussehen der
Gruppe zwischen beiden Hauptflecken einer bipolaren Gruppe (x, o, i, c)
Damit erweitert sich die Anzahl der beschreibbaren Fleckentypen von 9 bei Waldmeier auf 60 bei McIntosh. Das ist schon differenzierter, aber natürlich immer noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Jede Fleckengruppe ist ein Unikat, das es so noch nie gegeben hat und nie wieder geben wird.

Für den Weißlicht-Sonnenfleckenbeobachter gelten ganz allgemein folgende Regeln für die Festlegung einer Sonnenfleckengruppe: - Flecken innerhalb eines Bereiches
von 5 Grad x 5 Grad auf der Sonne sind eine Gruppe. - Flecken in unterschiedlicher hel. Breite auch innerhalb dieses Bereiches können auch unterschiedliche Gruppen sein. - Bipolare Flecken mit großer Ost-WestLängenausdehnung als eine Gruppe haben meist eine leichte Neigung der Gruppenachse zum Sonnenäquator hin, d. h. der vorangehende p-Fleck hat eine geringere heliografische Breite als der nachfolgende f-Fleck. - Treten am Rande einer alten, schon länger bestehenden Gruppe neue Flecken auf, die sich weiter entwickeln, so ist das eine separate Gruppe.
Genaue Festlegungen kann man nur treffen, wenn die magnetische Orientierung der Gruppe bekannt ist. Die Erstellung des dafür nötigen Magnetogramms übersteigt die Möglichkeiten eines Amateurs bei weitem. Es ist allerdings im Internet leicht verfügbar. Beobachtet man nur gelegentlich die Sonne, kann man damit seine eigenen Beobachtungen eichen. Stellt man aber höhere Anforderungen an eine eigene Beobachtungsreihe, würde die ständige Korrektur der eigenen
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110 Sonne

Beobachtungen mit SDO-Aufnahmen sicher zu Inhomogenitäten führen. Man sollte sich durch Vergleich der eigenen Gruppenauffassungen mit den Magnetogrammen über einen längeren Zeitraum eine eigene Gruppenauffassung erarbeiten und die dann beibehalten. Das wird dem Ziel des Amateurbeobachters besser gerecht, weil eine möglichst dichte Beobachtungsreihe die unvermeidlichen Fehler statistisch minimiert.
Aus all dem wird auch ersichtlich, dass eine Sonnenbeobachtung mit unbekannter Richtungsorientierung eigentlich wertlos ist, da man die Gruppen kaum bestimmen kann. Deshalb sollte man auch Abbildungen immer so orientieren, dass Norden bzw. Süden oben ist. Die Verwendung von seitenverkehrendem Zubehör (Zenitspiegel bzw. -prisma, Herschelkeil) sollte man zumindest angeben, wenn man zur sinnvollen Orientierung schon bei der Bildbearbeitung nicht willens oder fähig ist.
Die Messung der Längenausdehnung von Sonnenfleckengruppen ist am einfachsten, wenn man mittels Projektionsmethode beobachtet. Entweder erkennt man unmittelbar auf dem Gradnetz der Sonnenschablone die Ausdehnung oder man bringt auf der Schablone einen Maßstab für 2,5 Grad , 10 Grad und 15 Grad an. Auf jeden Fall ist die Festlegung der Waldmeier- bzw. McIntosh-Klassifikation sofort noch während der Beobachtung möglich. Diese Methode setzt allerdings eine ziemlich stabile Montierung voraus, da man gelegentlich am Projektionsschirm manipuliert. Beachtet werden muss lediglich der jahreszeitlich veränderliche Sonnendurchmesser.
Eine weitere Möglichkeit der Längenausdehnungsmessung ist das Ausmessen von Sonnenabbildungen. Dazu muss man aber die Aufnahmedaten und die Daten des Aufnahmeinstrumentes kennen. Ist nicht die Gesamtsonne abgebildet, braucht man außerdem den Abbildungsmaßstab. Solche Messungen können sehr umfangreich und kompliziert werden, allzumal die benötigten konkreten Aufnahme- und Instrumentendaten in den seltensten Fällen vorliegen.
Eine einfache Methode, die ich selbst schon hunderte Male angewendet habe,
VdS-Journal Nr. 42

ist die direkte visuelle Messung mittels Fadenkreuzokular und Stoppuhr am Teleskop. Sie dauert nicht lange und erfordert danach nur wenig unkompliziertes Rechnen mit dem Taschenrechner. Man misst die Durchlaufzeit einer Fleckengruppe durch den senkrechten Faden eines Fadenkreuzes, dessen waagerechter Faden nach der Erdrotation ausgerichtet ist. Ein Mittel aus drei Messungen erhöht die Genauigkeit.
Korrigieren muss man nach der jahreszeitlich wechselnden Sonnendistanz, der Sonnendeklination, der Neigung der Gruppe zum Sonnenäquator bzw. dem Positionswinkel der Sonnenrotationsachse und vor allem der Zentralmeridi-

andistanz, die den Hauptanteil der perspektivischen Verkürzung ausmacht. Den Unterschied Sonnenzeit - Sternzeit kann man bei der kurzen Messdauer von wenigen Sekunden unberücksichtigt lassen.
Abschließend eine kleine Nebensächlichkeit: Die Fleckentypisierung nach Waldmeier folgt dem Alphabet. Warum aber nicht beim Typ J? Der müsste doch I heißen! Dann könnte man ihn aber eventuell mit der römischen 1 (I) verwechseln. Da aber in astronomischen Texten oftmals Formeln auch mit römischen Zahlen (z. B. die Waldmeier-Gesetze I - V) auftreten, nahm man eben den nächsten Buchstaben im Alphabet der deutschen Sprache, die damals astronomisch inter-

Die provisorischen Relativzahlen des SONNE-Netzes, 2. Halbjahr 2011

Tag Juli August September Oktober November Dezember

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79

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31

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84

-

72

-

67

Mittel 46,3 47,4

86,9

94,6

101,4

83,3

Spektroskopie

111

national noch häufiger als heute verwendet wurde. Heute hat man mit dem überwiegend verwendeten Englisch wieder andere Schwierigkeiten. Jedenfalls hat dieses J auch zu Irritationen geführt, weil sich nicht immer daran gehalten wurde. Aber ob nun J oder I, im Zusammenhang gibt beides einen Sinn.

Literaturhinweise: [1] J. Banisch, 2010: ,,Die Sonne -
Eine Einführung für Hobby-Astronomen", Oculum-Verlag, Erlangen [2] K. Reinsch et. al., 1999: ,,Die Sonne beobachten", Verlag Sterne und Weltraum, Heidelberg [3] W. Gleissberg, 1952: ,,Die Häufigkeit der Sonnenflecken", Akademieverlag, Berlin [4] SONNE - Mitteilungsblatt für Amateursonnenbeobachter

[5] Museum für Naturkunde und Vorgeschichte Dessau, 1989: ,,Samuel Heinrich Schwabe, 1789-1875: Apotheker, Astronom, Botaniker", Sonderheft
[6] R. Kippenhahn, 1993: ,,Der Stern, von dem wir leben", Deutscher Taschenbuch Verlag, München
[7] H. v. Klüber, 1947: ,,Über Voraussagen zum Sonnenfleckenmaximum", Condor-Verlag, Berlin-Frohnau

Einige Aspekte zur Rotverschiebung
von Günter Pannach

Unbefriedigend ist die Tatsache, dass die

Formel zur Rotverschiebung für kleine

Radialgeschwindigkeiten für einen un-

bestimmten Bereich, nämlich v<<c und

z<<1 gleich z = v / c

(1)

anwendbar ist [1, 2]. Dabei sind c = Lichtgeschwindigkeit, v = Radialgeschwindigkeit, z = Rotverschiebung = / 0 = Wellenlängenunterschied / Emissionswellenlänge. Immer wieder fragt man sich, wo ist die Grenze? Bei welcher Rotverschiebung muss man auf die relativistische Formel 1 + z = [ ( 1 + v / c ) / (1 - v / c ) ]1/2 (2)

übergehen [1, 2]. Denn der Bereich z << 1 betrifft einen großen Spielraum, der den einen oder anderen, der auf dem Gebiet etwas rechnen möchte, zunächst verunsichert.

Um Ausführenden die Arbeit zu erleichtern, habe ich die Entscheidungsfindung, welche Formel wann angewendet werden sollte, zu vereinfachen versucht.
Methode und Ergebnisse Beide Funktionsgleichungen (1) + (2) wurden in der Abbildung 1 grafisch dargestellt, woraus erkennbar ist, dass mit größer werdender Rotverschiebung ,,z" die beiden Kurven immer mehr divergieren.
Der Unterschied wird also immer größer, weil die rote Funktion sich asymptotisch der waagerechten Linie v/c = 1 annähert und damit, entgegen der blauen Funktion, die Lichtgeschwindigkeit ,,c" als Grenzgeschwindigkeit berücksichtigt. Die Fehlerquote wird mit zunehmender Rotverschiebung ,,z" größer (vgl. Abb. 2),

so dass dieses Diagramm als Arbeitspapier zweckdienlich sein kann.
Fazit Die Wahl der Fehlergröße wird von der Aufgabe abhängen und muss subjektiv entschieden werden. Die Entscheidungsfindung wird jedoch durch die Abbildung 2 erleichtert.
Literaturhinweise: [1] W. Raith (Hrsg.), 2002: ,,Berg-
mann-Schaefer - Lehrbuch der Experimentalphysik, Bd. 8: Sterne und Weltraum", Berlin, New York, Verlag de Gtuyter [2] A. Hanslmeier, 2007: ,,Einführung in Astronomie und Astrophysik", Springer-Verlag Berlin, Heidelberg

1 Divergierende Funktionen zwischen v/c = z (blaue
Funktion) und v/c = [(z+1)2-1] / [(z+1)2+1] (rote Funktion)

2 Der mit der Rotverschiebung ,,z" (waagrechte Achse)
größer werdende prozentuale Unterschied (senkrechte Achse) der beiden in Abb. 1 dargestellten Funktionen
VdS-Journal Nr. 42

112

Spektroskopie

Spektroskopie an Planetarischen Nebeln
von Andreas Gerhardus, Steffen Urban und Peter Stinner

1 Steffen Urban (links) und
Andreas Gerhardus in der Schulsternwarte Betzdorf mit der dortigen Spektroskopieausrüstung. 1: C8-SCTeleskop; 2: DADOS-Spektrograph; 3: DSLR-Kamera Canon EOS 350Da; 4: Klappspiegel; 5: Notebook zur Kamerasteuerung; 6: Leitrohr; 7: ST-4-Autoguider
Im Rahmen eines schulischen Spektroskopieprojekts der Astronomie-AG am Kopernikus-Gymnasium in Wissen (Rheinland-Pfalz) wurden Spektren der Planetarischen Nebel Katzenaugennebel (NGC 6543), Eskimonebel (NGC 2392) und Ringnebel (M 57) mittels eines DADOS-Spektrographen am 8-Zoll-SC-Teleskop der Schulsternwarte in Betzdorf aufgenommen. Die Spektren wurden hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung der Nebel und der Temperaturverteilung im Ringnebel ausgewertet.
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Einleitung Planetarische Nebel (PN) sind als astronomische Forschungsobjekte scheinbar nicht mehr populär, aber dafür umso interessanter. Sie sind nur mittels Teleskop sichtbar und bieten viel mehr als nur schöne Anblicke. Als ersten Planetarischen Nebel entdeckte Charles Messier 1764 den Hantelnebel (M 27) [1]. Planetarische Nebel sind Endstadien von Hauptreihensternen mit einer bis fünf Sonnenmassen [2]. Nachdem das meiste Helium in einem solchen Stern zu schwereren Elementen fusioniert wurde, bläht er sich zu einem roten Riesen auf. Am Ende dieses Stadiums wird ein größerer Teil der stellaren Materie abgestoßen, die dann einen diffusen Nebel bildet, in dem der Zentralstern sich zu einem weißen Zwerg entwickelt. Wasserstoff, Sauerstoff und Helium dominieren die typischen Emissionsspektren von PN. Daneben treten Stickstoff, Neon, Schwefel und Argon auf [2]. PN sind ein wichtiger Schritt in der chemischen Entwicklung einer Galaxie, denn Sterne folgender Generationen bestehen zum Teil aus den in PN freigesetzten schwereren Elementen [3]. Weiterhin interessant ist das Auftreten so genannter verbotener Linien in den PNSpektren, die nur in extrem verdünnter Materie im Weltraum und nicht auf der Erde beobachtet werden können [5].
Normalerweise sind PN nicht kugelförmig. Aufgrund von gravitativen und magnetischen Einwirkungen erhalten sie komplexe Strukturen. Ein üblicher PN hat einen Radius von zirka 0,1 pc [2] und kann für einige 10.000 Jahre beobachtet werden [4]. Vermutlich gibt es zwischen 10.000 und 50.000 PN in der Milchstraße [2].
Aufnahme der Spektren Unsere PN-Spektren wurden mit einem DADOS-Spektrographen von Baader Planetarium GmbH am 8-Zoll-SC-Teleskop der Schulsternwarte Betzdorf aufgenommen (http://www.sternwarte-betzdorf.de). Das Gitter hatte 200 Linien pro mm. Mit

dem Spalt von 50 µm ergibt sich eine Auflösung von R = / = 272 bei einer Dispersion von 46 nm/mm bzw. 0,27 nm/Pixel. Die Abbildung 1 zeigt das verwendete Gerät.
Als Detektor wurde eine astromodifizierte Canon 350D (Umbau mit Baader-BCFFilter) benutzt. Die geringe Lichtstärke der PN forderte bei ISO 1600 Belichtungszeiten von etwa einer Stunde. Die Nachführung erfolgte mittels einer ST4Kamera an einem 80-mm-Leitrohr.
Kalibrierung der Spektren Der obere Teil von Abbildung 2 zeigt unser Spektrum von NGC 6543. Um daraus quantitative Aussagen ableiten zu können, muss das Spektrum zunächst wellenlängenkalibriert werden. Das bedeutet, jeder Position im fotografischen Spektrum ist eindeutig und genau die zugehörige Lichtwellenlänge zuzuordnen. Dazu wird unmittelbar nach Aufnahme des PN-Spektrums ohne irgendwelche mechanischen Änderungen an der Aufnahmeapparatur das Spektrum einer Kalibrierlichtquelle mit bekannten Spektrallinien aufgenommen. So ist gewährleistet, dass gleiche Pixel in beiden Spektren dieselbe Wellenlänge repräsentieren. Das genaue Vorgehen mit einer Energiesparlampe als Kalibrierlichtquelle wird bei [6] ausführlich beschrieben. Das Ergebnis sind Spektren wie in den Abbildungen 2, 3 und 4 als Diagramme unter den Aufnahmen gezeigt. Dabei bezeichnet die relative Intensität die mittels der Profile-Funktion in Astroart 4.0 ermittelten Pixelhelligkeiten in ADU. Die genaue Zuordnung der Wellenlängen zu den Emissionslinien ist in den Tabellen auf S. 113 und 114 zusammengefasst.
Auswertung der Spektren In unserem schulischen Projekt wurden folgende PN spektroskopisch untersucht: Der Katzenaugennebel (NGC 6543), der Eskimonebel (NGC 2392) und der Ringnebel (M 57). Im Folgenden werden die Resultate beschrieben.

Spektroskopie

113

2
Spektrum des Katzenaugennebels NGC 6543 mit zehn Emissionslinien

3 Spektrum des Eskimonebels NGC 2392 mit Emissions-
linien von Wasserstoff, Helium und Sauerstoff

4 Spektrum des Ringnebels M 57

5 Zur Gestalt der Spektrallinien beim Ringnebel: Profil-
analysen für Sauerstoff und Wasserstoff

Der Katzenaugennebel Der 1786 von Wilhelm Herschel entdeckte PN erhielt seinen Namen aufgrund seines charakteristischen optischen Erscheinungsbilds. Er befindet sich nahe am nördlichen Himmelspol im Sternbild Drache. Seine Entfernung beträgt ungefähr 3000 Lj, sein Alter zirka 1000 Jahre. Der Zentralstern hat eine Temperatur von etwa 60.000 K [7].
Die Abbildung 2 zeigt das Spektrum des PN mit den von uns nachgewiesenen Linien. Nicht nummerierte Linien haben ihren Ursprung in der künstlichen Himmelsaufhellung (Lichtverschmutzung). Außerdem erkennt man das kontinuierliche Spektrum des weißen Zwergs. Weil das Maximum dieses Spektrums im UV liegt, nimmt seine Intensität zum Roten hin schnell ab.
Die Tabelle 1 zeigt das Ergebnis eines Vergleichs unserer Spektrallinien mit La-

bordaten [8, 9] und die dadurch im Nebel nachgewiesenen chemischen Elemente. Typisch für alle galaktischen Gasnebel sind die Wasserstofflinien der Balmerserie (Nummern 1, 3, 8 in Abbildung 2 und Tabelle 1). Daneben treten drei Helium-

linien auf (2, 6, 9). Das Helium ist nicht ionisiert (He I), was ein Beleg für die vergleichsweise niedrige Temperatur des Zentralsterns ist. Mit dem Auftauchen der ,,verbotenen" Linien des zweifach ionisierten Sauerstoffs ([O III]) ist belegt,

Tabelle 1: Identifizierte Emissionslinien des Katzenaugennebels NGC 6543.
Laborwellenlängen entnommen aus [8, 9].

Nummer
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

gemessene Wellenlänge / nm 432,85 446,66 485,99 495,68 500,52 586,98 630,97 656,44 668,67 674,19

Laborwellenlänge/ nm
434,04 447,15 486,13 495,89 500,68 587,56 631,2 656,28 667,81 673,08

Differenz / nm
-1,19 -0,49 -0,14 -0,21 -0,16 -0,58 -0,23 0,16 0,86
1,11

Element
H II (H) He I H II (H) [O III] [O III] He I [S III] H II (H) He I [S II]

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114

Spektroskopie

dass die Teilchendichte bzw. der Druck im PN geringer sind als 108 Teilchen pro cm3 bzw. 10-11 mbar. Zusätzlich wurde das Element Schwefel nachgewiesen.
Der Eskimonebel NGC 2392 ist ein Planetarischer Nebel im Sternbild Zwillinge. 1787 entdeckte Herschel das Objekt mit einem Alter von ca. 10.000 Jahren in einer Entfernung von etwa 3000 Lj. Der Zentralstern hat die 40-fache Helligkeit der Sonne [10,11].
Der obere Teil von Abbildung 3 zeigt das fotografische Nebelspektrum. Es enthält einige Emissionslinien und das Spektrum des Zentralsterns. Auch hier ist die Abnahme der Intensität im Zentralsternspektrum zum Roten hin auffallend. Das Emissionsspektrum des Nebels wird von den beiden verbotenen Linien des Sauerstoffs ([O III]) bei 496 nm und 501 nm dominiert. Neben den bekannten Balmerlinien des neutralen Wasserstoffs (H, H, H) zeigt das Spektrum weiterhin Linien des diesmal ionisierten Heliums (He II), ein Zeichen für die recht hohe Temperatur des Zentralsterns.
Der Ringnebel Der besser unter der Messier-Bezeichnung M 57 bekannte Ringnebel wurde 1779 von Antoine Darquier entdeckt. Er befindet sich in einer Entfernung von zirka 2300 Lj. im Sternbild Leier. Sein Alter wurde zu etwa 7000 Jahren bestimmt, die Temperatur des Zentralsterns zu 100.000 - 120.000 K [12,13].
Die Abbildung 4 enthält einige Emissionslinien und einmal mehr deutliche Effekte der künstlichen Himmelsaufhellung. Diesmal fehlt das Spektrum des Zentralsterns, vermutlich weil der Stern während der Belichtung nicht auf dem Spektrographenspalt platziert war. Daten zum Spektrum von M 57 liefert die Tabelle 2. Die Linien 1, 3 und 7 (Wasserstoff), 4 und 5 (Sauerstoff) und 6 (Schwefel) sind schon vom Katzenaugennebel bekannt. Das Auftreten von ionisiertem Helium (Linie 2) belegt auch hier die relative große Zentralsterntemperatur.
Das Spektrum des Ringnebels bietet eine zusätzliche Auffälligkeit: Die Breiten der Spektrallinien im fotografischen Spektrum von Abbildung 4 sind nicht konstant, sondern sie werden zur Mitte hin
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Tabelle 2: Identifizierte Emissionslinien des Ringnebels M 57.
Laborwellenlängen entnommen aus [8, 9].

