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Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 40

BEITRAG
  4 Preis der deutschen Astronomie für Peter Riepe (Celnik Werner E., Koch Bernd, Sparenberg Rainer)
  5 Mitgliedsbeiträge und Bezugskosten SuW J. 40 (Guthier Otto)
  6 Gedanken zum Schwerpunktthema Galaxien (Riepe Peter)
  8 Galaxien - anspruchsvolle Himmelsobjekte (Lorenz Joachim, Lehmann Gerhard)
  10 Hubble und die Klassifikation der Galaxien (Steinicke Wolfgang)
  15 Das System NGC 3226/3227 (Arp 94) (Hubl Bernhard)
  20 Das weiße Loch in M 63 (Diederich H.-G., Haupt Herbert)
  23 Neue Objekte in M 82 (Diederich H.-G.)
  26 Supernovae - Highlights bei der Fotografie von Galaxien (Hauss Michael)
  28 Irreguläre Zwerggalaxien (Riepe Peter)
  32 Was sind späroide Zwerggalaxien (Riepe Peter)
  36 H II - Regionen in Messier 33 (Riepe Peter)
  41 Wechselwirkende Galaxien (Riepe Peter)
  47 Extragalaktischer Bilderbogen (Riepe Peter)
  52 Extragalaktische "Kometen" (Steinicke Wolfgang)
  54 Auf Hubbles Spuren (Glahn Uwe)
  57 Leserbrief visuelle Zeichnungen (Wanink Frederik)
  58 Die Galaxie NGC 2403 - von Messier übersehen (Spitzer Daniel)

40
  0 NGC 6822 - Barnards Galaxie (Beitrag)

BEITRAG
  60 Kompakte Galaxiengruppen mit kleinen Teleskopen (Glahn Uwe)
  62 Die Galaxiengruppe Hickson 44 (Spitzer Daniel)
  64 Buchbesprechung "Galaxies and how to observe them" (Spitzer Daniel)
  66 Ist das FirstScope 76 noch zu retten? Teil 2 (Eckert Ulrich, Stepputat Klaus-Jochen)
  70 Wolkenloch mit Farbtupfer (Krieg Jürgen)
  72 Interpolation von Messwerten mit Kubischen Splines (Jahns Helmut)
  72 Messung der Dopplerverschiebung mit Kreuzkorrelation (Jahns Helmut, Bücke Roland)
  77 Fachgruppe Deep Sky - Neues Journal 40 (Bohle Jens, Spitzer Daniel)
  77 Farbe bekennen (Kleisa Manfred)
  79 NGC 6818 im Amateurteleskop (Bohle Jens)
  80 Der Emissionsnebel Sh2-157 in Cepheus (Fritz Michael)
  81 Melotte 25 - die Hyaden (Spitzer Daniel)
  83 Wissenschaft und Kunst (Hamel Jürgen)
  83 Fachgruppe Geschichte der Astronomie Neues J. 40 (Steinicke Wolfgang)
  87 Und sie bewegt sich doch (Witt Volker)
  90 Astronomie am Taghimmel (Brömsen Nico, Ließmann Fabian)
  90 Von A wie Asteroid bis Z wie Zwergplanet (Griesser Markus)
  95 Kosmische Begegnungen Journal 40 (Ries Wolfgang, Hohmann Klaus)
  96 2011 MD - eine enge Begegnung der besondernen Art (Apitzsch Rolf, Dangl Gerhard)
  98 Der Komet C/2011 C1 (McNaught) (Pilz Uwe)
  99 Beobachtung von Exoplaneten (Kuna Daniel)
  103 Die provisorischen Relativzahlen des SONNE-Netzes 11 (Bulling Andreas)
  108 Visuelle Beobachtung veränderlicher Sterne (Wischnewski Erik)
  112 Ergänzungen und Errata zum VdS-Journal Nr. 38 (Völker Peter)

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  0 VdS Mitglieder neu Begrüßung Journal 40 (Beitrag)

BEITRAG
  113 30. VdS-Tagung und Mitgliederversammlung (Melchert Sven)
  114 Das war´n noch Zeiten Journal 40 (Völker Peter)
  116 Die 35. Würzburger Frühjahrstagung (Guthier Otto)
  117 Planetentagung in Violau 2011 (Gährken Bernd)
  119 Ist dies das "Aus" für das Observatorium Hoher List (Simon Harald, Reif Klaus)
  123 Der Sternhimmel Januar-Februar-März 2012 (Melchert Sven, Celnik Werner E., Braune Werner)
  126 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen Journal 40 (Celnik Werner E.)
  0 Messen wie die Profis Teil 2 (Eversberg Thomas, Vollmann Klaus)
  0 Editorial Journal 40 (Melchert Sven)

Textinhalt des Journals 40

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VdS-Journal Nr. 40

4

Nach Redaktionsschluss

Preis der deutschen Astronomie -
verliehen von der Vereinigung der Sternfreunde e.V.
Laudatio für den Preisträger des Jahres 2011, gehalten anlässlich der Preisverleihung auf der Mitgliederversammlung der VdS in Bad Dürrheim am 10. September 2011:

für Peter Riepe

Auf Vorschlag der Unterzeichneten hat der Vorstand der Vereinigung der Sternfreunde e.V. auf seiner Sitzung am 16. Juli 2011 beschlossen, mit dem ,,Deutschen Astronomiepreis 2011" einen verdienten Amateur-Astronomen auszuzeichnen: Herrn Peter Riepe aus Bochum.
Bereits Mitte der 60er Jahre war Peter Riepe an der damaligen Volkssternwarte Bochum aktiv und betrieb von dort aus der Stadt heraus Astrofotografie mit zur damaligen Zeit beachtlichen Ergebnissen auf Farbdiafilm. Zuvor beobachtete er wie viele Einsteiger auch mit seinem Auszugfernrohr, einem 60-mm-Refraktor, den Sternenhimmel.
Sein revolutionäres Projekt des Baus eines Spektrographen für Amateure zusammen mit einem anderen Sternfreund Anfang der 1970er Jahre zerschlug sich durch einen Unfall. Dazu wurde die Deep-SkyFotografie aus der Stadt heraus durch die zunehmende Lichtverschmutzung bald unmöglich, Peter Riepe wurde ,,Exkursionist" - zur nächtlichen Beobachtung und Fotografie verließ er das Ruhrgebiet zunächst in Richtung Hochsauerland.
Mit der Vereinigung der Sternfreunde liebäugelte Peter Riepe schon lange, besuchte die VdS-Tagungen und die Würzburger Frühjahrstagungen. Im Jahr 1974 trat er der VdS bei und erhielt die Mitgliedsnummer 2384.
1976 tat er sich anlässlich der Beobachtung des Kometen West mit anderen Sternfreunden zusammen, so entstand die Astronomische Arbeitsgemeinschaft Bochum (AABO).
Im Jahr 1980 gründete er mit seinen Freunden zusammen die Bochumer Herbsttagung der Amateur-Astronomen, kurz BoHeTa, die vom ersten Jahr an ein beliebter Treffpunkt für Sternfreunde war, die sich persönlich kennen lernen

und austauschen wollten. Ausdrücklich wurde auch Sternfreunden im Anfängerstadium die Gelegenheit geboten, über ihre Arbeit zu berichten. Im Jahr 2011 veranstaltete Peter Riepe diese bedeutende Tagung zum 30. Mal.
Auf Initiative von Rainer Beck, Mitglied des VdS-Vorstands, wurde 1982 die ,,VdS-Fachgruppe Astrofotografie" ins Leben gerufen. Sie umfasste zu dieser Zeit nur wenige Sternfreunde, die bewusst großräumig über Deutschland verteilt waren: in Berlin, München und - Bochum, mit Peter Riepe dabei. Als die Zusammenarbeit zwischen VdS und der Redaktion der Zeitschrift ,,Sterne und Weltraum" intensiviert wurde, war Peter Riepe derjenige, der die neue Publikationsmöglichkeit von Beginn an höchst intensiv nutzte und somit der VdS ein Forum schuf, auf das sie nicht mehr verzichten konnte. Letztendlich führte dies mit zur Gründung unserer Mitgliederzeitschrift, als Sterne und Weltraum später nicht mehr für Vereinszwecke zur Verfügung stand.
Peter Riepe richtete 1987 die 18. VdSTagung im Auditorum Maximum der Ruhr-Universität Bochum in Verbindung mit einer Astro-Messe aus und wurde von 1987 bis 1995 von der Mitgliederversammlung als ,,Vorstandsmitglied ohne Amt" gewählt. In diesen Jahren hat Peter Riepe die Richtung der Arbeit des VdS-Vorstands wesentlich beeinflusst die Öffentlichkeitsarbeit wurde merklich intensiviert, verkrustete Strukturen begannen aufzubrechen.
Ebenfalls 1987 übernahm Peter Riepe die Leitung der Fachgruppe Astrofotografie, sie ist seither eine der lebhaftesten Fachgruppen der VdS überhaupt.
Peter Riepe lädt zum ,,Tag der Astrofotografen" in der Volkssternwarte Recklinghausen ein, wo sich Sternfreunde

1 Der Preisträger des Jahres 2011:
Peter Riepe, wie man ihn kennt (Foto: Rainer Sparenberg)
astrofotografisch in Workshops weiterbilden, sich kennenlernen oder einfach nur schöne Bilder zeigen können.
Peter Riepe ist ein starker Teamplayer: Zusammen mit der ,,Fachgruppe Visuelle Deep-Sky-Beobachtung" richtet er das jährliche Deep-Sky-Treffen (DST) in Bebra aus, bei dem sich übergreifend Fotografen und visuell beobachtende Sternfreunde austauschen und gegenseitig über den Tellerrand schauen. So verwundert es nicht, dass Peter Riepe gemeinschaftliche Beobachtungsprojekte innerhalb der Fachgruppe Astrofotografie und fachgruppenübergreifend initiiert. Besonders angetan haben es ihm die ,,Zwerggalaxien", eine sonst von Amateur-Astronomen eher stiefmütterlich behandelte Spezies. Peter Riepe ist als wahrer ,,Botschafter" für unsere Vereinigung unterwegs, er baut nachhaltig persönliche Kontakte zu Sternfreunden

VdS-Journal Nr. 40

Nach Redaktionsschluss

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2 Wegen einer Erkrankung konnte
Peter Riepe der Preis erst im November auf der BoHeTa überreicht werden. Er besteht aus einem Geldbetrag, einem praktischen Gegenstand mit astronomischem Zweck und einer Urkunde.
in ganz Deutschland und im benachbarten Ausland auf, vor allem in Österreich, Belgien und den Niederlanden, animiert diese zur Mitarbeit, wodurch zahlreiche Sternfreunde als neue Mitglieder zu uns gestoßen sind. Der Ini-tiator und Gestalter des bekannten des ,,Astrofotos der Woche" auf dem Internet-Forum ,,astronomie.de" ist einmal mehr Peter Riepe, mittlerweile unterstützt durch mehrere andere Sternfreunde. Durch den ,,Motor" Astrofoto der Woche stoßen viele neue Sternfreunde als Mitglieder zu uns. Seit Erscheinen des VdS-Journals für Astronomie ist Peter Riepe einer der fleißigsten Autoren in un-

3 Die Urkunde zum
Preis der deutschen Astronomie - verliehen von der Vereinigung der Sternfreunde e.V.
serer Mitgliederzeitschrift. Er übernahm von Anfang an die Rolle des Fachgruppenredakteurs, der es versteht stets neue Beiträge von Sternfreunden zu akquirieren und publikationsreif zu redigieren.
Peter Riepe trägt seit jeher intensiv dazu bei, dass das fachliche und sprachliche Niveau im VdS-Journal sich am oberen Ende bewegt und unser Mitgliederforum somit im In- und Ausland als eine der besten Astronomie-Zeitschriften überhaupt gilt. Dabei unterstützt und fördert unser Preisträger stets auch Anfänger in der Astronomie durch Rat und Tat,

durch Berichte für Einsteiger in ,,Sterne und Weltraum" und im ,,VdS-Journal für Astronomie". Als Berater macht er auch Einsteigern Mut, sich an eine Veröffentlichung im VdS-Journal zu ,,wagen".
Dass Peter Riepe zusammen mit anderen Sternfreunden eine Sternwarte gebaut hat, die regelmäßige Führungen für die Öffentlichkeit an einem Teleskop der 1-Meter-Klasse, einem der größten Teleskope in Deutschland, anbietet, schließt den Kreis zu dem Punkt an dem alles begonnen hat - an der kleinen Volkssternwarte in Bochum vor über 40 Jahren.
Peter Riepe ist einer der wesentlichsten Treiber für die Astronomie im deutschsprachigen Raum, er treibt unser Hobby weiter nach vorne, und ist damit auch ein Garant dafür, dass die VdS ihren Satzungsauftrag der astronomischen Volksbildung und Förderung der Amateur-Astronomie erfüllen kann. Die Verleihung des Deutschen Astronomiepreises an ihn ist längst überfällig und einem großartigen Vertreter der Amateur-Astronomie würdig.
Es ist uns eine Ehre! Werner E. Celnik, Bernd Koch und Rainer Sparenberg

Mitgliedsbeiträge und Bezugskosten von ,,Sterne und Weltraum"
von Otto Guthier, VdS-Vorstand

Auf der Mitgliederversammlung am 10. September 2011 in Bad Dürrheim wurde von den anwesenden Mitgliedern beschlossen, dass die Mitgliedsbeiträge unverändert bleiben. Einzige Ausnahme ist eine Erhöhung des Beitrages für Sternfreunde außerhalb der EU, die um 5,00 Euro pro Mitglied erhöht wurden. Grund dafür sind die hohen Versandkosten ins Ausland.

Auch die Bezugskosten für ,,Sterne und Weltraum" bleiben unverändert.

Die Mitgliedsbeiträge für 2012 betragen demnach:

für Erwachsene

EUR 35,00

für Schüler, Studenten und Auszubildende EUR 25,00

für Sternfreunde außerhalb der EU

EUR 40,00

einmalige Aufnahmegebühr

EUR 7,00

VdS-Mitglieder können die Zeitschrift ,,Sterne und Weltraum" zu deutlich ermäßigten Bezugskosten über die VdS abonnieren.
Zum 1. Januar 2012 betragen die Bezugskosten für ,,Sterne und Weltraum": Abo Inland: EUR 85,20; für VdS-Mitglieder EUR 66,00 Abo ermäßigt: EUR 64,00; für VdS-Mitglieder EUR 53,00 Abo Ausland: EUR 92,40; für VdS-Mitglieder EUR 73,20
Diese Abo-Preise sind unverändert zum Vorjahr.
VdS-Mitglieder in Deutschland können auch den ,,Orion", die offizielle Mitteilungsschrift der Schweizer Astronomischen Gesellschaft zum Betrag von 51,00 EUR über die VdS abonnieren. Ein Ansichtsexemplar versenden wir gerne zum Kennenlernen!

Im Mitgliedsbeitrag ist der Bezug der Vereinszeitschrift ,,VdSJournal für Astronomie" enthalten. Alle weiteren Leistungen der VdS sind ebenso im Mitgliedsbeitrag inbegriffen.

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Galaxien

1 Galaxienkette im Virgohaufen
(Norden oben); rechts oben NGC 4606/ 4607, dann die helle elliptische Galaxie M 59, ferner das auffällige wechselwirkende Paar NGC 4647/4649 (M 60), ein wenig südlich der Verbindung M 59/M 60 das schwache wechselwirkende Paar NGC 4637/4638, südöstlich von M 60 noch NGC 4660. Von Erdweg/Bayern nahm Michael Deger dieses Bild am 08.03.2010 mit einem 4,5"-Newton von 440 Millimeter Brennweite auf, Kamera war eine SBIG ST-2000XM mit SBIG LRGB-Filtern. Belichtet wurde 30 x 4 min (L, ohne Binning) und je 5 x 4 min (RGB, 2x2Binning).
Im vorliegenden Heft 40 wird das Schwerpunktthema ,,Galaxien" für Sie aufbereitet. Nun ist die Welt der Galaxien riesengroß, sowohl was ihre Anzahl als auch ihren Formenreichtum betrifft, nicht zu vergessen die ausgedehnte Struktur des intergalaktischen Raumes (Abb. 1). Wir als Bewohner des kleinen Planeten Terra im System Sol der Milchstraße können nur staunend zur Kenntnis nehmen, was die Wissenschaft stetig an neuen Erkenntnissen liefert. Beobachtungen mit Großteleskopen von acht bis zehn Metern Öffnung liefern heutzutage unglaubliche Befunde. Je weiter sie ins Universum vordringen, desto weiter blicken sie zurück in eine längst vergangene Welt. An den modernen Ergebnissen können die Kosmologen die Modellvorstellungen überprüfen, wie sich die Welt als Ganzes entwickelt hat und weiter entwickelt. Das alles kann man neben dem rein naturwissenschaftlichen Aspekt auch in einem philosophischen und ebenso in einem
VdS-Journal Nr. 40

Gedanken zum Schwerpunktthema ,,Galaxien"

von Peter Riepe

religiösen Rahmen sehen: Welchen Sinn und welche Bedeutung hat der Mensch im Raum-Zeit-Gefüge?
Wir Amateurastronomen sind in der Regel keine Astrophysiker. Der größte Teil von uns nimmt das Weltall mit all seinen Schönheiten wahr - wir beobachten, fotografieren, spektroskopieren. Ein kleiner Teil von uns befasst sich auch mit mathematischen Fragen. Dabei haben wir alle eines gemeinsam: Die Erkenntnisse zum Aufbau und zur Struktur des Weltalls faszinieren uns so sehr, dass wir dies auch gern an unsere Mitmenschen weitergeben möchten. Hier knüpfen wir in dieser Journalausgabe an. Der Leser nimmt die Welt der Galaxien in erster Linie über Bilder auf. Was kann der Amateurastronom an Ergebnissen in der Welt der Galaxien erreichen? Darüber hinaus bieten wir in den Artikeln viele Hintergrundinformationen an, die wir aus dem Bereich der Wissenschaft in eine verständliche Sprache übersetzt haben. So wird das Thema Galaxien auch für den normalen Sternfreund physikalisch nachvollziehbar. Folgen Sie uns auf dem spannenden Weg durch die exotische Welt der Galaxien (Abb. 2) und erfahren Sie vielleicht ein wenig mehr darüber, was es an wissenswerten Details aus dem Reich der Galaxien gibt.

2 Die prominente Balkenspirale
NGC 1365 (rechts unten) und die riesige elliptische Galaxie NGC 1399 (links Mitte) liegen im mittleren Bereich des Fornax-Haufens. Dazwischen finden sich viele weitere Haufenmitglieder (Norden oben). Dieter Willasch setzte einen TMB 130 f/6 ein, mit Bildfeldebner und Spinnenkreuz vor dem Objektiv auf einer Montierung Astro-Physics 900 GTO. Kamera war eine SBIG STL-11000M, Belichtung: 5 x 10 min (L) und je 3 x 10 min (RGB), Aufnahmeort war Somerset West, Südafrika am 14.11.2010.

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Galaxien

Galaxien - anspruchsvolle Himmelsobjekte
von Joachim Lorenz und Gerhard Lehmann

Zu den anspruchsvollsten photographischen Objekten am Sternenhimmel gehören zweifelsfrei die Galaxien. Diese farbig in ästhetisch ansprechender Form abzubilden ist keine leichte Aufgabe.

Die hier gezeigten Aufnahmen wurden zum größten Teil an einem 12-Zollf/3,6-Astrographen der Firma ASA [1], befestigt auf einer Alt-7-Montierung, angefertigt. Zum Einsatz kam eine QSI

540 wsg-CCD-Kamera, wobei eine kleine Lodestar - CCD-Kamera den für die Nachführung notwendigen Leitstern lieferte.

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Galaxien

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Wer das mitteleuropäische Nachtwetter kennt, der ist froh, wenn er diesem in seinem Urlaub nach Namibia entfliehen kann. Dort auf der Farm Tivoli der Familie Schreiber befindet sich ein 16-Zoll-f/8-Hypergraph auf einer K100Montierung. Neben der schon genannten Kamera wird hier auch eine SBIG STL-1001E-CCD-Kamera benutzt. Diese besitzt zur Nachführung einen zweiten kleinen Nachführchip.

Es ist unausweichlich von jedem Objekt mehrere Aufnahmen im Luminanz-Kanal, aber auch in den einzelnen Farbkanälen Rot, Grün und Blau anzufertigen. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das: je mehr, umso besser! Für die Gewinnung dieser Einzelaufnahmen wurde das Programm MaximDL [2] eingesetzt.
Bei allen Aufnahmen erfolgte die Korrektur mit einem Dunkelbild und einem Flatbild. Anschließend mussten für jeden

Kanal alle Einzelbilder registriert und miteinander kombiniert werden, um ein Gesamtbild für jeden Kanal zu erhalten. Diese immer noch als Rohdaten anzusehenden Bilder wurden im Format FITS und/ oder TIFF gespeichert. Sehr gute Erfahrungen gewannen wir bei den hier geschilderten Aufgaben mit dem Programm CCDStack [3].
Das Zusammenfügen der einzelnen Farbkanäle Rot, Grün und Blau zu einem

1 M 63 im Sternbild Jagdhunde.
Aufnahme mit ASA Newton Astrograph 12 Zoll f/3,6 und QSI 540 wsg-CCDKamera. Belichtung: 21 x 5 min L, 7 x 5 min R, 7 x 5 min G und 8 x 5 min B.; Bildautor: Joachim Lorenz

3 M 106 im Sternbild Jagdhunde.
Aufnahme mit ASA Newton Astrograph 12 Zoll f/3,6 und QSI 540 wsg-CCDKamera. Belichtung: 30 x 5 min L, 9 x 5 min R, 6 x 5 min G und 6 x 5 min B.; Bildautor: Joachim Lorenz

5 NGC 4038 im Sternbild Rabe.
Aufnahme mit Hypergraph 16 Zoll f/8 und QSI 540 wsg-CCD-Kamera. Belichtung: 25 x 5 min L, 12 x 5 min R, 10 x 5 min G und 6 x 5 min B. RGB: 2x2 Binning; Bildautor: Joachim Lorenz

2 M 83 im Sternbild Centaurus.
Aufnahme mit Hypergraph 16 Zoll f/8 und SBIG STL-1001E-CCD-Kamera. Belichtung: 12 x 5 min L, 6 x 5 min R, 6 x 5 min G und 9 x 5 min B.; Bildautoren: Joachim Lorenz und Gerhard Lehmann

4 NGC 3718 im Sternbild Großer
Bär. Aufnahme mit ASA Newton Astrograph 12 Zoll f/3,6 und QSI 540 wsgCCD-Kamera. Belichtung: 37 x 5 min L, 25 x 5 min R, 18 x 5 min G und 20 x 5 min B.; Bildautor: Joachim Lorenz

6 NGC 4725 im Sternbild Haupthaar der
Berenike. Aufnahme mit ASA Newton Astrograph 12 Zoll f/3,6 und QSI 540 wsg-CCDKamera. Belichtung: 24 x 5 min L, 18 x 5 min R, 12 x 5 min G und 12 x 5 min B.; Bildautor: Joachim Lorenz

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RGB-Bild geschah mit dem kostenlos erhältlichen Programm Regim [4] von Andreas Rörig. Es ermöglicht die Beachtung von Korrekturfaktoren zur Belichtungszeit pro Farbkanal, dem verwendeten Farbfilter, aber auch der spektralen Empfindlichkeit des CCD-Chips. Besonders komfortabel gestaltet sich damit die Farbgewichtung des RGB-Bildes anhand bekannter B-V-Indizes hellerer, bekannter Sterne, wozu die Datenbank SIMBAD benutzt wird.
Um aus dem Luminanzbild und dem RGBBild ein LRGB-Bild zu erhalten, wurde Photoshop bemüht. Die Details in den Aufnahmen wurden mittels Ebenentechnik in Photoshop selektiv herausgearbeitet. Verschiedene Schärfungsalgorithmen werden immer nur auf bestimmte Bild-

details angewendet (z.B. Galaxienkerne, Spiralarme). Das führt dazu, dass vor allem der Himmelshintergrund natürlich weich bleibt, die interessanten Strukturen aber besser zur Geltung kommen. Damit erreicht man einen deutlich schärferen Gesamteindruck. Zur Entfernung eventuell vorhandener Farbgradienten wurde das Plug-in GradientXTerminator [5] eingesetzt.
Was sich hier so einfach liest, ist in Wahrheit ein zeitraubender und manchmal auch die Nerven belastender Prozess. Die Arbeit am Himmel ist, wenn die Technik mitspielt und das Wetter einem keinen Streich spielt, immer noch der einfachste Teil. Aber was danach kommt, das ist der entscheidende Teil der Arbeit! Das Fotolabor in Computerform zaubert

erst die in den Rohdaten schlummernden Informationen hervor. Aber bis es so weit ist, das dauert. Wir würden uns freuen, wenn die Aufnahmen der von uns ausgewählten Galaxien gefallen.
Internethinweise: [1] Homepage ASA: http://www.astro-
systeme.at/ [2] MaximDL: http://www.cyanogen.
com/ [3] CCDStack: http://www.ccdware.
com/products/ccdstack/ [4] Regim: http://www.andreasroerig.
de/regim/regim.htm [5] GradientXTerminator: http://www.
rc-astro.com/resources/GradientXTerminator/

Hubble und die Klassifikation der Galaxien
von Wolfgang Steinicke

In den 1920er Jahren erweiterte Edwin Powell Hubble (Abb. 1) unser Verständnis der Galaxien durch die Einführung einer revolutionären Klassifikation. Sie ist nach wie vor die Basis, um die mannigfachen Formen und Strukturen zu ordnen. Das berühmte Diagramm in Form einer Stimmgabel (,,tuning-fork") präsentierte er erstmals in seinem Buch ,,The Realm of the Nebulae" (Abb. 2). Es zeigt die drei Grundtypen: elliptische Galaxien (E), normale Spiralgalaxien (S) und Balkenspiralen (SB). Allan Sandage zelebrierte die Klassifikation 1961 im epochalen ,,Hubble Atlas of Galaxies". Seitdem gab es diverse Revisionen. Als Bausteine des Kosmos sind Galaxien zentrale Objekte der Forschung. Sie erfreuen sich aber auch bei Amateuren großer Beliebtheit. Mit mittelgroßen Teleskopen lassen sich die Grundtypen visuell gut unterscheiden [1].
Erste Klassifikationen von Nebeln Zwischen 1783 und 1802 entdeckte William Herschel fast 2.500 nichtstellare Objekte und teilte sie nach dem visuellen Eindruck in 8 Klassen ein: Nebel (nach Größe und Helligkeit), Sternhaufen (nach Größe und Dichte) sowie Planetarische
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1 Edwin Powell Hubble
(1889-1953)
Nebel (als Sammelbecken für den Rest). 1845 kam eine neue Struktur hinzu: die Spiralform, entdeckt von Lord Rosse bei M 51 (Abb. 3). Viele Astronomen glaubten, alle Nebel seien letztlich Sternhaufen. Doch selbst mit den größten Teleskopen war der Nachweis nicht zu führen. Allein durch Beobachtung, Zeichnung und Katalogisierung - hier ist vor allem der 1888

von John Louis Emil Dreyer publizierte ,,New General Catalogue" (NGC) zu nennen - war es nicht möglich, die physikalische Natur der Nebel zu ergründen [2].
Dank Spektroskopie und Astrofotografie änderte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts allmählich die Lage. Anhand des Spektrums konnte man entscheiden, ob ein diffuses Objekt aus Gas oder Sternen besteht. Immer mehr Aufnahmen zeigten die Vielfalt an Formen und Strukturen und allmählich kam Ordnung ins Reich der Nebel. 1908 präsentierte Max Wolf ein lineares Schema [3], das 23 Typen (a bis w) unterscheidet (Abb. 4). Es reicht von amorphen Formen bis zu voll entwickelten Spiralen. Später erkannte man, dass die Klassifikation eine Mischung aus galaktischen (planetarischen) Nebeln und Galaxien darstellt. Sie war übertrieben detailliert und außerdem stark von der räumlichen Orientierung der Objekte beeinflusst. Trotzdem wurde Wolfs Schema fast 30 Jahre lang verwendet - unter anderem von Edwin Hubble. Für seine Dissertation hatte er 1914-17 am Yerkes Observatory insgesamt 588 Nebel untersucht (bis auf 76

2 Hubbles berühmtes ,,Stimmgabel"-Diagramm
(aus [7])

Galaxien

11

3 Lord Rosses erste Zeichnung des Spiralnebels M 51 in
den Jagdhunden (siehe [2])

4 Die Klassifikation der Nebel von Max Wolf (aus [3])

waren alle neu). Grundlage waren eigene Aufnahmen mit dem 24-Zoll-Reflektor. Hubble ordnete die Objekte anhand der 23 von Wolf definierten Typen und führte zusätzlich den ,,irregulären" Fall ein. Das Ergebnis wurde 1920 unter dem Titel ,,Photographic Investigations of Faint Nebulae" publiziert [4].
Die umfangreichste fotografische Durchmusterung der Nebel führte Heber Curtis mit dem 36-Zoll-Crossley-Reflektor des

Lick Observatory durch. Bis 1917 waren bereits 17.000 Objekte katalogisiert, und die grundlegenden morphologischen Strukturen wurden immer deutlicher. Curtis unterschied zunächst planetarische, diffuse und spiralförmige Nebel. 1918 kam dann ein neuer Typ hinzu: die Balkenspirale, von ihm ,,-type spiral" genannt.
Hubbles beschwerlicher Weg Im Herbst 1919 wurde Hubble Mitarbeiter am Mount Wilson Observatory [5,

Klassifikation von Spiralgalaxien nebst Beispielen

Spiralarme eng mittel weit sehr weit
magellansch

,,bulge-to-disk ratio" groß: dominanter Kern, kleine Scheibe eins: Kern und Scheibe gleich groß klein: kleiner Kern, große Scheibe sehr klein: winziger Kern, dominante Scheibe null, kein Kern, nur Scheibe

