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Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 41

BEITRAG
  4 Der Venustransit am 5./6. Juni 2012 (Melchert Sven)
  6 33 Jahre Halobeobachtungsnetz im Arbeitskreis Meteore (Hinz Wolfgang)
  6 Einleitung ins Schwerpunktthema Atmosphärische Erscheinungen (Hinz Wolfgang)
  10 50 Jahre Halobeobachtung (Röttler Günter)
  11 Anregungen und Hinweise zur Beobachtung von Regenbögen (Schmidt Rainer)
  15 Fotografie von Regenbögen (Hinz Claudia)
  19 Nach innen gekrümmte Regenbogenreflexion (Können G. P., Floor C)
  27 Dämmerung (Hinz Claudia)
  32 Etruskische Vasen (Hinz Claudia)
  34 Luftspiegelungen in Deutschland (Hinz Claudia)
  37 Höfe Kränze und irisierende Wolken (Nitze Reinhard)
  42 Die ich rief die Geister (Hinz Claudia)
  46 Crepuscularstrahlen (Großmann Michael)
  52 Das Pyramidalhalo-Phänomen in Virginia 2010 (Schmidt E., Clark T. A., Hinz C., Haußmann A.)
  56 Neues aus der FG Astrofotografie Journal 41 (Recker Antonius)
  56 Neues aus der FG Amateurteleskope/Selbstbau (Zellhuber Herbert)
  58 Weitere FG-Aktivitäten (Riepe Peter)
  58 Der Tag der Astrofotografen (Sparenberg Rainer)
  59 Versteckt in der Milchstraße - die Circinus-Galaxie (Riepe Peter, Willasch Dieter)
  62 Kurzzeitbelichtung in der Deep-Sky-Fotografie (Burkart Ralf)
  65 IC 2574 ein Mitglied der Ursa-Major-Gruppe (Riepe Peter, Sparenberg Rainer, Tomsik Harald)
  70 Veränderliche in Messier 33 fotografisch aufgespürt (Riepe Peter)
  73 Die H-Alpha-Sonnenfiltersysteme "Coronado SolarMax 90" u "SolarSpectrum Advanced Solar Observer" Teil 1 (Geissinger Rolf)
  78 Sonnenaufnahmen im Weiß- H-Alpha- und Kalziumlicht (Eser Bernd)
  82 Scilab als Werkzeug für astronomische Berechnungen (Rohe Klaus)
  86 Aktuelles aus der Fachgruppe Dark Sky (Hänel Andreas)
  87 Wer beschützt die dunkle Nacht (Frank Sabine)
  89 Fachgruppe Deep Sky - Neues Journal 41 (Bohle Jens, Spitzer Daniel)
  89 Das BL-Lacertae-Objekt Markarian 501 (Wenzel Klaus)
  91 Zwei Ansichten des Eta Carinae Nebels NGC 3372 (Fritz Michael)
  92 Ein Galaxienbogen mit NGC 2469 und Weiteren (Leiter Frank)
  92 NGC 4631 (Spitzer Daniel)
  93 Entdecker des expandierenden Universums (Duerbeck Hilmar)
  93 Fachgruppe Geschichte der Astronomie Neues J. 41 (Steinicke Wolfgang)
  96 Hilmar W. Duerbeck (Dick Wolfgang)
  97 8. Tagung der FG "Geschichte der Astronomie" (Steinicke Wolfgang)
  100 Das ASL 2011 (Matsarskaja Olga)
  100 Hallo von der VEGA (Opialla Tobias)
  102 In den Tiefen des Universums (Spaniol, Ludwig, Kudla, Templin, Reinert)
  103 Kosmische Begegnungen Journal 41 (Ries Wolfgang, Hohmann Klaus)
  105 Das 2011er Perihel des Kometen 45/P Honda Mrkos Pajdusakova (Pilz Uwe)
  107 Vormachen Mitmachen Nachmachen (Flechsig Gerd-Uwe)
  108 Exoplaneten für Amateure (Rätz Manfred)

41
  0 VdS Mitglieder neu Begrüßung Journal 41 (Beitrag)
  0 Jubiläen 2012 (Beitrag)

BEITRAG
  113 VdS-Vorstand aktuell Journal 41 (Melchert Sven)

41
  0 VdS Mitglieder verstorben 2011 (Beitrag)

BEITRAG
  114 Das war´n noch Zeiten Journal 41 (Völker Peter)
  116 RV Arietis - mein erster HADS (Wollenhaupt Guido)
  117 Mein Galaxienprojekt "Balkonsternwarte" (Güths Torsten)
  120 Heilung ausgeschlossen (Sieske Heidi)
  124 Oh je - der Nachthimmel auf Teneriffa (Weber Hans Gerhard)
  125 Die totale Mondfinsternis am 15. Juni 2011 Budapest (Ackermann Gabriele, Ackermann Jörg)
  126 Frikadellen, Astrofotografie und viel Sonne (Lohuis Christoph)
  127 SOFIA in Köln (Schoch Horst)
  129 M wie Messier Journal 41: M 40, M 54, M 55 (Güths Torsten)
  132 Der längste "Messier-Marathon" ist erfolgreich abgeschlossen (Journal 41)
  133 Der Sternhimmel April-Mai-Juni 2012 (Melchert Sven, Celnik Werner E., Braune Werner)
  136 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen Journal 41 (Celnik Werner E.)
  0 Editorial Journal 41 (Guthier Otto)

Textinhalt des Journals 41

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VdS-Journal Nr. 41

4

Nach Redaktionsschluss

Der Venustransit am 5./6. Juni 2012
von Sven Melchert
Gelb: Sonne versinkt während Transit zeitweise unter Horizont

Sonne bei Transit-Maximum
im Zenit

IV

I

IV

I

III

Sonne geht

II

Kein

III

Transit bei

II

während Transit

Transit

Sonnenaufgang

unter

zu sehen

bereits im Gang

Transit in voller Länge zu sehen

Transit endet m it Sonnen untergang
Transit beginnt mit Sonne nuntergan g

g enaufgan t bei Sonn eginn Transit b
aufgang ei Sonnen Transit endet b

F. Espenak, NASAs GSFC
Im Frühjahr dieses Jahres strahlt Venus als Abendstern. Die maximale Distanz zur Sonne, ihre größte östliche Elongation, erreicht der innere Nachbarplanet am 27. März. Immerhin 46 Grad ist die Venus dann von der Sonne entfernt, und man kann sie selbst in dunkler Nacht noch am Westhimmel leuchten sehen. Nach dem 27. März verringert sich der Winkelabstand Sonne - Venus wieder. Ende April beträgt der Abstand nur noch 35 Grad, und Ende Mai wird man bei einer Distanz von 15 Grad schon Mühe haben, die Venus noch am Abendhimmel ausfindig zu machen.
Auf ihrer Bahn um die Sonne bewegt sich Venus dabei in eine Position zwischen Sonne und Erde. Venus nähert sich der Erde an, ihr scheinbarer Durchmesser nimmt stetig zu: von 24 Bogensekunden Ende März auf 55 Bogensekunden Ende Mai. Gleichzeitig wird die Sichel der Venus immer schmaler. Wenn Venus ihre Position exakt zwischen Erde und Sonne erreicht, sehen wir von ihr nur noch die unbeleuchtete, dunkle Rückseite. Während einer solchen unteren Konjunktion befindet sich Venus meist einige Grad oberhalb oder unterhalb von der Sonne entfernt, denn die um 3,5 Grad relativ zur Ekliptik geneigte Venusbahn macht ein exaktes Zusammentreffen mit der nur 0,5 Grad großen Sonnenscheibe recht selten.
VdS-Journal Nr. 41

Region Y* eclipse.gsfc.nasa.gov/OH/transit12.html
1 Zur globalen Sichtbarkeit des Venustransits am 5./6. Juni 2012.
Quelle: F. Espenak, NASA/GSFC.

Kurz nach der Knotenpassage Doch genau dieses Ereignis tritt in der Nacht vom 5. auf den 6. Juni 2012 ein: Venus tritt als schwarze Scheibe vor die Sonne, ein sogenannter Venustransit findet statt. Denn die untere Konjunktion der Venus trifft auf den 6. Juni um 2 Uhr MEZ, und nur 16 Stunden später wird die Venusbahn die Ekliptik kreuzen. Bereits am 8. Juni 2004 konnte ein Venusdurchgang vor der Sonnenscheibe beobachtet werden. Damals hatte die Venus ihre Knotenpassage - den Schnittpunkt zwischen Ekliptik und Venusbahn - gerade hinter sich, als sie am 8. Juni 2004 um 10 Uhr MEZ in untere Konjunktion trat. Wir haben besonderes Glück, zu unseren Lebzeiten gleich zwei Venustransite erleben zu können, denn der vorletzte Transit fand am 6. Dezember 1882 statt, und bis zum folgenden am 11. Dezember 2117 werden über 105 Jahre vergehen.

Vollständig nur in der Ferne Doch leider gibt es beim diesjährigen Venustransit einen kleinen Haken: Wenn die Venus am 5. Juni kurz nach 23 Uhr ihren ersten Kontakt mit dem Sonnenrand hat, steht die Sonne für uns Mitteleuropäer unsichtbar unter dem Horizont. Erst mit Sonnenaufgang am 6. Juni wird man die Endphase des Transits miterleben. Um den diesjährigen Venustransit in seiner vollen Länge beobachten zu können, muss man sich entweder östlich von 90 Grad östl. Länge befinden - hier ist die Sonne mit Beginn des Transits bereits aufgegangen - oder nördlich von 68 Grad nördl. Breite, wo die Sonne zu dieser Zeit nicht unter den Horizont sinkt (siehe Abb. oben). Als Reiseziele bieten sich das östliche China, Japan und Ostaustralien an, oder das nördliche Norwegen. Eine besondere Erwähnung ist

Der Venustransit am 5./6. Juni 2012

Ereignis 1. Kontakt (Venus berührt den Sonnenrand von außen): 2. Kontakt (Venus berührt den Sonnenrand von innen):
Mitte des Transits 3. Kontakt (Venus berührt den Sonnenrand von innen): 4. Kontakt (Venus berührt den Sonnenrand von außen):

Uhrzeit (UT) 22h 09m 38s 22h 27m 34s 01h 29m 36s 04h 31m 39s 04h 49m 35s

Nach Redaktionsschluss

5

N

noch Island wert. Dort steht die Sonne zu Beginn des Transits über dem Hori-

I
22h

II
23h

Maximum
(kleinster Abstand
zur Sonnenmitte) 0h
1h Uhrzeit (U 2h T) 3h

III IV
4h 5h

hellung des Venusrands auf. Bevor sich Venus dann mit ihrem letzten Zipfel von

zont, wird dann je nach Ort für bis zu

Ekliptik

zwei Stunden unter dem Horizont versin- O

der Sonne löst, kann nach dem SchwarW zer-Tropfen-Phänomen Ausschau gehal-

ken und taucht dann zusammen mit der

ten werden: Zwischen Venus und Son-

Venus wieder auf. Man kann also Beginn

nenrand scheint sich eine dunkle Brücke

und Ende des Venustransits beobachten.

zu bilden. Seit dem Transit von 2004

weiß man allerdings, dass dieses Phäno-

Der Venustransit in Deutschland

men durch mangelnde optische Qualität

Den wenigsten wird es aber vergönnt sein, zum Venustransit eine Fernreise zu unternehmen, und nach dem vom Wet-

S
2 Pfad der Venus vor der Sonne.

des Teleskops hervorgerufen wird. Zur Fotografie des Transits

terglück gesegneten Transit am 8. Juni Die exakten Kontaktzeiten sind in der

Für eine typische DSLR-Kamera eignen

2004 ist der Reiz, den Durchgang in Tabelle unten links angegeben. Quelle: sich Brennweiten ab 200 mm, um die

seiner gesamten Länge zu beobachten, F. Espenak, NASA/GSFC.

Venus vor der Sonne auf dem Bild er-

eher gedämpft. Für alle Daheimgeblie-

kennen zu können. Auch hier gilt wie bei

benen heißt es daher, am Morgen des 6.

der visuellen Beobachtung: unbedingt

Juni zeitig aus den Federn zu kommen, Für die Beobachtung mit bloßem Auge einen Sonnenfilter verwenden! Besser

denn die von der schwarzen Venus ge- genügt eine typische Sonnenfinster- sind Brennweiten ab 500 mm, und mit

schmückte Sonne tritt für den zentralen nisbrille. Die Venus ist groß genug, um 1200 mm wird die Sonne das Bildfeld

Ort bei 50 Grad nördl. Breite / 10 Grad sie als kleinen schwarzen Klecks vor fast vollständig ausfüllen. Noch länge-

östl. Länge bereits um 5.12 Uhr über der Sonne erkennen zu können. Für das re Brennweiten eignen sich dazu, die

den Horizont. Gegen 6.30 Uhr wird die Fernglas oder Fernrohr ist im Fachhandel schwarze Scheibe der Venus bzw. die ihr

Venus über den westlichen Sonnenrand relativ preiswerte Sonnenfilterfolie er- benachbarte Sonnenoberfläche im Detail

treten, so dass uns immerhin über eine hältlich, für die man sich entweder selbst festzuhalten. Immerhin kann man da-

Stunde der Transitzeit zur Beobachtung aus Pappe eine Halterung bastelt oder von ausgehen, dass auf der Sonne einige

übrig bleibt. Kurz vor 7 Uhr wird Venus gleich zu einer Version mit passender Flecken zu sehen sein werden, zu denen

die Sonne dann endgültig verlassen. Je Steckhülse für das Teleskop greift. Wich- sich zeitweise die Venus gesellen mag.

weiter nordöstlich man sich in Mittel- tig: Achten Sie darauf, eine Folie für vi- Wie auch sonst bei der Sonnenfotografie

europa befindet, desto länger wird man suelle Beobachtung zu erwerben, denn es üblich, kann man zu einer Webcam oder

den Transit beobachten können. So geht werden auch Filter für die Fotografie an- Videokamera greifen und damit beson-

die Sonne in Berlin bereits um 4.41 Uhr geboten, die deutlich mehr Sonnenlicht ders scharfe Bilder machen.

auf, in Freiburg hingegen erst gegen 5.30 passieren lassen.

Uhr, und auf Rügen schon um 4.30 Uhr.

Uns allen gutes Wetter und viel Erfolg bei

Die Wahl eines nordöstlichen Beobach- Richtig spannend wird es noch einmal der Beobachtung des Venustransits! Bil-

tungsstandorts kann also selbst inner- zum Ende des Transits hin. Wenn Venus der und Berichte veröffentlicht die VdS

halb von Deutschland den Venustransit beginnt, die Sonnenscheibe wieder zu in der kommenden Ausgabe des Journal

um bis zu eine Stunde verlängern!

verlassen, taucht auf ihrer vorausschrei- für Astronomie - versorgen Sie uns mit

tenden Seite vielleicht eine leichte Auf- Ihren Erlebnissen!

Die Beobachtung des Transits

Die Beobachtung beginnt mit Sonnenauf-

gang. Und darin liegt auch der besondere Reiz unserer eigentlich benachteiligten

Sonnenaufgang am 6. Juni 2012

Situation, wenn die frühe Sommersonne mit der Venus über den nordöstlichen Horizont tritt. Bei Sonnenaufgang mag das grelle Sonnenlicht vom Morgendunst noch so weit gedämpft sein, dass man einen Blick ohne Sonnenfilter riskieren kann (wovon aber eindeutig abgeraten wird!), ansonsten sieht man sich technisch einer Sonnenbeobachtung gegenüber. Dazu der immer wieder notwendige Hinweis, dass man niemals ohne sicheren Sonnenfilter in die Sonne schauen darf, will man sein Augenlicht nicht dauerhaft schädigen! Weder mit bloßem Auge und schon gar nicht mit einem Fernglas oder Teleskop.

Ort
Berlin Dresden Frankfurt/Main Frankfurt/Oder Freiburg Hamburg Kassel Köln München Stralsund Stuttgart Wien Zürich

Sonnenaufgang (MESZ)
4.46 Uhr 4.52 Uhr 5.17 Uhr 4.42 Uhr 5.30 Uhr 4.53 Uhr 5.08 Uhr 5.19 Uhr 5.15 Uhr 4.36 Uhr 5.22 Uhr 4.55 Uhr 5.30 Uhr

Azimut Sonne bei Sonnenaufgang
48,9 Grad 50,6 Grad 51,5 Grad 49,3 Grad 53,4 Grad 47,7 Grad 50,4 Grad 50,8 Grad 53,4 Grad 46,8 Grad 52,9 Grad 53,9 Grad 53,8 Grad

Sonnenhöhe bei Transitende
16,4 Grad 16,2 Grad 12,9 Grad 17,0 Grad 11,6 Grad 14,7 Grad 13,7 Grad 12,0 Grad 13,9 Grad 16,7 Grad 12,6 Grad 17,0 Grad 11,8 Grad

VdS-Journal Nr. 41

6

Atmosphärische Erscheinungen

Einleitung ins Schwerpunktthema

Atmosphärische Erscheinungen

von Wolfgang Hinz

Für viele Astronomen ist die Atmosphäre hauptsächlich ein Störfaktor. Nicht nur ein Wolken verhangener Himmel sondern auch Aerosole, Staubpartikel und Streulicht können die Beobachtungen behindern. Ein aufmerksamer Betrachter wird aber viele interessante Phänomene in der Atmosphäre finden, beispielsweise Haloerscheinungen, Regenbögen, irisierende Wolken, Heiligenschein, Glorien, Leuchtende Nachtwolken, Polarlichter oder Dämmerungserscheinungen. Diese Phänomene der atmosphärischen Optik sind Gegenstand der Arbeit der Fachgruppe ,,Atmosphärische Erscheinungen". Betreut wird sie vom Arbeitskreis Meteore e.V. Er beschäftigt sich mit fast allen

Erscheinungen der unteren und oberen Atmosphäre und betreibt Beobachternetze für Haloerscheinungen, Leuchtende Nachtwolken, Polarlichter und atmosphärische Erscheinungen.
Zu einigen Phänomenen atmosphärischer Erscheinungen gibt es noch keine gesicherte Theorie. Jede Beobachtung außergewöhnlicher Phänomene kann daher eine Lücke schließen helfen. Hier sind vor allem die Fotografen gefragt.
Regelmäßig berichten wir im VdSJournal über besondere Beobachtungen und widmen uns neueren Theorien. Im Schwerpunktthema dieses Hefts werden

einige Erscheinungen genauer vorgestellt. Sie sollen den Leser zu eigenen Beobachtungen anregen. Wer sich intensiver mit der Materie beschäftigen will, kann die Homepage des Arbeitskreises Meteore [1] besuchen. Ungewöhnliche Beobachtungen aller Art können zudem im internationalen Blog für atmosphärische Erscheinungen [2] beigesteuert werden.
Internethinweise: [1] Homepage des Arbeitskreises
Meteore: http://www.meteoros.de [2] Internationaler Blog für atmo-
sphärische Erscheinungen: http://blog.meteoros.de

33 Jahre Halobeobachtungsnetz im Arbeitskreis Meteore e.V.
von Wolfgang Hinz

Haloerscheinungen sind optische Erscheinungen in der Troposphäre. Sie entstehen durch Lichtbrechung und Spiegelung an hexagonalen Eiskristallen. Die vielfältigen Formen von optisch relevanten Eiskristallen rufen eine erstaunliche

Anzahl von Haloarten hervor. Je nach Form und Größe sowie der Ausrichtung um eine jeder Kristallrichtung eigenen, bevorzugten Schwebestellung beim Fall durch die Atmosphäre entstehen Ringe, Säulen, Kreise, Bögen und Flecken. Die

meisten Haloerscheinungen sind darüber hinaus noch von der Sonnenhöhe abhängig. Diese Erscheinungen werden seit über 30 Jahren im Arbeitskreis Meteore (AKM) beobachtet.

1 Die 25-jährige Haloaktivität zeigt zwei deutliche Mini-
ma und ebenso zwei Maxima. Spiegelt sich hier verzögert die Sonnenaktivität wieder?
VdS-Journal Nr. 41

2 In der 25-jährigen monatlichen Haloaktivität zeichnet
sich im Frühjahr und Herbst ein Maximum ab. Erwartungsgemäß sind die Monate mit den geringsten Sonnenstunden auch haloarm. Doch auch im Sommer zeigt sich ein Minimum.

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3 Halophänomen mit 22-Grad-Ring, beiden Nebensonnen, oberer Berührungsbogen, Zirkumzenitalbogen und Supralateral-
bogen, aufgenommen am 20.11.2010 auf der Wetterwarte Wendelstein (1.838 m). Bildautorin: Claudia Hinz

8

Atmosphärische Erscheinungen

4 Farbenprächtiger Zirkumzenitalbogen, aufgenommen am 15.12.2010 auf dem
Sudelfeld im Wendelsteingebiet. Bildautorin: Claudia Hinz

Im Jahre 1978 entwickelten Gerhard Stemmler und Andre Knöfel einen Schlüssel zur Beobachtung und Klassifizierung von Haloerscheinungen und legten damit die Grundlage für die Halobeobachtungen im AKM. Zu Beginn der 1980er Jahre beteiligten sich nur wenige Enthusiasten. Heute schicken monatlich 30 Beobachter ihre Ergebnisse ein. Seit 1986 wurden die Beobachtungen mit dem Eingabe- und Auswerteprogramm HALO 2.5 von Sirko Molau erfasst. Es umfasst heute - nach 25 Jahren - Angaben zu 132.729 einzelnen Haloerscheinungen (Stand Ende 2010). Mit dem Haloschlüssel sowie dem Programm HALO betrat der AKM Neuland. Am Zustandekommen dieser Reihe waren bisher ca. 65 Beobachter beteiligt. Es ist die längste und vor allem umfangreichste Halobeob-
VdS-Journal Nr. 41

achtungsreihe weltweit. Voraussetzung für eine sinnvolle Auswertung ist die kontinuierliche Beobachtung. Die langjährigsten Beobachter im AKM können auf lückenlose Reihen seit 1953 (Gerhard Stemmler) bzw. 1961 (Günter Röttler) zurückblicken. Diese beiden Reihen spiegeln das Halogeschehen in Oelsnitz/ Erzgebirge und in Hagen im Ruhrgebiet wieder und sind deshalb besonders wertvoll.
Ein aufmerksamer und kundiger Beobachter in Mitteleuropa kann im Durchschnitt an über 100 Tagen im Jahr Haloerscheinungen sehen. In der 25-jährigen Reihe des AKM ab 1986 gab es Jahre mit mehr und Jahre mit weniger Halos. Um die Beobachtungen vergleichen zu können, wurde ein Aktivitätsindex einge-

führt. In die Formel gehen die Seltenheit der Haloarten, die Dauer und die Helligkeit der Erscheinung ein. Berücksichtigt werden nur Halos im Haupt- und Nebenbeobachtungsort und die im Cirrus entstanden sind. Damit sind sämtliche Daten vergleichbar, was eine objektivere Langzeitbewertung des Halogeschehens möglich macht. In Abbildung 1 sind die Werte der letzten 25 Jahre für Mitteleuropa wiedergegeben. Man kann sogar eine gewisse Periodizität erkennen. Im Moment sind wir wieder bei einer geringen Haloaktivität angelangt. Über die Ursachen kann man nur spekulieren. Aber auch im langjährigen Jahresverlauf bildet sich im Frühjahr und im Herbst ein Maximum ab. (Abbildung 2).
Im Haloschlüssel sind ca. 50 verschiedene Haloarten mit ihren Untertypen aufgeführt. 92,8 % der Halos entstehen durch Sonnenlicht und 7 % werden durch den Mond verursacht. An den helleren Planeten Venus und Jupiter wurden 34 obere oder untere Lichtsäulen beobachtet, die aber nur etwa ein halbes Grad lang waren. Bei 217 Haloerscheinungen waren irdische Lichtquellen die Verursacher.
Die meisten Halos entstehen im Cirrus unterschiedlicher Dichte (ca. 98 %). Aber auch im Reif oder auf einer Schneedecke wurden 480 Halos beobachtet. Ebenso viele Sichtungen stammen aus Fallstreifen (Virga), meist aus Altocumulus. Die schönsten Haloerscheinungen und komplexesten Phänomene kann man aber im Eisnebel oder Polarschnee beobachten, bisher knapp über 1.000 Erscheinungen.
Mit einem Anteil von ca. 35 % aller Sonnenhalos tritt natürlich der 22-Grad-Ring am häufigsten auf, mit je 18 % folgen die beiden Nebensonnen zum 22-Grad-Ring. Die dritthäufigste Haloart ist mit 11 % der Komplex unterer/oberer Berührungsbogen bzw. der umschriebene Halo. Erwähnenswert sind noch die beiden Lichtsäulen mit zusammen 7 % und der Zirkumzenitalbogen mit 6 %. Über einem Prozent liegen noch der Horizontalkreis (1,6 %) und der Supralateralbogen mit dem häufig nicht unterscheidbaren 46-Grad-Ring mit 1,6 %. Der Parrybogen wurde immerhin noch 623 Mal gesehen (0,5 %), die 120-Grad-Nebensonnen folgen mit jeweils ca. 350 Beobachtungen. Auf über 100 Sichtungen kommen wei-

Atmosphärische Erscheinungen

9

5 Rechter Nebenmond über München mit Meteorspur, aufgenommen am
20.11.2010 auf dem Wendelstein (1838m). Bildautorin: Claudia Hinz

terhin nur noch der Infralateralbogen (123) und die Untersonne (156). Alle anderen Haloarten wurden sehr viel weniger häufig gesehen, z.B. der 9-Grad-Ring (36), der 18-Grad-Ring (44), linke/rechte Unternebensonne (93), Wegeners Gegensonnenbogen (29), Sonnen- und Untersonnenbogen (13 bzw. 11), Tapes Bogen (12) und Moilanenbogen (7). Aber es gibt auch neue, bisher noch nicht beobachtete Erscheinungen im Rahmen des Beobachtungsnetzes.
Ein besonderes Erlebnis ist das Auftreten von Halophänomenen. Darunter ist das gleichzeitige Erscheinen von mindestens fünf verschiedenen Haloarten zu verstehen. Im Beitrag über ,,Antarktische Eisnebel- und Polarschneehalos" in [2] ist das fast gleichzeitige Auftreten von 22 Haloarten mit 28 Erscheinungen dokumentiert.
Auf unserer Homepage [1] sind fast alle Haloarten erklärt und dazu gibt es ein umfangreiches Bildarchiv. Auch zu vie-

len anderen atmosphärischen Erscheinungen sind umfassende Informationen in Deutsch auf den Internetseiten erhältlich.
Wir werden auch weiterhin regelmäßig im Journal über aktuelle Beobachtungen zu den Halos und anderen atmosphärischen Beobachtungen berichten. Theoretische Ausarbeitungen zur atmosphärischen Optik sollen zur eigenen Beschäftigung mit diesem interessanten Thema anregen.
Literatur- und Internethinweise: [1] Homepage des Arbeitskreises
Meteore: http://www.meteoros.de [2] Journal für Astronomie, Nr.38,
III/2011, Seiten 52-57

Inserentenverzeichnis

AME Astro-Messe

123

10. ATB, Burgwald

107

APM Telescopes, Rehlingen

21

astronomie.de, Neunkirchen

45

Astro-Shop, Hamburg

U2

Astroshop.de nimax GmbH,

85

Landsberg

28. ATT, Essen

51

Baader Planetarium,

U4

Mammendorf

Sahara Sky, F. G. Koring,

69

Marocco

Kosmos Verlag, Stuttgart

7

Meade Instruments Europe,

31

Rhede

Gerd Neumann jr., Münster

55

Optische Geräte Wolfgang Lille, 115 Heinbockel

6. RATT, Ravensburg

26

Spektrum der Wissenschaft Ver- 23 lagsgesellschaft mbH, Heidelberg 41

VdS-Journal Nr. 41

10

Atmosphärische Erscheinungen

50 Jahre Halobeobachtung
von Günter Röttler

50 Jahre sind eine lange Zeit, die auch in Bezug auf die Halobeobachtung Höhen und Tiefen brachte. Insgesamt gesehen war die Tätigkeit sehr reizvoll und hat mir viele neue Erkenntnisse gebracht. Bevor ich mit der regelmäßigen Beobachtung der Halohäufigkeit begann, war mir nur der gelegentlich auftretende Ring mit 22-Grad-Radius um den Mond bekannt. Im Volksmund hieß es dann

bei seinem Auftreten, ,,Der Mond zieht Wasser, es gibt Regen", wovon sich nur das Letztere bewahrheitete. Das relativ häufige Auftreten von Haloerscheinungen und die zahlreichen verschiedenen Formen, besonders bei der Sonne, haben mich später sehr beeindruckt.
Es begann mit Albert Schäfer, dem Gründer der Hagener Volkssternwarte. Gleich-

zeitig mit der astronomischen Tätigkeit im Jahre 1956 führte er Wettermessungen und Aufzeichnungen durch, die sich sehr bewährten und auch heute noch Nutzen bringen. Da Albert Schäfer jemanden zur regelmäßigen Beobachtung der atmosphärischen Lichterscheinungen suchte, stellte ich mich zur Verfügung. Mit dem Jahr 1961 begann ich die Halobeobachtung mittlerweile haben sich

1 Der auf der Aufnahme sichtbare Horizontalkreis umspannt bei voller Ausbildung in Sonnenhöhe den Himmel. Der am
01.09.1983 aufleuchtende Kreis gehört zu den reflektierenden Halos. Auf dem hellen Band befindet sich eine 120-Grad-Nebensonne und eine Liljequist-Nebensonne. Durch die Aufhellungen in Sonnennähe nicht sichtbar gab es um das Tagesgestirn ein 22-Grad-Ring und zu beiden Seiten 22-Grad-Nebensonnen. Ein Phänomen war somit gegeben.

VdS-Journal Nr. 41

Atmosphärische Erscheinungen

11

schon 50 Jahre lückenloser Aufzeichnungen angesammelt. Diese reizvolle Tätigkeit hat mir viel Freude gemacht und ich habe sie nie bereut.
Einzelbeobachter und Arbeitsgruppen mit regelmäßigen Halobeobachtungen hat es sehr zahlreich und an vielen Orten gegeben. Eine Veröffentlichung von Rainer Schmidt über Halobeobachtungsreihen (vor 1985) zeigt 75 dieser Zusammenfassungen, die rund um den Globus führen [1]
Meine regelmäßigen Beobachtungen und die von Gerhard Stemmler, der 1953 mit regelmäßigen Aufzeichnungen begann, sind weltweit gesehen die beiden längsten Reihen. 1967 schloss ich mich einer Gruppe um Bernt Albers in Hamburg an, die auch schon in der VdS aktiv war. Nachdem sich die Gruppe aus Altersgründen auflöste, beteiligte ich mich an einer Arbeitsgemeinschaft um Günther Schubert in Schwerin. Nach dem Tode von Schubert löste sich dieser Arbeitskreis ebenfalls auf. Seit 1993 bin ich in der Sektion Halobeobachtungen im Arbeitskreis Meteore e.V. aktiv, welcher

eine größere Mitgliederzahl hat und sehr aktiv ist.
Aus den fünfzigjährigen Beobachtungen resultiert eine große Anzahl von Aufzeichnungen. Die Zahl der Tage mit Halos schwankte im Jahresvergleich. Bemerkenswert erfolgten die beiden Extreme in der zweiten Hälfte der Beobachtungsreihe. So hatten die Jahre 1991 und 1992 mit 48, bzw. mit 47 Halotagen das Tiefstmaß. Demgegenüber war 1999 mit 129 Halotagen das beste Jahr. Anschließend sanken die jährlichen Ergebnisse, um im Jahre 2010 mit 58 Halotagen wieder einen tiefen Stand zu erreichen.
Eine nähere Beschäftigung mit den Halos ist wegen ihres Formenreichtums interessant. Zwei verschiedene Entstehungssysteme zeigen sich am Himmel. Durch Brechung vorwiegend des Sonnen- und Mondlichtes in Eiskristallen entstehen farbige Haloformen. Im weißen Licht erstrahlen die Reflexionshalos. Auch durch irdische Lichtquellen können Haloformen erzeugt werden. Sie treten aber in den Hintergrund.

Treten mehr als fünf verschiedene Haloarten gleichzeitig am Himmel auf, gilt die Bezeichnung ,,Phänomen". Ausgedehnte Halophänomene oder über den Himmel verteilte Haloarten können bei der Erstellung von Fotos Schwierigkeiten bereiten. Eine solche Haloart ist der Horizontalkreis, der sich bei vollständigem Aufleuchten in Sonnenhöhe um den ganzen Himmel zieht. Bei einem solchen Auftreten befand ich mich zufällig auf der Hagener Volkssternwarte, auf der sich glücklicherweise ein den gesamte Himmel erfassenden Spiegel mit Kamerahalterung befand, der eine Aufnahme ermöglichte. (Abb. 1) Dasselbe Kamerasystem ist beim Feuerkugelnetz der DLR im Einsatz, wovon die Hagener Volkssternwarte eine Station betreut.
Internethinweis: [1] Übersicht älterer Beobachtungs-
reihen (vor 1985) http://www.meteoros.de/halres/ reihe1.htm

Anregungen und Hinweise zur Beobachtung von Regenbögen

von Rainer Schmidt

In den letzten Jahren sind weitere mathematisch-physikalische Verfahren auf das Problem einer möglichst umfassenden Erklärung von Regenbögen angewendet worden. Derzeitig wird an der Entwicklung einer einheitlichen Regenbogentheorie gearbeitet. Für interessierte Beobachter bietet sich hierbei die Möglichkeit, das theoretische Projekt durch die Bereitstellung von Fotos mit Beweiskraft praktisch zu begleiten. Eine Beteiligung an der Diskussion vom Standpunkt der Praxis heraus kann durchaus einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Regenbogentheorie leisten. Dazu sind jedoch einige Aspekte zu beachten, die zum Teil erheblich von der klassischen Methode zur Beobachtung von Regenbögen abweichen. In diesem Beitrag soll es nun darum gehen, einige der theoretisch möglichen Erscheinungsformen von Regenbögen vorzustellen und die damit

verbundenen Probleme zu erörtern. Ziel dieses Aufsatzes ist es, die notwendige Information für die Beobachtung zur Verfügung zu stellen, damit diese gezielt vorbereitet werden kann und damit ein positives Ergebnis weniger vom Zufall oder Beobachterglück abhängt.
Allgemeine Hinweise zur Beobachtung von Regenbögen Hinweise zur Beobachtung von Regenbögen wurden bereits von Volz [1] gegeben. Seine Ausführungen haben bisher nichts an Aktualität verloren. Die Weiterentwicklung der Erkenntnis über die Theorie der Bögen hat auch weitere Sonderformen hervorgebracht, deren Existenz durch die Beobachtung bestätigt werden muss. Der Schwerpunkt hat sich inzwischen von der visuellen zur fotografischen Beobachtung verlagert.

Die Voraussetzung für eine erfolgreiche visuelle und fotografische Beobachtung ist ein möglichst günstiges Signal-Hintergrund-Verhältnis [2]. Je besser dieses Verhältnis ist, desto deutlicher ist das entsprechende Objekt zu erkennen. Die Physiologie des Sehens ist dafür verantwortlich, dass das menschliche Auge nicht der beste Sensor ist. Man sollte daher der Fotografie immer den Vorzug geben. Die Verwendung eines Polarisationsfilters ist bei der Fotografie von Regenbögen dringend zu empfehlen, da nach Können [2] so das Signal-Hintergrund-Verhältnis um den Faktor 2 verbessert werden kann. In der Praxis kann das Problem auftreten, dass ein schwaches Bogensegment oder gar nur ein Lichtfleck wahrgenommen wird und man nicht so recht weiß ob es sich dabei um einen Teil eines Regenbogens handelt. In diesem Falle kann der Polarisationsfilter bei der Identifizierung helfen.
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1 Regenbogenfragment mit einer besonderen Kaustik. Bildautorin: Claudia
Hinz, 7. Juni 2009; Zoom: 130 mm bei 35 mm Standardobjektiv, Blende: 5,6

Regenbögen sind durch die innere Reflexion stark polarisiert. Man braucht also nur feststellen ob das betreffende Segment oder der Fleck polarisiert sind und ermittelt dabei die Polarisationsrichtung. Dreht man den Filter um wenige Grad, so wird das Objekt ziemlich schnell schwächer und man kann in diesem Falle mit einiger Sicherheit sagen, dass es sich hierbei um ein Fragment eines Regenbogens handelt. Dieser Test ist einfach und lässt sich in der Praxis gut durchführen. Weitergehende Informationen zur Polarisation des Regenbogens siehe Können [3].
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Bei der fotografischen Beobachtung sollte man zwischen zwei Arten der Verwendung von Fotos unterscheiden, nämlich zu Zwecken der Dokumentation oder als Beweismittel. Ein Foto mit Beweiskraft muss das betreffende Objekt eindeutig und zweifelsfrei mit seinem Hintergrund auf ein unbearbeitetes Original abbilden und es muss kritischen Bewertungen standhalten. Die nachträgliche Bildbearbeitung führt leider oft zur Verzerrung des Signal-Hintergrund-Verhältnisses. Wenn aber ein bearbeitetes Foto zur Beweisführung heran gezogen wird, so

liefert man dem Kritiker gleich bereitwillig das Argument der Bildmanipulation gratis dazu. Kritiker sind in der Regel gnadenlos und unerbittlich, sodass nachträglich bearbeitete Fotos meistens in der Bewertung durchfallen. Einige Experten stellen mittlerweile das Foto als Beweismittel generell in Frage, da es unter heutigen Bedingungen mit vergleichsweise einfachen Mitteln manipuliert werden kann. Gewiss, Maßnahmen zur Bildverbesserung haben auch ihre Berechtigung, z. B. wenn man erreichen will, dass auf Fotos abgebildete Objekte im Druck besser erscheinen sollen. Auch zu Zwecken der Präsentation sind solche Manipulationen legitim, wenn man anmerkt, dass die Bilder bearbeitet wurden und welches Verfahren mit welchen Einstellungen dazu benutzt wurde.
Besondere und seltene Regenbögen Im Rahmen dieses Aufsatzes ist es nicht möglich auf alle besonderen Erscheinungsformen näher einzugehen. Daher befindet sich in Tab. 1 eine Auswahl der wichtigsten besonderen Erscheinungsformen. Die Regenbögen 1. und 2. Ordnung, der Mondregenbogen und der rote Regenbogen stellen in diesem Sinne keine besonderen Erscheinungsformen dar und wurden daher nicht in dieser Tabelle aufgenommen.
Hiermit wird der Versuch unternommen die bisher bekannten, besonderen Erscheinungsformen zu systematisieren und nach ihrer Entstehung zu klassifizieren. Mit der Weiterentwicklung der Erkenntnisse über die Physik des Regenbogens sollte auch diese Tabelle ständig aktualisiert und weitergeführt werden. Es ist durchaus möglich, dass im Laufe der Zeit weitere Erscheinungsformen hinzukommen oder kompliziertere Mehrfachregenbögen, wie sie z. B. bei Corliss [14] aufgeführt sind, die ihre Ursache in der Kombination mehrerer physikalischer Prozesse haben könnten, als in der zweiten Spalte dieser Tabelle dargestellt sind.
Schauen wir uns nun einige interessante Fälle aus Tab. 1 der Reihe nach an.
Fall 2: Die Beobachtung von Manja Kolb [6], Tab. 2 stellt hier eine Besonderheit dar: Im Schnittpunkt beider Bögen war eine deutliche Verdickung erkennbar. Die Daten zu dieser Beobachtung reichen

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für eine physikalische Betrachtung nicht aus. Möglich ist aber eine erste Bewertung auf der Grundlage der Katastrophentheorie, da deren Singularitäten an bestimmte physikalische Prozesse gekoppelt sind. Vom Standpunkt der Katastrophentheorie [13] aus betrachtet, entsteht diese Verdickung durch die Überlagerung zweier Falten. Es ist daher theoretisch möglich, dass sich hierbei auch eine Spitze herausbildet, was weder die Skizze noch die Beschreibung erkennen lässt.
Vom Phänomen dieser Klasse gibt es bisher lediglich drei Skizzen, aber noch kein Foto. Zur weiteren Erforschung dieser äußerst seltenen Erscheinung ist unbedingt ein Foto erforderlich. Tritt im Schnittpunkt beider Bögen wieder eine Verdickung auf, dann ist ein stark vergrößertes Foto von diesem Schnittpunkt notwendig, um die Möglichkeit der Herausbildung einer Spitze zu belegen oder zu verwerfen.
Fall 3: Obwohl die Entstehung des im Scheitel gespaltenen Regenbogens durch eine Simulation von A. Haussmann [7] bestätigt wurde, sollte dieser im Beobachtungsprogramm verbleiben. Der Theorie nach müsste der Scheitel des Regenbogens mit zunehmender Abplattung der Regentropfen kontinuierlich schwächer werden und schließlich ganz verschwinden. Die Aufmerksamkeit bei der fotografischen Beobachtung sollte in diesem Falle unter anderem auf die Helligkeit im Scheitel des gespaltenen Bogens liegen. Weiterhin ist es wichtig, zu erfahren, wie breit der Spalt maximal werden kann und wie weit sich der Spalt vom Scheitel bis in Richtung der Fußpunkte fortsetzt.
Fall 4: Vom gebrochenen oder seitlich versetzten Regenbogen existieren bereits mehrere Fotos. Für die Entstehung von Erscheinungsformen dieser Klasse kommen wahrscheinlich unterschiedliche Ursachen in Frage. Claudia Hinz [8] vermutet nach ihren Beobachtungen vom Gipfel des Wendelsteins aus die Existenz dreieckig deformierter Regentropfen als weitere Ursache für die gebrochenen Regenbögen. Neben der weiteren fotografischen Beobachtung sind in diesem Fall auch Informationen zu den Formen der Regentropfen, Art des Niederschlags und Angaben zur Wetterlage für die Klärung der Ursachen wichtig.

Tabelle 1: Auswahl besonderer Erscheinungsformen von Regenbögen.

Tabelle 2: Gekreuzter Regenbogen von Manja Kolb, 1999, mit freundlicher Genehmigung von Claudia Hinz [6].

Fall 5: Die Regenbögen 3. und höherer Ordnung verlangen dem Beobachter viel Geduld und Fingerspitzengefühl ab. Diese sind aufgrund ihrer geringeren Helligkeit schwer zu beobachten. Die Bedingungen, unter denen der tertiäre Regenbogen am wahrscheinlichsten zu sehen ist, wurde von Raymond Lee jr. in einem Aufsatz beschrieben und die wichtigsten Fakten sind in einem Konferenzbericht enthalten [15]. M. Großmann [9] und M. Theusner [10] haben in diesem Punkt schon wichtige Pionierarbeit geleistet, indem sie den tertiären und den quartären Regenbogen fotografierten und diese mittels unterschiedlicher Verfahren der Bildbearbeitung sichtbar werden ließen. Da der Bogen 3. und 4. Ordnung vorher nicht fotografiert wurde, haben sie einen ersten Schritt erfolgreich getan. Die Existenz des Regenbogens 3. oder auch

4. Ordnung ist bisher prinzipiell nicht in Zweifel gezogen worden. Vielmehr geht es um die Frage: Welche Bedingungen müssen gegeben sein, damit der tertiäre Regenbogen überhaupt wahrgenommen werden kann? Es kommt hierbei nicht nur auf diese Regenbögen an, sondern darauf, dass der Hintergrund unter realen Bedingungen naturgetreu mit abgebildet werden muss. Das bedeutet ganz konkret, dass der zweite Schritt im Ergebnis ein unbearbeitetes Foto liefern muss, damit diese Objekte eindeutig und zweifelsfrei erkannt werden können. Nur so ist es möglich, das Modell von Raymond Lee jr. zu verifizieren.
Fälle 6, 7, 8: Die größte Herausforderung an den Beobachter stellen die durch einen Gradientenindex verursachten Regenbögen dar. Zu diesem Thema wurden
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im Konferenzbericht [11] schon einige Hinweise zum möglichen Auftreten und zur Beobachtung dieser ungewöhnlichen Phänomene gegeben, welche bisher nichts von ihrer Aktualität verloren haben. Während der Mehrfachregenbogen 1. Ordnung noch intuitiv als besondere Erscheinungsform erkennbar ist, sind die weiteren Bögen dieser Art weniger spektakulär. Beim Regenbogen 0. Ordnung mag sogar die Skepsis überwiegen, ob er aufgrund der geringen Ablenkung überhaupt sichtbar ist. Der radial variierende Brechungsindex (Gradientenindex) im Tropfen muss in diesem Falle ein Profil bilden, das eine hinreichende Ablenkung verursacht, sodass die Lichtstrahlen aus dem Zero-Order-Glow heraustreten und einen eigenen Bogen bilden, nämlich den Regenbogen 0. Ordnung. Die Existenz dieses Bogens hängt also direkt vom Indexprofil ab und so lange nicht das Gegenteil bewiesen ist, kann man die mögliche Existenz dieses Bogens nicht verwerfen. Das Vorhandensein eines Gradientenindex in den Tropfen ist für den Beobachter in der Regel nicht erkennbar, sodass er sich nur bedingt auf diese Beobachtung vorbereiten kann. Es ist daher ratsam, am Beobachtungsort in allen Richtungen (von 0 bis 360 Grad) auf Bögen mit besonderen Merkmalen wie Farbe, Form und Ablenkwinkel zu achten, die irgendwie von denen der klassischen Regenbogentheorie abweichen. Konzentriert man sich hingegen nur auf die von der klassischen Theorie definierten Formen und Eigenschaften, so werden die ohnehin seltenen Phänomene möglicherweise übersehen.
Fall 9: Die letzte hier zu besprechende Klasse von Sonderformen ist dadurch gekennzeichnet, dass in den gewöhnlichen Regenbögen irgendwelche merkwürdigen Lichtmuster erscheinen. Hierbei handelt es sich um Elementarkatastrophen, welche entweder im Lichtband oder an Stelle des Lichtbandes eines Regenbogens auftreten können. Der Theorie nach entstehen diese ausschließlich durch abgeplattete Regentropfen [13]. Diese Lichtmuster sind nicht immer so deutlich zu sehen, wie auf den beiden Fotos im Konferenzbericht [13]. Da die Regentropfen im Niederschlag sehr unterschiedlich sein können, sowohl in ihrer Geometrie als auch in ihrer Größe, dürften diese Gebilde in den meisten Fällen eher verschwommen
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oder verwaschen erscheinen. Ist aber im Niederschlag die turbulente Diffusion vernachlässigbar klein (wie etwa beim Virga), sodass sich ein einigermaßen gleichmäßiges Tropfenspektrum in Größe und Form einstellen kann, dann sind diese Elementarkatastrophen deutlich sichtbar und im günstigsten Falle auch scharf begrenzt. Eine deutliche aber leicht unscharfe Elementarkatastrophe zeigt das Foto von C. Hinz (Abb. 1). Hierbei handelt es sich möglicherweise um einen hyperbolischen Nabelpunkt, wie er bei einem Halbachsenverhältnis von a/b 1,25 aussehen kann. Das Foto zeigt den horizontalen Lichtschweif leider nicht vollständig, wodurch die Identifizierung als hyperbolischen Nabelpunkt unsicher ist. Ab einem Halbachsenverhältnis von a/b 1,25 kommt es zu einer Bifurkation des Lichtschweifs am rechten Ende [13], was das Foto am rechten Rand nur erahnen lässt. In diesem Zusammenhang ist es sehr wichtig, dass bei der Fotografie der Lichtschweif vollständig mit abgebildet wird. Der hyperbolische Nabelpunkt tritt in der Praxis kaum losgelöst aus der ihm umgebenden Kaustik hervor, was in der Unschärfe des geometrischen Tropfenspektrums begründet sein mag. Daher ist die Form des Lichtschweifs für die Bestimmung des hyperbolischen Nabelpunktes so fundamental wichtig. Die Erfahrung zeigt, dass die besonderen Lichtmuster bei unterschiedlichen Tropfenspektren oft nur kurzzeitig und verzögert innerhalb der Dauer eines Regenbogens auftreten. Man sollte daher den Regenbogen während der gesamten Zeit seines Auftretens beobachten. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Identifizierung von Elementarkatastrophen mit codim 2 sind Informationen während des Entstehens einer Elementarkatastrophe ebenfalls sehr wichtig. In diesem Falle sind Aufnahmen in Serie oder besser noch mit einer Videokamera bei tief stehender Sonne die besseren technischen Verfahren zur Beobachtung der Kaustiken.
Die Beobachtung von Regenbögen auf der Grundlage des derzeitigen Erkenntnisstandes ist durchaus ein anspruchsvolles praktisches Gebiet. Man benötigt dazu die richtige Ausrüstung, die erforderliche Geduld und Beharrlichkeit, und schließlich auch noch die entsprechenden Hintergrundinformationen derart,

dass der Beobachter weiß, worauf er hierbei achten sollte. Die Tabelle 1 gibt lediglich eine grobe Übersicht der momentan diskutierten Regenbogenphänomene wider. Unter Berücksichtigung der neueren Theorien inklusive der Existenz eines Gradientenindex sind unendlich viele Erscheinungsformen möglich, sodass eine einheitliche Regenbogentheorie letztendlich auf ein komplexes System hinaus laufen würde. Für den Beobachter ergibt sich hiermit die Unerschöpflichkeit der Regenbogenerscheinungen. So selten die hier besprochenen Phänomene auch sein mögen, es lohnt es sich doch nach ihnen Ausschau zu halten!
Literaturhinweise: [1] Volz, F. E.: Einige Beobachtungen
ungewöhnlicher Regenbogen und Hinweise auf wünschenswerte Beobachtungen. Meteorologische Rundschau, Bd.13, H.4, (1960), S.117-118. [2] Können, G. P.: Mail-Diskussion zwischen R. Schmidt und G. Können zur fotografischen Beobachtung (08.06.2011 bis 17.06.2011). [3] Können, G.P.: Polarized light in Nature, translated by G.A. Beerling, Cambridge Univ. Press, London [u.a.], (1985), ISBN:0-521-25862-6. [4] METEOROS: Der Regenbogen des gespiegelten Sonnenlichts www.meteoros.de/spiegel/spiegel. htm#part2 (06.07.2011). [5] Nordvik, Terje O.: Astronomy Picture of the Day: Six Rainbows Across Norway http://apod. nasa.gov/apod/ap070912.html (06.07.2011). [6] Kolb, M.:Von Manja Kolb wurde im Sommer 1999 zwischen Riesa und Leipzig ein vollständiger Regenbogen ... www.meteoros.de/rainbow/regenunbe.htm (04. 07. 2011). [7] Haussmann, A.: Simulation des Gespaltenen Regenbogens mittels modifizierter Airy-Theorie. Meteoros, Bd.11, H.09, (2008), p.163-164. [8] Hinz, Claudia: Discontinuous Rainbow in Front of Ridge, http://blog. meteoros.de/2011/07/03/discontinuous-rainbow-in-front-of-ridge/ (30.07.2011). [9] Großmann, M.: Der natürliche tertiäre Regenbogen - Fotografischer Erstnachweis des Regenbogens 3.