Nummer
1 2 3 4 5 6 7 8

gemessene Wellenlänge / nm 434,3 467,11 484,8 494,59 499,24 628,69 655,13 670,39

Laborwellenlänge/ nm
434,04 468,55 486,13 495,89 500,68 631,2 656,28 671,63

Differenz / nm
0,26 -1,44 -1,23 -1,3 -1,44 -2,51 -1,15 -1,24

Element
H I (H) He II H I (H) [O III] [O III] [S III] H I (H) [S II]

schmaler. Daraus lassen sich Schlüsse auf die Temperaturen in unterschiedlichen Nebelbereichen ziehen.
Während der kompletten Belichtungszeit war das Ringnebelbild wie in der Abbildung 5 (,,Profil") dargestellt auf dem Spektrographenspalt positioniert. Die Ring-Gestalt des Nebels verursachte dabei eine inhomogene Spaltausleuchtung. Das Profil in Abbildung 5 längs der hellsten Spektrallinie von Wasserstoff erlaubt folgenden Schluss: Der Wasserstoff in der Zentralregion ist beinahe vollständig ionisiert (Ionisierungsenergie: 13,6 eV). Die Balmerlinien sind hier sehr schwach, weil Wasserstoff diese Linien nur im neutralen Zustand emittiert. Die sichtbare äußere Ringkante, d.h. die abnehmende Intensität an den äußeren Flanken im rechten Teil der Abbildung 5, beschreibt nicht das Ende der räumlichen Wasserstoffverteilung, sondern den Bereich, in dem die Temperatur unter ca. 5000 K liegt. Die höheren Energieniveaus im Wasserstoffatom können dann nicht mehr besetzt werden [14], sichtbare Linien treten nicht mehr auf.
Die Entstehung der verbotenen [O III]Linien ist äußerst kompliziert. Die Linien bei 496 nm und 501 nm sind das Ergebnis von mindestens fünf aufeinander folgenden Prozessen: Zwei Ionisationen, eine Anregung, zwei Photonenemissionen [14]. Einfache Folgerungen sind deshalb nicht möglich.
Fehlerbetrachtungen und Ausblick Wir konnten zeigen, dass auch mit vergleichsweise einfachem Gerät brauchbare Daten aus der Spektroskopie Planetarischer Nebel gewonnen werden können.

Die Differenzen zwischen theoretischen und experimentellen Wellenlängen von bis zu ca. 1 nm sind vermutlich ein Effekt der verwendeten Kalibriermethode, bei der auszuwertendes Spektrum und Kalibrierspektrum nacheinander aufgenommen wurden. Leichte Verschiebungen der Spektren sind dann nicht vermeidbar [15]. Das doppelte Maximum der Linie 5 in der Abbildung 2 legt nahe, dass Ungenauigkeiten beim Nachführen scheinbar breitere Linien verursachen.
Ein Gitter mit geringerer Gitterkonstante und ein schmalerer Spektrographenspalt würden auf Kosten deutlich verlängerter Belichtungszeiten zu genaueren Ergebnissen führen. Um das Signal-RauschVerhältnis von Linien an der Nachweisgrenze (z. B. Linie 7 in der Abbildung 2) ohne Verlängerung der Belichtungszeit zu verbessern, böte sich folgendes statistische Verfahren an: Im fotografischen Spektrum werden statt nur eines Intensitätsprofils mehrere Profile längs paralleler Linien ermittelt, um die Intensitätswerte dann Pixel für Pixel zu addieren. Das statistisch verteilte Rauschen wird dadurch gemittelt und deutlich verringert.
Danksagung Wir danken Herrn Prof. Dr. Stefan Kimeswenger (Universität Innsbruck). Er machte uns auf eine falsche Folgerung aus den Kurvenverläufen in der Abbildung 5 aufmerksam und lieferte uns die richtige Interpretation.
Literaturhinweise und Internetlinks: [1] http://www.maa.clell.de/Messier/E/
m027.html

Veränderliche

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[2] H. Zimmermann und A. Weigert, 1999: ,,Lexikon der Astronomie", Heidelberg/Berlin, 303ff
[3] F. Gieseking, 1983: ,,Planetarische Nebel Teil 1", Sterne und Weltraum 22, 72ff
[4] A. Unsöld und B. Bascheck, 1999: ,,Der neue Kosmos. Einführung in die Astronomie und Astrophysik", Berlin, 355
[5] F. Gieseking, 1983: ,,Planetarische Nebel Teil 2", Sterne und Weltraum

22 (5/1983), 224ff [6] S. Urban und P. Stinner, 2012: ,,An
Energy Saving Lamp as a Calibration Light Source for the DADOSSpektrograph", eingereicht zur Veröffentlichung in Spektrum [7] http://www.jens-bohle.de/ngc_6543. htm [8] http://articles.adsabs.harvard.edu/ full/2000MNRAS.318...77H [9] http://laserstars.org/data/nebula/ identification.html

[10] http://www.starobserver.org/ ap090503.html
[11] http://www.lehrer-online.de/spektroskopie-gasnebel.php
[12] http://www.maa.clell.de/Messier/E/ m057.html
[13] http://jumk.de/astronomie/sterne-3/ ringnebel.shtml
[14] S. Kimeswenger, 2012: private Mitteilung
[15] B. Koch, 2012: private Mitteilung

Visuelle Beobachtungen der neu entdeckten Zwergnova PNV J18422792+4837425
von Wolfgang Kriebel und Klaus Wenzel

Am 5.9.2011 meldete der Japaner Hideo Nishimura im Sternbild Drache eine Nova mit einer Helligkeit von 11,8 mag. Diese Entdeckung wurde bereits wenige Stunden später von Seiichiro Kiyota auf einer CCD-Aufnahme, die mit ei-

nem 25-cm-Remote-Teleskop (Mayhill / USA) aufgenommen wurde, bestätigt. Als Quelle des Ausbruchs wurde ein Objekt aus dem Kepler Input Catalog (KIC) mit der Nummer 11065919 und einer Helligkeit von 20,5 mag identifiziert. Aufgrund

von Spektralbeobachtungen, die bereits einen Tag nach Nishimuras Entdeckung am Koyama Astronomical Observatory sowie wenig später am 1,22-m-Teleskop in Asiago durchgeführt wurden, und der großen Amplitude von über 9 mag wur-

1 PNV J18422792+4837425 im Ruhelicht (< 20 mag) auf
einer Aufnahme aus dem POSS II (Blau) 5' x 5'

2 PNV J18422792+4837425 während des Ausbruchs.
Skizze nach visuellen Beobachtungen am 12,5-Zoll-Newton (10.9.2011). Die Helligkeit der Zwergnova betrug zu diesem Zeitpunkt 12,1 mag. Markiert ist neben der Zwergnova der etwa 10 mag helle Feldstern GSC 3531 369. Das Gesichtsfeld der Skizze beträgt etwa 20'.
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Veränderliche

3 Lichtkurve von PNV
J18422792+4837425 nach visuellen Beobachtungen von Wolfgang Kriebel (203-mm-SCT) und Klaus Wenzel (317-mm-Newton-Teleskop).

de schnell klar, dass es sich hier wohl nicht um eine klassische Nova, sondern um eine Zwergnova vom Typ WZ Sge im Ausbruch handelt. Bisher ist KIC 11065919 noch nicht als Zwergnovakandidat in Erscheinung getreten (B. Gänsicke).
Visuelle Beobachtungen Durch eine Alarmmeldung im VSNET am 6.9.2011 begannen wir unabhängig voneinander mit visuellen Helligkeitsschätzungen der neuen Zwergnova. Nach einer ersten Beobachtung am 12.9. (12,1 mag) konnten wir einen relativ kontinuierlichen Helligkeitsabfall bis zum 23.9. (13,6 mag) verfolgen. Bei unseren nächsten Beobachtungen 48 Stunden später, am 25.9., war die Helligkeit dann schlagartig auf 14,3 mag bzw. 14,4 mag abgefallen und am 27.9. war die visuelle Helligkeit schließlich unter die 15. Magnitude gefallen, und der CV war für uns nicht mehr erreichbar. Dieser abrupte Helligkeitseinbruch ist ebenfalls häufig bei WZ-Sge-Sternen zu beobachten, wie zuletzt bei SDSS 133941.11+484727.5.
Überrascht wurden wir dann von einer weiteren Alarmmeldung aus dem VSNET, als Eric Morillion von einem erneuten Helligkeitsanstieg der Zwergnova berichtete. Er konnte PNV J18422792+4837425 auf einer CCD-Aufnahme vom 3.10.2011, die er mit seinem 8-Zoll-Reflektor aufgenommen hatte, mit einer Helligkeit von 15,5 mag identifizieren. Am Vortag war das Objekt noch schwächer als 16 mag. Dieses außergewöhnliche Verhalten konnte Wolfgang Kriebel in der nächsten Nacht (4.10.2011) visuell an seinem 203-mm-SCT bestätigen. Die Helligkeit war bei seiner Beobachtung mittlerweile wieder auf 13,7 mag angestiegen. Bei weiteren Beobachtungen konnten wir
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zunächst ein weiteres Ansteigen der Helligkeit auf etwa 13,2 mag beobachten, dem dann wieder ein langsamer Abstieg folgte. Bis zum 16. Oktober fiel die Helligkeit wieder auf 14,1 mag, um dann erneut rasant unter die 16. Größe abzufallen. Bei weiteren Kontrollbeobachtungen bis Ende Oktober war die Zwergnova für uns nicht mehr sichtbar und demnach schwächer als 15 mag.
Ein weiterer Echoausbruch wurde abermals von Eric Morillion am 1.11.2011 gemeldet. Doch bei diesem dritten ,,rebrightening event" fiel die Zwergnova wieder rasch unter die 16-mag-Grenze, und für uns war das Objekt bei diesem vorläufig letzten Ausbruch visuell unerreichbar.

Mögliche Ursachen von Echoausbrüchen Die im angloamerikanischen Sprachraum als ,,rebrightening event" oder ,,echo outburst" bezeichnete Erscheinung des Wiederanstiegs der Helligkeit in der Abstiegsphase nach dem Superausbruch ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass auch nach dem eigentlichen Superausbruch noch eine größere Menge an Materie in der Akkretionsscheibe vorhanden ist, so dass in der Folge weitere Ausbrüche angeregt werden und schließlich zünden können. Aufgrund der unterschiedlichen Zustandsgrößen der UGSU/WZ-Systeme sind auch die Auslösemechanismen und Erscheinungsformen der ,,rebrightenings" sehr vielfältig; so sind bei manchen Objekten wie etwa EG Cnc sechs solcher ,,echo outbursts" beobachtet worden.
Die genauen physikalischen Auslösemechanismen eines ,,echo outbursts" sind aber immer noch weitestgehend unverstanden.
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Veränderliche

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Veränderliche haben mehr zu bieten!
- Die himmlische Umgebung des Bedeckungsveränderlichen RZ Cas
von Norbert Reichmann

RZ Cas wählte ich aufgrund seines klassifizierten Typus als oszillierender AlgolVeränderlicher oEA, mit dem Ziel, die Variation der Delta-Scuti-Komponente in eventueller Abhängigkeit zur Periode des Algol-Veränderlichen nachzuweisen. Zudem ist er noch im Zentrum eines van den Bergh-Nebels, was ihn für mich zusätzlich reizvoll machte. So stellte ich mir die Aufgabe, die Photometrie des Sternes mit einer tiefen astrofotografischen Aufnahme seiner Umgebung zu verbinden. Beides stellte für mich eine große Herausforderung dar: Ich hatte noch nie einen van den Bergh-Nebel belichtet, ebenso war auch die Photometrie des Bedeckungsveränderlichen eine per-

1 Lichtkurve von RZ Cas. Norbert Reichmann führte Beobachtungen von
verschiedenen Tagen zusammen.

2 Umgebungs-
aufnahme von RZ Cas. Norbert Reichmann lichtete neben den Veränderlichen RZ Cas und SU Cas die benachbarten Nebel vdB 7 und vdB 9, sowie die Dunkelnebel LDN 1352, LDN 1353 und LDN 1355 ab.

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VdS-Nachrichten

sönliche Premiere, nachdem ich meine ersten photometrischen Schritte an SN 2011B und IP Peg unternahm.
Ich wurde in diesem Projekt durch Überraschungen in der Lichtkurve von RZ Cas sowie einem wunderbaren Himmelsfeld über die Maßen beschenkt.
Für die Photometrie benötigte ich vier Nächte mit 552 Aufnahmen durch Johnson/Cousins Infrarot-Ic-Filter. Während der Belichtungen eines Hauptminimums beobachtete ich die Verdunkelung des Sternes auch visuell, sozusagen simultan, durch einen kleineren Refraktor, was ein wunderbares Schauspiel war (Abb. 1)! Die Astro-Aufnahme erfolgte in 2 Näch-

ten, farblich kalibriert wurde sie an einem im Aufnahmefeld befindlichen 8,9 mag hellen G5-Stern: GSC 4313 1054. Aufnahmesteuerung, Kalibration und Bearbeitung der Aufnahmen erfolgten mit MaxIm DL (V.5) (Abb. 2).
In der Aufnahme des Himmelsfeldes, in dem sich RZ Cas befindet, ist Folgendes zu entdecken: Der Reflektionsnebel vdB 7 unter RZ Cas mit der Helligkeitsstufe 4 (von 1=dunkel bis 6=sehr hell); vdB 9 befindet sich unter SU Cas, ebenso ein Reflektionsnebel mit Helligkeitsstufe 4.
Die ,,tänzelnden Girlanden" sind von links oben nach rechts unten: LDN (Lynds dark nebula) 1355 (131) 02h55m34,8s +69o 22' 09'',

LDN 1352 (129) 02h52m43,1s +69o 02' 17'' und LDN 1353 (128) 02h52m30s +68o 52' 18''. Dies sind allesamt Molekülwolken mit der Dichte 6 (von 1=wenig dicht bis 6= sehr dicht).
Aufgenommen wurde in den Niederen Tauern Kärntens auf 890 m Seehöhe durch einen LZOS TMB Apo 130mm/1200mm mit einer Apogee Alta U16M CCD-Kamera durch Astrodon Filter R (rot), V (Johnson/Cousins V), B (blau) und L (Luminanz), mit off-axis Lodestar-Guiding an einer Losmandy G11 Montierung. Belichtungszeiten: L: 7 x 600 s und 8 x 900 s, RVB: jeweils 15 x 600 s.

VdS-Vorstand aktuell
von Sven Melchert
Das Wochenende am 12./13. Mai 2012 stand ganz im Zeichen der VdS. Am 12. Mai hat das alljährliche Treffen der Fachgruppenredakteure stattgefunden und am Tag darauf die zweite VdS-Vorstandssitzung in diesem Jahr. Tagungsort war Heppenheim; die FG-Redakteure trafen sich am Samstag in der Starkenburg-Sternwarte, der Vorstand nutzte am Sonntag die VdS-Geschäftsstelle.
Journal für Astronomie Neben zahlreichen organisatorischen Details war ein wichtiges Thema die Planung der zukünftigen Schwerpunktthemen; siehe dazu die Tabelle unten.

Schwerpunktthemen im Journal für Astronomie

Nr. Thema 44 Der Venustransit
45 Meteore 46 Offene Sternhaufen 47 Astronomie mit einfachen
Mitteln 48 Videoastronomie 49 Astronomie am Schreibtisch
50 Geschichte der Astronomie 51 Planetarische Nebel 52 Spektroskopie

Redakteur Dietmar Bannuscher, Sven Melchert Sirko Molau Daniel Spitzer, Peter Riepe Torsten Güths
Peter Riepe Dietmar Bannuscher, Sven Melchert Wolfgang Steinicke Daniel Spitzer, Peter Riepe Lothar Schanne

Redaktionsschluss 15. 7. 2012
1. 10. 2012 1. 1. 2013 1. 4. 2013
1. 7. 2013 1. 10. 2013
1. 1. 2014 1. 4. 2014 1. 7. 2014

VdS-Journal Nr. 42

1 Am 12. Mai waren die VdS-Fach-
gruppenredakteure zu ihrem jährlichen Treffen bei der Starkenburg-Sternwarte in Heppenheim zu Gast.
VdS-Geschäftsstelle Die Geschäftsstelle der VdS wird von zwei Mitarbeiterinnen betreut: Frau Eva Garbe und ab dem 1. Juni beginnt Frau Elke Lawrenz ihre Arbeit für die VdS; sie ersetzt Frau Friederike Preuß. Die Geschäftsstelle ist von Montag bis Donnerstag vormittags telefonisch zu erreichen (0 62 52 -78 71 54) oder jederzeit per E-Mail: service@vds-astro.de.

VdS-Nachrichten

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Sternwarte Kirchheim Die Sternwarte in Kirchheim bei Erfurt ist jetzt seit 20 Jahren ,,VdS-Sternwarte" und bietet für VdS-Gastbeobachter vergünstigte Konditionen. Dieses Jubiläum wird im Herbst 2012 an der Sternwarte gefeiert. Und die Sternwarte Kirchheim bietet ab diesem Jahr noch mehr: bereits jetzt können VdS-Mitglieder das 50-cmTeleskop nutzen! Zur Buchung der Feriensternwarte finden Sie ein Formular unter www.sternwarte-kirchheim.de oder wenden sich an Herrn Jürgen Schulz (juergen.schulz@vds-astro.de).

Veranstaltungsort wird wieder das Friedrich-Koenig-Gymnasium sein. Referenten für Vorträge sind willkommen und wenden sich bitte an die VdS-Geschäftsstelle.
Astronomietag 2013 Der Astronomietag im kommenden Jahr ist für den Samstag, den 16. März geplant. An diesem Abend werden die schmale Mondsichel, Planet Jupiter und als besondere Attraktion der Komet C/2011 L4 Panstarrs mit ca. 1 mag Helligkeit am Himmel stehen. Zu späterer Stunde taucht Planet Saturn am Osthimmel auf.

Die VdS-Mitgliedssternwarten werden sich der Reihe nach vorstellen und über ihre Einrichtung und Angebote informieren. Interessenten für zukünftige Vorstellungen senden ihre Beiträge bitte an Dietmar Bannuscher (dietmar. bannuscher@t-online.de). Außerdem wird diesen Sommer auf der VdS-Homepage eine Übersichtskarte mit den VdSMitgliedssternwarten eingerichtet.