Kern: sphärisch Sa (M 104) Sb (NGC 2841) Sc (M 101) Sd (NGC 7793)
Sm (NGC 4449)

Kern: Balken SBa (NGC 7743) SBb (M 95) SBc (NGC 253) SBd (NGC 4242)
SBm (IC 2574)

Tabelle 1

6]. Er fotografierte viele Nebel mit dem 60- und 100-Zöller und untersuchte das Klassifikationsproblem weiter. Ein entscheidender Schritt war seine Unterscheidung zwischen ,,galactic nebulae" und ,,extragalactic nebulae". Erstere waren für ihn aufgrund ihrer Position eindeutig Objekte der Milchstraße (z. B. Planetarische Nebel). Dagegen sah er letztere als wesentlich weiter entfernt an, weil sie in großer Zahl außerhalb des Milchstraßenbandes auftreten (darunter die Spiralnebel). Die Tatsache, dass diese oft kleinen und schwachen Nebel die Milchstraße mieden, sollte ihn später zum Begriff der ,,zone of avoidance" führen. Den Begriff ,,Galaxie" - 1846 von John Nichol eingeführt - verwendete Hubble nicht; er empfand ihn als ,,romantischen Glamour". Die extragalaktischen Nebel unterteilte er in 4 Typen: spiralförmige, gestreckte (inkl. spindelförmige und ovale), kugelförmige und irreguläre. 1922 präsentierte Hubble sein Ergebnis der Internationalen Astronomischen Union (IAU). Zuständig war die Kommission für Nebel und
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Galaxien

5 Allan Sandage (1926-2010) vor dem 100-Zöller am Mount Wilson

Sternhaufen, geleitet von einem Relikt der klassischen Astronomie, Guillaume Bigourdan. Der Franzose zeigte sich wenig aufgeschlossen gegenüber den neuen astrophysikalischen Methoden und ignorierte die Klassifikation. Doch damit nicht genug: Dreist schlug er der Kommission (der übrigens auch Dreyer angehörte) vor, sein bereits publiziertes System zu verwenden - ein Ergebnis seiner langjährigen visuellen Nebelbeobachtungen in Paris. Eine herbe Enttäuschung für den jungen amerikanischen Astronomen!
Als bald darauf Vesto Slipher vom Lowell Observatory, ein Pionier der Galaxienspektrografie, den Vorsitz übernahm, probierte es Hubble erneut und legte der IAU-Kommission im Sommer 1923 eine revidierte Klassifikation vor. Sie entspricht weitgehend der finalen Form und unterscheidet 4 Nebeltypen: elliptische (E), normale Spiralen (S), Balkenspiralen

6 Tafel 49 aus dem Hubble Atlas of Galaxies zeigt Beispiele für SBc-Galaxien: oben v.l.n.r. NGC 3367, NGC 1073,
NGC 3359; unten v.l.n.r. NGC 7741, NGC 2525, NGC 7640
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Galaxien

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(SB) und irreguläre (I), wie etwa die Magellanschen Wolken. Bei S bzw. SB wird die Dichte der Spiralarme in drei Stufen durch a, b oder c differenziert (z. B. Sa oder SBb). Beim Typ E gibt eine Zahl zwischen 0 und 7 die Elliptizität an (z. B. E0 oder E4). Der Zwischentyp S0 fehlt noch. Hubble war von James Jeans` Evolutionstheorie der Galaxien beeinflusst, wonach die Formenvielfalt Folge ihrer physikalischen Entwicklung ist. So interpretierte Jeans elliptische Galaxien als Vorläufer der Spiralnebel (S, SB). Folglich unterscheidet Hubble bei letzteren ,,frühe" (a), ,,mittlere" (b) und ,,späte" (c) Formen.
Im Sommer 1925 tagte die Kommission in Cambridge und diskutierte die neue Klassifikation. Überraschend entschied sie sich erneut gegen Hubble, der leider nicht anwesend war. Viele Teilnehmer kritisierten, dass er sich auf unbewiesene physikalische Eigenschaften von Nebeln stützen würde (wie die Theorie von Jeans); vor allem lehnte man die Bezeichnungen ,,früh" bzw. ,,spät" ab. Die Kritik war aufgrund der noch dürftigen Faktenlage berechtigt. Heute ist klar, dass sich die Spiralgalaxien nicht von links nach rechts entwickeln. Auf die gesamte Hubble-Sequenz bezogen ist es sogar eher umgekehrt: Elliptische Galaxien können aus der Kollision von Spiralgalaxien entstehen, was in dichten Galaxienhaufen deutlich wird.
Hubble, erneut schwer enttäuscht, betonte den rein deskriptiven Charakter seiner Klassifikation. Was die astrophysikali-

schen Grundlagen betraf, hatte er bereits einen entscheidenden Beitrag geleistet: Im Oktober 1923 war es ihm gelungen, die extragalaktische Natur der Galaxien durch die Beobachtung von Cepheiden in M 31 nachzuweisen - sie erwiesen sich als ,,island universes". Von Kollegen ermutigt, publizierte er schließlich seine Klassifikation im Dezember 1926 [7]. Die umfangreiche Darstellung mit dem Titel ,,Extragalactic Nebulae" brachte den Durchbruch. Hubble beschreibt die einzelnen Galaxientypen, nennt viele Beispiele und präsentiert eigene Aufnahmen. Eine grafische Darstellung (,,Stimmgabel") fehlt allerdings.
1926 war auch ein wichtiges Jahr für Hubbles schärfsten Konkurrenten: Knut Lundmark, zeitweise ein Kollege am Mount Wilson. Die Rivalität in kosmischen Fragen reichte soweit, dass man sich sogar gegenseitig des Plagiats bezichtigte. So publizierte Lundmark, der Galaxien ,,anagalaktische Nebel" nannte, wenige Monate vor Hubble eine dreistufige Klassifikation. Der Unterschied lag einzig in der Differenzierung innerhalb der Klassen, bestehend aus elliptischen, spiralförmigen und irregulären Galaxien. So benutzte Lundmark bei Spiralen die Lichtkonzentration als Parameter, Hubble setzte dagegen auf die Dichte der Arme. Wütend schrieb Hubble in seinem Artikel über den Schweden: ,,Kürzlich hat Lundmark eine Klassifikation publiziert, die praktisch mit der von mir eingereichten identisch ist [...] sie enthält keinen Hinweis auf die Diskussion der Kommission" (pikanterweise hatte Lundmark an der

7 Bei NGC 750/51 im Dreieck sind
zwei E0-Galaxien in Kontakt (Hubble Atlas, Tafel 8)
8 Die ,,Spindel Galaxie" NGC 3115
im Sextant ist vom Typ S0 (Hubble Atlas, Tafel 1)

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14

Galaxien

Statistik der Hubble-Typen auf der Basis heller (naher)
Galaxien

Typ

Häufigkeit

(%)

Elliptische Galaxie (E)

14,2

Linsenförmige Galaxie (L) 13,2

Normale Spiralgalaxie (S) 58,5

Balkenspiralgalaxie (SB) 11,3

Irreguläre Galaxie (I)

2,8

Tabelle 2

IAU-Sitzung in Cambridge teilgenommen). 1927 präsentierte noch John Reynolds eine Einteilung der Spiralnebel, die z. B. auch die Dicke der Arme berücksichtigte. Er meinte, Hubbles Schema sei zu vereinfachend und übergehe viele Details. Letztlich empfand Hubble aber Genugtuung, denn seine Klassifikation setzte sich eindeutig durch. Sie war einfach und effektiv.

Das Reich der Nebel und sein Erbe Populär wurde die Hubble-Klassifikation durch das Buch ,,The Realm of the Nebulae" aus dem Jahr 1936 [8]. Es gibt nun auch Zwischenstufen wie Sab oder SBbc. Im zweiten Kapitel findet sich die legendäre Stimmgabel (siehe Abb. 2). Die Darstellung - bezeichnet als ,,The Sequence of Nebular Types" - zeigt auch die (hypothetische) Klasse S0 als Übergang zwischen den elliptischen und spiralförmigen Galaxien. Zur Erläuterung der Sequenz zeigt Hubble einige Aufnahmen, gemacht mit dem 60- und 100-Zöller am Mount Wilson. Wegen der geringen Qualität der Darstellung entschloss er sich später, einen Atlas zusammenzustellen. Ab 1948 fotografierte er viele Galaxien mit dem 200-Zöller auf dem Mount Palomar, wobei er auch Objekte vom Typ S0 fand. Im Jahr 1953 war das Projekt weit fortgeschritten, als Hubble plötzlich am 28. September (in Folge eines Schlaganfalls) verstarb.

Allan Sandage (Abb. 5) vollendete sein Werk und 1961 erschien der monumentale ,,Hubble Atlas of Galaxies" [9]. Der Unterschied zum ,,Taschenbuch" von 1936 könnte kaum größer sein: Auf 50 großformatigen Tafeln präsentiert er eine Auswahl der besten Aufnahmen (Abb. 6 zeigt Tafel 49). Insgesamt werden 183 Galaxien gezeigt. Sandage revidierte die
VdS-Journal Nr. 40

Klassifikation und führte neue Bezeichnungen ein: SB0 als Pendant zu S0; Sd (bzw. SBd) für Galaxien mit extrem weit gefächerten Spiralarmen; Irr I und II zur Unterscheidung von amorphen und pekuliären Systemen; (s) und (r) für Sförmige bzw. ringförmige Spiralarme; ,,pec" um besondere Strukturen bei regulären Galaxien zu markieren. Später kam noch Sm bzw. SBm dazu; m bedeutet ,,magellansch" und markiert den Übergang zwischen spiralförmigen (Sd) und amorphen Systemen (Irr I) [10]. Wem der Hubble-Atlas noch nicht groß genug ist, wird mit dem zweibändigen ,,Carnegie Atlas of Galaxies" von Allan Sandage und John Bedke endgültig bedient sein [11]. Das 1994 erschienene Werk benötigt zum Transport eine Schubkarre. Die Hubble-Sandage-Klassifikation wird mit einer riesigen Zahl von Galaxien illustriert (ein letztes Mal mit konventioneller Fotografie).
Derweil hatte Gerard de Vaucouleurs die Klassifizierung der Galaxien grundlegend modifiziert. In den 1950er Jahren verwandelte er Hubbles zweidimensionale Stimmgabel in ein dreidimensionales Gebilde. Das neue System fand seine Anwendung in de Vaucouleurs' ,,Second Reference Catalogue of Bright Galaxies" (RC2). Es ist relativ kompliziert, wie das Beispiel der Milchstraße zeigt: Nach Hubble als SBb klassifiziert, gilt nun SAB(rs?)bc. Das Pendant zum Hubble-Atlas ist der 2007 erschienene ,,de Vaucouleurs Atlas of Galaxies" von Ron Buta, Harold Corwin und Stephen Odewahn [12]. Die ehemaligen Mitarbeiter von de Vaucouleurs (der 1995 starb) erläutern die Klassifikation anhand von über 500 Galaxien und stützen sich dabei auf CDD-Aufnahmen.
Nach welchen Kriterien wird klassifiziert? Wir beschränken uns hier auf die Hubble-Klassifikation. Relativ einfach ist der Fall bei elliptischen Galaxien. Beim Typ En (mit n = 0 bis 7) berechnet sich n aus dem großen und kleinen Durchmesser (a, b): n = 10(a-b)/a. Bei einer Größe von 10' x 6' (a = 10, b = 6) folgt n = 10(106)/10 = 4; das Objekt ist also vom Typ E4 (vgl. Abb. 9). Die Abbildung 7 zeigt den seltenen Fall eines Paares aus zwei E0Galaxien: die Doppelgalaxie NGC 750/51 im Dreieck.

9 NGC 185 in Andromeda ist vom
Typ E3 pec (Hubble Atlas, Tafel 3)
Normale Spiralen (S) bestehen aus einem sphärischen Kern (,,bulge") und der ihn umgebenden Scheibe (,,disk") mit den Spiralarmen als Hauptmerkmal. Vom Rand des Kerns gehen zwei (oder mehr) Arme aus. Balkenspiralen (SB) besitzen ebenfalls eine Scheibe, die aus zwei Spiralarmen besteht. Der Kern ist aber hier balkenförmig und die Arme beginnen an den Enden des Balkens (vgl. Abb. 6). Unsere Milchstraße ist eine Balkenspirale. Bei der Klassifikation von Spiralgalaxien werden folgende Kriterien benutzt: - Form und Dichte der Spiralarme - relative Größe von Kern und Scheibe
(,,bulge-to-disk ratio") - Form des Kerns: sphärisch (S) bzw.
balkenförmig (SB)
Die beiden ersten Kriterien sind äquivalent. Dies ist nützlich, denn oft ist nur eines anwendbar: Im Fall großer Inklination (,,edge-on") ist die Dichte der Arme nicht feststellbar, dagegen kann das ,,bulge-to-disk ratio" leicht ermittelt werden. Bei edge-on-Galaxien ergibt sich noch ein anderes Problem: die Frage des Balkens. Zum Glück hängen die Spiralarme manchmal ober- oder unterhalb der Scheibe am Balken, wie etwa bei der SBc-Galaxie NGC 7640 in Andromeda (siehe Abb. 6). Die Tabelle 1 zeigt Beispiele für S- und SB-Galaxien.
S0-Galaxien sind linsenförmige Systeme hoher Flächenhelligkeit, die keine Spiralarme besitzen. Verglichen mit dem Typ S ist die Scheibe weniger abgeflacht und der sphärische Kern geringer ausgeprägt. In der Draufsicht (,,face-on") sind sie mitunter schwer von elliptischen Galaxien zu unterscheiden. In manchen Fällen zeigen sich Staubbänder oder eine schwache Balkenstruktur (SB0). Linsen-

Galaxien

15

förmige Galaxien werden auch als Klasse L (,,lenticular") bezeichnet. Ein schönes Beispiel für den Typ S0 ist die ,,Spindel Galaxie" NGC 3115 im Sextanten (Abb. 8); sie wurde früher als E7 klassifiziert.
Alles was nicht in die ,,Stimmgabel" passt, wird als irregulär (I) bezeichnet. Hier gibt es kaum definitive Kriterien. Für besondere Strukturen bzw. Abweichungen von regulären Systemen benutzt man häufig den Zusatz ,,pec" was für ,,peculiar" steht (siehe dazu auch meinen Beitrag über ,,Extragalaktische Kometen" in dieser Ausgabe des VdS-Journals). Ein Beispiel ist die elliptische Galaxie NGC 185 in Andromeda (Abb. 9). Ihren Typ E3 pec verdankt sie einer markanten Staubstruktur.
Abschließend noch ein Wort über die relative Häufigkeit der Hubble-Typen. Dazu benötigt man ein gut klassifizierbares Ensemble von Galaxien; hier eignen

sich helle, relativ nahe Objekte (weit entfernte lassen oft nur die Differenzierung S oder E zu). Das Resultat (Tab. 2), bei dem normale Spiralgalaxien dominieren, gibt nur einen groben Anhaltspunkt und entspricht nicht der wahren Verteilung im Kosmos (diese ist unbekannt).
Literaturhinweise: [1] W. Steinicke, R. Jakiel, 2006:
"Galaxies and How to Observe Them", Springer-Verlag [2] W. Steinicke, 2010: "Observing and Cataloguing Nebulae and Star Clusters - from Herschel to Dreyer's New General Catalogue", Cambridge University Press; s. a. www.klimaluft.de/steinicke [3] M. Wolf, 1908: Publikationen des Astrophysikalischen Instituts Königstuhl-Heidelberg, Bd. 3, Nr. 5 [4] E. Hubble, 1920: Publications of the Yerkes Observatory, Vol. IV, Part II

[5]G. Christiansson, 1996: "Edwin Hubble Mariner of the Nebulae", University of Chicago Press
[6]A. Sharov, I. Novikov, 2000) ,,Edwin Hubble - der Mann, der den Urknall entdeckte", BirkhäuserVerlag
[7]E. Hubble, 1926: Astrophys. J. 64, 321 [8]E. Hubble, 1936: "The Realm of the
Nebulae", Yale University Press [9]A. Sandage, 1961: "The Hubble
Atlas of Galaxies", Carnegie Institution of Washington, Pub. 618 [10] A. Sandage, G. Tammann, 1987: "A Revised Shapley-Ames Catalogue of Bright Galaxies", Carnegie Institution of Washington, Pub. 635 [11] A. Sandage, J. Bedke, 1994: "The Carnegie Atlas of Galaxies", Carnegie Institution of Washington, Pub. 638 [12] R. Buta, H. Corwin, S. Odewahn, 2007: "The de Vaucouleurs Atlas of Galaxies", Cambridge University Press

Das System (Arp 94)
von Bernhard Hubl
Das wechselwirkende System NGC 3226/3227 ist für den engagierten Astrofotografen ein sehr lohnendes Objekt. Ich zeige, dass mit tiefen Aufnahmen zwei ausgeprägte Gezeitenschweife nachweisbar sind, die sich über einen Bereich von mindestens zwanzig Bogenminuten erstrecken. Auch für Liebhaber von hoch aufgelösten Aufnahmen ist dieses Objekt von Interesse: Etwa eine Bogenminute westlich des Kerns von NGC 3227 findet man die blauen Knoten eines möglichen Kandidaten einer ,,tidal dwarf"-Galaxie.

NGC

3226/3227

Das wechselwirkende System Arp 94 NGC 3227 ist eine Spiralgalaxie im Sternbild Löwe, die mit der gasarmen elliptischen Zwerggalaxie NGC 3226 wechselwirkt. Dieses Galaxienpaar wurde bereits von William Herschel als ,,Doppel-Nebel" erkannt und erhielt sowohl im ,,Catalogue of Double and Multiple Galaxies" als auch im ,,Atlas of Peculiar Galaxies" einen Eintrag: Holmberg 187 und Arp 94. Arp 94 befindet sich nur 50 Bogen-

1 Abb. 1 zeigt eine Übersichtsaufnahme des Feldes mit Arp 94 und Algieba,
welche mit einer nicht modifizierten Spiegelreflexkamera vom Typ Canon EOS 1000D an einem 4"-Refraktor vom Typ TeleVue NP101 gewonnen wurde. 324 x 6 min bei ISO 400, Gesamtbelichtungszeit 32 h 24 min.

VdS-Journal Nr. 40

16

Galaxien

2 Abb. 2 zeigt die Hauptaufnahme von Arp 94, die mit einer gekühlten CCD-Kamera vom Typ SBIG ST-2000XM an einem
Newton-Teleskop mit 12" Öffnung bei 1120 mm Brennweite von meiner Gartensternwarte in Nussbach (Österreich) aus gewonnen wurde. LRGB-Bild, L: 96 x 12 min, R: 21 x 12 min, G: 21 x 12 min, B: 21 x 12 min, ohne Binning, Gesamtbelichtungszeit 31 h 48 min. Die Farbkalibrierung wurde anhand der sehr genauen SDSS-Fotometriedaten durchgeführt. Die Vorgangsweise für die SDSS-Farbkalibrierung ist auf der Homepage des Autors beschrieben [7].

minuten östlich des hellen Doppelsternsystems Gamma Leonis (Algieba), was tiefe Aufnahmen dieses Systems deutlich erschwert (Abb. 1).
Bei wechselwirkenden Systemen können die Gezeitenkräfte zwischen den interagierenden Galaxien dazu führen, dass galaktisches Material umverteilt wird und dabei stellare und gasförmige Gezeitenschweife (sogenannte ,,tidal tails") erzeugt werden. Rubin & Ford studierten im Jahr 1968 die Kinematik von Arp 94 erstmals im Optischen und fanden dabei Anzeichen für einen Ausfluss von Gas im Kern von NGC 3227 sowie einem Arm, der sich von NGC 3227 zu NGC 3226 erstreckt [1]. Betrachtet man die H I-Linienemission (Abb. 3), dann kann man die Gezeitenschweife bis zu einer Entfernung von neun Bogenminuten nach Norden
VdS-Journal Nr. 40

und mindestens 17 Bogenminuten Richtung Süden nachweisen [2]. Bei einer angenommenen Entfernung von 55 Millionen Lichtjahren [4] erstreckt sich somit der südliche Gezeitenschweif bis zu einem Abstand von mindestens 250.000 Lichtjahren.
Die Seyfert-Galaxie NGC 3227 Neben den ausgeprägten Wechselwirkungsphänomenen ist NGC 3227 interessant, weil sie zur Klasse der SeyfertGalaxien zählt. Das sind Galaxien mit einem aktiven galaktischen Kern (AGN, ,,Active Galactic Nucleus"), deren hohe Kern-Leuchtkraft wahrscheinlich durch ein Schwarzes Loch hervorgerufen wird. Die Untersuchung des inneren Bereichs des Kerns, der sogenannten zirkumnuklearen Region, ist von großem Interesse für die aktuelle Forschung [5]. Auf-

grund der relativ geringen Entfernung von Seyfert-Galaxien von typisch zehn bis zu mehreren 100 Millionen Lichtjahren kann dieser Galaxientyp mit hoher räumlicher Auflösung untersucht werden und es können Rückschlüsse auf die viel weiter entfernten Quasare geschlossen werden, die als entferntes Pendant zu den Seyfert-Galaxien angesehen werden. Mit einer Entfernung von 55 Millionen Lichtjahren ist NGC 3227 ein ideales Objekt für diese Art der hochauflösenden Untersuchung.
Es gibt zwei verschiedene Klassen von Seyfert-Galaxien, deren Unterschiede in gängigen Modellen allein durch Geometrie-Effekte, also die relative Orientierung des AGNs in der Galaxienscheibe und zur Sichtlinie des Beobachters, erklärt wird [5]. Das vorhandene Gas liefert

Galaxien

17

der aus molekularem Gas und Staub besteht und das Schwarze Loch zusammen mit der Akkretionsscheibe umgibt. Die Ausdehnung dieses Torus reicht von wenigen Lichtjahren bis hin zu mehreren 100 Lichtjahren [5].
Das Modell für den AGN von SeyfertGalaxien fordert drei Komponenten: - ,,Die zentrale Maschine", also das
Schwarze Loch und die es umgebende Akkretionsscheibe - Die Region breiter Emissionslinien (BLR) - Die Region schmaler Emissionslinien (NLR)
Beim Seyfert-Typ 1 blickt man auf alle drei Komponenten, während beim Seyfert-Typ 2 die Sicht auf die BLR und den Kern verhindert wird und man nur die NLR-Komponente sehen kann. NGC 3227 wird nun als Seyfert-Typ 1 klassifiziert, weil sowohl schmale als auch breite Emissionslinien im Spektrum zu finden sind [4].
So wie es für viele AGN typisch ist, wurde der Kern von NGC 3227 als variable Röntgenquelle identifiziert. Diese Varia-

bilität tritt auf einer Zeitskala zwischen einigen Stunden und mehreren Monaten auf. Es wird vermutet, dass die Variabilität auf Variationen von Dichte und Ionisation von Gas und Staub in der Nähe des AGN zurückzuführen ist [6].
Gewinnung der Aufnahmen von NGC 3227 Bei der Fotografie von schwachen Gezeitenschweifen ist es sehr wichtig, sehr lange zu belichten und eine saubere Flatkorrektur durchzuführen. Ein dunkler Himmel ist sehr vorteilhaft. Da der Himmel an meinem Beobachtungsstandort zum Teil durch lokale Lichtverschmutzung wie zum Beispiel Straßenlaternen aufgehellt wird, war es sehr wichtig für die Aufnahmen, nur Nächte mit sehr guter Transparenz zu verwenden. In besonders transparenten Nächten liegt der Background-Wert in den Einzelaufnahmen deutlich niedriger, was eine deutliche Verbesserung des Signal-zu-RauschVerhältnisses bewirkt.
Eine mögliche Tidal dwarf Galaxie Abb. 5 zeigt einen vergrößerten Ausschnitt des Kernbereichs von NGC 3227. Besonderes Interesse weckten bei mir die

3 Verteilung von neutralem
Wasserstoff in der Umgebung von NGC 3227 nach [2]. Der Kernbereich von NGC 3227 befindet sich an der Position mit der höchsten H I-Emission. Die Position von NGC 3226 ist mit einem ,,+" markiert. Der nördliche Gezeitenarm erstreckt sich ca. 9' nach Norden und der südliche Gezeitschweif mindestens 17' nach Süden.

den Brennstoff sowohl für die nukleare Sternenstehung als auch für den AGN, also für zwei miteinander konkurrierende Prozesse. Aufgrund seiner lichtabschwächenden Wirkung spielt es bei der Unterscheidung der beiden Seyfert-Klassen eine bedeutende Rolle. Im so genannten ,,Vereinheitlichten Modell für SeyfertGalaxien", welches beide Seyfert-Klassen mit einem Modell zu erklären versucht, wird die Existenz eines Torus gefordert,

4 Abb. 4 zeigt ist die invertierte Darstellung von Abb. 2. Hier kommt die Aus-
dehnung der Gezeitenschweife viel besser zur Geltung.
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18

Galaxien

Eigenschaften von NGC 3227

Parameter Rekt. (2000.0) Dekl. (2000.0) Sternbild Durchmesser Klassifikation Seyfert-Typ Entfernung

Wert 10h 23m 30,6s +19o 51` 54`` Leo 5,4' x 3,6' SAB(s) pec 1 55 Mio Lj

Quelle [8] [8]
[8] [8] [4] [4]

[5] E. Schinnerer, 1999, Die zirkumnukleare Dynamik und Sternentstehung in zwei repräsentativen Seyfert-Galaxien, Dissertation
[6] T.J. Turner, K.A. Pounds, 1989, Monthly Not. Roy. Astronom. Soc. 240, 833
[7] http://www.astrophoton.com/tips. htm
[8] NASA/IPAC Extragalactic Database (NED)

5 Ausschnitt von NGC 3227 in vergrößerter Darstellung; Rechts vom Kern von
NGC 3227 ist der von Mundell et al. im Jahr 2004 [3] vorgestellte ,,Tidal-Dwarf"Kandidat J1023+1952 mit seinen blauen Knoten erkennbar. Das Inset links oben wurde von [3] mit dem 2,5-m-Isaac-Newton-Teleskop in La Palma durch einen Blaufilter gewonnen.

klumpigen Strukturen ca. eine Bogenminute westlich des Kerns. Diese Strukturen sind im Inset in Abb. 5 besser aufgelöst.
In [3] wird das Objekt mit den blauen Knoten mit J1023+1952 bezeichnet. J1023+1952 kann in jedem Fall als eigenständiges Objekt im Arp94-System betrachtet werden. Es unterscheidet sich physikalisch und kinematisch von der Scheibe von NGC 3227 und liegt im Vordergrund zwischen uns und der Hintergrundscheibe von NGC 3227. In den blauen Knoten findet intensive Sternentstehung statt. Zwei Szenarien kommen für die Entstehung von J1023+1952 in Frage: 1. Eine bereits vorher existierende
Zwerggalaxie, die in Wechselwirkung mit NGC 3227 steht und dabei anstelle von NGC 3226 oder gemeinsam mit NGC 3226 den nördlichen Gezeitenschweif erzeugt hat. In diesem Szenario wäre der südliche Gezeitenschweif aus NGC 3227 extrahiert worden.
VdS-Journal Nr. 40

2. J1023+1952 könnte aber auch durchaus neu entstanden sein als Produkt der Wechselwirkung zwischen NGC 3227 und NGC 3226. In diesem Fall wäre diese Zwerggalaxie aus einer Verdichtung im Gezeitenschweif entstanden (tidal dwarf Galaxie).
Von den Autoren in [3] wird Szenario 2 als am wahrscheinlichsten betrachtet. Somit handelt es sich bei J1023+1952 mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine sehr junge ,,Tidal-Dwarf"-Galaxie.
Literaturquellen: [1] V.C. Rubin, W.K. Ford, 1968,
Astrophys. Journal 154, 431 [2] C.G. Mundell et al, 1995, Monthly
Not. Roy. Astronom. Soc. 277, 641 [3] C.G. Mundell, P.A. James, 2004,
Astrophys. Journal 614, 648 [4] R.I. Davies et al, 2006, Astrophys.
Journal 646, 754

Inserentenverzeichnis

APM Telescopes, Rehlingen

111

astronomie.de, Neunkirchen

75

Astro-Shop, Hamburg

U2

Astroshop.de nimax GmbH,

93

Landsberg

ATT, Essen

107

Baader Planetarium,

U4

Mammendorf

Deep-Sky-Treffen, Bebra

30

Intercon Spacetec GmbH,

U3

Augsburg

SaharaSky, F. G. Koring, Marocco 63

Kosmos Verlag, Stuttgart

69

Meade Instruments Europe,

19

Rhede

Gerd Neumann jr., Münster

13

Optische Geräte Wolfgang Lille, 109 Heinbockel

Spektrum der Wissenschaft Ver- 7 lagsgesellschaft mbH, Heidelberg 65

Sternwarte Rüti

27

30. Planeten- und Kometen-

102

tagung, Violau

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20

Galaxien

Das weiße Loch in M 63 -
Bildauswertung mit Histogramm und Helligkeitsprofil

von Hans-Günter Diederich und Herbert Haupt

Spiralgalaxien sind faszinierende Objekte, besonders wenn wir ihnen direkt ins Gesicht blicken (,,face-on"). Ist ihre Scheibe ein wenig geneigt, ergibt sich zudem oft ein räumlicher Eindruck. Es ist also kein Wunder, dass solche Galaxien bei Astrofotografen und visuellen Beobachtern zu den beliebtesten Objekten gehören. Es gibt einige gute Aufnahmen. In vielen aber zeigen sich deutliche Spuren von Misshandlungen: die hellen Zentren sind herausgeschnitten. Stattdessen sehen wir dort einen Bildteil ohne jeglichen Informationsgehalt, alles ist weiß, ein ,,weißes Informationsloch".