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Ordnung. Meteoros, Bd.14, H.06, (2011), p.153-158. Natural tertiary rainbow 3rd order http://blog. meteoros.de/2011/06/01/rainbow3th-order-3/ (05.07.2011). [10] Theusner, M.: 3rd and 4th order rainbows http://blog.meteoros. de/2011/06/12/3rd-and-4th-orderrainbows/ (05.07.2011). [11] Schmidt, R.: Regenbögen auf der 10. Konferenz ,,Light and Color in Nature". 5. Sonderformen durch inhomogene Regentropfen. S.27-39. www.meteoros.de/rainbow/

download/LCN_10_Regenbogen.pdf. (05.07.2011). [12] Wallker, A. H.: Six Rainbows Seen at Once, Quarterly journal of the Royal Meteorological Society, Vol.40, Issue 169, (1914), p.75-75. [13] Schmidt, R.: Regenbögen auf der 10. Konferenz ,,Light and Color in Nature". 4. Kaustiken und Katastropen durch Regentropfen, S.16-26. www.meteoros.de/rainbow/ download/LCN_10_Regenbogen.pdf. (05.07.2011). [14] Corliss, Williuam R.: Rare halos,

mirages, anomalous rainbows and related electro- magnetic phenomena: A catalog of geophysical anomalies, ISBN:0-915554-01-1, Sourcebook Project, Glen Arm Maryland, (1984), GEB, p.6-39. [15] Schmidt, R.: Regenbögen auf der 10. Konferenz ,,Light and Color in Nature". 3. Der tertiäre Regenbogen. S.5-15. www.meteoros.de/rainbow/ download/LCN_10_Regenbogen.pdf. (05.07.2011).

Fotografie von Regenbögen und
Bildbearbeitung für wissenschaftliche Zwecke
von Claudia Hinz

Bei der Fotografie von Regenbögen muss man zwischen ästhetischen Bildern und wissenschaftlicher Dokumentation unterscheiden.
Einen schönen, hellen und farbigen Regenbogen kann man mit nahezu jeder gebräuchlichen Kamera fotografieren. Die Einstellung ,,Landschaft" erhöht

den Kontrast und die Farbigkeit des Bildes. Vor allem bei hellen Erscheinungen wird der Regenbogen zudem bei leichter Unterbelichtung deutlicher und farbenprächtiger. Die Nennung eines pauschalen Wertes ist nicht möglich, da dies immer von der Gesamthelligkeit, dem Kontrast zum Hintergrund und der Helligkeit des Bogens selbst abhängig

ist. Deshalb empfiehlt es sich unbedingt, eine Serie mit Bildern unterschiedlicher Belichtung anzufertigen.
Wenn vorhanden, sollte man unbedingt einen Polarisationsfilterfilter benutzen. Denn jeder Regenbogen sendet polarisiertes Licht aus und wenn man den Polfilter so einstellt, dass der Regenbo-

1a+b Regenbogen durch einen linearen Polfilter in den beiden Extremeinstellungen fotografiert. Da die Farbenlinien
polarisiertes Licht sind, werden sie bei geeigneter Polarisation unterdrückt - kein Regenbogen ist sichtbar (1a). Dreht man den Polfilter 90 Grad aus dieser Position heraus, wird der Regenbogen fast vollständig durchgelassen, das zufällig polarisierte Licht der Wolken rundherum wird zu etwas mehr als der Hälfte geschluckt. Relativ zur Umgebung scheint der Regenbogen so viel kräftiger. Bildautorin: Claudia Hinz
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gen seine maximale Helligkeit erreicht, wirkt er auf die anderen Bestandteile des Motivs wie ein dämpfender Graufilter, so dass der Regenbogen im Bild verstärkt wird.
Da der Regenbogen stets tangential zur Sonne polarisiert, also die Polarisationsrichtung entlang des Bogens verläuft (mit Ausnahme von reflektierten Bögen), kann der Polarisationsfilter nur den Teil des Bogens verstärken, zu dem er parallel ausgerichtet ist. Dies gelingt bei den verfügbaren Linearfiltern vor allem bei kurzen Regenbogensegmenten. Bei langen, fast halbkreisförmigen Bögen, wird der Teil des Bogens, welcher 90 Grad zur parallelen Stellung des Filters ausgerichtet ist, maximal geschwächt, verschwindet also leider im Bild fast vollständig. Einen Ausweg bietet die Polarisationsanalyse, wie sie nachstehend beschrieben wird.
Um seltene Regenbogenerscheinungen oder Regenbögen höherer Ordnung sichtbar zu machen, ist ebenfalls die Anwendung eines Polfilters empfohlen. Fotografiert man (unbedingt in RAWEinstellung) den Regenbogen mit Stativ in den Polfilterstellungen 0, 60 und 120 bzw. 0, 45, 90 und 135 Grad und analysiert die um 1 - 2 Blendenstufen unterbelichteten CRW oder CR2-Formate der Bilder mit dem Programm ,,Pollux 3" von Frank Killich, so wird der ,,störende" Hintergrund herausgerechnet und es bleibt nur noch der Regenbogen in seiner kompletten Ausprägung übrig. ,,Pollux 3" ist noch in der Testphase und deshalb noch nicht frei erhältlich. Entsprechende Bilder können aber zur Bearbeitung an Frank Killich [2] geschickt werden.
Eine zweite Möglichkeit ist das Aufeinanderrechnen (Stacken) von Bildern. Bei dieser Methode legt man mit Hilfe eines Bildbearbeitungsprogramms mehrere Bilder mit kurzem zeitlichen Abstand und/oder unterschiedlicher Belichtung übereinander und richtet diese anhand eindeutiger Merkmale zueinander aus.
2a,b,c Ein schwacher Regenbo-
gen ohne (a, oben) und mit (b, Mitte) Polfilter sowie der mit Pollux 3 berechnete Polarisationsanteil. Bildautor: Frank Killich

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3a+b Regenbogen als Originalbild (a, oben) und als Stack (b). Bei dem gestackten Bild wurden 20, im Fünf-Sekunden-
Abstand aufgenommene Bilder, übereinander gelegt. Da die Wolken weiterziehen, verwischt der Hintergrund und der Regenbogen tritt deutlicher hervor. Bildautorin: Claudia Hinz
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4a+b Regenbogen im Original (a, oben) und mit Unschärfemaske (b). In der Bearbeitung sieht man deutlich die Spaltung
im Hauptregenbogen. Bildautor: Wolfgang Hinz
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So können zum einen ziehende Wolken nahezu unsichtbar gemacht, aber auch schwache farbige Erscheinungen hervorgehoben werden. Ein geeignetes Programm ist zum Beispiel ,,Giotto" von Georg Dittie [1]
Um unsichere Bögen noch besser identifizieren zu können, hilft (einzeln oder noch besser in Kombination mit gestackten Bildern) eine Unschärfemaske (USM), wobei die Bilder komplett unbearbeitet sein müssen. Verschiedene Programme zur Bildbearbeitung bringen die Unschärfemaskierung als Bildbearbeitungsfunktion mit. Mit Adobe Photoshop

funktioniert es ebenso gut, wie z.B. auch mit dem freien Programm ,,The Gimp". Die Einstellungen sind abhängig von der Bildgröße und der verwendeten Brennweite. Generell nimmt der Radius mit zunehmender Bildgröße zu.

Folgende Werte können als Orientierung für gebräuchliche 4- bis 8-Megapixelkameras dienen:

Eigenschaft Radius (Pixel) Stärke/Menge/Betrag Schwellenwert

Stellwerte 40 400% oder 4 0

Wenn man Regenbogenbilder derart bearbeitet, sollte dies allerdings immer vermerkt werden, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass eine Erscheinung auch visuell so wahrgenommen wurde. Bei Veröffentlichung der Bilder empfiehlt sich deshalb als Vergleich ein Gegenüberstellen mit den Originalfotos.
Internethinweise: [1] ,,Giotto" von Georg Dittie, Soft-
ware-Download unter: http://www. giotto-software.de/ [2] Adresse für Anfragen, ,,Pollux 3" betreffend: frank.killich@meteoros.de

Nach innen gekrümmte Regenbogenreflexion
von G.P. Können und C. Floor
Vor kurzem wurden im Internet Fotos von einer seltsamen Regenbogenspiegelung veröffentlicht, wo die Spiegelung nahe am Horizont nach innen gekrümmt ist. Die Reflexion trat auf einer leicht gekräuselten Wasseroberfläche auf. Die Ursache der Krümmung ist, dass wir bei der Reflexion an weit entfernten Wasserwellen nur die Vorderseite der Wellen sehen. Daher wird der Regenbogen in Horizontnähe nicht von einer horizontalen Ebene, sondern von einer schiefen Ebene gespiegelt.
Abbildung 1 zeigt einen klaren Regenbogen, fotografiert bei Sonnenuntergang am Westufer des Ontariosees in Kanada. Die genaue Zeit des Fotos wurde nicht übermittelt, doch kann man diese einfach rekonstruieren, weil wir wissen, dass der Radius des Regenbogens 42 Grad beträgt. Daher kann man aus der einfachen Vermessung der Fotografie eine Sonnenhöhe von 3,6 Grad ermitteln. Dies bedeutet, dass das Foto um 20:36 Uhr lokaler

1 Regenbogen über dem Ontario-
see, 23. Juni 2008. Nahe dem Horizont weicht seine Spiegelung nach rechts ab. Photo: Gary Lynch, Burlington, Kanada (43 Grad 19' N, 79 Grad 48'W). Quelle: Weather Underground.

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2 Detail von Abbildung 1
(Sommer-) Zeit gemacht wurde (00:36 UTC), also 26 Minuten vor Sonnenuntergang [1]. Die Sonne stand im Nordwesten und das Azimut betrug 299,4 Grad. Für den Gegenpunkt der Sonne ergibt dies folglich ein Azimut von 299 -180 Grad = 119 Grad und für den Fuß des Regenbogens 119 - 42 Grad = 77 Grad. Das bedeutet, dass das Foto fast genau in Längsrichtung des 300 Kilometer langen Sees gemacht wurde, so dass keine Landpunkte über dem Horizont ragen.
Was können wir weiterhin aus dem Foto ableiten? Wir sehen, dass der Regenbogen scharf am Horizont endet. Daraus kann man schließen, dass sich der untere Teil des Regenschauers hinter dem Horizont befindet, da der Bogen andernfalls durch den Horizont durchgehen müsste. Bei einer Augenhöhe von zwei Metern ist der Horizont fünf Kilometer vom Beobachter entfernt. Die scharfe Abgrenzung des Regenbogens zeigt uns, dass der Schauer mindestens fünf Kilometer vom Beobachter entfernt war.

Bemerkenswert am Foto ist aber nicht der Bogen selbst, sondern seine Reflexion. Die Form ist weitestgehend so, wie von einem horizontalen Spiegel zu erwarten, in Horizontnähe jedoch weicht die Spiegelung nach rechts ab (Abb. 2).
Ein Schlüssel zur Erklärung dieser Erscheinung befindet sich in Minnaert's Buch ,,Licht und Farbe in der Natur" [2], in dem das seltsame Phänomen behandelt wird, dass sich auf einer welligen Oberfläche fast nie Schiffe, Bäume oder andere niedrige Objekte auf der anderen Uferseite spiegeln. Die unteren 30 Grad des Himmels werden in der Regel gar nicht reflektiert! Bevor wir weiter auf die sonderbare Regenbogenreflexion eingehen, besprechen wir zuerst den von Minnaert erwähnten Effekt.
Wellenoberflächen als Spiegel Spiegelbilder auf Wellen stammen hauptsächlich von Reflexionen an den steilsten Teilen der Wellen, dass heißt: von den Wendepunkten der Wellen, also den Stellen auf den Wellen, wo die Wellenkrümmung von konvex nach konkav übergeht (Anmerkung 1). Die Reflexion von anderen Teilen einer Welle - die als konvexer Spiegel oder als Hohlspiegel wirken - ergibt ein so viel schwächeres und unscharfes Bild, dass sie in dieser Betrachtung vernachlässigt werden können. Selbstverständlich hat jede vor uns herlaufende Welle zwei Wendepunkte: einen, der zu uns und einen, der von uns weg geneigt ist. Da eine wogende Oberfläche normalerweise aus vielen Wellen von verschiedener Größe und Steilheit besteht, gibt es auf dem Wasser Spiegelungsflächen verschiedener Neigung.
Wenn wir nun steil nach unten auf die wellige Wasseroberfläche schauen, dann sehen wir ein Reflexionsbild wie man es von einem flachen horizontalen Spiegel erwarten würde, denn der Eintrittswinkel ist gleich dem Austrittswinkel. Zwar tanzt das Spiegelbild eines hellen, weit ent-

fernten Lichtpunkts kontinuierlich nach allen Seiten hin und her, aber im Großen und Ganzen bleibt es immer in der Nähe des Punktes, wo man das Spiegelbild erwarten würde. Die Tatsache, dass eine wogende Oberfläche trotz seiner Wellen als ein horizontaler Spiegel fungiert - sei es auch ein schlechter - wird dadurch verursacht, dass die Wellen in etwa gleichen Maßen ihre Vorder- und ihre Hinterseite dem Beobachter zuwenden.
Anders wird es, wenn wir in die Ferne schauen, also die spiegelnde Wirkung von Wellen nahe dem Horizont betrachten [2, 3]. In diesem Fall spielen die Wendepunkte an den Hinterseiten der Wellen keine Rolle, weil wir sie nicht sehen können (Abb. 3). Nur die Vorderseiten der Wellen spiegeln das Licht zum Beobachter. Da diese Wellenteile zu uns geneigt sind, werden höhere Teile des Himmels gespiegelt, als man es von einem horizontalen Spiegel erwarten würde.
Durch dies alles wirkt welliges Wasser wie ein Spiegel, der in der Ferne zum Beobachter geneigt ist, was in dem von Minnaert erwähntem Effekt resultiert, dass man von weit entfernten Objekten wie Schiffen oder Bäumen fast nie ein Spiegelbild sieht. Abbildung 4 zeigt schematisch die Form der reflektierenden Oberfläche in Abhängigkeit vom Abstand (in Kilometern) zum Beobachter (Anmerkung 2); Abbildung 5 zeigt die Neigung des ,,effektiven Spiegel" in Abhängigkeit vom Abstand (in Grad) unter dem Horizont (Anmerkung 3).
Der Zusammenhang zwischen der Neigung einer spiegelnden Oberfläche und der Wellensteilheit wird in Infokasten 1 detailliert erklärt.
Messung und Interpretation der Neigung spiegelnder Wasserflächen Nach Ausmessen des Abstands von Punkten am Regenbogen und ihrer Reflexionen können wir eine empirische

3 Minnaert's Illustration [2] als
Ursache der Neigung der spiegelnden Fläche von gekräuseltem Wasser bei streifender Schaurichtung. Da der Beobachter nur die Vorderseiten der Wellen sieht, wirken die Wellen als schiefe Spiegel.
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6 Gemessene Neigung der spiegelnden Oberfläche als Funktion vom Winkel
unter dem Horizont. Die Messpunkte sind berechnet aus dem Abstand der Punkte am roten Äußeren des Regenbogens bis zu ihrem Spiegelbild [Kasten II].
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4 Oben links: Schematische Wie-
dergabe der Neigung der Spiegelfläche im gekräuselten Wasser. Nahe beim Beobachter spiegelt die Wasseroberfläche wie man es von einem horizontalen Spiegel erwarten kann - weiter weg wie ein schief stehender Spiegel.
5 Mitte links: Wie Abbildung 4,
aber jetzt die Neigung als Funktion vom Winkel, womit der Beobachter unter den Horizont schaut.
Version von Abbildung 5 konstruieren. Abbildung 6 zeigt das Ergebnis. Die Graphische Vorstellung entstand zuerst durch die Bestimmung der Mitte der Verbindungslinien zwischen den Regenbogenpunkten und ihren Reflexionen und dann der Vermessung wie weit die jeweilige Mitte vom Horizont entfernt ist. Weitere Einzelheiten: siehe Infokasten II. Bei den Ausmessungen wurden die Punkte an der roten Außenseite des Bogens betrachtet (also nicht im Grünen, wie im Infokasten) - was zu größerer Genauigkeit führt.
Abbildung 6 zeigt, dass sich die Schiefheit der reflektierenden Wasseroberfläche erst für Spieglungen bemerkbar macht, die weniger als zwei Grad vom Horizont entfernt sind, also nur für Wellen, die mehr als 30 Meter weit weg sind. Am Horizont ist die Neigung der Spiegelfläche maximal. Der Maximalwert von drei Grad kommt überein mit einer Wellensteilheit H/L von 1/60. Diese Steilheit ist aber viel niedriger als die Steilheit von ausgewachsenen Seegangwellen (siehe Infokasten II). Dies zeigt, dass es sich hier um Dünungswellen handelte und deutet zudem darauf hin, dass die Windstärke vor der Aufnahme nachgelassen hat. Die Höhe der Wellen ist nicht aus der Kurve in Abbildung 6 herzuleiten.
Warum so selten? Mit dieser Analyse scheint die sonderbare Krümmung in Abbildung 1 zur Zufriedenheit erklärt zu sein. Bleibt aber die Frage warum die gekrümmte Regenbogenreflexion so selten zu beobachten ist. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zuerst sollten die Wellen nicht zu rau sein, so dass sie eine ziemlich glatte Oberfläche bilden, die das Licht gut genug reflektieren kann. Eine wilde See mit viel

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Atmosphärische Erscheinungen

Wind zeigt überhaupt keine Regenbogenreflexion (Abb. 7). Es scheint daher kein Zufall, dass die Wellen in Abbildung 1, welche die gekrümmte Regenbogenreflexion zeigen, Dünungswellen waren, weil diese normalerweise glatter sind als bei ausgewachsenem Seegang. Bei einem großen See - wie dem Ontariosee - ist die Chance höher, es mit Dünung zu tun zu haben als bei einem kleineren See, da die Wellen weiter laufen können ehe sie die Küste erreichen. Ein Faktor der ebenfalls eine Rolle spielt, ist die Richtung der Wellen - wenn die Wellenkämme senkrecht zur Sichtrichtung stehen, bilden sie vertikale Strukturen besser ab.
Was der Bauer nicht kennt ... All dies genügt uns aber nicht, um die Seltenheit der gekrümmten Regenbogenreflexion vollständig zu erklären. Es gibt nämlich auch noch einen psychologischen Faktor: Menschen haben die Neigung ein unbekanntes Phänomenen nicht zu bemerken, selbst wenn es noch so deutlich zu sehen ist [7]. In der Geschichte gibt es zahllose Beispiele: der grüne Strahl bei Sonnenuntergang, die Sonnenkorona während einer totalen Sonnenfinsternis, normale und ,,ungewöhnliche" Halos, die umgekehrte Reihenfolge der Farben des Nebenregenbogen oder der dunkle Himmel zwischen den Hauptregenbogen und dem Nebenregenbogen, die Polarisation der Innenseite der Nebensonnen, die HaidingerBüschel, und so weiter [2, 8-10].
,,Was der Bauer nicht kennt, dass sieht er nicht", um mal ein altes bekanntes Sprichwort zu paraphrasieren. Und umgekehrt: Wenn man weiß worauf man achten muss, dann offenbart sich das Phänomen wie automatisch und man kann gar nicht mehr verstehen, dass man das je übersehen hat. Beim Schreiben dieses Artikels wurden die Autoren unmittelbar mit Wahrheit dieses Sprichwortes konfrontiert, als nach einiger Spürarbeit im Internet mehrere Beispiele von gekrümmten Regenbogenreflexionen auftauchten: Abbildung 8 zeigt ein Beispiel.
Dieser Artikel ist eine Wiedergabe des Niederländischen Artikels von G.P. Können und C. Floor, `Een regenboogreflectie die naar binnen krult', Zenit 38, 172-177 (2011), ergänzt mit
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Infokasten I:
Höhe, Form und Steilheit von Wasserwellen

In der Ozeanographie wird die Wellenhöhe H von der Wellenspitze zum Wellental gemessen - also die Wellenhöhe entspricht der doppelten Amplitude. Diese Definition stammt aus der Nautischen Messpraxis und ist zurück zu führen auf die Tatsache, dass Wellen nicht symmetrisch sind: die Spitzen sind schärfer als die Täler. Im Allgemeinen kann das Profil einer Einzelwelle als ein umgekehrter Trochoide beschrieben werden - wo ein Trochoide die Bahnkurve darstellt, welche eine Wäscheklammer beschreibt die irgendwo an einer Radspeiche eines fahrende Fahrrad befestigt ist.

Eine wichtige abgeleitete Wellencharakteristik ist die Steilheit H/L: die Wellenhöhe H geteilt durch die Wellenlänge L. Die Werte der Steilheit werden gewöhnlich als Stammbruch geschrieben, z.B. 1/20 statt 0,05.

Die Theorie lehrt, dass Wasserwellen mit einer Steilheit größer als 1/7 unstabil sind: steilere Wellen werden zu Sturzbrechern, wie wir am Strande beobachten können. Wellen, die mit der Windgeschwindigkeit im Gleichgewicht sind, haben eine Steilheit von etwa 1/25 (Anmerkung 4); Wellen die noch wachsen sind steiler. Ausgewachsene Wellen nennt man Seegang. Wenn der Wind nachlässt, laufen die früher gebildeten Wellen weiter als die Dünung, wobei die Steilheit dauernd abnimmt and die Wellen immer glatter werden. Für eine Steilheit kleiner als 1/40 ist das Wellenprofil nahezu symmetrisch und nicht mehr zu unterscheiden von einer Sinuswelle. Für weitere Einzelheiten, siehe [4-6]. Die Tabelle zeigt den Zusammenhang zwischen der Steilheit H/L und dem Winkel, die der Wendepunkt zur horizontalen Ebene bildet. Die Werte sind berechnet für eine Sinuswelle (Anmerkung 5)

Wellensteilheit 1/p 1/3* 1/7** 1/1 1/12 1/25**** 1/40 1/60

Neigung, Wendepunkt 45 Grad 24 Grad 17 Grad 15 Grad *** 7 Grad 4,5 Grad 3 Grad

* Standard Sinusfunktion (y = sin x). Diese Steilheit wird von Wasserwellen nie erreicht.
** Theoretisch höchste Werte für Wasserwellen.
*** Nach Minnaert [2].
**** Ausgewachsene Wellen.

Teilen von G.P. Können, `Halovlek bij ons schaduwpunt', Zenit 35, 545-547 (2008). Die Deutsche Übersetzung ist von Wolfgang Hinz.
Anmerkungen der Autoren: 1. Das Wort ,,Wendepunkt" ist hier im
mathematische Sinne gemeint: ein Punkt x auf einer (Wellen-) Funktion f(x) wo die zweite Ableitung f (x) null ist. 2. Eigentlich beginnt die Neigung schon bei einer weniger streifenden Schaurichtung als welche Abbildung und Text suggerieren, da die Vorderseiten der Wellen das Licht effektiver reflektieren als die Hinterseiten, da

die Effektivität proportional ist mit dem Sinus des Winkels zwischen dem Lichtstrahl und (dem Wendepunkt) einer Welle, und dieser Winkel ist kleiner an der Hinterseite der Wellen. Diesen Effekt lassen wir hier außer Beachtung. 3. Selbstverständlich kann man Abbildung 4 und 5 direkt ineinander umrechnen über eine Transformation der horizontalen Achse: wenn d der Abstand in Metern ist und die Augenhöhe zwei Meter beträgt, dann ist unter Vernachlässigung der Krümmung der Erdkugel der Zusammenhang zwischen d und dem Winkelabstand gegeben durch tan() = 2/d.

7 Regenbogen an der Küste des
Pazifik. Die Meereswellen am Horizont sind zu wild um eine Widerspieglung zu erzeugen. Nur die dünne Wasserschicht auf dem nassen Sand in der Nähe der Wasserlinie zeigt ein Spiegelbild. Photo: Jamie Heeringa, NW Küste von Amerika, 31. Oktober 2009. Quelle: Flickr.
4. Diese Zahl ist eine Konstante, da sowohl die Höhe wie auch die Länge von ausgewachsenen Wellen quadratisch abhängt von der Windgeschwindigkeit.
5. Die Beziehung zwischen der Neigung des Wendepunkts s und der Wellensteilheit H/L lautet H/L = tan(s)/
8 Ein Regenbogen und seine
Reflexion im Wasser. Wie in Abbildung 1 krümmt sich das Spiegelbild nahe des Horizonts nach innen. Photo: Peter Shanks, Hobart, Tasmanien, Australien, 18. Juli 2010. Quelle: Flickr.

Atmosphärische Erscheinungen

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Literatur- und Internethinweise: [1] Astronomical Applications: Naval
Oceanography Portal, http: //www.usno.navy.mil/USNO/ astronomical-applications [2] M. Minnaert, 1992: ,,Licht und Farbe in der Natur", Birkhäuser Verlag, Bern, ISBN: 3-7643-2496-1, Abschnitt 23 [3] D.K. Lynch and W. Livingston, 1995: ,,Color and Light in Nature", Cambridge University Press New York, ISBN: 0-52143431-9, Abschnitt 3.15 [4] P. Groen, 1974: ,,De wateren van de wereldzee", De Boer Maritiem Handboeken, Bussum, ISBN 9022813010 (in Holländisch) [5] P. Groen, und R. Dorrestein, 1976: ,,Zeegolven", KNMI opstellen op oceanografisch en maritiem meteorologisch gebied No 11, Staatsdrukkerij,

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Atmosphärische Erscheinungen

UDC 5514663/4 (in Holländisch) [6] A.K. Laing, (Editor), 1998: ,,Guide
to wave analysis and forecasting", Second Edition,WMO rapport 702, WMO Switzerland, ISBN 92-6312702-6. Elektronisch verfügbar von http://www.wmo.int/pages/ prog/amp/mmop/documents/ WMO%20No%20702/WMO702.pdf [7] W. Tape and G.P. Können: ,,A general setting for halo theory", Appl. Opt. 38 1552-1625 (1999), statement on p. 1579 [8] Siehe zum Beispiel die Websites ,,Atmospheric Optics", ,,Ice crystal halos" und ,,Atmospheric Phenomena", bzw. http: //www.ursa.fi/blogit/ haloreports/index.php, http: //www.atoptics.co.uk/ und http: //blog.meteoros.de/ [9] G.P. Können, 1985: ,,Polarized Light in Nature", Cambridge University Press. [10] W. Tape, 1994: ,,Atmospheric halos" (Vol. 64 of the Antarctic Research Series, American Geophysical Union, Washington DC).
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Infokasten II:
Ausmessung der Regenbogenreflexion
Die Bestimmung der Neigung der spiegelnden Oberfläche, die die Krümmung des Spiegelbildes des Regenbogens verursacht, findet statt durch die Messung des Abstands zwischen einem Punkt des Regenbogens und seinem Spiegelbild im Wasser. Die Methode wird vereinfacht, wenn wir verstehen, dass Abbildung 4 für alle Richtungen gilt; daher hat die effektiv spiegelnde Oberfläche die Form eines Suppentellers, mit dem Beobachter in der Mitte. Die Spiegelfläche ist also nicht seitwärts geneigt. Dies bedeutet, dass die Verbindungslinie zwischen einem Regenbogenpunkt und seiner Reflexion immer senkrecht zum Horizont steht.
Die Abbildung zeigt wie eine Messung ausgeführt wird. Die Mitte der Verbindungslinie Regenbogen/Reflexion markiert den Punkt der den gewählte Regenbogenpunkt spiegelt. Ist der spiegelnde Punkt gerade auf dem Horizont, dann ist die effektive Spiegelfläche horizontal orientiert; ist er oberhalb des Horizonts, dann neigt sich der Spiegel zum Beobachter.
Der rechte Balken in der Abbildung zeigt, was man von einem horizontalen Spiegel erwarten kann: die Mitte ist genau auf den Horizont. Dies ist aber nicht der Fall beim linken Balken, dessen Mitte klar oberhalb des Horizonts platziert ist. Nach den Eichungen wie im Anfang dieses Artikels beschrieben, stellt sich heraus, dass die Mitte des Balkens sich 1,0 Grad oberhalb des Horizonts befindet. Dies bedeutet, dass an der Unterseite des Balkens (ca. 0,7 Grad unter dem Horizont) der Spiegel 1 Grad geneigt ist. Der mittlere Balken hat seine Mitte wieder ungefähr dort, wo man es erwartet, also auf den Horizont. Es stellt sich aber heraus, dass der Balken ein zweites Spiegelbild durchkreuzt, nämlich in das Gebiet nahe dem Horizont, wo der reflektierte Regenbogen stark nach innen gekrümmt ist. Am Horizont ist die Neigung der spiegelnden Oberfläche maximal.
9
Jeder vertikale Balken verbindet einen Punkt im grünen Teil des Regenbogens mit seiner Reflexion. Die Mitte eines Balkens ist der Spiegelpunkt. Wenn der Spiegelpunkt oberhalb des Horizontes ist, ist die spiegelnde Oberfläche schief. Man beachte, dass der mittlere Balken zwei Spiegelungen lokalisiert: eine an der Unterseite der Balken, die zweite gerade unter dem Horizont.

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Dämmerung
von Claudia Hinz

Atmosphärische Erscheinungen

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Wer hat nicht schon mal eine Dämmerung verfolgt, die dann beginnt, wenn die Sonne gerade untergegangen ist? Wer hat nicht schon erlebt, wenn sich der Erdschattenbogen gräulich bis blauviolett über dem Horizont erhebt und später das Purpurlicht je nach Aerosoldichte zart bis intensiv den Himmel ziert. Wenn dann ein letzter Streif am Horizont in tiefrot bis gelb leuchtet und schließlich die blaue Stunde zum besonderen Fotografieren einlädt?
Physikalisch gesehen ist die Dämmerung der Zeitraum, in dem das gestreute Restlicht der bereits unter- bzw. noch nicht aufgegangenen Sonne sichtbar ist. Die Streuung erfolgt sowohl an Luftpartikeln, Wassertröpfchen, Staub- und Vulkanaerosolen als auch an den daraus entstandenen chemischen Partikeln wie z.B. Schwefelsäuretröpfchen [1] und Eispartikeln [2]. Je mehr Aerosole sich in der Atmosphäre befinden, desto intensiver wird dabei die Dämmerung. Höhere Aerosolschichten können einzelne Däm-

1+2 Dämmerungsstrahlen (Abb. 1, oben) und Gegendämmerungsstrahlen
(Abb. 2), abgebildet an einer aus Schwefelsäuretröpfchen bestehenden Aerosolschicht in 15-20 Kilometern Höhe, die ihren Ursprung im Vulkan Nabro hat, der am 13.06.2011 in Eritrea ausgebrochen war. Aufgenommen am 27.09.2011 auf dem 1.838 m hohen Wendelstein.

Die Dämmerung wird allgemein in drei Haupt-Abschnitte unterteilt:

Bürgerliche Dämmerung Nautische Dämmerung Astronomische Dämmerung

Sonnenhöhe 0 Grad bis -6 Grad -6 Grad bis -12 Grad -12 Grad bis -18 Grad

Nebendämmerungen Helle Dämmerung Hauptpurpurdämmerung Zwischendämmerung
Farbarme Dämmerung

Erscheinungen
Purpurlicht Erdschattenbogen Nachpurpurlicht Blaue Stunde Leuchtende Nachtwolken

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Atmosphärische Erscheinungen

3 Dämmerungsstrahlen und Purpurlicht an Non-Visible-Cirrus-Clouds, die sich bei der flachen Beleuchtung zart als wol-
kenartige Strukturen abbilden. Im Hintergrund ist das Wettersteingebirge mit Zugspitze zu sehen. Aufgenommen am 30.09.2011 auf dem 1.838 m hohen Wendelstein.

merungsphasen zudem verlängern, da diese noch längere Zeit direkt von der Sonne beleuchtet werden und einen Teil des durchdringenden Sonnenlichts in die Richtung des Beobachters streuen. Der größte Teil des gestreuten Lichts wird nur wenig aus seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt und der Beobachter erblickt daher das hellste (überwiegend rötliche) Leuchten, wenn er in die Richtung schaut, in der die Sonne knapp unter dem Horizont steht. Licht, das den Beobachter aus anderen Richtungen des Himmels erreicht, ist um größere Winkel gestreut worden, was mit geringerer Intensität und mehr Blauanteil geschieht.

Sonnenfernere Himmelsregionen erscheinen daher zunehmend dunkler.
Dämmerungen gibt es auf allen Planeten mit einer Atmosphäre, wie z.B. dem Mars. Unser Mond oder atmosphärelose Planeten wie der Merkur haben keine Dämmerung, das heißt, auf den hellen

Tag folgt schlagartig die dunkle Nacht.
Wenn die Sonne untergegangen ist, setzt die bürgerliche Dämmerung ein. Zu Beginn der ersten Phase, der hellen Dämmerung, erscheint am Horizont ein heller schmaler Streifen von meist wei-

4 Intensives Hauptpurpurlicht
nach Ausbruch des Pinatubo am 15.06.1991. Diese Eruption war eine der gewaltigsten des 20. Jahrhunderts und sorgte auf der ganzen Welt für intensive Dämmerungserscheinungen. Aufgenommen im November 1991 am Annapurna-Massiv (nepalesischer Teil des Himalaya) in ca. 4.500 m Höhe von Wolfgang Hinz.
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Atmosphärische Erscheinungen

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Deutlich abgegrenzter Erdschattenbogen mit der darüber liegenden Gegendämmerung. Oberhalb einer Inversionsschicht ist die Luft immer außerordentlich klar und der Erdschattenbogen zeichnet sich besonders deutlich ab. Aufgenommen am 14.10.2010 von der Wetterwarte auf dem 1.838 m hohen Wendelstein.
ßer bis gelblicher Farbe. Kurze Zeit später, bei einer Sonnentiefe von ca. zwei Grad, färbt sich der unterste Horizont über der Sonne rot bis orange, da sich mit sinkender Sonne der Lichtweg der Sonnenstrahlung durch die Atmosphäre verlängert. Dadurch vergrößert sich ihre spektrale Schwächung, das blaue Licht wird mehr und mehr durch Streuung aus dem Strahlungsweg herausgefiltert.
Auf der Gegenseite erhebt sich langsam der Erdschattenbogen. Da die direkte Sonnenstrahlung die untersten Schichten der Atmosphäre nicht mehr erreichen, wird von ihnen bedeutend weniger Licht zurückgeworfen als von den noch von Sonnenlicht durchfluteten, höheren

6 Die ,,Blaue Stunde" bietet sich
zu besonderem Fotografieren an. Es ist noch genügend Restlicht vorhanden, um bei längerer Belichtung auch den Vordergrund aufzuhellen. In der Kuppel des Observatoriums spiegelt sich zudem der sonnenseitige Dämmerungsschein. Aufgenommen am 24.09.2011 auf dem 1.838 m hohen Wendelstein

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7 Leuchtende Nachtwolken in der späten Dämmerung. Aufgenommen am 14.07.2009 bei Barsinghausen, Region Hannover

Atmosphärenschichten. Die graublaue Farbe wird durch die Ozonschicht beeinflusst. Die Ozonmoleküle filtern 40 Prozent des orangefarbenen Lichtes heraus (Chappuis-Absorption) und verschieben das Restlicht zum blauen Ende des Spektrums. Nach oben hin schließt sich durch einen purpurnen Farbsaum, dem so genannten Hauptdämmerungsbogen, die Gegendämmerung an. Die Färbung ist nur schwach ausgeprägt, da die Rückwärtsstreuung des Dämmerungslichtes an den Luftmolekülen der Sonnengegenseite nur gering ist.
Ab einer Sonnentiefe von zwei Grad beginnt die Hauptpurpurdämmerung und helle Planeten wie Venus und Jupiter werden sichtbar. Etwa 20 Grad über dem Sonnenhorizont erhält die Atmosphäre oberhalb von etwa zwei bis acht Kilometern Höhe noch direktes Sonnenlicht. In dieser Höhe befinden sich manchmal Schichten von Saharastaub (ca. 5 -10 km), sog. Non-Visible-Cirrus clouds (10 - 15 km) oder Vulkanaerosole (15 - 25 km), die nun in meist gelbrötlichem Licht aufleuchten und oftmals als Projektionsflächen von entfernten Wolken- oder Bergschatten fungieren. Die dadurch entstehenden Crepuscularstrahlen können von der unter dem Horizont stehenden Sonne ausgehend über den gesamten Himmel bis zum Sonnengegenpunkt verlaufen [3].
Aber auch ohne die zusätzlichen Aerosolschichten beginnt nun das faszinierende Naturschauspiel des Purpurlichtes, dessen Intensität von der Dichte der Aerosole in der Atmosphäre bestimmt wird. Das Licht hat die untersten atmosphärischen Schichten auf langem Weg passiert und ist demnach ausschließlich rot. Zudem wird die Farbe mit roten Farbkomponenten durch Lichtstreuung nach vorn verstärkt, welche in Schichten größerer Aerosoldichte die größte Intensität besitzen. Das sog. Hauptpurpurlicht zeigt sich in hell- bis scharlachroter Farbe bei einer Sonnentiefe von zwei bis in 30 Grad Höhe über dem Sonnenhorizont. Im
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Maximum bei vier Grad Sonnentiefe hat es eine ovale Form und eine horizontale Ausdehnung von 40 Grad. Steht die Sonne sechs Grad unter dem Horizont, verblasst das Purpurlicht ziemlich schnell. Gegenüber der Sonne erreicht bei einer Sonnentiefe von zwei bis drei Grad die Gegendämmerung ihre höchste Intensität und wird als obere Gegendämmerung bezeichnet, gleichzeitig verschwimmt die Grenze zum Erdschattenbogen zunehmend. Steht die Sonne vier bis fünf Grad unter dem Horizont kann die seltene untere Gegendämmerung im Erdschattenbogen beobachtet werden. Dabei handelt es sich um einen blassrötlich gefärbten Saum, der das Purpurlicht widerspiegelt. In der Hauptpurpurdämmerung werden helle Planeten wie Venus und Jupiter sichtbar.
Die nautische Dämmerung schließt sich an die bürgerliche Dämmerung an und endet, wenn die Sonne zwölf Grad unter dem Horizont steht. Das Geschehen konzentriert sich nun auf die Sonnenseite, wo in seltenen Fällen ein schwaches Nachpurpurlicht zu beobachten ist. Der schwache, leicht purpurfarbene Schein ist bei neun Grad Sonnentiefe und 20 Grad Höhe am intensivsten und bedarf einer ungetrübten untersten Atmosphärenschicht. Direkt am Horizont hebt sich der mittlerweile meist glutrote Dämmerungsstreifen kontrastreich gegen den meist tiefblauen Dämmerungshimmel ab. Auf der Gegenseite ist der Himmel schon fast schwarz und einzelne Sternbilder können bereits beobachtet werden.
Die astronomische Dämmerung folgt der nautischen Dämmerung und endet, wenn die Sonne 18 Grad unter dem Horizont steht. Auf der Sonnenseite wird der Himmel nicht richtig dunkel. In den Sommermonaten kann man zudem das Phänomen der Leuchtenden Nachtwolken beobachten, einer wolkenähnlichen Schicht in 81 - 85 Kilometern Höhe, die bis zu einer Sonnentiefe von 16 Grad direkt beschienen wird. Für Nord- und Mitteldeutschland ist zur Sommerson-

nenwende die Mitternachtsdämmerung repräsentativ, da auf allen Breitengraden größer als 48,5 Grad die astronomische Dämmerung nicht erreicht wird, weil die Sonne während der ganzen Nacht nicht mehr tief genug unter dem Horizont steht. Im Winter leitet ca. zwei Stunden nach Sonnenuntergang komplette Dunkelheit die astronomische Dämmerung ein.
Referenzen und Literaturhinweise: [1] Beispiele für Artikel über Dämme-
rungserscheinungen an Vulkanasche: Claudia Hinz: Ungewöhnliche Dämmerungsfarben durch Vulkanasche, VdS-Journal Nr. 30, Claudia Hinz: Erneut Vulkanaerosolwolken über Mitteleuropa, VdS-Journal Nr. 33, Claudia Hinz: Volcanic Twilights again. http://blog.meteoros. de/2011/08/18/volcanic-twilightsagain/ [2] Claudia Hinz: Polare Stratosphärische Wolken über Mitteleuropa, VdS-Journal Nr. 27 [3] Michael Großmann: Crepuscularstrahlen (Seite 46 in diesem Heft) [4] Kurt Bullrich: Die farbigen Dämmerungserscheinungen. Birkhäuser Verlag 1982, ISBN 3-7643-1355-2. [5] Marcel G. Minnaert: Licht und Farbe in der Natur. Birkhäuser Verlag 1992, ISBN 3-7643-2496-1. [6] Götz Hoeppe: Blau die Farbe des Himmels. Spektrum Akademischer Verlag 1999, ISBN 3-827-0485-1 [7] Alexander Wünsche: Dämmerungserscheinungen. http://home.arcor. de/alexander.wuensche/html/astro/ astro_thema_4.htm

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Atmosphärische Erscheinungen

Etruskische Vasen

von Claudia Hinz

Viele werden sich fragen, was etruskische Vasen mit atmosphärischen Erscheinungen zu tun haben.

1 Dickbäuchige etruskische Vase,
nach der diese Erscheinung benannt wurde.

Gemeint ist in diesem Fall ein Kopf stehendes Trugbild der auf- oder untergehenden Sonne, welches am häufigsten über einer Wasserfläche zu sehen ist. Wenn sich die tief stehende Sonne dem

Horizont nähert und sich schließlich mit diesem verbindet, vermittelt es manchmal den Anschein, als stehe die Sonne auf einem Fuß. Den Science-Fiction Romanautor Jules Vernes erinnerte dieses

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Phänomen an eine dickbäuchige, auf einem Sockel stehende etruskische Vase und so prägte er weltweit den Namen dieser Erscheinung.
Dieser seltsame Effekt beruht auf der Refraktion der Sonne sowie einer unteren Luftspiegelung und ist meistens im Herbst zu sehen, wenn sich über warmem Wasser eine kalte Luftschicht legt. Insofern sollte man besonders bei Kaltlufteinbrüchen nach längeren Warmphasen nach etruskischen Vasen Ausschau halten.
In dieser unteren warmen Schicht ist der Brechungsindex niedriger als auf Augenhöhe des Beobachters. Wenn die Sonnenstrahlen in sehr flachem Winkel auf diese Schicht treffen, können sie totalreflektiert werden. Von der Sonne treffen also nicht nur die direkten Strahlen beim Beobachter ein, sondern auch solche, die an der optisch dünneren (wärmeren) Luftschicht reflektiert wurden. Die direkten Strahlen lassen die Sonne ganz normal aussehen. Die totalreflektierten Strahlen kommen in der ,,Programmierung" des Gehirns nicht vor und werden deshalb geradlinig nach hinten verlängert. Das führt dazu, dass man ein umgekehrtes Spiegelbild unter der eigentlichen Son-
2+3 Untere Luftspiegelung an
Sonne (Abb. 2, oben) und Mond geben diesen das Aussehen einer Etruskischen Vase. Beide Aufnahmen: Jens Hackmann

ne sieht, welches sich mit dem Einfallswinkel des Lichtes, also mit der Höhe der Sonne über dem Horizont ändert.
Ähnliche Bedingungen wie über dem wärmeren Wasser sind zum Beispiel im Sommer auch auf aufgeheizten Straßen zu finden. In diesem Fall bildet sich nicht nur eine scheinbare Wasserfläche auf dem heißen Asphalt, sondern bei Totalreflexion können auch andere Objekte wie z.B. Verkehrsschilder bei flachem Blickwinkel die orientalische Vasenform annehmen.
4 Entstehung der ,,Etruskischen
Vase" durch Refraktion (scheinbares Anheben) der Sonne und durch Luftspiegelung an der Grenzschicht einer unteren warmen und einer oberen kalten Luftmasse. Skizze: Michael Großmann

Atmosphärische Erscheinungen

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5-10 Da schmelzen selbst Motorradfahrer dahin (Abb. 5): Eine heiße Luftschicht bewirkt einen ,,etruskischen Halteverbots-
schildaufgang" (Abb. 6-10) bei der Querung des Nienstedter Passes im Deister bei Barsinghausen. Alle Aufnahmen: Reinhard Nitze
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Atmosphärische Erscheinungen

Luftspiegelungen in Deutschland
von Claudia Hinz

Wer an Luftspiegelungen denkt, verbindet damit oft die berühmte Oase in der Wüste. Doch kann man diese scheinbaren Seen nicht nur im heißen Wüstensand beobachten. Auch bei uns sind derartige Luftspiegelungen ein häufiges Phänomen. Wohl jeder hat beim Autofahren schon beobachtet, dass an heißen Sommertagen die Straße zu flimmern beginnt und dem Beobachter das Trugbild silbrig schimmernder Wasserflächen vortäuscht, in denen sich Fahrzeuge spiegeln. Doch sobald man näher kommt, verschwinden die Wasserflächen genauso schnell, wie sie entstanden sind.

1 Ein scheinbar geknickter Stamm durch Lichtablenkung beim Übergang von
Luft zu Wasser; der Lichtstrahl wird zum dichteren Medium hin abgelenkt, was in diesem Fall das Wasser ist.

Die Landschaftsformen, in denen Luftspiegelungen bevorzugt auftreten, sind allerdings sehr unterschiedlich. Meist erscheinen sie dort, wo man einen weiten Blick auf den Horizont hat, also auf Ebenen, wie z.B. in der Wüste, über den Wasserflächen von Meeren oder großen Seen.
Lichtstrahlen kommen normalerweise geradlinig auf uns zu. Tritt Licht jedoch von einem optischen Medium in ein anderes, erfährt es an der Grenzfläche eine Ablenkung seiner Ausbreitungsrichtung. Man kann diesen Effekt veranschaulichen, indem man einen Stab schräg ins Wasser hält. Dieser scheint im Bereich der Wasseroberfläche einen Knick zu haben.

2 Die berühmte ,,Oase in der Wüste" mitten auf einer Straße. Durch das Auf-
heizen des Asphalts entsteht direkt über der Straße eine heiße Luftschicht, die wie eine spiegelnde Wasseroberfläche wirkt.
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Aber natürlich hat nicht der Stab einen Knick, sondern nur das Licht, das an der Wasseroberfläche eine Ablenkung erfährt (Lichtbrechung). Der gleiche Effekt tritt auch in der Atmosphäre auf, wenn unterschiedlich warme Luftschichten übereinander lagern. Das passiert z.B. wenn bei windarmen Wetterlagen die dichtere und kalte Luft zu Boden sinkt, während die leichtere warme Luft aufsteigt. Auch wenn der Untergrund durch die Sonne stark aufgeheizt wird oder wenn warme Luft über einer kühleren Eis- oder Wasseroberfläche liegt, entstehen derartige Dichtegefälle. Unter diesen Voraussetzungen werden die sonst geradlinigen Lichtstrahlen zur dichteren kälteren Luftschicht hin abgelenkt. Am deutlichs-

Atmosphärische Erscheinungen

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3 Luftspiegelungen über einer kalten Wasseroberfläche am Königssee: Die bis zur Unkenntlichkeit verzerrten Schiffe
scheinen in der Luft zu schweben und die berühmte Wallfahrtskapelle St. Bartholomä bekommt durch die Luftspiegelung eine zweite Etage. Aufgenommen vom ,,Malerwinkel" am Königssee am späten Vormittag des 17.10.2006. [1] Bildautoren: Claudia und Wolfgang Hinz

ten wird diese Ablenkung sichtbar, wenn die Lichtstrahlen einen sehr großen Weg zurücklegen können, bevor sie das Auge erreichen, weshalb man Luftspiegelungen meist nur in größerer Entfernung sieht.
Die Fata Morgana der Wüste entsteht ebenso wie die scheinbaren Wasserlachen auf unseren Straßen, wenn der Lichtstrahl von der dünnen heißen Schicht über dem Erdboden so abgelenkt wird,

dass er wieder nach oben gerichtet wird. Vor allem, wenn das Licht ganz flach, in einem streifenden Winkel, auf diese Luftschicht fällt, kann der Lichtstrahl nicht in die Schicht eindringen und es kommt durch Totalablenkung zu einem Spiegeleffekt. Die Wasserlache auf der Straße ist also nichts anderes als der auf der heißen Luftschicht gespiegelte Himmel.
Die obere Luftspiegelung tritt wesentlich seltener auf. Hierzu müssen die Verhält-

nisse genau umgekehrt sein: Über einer bodennahen kühleren Luftschicht liegt eine Schicht wärmerer Luft. Am häufigsten ist dieses Phänomen in Polargebieten über Schnee- und Eisfeldern zu beobachten. Bei uns kommt sie jedoch ebenfalls vor, z.B. wenn sich im Frühjahr eine warme Luftmasse über das kalte Wasser von Seen schiebt. Aber auch auf einem Berg kann man oberhalb einer Inversionsschicht mitunter verzerrte oder Kopf stehende Spiegelbilder entfernter Objekte

4 Luftspiegelungen oberhalb einer kälteren Inversionsschicht in den Bergen: Die Bergspitzen werden nach obern hin
erhöht und bizarr verzerrt. Links die Ammergauer Alpen mit dem Säuling, der Kreuzspitz und der Hochplatte, in der Mitte das Wettersteingebirge mit der Zugspitze und rechts den Allgäuer Berg Grünten und die Allgäuer Alpen mit dem Gaishorn. Aufgenommen am 15.12.06 um 07:22 Uhr (also ca. eine dreiviertel Stunde vor Sonnenaufgang) von der Hegaualb aufgenommen genauer vom Witthoh, der mit seinen 860 Metern dort die höchste Erhebung ist. Bildautor: Harald Wochner
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Atmosphärische Erscheinungen

5 Luftspiegelung an einer Doppelinversion vom thüringischen Neuhaus am
Rennweg aus gesehen am 70 Kilometer entfernten oberfränkischen Fichtelgebirge mit dem nach oben hin verzerrten Ochsenkopf (1024 m). Auch hier liegen die kälteren Luftschichten (wie bei Aufnahme 4) unten. Aufgenommen am 15.12.2006 zum Sonnenaufgang gegen 08:10 Uhr. Bildautor: Rüdiger Manig

ausmachen. Höhenspiegelungen können uns zudem Dinge zeigen, die Hunderte Kilometer weit entfernt sind. So zaubert die Luft manchmal Landschaften mit Städten, Türmen und schiefen Mauern, die plötzlich auftauchen, sich verformen oder zusammenstürzen. Bei diesen Trugbildern handelt es sich um die Spiegelung einer fernen Küstenlinie oder von Städten, die verzerrt oder gedehnt erscheinen. Der Reiz dieser Luftspiegelungen erhöht sich dadurch, dass die Veränderungen in der Lufttemperatur nicht gleichmäßig und zudem zeitlich variabel sind. Das äußert sich in oftmals mehrfach übereinander liegenden, grotesk verzerrten, wabernden und flimmernden Spiegelbildern, deren Anblick vor allem im Fernglas atemberaubend ist.
Literaturhinweis: [1] Hinz, Claudia und Wolfgang:
Luftspiegelungen über dem Königssee, VdS-Journal für Astronomie 23, 68

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Teutsch, Laudenbach

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,,VdS-Journal für Astronomie" erscheint viermal pro Jahr und ist im Mitgliedsbeitrag von 35,- (Europa) und 40,(außereurop. Länder), bzw. ermäßigt 25,- pro Jahr enthalten

Beiträge werden erbeten an: VdS-Geschäftsstelle, Postfach 1169, D-64629 Heppenheim und an die Redakteure der VdS-Fachgruppen (siehe Redaktionsliste). Redaktionsschluss für die Ausgabe Nr. 43 ist der 1.5.2012. Der Schwerpunkt dieses Heftes ist dem Thema ,,Mein erstes Teleskop" gewidmet. Beiträge werden erbeten an die Geschäftsstelle (mail/Postadresse) und/oder an Herrn Herbert Zellhuber. Mit dem Einsenden gibt der Autor sein Einverständnis zum Abdruck im ,,VdS-Journal für Astronomie". Es besteht keine Veröffentlichungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter Form zu veröffentlichen. Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die abgedruckten Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

VdS-Journal Nr. 41

Atmosphärische Erscheinungen

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Höfe, Kränze und irisierende Wolken
von Reinhard Nitze

Als Hof oder wissenschaftlich Aureole bezeichnet man eine allgemein bekannte Erscheinung in Form einer hellen Scheibe um Mond oder Sonne. In idealer Erscheinungsform ist sie kreisrund, von

schneeweißer bis leicht bläulicher Färbung und umgeben von einem rötlichbraunem Rand. Bei besonders günstigen Bedingungen können diesem rötlichen Rand nach außen weitere farbige Ringe

folgen, die man als Kränze bzw. Koronen bezeichnet. Diese setzen sich aus Farbfolgen ähnlich denen eines Regenbogens zusammen. Ideale Bedingungen zur Bildung von Höfen und Kränzen

Beugungserscheinungen durch Wassertröpfchen:
1 (oben links) Gewöhnliche Aureole (Hof) um den Mond.
Aufgenommen am 10.09.2011
2 (oben rechts) Multiple Kranzerscheinung um die Sonne.
Aufgenommen am 18.05.2007
3 (Mitte links) Unregelmäßige Kranzerscheinung, rechts in
irisierende Wolke übergehend. Aufgenommen am 01.05.2010
4 (Mitte rechts) Multiple Kranzerscheinung in irisierende
Wolke übergehend. Fotografiert am 18.02.2009
5 (links) Irisierende Wolken am 18.02.2009 in Egestorf.