Würzburger Frühjahrstagung 2013 Als Termin für die nächste Frühjahrstagung ist der 27. April 2013 geplant, der

Service für Volkssternwarten Bereits in dieser Ausgabe beginnt eine neue Serie im Journal für Astronomie:

Wir begrüßen neue Mitglieder
von Eva Garbe

20088 20089
20091 20092 20093 20094 20096 20099 20100
20101 20102 20103 20104 20105

Waldschläger Hochleitner
Leise Holzmann Dr. Rau Schuster Lenhardt Wans Altenvörde
Obsieger Gauger Plückthun Hof Fischer

Ulrich Patrick
Stefan Andreas Axel Thomas Jörn Norbert Ulrich
Christian Wolfgang Martin Eva Meike

12685 A-5671
21337 66953 88630 82299 67098 47638 53819
69226 88079 51103 97204 72631

Berlin Bruck an der Glocknerstraße
Lüneburg Pirmasens Pfullendorf Türkenfeld Bad Dürkheim Straelen NeunkirchenSeelscheid
Nußloch Kressbronn Köln Höchberg Grötzingen

20106 20107 20108 20109 20110 20111 20112 20114 20115 20116 20117 20118 20119 20120 20121 20122

Zerzawy

Reinhard

Sackenheim

Frank

Schönfelder

Thomas

Prof. Dr. Wenzel Martin

Schopp

Alexander

Armbrecht

Wilfried

Kessel

Gerhard

Riechert

Hartmut PL

VHS-Sternwarte Neumünster

Stern

Karl Heinz

Hoster

Jan Kristian

Vallant

Manfred

Hansen

Dirk

Kühn

Hans-Jürgen

Geßner

Rolf

Schwandt

Ralf

36381 50825 59929 54296 65428 76185 07929 59-610 24537 97084 52525 53225 24944 38518 45665 12627

Schlüchtern Köln Brilon Trier Rüsselsheim Karlsruhe Saalburg-Ebersdorf Wlen Neumünster Würzburg Heinsberg Bonn Flensburg Gifhorn Recklinghausen Berlin

Spenden an die Vereinigung der Sternfreunde e.V.
von Thomas Keßler, VdS-Schatzmeister
Im Jahr 2011 erhielt unsere Vereinigung wieder zahlreiche Spenden von Mitgliedern. Der Vorstand bedankt sich bei allen Spendern ganz herzlich, auch bei den vielen ungenannten Mitgliedern, die bei der Überweisung der Jahresrechnung den Betrag aufrundeten. Insgesamt erhielt die VdS Spenden in Höhe von 2.634,51 EUR, die teilweise zweckgebunden für bestimmte Projekte verwendet werden. Vielen Dank für Ihre Unterstützung:

M.-Nr. 17779 13502 11669 16580 11480 12098 15878 13419 15254 14949 19545 16005 11076 12980 10739 17979 17462

Name Sturm Dr. Frank Klaffke Gronegger Wiese Ranly Wiest Fritz Dr. Zillessen Jaspert Rubi Wenke Dannecker Dr. Hambsch Grunau Deiler Prof. Dr. Predki

Vorname Christian Andreas Lothar Marwin Willi Peter Karl Hans Michael Volker Jürgen Claus Günther Bruno Franz-Josef Siegfried Joachim Wolfgang

M.-Nr. 17536 18446 18449 14767 17998 14253 15278 14604 15734 17163 15770 18860 13448 19639 18465 12540 17994

Name Wietor Weinbrenner Bock Schiefer Böttcher Piekors Bensch Jonscher Miedaner Dr. Oette Wegt Dr. Bork Stück Krautschick Meyer Fehlmann Henze

Vorname Marcel Klaus-Harald Herbert Heinz Peter Horst Hans-Joachim Peter Gerhard Karl-Heinz Peter Jens Peter Günter Frank Klaus Wolfgang Werner

M.-Nr. 12469 13887 16027 17034 12835 17815 10253 11557
15231 19971 16994 18440 12275 13211 11998 19874

Name

Vorname

Gösser

Wolfgang

Rendelmann

Holger

Langner

Thomas

Ditsche

Günter

Dr. Gutekunst Martin

Schneider

Bernhard

Beneke

Ernst-Jochen

MPI für Radioastronomie

Dr. Beck

Rainer

Bucher

Rolf

Wahl

Joachim

Wächter

Frank

Rudolph

Hagen

Wurm

Robert

Hosters

Peter

Glitscher

Gunnar

Dr. Blank

Ralf

120

VdS-Nachrichten

Ein Podium für Sternwarten, Vereine und Planetarien mit VdS-Mitgliedschaft
von Astrid Gallus und Dietmar Bannuscher

In der VdS gibt es zahlreiche Sternwarten, Vereine, Arbeitsgemeinschaften und Planetarien, die selbst Mitglieder der VdS sind. Wir möchten schon länger diese rührigen Vereinigungen deutschlandweit bekannt machen und ihre gute Arbeit unterstützen. Nun ist es soweit!
Durch Anrufe und Anschreiben versuchen wir in den nächsten Wochen und Monaten einen näheren Kontakt mit den Mitglieds-Vereinigungen herzustellen. Im VdS-Journal wird sich ab dieser Ausgabe regelmäßig eine Liste der Sternwarten, Vereine, AGs und Planetarien mit VdSMitgliedschaft befinden. Weiter können sich ab sofort jeweils 4 Vereine auf 2 Seiten im VdS-Journal vorstellen, ihren

Beobachtungsort oder ihre Sternwarte präsentieren und auf einer halben Seite mit Bild über sich und vor allem über die Schwerpunkte ihrer Vereinstätigkeit erzählen. Zwei haben hier bereits den Anfang gemacht.
Auf der VdS-Homepage wird zusätzlich eine Deutschlandkarte (ähnlich der Karte für den Astronomie-Tag) eingerichtet, auf welcher alle Vereinigungen mit VdSMitgliedschaft verzeichnet sind. Dort kann man dann mittels Anklicken den Verein über ein Infofeld kurz näher kennen lernen und gegebenenfalls direkt auf dessen Homepage, zu dessen Programm oder Kontakt gelangen.

Die Karte wird so eingerichtet, dass man selbst die Kurzangaben für das Infofeld direkt online eingeben kann. Ihr VereinsPorträt für das VdS-Journal schicken Sie bitte an folgende Adresse: podium@vds-astro.de
Wir würden uns freuen, wenn unsere Idee ein breites Echo finden würde - die ersten Telefonate haben eine sehr positive Resonanz gezeigt - und möglichst alle Vereine sich beteiligen. Wir jedenfalls freuen uns auf eine gute und gedeihliche Zusammenarbeit. Weitere Ideen für eine noch bessere Umsetzung und Unterstützung nehmen wir über die o.g. Kontaktadresse gern von Ihnen auf!

PLZ 1715 1017 01328 01445 01445 01454 01619 02625 02763 02827 03253 04838 07745 08289
08451 08542 08620 09020 09122 12169 12459 14467 20537 24149 26122 26871 26954 28199 28832

Die Mitgliedssternwarten der VdS
- Teil 1 -

Ort Alterswil/FR Luxembourg Dresden Radebeul Radebeul Radeberg Zeithain OT Röderau Bobersen Bautzen Zittau Görlitz Doberlug-Kirchhain Eilenburg Jena Schneeberg
Crimmitschau Wiesendangen Seewalchen Klagenfurt Chemnitz Berlin Berlin Potsdam Hamburg Kiel Oldenburg Papenburg Nordenham Bremen Achim

Name der Sternwarte Sutsch/Sternwarte Amateur Astronomes du Luxembourg IG Sternwarte Dresden Gönnsdorf Dietrich Gotenburg-Sternwarte Volkssternwarte ,,A. Diesterweg" Volkssternwarte ,,Erich Bär" Sternwarte Riesa e.V. Förderverein Schulstw. ,,Johannes Franz" in Bautzen e.V. Volkssternwarte ,,Erich Scholz" Görlitzer Sternfreunde e.V. Kirchhainer Sternfreunde e.V. Volkssternwarte ,,J. Gagarin" Volkssternwarte Urania Jena e.V. ,,Kulturbetrieb des Erzgebirgskreises e.V. c/o Sternwarte Schneeberg" IG Astronomie Crimmitschau e.V. Sternwarte Eschenberg Winterthur Astron. Arbeitskreis Salzkammergut Astron. Vereinigung Kärntens Nikolaus-Kopernikus-MS Wilhelm-Foerster-Sternwarte e.V. Verein Sternfreunde im FEZ e.V. URANIA Planetarium u. Bruno H. Bürgel-Gedenkstätte volkst. Astronomie e.V. c/o astro-shop Kieler Planetarium e.V. Große / Oldenburger Sternfreunde AV Volkssternw. Papenburg e.V. Vereinigung Nordenhamer Sternfreunde e.V. Olbers-Gesellschaft e.V. AVL Astron. Vereinigung Lilienthal e.V.

Mitglieds-Nr. 11107 12519 20049 17379 15310 15097 19472 19808 15131 14884 15839 15080 18416
18528 18131 17487 19760 18357 16808 11478 16006 15162 13839 12908 18069 14466 17766 10251 19493

VdS-Journal Nr. 42

VdS-Nachrichten

121

Mitglieds-Nr. 12326
Vereinigung der Sternfreunde Menden e.V.

Die ,,Vereinigung der Sternfreunde Menden" wurde 1965 gegründet und besteht derzeit aus 21 aktiven Mitgliedern.
Traditionell sind unsere Montierungen, die meisten Teleskope, wie auch das Beobachtungsgebäude mit verfahrbarem Dach, im Eigenbau entstanden. Die Kuppel ist eine Spende und der Unterbau wurde in Eigenleistung erstellt.
Digitale Astrofotografie und visuelle Beobachtungen bilden die Schwerpunkte unsere Tätigkeit. Die Radioastronomie wird als Spezialgebiet nur von drei Vereinsmitgliedern betrieben. Viele Vereinsmitglieder verfügen auch über eigenes mobiles Equipment, welches vorwiegend auf Reisen, aber auch auf dem Vereinsgelände zum Einsatz kommt.
Freitags ab 20 Uhr ist unser Vereinsabend, zu dem auch Besucher herzlich willkommen sind. Nach Absprache bieten wir auch Schulklassen oder anderen interessierten Besuchergruppen die Möglichkeit zur Beobachtung unter Anleitung und Kommentierung durch die Vereinsmitglieder.
Auf unserer Webseite www.sternfreunde-menden.de bieten wir Information zur Astronomie und über den Verein an.

Das Bild zeigt unser Vereinsgelände mit den 4 Beobachtungsmöglichkeiten. Die digital eingefügte Kuppel ist nun durch das Original ersetzt und beherbergt unser 14"-Schmidt-Cassegrain in einer Gabelmontierung.

Mitglieds-Nr. 20034
Sternwarte Bad Kreuznach e.V.

Anlässlich der Wiederkehr des Halleyschen Kometen haben wir, eine Gruppe von Hobbyastronomen, im Jahr 1986 den Verein der Sternfreunde e.V. Bad Kreuznach gegründet. Auf dem Kuhberg südlich der Stadt Bad Kreuznach haben etwa 50 Mitglieder in jahrelanger Eigenleistung das Projekt ,,Volkssternwarte" vorangetrieben. Mittlerweile betreiben wir unter dem Namen ,,Sternwarte Bad Kreuznach e.V." ehrenamtlich eine der größten Sternwarten in Rheinland-Pfalz.
Mit seiner Arbeit möchte der Verein den Besuchern die Faszination am Universum näher bringen. Öffentlichkeitsarbeit ist daher der Schwerpunkt unserer Vereinsaktivitäten. Insgesamt drei Sternwartengebäude beherbergen verschiedene Teleskope für unsere Beobachtungen. Das 1999 errichtete Vereinsgebäude beherbergt neben einem Vortragsraum für 40 Personen auch unsere Vereinsbibliothek. Außerdem gibt es hier noch einen Raum für die wöchentlichen Vereinstreffen. Unser nächstes

Projekt ist der Bau eines Radioteleskops aus einer schon vor Ort befindlichen 3-Meter-Parabolantenne. Trotz Stadtnähe ist für unsere Gäste die Beobachtung von lichtschwachen Himmelsobjekten möglich. Hierfür stehen ein 20-cm-TMB-Refraktor, ein 11-cm-Lichtenknecker, ein kurzbrennweitiger 15-cm-Refraktor, ein 35-cm-MaksutovCassegrain, ein 35-cm-Dobson und ein hochwertiger 18-cmMaksutov-Newton von Intes-Micro zur Verfügung. Sonnenbeobachtung im H-alpha-Licht, im Weißlicht mit Herschelkeil und mit einem hochauflösenden Lhires III-Spektrograph von Shelyak ermöglichen es unseren Besuchern, einen spektakulären Blick auf die verschiedenen Phänomene der Sonnenoberfläche zu werfen. Mit etwa 75 öffentlichen Vorträgen und VHS-Kursen pro Jahr erreichen wir über 3.000 Menschen unterschiedlichsten Alters. Unsere Gäste kommen hauptsächlich aus dem nördlichen und mittleren Rheinland-Pfalz. Daneben bieten wir auch regelmäßig Teleskop-Ausstellungen und Aktionstage. Mit multimedialen ,,Astronomischen Konzerten" sind wir auch außerhalb des Sternwartengeländes eine feste Größe im kulturellen Leben von Stadt und Landkreis geworden.
Seit 2007 gibt es eine Jugendgruppe, die mit ihren eigenen Projekten schon viel öffentliche Beachtung gefunden hat. Auch unser zweites Hobby, der Bau flugfähiger Modellraketen, ist ein Publikumsmagnet.
Weitere Infos: www.sternwarte-kreuznach.de

VdS-Journal Nr. 42

122

Zum Nachdenken

Leserbriefe
Hallo zusammen, aus der Mailingliste unserer FG Astrofotografie möchte ich eine Zuschrift als Resonanz zum bereits erschienenen Journal Nr. 40 vermelden. Gruß Peter Riepe
Für MICH ist das Heft ein absolutes Highlight (zu Deutsch: Hai Leid), ich glaube, noch nie konnte ich aus einer Astro-Fachschrift über 40 von 128 Seiten in meine ,,Objekte Beobachtungsplan"-Ordner einsortieren. Außerdem zwei sehr interessante Berichte von Hans Günter und diesen und jenen Bearbeitungstipp, der mir bislang fremd war. Diese Ausgabe hat sich (zumindestens für mich) echt gelohnt und wurde mit Freude ,,verschlungen" :-)
Wenn es denn unbedingt ein ,,Meckerchen" sein soll: Seite 9, Erklärung zu Bild 2: M 83 liegt immer noch in der Hydra und nicht im Centaurus! Gut, Ok, verziehen, dafür war der Rest erste Sahne... und ich bin noch nicht durch damit!! :-)) Wilfried Wacker (per E-Mail an die Fachgruppe Astrofotografie)

Für das Heft Nr. 40 möchte ich Ihnen herzlich gratulieren. Selten hat eine Ausgabe mich so begeistert wie diese, und noch nie habe ich auch nur annähernd so viel Zeit für die Lektüre aufgewendet. Machen Sie weiter so! Viele Grüße Dr. Christian Netzel (per E-Mail an die Geschäftsstelle)
Hallo VdS, mein SHS-Artikel in Astronomie IV/2011 ist schön. Ich bin 81 1/2 Jahre (alt). Seit 50 Jahren, von 1962 bis 2012 betreibe ich SHS für Amateure. Alles wunderbar gemacht! Danke, danke sehr! Grüße Fredrick N. Veio aus Kalifornien
Anbei $5 für die per Luftpost zugesandte Zeitschrift. Ganz viel Danke! (Spektrohelioskop-Beitrag von Fredrick N. Veio)

Über die Effizienz der Schulastronomie
von Lutz Clausnitzer

Margarethe Keln (damals 17) aus Bornheim (NRW) äußerte als Teilnehmerin der Schüler-Akademie Rostock 2009 für Hochbegabte, dass sie dort auch den Astronomiekurs belegt habe, denn das komme ,,im Unterricht im Prinzip nicht vor" [1]. Diese Einschätzung müsste wohl von der Mehrheit der deutschen Schüler so oder ähnlich getroffen werden. Dabei ist nicht zu übersehen, wie die Astronomie an Popularität gewinnt und zunehmend in unsere Gedanken-, Lebens- und Arbeitswelt einfließt. Daraus sollte das Recht eines jeden Schülers auf eine kompetent vermittelte astronomische Grundbildung abgeleitet werden.

Dazu gehören mindestens folgende Komponenten: 1. Orientierung am Himmel. Beobachten,
Beschreiben und Erklären astronomischer Vorgänge und Erscheinungen des Tag- und Nachthimmels. Die
VdS-Journal Nr. 42

1 Bei einem Merkur- oder Venustransit erleben die Schüler die Winzigkeit der
Planeten gegenüber der gewaltigen Sonne. Hier beobachten Schüler des GeschwisterScholl-Gymnasiums Löbau den Merktransit am 7. Mai 2003. Der nächste ist am 9. Mai 2016 von 13:10 Uhr bis 20:44 Uhr MESZ. Foto: Lutz Clausnitzer