Aber auch die schwachen äußeren Teile von Spiralgalaxien missfallen offenbar vielen Astrofotografen. Sie werden ebenfalls abgeschnitten und durch Schwarz ersetzt. Es scheint, als interessiere viele Fotografen überhaupt nicht, welche Strukturen und Objekte sich im Innen- und im Außenbereich verbergen und dort zu finden wären, schaute man nur genau hin.

1 5.400-s-Summenbild, bearbeitet mit ,,Digital Development" in MaxIm DL
(Instrumentierung: Takahashi FRC-300, STL1001E, Klarglasfilter).

Dieser Aufsatz beruht auf einem Projekt, für welches Verfahren und Ergebnisse ausführlich beschrieben wurden [1]. Wir wollen hier am Beispiel der Spiralgalaxie M 63 aufzeigen, was der Amateur alles aus seinen Aufnahmen heraus holen kann.

Die wichtigsten Mittel bei der Bildauswertung (neben der Neugier) sind: - ein stufenweises Strecken der Aufnah-
men im Histogramm (,,HistogrammStrecken") von maximaler Helligkeit bis zum völligen Aufgehen in den Bildhintergrund und - ein Helligkeitsprofil längs durch die Galaxie gezogen und in einer Tabellenkalkulation ausgewertet.

2 Streckung der Aufnahme im Histogramm in sieben Stufen.

Die Ergebnisse der Fachastronomie, mehreren Vorabdrucken auf astro-ph [2] entnommen, wurden einbezogen.

Abbildung 1 gibt den Eindruck wieder, wie er auch in einem der vielen ,,hübschen" Bilder zu finden ist. Der Vergleich
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3 Helligkeitsprofil längs durch M 63 mit Anzeige der linearen Helligkeit in
einem Diagramm.

Galaxien

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mit Abbildung 2 wird zeigen, dass in dieser konventionellen Aufnahme maximal ein Viertel von dem zu sehen ist, was in einer typischen Amateuraufnahme wirklich drin steckt, wenn es nicht bereits bei der Aufnahme der Einzelbilder und bei der Bildbearbeitung verloren geht. Wir sollten alles tun, um die volle Information, welche auf den CCD-Chip trifft, zumindest in einem einzigen Bild (einem SUM- oder/und einem SDmask-Summenbild) mit vollem Grauwerteumfang zu bewahren und dauerhaft zu sichern. Ist dies geschehen, können ohne spätere Reue alle ,,künstlerischen" und sonstigen Manipulationen durchgeführt werden.
Abbildung 2 zeigt einige als Screenshot eingefrorene Schritte des HistogrammStreckens. Es sind mehrere Details zu sehen, die in Abbildung 1 teilweise fehlen:
- ein nicht-stellarer Nukleus (mit größerer Halbwertsbreite als ein gleich heller Stern),
- eine kleine, sehr helle, strukturarme Scheibe,
- eine helle innere Scheibe mit unregelmäßigen, flockigen Spiralarmen,
- ein Dunkelwolkenstreifen auf der Südseite der inneren Scheibe (mit einer länglichen Sternwolke namens UGCA342 in deren Verlängerung nach Westen),
- eine sehr schwache äußere Scheibe, die verbogen erscheint, einen ,,Warp" aufweist und
- deren äußerer Umfang nicht mehr elliptisch ist (eine durch den Projektionseffekt zur Ellipse verzerrte Kreisscheibe), sondern eine kastenförmige (,,boxy") Gestalt aufweist.
Zeichnet man eine Achse längs durch die helle innere Scheibe und eine ebensolche durch die äußere schwache Scheibe, wird man feststellen, dass sich die Positionswinkel beider Achsen unterscheiden. Dies, die vielen Abweichungen von einer elliptischen Gestalt und sonstige Besonderheiten ließen uns in der Fachliteratur nach Bestätigung und Erklärungen suchen.
Der Fachastronomie war bereits früher aufgefallen, dass die Scheibe von M 63 einen hellen inneren und einen schwachen äußeren Teil besitzt. Es war sogar festgestellt worden, dass M 63 nicht eine

einzige Scheibe aufweist, sondern deren zwei, die sich u. a. in der Lage ihrer Mittelpunkte unterscheiden. Die Astronomen hatten in sehr tiefen fotometrischen und spektroskopischen Untersuchungen auch einen Übergangsradius (,,transition radius") zwischen beiden Scheiben bestimmen können. Die Frage war nun, ließ sich ein solcher Radius durch Auswertung auch im eigenen Bildmaterial finden?
Selbst mit sorgfältigstem Strecken im Histogramm war ein solcher Übergang nicht festzustellen. Waren wir an eine Grenze für Amateurastronomen gelangt? Nein, denn noch wartete eine einfache Methode auf ihren Einsatz: das Helligkeitsprofil.
Das CCD-Bildbearbeitungsprogramm MaxIm CCD stellt ein Tool ,,Linienprofil" bereit. Abbildung 3 zeigt in einem Screenshot, was der Aufruf dieser Funktion bewirkt. Im linken Teilbild wurde durch die Scheibe und den Nukleus von M 63 eine ,,Profilgerade" gezogen. Das rechte Teilbild zeigt in einem Diagramm den Verlauf der linearen Helligkeit entlang der Profilgeraden.
Zunächst nimmt die Helligkeit von links kommend kaum spürbar zu. In Richtung Nukleus beschleunigt sich dann aber der Anstieg, um schließlich auf einmal steil anzusteigen und am Ort des Nukleus die Spitzenhelligkeit zu erreichen. Danach fällt die Helligkeit fast symmetrisch zum Anstieg wieder ab. Wer allerdings den schwachen äußeren Bereich und den hellen inneren Bereich zuvor abgeschnitten hat, der kann mit dieser Funktion nichts
5 Montage zur
Lage des ,,break radius" und zur Größe von M 63

4 Diagramm der logarithmierten
Helligkeit (y-Achse) längs durch M 63 (x-Achse: Pixelnummern auf dem Profil) mit abschnittsweiser Anpassung durch Geraden. Erläuterungen im Text.
mehr anfangen. Die entsprechenden Informationen sind unwiederbringlich zerstört. In Lehrbüchern und Arbeiten wird häufig von einem exponentiellen Helligkeitsverlauf in den Scheiben von Spiralgalaxien gesprochen. Wenn es in M 63 nicht eine, sondern zwei Scheiben gibt, dann sollte jede dieser Scheiben ihren eigenen exponentiellen Verlauf aufweisen und sich der Übergang von dem einen in den anderen Verlauf im Diagramm feststellen lassen. Es scheint aber aussichtslos, im Diagramm der Abb. 3 die beiden vermuteten Verläufe auseinander halten zu können. Es gibt aber einen Trick. Ein exponentieller Verlauf hat seinen Namen von der Exponentialfunktion. Logarithmiert man diese, wird sie zu einer Geraden. Gibt es zwei exponentielle Verläufe, sollten sie sich in einem Diagramm mit logarithmierter Helligkeit unterscheiden und sich durch zwei verschiedene
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Galaxien

6 Sternströme bei M 63
Geraden annähern lassen. Im inneren Bereich ergäbe diese Annäherung eine Gerade mit anderer Steigung als außen. Beide Geraden würden sich schneiden. Und die Lage dieses Schnittpunktes ließe sich im Bild einzeichnen, mit den dortigen Strukturen vergleichen und zudem durch Literatur bestätigen oder widerlegen.
Eine solche Auswertung übersteigt nun aber die Möglichkeiten eines Bildbearbeitungsprogramms. Hierzu ist eine ,,richtige" Tabellenkalkulation erforderlich. Wie aber bekommt man die Daten des Helligkeitsprofils dort hinein? MaxIm CCD kann die Daten des Helligkeitsprofils als ASCII-Datei mit der Erweiterung .csv exportieren. Und jede Tabellenkalkulation kann eine solche Datei importieren. Jetzt bedarf es nur noch weniger Schritte, bis die linearen Helligkeitswerte logarithmiert sind und in einem Diagramm zur Auswertung bereit stehen.
In Abbildung 4 wurde diese Auswertung durchgeführt. Ganz rechts bei Pixel Nr. 250 zeigt sich der steile Abfall vom Nukleus, nach links schließt sich die kleine strukturarme Scheibe an. Danach folgt ein langer, fast geradliniger Verlauf, dem zu Beginn noch die Wellen der gequerten Spiralarme überlagert sind. Den Übergangsradius zwischen den verschiedenen Scheiben, an dem der ,,Warp" der äußeren Scheibe einsetzt, konnten wir nicht finden.
Dafür entdeckten wir aber weiter außen einen ,,Break"-Radius bei Pixel Nr. 60 (13,9 kpc). Der steilere Abfall der Helligkeit außerhalb von ihm kennzeichnet M 63 als Galaxie vom Freeman-Typ II [4], [5]. Dieser ,,Break"- oder ,,Truncation"-Radius wurde früher als Ende der Galaxienscheibe angesehen. Tatsächlich liegt er zwi-
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schen den Werten, die de Vaucouleurs bzw. Holmberg als Norm für die Scheibengröße zum Vergleich von Galaxien eingeführt haben. Die Dynamik der inneren (baryonischen) Scheibe unterscheidet sich von derjenigen in der äußeren Scheibe, wo laut Literatur die Dunkle Materie dominiert. Es dürfte interessant sein, die Lage des ,,Break-Radius" mit der Größe von M 63 in einem schönen Bild und in einer sehr tief gestreckten Bearbeitung zu vergleichen [Abb. 5]. M 63 ist erheblich größer, als es eine konventionelle Darstellung vermuten lässt. Und bereits mit Amateuraufnahmen von nur einer Stunde Integrationszeit ist es möglich, in diesen weit außen liegenden, schwachen Bereich jenseits des ,,Break-Radius" vorzustoßen und damit in die gewarpte äußere Scheibe. Wir wollen nun untersuchen, ob es außerhalb der sehr schwachen Scheibe noch weitere Strukturen gibt. Zu klären bleibt außerdem, warum sie nicht mehr elliptisch ist, sondern deutlich kastenförmig (,,boxy") aussieht.
Das kastenförmige Erscheinungsbild und das Abknicken des Helligkeitsprofils sind fossile Überbleibsel aus der Vergangenheit von M 63. Kommen sich zwei annähernd gleich große, gashaltige Spiralgalaxien zu nahe, ziehen sie sich gegenseitig Ströme aus Gas, Staub und Sternen heraus: es entstehen ,,Gezeitenschweife". Sind beide Galaxien schließlich zu einer einzigen verschmolzen, fällt die durch Gravitationswirkung heraus gezogene Materie wieder zurück. In den Gezeitenschweifen können sich auch kleine Zwerggalaxien bilden (,,Tidal Dwarf Galaxies"). Es kommt auch zur Bildung unterschiedlicher Populationen von Kugelsternhaufen, deren Alter es erlaubt, die erste nahe Passage und die endgültige Verschmelzung zu datieren. All dies erklärt morphologische (für uns sichtbare) und kinematische Besonderheiten, über die wir in der Literatur lesen.
Wenn unserer Galaxie aber keiner großen, sondern einer sehr kleinen Galaxie begegnet, dann wird die kleine vollständig zerrupft und einverleibt. Wenn sie einen Nu-

kleus enthielt, überlebt dieser vielleicht als Kugelsternhaufen. Größere Teile der kleinen Galaxie aber werden zunächst heraus gerissen und umkreisen als ,,Sternstrom" noch längere Zeit die große Galaxie.
Solche Sternströme wurden gemäß einer 2010 erschienenen Arbeit bei M 63 entdeckt [3]. In unserem extrem tief gestreckten Bild von M 63 sind diese Sternströme tatsächlich zu sehen (Abb. 6). Die Strukturen sind so schwach, dass zur invertierten Darstellung gegriffen wurde. Es war zudem erforderlich, markierte und nicht markierte Teilbilder neben einander zu setzen. Wer bei der Bildbearbeitung die schwachen äußeren Bereiche einer Galaxie ,,wegstreckt", der beraubt sich der Möglichkeit, solche interessanten Strukturen und Details in der eigenen Aufnahme zu entdecken. Und wer kein Histogramm-Strecken durchführt und nicht hinschaut, auch ihm wird dies alles entgehen.
M 63 ist eine Galaxie mit stürmischer Vergangenheit und wohl auch Gegenwart. Die kastenförmige Scheibe und Sternströme weit außerhalb der optischen Scheibe künden von Wechselwirkungen mit anderen großen Galaxien vor Milliarden von Jahren und mit Zwerggalaxien aus der Umgebung, die weitgehend von M 63 einverleibt wurden.
Wir hoffen, dass alle Astrofotografen Spiralgalaxien jetzt mit etwas anderen Augen sehen und bei der Bildbearbeitung auf Strukturen und Details achten, wie sie oben vorgestellt wurden. Sie erweitern nicht nur den Formenreichtum der Spiralgalaxien, sondern erzählen uns auch etwas über ihre Physik und Geschichte.
Literaturhinweise: [1] Diederich, H.-G., 2010. mehrere
Postings zu M 63 (#1 bis #6) auf http://list.naa.net/pipermail/ deepsky (Stand: 12.2010) [2] astro-ph: http://xxx.uni-augsburg.de/ archive/astro-ph (Stand: 31.01.2011) [3] Martinez-Delgado, D., et al., 2010. Stellar Tidal Streams in Spiral Galaxies of the Local Volume, arXiv:1003.4860v2 [4] Pohlen, M., et al., 2002. Outer edges of face-on galaxies, arXiv:astro-ph/0206419v2 [5] Pohlen, M., et al., 2007. Three Types of Galaxy Disks, arXiv:0706.3830v1

Galaxien

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,,Neue" Objekte in M 82
von Hans G. Diederich

Wir alle kennen M 82 als große und helle Galaxie: interessant für jeden ,,Anfänger", sei er visueller Beobachter oder Astrofotograf. Sie bietet aber viel mehr an Objekten und Strukturen, als allgemein bekannt ist, und wird bei deren Kenntnis zu einem reizvollen Objekt auch für den ,,fortgeschrittenen" Sternfreund.
Entsprechende Informationen begegnen uns in den Arbeiten der Fachastronomie, deren Vorabdrucke (,,preprints") täglich (Mo bis Fr) auf astro-ph [1] präsentiert werden. Auch gezielte Recherchen sind dort möglich. Hierunter werden einige Beispiele vorgestellt, die nur dank astroph beobachtet wurden. Sie belegen, dass M 82 nicht nur ein ,,Anfängerobjekt" ist, sondern jedem von uns etwas zu bietet hat.
Die folgenden Objekte und Strukturen werden im Aufsatz vorgestellt: (1) M 82 A mit 135-mm-Kleinbild-
objektiv (2) M 82 L - ein nur im IR sichtbarer
,,SSC" (3) M 82 - eine Balkengalaxie mit
Spiralarmen (4) Zwei sehr alte Sterncluster #139
und #152 (5) ,,Sternbogen" südlich von M 82 (6) ,,H-alpha-Kappe" nördlich von
M 82

(1) M 82 A mit 135-mm-Kleinbildobjektiv und Teleskop Die erste Beobachtung von M 82 als Anfänger erfolgte mit einem 135-mmKleinbildobjektiv und meiner ersten CCD-Kamera, also ohne Teleskop. Mit einem H-alpha-Filter konnte ich seinerzeit den Komplex M 82 A nachweisen, der aus ca. hundert einzelnen massereichen Sternhaufen besteht, in denen heftige Sternbildung stattfindet [2]. Damals wurden die Weichen gestellt, es nicht bei ,,Portraitaufnahmen" dieser Galaxie zu belassen, sondern sich ihren inneren Strukturen zuzuwenden, beginnend mit dem Komplex M 82 A und sich fortsetzend mit M 82 C, E und F.
(2) M 82 L - ein nur im IR sichtbarer ,,SSC" An M 82 L reizte mich, dass er nur im Infraroten (IR) zu beobachten ist. Zuvor hatte ich nämlich begonnen, AmateurIR-Astrofotografie zu betreiben. Der Titel (,,M 82 F - ein dem Untergang geweihter Super-Star-Cluster" [3]) hörte sich äußerst interessant an. Da musste ich einfach hin und fand kurz darauf die Angaben zu M 82 L, der sich direkt neben dem gut sichtbaren M 82 F befindet.
Die Daten zu M 82 L erreicht man in Simbad [4] durch die Eingabe von ,,[KPV72] L". In Abb. 1 ist er mit einigen weiteren

Komplexen zu erkennen. In [3] wird M 82 L als sehr hell im I-Band, aber als praktisch nicht sichtbar im B-Band beschrieben. Es handelt sich bei ihm also um ein sehr stark gerötetes Objekt. Aus [5] entnehmen wir sein Alter zu (60 +- 20) Millionen Jahren und seine Lage nahe dem äußeren Scheibenrand von M 82.
(3) M 82 - eine Balkengalaxie mit Spiralarmen M 82 eine Spiralgalaxie? Aus den üblichen Amateuraufnahmen kann man das nun wirklich nicht ableiten. In der Literatur gesellt sich zu ihren zwei Spiralarmen noch ein Balken. In [6] werden ,,zwei beherrschende Spiralarme" erwähnt. Aber erst [7] motivierte mich, meine IFilter-Aufnahme mit M 82 L erneut auszuwerten. Im mit einer Differenztechnik (ähnlich einer Unscharfen Maske) aufbereiteten Summenbild erkannte ich erstmalig die beiden Spiralarme im eigenen Bild und konnte zudem auch die Lage des Balkens einzeichnen (Abb. 2).
Beide Spiralarme sind symmetrisch und ebenso wie der ~1 kpc (60") lange Balken im Optischen nicht erkennbar. M 82 ist nicht nur um 77 Grad gegen die Blickrichtung geneigt, sondern wird auch von einem Netz aus schmalen Dunkelwolken überzogen (eine Folge der Wechselwirkung mit M 81 und NGC 3077). Spiralarme und

1 M 82 L, Infrarotaufnahme 3.900 s mit C14, AP-6E,
Bessel-I-Filter

2 Spiralarme und Balken, Infrarotaufnahme 3.900 s mit
C14, AP-6E, Bessel-I-Filter
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Galaxien

effekts (Inklination 77 Grad ) erscheinen uns die Arme auch nicht sonderlich spiralig, sondern eher geradlinig.

(4) Zwei sehr alte

Sterncluster #139

und #152

Anlass für die Iden-

tifizierung von zwei

außergewöhnlichen

Sternclustern im

Halo von M 82 war

3
Zwei sehr alte Sterncluster; links #139 und rechts

wiederum die Arbeit [6]. Beide Cluster be-

#152; oben eigene Aufnahme, unten Aladin-Screenshot;

finden sich mehr als

7.200 s mit 24,5-Zoll-RC (f/10), STL-6303, Binning 2, Klar- 200 pc unterhalb der

glasfilter.

Scheibe. Die Autoren

hatten die Spektren

von 49 Sternclustern

Balken nehmen die Autoren von [7] zum in Scheibe und Nukleus untersucht und

Anlass, M 82 nicht mehr als irreguläre deren Alter als zwischen sieben und 15

Galaxie zu sehen, sondern für sie den Millionen Jahren bzw. zwischen 30 und

Typ SBc (,,späte" Balkengalaxie) vorzu- 270 Millionen Jahren liegend bestimmt.

schlagen.

In der Altersverteilung zeigen sich zwei

Spitzen bei ~10 und bei ~140 Millionen

Wie in Balkengalaxien üblich, entsprin- Jahren. Die meisten dieser Sterncluster

gen die Spiralarme an den Enden des dürften infolge der engen Begegnung

Balkens. Sie laufen aber erst ca. 360 Grad um von M 82 mit M 81 vor ~220 Millionen

den Balken herum, bevor sie in Erschei- Jahren entstanden sein.

nung treten. Aufgrund des Projektions-

Zwei Sterncluster aber unterscheiden sich deutlich von allen anderen. Sie sind reich an Sternen, befinden sich im Halo von M 82 und weisen ein Alter von größer als acht Milliarden Jahren auf. Ihre Bezeichnungen lauten #139 und #152. Bei #139 ist noch nicht vollständig ausgeschlossen, ob es sich vielleicht um eine Galaxie im Hintergrund handelt, die Klassifizierung von #152 dagegen gilt als ziemlich sicher: Es ist ein alter Kugelsternhaufen.
Die Identifizierung erfolgte durch Eingabe der Koordinaten in Aladin und das Blinken der entsprechenden Screenshots mit dem eigenen Bild. Alle Blinkbilder wurden in einer Montage zusammengefasst (Abb. 3). Die Herausforderung bestand vor allem darin, beide Cluster durch ,,subtiles" Histogrammstrecken der gleißenden Helligkeit der sehr nahen M 82 zu ,,entreißen".
(5) Sternbogen südlich von M 82 Angaben zu dieser seltsamen Struktur entstammen [8]. Beim tieferen Histogrammstrecken taucht der Sternbogen als lineare Struktur aus dem Rauschen auf. Zum Identifizieren ist die Fig. 1 der Arbeit hilfreich.
Das linke Teilbild der Abb. 4 zeigt M 82 in voller Größe. Dem Sternbogen wid-

IMPRESSUM

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Galaxien

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men sich das mittlere und rechte Teilbild. Bei solch schwachen Strukturen ist es sinnvoll und gelegentlich unverzichtbar, Ausschnitte mit und ohne Markierung in einer Montage nebeneinander zu setzen. Dazu kommt dann noch ein verkleinertes Übersichtsbild für die ,,Navigation". Der Sternbogen zeigt sich dort in der Mitte der unteren Hälfte.
Die Integrationszeit von 7.200 Sekunden ist keineswegs zu lang gewählt. Die doppelte bis dreifache Zeit würde vielleicht zu einem ,,schönen" Bild führen. Zu kurz belichtet dürfte es schwierig werden, den Sternbogen aus dem verrauschten Hintergrund heraus zu präparieren. Seine Gesamtmasse beträgt 300.000 bis zwei Millionen Sonnenmassen. Die jüngsten Sterne bildeten sich ungefähr zur selben Zeit wie die Gezeitenschweife der M-81Gruppe. Bei seiner Auflösung wird er den Halo von M 82 mit jungen, metallreichen Sternen bereichern.
(6) H-alpha-Kappe nördlich von M 82 Den Abschluss bildet eine wirklich extreme Struktur, für deren Beobachtung vier Stunden eingeplant waren. Bedingt durch einen Geräteausfall konnte nur eine Stunde realisiert werden. Zwar ermöglicht die Abb. 5 das Navigieren zum Objekt, es empfiehlt sich aber dennoch, die Fig. 1 und 2 in [9] zu nutzen.
Die ,,H-alpha-Kappe" befindet sich 10` nordwestlich von M 82. Die Entfernung zur Scheibe beträgt 11 kpc. Das ist dreimal weiter weg, als bisher H-alpha-Emissionen von M 82 entdeckt wurden. Diese ,,Kappe" hat die Gestalt einer Schale und ist um 50-200 km/s relativ zum Nukleus von M 82 blauverschoben. Bei dieser Struktur mag es sich um eine bugförmige Stoßfront (Wechselwirkung des Superwinds von M 82 mit zuvor von ihr ausgestoßenem Material) handeln. Möglich ist aber auch, dass energiereiche Photonen vom Nukleus der Galaxie ihren Weg durch den vom Superwind freigeblasenen Leerraum bis hier draußen gefunden haben und das Material zur H-alpha-Emission anregen. Die Details hierzu werden in [9] ausführlich behandelt.
Mit allen Tricks versuchte ich, die H-alpha-Kappe zumindest erkennbar zu machen. Peter Eppich gelang dies in einer

4 Bogen aus jungen Sternen im Halo von M 82, 7.200 s mit 24,5-Zoll-RC
(f/10), STL-6303, Binning 2, Klarglasfilter.

5 Die ,,H-alpha-Kappe" nördlich von M 82; 3.600 s mit 24,5-Zoll-RC (f/10),
STL-6303, Binning 2, Klarglasfilter.

erneuten Bearbeitung noch am besten. Ich wage nicht daran zu denken, welche Integrationszeit für eine Aufnahme mit schmalem H-alpha-Filter erforderlich wäre. Aber das ist natürlich kein Grund, es nicht wenigstens einmal zu versuchen.
Zusammenfassung Fünf Objekte bzw. Strukturen in und um M 82 wurden, geordnet nach dem Schwierigkeitsgrad, im eigenen Bild vorgestellt. M 82 bleibt zwar ein willkommenes ,,Anfängerobjekt", aber auch der fortgeschrittenste Astrofotograf kann sich von ihr an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit führen lassen.
Literaturhinweise: [1] http://xxx.uni-augsburg.de/archive/
astro-ph (19.04.11) [2] Diederich, H. G., 2003. Super-
starcluster M82 A mit 135mmKleinbildobjektiv nachgewiesen, VdS-Journal 10/2003, 107

[3] Smith, L. J., Gallagher, J. S., 2001. M82-F: A Doomed Super Star Cluster?, Mon. Not. Roy. Astron. Soc. 326, 1027-1040
[4] http://simweb.u-strasbg.fr/simbad/ sim-fid (19.04.11)
[5] Gallagher, J. S., Smith, L. J., 1999. Stellar Populations and Ages of M82 Super Star Clusters, Mon. Not. Roy. Astron. Soc. 304, 540-548
[6] Konstantopoulos I. S., et al., 2009. A spectroscopic census of the M82 stellar cluster population, Astrophys. J. 701, 1015-1031
[7] Mayya Y. D., et al., 2005. The Discovery of Spiral Arms in the Starburst Galaxy M82, Astrophys. J. 628m L33-L36
[8] Davidge T. J., 2008. An Arc of Young Stars in the Halo of M82, Astrophys.J. 678, L85-L88
[9] Devine D., Bally J., 1999. H-alpha Emission 11 Kiloparsecs above M82, Astrophys. J. 510, 197-204
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Galaxien

Supernovae - Highlights bei der Fotografie von Galaxien
von Michael Hauss

Der Faszination einer Supernova kann sich wohl kaum jemand entziehen! Ein Stern explodiert in einem riesigen Inferno und leuchtet dabei für einen kurzen

Zeitraum fast so hell wie die gesamte Galaxie, in der er sich befindet. Das unvorhersehbare Aufleuchten von Supernovae macht das Beobachten ferner Galaxien

auch für Amateur-Astronomen erst so richtig interessant. Automatische Suchprogramme finden heute einen Großteil der Supernovae. Die Ergebnisse dieser

1 SN 2008Q (Typ Ia) in NGC 524 am 08.02.2008 um
18:08 Uhr UT mit einer Helligkeit von ca. 13,2 mag. Die Galaxie vom Typ SA(rs)0+ hat eine Helligkeit von etwa 11,3 mag. Das Foto ist eine Überlagerung von zehn Einzelbildern à 30 s Belichtungszeit mit einem 8''-SCT (Sony A700, ISO 3200).

2 SN 2009gf (Typ Ia) in NGC 5525 am 19.06.2009 um
22:05 Uhr UT mit einer Helligkeit von ca. 15,7 mag. Die Galaxie vom Typ S0 hat eine Helligkeit von etwa 13,6 mag. Überlagerung von 17 Einzelbildern à 60 s Belichtungszeit mit einem 8''-SCT (Canon EOS 500D, ISO 12800).

3 SN 2011B (Typ Ia) in NGC 2655 am 28.01.2011 um
19:03 Uhr UT mit einer Helligkeit von ca. 13,2 mag. Die Galaxie vom Typ SAB(s) 0/a hat eine Helligkeit von etwa 11 mag. Überlagerung von acht Einzelbildern à 60 s Belichtungszeit mit einem 8''-SCT (Canon EOS 500D, ISO 3200).
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4 SN 2011aa (Typ Ia) in UGC 3906 am 08.02.2011 um
19:21 Uhr UT mit einer Helligkeit von ca. 14,8 mag. Die Galaxie hat eine Helligkeit von etwa 14,7 mag. Überlagerung von 16 Einzelbildern à 60 s Belichtungszeit mit einem 8''-SCT (Canon EOS 500D, ISO 3200).