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Atmosphärische Erscheinungen

Beugungserscheinungen durch Eiskristalle:
6 Eine Aureole um die Venus. Auslösende Wolken sind in diesem Fall Cirrostraten. Rechts im Bild ist Merkur zu erkennen.
Sein Licht reicht hier für eine Aureole nicht aus. Fotografiert am 02.04.2010 in der Langreder Mark bei Barsinghausen.

Beugungserscheinungen durch Staubadvektionen: 7 Bishop`scher Ring, ausgelöst durch die Aschewolke des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull am 16.04.2010.
Aufgenommen in Barsinghausen/Egestorf, Niedersachsen.
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Atmosphärische Erscheinungen

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liegen immer dann vor, wenn sich vor der Lichtquelle eine dünne, gleichmäßige Wolkenschicht mit möglichst kleinen, annähernd gleich großen Wassertröpfchen befindet. Das entscheidende Kriterium ist dabei das Wort ,,klein". Je kleiner die Töpfchen sind, desto größer erscheint die Aureole mit ihren Kränzen. Im Gegensatz zu Erscheinungen, die auf Lichtbrechung basieren, muss der Lichtstrahl dazu nicht in das Zielobjekt eindringen (bei Wassertröpfchen kann dieses zwar geschehen, aber der Einfluss ist nicht von großer Bedeutung). Vielmehr wird der Lichtstrahl gewissermaßen um den Partikel herumgelenkt. Das Maß dieser Umlenkung hängt dabei von einem Wechselspiel zwischen der Wellenlänge des Lichtes und der Größe des getroffenen Teilchens ab. Durch die Umlenkung kommt es zu Überlagerungen (Interferenzen) der einzelnen Lichtwellen, was die farbigen Ringe erzeugt. Diesen Vorgang bezeichnet man als Lichtbeugung. Aufgrund dieser Entstehungsweise können auch völlig undurchsichtige Teilchen in der Atmosphäre Beugungserscheinungen hervorrufen. Solche Teilchen sind in der Regel Festkörper wie Pollen, Staub, (Eis-) Kristalle und Rauch.

Obwohl Festkörperteilchen nicht unbedingt rund sind, können sie unter bestimmten Bedingungen dennoch Beugungseffekte hervorrufen. Zwei Möglichkeiten seien genannt:
Möglichkeit 1: Die Teilchen haben alle eine unterschiedliche Form, aber annähernd (mit einem gewissen Spielraum) die gleiche Größe. In diesem Fall erscheint eine leicht verwaschen wirkende rundliche Korona. Lediglich die für die Aureole typischen Farben sind erkennbar. Echte Farbenspiele sind selten. Ein Beispiel hierfür ist der Bishop`sche Ring.
Möglichkeit 2: Die Teilchen sind nicht rund, haben aber alle dieselbe Form bei annähernd gleicher Größe. Solche Teilchen sind beispielsweise Pollen. Aufgrund ihrer unrunden Form können sie beim langsamen Absinken in der Luft durch den Fallwiderstand eine Orientierung einnehmen. Dabei richtet sich ihre Längsachse horizontal aus. Bedenkt man nun, dass die Größe der Korona von den Durchmessern der Teilchen abhängt, kann man sich leicht vorstellen, dass beispielsweise pillenförmige Pollenkörner bei horizontaler Orientierung ein entsprechend ovales Beugungsbild

hervorrufen. Die Längsachse der Korona steht dabei senkrecht. Hierbei ist auch die Höhe der Lichtquelle, sprich: der Sonnen- bzw. Mondstand von entscheidender Bedeutung. Je höher die Lichtquelle steht, desto geringer wirkt sich die Orientierung der Pollenkörner aus, was zur Folge hat, das die Korona zunehmend wieder rund erscheint. Dieses Beispiel ist selbstverständlich stark vereinfacht. In der Natur kommen natürlich noch deutlich komplexere Pollenformen mit entsprechenden Beugungsbildern vor.
Doch zurück zu den ,,normalen", auf Wassertröpfchen basierenden Beugungseffekten. Bisher wurden nur Beugungserscheinungen unter optimalen Bedingungen betrachtet. Verändern sich die Eigenschaften der Wolkenschicht, so hat das natürlich auch Auswirkungen auf die Aureole mit ihren Kränzen. Wird die Wolke dichter, verfärbt sich das Innere der Aureole weiter ins Blaue und der rostrote Rand mit seinen Kränzen verschwindet. Wird die Wolke noch dichter, verschwindet schließlich auch der blaue Rest der Aureole. Veränderungen im Durchmesser der Wassertröpfchen in einzelnen Wolkenbereichen bewirken eine entsprechende Verzerrung. Dieses

Beugungserscheinungen durch Pollen:
8 Pollenkorona, vermutlich Erle, Aufnahme vom
27.03.2006

9 Am 02.05.2009 konnte diese Birkenpollenkorona
teilweise vor (!) einer dunklen Wolke aufgenommen werden.
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Atmosphärische Erscheinungen

ist häufig in den Randbereichen einer Wolkenschicht der Fall. Rückt eine solche Wolkenschicht nach und nach von der Lichtquelle weg, so verzerrt sich die Korona immer stärker, bis sie als solche nicht mehr zu erkennen ist. Damit ist das Farbenspiel aber häufig noch nicht beendet. Die einzelnen Farbfolgen können sich verstärken und ihre Gestalt passt sich in bestimmten Bereichen dem Wolkenrand an. Die Ursache sind Zonen bzw. Schichten mit gleicher Tröpfchengröße. Zusätzlich spielt hierbei auch Interferenz eine Rolle. Man spricht nun von einer irisierenden Wolke.
Es sei darauf hingewiesen, das es nicht nur direkt um die Lichtquelle zu Beugungserscheinungen kommt, sondern auch um den so genannten Gegenpunkt (der Gegenpunkt befindet sich im Schatten des Beobachters in Höhe seines Kopf-

es, genauer gesagt seiner Augen). Die wichtigste Erscheinung ist die Glorie. Sie wird, da ein Kombinationseffekt, gesondert betrachtet, siehe Artikel ,,Die ich rief, die Geister" von Claudia Hinz Seite 42 in diesem Heft.
Zum Schluss sei noch bemerkt, dass es eine Fülle weiterer Möglichkeiten gibt, an denen Beugungserscheinungen zu Tage treten. Hier verschwimmen jedoch die Grenzen zur Thematik der atmosphärischen Erscheinungen. Exemplarisch sollen zwei trotzdem genannt werden, da sie zum Verständnis der Thematik beitragen und zum eigenen Experimentieren einladen können:
1. Kranzerscheinungen durch Kondenswasser: Eine gute Möglichkeit zum Verständnis von regulären Kränzen und irisieren-

den Wolken ist folgendes Experiment: Haucht man eine Fensterscheibe bzw. Windschutzscheibe vor dem Licht einer punktförmigen Lichtquelle an, so werden ebenfalls farbige Ringe sichtbar. Kurz angehaucht, entstehen nur kleine Wassertröpfchen mit entsprechend großen Farbringen. Eine längere Einwirkzeit der feuchten Atemluft bewirkt größere Wassertröpfchen, weshalb sich das Beugungsbild zusammenzieht.
2. Kranzerscheinungen in Stoffen: Häufig kann man Kranzerscheinungen an Gardinen, Vorhängen, Fahnen, Sonnenschirmbezügen und ähnlichem beobachten. Meist sind sie rund, können aber aufgrund der Stoffstruktur auch kompliziertere Beugungsfiguren annehmen. Sie stellen einen guten Denkansatz für die natürlichen Pollenkoronen dar.

10 Kiefernpollenkorona; Bildautoren: Manfred Heinrich und Anke Hamann
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Atmosphärische Erscheinungen

Die ich rief, die Geister ...
von Claudia Hinz

Brockengespenster waren schon immer Gegenstand von Mythen und Sagen. Bereits im Jahr 1780 beschreibt Johann Esaias Silberschlag das gespenstige Treiben am damaligen Blocksberg. Wenn bei Sonne und Nebel der Schatten des Beobachters auf eine Nebelwand fällt, wird das Schattenbild wie bei einer Kinoleinwand in mehrfacher Vergrößerung projiziert. Je dichter und näher der Nebel ist, desto größer und eindrucksvoller erscheint das Schattengespenst. Zudem hat Nebel keine glatte Oberfläche, so dass 3D-Bilder entstehen, die sich durch Wallung des Nebels gespenstig verändern, ohne dass der Beobachter sich bewegt.
Auf dem Brocken kommt Nebel an durchschnittlich 300 Tagen im Jahr vor,
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1 Künstlich erzeugtes Brockengespenst in dichtem Brockennebel. Es wird
von einem vollständig kreisrunden Nebelbogen umsäumt, der mit seinem Radius von ca. 40 Grad die Größe des Gespenstes erahnen lässt. Manchmal bildet sich um den Kopf des Brockengespenstes eine farbige, ringförmige Lichterscheinung, die so genannte Glorie. Diese entstehen durch Rückstreuung und anschließende Beugung der Sonnenstrahlen an den winzigen Nebeltröpfchen. Die kleinen runden Tröpfchen lenken die Lichtstrahlen dabei zu einem Muster konzentrischer Kreise ab, bei denen vom sichtbaren Spektrum jeweils rot außen und blau innen zu finden ist. Der Ringdurchmesser hängt dabei von der Tröpfchengröße ab und kann in den Randbereichen von Wolken, wo die Wassertröpfchen rasch kleiner werden, auch stark von der Kreisform abweichen [1].

zudem ist der Brockennebel sehr oft undurchdringlich dicht. Insofern wurde auch Johann Wolfgang Goethe bei seinen optisch-meteorologischen Studien auf dem Harzgipfel oft von seinem riesigen gespenstigen Schattenbild begleitet

und prägte in seinem anschließenden Werk ,,Farbenlehre" den Namen ,,Brockengespenst" weltweit.
Aber natürlich ist das Brockengespenst nicht nur auf dem höchsten Harzgipfel

2 (oben) Glorie um
den Schatten des Turmes der Wetterwarte auf dem Brocken. Bildautor: Marc Kinkeldey
3 (Mitte) Glorie um
den Schatten des Beobachters, aufgenommen mit Polfilter bei tief stehender Sonne am Wendelstein (1.838 m) in den bayrischen Alpen.
4 (unten) Glorie um
den Schatten des Beobachters mit Besucherplattform, Gipfelkreuz und Kapelle auf dem Wendelsteingipfel; Bildautor: Wolfgang Hinz
Brockengespenst
Dort droben auf dem hohen Berg die dichten Nebel steigen. Man sagt, dort trieben Teufelswerk die Geister, die sich manchmal zeigen.
Die Sonne matt im Dunste glänzt, in ihrem Licht, dem fahlen, hebt schweigend sich ein grimm Gespenst und reckt sich in den Strahlen.
Der Schemen auf der Nebelwand zeigt sich in drohender Gestalt. Als Bote aus dem Geisterland durchgleitet er den dichten Wald.
Auf seinem dunklen, finster'n Haupt prangt eine Krone seltsam bunt. Schon mancher sah`s und hat geglaubt, hier thront ein Geister-Vagabund.
Bald verschlucken Nebelschwaden die Sonne und das Schattenbild. Ist`s zum Segen, ist`s zum Schaden, was die Geister führ'n im Schild?

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Atmosphärische Erscheinungen

5 Glorie um den Bergschatten des Wendelsteins auf tiefer liegender Wolkendecke

6 Irisierend auslaufende Glorie um den Schatten eines Flugzeugs auf Wolken mit Bereichen unterschiedlicher Tröpfchengröße.
Aufnahme: Andreas Zeiske VdS-Journal Nr. 41

Atmosphärische Erscheinungen

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daheim, sondern es tritt überall dort auf, wo eine Lichtquelle, egal ob natürlicher oder künstlicher Natur auf eine dichte Nebelwand fällt. Je dichter der Nebel und je tiefer die Lichtquelle ist, desto eindrucksvoller und größer erhebt sich das Gespenst.
Da sich die Glorie um den Gegenpunkt der Sonne bildet, ist sie nur von erhöhten Standpunkten aus sichtbar. Je nach Standort ist sie nicht nur um den Schatten des Beobachters zu sehen, sondern es wird mitunter der gesamte Berg oder ein Flugzeug als Schatten auf der Nebelwand abgebildet. Der Mittelpunkt der Glorie ist dabei der ,,Standpunkt" des Beobachters.
Eine interessante Abart des Brockengespenstes sind die so genannten Götterschatten (da nach Volksglaube ihre Strahlen immer dahin weisen, wo die Götter wohnen). Bei tief stehender Sonne und dunstiger Luft werden die Schatten der Berge dabei in den Himmel projiziert. Im Gegensatz zum Brockengespenst sind diese nicht in Sonnengegenrichtung zu beobachten, sondern der Beobachter sieht in Sonnenrichtung in den nach oben in eine starke Dunst- oder Wolkenschicht geworfenen Schatten hinein.

Literaturhinweise: [1] Claudia Hinz und Günther Können:
,,Ungewöhnliche Glorien" im VdSJournal Nr. 26, S. 58

7+8 Nach oben auf eine Dunstschicht projizierte Bergschatten (Abb. 7) und
Schattenstrahlen (Abb. 8). Aufnahmen: Wolfgang Hinz

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Atmosphärische Erscheinungen

Crepuscularstrahlen
von Michael Großmann

Wer hat sie noch nicht gesehen, Sonnenstrahlen die sich scheinbar fächerförmig von der Sonne ausbreiten. Schattenwürfe von gewaltigen Gewitterzellen die sich über den gesamten Himmel spannen können. Sie zählen zur Familie der Crepuscularstrahlen, oder auch einfach Schatten-, Sonnen- oder Dämmerungsstrahlen genannt.

Crepuscularstrahlen entstehen durch Lichtstreuung innerhalb der Atmosphäre. Verantwortlich dafür sind feine Wassertröpfchen in Form von Dunst, Nebel oder hoher Luftfeuchte, Vulkanaerosole, Saharasand, Staubpartikel oder Luftmoleküle

Der Hauptakteur für das Entstehen von Schattenstrahlen ist eine Wolke. Wäre die Luft trocken und klar, dann würde kein Schattenwurf sichtbar werden, ausgenommen man steht direkt in diesem Schatten. Bei einer hohen Luftfeuchtigkeit dagegen wirken die feinen Wassertröpfchen wie eine Projektionswand und lassen den Schatten der Wolke sichtbar werden.
Da wir uns in einem dreidimensionalen Raum befinden, hat es immer den Anschein, dass die Schattenstrahlen in einem Punkt zusammenlaufen, dem Son-

1 Steht die Sonne hoch am Himmel und es schiebt sich eine Wolke davor,
sieht es aus wie ein fächerförmiger Kranz der sich in alle Richtungen ausbreitet.

nenpunkt. Dies ist aber, bedingt durch den perspektivischen Effekt, eine optische Täuschung. Tatsächlich verlaufen diese Linien parallel am Himmel. Dieser Effekt lässt sich besser erklären, wenn

man sich Eisenbahnschienen vorstellt, die in der Ferne scheinbar zusammenlaufen. In Wirklichkeit sind auch sie parallel angeordnet.

2+3 Steht die Sonne tiefer und ist durch ein längeres Wolkenband verdeckt, entstehen ,,typische Sonnenstrahlen",
die sich fächerförmig nach unten ausbreiten.
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4 Ist das Wolkenband recht schmal, dann können sich die Sonnenstrahlen, oder besser gesagt Wolkenschatten, auch nach
oben hin fächerförmig ausbreiten. Gerade bei Sonnenauf- bzw. Untergang, spielt die Himmelsfärbung eine große Rolle, was den Kontrast angeht. Hier ist der Himmel im oberen Bereich blau und in Horizontnähe orange gefärbt. Die Crepuscularstrahlen heben sich durch diese unterschiedliche Färbung besonders gut ab.

5 Einzelne Wolken-
lücken zeigen eine ganz besondere Form von Crepuscularstrahlen. Da nur durch diese Wolkenlücke Licht gelangt, sehen diese Strahlen aus wie ,,Beamer". Wenn die dazugehörige Wolkendecke sehr schnell zieht, ist der perspektivische Effekt solch einzelner Strahlen besonders beeindruckend, da sie sich entgegen der Zugrichtung der Wolkendecke bewegen.

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Atmosphärische Erscheinungen

Die räumliche Verteilung sowie der Sonnenstand haben Auswirkungen auf das Aussehen und die Form von Crepuscularstrahlen. Je höher die Sonne steht desto ,,kronenförmiger" sehen die Schattenstrahlen aus. Steht die Sonne tiefer ergibt sich je nach Wolkenform ein charakteristischer Fächer, der den meisten Beobachtern besonders auffällt, da die Blendwirkung durch die tiefer stehende Sonne bei weitem nicht mehr so stark ist.

6-9 (von oben links nach rechts unten) Während des Sonnenuntergangs oder
auch danach entstehen besonders spektakuläre Dämmerungs- und Schattenstrahlen. Die Perspektive hat sich nun völlig verändert und die Sonne strahlt die Wolken ,,von unten" an. Das hat zur Folge, dass weit reichende Schattenstrahlen sichtbar werden. Der Vorteil bei dieser Beobachtung liegt darin, dass die enorme Blendwirkung der Sonne gänzlich abgeschaltet ist und nun auch feine, lichtschwächere Schatten wahrgenommen werden.

Davon abgesehen ist auch der Blickwinkel ein angenehmerer, als den Kopf in den Nacken zu werfen und steil nach oben zu schauen.

Die unterschiedlichen Erscheinungsbilder der Crepuscularstrahlen werden in den Bildbeispielen erläutert.

Wie eingangs schon erwähnt, gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten der Entstehung von Crepuscularstrahlen. Ist die Sonne bereits untergegangen, kommen nicht mehr Wolken oder Wassertröpfchen als Projektionsebene in Frage. Als Projektionsleinwand dienen hier höher liegende Staubpartikel oder aus Vulkan-
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Atmosphärische Erscheinungen

10 Türmt sich eine Cumuluswolke zu einem Cumulus-Congestus empor, kann es durchaus vorkommen, dass dabei andere
Wolken- oder Dunstschichten durchbrochen werden. Steht dahinter dann die Sonne, bilden diese Dunstschichten wieder eine oder sogar mehrere Projektionsebenen, an denen sich Schattenwürfe abzeichnen.
11 Schattenstrahlen an den Aerosolen des Vulkans Nabru, der im Juni 2011 in Eritrea ausbrach. Die daraus stammenden
Schwefelsäurepartikel verteilten sich über die gesamte Nordhemisphäre und sorgten bis Oktober für intensive Dämmerungsfarben. VdS-Journal Nr. 41

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12 Die Strahlen können sich bis zum Sonnengegenpunkt erstrecken, was kurz vor oder nach Sonnenuntergang ein tolles
Naturschauspiel darstellt.

aerosolpartikeln entstandene Schwefelsäuretröpfchen, welche ebenfalls schöne Schattenstrahlen entstehen lassen können. Etwa 15 Minuten nach Sonnenuntergang kann ein scheinbar völlig klarer Himmel übersät sein mit weit reichenden Schattenstrahlen. Beginnend mit einer Rosafärbung des Himmel die sich nach einigen Minuten in ein violettes Licht wandelt. Dieses Phänomen nennt man Purpurlicht.
Es kann vorkommen, dass ein unebener Horizont entfernte höhere Berge oder für den Beobachter nicht sichtbare Wolken am oder hinter dem Horizont für lange Schattenwürfe sorgen, besonders dann wenn sich mächtige Gewitterwolken bis in eine Höhe von zehn bis zwölf Kilometer (Cumulonimbus) gebildet haben.
Da die Schatten deutlich dunkler sind, als die rosa-violette Färbung des Dämmerungshimmels, heben sich diese Schattenwürfe dann besonders vom Hintergrund ab. Manche dieser Erscheinungen sind bis zu 30 Minuten oder noch länger sichtbar!

Wie bereits erwähnt, können sich bei besonders hoher Luftfeuchte oder einem großen Staubgehalt in der Atmosphäre die Schattenwürfe weit über den Himmel spannen. Die Strahlen beginnen meist im Sonnenpunkt und verlaufen scheinbar fächerförmig über den gesamten Himmel und bündeln sich wieder im Sonnengegenpunkt.

Von den atmosphärischen Erscheinungen sind Crepuscularstrahlen sehr oft beobachtbar und haben immer ein anderes Aussehen bezüglich Form und Farbe. Sie entstehen an großen Gewitterwolken ebenso wie an Schäfchenwolken. Der Sonnenstand spielt dabei eine große Rolle, aber speziell bei Sonnenauf- oder untergang sind Dämmerungsstrahlen am Beeindruckendsten.

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Atmosphärische Erscheinungen

Das Pyramidalhalo-Phänomen in Virginia am 21. Juni 2010
von Elmar Schmidt, T. Alan Clark, Claudia Hinz und Alexander Haußmann

1a Pyramidalhalo (Swift Run Gap, Virginia) vom 21.06.2011, ca. 15:20 EDST
(11:20 UTC; Sonnenhöhe 57 Grad); unbearbeiteter Scan eines Fisheye-Dias von E. Schmidt durch A. Haußmann (der ,,Pfeil" r.u. ist ein Linsenflare).

Viele Brechungshalos entstehen durch

die Konzentration von Licht bei den

Minima der Ablenkwinkel von Sonnen-

oder Mondlicht, welches atmosphärische

Eiskristalle durchsetzt. Im Unterschied

zum Regenbogen, der bereits im Einzel-

tropfen als Kaustik entstehen kann, ist

für ringförmige Brechungshalos die

Häufung aller möglichen Strahlengänge

durch statistisch ungeordnete Eiskris-

talle nötig. Hexagonale Eisplättchen oder -säulen stellen als brechenden Winkel

(das ist der Winkel, den die Lichtein- und

-austrittsfläche miteinander bilden) nur

den Wert 60o (zwischen übernächsten

Seitenflächen) oder 90o (zwischen Deck-

und Seitenflächen) zur Verfügung. An-

dere Geometrien führen entweder zum

geraden Lichtdurchtritt oder scheiden

infolge Totalreflexion aus. Der minimale

Ablenkwinkel läßt sich aus wie folgt

errechnen, [1] worin

für die

relative Brechzahl zwischen Eis und Luft

steht:

Mit den Werten

für rotes Licht

von ca. 610 nm [2] und

[3]

- für Luft von ebenfalls -20o C und beim

Druck in 5,5 Kilometer Höhe - ergeben

sich aus den Prismenwinkeln 60o bzw.

90o die Minimumswinkel 21,8o bzw. 45,5o

und am Himmel der bekannte 22-Grad-

Ring und der seltenere 46-Grad-Ring. [4]

1b wie Bild 1a, aber nach starker Bearbeitung (HDR + USM) durch Claudia
Hinz; der 23-Grad-Ring zeigt oben einen Berührungsbogen durch orientierte Eiskristalle, und außerhalb wird schwach ein 35-Grad-Ring erkennbar.
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Die vier Autoren haben 2010 an der 10. Light & Color in Nature Conference in Maryland teilgenommen [5]. Am 21. Juni 2010 hielt Elmar Schmidt gegen 15:15 unter einem mit leichten Cirren bedeckten, milchig blauen Himmel auf der 721 Meter hohen Paßhöhe Swift Run Gap beim Shenandoah Nationalpark in Virginia an. Beim Blick zur Sonne zeigte sich scheinbar ein 22-Grad-Halo-Ring, der sich jedoch sogleich in eine geisterhaft verwaschene Ringgruppe auflöste, wie in den Bildern 1a+b ersichtlich, die ein voll entwickeltes sog. Pyramidal-Halophänomen zeigen! (Näheres zu diesem Namen folgt.) Für das Auge klar zu sehen waren Ringe von 9o, 18o, 20o, 23o u./o. 24o. Der

Atmosphärische Erscheinungen

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selbst unter anomalen Halos nochmals seltenere Ring mit 35o Radius wurde am Ort vergeblich gesucht, zeigte sich dann aber in den Originaldias ebenfalls. Alan Clark befand sich zur genau gleichen Zeit am Flughafen von Washington, DC, der in Arlington, Virginia, fast auf Meereshöhe liegt, etwa 125 km nordöstlich von E. Schmidts Platz. Seine Fotos zeigen ebenfalls die 18o- und 23o/24o-Halos, der 9o-Ring scheint von Wolkenstreulicht überstrahlt (Bild 2).
Diese Pyramidalhalos traten übrigens bei ungewöhnlich großen Sonnenhöhen von 57o bis 58o auf. Der Abstand der Beobachtungsorte zeigt weiterhin die Großräumigkeit der verursachenden Eiskristallcirren, wobei erstaunlich ist, dass aus einer so dicht besiedelten Gegend auch später keine weiteren Beobachtungen mehr gekommen sind.
Nach Beobachtungen des Arbeitskreis Meteore e.V. (AKM) entstehen Cirren mit pyramidalen Eiskristallen hauptsächlich an kleinräumigen Tiefs mit großen Temperaturunterschieden, die ihren Ursprung größtenteils in Wassernähe (in Europa meist Nordatlantik oder Mittelmeer) haben. Charakteristisch für diese Kristallart ist die ungewöhnlich lange Lebensdauer bzw. die stetige Neubildung gleicher Kristallarten. So wurden im Februar 2001 Pyramidalhalos von Südschweden über Ostholland bis nach Süddeutschland und Österreich an einem abgespaltenen, südwärts ziehenden Ostseetief beobachtet. Auch im März 2006 konnten an einer von Skandinavien bis in den östlichen Mittelmeerraum ziehenden, markanten Luftmassengrenze fortlaufend 9o- und 18o-Ringe beobachtet werden.
Das Klima Nordamerikas wird im Sommer sowohl von trockener Warmluft aus dem Golf von Mexiko als auch von arktischer Kaltluft beeinflußt. An der Luftmassengrenze bilden sich durch die feuchten Luftmassen häufig kleinräumige Tiefs. Auch die Tageswetterkarte der USA vom 21. Juni 2010 (Bild 3) zeigt eine solche Situation. Nachdem ein von Südwesten gekommenes Tief über die Große Seenregion hinweggezogen war, sorgte es für eine markante Luftmassengrenze in Richtung Ostküste, entlang derer sich die Pyramidalhalos bildeten. Wie bereits 2006 in Deutschland gab es auch am 21.

2 Pyramidalhalo (Arlington, Virginia), Aufnahme von T. A. Clark, 21.06.2011,
ca. 15:00 EDST (Sonnenhöhe 58 Grad).

Juni 2010 in den USA im Rückraum der Front Tornados. [6] Nach der Standardreferenz über anomale Halos von W. Tape, wurden die ,,odd rings" seit dem 18. und

19. Jahrhundert, mit wenngleich geringer Häufigkeit, immer wieder einmal berichtet, fotografisch dokumentiert werden sie aber erst seit 1975. [7], [8] Dennoch

3 Wetterkarte der östlichen USA vom Morgen des 21. Juni 2010. [6]
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Atmosphärische Erscheinungen

bleiben Pyramidalhalos neben den gewöhnlichen Halos extrem selten. In der Statistik des AKM gibt es unter ingesamt 132.000 (meist mitteleuropäischen) Sonnenhalos nur 0,06% Pyramidale, im einzelnen: 9o (36 Sichtungen), 18o (44), 20o (2), 23o/24o(28), 35o (5).
Wodurch die ,,seltsamen" Ringradien zustande kommen, wurde in einer lange nur wenig beachteten Veröffentlichung zweier Heidelberger Kristallographen von 1947 geklärt, die sich auf die Beobachtung stützte, welche einer von ihnen 1940 als Luftwaffen-Aufklärungspilot in 5.500 - 7.700 Meter Höhe gemacht und zeichnerisch dokumentiert hatte [9]. Die beiden Autoren zeigten, dass auch Eiskristalle vorkommen, die aus hexagonalen Plättchen mit endseitig aufgewachsenen Pyramiden oder Pyramidenstümpfen bestehen. Bild 4 zeigt im linken Teil die Idealform solcher Pyramidalkristalle, wobei die Fazetten durchnumeriert sind. Entscheidend ist der Öffnungswinkel der Deckpyramiden(stümpfe), den Tape ,,Winkel x" nennt. Er ist durch Eigenheiten beim Kristallwachstum auf ca. 28o eingeschränkt. Die Betrachtung aller in einem solchen Kristall möglichen, brechenden Strahlengänge, jeweils gekennzeichnet durch die Nummer von Ein- und Austrittsfläche (o.ugk.), führt auf die in der Tabelle rechts im Bild 4 gelisteteten Prismenwinkel und erklärt über die o.a. Formel für den minimalen Ablenkwinkel zwanglos die Radien so gut wie aller beobachteteten Ringe, die wegen der verursachenden Kristalle seitdem Pyramidalhalos genannt werden.
Bild 5 zeigt ein etwa 8 Kilometer östlich von Bild 1, bei einer Sonnenhöhe von nur noch 49o aufgenommenes Mosaik aus zwei Digitalfotos von E. Schmidt, dem in einem Quadranten die Vielstrahlsimulation aus einem Spezialprogramm überlagert ist [10]. Beachtlich ist der gegenüber Bild 1 nochmals verstärkt auftretende, obere Berührungsbogen zum 23o-Ring, auch Plättchenbogen genannt, weil hierzu die Eiskristalle aerodynamisch so ausgerichtet sein müssen, dass die Pyramiden senkrecht stehen. Das Fehlen des 22o-Rings bei gleichzeitiger Sichtbarkeit des 9o-Rings erstaunt etwas, weil für beide Halos die Seitenflächen von Eisplättchen oder -säulen benötigt werden. Die relative Schwäche könnte aber auch mit der stärkeren Lichtkonzentration in dem kleineren Ring bedingt sein [11].
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4 Entstehung normaler und anomaler Haloringe, adaptiert aus [7].

Die Pyramidalhalos blieben während der über 100 km Luftlinie nach Südosten führenden Weiterfahrt von E. Schmidt dauernd sichtbar. Zusammen mit A. Clarks Beobachtung ist demnach von einer sich über die Nordhälfte von Virginia erstreckenden und bei einer Bodentemperatur von 30o C mindestens -20o C kalten Cir-

rendecke auszugehen, da sich nur dann Pyramidalkristalle bilden [7]. Bild 6 entstand etwa 40 km vor Richmond, Virginia, bei einer Sonnenhöhe von nur noch 29 Grad. Hier traten die Ringe gegenüber den Plättchenbögen zurück, welche beim 23o-Ring im oberen Bereich erscheinen, beim 18o-Ring links und rechts und

5 Digitalbild (Lydia, Virginia) von E. Schmidt, 21.06.2010 ca. 16:10 EDST
(Sonnenhöhe 49 Grad) und Overlay von T.A. Clark für pyramidale Eiskristalle aus Software Halo Sim [10]. Die Skala im Überlappungsbereich ist in ganzen Winkelgraden geteilt.

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6 Foto des Pyramidalhalo-Phänomens (Oilville, Virginia), 21.06.2010 ca. 17:55
EDST (Sonnenhöhe 29 Grad) mit deutlichen Plättchenbögen. Die Autoren danken Ágnes Kiricsi, Vecses, Ungarn, für die Erstellung und Bearbeitung des Mosaiks aus zwei Digitalaufnahmen. [12]

beim 9o-Ring unter- und oberhalb [7]. Das Auftreten der Plättchenbögen wird für gewöhnlich mit dem vermehrten Auftreten aerodynamisch ausgerichteter Pyramidalkristalle erklärt [13]. Ein niedrigerer Sonnenstand bedingt aber eine längere Sichtlinie durch die Cirren sowie für einige der Plättchenbögen günstigere Strahlgeometrien, so dass ihre Zunahme auch nur ein Auswahleffekt sein könnte. In den folgenden neun Tagen, auf der

Weiterreise E. Schmidts bis nach Atlanta, Georgia, wurden keine anomalen Halos mehr gesichtet.
Quellenangaben: [1] Bergmann-Schaefer, Lehrbuch
der Experimentalphysik (Hrsg. H. Gobrecht), Bd. III Optik, W. de Gruyter, Berlin, 1974

[2] aus: http://www.wolframalpha.com/ input/?i=refractive+index+ice+20C&f1=610&f=RefractiveIndexIce 1h.lambda_610
[3] berechnet mit: http://emtoolbox.nist. gov/Wavelength/Ciddor.asp
[4] vgl. http://www.atoptics.co.uk/halo/ circ1.htm; http://www.atoptics. co.uk/halo/46form.htm#
[5] C. Hinz, A. Haußmann, E. Schmidt, H.-J. Schlichting, R. Schmidt; VdS-J. Nr. 36 (2011), S. 46
[6] http://weather.gov/ (National Weather Service / NOAA, Archiv) http://www.crh.noaa.gov/ mkx/?n=062110_severe
[7] W. Tape, J. Moilanen, Atmospheric Halos and the Search for Angle x, American Geophysical Union, Washington, DC, 2006
[8] Jari Luomanen, Appl. Opt. 47, H199 (2008)
[9] H. Steinmetz, H. Weickmann, Heidelberger Beiträge zur Mineralogie und Petrographie, Bd.1, H.1 (1947) 31
[10] ,,Halo Sim" (L. Cowley, M. Schroeder), http://www.atoptics. co.uk/halo/halfeat.htm
[11] Persönliche Mitteilung von Walter Tape und Gunther Können
[12] http://www.ursa.fi/blogit/ ice_crystal_halos/index. php?title=pyramidal_halos_in_ central_virginia&more
[13] http://www.atoptics.co.uk/halo/ pyrpars.htm
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Amateurteleskope/Selbstbau + Astrofotografie

Neues aus der Fachgruppe Amateurteleskope/Selbstbau

Vor einiger Zeit wurde ich angeschrieben, dass etliche Links auf der FachgruppenWebseite nicht mehr aktuell sind. Ich muss zugeben, dass ich das auch schon einige Zeit nicht mehr kontrollierte. Ich stellte tatsächlich fest, dass so mancher Link ins Leere führt. Schade, dass auch recht gut gemachte Seiten dabei waren. Das zeigt wiederum, dass das Internet eben relativ kurzlebig ist. Vielleicht könnte mein Hinweis wiederum der Anlass für so manchen Webseitenbetreiber sein, seinerseits mal die Links auf seinen Seiten zu testen.
Als weiteres schrieb ich nach längerer Zeit mal wieder die Fachgruppenmitglieder an. Unter anderem wollte ich erfahren, ob sie auch weiterhin als Fachgruppenmitglied auf der FG-Webseite geführt werden wollen. Könnte ja sein, dass jemand nicht mehr so aktiv das Hobby Astronomie betreibt. Erfreulicherweise gab es von den Mitgliedern keine Absagen. Es waren sogar Leute dabei (nicht alle in der Fachgruppe sind automatisch auch

bei der VdS), die mittlerweile der VdS beitraten.
Beim Redakteur- und Fachgruppenleitertreffen am 14. Mai 2011 in Bebra wurde angeregt, dass die Fachgruppe Amateurteleskope/Selbstbau wieder mal das Schwerpunktthema gestalten könnte. Das letzte Mal war das in Heft 23 im Jahr 2007. Ich machte deshalb den Vorschlag, als Thema ,,Mein erstes Teleskop" zu nehmen. Ich hatte diese Idee schon einige Zeit im Hinterkopf, da hierzu praktisch jeder etwas schreiben kann, der ein Fernrohr hat oder früher mal hatte. Egal, ob das Instrument nun gekauft oder selbst gebaut wurde.
Schon öfter unterhielt ich mich mit Leuten über ihr erstes Fernrohr. Mir macht es Spaß, darüber zu erzählen und ebenso gerne höre ich den anderen zu, die darüber erzählen. Damals war man ja nicht so erfahren wie heute, hatte in der Regel weniger Geld und es wurden auch so manche Fehler gemacht. Heute schmun-

zelt man darüber. Sicher verbindet auch Sie mit ihrem ersten Fernrohr so manches beeindruckende Erlebnis, das bis heute unvergessen blieb. Schreiben Sie auch über Schwierigkeiten, die Sie anfangs hatten und Probleme, die gemeistert werden mussten. Oder hatten Sie am Fernrohr schon gleich etwas zu verbessern, damit das Beobachten erleichtert oder gar erst möglich war?
Gelegentlich sehen bei Anfängern die Selbstbau-Konstruktionen etwas verwegen, vielleicht sogar abenteuerlich aus aber genau das soll auch gezeigt werden. Vielleicht entstand das Instrument auch in einer Zeit der Materialknappheit und der Not im Lande? Da können die Älteren unter uns noch etwas erzählen. Man kann also gespannt sein, welche Berichte man zum Thema ,,Mein erstes Teleskop" dann im VdS-Journal für Astronomie Nr. 43 nachlesen kann. Ich freue mich schon über Ihre Teilnahme!
Ihr Herbert Zellhuber

Neues aus der VdS-Fachgruppe Astrofotografie
Die Mailingliste der FG Astrofotografie
von Antonius Recker

Seit dem 23.03.2011 gibt es eine Mailingliste für die Astrofotografen. Bis Anfang September 2011 haben sich 64 Mitglieder in diese Liste eingeschrieben. Dies sind zum großen Teil Mitglieder der VdSFachgruppe Astrofotografie, aber es sind auch einige Astrofotografen darunter, die nicht oder noch nicht der VdS-Fachgruppe angehören.
Die Liste dient zum Erfahrungsaustausch unter den Mitgliedern, zur Veröffentlichung von Ergebnissen der Mitglieder und auch zur Verbreitung der Fachgruppeninfos. In den ersten Monaten sind bisher über 240 Themen mit im Durch-
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1 Im August 2011 führte die Erscheinung der Supernova SN 2011fe in der
Galaxie M 101 zu vielen Diskussionen auf der Mailingliste. Hier eine Aufnahme von Peter Remmel mit Teleskop Celestron 14 bei f/1,9 und CCD-Kamera QHY9, 9 x 5 min belichtet, rechts im nahen IR.

schnitt ca. 3-4 Mails zum jeweiligen Thema in der Liste diskutiert worden. Dabei sind die Themen weit gestreut und handeln von Gerätefragen, Fragen zu Dateiformaten und Programmen bis zu astrofotografischen Fragestellungen, wobei der hauptsächliche Schwerpunkt natürlich bei den Bildbesprechungen liegt. Teilnehmer der Liste können dabei

2 Dieses beeindruckende Weitwinkelbild entstand auf der Balkonsternwarte
Remseck, Aufnahmedatum war der 12. und auch der 13.11.2011. Als Teleskop kam ein Fluorit-Apochromat TEC 110 zum Einsatz, dazu eine CCD-Kamera FLI ML 1680365. Belichtung mit Linien-Interferenzfiltern: 7 x 20 min in H+[N II], 6 x 20 min in [O III], 5 x 20 min in [S II], und schließlich je 1 x 300 s in den Farben RGB. Die Bildbearbeitung wurde in MaxIm DL und Photoshop CS5 vorgenommen. Die Interferenzfilteraufnahmen wurden über das ,,Tonemapping-Verfahren" zum Gesamtbild gestaltet, wobei die Echtfarben der Sterne vom überlagerten RGB-Bild stammen. (Bildautor des ,,Astrofotos des Jahres 2011": Rolf Geissinger)
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Astrofotografie

festlegen, ob sie die E-Mails einzeln, als tägliche Sammelmail oder nur online auf der Internetseite der Liste lesen möchten. Mitmachen in der Mailingliste kann jeder, der sich für Astrofotografie interessiert. Hierzu ist jedoch eine Anmeldung nötig, da es sich um eine geschlossene

Liste handelt, die nur von Mitgliedern eingesehen werden kann. Die Anmeldung ist über ein Formular auf der Homepage der VdS-Fachgruppe Astrofotografie möglich (http://astrofotografie. fg-vds.de/). Diese wird so schnell wie möglich von den Administratoren der

Liste bearbeitet. Es kann aber trotzdem ein paar Tage dauern, bis die Anmeldung umgesetzt wird, da dies in der Freizeit der Administratoren geschieht. Die Liste wird von Andreas Rörig und Antonius Recker betreut.

Weitere FG-Aktivitäten
von Peter Riepe

a) Das Astrofoto des Jahres Wie auf dem Deep-Sky-Treffen 2011 in Bebra beschlossen und im VdS-Journal für Astronomie Nr. 39 angekündigt, wählten die Mitglieder der Fachgruppe Astrofotografie zum Jahresende erstmals das ,,Astrofoto des Jahres" (AdJ). Damit haben wir die Vorstellung gelungener Astroaufnahmen angekurbelt und unsere Rubrik ,,Astrofoto der Woche" (AdW) auf http://www.astronomie.de/ attraktiver gemacht. Die Bewertung durch die FG-Mitglieder ergab, das ,,Astrofoto des Jahres 2011" ist:
1. Platz: Cirrusnebel von Rolf Geissinger (AdW 48)

arbeitung informieren. Außerdem wird auch auf die Möglichkeit zur Teilnahme an unserer Mailingliste Astrofotografie (siehe oben) hingewiesen. Abschließend muss einmal betont werden, dass die inzwischen mehr als sieben Jahre andauernde gute Beziehung zwischen den Astrofotografen der VdS und Astronomie.de bestens funktioniert.
Die AdW-Mannschaft besteht aus Rainer Sparenberg (Bildakquise, Autorenkontakt), Peter Riepe (Texte) und Mark Hellweg (Einstellen auf Astronomie.de). Im Jahre 2011 gab es mit Einsendungen von 99 Bildautoren einen neuen Boom. Allen aktiv Beteiligten sei hiermit herzlich gedankt.

2. Platz: PN Abell 31 von Andreas Rörig (AdW 11)
3. Platz, viermal: - Galaxie NGC 3718 von
Torsten Grossmann (AdW 17) - Galaxie Centaurus A von
Eduard von Bergen und Hansjörg Wälchli (AdW 37) - Nebelkomplex LBN 468 von Frank Slotosch (AdW 40) - Andromedanebel von Patrick Hochleitner und Dieter Beer (AdW 45).

b) Das Astromotiv des Monats Leider lahmte das ,,Astromotiv des Monats" (AdM) auf der VdS-Homepage im Verlauf des Jahres 2011 ein wenig, läuft inzwischen aber wieder zufrieden stellend. Wir suchen weiterhin Sternfreunde, die aktiv im AdM-Team mitmachen möchten. Es geht darum, Berichte zu einem interessanten astrofotografischen Motiv zu schreiben und mit Bildern aus eigenem Bestand und/oder aus dem Fachgruppenarchiv zu illustrieren. Wer sich für diese FG-Mitarbeit interessiert, wende sich bitte an die FG-Leitung.

Das Siegerfoto ist die Abbildung 2 dieses Beitrags. Die Bilder auf dem zweiten und dritten Platz werden im nächsten Heft veröffentlicht.
Das AdW bietet inzwischen die Möglichkeit, direkt mit dem Bildautor via E-Mail in Kontakt zu treten. Dazu wird der über dem Bild stehende Name des Autors einfach angeklickt. So kann jeder Webseitenbesucher sich zu Verfahren aus der Aufnahmetechnik oder zur Bildbe-
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c) Die Bochumer Herbsttagung Nicht vergessen werden soll die BoHeTa, die 2011 ihr 30-jähriges Jubiläum feiern konnte! Sie ist damit neben der VdS-Tagung und der Würzburger Frühjahrstagung eine der traditionsreichsten Amateurtagungen in Deutschland.
d) Zwei neue Projekte Die Astrofotografen starten ab 2012 zwei neue Projekte. Für die fortgeschrittenen ,,Experten" geht es um tief belichtete Ga-

laxien, bei denen Sternströme als Reste einverleibter Zwerggalaxien aufgespürt werden. Dieses Projekt verspricht schon jetzt Erfolg und läuft in Zusammenarbeit mit dem Astronomischen Institut der Bochumer Ruhr-Universität. Das zweite Projekt dreht sich um die Fotografie von Wolf-Rayet-Nebeln. Näheres zu beiden Projekten ist auf unserer Homepage http://astrofotografie.fg-vds.de/ nachzulesen.
Der Tag der Astrofotografen
von Rainer Sparenberg
Für Samstag, den 30. Juni 2012, ist in der Westfälischen Volkssternwarte Recklinghausen wieder ein ,,Tag der Astrofotografen" (TdA) geplant. Näheres dazu ist auf der FG-Homepage nachzulesen (http://astrofotografie.fg-vds.de/).
Der Workshop-Charakter der Veranstaltung soll beibehalten werden, so dass leider nicht mehr als ca. 40 Personen an der Veranstaltung teilnehmen können. Andreas Rörig hat als Referent wieder sein Kommen zugesagt, um weitere Arbeitsschritte seines Bildbearbeitungsprogramms ,,Regim" vorzustellen (Farbkalibration). Angestrebt ist auch ein Workshop zu ,,AviStack". Um rechtzeitige Anmeldung über die FG-Homepage wird gebeten.

Astrofotografie

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Versteckt in der Milchstraße - die Circinus-Galaxie
von Peter Riepe und Dieter Willasch

Zum Zielobjekt Das Sternbild Circinus erstreckt sich östlich bis südlich der Sterne Alpha und Beta Centauri. Geht man von diesen beiden Sternen als Basis aus, sitzt die Circinus-Galaxie an der Spitze eines etwa gleichseitigen Dreiecks nach Süden. Ihre Koordinaten (2000.0) lauten = 14h 13m 10s und = -65 Grad 20' 20''. Alpha Circini, der Hauptstern der unscheinbaren Konstellation, liegt soweit südlich von Alpha Centauri, wie Beta von Alpha Centauri entfernt ist.

Die Circinus-Galaxie liegt in der südlichen Milchstraße. Sie misst visuell 8,1' x 3,3' und wird morphologisch dem Typus Sb zugerechnet. Ihre scheinbare visuelle Helligkeit beträgt V = 9,84 mag, im

1 Die Circinus-Galaxie, aufgenommen von Bernd Koch und Stefan Binnewies
am 11. Juli 1997 (Farm Tivoli, Namibia), SBIG ST-8 (ABG), Celestron 14, f = 2,3 m, 20 min belichtet.

Blauen B = 10,89 mag. Der Farbindex B-V ergibt also 1,05 mag - das entspricht einer gelben Farbe. Kein Wunder, denn die Galaxie versteckt sich hinter der interstellaren Materie der Milchstraße. Ihre Beobachtung ist also eingeschränkt ihre Farbe erscheint gerötet. Amateurastronomen nehmen sie kaum zur Kenntnis, sonst sähe man mehr Bilder von ihr in der populären Literatur und im Internet. Die Abbildung 1 zeigt eine frühe monochrome CCD-Aufnahme. Inzwischen stehen den Amateuren auf der Südhalbkugel auch genügend größere Teleskope zur Verfügung, die für Aufnahmen der Circinus-Galaxie geeignet sind. Mit einem solchen Teleskop und einer modernen, leistungsfähigen CCD-Kamera gelingen mittlerweile Ergebnisse (Abb. 2), die vor 30 Jahren auf konventionellen Platten selbst mit professionellen Teleskopen der Europäischen Südsternwarte und des Anglo Australian Observatory nicht erreicht wurden (Abb. 3).