Zum Nachdenken

123

scheinbare Himmelskugel mit besonderen Punkten, Linien, Sternbildern und Koordinatensystemen. Die Handhabung einer drehbaren Sternkarte und eines Computerprogramms zur Darstellung des Sternhimmels. 2. Die kulturhistorischen Wurzeln der Astronomie. Warum beobachtete der Mensch schon vor Jahrtausenden zielstrebig den Himmel und welchen Einfluss hatte das auf die Entwicklung der Menschheit? 3. Die physikalische Erforschung des Kosmos unter Einbeziehung aller anderen mathematisch-naturwissenschaftlichen Disziplinen. 4. Raumfahrt für die Erde und zur Erforschung des Weltalls.
Jede Aktivität, welche die Schüler diesem Ziel näher bringt, ist willkommen. Astronomiekundige, die das schulische Defizit naturgemäß am Deutlichsten sehen, gewähren Unterstützung. Astronomievereine heißen Lehrer und Schüler zu Vorträgen, Führungen und Beobachtungsabenden willkommen oder gestalten in den Schulen Astronomieprojekte. Manche Universitäten, weitere Institutionen und viele Einzelkämpfer engagieren sich in ähnlicher Weise. Der 2010 gegründete jährliche Workshop ,,Amateurastronomie und Schule" des Hauses der Astronomie in Heidelberg möchte koordinierend helfen. Doch das ist nicht so einfach, wie Daniel Fischer beobachtet: ,,Amateurastronomie und Amateurastronomen könnten eine Menge Nützliches zum Schulunterricht beitragen, auch in jenem Großteil der Bundesländer, wo es keinen formellen Astro-Unterricht gibt, und viele Sternfreunde und Volkssternwarten wären auch zur Zusammenarbeit bereit - aber die beiden Welten zusammenzuführen, bleibt eine große Herausforderung" [2]. Carolin Liefke begründet: ,,Die Amateurastronomen würden gern in Schulen in ihrer Umgebung präsent sein, sehen sich aber verständlicherweise nicht in der Lage, weitergehende didaktische Aufgaben zu übernehmen. Hinzu kommt, dass es zunächst einmal gilt, überhaupt diejenigen Lehrer zu finden, die ein Interesse daran haben, das Angebot von Amateurgruppen, Vereinen und Volkssternwarten zu nutzen und sie darauf aufmerksam zu machen" [3]. Es sei hier jeder ermutigt, nichts unversucht zu lassen und auf die Schulen zuzugehen. Trotzdem erreicht unser aller Engage-

ment nur einen kleinen Teil der jungen Menschen und kann die Bildungspflicht des Staates nicht ersetzen, zu der es eben auch gehört, jedem Schüler eine Vorstellung vom Kosmos und dessen Bedeutung für die Menschheit zu vermitteln. In Deutschland gibt es dafür auf engem Raum viele verschiedene Organisationsformen. Das ermöglicht es, diese Varianten zu analysieren, miteinander zu vergleichen und adäquat ihrem Erfolgsgrad entsprechend zu empfehlen.
Die VdS hat das getan und sprach sich 2009 im ,,Offenen Brief an Bund und Länder" gemeinsam mit der International Astronomical Union, der International Astronautical Federation, der European Astronomical Society, dem Rat Deutscher Planetarien, dem Deutschen Kulturrat, der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V. und 269 exponierten Einzelpersonen der Astronomischen Gesellschaft, anderer wissenschaftlicher Gremien, der Schulpraxis und des öffentlichen Lebens für die Astronomie als eigenständiges Unterrichtsfach mit zwei Wochenstunden in der Klassenstufe 10 aus [4]. Andere wieder betonen, dass die Organisationsform der Vermittlung astronomischer Inhalte den Ländern überlassen bleiben müsse. Aber einfach nur mehr Astronomie zu fordern und den Weg dorthin offen zu lassen, erscheint problematisch. Denn dort, wo die Himmelskunde in den Schulen bisher nur eine sehr geringe Rolle gespielt hat, sind Einblicke in die Astronomie und deren Bildungswert eher gering. Deshalb ist der Effizienzvergleich der verschiedenen Organisationsformen gerade dort von fundamentaler Bedeutung. Den Fächer übergreifenden Aspekt der Astronomie, auf den oft verwiesen wird, werden Bildungspolitiker zu schätzen wissen. Allerdings ist die Botschaft von der interdisziplinären Wissenschaft Astronomie für Schüler wenig überzeugend, wenn ihnen die Himmelskunde nur als Teilgebiet der Physik begegnet. Schulpraktiker fragen auch, ob es angesichts der im Vergleich zur Physik nur geringen Zahl von Astronomiestunden nicht effektiver ist, pro Schule nur ein bis zwei Lehrer astronomisch, astronomiedidaktisch und beobachtungspraktisch auszubilden, statt alle Physiklehrer entsprechend qualifizieren zu wollen. Wie die Erfahrungen einiger Bundesländer zeigen, kann auf diese Weise bei geringerem Ausbildungsaufwand die Unterrichts-

qualität deutlicher gesteigert werden. Das setzt allerdings die Eigenständigkeit des Astronomieunterrichts voraus. Dann wäre es auch möglich, dass z.B. ein Englischlehrer, der an seiner Schule als Amateurastronom bekannt ist, den Astronomieunterricht übernimmt. Angesichts des vielerorts bestehenden Mangels an Physiklehrern wäre das sehr willkommen.
Weder die Politik noch die Kultusverwaltungen sollten auf der Suche nach dem besten Weg allein gelassen werden. Wenn es einen effizientesten Weg gibt, sollte dieser auch konsequent empfohlen und beschritten werden. Dann und nur dann kann unser bildungspolitisches Engagement zu der herbeigesehnten Annäherung der 16 deutschen Bildungsvarianten beitragen. Um diesen Weg zu unterstützen, gab die Zeitschrift ,,interstellarum" beim Autor einen Artikel in Auftrag, in dem unter Anderem auf folgende Fragen Antworten gefunden werden sollen: - Welche astronomischen Inhalte gehö-
ren in allgemeinbildende Schulen und welche werden die Ministerien ablehnen müssen, weil es Spezialwissen ist? - Welche organisatorischen Möglichkeiten der Vermittlung astronomischer Inhalte in den Schulen gibt es? Welche bedienen das allgemeine Bildungsanliegen am besten? Welche sind bezahlbar? Welche sind die effizientesten?
Weil ,,interstellarum" von vielen VdSMitgliedern gelesen wird, aber auch darüber hinaus verbreitet ist, dürfte der angekündigte Artikel viele erreichen, die über die aufgeworfenen Fragen informiert sein oder auch diskutieren möchten. Er wird als Titelgeschichte des Heftes 84 am 14. September 2012 erscheinen und somit auch im Zeitschriftenhandel verfügbar sein. Diskutieren Sie gerne mit!
Literaturhinweise: [1] Sternberg, Thomas: Lernen ist für
sie pures Vergnügen. In: Ostseezeitung vom 04.08.2009 [2] http://skyweek.wordpress. com/2010/11/page/2/ [3] http://www.mpia.de/homes/liefke/ workshop/workshop.html [4] http://www.lutz-clausnitzer.de/as/ ProAstro-Sachsen/Offener_Brief_ an_Bund_und_Laender.pdf

ANDROMEDA DREIECK

KEPHEUS

DRACHE

GROSSER BÄR JAGDHUNDE

EIDECHSE

FISCHE

PEGASUS

Deneb SCHWAN
FÜCHSCHEN

Wega HERKULES
LEIER Albireo

BOOTES

NÖRDL. KRONE
Gemma

Arktur

HAAR DER BERENIKE

Uranus
WASSERMANN Neptun
SÜDOST Sternkarte exakt gültig für 15. Juli 1 Uhr MESZ

DELFIN FÜLLEN
STEINBOCK

PFEIL Atair

ADLER
SCHLANGE (SCHWANZ)

SCHILD Pluto

SCHÜTZE

SCHLANGE (KOPF)
SCHLANGENTRÄGER

JUNGFRAU WAAGE

SKORPION Antares

SÜDWEST

SÜD
Mondphasen im Juli 2012

Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Zusammengestellt von Werner E. Celnik und Werner Braune. Alle Zeitangaben in MEZ, für 10 Grad östl. Länge/50 Grad nördl. Breite. Zum Umrechnen in MESZ ein Stunde zu den Angaben addieren.

Vollmond 3.7.

Letztes Viertel 11.7.

Neumond 19.7.

Erstes Viertel 26.7.

Planeten im Juli
Merkur tauchte zuletzt Mitte bis Ende Juni am Abendhimmel auf. Seine größte östliche Elongation erreicht er am 1. Juli (25 Grad 45'). Er bleibt im Juli unsichtbar.
Venus zog am 5./6. Juni vor der Sonne entlang. Nun taucht sie als Morgenstern wieder am Nordosthimmel auf. Ihre maximale Helligkeit erreicht sie bereits am 12. Juli. Am 10.7. zieht Venus in nur 0,9 Grad an Aldebaran vorbei.
Mars zieht seine Bahn in der Jungfrau und ist nur noch am Abendhimmel zu sehen. Seine Helligkeit geht im Juli auf 1,1 mag zurück, der Durchmesser schrumpft auf 5,8''.
Jupiter steht zusammen mit Venus am Morgenhimmel. Am 15. Juli wird Jupiter vom Mond bedeckt; Beginn ab 3:30 Uhr, Ende gegen 4:15 Uhr MESZ.
Saturn findet man immer noch oberhalb von Spica in der Jungfrau. Doch er geht abends früher unter und wird kleiner.
Uranus beginnt am 13. Juli in den Fischen seine Oppositionsperiode. Noch sieht man ihn nur in der zweiten Nachthälfte.

Neptun wird Ende August seine Opposition erreichen. Im Juli kann man ihn nach Mitternacht im Gebiet zwischen Wassermann und Steinbock finden.

Ereignisse im Juli

01. 19h Mond erdnah, Winkeldurch-

messer 33'

01.

Veränderlicher R Serpentis

im Anstieg zum Maximum

(20.8., ca. 5,2 mag)

01. 22:36 Veränderlicher RR Lyrae im

Maximum (7,1 mag,

Anstieg von 8,1 mag)

02. 3h Venus (-4,4 mag) bei Jupiter

(-2,1 mag), Abstand 4,8 Grad

03. 19:52 Vollmond

05. 5h Erde in Sonnenferne,

152,09 Mio. km

08.

max. Libration im Mond-

SO, 9,3 Grad

10. 3:00 Venus (-4,5 mag) 56' N

Aldebaran ( Tauri,

1,0 mag), Dämmerung!

11. 02:48 Letztes Viertel

12.

Venus in maximaler Hellig-

keit, -4,7 mag, Morgenhimmel

13. 18h Mond erdfern, Winkel-

durchmesser 29,5'

15. 2h-4h Mond bedeckt Jupiter,

streifend in Südengland,

Norddänemark, Südschweden,

Finnland

15. 3h Mond 6,3 Grad N Venus (-4,7 mag),

ONO-Horizont, Dämmerung

19. 05:24 Neumond

22.

max. Libration im Mond-

NW, 8,3 Grad

24. 21:30 Mond bei Mars (1,0 mag),

Saturn (0,8 mag) und Spica

( Virginis, 1,1 mag), Vier-

eck am SW-Himmel

26. 09:56 Erstes Viertel

27.

Sternschuppenstrom der

Delta-Aquariden, 2. Nacht-

hälfte, ca. 40 km/s, ca. 20/h,

Helligkeit 3-5 mag

28. 21h Mond 4,1 Grad N Antares

( Scorpii, 1,1 mag)

29. 9h Mond erdnah, Winkeldurch-

messer 32,5'

29. 3h Jupiter 4,7 Grad N Aldebaran

( Tauri, 1,0 mag), Morgen-

himmel

30. 23:35 Veränderlicher U Cephei im

Minimum (9,1 mag, Abstieg

von 6,8 mag in 2h)

CH WALFIS

ANDROMEDA DREIECK WIDDER

PERSEUS

Algol
FISCHE Uranus

KASSIOPEIA
PEGASUS WASSERMANN
Neptun

EIDECHSE

DRACHE

KEPHEUS

HERKULES

Deneb

SCHWAN

Wega

FÜCHSCHEN

DELFIN FÜLLEN

PFEIL Atair

LEIER Albireo
ADLER SCHLANGE (SCHWANZ)

SCHILD

BOOTES

NÖRDL. KRONE

Gemma

SCHLANGE (KOPF)
SCHLANGENTRÄGER

SÜDOST
Sternkarte exakt gültig für 15. August 1 Uhr MESZ

Fomalhaut SÜDL. FISCH

Mondphasen im August 2012

STEINBOCK SCHÜTZE
SÜD

Pluto
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Vollmond 2.8.

Letztes Viertel 9.8.

Planeten im August
Merkur wird Mitte August am morgendlichen Ostnordosthimmel sichtbar. Ab 5 Uhr MESZ sollte man ihn finden können. Die beste Beobachtungszeit ist um den 19. 8.
Venus strahlt am Morgenhimmel. Am 15.8. erreicht sie ihren größten Abstand zur Sonne. Am 14.8. steht die schmale Sichel des abnehmenden Mondes unter Venus.
Mars ist nur noch 1,2 mag hell, man findet ihn abends in der Jungfrau. Um den 14.8. zieht er zwischen Spica und Saturn hindurch.
Jupiter wird in der zweiten Nachthälfte zunehmend besser sichtbar. Er steht im Stier, Anfang August 5 Grad nördlich von Aldebaran. Am 12.8. morgens findet man den Mond bei Jupiter.
Saturn verabschiedet sich vom Abendhimmel. Zwischen ihm und Spica in der Jungfrau zieht zur Monatsmitte Mars hindurch.
Uranus in den Fischen passiert jetzt bereits morgens den Meridian. Ende September wird er seine Oppositionsstellung erreichen.

Neumond 17.8.

Neptun kommt am 24.8. in Opposition zur Sonne - beste Sichtbarkeit. Man findet ihn mit dem Fernglas zwischen Steinbock und Wassermann.

Ereignisse im August

02. 04:27 Vollmond

03. 3h Jupiter 4,8 Grad N Aldebaran

( Tauri,1,0 mag)

04.

max. Libration im Mond-SO,

8,6 Grad

04. 23:20 Veränderlicher U Cephei im

Minimum (9,1 mag, Abstieg

von 6,8 mag in 2h)

08. 22:07 Veränderlicher RR Lyrae im

Maximum (7,1 mag, Anstieg

von 8,1 mag)

09. 19:55 Letztes Viertel

09. 22:35 Veränderlicher U Ophiuchi im

Minimum (6,6 mag, Abstieg

von 5,9 mag in 2,5h)

09. 23:05 Veränderlicher U Cephei im

Minimum (9,1 mag, Abstieg

von 6,8 mag in 2h)

10. 12h Mond erdfern, Winkeldurch-

messer 29,6'

11. 22h-4h Sternschnuppenstrom der

Perseiden, hell, 60 km/s, bis

zu 100/h

11. 24h Mond 1,9 Grad S Jupiter

12. 21:38 Veränderlicher RR Lyrae im

Maximum (7,1 mag, Anstieg

von 8,1 mag)

Erstes Viertel 24.8.

Vollmond 31.8.

13.21h
14. 2h 15.
16. ab 4h
17. 16:54 17. 21h 18. 20. 23. 20h 24. 14:54 24. 14h 25. 22:22
26. 22:35
29. 21:38
31. 14:58 31.

Mars (1,1 mag) 1,8 Grad N Spica ( Virginis, 1,0 mag), Farbkontrast! Mond 3,2 Grad N Venus Venus (-4,3 mag) in größter Elongation West (Morgenhimmel), 45,8 Grad Merkur (0,1 mag) in größter Elongation West (Morgensichtbarkeit!)
Neumond Mars 2,9 Grad S Saturn, tief am hellen W-Himmel max. Libration im Mond-SO, 8,1 Grad Veränderlicher R Serpentis im Maximum ( 5,2 mag) Mond erdnah, Winkeldurchmesser 32,3' Erstes Viertel
Neptun (7,8 mag, 2,3'') in Opposition zur Sonne Veränderlicher RR Lyrae im Maximum (7,1 mag, Anstieg von 8,1 mag) Veränderlicher U Sagittae im Minimum (9,2 mag, Abstieg von 6,6 mag in 2h) Veränderlicher RR Lyrae im Maximum (7,1 mag, Anstieg von 8,1 mag) Vollmond max. Libration im Mond-SO, 8,3 Grad

Zusammengestellt von Werner E. Celnik und Werner Braune. Alle Zeitangaben in MEZ, für 10 Grad östl. Länge/50 Grad nördl. Breite. Zum Umrechnen in MESZ ein Stunde zu den Angaben addieren.

FUHRMANN

PERSEUS

Jupiter Aldebaran

Plejaden

STIER

Algol

KASSIOPEIA

EDA ANDROM
DREIECK WIDDER

FISCHE Uranus

KEPHEUS Deneb

SCHWAN

Wega

HERKULES

LEIER

EIDECHSE

PEGASUS

Albireo FÜCHSCHEN
PFEIL

DELFIN FÜLLEN

Atair

ADLER

SCHLANGENTRÄGER

CH WALFIS

ERIDANU S
SÜDOST Sternkarte exakt gültig für 15. September 1 Uhr MESZ

WASSERMANN Neptun

BILDHAUER

SÜDL. FISCH Fomalhaut

SÜD
Mondphasen im September 2012

SCHILD
STEINBOCK SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Letztes Viertel 8.9.
Planeten im September
Merkur taucht im September weder am Abend- noch am Morgenhimmel auf, obwohl er Ende September eine Elongation von 15 Grad östlich zur Sonne erreicht.
Venus ist Morgenstern. Ihr Durchmesser nimmt aber von 20'' auf 16'' ab, die Helligkeit geht leicht zurück.
Mars ist nur noch am Abend sichtbar. Er wechselt von der Jungfrau in die Waage. Am 19.9. passiert ihn abends der zunehmende Mond.
Jupiter wird der beherrschende Planet der Nacht. Seine Bewegung im Stier wird langsamer, die Helligkeit steigt auf -2,5 mag.
Saturn ist nur noch Anfang September am Abendhimmel zu sehen. Ende September wird der Ringplanet von der Sonne eingeholt.
Uranus kommt am 29.9. in Opposition. Somit ist er die ganze Nacht sichtbar. Die Helligkeit beträgt 5,7 mag, der Durchmesser von Uranus nur 3,7''.

Neumond 16.9.

Neptun stand Ende August in Opposition und ist daher im September noch fast die ganz Nacht über sichtbar.

Ereignisse im September

01. 22:22 Veränderlicher RZ Cassio-

peiae im Minimum (7,7 mag,

Abstieg von 6,2 mag in 2h)

04. 3h Zwergplanet 1-Ceres (8,8 mag)

53' S Zeta Tauri (3,0 mag)

07. 7h Mond erdfern, Winkeldurch-

messer 29,6'

07. 21:53 Veränderlicher RZ Cassiopeiae

im Minimum (7,7 mag, Abstieg

von 6,2 mag in 2h)

07. 22h Mond N Aldebaran ( Tauri,

1,0 mag)

08. 5h Mond 3,6 Grad SW Jupiter

(-2,4 mag)

08. 14:15 Letztes Viertel

12. 6h Mond 5,9 Grad S Venus (-4,2 mag)

14.

max. Libration im Mond-NW,

8,6 Grad

15. 02:12 Veränderlicher Lyrae im

Minimum (4,4 mag, Abstieg

von 3,3 mag über 2d)

16. 03:11 Neumond

19. 4h Mond erdnah, Winkeldurch-

messer 32,7'

19. 19h Mond 2,1 Grad SW Mars (1,2 mag)

Erstes Viertel 22.9.

Vollmond 30.9.

19. 23:35 Veränderlicher Persei (Algol)

im Minimum (3,4 mag, Abstieg

von 2,1 mag in 3h)

22. 15:49 Herbstanfang, Tagundnacht-

gleiche

22. 20:41 Erstes Viertel

22. 23:35 Veränderlicher U Sagittae im

Minimum (9,2 mag, Abstieg

von 6,6 mag in 2h)

24. 23:35 Veränderlicher X Trianguli im

Minimum (11,3 mag, Abstieg

von 8,6 mag)

25. 4h Kleinplanet 2-Pallas (8,3 mag)

in Opposition zur Sonne,

Sternbild Walfisch

26. ab 22:47 Mond bedeckt 46 Capricorni

(5,1 mag), streifend etwa entlang

der Linie Linz-Salzburg-Turin

27.

max. Libration im Mond-SO,

8,6 Grad

27. 21:25 Veränderlicher X Trianguli im

Minimum (11,3 mag, Abstieg

von 8,6 mag)

28. 00:46 Veränderlicher Lyrae im

Minimum (4,4 mag, Abstieg

von 3,3 mag über 2d)

29. 8h Uranus (5,7 mag, 3,7'') in

Opposition zur Sonne, Stern-

bild Fische

29. 2h Kleinplanet 2-Pallas (8,3 mag)

16' SO Iota Ceti (3,5 mag)

30. 04:19 Vollmond

Zusammengestellt von Werner E. Celnik und Werner Braune. Alle Zeitangaben in MEZ, für 10 Grad östl. Länge/50 Grad nördl. Breite. Zum Umrechnen in MESZ ein Stunde zu den Angaben addieren.