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professionellen Suchprogramme werden im Internet innerhalb von wenigen Tagen veröffentlicht, so dass man diese nützlichen Informationen als Amateur-Astronom zeitnah für die eigene Arbeit nutzen kann. Will man also bei der Ausübung seines Hobbys die eine oder andere Supernova ,,mitnehmen", dann sollte man vor einer Beobachtungsnacht unbedingt die aktuellen Supernova-Informationen im Internet sichten:
- Allen voran ist die exzellente Internetseite von David Bishop [1] zu nennen. Hier kann man ganz schnell in Erfahrung bringen, welche Supernovae für eine Beobachtung in Frage kommen könnten. Neben der Helligkeit und der Position am Himmel ist auch der Abstand der Supernova vom Galaxienzentrum interessant, damit schon während der Planung abgeschätzt werden kann, ob eine Supernova mit der eigenen Ausrüstung ,,einen Versuch wert ist". Zahlreiche aktuelle Vergleichsfotos auf der Seite von David Bishop helfen sowohl bei der Planung als auch bei der Auswertung eigener Aufnahmen ungemein!
- Die IAU veröffentlicht ebenfalls aktuelle Supernova-Informationen, die in jedem Fall einen schnellen Überblick über die aktuellen Supernovae ergeben (siehe [2] und [3]).
- Gleiches gilt für ATEL, wo ebenfalls aktuelle Supernova-Entdeckungen veröffentlicht bzw. per Newsletter versendet werden (siehe [4]).
Man kann ungefähr damit rechnen, dass stets rund 10-30 Supernovae am (gesamten) Himmel zu beobachten sind, die heller als etwa 17 mag sind. Beschränkt man sich auf den Bereich des Himmels, der bei einer nächtlichen Beobachtung günstig liegt und bieten die Kombination von Teleskop und Beobachtungsbedingungen vielleicht eine realistische Grenzgröße von 15-16 mag, dann reduziert sich die Liste der in Frage kommenden Supernovae zwar deutlich, doch finden sich immer wieder interessante Objekte am Himmel.
Ein Vorteil bei der Fotografie von Supernovae ist, dass es sich um sternförmige Objekte handelt, die - abgesehen von ihrer üblicherweise geringen Helligkeit - auch bei nicht ganz optimalen Beobachtungsbedingungen und mit kleineren Instrumenten fotografiert werden können. So hilft das Übereinanderlegen von mehreren Aufnahmen selbst bei der Verwendung relativ kurzer Belichtungszeiten von bis zu einer Minute, auch mit digitalen Spiegelreflexkameras gute Fotos von helleren Supernovae zu erhalten. Schließlich ist die Abbildung der filigranen Details der jeweiligen Galaxien nicht das primäre Ziel.
Bei guten Bedingungen lohnt es sich natürlich ganz besonders, etwas mehr Zeit in die Fotografie einer Galaxie mit einer Supernova zu investieren, da ein gutes Foto einer Galaxie mit Supernova immer einem Foto der gleichen Galaxie ohne Supernova vorzuziehen ist. Folglich nehme ich mir an einem Beobachtungsabend sehr gerne eine halbe oder ganze Stunde Zeit, um hellere Supernovae selbst zu fotografieren (Abb. 1-4). Es lohnt sich in jedem Fall und macht sehr viel Spaß! Die Fotos werden von David Bishop auch gerne auf supernovae.net veröffentlicht.
Literaturhinweise: [1] Supernova-Seite von David Bishop, http://www.supernovae.net/ [2] IAU Central Bureau for Astronomical Telegrams: ,,List of Recent Superno-
vae", http://www.cbat.eps.harvard.edu/lists/RecentSupernovae.html [3] IAU Central Bureau for Astronomical Telegrams: ,,Transient Objects Confir-
mation Page", http://www.cbat.eps.harvard.edu/unconf/tocp.html [4] The Astronomer's Telegram
(ATEL): ,,Confirmed and Candidate SNe from CRTS", http://www.astronomerstelegram.org/?read=3126 [5] Daten zu den Galaxien NGC 524, NGC 5525, NGC 2566 und UGC 3906 gemäß NED, http://nedwww.ipac.caltech.edu

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Galaxien

Irreguläre
von Peter Riepe

Zwerggalaxien

1 DDO 216, Foto von A. Sandage
am 5-m-Spiegel des Mt.-PalomarObservatoriums, belichtet 30 min im November 1976 auf Kodak 103a-O mit Filter GG13 (nach [1]).

Irreguläre Zwerggalaxien (dIrr) zeichnen sich durch ihre symmetrielose Form aus. Im Gegensatz dazu sind die sphäroiden Zwerge (dSph) rund oder elliptisch. Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist, dass die dSph-Galaxien aus alten, entwickelten Sternen bestehen und keinerlei Gas mehr enthalten, während die dIrrGalaxien teilweise junge Sterne besitzen, dazu noch unverbrauchte Vorräte an neutralem Wasserstoff H I. Optisch ist neutraler Wasserstoff nicht nachweisbar, nur durch Radiobeobachtungen der 21-cm-Linie. Anhand der Dopplerverschiebung dieser Radio-Spektrallinie
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kann der Radioastronom auch die Radialgeschwindigkeit einer Galaxie bestimmen, daraus wiederum ist eine Angabe zur Entfernung möglich. Aus dem neutralen Wasserstoff können unter günstigen Umständen neue Sterne gebildet werden. So zeigen viele dIrr-Galaxien regelrechte Sternentstehungsausbrüche (sog. ,,Starbursts"), wenn sie mit größeren Nachbargalaxien wechselwirken und beispielsweise mit deren interstellarer Materie kollidieren. Betrachten wir nun zum besseren Verständnis zwei weniger bekannte, aber typische dIrr-Galaxien der näheren Umgebung.

DDO 216 Die ,,Pegasus Dwarf Irregular Galaxy" wurde in den 1950er Jahren entdeckt. Als Objekt Nr. 216 fand sie Eingang in den Katalog der Zwerggalaxien des David Dunlap Observatory [2], deswegen auch DDO 216. Ihre Koordinaten (2000) lauten: = 23h 28m 36s, = +14 Grad 44' 35''. Zunächst glaubte man an ein lichtschwaches, weit entferntes Objekt. 1975 entdeckten Tully und Fischer neutralen Wasserstoff in der Zwerggalaxie und konnten eine auf uns zu gerichtete Radialbewegung messen [3]. Damit war DDO 216 ein Kandidat für die Lokale Gala-

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xiengruppe. Bei ersten CCD-Messungen aus dem Jahre 1982 stellten Hoessel und Mould eine Entfernung von 1,7 Mpc fest. Hoessel fand Cepheiden in DDO 216 und bestätigte die Galaxienentfernung. Aparicio kam 1994 auf deutlich weniger, nämlich 955 kpc. Schließlich konnten Gallagher et al. 1998 mit dem Weltraumteleskop Hubble die Entfernung auf 760 kpc festlegen [4]. DDO 216 ist demnach ähnlich weit entfernt wie die Andromedagalaxie M 31. Damit ist die 5,0' x 2,7' ausgedehnte und 3600 Lj große Zwerggalaxie ein Mitglied der Lokalen Gruppe. Sie verfügt über viele uralte Sterne, die acht bis zehn Milliarden Jahre alt sind. Die jüngeren Sterne kommen auf zwei bis vier Milliarden Jahre. Ferner gibt es auch eine kleine Population sehr junger Sterne. Plausibel wird dies durch eine kürzlich gefundene, ausgedehnte, aber sehr lichtschwache H II-Region.
DDO 216 ist bei ihrer Ausdehnung mit visuellen 12,1 mag sehr lichtschwach (Abb. 1). Sie kommt auf eine mittlere Flächenhelligkeit von 23,6 mag pro Quadratbogensekunde. Deshalb hat Bernhard Hubl sie von Nussdorf in Österreich elf Stunden lang belichtet (Abb. 2). Er setzte einen 300-mm-Newton ein (f = 1120 mm). Als CCD-Kamera wurde eine SBIG ST-2000XM mit Filterrad und Farbfiltern (Baader) verwendet. Weder im Luminanz- noch in den Farbkanälen wurde gebinnt, daher ist die Detailauflösung hoch. Belichtungszeiten: Luminanz 28 x 12 min, RGB jeweils 9 x 12 min. Die Aufnahmen erstreckten sich über sechs Nächte zwischen dem 27.11.2010 und dem 08.01.2011. Im Sternenfeld wirkt DDO 216 ein wenig verloren. Die im Kontrast angehobene Ausschnittsvergrößerung (Abb. 3) zeigt die Zwerggalaxie in invertierter Farbdarstellung deutlicher. Sehr schön wird die längliche Form sichtbar, die orangen Feldsterne erscheinen blaugrün. Die hellsten Einzelsterne mit scheinbaren Helligkeiten um 20 mag kommen bereits zum Vorschein. Darunter sind zum Teil rötliche Kohlenstoffsterne mit Farbindizes B-V größer als 2 mag. Von ihnen wurden 40 in DDO 216 gefunden [5].
IC 10, versteckt im Staub Die Zwerggalaxie IC 10 liegt in der Milchstraße im Sternbild Cassiopeia. Sie wurde bereits um 1890 durch L. Swift entdeckt.

2 DDO 216, Foto von Bernhard Hubl. Daten im Text.

3 Ausschnitt aus Abb. 2 in invertierter Farbdarstellung.

J.L.E. Dreyer nahm sie 1895 in den ICKatalog auf und beschrieb sie als unauffälligen Stern, der von einem extrem schwachen, großen Nebel umgeben ist. Erst N. U. Mayall wies 1935 auf die extragalaktische Natur des Objekts hin. Ein

Jahr später stellte Edwin Hubble die These auf, IC 10 sei ein Mitglied der Lokalen Gruppe. Diese Annahme konnte in den 1960er Jahren von M.S. Roberts sowie G. de Vaucouleurs und H. Ables durch Messungen der Radialgeschwindigkeit und
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4 IC 10, Foto von Günter Kerschhuber. Daten im Text.
der Entfernung bestätigt werden. Die Koordinaten (2000) von IC 10 lauten: = 00h 20m 17s, = +59 Grad 18' 14''.
Die Nähe zum galaktischen Äquator (nur 3 Grad südlich) macht IC 10 trotz ihrer Zugehörigkeit zur Lokalen Gruppe zu einem wenig erforschten Objekt. Staub und Gas unserer Milchstraße stören die Beobachtung. Am Ort von IC 10 beträgt die galaktische Extinktion 2 bis 3 mag und dunkelt die Zwerggalaxie deutlich ab. Auf Farbaufnahmen erscheint IC 10 deswegen bräunlich-rötlich (Abb. 4). Wegen der nicht genau bekannten Extinktion schwanken auch die Entfernungsangaben in der Literatur zwischen 500 kpc und 3 Mpc.
Im Jahre 1990 fertigten P. Hodge und M.G. Lee tiefe CCD-Aufnahmen von IC 10 im H-Licht an. Sie konnten insgesamt 144 H II-Regionen nachweisen [6]. Zwar sind von denen die hellsten schon
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5 IC 10, Foto von Michael A. Siniscalchi. Daten im Text.

mit kleinen Amateur-Teleskopen fotografisch nachweisbar, sie sind aber doch ca. 10-mal lichtschwächer als der Tarantelnebel in der LMC. Schauen wir nun Abb. 4 an. Es zeigt IC 10, aufgenommen von Günter Kerschhuber 12.09.2010/ 11.10.2010 auf der Gahberg-Sternwarte am Attersee im Salzkammergut. Mit einem 10"-Astrographen (ASA) von f = 950 mm und einer SBIG ST-10XME wurde das Luminanzbild 310 Minuten belichtet. Simultan entstanden mit einem Refraktor Televue NP 101 die Farbbelichtungen: 150 min (R), 135 min (G) und 145 min (B) in Einzelaufnahmen zu je fünf Minuten. Im Original sind die hellsten roten Nebel schon deutlich sichtbar. Sie liegen im südöstlichen Bereich direkt nördlich des auffälligen Staubbandes. Dort gibt es eine regelrechte ,,Starburst-Zone" mit neu entstandenen Sternhaufen.
Abb. 5 zeigt IC 10 als Ausschnitt aus dem Originalbild (Norden in der rechten obe-

ren Bildecke) und stammt von Michael A. Siniscalchi aus Long Island, New York. Er setzte im August und September 2009 einen Reflektor Deep Sky Instruments RC10C im Primärfokus bei f/7,3 ein. Kamera war eine SBIG ST-2000XM. Eine Verbesserung der Bildqualität gelang durch eine AO8. Die Belichtung mit Baader LRGB-Filtern betrug 40 x 15 min (L), 12 x 15 min (R), 8 x 15 min (G und B), also 17 Stunden Gesamtbelichtung. Alles geschah ohne (!) Binning (was wieder meinen Rat bestätigt: Auch in den Farben keine Bildauflösung durch Binning verschenken). Besonders schön zeigt sich, dass IC 10 diffus weit nach außen reicht. Die Szenerie der südöstlichen H II-Regionen wird deutlich sichtbar. Ferner sind viele weitere rote Gasnebel über den Nordwesten der Galaxie verteilt und bestätigen den Starburst-Charakter von IC 10.

Anfang der 1990er Jahre wurde in IC 10 bei hoch aufgelösten Radiobeobachtungen eine etwa 800 Lichtjahre große ,,Superblase" entdeckt [7]. Vergleiche mit Untersuchungen im Optischen und im H-Licht zeigen, dass diese Superblase mit einem Sternentstehungsgebiet verbunden ist. Sie enthält zwei der leuchtkräftigsten H II-Regionen und die größte Wolke neutralen Wasserstoffs in IC 10. Im Zentrum der Superblase konnte ein junger Sternhaufen mit zwei Wolf-Rayet-Sternen (WR) identifiziert werden. Übliche Amateur-Aufnahmen zeigen diese Superblase nicht. Die Profis entdecken schwache H-Details heute mit Hilfe der Subtraktion des roten Kontinuums, was Amateure überhaupt nicht machen (kennen?).
Zu Beginn der Neunziger Jahre untersuchten P. Massey und T.E. Armandroff am 4-m-Teleskop auf dem Kitt Peak mit einem 1024 x 1024 CCD-Chip in IC 10
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nach WR-Sternen [8]. Über spezielle Interferenzfilter (C III 4650 nm, He II 4686 nm und benachbartes Kontinuum) konnten zunächst sechs WR-Kandidaten gefunden werden, mögliche weitere deuteten sich an. Eine spätere Spektroskopie erbrachte für 15 Kandidaten eine klare Bestätigung ihrer WR-Natur [9]. Die große Zahl von WR-Sternen lässt auf einen erst kürzlich erfolgten Starburst schließen. Die Fotometrie der WR-Sterne und der hellen blauen Sterne erbrachte eine Entfernung von 950 kpc. Gegen Ende der 1990er Jahre wurde IC 10 am 5-m-Spiegel des Mt. Palomar in den Filterungen V und I fotometriert. Aus der Spitze des Roten Riesenastes ließ sich eine Entfernung von (500 +- 50) kpc schließen. Mit Hilfe von Cepheiden ergaben sich (660 +- 66) kpc [10]. Schließlich zeigten Untersuchungen der Zentralregion von IC 10, dass dort massive rote Überriesen vorkommen, die 10 bis 50 Millionen Jahre alt sind [11]. Mit Hilfe dieser Sterne konnte die Entfernung zu 590 kpc berechnet werden. Die Entfernungsangaben von IC 10 schwanken also sehr. Wir können aber von 675 kpc im Durchschnitt ausgehen (ca. 2,2 Millionen Lj). Damit hätte IC 10 bei einem scheinbaren Durchmesser von 6,4' x 5,3' einen echten Durchmesser von etwa 4100 Lichtjahren.

IC 10 wurde auch mit dem Hubble Space Telescope aufgenommen, und zwar in U, V, I und H [12]. Dabei konnten 13 Sternassoziationen und -haufen identifiziert werden, von denen zwei wahrscheinlich älter als 350 Millionen Jahre sind. Die restlichen Sternhaufen sind jung (4 bis 30 Millionen Jahre) und haben sich im letzten Sternentstehungsausbruch gebildet. Es gibt weiterhin zwei mittelgroße H-Schalen von ca. 160 Lichtjahren Durchmesser, die sich in den letzten paar Millionen Jahren leicht durch enthaltene Sternhaufen gebildet haben könnten. Bisher wurde aber noch kein Supersternhaufen gefunden.
Literaturhinweise: [1] A. Sandage, J. Bedke: The Carnegie
Atlas of Galaxies, Band II; Carnegie Institution of Washington 1994. [2] S. van den Bergh (1959): A catalogue of dwarf galaxies; Publications of the David Dunlap Observatory 2, 147-150 [3] J.R. Fisher, R.B. Tully (1975): Neutral Hydrogen Observations of DDO Dwarf Galaxies; Astron. & Astrophys. 44, 151-171 [4] J.S. Gallagher et al. (1998): A wide field planetary camera 2 study of the resolved stellar population of the Pegasus dwarf irregular galaxy

(DDO 216); Astron. Journal 115, 1869 [5] P. Battinelli, S. Demers (2000): A carbon star survey of the Local Group dwarf galaxies. II. Pegasus, DDO 210, and Tucana; Astron. Journal 120, 1801 [6] P. Hodge, M.G. Lee (1990): The H II Regions of IC 10; Publ. Astr. Soc. Pacific 102, 26 [7] H. Yang, E.D. Skillman (1993): A nonthermal superbubble in the irregular galaxy IC 10; Astron. Journal 106, 1448 [8] P. Massey, T.E. Armandroff (1991): Wolf-Rayet stars in IC 10; Bull. Amer. Astr. Soc. 23, 918 [9] P. Massey, T.E. Armandroff (1994): The reddening, distance, and star formation rate of IC 10; Bull. Amer. Astr. Soc. 26, 1436 [10] Sakai S. et al. (1999): Cepheid and tip of the red giant branch distances to the dwarf irregular galaxy IC 10; Astrophys. Journal 511, 671 [11] J. Borissova J. et al. (2000): Infrared photometry of the Local Group dwarf irregular galaxy IC 10; Astron. & Astrophys. 363, 130 [12] D.A. Hunter (2001): The stellar population and star clusters in the unusual local group galaxy IC 10; Astrophys. Journal 559, 225

Was sind sphäroide Zwerggalaxien?
von Peter Riepe

Im Gegensatz zu den irregulären Zwerggalaxien (dIrr) besitzen sphäroide Zwerggalaxien (dSph) symmetrische Formen. Sie können rund bis elliptisch sein. Alle dSph-Galaxien sind sehr massearm und beherbergen nur einige Millionen bis Milliarden Sonnenmassen. Sie liegen damit zwischen Kugelsternhaufen und regulären Galaxien. Der Kugelsternhaufen Messier 92 beispielsweise besitzt um 200.000 Sonnenmassen, beim Andromeda-Nebel sind es etwa 400 Milliarden Sonnenmassen.
Unsere Milchstraße (Galaxis) besitzt in ihrem äußeren Halo etliche dSph-Galaxien [1, 2, 3], die sie auf Bahnen umrunden (Tab. 1). Bereits 1938 entdeckte Harlow Shapley Sculptor Dwarf und Fornax
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Dwarf [4, 5]. Daher gab man diesem neuen Typus von Zwerggalaxien zunächst die Bezeichnung ,,Sculptor-Systeme". Die dSph-Galaxien waren vor Urzeiten vermutlich irreguläre Zwerggalaxien, erfüllt von interstellarer Materie. Inzwischen beherbergen sie aber kein Gas mehr, hin und wieder vielleicht noch Spuren von neutralem Wasserstoff H I. Wie sollten sie mit ihrer geringen Gravitation auch größere Gaswolken halten? Das Gas wurde einfach herausgefegt - immer dann, wenn die Zwerggalaxien auf ihrem Orbit der Galaxis am nächsten kamen (Perigalaktikum) und deren Halo durchkreuzten. Hierbei wurden sie auch zusätzlich starken verformenden Gezeitenkräften unterworfen [6].

Am besten lassen sich dSph-Galaxien mit riesigen, aber extrem lockeren Kugelsternhaufen vergleichen (Abb. 1). Wie diese bestehen sie aus sehr alten, entwickelten Sternen der Population II. Die Entstehung neuer Sterne ist in dSph-Galaxien wegen des fehlenden Gases nicht mehr möglich. Nach H II-Regionen wird man in ihnen ebenso vergeblich suchen wie nach heißen, blauen OB-Sternen.
Die galaktischen dSph-Galaxien sind fotografisch und erst recht visuell schwierige Objekte, weil ihre Flächenhelligkeit sehr gering ist. Sie zeigen eine weiche, gleichmäßige Sternverteilung (Abb. 2). Eine dSph-Galaxie fotografisch nachzuweisen heißt ihre individuellen Sterne abzubilden. Die Auflösung in Einzelster-

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1 Diese invertierte Darstellung von Sculptor Dwarf zeigt sehr schön die große Ähnlichkeit zwischen dSph-Galaxien und
Kugelsternhaufen. Der Zwerg ist etwa 260.000 Lj entfernt, hat einen Durchmesser von 3.000 Lj und ist damit ca. 30-mal ausgedehnter als ein durchschnittlicher Kugelsternhaufen. Aufnahme: Wolfgang Paech, Doris Unbehaun, 5"-Refraktor Vixen ED 130 SS bei f = 952 mm, SBIG ST-10XME, UV/IR-Sperrfilter, belichtet 3 x 10 min ohne Binning

ne ist grundsätzlich auch für Amateure möglich, allerdings wird das schon eine recht anspruchsvolle Aufgabe. Beispielsweise erreichen selbst in der mit 82 kpc ,,nahe gelegenen" Zwerggalaxie Draco Dwarf (Abb. 3) die hellsten Roten Riesen gemäß [7] nur scheinbare visuelle Helligkeiten zwischen 17 und 18 mag. Arcturus, an unserem Himmel ein heller Stern, käme in Draco Dwarf lediglich auf 19,4 mag. Unsere Sonne würde dort

mit 24,4 mag leuchten. Die Summe der gelben und roten Hauptreihensterne jenseits von 25 mag dokumentiert sich nur durch ein sehr schwaches Leuchten, in das die helleren Einzelsterne eingebettet sind. Erschwerend für die Wahrnehmbarkeit kommt hinzu, dass alle sphäroiden Zwerge sehr locker aufgebaut sind und auch keinen markanten Kern mit erhöhter Sternendichte bilden.

Mit welchen Sternen eine dSph-Galaxie bevölkert ist, ergibt sich aus ihrer Fotometrie. Nach den obigen Ausführungen zu den Roten Riesen und den entwickelten Sternen wundert es nicht, dass das Farbenhelligkeitsdiagramm (FHD) einer dSph-Galaxie dem FHD eines Kugelsternhaufens sehr ähnelt (Abb. 4). Man erkennt sofort die dominanten RGB-Sterne (Red Giant Branch/ Roter Riesenast). Sie sind die leuchtkräftigsten Sterne einer dSph-

Objekt Sculptor Dwarf Sph Fornax Dwarf Sph Carina Dwarf Leo I Sextans Dwarf Sph Leo II Ursa Minor Dwarf Draco Dwarf SDG

Die wichtigsten sphäroiden Zwerggalaxien der Milchstraße

Zweitname PGC 3589 ESO 356-G004 PGC 19441 DDO 74 LEDA 088608 DDO 93 DDO 199 DDO 208 Sgr dSph

Koord. (2000) 01h 00m 09,4s -33o 42` 33`` 02h 39m 59,3s -34o 26` 57`` 06h 41m 36,7s -50o 57` 58`` 10h 08m 27,4s +12o 18` 27`` 10h 13m 02,9s -01o 36` 53`` 11h 13m 29,2s +22o 09` 17`` 15h 09m 10,2s +67o 12` 52`` 17h 20m 12,4s +57o 54` 55`` 18h 55m 03,3s -30o 28` 43``

d() 40 x 31 17 x 12,6
23,4 x 15,5 9,8 x 7,4
> 60 12,0 x 11,0 30,2 x 19,1 35,5 x 24,5 450 x 150

V (mag) 10,1 9,3 7,8 (B) 11,2 10,3 12,6 11,9 10,9 4,0

FLH 23,7+-0,4 23,4+-0,3 25,5+-0,4 22,4+-0,3 26,2+-0.5 24,0+-0,3 25,5+-0,5 25,3+-0,5 25,4+-0,3

D (kpc) 79
138 101 250 86 205 66 82 24

In Spalte 4 ist der scheinbare Durchmesser in Bogenminuten angegeben, in Spalte 5 die scheinbare visuelle Helligkeit in mag. Spalte 6 informiert über die zentrale Flächenhelligkeit in mag pro Quadratbogensekunde. Spalte 7 zeigt die Distanz in Kiloparsec (1 kpc = 3.262 Lj).
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Fornax Dwarf, aufgenommen
2 von Dieter Willasch. Aufnahme-
teleskop war ein Refraktor TMB 130 f/6 mit Bildfeldebner auf Montierung Astro-Physics 900 GTO. Mit einer SBIG STL-11000M entstand das LRGB-Bild, 11 x 10 min ohne Binning in L belichtet und jeweils 6 x 5 min in RGB. Kalibriert wurde über Dunkel- und Flachbild. Aufnahme vom 19.12.2009 in Somerset West, Südafrika
Galaxie. Aber auch die HB-Sterne (Horizontal Branch/ Horizontalast) zeichnen sich klar ab. HB-Sterne und BHB-Sterne (Blue Horizontal Branch) haben die Phase erreicht, in der sie im Kern Helium zu schwereren Elementen fusionieren. Wie bei den Kugelsternhaufen, so sind auch die HB- und BHB-Sterne etwa 2 bis 3 mag lichtschwächer als die Roten Riesen, ihre Farbe ist bläulich. In Abb. 5 sind die Horizontalaststerne der dSph-Galaxie Ursa Minor Dwarf sehr schön von den Roten Riesen zu unterscheiden.
Ein interessantes Beispiel ist Sagittarius dSph. Ihre Entdeckung wurde 1994 durch Rodrigo Ibata, Gerard Gilmore und Michael Irwin publiziert [8]. Sie hatten in 24 kpc Entfernung zunächst ein 10 Grad ausgedehntes Gebiet mit einem Überschuss an mehreren Tausend Sternen bis R = 18 mag gefunden. Auch blaue Horizontalaststerne und extrem rote Kohlenstoffsterne waren vorhanden. Die Sterne der Zwerggalaxie unterschieden sich eindeutig von denen des galaktischen Bulge, weil sie eine höhere Radialgeschwindigkeit aufwiesen. In den Jahren danach zeigte sich, dass Sagittarius dSph eine
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inzwischen stark ,,zerfledderte" Zwerggalaxie ist, die sich über einen sehr weiten Bereich am Himmel erstreckt.
Bereits 1996 wurden RR-Lyrae-Variable und Horizontalaststerne von Sagittarius dSph im Umfeld des Kugelsternhaufens M 55 gefunden. Zwei Jahre später entdeckte man in einer Zone von 10 bis 34 Grad südöstlich von Sagittarius dSph eindeutig weitere Sterne der Zwerggalaxie. 2001 wurden im Sternbild Jungfrau 60 Grad westlich vom Zentralbereich entfernt Überreste von Sagittarius dSph aufgespürt. Nach neueren Forschungen hat sich Sagittarius dSph bei den letzten galaktischen Umläufen katastrophal zerlegt und wurde zu einem Sternenstrom - dem Sagittarius-Strom - in die Länge gezogen [9]. Die Milchstraße hat begonnen, sich Sagittarius dSph ,,einzuverleiben". Entlang des Sagittarius-Stroms gibt es einige Kugelsternhaufen, die höchstwahrscheinlich von Sagittarius dSph stammen. M 54, Terzan 7, Arp 2, Terzan 8 und möglicherweise noch NGC 6715 und Palomar 12 zählen dazu. M 54 wird gern als ,,Kern" von Sagittarius Dwarf bezeichnet. Diese Kugelsternhaufen sind

durchweg einige Milliarden Jahre jünger als die alten galaktischen Kugelsternhaufen. Auch sie haben zu einem Anwachsen des galaktischen Halos beigetragen.
Wo sonst noch kommen dSph-Galaxien vor? In der Lokalen Gruppe, die im Wesentlichen durch unsere Milchstraße, den Andromedanebel M 31 und die Dreiecksgalaxie M 33 gebildet wird, findet man noch weit außen liegend Tucana Dwarf und Cetus Dwarf. Sehr lichtschwach sind die sphäroiden Zwerggalaxien des Andromeda-Systems. Hierzu gibt es bereits ausführliche Berichte [10, 11, 12]. Aber auch in anderen Galaxiengruppen und -haufen wie in der M 81-Gruppe oder im Virgohaufen kommen viele sphäroide Zwerge vor [13], die für fortgeschrittene Amateure durchaus erreichbar sind (Abb. 6).
In den letzten Jahren haben die astronomischen Forschungen mit neuen Methoden immer neue, massenärmere und lichtschwächere sphäroide Zwerge ans Licht gebracht. Die Tab. 1 kann bereits erweitert werden um Bootes Dwarf Spheroidal, UMa dSph I und II sowie Canis Major Dwarf. Hier sind wir an den Gren-

3 Draco Dwarf ist im Sternfeld schwer auszumachen. Erst in der invertier-
ten Darstellung werden die hellsten Einzelsterne bei erhöhtem Kontrast deutlich erkennbar. Oliver Schneider arbeitete mit einer Atik 383L+ an seinem 12"-Newton f/4 (plus Baader-Korrektor RCC 1). Die Nachführung geschah mit einer Mintron MTV12V6HC-EX am Off-Axis-Guider. Die LRGB-Aufnahme wurde in jedem Kanal bei 2x2Binning 6 x 10 min belichtet, insgesamt also 4 h. Aufnahmeort war Leopoldshöhe/ Teutoburger Wald. Grenzgröße: ca. 21,5 mag

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zen für den Nachweis durch Amateure angelangt. Vorbei die Zeit, dass lichtschwächste Sternansammlungen aus dem ,,Palomar Observatory Sky Survey" (POSS) entdeckt werden. Heute geschieht das mit Hilfe des ,,Sloan Digital Sky Survey" (SDSS) oder anhand des ,,Two Micron All Sky Survey" (2MASS). Canis Major Dwarf wurde aufgrund einer asymmetrischen Verteilung der galaktischen M-Riesen über den 2MASS entdeckt [14]. Auf ähnliche Weise wurden auch Sternströme in Canes Venatici, Monoceros und Virgo gefunden. Sternströme (nicht zu verwechseln mit Gezeitenschweifen) sind - wie im Falle von Sagittarius dSph - Überreste ehemaliger Zwerge, die unserer Milchstraße allmählich zu einer größeren Masse verholfen haben. Mittlerweise wird immer deutlicher, dass diese Sternströme unregelmäßiger und komplizierter strukturiert sind, als man sich das in ersten Modellrechnungen zum Kannibalismus unserer Milchstraße vorgestellt hat.

4 FHD von M 3 und Draco Dwarf [7] im Vergleich. Beide zeigen einen Roten
Riesenast. Die hellsten Roten Riesen erreichen 12,6 mag in M 3 und wegen der großen Entfernung nur 17,2 mag in Draco Dwarf. Sowohl M 3 als auch Draco Dwarf besitzen blaue bis weiße Horizontalast-Sterne, die etwa 3 mag schwächer als die hellsten Roten Riesen sind. Der knieförmige Abknick des Unterriesenastes von der Hauptreihe ist für den nahen M 3 gut sichtbar und beträgt B-V= 0,4 mag / V= 19 mag. Bei Draco Dwarf beträgt der Hauptreihenabknick B-V= 0,45 mag / V= 23,3 mag und wird zu einem dicken Knäuel verbreitert, weil die fotometrischen Messungen so schwacher Magnituden schon größere Fehlerbalken haben.