2 Die Circinus-Galaxie, Aufnahme
von Dieter Willasch (Daten im Text).
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Astrofotografie

3 Ein Vergleich zwischen Abb. 2 und einer rot gefilterten Schmidt-Aufnahme
der ESO.

Wissenschaftliche Ergebnisse Um an Informationen zu gelangen, konzentrieren sich Profi-Astronomen heute auf infrarote Wellenlängen oder gar auf den Radiobereich. So wurde am Australia Telescope Compact Array die Circinus-Galaxie im ,,Licht" des neutralen Wasserstoffs untersucht [1]. Bei dieser Wellenlänge von 21 cm gibt es keine Schwächung durch interstellare Materie. Es zeigte sich, dass die Circinus-Galaxie erheblich größer ist als vorher angenommen. Das Radiobild misst gut 50', das ist sechsmal größer als im visuellen Licht (Abb. 4).
Was weiß man heute über die CircinusGalaxie? Die Entdecker schätzten eine Entfernung von 4,2 +- 0,8 Mpc [2], also 13,7 Millionen Lj. Der echte ,,RadioDurchmesser" beträgt dann 190.000 Lj, was für die Scheibe aus leuchtender Materie vermutlich zuviel ist. Dagegen würden 8,1' Längsausdehnung (im visuellen Licht) eine wahre Ausdehnung von nur 30.000 Lj bedeuten - viel zu wenig für eine Sb-Spirale, die laut Entdecker mindestens 100 Milliarden Sonnenmassen enthält. Folglich muss noch ein beträchtlicher Teil der Circinus-Galaxie hinter der Milchstraße verborgen sein. Messungen der galaktischen Absorption bestätigen das. Obwohl die Circinus-Galaxie in einem ,,offenen galaktischen Fenster" liegt, wird sie im visuellen Spektralbereich um 1,5 mag geschwächt [2]. Für Farbfotografen noch wichtiger: Im blauen Licht erleidet sie sogar eine Schwächung um
VdS-Journal Nr. 41

6,3 mag [3], d. h. blaues Licht gelangt nur zu 0,3 % durch die interstellare Materie der Milchstraße. Bis zur Flächenhelligkeit 26,6 mag pro Quadratbogensekunde wird von [2] ein scheinbarer Durchmesser von 17,2' extrapoliert, was der Galaxie einen realistischeren wahren Durchmesser (im visuellen Licht) von knapp 70.000 Lj beschert.
Wegen ihres aktiven Kerns zählt die Circinus-Galaxie zu den ,,Seyfert-Galaxien" (Seyfert 2). Infrarot-Spektroskopie mit Teleskopen der 8-m-Klasse zeigte einen räumlich hoch aufgelösten, kompakten Zentralbereich, der durch eine kalte, dichte Silikatstaubschicht verdeckt wird [4]. Spektroskopische IR-Untersuchungen mit hoher Auflösung ergaben, dass im Kern der Circinus-Galaxie innerhalb der innersten 26 Lj ein Sternentstehungsausbruch (Starburst) vor höchstens 100 Millionen Jahren stattgefunden hat. Dieser Starburst macht den siebzigsten Teil der Galaxienleuchtkraft aus und spielt sich innerhalb einer torusförmigen Zone ab [5]. Auch die IR-Interferometrie am Very Large Telescope Interferometer ergab klare Hinweise auf eine torusförmige Verteilung von Staub im Kern der Circinus-Galaxie, was für Seyfert-Galaxien typisch ist. Einiges deutet darauf hin, dass der Staubtorus irregulär und klumpig ist [6]. Bei einer Untersuchung von 75 Seyfert-Galaxien mit dem Hubble Space Telescope (HST) im nahen UV-Bereich stellte sich heraus, dass 70 % der Seyfert-2-Galaxien junge Sternhaufen im Kernbereich besitzen [7].

Gas, welches durch Sternentstehungsaktivitäten ionisiert wird, strahlt im Radiobereich ganz bestimmte Rekombinationslinien ab. Aus ihnen kann man ohne Behinderung durch vorgelagerten Staub die physikalischen Eigenschaften des Gases ermitteln und die Anzahl der heißen, massiven jungen Sterne abschätzen, die das Gas ionisieren. Die Circinus-Galaxie entpuppte sich als eine der stärksten Quellen für solche Radio-Rekombinationslinien (H91 bei 8,6 GHz und H92 bei 8,3 GHz). Man fand als grobes Ergebnis, dass die Aktivität des Starbursts 50 bis 10.000 H II-Regionen entspricht, die durch 300 bis 9.000 O5-Sterne angeregt werden [8]. Neuerdings wurde in der Kernzone auch molekulares Gas CO sowie ionisierter Kohlenstoff [C I] gefunden [9]. Das sind weitere klare Indizien für eine Sternentstehung. Schließlich registrierte man im Kernbereich auch deutliche Röntgenstrahlung [10]. Die vom Kern abgestrahlte Energie entspricht einer Leuchtkraft von etwa 10 Milliarden Sonnen [6].
Aufnahmen mit dem HST im visuellen Spektralbereich zeigen klar die kernnahe Zone mit ihrer Dynamik (Abb. 4 links). Hier setzen gut sichtbar die Spiralarme an. Im Zentrum vermutet man ein Schwarzes Loch, das mit seiner Akkretionsscheibe Gas und Staub aus dem Innenbereich der Circinus-Galaxie zieht, dieses Gas aber offensichtlich auch ins All schleudert [11]. Natürlich kann selbst ein größeres Amateur-Teleskop auflösungsmäßig nicht mit dem HST mithalten (Abb. 4 rechts). Dennoch beweist das Bild, dass sich die abströmenden, schnellen Gase auch mit fortgeschrittenen Amateurmitteln klar nachweisen lassen. Was könnten wir erst sehen, wenn die Blauabsorption von 6,3 mag nicht vorhanden wäre?
Fotografische Perspektiven Die Abbildung 2 wurde am 5. April 2011 am Observatorium der Internationalen Amateur-Sternwarte IAS (www.iasobservatory.org) auf der Farm Hakos in Namibia gemacht. Das benutzte Teleskop war ein Cassegrain von Philipp Keller mit 50 cm Öffnung auf einer Liebscher-Montierung und wurde mit einem Korrektor im Sekundärfokus bei 4.500 mm Brennweite betrieben. Der Korrektor besteht im Wesentlichen aus einer Bildfeldebnungs-

Astrofotografie

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4 Links: Das Radiobild, aufgenommen bei 21 cm Wellenlänge,
zeigt die weiträumige Verteilung des neutralen Wasserstoffs H I um die Circinus-Galaxie herum (nach [1]).
5 Oben: Maßstabsgerechter Vergleich der Circinus-Kernregion
gemäß HST (links) und als extreme Ausschnittsvergrößerung aus Abb. 2 (rechts). Einige Sterne sind identifizierbar. Die ausgestoßenen Gasmengen (magentafarben im Hubble-Bild) sind in der Amateur-Aufnahme eindeutig als blaue Streamer zu sehen.

linse, um den Sensor (Format 24 mm x 36 mm) der verwendeten CCD-Kamera SBIG STL-11000M fehlerfrei ausleuchten zu können.
Die Umgebungstemperatur während der Aufnahmesitzung betrug ca. 13 Grad C, das mittlere Seeing war besser als 2'' bei sehr guter Transparenz. Da es bei der Aufnahmeserie nicht primär um die scharfe Trennung der Vordergrundsterne ging, sondern vielmehr darum, die schwach im Hintergrund strahlende Galaxie möglichst gut definieren zu können, wurde die Kamera im 2x2-Binningmodus betrieben. Belichtet wurde mit einem LRGB-Filtersatz (Baader) jeweils 3 x 5 Minuten, was eine Gesamtbelichtungszeit von 120 Minuten ergibt. Dies entspricht ohne Binning einer Gesamtbelichtung von etwa 8 Stunden.
Die Luminanzaufnahme wurde mit einem standardmäßigen Filter (i. W. sichtbarer Spektralbereich) erstellt. Bei dieser Art von Objekt wäre ein IR-Bandfilter zur Belichtung des Luminanzbildes eine sehr gute Ergänzung gewesen und hätte vermutlich einen tieferen Galaxienanblick geliefert. Da man mit einem üblichen Luminanzfilter die IR-Wellenlängen wegschneidet, verliert man gerade diesen Spektralbereich, der die Galaxienform viel besser zeigt als es das sichtbare Licht vermag. Vergleichbare Fälle sind die

Galaxien Maffei 1 und 2, die am Nordhimmel stark durch interstellare Materie der Milchstraße verdeckt werden und die mit Hilfe infraroter Aufnahmen deutlich besser nachweisbar sind als im visuellen Licht. Wer sich dafür interessiert, lese nach in [12]. In einer zukünftigen Aufnahmesitzung wird versucht, die IRInformationen nachträglich einzuholen.
Literaturhinweise und Links [1] S.J. Curran, B.S. Koribalski, I.
Bains, 2008: "The large-scale atomic and molecular gas in the Circinus galaxy", Mon. Not. Roy. Astr. Soc. 389, 63 [2] K.C. Freeman et al., 1977: ,,A Large New Galaxy in Circinus", Astron. Astrophys. 55, 445 [3] D.J. Schlegel, D.P. Finkbeiner, M. Davis, 1998: "Maps of Dust Infrared Emission for Use in Estimation of Reddening and Cosmic Microwave Background Radiation Foregrounds", Astrophys. J. 500, 525 [4] P.F. Roche et al., 2006: "Midinfrared, spatially resolved spectroscopy of the nucleus of the Circinus galaxy", Mon. Not. Roy. Astr. Soc. 367, 1689 [5] F. Mueller Sanchez et al., 2006: "SINFONI adaptive optics integral field spectroscopy of the Circinus

Galaxy", Astron. Astrophys. 454, 481 [6] K.R.W. Tristram et al., 2007: "Resolving the complex structure of the dust torus in the active nucleus of the Circinus galaxy", Astron. Astrophys. 474, 837 [7] V.M. Munoz Marin et al., 2007: "An atlas of the circumnuclear regions of 75 Seyfert galaxies in the near-ultraviolet with the Hubble space telescope advanced camera for surveys", Astron. J. 134, 648 [8] A.L. Roy et al., 2008: "Detection of the H92 recombination line from the starbursts in the Circinus galaxy and NGC 1808", Astron. Astrophys. 483, 79 [9] M. Hitschfeld et al., 2008: "12CO 4-3 and [CI] 1-0 at the centers of NGC4945 and Circinus", Astron. Astrophys. 479, 75 [10] Y. Yang et al., 2009: "Suzaku observations of the Circinus galaxy", Astrophys. J. 691, 131 [11] http://hubblesite.org/newscenter/ archive/releases/2000/37 (Stand: August 2011) [12] P. Riepe, 2011: ,,Astromotiv des Monats: Die benachbarte IC 342/ Maffei-Galaxiengruppe, Teil 3: Maffei 1 und 2", http://www.vdsastro.de/astromotiv-des-monatseinzelansicht/datum/2010/07// (wähle August 2010)
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Astrofotografie

Kurzzeitbelichtungen in der Deep-Sky-Fotografie
von Ralf Burkart

VdS-Journal Nr. 41

Das Fotografieren der schwachen Himmelsobjekte mit langen Belichtungszeiten (Deep Sky) ist wohl die aufwändigste und komplizierteste Form der Astrofotografie. Der Weg von der Entscheidung es einmal zu versuchen bis hin zu den ersten (irgendwie gearteten) Ergebnissen ist sehr lang und verlangt von einem Anfänger einiges an Investitionen und ,,Know How". Diese Hürde möchte ich hier ein wenig niedriger setzen, in der Hoffnung, den einen oder anderen Amateurastronomen motivieren zu können, es einmal mit dem Fotografieren von Galaxien und Nebeln zu versuchen.
Meine Methode In der Deep-Sky-Fotografie werden üblicherweise mehrere Einzelfotos zu einem Gesamtfoto aufaddiert und gemittelt (engl. ,,stacking"). Die Belichtungszeit dieser Einzelfotos variiert meistens um die 5 Minuten, abhängig von der Qualität des Himmels, der Lichtstärke des Teleskops und der Ausnutzung des Histogramms. Während dieser Zeit muss das Teleskop nicht nur nachgeführt werden, sondern die Nachführung muss auch noch kontrolliert und korrigiert werden (engl. ,,guiding"). Dieses Guiding ist oft mit erheblichem Aufwand verbunden und funktioniert leider nicht immer so gut, wie man es gern hätte. Gerade für den Einsteiger mit einer vielleicht nicht ganz so perfekten Montierung ist die Hürde zur erfolgreichen Deep-Sky-Fotografie deshalb sehr hoch.
1 Einzelaufnahme, 30 s (Hellig-
keit und Kontrast wurden zur besseren Darstellung angehoben)
2 Rohbild nach dem Stacken,
ca.1.000 x 30 s
3 fertig bearbeitetes DSLR-Bild

Warum also nicht die Einzelbelichtungen so kurz wählen, dass gar kein Guiding notwendig wird, z. B. 30 Sekunden?
Sekunden? Der Grund liegt unter anderem im Ausleserauschen der Einzelbilder. 10 x 30 s Belichtung sind nicht so gut wie 1 x 300 s. Zudem ist noch deutlich mehr Bildbearbeitung notwendig, denn das Ergebnis von 10 x 30 s zeigt nach dem Stacken ein 30-Sekunden-Bild, das lediglich weniger rauscht. Dieses geringere Rauschen muss dann erst genutzt werden, um das Foto in Helligkeit und Kontrast zu verbessern. Um wieviel ein solches Bild ,,schlechter" ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die Differenz ist allerdings umso geringer, je schlechter der Himmel ist. Einen festen Wert kann ich kaum angeben, bei meinem Himmel und meiner Ausrüstung beträgt die Differenz zwischen 30 s und 300 s weniger als 30 %. Bei der Verwendung relativ schmalbandiger Nebelfilter (z. B. H) scheint die Differenz allerdings größer zu sein.
Für Profis und fortgeschrittene Amateure ist das natürlich nicht akzeptabel, eine 30 % geringere Quanteneffizienz entspricht geschätzten 15 Jahren Chipentwicklung. Für den Einsteiger aber, der erst einmal Erfahrungen sammeln möchte, sollte das kein Problem sein, und diese Belichtungszeitdifferenz verringert sich weiter, wenn man Kalibrierungs-, Aufbau- und Testzeiten für das Guiden mit einbezieht. Auch schaffen es vorbeiziehende Wolken nicht eine ganze Serie zu zerstören, wenn der Leitstern verloren gegangen ist.
Für mich ist das eine durchaus brauchbare und überraschend einfache Methode Deep-Sky-Fotografie zu betreiben, ohne Laptop, ohne Leitrohr und ohne lästigen Kabelsalat. Ein Nachteil ist es sicher (bei DSLR-Kameras), dass der Kameraverschluss deutlich mehr beansprucht wird. Aber ich denke, hier kann man entspannt bleiben, denn ein überbeanspruchter Kameraverschluss geht in der Regel nicht

Astrofotografie

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4
Einzelbild mit der DMK 21AU04.AS, 4 s belichtet

5
Summenbild aus 400 x 4 s

einfach kaputt, sondern wird nur ungenauer. Eine EOS 350Da eines Freundes hat 400.000 Belichtungen hinter sich und funktioniert nach wie vor einwandfrei.
Neben Nachteilen hat diese Methode aber auch Vorteile. Durch die relativ kurze Belichtungszeit sind nur die allerhellsten Sterne gesättigt, es gibt keine ausgebrannten Galaxienkerne, und die Farben bleiben erhalten (vorausgesetzt natürlich, man schafft es, bei der späteren Bildbearbeitung die Farben zu übernehmen). In Sachen Schärfe hat man nun auch einige Möglichkeiten. Bei einer hohen Anzahl von Bildern kann man die besseren stärker gewichten. Auch gibt es das sogenannte ,,Kappa-Sigma-Clipping", hier werden beim Addieren ,,Ausreißer" entfernt. Bei sehr vielen Bildern kann man diesen Filter effektiver einsetzten.
Aber es geht auch noch kürzer. Ich nutze hierzu die ,,Planetenkamera" DMK21. Diese hat zwar nur einen SW-Sensor und das Bildfeld ist sehr klein, aber die Kamera liefert bereits nach wenigen Sekunden brauchbare Bilder. Hunderte, sogar Tausende Einzelbilder werden hier als Film aufgenommen und mit ,,Planetensoftware" gestackt. Bei Belichtungszeiten von 2, 4 oder 5,7 s lassen sich eindeutig Bilder mit gutem und schlechterem Seeing unterscheiden und selektieren. Überraschenderweise sind diese Bilder deutlich schärfer als alle anderen. Ebenso
9 Das endgültige Bild
von NGC 6543

7 Hinzufügen der Farbe (sie wurde
separat aufgenommen)

6 bearbeitetes und geschärftes
Bild von Abb. 5
8 DMK-Bild und DSLR-
Bild wurden kombiniert
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Astrofotografie

10 Ringnebel M 57 in der Leier

11 Eskimo-Nebel NGC 2392 in den Zwillingen

überraschend ist, dass bei gutem Seeing bereits nach solch kurzer Zeit mehr Sterne zu sehen sind als auf den länger belichteten, oder anders herum: ein Sternchen 8. Größe ist bei 1/10.000 s Belichtungszeit immer noch zu erkennen.

Konkrete Handhabung der Kurzbelichtungstechnik Eine DSLR belichtet bis zu 30 s automatisch. Dies hat einen großen Vorteil, denn man benötigt nur einen gewöhnlichen Fernauslöser, der arretiert werden muss.

Stellt man die Kamera auf ,,Serienbelichtung", so wird ununterbrochen ein 30-s-Bild nach dem anderen gemacht. Unschärfen und Erschütterungen durch das Hochklappen des Spiegels sind bei mir nicht feststellbar. Ich selber fotogra-

12 Reflexionsnebel NGC 7023 im Cepheus

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Astrofotografie

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fiere bei ISO 3200, viele andere Astrofotografen nutzen ISO 800 oder 1000, der Unterschied ist aber nicht so wichtig, wie man zunächst denken könnte.
Verarbeitet werden die Bilder z. B. in DeepSkyStacker. Neben Einstellungen für ,,Kurzbelichtungen mit einem möglicherweise niedrigen SR Verhältnis" ist noch die ,,Kappa-Sigma-Einstellung" von Bedeutung. Die Verarbeitung von vielen Einzelbildern dauert naturgemäß länger und benötigt eine Menge temporären Speicherplatzes. Das Ergebnis ist dann ein sehr unscheinbares Bild, das erst nach der dann folgenden Bildbearbeitung beurteilt werden kann.
Die DMK-Bilder werden im Filmformat als AVI aufgenommen (typische Einstellungen: z. B. Gain 1023, Gamma 120,

das variiert aber je nach Motiv). Bei besonders hohem Kontrastumfang werden hellere und dunklere Filme erstellt, da die Kamera nur Bilder mit 256 Graustufen produzieren kann. Verarbeitet werden die Filme mit einer Planetensoftware, z.B. AviStack. Je nach Anzahl der Einzelbelichtungen kann auch hier das fertige Bild in Helligkeit und Kontrast verschieden stark angehoben werden.
Beispiel: Der Katzenaugennebel NGC 6543 Die DSLR wurde eingesetzt, um die schwache äußere Hülle mit einem Durchmesser von ca. 5' darzustellen (Abb. 1 bis 3). Die DMK wurde für den sehr hellen Zentralbereich eingesetzt (Abb. 4 bis 7) und liefert die beste Schärfe. Die Größe des PNs beträgt nur ca. 20'' x 45''.

Meine Methode der Kurzzeitbelichtung gilt auch für andere Deep-Sky-Objekte. Die Abbildungen 10 bis 12 habe ich am Niederrhein aufgenommen, mit meinem 10''-Newton fokal bei 1.250 mm Brennweite auf einer parallaktischen Montierung EQ6. Einige Bilder entstanden nur mit der DSLR, einige nur mit der DMK, die meisten aber in einer Kombination von beiden.

IC 2574, ein Mitglied der Ursa-Major-Gruppe

von Peter Riepe, Rainer Sparenberg und Harald Tomsik

Der amerikanische Astronom Edwin Foster Coddington entdeckte 1898 ein lichtschwaches Objekt ca. 3 Grad östlich von M 81. Es wurde daher Coddington-Nebel genannt. Heute als Galaxie IC 2574 katalogisiert, steht dieses Sternsystem im zentralen Bereich der M 81-Gruppe bei (2000.0) = 10h 28m 23,5s und (2000.0) = +68 Grad 24' 44''. Trotz der relativ großen Ausdehnung von 13,2' x 5,4' wird IC 2574 nur selten beobachtet, sowohl visuell als auch fotografisch. Der Grund dafür ist die geringe Flächenhelligkeit: Mit visuellen 10,8 mag ergeben sich im Mittel nur 24,1 mag pro Quadratbogensekunde.
Wie weit ist IC 2574 entfernt? Schon vor 25 Jahren wurden im Primärfokus des russischen 6-m-Teleskops tiefe Aufnahmen in B und V gewonnen, auf amerikanischen Platten des Typs Kodak IIa-J und IIa-D (blau- und gelbempfindlich). Zum Aufnahmezeitpunkt lag das Seeing zwischen 1,5 und 2 Bogensekunden. Erst einige Jahre später wurde fotografisch fotometriert [1]. Die hellsten roten und blauen Riesen ergaben ein Entfernungsmodul von 27,8 mag, d. h. eine

Entfernung von 11,8 Millionen Lj. Die Zentralgalaxie M 81 selbst hat dieselbe Entfernung [2].
Der Galaxientypus ist in der Literatur nicht einheitlich. Mal wird IC 2574 als Zwergspirale bezeichnet, mal als irregulär. Morphologisch erkennt man eine balkenähnliche Gestalt (Abb. 1), so dass unter Berücksichtigung der Anordnung der Sternentstehungsgebiete durchaus eine magellansche Balkenspirale (Typ SBm) berechtigt ist. Aus der oben ge-

1 Ältere SW-
Aufnahme von IC 2574, entstanden am 28.05.2002 mit einem 14-zölligen RC-Teleskop f/11 und einer SBIG ST-10 XME. Belichtet wurde 4 x 10 Minuten (3x3Binning, Pixelgröße 20,4 µm). Bild: Bernd Häusler und Ralf Mündlein, Sternwarte Lindelbach.
nannten Abmessung errechnet sich eine wahre Länge von 45.300 Lj. Demnach ist IC 2574 kaum kleiner als die Spiralgalaxie M 33 im Dreieck und damit keine Zwerggalaxie.
Bereits mit Amateurmitteln lassen sich in IC 2574 Einzelsterne nachweisen. Die hellsten Roten Riesen mit visuellen Absoluthelligkeiten um -8 Mag kommen bei 11,8 Millionen Lj Entfernung auf scheinbare visuelle Helligkeiten um 19,8 mag. Ab etwa 20 bis 21 mag beginnen

VdS-Journal Nr. 41

66

Astrofotografie

2 links: Mit dem 2,2-m-Teleskop
auf dem Calar Alto (Südspanien) wurde IC 2574 im Januar 1999 aufgenommen [5]. Der CCD-Chip hatte 2048 x 2048 Pixel, die Auflösung betrug 0,5'' pro Pixel. Bei einem Seeing von 1,3'' wurde insgesamt 20 Minuten belichtet, gefiltert mit einem Johnson-R-Filter.
3 oben: Hoch aufgelöste Vertei-
lung des neutralen Wasserstoffs im inneren Bereich von IC 2574 nach [5]. Je dunkler, desto dichter das Gas. Ein roter Pfeil markiert das markante ,,H ILoch Nr. 35" am westlichen Ende eines kräftigen Gasstreifens.
4 links: Das ,,Loch Nr. 35", aufge-
nommen in verschiedenen Wellenlängen [5]. Oben links: Verteilung des neutralen Wasserstoffs (hell: kein bzw. wenig Gas, dunkel: dichteres Gas). Oben rechts: HAufnahme des Loches. Die H II-Regionen liegen genau auf dem Lochrand. Im Inneren herrscht eine starke Röntgenstrahlung vor (X-Ray). Unten links: Die Röntgenstrahlung entsteht tatsächlich im Lochinneren. Unten rechts: Die H II-Regionen werden auch in der Radiokontinuumstrahlung von 6 cm Wellenlänge deutlich wiedergegeben.
5 links: Harald Strauß nahm IC
2574 am 16.02.2010 an der GahbergSternwarte auf. Teleskop war ein 14''-Hypergraph bei f = 1.090 mm, Kamera eine Starlight SXV-H9, nachgeführt mit einer SBIG ST-7 und einer 300-mm-,,Russentonne". Belichtung: Luminanz 2 h (ohne Binning), RGB 4,3 h (2x2-Binning).

6 Rainer Sparenberg nutzte am
08.03.2011 den Newton der Sternwarte Melle (1.120mm / 5.000 mm). IC 2574 wurde als LRGB 110/60/60/60 min mit einer SBIG ST-L 11000M belichtet. (Bild gedreht: Westen oben, Norden links)

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Amateurteleskope/Selbstbau

7 Vergrößerter Ausschnitt aus Abb. 6. Der Kranz aus Emissionsnebeln grup-
piert sich um das ,,Loch Nr. 35" mit dem zentralen Sternhaufen, der hier klar in Einzelsterne aufgelöst ist und dessen abströmender ,,Wind" den Nebelring expandieren lässt.
8 Zwei Ansichten der Emissionsnebel um Loch Nr. 35, aufgenommen mit dem
2,2-m-Teleskop auf dem Calar Alto: links ein Ausschnitt aus Abb. 2, rechts ein Ausschnitt aus einer H-Aufnahme. Vom H-Bild wurde das rote Kontinuum subtrahiert, d. h. es bleibt nur H übrig. Dass der zentrale Sternhaufen fehlt, beweist, dass es sich tatsächlich um ein rein stellares Objekt handelt.

sozusagen die helleren Einzelsterne der Spektraltypen K und M in größerer Zahl aus dem matten Licht von IC 2574 hervorzutreten. Sterne heller als 19 mag gehören demnach zu unserer Milchstraße. Um die hellsten Einzelsterne in IC 2574 klar nachzuweisen, müssen sich die Astrofotograf mit kleineren Teleskopen von 100 bis 150 mm Öffnung schon sehr anstrengen. Gelingen kann das nur durch lange Belichtungen. Für Optiken ab 300 mm Öffnung jedoch sind 21-mag-Sterne kein Problem - vorausgesetzt, die Nachführung arbeitet sauber und das Seeing ist so gut, dass die Sternabbildungen FWHM-Werte von 2'' und darunter erreichen. Je größer das Öffnungsverhältnis des Teleskops, kombiniert mit einer empfindlichen CCD-Kamera, desto besser. Das schafft höhere Auflösung und verkürzt die Belichtungszeiten, so dass sich mögliche mechanische Schwachpunkte des Instrumentariums weniger im Bild auswirken. Die Abbildung 2 zeigt IC 2574, aufgenommen mit dem 2,2-m-Spiegel auf dem südspanischen Calar Alto. Die Einzelsterne kommen als schwache Punkte vor dem Galaxienkörper viel besser heraus.
IC 2574 ist in eine etwa 36' große Wolke aus neutralem Wasserstoff H I einhüllt [3], doppelt so groß wie der optische Galaxienkörper. Neue hoch aufgelöste Radiountersuchungen zeigen, dass diese H I-Wolke wie ein Schweizer Käse von vielen Löchern durchsetzt ist (Abb. 3). Insgesamt 48 solcher Löcher wurden katalogisiert [4, 5]. Besonders fällt das Loch Nr. 35 im Westteil eines horizontal liegenden, gebogenen Wasserstoffstreifens auf. Ein Vergleich mit Aufnahmen in anderen Spektralbereichen ergibt, dass dieses H I-Loch von diffusen Knoten eingerahmt ist (Abb. 4). Dort haben sich H II-Regionen gebildet [6]. Was geht hier vor sich? Etwa 2 Millionen Son-

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Detailansicht aus Abb. 6, Südwestbereich von IC 2574 bei FWHM = 0,9''. Von [1] fotometrierte Sterne sind eingezeichnet. Die Sterngrenzgröße liegt bei 24 mag. Gut erkennbar ist eine ferne Edge-on-Galaxie von 19'' x 3''. Wer entdeckt hier noch weitere Hintergrundgalaxien, die durch IC 2574 hindurch schimmern?

Amateurteleskope/Selbstbau

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nenmassen an neutralem Wasserstoff wurden offensichtlich von einer Quelle im Inneren des jetzigen Loches nach außen verdrängt. Und tatsächlich: Im Lochzentrum sitzt ein junger, massiver Sternhaufen. Supernovaexplosionen und Sternwinde der Haufensterne blasen das H I-Loch von innen heraus mit 25 km/s auf [5]. Am Lochrand, wo sich das verdrängte Gas verdichtete, bildete sich eine zweite Generation neuer junger heißer Sterne. Diese erzeugten ihrerseits den Kranz sichtbarer H II-Regionen, der das H I-Loch von 3.300 Lj Durchmesser einrahmt. Aus der gemessenen Expansionsgeschwindigkeit folgt für Loch Nr. 35 ein Alter von etwa 14 Millionen Jahren. Die umgebenden H II-Regionen müssen also noch ein wenig jünger sein. Dies wird durch eine Untersuchung von [7] bestätigt: Während in der prominenten, nördlichen H II-Region Wolf-Rayet-Sterne gefunden wurden, kommen im zentralen Sternhaufen keine solchen Sterne mehr vor. Sie sind dort bereits verschwunden, denn Wolf-Rayet-Sterne existieren nur 2 bis 5 Millionen Jahre nach dem Starburst. Der Sternhaufen ist also älter und hat tatsächlich den umgebenden jüngeren Kranz von H II-Regionen erzeugt.
Auf monochromatischen Bildern wie in den Abbildungen 1 oder 2 ist nicht zu unterscheiden, ob es sich bei den diffusen Flecken am Lochrand um helle H II-Regionen oder um leuchtkräftige, dichte Assoziationen junger Sterne handelt. Dies wäre durch Farbaufnahmen zu klären. Junge Sternenwolken sollten blau und H II-Regionen rot sein, oder? Hand aufs Herz: Welche Farbe hat denn nun eine H II-Region? ,,Natürlich ein kräftiges Rot wegen des H-Leuchtens bei 656 nm", werden die meisten Leser antworten. Schauen wir uns die Abbildungen 5 und 6 an: Die nebeligen Gebilde haben überwiegend Blauanteile. Und dennoch sind es H II-Regionen. Sie sind sehr jung und stecken noch in den Molekülwolken und im Staub, aus dem die enthaltenen, gerade entstandenen Sterne gebildet wurden. Daher ist der reflektierte, blaue Lichtanteil in diesen jungen H II-Regionen erheblich höher als in älteren H II-Regionen, in denen der Staub schon weggeblasen ist. Vielen Astrofotografen ist das nicht bekannt, deshalb drehen sie so lange an den Farbreglern, bis die Nebel rot wiedergegeben werden. Dabei

10 Der vergrößerte Ausschnitt
aus dem Südwestbereich von IC 2574 beweist die hohe Bildauflösung. Die kleine Kette dreier Sterne von 22,5 mag ist 4'' lang.
weiß man schon lange, dass die HEmission eines Sternentstehungsgebietes sehr stark von dessen Alter abhängt [8]. In der Abbildung 7 zeigen wir, dass unser Teleskop den zentralen Haufen tatsächlich auflöst, dass er also stellarer Natur ist. Die Abbildung 8 ist eine professionelle H-Aufnahme. Sie beweist, dass die H II-Regionen tatsächlich nur am Lochrand liegen und dass der zentrale Sternhaufen keine H-Quelle ist. Wie hoch die Bildauflösung unseres Teleskops ist, zeigt die Abbildung 9.
Literaturhinweise und Links [1] N.A. Tikhonov et al., 1991: "Dis-
tance of nearby galaxies NGC 2366, IC 2574, and NGC 4236 from photometry of their brightest stars", Astron. Astrophys. Suppl. Ser. 89, 1 [2] B.F. Madore, W.L. Freedman, M.G. Lee, 1993: "Resolved Stars in nearby Galaxies. Ground-Based Photometry of M81", Astron. J. 106, 2243 [3] P.N. Appleton et al., 1981: "The neutral hydrogen content of the M 81/M 82 group of galaxies - I. The

observations", Monthly Not. Roy. Astr. Soc. 195, 327 [4] F. Walter et al., 1998: "X-ray emission from an expanding supergiant shell in IC 2574", Astrophys. J. 502, L143 [5] F. Walter, E. Brinks, 1999: "Holes and shells in the interstellar medium of the nearby dwarf galaxy IC 2574"; Astron. J. 118, 273 [6] N. Martimbeau et al., 1994: "Dark matter distribution and the H I / H-alpha connection in IC 2574", Astron. J. 107, 543 [7] L. Drissen et al., 1993: "A search for Wolf-Rayet stars in active star forming regions of low mass galaxies: GR8, NGC 2366, IC 2574, and NGC 1569", Astron. J. 106, 1460 [8] J. P. E. Gerritsen, V. Icke, 1997: Astron. Astrophys. 325, 972
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Astrofotografie

Veränderliche in Messier 33, fotografisch aufgespürt
von Peter Riepe

Astrofotografie

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Im Jahre 1922 entdeckte J.C. Duncan in M 33 die ersten extragalaktischen Veränderlichen überhaupt. Es waren zwei helle unregelmäßige Veränderliche und ein Cepheid, denen er die Zahlen 1, 2 und 3 als einfache Bezeichnung gab [1]. Nach 1926 wurden die unregelmäßigen Veränderlichen in M 33 um drei weitere ergänzt, benannt mit A, B und C. Dabei blieb es natürlich nicht. In neuerer Zeit wurden 54 langperiodische Veränderliche entdeckt, dazu 90 Cepheiden und einige weitere Veränderliche [2].
In diesem Bericht werden drei der helleren ,,historischen" Veränderlichen in M 33 beschrieben. Der Amateur kann diese Sterne bereits mit einem kleinen Teleskop fotografisch nachweisen, wie nachfolgend belegt wird. Bezug ist eine gute, tiefe Amateuraufnahme (Abb. 1).
Der Veränderliche A liegt außen im Südwesten der Galaxie (Abb. 2). Die Abbildung 3 zeigt oben, wie die fotografische Helligkeit des F-Überriesen zwischen 1920 und 1950 von 17,5 mag auf 16 mag anstieg, um dann bis 1953 auf 19,5 mag abzusinken [3]. In der Abbildung 4 wird erkennbar,

2 In diesem südwestlichen Ausschnitt der Abb. 1 ist der
Veränderliche A gelb markiert. Als Vergleich dienen die fotografischen Helligkeiten von vier Vordergrundsternen. Zum Aufnahmezeitpunkt war der Veränderliche um 18 mag hell.

3 Lichtkurven der unregelmäßigen Veränderlichen A und 2 in M 33 (nach [3], grafisch überarbeitet).

1 linke Seite: Bernhard Hubl rich-
tete am 16.12.2006 seinen 4-zölligen Refraktor Televue NP101 mit nur 540 mm Brennweite auf M 33. Er belichtete das Luminanzbild 312 min, RGB bei leichtem Nebel insgesamt 600 min mit einer SBIG ST-2000XM. In allen Kanälen wurde ohne Binning (!) gearbeitet, was zur hohen Bildauflösung beitrug. Aufnahmeort war Steinbach/Ziehberg (920 m Höhe).

4 rechts: Hellig-
keitsentwicklung des Veränderlichen A zu Beginn der 1950-er Jahre (nach [3], grafisch überarbeitet; CI = ,,Color Index" P-V, P = photographisch, etwa blau, V = visuell).

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Astrofotografie

5 Östlicher Ausschnitt aus Abb. 1. Der Veränderliche 2
ist gelb markiert und kam zum Aufnahmezeitpunkt auf grob 17,3 mag. Vergleichend sind die fotografischen Helligkeiten von drei Vordergrundsternen eingetragen (Werte direkt rechts daneben).

6 Der nordöstliche Ausschnitt aus Abb. 1 zeigt Romano´s
Star (gelb markiert).

dass sich der Farbindex bei diesem letzten Helligkeitsabfall deutlich änderte. Im Maximum 1950/51 hatte der Stern eine scheinbare Helligkeit von 15,7 mag, sein Farbindex betrug 0,33 mag (blau). Nach einem Zwischenminimum 1952 von 19,2 mag stieg die Helligkeit wieder an, erreichte Mitte 1952 kurz 17 mag und einen Farbindex von 1,09 mag (gelb), um dann bis Anfang 1953 auf 19,5 mag abzusinken mit einem Farbindex von 1,5 mag (orange). Der Veränderliche wurde also mit abnehmender Helligkeit deutlich röter. Dies kann durch eine Temperaturabnahme erklärt werden, aber auch durch Materie, die sich verdunkelnd vor den Stern schob und sein Licht rötete. Spektren, aufgenommen von R. Minkowski mit dem 2,5-m-Reflektor auf Mt. Wilson, zeigten im Helligkeitsmaximum einen eindeutigen Hinweis, dass A ein Überriese ist. Aber auch P-Cygni-Profile in bestimmten Absorptionslinien deuteten sich an, dazu Balmerlinien in Emission. Das weist auf eine umgebende, expandierende Hülle hin, die den Stern seit 1953 abdunkelt. Neue Untersuchungen deuten darauf hin, dass sich dieser Zustand jetzt ändert. Die optische Abdunkelung hält zwar an, aber die spektrale Energieverteilung hat gerade bei langen Wellenlängen in ihrer Intensität merklich abgenommen [4]. Irgendwann sollte der
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Stern, wenn die Hülle ,,durchsichtiger" wird, wieder heller werden.
Östlich der Zentralregion von M 33 ist der ebenfalls unregelmäßige Veränderliche No. 2 zu finden (Abb. 5). Er hatte 1925 eine maximale fotografische Helligkeit von etwa 15,5 mag, blieb dann in der Zeit von 1930 bis 1953 leicht pendelnd zwischen 17,3 und 17,6 mag (Abb. 3 unten). Sowohl er als auch der Veränderliche A sind im Maximum vom Farbindex her blau, ihre scheinbaren Maximalhelligkeiten sind vergleichbar. Das bedeutet eine Absoluthelligkeit um -9 Mag, was eine grob 750.000-fache Sonnenleuchtkraft darstellt. Veränderliche dieses Typs werden auch ,,Hubble-Sandage-Variable" genannt. Ihr wahrscheinlich bekanntester Vertreter ist S Doradus in der Großen Magellanschen Wolke.
,,Romano´s Star" [5, 6] gehört ebenfalls dieser Veränderlichenart an (Abb. 6). Im Maximum kam er 1967 auf 16,5 mag mit einem Farbindex von -0,4 mag - extrem blau also, mit einer absoluten visuellen Helligkeit von -8,1 Mag. Diese ,,Leuchtkräftigen Blauen Veränderlichen" (LBV) repräsentieren eine kurzlebige Phase zwischen massereichen Hauptreihensternen mit Wasserstoffbrennen und WolfRayet-Sternen mit Heliumbrennen. Die

Abbildung 7 zeigt die Lichtkurve von Romano´s Star aus der Zeit zwischen 1960 und 1978. Im Jahre 2003 wurde der Stern erstmals spektroskopisch untersucht. Seine Helligkeit war auf etwa 17,9 mag gesunken, sein Farbindex dabei leicht positiv. Im Spektrum zeigten sich starke Absorptionslinien des Wasserstoffs und Emissionslinien des neutralen Heliums. Alles wies auf einen LBV des Spektraltyps Of hin. Man vermutet, dass Romano´s Star sich in einer Hochtemperaturphase befindet, die nach relativ kurzer Zeit zu deutlichen spektroskopischen und fotometrischen Änderungen führen sollte [7].
Bei diesen Veränderlichen spielt sich die Helligkeitsentwicklung in großen Zeiträumen ab. Aus dem Grund sind langfristige Überwachungen für interessierte Amateurastronomen durchaus ein spannendes Arbeitsgebiet. Mit ein paar unveränderlichen Vergleichssternen im Bildfeld ist das auch gar nicht so schwierig. CCD-Kameras sind nicht nur für ,,pretty pictures" erfunden worden, sie sind ideale Messgeräte zur Veränderlichenüberwachung! Vielfach ist die Software für die Bildbearbeitung auch schon auf die Fotometrie ausgelegt - damit sollte man sich einfach einmal befassen! Und was ist der Nutzen? Aus den Lichtkurven

Astrofotografie

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kann man Aussagen zu veränderlichen Prozessen auf Sternen gewinnen. Vielleicht gibt es ja im Falle von Romano´s Star und auch beim Veränderlichen A demnächst einige Überraschungen! Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Entfernungen dieser Veränderlichen auf einfache Art zu ermitteln, d. h. auch die Entfernungen der betreffenden Galaxien, in denen diese Veränderlichen vorkommen. Immerhin ließ sich aus der Überwachung von leuchtkräftigen veränderlichen Überriesen die Entfernung von M 33 zu 2,76 Millionen Lichtjahren bestimmen [2].
Literaturhinweise: [1] J. C. Duncan, 1922: Publ. Astron.
Soc. Pac. 34, 290 [2] T.D. Kinman et al., 1987: "Variable
stars in local group galaxies. I. M 33, "Astron. J. 93, 833

7 Lichtkurve von Romano´s Star (nach [4], grafisch überarbeitet).

[3] E. Hubble, A. Sandage, 1953: "The brightest variable stars in extragalactic nebulae. I. M31 and M33", Astrophys. J. 118, 353
[4] R.M. Humphreys et al., 2006: "M33´s variable A: a hypergiant star more than 35 years in eruption", Astron. J. 131, 2105
[5] G. Romano, 1978: "A New Variable Star in M33", Astron. Astrophys.

67, 291 [6] R. Kurtev et al., 2001: "Romanos´s
Star in M33: LBV Candidate or LBV?", Rev. Mex. Astr. Astrof. 37, 57 [7] V.F. Polcaro et al., 2003: "The LBV nature of Romano´s star (GR 290) in M 33", Astron. Astrophys. 411, 193

Die H-Sonnenfiltersysteme ,,Coronado SolarMax 90" und ,,SolarSpectrum Advanced Solar Observer" im Vergleich
- ein persönlicher Erfahrungsbericht

Teil 1: Vorstellung der Filtersysteme
von Rolf Geissinger

,,... ein roter Ball mit Fähnchen dran ..." das war die knappe und ehrliche Antwort eines jungen Sonnenbeobachters auf die Frage, was er denn gerade im Okular entdeckt hätte. Der etwa 6-jährige Junge hatte bei unserer öffentlichen Sonnenvorführung eher flüchtig durch eines der aufgebauten H-Sonnenteleskope hindurchgeschaut. Der ,,rote Ball" war dabei die Sonne und das ,,Fähnchen" eine wunderbar verästelte Protuberanz.
Liebe Leser, ich kann Ihnen versichern, dass Sie mit Hilfe eines Teleskops, bestückt mit einem geeigneten H-Filter und ein wenig Geduld, noch wesentlich mehr auf unserer Sonne entdecken können. Zugegeben, vor der Anschaffung einer relativ kostenintensiven H-Ausrüstung hatte ich mir auch so meine Gedanken

gemacht, ob sich

das überhaupt

lohnen wird. ,,Man

kann ja eigentlich

nur die Sonne da-

mit beobachten

und nicht mehr",

so waren meine

Befürchtungen.

Ich kann Sie nur

vorwarnen: Sonnenbeobachtung

1 Etalon-Diagramm

birgt ein gewisses

,,Suchtpotenzial"

und es ist wie eine eigene kleine Welt in- H-Beobachtung unserer Sonne

nerhalb der Hobby-Astronomie. In wel- - was ist das überhaupt und was

chem Gebiet der Astronomie kann man gibt es dabei zu entdecken?

schon mal Veränderungen in nahezu Bei der bekannten Weißlicht-Sonnenbe-

Echtzeit miterleben?

obachtung der Photosphäre können wir

Sonnenflecken und bei ruhiger Luft die

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Astrofotografie

2 Coronado-Etalon 3 Coronado-BF30 (Blockfilter 30 mm Durchmesser)
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Coronado-Aufbewahrungskoffer

Granulation auf der Oberfläche erkennen. Als geeignete Filter können hierbei Glasfilter, Sonnenfilterfolien oder Herschelkeile verwendet werden. Bitte niemals Okular-Sonnenfilter benutzen!
Wollen wir jedoch die Chromosphäre mit all ihren Phänomenen erkunden, sind hierfür aufwändige Filter notwendig, welche aus dem gesamten sichtbaren Spektrum der Sonne einen extrem
kleinen Bereich herausfiltern Akösntnreonf.otografie
Wissenschaftler fanden um 1890 heraus, dass man Details in der schwachen Chromosphäre dann sichtbar machen kann, wenn ein Filter konstruiert wird, welcher nur eine ganz bestimmte Fraunhoferlinie des Sonnenspektrums passieren lässt.
Von Interesse ist eine ganz bestimmte Wellenlänge des Sonnenlichts, welche bei exakt 656,281 nm liegt. Es handelt sich hierbei um die hellste Emissionslinie des ionisierten Wasserstoffs, die H-Linie - übrigens dieselbe Linie, in der auch die farbenprächtigen, roten Nebelgebiete in Deep-Sky-Fotografien leuchten. Der große Unterschied in der Beobachtungstechnik ist hierbei, dass H-Filter für die Deep-Sky-Fotografie einen wesentlich breiteren Durchlassbereich aufweisen dürfen als ein H-Filtersystem für die Sonnenbeobachtung. Dies erklärt auch die enormen Preisunterschiede.
Anhand eines Beispieles möchte ich dies kurz veranschaulichen. Stellen Sie sich das gesamte sichtbare Spektrum von ca. 400 nm bis 800 nm als ein 10 m langes Band vor. Ein H-Filter für die DeepSky-Fotografie mit einer Halbwertsbreite (HWB) von beispielsweise 7 nm muss daraus ,,nur" einen Bereich von ca. 175 mm herausfiltern. Ein H-Filter für die Sonnenbeobachtung arbeitet idealerweise mit einer HWB von ca. 0,07 nm bis 0,03 nm (0,7 bis 0,3 Ångstrøm). Der gefilterte Bereich aus dem fiktiven 10 m langen Band liegt dann bei ungefähr 1-2 mm. Diese extrem engbandige Filterung ist zwingend notwendig, um bis in die Chromosphäre ,,vordringen" zu können. Andernfalls würden, sehr vereinfacht ausgedrückt, die dicht daneben liegenden Wellenlängen alles überstrahlen.
Nur durch solch eine sehr engbandige Filterung ist es möglich, Protuberanzen, Filamente, Spikulen, aktive Regionen,

Flares und viele andere veränderliche Strukturen am Sonnenrand bzw. auf der Oberfläche zu erfassen. Das Spannende hierbei ist, dass die Sonne ihr Erscheinungsbild im H-Licht täglich verändert und es dabei jeden Tag etwas Neues zu entdecken gibt. Protuberanzen als Beispiel, können ihre Form innerhalb weniger Minuten drastisch verändern und dabei Materie mehrere hunderttausend Kilometer weit in den Weltraum schleudern.
Wie funktioniert ein HSonnenfilter? Extrem engbandige Filter, auch FabryPerot-Interferometer oder Etalon genannt, funktionieren nach dem Prinzip der Interferenz von Lichtwellen. Je nach Phasenlage verstärken sich diese Wellen oder löschen sich gegenseitig aus. Ein typischer Etalonfilter erzeugt zahlreiche, aber sehr schmalbandige Transmissionsmaxima, von denen eines ganz genau auf der H-Linie liegt. Der Abstand der jeweiligen Maxima liegt bei ca. 2 nm (Abb. 1). Ein zweiter, nachgeschalteter Blockfilter mit einer etwas größeren HWB filtert nun am Ende das gewünschte Maximum heraus und es bleibt genau die für uns so interessante H-Linie zur Beobachtung übrig. Die hier vorgestellten HSonnenfilter der Hersteller Coronado und SolarSpectrum funktionieren zwar nach dem selben physikalischen Prinzip, aber der Aufbau der einzelnen Komponenten ist sehr unterschiedlich. Beide Systeme haben jeweils spezifische Vor- und Nachteile.
Coronado SolarMax 90 (SM 90) mit Blockfilter 30 mm (BF 30) Bei den Systemen von Coronado wird der Etalon-Filter (Abb. 2) stets vor der Teleskopöffnung platziert. Es sind dabei Filterdurchmesser von 40 mm, 60 mm und 90 mm in Serienfertigung erhältlich. Die benötigten Blockfilter sind ebenfalls in verschiedenen Größen erhältlich. Die Palette reicht hierbei von 5 mm, 10 mm, 15 mm bis 30 mm im freien Durchlass. Die kleinen Blockfilter sind fest in ein 11/4''-Zenitprisma integriert, wobei der 30-mm-Blockfilter (Abb. 3 - mit Pfeil markiert) in einer 2''-Steckhülsenausführung erhältlich ist. Coronado liefert das Filterset gut geschützt in einem kleinen Hartschalenkoffer mit passendem Schaumstoff-Inlay (Abb. 4). Dieses ist

5
CoronadoKippfassung
6 SolarSpectrum am TEC 140
7
SolarSpectrum-Komponenten

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8 SolarSpectrum Energieschutzfilter D-ERF

9 SolarSpectrum M68-System und Kompenenten

auch wichtig, weil die Etalon-Filter sehr empfindlich auf mechanische Stöße reagieren, dadurch delaminieren und dabei zerstört werden können. Neben den Filteraufsätzen bietet Coronado zudem komplette H-Sonnenteleskope mit bereits integrierten Filtern an. Ein sehr preisgünstiger Einstieg ist das PST (Personal Solar Telescope).
Ich hatte mich damals für einen EtalonFilter mit 90 mm freier Öffnung (SM90) in Verbindung mit einem Blockfilter BF 30 entschieden. Je größer die freie Öffnung des Frontfilters, desto mehr Auflösung und damit Details sind bei der Sonnenbeobachtung zu erwarten - und desto höher ist leider auch der Anschaffungspreis. Den großen und ebenfalls kostspieligen Blockfilter BF 30 hatte ich aus folgendem Grund gewählt: Es war mir wichtig, die Sonne mit einem Binokularansatz beobachten zu können. In der Praxis brachte mir das tatsächlich einen enormen Wahrnehmungsgewinn gegenüber der monokularen Beobachtung. Da ich gleichzeitig Wert darauf legte, die komplette Sonne mit 24-mm-Okularen betrachten zu können (Televue Panoptic 24 mm), musste ich auf einen möglichst großen freien Durchlass des Blockfilters achten. Die Brennweite des verwendeten Refraktors betrug ca. 800 mm. Das Sonnenbild wurde dabei im Fokus mit einem ungefähren Durchmesser von 7,5 mm abgebildet. Da die Protuberanzen teilweise weit über die Sonnenoberfläche hinausreichen und ich zudem noch ein wenig umlaufenden Freiraum anstrebte, hätte ein 15-mm-Blockfilter bei monokularer Beobachtung ausgereicht. Ein Binokularansatz benötigt aber ca. 120 mm zusätzlichen Lichtweg. Dazu addiert sich noch der Glasweg des Zenitprismas. Aus diesem Grund kann der Blockfilter nicht relativ nahe am Brennpunkt sitzen,
VdS-Journal Nr. 41

10 SolarSpectrum
Etalonfilter
sondern muss an einer Stelle platziert werden, wo der Strahlenkegel noch wesentlich breiter ist. Aus diesem Grund und nicht zuletzt wegen der stabilen 2''-Adaption habe ich den Blockfilter BF 30 angeschafft, um auf der sicheren Seite zu sein. Völlig unverständlich war es mir jedoch, warum ein derart kostspieliges Bauteil nur mit einer einfachen Nylonschraube als Okularklemmung ausgestattet war. Ein relativ schwerer Binokularansatz mit Zenitprisma hätte damit nicht ausreichend sicher befestigt werden können.
Die 2''-Steckhülse kann von der eigentlichen Filtereinheit abgeschraubt werden, so dass eine umlaufende Nut für einen Messingspannring eingearbeitet werden konnte, ohne den empfindlichen Blockfilter zu gefährden. Der umlaufende Spannring ermöglicht nun eine perfekte Klemmung des okularseitigen Zubehörs. Zur Befestigung des Etalon-Frontfilters dient ein entsprechender Adapter, der im Fachhandel passend für verschiedene Taukappendurchmesser bestellt werden kann. Diese Adapter haben ein Innengewinde, in welches der Etalon-Filter eingeschraubt werden kann. Der passgenaue Adapter wird einfach über die Taukappe geschoben und mit Schrauben fixiert. Um den Lack zu schützen, sollte man immer eine Lage Filz oder Veloursfolie beim Innendurchmesser mit einkalkulieren.
Für die Coronado-Filter sind optionale Kippfassungen erhältlich (Abb. 5). Da-

mit kann die gesamte Filtereinheit ein wenig gegenüber der optischen Achse verkippt werden, wodurch eine Feinabstimmung für den maximalen Kontrast erreicht werden kann. Die Filtereinheit ist vorne mit einem Innengewinde versehen, in welches man bei Bedarf noch einen zweiten Filter derselben Bauart einschrauben kann. Dadurch reduziert sich die HWB von 0,7 Å auf ca. 0,5 Å. Die Oberfläche der Sonne kann hierdurch noch kontrastreicher abgebildet werden. Der große Vorteil beim Coronado-System ist, dass der Aufbau relativ einfach und schnell vonstatten geht. Wenn Sie z. B. bereits einen kleinen Refraktor besitzen, können Sie diesen in kürzester Zeit in ein vollständiges H-System umwandeln. Da wir monochromatisches Licht beobachten, ist ein kostspieliger Apochromat nicht notwendig und ein günstiger Fraunhofer Achromat ist vollkommen ausreichend. Je kleiner der Aufwand, desto öfter wird man beobachten - ich spreche hierbei aus eigener Erfahrung.
SolarSpectrum 0.5 Å Advanced Solar Observer Die H-Systeme von SolarSpectrum (vgl. Abb. 6) funktionieren ebenfalls nach dem Prinzip der Interferenz, aber die verschiedenen Komponenten unterscheiden

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sich in der Anordnung vom Coronado Filter-System. Im Falle des hier vorgestellten Filtersystems ,,Solar Spectrum 0.5 Å ASO" kommen folgende Komponenten (Abb. 7) zum Einsatz:
Der Energieschutzfilter (D-ERF 160 mm / dielectric energy rejection filter, Abb. 8) ist für den sicheren Betrieb des Sonnenteleskops zwingend notwendig, um die enorme Wärmestrahlung der Sonne nicht in den Teleskop-Tubus gelangen zu lassen. Es handelt sich hierbei um einen hochvergüteten, planparallel geschliffenen Rot-Filter, welcher unerwünschte Infrarot-Strahlung zum größten Teil sperrt. Die Güte dieses Filters bestimmt nachdrücklich die Qualität der Abbildung. Der Energieschutzfilter wird als erstes Element vor die Eintrittsöffnung montiert.
Das SolarSpectrum-System unterscheidet sich von Filtersystemen anderer Hersteller (Coronado, Lunt usw.) unter anderem dadurch, dass der Etalon-Filter erst in der Nähe des Okulars und nicht bereits an der Frontöffnung platziert wird. Dies hat den Vorteil, dass der kostenintensive Filter wesentlich kleiner sein kann und zudem die Öffnung des Teleskops und damit die Auflösung nahezu unbeschränkt ist. Der Nachteil ist jedoch, dass der Strahlengang vor Eintritt in den Etalon-Filter nahezu parallel sein muss, damit der HFilter überhaupt funktionieren kann. Ein Öffnungsverhältnis von ca. 1:30 hat sich als ausreichend ,,parallel" herausgestellt. Um den Strahlengang zu parallelisieren, werden so genannte telezentrische Systeme angeboten. Der von mir verwendete Refraktor TEC 140 hat ein Öffnungsverhältnis von 1:7. Um den Strahlengang auf ungefähr 1:30 zu verlängern, musste in diesem Fall eine 4-fache Telezentrik eingesetzt werden.
Alternativ könnte auch die Öffnung entsprechend abgeblendet werden. Dies würde aber bedeuten, dass die 140-mmÖffnung des TEC-Refraktors auf ca. 33 mm verkleinert werden müsste. Dies würde einen erheblichen Auflösungsverlust bedeuten. Der Hauptvorteil beim SolarSpectrum-System ist, dass die verwendbare Öffnung und damit das Auflösungsvermögen vom H-Filter unabhängig sind.