128

Amateurteleskope/Selbstbau

Die 30. Bochumer Herbsttagung
von Manfred Holl

Ein wichtiger Termin im astronomischen Veranstaltungskalender ist in jedem Jahr die Bochumer Herbsttagung. Und so fuhren wir - eine Gruppe von 6 Mitgliedern der Hamburger Gesellschaft für volkstümliche Astronomie e.V. (GvA) - am 12. November 2011 wieder per Bahn in die Ruhrmetropole. Klappernde Gehwegplatten und der Blick auf den typischen Unibau der 70er-Jahre stimmten uns auf dem letzten Teilstück des Weges zum Hörsaal HMA 10 der Medizinischen Fakultät ein. Bedingt durch die Tatsache, dass wir schon um halb sechs ab Hamburg losgefahren sind, gehörten wir fast zu den ersten Teilnehmern und hatten wohl auch einen der weitesten Anfahrtswege.
Der VdS-Stand und die kleine Cafeteria befanden sich noch im Aufbaustadium. Wir lösten, da der Hörsaal längst nicht mehr kostenlos zur Verfügung gestellt wird, ein kleines Eintrittsgeld und warteten gespannt auf den Beginn der Veranstaltung, in dem wir uns mit Kaffee versorgten und einige der schon aufgehängten Poster regionaler astronomischer Vereinigungen ansahen.
Schließlich war es so weit, Peter Riepe als Organisator der BoHeTa, eröffnete die Jubiläumstagung mit warmherzigen Worten und einem kleinen historischen Rückblick. Ihm folgte Mitveranstalter Prof. Dr. Ralf-Jürgen Dettmar, Leiter des Astronomischen Instituts der Ruhr-Universität Bochum und derzeitiger Dekan, mit einleitenden Worten. Dr. Werner E. Celnik richtete danach seine Begrüßungsworte und die der VdS an das Plenum.
Das Programm hatte viele Höhepunkte aufzuweisen. Der erste war ein Vortrag

von Dr. Eberhard Bredner über die Bedeckung eines Sterns durch einen Kleinplaneten. Vor vielen Jahren noch eine Domäne für den Profi-Astronomen, ist es mittlerweile möglich, selbst mit kleinen Teleskopen solche zwar nicht häufigen, aber auch nicht seltenen Ereignisse zu beobachten. Dazu muss man sich natürlich, wie bei einer Sonnenfinsternis, nahe der Zentrallinie aufhalten. Der Referent war hierfür im Juli nach Kalifornien gereist. Am 19.7.2011 bedeckte der binäre Asteroid (90) Antiope den Stern HIP 112420, einen Pulsationsveränderlichen, der auch unter dem Namen LQ Aqr bekannt ist. Antiope - hier kreisen zwei kleine Felsbrocken umeinander - wurde am 1. Oktober 1865 durch Karl Theodor Robert Luther (1822-1900) an der Sternwarte Düsseldorf entdeckt. Der Referent stand auf der genau vorausberechneten Zentrallinie. Mit vier weiteren Beobachtern (70 aufgebaute Stationen) wies er ,,ohne Bedeckung" die Lücke zwischen den Teilen des binären Kleinplaneten nach.
Die Beobachtung von Jupitermondereignissen ist sowohl für den einfach instrumentierten, als auch für den besser ausgerüsteten Sternfreund ein immer wieder lohnendes Ziel. Je nach Stellung der Jupiterachse zur Erdachse kann man neben den Bewegungen der Monde auch besondere Ereignisse wie gegenseitige Bedeckungen, die Bedeckung von Sternen durch Jupitermonde etc. beobachten. In seinem diesjährigen Vortrag stellte Bernd Gährken die Kallisto-Verfinsterung vom 12./13.11.2010 vor. Hierbei tauchte der 4.821 km große und 5,7 mag helle Mond teilweise in den Jupiterschatten ein. 1,8 Mio. km vom ihm entfernt, kann man solch ein Ereignis immer nur

dann sehen, wenn wir exakt von vorn auf den Planeten schauen. Ist der Sehwinkel dagegen irgendwie geneigt, geht der Mond wegen seiner großen Entfernung von der Erde aus gesehen über den Jupiterschatten hinweg oder unter ihm hindurch. In dem Zusammenhang stellte sich die Frage, ob man nicht nur partielle oder totale Verfinsterungen beobachten kann, sondern auch so genannte Halbschattenfinsternisse. Dies klappt ja beim irdischen Mond, der annähernd den gleichen Durchmesser wie Kallisto besitzt, recht gut. Nimmt man die Entfernung des Jupitersystems zur Erde, kommt man auf annähernd gleiche Verhältnisse. Und siehe da, Bernd Gährken schaffte es, mit dem 80-cm-Reflektor der Volkssternwarte München, einen der partiellen Verfinsterungen vorausgehenden Helligkeitsabfall um 0,3 mag für eine Dauer von 3 Minuten und 25 Sekunden zu beobachten. Damit ist ihm der Nachweis gelungen, dass man Halbschattenfinsternisse auch bei Jupitermonden mit Amateurinstrumenten nachweisen kann.
Über die Beobachtung der ,,Periastron-Passage des Doppelsternsystems Scorpii" in den Monaten Juli und August 2011 berichtete anschließend Ernst Pollmann. Hier ging es um die Frage, inwieweit man mit Amateurmitteln die Annäherung eines Begleitsterns an seine Hauptkomponente verfolgen kann.
Scorpii besteht aus einem B0-Hauptstern und einem Begleiter vom Typ B mit einer Bahnexzentrizität von 0,94. Mit dem an der Arbeitssternwarte der VdSKöln vorhandenen LHIRES III-Spektrographen sollte das Ereignis verfolgt werden, und zwar im H. Zeitgleich erstellte

VdS-Journal Nr. 42

VdS vor Ort

129

Anatoly Miroshnichenko an der University of Greensboro in den USA Messungen der H-Radialgeschwindigkeiten der beiden Komponenten des -ScorpiiSystems. Die VdS-Spektroskopiker hatten zwischen Januar und November 2011 zusammen mit anderen Stationen gemessen. Ergebnis: Das Linienprofil weist einen seltsamen Buckel auf, dessen Ursache derzeit darin vermutet wird, dass es sich hier nicht um einen Doppelstern, sondern um ein Dreifachsystem handeln könnte, wobei die dritte Komponente nur spektroskopisch nachzuweisen ist. Eine fast unglaubliche Leistung von Amateuren!
Im letzten Vortrag vor der Pause stellte Josef Pöpsel seinen Weg zur Verwendung eines Remote-Teleskops vor. Nach schlechten Erfahrungen mit dem Wetter in Deutschland hatte sich der Referent nach der Möglichkeit der Aufstellung eines Fernrohres unter günstigeren Witterungsbedingungen umgesehen und war dabei auf eine Gruppe von Leuten gestoßen, die noch einen Mitstreiter für ein Remote-Teleskop auf La Palma suchten. Dieses Ziel zerschlug sich dann ebenso wie die Bemühungen, auf dem Kupferberg bei Windhoek in Namibia dauerhaft eine Sternwarte zu errichten. Zwar konnte man in einem Schutzbau dort das verwendete Teleskop unterbringen und auch für einige Zeit ferngesteuert betreiben, doch waren stets einige Probleme mit der Technik und mit der schwachen Internetanbindung zu lösen. Nachdem einer der Leute die Gruppe verließ, stieß jemand hinzu, der die Möglichkeit eröffnete, das Remote-Teleskop auf dem Gipfel des Berges Skinakas auf Kreta zu betreiben. Vor Ort fand man eine deutlich bessere Infrastruktur als in Namibia. Hier konnte der 60-cm-Hypergraph mit einer Brennweite von 4.938 mm im Sekundärfokus auf einer K140-(Deutschen) Montierung

1 Zur 30. BoHeTa sei
uns einmal wieder ein Gruppenbild vergönnt: hier im Hörsaal HMA 10 der Ruhr-Universität Bochum. Das Bild wurde freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ralf-Jürgen Dettmar.
von Michael Knopf betrieben werden. Mit dem inzwischen ,,Ganymed" getauften Teleskop sind nun per CCD-Kamera über das Internet ferngesteuert Aufnahmen möglich. Der Referent ging dann, leider eher nur am Rande, auf die typischen Probleme bei Remote-Teleskopen ein, machte aber trotzdem klar, welche Möglichkeiten sich dem heutigen Amateur bieten, vom heimischen Sofa aus unter bedecktem Himmel ein Fernrohr unter klarem Himmel an einem besseren Standort zu nutzen.
Nach der nun anstehenden Mittagspause ging es weiter mit einem Beitrag von Stefan Krause über die Astroereignisse des Jahres 2012. Global gesehen stechen dabei drei Sachen besonders heraus: die ringförmige Sonnenfinsternis am 20. Mai, der Venustransit am 6. Juni und die totale Sonnenfinsternis von 13./14.11. Neben einer grundsätzlichen Erläuterung, wie Planetentransits entstehen, wurden Möglichkeiten der fotografischen Beobachtung beschrieben und die einzelnen möglichen Beobachtungsstandorte auf Hawaii und Island, in Ägypten, Australien oder in Nordeuropa (z. B. nahe des europäischen Raketenstartgeländes Kiruna) analysiert und mit Frankfurt am Main verglichen. Im zweiten Teil ging der Vortragende auf die totale Sonnenfinsternis 2012 ein. Kurios, der Kernschatten wird dabei am 14.11. im nördlichen Australien erstmals Kontakt mit dem Erdboden haben und dann über einige kleinere Inseln und Inselgruppen hinweg ostwärts am Abend des 13.11.2012 800 km vor Chile enden. Grund für diese paradoxe Situation: der Kernschatten überschreitet die Datumsgrenze in Richtung Osten, daher beginnt er am 14. und endet (regional gesehen) am 13. Außerdem gibt es am 4. Juni eine partielle Mondfinsternis sowie eine HalbschattenMondfinsternis am 28. November.

Aktuelle Jupiteraufnahmen, die erst im Oktober bei bestem Seeing in Recklinghausen an einem 8-Zoll-Newton mit f/6 aus den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts auf einer Losmandy G11-Montierung entstanden waren, präsentierte danach Wolfgang Bischof. Für seine Aufnahmen des Riesenplaneten verwendete er eine Video-Kamera (DMK 21). Dabei zeigte sich, dass auch ,,Uralt"Geräte in den Händen eines versierten Amateurs kein Schattendasein fristen müssen. Ein beredtes Beispiel dafür waren seine Jupitervideos, die er nachträglich mit Giotto bearbeitete und sich beim RGB-Bild vor allem auf den Grünkanal konzentrierte und am Ende daraus sogar Jupiter-Gesamtkarten erstellen konnte. Nebenbei nahm er dann auch noch die Monde Io und Ganymed auf. Es ist erstaunlich, welche Leistungen viele Amateure sozusagen im Verborgenen vollbringen.
Im Programm stand nun eine besondere Bekanntmachung bevor. Werner E. Celnik kündigte an, dass es künftig keine VdS-Medaille mehr geben werde, dafür aber alle zwei Jahre den ,,Deutschen Preis für Astronomie - verliehen durch die Vereinigung der Sternfreunde e.V.". Der Preis ist mit einem Geldbetrag in Höhe von 1.000 EUR verbunden. Als erster Preisträger wurde Peter Riepe, der Organisator der BoHeTa und langjähriger Leiter der VdS-Fachgruppe Astrofotografie, mit dieser ehrenvollen Auszeichnung bedacht. Die anschließende Laudatio wurde von Bernd Koch gehalten.
Einen weiteren Programmpunkt stellte die Verleihung des ,,Reiff-Preises für Amateur- und Schulastronomie 2011" dar, den die Astrogruppe des Realgymnasiums Bruneck in Südtirol für die Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit aus fotometrischen Beobachtungen des Sterns CY Aquarii erhielt. Da der Förderpreis in Höhe von 3.000 EUR zur Unterstützung der weiteren Arbeiten gedacht ist, werden die Mittel in neue Forschungsprojekte der Astro-AG fließen. Dr. Jakob Staude, Herausgeber der Zeitschrift ,,Sterne und Weltraum", stellte die Arbeit der Reiff-Stiftung und deren Ziele vor und beschrieb in seiner Laudatio die Arbeit der diesjährigen Preisträger, die leider bei der Verleihung des Preises nicht anwesend waren.
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VdS vor Ort

Da das Kuratorium der Reiff-Stiftung der Ansicht ist, dass es wesentlich mehr förderungswürdige Projekte, gerade an Schulen mit Astronomie-Arbeitsgemeinschaften, gibt, soll es künftig einen 1., 2. und 3. Preis geben, die mit 3.000, 2.000 und 1.000 EUR dotiert sein werden.
Vor der nun anstehenden Pause versammelten wir uns alle vor der großen Tafel für das Gruppenbild anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der BoHeTa (Abb. 1).
Zur Verleihung des Reiff-Preises gehört auch ein Reiff-Vortrag, der die Zusammenarbeit zwischen Amateuren und Profis würdigen soll. Dieser Vortrag wurde von Dr. Thomas Eversberg gehalten. Sehr lebhaft und lebendig beschrieb er zunächst wesentliche Arbeiten von Amateuren für die Profis wie die Entdeckung der beiden Weselowski-Galaxien, die Arbeiten am Hubble Deep Field von Jörg Zborowska und die fotografische Entdeckung von Strukturen rund um NGC 5907 durch Jay Gabany. Ein Feld, in dem Amateure sehr viel Unterstützungsarbeit leisten können, stellt die Spektroskopie dar, wobei schon mit dem StarAnalyzer die Spektren von Supernovae (Thomas Hansen) oder Strukturen bei Wolf-Rayet-Sternen untersucht werden können. So konnte beispielsweise von Buil und Desnoux die Rotation von NGC 7331 bestimmt werden. Lohnende Ziele für den Amateur sind auch Langzeitbeobachtungen etwa an massereichen Sternen, an hellen Be-Sternen, an ausgesuchten Objekten wie Aur, oder die Periastronpassage von WR 140. Das Betätigungsfeld ist weit gestreut und ernsthaft arbeitende Sternfreunde können heute durchaus den Profis zuarbeiten oder sogar neue Objekte auffinden, wenn sie bereit sind, wirklich wissenschaftlich zu arbeiten! In dem Zusammenhang stellte Peter Riepe kurz noch das VdS-Projekt Sternströme vor.
Über das sehr spezielle Thema der Amateur-Infrarot-Astronomie sprach danach Hans-Günter Diederich. Zunächst einmal klärte er darüber auf, welche Quellen es mit Informationen über lohnende Objekte für ambitionierte Sternfreunde gibt. Auch räumte er mit der Mär auf, CCDKameras seien für IR-Aufnahmen nicht geeignet. Bei LRGB-Bildern kann man einen IR-Sperrfilter als Helligkeitsfilter einsetzen, und es gibt darüber hinaus
VdS-Journal Nr. 42

eine Menge Tricks und Kniffe, wie man z. B. Helligkeitsmessungen vornehmen kann. Als Beispiel hierfür gilt Cygni, ein Mira-Veränderlicher in 350 Lichtjahren Entfernung. Möglichkeiten für aussagekräftige Bilder bieten auch Objekte wie NGC 2024 (mit verschiedenen Filtern untersucht), das Zentrum der Milchstraße, Exoten wie 2MASS J041519540935066, ein T8-Zwerg im Eridanus, nur 19 Lichtjahre entfernt, Liller 1, ein Kugelsternhaufen der Milchstraße im Skorpion, oder Altbekanntes wie M 16. Es hilft dabei auch, Luminosity-Filter durch einfache Klarglasfilter zu ersetzen oder einen IR-Durchlassfilter zu verwenden und schon eröffnen sich dem Amateur bislang unbekannte Dimensionen.
Dass die visuelle Beobachtung der Sonne auch mit kleineren Instrumenten möglich ist, ist allgemein bekannt. Was man aber mit 5 Zoll Öffnung, Filtern, Herschelkeil, Protuberanzenansatz und Solarspectrum-Filter alles sehen und fotografieren kann, darüber informierte Jens Leich in seinem ersten BoHeTa-Vortrag, der nicht nur seinen sonnenbeobachterischen Werdegang, sondern auch die über die Jahre hinweg von ihm eingesetzten Instrumente und Verfahren beschrieb. Neben der Fotografie widmet er sich auch immer wieder der Zeichnung von Flecken und Protuberanzen und gab so viele Anregungen, sich auf verschiedene Weise mit unseren Tagesgestirn auseinanderzusetzen.
Michael Kunze, der ebenfalls erstmals auf der BoHeTa einen öffentlichen Vortrag hielt, berichtete dem staunenden Publikum von seinen, auch astronomisch orientierten, Reisen in die USA. Eine führte ihn nach Hawaii, wo er das Mauna-Kea-Observatorium auf Big Island und den Vulkankrater Haleakala aufsuchte und beeindruckende Fotos und Zeitraffervideos mit der Canon EOS 5D aufnahm. Ein weiteres Mal besuchte er die Westküste der USA und besichtigte dabei das Griffith Park Observatory, das Mt. Wilson Observatory, den Barringerkrater, das Monument Valley und den Grand Canyon. Auf dem Rückflug konnte er dann vom Flugzeug aus noch ein Polarlicht über Grönland festhalten.
Im letzten Vortrag, dem traditionellen ,,Rausschmeißer" mit vielen Bildern,

zeigte Dr. Stefan Binnewies diesmal Fotos von eher selten aufgenommenen Objekten, die mit dem Remote-Teleskop Ganymed auf Kreta entstanden: M 57, M 1, NGC 613, NGC 6543, Kronberger 61, Du 1 (ein Planetarischer Nebel (PN) im Schwan), die PN Kohoutek 1972 und KjPn8 in der Cassiopeia, NGC 6960, die Supernovae SN 2011dh in M 51 und die SN 2011fe in M 101, NGC 5364, NGC 5363, Arp 65/NGC 90 und NGC 93, NGC 5900 und NGC 5899, NGC 2264, lbn 437 mit Lkhalpha, 233 Lac, HH 34, und NGC 6947 mit Einsteinkreuz. Ein wahrer Bilderregen mit fantastischen Aufnahmen und ein würdiger Abschluss der 30. Bochumer Herbsttagung!
Mittlerweile war es 19:10 Uhr geworden und Peter Riepe verabschiedete die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und dankte den Referenten für ihre Beiträge. Insgesamt rund 150 Interessierte waren in die Ruhrstadt gekommen, deutlich weniger als in den vergangenen Jahren, und auch der Altersdurchschnitt war ein wenig Besorgnis erregend, denn weit über 80 oder 90 % entstammten den nach 1960 geborenen Generationen, nur einer war dabei, der 1990 und später geboren wurde, ein paar stammten aus den Jahrgängen vor 1960. Die Entwicklung, dass sich die junge ,,Twitter-Generation" anscheinend für Tagungen in Form der BoHeTa nicht interessiert, wurde anschließend noch heiß diskutiert. Man wird für die Zukunft Strategien entwickeln müssen, um die jungen Sternfreunde an systematisches astronomisches Arbeiten heranzuführen und bei ihnen die Begeisterung für die praktische Astronomie am Fernrohr zu wecken. Denn eines ist klar: Selbst die ausgefeilteste Technik der Darstellung kann den Blick an den echten Sternenhimmel niemals ersetzen!
Auch die 30. Bochumer Herbsttagung war wieder mal ein ereignisreicher Tag. Die weite Anreise hatte sich gelohnt, die Vorträge waren allesamt ausgewogen und gut aufbereitet, so dass man den Referenten gut folgen und auch Anregungen für die eigene Astrotätigkeit mitnehmen konnte. Die 31. BoHeTa wird am 27. Oktober 2012 stattfinden, ein Reiseziel, das man sich jetzt schon vormerken sollte.