Literaturhinweise: [1] P. Riepe, H. Tomsik (2002). Die
sphäroiden Zwerggalaxien der Milchstraße - ein unscheinbares Völkchen (1); interstellarum 25, 50 [2] P. Riepe, H. Tomsik (2003). Die sphäroiden Zwerggalaxien der Milchstraße - ein unscheinbares Völkchen (2); interstellarum 26, 47 [3] J.S. Gallagher, R.F.G. Wyse (1994): Dwarf spheroidal galaxies: Keystones of galaxy evolution; Proc. Astr . Soc. Pacific 106, 1225 [4] H. Shapley (1938): Two Stellar Systems of a New Kind; Nature 142, 715 [5] W. Baade, E. Hubble (1939): The New Stellar Systems in Sculptor and Fornax; Proc. Astr. Soc. Pacific 51, No. 299, 40 [6] L. Mayer et al. (2001): Tidal stirring and the origin of dwarf spheroidals in the Local Group; Astrophys. Journal 547, L123 [7] P.B. Stetson (1997): Some interesting color-magnitude diagrams; Baltic Astronomy 6, 3-10 [8] R.A. Ibata, G. Gilmore, M.J. Irwin (1994): A Dwarf Satellite Galaxy in Sagittarius; Nature 370, 194 [9] D. Martinez-Delgado et al. (2004): Tracing out the northern tidal stream of the Sagittarius dwarf

5 Stark vergrößerter Ausschnitt aus Ursa
Minor Dwarf. Die helleren, gelblichen Roten Riesen lassen sich farblich sehr schön von den 3 mag schwächeren blauen HorizontalastSternen (um 20 mag) unterscheiden. Das Original ist ein LRGB von Mischa Schirmer mit FFC 190/ 760 und ST-10XME, belichtet 11 h 50 min, La Palma. Kalibriert nach Theli

6 Stark vergrößerter
Ausschnitt einer Aufnahme der M 81-Gruppe von Fabian Neyer. Im Bild ist die dSph-Galaxie K61 etwas südöstlich von M 81 sehr schön zu sehen. Teleskop war ein Borg ED101 (f/8,8). Mit einer SBIG ST-L11000M wurde zwischen März und Mai 2009 belichtet: LHRGB = 750, 500, 300, 300, 300 min (gesamt 35 h 50 min).

spheroidal galaxy; Astrophys. Journal 601, 242 [10] P. Riepe, H. Tomsik (2003): Die sphäroiden Zwerggalaxien des M 31-Systems, Teil 1: Andromeda I bis IV; interstellarum 30, 42-45 [11] P. Riepe, H. Tomsik (2003): Die sphäroiden Zwerggalaxien des M 31-Systems, Teil 2: Andromeda V bis VII; interstellarum 31, 48-50 [12] A.W. McConnachie, M.J. Irwin (2006). Structural properties of the M31 dwarf spheroidal galaxies;

Mon. Not. Roy. Astron. Soc. 365, 1263-1276 [13] I.D. Karachentsev et al. (2000): Dwarf spheroidal galaxies in the M 81 group imaged with WFPC2; Astron. & Astrophys. 363, 117-129 [14] Bellazzini M., Ibata R., Monaco L., Martin N., Irwin M.J., Lewis G.F.: Detection of the Canis Major galaxy at (l:b) = (244 Grad :-8 Grad ) and in the background of Galactic open clusters; Mon. Not. Roy. Astron. Soc. 354, 1263 (November 2004)
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Galaxien

H II-Regionen in Messier 33
von Peter Riepe

Bereits in der Nr. 33 unseres Journals wurde die Spiralgalaxie M 33 vorgestellt [1]. Wegen ihrer relativen Nähe lässt sie sich fotografisch detailreich abbilden (Abb. 1). Schon um die Wende des 19./ 20. Jahrhunderts hatten Astronomen wie I. Roberts, J. E. Keeler und G. Ritchey Einzelsterne in M 33 ausmachen können [2], diese aber nicht der Galaxie selbst zugehörig angesehen. Erst K. Lundmark erkannte 1921 und 1925, dass aufgelöste Einzelsterne eindeutig den Spiralarmen zuzuordnen waren und beschrieb dieses. Schließlich war es Edwin Hubble, der 1926 mit dem 2,5-m-Teleskop auf Mount Wilson die Spiralgalaxien am Beispiel von M 33 als stellare Systeme identifizierte [3]. Mit diesem Wissen und einer guten CCD-Kamera kann heute ein

Hellere H II-Regionen in M 33

Bez. Ident. A NGC 604 B C D E F IC 142 G H I IC 132 J IC 133 K IC 131 L NGC 595 M NGC 592 N NGC 588 O P Q R S T U V W X Y Z -

BCLMP 680 691 651 650 302 301 61/62 629/630 638 623-626 290A+B 49 277 280 274 218/219 220/221 255-259 248-251 208+214 6/7 710-715 88 77 738-740 748-750

RA(2000) 01h 34m 33,2s 01h 34m 16,4s 01h 34m 30s 01h 34m 33,6s 01h 34m 07s 01h 33m 55,1s 01h 33m 44,4s 01h 33m 35,3s 01h 33m 15,8s 01h 33m 15,9s 01h 33m 15,0s 01h 33m 35,5s 01h 33m 00,1s 01h 32m 45,2s 01h 32m 31s 01h 33m 00s 01h 33m 10,6s 01h 33m 07s 01h 33m 38s 01h 33m 31,9s 01h 34 01s 01h 34m 18s 01h 34m 16s 01h 34m 06s 01h 34m 39s 01h 34m 39s

DEK(2000) +30o 47` 06`` +30o 51` 55`` +30o 57` 15`` +31o 00` 21`` +30o 47` 26`` +30o 45` 22`` +30o 44` 40`` +30o 50` 43`` +30o 56` 45`` +30o 53` 02`` +30o 45` 09`` +30o 41` 52`` +30o 34` 37`` +30o 38` 54`` +30o 35` 07`` +30o 30` 44`` +30o 27` 24`` +30o 22` 54`` +30o 20` 48`` +30o 32` 00`` +30o 34` 33`` +30o 33` 42`` +30o 37` 11`` +30o 41` 47`` +30o 41` 17`` +30o 44` 03``

D(´´) 110 26 f 28 f 50 23 f 35 f 44 f 36 f 60 95 > 70 110 85 50 62 f 37 f 52 f 84 f 150 f 98 f 54 f 160 f 30 f 29 f 61 f 78 f

Notiz innere Bögen Blase knotig kleine Blase rund in Assoziation Blase Norden strähnig Knoten, Schalen Schalenstruktur in Assoziation knotige Blase Nebelfeld klumpig viele Knoten klumpig, in Assoz. in Assoziation Nebelkette drei separate Nebel

Spalte 3 gibt die Nr. nach [5] an. Die Koordinaten sind [13] entnommen. Der scheinbare Durchmesser ist in Bogensekunden nach [5] angegeben. Ein ,,f" bedeutet, dass dieser Wert aus dem Original der Abb. 2 fotografisch geschätzt ist.
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1 Günter Kerschhuber nahm M 33
von Kirchdorf in 900 Meter Höhe auf. Er schaffte am 27./ 28.10.2005 dieses H-alpha-LRGB in neun Stunden Gesamtbelichtung. Die Starlight SXV-H9 wurde ohne Binning (!) betrieben. Als Teleskop diente ein 4-zölliger Refraktor Televue NP101 mit f = 540 mm. Der H-alpha-Filter hatte 13 nm HWB. Das brachte eine enorme Tiefe der erreichten H II-Regionen. Norden liegt auf 11 Uhr.
versierter Astrofotograf bereits ab 100 Millimeter Teleskopöffnung den stellaren Aufbau der Dreiecksgalaxie nachweisen.
Das Besondere an M 33 ist, dass sie eine viel höhere Sternentstehungsrate als die Milchstraße oder als M 31 besitzt. Erkennbar wird das daran, dass M 33 blauer ist als der Andromedanebel. Der mittlere Farbindex von M 33 beträgt B-V= 0,55 mag (weißblau) im Vergleich zu 0,91 mag (gelb) bei M 31 [4]. Zur Erinnerung: Weiße Sterne haben B-V= 0,64 mag. M 33 beherbergt also mehr blaue, junge, neu entstandene Sterne und Assoziationen. Aus der Fotometrie von 42 Assoziationen ließ sich ein Alter von vier bis sechs Millionen Jahren ableiten. Dabei zeigen alle jungen Sternansammlungen der zwei inneren Spiralarme keinen si-

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2 Galaxie M 33, aufgenommen von Knut Schäffner aus Sömmerda mit einem 12"-ASA (f/3,6) auf einer Montierung DDM85.
Belichtet wurde ohne Nachführkorrektur: H-alpha 3 x 10 min, L 17 x 5 min, RGB je 10 x 5 min. Die H II-Regionen sind mit gelben Buchstaben markiert (siehe Tabelle). Norden liegt in der rechten oberen Bildecke.

gnifikanten Altersunterschied, sind also etwa zur selben Zeit entstanden. Die Sternbildung wird begleitet von vielen roten H II-Regionen, die die groben Spiralarme bevölkern. Abbildung 2 zeigt ein tiefes Foto der Dreiecksgalaxie, das Knut Schäffner mit einem 30-cm-Teleskop aufgenommen hat. Darin habe ich 26 hellere H II-Regionen markiert und dann in Tab. 1 zusammengestellt. Neben wenigen NGC- und IC-Objekten sind auch zahlreiche H II-Regionen aus der Arbeit von Boulesteix et al. (1974) aufgelistet. Sie nutzten den 1,93-m-Spiegel in Südfrankreich mit einem speziellen Fokalreduktor, der das originale Fokalverhältnis f/5 auf f/1 brachte, d.h. die Lichtstärke 25-fach steigerte. So wurde es möglich, mit einem H-alpha-Filter von nur 2,5

Nanometern Halbwertbreite auf spektroskopischem Film Kodak 103 a-E bis zu 5,5 Stunden zu belichten. Insgesamt konnten 369 H II-Regionen erfasst werden [5]. Zur Erinnerung: H II-Regionen sind grundsätzlich Orte, an denen gerade neue Sterne entstanden sind. Wie mag M 33 vor sechs Millionen Jahren ausgesehen haben, als die vielen blauen, jungen Sterngruppen in den Spiralarmen noch nicht existierten und als es die zahlreichen H II-Regionen noch nicht gab?
Sensationelle Aufnahmen stammen von G. Courtès und Kollegen aus den 1980er Jahren. Sie nutzten das 6-m-Teleskop der UdSSR für Interferenzfilteraufnahmen auf spektroskopischem Film. Es zeigten sich bis dato unbekannte Blasengebilde

und Gasbögen [6]. Blasen und Bögen kennen wir beispielsweise von Barnard´s Loop, der die junge Orion-Assoziation umgibt, oder vom ,,Sichel-Nebel" (Crescent nebula) NGC 6888 im Schwan. Solche Objekte zeugen von starker Dynamik. Insbesondere massereiche Wolf-RayetSterne bringen riesige Energiemengen in die umgebenden Nebelmassen. Mit ihren Sternwinden und ihrem Strahlungsdruck erzeugen sie große umgebende Gasblasen. Kombinierte fotografisch-spektroskopische Untersuchungen ergaben, dass die Schalen- und Bögenstrukturen in M 33 primär in H-alpha leuchten, dass sie aber auch relativ viel ionisierten Schwefel [S II] und teilweise recht hohe Anteile von zweifach ionisiertem Sauerstoff [O III] aufweisen [7].
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Ein umwerfendes Farbmosaik von M 33 entstand im Rahmen des ,,Large Galaxy Survey" mit dem 4-m-Spiegel auf dem Kitt Peak (Abb. 3). Dazu wurde Blau für die [O III]-Filterung verwendet, Grün für die V-Filterung (visuelles Licht) und Rot für H-alpha-Licht. Hier zeigt sich eine Fülle von detailreichen Blasen und Schalen, die zum Großteil bereits in den Karten von [5] identifiziert wurden. Besprechen wir jetzt einige hellere H IIRegionen.
Mit etwa 1500 Lichtjahren Durchmesser ist NGC 604 ca. 50-mal größer als der Orionnebel M 42. Nach dem bekannten Tarantelnebel in der Großen Magellanschen Wolke ist NGC 604 die zweitgrößte Riesen-HII-Region in der Lokalen Galaxiengruppe. Untersuchungen mit dem Hubble Space Telescope (HST) im H-alpha-Licht zeigen zahlreiche bogenförmige Gasfetzen (Abb. 4). HST-Aufnahmen im visuellen Licht ergaben, dass NGC
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3 M 33, aufgenommen im Oktober 2000 mit dem ,,Mosaic Imager" am 4-m-Tele-
skop des Kitt Peak National Observatory. Filterung siehe Text. Bildrechte: P. Massey (Lowell), N. King (STScI), S. Holmes (Charleston), G. Jacoby (WIYN)/AURA/NSF

604 aus mindestens vier massiven jungen Sternhaufen besteht, die die umgebende gasförmige Materie ionisieren. Sie werden NGC 604 A-D genannt [8]. NGC 604 A und B sind bei weitem die sternreichsten von ihnen (Abb. 5). Etwa ein Dutzend Wolf-Rayet-Sterne bis zu 80 Sonnenmassen wurde nachgewiesen [9, 10]. Ihre Sternwinde erzeugen die bogenförmigen, expandierenden Gasfetzen in Abb. 4. Zudem wurde abgeschätzt, dass in NGC 604 A und B etwa 190 OB-Sterne vorkommen, die heller als MV= -4 mag sind. Damit wird der Durchschnitt der galaktischen Assoziationen klar übertroffen. NGC 604 ist vermutlich nur drei bis fünf Millionen Jahre alt [8, 11]. Modellrechnungen ergeben einen geschätzten Sternengehalt von grob 10.000 bis

200.000 Sonnenmassen [11]. Ionisierter Wasserstoff kommt zu etwa einer Million Sonnenmassen vor [9]. Abb. 6 zeigt, wie NGC 604 mit einem irdischen Großteleskop bei sehr gutem Seeing erscheint.
Auch NGC 595 (Abb. 7) ist eine RiesenHII-Region mit vielen OB-Sternen und zehn Wolf-Rayet-Sternen [9, 10]. Untersuchungen im fernen Ultraviolett deuten darauf hin, dass NGC 595 eine etwa fünfmal geringere Sternenmasse besitzt als NGC 604 [12]. Auch der ionisierte Wasserstoff ist etwa fünfmal weniger als in NGC 604 [9]. Vom Alter her ist NGC 595 mit NGC 604 vergleichbar. Bemerkenswert sind die nach Norden weglaufenden H-alpha-Strähnen. Sie erreichen eine wahre Länge von etwa 1300 Lichtjahren.

4 Oben: Die H-alpha-Aufnahme
mit dem HST zeigt viele bogenförmige Strähnen in NGC 604.
5 Rechts: Die stellare innere
Struktur von NGC 604 wird auf dieser Grünaufnahme mit dem HST bei 555 nm Wellenlänge sichtbar. Der zentrale Supersternhaufen A setzt sich aus mehreren kleineren Sterngruppen zusammen.

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6 Links: NGC 604, Ausschnitt aus
Abb. 3. Der helle Innenteil ist der massive Sternhaufen NGC 604 A. NGC 604 B liegt als kleineres helles Fleckchen etwas rechts oberhalb (Norden oben).
7 Rechts: NGC 595, die zweite
riesige H II-Region in M 33 (Ausschnitt aus Abb. 3). Die Umgebung ist mit kleineren Emissionsnebeln durchsetzt.
8 Links: NGC 592 (Ausschnitt aus
Abb. 3) ist in erster Linie eine große Sternassoziation, die eine bogenförmige Nebelstruktur aufbläst. Man beachte das schwache Filament im Westen.
9 Rechts: Das komplexe Gebiet IC
131 (Ausschnitt aus Abb. 3). Nördlich davon liegen die kleineren H II-Regionen BCLMP 601-607.
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10 Westrand von M 33 mit blasenförmigen Nebeln. Ausschnitt aus einem Weit-
winkelbild, aufgenommen am 11.11.1998 mit dem 2,5-m-Teleskop ,,Isaac Newton" auf La Palma. Filterung siehe Text. Autoren: L. Magrini und M. Perinotto (Universität Florenz, Italien), R. Corradi (ING) und A. Mampaso (IAC).

Für NGC 592 wird die Masse der enthaltenen Sterne auf 11.000 Sonnenmassen geschätzt, das Alter auf etwa vier Millionen Jahre [12]. Ältere Untersuchungen positionieren den Nebelbereich mehr um die zentralen Sternhaufen, mit weniger H-alpha-Leuchten. In den neueren Aufnahmen wird außen eine riesige umgebende H-alpha-Hülle sichtbar (Abb. 8). Der Leser ahnt es schon: Auch hier wurden zwei bis drei Wolf-Rayet-Sterne gefunden, deren starke Sternwinde zur Schaffung dieser Hülle beitragen [9].
Ein interessantes Gebilde ist IC 131 (Abb. 9). Es entpuppt sich bei längerer Brennweite und bestem Seeing als eine komplexe Anordnung zweier blasenförmiger Emissionsnebel mit einer Ausdehnung von etwa 100´´. Aufnahmen bleiben für
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übliche Amateurteleskope jedoch sehr schwierig, weil lange Brennweiten und Belichtungszeiten mit Interferenzfilterung erforderlich sind. Die Filterung ist im Text von Abb. 3 beschrieben.
Abbildung 10, entstanden am ,,Isaac Newton Telescope" auf La Palma, knüpft hier an [14]. Allerdings ist die Filterung anders. Für den Blaukanal wurde ein Kontinuumsfilter (Strömgren Y) verwendet, zentriert auf den visuellen Spektralbereich um 555 nm. Die Filterbreite wurde so gewählt, dass keine nennenswerten Emissionslinien erfasst wurden. Der Rotkanal wurde in H-alpha + [N II] mit 9,5 nm Halbwertbreite gefiltert. Grün schließlich gibt [O III] wieder, gefiltert mit 10 nm HWB. Ziel der Aufnahme war der Nachweis alter und neuer Planeta-

rischer Nebel in M 33. Das Bild ist ein kleiner Ausschnitt aus dem Gesamtbild der Galaxie. Es zeigt halb links IC 131 und knapp drei Bogenminuten nördlich davon BCLMP 605, eine rundliche Emissionszone mit einer zentralen Sternengruppe. Unten links ist NGC 592 mit seiner umgebenden Schale zu sehen, 4,5 Bogenminuten westlich davon der sehr helle blasenförmige NGC 588. Er leuchtet sehr stark im [O III]-Licht. In seinem Inneren wurden - was Wunder - massive Wolf-Rayet-Sterne gefunden [15]. Der hellste hat eine V-Helligkeit von 17,22 mag und einen Farbindex von -0,16 mag. Das Alter von NGC 588 wird auf 4,2 Millionen Jahre geschätzt. Eine äußerst interessante runde Nebelstruktur ist 1,5 Bogenminuten nordwestlich von NGC 588 zu sehen, BCLMP 281 (nicht in unserer Tabelle). Sie ähnelt dem Rosettennebel.
Auch Supernovareste waren Ziel der großteleskopischen Suche. In den 90er Jahren wurden zwei wesentliche Arbeiten publiziert, deren Lesen echt Spaß macht [16, 17]. Da die Objekte jedoch sehr klein sind, kommen sie für Amateur-Astrofotografen wohl kaum in Frage. Man bedenke: Ein Supernovarest wie IC 443 hätte in M 33 ungefähr 1,8 Bogensekunden Ausdehnung.
Literaturhinweise: [1] P. Riepe (2010). Messier 33, die
große Dreiecksgalaxie; VdS-J Nr. 33, II/2010, 75 [2] R.M. Humphreys, A. Sandage (1980). On the Stellar Content and Structure of the Spiral Galaxy M33; Astrophys. Journal Supp. Ser. 44, 319-381 [3] E. Hubble (1926). A Spiral Nebula as a Stellar System M33; Astrophys. Journal 63, 236 [4] A. Hirshfeld, R.W. Sinnot: Sky Catalogue 2000, Vol. 2, Sky Publishing, Cambridge 1985 [5] J. Boulesteix, G. Courtes, A. Laval, G. Monnet, H. Petit (1974). An optical study of M 33. I - Morphology of the gas; Astron. & Astrophys. 37, 33-48 [6] G. Courtès et al. (1987). H-alpha survey of M33 with the six-meter telescope Morphology of the general diffuse emission, evidence for a

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chaotic medium of bubbles and filaments; Astron. & Astrophys. 174, 28-56 [7] D.A. Hunter (1994). Imaging and spectroscopy of ionized shells in M33 and M31; Astron. Journal 108, 1658-1666 (1994) [8] D.A. Hunter et al. (1996). The Intermediate Stellar Mass Population in NGC 604 Determined from Hubble Space Telescope Images; Astrophys. Journal 456, 174 [9] L. Drissen et al. (1990). The WolfRayet star population in the most massive giant H II regions of M33; Astrophys. Journal 364, 496-512 [10] L. Drissen et al. (1993). A Hubble

Space Telescope Planetary Camera View of giant H II Regions: The Wolf-Rayet Content of NGC 595 and NGC 604 in M33; Astron. Journal 105, 1400-1410 [11] R.M. Gonzalez-Delgado, E. Perez (2000). The massive stellar content of the HII region NGC 604 and its evolutionary state; Monthly Not. Royal Astron. Soc. 317, 64-78 [12] A. Pellerin (2006). Massive Star Content of Giant H II Regions in M33 and M101; Astron. Journal 131, 849-858 [13] http://simbad.u-strasbg.fr/simbad/ [14] Magrini L., Perinotto M., Corradi R. (2000): M 33 galaxy; Isaac New-

ton Group of Telescopes Newsletter 2, 17-18 [15] L. Jamet et al. (2004). On the importance of the few most massive stars: the ionizing cluster of NGC 588; Astron. & Astrophys. 426, 399-413 [16] R.C. Smith et al. (1993). Optical Emission-Line Properties of M33 Supernova Remnants; Astrophys. Journal 407, 564-578 [17] S.M. Gordon et al.: A new optical sample of Supernova Remnants in M33; Astrophys. Journal Supp. Ser. 117, 89-133 (1998)

Wechselwirkende Galaxien
von Peter Riepe

Vor Jahren schon haben die Fachgruppen Astrofotografie und visuelle DeepSky-Beobachtung das gemeinsame Beobachtungsprojekt ,,Wechselwirkende Galaxien" durchgeführt. Eine so spannende Thematik lässt sich aber niemals abschließen. Daher werden die wechselwirkenden Galaxien in diesem Heft erneut behandelt - mit modernerem Bildmaterial.

Man stelle sich vor: Zwei Galaxien mit Milliarden von Sternen bewegen sich allmählich aufeinander zu. Je näher sie sich kommen, desto stärker machen sich die gegenseitigen Anziehungskräfte bemerkbar. Diese gravitative Wechselwirkung kann während eines solchen galaktischen Treffens (,,encounter") für sichtbare Veränderungen bei den Wechselwirkungspartnern sorgen. Es können schlichte Verformungen auftreten, oft bilden sich aber auch Gezeitenarme oder -brücken (,,tidal plumes" bzw. ,,tidal bridges") aus. Fritz Zwicky vermutete als einer der Ersten, dass solche Phänomene gravitativen Ursprungs sind [1]. Halton Arp widmete einen Großteil seiner Forschungen den ,,peculiären" (morphologisch seltsamen) Galaxien. Der ,,Arp-Katalog" [2] ist weltbekannt. Ende der 1950er Jahre schuf der Russe Boris A. VorontsovVelyaminov mit Hilfe von Fotos aus dem Palomar Observatory Sky Survey einen Katalog verzerrter Galaxienpaare

1 Die Aufnahme von Arp 273 datiert aus September/ Oktober 2010. Instru-
ment war ein 12,5"-Newton f/4,5 (Royce), der mit einem Paracorr auf f = 1620 mm gebracht wurde. Mit einer CCD-Kamera Artemis 4021 und dem LRGB-Filtersatz (Baader) wurde belichtet: 6 x 600s (L), 9 x 600s (R), 20 x 600s (G), 19 x 600s (B), Gesamtbelichtungszeit also 9 h, Bildbearbeitung mit THELI und Photoshop. Bildautor: Richard Müller

[3]. Gravitative Wechselwirkungen verneinte er aber ganz klar. Alar und Juri Toomre schließlich vermochten erstmals wechselwirkende Galaxien in damals revolutionären Computermodellen zu beschreiben [4]. Ähnliche Modelle wurden in Deutschland zwar schon in den Jahren 1961 und 1963 durch J. Pfleiderer und H. Siedentopf vorgestellt, blieben aber in der Fachwelt ohne Beachtung.

Zurück zu unseren beiden wechselwirkenden Galaxien. Es mag sein, dass sie aneinander vorbei laufen. Die Gezeitenphänomene werden sich weiter entwickeln oder vielleicht sogar zurück bilden. Möglicherweise gehen die gestörten Galaxien aber auch auf Kollisionskurs, vermischen sich (,,merger") und bilden danach ein völlig verändertes, neues Sternsystem. Egal ob vor, nach oder während des Vorüberganges - wir neh-
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2 Mit einem 10"-ASA (f = 950 mm) und einer SBIG ST-10XME wurde das Luminanzbild von NGC 3521 etwa 9,5 h belichtet,
parallel dazu liefen die RGB-Belichtungen jeweils 36 x 5 min mit einem Televue NP 101 und einer Starlight SXV-H9. Das Bild entstand im März 2011 an der Gahberg-Sternwarte. Bildautor: Günter Kerschhuber

men uns jetzt einige wechselwirkende Galaxien vor.
Richard Müller schickte ein Bild von Arp 273 (Abb. 1). Wir finden darauf das wechselwirkende Paar im westlichen Bereich der Andromeda. Die größere der beiden Galaxien UGC 1810 hat sehr lange, weiche Arme. Sie ist im Zentralbereich noch relativ symmetrisch, aber der äußere Arm wird weit nach außen verbogen in Richtung der Begleitgalaxie UGC 1813. Diese war früher bestimmt eine klassische Spiralgalaxie, wurde jedoch durch die Begegnung zu einem lang gezogenen Integralzeichen verbogen.
Im Löwen steht NGC 3521 (Abb. 2 a, b). Zunächst erscheint die Sb-Galaxie von 8,86 mag und 9,5' x 5,0' Ausdehnung ganz ,,normal". Bildautor Günter Kerschhuber hat aber schwache Schalen um die Galaxie entdeckt und sie in einer inver-
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tierten Darstellung herausgearbeitet. Was spielt sich hier ab? Gezeitenschweife sind es nicht, da eine Partnergalaxie fehlt. Können es schwache Sternenströme sein, also Reste einverleibter Zwerggalaxien? Auskunft gab mir Prof. J. Dettmar vom Astronomischen Institut der RuhrUniversität Bochum. Er hat NGC 3521 kürzlich als Merger identifiziert. Seine Aufnahme war jedoch nicht so tief wie Günters. Die schwache Struktur östlich des Hauptkörpers, ein Sternenstrom, war ihm neu. Die Bilddaten sollen nun im Institut wissenschaftlich verarbeitet werden.
Die Galaxiengruppe M 81, M 82, NGC 3077 mit NGC 2976 (hier nicht im Bild) steht im Großen Bären, ungefähr 12 Millionen Lichtjahre entfernt (Abb. 3). Aus radioastronomischen Messungen ist bekannt, dass die Gruppe in große Mengen neutralen Wasserstoffs eingebettet ist.

Dieses Gas zeigt klare Anzeichen einer starken Wechselwirkung [5]. Fotografisch ist dies nicht erkennbar. Das Foto (Norden links oben) zeigt aber im Galaxienfeld etliche langgestreckte, schwache Nebel. Sie bestehen aus Staub und reflektieren das Licht der Milchstraße, zu der sie auch gehören. Dieser ,,galaktische Zirrus" gaukelt also Wechselwirkungsphänomene im M 81-System vor. Problem: Was im Bild ist galaktischer Zirrus und was sind Gezeitenschweife? Direkt nordöstlich von M 81 läuft ein geschwungener Nebel mit Namen ,,Arp´s Loop". Er wurde bereits von Halton Arp erkannt und ist in Abb. 3 sehr schön zu sehen. Arp´s Loop ist kein galaktischer Zirrus, denn er ist das optische Gegenstück eines Gezeitenbogens aus neutralem Wasserstoff. Bei genauem Hinschauen erkennt man in Arp´s Loop die extrem schwache dIrr-Galaxie A0952+69. Sie wird heute als ,,Gezeitenzwerg" angesehen, geboren aus den

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3 Fabian Neyer nahm die M-81-Gruppe bereits am 30.05.2009 mit einem Refraktor Borg ED101 (f/8,8) auf. Als Kamera
diente eine SBIG ST-L11000M. Belichtet wurde L zu 12,5 h und H zu 8 h 20 min, dazu RGB zu jeweils 5 h. Insgesamt waren das sagenhafte 35 h 50 min.
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4 Bildautor Walter Gröning nutzte einen 20"-Casse-
grain (P. Keller) im Primärfokus (1500 mm). Das Teleskop gehört zur IAS-Sternwarte der Farm Hakos/Namibia. Mit einer SBIG ST-L 11000 M wurde das LRGB-Bild am 12.10.2010 zu 50/10/10/10 min belichtet.
5 Michael Deger setzte am 15.04.2009 sein Meade
LX200 auf Arp 120 an (12" Advanced Coma Free, f = 2000 mm) und benutzte dazu einen Lumicon Giant Easy Guider. Mit einer SBIG ST-2000XM und SBIG-Filtern wurde belichtet: 12 x 10 min (L), RGB jeweils 2 x 10 min. Aufnahmeort war Erdweg/Bayern. Norden ist rechts im Bild.