11 SolarSpectrum Temperatur-Steuerung

Damit der H-Filter seine volle Leistung entfalten kann, darf die optische Achse nicht verkippt sein. Bereits eine minimale Abweichung kann das Bild verschlechtern und die Erkennbarkeit von Oberflächendetails spürbar einschränken. Aus diesem Grund bietet Baader-Planetarium das M68-System optional an, um eine höhere Steifigkeit zu erreichen.
Die Telezentrik, ein System aus optischen Linsen, muss in einem ganz bestimmten Abstand vom Brennpunkt des Teleskops entfernt platziert werden. Dadurch wird die Baulänge hinter dem Okularauszug um ca. 270 mm verlängert. Das originale T2-System der Telezentrik wird in das Innere des M68-Tubus montiert. Durch den größeren Querschnitt des M68-Systems wird eine wesentlich höhere Steifigkeit erreicht (Abb. 9). Auch mit einem schweren Binokularansatz gibt es keinerlei Durchbiegung. Natürlich muss der Okularauszug entsprechend stabil gebaut sein.
Die eigentliche Etalon-Filtereinheit (Abb. 10) ist im Vergleich zum Coronado-System relativ klein und wird mit T2-Adaptern hinter dem telezentrischen System montiert. Es bleibt dem Benutzer freigestellt, den Filter vor oder hinter das Zenitprisma zu montieren. Natürlich müssen dabei die optischen Weglängen berücksichtigt werden, um mit den Okularen, einem Binokularansatz oder einer Kamera in den Fokus zu kommen. Ab dem hinteren Ende des telezentrischen

Linsensystems stehen noch 220 mm Backfokus zur Verfügung.
Im Gegensatz zu Coronado-Filtern müssen die SolarSpectrum-Filter bei einer ganz bestimmten Temperatur betrieben werden, um im optimalen Wellenlängenbereich arbeiten zu können. Hierfür ist die Filtereinheit mit einem Kühlelement (Peltier-Element) und gleichzeitig einer Heizstufe ausgestattet. Mit einer separaten Steuereinheit (Abb. 11) wird die optimale Temperatur des Filters vorgewählt und auf +-0,1 Grad genau geregelt. Bei meinem Filtersystem beträgt die vom Hersteller festgelegte Temperatur z. B. 38,0 Grad C. Warum das Steuergerät von SolarSpectrum ausschließlich mit 230 V Netzspannung betrieben werden kann, ist mir allerdings unverständlich. Ein alternativer Gleichspannungsbetrieb bei 12 V wäre für den Feldeinsatz sehr wünschenswert.
Die Temperatur kann im Betrieb nach oben oder unten angepasst werden, um den Filterbereich in den roten oder blauen Flügel der H-Linie zu verschieben. Dies kann sinnvoll sein, um spezielle aufoder absteigende Protuberanzen noch besser sichtbar zu machen (Verschiebung der Wellenlänge durch Doppler-Effekt).
Im Teil 2 dieses Erfahrungsberichtes vergleiche ich die hier vorgestellten Filtersysteme miteinander und bringe mein persönliches Fazit.
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Astrofotografie

Sonnenaufnahmen im Weiß-, H und Kalziumlicht
von Bernd Eser

Seit Herbst 2005 bin ich vom Virus Astronomie befallen. Heute gehöre ich der VdS-Fachgruppe Astrofotografie an, beschäftige ich mich aber überwiegend mit Aufnahmen unserer Sonne. Dazu benutze ich ein Teleskop der Firma Takahashi TOA (Triplet Ortho Apochromatic) mit 130 mm Öffnung und 1.000 mm Brennweite sowie eine Losmandy G 11 als Montierung.
Für Weißlichtaufnahmen der Photosphäre verwende ich das 2-zöllige ,,Cool-Ce-

ramic Safety Herschelprisma" von Baader. Dabei bleiben die zweizölligen Filter vom Typ Nd 0,9 und Solar Continuum im Gehäuse. Zur Brennweitenverlängerung kommt ein zweizölliger Fluorit-FlatfieldKonverter von Baader mit T2-Verlängerungshülsen zum Einsatz (Abb. 1).
Für H-Aufnahmen der Chromosphäre (656,3 nm) wird ein dielektrischer Energieschutzfilter (DERF) von 135 mm Durchmesser vor dem Objektiv des TOA 130 angebracht. Den H-Part übernahm

bis Juli 2011 ein umgebautes Personal Solar Telescope der Firma Coronado mit einer Halbwertsbreite HWB < 1 Å. Es wurde an den Okularauszug des TOA 130 gesetzt (Abb. 2). Zur Brennweitenverlängerung wurde ein Powermate 2,5 von Televue (1,25'') benutzt. Seit August 2011 übernimmt den H-Part der Filter Solar Spectrum SO 1.5 (HWB = 0,5 Å) von Baader mit einem freien Durchlass von 25 mm. Zum Erreichen des benötigten Öffnungsverhältnisses von 1:30 und des erforderlichen parallelen Strahlenganges

1 Aufbau für Weißlichtaufnahmen

2 Aufbau für H-Aufnahmen mit dem PST
VdS-Journal Nr. 41

3 Aufbau für H-Aufnahmen mit Solar Spectrum SO 1.5

Astrofotografie

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4
Weißlichtaufnahme der aktiven Regionen 11289, 11291 und 11293 am 16.09.2011

wird ein 4-faches telezentrisches Linsensystem eingesetzt (Abb. 3). Bei schlechtem Seeing oder für einen größeren Bildausschnitt adaptiere ich einen zweizölligen Solarspectrum Telekompressor 0,7x okularseitig an den H-Filter. Für noch größere Bildausschnitte oder zur Beobachtung der Gesamtsonne kommt das 2-fache telezentrische Linsensystem zum Einsatz. Dazu muss die Teleskopöffnung verkleinert werden, so dass ein Öffnungsverhältnis von etwa 1:30 entsteht. Für Kalzium-Aufnahmen der unteren Chromosphäre (393,4 nm) besitze ich ein CaK PST der Firma Coronado mit einer Öffnung von 40 mm und einer Brennweite von 400 mm. Die Halbwertsbreite beträgt 2,2 Å (Abb. 1, 2 und 3 auf TOA). Als Kameras verwende ich erstens eine DMK 21 AU04.As mono bei maximal 60 Bildern pro Sekunde. Sie besitzt einen 1/4''-CCD-Chip mit 640 x 480 Pixeln (Abb. 2). Zweitens habe ich eine DMK 41 AU04.As mono, die über einen 1/2''-CCDChip mit 1.280 x 960 Pixeln bei maximal 15 Bildern pro Sekunde verfügt (Abb. 1 und 3). Hersteller beider Kameras ist die Firma ,,The Imaging Source" (TIS).

Für Aufnahmen stelle ich das Teleskop auf einer Terrasse mit Südblick auf. Zum Einrichten befinden sich zwei Graufilter im Herschelprisma (Nd 0,9 und Nd 3,0). Zum Aufsuchen der Sonne sowie auch für die Aufnahmen im Kalziumlicht dient

mir ein adaptiertes CaK PST (Abb. 1 und 2). Als zusätzliche Kontrolle benutze ich die Mattscheibe des Herschelprismas, auf der sich die Sonnenscheibe abbildet. Für die Beobachtung verwende ich NaglerOkulare der Firma Televue von 17 und

5 Aktive Region 11302 am 27.09.2011 im weißen Licht

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Amateurteleskope/Selbstbau

6 Oberfläche mit Filament und Protuberanz am 10.10.2010
im H-Licht

12 mm Brennweite. Wenn ich den gewünschten Ausschnitt auf der Sonne festgelegt habe, wird zunächst das Teleskop wieder verschlossen. Nun erfolgt der Umbau für die Videofotografie. Nachdem alle Komponenten angebracht wurden und die Kamera mit dem Laptop verbunden worden ist, wird das Objektiv geöffnet. Zur Aufnahme verwende ich das von TIS mitgelieferte Programm IC Capture. Dort lege ich den Aufnahmeordner fest und stelle das gewünschte Bildaufnahmelimit ein. Nun korrigiere ich grob die Belichtung und beginne zu fokussieren. Dazu sollte man sich viel Zeit nehmen. Ich überfahre mehrmals den höchsten Schärfepunkt, bis die endgültige Einstellung fest liegt. Jetzt gegebenenfalls noch kleine Korrekturen an Belichtung und Verstärkung - und es kann losgehen.
Aufgenommen wird ein Videostream (AVI). Bei der Weißlicht- und Kalziumfotografie nehme ich durchschnittlich 700 Bilder auf, für H meist 900 Bilder. Der Vorteil der Aufzeichnung vieler Bilder liegt in der anschließenden Bearbeitung. Atmosphärische Störungen erzeugen Unschärfen im Teilbild oder auch im Gesamtbild. Das von mir verwendete Bildbearbeitungsprogramm AviStack2 von Michael Theusner ermöglicht das automatische Zusammenfügen der gewonnenen Bilder zu einem Gesamtbild, bei Verwendung der besten Teilbereiche im Einzelbild. Die Einstellungen des Programmes möchte ich hier nicht im Einzelnen erläutern, dazu schauen Sie bitte auf die Homepage des Autors.
7 H-Aufnahme der aktiven Region 11302 mit
Filament am 29.09.2011

VdS-Journal Nr. 41

Amateurteleskope/Selbstbau

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8 Eruptive Protuberanz am
21.09.2011. Die 12-bit-Aufnahme entstand mit einem Lucam Recorder von Heiko Wilkens, der mir dazu freundlicherweise seine Kamera Lumenera SKYnyx 2-1 M zum Testen zur Verfügung stellte.

Das gestackte Bild schärfe ich in AviStack2 mittels ,,wavelets" vor. Eine Weiterverarbeitung des Bildes erfolgt nun in mehreren Stufen und Programmen. Zuerst schärfe ich mittels Deconvolutionsfilter nach Richardson Lucy in Astroart 4.0. Ähnliche Funktion enthalten Fitswork und Image Analyzer. Anschließend überlagere ich das in AviStack2 vorgeschärfte Bild mit dem weiterbearbeiteten Bild aus Astroart 4 mittels Ebenentechnik in Photoshop CS4. Sollte das Resultat noch nicht die gewünschte Schärfe vorweisen, bearbeite ich das in Photoshop überlagerte Bild in Astroart 4 oder Image Analyzer mit Deconvolution nach und überlagere nochmals. Als Zwischenschritt ist ein Entrauschen in Pho-

toshop mit der Funktion ,,Rauschfilter Rauschen reduzieren / Staub und Kratzer" zuweilen unumgänglich. Danach wird noch der Tonwert mit der Funktion ,,Tonwert / Gradationskurven / Belichtung" optimiert. Nun wird das Bild noch beschnitten. Das Ergebnis speichere ich im TIFF-Format und meist reduziert im JPEG-Format.

Ergebnisse meiner Sonnenfotografie sehen Sie in den Abbildungen 4 bis 10. Sollten Sie Fragen zur Aufnahme- oder Bearbeitungstechnik oder zu einem der Bilder haben, nehmen Sie bitte Kontakt mit mir über meine Homepage auf [1].
Internet-Links: [1] www.be-sternbilder.de

9 Aktive Region 11260-11261 und 11263-11265 am 02.08.2011
im Kalziumlicht

10 Kalziumaufnahme der aktiven Regionen 11163
und 11164 am 02.03.2011

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Computerastronomie

Scilab als Werkzeug für astronomische Berechnungen
von Klaus Rohe

Wer astronomische Berechnungen selbst durchführen möchte, kann eine Programmiersprache wie Java oder C++ nutzen, eine Tabellenkalkulation nehmen oder aber spezielle Programmpakete für numerische Berechnungen wie MATLAB oder Scilab heranziehen. Scilab hat für den Amateurastronomen den Vorteil, dass es frei verfügbar ist. Es besitzt eine integrierte, einfach zu erlernende Programmiersprache, mit deren Hilfe komplexe Berechnungen automatisiert werden können. Ferner existieren vielfältige Möglichkeiten zur grafischen Darstellung.
Scilab ähnelt dem kommerziellen Programm MATLAB. Scilab wurde ursprünglich von der französischen Forschungsorganisation INRIA entwickelt und wird seit 2008 von der Digiteo Foundation weiterentwickelt. Es ist für die Betriebssysteme Linux, Mac OS und Windows verfügbar. Die Web-Seite zu Scilab lautet http://www.scilab.org/, welche Links zu aktuellen Downloads des Tools, zu Tu-

torials, Artikeln und Büchern bereitstellt. Im Folgenden wird anhand von einfachen Beispielen ein kurzer Überblick über das Programm gegeben.
Der Einstieg: Scilab als Rechner Nach dem Start präsentiert sich Scilab wie in der Abbildung 1 dargestellt. Das File-und Edit-Menü stellt die elementaren Programmfunktionen zur Verfügung. Unter ,,Preferences" kann man unter anderem den Zeichensatz und dessen Größe festlegen, sowie den angezeigten Inhalt der Scilab Konsole löschen; außerdem lässt sich dort die Menüleiste anpassen. Im Menü ,,Control" lassen sich lang laufende Berechnungen unterbrechen bzw. fortsetzen oder beenden. Unter ,,Applications" findet sich z. B. SciNotes, der eingebaute Editor von Scilab.
Am Beispiel der Berechnung der Fluchtgeschwindigkeit für einen kugelförmigen Körper der Masse M und mit Radius r ist in der Abbildung 2 zu sehen, wie Scilab als Rechner genutzt werden kann. Die

Formel für die Flucht- oder Entweichgeschwindigkeit ist
(s. z. B. [2]). In der ersten Zeile innerhalb der Scilab-Konsole (Abb. 2) wird über die ,,diary"-Funktion eine Datei angegeben, die dem Protokollieren aller Eingaben auf die Konsole dient. In der zweiten Zeile wird eine Variable G für die Gravitationskonstante definiert. Wenn eine Eingabezeile nicht mit einem Semikolon abgeschlossen wird, so gibt Scilab die Variable mit dem zugewiesenen Wert nochmals aus.
In der dritten Eingabezeile wird die Masse des Körpers der Variablen M zugewiesen, während in der vierten Eingabezeile der Radius über eine Berechnung in der Variablen r abgelegt wird. In der folgenden Zeile wird die Variable vE (Fluchtgeschwindigkeit) nach der oben gezeigten Formel berechnet. Hierin ist sqrt die Quadratwurzelfunktion. Man kann mit den

1 Die Scilab Konsole nach dem Start. Die Eingabe
erfolgt hinter dem Pfeil --> und wird mit der Enter-Taste abgeschlossen.
VdS-Journal Nr. 41

2 Scilab als ,,Taschenrechner"

Computerastronomie

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in Scilab eingebauten mathematischen Funktionen beliebig komplexe Formeln an der Konsole eingeben.
Als nächstes soll gezeigt werden, wie man Scilab für grafische Darstellungen von Funktionen nutzen kann.
Grafik mit Scilab Man kann mit Scilab nicht nur interaktiv arbeiten, sondern auch Befehlsabfolgen in Skriptdateien zur automatischen Ausführung ablegen. Dies geschieht im FileMenü mit der Menüoption ,,Ausführen". In der Abbildung 3 ist eine Datei aufgelistet, die Befehle für die grafische Ausgabe einer Funktion enthält. Skriptdateien für Scilab besitzen die Endung ,,.sce". In der ersten Zeile erhält die Variable E der Bereich 0 bis 360, eingeteilt in 200 Stützstellen, als Wert. In der zweiten und dritten Zeile werden den Variablen a und e die Werte 1 respektive 0,8 zugewiesen, und in der der vierten Zeile wird die Art und Größe der Schrift für den Titel und die Beschriftung der x- und y-Achse festgelegt. Die fünfte Zeile enthält den Befehl ,,plot2d"zur grafischen Ausgabe der Funktion r(E) = a ( 1 - cosd(E) ), wobei über den Parameter ,,rect" festgelegt wird, dass der Wertebereich der E-Achse von 0 bis 360 geht und der der r-Achse von 0 bis 2.
Scilab hat für die trigonometrischen Funktionen wie Sinus (sin), Cosinus (cos) usw. jeweils zwei Varianten. Der mit d endende Funktionsname nimmt als Parameter Grad, die anderen Radians. Die Funktion ,,cosd" erwartet also Grad-Werte. In obigem Beispiel wird die Funktion für insgesamt 2.002 Stützstellen von 0 Grad bis 360 Grad gezeichnet. Mit dem Befehl in Zeile 6 wird ein einfaches Gitter für die grafische Darstellung der Funktion definiert, und in Zeile 6 wird der Titel und Beschriftung der x-Achse (,E`) und yAchse festgelegt. Die Abbildung 4 zeigt die Grafik, die das Scilab-Skript erzeugt. Das Tool beherrscht darüber hinaus Polarkoordinaten und die Darstellung von dreidimensionalen Kurven und Flächen.
Programmieren mit Scilab Die Programmierung in Scilab ist der in anderen Hochsprachen wie C++, Basic oder Python (um hier nur einige zu nennen) nicht unähnlich. Viele Merkmale, die im Folgenden besprochen werden,

3 Scilab-Skript zur grafischen Ausgabe der Funktion r(E) = ( 1 - 0,8 · cos(E) )
im Scilab-Editor SciNotes
4
Grafik, die mit dem Scilab-Skript plotbeisp.sce erzeugt wurde

finden sich in ihnen in gleicher Weise oder ähnlich wieder. Das oben besprochene Skript zur grafischen Ausgabe ist ein einfaches SciLab Programm, allerdings eines ohne fortgeschrittene Sprachelemente wie Verzweigungen, Schleifen und eigene Funktionsdefinitionen. Die in Scilab eingebaute Programmiersprache erlaubt es, für häufig auftretende Berechnungen eigene Funktionen zu definieren. Solche Funktionen werden nach Scilab-Konvention in Dateien mit der Endung ,,.sci" gespeichert. Sie können in Bibliotheken zusammengefasst werden und beim Start automatisch geladen oder mit der ,,exec"-Funktion, die z. B. am Anfang eines Scilab-Skripts aufgerufen wird, zur Verfügung gestellt werden. Die ,,exec"-Funktion hat als Parameter den absoluten oder relativen Pfadnamen derjenigen Datei, in der die entsprechende Funktion definiert ist.

Ein Beispiel für eine selbstdefinierte Scilab-Funktion ist in der Abbildung 5 gegeben. Es handelt sich um eine Funktion zur Berechnung des Julianischen Datums, nach einem Algorithmus, wie er z. B. in den Astronomical Algorithms von J. Meeus [3] beschrieben wird.
Der Rückgabewert der Funktion, hier ,,jD", wird in Scilab direkt nach dem Schlüsselwort ,,function" aufgeführt und über das Zuweisungszeichen ,,=" mit dem Namen der Funktion, hier ,,julianischesDatum", verbunden. Hinter dem Funktionsnamen werden in runden Klammern eingeschlossen die Parameter angegeben, welche die Funktion für ihre Aufgabe benötigt; z. B. kann der Zahlenwert 2012 für den Parameter ,,Jahr" beim Aufruf der Funktion angegeben werden. Abgeschlossen wird die Funktionsdefinition mit dem Schlüsselwort ,,endfunction". In der Funktion werden eine Reihe von ver-
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Computerastronomie

schachtelten, bedingten Verzweigungsblöcken (if ... then ..else .. end) genutzt, um den Algorithmus zur Berechnung des Julianischen Datums zu realisieren.
Wie in der Abbildung 5 zu sehen, unterstützt SciNotes die Lesbarkeit der Funktionsdefinition durch unterschiedliche Farbgebung für die Schlüsselwörter, den Rückgabewert, die Funktionsparameter und die eingebauten Funktionen. SciNotes erzeugt automatisch die richtige Blockstruktur, sobald die Schlüsselwörter für Funktionsdefinition, Verzweigungen oder Schleifen eingegeben werden, und sorgt automatisch für das richtige Einrücken der Programmieranweisungen, wodurch eine bessere Lesbarkeit der Programme gewährleistet wird. Eine ScilabFunktion kann nicht nur Zahlenwerte als Ergebnis zurückliefern, sondern auch Objekte wie Zeichenketten, Vektoren, Matrizen oder gar Listen dieser Objekte.
Weitere Kontrollstrukturen für die Programmierung sind for- und whileSchleifen, sowie Mehrfachverzweigungsblöcke (ähnlich switch oder select case). Scilab besitzt zudem ein umfangreiches Arsenal vordefinierter Funktionen für das Ausführen von numerischen Berechnungen, wie dem Lösen von linearen und nichtlinearen Gleichungssystemen, die numerische Berechnung von Integralen und die Interpolation und Ausgleichsrechnung, um nur einige zu nennen. Da Scilab auch leistungsfähige Funktionen für das numerische Lösen von gewöhnlichen Differentialgleichungssystemen enthält, eignet es sich auch sehr gut zum Lösen von Problemen der Himmelsmechanik und Astrodynamik.
Zusammenfassung und Ausblick Scilab ist ein frei verfügbares Programm für sowohl einfache als auch umfangreiche numerische Berechnungen, die sich mit der eingebauten Programmiersprache leicht automatisieren lassen. Da die Programmiersprache, verglichen mit Java und C++, einfach zu erlernen ist und man über die eingebauten Funktionen leicht grafische Darstellungen der Ergebnisse erzeugen kann, eignet sich Scilab gut für Amateurastronomen, die selbst astronomische Berechnungen oder Simulationen umsetzen möchten, die aber nicht den Aufwand betreiben wollen, sich in eine allgemein einsetzbare
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5 Implementierung einer Funktion zur Berechnung des Julianischen Datums
in Scilab (nach [3])

Programmiersprache wie Java oder C++ einzuarbeiten. Die Stärke von Scilab ist, dass der Anwender den Komfort einer Hochsprache bekommt und zugleich Zugriff auf sehr spezifische und leistungsstarke Bibliotheken mit Rechenroutinen! Die zeitraubende Eigenimplementierung komplexer Algorithmen wird dem Programmierer abgenommen.
Dieser Artikel kann nur einen groben Abriss der Funktionalität des Programmpakets liefern. Der komplette Funktionsumfang ist im Netz dokumentiert. Wer sich weiter mit Scilab befassen möchte und eine deutschsprachige Einführung sucht, dem sei [1] empfohlen. Einen vergleichbaren Leistungsumfang wie Scilab bietet das unter der GPL-Lizenz verfügbare GNU Octave, welches unter dem in [4] genannten Link zu finden ist.

Literaturhinweise und weitere Informationen: [1] A. Stoffel: ,,Kurzeinführung in
Scilab", http://alex.nt.fh-koeln.de/ mapdf/scilabein.pdf [2] H.-U. Keller, 2008: ,,Kompendium der Astronomie", Stuttgart [3] J. Meeus: "Astronomical Algorithm", second edition, Richmond [4] GNU Octave: http://www.gnu.org/ software/octave/

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Dark Sky

Aktuelles aus der Fachgruppe Dark Sky
von Andreas Hänel

Die Aktivitäten im Jahre 2011 waren vor allem von der Suche nach dunklen Beobachtungsorten in Deutschland und Europa bestimmt. Beobachtungen im Naturpark Westhavelland, im Biosphärenreservat Rhön, im Nationalpark Harz, im Naturpark Terravita/Teutoburger Wald, in der Altmark und bei Herzberg hatten gezeigt, dass es doch noch Plätze in Deutschland gibt, an denen noch ein fast natürlich dunkler Himmel erlebt werden kann. Neben den Messungen der Himmelshintergrundshelligkeit mit einem SQM-L und Fischaugenaufnahmen mit identischen Aufnahmedaten, haben sich Sichtbarkeit des Zodiakallichtes, des Gegenscheins und beispielsweise der Galaxie M 33 als wichtige Kriterien erwiesen (Abb. 1).

Sternenpark Westhavelland Die ersten Messungen im Jahre 2009 zeigten bereits, dass im nordwestlichen Teil des Naturparks Westhavelland noch eine nahezu natürliche Dunkelheit mit einer Himmelshelligkeit von 21,7 mag/ arcsec2 (Größenklassen pro Quadratbogensekunden) im Zenit zu beobachten war. Um diese Himmelsqualität zu erhalten, wurde der Naturparkverwaltung vorgeschlagen, sich als ,,Dark Sky Park" nach den Kriterien der International Dark Sky Association IDA anerkennen zu lassen. Im Mai 2010 konnte das Kuratorium mit Vertretern der Kommunen, des Landkreises, von der Forst- und Wasserwirtschaft von dieser Idee überzeugt werden. In der Folge wurden weitere Messkampagnen durchgeführt, die die Qualität des Himmels bestätigten, lediglich die Lichtglocken von Rathenow, Berlin/Potsdam und dem größten Zellstoffwerk Europas bei Stendal stören etwas am Horizont. Damit war eine Voraussetzung für eine Anerkennung erfüllt.
Nach den IDA-Kriterien muss der Park nachts frei zugänglich sein und an die künstliche Beleuchtung wird die Anforderung gestellt, dass mindestens 2/3 der Leuchten voll abgeschirmt sein müssen und nur nach unten strahlen dürfen.
VdS-Journal Nr. 41

1 Das Zodiakallicht im Februar 2011 über dem Westhavelland mit einem
Iridium-Blitz, aufgenommen mit Sigma-Fisheye 1:2,8/4,5mm und Canon EOS 1000D, ISO 800, 3 min belichtet.

Dies ist allerdings in den meisten kleinen Ortschaften im Park nicht erfüllt. Auf kurzer Zeitskala ist eine Umrüstung der Beleuchtung weder finanzierbar noch nachhaltig, da sie erst vor wenigen Jahren installiert wurde. Immerhin sind fast nur die gelben Natriumdampflampen eingesetzt, die als besonders umweltfreundlich eingestuft sind, zudem mit relativ geringen Anschlusswerten von meist 70 Watt. Aus diesem Grunde wurden 4 Gebiete identifiziert, in denen keinerlei künstliche Beleuchtung existiert, und die daher zunächst als Teilgebiete eines Dark Sky Parks vorgeschlagen werden. Die politischen Gremien der umliegenden kleinen Gemeinden stimmten meist einstimmig der Idee eines Dark Sky Parks zu und damit der Forderung, in Zukunft nur noch voll abgeschirmte Leuchten zu installieren. So besteht die Idee, dass sich der Dark Sky Park auch einmal über diese Orte hinweg erstrecken wird.

Im August 2011 wurde zudem von Naturpark und unserer Fachgruppe ein Teleskoptreffen auf dem Sportplatz in Gülpe angeboten, damit sich Amateure von der Qualität des Sternhimmels überzeugen konnten. Zudem wurde für die Naturparkführer und Ranger eine Kurzeinführung zu astronomischen Beobachtungen gegeben. Das Wetter war zwar nicht optimal, doch konnte in der ersten Nacht während der ersten Nachthälfte und in der zweiten Nacht während der zweiten Nachthälfte gut beobachtet werden (Abb. 2). In einer Nacht wurden auch 25 Laternen der Straßenbeleuchtung abgeschaltet, was den Himmel deutlich verdunkelte und durch Messungen dokumentiert werden konnte. Das nächste Teleskoptreffen auf dem Gülper Sportplatz im Naturpark Westhavelland ist für den 21.-23. September 2012 geplant, weitere Informationen werden zu gegebener Zeit auf www.lichtverschmutzung.de folgen.

Dark Sky

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Der Antrag des Naturparks konnte dann während des ,,11. Europäischen Symposiums zum Schutz des Nachthimmels" in Osnabrück an die IDA abgegeben werden, mit einer Entscheidung ist dann zur Jahreswende 2011/12 zu rechnen.
Inzwischen gibt es weitere Interessenten: Nach einer Vorstellung beim Koordinierungsausschuss der ARGE Rhön im September 2011 wird nun auch im Biosphärenreservat Rhön nach Möglichkeiten der Anerkennung gesucht.
Weiteres aus der Arbeit der Fachgruppe Ansonsten wurden von der Fachgruppe wieder mehrere Vorträge gehalten, bei verschiedenen Volkssternwarten und Naturschutzorganisationen, bei der KfWBank in Berlin, beim Goethe-Institut in Toulouse, bei der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg, beim Dark Sky Parks Symposium im spanischen Montsec, dem Workshop ,,Künstliches Licht und Gesellschaft" des Forschungsverbundes ,,Verlust der Nacht" in Berlin. Es fand aber auch ein Gedankenaustausch mit Verantwortlichen der Arbeitsgruppe Lichtwerbung Deutschland statt.
Mit finanzieller Förderung durch die niedersächsische Bingo!-Umweltstiftung konnte auch eine Ausstellung zum Thema Lichtverschmutzung erstellt werden, die bislang im Museum am Schölerberg

2 Das Teleskoptreffen auf dem Sportplatz im Westhavelland

in Osnabrück, im Nationalparkhaus Harz in St. Andreasberg und bei der Kölner Volkssternwarte gezeigt wurde. Interessenten an weiteren Ausleihen (vorzugsweise in Niedersachsen/Nordrhein-Westfalen) können sich an Andreas Hänel wenden.
Basierend auf den neuen Daten der amerikanischen DMSP-Satelliten wurde eine Karte des nach oben abgestrahlten Lichts für das Jahr 2010 erstellt, die besonders als Overlay für GoogleEarth helfen kann, dunkle Gebiete aufzusuchen.
Weiter werden auch die SQM-Ls der VdS ausgeliehen. Leider ist der Rücklauf der Geräte und auch der Daten sehr träge, was teilweise an der Wettersituation

liegt. Auch sei jeder Besitzer eines solchen Gerätes dringend aufgerufen, seine Messungen der Fachgruppe mitzuteilen. Denn nur mit einem guten Datenmaterial kann das Ausmaß der Lichtverschmutzung beurteilt werden und die Politik zum Handeln gebracht werden!
Internet-Hinweise: [1] Einen Zeitrafferfilm vom Teles-
koptreffen im Westhavelland hat Harald Bardenhagen erstellt: http:// sterne-ohne-grenzen.de/projekte/ naturpark-westhavelland/ [2] Die DMSP-Karten sind hier zu finden: http://lichtverschmutzung. de/seiten/karten.php

Wer beschützt die dunkle Nacht?
- Eindrücke vom 11. Europäischen Symposium zum Schutz der Nacht
von Sabine Frank

Sicherlich wird jeder Hobbyastronom zustimmen, dass die Nächte einfach zu hell sind und mehr zum Schutz der Nacht unternommen werden müsste. Einen sehr guten und eindringlichen Eindruck von der Wichtigkeit aller Maßnahmen zur Reduzierung der Lichtverschmutzung vermittelte das 11. Europäische Symposium zum Schutz der Nacht, das in der Zeit vom 6. bis 8. Oktober in Osnabrück stattfand und dort vom Naturwissenschaftlichen Verein ausgerichtet wurde. Auch wenn es sich dem Titel nach um ein europäisches Symposium handelte,

so kamen die Beiträge doch aus aller Welt. Es nahmen Experten unterschiedlichster Fachrichtungen aus vielen europäischen Ländern, aber auch den USA, Japan, Australien und Taiwan, teil. Sie beschäftigten sich mit Messmethoden der Himmelsaufhellung, Einflüsse auf die nachtaktive Tierwelt und den Menschen, aber auch gesetzliche Maßnahmen gegen die ausufernde Zunahme des künstlichen Lichtes bei Nacht. Als besonders erfreulich ist die Teilnahme von Lichtplanern und Leuchtenherstellern zu beurteilen.

Ein Highlight der Veranstaltung war darüber hinaus sicherlich die Übergabe des Antrages auf Anerkennung des ersten deutschen Sternenparks Westhavelland an den geschäftsführenden Direktor der International Dark Sky Association IDA, Bob Parks. Hier hat sich das engagierte Vorgehen von Andreas Hänel in Zusammenarbeit mit der Parkverwalterin Kordula Isermann verdient gemacht. Mit einer Entscheidung über den Antrag ist in den nächsten 3 Monaten zu rechnen. Aber auch im Biosphärenreservat Rhön, meiner Heimat, gibt es Überlegungen,
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Dark Sky

nandersetzung mit ökologisch sinnvoller Beleuchtung in den Kommunen vor Ort sicherlich ein erster Schritt.
Es bleibt zu hoffen, dass die Anerkennung des ersten deutschen Sternenparks eine Medienaufmerksamkeit nach sich zieht, die die Problematik aus dem Sichtfeld von Hobbyastronomen und Naturschützern heraus schiebt und in die breite Öffentlichkeit trägt. Dies wäre ein gelungener Abschluss des unglaublich aufschlussreichen und gut organisierten 11. Europäischen Symposiums zum Schutz der Nacht.

1 Die Teilnehmer des Symposiums zum Schutz des Nachthimmels
in Osnabrück

besonders dunkle Gebiete als Sternenpark anerkennen zu lassen. Gemeinsam mit Andreas Hänel durchgeführte Lichtmessungen haben ergeben, dass in manchen Gebieten der Rhön eine noch fast natürliche Himmelshintergrundhelligkeit vorherrscht. Diese sollte unbedingt geschützt werden. Eine Studentengruppe der Hochschule Fulda, aus der mittlerweile die Initiative zum Schutz der Nacht vor Ort hervor gegangen ist, hat sich mit den Kriterien eines IDA-Dark Sky Parks im Abgleich mit den Zielen und Aufgaben des Biosphärenreservates beschäftigt und der Verwaltung ein Konzept zur Implementierung vorgelegt.

reit zu schützen. Ist es nicht gerade die hochtechnisierte Teleskopastronomie, die das Bild der Hobbyastronomie prägt? Natürlich hat auch diese Art der Astronomie ihre Berechtigung, aber es bedarf sicher sehr viel mehr Engagement, um auf den Schutz der Nacht aufmerksam zu machen. Hier wären Bemühungen zur Reduzierung der Lichtverschmutzung und in dem Zusammenhang die Ausei-

Internet-Links: [1] Die meisten Präsentationen des
Symposiums sind (natürlich nur in Englisch) zu finden unter: http:// lichtverschmutzung.de/symposium_2011/ [2] Infos zu den Messergebnissen in der Rhön, Ideen für den Ablauf von Sternenführungen oder Bemühungen zum Schutz der Nacht vor Ort (z.B. Flyer, Musterbriefe, Plakatideen) unter: rhoener_sternennacht@ yahoo.de

Doch wie kann man Bewusstsein für den Schutz der Nacht erreichen? Hier sollte jeder Sternen- und Nachtliebhaber Ideen entwickeln, wie man möglichst viele Menschen unter den Nachthimmel bekommt. Der Ansatz der Initiative zum Schutz der Nacht vor Ort besteht darin, dass man neben selbst gemachten Infoflyern und Infoständen auf Festen und der Einbeziehung von lokalen Natur- und Umweltschutzverbänden auch geführte Sterngucker- und Vollmondwanderungen veranstaltet. Diese sind bewusst nicht-technisiert und für jedermann geeignet. Auf diese Art und Weise kann man vielen Menschen die Schönheit des Nachthimmels nahe bringen und dazu ermutigen, auch ohne Technikverständnis und große Investitionen die Nacht zu entdecken. Denn erst was der Mensch zu schätzen lernt, ist er be-
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2 Kordula Isermann vom Naturpark Westhavelland und Andreas Hänel über-
geben den Antrag zur Anerkennung als Dark Sky Park an den geschäftsführenden Direktor der IDA, Bob Parks.

Deep-Sky

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Das BL-Lacertae-Objekt Markarian 501
von Klaus Wenzel

In den Jahren 1967 bis 1981 publizierte der armenische Astronom Benjamin. E. Markarian zusammen mit seinem Kollegen V. Lipovetsky in der russischen Zeitschrift Astrofizika (englische Version = Astrophysics) insgesamt 15 Listen (1.500 Objekte) mit Galaxien, die ein ausgeprägtes ultraviolettes Kontinuum (UV-Exzess) aufweisen. Diese Durchmusterung des Nordhimmels wurde am Astrophysikalischen Observatorium Byurakan unweit der türkischen Grenze auf etwa 1.500 m Meereshöhe durchgeführt. Markarian und sein Kollege benutzten hierzu das 130-cm-Schmidt-Teleskop (1 m Korrektionsplatte), ausgerüstet mit einem Objektivprisma.

1 Das Feld um Mrk 501 mit NGC 6257 sowie der im Text erwähnten anonymen
Galaxie auf einer Aufnahme des POSS II (30' x 15')

Etwa 17 % (264 Objekte) der nach dieser Durchmusterung als Markarian-Galaxien bezeichneten Objekte erwiesen sich als aktive Seyfert-Galaxien (AGN), Quasare (QSO) oder BL-Lacertae-Objekte (BL). Als BL-Lacertae-Objekte wurden allerdings nur 3 Markarian-Galaxien sicher klassifiziert. Dies sind Mrk 180 im Sternbild Draco, Mrk 421 in Ursa Major [1], sowie eben Mrk 501 im Hercules.
Die Entfernung von Mrk 501 ist aufgrund der gemessenen Rotverschiebung der Hostgalaxie von z = 0,033 auf etwa 135 Mpc oder 440 Mio. Lichtjahre anzusetzen.

rian wurde bei seinen Beobachtungen 1972 auf diese Galaxie aufmerksam und fügte sie als Nr. 501 in seinen Katalog ein. Markarian beschrieb die Galaxie in seiner Veröffentlichung [2] folgenderma-

ßen: ,,Spheroidal galaxy with faint corona. Extended almost along Delta. In the red part the continuous spectrum is very strong, and in the blue it is strong and extends to the far ultraviolet. Judging

Neues aus der Fachgruppe Deep-Sky

Unmittelbar nördlich von Mrk 501 befinden sich einige anonyme Galaxien, von denen zumindest die hellste in größeren Teleskopen sichtbar sein sollte (Abb. 1).
Historisches Trotz ihrer relativ großen Helligkeit und der deutlich diffusen Erscheinung entging Mrk 501 den visuellen Beobachtern des 19ten Jahrhunderts und wurde wohl erst bei der Durchmusterung des POSS Anfang der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts entdeckt. So findet sich diese exotische Galaxie in den Katalogen von Vorontsov Veljaminov (MCG 7-35-2) und Fritz Zwicky (CGCG 255.7). Der armenische Astronom Benjamin E. Marka-

Kurz nach dem Erscheinen dieses Heftes wird unser alljährliches Deep-SkyTreffen stattfinden zu dem sich hoffentlich wieder viele Sternfreunde auf den Weg nach Bebra machen werden um vielleicht auch mal jene Sternfreunde persönlich kennen zu lernen, die sie hier aus dem Heft oder nur per Internet kennen. Der persönliche Austausch steht natürlich neben den Vorträgen ganz oben. Über das DST 2012 werden Sie sicher im übernächsten Heft lesen. In diesem Heft wollen wir unsere im letzten Heft neu vorgestellten Rubriken natürlich fortsetzen. Daniel Spitzer stellt im Durchblick NGC 4631 vor und unter ,,Kurz beobachtet" stellt uns Frank Leiter den Galaxienbogen bei NGC 2469 vor. Ein wie gewohnt sehr fundierter Artikel stammt von Klaus Wenzel, der sich Markarian 501 widmet. Ohne viel Text präsentiert sich unsere Zeichengalerie. Auf unserer Homepage www.fachgruppe-depsky.de bringen wir seit Heft 40 jeweils eine Vorschau auf den Inhalt des kommenden Heftes. Viel Spaß beim Lesen wünschen Daniel Spitzer und Jens Bohle!
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Deep-Sky

from the spectrum, it must have a starlike nucleus. Some indication of Seyfert characteristics".
Bereits frühzeitig zeigte sich auch die Identität dieser Galaxie mit einer starken Radioquelle (4C39.49 oder B2 1652+39) und es stellte sich auch bald die optische Veränderlichkeit der dominierenden Zentralregion heraus. So fanden zum Beispiel die italienischen Astronomen G. Barbieri und G. Romano vom Observatorium in Asiago 32 Platten im Zeitraum von 1967 - 1976 im Archiv ihrer Sternwarte, auf denen Mrk 501 abgebildet ist. Auf diesen Platten ist für diesen Zeitraum ein Lichtwechsel zwischen 13,6 und 14,5 mag klar dokumentiert [3]. Auch im Heidelberger Bruce Archiv [3] finden sich Aufnahmen von Mrk 501 für im Zeitraum von 1915 - 1961. Auch hier konnten die Heidelberger Astronomen I. Appenzeller, G. Klare sowie H. Zekl eindeutige Helligkeitsschwankungen von 13,6 bis 14,4 mag nachweisen [5]. Eine weitere bisher nicht beachtete historische Aufnahme von Mrk 501 befindet sich im ,,Waltz Archiv" der Heidelberger Sternwarte. Am 12. September 1912 belichtete Max Wolf die Region 40 Minuten (Platte D1023), um die unscheinbare Galaxie NGC 6257 mit dem 72-cm-WaltzReflektor aufzunehmen. Auf dieser Platte findet sich Mrk 501 als relativ helles (ca. 13 mag) stellares Objekt, das nicht von einem Stern zu unterscheiden ist, im Feld nordwestlich der schwachen elongierten NGC Galaxie (Abb. 2). Visuelle Amateurbeobachtungen Was ist nun für den visuell beobachtenden Amateur an dieser Galaxie interessant? Bereits im 8-Zöller ist Mrk 501 als sehr kleines kompaktes Objekt sichtbar. Bei größerer Öffnung sind deutlich die stellare Kernregion sowie der ovale diffuse Halo sichtbar. Besonders interessant ist, eben diese Kernregion visuell auf Helligkeitsveränderungen zu überwachen. So sind bereits innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes von einigen Wochen deutliche Helligkeitsschwankungen von etwa 1 Größenklasse zu beobachten (Abb. 4).
Bei guten Beobachtungsbedingungen ist im 406mm/1.829mm-Newton wenige Bogenminuten nördlich die oben erwähnte anonyme Galaxie als kleiner diffuser Lichtfleck erkennbar (Abb. 3).
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2 Ausschnitt aus der historischen Aufnahme von Max Wolf vom 12. Dezem-
ber 1912. Von Wolf wurde auf der Platte NGC 6257 korrekt markiert, obwohl er vermutlich Zweifel an der richtigen Identität hatte. Mrk 501 befindet sich als völlig stellares Objekt in der linken oberen Ecke der Aufnahme und wurde nachträglich mit zwei Balken markiert.
3
Zeichnung von Mrk 501 mit der anonymen Galaxie am 16-Zoll-Newton bei 487-facher Vergrößerung (14.06.2011)

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Literaturhinweise: [1] K. Wenzel, 2010: ,,Kosmischer
Leuchtturm im Großen Bären - die exotische Galaxie Mrk 421", Sterne und Weltraum 4/2010, 76 [2] B.E. Markarian, 1972: ,,Galaxies with an Ultraviolet Continuum V", Astrophysics 8, 89 [3] G. Barbieri, G. Romano, 1977: "The optical variability of the Galaxy

Markarian 501", Acta Astronomica 27, 195 [4] K. Wenzel, K. Birkle, 2010: ,,Astronomische Schätze heben", Sterne und Weltraum 2010, 68 [5] H. Zekl, G. Klare, I. Appenzeller, 1981: "Optical brightness variations of BL-Lac Objects", Astron. Astrophys. 103, 342

4 Lichtkurve von Mrk 501
nach visuellen Beobachtungen mit den beiden Newton-Teleskopen (317mm/1.500mm und 406mm/1.829mm) in meiner Dachsternwarte in Wenigumstadt. Die senkrechte Achse gibt die visuelle scheinbare Helligkeit an.

Zwei Ansichten des Eta Carinae Nebels NGC 3372

Die kyp-S ie r
DeeGale

von Michael Fritz

Die beiden Zeichnungen zeigen zwei Ansichten des Eta Carinae Nebels NGC 3372. Beide wurden auf der Farm Tivoli in Namibia an meinem 130-mm-Starfire-Refraktor (f/6) unter Benutzung eines UHC-Filters gezeichnet. Die erste Zeichnung (Abb. 1) zeigt den Nebel in seiner Gesamtheit, die zweite Zeichnung (Abb. 2) zeigt nur den hellen Zentralbereich.

1 Der Eta Carinae Nebel in seiner
Gesamtheit. Der Gesichtsfelddurchmesser beträgt 3 Grad , die verwendeten Vergrößerungen reichen von 20-fach bis 55-fach.

2 Der helle Zentralbereich des Eta Carinae Nebels, mit Eta Carinae
selbst sowie dem westlich davon gelegenen dunklen Schlüssellochnebel. Eta Carinae ist der hellste Stern auf der Zeichnung und ist ,,aufgebläht" dargestellt - hierbei handelt es sich um den Homunculus! Vergrößerungen = 89-fach, 150-fach und 255-fach; Gesichtsfelddurchmesser 15'.

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Deep-Sky

NGC 4631
von Daniel Spitzer
Für die zweite Ausgabe des Durchblicks stellen wir die Wal- oder Heringsgalaxie NGC 4631 vor. Die befindet sich an der südlichen Kante des Sternbildes Jagdhunde, nahe der Grenze zum Sternbild Haar der Berenike. Mit einer Helligkeit von 9,2 mag bei einer Flächenhelligkeit von 13,1 mag/arcsec2 ist sie schon für kleine Instrumente ein gefundenes Fressen. Hat man die Walgalaxie im Okular, wird die Namensgebung sofort klar. Man sieht auf die Kante einer Galaxie, welche viele helle Knoten zeigt - ihre Anzahl hängt von der Öffnung des verwendeten Teleskops ab. Sehen Sie auch die kleine Begleitgalaxie NGC 4627 unmittelbar nördlich?

Dur Der chbl ick
1 Aufsuchkarte für die Walgalaxie NGC 4631, erstellt mit Cartes du Ciel

Kurzchtet beoba

Ein Galaxienbogen mit NGC 2469 und Weiteren
von Frank Leiter

Einige Aprilabende in 2011 waren perfekt für visuelle Beobachtungen mit meinem 16-Zoll-Dobson geeignet. Dabei fand ich einen netten Galaxienbogen bestehend aus NGC 2472, 2469, 2463, 2462, 2458 und 2473. Dieser Bogen ist auf jeden Fall lohnend und dürfte für Teleskope ab 8 Zoll Öffnung einen schönen Anblick bieten. Dank der Ethosokulare waren immer mehrere der Galaxien im Blickfeld, wobei die Anordnung ein bisschen wie ein Flitzebogen aussieht.

Herausheben möchte ich die hellste der Galaxien: NGC 2469. Die Beschreibung des NGC-Objektes nach Guide 8.0 ist wenig ermutigend: ,,faint, very small in angular size, round, star 9 south following", also etwa ,,klein, rund und lichtschwach". Der mir sonst oft so hilfreiche MCG ist auch nicht viel besser und bietet nur eine 0,65' x 0,95' große äußere Zone an. Das wird der Galaxie aber nicht gerecht, sie hat mehr zu bieten. Der Positionswinkel der Elongation ist mit 160 Grad etwa auf Nord-Süd-Richtung angeben. Im 8er und 6er Okular stand denn auch zunächst dieser spindelförmige Teil der Galaxie im Vordergrund. Ich notierte mir eine Elongation von etwa 1:3 bei einer langen Achse von etwa 40''. Die Galaxie besitzt einen hellen flächigen Kern. Soweit noch stimmig mit den Katalogdaten. Allerdings zeigte sich nach einiger Inspektion, dass westlich des spindelförmigen Hauptkörpers noch eine diffuse Fläche schimmerte. Sehr lichtschwach und nur indirekt zu sehen, aber doch da. Zeitweise schien mir auch ein leichter ,,Haken" vom südlichen Ende in Richtung Osten aufzu-

1 NGC 2469 im 16-Zoll-Teleskop. Norden ist links,
Westen ist oben.
tauchen, doch der ist nur unsicher. Der Anblick ist also etwa so wie in der Abbildung 1 dargestellt.
Die Galaxie ist in den Werken ,,Night Sky Observers Guide" und ,,Observing Handbook" von Skiff/Lugginbuhl leider nicht verzeichnet. Meine Empfehlung: mit 16 Zoll Öffnung oder mehr draufhalten. Über Leserzuschriften zu dem Objekt würde ich mich freuen.