Beobachterforum

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Ausschreibung:

Reiff-Förderpreis für Amateur- und Schulastronomie

Mit diesem Preis möchte die Reiff-Stiftung amateur- oder schulastronomische Projekte auszeichnen, für deren Durch- oder Fortführung die zweckgebundenen Preisgelder bestimmt sind. Die Preisverleihung findet am 27. Oktober 2012 auf der Bochumer Herbsttagung für Amateurastronomie statt. Es werden Arbeiten zweierlei Art berücksichtigt:
1. Projekte von Arbeitsgruppen in Amateurvereinen und Schulen In dieser Kategorie können bis zu drei Preise vergeben werden: 1. Preis (3.000 Euro), 2. Preis (2.000 Euro), 3. Preis (1.000 Euro). Das Preisgeld ist für die Durch- oder Fortführung eines eigenständigen amateur- oder schulastronomischen Projekts bestimmt. Dabei hat die aktive Beteiligung Jugendlicher besonderes Gewicht. Die Bewerbung in dieser Kategorie sollte enthalten: - eine kurze Vorstellung der Arbeitsgruppe und ihrer
Mitglieder (max. 1 Seite) - eine Beschreibung von bereits durchgeführten Projekten,
inkl. Verweis auf bisherige Veröffentlichungen, z. B. im VdSJournal für Astronomie, in Sterne und Weltraum etc., falls vorhanden (max. 2 Seiten) - eine Beschreibung des für den Förderpreis vorgeschlagenen Projekts, einschließlich der Angabe, wofür das Preisgeld konkret eingesetzt werden soll (max. 3 Seiten).
2. Projekte zur Astronomie in Grundschule und Kindergarten In dieser Kategorie beträgt das Preisgeld 500 Euro (ein Preis). Das Preisgeld ist für die Durch- oder Fortführung eines Projekts be-

stimmt, das Kinder im Kindergarten- oder im Grundschulalter an die Astronomie heranführt. Das geförderte Projekt sollte VorbildCharakter haben - es sollte in gleicher oder ähnlicher Weise auch in anderen Kindergärten oder Grundschulen umsetzbar sein. Die Bewerbung in dieser Kategorie sollte enthalten: - eine kurze Vorstellung der beteiligten Lehrkräfte (max. 1 Seite) - eine Beschreibung von bisher durchgeführten Projekten, falls
vorhanden (max. 2 Seiten) - eine Beschreibung des für den Förderpreis vorgeschlagenen
Projekts, einschließlich der Angabe, wofür das Preisgeld konkret eingesetzt werden soll (max. 2 Seiten).
Nach Abschluss der geförderten Projekte wird von den Preisträgern beider Kategorien ein didaktisch wirksamer, zum Selbst- und Weitermachen anregender Bericht erwartet, der im VdS-Journal für Astronomie oder in Sterne und Weltraum veröffentlicht werden soll.
In der Preis-Jury sind Amateur-, Fachastronomen und Schuldidaktiker vertreten. Die Bewerbungen für den Reiff-Preis 2012 sind bis zum 03. Oktober 2012 zu richten an
Dr. Jakob Staude (Kurator) Haus für Astronomie MPIA-Campus Königstuhl 17 D-69117 Heidelberg

Pleiten, Pech und Pannen
- Astroreise nach Namibia
von Elmar Rixen

Es fing schon damit an, dass ich meinen Rucksack vergessen hatte, als mich meine Frau zum Flughafen brachte. Also kehrten wir um und holten ihn noch. Dann hatte die Air-Berlin-Maschine von München nach Windhoek zunächst Verspätung. Schließlich hieß es: Totalausfall wegen Triebwerkschaden. Also musste ich in München im Novotel übernachten. Der Flug ging dann erst am nächsten Morgen, als man von Berlin ein neues Flugzeug beschafft hatte. Auf dem Flughafen in München traf ich Reinhard Claus, einen sehr engagierten Professor für Physik und IAS-Mitglied mit einer Gruppe von Schülern. Er unterrichtet mit siebzig Jahren heute noch an einem Gymnasium.
Abends kamen wir in Windhoek an, bei 2 Grad Celsius. Wir wurden von Farmer Walter Straube und Schwiegersohn Friedhelm und Köchin Saara abgeholt und fuhren dann mit zwei Wagen zur

Farm. Die Temperatur fiel unter den Gefrierpunkt. Da überraschte uns ein Schneesturm, so dass wir kaum noch die Pad sehen konnten.
Auf der Farm angekommen, rutschte ich als erstes auf dem Schnee aus. Das Zimmer war eine Gruft. Ich legte mich mit Pullover und Thermohose ins Bett. Der nächste Morgen war klar und kalt, überall hatte der Schnee eine harte Eiskruste gebildet. Zwei Stunden nach Sonnenaufgang war aller Schnee zerschmolzen. In den nächsten Tagen stieg die Nachttemperatur auf durchschnittlich 16 Grad. Die Fotos vom Schneesturm und unse-
1 Galaxie NGC 1365, Balkenspira-
le, vis. Helligkeit 9,5 mag, Ausdehnung 6,2' x 11,0', Entfernung 53 Mio. Lj. Nordwestlich davon die kleine entfernte Galaxie LEDA 74714 (15,8 mag, 0,8'). Aufnahmeinfos s. Text.

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2 Galaxie NGC 1398, Balkenspirale
und Ringgalaxie, vis. Helligkeit 9,8 mag, Ausdehnung 7,2' x 5,2', Entfernung 92 Mio. Lj. Südlich davon die kleine entfernte Galaxie PGC 13423 (vis. Hell. 15,4 mag, Ausdehnung 1,2' x 0,3'). Aufnahmeinfos s. Text.

3 Das scheinbare Galaxienpaar
NGC 2207 (Balkenspirale und Ringgalaxie, vis. Hell. 11,0 mag, Ausdehnung 2,6' x 4,2', Entfernung 110 Mio. Lj) und IC 2163 (Balkenspirale, vis. Hell. 11,7 mag, Ausdehnung 1,2' x 3,0', Entfernung 44 Mio. Lj). Aufnahmeinfos s. Text.

4 Galaxie NGC 2442, Balkenspirale,
vis. Helligkeit 10,4 mag, scheinbare Ausdehnung 5' x 6', Entfernung 150 Mio. Lj. Nordöstlich davon die 13,4 mag helle Galaxie PGC 21457, Ausdehnung 1,2' x 2,2', nordwestlich die 11,3 mag helle Galaxie NGC 2434, Ausdehnung 2,2' x 2,4'. Aufnahmeinfos s. Text.

rem kleinen Schneemann lud ich auf die Festplatte meines Notebooks. Später stellte ich fest, dass sie verschwunden waren und das Notebook nur noch eine Verknüpfung zur Kamerakarte anzeigte. Also steckte ich eine neue Karte in die Kamera und hoffte auf Datenrettung zu Hause.
Ich hatte mir astrofotografisch viel vorgenommen. Eine große Liste von planetarischen Nebeln wollte ich in den kommenden Nächten abarbeiten.
Abends schloss ich die Astrokamera SBIG STL 11.000 an den Sekundärfokus des 50-cm-Teleskops an und steckte das Stromversorgungskabel in den Akku - nichts tat sich. Das Filterrad ruckelte und knurrte ein wenig, ein Lämpchen blinkte kurz auf, und dann schwieg die Kamera, kein Ventilator lief und keine Verbindung zum Laptop war herzustellen. Selbst Computerfachleute wie Friedhelm konnten da nichts ausrichten. Die Kamera war perdu, und damit auch mein ausgearbeitetes Programm.
Nun hatte ich noch die astromodifizierte Canon EOS 350D mitgenommen. Mit ihr hatte ich schon vor Jahren gute Bilder aufgenommen. Also musste das alte Schlachtross wieder ran. Ich montierte
VdS-Journal Nr. 42

sie im Primärfokus. Am Leitrohr wollte ich meine Guidingkamera anbringen, die hatte ich aber so lange nicht mehr benutzt, dass ich mit ihr nicht zurecht kam und keine Verbindung zur Software herstellen konnte.
Was nun? Ich machte einige Probeaufnahmen ohne Guiding, zoomte ins Bild hinein, und siehe da, die Sterne waren nach einer Minute noch rund. Da die Canon EOS eine Farbkamera ist, brauchte ich keine Farbfilter einzusetzen und erhielt so in kurzer Zeit viele Aufnahmen. Ich machte von den Objekten (Galaxien in Sculptor und Fornax) meist 60 oder 120 Bilder mit ISO 800 oder 1600. Manche Objekte sind so groß, dass sie nicht ins Gesichtsfeld passen und ich sie mit dem kleinen Takahashi 530-mm-NewtonTeleskop aufnehmen musste. Das klappte alles prima, so dass es Augenblicke gab, in denen ich nicht mehr der SBIG-Astrokamera hinterher trauerte.
Als der Mond aufkam, machte ich mit meiner Astro-Videokamera DMK 41 Bilder von der Mondoberfläche, später auch vom Jupiter. Ich speicherte jedes Video in einem eigenen Ordner auf meiner externen Festplatte ab. Die Kamera wurde sowohl an dem 1 m langen Refraktor als Leitfernrohr angeschlossen als auch an

den Sekundärfokus des 50-cm-Spiegels. Die Aufnahmen waren ausgezeichnet, da meist gutes Seeing herrschte.
Was für ein Konfusionat ich zuweilen bin, zeigt sich an folgenden Begebenheiten: Ich hatte am Abend den Mond fotografiert und legte mich danach für drei Stunden ins Bett (Feldbett auf der Sternwarte). Nach Monduntergang wollte ich nun Galaxien aufnehmen. Doch alle Sterne waren zu Eiern verzogen. Ich experimentierte mit Belichtungszeiten. Bei zehn Sekunden waren sie noch rund, bei 30 s schon eirig.
Der versierte Astrofotograf weiß natürlich längst, was geschehen war. Ich Trottel geriet langsam in Verzweiflung, suchte mir polnahe Objekte, wo die Abweichung nicht so stark war. Aber bei einer Minute Belichtung waren die Sterne trotzdem länglich. ,,Ich geb's auf", dachte ich. ,,Mit dem Takahashi kann ich auch gute Aufnahmen machen." Da ging mir plötzlich ein Licht auf: Ich hatte vergessen, das Teleskop von Mondgeschwindigkeit auf Sterngeschwindigkeit umzustellen!
Ein anderes Mal zweifelte ich an meinem Verstand und fürchtete aufkommende Demenz, als ich die Ursache meines

Beobachterforum

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Fehlers bemerkte. Ich wollte wieder im Sekundärfokus Aufnahmen vom Mond machen, bekam aber kein scharfes Bild. Ich kontrollierte mit einem Okular und fluchte, dass ich wieder nicht in den Fokus komme, was zuweilen beim 50erTeleskop nicht einfach ist. Ich holte mir Verlängerungshülsen. Vergebens, auch hier kein scharfes Bild. Schließlich gab ich es auf und fuhr das Teleskop in Parkposition. Ein Aufschrei. Mensch, bin ich blöd! Das ist mir vor vier Jahren das letzte Mal passiert, als ich zum ersten Mal das Teleskop benutzte. Ich hatte vergessen, die Abdeckung aus Plexiglas vom Spiegel zu nehmen!
Ich habe dann das Teleskop neu ausgerichtet und sehr schöne Aufnahmen vom Mond gemacht, ohne Plexiglasabdeckung. Am nächsten Abend streikte plötzlich die DMK-41-Videokamera. Auf dem Bildschirm zeigten sich nur

noch Lichtblitze. Also aus mit schönen Mondbildern, dachte ich. Aber ich hatte ja noch die DMK 21. Die hat aber einen winzigen Chip, so dass man nur einzelne Krater aufnehmen kann. Als ich sie aber an den Refraktor anschloss, konnte ich größere Regionen der Mondoberfläche erreichen. Durch das 50er-Teleskop im Sekundärfokus plus Barlowlinse konnte ich das Alpental bildfüllend aufnehmen. Auch die dünne Rille im Tal war zu erkennen.
Als ich am nächsten Tag die Mondbilder bearbeiten wollte, waren auf der externen Festplatte alle Mondordner verschwunden, nirgends konnte ich sie auffinden. Die Jupiter-Avis waren aber noch alle vorhanden. Da ich hoffte, dass man diese Monddaten noch irgendwie retten kann, habe ich diese externe Festplatte nicht mehr angerührt und die folgenden Aufnahmen auf einer anderen aufgespielt ...

Es gab aber auch schöne Momente! Ich sitze im Teleskopraum und höre Beethovens Waldsteinsonate. Das Kreuz legt sich auf die Seite, der große Himmelszeiger Alpha und Beta Centauri zeigt gegen 12 Uhr. Hinter den Gitterstäben des Teleskops zieht die Milchstraße vorbei. Die Sonate verklingt. Alles ist so still. Nur das leise Ticken der Schrittmotoren ist hörbar. Jedes Jahr der gleiche Anblick, jedes Jahr das gleiche kosmische Hochgefühl. Das uralte Licht der unzähligen Sterne fällt zufällig jetzt auf meine Netzhaut. Ein Zustand von - wie würden die Altvorderen sagen? - Glückseligkeit.
Übrigens, der Rückflug hatte 24 Stunden Verspätung, beim Check-in musste ich wegen angeblichen Übergewichts 300 Euro nachzahlen, und als Sahnehäubchen obendrauf kam auch mein Gepäck in Krefeld nicht an. Danke, Air Berlin!

Die Sonne und Sterne im Martinsloch
- Bericht über eine astronomische Exkursion nach Elm / Schweiz
von Wolfgang Bischof, Rainer Sparenberg und Burkard Steinrücken

Wenige archäoastronomisch interessante Orte Europas bieten heute noch die Möglichkeit, das zugrundeliegende astronomische Phänomen in einer urtümlichen Weise zu erleben. Bisweilen nehmen selbst die touristisch erschlossenen Orte der Archäoastronomie keine Rücksicht auf diesen naheliegenden Wunsch des interessierten Sternfreunds. Ganz anders verhält es sich an einem der herausragendsten archäoastronomischen Orte der Schweiz und ganz Europas - dem Martinsloch zu Elm im Kanton Glarus (Abb.1).
Bedingt durch eine Laune der Natur und die besonderen topographischen Begebenheiten der Landschaft fällt das Sonnenlicht zweimal im Jahr durch ein natürlich entstandenes 20 Meter großes und 4,7 Kilometer entferntes Loch in einer Felswand auf den Grund des Sernftales, genau dorthin, wo die Kirche von Elm steht [1, 2, 3, 4]. Wurde das Dorf Elm absichtlich in dem kleinen Sichtgebiet des Martinslochs errichtet, und steht die Kirche womöglich auf einem älteren

Kultplatz zur Beobachtung des Sonnenereignisses im Martinsloch? - Gut eine Woche vor dem Frühlingsanfang, am 12. oder 13. März um 8:52 Uhr MEZ, und eine Woche nach dem Herbstanfang, am 30. September und am 1. Oktober um 9:33 Uhr MESZ, fällt der Strahl der im Martinsloch aufgehenden Sonne auf die Kirche.
Aber auch andere, höher gelegene Regionen der spektakulären Berglandschaft werden vom Lichtstrahl aus dem Martinsloch überstrichen, so dass sich neben den bekannten Beobachtungsmöglichkeiten aus dem Talgrund in Elm in den Bergen weitere Chancen bieten, das eindrucksvolle Sonnenereignis zu sehen. Auf dem östlich von Elm gelegenen Firstboden gibt es in 1.740 - 1.800 m Höhe geeignete Beobachtungsstandorte für das Sonnenereignis bei leicht positiven Deklinationen.
Von dieser Beobachtungsmöglichkeit hat auch unsere Reisegruppe von der Westfälischen Volkssternwarte im September

1 Das Martinsloch in den Tschin-
gelhörnern, fotografiert von der Kirche in Elm. Zweimal im Jahr fällt der Lichtstrahl der im Martinsloch aufgehenden Sonne auf die Kirche. (Bild: W. Bischof, R. Sparenberg)
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Beobachterforum

2 Luftbild des Firstbodens mit
Überlagerung von Deklinationslinien im Bereich von +4,2 Grad bis +0,8 Grad (gelbe Linien) und Stundenlinien, die den Zeitpunkt des Ereignisses in Stunden und Minuten vor dem täglichen Meridiandurchgang der Sonne angeben (grüne Linien). Mit Hilfe der Tabelle lassen sich damit Standorte und Ereigniszeiten ermitteln. Die Ellipse deutet die ungefähre Größe und Gestalt des Lichtflecks an, der Pfeil ML weist zum Martinsloch. Luftbild mit freundlicher Genehmigung des Schweizer Bundesamtes für Landestopographie. Bewilligungsvermerk: (C) 2012 swisstopo (BA120005)

3 Bevor der Sonnenstrahl durch das Martinsloch den
Beobachter trifft, erkennt man einen Lichtkegel, der durch das Loch erleuchteten Luft, der sich im Schattenraum der Tschingelhörner deutlich abzeichnet. (Bild: W. Bischof, R. Sparenberg)

4 Das Sonnenereignis von Elm. Die Sonne geht im
Martinsloch auf und ist dort für etwa zweieinhalb Minuten sichtbar, bis sie wieder hinter der Felswand verschwindet. (Bild: W. Bischof, R. Sparenberg)

5 Das Ende des Sonnenereignisses. Die Sonne ver-
schwindet an der rechten oberen Ecke des Martinslochs. (Bild: W. Bischof, R. Sparenberg)
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6 Der Lichtstrahl nach dem direkten Sonneneinfall auf
den Firstboden. (Bild: W. Bischof, R. Sparenberg)

Beobachterforum

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7 Strichspuren und Tschingelhörner mit Martins-
loch. (Bild: W. Bischof, R. Sparenberg)

8 Foto-Dokumentation der Martinsloch-Passage von 29 Piscium
am 16.09.2011 um 22:03:41 Uhr MESZ. Rechts daneben eine Darstellung der Horizontal- und Äquatorialkoordinaten des Martinslochs relativ zu dessen Mitte. (Foto: R. Sparenberg, W. Bischof)