Gezeitenüberresten von Arp´s Loop. Auch Holmberg IX (direkt südöstlich von M 81) ist ein solcher Gezeitenzwerg, jedoch viel heller. Und jetzt ein Paukenschlag: Ein weiterer Nebelbogen erstreckt sich nordwestlich von M 81. Er wurde erstmals 2005 wissenschaftlich erwähnt und als Gezeitenarm bezeichnet. Auch er stimmt mit einer H I-Struktur überein [6], was bis dahin aber von niemandem erkannt wurde. Faszinierend, dass man als Amateur mit gängiger Ausrüstung hier erfolgreich sein kann! Fabian Neyer nahm die M-81Gruppe mit einem Refraktor Borg ED101
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(f/8,8) auf. Und Gratulation: Das H-Bild entstand bei Mondlicht.
NGC 1531/32 (Abb. 4) steht im Eridanus und ist etwa 14,6 Megaparsec (48 Mio. Lj) entfernt. NGC 1532, die größere der beiden, ist eine Sb-Galaxie von 5,6' x 1,8' und 11,08 mag. Ihre Spiralarme verlaufen ungewöhnlich. Besonders auffällig ist der im Vordergrund liegende Arm, der recht geradlinig wirkt. Misst man die Galaxienausdehnung über diesen langen Arm, so kommt man auf einen viel größeren scheinbaren Durchmesser, nämlich

9,8'. Der Begleiter ist eine kleine elliptische Galaxie vom Typ E6 mit 1,3' x 0,8' und 12,8 mag. Der helle Stern links oben ist HD 26799, ein A3-Stern von 7,1 mag. Etwa 12' südöstlich von NGC 1532 befindet sich die offenbar ebenfalls elliptische Zwerggalaxie ESO 359 G29. Sollte sie ein Begleiter von NGC 1532 sein, dann ist sie vermutlich eine sphäroide Zwerggalaxie. Aus der Abb. 4 ergibt sich eine Längsausdehnung von 0,8'.
Ein ziemlich ähnliches Erscheinungsbild bietet das Galaxienpaar NGC 4435/38

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6 Harald Strauß nahm das Bild von NGC 2146 und
NGC 2146A mit seinem 14"-Hypergraphen und einer Starlight SXV-H9 an der Gahberg-Sternwarte auf. Am 19.11. und 18.12.2009 wurde ohne Binning 31 x 300 s (L) belichtet, dazu RGB mit 2x2-Binning 15 x 86 s, 15 x 94 s und 15 x 120 s.

7 Wolfgang Klöhr setzte bei der Aufnahme von NGC 2146
ein Meade 10``-ARC mit 1600 mm Brennweite und als CCDKamera eine ATIK16HR ein. Belichtet wurde das LRGB-Bild ca. 8 Stunden aus Schweinfurt heraus.

(Arp 120) in der zentralen Galaxienkette ,,Markarians Chain" im Virgohaufen (Abb. 5). Die E4-Galaxie NGC 4435 verformt die Sa-Galaxie NGC 4438. Das chaotische Bild wird durch den geknickten Gezeitenschweif besonders eindrucksvoll. Vor NGC 4438 heben sich einige Dunkelwolken markant ab.
Ziemlich strapaziert, mit verbogenen Armen, erscheint die 10,5 mag helle und 6' x 3,8' große Galaxie NGC 2146 (Abb. 6). Sie ist keine edge-on-Galaxie, dennoch verläuft vor dem Kern ein dichtes Staubband. Links oben im Bild steht NGC 2146A. Dieser irreleitende Name könnte zu der falschen Annahme führen, beide befänden sich in Wechselwirkung. Radioastronomisch konnte keine Wechselwirkung zwischen beiden festgestellt werden [7]. NGC 2146 liegt inmitten einer riesigen Wolke aus neutralem Wasserstoff H I, die sich grob in Nordsüd-Richtung erstreckt und im Bild natürlich nicht erkennbar ist. Untersuchungen zufolge könnten es sich um Reste einer anderen Galaxie handeln, die vor etwa 800 Millionen Jahren eine Begegnung mit NGC 2146 hatte [8]. Dynamische Bögen in H-Alpha und in H I bestärken diese Vermutung. Die Störgalaxie ist heute nicht mehr auffindbar. Vielleicht hat NGC 2146 sie bereits ver-

schlungen, da im Inneren dieses merkwürdigen Komplexes mit dem Very Large Array tatsächlich Sternentstehung großen Stils sowie einige Supernovareste nachgewiesen werden konnten [9].
Abbildung 7 zeigt NGC 2146, aufgenommen von Wolfgang Kloehr. Die seltsame Galaxie ist noch aufgelöster. Einige Sternentstehungsgebiete sind nördlich des Zentrums gut erkennbar. NGC 2146 ist also ein ,,Merger" - eine Vermischung zweier Galaxien. Der damit verbundene Ausbruch starker Sternentstehung (,,Starburst") ist doppelt so stark wie derjenige in M 82 und befindet sich in einem viel früheren Stadium.
NGC 4485/90 (Arp 269, VV 30) ist ein stark wechselwirkendes Paar in den Jagdhunden, etwa 25 Millionen Lichtjahre entfernt von uns (Abb. 8a). Die größere Galaxie NGC 4490 hat 6,5 Bogenminuten Ausdehnung und ist vom Typ SBd. Der kleinere Begleiter NGC 4485 - nur 2,5´ groß - ist irregulär vom Typ IBm. Beide stecken in einer riesigen, langgezogenen Wolke aus neutralem Wasserstoff [10]. NGC 4485 hat in diesem Gas eine Stoßfront aufgebaut, während sie sich von NGC 4490 entfernt. Ihr eigenes Gas ist bei dem Vorbeiflug durch den Halo

von NGC 4490 zum Großteil in der Zone zwischen den Galaxien verblieben. Dort haben sich einige kleinere H II-Regionen gebildet (wer wagt´s einmal langbrennweitig?). Auch in NGC 4490 selbst läuft eine aktive Sternentstehung ab. Äußeres Zeichen dafür: Der mittlere Farbindex beträgt B-V= 0,39 mag, also blau. Mit dem 60-cm-Schmidtspiegel auf dem Kitt Peak wurde 1998 ein schwacher, neuer Gezeitenschweif östlich von NGC 4490 entdeckt [11]. Knut Schäffner hat es geschafft, diesen eindeutig mit abzubilden (Abb. 8b, Bearbeitung P. Riepe).
Vielleicht haben diese Beispiele wechselwirkender Galaxien ja einen bleibenden Eindruck auf den Leser hinterlassen. Wenn es Fragen dazu gibt, steht die FG Astrofotografie gern zur Verfügung.
Literaturhinweise: [1] F. Zwicky (1959). Handb. der Phys.
53, 373 [2] H. Arp: Atlas of Peculiar Galaxies;
Astrophys. Journal Suppl. Ser. 14, 1 (1966) [3] B.A. Vorontsov-Velyaminov (1959): Atlas and Catalog of Interacting Galaxies, Sternberg State Astronom. Institute, Moscow
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[4] A. Toomre, J. Toomre (1972): Galactic Bridges and Tails; Astrophys. Journal 178, 623-666
[5] M.S. Yun, P.T.P. Ho, K.Y. Lo (1994): A high-resolution image of atomic hydrogen in the M 81 group of galaxies; Nature 372, 530-532
[6] W.-H. Sun et al. (2005): Intergalactic stellar distributions in the interacting M81/M82 galaxy group; Astrophys. Journal 630, L133L136
[7] J.R. Fisher, R.B. Tully (1976): Extensive neutral hydrogen around the peculiar spiral galaxy NGC 2146;

8 Teleskop bei der Aufnahme von Knut Schäffner war ein 16"-Astrograph f/3,6
(ASA). Mit einer SBIG STL-11000 wurde insgesamt 10 h belichtet: 250 min (L), RGB 130/110/110 min.

Astron. & Astrophys. 53, 397-401 [8] A. Taramopoulos et al. (2001): HI
observations of the starburst galaxy NGC 2146; Astron. & Astrophys. 365, 360-369 [9] A. Tarchi et al. (2000): Radio supernovae, supernova remnants and HII regions in NGC 2146 observed with MERLIN and the VLA; Astron. & Astrophys. 358, 95-103

[10] M.S. Clemens et al. (1998): Possible formation scenarios for the giant H I envelope around the NGC 4490/4485 system; Mon. Not. Roy. Astr. Soc. 297, 1015-1020
[11] D.M. Elmegreen et al. (1998): Observations of a tidal tail in the interacting galaxies NGC 4485/4490; Astron. Journal 115, 1433-1437

Impression

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1
Der Pferdekopfnebel (Dunkelwolke Barnard 33) ist im Sternbild Orion südlich des östlichen Gürtelsterns Zeta Orionis zu finden. Hier aufgenommen von Andreas Rörig in Dornburg-Wilsenroth mit einer CCD-Kamera ST10 XME an einem Newton-Teleskop mit 300 mm Öffnung und einem Öffnungsverhältnis von f/4. Belichtet wurde 12 x 600s mit einem H-alpha-Filter.

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Extragalaktischer Bilderbogen
zusammengestellt von Peter Riepe
Zahlreiche Astrofotografen reichten ihre Galaxienaufnahmen ein, vielen Dank dafür! Die Fachgruppe Astrofotografie nimmt Ihre Bildergebnisse gerne entgegen. Schließlich können sie im VdS Journal für Astronomie gebührend ,,in Szene gesetzt" werden.

1 Die Sb-Galaxie NGC 3079 (Norden links) im Großen Bären hat eine Ausdehnung von 7,6' x 1,7' und eine scheinbare
visuelle Helligkeit von 10,56 mag. Ihre Entfernung dürfte etwa 55 Millionen Lichtjahre betragen. Das ist nah im Vergleich zu den anderen Objekten, die in Bild zu erwähnen sind. Im Aufnahmefeld gibt es zwei helle Quasare. Der als ,,Doppelquasar" bekannte Q0957+0561A/B (links oben) war der erste, an dem der Gravitationslinsen-Effekt bestätigt wurde. Seine beiden Komponenten sind jeweils 17 mag hell und haben eine Distanz von 6''. Die Entfernung des Doppelquasars beträgt etwa neun Milliarden Lichtjahre. Ein nur 3,5 Milliarden Lichtjahre entferntes massives Objekt liegt sozusagen im Vordergrund und bewirkt die Ablenkung des Lichtstrahls, so dass der Quasar eben zweifach erscheint. Dieses Objekt steht nur eine Bogensekunde von der südlichen Komponente des Quasars entfernt. Der zweite Quasar im Bild, Q0958+551, ist ca. 16 mag hell und liegt recht nahe an NGC 3079. Seine Entfernung ist noch größer als die des Doppelquasars. Im Bild erkennt man noch die kleinen Hintergrundgalaxien MCG 9-17-9 und NGC 3073. Eduard von Bergen nahm das Bild am 19.01.2010 in Glaubenberg/Schweiz (1450 m Höhe) auf. Teleskop war ein Cassegrain (Astrooptik Keller, 400 mm, f/9) auf einer Alt-7. Mit einer SBIG STL-11000M wurde belichtet: 10 x 10 min (L) und je 2 x 10 min (RGB).
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2 NGC 253, die Sculptorgalaxie, ist eine der bekanntesten Sb-
Galaxien des südlichen Himmels. Dr. Jürgen Stein fotografierte sie in vier Nächten vom Rande der Sahara in Marokko aus. Er war dort im Sahara Sky Hotel auf Astrourlaub. Aufnahmeteleskop war ein Refraktor Williams Optics FLT-132 (132 mm Öffnung, f/7 mit Flat-Field-Korrektor). Ein Teil der Aufnahmen wurde auf einer 10-Mikron-Montierung gewonnen, der Rest auf einer CGEM. Zum Einsatz kam eine SBIG ST-2000 mit Astronomik-Filtern. Belichtet wurde: 19 x 10 min (L ohne Binning) und 9 / 6 / 8 x 5 min (RGB mit 2x2-Binning). Der Apochromat zeigte leider leicht dreiecksförmige Sternabbildungen, der Autor vermutet eine Verspannung der Optik.

3 NGC 4449 ist vom Typ IBm, eine magellansche, irreguläre
Zwerggalaxie mit Balkenstruktur. Sie ist 10 mag hell und misst 6,2´ x 4,4´, was eine recht hohe Flächenhelligkeit von etwa 20 mag pro Quadratbogensekunde bedeutet. Damit kann sie auch visuell gut beobachtet werden. Aufgrund der Entfernung von 13,7 Millionen Lj beträgt ihr wahrer Durchmesser gut 25.000 Lj - beachtlich für eine Zwerggalaxie. Vor kurzer Zeit hat NGC 4449 einen kräftigen Starburst erlebt, was die zahlreichen H II-Regionen bekunden. Auslöser der Sternentstehung ist die Wechselwirkung mit dem Nachbarzwerg DDO 125. Am 4. und 7. Mai 2011 nahm Dirk Bautzmann die Galaxie auf. Sein PlaneWave CDK 12.5 hat ein Fokalverhältnis f/8. CCD-Kamera war eine Moravian G2-8300 mit Astronomik-Filtern (LRGB). Die Belichtung betrug 11 x 20 min (L) und jeweils 5 x 20 min für RGB. Der FWHMWert lag bei 4,6 Pixeln (zwei Bogensekunden).

Das dekorative Draco-Triplett umfasst von rechts die Galaxien NGC 5981 (Sc, 13 mag, 2,8´ x 0,6´), NGC 5982 (E3p, 11,1 mag, 2,9´ x 2,2´)
4 und NGC 5985 (Sb, 11,0 mag, 5,5´ x 3,2´). Von einer Wechselwirkung ist nichts erkennbar. Alle drei Galaxien gehören der noch größeren
Gruppe GH 158 an. Wie weit sind sie entfernt? Pisano et al. (2004) geben für GH 158 eine Entfernung von 48 Megaparsec (157 Millionen Lichtjahre) an. Damit wäre NGC 5985 mit 250.000 Lichtjahren echtem Durchmesser schon eine riesige Galaxie, mehr als doppelt so groß wie M 31. Für eine ,,multiple arm galaxy" wäre das jedoch durchaus denkbar. Bruno Mattern nahm das Triplett mit einem Meade 12"-ACF auf. Per Giant Easy Guider und SBIG ST-2000XM Imager wurde bei f = 2000 mm nachgeführt. Bei ISO 1600 wurde insgesamt 3 h 11 min mit einer Canon EOS 20 Da (mod.) belichtet, die Einzelaufnahmen zwischen fünf und zehn Minuten.

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5 NGC 4236 ist ein Mitglied der
Ursa-Major-Gruppe und stellt den östlichen ,,Außenposten" dar. Die 21,9´ x 7,2´ große SBdm-Galaxie ist 10,1 mag hell. Bei einer Entfernung von 14,5 Millionen Lichtjahren kommt NGC 4236 aber auf einen echten Durchmesser von 92.000 Lichtjahren. Von einer Zwerggalaxie kann absolut keine Rede sein! Thomas Tuchan nutzte ein 10-Zoll-Teleskop (ATD) auf Fornax 51. Mit einer Canon EOS 20Da belichtete er bei ISO 800 insgesamt 170 Minuten (34 x 5 min). Die Aufnahme entstand am 07.05.2008 in Weidach, Blaustein.
6 Über die H II-Regionen von M 33
steht ja an anderer Stelle dieses Heftes genug. Hier ist eine Übersichtsaufnahme unserer Nachbargalaxie, die Rainer Sparenberg am 10. Oktober 2010 in Haltern am See in seiner Sternwarte gemacht hat. Er arbeitete mit einem Apochromaten 115/805 mm (f/7) und einer SBIG STL-11000. Das LRGB-Bild wurde generell ohne Binning belichtet: 100/40/40/40 Minuten.

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7 Antonius Recker aus Nottuln-Appelhülsen nahm sich am 16.
April 2010 auf dem Vogelsberg die Galaxie M 101 mit ihrer südsüdöstlichen Nachbarin NGC 5474 vor (Norden links). Beide wechselwirken miteinander, was bei M 101 einen ,,hängenden Arm" verursacht und bei NGC 5474 eine asymmetrische Verformung der Arme in Bezug auf den Kern. Verwendet wurde ein 6"-Newton mit f = 750 mm sowie eine Canon 40d (mod.). Bei ISO 400 wurde 9 x 10 min belichtet, dazu 3 x 20 min bei ISO 200.

8 Die 11,3 mag helle Sc-Spirale NGC 2964 im Sternbild Löwe
misst 3,0´ x 1,7´. Ihr folgen in einer Kette NGC 2968 (2,2´ x 1,5´ und peculiär) sowie die unbedeutende NGC 2970 (E1, ca. 15 mag). Ganz offensichtlich steht die Gruppe in starker Wechselwirkung, was diese Darstellung bereits erahnen lässt. Mehr dazu in einem späteren Heft. Harald Strauß lichtete die Gruppe im Februar 2011 an der Sternwarte Gahberg ab und nutzte dazu seinen 14"-Hypergraphen bei f = 1090 mm. Mit einer Starlight SXV-H9 wurde das LRGB-Bild insgesamt 3 Stunden belichtet.

9 Im östlichen Bereich des Sternbildes Grus (Kranich) gibt es eine lockere Ansammlung etlicher Galaxien. Die hellsten vier davon bilden
das ,,Grus-Quartett", das bei uns recht selten gezeigt wird. Sie sind von rechts unten nach links oben zu sehen: NGC 7552 (SBb; 10,7 mag; 3,5´ x 2,5´), NGC 7582 (SBb; 10,6 mag; 4,6´ x 2,2´), NGC 7590 (SB; 11,6 mag; 2,7´ x 1,1´) und NGC 7599 (Sc; 11,4 mag; 4,4´ x 1,5´). Michael Schmitz nahm das Quartett im September 2009 auf Farm Tivoli/Namibia auf. Teleskop war ein 200-mm-Newton f/4,5 mit Paracorr (f = 1035 mm), Kamera eine QSI 583ws mit Baader-Filtern. Belichtet wurde 6 x 5 min (L) ohne Binning, RGB je 4 x 2,5 min mit 2x2-Binning.

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10 NGC 3718 (Arp 214) liegt knapp südlich vom Kasten des
Großen Wagens und steht derzeit günstig. Die seltsam verformte Galaxie wird vom Typus her als SBa-Spirale bezeichnet. Ihre außergewöhnliche Form ergibt sich durch die weit nach Nord und Süd auslaufenden Arme. Dazu kommt noch ein dichtes zentrales Staubband. Außerdem sind zahlreiche Sternansammlungen noch filamentartig weit nach außen hin sichtbar. Wie kommt dieses Aussehen zustande? NGC 3718 steht in Wechselwirkung mit NGC 3729, die sich ca. zehn Bogenminuten weiter östlich (hier links im Bild) befindet. Im Radiobereich wurde eine Menge neutralen Wasserstoffs gefunden, der NGC 3718 als ,,gewarpte" (verbogene) Scheibe umgibt. Es gibt Hinweise darauf, dass der Wasserstoff sogar eine Gezeitenbrücke zum Begleiter bildet. Die Entfernung des Systems wird zu etwa 42 Millionen Lichtjahren veranschlagt. Da der scheinbare Durchmesser 8,7´ x 4,5´ beträgt, hätte NGC 3718 einen wahren Durchmesser von immerhin 105.000 Lichtjahren. Das wäre vergleichbar mit unserer Milchstraße. NGC 3718 ist mit visuellen 10,5 mag recht lichtschwach. Als durchschnittliche Flächenhelligkeit ergibt sich nur 23,1 mag pro Quadratbogensekunde. Ein sehr interessantes Bilddetail ist die kleine Galaxienkette südlich von NGC 3718, katalogisiert als Arp 322. Sie steht weit hinter NGC 3718 in einer Distanz von 350 Millionen Lichtjahren. Torsten Grossmann nahm NGC 3718 mit einem 7-zölligen Apochromaten (TMB) auf. Dieses Instrument hat ein Fokalverhältnis f/8, also ein Öffnungsverhältnis von 1:8. Mit einer SBIG STL-4020 wurde ohne Binning 420 min in Luminanz belichtet, die Farbkanäle dann mit 2-fachem Binning 180 min in R und B sowie 150 min in G. Das macht stramme 15,5 Stunden, und nur so ist die enorme Detailfülle zu bekommen.

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Michael Kunze hat in drei Nächten die 8,3 mag helle
11 und 18,2´ x 7,9´ große Galaxie M 106 belichten
können. Es war eines seiner ersten langbrennweitigen, tiefen Deep-Sky-Bilder überhaupt und entstand aus Moers heraus (am Westrand des Ruhrgebiets). Zum Einsatz kam ein Newton 254/1250 mm auf einer CGEM-Montierung. Nachgeführt wurde mit Lacerta MGEN am Sucherteleskop 60/228 mm. Kamera war eine Canon EOS 1000 Da. Insgesamt wurde fünf Stunden und zwei Minuten belichtet, und das in 2-minütigen Einzelschüssen!

12 Beeindruckend die ,,Sonnenblumengalaxie" M 63 in den Jagd-
hunden! Mit einem scheinbaren Durchmesser von 12,3´ x 7,6´ und 8.6 mag scheinbarer Helligkeit ist sie für visuelle Beobachter und Astrofotografen gleichermaßen attraktiv. Die Entfernung dürfte sich um 25 Millionen Lichtjahre bewegen. M 63 besitzt eine für sie typische Strukturierung: Die Spiralarme sind ,,flockig" aufgebaut und bestehen aus kleinen Einzelwolken. Ähnlich ist die Spiralgalaxie NGC 2841 im Großen Bären. Robert Pölzl nahm M 63 am 8. März 2011 von Salzstiegel in der Steiermark aus auf. Er konnte ,,first light" mit seinem neuen Newton 368/1330 mm feiern. Das Gerät verfügt über einen Wynne Korrektor (ASA). Kamera war eine SBIG ST-2000 XM, gefiltert wurde mit dem Astronomik LRGBFiltersatz. Belichtet wurde 11 x 10 min (L) und jeweils 4 x 10 min (RGB).
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Extragalaktische ,,Kometen"
von Wolfgang Steinicke

1731 fand John Bevis mit einem 3-ZollRefraktor ein nebulöses Objekt im Stier, das er für den Kometen Halley hielt. Charles Messier machte später an anderen Stellen des Himmels die gleiche Erfahrung, und so entstand sein berühmter Katalog: Er wollte die entdeckten Nebel nicht mit Kometen verwechseln. Bevis' ,,Halley" ist gleich der erste Eintrag: M 1, der Krebsnebel. Heute wissen wir, dass es sich bei den 103 Messier-Objekten um Sternhaufen, galaktische Nebel und Galaxien handelt - eine Verwechslung mit Kometen scheint ausgeschlossen.
Geht man zu schwächeren Zielen über (etwa aus dem NGC), ist die Sache aber nicht mehr so klar: Es gibt Deep-Sky-Objekte, die Kometen verblüffend ähnlich sehen. Die meisten dieser ,,kometarischen Nebel" gehören zu unserer Milchstraße, wie NGC 2261 im Einhorn (Abb. 1) - sicher der bekannteste Fall. Das Objekt wurde am 26.12.1783 von William Herschel entdeckt und als ,,Planetarischer Nebel" IV 2 katalogisiert; er beschreibt es als ,,fächerförmig". Im Jahr 1916 wurde

NGC 2261 von Edwin Hubble untersucht. Er stellte Veränderungen fest, die mit dem ,,Kometenkern" (der Stern R Monocerotis) zusammenhängen - daher der populäre Name ,,Hubble's Variable Nebula". Ein anderes schönes Beispiel ist NGC 6729, assoziiert mit T Coronae Australis und ebenfalls veränderlich.
Gibt es auch extragalaktische ,,Kometen", also Galaxien, die ein kometenhaftes Aussehen haben, einen Kern mit angehängtem Schweif? Ja, aber sie sind sehr selten. Was die Ursache des Phänomens angeht, so ist meist Wechselwirkung im Spiel. Der Schweif wurde durch Gezeitenkräfte gebildet und der Kern ist häufig ein Ort intensiver Sternentstehung. Ich möchte hier drei Beispiele vorstellen [1, 2, 3].
NGC 4861 Die bekannteste kometarische Galaxie ist NGC 4861 in den Jagdhunden (Abb. 2). Die ,,peculiar galaxy" (Arp 266) besteht aus einem kompakten Kern - der 13 mag hellen HII-Region Mrk 59 - und einem

diffusen Schweif von etwa 14 mag. Das Objekt wurde von Herschel entdeckt (1.5.1785) und als ,,Planetarischer Nebel" IV 30 katalogisiert; seine Beschreibung: ,,2 Sterne, Abstand 3', verbunden mit einer sehr schwachen, schmalen Nebulosität". Offenbar hat er den ,,Kometenkern" als Stern gesehen. Am 11.3.1828 notierte John Herschel, dieser sei ,,schlecht definiert" und fertigte eine Zeichnung. Eine weitere, erstellt von Rudolf Spitaler am Wiener 27-Zoll-Refraktor (22.5.1887), zeigt einen gespaltenen Schweif (Abb. 3). Dazu heißt es: ,,Um den südlich vorangehenden Stern ist die hellste Partie der Nebelmasse gelagert." 2001 habe ich die Galaxie mit einem 20-Zöller beobachtet (Abb. 4); interessanterweise reagiert die HII-Region auf ein [O III]-Filter.
NGC 4861 wurde 1908 von John Louis Emil Dreyer erneut katalogisiert - als IC 3961. Grund ist eine fotografische Entdeckung von Max Wolf (21.3.1903). Die Identität ist aber eindeutig: Auf der Platte ist der längliche Nebel markiert, Koordinaten und Beschreibung passen

1 Der kometarische Reflexionsnebel NGC 2261 im
Einhorn (wie alle anderen Aufnahmen: Digitized Sky Survey II, Feld 8' x 8')
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2 Die kometarische Galaxie NGC 4861 in den Jagdhunden

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(die HII-Region wird erneut als Stern interpretiert). Dreyer übersah dies - vielleicht, weil Wolf selbst das Objekt nicht mit NGC 4861 identifizierte. Die Verwirrung pflanzte sich fort. So wird z. B. im Uppsala General Catalog (UGC 8098) der Kern als NGC 4861 bezeichnet und der Schweif als IC 3961; im Zwicky-Katalog (CGCG 189-5, I Zw 49) ist es umgekehrt [2].

I Zw 162 im Sternbild Herkules dürfte weniger bekannt sein: ein gekrümmter ,,Komet", begleitet von einer elliptischen Galaxie (Abb. 5). Das Objekt wurde 1960 von Fritz Zwicky entdeckt; er schrieb: ,,post-eruptives Paar aus neutraler, kometenförmiger Galaxie mit vielen stellaren Knoten und fleckigem roten Begleiter 25'' südlich". Halton Arp katalogisierte es später als ,,peculiar galaxy" Arp 125 (vgl. [4]). Mit 15,1 mag ist dieser ,,Komet" deutlich schwächer als NGC 4861 (im 20-Zöller nur indirekt sichtbar). Der Begleiter liegt sogar jenseits von 16 mag.
UGC 5938 / 5942 Es gibt auch einen extragalaktischen ,,Doppelkometen"! Das einzigartige Paar befindet sich im Drachen und besteht aus UGC 5938 und UGC 5942 (Abb. 6). Zwicky hat es 1967 entdeckt und als VII Zw 349 katalogisiert; seine Beschreibung: ,,zwei post-eruptive, jetartige Galaxien (Abstand 95'' Nord-Süd) mit kompakten Knoten". Die Blauhelligkeiten liegen bei 16,5 mag bzw. 16,0 mag. Das ,,Kometenduo" ist also mehr etwas für die langbrennweitige Astrofotografie.
,,comets" Boris Vorontsov-Velyaminov hat 1977 in seinem zweiten Atlas der wechselwirkenden Galaxien insgesamt 13 ,,comets" zusammengestellt [5]. Sie finden sich dort auf den Tafeln 62 und 63 (die Qualität der Bilder ist schlecht). Außer NGC 4861 (VV 797) und I Zw 192 (VV 501) sind keine auffälligen kometarischen Galaxien darunter (VII Zw 349 wurde übersehen). In einigen Fällen ist der ,,Kometenkern" ein Stern (VV 801) oder das Objekt ist asymmetrisch (VV 799).

3 Spitalers Zeichnung von NGC
4861 (27-Zoll-Refraktor)
am 8.12.1890 im Fuhrmann entdeckt und später nicht wieder gefunden. Eine eingehende Untersuchung des Falls ergab: Es handelte sich um den Kometen 113/P Spitaler!
Literaturhinweise [1] Daten zu den genannten Objekten
finden sich auf meiner Webseite: www.klima-luft.de/steinicke [2] zur Astrophysik, Katalogisierung und Beobachtung der Galaxien siehe: W. Steinicke, R. Jakiel, 2006: ,,Galaxies and How to Observe Them", Springer-Verlag [3] zu den geschichtlichen Hintergründen und Personen siehe: W. Steinicke, 2010: ,,Observing and Cataloguing Nebulae and Star Clusters - from Herschel to Dreyer's New General Catalogue", Cambridge University Press [4] J. Kanipe, D. Webb, 2006: "The Arp Atlas of Peculiar Galaxies", Willmann-Bell [5] B. Vorontsov-Velyaminov, 1977: "Atlas and Catalogue of Interacting Galaxies (Part 2)", Astron. Astrophys. Suppl. Ser. 28, 1

4 Zeichnung des Autors von NGC
4861 (20-Zoll-Dobson-Teleskop)
5 Arp 125 im Herkules: eine komet-
arische Galaxie mit kompaktem Begleiter

Ich möchte meinen kosmischen Kometentrip nicht beschließen, ohne den kuriosen Fall von IC 2120 zu erwähnen. Das Objekt wurde von Guillaume Bigourdan

6 Der einzige Fall eines extraga-
laktischen ,,Doppelkometen": UGC 5938 (oben) und UGC 5942 im Drachen

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Auf Hubbles Spuren
Highlights des Hubble Space Telescope und ihre visuelle Beobachtung
von Uwe Glahn

Das Hubble Space Telescope (HST) gehört wohl zu den bekanntesten optischen Teleskopen überhaupt. Nach seiner Inbetriebnahme im Jahr 1993 öffnete es den Astronomen ein neues Fenster ins All und veränderte die Sicht auf den Kosmos nachhaltig. Glücklicherweise ließen uns die Profiastronomen von Anfang an den Abenteuern des Teleskops teilhaben. Mit spektakulären Farbaufnahmen wurde immer wieder dessen Leistungsfähigkeit
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unter Beweis gestellt und Laien wie auch Amateurastronomen ins Staunen versetzt. Viele, teils vorher schon bekannte astronomische Objekte erschienen nun in gänzlich neuem Licht und erlangten erst durch die Aufnahmen des HST eine Art Prominentenstatus. Umso spannender erscheint die Frage, in wie weit visuelle Amateure diese Objekte bzw. bestimmte Details darin überhaupt wahrnehmen und nachvollziehen können. Das HST

1 Mayalls Objekt, aufgenommen
vom Hubble Space Telescope; Bildautoren: NASA, ESA, the Hubble Heritage (STScI/AURA)-ESA/Hubble Collaboration, and A. Evans (University of Virginia, Charlottesville/NRAO/Stony Brook University)
befindet sich mit einer Umlaufbahn von 569 Kilometern jenseits der störenden Atmosphärenschichten. Das mit seinen zwei hyperbolischen Spiegeln nach dem Ritchey-Chretien-Prinzip arbeitende Teleskop besitzt eine effektive Öffnung von 2,4 Metern bei einer Brennweite von 57,6 Metern (f/24). Die Auflösung beträgt bis zu 0,05 Bogensekunden, die schwächsten im visuellen Bereich nachgewiesenen Objekte liegen jenseits der 30. Größenklasse.