Geschichte

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Neues aus der Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie"
von Wolfgang Steinicke

Vom 28. bis 30. Oktober 2011 fand die 8. Fachtagung ,,Geschichte der Astronomie" in Nürnberg statt, die nach Meinung der 40 Teilnehmer wieder ein großer Erfolg war. Lesen Sie dazu meinen Tagungsbericht in diesem Heft. Weiterhin finden Sie hier Hilmar Duerbecks Artikel über die ,,Entdecker des expandieren Universums", in dem die Rolle des Astronomen Hubble kritisch beleuchtet wird (siehe auch die Beiträge in den Heften 24 und 40). Der Beitrag ist ein Abdruck seines Vortrags auf der Nürnberger Tagung und dürfte einer der letzten sein, die von ihm erscheinen. Leider verstarb Prof. Duerbeck unerwartet am 5. Januar dieses Jahres. Die Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie" verdankt im viel. Er war immer wieder Gast bzw. Referent auf unseren Tagungen. Seine Hilfe, Anregungen und die vielen Gespräche über astronomische Themen werden uns fehlen. Lesen Sie dazu den Nachruf von Wolfgang Dick.

Bitte versorgen Sie mich auch weiterhin mit interessanten Artikeln! Informationen zur Fachgruppe finden Sie wie gewohnt auf unserer Webseite: http://geschichte.fg-vds.de.

1 Der Tagungsort: die Nürnberger Regiomontanus-Sternwarte

Entdecker des expandierenden Universums
von Hilmar W. Duerbeck

Da kürzlich in der History of Astronomy Discussion Group einige Neuigkeiten zu diesem Thema auftauchten (,,HubbleVerfinsterung - Lemaître wurde zensiert"), möchte ich an dieser Stelle kurz die veröffentlichten Fakten zusammenstellen und auch aus einigen bislang vernachlässigten Quellen schöpfen, die Situationen und Meinungen zu diesem Thema in den entscheidenden Jahren des 20. Jahrhunderts einfangen.

1917 veröffentlicht Albert Einstein seine ,,Kosmologischen Betrachtungen zur allgemeinen Relativitätstheorie", in denen er einen räumlich in sich gekrümmten, statischen Kosmos beschreibt, der deshalb nicht unter seiner Massenanziehung kollabiert, weil eine abstoßende Kraft, mit Lambda bezeichnet, ihn im Gleichgewicht hält. Dies ist das ,,Einsteinsche Zylinderuniversum", in dem die Zeit senkrecht auf einem gekrümmten Raum (den man sich als Kreis vorstellen kann) zu

denken ist: Die ,,Raumzeit" hat die Form eines Zylinders.
Kurze Zeit später konstruiert Einsteins Briefpartner Willem de Sitter in der Arbeit ,,On Einstein`s Theory of Gravitation. Third Paper" ein räumlich leeres Universum, in dem nur Lambda vorherrscht. Es ist ein Universum, in dem die Zeit an verschiedenen Orten unterschiedlich schnell vergeht und im Raum verteilte Probeteilchen sich zerstreuen. Dieses
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Geschichte

1 Die Geschwindigkeits-Entfernungs-Beziehung der Galaxien,
rekonstruiert nach den Daten von Georges Lemaitre (1927). Die Gerade liefert eine Hubble-Konstante von 625 km/s/Mpc.

2 Die Geschwindigkeits-Entfernungs-Beziehung der
Galaxien gemäß Edwin Hubble (1929). Die Gerade liefert eine Hubble-Konstante von 500 km/s/Mpc.

,,de Sittersche Kugeluniversum" zeigt für Objekte in immer größeren Entfernungen vom Beobachter immer stärkere Rotverschiebungen. Trotzdem postuliert de Sitter eine Grenze des Universums, wo die Zeit praktisch stillzustehen scheint.
In den folgenden Jahren erkennt man, dass de Sitters Modell eines ,,stationären" Universums nur eine Folge seiner ungeschickten Koordinatenwahl ist, die in der allgemeinen Relativitätstheorie zu Problemen führen kann. In den Jahren 1922 bis 1928 finden Kornel Lanczos, Hermann Weyl, Georges Lemaître und Howard P. Robinson, dass das de Sitter-Universum als ein exponentiell expandierendes Universum mit überall konstant fließender Zeit angesehen werden kann.
Von der Beobachtungsseite her versuchen im Jahr 1924 Carl Wirtz und Knut Lundmark, und schließlich auch Edwin Hubble (1929), durch Beobachtungen den im de Sitter-Universum theoretisch nicht leicht abzuleitenden Zusammenhang zwischen Entfernung und Rotverschiebung zu ermitteln: Hubble findet, dass in erster Näherung der de Sitter-Effekt einen linearen Zusammenhang liefert, und sich daraus ein Anwachsen der Rotverschiebung (als Dopplereffekt interpretiert) von etwa 500 km/s/Mpc ergibt.
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In der Zwischenzeit war es erst Alexander Friedmann (1922) und dann Georges Lemaître (1927) gelungen, kosmologische Modelle zu entwickeln, die den ,,Kreis-" bzw. ,,Kugelradius" in den theoretischen Modellen von Einstein und de Sitter nicht mehr als konstant, sondern als zeitlich veränderlich annahmen. Während Friedmann sich damit zufrieden gibt, verschiedene mögliche kosmologische Modelle - expandierend, kontrahierend, oszillierend - zu beschreiben, überprüft Lemaître seine Theorie eines expandierenden Universums anhand der damals vorliegenden Beobachtungen. In der Tat findet er in den Daten eine mit der Entfernung zunehmende Rotverschiebung. Obwohl die Messwerte stark streuen, kann er den Gang der Geschwindigkeit mit der Entfernung und damit die Expansionsrate des Kosmos ermitteln: sie beträgt 625 km/s/Mpc (Abb. 1). Man beachte: Lemaitre findet zwei Jahre vor Hubble einen ähnlichen Wert für die Expansionsrate des Universums - und entwickelt noch dazu die gültige Theorie!
Nun hatte Einstein schon versucht, in Friedmanns Rechnungen einen Fehler nachzuweisen, was aber nicht gelang: Er musste einen eigenen Fehler eingestehen. Bei einem persönlichen Treffen mit Lemaître Ende 1927 bemerkt er diesem

gegenüber, dass er ein kosmologisches Modell mit zeitlich veränderlichem Weltradius als ,,abscheulich" empfände. Da Lemaître (1927) sein Modell in den wenig gelesenen ,,Annales de la Societe Scientifique de Bruxelles" veröffentlicht hatte, bleibt es einige Zeit unbeachtet. Erst als er es seinem ehemaligen Lehrer Arthur S. Eddington vorlegt, ist dieser begeistert und befürwortet eine englische Übersetzung, die 1931 in den ,,Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" erschien. Vergleicht man die Originalfassung mit der Übersetzung, findet man, dass ein Abschnitt gestrichen ist, interessanterweise derjenige, der die Bestimmung der Expansionsrate enthält. Dieses Faktum ist schon länger bekannt - es findet sich z. B. bei Peebles (1984) und Seitter et al. (1994) -, wurde aber kürzlich von D. Block zum Skandal aufgebauscht, weil er implizierte, dass Hubble (oder zumindest der Redakteur der Monthly Notices) Lemaîtres Entdeckung auf diese Weise habe unterdrücken wollen.
Was sind die Fakten? Unzweifelhaft sind Hubbles Daten von 1929, die die lineare Beziehung zeigen, besser als diejenigen von Lemaître, die dieser zwei Jahre zuvor der Literatur entnommen hatte, und es gab Anfang 1931 gute Gründe, diesen Teil von Lemaîtres Vergleich seiner Theo-

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rie mit Beobachtungen wegzulassen. Und tatsächlich konnte Mario Livio kürzlich nachweisen, dass es Lemaître selbst war, der diese auf älteren Beobachtungen beruhende Abschnitte seines Texts selbst gestrichen hat. Seine immer noch aktuelle Theorie wurde natürlich unverändert abgedruckt. Das einzige Manko besteht darin, dass in der englischen Version der Wert der ,,Hubble-Konstanten" fehlt. Allerdings muss ich mich korrigieren: Das, was wir heute als ,,Hubblesches Gesetz" und ,,Hubble-Konstante" bezeichnen, gab es 1931 unter diesem Namen noch gar nicht. Erst im Laufe der dreißiger Jahre entwickelt sich in England, dann auch in Deutschland, eine ,,kinematische Kosmologie" gemäß Newtonschen Prinzipien, die die allgemeine Relativitätstheorie als Ingredienz für kosmologische Fragestellungen als (großenteils) überflüssig erachtet und das Primat in den Beobachtungen sieht. Hier war also nicht der relativistisch abgeleitete Lemaîtresche Zusammenhang zwischen Entfernung und Rotverschiebung gefragt, sondern die von Hubble und seinem Mitarbeiter Milton S. Humason beobachtete Beziehung. So schreibt Edward Milne 1933 in seinem Artikel ,,World-Structure and the Expansion of the Universe" in der ,,Zeitschrift für Astrophysik": ,,... 1929 verkündete Hubble das Gesetz, dass die mittlere Fluchtgeschwindigkeit bei einer gegebenen Entfernung proportional der Entfernung ist", und in einem weiteren, ebenfalls 1933 in den Monthly Notices erschienenen Artikel verwendet er die Bezeichnung ,,Hubble`s law" - unseres Wissens das erste Auftauchen dieser Bezeichnung.
Milnes Schüler Arthur Geoffrey Walker verwendet 1940, wieder in den Monthly Notices, zum ersten Mal den Begriff Hubble-Konstante. 1949 bezeichnet Lemaître selbst dieses Verhältnis als ,,Hubble`s ratio". Als in England Ende der vierziger Jahre ein neues kosmologisches Modell, das von Thomas Gold, Herman Bondi und Fred Hoyle entwickelte ,,Steady-State-Universum" in Mode kommt, gerät Lemaître mit seiner Kosmologie und dem daraus abgeleiteten ,,Urknall" vollends ins Hintertreffen, zumal das aus dem Wert der Hubble-Konstante ermittelte Alter des Universums kleiner ist als das durch radioaktive Messverfahren abgeschätzte Alter der Erde.

3 Albert Einstein, Edwin Hubble und Walter S. Adams (Observatoriumsdirektor)
am 100-Zoll-Teleskop des Mount-Wilson-Observatoriums 1931 (The Huntington Library)

4 Robert A. Millikan (Direktor des Physiklaboratoriums, Caltech), Georges
Lemaître und Albert Einstein bei einer Veranstaltung im Caltech, Pasadena, 1933 (Corbis Images)

Hubble wäre es nie eingefallen, sich in die Arbeiten von Lemaître einzumischen, vor allem auch deshalb nicht, weil er Zeit seines Lebens das Entwickeln von Theorien den Theoretikern überließ. Anders war es bei der Galaxienklassifikation und dem eigenen RotverschiebungsEntfernungsdiagramm: Da war er allzu gern bereit, seinen Kollegen Lundmark und de Sitter ohne guten Grund Plagiarismus vorzuwerfen. Doch was die Interpretation der Rotverschiebungen der Galaxien anging, war er vorsichtig: Sein Standardausdruck blieb bis ans Ende seines Lebens, dass es sich um ,,scheinbare Geschwindigkeiten" handele, und ein endgültiger Beweis, dass es sich wirklich um Geschwindigkeiten und nicht irgendeinen noch unbekannten physikalischen

Effekt handelt, sei, so meinte er, erst in Zukunft möglich. In der Tat zeigen seine in den dreißiger Jahren unternommenen statistischen Untersuchungen der Galaxienverteilung im Universum in Kombination mit theoretischen Erwägungen seines Kollegen Richard C. Tolman, dass die gefundene Verteilung eher gegen eine Interpretation der Rotverschiebungen als Geschwindigkeiten sprechen, und mehr auf ein stationäres Universum hindeutete, wobei die Rotverschiebungen durch einen, mit der Entfernung stärker werdenden unbekannten Effekt hervorgerufen werden.
Wie wenig interessiert Hubble an der Vorstellung eines expandierenden Universums gelegen war, zeigt ein Bericht
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Geschichte

des TIME Magazine vom 16. Februar 1931 anlässlich eines Besuchs von Einstein am California Institute of Technology, als Lemaîtres Arbeit von 1931 gerade in Druck war: ,,Letzten Monat erzählte Dr. [...] Hubble [...] Dr. Einstein, was er durch sein großes Teleskop gesehen hat (Abb. 3). Er beschrieb sorgfältig die Rotverschiebung des Sternlichts [...]. Zur gleichen Zeit erklärte Dr. Tolman, ein Physiker des Caltech, Einstein seine Deutung von Dr. Hubbles SternenlichtNeuigkeiten: Seiner Meinung ist das Universum nicht statisch, wie Einstein angenommen hatte, sondern wird immer größer. Die Nebel fliegen voneinander weg wie Teile einer explodierenden Granate." Einstein, Lemaître und Hubble trafen sich im Januar 1933 im Caltech (Abb. 4) und in der Bibliothek des Mt. Wilson: TIME Magazine berichtet von Lemaîtres Vortrag über seine Theorie eines explodierenden Uratoms, während Hubble nur mit einer Bemerkung über die Materiedichte im Raum zitiert wird (Artikel vom 23.1.1933).
Die Entdeckung der Expansion des Universums hat also viele Väter; doch der erste, der wirklich Theorie und Beobachtung miteinander in Bezug setzte, war zweifellos Lemaître, der den Titel ,,Vater des Urknalls" wohl verdient (Unter dem Titel ,,Von der klassischen Kosmologie zum Quantenkosmos" erscheint in der

Reihe ,,Ostwalds Klassiker der exakten Naturwissenschaften" 2012 eine Ausgabe ausgewählter Arbeiten von G. Lemaître, herausgegeben von H.J. Blome und H.W. Duerbeck). Dass nicht nur in populären Aufsätzen und Büchern, sondern auch in historischen Einleitungen moderner Forschungsarbeiten das expandierende Universum allein mit dem Namen Hubble verknüpft wird, ist nur auf Unkenntnis der Autoren zurückzuführen, nicht aber auf irgendwelche Machenschaften von Hubble. Er hätte sich ganz bestimmt gewundert, in seinem Nachruf im TIME Magazine vom 12. Oktober 1953 über sich zu lesen: ,,er entwickelte als erster 1930 die Theorie eines expandierenden Universums".
Literaturhinweise: [1] D. Block, 2011: "A Hubble eclipse:
Lemaitre and censorship", arXiv:1106.3928 (Version 2 vom 8. Juli 2011) [2] A. Friedmann, 1922: ,,Über die Krümmung des Raumes", Zeitschrift für Physik 10, Heft 1, 377 [3] E. Hubble, 1929: "A relation between distance and radial velocity among extra-galactic nebulae", Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 15, Heft 3, 168

[4] G. Lemaître, 1927, 1931: "Un univers homogène de masse constante et de rayon croissant rendant compte de la vitesse radiale des nebuleuses extra-galactiques", Annales de la Societe Scientifique de Bruxelles, A47, 49; "A homogeneous universe of constant mass and increasing radius accounting for the radial velocity of extra-galactic nebulae", Monthly Notices Roy. Astron. Soc. 91, 483
[5] G. Lemaître, 1949: "The cosmological constant". In: Albert Einstein: Philosopher-Scientist (Hrsg. P.A. Schilpp), Evanston, Ill.: The Library of Living Philosophers, S. 439-456, hier S.446
[6] M. Livio, 2011: "Mystery of the missing text selved", Nature 479, 171
[7] J. Peebles, 1984: "Impact of Lemaître`s ideas on modern cosmology". In: The big bang and Georges Lemaître (Hrsg. A. Berger). Dordrecht: D. Reidel, S. 23-30, hier S. 25
[8] W.C. Seitter et al., 1994: "The Muenster Redshift Project". In: NATO Advanced Study Institute on Cosmological Aspects of X-Ray Clusters of Galaxies, (Hrsg. W.C. Seitter), Dordrecht: Kluwer, S. 411-438, hier S. 429

NACHRUF
Hilmar W. Duerbeck (1948 - 2012)
von Wolfgang R. Dick
Am 5. Januar 2012 verstarb in seinem Haus in Schalkenmehren in der Eifel der Astronom und Astronomiehistoriker Prof. Dr. Hilmar Willi Duerbeck ganz plötzlich, ohne vorherige Krankheit, im 64. Lebensjahr. Sein Tod war ein Schock für seine Lebensgefährtin, seine Freunde und Kollegen, und hinterlässt weltweit eine tiefe Lücke für die astronomiehistorische Forschung. Hilmar Duerbeck war nicht nur ein produktiver und kundiger Autor und Vortragender, u.a. bei der VdS-Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie", sondern auch Mitherausgeber bzw. Redakteur des ,,Journal of Astronomical Data", der Buchreihe ,,Acta Historica Astronomiae", des ,,Journal of Astronomical History of Heritage" und der ,,Mitteilungen zur Astronomiegeschichte". Außerdem wirkte er als Sekretär I des Arbeitskreises Astronomiegeschichte in der Astronomischen Gesellschaft und Chair der ,,Transits of Venus Working Group" der IAU-Kommission für Astronomiegeschichte. Sein Wissen und seine Hilfsbereitschaft haben Kollegen in aller Welt sehr geschätzt. Ein ausführlicher Nachruf wird u.a. in der Reihe ,,Acta Historica Astronomiae" erscheinen.

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8. Tagung der Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie" in Nürnberg
von Wolfgang Steinicke

Vom 28. bis 30. November 2011 fand die 8. Tagung der VdS-Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie" statt. Nürnberg empfing die insgesamt 40 Teilnehmer mit warmem, sonnigem Herbstwetter. Die bunten Farben der Bäume, der blaue Himmel und die malerischen historischen Gebäude und Gassen boten einen wundervollen Kontrast. Bei Vielen hat die Veranstaltung mittlerweile einen festen Platz im Terminkalender und garantiert ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Aber auch neue Teilnehmer finden immer wieder den Weg zu uns - und sind begeistert von der angenehmen Atmosphäre sowie dem Niveau der Tagung.
Freitag: Nürnberger Astronomieweg Nürnberg ist eine historisch bedeutende Stadt. Hier tagten Kaiser und Könige, und auch das ,,Tausendjährige Reich" hat deutliche Spuren hinterlassen. Was die Astronomiegeschichte angeht, so wurde ihre Bedeutung bereits am ersten Tag sichtbar: Hans Gaab stellte den bereits angereisten Teilnehmern den Nürnberger Astronomieweg vor. Der etwa zweistündige Rundgang startete am Albrecht Dürer-Haus, von dem der Meister Sternbeobachtungen durchgeführt hat, über die Burg mit dem Standort der Eimmartsternwarte von 1678 (Abb. 1) bis hin zum Weißen Turm, wo einer von 4 Türmern früher die Zeit anschlug. Das Auf und Ab über Kopfsteinpflaster endete pünktlich zum Abendessen am Traditionsrestaurant Steichele, wo man in geselliger Runde die fränkische Küche genießen konnte.
Samstag: Vortragsprogramm Ab 9:00 Uhr war das Tagungsbüro geöffnet und schon bald füllte sich die Regiomontanus-Sternwarte, etwa 3 km vom Zentrum in einem Wohngebiet gelegen. Nach einführenden Worten von Wolfgang Steinicke, Matthias Gräter und Hans Gaab, letztere von der Nürnberger

1 Ein Höhepunkt der astronomiehistorischen Stadtführung durch Hans Gaab
(in der Mitte der Gruppe): die Gedenksäule am Ort der ehemaligen Sternwarte von Georg Christoph Eimmart auf der Vestnertorbastei der Nürnberger Burg (Foto: W. Steinicke)

Astronomischen Arbeitsgemeinschaft bzw. Nürnberger Astronomischen Gesellschaft, startete das Vortragsprogramm pünktlich um 10:00 Uhr. Im eng bestuhlten Vortragssaal waren fast alle Plätze besetzt (Abb. 2).
Die ersten beiden Beiträge widmeten sich der lokalen Astronomiegeschichte. Den Anfang machte Hans Gaab mit dem Thema ,,Die Eimmartsternwarte in Nürnberg". Im Herbst 1678 auf Privatinitiative des Kupferstechers Georg Christoph Eimmart (1638-1705) gegründet, war sie nach dessen Tod bis 1751 als städtische Sternwarte in Betrieb. Ihre Bedeutung beruht weniger auf der geleisteten wissenschaftlichen Arbeit. Eimmart öffnete sie vielmehr für die Nürnberger Bevölkerung, so dass von der ersten Volkssternwarte der Neuzeit gesprochen werden kann. Als nächstes berichtete Thony Christie über ,,Die Astrolabien von Georg Hartmann". Hartmann (1489-1564) wirkte hauptsächlich in Nürnberg und war einer der bedeutendsten Hersteller astronomischer Geräte im Europa des 16. Jahrhunderts.

Anschließend ging es im Vortrag von Pierre Leich um ,,Die Haltung von Simon Marius zur Copernicanischen Wende bei Galilei und Kepler". Der Gunzenhausener Astronom Marius (1573-1624) entdeckte nahezu zeitgleich mit Galilei im Januar 1610 die vier großen Jupitermonde. Ein Jahr zuvor hatte Kepler begonnen, seine Gesetze der Planetenbewegung zu veröffentlichen. Der Referent zeigte, wie sich Marius zwischen Galilei und Kepler positioniert hat. Arndt Latusseck beschloss das Vormittagsprogramm mit ,,Milchstraßendarstellungen vom Almagest bis zur Uranometria". Es geht um wichtige Fragen: Wie entwickelte sich die Darstellungsweise seit Ptolemäus? Wer setzte Standards? Welche Quelle nutzte Johann Bayer (1572-1625) für seine Darstellung des Milchstraßenverlaufs in der Uranometria von 1603? Die präsentierten Antworten sind das Ergebnis einer fast kriminalistischen Analyse.
Nach einem entspannenden Fußweg von 15 Minuten wurde im Restaurant Quattro Stagioni das Mittagessen eingenommen.
VdS-Journal Nr. 41

98

Geschichte

2 Der prall gefüllte Hörsaal der Regiomantanus-Sternwarte
(Foto: W. Steinicke)
3 rechts: Das Hauptinstrument der Sternwarte: ein 60-cm-Cassegrain
mit 17,5-cm-Refraktor als Leitrohr (Foto: W. Steinicke)

Leider dauerte die Verköstigung der großen Gruppe länger als erwartet und so war der Rückweg weniger entspannend. Die auf der Sternwarte Verbliebenen konnten derweil die Sonne beobachten und das große Spiegelteleskop bewundern (Abb. 3). Mit etwa halbstündiger Verspätung startete schließlich das Nachmittagsprogramm. Hilmar Duerbeck referierte über die ,,Entdecker des expandierenden Universums" (siehe auch seinen Beitrag in dieser Rubrik). Es ging um die Rolle von Hubble, Lemaître, Einstein und anderen in einem vermeintlichen Prioritätenstreit, der momentan viel Wirbel macht. Prof. Duerbeck gab interessante Einblicke in Originalpublikationen und Briefe und bewertete auch die Rolle der Zeitungen. Ihm folgte Lutz Clausnitzer, Gymnasiallehrer im sächsischen Obercunnersdorf, mit dem Thema ,,Astronomiegeschichte und die Geschichte des Astronomieunterrichts". Es ging um die Frage, welche astronomischen Inhalte in allgemein bildenden Schulen zu vermitteln seien. Die Meinungen darüber haben sich in den letzten Jahrhunderten stark verändert und beeinflussten die Organisationsformen des Astronomieunterrichts. Entsprechend lebhaft wurde der Vortrag diskutiert.
Um den Zeitplan wieder ins Lot zu bringen, wurde die Nachmittagspause vorgezogen. Doch bevor es wie gewohnt Kaffee und Kuchen gab - bestens vorbereitet von Gisela Steinicke und Andreas Sperber - ging es vor die Tür zum
VdS-Journal Nr. 41

Gruppenfoto (Abb. 5). Nach ordentlicher Stärkung, viel frischer Luft und lockeren Gesprächen folgten die letzten drei Vorträge. Den Anfang machte Winfried Berberich mit ,,Die Uranometria 1603, der erste reale Himmelsatlas". Aus berufenem Mund, Berberich ist Herausgeber des 2010 erschienenen Nachdrucks dieses bedeutenden Werks (siehe meine Rezension in Heft 38), wurde ein Bogen von der Antike über das Mittelalter bis hin zu Johann Bayer gespannt. Noch weiter zurück reicht die ,,Mathematik und Astronomie der Mandäer", eine ursprünglich im Irak und Iran beheimatete Religionsgruppe mit heute ca. 70.000 Mitgliedern. Über dieses nicht alltägliche Thema referierte Harald Gropp, dessen Lehrer Prof. Sahib Al sohairy, ein in Nürnberg lebender Mandäer, als Zuhörer anwesend war. Die originellen Vorstellungen dieses alten Volkes über Planeten, Tierkreis und Kalender finden sich im heiligen Buch Ginza. Den letzten Vortrag hielt Walter Oberschelp - bestens bekannt durch seine Cassini-Aufführung auf der Bonner Tagung (siehe meinen Bericht in Heft 33). Sein Thema lautete ,,Keplers Traum neu gelesen" (Abb. 4). In dieser, als ,,Somnium" bekannten Schrift entwickelt Johannes Kepler (1571-1630) erstaunliche Vorstellungen über den Mond und dessen hypothetische Bewohner. Prof. Oberschelp machte deutlich, dass dieses Werk keineswegs als ,,Science Fiction" zu verstehen ist, enthält es doch einen großen Anteil harter wissenschaftlicher Fakten (insbesondere in den vielen Fußnoten).

Trotz der späten Stunde entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Die traditionelle Abschlussbesprechung wurde verkürzt, so dass die Veranstaltung - trotz der genannten Verzögerung - nahezu pünktlich endete. Ein großer Dank gilt den Referenten, die ihre Zeitvorgaben optimal eingehalten haben, wodurch auch ausreichend Raum für Diskussionen blieb (stets ein wichtiges Element unserer Tagungen). Natürlich wurde den lokalen Organisatoren - allen voran Hans Gaab - für ihre Unterstützung gedankt. Beifall erhielt auch Gi-
4 Prof. Walter Oberschelp bei sei-
nem Vortrag über Keplers ,,Somnium" (Foto: W. Steinicke)

Geschichte

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sela Steinicke für die gewohnt perfekte Betreuung der Tagungsteilnehmer. Der intensiv genutzte Tag wurde mit einem gemeinsamen Abendessen im Restaurant Petzengarten abgeschlossen, zu dem fast alle Teilnehmer gekommen waren. Sie genossen das gemütliche Beisammensein bei fränkischer Küche und fränkischem Bier.
Sonntag: Germanisches Nationalmuseum Trotz Zeitumstellung trafen sich etwa 30 Teilnehmer pünktlich um 10:00 Uhr in der großen Eingangshalle des Museums. Thony Christie übernahm die Regie und führte die Gruppe durch die kleine aber feine astronomische Ausstellung. Den Anfang machte das Prunkstück: der Weltglobus des Nürnberger Kaufmanns Martin Behaim (1459-1507). Entstanden 1492 - also parallel zur Entdeckung Amerikas - ist der 63 cm große ,,Erdapfel" aus Leder und Pappe das älteste erhaltene Exemplar (Abb. 6). Er basiert auf antiken Quellen, Behaims Reisen sowie den Entdeckungen der portugiesischen Seefahrer. Größer und in deutlich besserem Zustand ist ein Manuskriptglobus des Nürnberger Mathematikers Johannes Schöner (1476-1546). Er ist aus dem Jahr 1520 und zeigt Amerika. Weiter ging es durch die beachtliche Sammlung von Astrolabien (darunter viele von Hartmann), Sonnenuhren, kleineren Teleskopen und diversen astronomischen Messinstrumenten. Gegen 12 Uhr endete der offizielle Teil des Tagungsprogramms. Einige Teilnehmer nutzten anschließend die Gelegenheit zu einem Besuch der kleinen astronomischen Ausstellung auf der Nürnberger Burg. In dieser Außenstelle des Nationalmuseums ist z. B. der große Quadrant von Johann Philipp von Wurzelbau (1651-1725) zu sehen.
Es bleibt der Ausblick auf die 9. Tagung im Jahr 2012. Als Termin ist der 2. bis 4. November vorgesehen. Heißester Favorit für den Tagungsort ist derzeit Jena, wo viele astronomische Instrumente (z. B. von Zeiss und Abbe) zu bewundern sind. Die Sache steht und fällt natürlich mit der lokalen Organisation. Vielleicht finden sich demnächst geeignete Ansprechpartner.

5 Das obligatorische Gruppenbild (Foto: V. Witt)

6 Ein Schatz des Germanischen Nationalmuseums: der älteste erhaltene
Globus, hergestellt 1492 von Martin Behaim (Foto: J. Reichert)
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Jugendarbeit

Hallo von der VEGA
von Tobias Opialla

Wie immer ist im Moment viel los in der VEGA und es gibt eine Menge Ideen für die nächste Zeit. Aber wie es so oft mit neuen Ideen und Plänen der Fall ist, liegen sie in der Zukunft und sind im Moment eher vage Vorstellungen, die es noch konkret umzusetzen gilt.
Aber eins ist sicher: die Institution ,,Astronomisches Sommerlager" (ASL). Wir werden immer schneller, die Flyer für das ASL 2012 sind noch nicht gedruckt, da werden schon die Termine für 2013 besprochen. Jedenfalls wird das ASL 2012 vom 28. Juli bis 11. August erneut in St. Andreasberg im Harz stattfinden. Nach dem ja leider allgemein verregneten/vernebelten Sommer 2011 kann das Wetter kann ja eigentlich nur besser werden!

Was ist sonst noch geplant? Da wir es schade finden, wenn wir uns nur einmal im Jahr sehen, haben wir uns überlegt, Wochenend-Exkursionen anzubieten, in denen wir z. B. verschiedene astronomische Orte besichtigen. Wenn Du eine Einrichtung kennst, die Du schon immer mal von innen sehen oder anderen zeigen wolltest, melde Dich bei uns, vielleicht können wir da ja was auf die Beine stellen. Außerdem beabsichtigen wir, die Kontakte zu den Referenten aus dem ASL auszunutzen, sprich: ,,ASL comes to you!"
Nachdem das in den letzten Jahren etwas eingeschlafen war, werden wir auch auf dem ITV (16. bis 20. Mai 2012) wieder vertreten sein. Dort werden wir zwar kein eigenes Programm, aber Unterstützung

bei Anreise, ,,Zeltsharing" und Verköstigung anbieten.
Schon länger gibt es in der VEGA außerdem die Idee eines Raketenbaucamps. Dort soll es endlich mal viel Zeit geben, neue Raketenkonstruktionen auszuprobieren oder auch das Bergungssystem für Wasserdruckluftraketen zu perfektionieren. Wie wir das terminlich konkret gestalten, ist noch eher unklar, aber vermutlich findet es im Herbst statt.
In nächster Zeit wird hoffentlich auch der Umzug unserer Homepage abgeschlossen sein, und diese in neuem Glanz erstrahlen. Auch dort finden sich regelmäßig Neuigkeiten und Termine für Veranstaltungen.

Das ASL 2011. Unendliche Weiten.
von Olga Matsarskaia

Ich rannte. Mein ICE war in Frankfurt mit einer Verspätung von zehn Minuten losgefahren, aber meine Umstiegszeit in Göttingen betrug nur vier Minuten. Die Gleichung war nicht schwer zu lösen - ich würde den Anschlusszug nicht mehr bekommen, es sei denn (a) die Geschwindigkeit des ICEs hätte kurzfristig 867 km/h überstiegen oder (b) der Anschlusszug wurde von Illuminaten aufgehalten. Ich fand beide Lösungen wenig plausibel, hörte daher auf zu rechnen und rannte
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weiter. Der Göttinger Bahnhof ist mir somit nur als Ansammlung verschwommener, rasch an mir vorüber ziehender bunter Punkte in Erinnerung geblieben.
Nachdem ich völlig verschwitzt am Ziel - also am anderen Bahnsteig - angekommen war, stellte sich heraus, dass der Zug nach Herzberg im Harz noch nicht einmal dachte, loszufahren. Nun gut - besser so, als andersherum.

1 Das ,,schwebende Jugendlager"
2011
So erwischte ich auch in Herzberg den Bus nach St. Andreasberg. Als ich dort in der Jugendherberge ankam, wirkte alles trügerisch still - alle Teilnehmer waren noch in ihren AGs. Da ich selbst leider nur in der zweiten Woche dabei sein konnte, saß ich als Einzige noch nicht in meinem AG-Raum. Ich bezog also zunächst in aller Ruhe mein Zimmer.

Jugendarbeit

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Als ich jedoch Stimmen hörte, war es mit meiner Ruhe vorbei, denn ich freute mich wahnsinnig, viele Menschen zu begrüßen, die ich seit drei Erdenjahren, aber seit gefühlten drei Lichtjahren, nicht mehr gesehen hatte.
In der zweiten Woche war der typische ASL-Rhythmus bereits in vollem Gange: Beim Frühstück traf man so gut wie niemanden mehr, da die meisten um etwa sechs Uhr morgens schlafen gingen und dies dann auch bis Mittag taten. Vormittags wurden Workshops wie z. B. Raketenbau, Programmieren oder auch Kampfsport angeboten; nach dem Mittagessen, wenn dann auch die letzten erwacht waren, ging es weiter mit den Arbeitsgruppen, in denen wahlweise die Tiefen des Kosmos, die möglichen Formen außerirdischen Lebens, sowie die Allgemeine Relativitätstheorie unter die Lupe genommen wurden. Auf die letztgenannte AG bestand ein dermaßen hoher Ansturm, dass - ausnahmsweise - gnadenlos gesiebt und ausgewählt werden musste.
Wessen Vorkenntnisse wirklich für die gehobene Thematik ausreichten, durfte teilnehmen, denn die Mathematik, so munkelte man, sei hier nicht zu unterschätzen. Je mehr Mathe, desto mehr Begeisterte, Wissensdurstige, die voller Elan dabei sein wollen - das wirkt ein bisschen paradox, ist aber sehr typisch für das ASL. Am späten Nachmittag gab es Mathe-I- und II-Seminare und am Abend schließlich diverse Vorträge von Teilnehmern und externen Referenten. Zum ersten Mal fand ein Vortrag sogar auf Englisch statt, was aber aufgrund der verständlichen Vortragsweise nicht zum Problem wurde, sondern extrem interessant war.
Das NAP - nichtastronomische Programm - umfasste ebenfalls diverse spannende Aktivitäten. An einem Abend haben wir uns trotz Eiseskälte, die uns übrigens fast die ganze zweite Woche hinweg das Leben schwer gemacht hat, Ultimate Frisbee gespielt. Der Autorin des Berichts ist es leider nicht möglich, die Regeln des Spiels wiederzugeben, weil sie nach der ersten Spielhälfte nach Austausch mit ihren Teamkollegen feststellen musste, dass diese niemand wirklich kannte. Es ist nicht auszuschließen,

2 Bei der Sonnenbeobachtung 3 Das Thema: Astrobiologie! 4 Gleich geht's zum Start ...

dass diese Tatsache mit der Ziellosigkeit der Frisbeescheibe korrelieren könnte. Aber Spaß gemacht hat's trotzdem. An einem anderen Abend wurde uns die Aufgabe gestellt, gruppenweise ein schwimmendes Vehikel zu bauen, das eine Fracht - hier eine Tüte Gummibären - ohne nennenswerte Frachtverluste auf einem Bach transportieren sollte. Es wurde geklebt, geschraubt und geschnitzt und nach dem Abendessen durften die Boote zeigen, was sie so draufhatten. Und das war eine Menge! Schließlich gab es keinen eindeutigen Sieger, weil alle Gruppen gleich gut waren und alle bekamen die Tüte Gummibärchen als Hauptpreis. Nicht zu vergessen ist natürlich auch das gemeinsame Musizieren, ob im Chor oder im ASL-Orchester. Jeden Abend wurde
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102

Jugendarbeit

fleißig geprobt, bis die eingeübten Songs und Musikstücke dann am bunten Abend vorgestellt werden konnten. Hier war für jeden etwas dabei - von Gospel bis hin zu älteren Kult-Klassikern wie ,,Sound of Silence". Eine ganz besondere Überraschung hatten sich für den letzten Abend einige Teilnehmerinnen ausgedacht: Um Mitternacht wurden wir alle mit leckeren, bunten, selbstgebackenen Muffins und liebevoll angefertigten Snacks überrascht.

... und viel zu schnell war das ASL 2011 auch schon vorbei. Am 13. August frühstückten wir zum letzten Mal zusammen; anschließend blieb uns nur noch Zeit, um die Zimmer endgültig aufzuräumen und uns zu verabschieden, was natürlich traditionell mithilfe vieler ,,Pinguine", also großer Umarmungscluster, geschah. Gegen Mittag fuhren dann die letzten Teilnehmer ab und die Jugendherberge wirkte wieder trügerisch still... aber nur bis zum nächsten Sommer, denn das

ASL 2012 wird wieder im Schullandheim Wolfsburg stattfinden.
An dieser Stelle vielen Dank an die Herbergseltern, in deren Herberge wir uns sehr wohl gefühlt haben, an alle Leiter und Teilnehmer, die das ASL 2011 wieder zu einem unvergesslichen Erlebnis haben werden lassen, und ein besonderes Dankeschön natürlich an Sonja, ohne die es dieses ASL nicht gegeben hätte.

In den Tiefen des Universums - Die Galaxien-AG im ASL 2011
von Phillipp Spaniol, Kevin Ludwig, Jennifer Kudla, Paul Templin und Caroline Reinert

Seit Uhrzeiten regte der Sternenhimmel die Fantasie der Menschen an. Vor allem das geheimnisvolle Band der Milchstraße gab bei vielen Völkern Anlass für mythologische Sagen und Geschichten. So war bei den Germanen die Milchstraße der Weg der verstorbenen Seele in den Himmel, und in der Sagenwelt der alten Griechen bestand sie aus der Muttermilch der Hera.

In der neueren Geschichte lösten sich viele Rätsel, die uns die Milchstraße aufgab, durch die voranschreitende wissenschaftliche Erkenntnis auf.

Galileo Galilei beobachtete 1610, dass die Milchstraße aus vielen leuchtschwachen Sternen besteht. William Herschel wagte sich 1785 als einer der ersten an eine Aussage über die Gestalt der Milchstraße. Aus Sternenzählungen und statistischen Betrachtungen ergab sich eine Scheibenform, mit unserer Sonne in der Nähe des Zentrums. Die erste Aussage hat bis heute Gültigkeit, allerdings musste die Position der Sonne weiter nach außen korrigiert werden. Es stellte sich heraus, dass Herschel bei seinen Betrachtungen die interstellare Extinktion vernachlässigt hatte.
Auch die eher leuchtschwachen Spiralnebel, von denen einige bereits von Charles Messier entdeckt wurden, gaben den Astronomen lange Rätsel auf. Einige Astronomen, darunter Arthur S. Edding-
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1 Die Galaxie ,,Andromedanebel"
ton, vermuteten, dass diese Nebel andere Galaxien sind. 1917 konnte das von Curtis durch Beobachtungen von Supernovae bestätigt werden. 1923 konnte Edwin Hubble mit Hilfe von Cepheiden im Andromedanebel (Abb. 1) auch endlich die Entfernung zu diesem Objekt bestimmen. Hubble berechnete dabei eine Strecke, die weit über die Grenzen unserer Galaxis hinausreicht. Damit war eine zweite Sterneninsel neben unserer entdeckt.
Außerdem vermaßen Hubble und sein Assistent Milton Humanson noch die

Entfernungen vieler weiterer Galaxien und untersuchten deren Spektren. Es stellte sich heraus, dass die Spektrallinien weit entfernter Galaxien in den roten Spektralbereich verschoben sind. Diese Rotverschiebung (z) ist seither als Entfernungsangabe in der Kosmologie weit verbreitet.
Man schätzt, dass man mit der heutigen Technik mittlerweile über 50 Milliarden Galaxien beobachten kann. Jede von ihnen ist eine Ansammlung von über 100 Milliarden Sternen, die von der Gravita-

Kleine Planeten

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tion zusammengehalten werden und so Objekte mit mehreren tausend Lichtjahren Durchmesser bilden.
Galaxien werden in der Hubble-Sequenz (Abb. 2) in verschiedene Typen eingeteilt. Diese Typen richten sich nach dem äußeren Erscheinungsbild der Galaxie, im Okular oder auf Fotos. Es existieren elliptische Galaxien, von kreisrund (E0) bis sehr flach elliptisch (E7). Außerdem unterscheidet man in Spiralgalxien (S) und Balkenspiralen (SB), die je nach Größenverhältnis vom Zentralgebiet zur galaktischen Scheibe in Unterkategorien unterteilt werden (von a bis c ist das Verhältnis abnehmend). Galaxien, die sich nicht in dieses Schema einordnen lassen, nennt man bezeichnenderweise irreguläre Galaxien.
Wie Galaxien entstehen ist bis heute noch nicht abschließend geklärt. Es wird angenommen, dass sie aus Dichtefluktuationen im frühen Universum resultieren. Diese Dichtefluktuationen kollabieren zu

2 Die Hubble-Sequenz der Galaxientypen

Halos aus dunkler Materie. Das Gas, aus dem später die Sterne entstehen, folgt der Gravitation der dunklen Materie und verdichtet sich. Durch die starke Verdichtung entstehen aus dem Gas viele Milliarden Sterne, die sich dann zu einer Galaxie zusammenschließen. Allerdings hat

diese Theorie noch viele Lücken, genauso wie die weitere Entwicklung der Galaxien noch ungeklärt ist.
Galaxien werden also auch in Zukunft die Menschen zum Denken und zu geistigen Höhenflügen anregen.

Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries
Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiter bewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.
Zur Jahreszeit passend präsentiert unser heutiger Gastfotograf Peter Knappert [1] eine kosmische Begegnung zwischen dem berühmten Leo-Triplett und dem Kleinplaneten (458) Hercynia. Diese Auf-
1 Kleinplanet (458) Hercynia bei
dem Leo-Triplett, aufgenommen mit einem 3-Zoll-Apochromaten und einer modifizierten DSLR EOS 450 (Bildautor Peter Knappert)

VdS-Journal Nr. 41

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Kleine Planeten

2 Die Kleinplaneten (1219) Britta und (3849) Incidentia bei NGC 3593, auf-
genommen mit einem 10-Zoll-SC bei f/3,8 und einer ATiK 16IC-HS (Bildautor Klaus Hohmann)

nahme entstand in der Nacht vom 2. auf den 3. März 2011. Das Leo-Triplett besteht aus den Galaxien M 65, M 66 und NGC 3628. Die Entfernung der Galaxiengruppe wird mit ca. 30 Mio. Lichtjahren angegeben. Ein Indiz für die Wechselwirkung der Gruppenmitglieder sind die Gezeitenschweife von NGC 3628, die auch auf dieser tiefen DSLR-Aufnahme sichtbar sind. Im Gegensatz dazu führt der im Jahr 1900 von Wolf und Schwassmann entdeckte Kleinplanet (458) Hercynia ein beschauliches Dasein als Hauptgürtelasteroid. Hercynia war zum Aufnahmezeitpunkt ca. 323 Mio. km von der Erde entfernt und 14,1 mag hell.
Gleich zwei Asteroiden des Asteroidengürtels zwischen Mars und Jupiter ,,besuchten" NGC 3593 - im Süden (1219) Britta mit einer Helligkeit von 14,7 mag und im Norden (3849) Incidentia mit 16,5 mag. Dieses ,,Triplett" erwischte Co-

Autor Klaus Hohmann [2] am 9. Februar 2011. Beide Kleinplaneten hatten zum Aufnahmezeitpunkt eine mit 1,235 AE (Britta) bzw. 1,468 AE (Incidentia) vergleichbare Entfernung zur Erde. Etwas weiter entfernt ist die Galaxie NGC 3593. Ihr Abstand zum Sonnensystem wird mit 24 Mio. Lichtjahren angenommen. Diese Distanz ist in kosmischen Maßstäben gesehen noch nicht wirklich groß, daher können wir hier noch von einer ,,galaktischen Nachbarschaft" reden. Der Kleinplanet (1219) Britta wurde 1932 von Max Wolf entdeckt, während (3849) Incidentia, über 50 Jahre später im Jahre 1984 von Edward Bowell gefunden wurde.
Kosmische Begegnungen finden täglich statt. Die nachfolgende Tabelle enthält eine kleine Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten, die von uns erstellt wurde. Damit soll ihnen ihr Weg zum

persönlichen Bild einer kosmischen Begegnung erleichtert werden.
Eine einfache und bequeme Möglichkeit sich täglich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren finden sie auf der Homepage von Co-Autor Klaus Hohmann [3] unter http://astrofotografie.hohmann-edv.de/aufnahmen/kosmische.begegnungen.php. Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit verschiedene Parameter wie die Helligkeit des DeepSky-Objektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selber auswählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden. Wir möchten sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS auffordern, ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals für Astronomie mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die Bilder per E-Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an diriesw@aon.at. Bitte vergessen Sie nicht das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.
Internet-Hinweise: [1] Homepage: http://www.black-
forest-astrophotography.de [2] Homepage: http://astrofotografie.
hohmann-edv.de/aufnahmen/kosmische.begegnungen.aufnahmen.php [3] Homepage: http://astrofotografie. hohmann-edv.de/grundlagen/

Interessante kosmische Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten im kommenden Quartal.

Datum

Uhrzeit

Kleinplanet

mv

16.04.2012 24:00

(348) May

13,9

18.04.2012 24:00

(237) Coelestina

13,4

15.05.2012 22:00

(636) Erika

14,9

21.05.2012 23:00

(5) Astraea

10,9

15.06.2012 24:00

(40310) 1999 KU4

15,7

16.06.2012 23:00

(596) Scheila

12,2

Objekt

Art

NGC 4567/8

Gx

NGC 4567/8

Gx

NGC 4116/23

Gx

NGC 3692/3705

Gx

M19

GC

M80

GC

mv 12,1/11,7 12,1/11,7 12,3/11,8 12,9/11,8 6,8 7,3

Abstand 4´ 3´ 10´ 15´ 7´ 2´

Abkürzungen: Gx = Galaxie, GC = Galaktischer Kugelsternhaufen VdS-Journal Nr. 41

Kometen 105
Das 2011er Perihel des Kometen 45P/ Honda-Mrkos-Pajdusakova
- ein kurzes, aber interessantes Rendezvous
von Uwe Pilz

1 Komet 45P/Honda-Mrkos-Pajdusakova am 24. Mai
2006 um 02:45 UT. Aufnahme von Michael Jäger und Gerald Rhemann mit einem 8-Zoll-f/2,7-Astrographen.

Der Komet 45P wurde am 3. Dezember 1948 vom Japaner Minoru Honda entdeckt. Dieser Komet gehört zur Jupiterfamilie, d. h. er wurde einst von diesem Planeten auf eine sonnennahe Bahn gelenkt. Wegen der kurzen Umlaufzeit von 5,2 Jahren erlebten wir 2011 die zwölfte Wiederkehr. Unsere Fachgruppe konnte Helligkeitsbestimmungen für die Perihele 1990, 1995/96 und 2001 ausführen. Fotografien liegen vor für die Jahre 2001 und 2006 (Abb. 1). Die Auswertungen auf Basis internationaler Beobachtungen zeigen regelmäßig einen asymmetrischen Helligkeitsverlauf. Ein rascher Anstieg wird gefolgt von einem langsamen Abfall. Die absolute Helligkeit ist mit ca. 13 mag gering, die Aktivität hingegen hoch. Der Aktivitätsparameter kommt in den Bereich von 10 - normal sind etwa 4. Wir haben es also mit einem recht kleinen Schweifstern zu tun, der in Sonnennähe kräftig Gas und Staub entwickelt. Dies wird durch den geringen Perihelabstand von reichlich einer halben Astronomischen Einheit noch verstärkt.
Das 2011er Perihel konnte in Mitteleuropa durch zwei Sichtbarkeitsfester beob-

2 Komet 45P/Honda-Mrkos-Pajdusakova am 6. August
2011 um 18:14 UT. 10-Zoll-Newton und ST8XME-CCD-Kamera. 20 x 60 s Belichtung. Aufnahme Nikolas Hericks, Indien.

3 Komet 45P/Honda-Mrkos-Pajdusakova am 1. Oktober 2011 um 03:20 UT.
10-Zoll-f/3,8-Astrograph und Sigma-6303-CCD-Kamera. 4 x 120 s Belichtung. Aufnahme Michael Jäger.

achtet werden, beides Morgensichtbarkeiten. Ein erstes Fenster öffnete sich im Monat Juli und währte bis in den August

hinein. Nikolas Hericks von der Astronomischen Vereinigung Bangalore / Indien sandte uns eine Aufnahme aus dieser
VdS-Journal Nr. 41

106 Kometen

4 Komet 45P/Honda-Mrkos-Pajdusakova am 3. Oktober 2011 um 04:00 UT.
12-Zoll-f/4,3-Astrograph und FLIML8300-CCD-Kamera. L 4 x 200 s, RGB je 2 x 200 s Belichtung. Aufnahme David Bender.
5 Geozentrischer Verlauf der Helligkeit des Kometen 45P/Honda-Mrkos-Paj-
dusakova während der Sichtbarkeit 2011. Grafik Uwe Pilz.