2011 Gebrauch gemacht. Bei der Vorbereitung der Exkursion wurde eine Deklinations- und Stundenlinienkarte erstellt, die bei der Suche eines geeigneten Standortes vor Ort im Gelände eine möglichst bequeme und sichere Entscheidungshilfe bietet. Als Grundlage für diese Karte wurde die Luftbildkarte aus dem Kartendienst der Schweizer Landestopographie unter map.geo.admin.ch gewählt. Anhand der Bewuchsmerkmale und der Wegeführung auf dem Firstboden lässt sich später der Standort mit guter Genauigkeit festlegen. Da der Lichtfleck bei einer Entfernung zum Martinsloch von ca. 3,2 km eine Breite von etwa 45 m aufweist, ist die Standortsuche nicht ganz kritisch. Der Lichteinfall erfolgt aus einer Höhe von 16 Grad auf ein Gelände, das in Beobachtungsrichtung eine Neigung von ca. 20 Grad aufweist. Die Länge des Lichtflecks auf der geneigten Fläche beträgt damit etwa 80 m. Der Luftbildkarte entnimmt man eine Schar von Punktkoordinaten, errechnet für diese Punkteschar Deklinations- und Stundenwinkelwerte der Martinslochmitte und überträgt diese Daten auf das Luftbild. Schließlich verbindet man gleiche Deklinations- bzw. Stundenwinkelwerte mit Linien. Die Abbildung 2 zeigt das Ergebnis.
Die Tabelle 1 enthält die Sonnendeklinationen zum Zeitpunkt des Sonnenereignisses auf dem Firstboden in den Tagen der Monate März und September, sowie die jeweiligen Transitzeiten der Sonne in MEZ an diesen Tagen. Mit Hilfe dieser Daten lassen sich aus der Abbildung 2 Standorte auf dem Firstboden und Ereigniszeiten ermitteln. Es ist zu beachten, dass die Sonnendeklination eines bestimmten Datums von Jahr zu Jahr im vierjährigen Basisschaltzyklus leicht va-

riiert. An Kalenderdaten im Monat März fällt sie nach dem Schaltjahr (z.B. 2008, 2012, 2016, ...) von Jahr zu Jahr leicht ab bis zu einem Mindestwert im Jahr vor dem Schaltjahr (z. B. 2011, 2015, ...). An Daten im Monat September steigt sie von Jahr zu Jahr leicht an, bis sie durch den zusätzlichen Tag im Schaltjahr wieder auf einen unteren Grenzwert zurückfällt. Die angegebenen Werte für 2011 (vor dem Schaltjahr) und 2012 (im Schaltjahr) geben die Grenzen dieser Schwankung an. Beobachtet man ein oder zwei Jahre nach dem letzten Schaltjahr, so ist der gültige Deklinationswert zwischen diesen Grenzen zu interpolieren. Nach Ablauf eines vierjährigen Basisschaltzyklus wiederholt sich alles nahezu unverändert, weshalb die Tabelle auch bis weit in die Zukunft gilt.
Die Beobachtung der Sonne im Martinsloch am 17. September 2011 Mit einer selbst erstellten Karte wie in der Abbildung 2 mit dem Verlauf des Lichtflecks über den Firstboden brachen wir am 17.9.2011 frühmorgens noch vor 6 Uhr im Hotel im Dorfkern von Elm auf, um rechtzeitig auf den Firstboden zu gelangen, den der Sonnenstrahl durch das Martinsloch zwischen 8:32 und 8:44 Uhr MESZ treffen sollte. Bei Tagesanbruch war es regnerisch und neblig. Dennoch ließen wir uns nicht entmutigen, denn es war noch viel Zeit bis zum Sonnenereignis. Den steilen Aufstieg, der einen viel früheren Aufbruch erforderlich gemacht hätte, erspart die TschinglenBahn, eine Pendel-Seilbahn mit nur zwei Gondeln, mit der man innerhalb von ca. 10 Minuten von der Talstation bis zur Tschinglen-Alp in 1.500 Meter Höhe gebracht wird. Nach jeder Fahrt mit der Gondel, die bis zu sechs Personen beför-

dert, wird die Gondel nach Wechsel der Seillaufrichtung wieder nach unten bewegt. So dauerte es insgesamt 30 Minuten, bis in drei Sonderfahrten ab 6 Uhr früh alle Teilnehmer der Exkursion oben ankamen. Die Seilbahnfahrt durch die Tschinglen-Schlucht ist atemberaubend. Nach einer einstündigen Wanderung trafen wir auf dem Firstboden ein und suchten anhand der Karte einen geeigneten Standort. Der Himmel war mittlerweile aufgeklart. Auch als das Sonnenereignis noch nicht unmittelbar bevorstand, war schon ein Lichtkegel zu sehen, der sich vom Martinsloch in den durch die Tschingelhörner abgeschatteten Bereich des Gebirges erstreckte (Abb. 3).
Wir hatten einen Standort im unteren Bereich des Firstbodens gewählt. Von dort aus ließ sich das Herannahen des Lichtflecks vom oberen Teil der Wiese beobachten und ggf. noch der Standort korrigieren, sollte sich die Berechnung anhand der Kartendaten als falsch herausstellen. Diese Sorge erwies sich aber als gänzlich unbegründet. Genau zum vorausberechneten Zeitpunkt und genau an der erwarteten Stelle zeigte sich plötzlich der Lichtfleck und wanderte den Hang hinab auf uns zu. Wenige Minuten später standen wir im Licht der Sonne und erblickten das außergewöhnliche Naturschauspiel der im Martinsloch aufgehenden Sonne. Ein heller Strahl ergoss sich mitten aus der Felswand heraus in die morgendliche Gebirgslandschaft (Abb. 4).
Ein zauberhafter Anblick und ein berührender Moment, der sich schwer in Worte fassen lässt. Nicht derart berührend wie eine totale Sonnenfinsternis, die in dieser Hinsicht unübertrefflich ist, aber doch
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136

Beobachterforum

9 Aufnahme der Dorfmitte von Elm vom Firstboden mit Markierung der Standorte, von denen 29 Piscium in den bezeich-
neten Jahren im Martinsloch gesehen werden kann. Die Zeitdifferenzen ermöglichen die Bestimmung der Uhrzeit in Relation zur Beobachtungssternzeit des Jahres 2020. Liste der Sternzeiten: 2020: 20:21:00 bzw. 20:22:40 (Kirchhof), 2030: 20:21:10, 2040: 20:21:20, 2050: 20:21:30, 2060: 20:21:40, 2070: 20:21:50, 2090: 20:22:10, 2100: 20:22:20 (alle Straße). (Foto: W. Bischof)

von einer beeindruckenden Schönheit. Womit auch alle Zweifel verflogen waren, ob sich die Reise denn wegen dieses nur minutenlangen Schauspiels auch gelohnt haben mag.
Nachdem der Lichtfleck über uns hinweggewandert war (Abb. 5), ließ sich der Kegel der durch das Martinsloch beleuchteten Luft, der nun nach unten zeigte, weiter beobachten (Abb. 6), bis etwa eine Viertelstunde nach dem Sonnenereignis die Sonne schließlich hinter dem höchsten Tschingelhorn zum zweiten und nun endgültigen Male an diesem Tag aufging.
Weil das schöne Ereignis einen bleibenden Eindruck auf uns hinterlassen hat, möchten wir auch dem Leser dieses Berichtes eine Reise nach Elm und die Beobachtung der Sonne im Martinsloch ans Herz legen. Sofern die Beobachtung vom Firstboden aus und nicht zu den bekannten Daten an der Kirche in Elm geplant ist, können die in der Abbildung 2 gezeigte Karte und die Tabelle zum Aufsuchen eines geeigneten Standortes verwendet werden. Es sei noch erwähnt, dass die Fahrt mit der Tschinglen-Seilbahn außerhalb der gewöhnlichen Betriebszeiten vorab verabredet werden muss. Den Kontakt findet man auf der Webseite der Tschinglen-Seilbahn unter www.tschinglenbahn.ch.
Sterne im Martinsloch Während unseres Aufenthaltes vom 16. bis 18. September 2011 war das Sonnenereignis im Martinsloch nicht von der Kirche in Elm aus zu sehen. Dazu hätten wir bis zum 30. September bleiben müssen. Dennoch wollten wir natürlich auch ein astronomisches Ereignis im Martinsloch vom Talgrund in Elm beobachten. Zum Pflichtprogramm der Fotodoku-
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mentation einer archäoastronomischen Reise zählt natürlich die Strichspuraufnahme mit der besonderen Kulisse des Reiseziels im Vordergrund (Abb. 7).
Nur wenige Sterne, die mit bloßem Auge sichtbar sind, zeigen sich vom Kirchhof in Elm im Felsenloch. Mira mit der Deklination -2,98 Grad (2011) gehört dazu. Im September 2011 war Mira im Helligkeitsmaximum (m = 2,5), weshalb sich ihre Beobachtung geradezu anbot.
Die Passage eines Sterns durch das nur ca. 9' hohe und in der Stundenwinkeldifferenz nur max. knapp 8' ausgedehnte Martinsloch erfolgt in ca. 20 - 30 Sekunden. Steht man nicht am richtigen Ort, so verfehlt man den Stern und es bleibt auch kaum Zeit, spontan nach dem richtigen Beobachtungsplatz zu suchen. Der hinter der Felsenwand verborgene Stern liefert ja selbst keinen Anhaltspunkt, wohin man sich stellen sollte, wenn man ihn eben nicht sieht. Bei der Beobachtung von Sternen im Martinsloch kommt es deshalb besonders auf die Standortwahl und die Genauigkeit der Vorausberechnung anhand von Kartendaten an.
Als Mira sich der Passage näherte, die in der Nacht vom 16.09. auf den 17.09.2011 um 00:20 Uhr MESZ zu erwarten war, war der Himmel leider längst zugezogen. Die Beobachtung war nicht möglich. Vorher jedoch, um 22:03:30 Uhr MESZ, als es noch sternklar war, zeigte sich mit 29 Piscium ein Stern der Magnitude m = 5,1 im Felsenloch. Mit dem Fernglas ließ sich seine Passage gut beobachten und auch die Dokumentation mit einer Digitalkamera gelang.
Interessant an der Beobachtung von einzelnen Sternen im Martinsloch ist die

Möglichkeit der Wahrnehmung präzessionsbedingter Positionsveränderungen im Laufe von nur wenigen Jahren. Bei der besonderen Beobachtungssituation in Elm - ein kleines Felsenfenster von nur 9' scheinbarer Winkelgröße in einer Entfernung von 4,7 km vom Beobachtungsort - lassen sich die Himmelskoordinaten mittels Zentralprojektion durch das Loch mit großer Genauigkeit auf den Boden übertragen. Auf dem Kirchhof von Elm werden damit die Veränderungen der Sternpositionen gleichsam durch eine raumzeitliche Verschiebung der Beobachtungssituation sichtbar: Die Beobachtung eines bestimmten Sterns im Martinsloch gelingt Jahre später nach einem ersten Versuch, wenn sich die Sternposition im Äquatorialsystem um einige Bogenminuten verändert hat, in gleicher Weise nur von einer gegenüber dem ersten Standort verlagerten Position und zu einer veränderten Sternzeit.
Für den Stern 29 Piscium wird im Folgenden das Ausmaß dieser Verschiebung auf dem Kirchplatz von Elm analysiert. Am 16.09.2011 um 22:03:42 Uhr MESZ erfolgte die Aufnahme von 29 Piscium von einem Standort auf dem Kirchhof von Elm (Abb. 8). Die topographischen Koordinaten lassen sich aus der Kartensoftware metergenau entnehmen, mit ihnen Azimut und Höhe des Martinslochs errechnen und mit den ebenfalls berechneten Sternkoordinaten zum Aufnahmezeitpunkt vergleichen (wer hierzu genauere Informationen erhalten möchte, wende sich bitte an die Autoren). Dabei ist die Refraktion in der Höhe des Martinslochs (2,6') zu berücksichtigen sowie seine Form und Größe. Die Rechnung erfolgt für die Mitte, während der Stern in der linken oberen Ecke durchging. Der Vergleich der gerechneten Position mit

Beobachterforum

137

der Fotografie liefert eine Aussage zur Genauigkeit der Standortsberechnung. Fazit: Die Genauigkeit ist gut. Sie beträgt etwa 3', was einer etwaigen Standortverlagerung auf dem Kirchplatz bzw. Fehlbestimmung beim Höhenwert von ca. 5 Metern entspricht. Da das Loch größer als der typische Bestimmungsfehler ist, wird man einen Stern, für den man sich einen Standort errechnet hat, sicher im Loch sehen - wenn auch vielleicht nicht in der Lochmitte.
Beobachtung von Präzessionseffekten auf dem Kirchplatz von Elm Die Präzessionsbewegung führt die Erdachse in rd. 25.800 Jahren auf einem Kegelmantel herum. Im Ekliptiksystem vergrößern sich dadurch alle ekliptikalen Längen der Sterne unter Beibehaltung ihrer ekliptikalen Breiten. Alle 72 Jahre macht das einen Zuwachs von 1 Grad an ekliptikalen Länge aus. Der Effekt maximaler Deklinationsveränderung tritt bei Sternen mit Rektaszensionswerten nahe denen des Frühlings- und Herbstpunktes ein (0 oder 12 Stunden), wo die Ekliptik den größten Winkel mit den Deklinationskreisen bildet. Sterne mit einer Rektaszension nahe der des Sommer- und Winterpunktes (6 Stunden bzw. 18 Stunden) verändern ihre Deklination überhaupt nicht, da die Ekliptik dort parallel zum Himmelsäquator verläuft. In dem Fall führt die Präzession zu einer alleinigen Veränderung der Rektaszension mit der Folge anderer Beobachtungszeiten aber nicht anderer Beobachtungsorte auf dem Kirchplatz von Elm.
,,Unser Stern" 29 Piscium liegt in der Nähe des Frühlingspunktes, weshalb er einen maximalen Deklinationseffekt und einen minimalen Rektaszensionseffekt aufweist. Es ist folglich eine maximale Verschiebungsrate der Beobachtungsposition auf dem Kirchhof zu erwarten. Exemplarisch für alle anderen geeigneten Sterne sei seine Koordinatenverschiebung auf das Umfeld der Kirche von Elm übertragen.
Im Laufe des 21. Jahrhunderts steigt die Deklination von 29 Piscium von -3,0 Grad auf -2,5 Grad an. Im Azimut macht das eine Verschiebung von 0,9 Grad in 100 Jahren aus, die einer Standortverlagerung auf der Hauptstrasse in Elm von 70 m zwischen dem Kirchplatz und dem Hotel

Datum
22.03. 23.03. 24.03. 25.03. 26.03. 27.03. 28.03. 29.03. 30.03. 31.03. 12.09. 13.09. 14.09. 15.09. 16.09. 17.09. 18.09. 19.09. 20.09. 21.09.

Sonnendeklinationen zum Zeitpunkt des Sonnenereignisses auf dem Firstboden

Transitzeit in MEZ
12:30 12:30 12:29 12:29 12:29 12:28 12:28 12:28 12:27 12:27 12:19 12:19 12:19 12:18 12:18 12:17 12:17 12:17 12:16 12:16

Deklination 2011 (vor dem Schaltjahr)
0,5 Grad 0,9 Grad 1,3 Grad 1,7 Grad 2,1 Grad 2,5 Grad 2,9 Grad 3,3 Grad 3,7 Grad 4,0 Grad 4,3 Grad 3,9 Grad 3,5 Grad 3,1 Grad 2,7 Grad 2,4 Grad 2,0 Grad 1,6 Grad 1,2 Grad 0,8 Grad

Deklination 2012 (im Schaltjahr)
0,8 Grad 1,2 Grad 1,6 Grad 2,0 Grad 2,4 Grad 2,8 Grad 3,2 Grad 3,6 Grad 3,9 Grad 4,3 Grad 4,0 Grad 3,6 Grad 3,2 Grad 2,8 Grad 2,5 Grad 2,1 Grad 1,7 Grad 1,3 Grad 0,9 Grad 0,5 Grad

Segnes entspricht. Für die Zeit bis 2030 kann man auch Standorte auf dem Kirchhof von Elm wählen. Die Ergebnisse der Standortberechnungen sind in der Abbildung 9 aufgearbeitet. Die Genauigkeit der Berechnungsmethode von ca. 3' entspricht einer Unschärfe der angegebenen Standorte von ca. 4 m. Zusätzlich sind die Sternzeitdifferenzen zur Sternzeit bei der Beobachtung in 2020 angegeben. In 2020 geht der Stern 29 Piscium zur Sternzeit 20:21:00 Uhr (Standort an der Straße) bzw. 20:22:30 Uhr (Standort auf dem Kirchhof) durch die Martinslochmitte. Am 16. September 2020 z. B. entspricht dies der Uhrzeit 21:59:25 MESZ (Standort an der Straße) bzw. 22:04:10 MESZ (Standort auf dem Kirchhof). Jeweils 10 Jahre später hat sich die Sternzeit der Beobachtung für Standorte an der Strasse um rd. 10 Sekunden erhöht. Aber Achtung! Das bedeutet nicht, dass sich die Zeitpunkte in MESZ für die Beobachtung z. B. am 16. September von Dekade zu Dekade entsprechend verändern. Diese sind jeweils für Sternzeit und das Datum neu zu berechnen, weil eine Sonnenzeit an den Kalender und an das tropische Jahr angekoppelt und deren Variabilitäten unterworfen ist, während die Sternzeit nur auf der Erddrehung basiert. Die Genauigkeit in den Angaben absoluter Zeitpunkte liegt bei ca. 10 - 15 Sekunden (entspricht im Winkelmaß ca. 3'), die relative Genauigkeit bei nur wenigen Sekunden.

Natürlich kann auch an anderen Tagen zu den bezeichneten Sternzeiten beobachtet werden, wozu im Vorfeld die Sternzeit des Transits in die MEZ bzw. MESZ am gewählten Beobachtungstag auszurechnen ist. Man kann das Datum auch so wählen, dass die Beobachtung nicht von der Lichtverschmutzung durch die Kirchenanstrahlung beeinflusst ist. Im September erfolgt die Martinslochpassage von 29 Piscium zwar vor Mitternacht, wenn die Strahler noch nicht erloschen sind, zwischen Anfang Juni und Mitte August aber findet sie nach Mitternacht und vor Einsetzen der Morgendämmerung in der Dunkelheit statt.
Literaturhinweise [1] M. Bischof, H. Weber, H. Stopper,
A. Schmidt und S. Nann, 1996: ,,Das Martinsloch zu Elm" [2] Wikipedia-Artikel ,,Martinsloch": http://de.wikipedia.org/wiki/Martinsloch (Januar 2012) [3] Th. Baer, A. Schweizer, W. Bersinger, 2002: ,,Das Elmer Martinsloch ist astronomisch erforscht", Orion 308, 7 [4] A. Schweizer, Th. Baer, 2002: ,,Martinsloch-Sonne am Computer simuliert", Orion 308, 15
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Beobachterforum