Galaxien

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Bei dem visuellen Gegenstück handelt es sich um ein klassisches Newtonsystem mit einer effektiven Öffnung von 0,69 Metern und einer Brennweite von 2,9 Metern (f/4,2). Das 200 Mal leichtere Teleskop wird bevorzugt in einer Höhe von zwei Kilometern über Normal Null eingesetzt, hat dabei also noch den Großteil der störenden Atmosphäre über sich. Auf Grund dieser Tatsache, sowie der Physiologie des Auges, liegt die Auflösung um einen Faktor 10 unter dem des HST. Die visuelle Grenzgröße reicht an die 19. Größe heran. Allein dieser Zahlenvergleich lässt keinen fairen Vergleich zwischen den ungleichen Teleskopen zu - doch nehmen wir uns einige Objekte genauer vor.
Das als Mayalls Objekt bekannte Galaxienpaar VV 32 (PGC 33423) (Abbildungen 1 und 2) wurde bereits 1940 auf Fotoplatten des geschichtsträchtigen 36-ZollCrossley-Reflektor entdeckt [1]. Nicholas U. Mayall beschreibt die Form des damals noch nicht eindeutig als Galaxie identifizierten Objekts als ,,Fragezeichen". 24 Jahre später belichtete E.M. Burbidge das Objekt mit immerhin 120 Zoll Öffnung und damit sogar größerer Spiegelfläche als das HST. Man erkannte einen eingeschnürten Hauptkörper mit einem anschließenden, in Ansätzen sogar strukturierten Ring [2]. Erst die 44 Jahre später durch das HST gewonnene Aufnahme zeigt die durch Kollision zweier Galaxien geformte ringförmige Schockfront in ihrer vollen Pracht.
Visuell ist das mit 15,8 Magnituden (bolometrisch) helle Objekt in Reichweite eines 10- bis 12-Zoll-Teleskops. Mit dieser Öffnung bleibt es jedoch lediglich bei der Sichtung des elongierten Hauptkörpers. Der Kollisionsring ist dagegen visuell äußert schwer zu erfassen. Negative Sichtungen mit 20- und 25-Zoll-Teleskopen liegen vor. Eine Beobachtung mit 27 Zoll unter hervorragenden Bedingungen

2 Mayalls Objekt, gezeichnet von Uwe Glahn mit einem 27-Zoll-Newton,
586-fache Vergrößerung, fst 7mag; Großglockner, Alpen

(Abbildung 2) zeigt den hellen und klar eingeschnürten Hauptkörper. Daran anschließend zeigt sich eine sehr schwache Aufhellung, die auf der Südseite besser definiert ist. Trotz der großen Öffnung ist der Ring nicht als solcher wahrzunehmen. Strukturen innerhalb bleiben aus und dürften lediglich Besitzern von Teleskopen jenseits der 40-Zoll-Marke zugänglich sein.
Die Geschichte des unter den Namen Tadpole-Galaxy bekannten Objektes begann recht unspektakulär im Jahre 1959. Mit der Veröffentlichung des 355 Seiten umfassenden ersten Teils seines Galaxienkataloges, ordnete der russische Astronom Vorontsov-Velyaminov das Objekt unter der Nummer 29 ein [3]. Arp und

Zwicky griffen dieses später ebenfalls auf und katalogisierten es in ihre eigenen Aufstellungen. Bekannt und abgelichtet war bereits der schmale, über 2,5 Bogenminuten lange Auswurf. Doch erst im Jahr 2002 mit der Inbetriebnahme der neuen ACS-Kamera auf dem HST wurde das Objekt weltbekannt. Nicht nur der Detailgrad des Gezeitenschweifes mit seinen blauen jungen Sternhaufen beeindruckte, sondern die 6000 Hintergrundgalaxien, doppelt so viele wie in dem so bekannten Hubble Deep Field aus dem Jahre 1995.
Mit einer Helligkeit von 14,8 Magnituden (bolometrisch) ist die Galaxie in Reichweite eines klassischen 8-Zoll-Teleskops. Das gilt selbstverständlich nur für den

Objektname Mayalls Object Tadpole Galaxy Seyfert's Sextett

Tabellarischer Überblick der beschriebenen Objekte

alternative Bezeichnung PGC 33423, VV 32, Arp 148 UGC 10214, PGC 57129, Arp 188 NGC 6027, UGC 10116, VV 115, HCG 79

Rekt. 11h 03,9m 16h 06,1m 15h 59,2m

Dekl. +40 Grad 51,0' +55 Grad 25,5' +20 Grad 45,8'

Sternbild UMa Dra Ser
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Galaxien

3 Tadpole Galaxy, aufgenommen vom HST (NASA,
H. Ford (JHU), G. Illingworth (UCSC/LO), M.Clampin (STScI), G. Hartig (STScI), the ACS Science Team, and ESA)

4 Zeichnung von Uwe Glahn, 27-Zoll-Newton, 293- bis
419-fach, fst 7mag+; Silvretta, Alpen

Hauptkörper. Selbst in großen Teleskopen mit 16-Zoll-Öffnung bleibt es bei dem zur Mitte hin leicht konzentrierten, 2:3 ostwest-elongierten Hauptkörper. Erst die Steigerung auf Öffnungen der 24-ZollKlasse bringt einen Sprung in den wahrzunehmenden Details [4]. Mit 27 Zoll ist der Gezeitenschweif auf gesamter Länge indirekt zwar schwach, aber eindeutig zu verfolgen. Die beiden hellsten Sternhaufen innerhalb des Schweifes sind als besser definierte Aufhellungen zu erkennen. Und auch im Hauptköper kann Struktur wahrgenommen werden. Die Ansätze der eng anliegenden Spiralarme sind als Knoten zu sehen, während die Arme selbst schwach angedeutet sind. Dagegen ist von den 6000 Hintergrundgalaxien des von Hubble abgelichteten Feldes keine einzige sichtbar.
Seyfert's Sextett (NGC 6027) war eines der letzten rein visuell entdeckten Objekte. 1882 fiel dem französischen Astronomen E. Stephan ein schwaches Objekt auf, das er mit einem der ersten mit Glasspiegel ausgestatteten Teleskope sah.
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Trotz 80 Zentimetern Öffnung bemerkte er nur ein einziges Objekt - anders als beim später von ihm entdeckten und nach ihm benannten Quintett. Erst C. K. Seyfert zählte auf einer fotografischen Platte insgesamt sechs Einzelobjekte um NGC 6027 [5]. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass von den zunächst sechs angenommenen Mitgliedern eine Aufhellung ein Gezeitenschweif ist, sowie eine andere Galaxie im Hintergrund steht und nicht zur eigentlichen Gruppe dazu gehört.
Visuell zählt dieses Objekt zu den spektakulärsten Galaxiengruppen am gesamten Himmel. Mit mittelgroßen Teleskopen bis zu 20 Zoll Öffnung ist es jedoch schwierig, alle Mitglieder zu verifizieren. Die drei hellsten Mitglieder können ab ca. 12 Zoll getrennt werden. Für die vierte - die eigentliche Hintergrundgalaxie - werden 16 Zoll Öffnung benötigt [6]. Setzt man sehr große Öffnungen ein, kann das Sextett jedoch entschlüsselt werden. Problemlos sind innerhalb der Gruppe alle sechs Aufhellungen zu sehen. Besonders

beeindruckend zeigen sich der Gezeitenschweif und die schmale südlichste Galaxie, die wie Nadelspitzen aus der Gruppe herausragen.
Fazit Auch wenn ernsthafte Vergleiche zwischen dem HST und Amateuren zugänglichen visuellen Instrumenten kaum und nur sehr eingeschränkt möglich sind, bieten große Profiinstrumente doch immer wieder Anregungen zur Nachbeobachtung. Oft ist es dann doch erstaunlich, wie weit und detailreich das menschliche Auge gegen technologisch professionell ausgestattete Großoptiken bestehen kann.
Literaturhinweise: [1] Smith, R. T.: The Radial Velocity of
a Peculiar Nebula, PASP 53, 313, 187 (1941) [2] Burbidge, E. M.: The Strange Extragalactic Systems Mayall`s Object and IC 883, Astrophys. J., 140, 1619 (1964)

Galaxien

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5 Seyfert`s Sextett in einer HST-Aufnahme (NASA, J.
English (U. Manitoba), S. Hunsberger, S. Zonak, J. Charlton, S. Gallagher (PSU), and L. Frattare (STScI)

6 Seyfert`s Sextett gezeichnet von Uwe Glahn, 27-Zoll-
Newton, 419-fach, fst 7mag+; Großglockner, Alpen

[3] Vorontsov-Velyaminov, B. A.: Atlas and Catalogue of Interacting Galaxies, Part I, Moscow (1959)
[4] Kafalis, S.: http://www. stathis-firstlight.de/deepsky/ tadpole.htm
[5] Seyfert, C. K.: A Dense Group of Galaxies in Serpens, PASP 63, 371, 72 (1951)
[6] Glahn, U.: http://www. deepsky-visuell.de/Projekte/ DS_Herausforderungen.html

Leserbrief
von Frederik Wanink
Der kritische Beitrag von Wolfgang Steinicke im VdS-Journal Nr. 37 zu den veröffentlichten Zeichnungen von Johannes Schilling hat mir sehr gefallen, und ich unterstütze die Kritik voll und ganz. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele visuelle Beobachter wie ich, die die Zeichnungen von Herrn Schilling (und nun auch seines Mitbeobachters R. Töpler) sehen, langsam aber sicher die Sache nicht mehr ernst nehmen. Die vielen einzelnen, z.T. winzigen Details der gezeichneten Objekte bleiben mir jedenfalls verborgen, obwohl ich ebenfalls mit einem 16"-Teleskop und auch nicht seit vorgestern beobachte. Die Zeichnungen scheinen Momentaufnahmen persönlicher Eindrücke zu sein, und es ist zu offensichtlich, dass bei einem Vergleich der Zeichnungen mit den entsprechenden Astrofotos die Fotos als Vorlage gedient haben.
- Verfügt Herr Schilling etwa über ein außerordentlich extrem gutes Sehvermögen? Dieses könnte man doch leicht durch einen Augentest beim Optiker überprüfen (was er aber wohl ablehnen dürfte).
- Wieso veröffentlicht er weiter seine Zeichnungen, die er nun auch damit rechtfertigt, dass auch einige andere (seriöse?) Beobachter ähnliche Eindrücke hatten? Will er sich als einer der größten visuellen Beobachter darstellen, oder dominieren seine Zeichnungen das Journal, weil es sonst an Beiträgen anderer mangelt?
- Ist seine Äußerung, dass es nicht unmöglich ist, mit einem 16"-Teleskop 19-mag-Sterne zu sehen glaubhaft? Ich bin schon froh, wenn ich unter meinem 6-mag-Himmel Sterne von 15 mag eindeutig sehen kann.
Wenn ich Objekte beobachte und zeichne, dann kenne ich in der Regel die Fotos der Objekte nicht. Wenn sich bei der Nachbearbeitung herausstellt, dass etwas gesehen wurde, was nicht da ist, oder umgekehrt, dass etwas zu sehen sein müsste, dann notiere ich es bei den Beobachtungsskizzen. So sind Irrtümer weitgehend ausgeschlossen, und die Sache bleibt objektiv. Das wichtigste meiner Meinung nach ist, dass man beim Zeichnen und auch Beschreiben möglichst unvoreingenommen an die Sache rangeht, so wie die Erstentdecker der Objekte des NGC-Katalogs. Das ist wohl die ehrlichste Herangehensweise.

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Galaxien

Die Galaxie NGC 2403 - von Messier übersehen?
von Daniel Spitzer
tergrund bewegen, sind Nebel wie Galaxien ortsfest. Um Verwechslungen zu vermeiden, katalogisierte Messier diese ortsfesten Nebel - der Messier-Katalog war geboren.
Machen wir nun eine Bestandsaufnahme zum Objekt: NGC 2403 (Abb.1) besitzt eine scheinbare Ausdehnung von etwa 23,4 x 12 Bogenminuten. Seine Entfernung beträgt 12 Millionen Lichtjahre, womit man eine tatsächliche Ausdehnung von 75.000 Lichtjahren erhält. Sie ist damit Mitglied der M 81-Gruppe und von ihrer Ausdehnung her mit unserer Milchstraße vergleichbar.
Interessant wird es bei den Helligkeiten: Während die visuelle Helligkeit mit 8,2 Magnituden durchaus vergleichbar mit anderen Messiergalaxien ist, fällt die Flächenhelligkeit von ca. 14,3 Magnituden pro Quadratbogenminute doch etwas ab. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Helligkeit der Messiergalaxien beträgt

1 NGC 2403, Abbildung aus dem DSS-1 [1], Feld-
größe: 30` x 30`

Vor einigen Jahren habe ich mal aufgeschnappt, dass NGC 2403 die größte und hellste Galaxie sei, die nicht im MessierKatalog verzeichnet ist. Da sie unweit der Messiergalaxien M 81 und M 82 am Himmel zu finden ist, stellt sich die Frage nach dem ,,Warum?".
Charles Messier (1730 - 1817) war ein französischer Astronom. Sein Beobachtungsschwerpunkt waren Kometen. Bei der Suche nach neuen Schweifsternen sind ihm immer wieder kleine Nebelchen aufgefallen, die augenscheinlich einem Kometen durchaus ähnelten. Zwischen
VdS-Journal Nr. 40

Kometen und z.B. Galaxien gibt es aber einen Unterschied, der auch im kleinen Teleskop deutlich wird: Während Kometen sich innerhalb weniger Stunden vor dem Sternenhin-
2 NGC 2403 nach visu-
eller Beobachtung an einem 12-Zoll-Dobson bei 79-facher Vergrößerung

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8,73 Magnituden, die durchschnittliche Flächenhelligkeit 13,15 Magnituden pro Quadratbogenminute (mit M 101 als Ausreißer, ihre Flächenhelligkeit beträgt schwache 14,6 Magnituden pro Quadratbogenminute).
Die visuelle Beobachtung an einem 12-Zoll-Newton (Abb. 2) ergab bei 79-facher Vergrößerung folgendes Bild: Die geringe Flächenhelligkeit macht sich deutlich bemerkbar. Vergleicht man etwa die Ausdehnungen von NGC 2403 auf der Zeichnung gegenüber der auf der Fotografie aus dem DSS, erkennt man, dass

die Galaxie auf der Fotografie etwa doppelt so groß in beiden Achsen erscheint. Das Licht der schwachen Außengebiete schafft es einfach nicht zum Auge. Ein Ansatz eines Spiralarms und ein heller Knoten zeigen sich - der Vergleich mit dem Foto enthüllt den Knoten jedoch als Stern und der Spiralarm ist auch irgendwie fraglich. Jedenfalls konnte nur das deutlich hellere Zentralgebiet gesehen werden. Wie muss die Galaxie dann erst in den typischen Instrumenten zu Messiers Zeiten ausgesehen haben? Sein bevorzugtes Instrument war ein 9-Zentimeter-Dolland-Refraktor mit 106

Zentimetern Brennweite. Es lieferte eine Vergrößerung von 120-fach. Das Instrument ist sicher nicht mit heutigen Amateurinstrumenten vergleichbar, obgleich es sicher von hervorragender Qualität war. Offensichtlich scheinen die Flächenhelligkeit und die abgelegene Lage von NGC 2403 die Gründe zu sein, warum sie Charles Messier durch die Lappen gegangen ist.
Internethinweis: [1] http://www.archive.eos.org/dss/dss/

NGC 6822 - Barnards Galaxie
von Manfred Kleisa

NGC 6822 befindet sich im Sternbild Sagittarius (Sgr) und ist während der Sommermonate optimal zu beobachten. Dies tat ich von Kärnten aus, denn zur optimalen Sichtbarkeit ist eine gute Transparenz des Himmels nötig. Ebenso sollte der Himmel frei von Störeinflüssen sein, da die Galaxie nur eine geringe Flächenhelligkeit aufweist (9,3 Magnituden visuell bzw. 14,5 Magnituden pro Quadratbogenminute). Die irreguläre Galaxie ist Mitglied der ,,Lokalen Gruppe" und wurde im Jahr 1884 erstmals von E. E. Barnard gesichtet. Im nördlichen Teil befinden sich mehrere HII-Regionen, welche mir aber nicht als solche auffielen. Es hatte auch in der Vergangenheit schon Verwechselungen und Fehlinterpretationen bei Beobachtungen von Leavenworth und Howe gegeben.

Da mir die HII-Regionen vorher nicht bekannt waren, habe ich auch nicht danach gesucht. Dies erfordert eventuell eine Nachbeobachtung. Die hellsten Regionen sind auf Fotografien im Bereich links unten in der Zeichnung (Abb. 1) sowie unten in der Mitte (Norden ist bei 17 Uhr) angesiedelt und wurden aufgrund der geringen Ausdehnung von mir nicht bemerkt. Die hellste der HII-Regionen sind IC 1308 und Hubble V mit 14 Magnituden visuell. Erstaunlicherweise existieren in NGC 6822 rund 150 HII-Regionen und 16 OB-Assoziationen. Visuell auffällig sind einige helle, junge Sterne auf der Zeichnung im Bereich 11 Uhr.

NGC 6822

Position (J2000):
Typ: Größe: Entfernung:

Rekt. 19h 44m 00s Dekl. -14 Grad 47` 21`` IB(s)m[1] 10,2` x 9,5` 500 kpc

1 Barnards Galaxie
NGC 6822, beobachtet in einem 24-Zoll-Newton (f/4,1) bei 190-facher Vergrößerung
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Galaxien

Kompakte Galaxiengruppen mit kleinen Teleskopen
Visuelle Beobachtung der hellsten Hicksongruppen mit vier-Zoll-Öffnung
von Uwe Glahn

Die kompakten Galaxiengruppen des Hicksonkataloges zählen heute zu den bekannteren Objekten am Himmel. So genießt dieser Objektkatalog in der Amateurszene mittlerweile Prominentenstatus und wird daher von Beobachtern mittelgroßer und großer Teleskope oft und gern besucht. So bekannt die Objekte auch sind, so berüchtigt sind sie auf Grund des Schwierigkeitsgrades der Beobachtung. Doch was die wenigsten wissen - diverse ,,Hicksons" sind bereits in kleinsten Teleskopen als Gruppen visuell sichtbar.

Die Historie reicht weit in das 17. Jahrhundert hinein. Als erstes als Gruppe wahrgenommenes Objekt dürfte die Gruppe um NGC 835 (Hickson 16) gelten. Wilhelm Herschel beschreibt 1785 bei einem seiner ,,Sweeps" vier Objekte im Sternbild Wahlfisch. Die bekannteste und nach seinem Entdecker benannte Gruppe des Kataloges (Hickson 92) entdeckte der französische Astronom Stephan im Jahr 1876 an der Sternwarte Marseille. Er beschreibt das visuell am 80-Zentimeter-Reflektor beobachtete Quintett als sehr schwach und kaum auffällig [1]. Nach den früheren visuellen Entdeckungen, die allesamt Eintrag in den NGC fanden, brach mit den tief belichteten fotografischen Himmelsdurchmusterungen ein neues Zeitalter in der Definition und Sicht auf Galaxiengruppen an. Profiastronomen wie Abell, Burbidge, Vorontsov-Velyaminov oder Arp fiel eine auffällige hohe Anzahl von kompakten Galaxiengruppen auf, die zwar sofort katalogisiert, aber nicht systematisch nach ausgewählten Kriterien geordnet wurden. Dies gelang erst Hickson mit seinem 1982 veröffentlichten Katalog kompakter Galaxiengruppen [2].
Der Katalog umfasst insgesamt 100 Gruppen. Um als Objekt aufgenommen zu werden, muss eine Galaxiengruppe alle folgenden Regeln entsprechen:
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1 HCG44, beobachtet von Uwe Glahn, 4-Zoll-Newton, 54-fache
Vergrößerung, fst 6,5mag +

- Kompaktheit - Anzahl der Mitglieder 4 (maximaler
Helligkeitsunterschied 3 mag) - Isolation zu benachbarten Einzel-
galaxien/ Gruppen
Motivation für die Erstellung eines solchen Kataloges waren unter anderem das Verständnis der Dynamik und der Entstehung einer Galaxiengruppe, aber auch der indirekte Nachweis von Dunkler Materie.

Die visuelle Beobachtung der Gruppen ist eine faszinierende Aufgabe. Oft sind innerhalb weniger Bogenminuten mehrere Galaxien zu beobachten, die in unterschiedlichsten Formen und Helligkeiten zueinander angeordnet sind. Bereits ab 8 Zoll Öffnung ist eine Vielzahl der 100 Gruppen, zumindest 2-3 Mitglieder zu beobachten. Mit 16 Zoll Öffnung sind dann außer Hickson 50 alle Mitglieder in visueller Reichweite. [3, 4]

Galaxien

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Anstatt die Öffnung weiter zu steigern, kann man jedoch auch mit kleinen und kleinsten Teleskopen auf die Jagd nach Hicksongruppen gehen. Unter guten Himmelsbedingungen sind mit einem klassischen 4-Zoll-Teleskop Galaxien bis etwa 13 mag visuell zu sehen, bei exzellenten Bedingungen oder flächenhellen Galaxien auch knapp darüber. Wichtig ist die Wahl der Vergrößerung am Teleskop. Da es sich bei den Gruppen um kleine, aber meist, relativ gesehen, flächenhelle Objekte handelt, ist eine hohe Vergrößerung von bis zu 100-fach erforderlich. Des Weiteren ist es hilfreich genaue Aufsuch- und Detailkarten zu nutzen, um die Positionen der Objekte genau einzukreisen und Verwechslungen mit schwachen Sternen auszuschließen.
Hickson 7 Diese mit sechs Bogenminuten Ausdehnung recht große Gruppe um die dominierende NGC 192 befindet sich im Sternbild Walfisch und ist ein typisches Herbstobjekt. So einfach sie auch mit großen Teleskopen zu erspähen mag, so schwierig ist sie mit 4 Zoll Öffnung. Lediglich zwei von den insgesamt vier Mitgliedern sind zu sehen - NGC 192 und NGC 196. Zwar wäre die östliche Galaxie NGC 201 ebenfalls in Reichweite eines 4-Zoll-Teleskops, ist aber auf Grund ihrer geringen Flächenhelligkeit nicht zu sehen. Die Steigerung auf 8 Zoll bringt hier schon einen großen Effekt - alle vier Galaxien sind problemlos zu erkennen.
Hickson 16 Eine der schönsten Gruppen mit kleiner Öffnung. Auch im Arp-Katalog unter der Nummer 318 enthalten, ordnen sich vier Galaxien in einer leicht gebogenen sie-

2 HCG68, beobachtet von Uwe Glahn, 4-Zoll-Newton, 88-fache Vergrößerung,
fst 6,5mag +

ben Bogenminuten langen Kette nördlich eines 10 mag hellen Sterns an. Unter guten Bedingungen sind alle vier Mitglieder mit 4 Zoll Öffnung zu sehen. Während Mitglieder a (NGC 835) und b (NGC 833) indirekt einfach als eine Art Doppelsystem zu sehen sind, gestaltet sich die Sichtung von c (NGC 838) und d (NGC 839) schwieriger. Eine hohe Vergrößerung ist hier für die sichere Identifikation zwingend notwendig. Unter exzellenten Bedingungen sind auch die Mitglieder c und d einfach zu erkennen und lassen die Gruppe als zusammenhängendes Objekt sichtbar werden.

Hickson 21 Die zwölf Bogenminuten große, aus fünf Mitgliedern bestehende Gruppe leidet etwas an ihrer südlichen Stellung. Mit -17 Grad Deklination versinkt sie allzu oft in durch Lichtverschmutzung und Dunst benachteiligte südliche Regionen. Trotzdem sind mit 4 Zoll Öffnung immerhin drei Galaxien zu sehen. Zwar mit Schwierigkeiten und nur indirekt tauchen immer wieder die drei südlichsten Galaxien, die in einem leichten Bogen angeordnet sind, auf.
Hickson 44 Eine der einfachsten Gruppen des Hick-

Daten der vorgestellten Hickson-Objekte

Hickson
7 16 21 44 68 92

alternative Bezeichnung NGC 192/196/201/197 NGC 835/833/838/839 NGC 1099/1100/1098/1092/1091 NGåC 3190/3193/3185/3187 NGC 5353/5354/5350/5355/5358 NGC 7320/7318B/7319/7318A/7317

Rekt.
00h 39,4m 2h 09,5m 2h 45,3m 10h 18,0m
13h 53,6m 22h 36,0m

Dekl.
+00 Grad 53' -10 Grad 09' -17 Grad 37' +21 Grad 48' +40 Grad 19' +33 Grad 58'

Sternbild
Cet Cet Eri Leo CVn Peg

Mitglieder (mit 4" sichtbar)
4 (2) 4 (4) 5 (3) 4 (3) 5 (4) 5 (2/3)

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Galaxien

son-Kataloges im Kopf des Löwen (Abb. 1). Die Hauptgalaxie NGC 3190 erreicht immerhin eine Helligkeit von 11,1 Magnituden visueller Helligkeit und ist mit 4 Zoll Öffnung sogar als 1:2 Südost-Nordwest elongiertes Objekt direkt zu sehen. 5,5 Bogenminuten nordöstlich ist die runde, flächige, aber ansonsten strukturlose NGC 3193 ebenfalls knapp direkt zu erkennen. Deutlich schwächer zeigt sich Mitglied c (NGC 3185), die nur indirekt zu erkennen ist. Lediglich auf NGC 3187 muss mit 4Zoll verzichtet werden, sie ist selbst unter besten Bedingungen nicht zu erkennen.
Hickson 68 Diese Gruppe im Frühjahrssternbild Jagdhunde gehört neben der oben beschriebenen Hickson 44 mit Abstand zu den einfachsten Galaxiengruppen des Kataloges. Von den insgesamt fünf Mitgliedern sind mit 4 Zoll Öffnung immerhin die vier hellsten zu sehen. Davon sind mit Gruppenmitgliedern a, b und c (NGC 5353, NGC 5354, NGC 5350) drei Mitglieder sogar direkt zu halten. Während a und b als kleine Galaxien eng beisammen stehen, wirkt c mit ihrer großen Fläche als schöner Kontrast dagegen. Lediglich Mitglied d (NGC 5355) ist nur indirekt als kleine Aufhellung zu sehen.