Zeit (Abb. 2). Am 6. August, wenige Tage vor dem Perigäum, bewegte sich 45P mit 6''/min, was an den langen Strichspuren zu erkennen ist.
Ab Ende September bis Mitte Oktober, also in etwa ab dem Periheldurchgang am 28. September, war der Schweifstern günstiger zu beobachten. Zuvor durchlief er am 15. August die größte Erdnähe. Leider stand 45P zu diesem Zeitpunkt tief am Südhimmel.
Die erste visuelle Beobachtung stammt von Jose Gonzales aus Spanien. Am 28. Juli bestimmte er unter sehr günstigen Gebirgsbedingungen eine Helligkeit von 11,3 mag. Die erste Beobachtung der Fachgruppe gelang Christian Harder am 25. September. Zu diesem Zeitpunkt war die Helligkeit bereits auf 7 mag angestiegen. Insgesamt quälten sich 5 Fachgruppenmitglieder am zeitigen Morgen aus dem Bett. Die größte Helligkeit ermittelten mehrere Fachgruppenmitglieder zu 6,5 mag. Diese große Helligkeit machte es überhaupt erst möglich, den Nebelflecken wenige Grad über dem Horizont aufzuspüren. In dieser Periode wurde der Schweifstern intensiv fotografiert. Besonders schöne Aufnahmen gelangen Michael Jäger (Abb. 3) und David Bender (Abb. 4).
Die Helligkeit ist in der Abbildung 5 dargestellt. Der Verlauf lässt sich über den gesamten Sichtbarkeitszeitraum gut mit der absoluten Helligkeit H = 13,2 mag und dem Aktivitätsparameter n = 8,3 beschreiben. Damit bestätigen sich die Beobachtungen der vorigen Perihele. Noch klarer sieht man die Eigenschaften dieses Schweifsterns in der Af()-Kurve. Der AF()-Wert ist ein Ausdruck für die Konzentration an Staub und Gas um den Kometen herum. Sie setzt sich zusammen aus der Gas/Staub-Produktion und der Abströmgeschwindigkeit, leider lässt sich das nicht trennen. Dennoch ist klar zu sehen, wie stark der Komet in Sonnennähe an Aktivität zulegt.

VdS-Journal Nr. 41

6 Verlauf des Parameters AF()
beim Kometen 45P/Honda-MrkosPajdusakova während der Sichtbarkeit 2011. Grafik Uwe Pilz. (Angegeben sind visuelle Magnituden.)

Veränderliche

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Vormachen, Mitmachen, Nachmachen
- Die 8. Veränderlichen-Beobachtungswoche in Kirchheim
von Gerd-Uwe Flechsig

Die Devise ,,Vormachen, Mitmachen, Nachmachen" stand schon ganz am Anfang der über 60-jährigen Geschichte der BAV. Sie bildete auch den Mittelpunkt der 8. BAV Beobachtungs- und Urlaubswoche, die vom 27.8. bis 3.9 2011 an der VdS-Sternwarte in Kirchheim stattfand. Die Woche war wie immer sowohl als praktische Einführung für neue/unerfahrene Beobachter als auch für geübte Interessenten mit ansonsten zeitlich bzw. instrumentell beschränkten Beobachtungsmöglichkeiten gedacht. Das Wetter gestattete neben dem theoretischen Unterricht im Seminarraum der Sternwarte auch das Beobachten in mehreren Nächten. Einen besonderen Höhepunkt stellte erneut die Exkursion zur Thüringischen Landessternwarte nach Tautenburg dar. Am Samstag, dem 27.8. trafen sich ab ca. 15 Uhr Gerd-Uwe Flechsig, Eyck Rudolph und Heidi Sieske auf der Sternwarte. Am Sonntag kam noch Guido Wollenhaupt dazu. Eyck und ich waren als ,,mehrfache Wiederholungstäter" dabei.
Als Unterkünfte dienten die Gästezimmer auf der Sternwarte. Drei Teilnehmer (Guido, Eyck und ich) konnten mit praktischer visueller Beobachtungserfahrung aufwarten. Eyck und ich besaßen darüber

hinaus mehrjährige Erfahrungen im Umgang mit CCD-Kameras. Guido brachte seinen 10-Zoll-Dobson mit und führte Heidi in die Beobachtung von Mirasternen ein. Daneben widmeten sich die übrigen der CCD-Technik.

Da Guido auch seine SBIG ST-7 CCDKamera mitgebracht hatte, setzten wir diese zunächst an meinem 102mm/500mm-FHRefraktor auf einer Celestron CAM Montierung ein. In den darauf folgenden Nächten konnte Guido dann bereits eigenständig den 130-mm-Takahashi in der Schiebedachhütte mit seiner CCD kombinieren. Eyck und ich arbeiteten wieder an unseren FH-Vierzöllern auf mittleren GOTO-Montierungen.

1 Erstes CCD-Ergebnis von Guido Wollenhaupt an
SX Aqr vom 30.8.2011
Vorschau

10. ATB 2012
Amateur-Teleskoptreffen - Burgwald -
Dienstag 14.08. - Sonntag 19.08.2012
Anreise ggfls. ab So. 12.08. möglich.
Veranstaltungsort: 35288 Wohratal - OT Hertingshausen im Landkreis Marburg/Biedenkopf
Veranstalter: Astronomie-Gruppe Lahn/Eder e.V. Info und Anmeldung (ist erforderlich) unter: www.astronomie-lahn-eder.de

VdS-Journal Nr. 41

108

Veränderliche

Am Mittwoch stand ein Ausflug nach Jena und Tautenburg auf dem Programm. Nach Besichtigung des optischen Museums in Jena begaben wir uns nach Tautenburg. Dort konnten wir Großteleskope für den optischen und den Radiowellenbereich bewundern. Herr Dr. Jochen Eislöffel von der Thüringischen Landessternwarte Tautenburg zeigte uns im Rahmen einer individuellen Führung nicht nur die größte Schmidt-Kamera der Welt (2-Meter-Hauptspiegel, 1,34-MeterSchmidt-Platte) und die 3-Meter-Kuppel mit einer 300-mm-Flatfield-Kamera von Lichtenknecker, welche zur Suche nach fernen extrasolaren Planeten eingesetzt werden soll. Darüber hinaus konnten

wir auch das neuartige Radioteleskop ausgiebig besichtigen. Weitere Ausflüge führten uns nach Erfurt und Oberhof.
An mehreren Abenden bekamen wir Besuch von Herrn Thomas Haalboom und seinem Sohn. Herr Haalboom ist kürzlich in die BAV eingetreten und ließ sich von uns eingehend beraten, mit welchem Instrumentarium der Einstig in die CCD-Veränderlichen-Beobachtung gelingen kann. Die beiden hatten reichlich Gelegenheit, unseren abendlichen Beobachtungs-Vorbereitungen beizuwohnen und die verschiedenen Geräte in Aktion zu erleben. Ansonsten waren sie jedoch mit ihrem Familienurlaub separat beschäftigt.

Auch im nächsten Jahr wird die BAV Beobachtungs- und Urlaubswoche wieder stattfinden. Im September 2012 soll sie in unmittelbarer zeitlicher Nachbarschaft zur BAV-Tagung (Jena) in der Vorwoche angeboten werden. Dies soll Teilnehmern beider Veranstaltungen die Gelegenheit geben, auch bei der jeweils anderen Veranstaltung mitzuwirken.
Zum Schluss möchte ich Eyck und Guido für die Unterstützung danken, so dass diese Woche im Jahr 2011 erneut ein Erfolg wurde.

Exoplaneten für Amateure
von Manfred Rätz

Seit sich Menschen mit dem Sternenhimmel beschäftigen, beschäftigt sie auch die Frage, ob es im Weltall weitere Sonnen mit Planeten gibt. Giordano Bruno (1548-1600), ein italienischer Priester, postulierte zum Beispiel ein unendliches Weltall mit unzähligen bewohnten Planeten. Unter anderem wegen dieser Ketzerei endete sein Leben auf dem Scheiterhaufen. Auch der Philosoph Immanuel Kant (1724-1804) beschäftigt sich im 3. Teil seiner 1755 verfassten ,,Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Him-

mels" mit den ,,Bewohnern der Gestirne". In den 60er und 70er Jahren war man in Fachkreisen zu der Ansicht gekommen, dass man die ersten Exoplaneten nachgewiesen hatte. Peter van de Kamp hatte die Bewegung von Barnards Stern, dem Stern mit der größten Eigenbewegung, seit 1938 kontinuierlich verfolgt, und war an Hand der Bahnstörungen zu der Auffassung gelangt, dass Barnards Stern von zwei Planeten begleitet wird. Erst in den 80er Jahren setzte sich dann die Erkenntnis durch, dass die Entdeckung

doch durch nicht erkannte instrumentelle Fehler vorgetäuscht wurde.
Ein erster großer Meilenstein in der Entdeckung extrasolarer Planeten war das Jahr 1992, als Wolszczan und Frail (1992) den Nachweis eines Exoplaneten um den Pulsar PSR1257+12 bekannt gaben. Im Oktober 1995 veröffentlichten Mayor und Queloz (1995) die Entdeckung eines Exoplanetenkandidaten um einen gewöhnlichen Hauptreihenstern (51 Pegasi). Sie entdeckten im Spektrum

1 TrES-2-Transit vom 16.09.2007 mit verschiedenen
Teleskopen: a) I-Band-Fotometrie Universitäts-Sternwarte Jena, b) R-Band-Fotometrie Wendelstein, c) Ungefilterte eigene Fotometrie, Quelle: S. Raetz et al. (2009).
VdS-Journal Nr. 41

2 Lichtkurve von TrES-1 mit 8-Zoll-Meade-Teleskop,
G2-1600 und UV/IR-Sperrfilter; Fehler in der Zeitbestimmung: 71,1 s

Veränderliche

109

dieses Sterns kleinste periodische Linienverschiebungen, die sich nur durch den Umlauf eines Zweikörpersystems um einen gemeinsamen Schwerpunkt erklären ließen. Eine genaue Auswertung ergab, dass die Masse des einen Körpers so klein war, dass es kein Stern sein konnte. Diese Methode, Radialgeschwindigkeitsmethode genannt, ist bis heute die erfolgreichste Methode zum Nachweis von Exoplaneten.
Diese Entdeckung leitete eine neue Ära in der Suche nach Exoplaneten ein. Man erinnerte sich auch daran, dass der Astronom Otto von Struve (1897-1963) bereits 1952 darauf hinwies, dass die ,,Bedeckungsmethode" den Nachweis von Planeten fremder Sterne ermöglichen könnte. Diese, heute als Transitmethode bezeichnete Methode, erwies sich als sehr erfolgreich und ist die zweiterfolgreichste Methode. Nun begann eine Entwicklung, die dazu führte, dass die Erforschung der Exoplaneten zu einem wichtigen Teilgebiet der aktuellen Forschung wurde (Stand 13.10.2011: 693 Planeten).
Für mich als Veränderlichenbeobachter war diese Entwicklung zwar sehr interessant, aber auf Grund der Kleinheit der Effekte als Amateur nicht nachzuvollziehen (meinte ich!). Meinen ersten echten Kontakt mit der Exoplanetenbeobachtung hatte ich im September 2006 bei einem Vortrag von G. Torres vom HarvardSmithsonian Center for Astrophysics

(Cambridge/Boston) in der Universitätssternwarte Jena, an dem ich als Gast mit Erlaubnis des Institutsdirektors Prof. R. Neuhäuser teilnehmen konnte. Eine der erstaunlichsten Erkenntnisse aus diesem Vortrag war, mit welch kleinen Geräten die Entdeckungen von Exoplaneten gelangen. Als dann in Jena anfangs auch nur mit dem 25-cm-Teleskop beobachtet wurde, stellte ich mir die Frage, ob auch mit meiner Ausrüstung eine erfolgreiche Beobachtung von Exoplanetentransits möglich wäre. Meine Ausrüstung bestand aus einem 8-Zoll-Meade-Teleskop auf einer Astro-Physics-Montierung und einer CCD-Kamera ST6. Erfahrung mit Bedeckungslichtwechseln hatte ich. Seit über 30 Jahren sind meine Frau und ich Beobachter Veränderlicher Sterne und seit 1998 verfolgen wir den Lichtwechsel von Bedeckungssternen mit der CCDKamera. Mein Fazit - der Nachweis der Exoplaneten sollte möglich sein.
Den ersten Versuch unternahm ich dann im April 2007 - mit ernüchterndem Ergebnis: Außer Streuung war nichts zu sehen. Nach weiteren Versuchen, bei denen man schon ein Minimum erahnen konnte, gelang im September 2007 die erste verwertbare Lichtkurve eines Exoplaneten. Der Vergleich mit am selben Tag von Profis erzeugten Lichtkurven (Abb. 1) zeigte mir deutlich, woran ich arbeiten musste - an der Genauigkeit und dabei vor allem an der Reduzierung der Streuung.

Für Veränderlichenbeobachter ist die Anwendung von exakten Dunkelfeldund Flatfieldkorrekturen unverzichtbar, so dass ich hier dazu nichts mehr sagen möchte. Mein größtes Problem lag im Zusammenspiel meiner Ausrüstung. Die ST-6 hat einen sehr kleinen Chip. Zusammen mit den 2 m Brennweite eines 8-Zöllers ergibt sich ein recht kleines Gesichtsfeld. Wenn nun die Montierung auch nicht ganz exakt nachführt, kann es dazu kommen, dass der Veränderliche mit der Zeit aus dem Gesichtsfeld verschwindet. Deshalb hatte ich mir einen Reducer zugelegt, mit dem ich die Brennweite auf ca. 1,2 m verkürzen konnte. Das Gesichtsfeld war größer und das Objekt meines Interesses blieb im Feld. Nur hatte dies wiederum den Nachteil, dass das Licht der Sterne bei den großen Pixeln der ST-6 jeweils nur noch auf wenige Pixel fiel (Undersampling). Dies hatte eine deutlich größere Streuung der Lichtkurve zur Folge, was mich aber bei den Amplituden der Bedeckungssterne nicht störte. Anders jedoch bei den Exoplaneten.
Gegen diese Streuung gab es nur zwei Möglichkeiten - entweder wieder zur längeren Brennweite zurückkehren oder die Pixel der Kamera kleiner machen. Ersteres wäre sehr leicht zu realisieren und die zweite Methode kostete Geld. Trotzdem habe ich mich für die zweite Methode entschieden und mir eine neue CCD-Kamera zugelegt. Bei nun 9 Mikrometern Pixelgröße habe ich das Problem

3 Lichtkurve von WASP-3 mit 8-Zoll-Meade-Teleskop,
G2-1600 und UV/IR-Sperrfilter; Fehler in der Zeitbestimmung: 66,5 s; Standardabweichung vom Fit: 2,7 mmag

4 Lichtkurve von TrES-3 mit 60-cm-Cassegrain-Teles-
kop und SBig-STL der Sternwarte Kirchheim; Fehler in der Zeitbestimmung: 29 s; Standardabw. vom Fit: 3,2 mmag
VdS-Journal Nr. 41

110

VdS-Nachrichten

des Undersampling nicht mehr. Außerdem habe ich mich an einige Hinweise gehalten, die uns Dr. J. Eislöffel von der Thüringer Landessternwarte Tautenburg auf der Harthaer Tagung im Mai 2008 gegeben hatte (bzgl. Extinktion u. ä.). Etwas detaillierter habe ich diesen ganzen Prozess der Steigerung der Genauigkeit in SuW 10/2011 beschrieben und möchte es hier nicht wiederholen.
Zu welchen Ergebnissen wir Amateure kommen können, möchte ich mit den Lichtkurven von TrES-1, Wasp-3 und TrES-3 zeigen. Die Lichtkurve von TrES-1 und Wasp-3 habe ich mit meinem 8-Zöller und der CCD-Kamera G21600 von Moravian Instruments aus Tschechien gemessen. Die Amplitude bei Wasp-3 liegt nur bei etwas über 0,01 mag und die Genauigkeit der Minimumbestimmung ist schon recht erstaunlich. Die Lichtkurve von TrES-3 habe ich zusammen mit meiner Tochter Stefanie am 60-cm-Cassegrain der Sternwarte Kirchheim aufgenommen. Als Kamera wurde hier eine STL verwendet. Die Genauigkeit

dieser Kurve ist mit denen professioneller Astronomen ohne weiteres vergleichbar.
Fazit Der Nachweis von Exoplaneten ist, wie gezeigt, schon mit einer eigentlich recht einfachen Amateurausrüstung möglich. Dabei muss es noch nicht mal eine gekühlte CCD-Kamera sein. Es gibt Amateure, denen der Nachweis von Exoplaneten auch mit digitalen Spiegelreflexkameras gelungen ist.
Wenn man den Anspruch hat, einen wissenschaftlichen Beitrag zu leisten, muss man sich ein paar Gedanken mehr machen. Eine Aufgabe für Amateure könnte sein, die Muttersterne von Exoplaneten, die mit der Radialgeschwindigkeitsmethode entdeckt wurden, zu überwachen. Oft ist nicht klar, ob es nicht doch einen Transit gibt. Dafür muss die Genauigkeit der Messung nicht ganz so hoch sein, da hier erst einmal nur der Fakt eines Transits von Interesse ist. Will man allerdings Messungen liefern, die für die Bestimmung von Transitzeitvariationen verwen-

det werden können, muss die Genauigkeit der Messungen deutlich größer sein.
Hierfür sind Teleskope mit Öffnungen von 0,5 m oder mehr erforderlich. Auch muss man sich dann mehr mit der Vermeidung von Fehlern bei der Helligkeitsbestimmung beschäftigen. Hierzu kann ich die sehr gute Anleitung von Bruce Gary (http://brucegary.net/book_EOA/x. htm) empfehlen.
Literaturhinweise: [1] M. Mayor, D. Queloz, 1995: Nature
378, 355 [2] S. Raetz et al., 2009: Astronomi-
sche Nachrichten 330, 459 [3] S. Raetz, M. Raetz, 2011: Sterne
und Weltraum 10/2011, 78 [4] O. Struve, 1952: The Observatory
72, 199 [5] Van de Kamp, 1969: Astron. J. 74,
757 [6] A. Wolszczan, D. Frail, 1992: Na-
ture 355, 145

Wir begrüßen neue Mitglieder

Mitgl.-Nr. Name

Vorname

PLZ Ort

20035 Wagner 20060 Hofer

Tilman Wolfgang

78549 Spaichingen A-4171 St. Peter am
Wimberg

20061 Link

Jürgen

20062 Lammersen Hans

74731 Walldürn 32816 Schieder-
Schwalenberg

20063 Väth 20064 Geiss

Jürgen Alex

97836 Bischbrunn 85111 Adelschlag-
Ochsenfeld

20065 20066 20067 20068 20069 20070 20071 20072

Detjen Arens Wälchli Foschum Kleine Schakel Haag Benna

Ghristian Frank Hansjörg Peter Andrik Tom Achim Gerhard

56626 48161 CH-3415 89081 53347 42389 71384 35325

Andernach Münster Hasle-Ruegsau Ulm Alfter Wuppertal Weinstadt Mücke-Atzenhain

Mitgl.-Nr. Name

Vorname

PLZ Ort

20073 20074 20075 20076 20077 20078 20079 20080 20081 20083 20084 20085

Sittig-Kramer Selzner Schilling Tacke Witt Schramm Hubl Fröhlich Stuhm Oden Coordes Walter

Andrea

29525

Robert

52379

Peter

68165

Thomas

22159

Claus-Dieter 74523

Peter

97074

Bernhard A-4542

Miroslaw 45143

Gotthard 44359

Peter

53229

Michael 21354

Markus

45470

Uelzen Langerwehe Mannheim Hamburg Schwäbisch Hall Würzburg Nussbach Essen Dortmund Bonn Bleckede Mühlheim an der Ruhr

20086 20087 20090

Geiger Leng Tucic

Markus Alexander Monika

73547 Lorch 91564 Neuendettelsau 71364 Winnenden

VdS-Journal Nr. 41

VdS-Nachrichten

111

Jubiläen 2012
Der Vorstand der Vereinigung der Sternfreunde e. V. gratuliert folgenden Mitgliedern zu der jetzt 20jährigen, 30jährigen, 40jährigen, 50jährigen und 60jährigen Mitgliedschaft in der VdS sehr herzlich und bedankt sich für Ihre Treue!

Ehrenmitglieder

Mitgl. Nr. Name
10014 Dipl.-Kfm. Roth 10016 Mädlow 18535 Plötz

Vorname
Günter Dietmar Edgar Hildegard

PLZ Ort
82057 Icking/Isartal 13595 Berlin 85540 Haar

60-jähriges Jubiläum

Mitgl. Nr. Name

Vorname

10014 10016 10028 10058 10059

Dipl.-Kf. Roth Mädlow Krüger Stud.-Dir. Kunert Herrmann

Günter Dietmar Edgar Heinz Adolph Joachim

PLZ
82057 13595 31515 14169 45657

Ort
Icking/Isartal Berlin Wunstorf Berlin Recklinghausen

50-jähriges Jubiläum

40-jähriges Jubiläum

Mitgl. Nr. Name

Vorname

PLZ Ort

10891 Dipl.-Ing. Engel Otto

61209 Echzell

10893 Marx

Harald

70825 Korntal-Münchingen

10917 Dr. Mollerus

Bernd

82335 Berg

10930 VSTW Frankfurt/Physik. Verein 60325 Frankfurt

10942 Dr. med. Heimann Gerd

47652 Weeze

10950 Korte

Ansgar

45145 Essen

10952 Glitzner

Julius

35606 Solms

10963 Dipl.-Ing. Klebert Klaus

70722 Fellbach

10970 Spatenka

Heinz-Peter 12109 Berlin

10971 Häring

Ernst

50126 Bergheim

10981 Liesmann

Werner

57368 Lennestadt

10996 Nimmert

Siegfried-Hans 45529 Hattingen

11005 Reichert

Jürgen

76228 Karlsruhe

11008 Tietz

Erich-Hans 64625 Bensheim

11013 Hermes

Berthold

58675 Hemer

11015 Paesler

Martin

86179 Augsburg

30-jähriges Jubiläum

Mitgl. Nr. Name
12022 Mahlmann 12025 Ludacka 12026 Dr. Mackenroth 12038 Kruse 12049 Prof. Dr. Winnenburg 12058 Dr. Reddmann 12064 Dr. Kropf 12069 Görze 12075 Keßler 12085 Ortner 12088 Dipl.-Ing. Höbel 12098 Ranly 12104 Kriegler 12108 Vay 12109 Groß 12116 Güttler 12129 Bitzer 12135 Unger 12137 Bauer

Vorname
Wolfgang Richard Uwe Otto Wolfram Thomas Fritz Ulrich Thomas Hans Peter Peter Peter Andreas Kurt Horst Jörg Rolf Hartmut Wilhelm

PLZ
21409 93051 22393 25337 48249 76189 94032 73431 21335 56841 91054 91094 22926 64732 54429 86911 72458 44267 90475

Ort
Embsen Regensburg Hamburg Elmshorn Dülmen Karlsruhe Passau Aalen Lüneburg Traben-Trarbach Buckenhof Langensendelbach Ahrensburg Bad König Schillingen Diessen Albstadt Dortmund Nürnberg

Mitgl. Nr. Name

Vorname

PLZ Ort

13245 Niechoy 13246 Helms 13249 Killich

Detlev P. Gregor Frank

37085 Göttingen 86152 Augsburg 34596 Bad Zwesten-
Niederurff

13250 13253 13256 13260 13261 13266 13267 13268 13272 13273 13274 13275 13276 13277 13279 13280 13286 13287

Jahn

Jost

25946 Nebel

Kemmerer Jürgen

93055 Regensburg

Hofberger Martin

83253 Rimsting

Postler

Peter

95643 Tirschenreuth

StR. Götze-Besselmann Eckhard 49811 Lingen/Ems

Götz

Martin

DK-2720 Vanloese

Dr. Kohl Harald

16547 Birkenwerder

Moerser Astronom. Organisation e.V. 47408 Moers

Dr. Kraus Torsten

63225 Langen

Giese

Fritz

50374 Erftstadt-Blessem

Delp

Andreas

64291 Darmstadt

Friedrich Susanne

85309 Pörnbach

Dr. Kolb Ulrich C.GBBuckingham MK 18 7JJ

Mueller

Joachim

66954 Pirmasens

Kaltenhäuser Peter

91074 Herzogenaurach

Schwab

Franz

76297 Stutensee

Martini

Dieter

54492 Zeltingen-Rachtig

Schenk

Matthias

29599 Weste

Mitgl. Nr. Name

Vorname

PLZ Ort

13290 Sienel

Ludwig

89346 Bibertal (Kissendorf)

13295 13297 13310 13312 13314 13316 13317

Quaiser

Martin

Lieser

Alfons

Renz

Wolfgang

Fischer

Peter

Dr. Hunger

Klaus

Dr.Staude

Hans Jakob

Gymnasium Weingarten L. Laepple c/o

61231 54470 76227 46119 65779 69120 88250

Bad Nauheim Bernkastel-Kues Karlsruhe Oberhausen Kelkheim Heidelberg Weingarten

13320 Farago

Otto

13332 Dipl.-Ing. Weisheit Bernd Red. Büro Pro-BW

70565 Stuttgart 75181 Pforzheim

13333 13335 13336 13337 13340 13345 13360 13370 13376 13381

Dipl.-Ing. Walther Gerhart

64367 Mühltal

Wörner FRAS Prof. Dr. Markus Hilmar IRLCo. Galway /Ireland

Zimmer

Ralph W.

53840 Troisdorf

Costantino

Mario

82319 Starnberg

Dr. med. Froehlich Hans-Jürgen

68305 Mannheim

Bastl

Josef

94227 Zwiesel

Dr.Göcking

Klaus-Dieter

52382 Niederzier

Stöver

Eric

63739 Aschaffenburg

Eisensteger

Karl

86368 Gersthofen

Speckmann Michael

CH-8706 Meilen

112

VdS-Nachrichten

20-jähriges Jubiläum

Mitgl. Nr. Name

Vorname

PLZ

10355 11367 15212 15214 15216 15217 15218 15219 15222 15225 15227 15235 15236

Dipl.-Chem. Sutor Werner

15517

Ehring

Norbert

53332

Zimmermann Peter

CH-8708

Prof. Dr. Brosche Peter

54552

Nitzl

Martin

84416

Whitson

Bruce

57223

Verein. Krefelder Sternfr.e.V.

47723

Dipl.-Ing. Demuth Ewald

46519

Boxdörfer

Sigurd

96317

Peters

Josef

53340

Freudenberg

Helmut

46286

Zabel

Reiner

60433

Regiomontanus-Sternwarte

90491

Nürnberger Astron.Arbeitsgem.e.V.

15237 15245 15246 15250 15254 15255 15256 15257 15258 15259 15266 15268 15269 15270 15274 15275 15276 15278 15279 15280 15281 15285 15286 15287 15288 15289 15294 15298 15299 15301 15305 15309 15310 15311 15314 15318 15323 15326 15327 15330 15333 15334 15341 15343 15348 15349 15350 15352 15354

Dipl.-Ing.Strömich Norbert

99089

Jacobs

Ernst

51145

Franke

Nils

55234

Dipl.-Phys.Rose Jochen

12209

Dr. Zillessen

Volker

32049

Dr. Hünecke

Joachim

28211

Effenberger

Klaus

84478

Jaenicke

Rolf

85748

Dr. Kotthoff

Klaus

53125

Dr. Trittelvitz Martin

10783

Flechsig

Gerd-Uwe

17166

Müller

Manfred

85077

Füllhase

Thomas

32547

Johann

Heinz

64756

Schmidbauer

Georg

85757

Pluskwa

Michael

57482

Dr. Schabacker Günter

61250

Bensch

Hans-Joachim 14163

Bott

Wilhelm

86934

Dipl.-Ing. Stolze Detlef

14163

Dipl.-Ing. Kiefer Peter W.

95512

Neumann

Gerd

48161

Lüthen

Hartwig

22767

Jahns

Helmut

30455

Böker

Andreas

29225

Dr. Kraus

Stefan

63768

Freitag

Uwe

23556

Dipl.-Ing. Sauer Josef

73249

Dipl.-Ing. Hummel Willy

74706

Zimmermann Kurt

42853

Dipl.-Ing. Schäfer Johannes-Georg 53809

Müller

Harald

39106

Volkssternwarte ,,A.Diesterweg" 01445

Sterngucker e.V Titus Marwinski 99441

Schirra

Günter

66787

Knödlseder

Jürgen

F-31520

Dr. Renschen

Claus

01311

Christophersen Jörg

23701

Schettler

Jürgen

53115

Hofmann

Michael

63073

Dimopoulos

Alexander

47198

Schulte

Torsten

58300

Benz

Karl

65428

Dr. Dirschl

Franz

81541

Dr. Braune-Steininger, M.A. Franz 35635

Birkmaier

Martin

86161

Dipl.-Kfm. Stähler Rudolf

77815

Dr. Sasse

Heiner

58285

Hinkelbein

Knut

70794

Ort
Fürstenwalde Bornheim Männedorf Schalkenmehren Taufkirchen/Vils Kreuztal-Ferndorf Krefeld Alpen/Menzelen-Ost Kronach-Höfles Meckenheim Dorsten Frankfurt Nürnberg
Erfurt Köln Erbes-Büdesheim Berlin Herford Bremen Waldkraiburg Garching Bonn Berlin Teterow Manching Bad Oeynhausen Ober-Mossau Karlsfeld Hünsborn Usingen Berlin Reichling Berlin Neudrossenfeld Münster-Roxel Hamburg Hannover Celle Hösbach Lübeck Wernau Osterburken Remscheid Ruppichteroth Magdeburg Radebeul Kromsdorf Wadgassen (Differten) Ramonville St. Agne Dresden Eutin Bonn Offenbach/Main Duisburg Wetter Rüsselsheim München Ehringshausen Augsburg Bühl (Baden) Gevelsberg Filderstadt

Mitgl. Nr. Name

Vorname

15357 15358 15359 15361 15362 15364 15365 15367

Frank Dipl.-Ing. Tute Squarra Popp Clemens Ott Klauer Volk, c/o Renaissance

Peter Axel Olaf Harald Hans-Günter Thomas Ulrich Erik Technologies

15368 Kretschmer 15373 Bescherer 15377 Dipl.-Ing. Bach

Michael Reinhard Wolfgang

PLZ
75242 79790 18109 96052 78559 85375 68542
USA
85386 73773 14979

15385 15386 15392 15393 15400 15405 15407 15413 15414 15417

Krause Gabel Zwick Schell Krauß Hornisch Meyer Vohla Thiel Selbmann

Sven Alfons Magnus Rainer Bernhard Bernd Wolfgang Frank Marco Uwe

72189 55270 86956 55483 90559 91238 12167 04600 30173 09128

15418 Dr. Pavlicek
15419 Bodenmüller
15421 Bommersheim c/o Lubenow

15422 15425 15430 15431 15432 15433 15434 15435 15439 15441 15442 15447 15448

Kupfer Landwehr Vahle OStR Engicht Rütting Fehse Dipl.-Ing. Cerny Pfitzner Thomanek Leithoff Bergmann Stahr Lehmann c/o DHPS

15449 Kusterer 15451 Klein

Herbert Wolfgang Hermann

72160 78333 40764

Gerhard Wilfried Dirk Joachim Frank Oliver Wolfgang Gerhard Elvira Jan Helmut Rainer Daniel Ulrich

73441 26441 71735 99994 57482 90475 86199 18059 09648 53894 63843 79618
SWA

Karsten Wilfried

B-4850 66787

15455 15457 15459 15461 15463 15464 15468 15469 15471

Wolf Werner Dipl.-Ing. Wierdeier Dr. Berberich Leibeling StR. Maier Ruttkowski Remmel Dr. Albers

Manfred Dieter Wolfgang Werner Rolf Harald Manfred Peter Johann

09569 04838 59457 92224 41569 70619 01279 65597 66125

15472 Opitz

Armin

15473 Nawrath

Georg

15490 Dipl.-Ing. Stadelmaier Rolf

15494 Lucht

Hans-Werner

15538 Gielsdorf

Arno

31008 59425 85435 31319 16348

Ort
Neuhausen Küssaberg-Dangstetten Rostock Bamberg Gosheim Neufahrn Heddesheim Setauket, NY 11733
Eching Aichwald Großbeeren OT Kleinbeeren
Vöhringen Klein-Winternheim Schongau Horbruch Burgthann Engelthal Berlin Altenburg Hannover Chemnitz/ Kleinolbersdorf
Horb Stockach Langenfeld/Reusrath
Bopfingen Jever Eberdingen Schlotheim Wenden Nürnberg Augsburg Rostock Mittweida Mechernich Niedernberg Rheinfelden Windhoek
Moresnet WadgassenSchaffhausen
Oederan Eilenburg Werl Amberg Rommerskirchen Stuttgart Dresden Hünfelden-Kirberg SaarbrückenDudweiler
Elze Unna Erding Sehnde Groß-Schönebeck

VdS-Journal Nr. 41

VdS-Nachrichten

113

In Memoriam - Verstorbene Mitglieder 2011

Mitgl. Nr.
6761 6397 2646 10857 5328 7455 4592 9108 8234

Vorname
Bieganowski Dipl.-Ing. Böker Dr. Kosuch Dr. Zeitler Dreßler Fingerle Graw Kistner Köstler

Name
Rainer Andreas Norbert Hans-Jörg Achim Dietrich Reinhard Gerald Robert

Mitgl. Nr.
9722 2906 8428 5956 4649 7009 9046 8971

Vorname
Lottermoser Pallos Prof. Schöberl Reimann Rupprecht Schadow Striedacher Zepf

Name
Dieter Emil Ernst Ingo Erich Christian Alfred Karl

VdS-Vorstand aktuell
von Sven Melchert

Nach der Mitgliederversammlung am 10. September fand sich der neu gewählte Vorstand am 5. November 2011 zu seiner ersten Vorstandssitzung in der VdSGeschäftsstelle zusammen. Die zweite Sitzung hat am 11. Februar stattgefunden. Den Schwerpunkt dieser Vorstandssitzungen bildete, neben den üblichen Verwaltungsangelegenheiten, ein Blick in die Zukunft. Der VdS-Vorstand wird sich in dieser Amtsperiode auf folgende Aktivitäten konzentrieren:

Termine der Vorstandssitzungen Für das Jahr 2012 finden an folgenden Terminen die Vorstandssitzungen statt: 11. Februar in Köln, am 13. Mai im Anschluss an das Treffen der Fachgruppenredakteure in Heppenheim, am 11. August in Lüneburg sowie am 27.

in Heppenheim. Zur Vorbereitung der Vorstandssitzungen wird es außerdem Online-Konferenzen geben. Eingaben zu den Vorstandssitzungen aus dem Mitgliederkreis sind willkommen, müssen der Geschäftsstelle aber mindestens vier Wochen vor dem Sitzungstermin vorliegen.

Online-Angebote für Mitglieder Hierzu zählt die Möglichkeit einer Mitgliederdatenbank in Kombination mit einem Newsletter und einem Diskussionsforum, das sich auf die Themen der VdS konzentriert. Bei besonderen Himmelsschauspielen wird verstärkt in Echtzeit auf der VdS-Homepage berichtet. Erste Konzepte liegen mittlerweile vor.

Partnersternwarten Die VdS sieht es als ihre Aufgabe an, Volks- und Schulsternwarten bei Ihrer Arbeit zu unterstützen. Als erster Schritt wird im VdS-Journal die Möglichkeit für kurze Vorstellungen von Sternwarten geschaffen. Das Fernziel ist ein Netz von VdS-Partnersternwarten. Wünsche seitens der Sternwartenvereine nimmt der VdS-Vorstand gerne entgegen.

Arbeitsgruppen Um die zukünftigen Aktivitäten der VdS zu verwirklichen, werden Arbeitsgruppen gegründet. Daran aktiv teilnehmen kann jedes Mitglied, das sich in einer AG einbringen möchte. Mehr dazu in einer der nächsten Journalausgaben.

1 Auch im Jahr 2012 stehen die Sterne für die VdS wieder günstig -
wie diese Planetenparade am Abend des 24. Februar eindrucksvoll zeigt.
VdS-Journal Nr. 41

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VdS Nostalgie

ausgewählt und zusammengestellt von Peter Völker - Folge 15
Ich habe mich lange gefragt, ob solch ein Text in unsere Retro - Reihe passt, weil er weder astronomische Fakten bringt noch Vereinsinterna ,,von damals" beleuchtet.
Ich habe mich dennoch zur Wiedergabe entschlossen, da hier die Zeit von vor 80 Jahren beschrieben wird, in der eine Legende der populärwissenschaftlichen Literatur lebendig wird: Bruno H. Bürgel.
Tauchen Sie in eine längst vergangene Zeit ein, und lassen Sie sich von dem Erzählstil fesseln, so wie ich von ihm gefesselt wurde!
Der Text ist ein Faksimile aus dem Heft 1 von 1962, Seiten 11 und 12.

VdS-Journal Nr. 41

VdS Nostalgie

115

Anzeige VdS-Journal Nr. 41

116

Beobachterforum

RV Arietis - mein erster HADS
von Guido Wollenhaupt

Nach der sehr lehrreichen und interessanten Veränderlichen-Beobachtungswoche der BAV in der VdS-Sternwarte Kirchheim 2011 wollte ich nun auch zu Hause mit der eigenen Technik die in Kirchheim erworbenen Kenntnisse zur Beobachtung veränderlicher Sterne anwenden. Als relativer Anfänger bei der Beobachtung dieser Objekte probiert man doch noch ein wenig aus und sammelt seine Erfahrungen - sowohl mit der Technik als auch mit der Beobachtung der unterschiedlichen Veränderlichen-Typen.
Da meine zeitlichen Möglichkeiten durch eine berufliche Neuorientierung zurzeit stark eingeschränkt sind, bemühe ich mich, die wenigen verbliebenen Freiräume für die Astronomie mit dem Wetter und der Familie in Einklang zu bringen.
In der Nacht vom 22. zum 23.10.2011 sollte es nach meinen ersten Kirchheimer Beobachtungen von RR-LyraeSternen ein Delta-Scuti-Stern sein. Bei
VdS-Journal Nr. 41

1 RV Arietis (Var) und die verwendeten Vergleichsterne (Aufnahme: 60 s, SBIG
ST-7, UVIR-Filter, Norden oben, Osten links)

Delta-Scuti-Sternen handelt es sich um Veränderliche Sterne, die mit Perioden von 0,02 bis 0,25 Tagen mit Amplituden von wenigen zehntel Größenklassen bis hinunter in den Milli-mag-Bereich pulsieren. Sie gehören den Spektralklassen A bis F an und orientieren sich im Hertzsprung-Russell-Diagramm noch auf bzw. knapp über der Hauptreihe.
Die kurzen Perioden führen dazu, dass man in einer Nacht durchaus mehrere Maxima beobachten kann - ideal für Beobachter mit wenig Zeit.
Anhand des Programms BAV-Min-Max kann man sich die Maxima der DeltaScuti-Programmsterne für den betreffenden Tag anzeigen lassen. Am 22.10.2011 gegen 22:17 UT sollte sich nun RV Arietis im Maximum befinden.

RV Arietis Dieser Delta-Scuti-Veränderliche wurde 1934 von Prof. Cuno Hoffmeister auf Sonneberger Platten entdeckt und zunächst durch R. Lange 1935 als RR-Lyrae-Stern identifiziert. RV Arietis weist eine Helligkeit von 12m26 im Ruhelicht und 11m85 im Maximum auf und hat eine Periode von 0,0931 Tagen. Auf Grund der Amplitude des Lichtwechsels handelt es sich bei RV Arietis um einen sogenannten HADS, einen High Amplitude Delta Scuti. HADS gehören zur Untergruppe von Delta-Scuti-Veränderlichen mit Amplituden von größer 0,3 mag.
RV Arietis steht zudem im Verdacht, zur Grundschwingung von 0,0931 Tagen bzw. zwei Stunden und 14 Minuten eine überlagerte zweite Periode mit einer Amplitude von 0,29 mag zu haben. Das

Beobachterforum

117

heißt, dass sich die Amplitude des Lichtwechsels von Maxima zu Maxima ändern kann. Eine Arbeit von M. D. Pocs, B. Szeid und G. Viraghalmyl vom Konkoly Observatorium aus dem Jahr 2002 beschäftigte sich mit diesem Problem und bestätigte und konkretisierte die Ergebnisse früherer Beobachtungen. In diesem Zusammenhang wurden auch amateurastronomische Beobachtungen der BAV (Agerer, Dahm, Hübscher) aus den Jahren 1996 bis 2000 zitiert.
Die Beobachtung Diesen durchaus interessanten Stern, konnte ich nun am 22.10.2011 mit meinem ED 102/714 und einer SBIG ST-7 Kamera in meiner Oberwiesenthaler Gartensternwarte erfolgreich beobachten. Insgesamt wurden 135 Aufnahmen mit 60 Sekunden und UV/IR-Filter mit 1 x 1 Binning aufgenommen. Zur Auswertung mit der Software ,,Muniwin 1.1.29" kamen 129 Dark- und Flatfield-korrigierte Aufnahmen. Die weitere Auswertung mit der Bestimmung des vorangegangenen Minimums sowie des Maximums erfolgten mit der Software ,,Peranso". Im Ergebnis entstand eine schöne Lichtkurve, die eine deutliche Amplitude von 0,502 mag aufwies. Insgesamt ein interessantes Ergebnis, welches durch weitere Beobachtungen hinsichtlich einer Veränderung der Amplitude nachgeprüft werden sollte.

Literatur- und Internethinweise: [1] http://www.bav-astro.de [2] M. D. Pocs, B. Szeid und G. Viraghalmyl: ,,Long term behavior
of the double-mode high amplitude delta Scuti star RV Arietis" 30.04.2002, A&A 393 [3] BAV-MinMax

2 Lichtkurvenblatt von RV Arietis

Mein Galaxienprojekt ,,Balkonsternwarte"

von Torsten Güths

Es begann mit der ersten Erfahrung mit einer CCD-Kamera. Testhalber konnte ich durch ein Bresser Pluto mit einer Starlight Xpress MX5C fotografieren und war positiv überrascht angesichts der Tiefe und Auflösung des gewonnenen Bildes. Rasch wandelten sich meine Pläne von der mobilen Fotografie mit Film zur stationären CCD-Balkonfotografie. Nach dem Umzug in ein Dorf acht Kilometer von Bad Nauheim entfernt und der Anschaffung einer CCD-Kamera Starlight Xpress MX7C konnte ich vom Balkon meiner Wohnung aus endlich stationär der Fotografie frönen. Gierig hechelte ich damals von Objekt zu Objekt. Der Nachholbedarf war enorm! Natürlich wurden die ,,Klassiker" abgelichtet, auch um das Leistungsvermögen von Beobachter, Teleskop und Kamera im Ver-

gleich zu anderen Aufnahmen einzuordnen. Doch stand ich buchstäblich eines nachts da und fragte mich: ,,Was soll ich denn jetzt fotografieren?" Und auch der Wunsch, einmal etwas ,,Neues" zu entdecken, bzw. schöne Überraschungen zu erleben, keimte auf. Auch wenn das Neue nur eine selten abgebildete Galaxie ist.
So machte ich mich dann auf den Weg, auch abseits des Mainstreams Schätze zu entdecken. Als Selektion legte ich willkürlich fest, dass nur Galaxien nördlich einer Deklination von minus sechs Grad in Frage kamen. Sie sollten in der Uranometria 2000 Nord enthalten sein und aufgrund des schlechteren Seeings eine nicht zu geringe Horizonthöhe einnehmen. Der erhofften Ästhetik wegen wählte ich dann nur die Galaxientypen S, SB

und Irr aus, die mindestens fünf Bogenminuten Ausdehnung in einer Richtung aufwiesen. Als Datenquelle diente die Saguaro Astronomy Club Deep-Sky Database von 2002, einer feinen Excelliste, auf die mich Wolfgang Steinicke hinwies. Es finden sich dort über 10.000 Eintragungen [1]. Meine Selektion ergab 157 Objekte.
Als Belichtung wählte ich Sequenzen von mindestens vier Aufnahmen zu fünf Minuten Belichtungsdauer. Das mag nach heutigen Maßstäben sehr kurz anmuten, doch war eine mehrstündige Belichtungsdauer damals noch nicht so sehr verbreitet. Außerdem war ich es gewohnt maximal 20 Minuten auf Film zu belichten und ich war gierig auf die neuen Objekte!
VdS-Journal Nr. 41

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Beobachterforum

Die Aufnahmeoptik war ein selbst importierter Newton aus Taiwan (Fa. Everwin) mit 15 Zentimetern Spiegeldurchmesser und 880 Millimetern Brennweite (1:5,9). Der dünne Blechtubus wurde durch einen Tubus von G. Neumann ersetzt und ein einfacher Schraubfokussierer (Fa. GAT) tat seinen Job. Nachgeführt wurde zunächst mit einer Vixen GP-DX, ab 2003 mit einer gebraucht erworbenen AOK WAM 400CC. Die Nachführung erfolgte stets manuell durch einen 10-cm-Refraktor (FH) bei 110-facher Vergrößerung. Das war auch ein Grund, warum ich

1 Die Suchabfrage. Es wurde nach
Objekten im deutschsprachigen Raum gesucht.
nicht allzu viele Aufnahmen von einem Objekt erzeugte.
Das Seeing auf dem Balkon stellte sich als eines der Hauptübel dar: War es schlecht,

2 Die Häufigkeitsverteilung der
Galaxien mit weniger als 2.500 Suchtreffern

3 NGC 3338, Löwe, Belichtung 8 x 5 min

4 NGC 3344, Kleiner Löwe, Belichtung 4 x 5 min

5 NGC 3359, Großer Bär, Belichtung 4 x 5 min

6 NGC 3521, Löwe, Belichtung 5 x 5 min

Beobachterforum

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klappten bereits das Fokussieren und die Nachführung nicht gut: Da waren dann oftmals 880 Millimeter Brennweite bei einer Pixelgröße von 8,6 Mikrometer schon zu lang. Der Pixelmaßstab betrug knapp zwei Bogensekunden pro Pixel. Gemäß dem Nyquistkriterium ergaben sich fast vier Bogensekunden einzuhaltende Nachführgenauigkeit. Dieses zu erreichen war nicht immer möglich. Die Himmelshelligkeit des Standorts betrug zwischen 20,4 und 20,8 Magnituden pro Bogensekundenquadrat. Für eine Balkonsternwarte ist das vermutlich gar nicht so schlecht.

Die Top Ten der im Internet populärsten Galaxien aus meinem Survey

Rang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Name NGC 5194 NGC 224 NGC 598 NGC 3031 NGC 3034 NGC 5457 NGC 4321 NGC 891 NGC 4565 NGC 7331

Alt-Name M 51 M 31 M 33 M 81 M 82 M 101 M 100 UGC 1831 UGC 7772 UGC 12113

Sternbild CVn And Tri UMa UMa UMa Com And Com Peg

Yahoo-Hits 23.400 21.400 12.300 11.100 10.200 9.930 9.550 9.260 6.010 3.940

7 NGC 3726, Großer Bär, Belichtung 4 x 5 min

8 NGC 3917, Großer Bär, Belichtung 8 x 5 min

9 NGC 3938, Großer Bär, Belichtung 10 x 5 min

10 NGC 4051, Großer Bär, Belichtung 12 x 5 min

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Beobachterforum

Da die Thematik ja auch die ,,Popularität" der Objekte betraf, lag die Erstellung einer Hitliste mittels einer Internetsuchmaschine nahe. Ich wählte willkürlich Yahoo anstelle der zum Quasi-Standard avancierten Suchmaschine. Die Suche erfolgte nach dem populäreren Namen, beispielsweise ,,M 51" anstelle von ,,NGC 5194" (Abb. 1). Die Tabelle 1 zeigt die Top Ten der Treffer an. Die ausgedehnteste Galaxie des nördlichen Nachthimmels, M 31, ist demnach nicht das populärste Exemplar. Abb. 2 zeigt, wie sich die Treffer über den erzielten Rang verteilen.

Ebenfalls ein interessantes Nebenprodukt ist die Verteilung der Achsenverhältnisse, unter denen die selektierten Galaxien erscheinen. Es scheinen sich leichte Häufungen zu ergeben, jedoch sollte man die Übersicht in Tabelle 2 nicht überbewerten. Die Berechnung des Achsenverhältnis erfolgte durch die Bildung des Quotienten aus der kleinen Achse und der großen Achse. Die Werte, die gegen Null streben, bezeichnen Galaxien in Kantenlage und die Werte, die gegen Eins streben, beschreiben die Objekte in Draufsicht. Bei den Angaben

Daten der Galaxien in den Abbildungen

Name

Sternbild Typ

a b

b/a

Yahoo Hits

Januar 2011

NGC 3338 Leo

Sc

60%

61

5,7 3,4

NGC 3344 Lmi 96%

SBbc Ring 7,1 6,8 276

NGC 3359 UMa

SBc

56%

63

7,5 4,2

NGC 3521 Leo 48%

SBbc 406

11,2 5,4

NGC 3726 UMa 68%

SBc Ring 6 4,1 84

NGC 3917 UMa

Sc

22%

36

5 1,1

NGC 3938 UMa

Sc

98%

76

5,1 5

NGC 4051 UMa 83%

SBbc 236

5,3 4,4

Mv Popularitätsrang 11,1 9,9 10,6 9 10,4 11,8 10,4 10,2

Uranometria
Seite 190 122 145 77 24 121 236 64 73 109 47 142 74 112 74 84

(a = große Galaxienachse in Bogenminuten, b = kleine Galaxienachse in Bogenminuten)

Die Verteilung der Achsenverhältnisse aus meinem Survey

b/a 0-0,1 0,1-0,2 0,2-0,3 0,3-0,4 0,4-0,5 0,5-0,6 0,6-0,7 0,7-0,8 0,8-0,9 0,9-1 Total

Häufigkeit 3
20 20 22 18 19 15 13 16 12 158

b/a = Verhältnis von kleiner zu großer Galaxienachse

in der Saguaroliste bleibt unbekannt, wie weit diese Ausdehnungsangaben reichen. Basieren sie auf den schwächsten Ausläufern oder nur dem eher kompakten ,,Galaxienkörper"?
Abschließend sollen einige Bildbeispiele (Abb. 3 - 10) zeigen, dass ein Beobachter doch belohnt werden kann, wenn er einmal abseits ausgetretener Pfade wandelt. Und dafür braucht man nicht die Objekte exotisch anmutender Kataloge, deren Fotografie besten Himmel, größtes Equipment und mehrstündige Belichtungszeiten erfordern.
Internethinweis: [1] http://www.saguaroastro.org/

Heilung ausgeschlossen -
Erfahrungsbericht einer vom Südhimmel infizierten
von Heidi Sieske

Nun hat er mich also auch erwischt - der Virus astronomicus namibiensis. Bei Sternfreunden aus dem Förderverein der Sternwarte Drebach, die schon seit einigen Jahren angesteckt sind, konnte ich in der Vergangenheit die Symptome dieser Krankheit ausgiebig studieren. Man glaubt ja immer, dass einem selbst so etwas nicht passiert, sondern immer nur anderen. Aber wie so häufig im Leben wurde ich auch hier eines besseren
VdS-Journal Nr. 41

belehrt, und manche Erfahrungen muss man sowieso selber machen...
Angefangen hatte es damit, dass unser Vereinsvorsitzender mich im Sommer 2008 während des Besuches der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung in Berlin so nebenbei fragte, ob ich nicht Lust hätte, im Juli 2010 zusammen mit weiteren Vereinsmitgliedern die AstroFarm ,,Tivoli" in Namibia unsicher zu

machen. Von den Fotos und begeisterten Berichten bisheriger Namibia-Reisender neugierig gemacht, hatte ich zugesagt, ohne wirklich zu wissen, worauf ich mich da einließ. Das Jahr 2010 schien noch eine Ewigkeit entfernt zu sein.
Aber schneller als gedacht waren Flug, Unterkunft und Teleskop verbindlich gebucht, und plötzlich hieß es: ,,Koffer packen - nächste Woche geht es los!"