Zum visuellen Beobachten von Details ermutigen
von Johannes Schilling

Die Kontroverse Uwe Pilz veröffentlichte im VdS-Journal für Astronomie Nr. 39 einen Aufsatz mit dem Titel ,,Beobachtungen am Limit - Betrachtungen zur Sehphysiologie" [1]. Mit seinen Ausführungen knüpft der Autor an die Kontroverse um den Sinn und Wert von visuellen Deep-Sky-Beobachtungen an, wie sie sich in zwei Aufsätzen im VdS-Journal Nr. 37 dargestellt hat [2]. Vorweg sei gesagt, dass mich der Beitrag von Uwe Pilz schon von der Vorgehensweise her sehr gefreut hat. Statt dem Bestreben, die von mir (und anderen) vertretene Beobachtungsweise aus der Deep-Sky-Szene und aus dem Journal zu verbannen [3] oder sie durch physikalische Formeln dem Reich der Illusion und Einbildung preiszugeben [4], fand ich hier einen Autor, der sich auf Sehprozesse vorurteilslos einlässt, sie adäquat beschreibt und hinsichtlich ihrer Möglichkeiten und Grenzen überzeugend beurteilt. Uwe Pilz hat damit für alle an der Thematik interessierte Leser eine wichtige Brücke zum Verständnis der Kontroverse geschaffen!
In seinem Fazit unterscheidet Uwe Pilz zwei grundlegende Tendenzen oder Typen des visuellen Beobachtens. Auf der einen Seite steht der Beobachter, der über dem Bestreben, nur möglichst ganz (für ihn!) Sicheres und relativ rasch Erfassbares festzuhalten, zu Beobachtungen und Zeichnungen kommt, die relativ wenig Details aufweisen. Auf der andern Seite haben wir den Beobachter, der sich in jahrelanger Übung ganz auf die Sehprozesse einlässt, der, trotz aller kritischen Sichtung, in langer Beobachtungszeit für ein einziges Objekt viele visuelle Eindrücke ,,unzensiert" festhält und dessen Zeichnungen entsprechend viele Details aufweisen. Der erste Beobachtertyp wird nicht leicht mit Fotos oder mit größeren Optiken in Konflikt kommen: Das Konfliktfeld ,,Detail" ist bei ihm ja nur vorsichtig und schwach besetzt. Er kann sich ,,sicher" und ,,wissenschaftlich" fühlen. Dagegen scheint der zweite Typ in Konflikt mit Fotos oder größeren Optiken zu
VdS-Journal Nr. 42

geraten: Bei ihm ist das Konfliktfeld ,,Detail" stark besetzt, und nie deckt sich eine detailreiche Zeichnung eins zu eins mit einem Foto, nie oder selten wird sie sämtliche auf guten Fotos erkennbaren Details erfasst haben. Vom Selbstverständnis des zweiten Beobachtertyps aus gesehen handelt es sich dabei aber um keine Konflikte, sondern um erklärbare Abweichungen: Erklärbar und verständlich aus der völlig verschiedenen, ganz spezifischen Zugangsweise zu den Objekten.
Beide Typen könnten friedlich nebeneinander existieren, wenn sie die jeweilige verschiedene Grundtendenz des anderen anerkennen würden. Das fundamentale Problem bei der Kontroverse wird aber weiterhin darin bestehen, dass Beobachter des zweiten Typs keinerlei Schwierigkeiten haben, Beobachtungen und Zeichnungen des ersten Typs anzuerkennen: So sieht der zweite Typ die Dinge selber, wenn er auf seine spezielle Zugangsweise verzichtet, etwa um einen ersten allgemeinen Eindruck zu gewinnen. Dagegen werden sich viele Beobachter des ,,Sicherheitstyps" hartnäckig weigern, Zeichnungen des ,,Detailtyps" überhaupt als Beobachtungen und (was feinere Details angeht) als eine Aussage über das Objekt anzuerkennen. Für ihn sind sie schlichtweg unter aller Diskussion. Die Gründe dafür sind nahe liegend.
Fließende Grenzen Jedem Sternfreund ist der Wunsch nach mehr Öffnung bekannt: Mit der Öffnung steigt die erreichbare Grenzgröße und damit auch die Möglichkeit, schwache Details in Objekten sichten zu können. Bekannt sind auch jedem die Bestrebungen, feste Zuordnungen zwischen Optik und Grenzgröße mit Hilfe von Kurven, Tabellen oder Formeln vorzunehmen und damit die Grenzen des Möglichen (scheinbar) exakt zu bestimmen. Aber je nachdem, in welcher Informationsquelle man nachschaut, erhält man sehr verschiedene Angaben. Sie weichen gewöhnlich voneinander ab um bis zu etwa zwei Größenklassen. Die objektiven Fak-

toren, die mitspielen, etwa die eingesetzte Vergrößerung oder die jeweilige Transparenz und Luftunruhe sind zu vielfältig, als dass sich hier eine genaue Festlegung in Tabellen oder Formeln vornehmen lässt. Sicher gibt es Grenzen, aber die sind fließend, auch wenn man nur die objektiven Bedingungen berücksichtigt.
Nicht minder bekannt sollte aber jedem geübten Beobachter das Phänomen sein, dass Sichtungen von schwachen Sternen oder schwachen Details während des Beobachtens kommen und gehen. Mal blinkt ein schwacher Stern kurz auf, mal ist er scheinbar wieder spurlos verschwunden. ,,Unsicher"? Mehrmalige Sichtungen am selben Ort solcher nicht dauerhaft zu haltenden Phänomene überzeugen uns: Es sind Sichtungen, die einer Realität entsprechen, die nicht bloß Augenillusionen sind. Hier kommen die subjektiven Bedingungen des Sehprozesses ins Spiel. Licht bzw. Helligkeit ist in erster Linie kein physikalischer Wert, sondern eine Empfindung. Und diese Fähigkeit, in Empfindungen auf die Eindrücke und Reize des Himmels zu reagieren, hat ihre eigenen Gesetze und hängt ganz vom Zustand des Auges und von dessen Besitzer ab. Einen elementaren Schlüssel zum Verständnis der Funktionsweise von Sehempfindungen bildet das von Blackwell und Clark gefundene Konzept der Detektionswahrscheinlichkeit. Uwe Pilz stellt es im Abschnitt ,,Angestrengtes Beobachten" genauer vor. Wichtiges Fazit dieses Konzeptes ist die Möglichkeit, die enorme Bedeutung der Aufmerksamkeit und der Übung für das Erkennen von Details einschätzen zu können: ,,Aufmerksames, andauerndes Beobachten erhöht die Kontrastwahrnehmung" [5]. ,,Angestrengtes Beobachten setzt diese Schwelle [der Kontrastwahrnehmung, J. S.] herab, so dass auch schwächste Kontrasteindrücke als Objekt angesehen werden" [6]. Um dem Leser einen Eindruck dieses Modells der Entdeckungswahrscheinlichkeit zu vermitteln, sei die von Clark aufgestellte Tabelle (rechts oben) wiedergegeben [7].

Beobachterforum

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Die Tabelle gibt die für eine bestimmte Teleskopöffnung erreichbare Grenzgröße an. Die Prozentzahlen beziehen sich auf die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung oder auf den Zeitanteil der gesamten Beobachtung.
Über die Stellen hinter dem Komma zu streiten hat sicher wenig Sinn. Aber die Tabelle stellt den Versuch dar, die stark fließenden Grenzen der Sehempfindungen in Abhängigkeit von der Entdeckungswahrscheinlichkeit (sicher nur näherungsweise) wiederzugeben. Man sieht, es gibt Grenzen, aber die sind ungeheuer weit und fließend.
In Worte übersetzt lautet die Aussage der Tabelle: Es gibt keine feste und keine einzige Grenzgröße für eine gegebene Objektivöffnung. Sondern je nachdem, welches Auge bzw. welcher Beobachter mit welchem Grad des Talentes und der Aufmerksamkeit eine gegebene Öffnung benutzt, steigt oder sinkt die erreichbare Grenzgröße - damit aber auch die Kontrastwahrnehmung und die Möglichkeit, schwache Details zu sichten. Je nach Beobachter wird also z. B. ein 10-Zoll-Spiegel Objekte zwischen etwa 14,7 mag und

Öffnung in Zoll 1 2 3 4 5 6 7 8 10 12,5 14 16 18 20

98% 9,7 11,2 12,1 12,7 13,2 13,6 13,9 14,2 14,7 15,2 15,5 15,7 16 16,2

90% 10,2 11,7 12,6 13,2 13,7 14,1 14,4 14,7 15,2 15,7 16 16,2 16,5 16,7

18,2 mag sehen lassen können - stark fließende Grenzen, die einen Bereich von etwa 3,5 Größenklassen umfassen.
Diese Tabelle stellt nur ein grundlegendes Modell dar, um die Gesetze des visuellen Entdeckens zu verstehen. Berücksichtigt bei diesem Modell scheint mir nicht zu sein, dass die Entdeckungswahrscheinlichkeit keine feste Größe für jeden Beobachter darstellt: Was für den einen zu 50% wahrscheinlich und zu etwa 50% der Beobachtungszeit unzweifelhaft gegeben ist, das ist für einen andern Beobachter, der völlig ungeübt ist, zu gar keinem Zeitpunkt der Beobachtung gegeben (= 0 %!). Wer schon (wie ich) viele Sternführungen gemacht hat,

50%

10% 5%

2%

10,7

11,7 12,4

13,2

12,2

13,2 13,9

14,7

13,1

14,1 14,8

15,6

13,7

14,7 15,4

16,2

14,2

15,2 15,9

16,7

14,6

15,6 16,3

17,1

14,9

15,9 16,6

17,4

15,2

16,2 16,9

17,7

15,7

16,7 17,4

18,2

16,2

17,2 17,9

18,7

16,5

17,5 18,2

19

16,7

17,7 18,4

19,2

17

18

18,7

19,5

17,2

18,2 18,9

19,7

der weiß von diesen erstaunlichen Unterschieden zu berichten. Die Entdeckungswahrscheinlichkeit für eine gegebene Grenzgröße, d. h. für einen schwachen Stern oder ein schwaches Detail steht in direkter Abhängigkeit von der Geübtheit, der Aufmerksamkeit und dem Talent eines Beobachters. Sicher gilt die Tabelle für so etwas wie einen ,,idealen" Beobachter. Aber man sieht sofort, dass hier ein Faktor ins Spiel kommt, der die in der Tabelle angegebenen Größen wieder zum Fließen bringt - gewiss ein Fließen in bestimmten, aber eben nur schwer bestimmbaren Grenzen. Darauf sei jetzt
1 Galaxie Messier 101 im 68-mm-
Refraktor bei 53-facher Vergrößerung

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Beobachterforum

ebenso wenig näher eingegangen wie auf das Problem des Unterschieds zwischen der Entdeckung schwacher punktförmiger und schwacher flächenhafter Lichtquellen.
Detailbeobachtung trotz Mängel Uwe Pilz weist in seinem ,,Fazit" mit Recht darauf hin, dass der ,,Detailbeobachter" nicht mit dem Anspruch auftritt, in seinen Zeichnungen ein 100%-Abbild der Realität zu liefern, was aber, nebenbei bemerkt, ebenso für Fotos gilt. Die visuelle Detailbeobachtung ist aus vielen Gründen mit einzelnen Mängeln und Fehlern verbunden. Sie müssen in Kauf genommen werden, können aber durch Talent und Übung reduziert werden. Verschwinden werden sie niemals. Aber im Vergleich zum enormen Reichtum, der sich dem Beobachter eröffnet, fallen sie kaum ins Gewicht! Denn, wie Uwe Pilz richtig und schön hervorhebt, geht es dem Typ des Detailbeobachters in erster Linie darum, durch seine spezielle Beobachtungsweise ,,an den Geschehnissen im All visuell teilzuhaben" [8].
Um das Verhältnis von Mängeln und durch intensive Detailbeobachtung eröffneter Fülle des Objekts zu illustrieren, seien abschließend zwei Zeichnungen der Galaxie Messier 101 vorgestellt. Sie entstanden an einem über 50 Jahre alten 68-mm-Refraktor mit 53-facher Vergrößerung unter hervorragender Him-
VdS-Journal Nr. 42

melstransparenz. Abbildung 1 zeigt den Anblick der Galaxie, wie er sich mir zu meiner Enttäuschung hartnäckig die erste Zeit der Beobachtung bot: Ein diffuser, matter Fleck, in dem lediglich eine helle Kernregion zu erahnen war. Diese Zeichnung ist die Version des ,,Sicherheitsbeobachters". Fehler sind mangels Details hier nicht nachzuweisen. Man könnte aber auch sagen, hier mangelt fast alles. Abbildung 2 zeigt die Version des ,,Detailbeobachters", entstanden in nur einer Stunde Beobachtung mit vielem geduldigem Nachprüfen der visuellen Detaileindrücke. Diese Version weist im Vergleich mit Fotos etliche Mängel auf: Z. B. sind einige hellere Knoten in den Spiralarmen einfach ,,übersehen" worden, und die Spiralarme sind nicht vollständig und in ihrer Form ganz exakt erfasst. Aber diese Kritik erscheint fast lächerlich, wenn man die kleine Optik bedenkt und wenn ich mir selber sagen kann: Ich habe die Galaxie beobachtet und einfach das festgehalten, was sich mir bot, ohne etwa mit Hilfe eines Fotos gezielt nach visuell erfassbaren Details zu suchen. Und der Vergleich mit Fotos zeigt ganz erstaunliche Übereinstimmungen, welche die Abweichungen ohne Gewicht erscheinen lassen. Das Erlebnis der visuellen Teilhabe an der besonderen Formung der Galaxie war an diesem kleinen Teleskop genauso intensiv und ästhetisch wie an einer großen Optik! Der Vergleich beider Versionen soll jeden Leser ermutigen zur

2 Galaxie Messier 101 im 68-mm-
Refrakor bei 53-facher Vergrößerung (beide Zeichnungen von Johannes Schilling)
eigenen, unvoreingenommenen visuellen Erkundung von Details. Die Größe der Öffnung spielt dafür nur eine sekundäre Rolle!
Internet- und Literaturhinweise: [1] Uwe Pilz, 2011: ,,Beobachtungen
am Limit - Betrachtungen zur Sehphysiologie", VdS-Journal für Astronomie 39, 80 [2] Wolfgang Steinicke, 2011: ,,Sein oder Schein? - Kritische Gedanken zu publizierten Deep-Sky-Zeichnungen", VdS-Journal für Astronomie 37, 55. Johannes Schilling, 2011: Bedachtsamkeit oder schnelles Urteil? - eine Entgegnung, VdSJournal für Astronomie, 37, 58 [3] Wolfgang Steinicke, 2011: ,,Sein oder Schein? - Kritische Gedanken zu publizierten Deep-Sky-Zeichnungen", VdS-Journal für Astronomie 37, vgl. S. 57 [4] Daniel Spitzer, 2011: ,,Ich sehe was, was du nicht siehst - ein Resümee", VdS-Journal für Astronomie 39, 76 [5] Uwe Pilz, s. [1], S. 81 [6] Uwe Pilz, s. [1], S. 81f. [7] www.fortunecity.com/roswell/ borley/49/visual.htm [8] Uwe Pilz, s. [1], S. 82

Zunehmende Sonnenflecken
von Gertraud Eifert
1 In Zeiten der zunehmenden Sonnenaktivität
wurden hier die Aktivitätszonen 1283, 1287, 1289 und 1290 am 11.09.2011 bei 2 m Brennweite und 50-facher Vergrößerung dokumentiert. Bildautorin: Gertraud Eifert

Beobachterforum

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Zunehmende Sonnenflecken 2
von Rudolf Plohberger
1 Am 29.11.2011 gelang mir diese RAW-Einzelaufnahme der Sonne auf der Sternwarte Pelmberg mit einem 7,1-Zoll-Apo bei
f=1250 mm. Zum Einsatz kam eine Canon EOS 40D bei ISO 100 und 1/1250 s. Filter: Baader Astrosolarfolie ND=5 Bildautor: Rudolf Plohberger

VdS-Journal Nr. 42

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Beobachterforum

Venus und Neptun
von Patricio Calderari
1 Aufnahme der Konjunktion
zwischen Venus und Neptun am 13. Januar 2012, 19.30 Uhr; Aufnahmedaten: Canon EOS 20 Da, Nikkor 600mm, f/5,6 bei Blende 11 und ISO 400. Summenfoto aus zehn Aufnahmen à jeweils 30 Minuten. Bildautor: Patricio Calderari

Die Mondfinsternis am 10.12.2011
von Werner Prendel

1 Beobachtungsort war der ,,Hohe Berg" bei Syke (ca. 15 km südlich von Bremen). Die Fotos wurden mit einer Nikon 300D
an einem Pentax 75 SDHF gemacht. Bildautor: Werner Prendel
VdS-Journal Nr. 42

Rezension + Vorschau

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Das Duell der Astronomen
von Dietmar Bannuscher
Bibliographische Daten: Axel Gora: Das Duell der Astronomen - Historischer Roman, Gmeiner Verlag, 321 Seiten, ISBN 978-3-8392-1138-0; Preis: 12,90 Euro

Der Roman hat mir gut gefallen. Er spielt schon fast in der ,,Neuzeit" an dem für uns ungewöhnlichen Ort Frankfurt an der Oder. Die dortige Universität besteht heute noch.
Unser Held Darius Degenhardt ist Doktor der Astronomie und vertritt heimlich das neue kopernikanische Weltbild. Aus diesem Grund kommt es unter anderem zu Verwicklungen mit der Inquisition, die seinen Vater wegen Druckens seiner verbotenen Schriften verhaftet.
Schon lange liebt er die Tochter seines Vorgesetzten (und sie ihn). Allein die soziale Distanz zwischen (gelehrtem) Handwerkssohn und (unkomplizierter) Tochter aus gehobenem Hause scheint zu groß.
Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, eine begehrte Stellung als Hofastronom beim mächtigen Kurfürst zu erlangen. Es gilt

eine schwere Aufgabe zu lösen (Berechnung einer Kometenbahn) und sich so gegen den mit allen Wassern gewaschenen Kontrahenten durchzusetzen.
Hin- und hergerissen zwischen Notwendigkeiten, Zwängen, Widrigkeiten und Neigungen erzählt die Geschichte spannend das Handeln unseres Freundes Darius innerhalb eines Monats. Er zeigt sich zwar als wissender Astronom und guter Lehrer seiner Studenten, gleichzeitig sieht man den noch sehr jungen unfertigen Menschen, der erst seinen Weg finden und auch an vielen Orten gleichzeitig sein müsste. Er agiert mal richtig und öfters falsch. Nicht nur einmal wird der Leser mit seinem Helden nicht einverstanden sein.
Was mich neben der geschichtlichen und spannenden Handlung besonders interessierte und geneigt machte, war die

Beschreibung der damaligen Astronomenarbeit bei Kometenbeobachtung und -bahnfindung.
Mir ist zwar noch nie ein solcher, am Himmel ,,springender Komet" vorgekommen: Er wird mal als strahlend hell beschrieben, ist in der Folgenacht verschwunden und dann irgendwann (wenn es gerade gar nicht passt) wieder sichtbar.
Diese kleine Schwäche im Roman fällt aber nicht wirklich auf, die Suche und die Methoden dazu, welche sich als roter Faden durch das Buch zieht, finden am Ende einen unglaublich spannenden Höhepunkt, der die Lust des Lesers an Kometen und deren Beobachtung (wieder) erweckt und neben der heutigen wissenschaftlichen Sicht auf die Kometen auch die geschichtliche Sicht der Schweifsterne (Unglücksbringer usw.) erneut interessant und erforschenswert macht.

Urlaubswoche und Veränderlichenbeobachtung 2012
vom 14. bis 21.9.2012 an der VdS-Sternwarte in Kirchheim (Thüringen)

Unsere nunmehr 9. Urlaubs- und Veränderlichenbeobachtungswoche an der thüringischen VdS-Feriensternwarte in Kirchheim, nahe bei Erfurt, ist seit Jahren die beste Möglichkeit, Veränderliche ,,live" zu erleben.
Beobachterische Anfänger machen mit geübten Beobachtern am Himmel den eigenen Einstieg und können dabei Urlaub und Geselligkeit genießen. Eine ganze Woche in schöner Urlaubsumgebung sollte auch für Beobachtungen ausreichend klaren Himmel bieten, was bei terminierten Kurzzeitanleitungen kaum gelingt. Auch tagesweises Mitmachen ist möglich. Termin: Vom 14. bis 21. September 2012. Besonderheit diesmal: zeitlich im Anschluss findet auch die 24.

BAV-Tagung in Jena statt (22.-23. September 2012).
In dieser Woche wird geboten: Visuelle Beobachtung, gern auch mit den eigenen transportablen Instrumenten, sowie CCD-Beobachtung mit der CCDKamera der Sternwarte. Praktischer Umgang mit BAV-Vorhersagen und Karten, DIA-Übung der Stufenschätzung, Umgang mit AAVSO-Karten. Auswertung der erzielten Beobachtungen. Ausflug ins Internet, CCD-Auswertung etc., Lösungen individueller Fragen. Zudem Tagesausflüge nach Erfurt, Weimar oder Jena sowie die Luther-Stadt Eisenach mit der Wartburg unter sachkundiger Leitung. Auto-Mitfahrgelegenheiten.

Kosten und Anmeldung: Die Sternwarten-Ausstattung ist über www.vds-astro.de einzusehen. Die Übernachtung auf der Sternwarte kostet pro Aufenthaltstag 24,- für VdS-Mitglieder und BAVler, andere zahlen 29,- . Frühstück und Abendbrot organisieren die Teilnehmer mit Hilfe der Gestalter selbst. Es gibt eine Küche. Sonstige Verköstigung im Ort bzw. je nach Lage der Ausflüge. Interessenten, ggf. mit Freunden, melden sich bitte mit einigen Angaben zum persönlichen Umfeld (z. B. Feldstecher, CCD, Mirasterne, Internet etc.) bei Dietmar Bannuscher, Burgstr. 10, 56249 Herschbach, Tel. 0 26 26 / 55 96, E-Mail: zentrale@bav-astro.de. Wir freuen uns auf Sie! Dietmar Bannuscher

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