Beobachterforum

Auf dem Frankfurter Flughafen traf ich mich mit meinem Vereinskollegen Dr. Thomas Hunger und meiner Bekannten Ursula, beide so wie ich ,,Namibia-Neulinge". Joachim Lorenz und Gerhard Lehmann, ebenfalls Vereinsmitglieder, hatten zu dieser Zeit bereits eine Woche am 16-Zoll-Hypergraphen der Astro-Farm unter südlichem Himmel verbracht.
Nach zehnstündigem Nachtflug landeten wir wohlbehalten in Windhoek, und nach weiteren zwei Stunden Autofahrt - anfangs über Asphaltstraßen, später über Schotterpisten - hatten wir Tivoli erreicht. Zimmer beziehen, Koffer auspacken, 11 Uhr das zeitlich an nachtaktive Sterngucker angepasste Frühstück, und am späten Nachmittag wuchs - sicher nicht nur bei mir - mit jeder verstreichenden Stunde die Spannung, wie der Sternhimmel am südlichen Wendekreis denn nun im Original aussehen würde. Zwar hatte ich Mitte der neunziger Jahre schon einmal von den Philippinen aus das Kreuz des Südens gesehen; auf etwa 10 Grad nördlicher Breite, aber das war lange her und mit wesentlich weniger astronomischen Kenntnissen gewesen. Gegen 17 Uhr trafen wir uns bei beginnender Dämmerung im Freiluft-Speisesaal und genossen das abendliche Drei-GängeMenü.

1 Die Galaxie NGC 5128 (Centaurus A), aufgenommen mit einer Canon EOS
1000Da an einem Newton 0,2 m f/4. Ausschnittsbild aus der Addition von fünf Aufnahmen mit je fünf Minuten Belichtungszeit. Bildautoren: Thomas Hunger und Heidi Sieske

Mittlerweile war es stockfinster und auch ziemlich kalt geworden. Wir traten unter dem Dach unseres Speise-Pavillons hervor, ich richtete meinen Blick nach oben - und blieb minutenlang sprachlos stehen. Die Milchstraße zog sich wie ein glitzerndes Band von Edelsteinen über den samtschwarzen Himmel, ein kosmisches Collier aus Tausenden und Abertausenden von Sternen, die hellsten von ihnen wie Diamanten funkelnd, ein Meisterwerk der Natur voller strahlender, im wahrsten Sinne des Wortes überirdischer Schönheit. Das Kreuz des Südens stand leicht schräg über dem Farmhaus und bot am noch unvertrauten Südhimmel eine erste Orientierung. Es gab kein störendes Licht weit und breit, nicht den Hauch einer Wolke, und die Luft war klar und trocken und so ruhig, als ob sie sich in diesem Teil der Welt noch nie bewegt hätte.
Wir gingen in unsere Quartiere, streiften die warmen Sachen über und machten uns auf den Weg zu ,,unserer" Sternwarte, die Reinhold Schreiber, der Besitzer der Farm, uns bereits am Nachmittag ge-

zeigt hatte. Dort wartete ein 200/800 mm Newton auf uns, doch zunächst hieß es, freie Sicht zu schaffen und das Dach mit Muskelkraft beiseite zu kurbeln. Der Laptop von Thomas zur Steuerung des Teleskops war bereits angeschlossen. Für die erste Nacht hatten wir nur visuelle Beobachtungen und noch keine Fotos geplant. Wir stellten Alpha Centauri als Referenzstern ein, wählten im Steuerprogramm Guide ein zu beobachtendes Objekt, klickten auf ,,Go" - und schauten uns ratlos an, als das Fernrohr Lichtjahre von der erwarteten Position entfernt zum Halten kam. Hatten wir einen Fehler gemacht? Also noch einmal die ganze Prozedur von vorn: Referenzstern einstellen, Beobachtungsobjekt auswählen, ,,Go" anklicken - mit dem gleichen Ergebnis. Auch das Aus- und wieder Einschalten des Teleskops und ein erneutes Hochfahren des Rechners brachten keinen Fortschritt. Was nun?
Mit Joachims Hilfe fanden wir schließlich heraus, dass Reinhold und wir unterschiedliche Auffassungen gehabt hatten, wann sich das Teleskop in Ost- bzw.
VdS-Journal Nr. 41

Westlage befindet. Nachdem dieser Fehler gefunden und beseitigt war, funktionierte das ,,Go to" anstandslos, und wir konnten den Anblick des Südhimmels bis gegen drei Uhr morgens beim Spazierengucken genießen.
Ab der zweiten Nacht war ,,harte Arbeit" angesagt - Fotografieren! Da das für mich absolutes Neuland war, schaute ich erst einmal nur zu. Eine ALCCD5 war als Guider-Kamera an das Leitrohr montiert, und eine H-alpha-taugliche Canon 1000D saß am Okularauszug. Ich
VdS-Journal Nr. 41

2 Die Gasnebel NGC 6334 (Katzenpfotennebel) und NGC 6357 im Sternbild
Skorpion, aufgenommen mit einer QSI-540wsg-CCD-Kamera an einem 200-mmf/3.5-Canon-Objektiv. Das Bild entstand aus 5 x 10 min H-alpha, 4 x 5min Rot, 4 x 5 min Grün und 4 x 5 min Blau.

beobachtete interessiert, was Thomas da so nacheinander anklickte, ohne im Einzelnen zu verstehen, was genau passierte und wozu das gut war. Nach zwei, drei offenbar nicht so erfolgreichen Versuchen erschien dann gegen halb neun das erste Foto auf dem Bildschirm des Laptops: Omega Centauri. Ursula und ich waren hellauf begeistert, nur Thomas schien etwas enttäuscht. In den euphori-

schen Schilderungen anderer Sternfreunde hatte der größte Kugelsternhaufen unserer Milchstraße wohl noch erheblich größer geklungen. Nächster Kandidat für ein Testfoto war Centaurus A (NGC 5128), die Galaxie mit dem charakteristischen dunklen Staubgürtel; anschließend waren der Lagunen- und der Trifid-Nebel an der Reihe.

Am nächsten Abend ließ ich mir von Thomas genau erklären und zeigen, was nacheinander zu tun war, um ein Foto zu machen. Nach Einstellung von Referenzstern und Beobachtungsobjekt mussten zuerst beide Kameras fokussiert werden. Anschließend startete ich das Guiding, und während sich so langsam eine stabile Nachführung einpendelte, tippte ich die Daten der geplanten Aufnahme ins Beobachtungsprotokoll. Dann stellte ich Belichtungszeit und Anzahl der Bilder ein und klickte schließlich auf ,,Start". Nach fünf Minuten erschien das Ergebnis auf dem Bildschirm: die Sombrero-Galaxie (M 104). Mit tatkräftiger Unterstützung von Thomas hatte ich meine erste Astro-Aufnahme gemacht!
Den Rest der Nacht saß ich am ,,Drücker" und festigte die neu gewonnenen Kenntnisse bei vielen Aufnahmen, unter anderem von 47 Tucanae, vom Helixnebel (NGC 7293) und vom Katzenpfotennebel (NGC 6334).
Während längerer Belichtungsreihen wärmten wir uns im Quartier mit Tee oder Kaffee auf. Schließlich befanden wir uns im namibischen Winter, da rauschten die Temperaturen nach Sonnenuntergang ganz schnell in den Keller. Gegen Mitternacht waren -5 Grad C die Regel, die Rekordtemperatur lag bei -8 Grad C, und zwei Wochen vorher hatten nach Reinholds Worten polnische Sternfreunde sogar -10 Grad C gemessen.
Ab der folgenden Nacht war das Fotografieren für mich schon fast Routine, und es machte von Aufnahme zu Aufnahme immer mehr Spaß - das Virus hatte zwischenzeitlich ganz klammheimlich zugeschlagen. Wo man beim Blick durchs Teleskop nicht viel mehr als ein helles Nebelfleckchen gesehen hatte, zeigte schon ein fünf Minuten belichtetes Foto Farben und Strukturen, dass es die helle Freude war: Eta Carinae, Adlernebel, Omega- bzw. Schwanennebel - alles, was der reiche Südhimmel an bekannten und weniger bekannten Objekten zu bieten hatte.
Auch in den folgenden Nächten brauchten wir nicht zu entscheiden, ob es aufgrund der Wetterbedingungen lohnen würde, sich ans Teleskop zu setzen, sondern lediglich, was wir beobachten und fotografieren wollten.
Und dann war auch schon der letzte Tag vor der Abreise gekommen. Gegen 16 Uhr halfen wir, Campingstühle und Kühlboxen, deren Inhalt noch nicht verraten wurde, auf zwei Geländewagen zu laden - unseren letzten namibischen Sonnenuntergang und die erfolgreichen Beobachtungswochen wollten wir gebührend auf der Düne feiern. Dort angekommen, bauten wir die Campingstühle auf, während unsere Gastgeber eine Tischdecke über ein kleines Tischchen breiteten und den bisher geheim gehaltenen Inhalt der Kisten darauf servierten: Rotwein, Bier, Saft und verschiedene Knabbereien, darunter auch luftgetrocknetes Oryx-Fleisch.
Wir prosteten einander zu, ließen die vergangenen Tage oder besser gesagt Nächte Revue passieren und tauschten uns mit den Sternfreunden aus Norddeutschland und Italien

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Astro-Messe AME2012

· 7. Internationale Astronomie-Messe AME

am 8. September 2012 in 78054 VS-Schwenningen.

AME2012

8. September 2012
· VdS-Kaffee auf der AME
der Treffpunkt für VdS-Mitglieder. Zum Kennenlernen und für den persönlichen Erfahrungsaustausch. Ganztägig während der AME, direkt neben dem Haupteingang.
· Attraktives Rahmenprogramm
Vortragsprogramm, Treffpunkt Buch, Sonnenbeobachtung bei gutem Wetter, Einsteinmobil, Gernot Meiser mobile Sternwarte und mobiles Planetarium.
· Workshop während der Messe
DSLR-Tuning, welche Grundeinstellungen sind für Himmels- und Astrophotographen sinnvoll? Mit Stefan Seip, Anmeldung ab sofort möglich. Details auf der Website www.astro-messe.de
· Webcam-Workshop
am Donnerstag und Freitag vor der Messe (6. und 7. September 2012). Mit Silvia Kowolik an der Sternwarte Zollern-Alb. Anmeldung ab sofort möglich. Details auf der Website www.astro-messe.de
· Sonnenfinsternis-Treffen
am 7. September 2012 in Deißlingen im Hotel Hirt.
· Ansprechpartner
Ansprechpartner: Walburga und Siegfried Bergthal Tel.: 0741 270 62 10 · Email: info@astro-messe.de

www.astro-messe.de

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Beobachterforum

aus, die gleichzeitig mit uns die AstroFarm besucht hatten. Das Rot des Sandes wurde mit der sinkenden Sonne noch um einige Schattierungen kräftiger. Der Eine oder Andere hatte seine Kamera auf ein Stativ montiert, um die Stimmung des Sonnenuntergangs einzufangen, und schließlich wetteiferten wir darum, wer Merkur am abendlichen Himmel als Erster entdecken würde.
Etwa eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang traten wir den Rückweg zur Farm an, wo bereits das Abendessen auf uns wartete. Wieder machte eine Flasche

Rotwein die Runde, was mich befürchten ließ, dass die Anzahl der Doppelsterne in der letzten Beobachtungsnacht wohl drastisch zunehmen würde. Ursula verabschiedete sich nach dem Essen gleich ins Quartier; Thomas und ich gingen zur Sternwarte, montierten die Kameras ab und genossen den Sternhimmel bis gegen Mitternacht noch einmal visuell.
Am nächsten Tag hieß es Abschied nehmen von unseren Gastgebern - und vor allem von den phantastischen Beobachtungsbedingungen. Jetzt wusste ich endlich, was ,,excellent seeing" bedeutete -

und würde es wohl so schnell nicht wieder erleben. Wann hatten wir im Erzgebirge auch nur eine einzige solche Nacht erlebt? Noch nie!
Nach Aussage von Gerhard und Joachim ist eine Heilung äußerst unwahrscheinlich, wenn man sich einmal mit dem Virus astronomicus namibiensis angesteckt hat, und ich kann ihnen nach der Woche auf Tivoli nur zustimmen. Das einzige Mittel, die Symptome einigermaßen in Schach zu halten, ist: immer wieder hinfahren!

Oh je - der Nachthimmel auf Teneriffa
von Hans Gerhard Weber

Im Sommer 2011 verbrachte ich einen Kurzurlaub auf Teneriffa. Am 3. Juli packte ich meine Digitalkamera und mein Stativ zusammen, um einige südliche Sternbilder zu fotografieren. Mit dem Leihwagen fuhr ich von Puerto de la Cruz hoch in das Innere der Caldera des 3.700 Meter hohen Vulkans Pico de Teide. Am Fuß des Zentralkegels liegt eine Seilbahnstation, wo man auf einem Parkplatz sein Auto abstellen und die Astro-Ausrüstung aufstellen kann. Aus einer Höhe von knapp 2.300 Metern hat man von dort einen sehr schönen Blick über den südlichen Kraterrand hinweg. Das hatte ich bei mehreren zurückliegenden Besuchen der Insel gut in Erinnerung behalten.

Aus dem Auto ausgestiegen, bot sich im Zenit ein unglaublicher Sternenhimmel. Nach Süden hin musste ich aber leider feststellen, dass der Himmel viel aufgehellter war als noch vor einigen Jahren. Ganz schlimm war der Wind, so dass das Stativ Standprobleme bekam. Bei empfundener Windstärke 10 wurden die Aufnahmen dann auch fast alle verwackelt. Die Aufnahme des Sternbildes Skorpion möchte ich aber nicht vorenthalten. Sie zeigt zwar das gesamte Sternbild mit Teilen des Schützen über dem Südhorizont, aber das Ausmaß der Lichtverschmutzung wird schon bei kurzer Belichtungszeit sichtbar. Die Besiedlungsdichte und der Beleuchtungsgrad haben an Teneriffas Südküste stark zugenommen, zur Freude der Touristen, zum Leid der Astronomen!
VdS-Journal Nr. 41

4 Nikon D 3100 mit Objektiv 18-55 mm, Standaufnahme mit Blende 3,5 und
f = 18 mm, gegen 23:30 Uhr Ortszeit 60 Sekunden belichtet, ISO 3200. Bei stärkerer Vergrößerung des Bildes würde man die Verwacklung durch den starken Wind an den einzelnen Sternpunkten sehen.

Die totale Mondfinsternis
vom 15. Juni 2011 über Budapest
von Gabriele und Jörg Ackermann

Beobachterforum

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1 Aufnahme während
der Totalität um 22.01 MESZ, Kamera: Canon EOS 5D mit Zeiss Sonnar 4/300 mm mit 2-fach Kiev Teleconverter, Blende 8, ISO 1600, Belichtungszeit 3,2 s
Um einen guten Blick auf den aufgehenden Mond zu haben, sind wir auf den Zitadellenberg in Budapest gestiegen. Die Finsternis erschien uns sehr dunkel, was vielleicht nicht nur am Lichtermeer Budapests gelegen hat. Zum Höhepunkt der Totalität war der Mond praktisch nicht mehr zu erkennen - man muste schon sehr genau wissen, wo er steht. Einen guten Eindruck vom Blick von der Zitadelle über das hell erleuchtete Budapest gibt Abbildung 2 wider.
2 Blick von unserem
Beobachtungspunkt, dem Budapester Zitadellenberg um 23.04 MESZ, Kamera: Canon PowerShot S90 (f=15 mm), Blende 4, ISO 2000, Belichtungszeit 0,8 s

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VdS vor Ort

Frikadellen, Astrofotografie und viel Sonne - das war der 8. PaS
von Christoph Lohuis

In der Freizeit organisierte Veranstaltungen unterliegen einem Problem: Sie werden in der Freizeit organisiert. Diese simple Feststellung hatte zur Folge, dass der ,,Praktische astronomische Samstag" (PaS) im Jahr 2010 ausfiel, da viele Personen wenig freie Zeit hatten. Nicht nur in ,,Insiderkreisen" wurde daher diskutiert - war es das nun mit dem PaS? Wäre diese Frage mit ,,Ja" beantwortet worden, wäre dieses wirklich schade gewesen, da sich diese Veranstaltung als feste Größe etabliert hat und jedes Jahr über 50 Amateurastronomen von Bremen über Osnabrück bis zum Ruhrgebiet in die Grafschaft Bentheim lockte - nicht schlecht für eine Fachtagung in der ,,Provinz"!

Die Zukunft für den PaS lautet aber ,,Es wird weitergehen"! In den letzten Monaten steckten viele Personen viel Zeit und Engagement in das Gelingen des 8. PaS. Die Türen der Sternwarte Neuenhaus öffneten sich gegen Mittag und erste eintreffende Referenten und Gäste

1 Arno Hesse führte das Publikum in die Bestimmung der Sonnenflecken-
relativzahlen ein.

2 Die Beobachtungsterrasse der Sternwarte Neuenhaus sowie die Kuppel mit
unterschiedlichen Teleskopen laden beim PaS immer wieder zu praktischen Aktivitäten ein.
VdS-Journal Nr. 41

,,klönten" bei Kaffee und Gebäck. Einen Schwerpunkt der Vorträge an diesem Tag markierte den Bereich Astrofotografie, wobei die Vorträge innerhalb dieser Thematik sehr unterschiedlich ausfielen. Hans Schudy stellte die Fotografie Planetarischer Nebel in den Mittelpunkt. Diese Objektklasse begleitete ihn fast sein gesamtes astronomisches Leben. Fast nebenbei, für den geneigten Zuhörer aber mehr als eindrucksvoll, stellte sich heraus, dass die gesamte Sternwarte (inklusive Kuppel) sowie Montierung im Eigenbau entstand. Albert van Duin aus den Niederlanden unterstrich die Möglichkeiten des Selbstbaus und rückte hierbei seine aktuellen Projekte (den Bau eines 40-Zentimeter-Newton (f/4) sowie die Modifizierung seiner Sternwarte) in den Fokus. Abgerundet wurde die Präsentation durch Fotografien, die keinen Vergleich zu bekannten Publikationen scheuen müssen. Spannend für den astrofotografischen Einsteiger war der Vortrag von Thomas Büring, der seine

VdS vor Ort

127

Entwicklung dokumentierte und zeigte, was innerhalb weniger ,,Lehrjahre" an Fortschritten erzielt werden kann. Arno Hesse führte in die Beobachtung und Bestimmung von Sonnenfleckenrelativzahlen in Weißlicht und H-Alpha ein. Fundierte Informationen, ein lehrreicher Diskussionsaustausch und die praktische Durchführung in den Pausen zeichneten seinen Vortrag/ Workshop aus. Die Sonne und das langsam aber sichere Zustreben auf das Sonnenzyklusmaximum waren auch von Bedeutung, als es bei Christoph Lohuis um die ,,Faszination Polarlichter" ging. Einen ganz anderen Ansatz der Beobachtung von Sternen eröffnete Uwe Dulle, der über mögliche Einstiege in die Spektroskopie referierte. Gleichzeitig bot diese Thematik eine Schnittstelle zur professionellen Astronomie. Jürgen Morawietz referierte ,,Irgendetwas über Radioastronomie" und führte den Zuhörern vor Augen, dass das größte Radioteleskop der Welt direkt vor der Grafschafter Haustür steht. Abgerundet wurde der PaS durch einen Rückblick von Joachim Lindner auf die Voyager-Missionen.

3 Einfach, aber genial - das Solarscope! Christoph Lohuis (zuständig für die
Bildungsarbeit der Sternwarte und des Planetariums Neuenhaus) erläutert den didaktischen und methodischen Einsatzbereich des Solarscopes.

Das Wetter war uns hold und so stand die Sonne auch in den Pausen im Mittelpunkt. Sonnenflecken, Flares und Protuberanzen wurden von der Beobachtungsterrasse der Sternwarte Neuenhaus ins Visier genommen. Parallel stand der Austausch von Erfahrungen im Mittelpunkt. Wer jetzt noch wissen will, was es mit den Frikadellen auf

sich hat, der möge sich den 20. Oktober 2012 als Termin für den 9. Praktischen astronomischen Samstag notieren.
Weitere Eindrücke sowie Bilder und Hinweise zu vergangenen und zukünftigen Veranstaltungen sind auf der Seite www. avgb.de zu finden.

SOFIA in Köln
von Horst Schoch

Anlässlich des Tages der Luft- und Raumfahrt in Köln Porz am 18.9.2011 bot sich die - sicherlich nicht häufig wiederkehrende - Gelegenheit, SOFIA, das Stratospheric Observatory for Infrared Astronomie, einmal sehen und betreten zu können.

Nach mehr als zehn Jahren Entwicklungszeit bestand SOFIA am 18.12.2009 ihren ersten Flug mit 100% geöffneter Beobachtungstür, und am 25./26. Mai 2010 gab es für das 2,70-Meter-Infrarot Teleskop ,,first light". Nun war es also in Köln bei der DLR, einem seiner wissenschaftlichen Betreiber, angekommen.

Da der Tag der Luft- und Raumfahrt neben der Ausstellung diverser Forschungs- und militärischer Fluggeräte auch die Gelegenheit bieten würde, einen Airbus A-380 von innen zu besichtigen, war mit einem großen Besucherandrang zu rechnen.

1 SOFIA - von der Warteschlange aus gesehen

VdS-Journal Nr. 41

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VdS vor Ort

2 Die Piloten von SOFIA
Durch die Erfahrungen früherer DLRBesuche gewarnt, machten meine Frau und ich uns also schon sehr zeitig auf den Weg. Schon die Anfahrt im Shuttlebus war ein drangvolles Erlebnis. Als wir schließlich noch vor der offiziellen Öffnungszeit am Tor zum DLR-Gelände anlangten, wurden wir bereits von einer langen Besucherschlange erwartet. Dankenswerter Weise wurde das Tor aber schon etwas früher geöffnet und so konnten wir in einem riesigen Pulk losmarschieren. Das Gelände, auf dem die Flugzeugausstellung zu sehen war, gehört eigentlich nicht mehr zum DLR, sondern bereits zum militärischen Teil des Flughafens Köln-Bonn. Um zu ihm zu gelangen war eine beträchtliche Laufstrecke zurückzulegen und bereits jetzt war es so voll, dass es selbst mit den ab und zu gesichteten Elektrokarren nicht möglich gewesen wäre, an der Menge vorbeizukommen.
Nachdem wir endlich den Eingang zur Flugzeugausstellung erreicht hatten, hieß es, sich in eine lange Schlange einzureihen, deren Ursprung uns nicht sofort klar war: Um Zugang zum Airbus A-380 und zu SOFIA zu erhalten, war extra eine Sicherheitsschleuse aufgebaut worden, bei der die Besucher genauso kontrolliert wurden wie bei einem echten Flug.
Das dauerte natürlich, und zum Warten gesellte sich auch noch Regen. Der Himmel mit seinen tief liegenden schwarzen Wolken bildete einen imposanten Rahmen für die Objekte unserer Begierde.
VdS-Journal Nr. 41

Schon jetzt konnten wir die betagte Boeing N747NA - immerhin Baujahr 1977 bestaunen.
Schließlich hatten auch wir die Schleuse passiert und konnten zunächst mit der Besichtigung des größten Verkehrsflugzeuges der Welt beginnen.
Nach einem beeindruckenden Rundgang durch einen ,,unaufgeräumten" Airbus -

es war eine Testversion und wir konnten viele Messapparaturen, aber auch viele Details sehen, die normalerweise dem Fluggast hinter der Verkleidung verborgen bleiben, war es soweit.
Erneut mussten wir uns in eine Schlange einreihen, die zu einem direkt vor SOFIA aufgebauten Zelt führte. Darin konnte man seine eigene ,,Wärmeverteilung" sehen: Ein interessantes Beispiel für die Informationen, die SOFIA im infraroten Bereich sammelt, konnte man sich selbst im Infraroten auf einem Monitor besichtigen.
Im Zelt erwartete die Besucher eine amerikanische Crew, die sich uns gegenüber ausgesprochen höflich und freundlich verhielt. Zwei Personen in Overalls gaben Autogramme und auf Nachfrage meiner Frau erhielten wir den Hinweis, dass es sich bei den beiden um die Piloten handele.
Die Wartezeit, bis wir endlich selbst SOFIA betreten konnten, wurde durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mehrerer Institute verkürzt, so z.B. von der Universität Köln und dem Team, das als Konsortium deutscher Forschungsinstitute das

3 Der Nasmyth-Fokus von SOFIA mit dem Instrument GREAT

Service 129

GREAT (German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies) entwickelt hat, ein hoch auflösendes Spektrometer zur Analyse der Frequenzinformation des astronomischen Signals.
Schließlich war es soweit und in kleinen Gruppen ging es - jeweils von einem Wissenschaftler betreut - in das Innere des Flugzeugs.
Das eigentliche Teleskop, ein Spiegel mit einem Durchmesser von 2,7 Metern mit einer effektiven Öffnung von 2,5 Metern und einem Öffnungsverhältnis des Hauptspiegels von f /1,28, war durch die druckdichte Abschottung nicht zu sehen, wohl aber der Nasmyth-Fokus und die daran angeschlossenen Instrumente. Wir erfuhren eine Menge über die Konstruktion und die Probleme, die mit der

Verwirklichung des Observatoriums einhergingen. Um z.B. eine stabile Fluglage zu gewährleisten, mussten zusätzliche Stahlplatten in den Boden eingebaut werden, ein Teil der Innenverkleidung (Isolierung) wurde entfernt, und das heißt, es kann für jemanden, der in der Nähe der Kabinenwand sitzt, schon sehr unangenehm kalt werden.
Nach dem Besuch von SOFIA hieß es erst einmal wieder den langen Weg zum und durch das DLR zurück - die Menschenmenge betrug gefühlt eine halbe Million. Tatsächlich sollen es ca. 100.000 Besucher gewesen sein. Um die Mittagszeit wurde das Flugzeuggelände für ca. zwei Stunden gesperrt, laut Lautsprecherdurchsagen wegen Überfüllung, den wahren Grund erfuhren wir erst später aus der Presse: der Wirtschaftsminister hatte sich angesagt!

Es war sehr beeindruckend, das fliegende Observatorium einmal selbst betreten zu können, die Organisation war gut und die Betreuung durch die Angehörigen des DLR und der beteiligten Institutionen ließ keine Wünsche offen. Ein kleiner Wermutstropfen war allerdings, den Teleskopspiegel selbst nicht sehen zu können, die Beobachtungstür blieb außen verschlossen.
Natürlich bleiben auch kritische Fragen, so zum Beispiel, wie die Umweltbilanz von SOFIA aussieht, aber nichts desto trotz hat hier eine innovative Technologie zu einer beeindruckenden Erweiterung astronomischer Beobachtungsmöglichkeiten geführt.

M wie Messier
von Torsten Güths

Mit der Ihnen vorliegenden Ausgabe endet die Serie ,,M wie Messier". Vor über zwölf Jahren startete ich sie als Mitmachprojekt und als Informationsquelle - nicht nur für Einsteiger.
Eine genaue Statistik habe ich nicht geführt, doch das erste Heft war das VdS Journal für Astronomie 2/1999 und es müssten bei rund fünf Beschreibungen je Objekt geschätzt insgesamt 500 bis 700 Beschreibungen in 37 Journalausgaben zusammengekommen sein.

Ich möchte mich bei allen Zusendern von Artikeln und Bildern herzlich bedanken! Bei den Abbildungen habe ich bewusst den Schwerpunkt auf eher einfache Instrumente gelegt, damit der normale Sternfreund einen Einblick erhält, wie die Objekte ohne zu großen technischen Aufwand auf Fotos erscheinen können. Leider konnte ich nicht alle Bildzusendungen berücksichtigen. Mein besonderer Dank geht an Gerhard Scheerle und Gerd Kohler, welche die Serie ab ungefähr der Hälfte fast alleine trugen, sowie

Dirk Panzcyk, der mir einfach seine komplette Beobachtungsliste zur Verfügung stellte!
In der nun letzten Folge unserer ,,M"Serie sind Berichte von Dirk Panczyk, Gerhard Scheerle, Gerd Kohler, Winfried Kräling und dem Verfasser enthalten, sowie Aufnahmen von Bernd Flach-Wilken/Volker Wendel, Michael Schmitz und dem Verfasser abgebildet.
Vielen Dank allen Zusendern!

M 40, Großer Bär (UMa)

Objekttyp:

(optischer)

Doppelstern

Entfernung:

ca. 500 Lichtjahre

Reale Ausdehnung: -

Scheinbare Helligkeit: 9,7 und 10,1 mag

Winkelausdehnung: 50"

Koordinaten:

Rekt.: 12h20m

Dekl.: 58 Grad 18`

Historisches: Messier hat diesen Doppelstern im Jahr 1764 in seinen Katalog aufgenommen, obwohl er klar erkannte, dass es kein Nebelfleck oder Sternenanhäufung war. Die Aussage, dass an der Stelle von M 40 ein Nebelfleck liegt, geht vermutlich auf Hevelius aus dem Jahr 1660 zurück, der mit einer schlechteren Optik dort einen Nebel verzeichnete.

Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag)
Sucher 8x50: M 40 ist als ein schwacher Stern erkennbar. Bestenfalls etwas elongiert. (T. Güths)
Fernglas 8x56: M 40 ist nur als winziges Nebelfleckchen zu sehen, 9,0 mag hell und vielleicht 1` groß. (G. Scheerle)
VdS-Journal Nr. 41

130 Service

10 cm Öffnung: Bei 62-facher Vergrößerung sah ich einen weiten Doppelstern. Interessant wurde er durch die Nachbargalaxie NGC 4290, die ich gerade so erkennen konnte. (T. Güths)
11 cm Öffnung: M 40 ist ein Doppelstern. Die zwei Komponenten sind 9,4 und 9,8 mag hell und stehen in 50" Abstand etwa im Positionswinkel 95 Grad . Die Gesamthelligkeit ergibt sich zu 9,0 mag. (G. Scheerle)
23 cm Öffnung: M 40 ist nur ein Sternpaar. Die zwei Sterne 9,6 und 10,0 mag (rötlichgelb bzw. gelblich) stehen in 50" Abstand im Positionswinkel 75 Grad . Die Gesamthelligkeit ergibt sich zu 9,0 mag. (G. Scheerle)
25 cm Öffnung: Bei 113-facher Vergrößerung erkannte ich einen weiten Doppelstern, dessen westliche Komponente etwas rötlich erscheint. Weiter westlich war die Galaxie NGC 4290 gut als länglicher Fleck sichtbar, NGC 4284 gerade so erkennbar. (T. Güths)
40 cm Öffnung: M 40 besteht nur aus zwei Sternen, die 9,6 und 10,0 mag hell sind und in 50" Abstand im Positionswinkel 80 Grad stehen. Die Gesamthelligkeit ergibt sich zu 9,0 mag. (G. Scheerle)

Fotografie: Dieser Doppelstern ist naturgemäß ein leichtes Objekt: Kurze Belichtungszeiten von wenigen Sekunden reichen aus und mit Brennweiten ab 400 Millimetern erhält man das Bild zweier dicht beieinander liegender Sterne. Interessanter wird M 40 ab ca. 1000 Millimeter und langen Belichtungen, wenn zwei benachbarte Galaxien sichtbar werden.

1 Aufgenommen mit einer Canon
EOS 450Da durch einen 25-cm-f/5-Newton. Vier Aufnahmen zu je fünf Minuten Belichtungsdauer bei ISO 800 gemittelt und bearbeitet. (T. Güths)

M 54, Schütze (Sgr)

Objekttyp:

Kugelsternhaufen

Entfernung:

68.000 Lichtjahre

Reale Ausdehnung: 180 Lichtjahre

Scheinbare Helligkeit: 7,6 mag

Winkelausdehnung: 9,1'

Koordinaten:

Rekt.: 18h55m

Dekl.: -30 Grad 29`

Historisches: Im Juli 1778 hat Messier erstmals dieses Objekt aufgespürt und als einen hellen Nebel ohne Sterne mit einem hellen Zentrum beschrieben. John Herschel erkannte seine wahre Sternhaufen-Natur in einem größeren Teleskop als der dreieinhalbFuß-(Brennweite)-Refraktor Messiers.
2 Aufgenommen mit einer SBIG
STL6303 im LRGB-Verfahren durch einen 40-cm-Hypergrafen auf der TivoliFarm in Namibia. (Bernd Flach-Wilken, Volker Wendel)

VdS-Journal Nr. 41

Service 131

Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag)
Fernglas 8x56: M 54 ist als ein sehr kompakter, nur 3` großer Nebelfleck gut zu sehen. Die Gesamthelligkeit beträgt schätzungsweise 7,4 mag. Beobachtung in Italien (G. Scheerle)
11 cm Öffnung: M 54 zeigt sich als ein kleiner, runder, unaufgelöster Nebel. Einzelsterne sind nicht zu erkennen. Beobachtung in Leonberg (G. Scheerle)
11 cm Öffnung: Bei 18-facher Vergrößerung im Astroscan-Teleskop erscheint er als kleiner verwaschener Stern, der erst ab 63-fach deutlich als Nebelfleck erkennbar ist. (W. Kräling)

20 cm Öffnung: Eine relativ helle, kleine Nebelfläche mit einem Durchmesser von 3`. Einzelsterne sind nicht zu erkennen. Das sehr helle Kerngebiet ist nur 1` groß. Die Gesamthelligkeit beträgt schätzungsweise 6,8 mag. Beobachtung in Leonberg (G. Scheerle)
25 cm Öffnung: Unter besten Bedingungen von La Palma aus erschien er bei 178-facher Vergrößerung recht klein, hell und im Ansatz aufgelöst (T. Güths)
25 cm Öffnung: Recht hell und deutlich zum Zentrum hin konzentriert und heller. Bei 179-fach und indirektem Sehen wird der Kugelsternhaufen deutlich größer und seine Außenbezirke sind teilweise in Einzelsterne auflösbar. Der übrige Bereich zeigt sich körnig strukturiert. (D. Panczyk)

40 cm Öffnung: Eine runde, 3` große und sehr stark konzentrierte Nebelfläche. Einzelsterne sind nicht zu sehen (bei einer Grenzhelligkeit von 12,4 mag). Das kompakte Kerngebiet ist 1` groß und sehr hell; der innerste Kern erscheint sternähnlich. Die Außengebiete zeigen sich recht schwach. Die Gesamthelligkeit beträgt schätzungsweise 7,4 mag. (G. Scheerle)
Fotografie: Dieser Kugelhaufen wird mit einer DSLR bei Brennweiten ab 300 Millimetern gerade so aufgelöst. Für die eindrucksvolle Darstellung sind 1000 Millimeter Brennweite anzuraten, die ihn dann seine Objektcharakteristik eindrucksvoll zeigen lassen. Allerdings zeigt sich seine südliche Deklination als hinderlich für diese Brennweiten wenn von Deutschland aus fotografiert wird.

M 55, Schütze (Sgr)

Objekttyp:

Kugelsternhaufen

Entfernung:

20.000 Lichtjahre

Reale Ausdehnung: 110 Lichtjahre

Scheinbare Helligkeit: 6,4 mag

Winkelausdehnung: 19,0'

Koordinaten:

Rekt.: 19h40m

Dekl.: -14 Grad 09`

Historisches: Der Kugelhaufen M 55 wurde von Lacaille im Jahre 1752 vom Kap Der Guten Hoffnung aus entdeckt. Messier bestätigte seine Existenz nach einem ersten, erfolglosen Beobachtungsversuch im Jahr 1764 erst im Sommer 1778 und beschrieb das Objekt als weisslichen Fleck ohne Sterne.

Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag)

Fernglas 8x56: M 55 ist als eine recht helle, runde und mit einem Durchmesser von 15` gar nicht so kleine Nebelfläche gut zu sehen. Die Gesamthelligkeit beträgt schätzungsweise 6,4 mag. Beobachtung in Italien (G. Scheerle)

11 cm Öffnung: M 55 zeigt sich als eine große und relativ helle, runde Nebelfläche. Einzelsterne sind nicht zu erkennen. Beobachtung in Leonberg (G. Scheerle)

3 Aufgenommen mit einer Canon EOS 20Da durch einen 18-cm-f/4,4-Newton
mit 1,4-fach Konverter (1120 Millimeter) auf der Tivoli-Farm in Namibia. Sechs Aufnahmen zu je fünf Minuten Belichtungsdauer gemittelt und bearbeitet. (Michael Schmitz)

15 cm Öffnung: Der Sternhaufen steht so weit südlich, dass er voll im Horizontdunst und in einer Lichtglocke steht. Schwacher runder Fleck, den ich gerade noch wahrnehmen kann. Nicht aufgelöst.

Bei hohen Vergrößerungen kann ich den Haufen nicht mehr sehen. (G. Kohler)
20 cm Öffnung: Sehr schwach, rund und ohne deutlichen Kern. Steht im Licht-
VdS-Journal Nr. 41

132 Service

kegel. Einige Sterne sind aufgelöst, der Rest bleibt neblig. Bei niedrigen Vergrößerungen ein deutlicher runder Fleck. (G. Kohler)
25 cm Öffnung: Im Teleskop leicht ovale, locker konzentrierte Form. Bei 121-fach sind die helleren Sterne über die gesamte Fläche hinweg aufgelöst. Es verbleibt ein nebliger, nicht aufgelöster Hintergrund mit geringer Konzentration zur Mitte.

Ein auffälliger Stern befindet sich in unmittelbarer Nähe. (D. Panczyk)
40 cm Öffnung: M 55 erscheint als eine 8` große, runde, sehr wenig konzentrierte und flächenschwache Nebelfläche, aus der heraus etwa sechs Einzelsterne 12,0 bis 12,6 mag schimmern. Die Gesamthelligkeit beträgt schätzungsweise 6,8 mag. Beobachtung in Leonberg (G. Scheerle)

Fotografie: Dieser Kugelhaufen wird mit einer DSLR bei Brennweiten ab 300 Millimetern gut aufgelöst. Für die eindrucksvolle Darstellung sind 750 Millimeter und mehr Brennweite anzuraten, die ihn dann seine Objektcharakteristik eindrucksvoll zeigen lassen. Allerdings ist seine südliche Deklination hinderlich für diese Brennweiten, wenn von Deutschland aus fotografiert wird.

Der längste ,,Messier-Marathon" ist erfolgreich abgeschlossen
VdS-Vorstand
Torsten Güths begann die Vorstellung aller Messier-Objekte im VdS Journal für Astronomie Nummer 3 mit dem Schaustück M 31 - dem Andromedanebel. Seither fand der geneigte Leser in jeder Ausgabe die Beschreibung mehrerer Messier-Objekte und konnte sich sogar selbst mit Beobachtungen zu Wort melden.
Was 1999 begann, neigt sich mit VdS-Journal Nummer 40 nach über zwölf Jahren nun seinem Ende zu. Hier werden die letzten Objekte aus der langen Liste des Charles Messier vorgestellt.
Wir alle begannen sicherlich irgendwann mit der Beobachtung der Messier-Objekte unsere schöne Leidenschaft Astronomie. Dass diese noch immer aktuell sind, zeigen die Veröffentlichungen im VdS-Journal (und im aktuellen Buchhandel).
Wir danken Torsten Güths sehr herzlich für seine treue Arbeit, uns die Messier-Objekte noch einmal ausführlich und versehen mit Beobachtungstipps, bebildert und auch mit geschichtlichem Hintergrund vor Augen geführt zu haben.

Vorschau
Veränderlichen-Beobachtertreffen in Hartha 2012
Traditionell treffen sich die Veränderlichenbeobachter und Interessierte im Mai eines jeden Jahres auf der Bruno-H.-Bürgel-Sternwarte in Hartha / Kreis Döbeln (Sachsen) zu Vorträgen und gemeinsamen Austausch.
Termin: 12. Mai 2012
Freitags treffen sich die schon angereisten Besucher im Hotel am Ort.
Anmeldungen zum Treffen und für mögliche Referenten bei:
Lienhard Pagel, Mecklenburger Str. 87, 18311 Klockenhagen, E-Mail: lienhard.pagel@t-online.de
VdS-Journal Nr. 41

SCHWAN LUCHS

LEIER Albireo

Wega HERKULES

GROSSER BÄR

Castor ZWILLINGE Pollux

SCHLANGENTRÄGER

NÖRDL. KRONE
Gemma

BOOTES

SCHLANGE (KOPF)

Arktur JUNGFRAU

Saturn

JAGDHUNDE
HAAR DER BERENIKE

SÜDOST SKORPION
Sternkarte exakt gültig für 15. April 1 Uhr MESZ

WAAGE

Spica RABE

BECHER

SÜD
Mondphasen im April 2012

INER LÖWE KLE

KREBS

LÖWE Mars

Regulus

KLEINER HUND
Procyon

SEXTANT

Alphard

RSCHLANGE WASSE
SÜDWEST
Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Vollmond 6.4.
Planeten im April
Merkur erreicht am 18.3. mit 27,5 Grad seine größte westliche Elongation von der Sonne und ist morgens trotzdem nicht zu beobachten, da er zu weit südlich steht.
Venus ist weiterhin Abendstern. Am 3.4. zieht sie knapp an den Plejaden vorbei. Zu Monatsende wird sie mit -4,7 mag ihre maximale Helligkeit erreichen.
Mars hat seine Opposition hinter sich und ist noch fast die ganze Nacht im Löwen zu sehen. Helligkeit und Durchmesser gehen allmählich zurück (0,0 mag, 10'').
Jupiter ist im April noch am frühen Abendhimmel in Westrichtung zu finden. Bald wird er von der Sonne eingeholt.
Saturn steht am 15.4. in Opposition im Sternbild Jungfrau. Er ist dann 0,2 mag hell. Beste Beobachtungsbedingungen!
Uranus stand am 24.3 in Konjunktion mit der Sonne und ist nachts weiterhin unbeobachtbar.
Neptun ist rechtläufig im Wassermann, bleibt aber auch im April unbeobachtbar.

Letztes Viertel 13.4.

Neumond 21.4.

Erstes Viertel 29.4.

Ereignisse im April

01.

max. Libration im Mond-W

03. 21h Venus (-4,4 mag) in den

Plejaden (M45)

03. 19:52 Mond 8,6 Grad S Mars (-0,6 mag)

06. 20:19 Vollmond

07. 18h Mond in Erdnähe

07. 4h Mond 8,5 Grad SW Saturn

(0,2 mag) und 2,9 Grad SW Spica

(Alpha Virginis, 1,1 mag)

09. 24h Delta Cephei im Maximum

10. 03:30 Mond 4,4 Grad NW Antares

(Alpha Scorpii, 1,1 mag)

13. 11:50 Letztes Viertel

14.

max. Libration im Mond-O

15. 19h Saturn (0,2 mag) in Opposition

20. 23:36 Algol (Beta Persei) im

Minimum

21. 08:18 Neumond

21. ab 22h Sternschnuppenstrom der

Lyriden, Maximum schwach

ausgeprägt

22. 15h Mond in Erdferne

22. 20h Mond 1,5 Grad N Jupiter

(-2,0 mag), Dämmerung!

23. 20:25 Algol (Beta Persei) im

Minimum

24. 21h Mond 7,1 Grad S Venus (-4,5 mag)

26. 2h Delta Cephei im Maximum

29. 10:57 Erstes Viertel

30.

max. Libration im Mond-W

30.

Venus im größten Glanz

(-4,7 mag)

30. 23:12 Mond 6,3 Grad S Regulus

(Alpha Leonis, 1,4 mag)

Alle Zeitangaben in MEZ, exakt für 10 Grad östl. Länge / 50 Grad nördl. Breite

LUCHS

Deneb

DRACHE

FÜCHSC HEN
DELFIN PFEIL
Atair

SCHWAN

Wega Albireo LEIER

HERKULES

GROSSER BÄR

NÖRDL. KRONE
Gemma

BOOTES Arktur

JAGDHUNDE
HAAR DER BERENIKE

R LÖWE KLEINE

LÖWE Mars

Regulus

ADLER
SCHLANGE (SCHWANZ)

SCHLANGENTRÄGER

SCHLANGE (KOPF)

JUNGFRAU

SCHILD

SÜDOST
Sternkarte exakt gültig für 15. Mai 1 Uhr MESZ

Pluto

SKORPION Antares

WAAGE WOLF

Saturn Spica
RABE

BECHER

WASSERSCHLANGE

SÜDWEST

Vereinigung der Sternfreunde e.V.

SÜD

www.sternfreunde.de

Mondphasen im Mai 2012

Vollmond 6.5.
Planeten im Mai
Merkur steht am 27.5. in oberer Konjunktion mit der Sonne und taucht auch diesen Monat nicht am Nachthimmel auf.
Venus zieht sich zunehmend vom Abendhimmel zurück, ihr Abstand zur Sonne schrumpft, dafür nimmt ihr Durchmesser bis auf 57'' zu. Am 6. Juni wird Venus die Sonnenscheibe passieren!
Mars im Löwen wird lichtschwächer (0,5 mag) und kleiner. Man kann ihn jetzt gut in den Abendstunden beobachten.
Jupiter steht am 13.5. in Konjunktion mit der Sonne und hält sich mit ihr am Taghimmel auf.
Saturn stand am 15.4. in Opposition. Noch kann man ihn in der Jungfrau nahe Spica sehr gut beobachten.
Uranus kann sich noch nicht aus den Strahlen der Sonne befreien. Seine Bahn führt ihn von den Fischen in den Walfisch.
Neptun geht zwar bereits gegen 2 Uhr MESZ auf, trotzdem wird man sich schwer tun, den bläulichen Planeten im Mai zu sehen.

Letztes Viertel 12.5.

Ereignisse im Mai

01. 22h Mond 10 Grad SO Mars (0,0 mag)

04. 22h Mond 6,9 Grad S Saturn (0,3 mag)

und 3,% Grad SO Spica (Alpha

Virginis, 1,1 mag)

06. 04:35 Vollmond

06. 5h Mond in Erdnähe

07. 22h Venus (-4,5 mag) 0,8 Grad S Beta

Tauri (1,7 mag)

07. 23h Mond 5,4 Grad NO Antares

(Alpha Scorpii, 1,1 mag)

12. 22:47 Letztes Viertel

12.

max. Libration im Mond-O

19. 17h Mond in Erdferne

21. 00:47 Neumond

Ringförmige Sonnenfinsternis

in China, Japan, Nordamerika

22. 22h Delta Cephei im Maximum

27. 22:30 Mond 8,1 Grad SW Regulus

(Alpha Leonis, 1,4 mag)

28. 21:16 Erstes Viertel

28.

max. Libration im Mond-W

28. 2h Beta Lyrae im Neben-

Minimum

29. 0h Mond 8,4 Grad SW Mars (0,4 mag

Neumond 21.5.

Erstes Viertel 28.5.

Alle Zeitangaben in MEZ, exakt für 10 Grad östl. Länge / 50 Grad nördl. Breite

KLEINER LÖWE

Deneb

DRACHE

GROSSER BÄR JAGDHUNDE

PEGASUS

FÜCHSCHEN

DELFIN FÜLLEN

PFEIL Atair

WASSE RMAN N

SCHWAN

Wega

LEIER Albireo

ADLER
SCHLANGE (SCHWANZ)

HERKULES

NÖRDL. KRONE
Gemma

SCHLANGE (KOPF)
SCHLANGENTRÄGER

BOOTES Arktur

HAAR DER BERENIKE

LÖWE

JUNGFRAU Saturn

SÜDOST
Sternkarte exakt gültig für 15. Juni 1 Uhr MESZ

STEINBOCK

SCHILD
Pluto SCHÜTZE

Mondphasen im Juni 2012

SKORPION Antares
SÜD

WAAGE WOLF

Spica
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Vollmond 4.6.

Letztes Viertel 11.6.

Neumond 19.6.

Planeten im Juni
Merkur bietet Mitte bis Ende Juni eine Sichtbarkeit am Abendhimmel. Man findet ihn gegen 22.30 Uhr MESZ tief am Westnordwesthimmel. Beste Zeit: 16. bis 21.6.

Neptun bewegt sich im Wassermann kaum noch und wird dann rückläufig. Vor Einbruch der Morgendämmerung kann man versuchen, ihn mit dem Teleskop zu sehen.

Venus zieht vom 5. auf den 6.6. vor der Sonnenscheibe her - ein Venustransit findet statt! Von Deutschland aus kann man den Transit in seiner Endphase ab Sonnenaufgang (ca. 5.15 Uhr MESZ) verfolgen. Gegen Monatsende wird man Venus wieder am Morgenhimmel sehen können.
Mars ist Planet des Abendhimmels. Zu Monatsende wechselt er vom Löwen in die Jungfrau. Seine Helligkeit nimmt auf 0,9 mag ab, der Durchmesser schrumpft auf 7''.
Jupiter taucht ab Mitte Juni morgens wieder am Nordosthimmel auf. Ihm folgt etwas unterhalb die Venus: Zwei helle Planeten am Morgenhimmel!
Saturn wird zum Planeten der ersten Nachthälfte. Man findet ihn in der Jungfrau, oberhalb von Spica.
Uranus taucht ganz langsam wieder am Morgenhimmel auf. Im Juni ist es noch schwierig, ihn im Walfisch zu finden.

Ereignisse im Juni

01. 1h Mond 7,1 Grad S Saturn (0,5 mag)

uns 2,9 Grad SW Spica (Alpha

Virginis, 1,1 mag)

01. 20h Merkur (-1,6 mag) 15' NW

Venus (-3,8 mag), bei

Sonnenuntergang 7 Grad hoch

im NW

01. 21:38 RR Lyr Maximum 7,1 mag,

rd. 1,5 Std. schneller Anstieg

von 8,1 mag

03. 14h Mond in Erdnähe

04. 2h Mond 4,2 Grad NW Antares

(Alpha Scorpii, 1,1 mag)

04. 12:12 Vollmond

06. 2h Venusdurchgang vor der

Sonne, in D nur Ende

beobachtbar

09.

max. Libration im Mond-O

11. 11:41 Letztes Viertel

13. 21:53 U Oph Minimum 6,6 mag,

rd. 2,5 Std. Abstieg von

5,9 mag

Erstes Viertel 27.6.

14.22:36
16. 2h 16. bis 25.
18. 22:36
19. 16:02 21. 00:09 23. 23:34
24. 26. 22:20 27. 04:30 28. 22:20
29.

RR Lyr Maximum 7,1 mag, rd. 1,5 Std. schneller Anstieg von 8,1 mag Mond in Erdferne Merkur (ca. 0,0 mag) Abendsichtbarkeit im NW U Oph Minimum 6,6 mag, rd. 2,5 Std. Abstieg von 5,9 mag Neumond Sommersonnenwende U Oph Minimum 6,6 mag, rd. 2,5 Std. Abstieg von 5,9 mag max. Libration im Mond-W Mond 8 Grad SO Mars (0,8 mag) Erstes Viertel Mond 9,7 Grad SW Saturn (0,6 mag) Pluto (14,0 mag) in Opposition zur Sonne

Alle Zeitangaben in MEZ, exakt für 10 Grad östl. Länge / 50 Grad nördl. Breite

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