Hickson 92 ,,Stephans Quintett" Eine bekannte - wenn nicht die bekannteste, aber gleichzeitig auch berüchtigtste Gruppe des Kataloges. Berichte mit negativen Sichtungen durch große Öffnungen lassen aufhorchen. Ein Blick in die nackten Daten der Gruppe zeigt mit Helligkeiten von 12,5 Magnituden visuell für Mitglied a (NGC 7320) und 13,2 bis 13,4 Magnituden visuell für die Mitglieder b bis d (NGC 7318A, NGC 7319, NGC 7318B) durchaus erreichbare Werte - selbst für kleinste Öffnungen. Und hier behält die Theorie auch Recht. Bei knapp 100-facher Vergrößerung lösen sich mit 4 Zoll aus einem auffälligen, aber zunächst einheitlich wirkenden Knäuel zwei Helligkeitszentren heraus. Der hellste Bereich ist NGC 7320, die sich als klar flächige Aufhellung zeigt. Direkt nordwestlich ist ein weiterer Fleck zu erkennen, der sich aus den beiden nicht zu trennenden Einzelgalaxien NGC 7318A/ B bildet. Insgesamt ist die Gruppe also auch mit 4 Zoll Öffnung sichtbar - wenn auch als anspruchsvolles Objekt.
Als Fazit der kleinen Vorstellung bleibt zu sagen, dass es selbst mit kleinsten Teleskopen möglich ist, tief in die Welt der kompakten Galaxiengruppen vorzudringen. Zwar bleibt es mit 4 Zoll Öffnung

außer bei den hellen Exemplaren Hickson 44 und 68 bei nur wenigen sichtbaren Mitgliedern, Gruppen wie Hickson 16 oder das berühmt-berüchtigte ,,Stephans Quintett" sind aber dennoch visuell zu erreichen und offenbaren ihren ästhetisch schönen Gruppencharakter. Es lohnt also durchaus, auch mit kleinen Öffnungen vermeintlich schwierige Objekte zu versuchen. Lassen Sie sich vom oft positiven Ergebnis überraschen und wagen Sie die Herausforderung.
Literatur und Internethinweise: [1] Stephan, M.: Nebuleuses nou-
velles decouvertes et observees à l'Observatoire de Marseille; MNRAS; 37, 334; (1877) [2] Hickson, P.: Systematic properties of compact groups of galaxies; Astrophys. J.; 255, 382-391; (1982) [3] Reiner Vogel: www.reinervogel.net/ Hickson/hickson.html [4] Uwe Glahn: www.deepsky-visuell. de/Projekte/HCG_Start.htm

Die Galaxiengruppe Hickson 44
von Daniel Spitzer

Galaxien - insbesondere Galaxiengruppen und -haufen - sind ganz besondere Gebilde des Universums. Sie stellen die größten Strukturen dar, die gravitativ zusammenhängen. Betrachtet man unser Universum großräumig, erscheint es wie ein Schwamm: Viele Filamente, zwischen denen riesige Leerräume sind. Die Filamente bestehen aus Galaxien (und einen Anteil Dunkler Materie, der uns hier aber nicht interessieren soll), die Leerräume nennt man ,,voids". Von unserem Standpunkt auf der Erde sieht man von der Schwammstruktur nicht sehr viel - viel deutlicher wird dies, wenn man die Entwicklung des Universums unter gewissen Randbedingungen, wie das Verhältnis der Anteile leuchtende Materie: (kalter) Dunkler Materie zu Dunkler Energie, simuliert. Als Amateurastronom sieht man
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lediglich die großen Kondensationen der Materie, also Galaxiengruppen und -haufen. Mit einem Beispiel der Ersteren soll sich dieser Artikel befassen.
Unter den Katalogen der Galaxiengruppen ist in den letzten Jahren besonders ,,Hickson`s Compact Groups of Galaxies Catalogue" (kurz: HCG) populär geworden. Er umfasst insgesamt 100 Einträge von, wie der Name schon sagt, kompakten Gruppen von Galaxien. Paul Hickson stellte ihn in den 1980er Jahren zusammen. Er ist also einer der jüngeren Kataloge. Bei vielen Amateurastronomen ist der Name ,,Hickson" Programm - im wahrsten Sinne des Wortes. Da sich Galaxien bei Amateurastronomen einer großen Beliebtheit erfreuen (siehe etwa [1]), wagen sich viele an diesen Katalog

heran, obwohl die visuelle Beobachtung der Gruppen häufig nicht leicht ist. Als Beispiel sei HCG 46 genannt: Keines der vier Mitglieder dieser Gruppe ist heller als 16 mag.
Im Vergleich zu dieser schwer zugänglichen Gruppe ist HCG 44 eine vergleichsweise einfache Gruppe. Schon das Auffinden gestaltet sich recht einfach: Im Hals des Löwen, etwa auf halber Strecke zwischen den Sternen und Leo befinden sich zwei Sterne von etwa 7,5 Magnituden, deren Verbindungslinie senkrecht zur ,,Halslinie" von und Leo steht. Zwischen ihnen befindet sich die Gruppierung HCG 44. In einem Durchmesser von etwa 20 Bogenminuten sind hier vier Galaxien versammelt, wobei NGC 3187 mit knapp 14. Größe die schwächste ist.

Galaxien

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Die hellste - NGC 3189 - ist mit 11,9 Magnituden schon in kleinen Instrumenten einfach zu beobachten. Sie besitzt eine Doppelbezeichung und trägt auch die Katalognummer NGC 3190.
Getrieben von dem Wunsch, auch einmal eine Hickson-Galaxiengruppe zu beobachten, versuchte ich mich im Frühling 2011 an HCG 44. Ende April kam es zu einer Schönwetterperiode zur Neumondphase, die sich für Deep-Sky-Beobachtungen anbot. Mit meinem Equipment stand ich dann nun mit vier weiteren Amateurastronomen auf einem Feldweg im südlichen Münsterland. HCG 44 stand eigentlich nicht auf meiner Beobachtungsliste dieses Abends, doch dann sah ich das Sternbild Löwe und wusste, da war doch was! Im Himmelsatlas hab ich mir dann noch mal die genaue Position angesehen und konnte sie sofort ausfindig machen. Schon auf den ersten Blick sind NGC 3193 (Helligkeit: 10,9 mag, Flächenhelligkeit: 13,1 mag/arcsec2) und NGC 3190 (11,1 mag, 13,1 mag/arcsec2) sichtbar. Die dritte, weiter südlich gelegene NGC 3185 (12,2 mag, 13,4 mag/ arcsec2) musste ich mir dagegen schon erarbeiten, konnte sie dann aber mittels indirektem Sehen sicher identifizieren. Die vierte, NGC 3187 (13,4 mag, 14,7 mag/arcsec2) entdeckte ich mittels indirektem Sehen und ,,field sweeping", bin aber immer noch nicht sicher, ob ich sie tatsächlich erfasst habe. Interessant an HCG 44 ist, dass sich die vier Galaxien insbesondere auf Fotografien völlig unterschiedlich zeigen. So ist NGC 3193 eine elliptische Galaxie, NGC 3190 eine EdgeOn-Galaxie, NGC 3185 eine Face-OnSpirale und NGC 3187 eine stark gestörte Spirale. Dies ist daher interessant, weil für solche Störungen immer zwei Galaxien nötig sind, hier aber nur eine Galaxie eine resultierende Veränderung zeigt. Die anderen drei Galaxien erscheinen (auf Fotografien) völlig ursprünglich. Durch die Wechselwirkung erinnert NGC 3187 in ihrer Form an die ,,Integralzeichen-Galaxie" UGC 3697 im Sternbild Camelopardalis, ist jedoch nicht so schlank wie diese.
HCG 44 ist damit eine relativ einfache Galaxiengruppe aus Hicksons Katalog und eine sehr interessante noch dazu. Wer Interesse bekommen hat, sich mal an einer Hickson-Gruppe zu versuchen, dem sei der Artikel ,,Hicksons kompakte Ga-

1 Hickson 44 nach einer Beobachtung an einem 12-Zoll-Newton bei 208-facher
Vergrößerung.

laxiengruppen" von Reiner Vogel empfohlen. Er kann als PDF-Datei von seiner Homepage [2] heruntergeladen werden.

Internethinweise: [1] Homepage von Uwe Glahn: www.
deepsky-visuell.de, insbesondere das Beobachtungsprojekt ,,Glx-Gruppen - Hickson" [2] Homepage von Reiner Vogel: www. reinervogel.net
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Galaxien

Rezension:

,,Galaxies and how to observe
Bibliographische Daten: Wolfgang Steinicke, Richard Jakiel: Galaxies and how to observe them, Springer Verlag 2007, 246 Seiten, ISBN 1-85233-752-4; Preis: 26,70 Euro

them"

von Daniel Spitzer

Unter den Deep-Sky-Objekten erfreuen sich Galaxien und Galaxienhaufen einer besonderen Beachtung. Bilden sie doch die größten und entferntesten Strukturen, die von Amateurastronomen beobachtet werden können, wenn ihr Auffinden auch nicht immer einfach ist. Für den Fachastronomen sind Galaxien nach wie vor ein zentrales Forschungsobjekt. Das 246 Seiten starke Buch von Wolfgang Steinicke und Richard Jakiel deckt beide Bereiche ab, wobei die wissenschaftliche Komponente nicht so sehr in die Tiefe geht, aber dennoch alle für den Amateur wichtigen Informationen enthält.
Das englischsprachige Buch gliedert sich in drei übergeordnete Kapitel: ,,Galaxies, Clusters of Galaxies and their Data", ,,Technical Aspects on Observing Galaxies" und ,,What to Observe? - The Objects".
Das erste Kapitel enthält diverse astrophysikalische Informationen über Galaxien und Galaxienhaufen. Der Terminus ,,astrophysikalisch" darf aber nicht überbewertet werden. Es handelt sich nur um solche Informationen wie sie den typischen Amateur interessieren. Der Leser braucht also nicht zu fürchten, mit unsinnigem Wissen beladen zu werden. So werden etwa die unterschiedlichen Klassifikationsschemata nach de Vaucouleur und Hubble eingehend erklärt und zum Teil mit Bildern untermalt. Schon hier werden auch Begriffe wie Inklination oder Elongation vermittelt - ein Thema, das für den Amateurastronomen nicht ganz unwichtig ist hinsichtlich der Ästhetik einer Fotografie oder Zeichnung eines ausgewählten Objekts. Wer die ,,klassischen" Kataloge wie Messier und NGC schon abgearbeitet hat und sich nach exotischeren Objekten sehnt, findet noch einige Kataloge, die dem Amateur sicher seltener begegnen. Als Beispiel sei der Wasilewski-Katalog (WAS) mit 96 Einträgen genannt.
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Während sich dieses Kapitel noch an eigentlich jeden richtet, der sich für das Thema ,,Galaxien" interessiert, geht das zweite verstärkt auf den visuellen Beobachter ein. Die Vorgehensweise des Autors ist dabei bewährt sinnvoll - bevor man etwas macht, muss man verstehen was man tut und seine Werkzeuge kennen. Dementsprechend beginnt das zweite große Kapitel mit der Theorie der visuellen Beobachtung, also der Funktionsweise des menschlichen Auges. Aber auch der Einfluss des Teleskops und der gewählten Vergrößerung werden eingehend behandelt. Insbesondere im Abschnitt der Beobachtungstechniken wird der Leser zum Experimentieren durch die Anwendung der vermittelten Techniken bei der Beobachtung gereizt. Man möchte tatsächlich schnellstmöglich die Tipps und Hinweise zur erfolgreichen Beobachtung ausprobieren, denn die Wahrnehmung von Spiralarmen ist oft schwieriger als man denkt.
Das dritte und letzte Kapitel gibt zahlreiche Objekte an, die den Amateurbeobachter besonders interessieren. Der Leser wird dabei didaktisch clever von einfachen Messier-Galaxien zu immer schwierigeren Objekten wie ,,UGCs" geleitet. Zu ausgewählten Objekten wird auch kurz auf den visuellen Eindruck am Teleskop eingegangen. Hier wird zum großen Teil auf die Ergebnisse anderer Beobachter zurückgegriffen. Dabei entsteht eine Übersicht, was man etwa erwarten darf, sollte man eines dieser Objekte für die eigene Beobachtung auswählen. Auch Ideen zu persönlichen Beobachtungsprogrammen fehlen nicht: Edge-On-Galaxien, Ringgalaxien oder kleine Gruppierungen. Hier werden sogar Galaxien des ESO-Katalogs angepriesen, die sicherlich eine besondere Trophäe in der Sammlung eines jeden Beobachters wären. Eine Objektliste ist auf der Homepage des Autors verfügbar [1].

Das Buch von Wolfgang Steinicke ist wirklich ein Lehrbuch für den Amateur. Der Leser muss sich also schon auf den Inhalt einlassen. Wer dazu bereit ist, kann bei den eigenen Beobachtungen sehr vom erworbenen Wissen profitieren. Es ist im Springer-Verlag erschienen und kostet 26,70 .
Wer deutschsprachige Bücher vorzieht, dem sei verraten, dass eine deutsche Version derzeit in Arbeit ist. Es wird im Gegensatz zur vorliegenden Variante auch Zeichnungen ausgewählter Galaxien und ein Stichwortverzeichnis enthalten.
Internethinweise: [1] Homepage von Wolfgang Steinicke:
www.klima-luft.de/steinicke

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Amateurteleskope/Selbstbau

Ist das FirstScope 76 noch zu retten?
- Wege, um eine ,,Kugelspiegel-Krücke" in ein brauchbares Instrument zu verwandeln
von Ulrich Eckert (praktische Ausführung) und Klaus-Jochen Stepputat (Theorie, Text)

- Teil 2 -
Im ersten Teil dieses Artikels [1] wurden die ungenügenden Abbildungseigenschaften von fünf geprüften FirstScopes beschrieben sowie ein erster Weg, um diese behelfsmäßig durch Abblenden zu verbessern. Hier wird gezeigt, wie durch eine Parabolisierung des Kugelspiegels das FirstScope echt geheilt werden kann. Dahinter folgt die im ersten Teil angekündigte exakte Analyse des Kugelgestaltfehlers.

Der erste Teil schloss mit folgendem Satz: ,,Doch so, wie uns die fünf FirstScopes verkauft wurden, sind sie mangelhaft und besonders bei höheren Vergrößerungen unbrauchbar!" Und was sind die Folgen? Nichts wirkt schädlicher für die allseits gewünschte und viel gepredigte weitere Verbreitung der Amateur-Astronomie als mangelhafte Teleskope! Sie gehören zu effektivsten Mitteln, hoffnungsvollen Jüngern der Astronomie ihr neues Hobby gründlich wieder abzugewöhnen!

Wie man aus Katalogpreisen ablesen kann, kommt so ein ,,schneller" Parabolspiegel dieser Größe in industrieller Fertigung für den Privatkunden drei bis viermal teurer als ein entsprechender Kugelspiegel mit gleichem Öffnungsverhältnis. Die Spiegelwahl ist also kein unglücklicher Zufall, sondern wahrscheinlich Ergebnis bedachter kaufmännischer Kalkulation. Falls dies auf ausdrückliche Weisung oder Duldung der Geschäftsleitung des Anbieters geschieht (Motto,

1 Der Polierer

2 Beim Parabolisieren

3 Messerschneidenprobe
VdS-Journal Nr. 40

4 Foucaultbild des Paraboloids

Amateurteleskope/Selbstbau

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für 59 Euro gibt es doch keinen Parabolspiegel, und ein Anfänger merkt das gar nicht...), empfinde ich das als Unverfrorenheit! Ich frage mich, wie konnte es überhaupt zu dem im ersten Teil zitierten positiven Urteil der IYA-Organisation kommen? Hatte man denen wirklich Teleskope mit Kugelspiegeln vorgeführt? (Ich glaube nicht, denn erst kürzlich hörte ich von Besuchern des ATT 2009, dass die dort vorgeführten FirstScopes eine brauchbare Abbildung zeigten!).
Die Parabolisierung Die Parabolisierung des Kugelspiegels war mit einigem Aufwand verbunden, denn es galt, den im harten Kunststoff eingeklebten Spiegel mühselig mit einer Säge aus seiner Fassung zu befreien. Denn spätestens beim Parabolisieren stört der höhere Rand der Fassung und ein Neubelegen wäre im Hochvakuum mit Fassung unmöglich. Mit einer scharfen Handsäge sägten wir die Spiegelfassung auf der Rückseite bis zum Glas wie eine Torte vorsichtig in acht Stücke ein. Sodann wurden die Einschnitte an den Rändern fortgesetzt, bis sich die Tortenstücke mit einem kräftigen Messer einzeln entfernen ließen. Der durch Klebstoffteile verunzierte Spiegel musste mit Lösungsmitteln von diesen Resten befreit werden. Danach kam der Spiegel in einen Kunststoffeimer mit Wasser, das den Spiegel nur wenige Zentimeter bedeckte. Die Entfernung der Verspiegelung und der Schutzschicht gelang am einfachsten mit einer ordentlichen Portion des Haushaltsmittels ,,Rohrfrei". Nach wenigen Minuten Einwirkzeit krochen schwarze Streifen vom Rand des Spiegels zur Mitte und kurze Zeit später war das Glas frei von jedem Belag.
Nachdem das Glas von der ätzenden Lauge gereinigt war, konnte das Parabolisieren beginnen. Wir formten dazu auf einer passend kleinen Halterung aus warmem Pech einen Polierer von etwa 40 mm Durchmesser (Abb. 1). Dieser wurde durch Aufpressen auf den Spiegel exakt auf die Passform gebracht. Poliermittel war normales Ceroxyd (für etwa 25 Minuten Netto-Polierzeit) oder scharfes Ceroxyd (für 5 Minuten!). Parabolisiert wurde mit mittlerem Druck bei unten liegendem Spiegel in langen Strichen über den gesamten Spiegel. Dabei rotierte sowohl der Polierer wie der unten liegen-

5 Strahlengang bei einem Kugelspiegel

6 Strahlengang in Fokusnähe (stark vergrößert)

de Spiegel langsam in geeigneter Weise (Abb. 2). Nach jeweils einem Viertel der Netto-Zeit unterbrachen wir die Arbeit, wuschen den Spiegel und ließen ihn vor der Messerschneidenprobe etwa eine Stunde auskühlen. Geprüft wurde der Brennweitenunterschied von Mittel- und Randstrahlen (Abb. 3). Danach setzten wir die Arbeit fort.
Beim Erreichen eines Unterschieds von s = 2,4 mm war das Parabolziel erreicht. Es zeigte sich die typische Parabolschattenfigur (Abb. 4). Die Spiegelmitte hatten wir dazu um knapp 3 µm vertieft! (s wird

dabei nach der einfachen Hans-RohrFormel s = (D/2)2/R berechnet, mit D/2 = Spiegelradius). Nun war die Form zwar wie gewünscht, dafür fehlte die Verspiegelung. Weil wir nicht, wie früher oft praktiziert, eine wenig dauerhafte chemische Oberflächenversilberung anbringen wollten, mussten wir professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Allerdings war das Aufdampfen einer Aluminiumschicht im Hochvakuum mit Kosten in Höhe von 48 Euro verbunden.
Die ursprüngliche Spiegelzelle war ja zerstört. Die Ersatzspiegelzelle fertigten wir
VdS-Journal Nr. 40

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Amateurteleskope/Selbstbau

7 Vier Kleinteleskope warten am
Heiligabend im Schnee von Kiel als Geschenke für Enkel und Freunde
gleich justierbar. Dabei konnte zugleich eine weitere Schwäche des FirstScopes ausgeglichen werden, indem wir den Abstand des Hauptspiegels vom Fangspiegel um 15 mm vergrößerten. Damit wurde jetzt auch der Hauptspiegel besser ausgeleuchtet. Natürlich war darauf zu achten, dass die Okulare noch den Fokus fanden. Als Ergebnis hatten wir jetzt ein Teleskop, das nicht nur unsere mechanischen sondern auch optischen Ansprüche zufrieden stellte.
Analyse des Kugelgestaltfehlers Bei Kugelspiegeln schneiden Lichtstrahlen mit großem Abstand zur Spiegelachse vor dem Brennpunkt F die optische Achse (vom Spiegel aus gesehen). Der Abstand vom Brennpunkt bis zum Schnittpunkt ist die sogenannte sphärische Längenabweichung. Dieses Delta gilt es zu bestimmen, um den Abbildungsfehler berechnen zu können. Statt Optikbücher und Formelsammlungen zu wälzen, hatte ich einfach maßstäblich die obere Hälfte des Strahlengangs für einen Kugelspiegel (D = 280 mm) mit sehr kurzer Brennweite (f = 130 mm, bzw. Krümmungsradius R = 260 mm) gezeichnet (Abb. 5). Die so genannte Pfeilhöhe des Kugelspiegels oder die Tiefe seiner Aushöhlung heiße t. Der Verlauf eines in D/2 = 140 mm Achsenabstand parallel zur Achse auf den Spiegel treffenden Lichtstrahls (QA) ist mit seinem gespiegelten Weg (A-
VdS-Journal Nr. 40

C) eingezeichnet: (gemäß ,,Einfallswinkel = Ausfallswinkel"). Mit dem Pythagoras findet man ,,leicht":

t = R · ( 1 - (1 - Ö2 / 16) )

(1)

Die ausführliche Ableitung ist aus Kasten 1 (unten) zu entnehmen. Dabei ist Ö = D/f = 2D/R das Öffnungsverhältnis des Kugelspiegels. Nach dem Bild des Strahlenverlaufs gilt:

Delta = z - R / 2

(2)

Das ist die gesuchte sphärische Längenabweichung des Kugelspiegels; dabei ist z die Strecke von M bis C (vom Krümmungsmittelpunkt M bis zum StrahlenAuftreffpunkt C). Wegen der Ähnlichkeit der rechtwinkligen Dreiecke ,,M-A-B" und ,,M-C-P" gilt:

R / (R - t) = z / (R / 2) oder

z = R2 / 2 · (R - t)

(3)

Setzt man (3) in (2) ein und verbindet dies mit (1) so ergibt sich:
Delta = f · ( -1 + 1 / (1 - Ö2 / 16) ) (4)

Obige Beispielwerte eingesetzt ergeben t = 40,9 mm und Delta = 24,2 mm; ich

habe nahezu die identischen Längen aus der Zeichnung mit Millimeterstab abgelesen! Diesen Formeln darf ich also einiges Vertrauen schenken, sie sind für jedermann auch wesentlich einfacher einzusehen als die in den Optik-Lehrbüchern! Aus der sphärischen Längenabweichung Delta und dem Öffnungsverhältnis kann man über den Strahlensatz leicht den Durchmesser d` des Streulichtscheibchens im Fokus berechnen:
d` = Delta · Ö
Wie wir durch einen Blick auf die Abbildung der Strahlen in Fokusnähe (Abb. 6) sehen können, findet man zwischen dem mathematischen Fokus und dem Schnittpunkt der Randstrahlen einen Ort der engsten Strahleneinschnürung im Abstand 3/4 Delta. Dort ist (wieder wegen des Strahlensatzes) der Durchmesser d`` des Streulichtscheibchens nur ein Viertel von d`, also
d`` = d` / 4 = Delta · Ö/4
d`` ist nun mit dem ,,pessimistischen" Durchmesser 2d des Beugungsscheibchens zu vergleichen (siehe hierzu die kurze Begründung in Teil 1, es war d = 1,2 µm / Ö).

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In der Tabelle (unten) sind nun obige Werte für den Kugelspiegel des FirstScope mit f = 280 mm angegeben, berechnet und eingetragen, und zwar a) bei voller Öffnung (D = 76 mm) b) bei Abblendung auf D = 60 mm, und
weiteren Abblendungen c) auf D = 50 mm d) auf D = 40 mm e) auf D = 27 mm
(dieser Wert ist der Durchmesser des Fangspiegels, also die zentrale Abschattung).
Wir sehen, dass die Tiefe der Spiegelaushöhlung t im optisch wirksamen Bereich von ca. 1,3 mm bis 0,16 mm abnimmt. Die Größe d` der sphärischen Zerstreuungsscheibchen im strengen Fokus nehmen mit Verkleinerung der freien Öffnung von 176 µm bis auf 8 µm ab. Im optimalen Punkt der Strahleneinschnürung sind diese (d``) nur ein Viertel so groß, also zwischen 44 µm und 2 µm. Vergleichen wir nun diese Werte mit dem ,,pessimistischen" Durchmesser 2d des Beugungsscheibchens, so finden wir den Kugelfehler bei voller Öffnung fünf Mal so groß, bei 60 mm Abblendung doppelt

so groß und erst bei 50 mm von gleicher Größe. Unsere Beobachtungen in Teil 1 finden hier also ihre rechnerische Bestätigung!
Die Abbildung 7 zeigt drei FirstScopes und einen ungewöhnlichen blauen Konkurrenten zu Heiligabend 2010 im Schnee von Kiel, die als Geschenke auf die Bescherung warten. Insgesamt wurden später zwei durch Parabolisierung

,,geheilt", zweien wurde durch Abblenden ,,geholfen". Der als Sonderangebot billigste ,,blaue Pinguin" zeigte übrigens vor der Korrektur das beste Bild. Er besaß schon einen ,,parabelnahen" Spiegel! Literaturhinweise [1] U. Eckert und K.-J. Stepputat,
2011: ,,Ist das FirstScope 76 noch zu retten?" (Teil 1), VdS-Journal für Astronomie 39, 56
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Atmosphärische Erscheinungen

Wolkenloch mit Farbtupfer
von Jürgen Krieg

Als ich am Nachmittag des 23. Februar 2011 die Autobahn nördlich von Schweinfurt befuhr, habe ich es erst gar nicht bewusst wahrgenommen, das Loch in den Wolken. Als Beifahrer hatte ich die Muße, die Landschaft und den Himmel in aller Ruhe beobachten zu können. An diesem Tag zog von Westen her eine Front mit AltocumulusWolken langsam über uns hinweg. An sich nichts Besonderes. Irgendwann bemerkte ich dann jedoch, dass die Wolkendecke an einigen, wenigen Stellen kompakter und dunkler erschien. Etwas abgelenkt durch ein Gespräch mit dem Fahrer registrierte ich später, dass an einer oder zwei dieser Stellen Niederschlag zu fallen schien. Dieser erreichte den Erdboden aber nicht.

Wieder ins Gespräch vertieft bemerkte ich nach einiger Zeit, dass die Sonne schien. Das wunderte mich, denn der Altocumulus war zuvor recht kompakt gewesen. Ein Blick zum Himmel löste das Geheimnis. Die Sonne strahlte durch ein Wolkenloch

1 Wolkenloch (Punch Hole Cloud) mit Nebensonne. Aufgenommen mit einer
Nikon D90 aus einem fahrenden Auto heraus. Das Zickzack-Muster stammt von der Windschutzscheibe. (Aufn. J. Krieg)

hindurch. Ringsherum nur Wolken. Innerhalb des Loches war so etwas wie Nebel zu sehen. Einige Minuten später war die Sonne aus dem Wolkenloch hinausgewandert, und dann passierte es. Plötzlich leuchtete im Wolkenloch eine helle, farbige Nebensonne auf. Damit war klar, dass im Wolkenloch kein Nebel, sondern Cirrusbewölkung stand.

Jetzt war Eile angesagt. Wo war die Sonnenbrille, wo der Fotoapparat? Bis beides gefunden und einsatzbereit war, hatte die Nebensonne leider schon einiges ihrer Helligkeit eingebüßt. Auch war sie an den Rand des Wolkenlochs gewandert. Die Abbildung 1 zeigt die Nebensonne am unteren Rand des Wolkenlochs. Rechts steht die Sonne, umgeben von einer schwachen Aureole. Das Zickzack-Muster stammt von der Windschutzscheibe des Autos. Anhalten konnten wir nicht, denn es gab weit und breit keinen Parkplatz.

2 Lineare Punch Hole Cloud mit Halobildung. Aufgenommen am 22.10.1997
über Chemnitz. (Aufn. W. Hinz)
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Die anderen dunklen Gebiete im Altocumulus blieben dunkel und es tat sich nichts. Nur an einer Stelle am Himmel, die allerdings weit entfernt war, konnte ich noch ein Loch beobachten. Da es aber recht nahe

Atmosphärische Erscheinungen

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an der Frontlinie lag, bin ich nicht sicher, ob es nicht nur der Beginn einer Zerfaserung der recht homogenen Frontlinie war. Zuhause angekommen, wollte ich natürlich wissen, was ich da gesehen hatte. Eine kleine Recherche im weltweiten Netz ergab folgendes Ergebnis:
Bei diesem Wolkenloch handelt es sich um eine so genannte ,,Punch Hole Cloud" (auch Hole Punch Cloud, Fallstreak Hole), wobei man ,,Punch Hole" etwas freier mit ,,ausgestanztem Loch" übersetzen kann. Sie sind in den letzten Jahrzehnten vermehrt beobachtet worden. Es scheint aber so gut wie keine Meldungen über Sichtungen vor den 1940er Jahren zugeben. Wenn dem so ist, spricht einiges dafür, dass menschliche Einflüsse die Ursache für das Entstehen solcher Wolkenlöcher sein könnten.
Schnell vermutete man Flugzeuge als Verursacher. Doch war dies schwer nachzuweisen. Im Jahr 2007 ist dies Wissenschaftlern dann aber gelungen. Sie beobachten startende und landende Flugzeuge am Flughafen in Denver/Colorado (USA). Kurze Zeit, nachdem zwei Flugzeuge die Wolkendecke durchstoßen hatten, begann sich an diesen Stellen Wolkenlöcher zu bilden. Doch wie kann das passieren? Ein Flugzeug ist viel zu klein, um ein mehrere Kilometer großes Loch in eine Wolkendecke zu reißen. Das stimmt zwar, und doch zeigen neueste Untersuchungen, dass Flugzeuge der Auslöser zur Entstehung dieser Wolkenlöcher sind, wenn auch auf einem kleinen Umweg.
Meteorologische Messungen vom Erdboden aus, die räumlich und zeitlich nahe bei Sichtungen von Wolkenlöchern durchgeführt wurden, haben ergeben, dass sich der Altocumulus in Höhen von etwa 5 bis 8 Kilometer befunden hat. Dort wurden Temperaturen von -20 Grad C und weniger gemessen. Bei diesen Temperaturen ist Wasser normalerweise gefroren. Doch unter bestimmten Bedingungen kann auch bei solch niedrigen Temperaturen noch Wasser existieren. Die Wassertropfen befinden sich dann in einem unterkühlten Zustand. Die beobachtete Aureole bestätigt das Vorhandensein von Wasser.
Fliegt nun ein Flugzeug durch so eine Wolkenschicht, dann können sich zum einen an den Flügelspitzen kleine Eiskristalle bilden. Zum anderen stoßen die Triebwerke Wasserdampf und andere Verbrennungs-

3 Dieselbe lineare Punch Hole Cloud wie in Abb. 2 mit Halobildung.
(Aufn. W. Hinz)

rückstände aus. Diese Teilchen werden jetzt zu Saatkernen für neue und größere Eiskristalle. Die unterkühlten Wassertropfen lagern sich an und gefrieren sofort. Der Wolke wird somit Wasser entzogen und sie löst sich auf. Innerhalb der Wolke findet dabei eine Art Kettenreaktion statt. Es bilden sich immer neue Eiskristalle, die ihrerseits als Saatkerne für die unterkühlten Wassertropfen dienen. Die Kettenreaktion wird noch dadurch gefördert, dass das Flugzeug beim Durchfliegen der Wolke in diesen Turbulenzen verursacht. Das Wachstum des Loches stoppt, wenn zum einen die Turbulenzen zusammenbrechen und zum anderen nicht mehr genug Wassertropfen vorhanden sind.

ley [1] in der Zeitschrift Weather verwiesen. So wie es aussieht, können wir in den nächsten Jahren vermehrt mit Sichtungen von Wolkenlöchern rechnen, zumal die Prognosen zur Zunahme des Luftverkehrs deutlich nach oben zeigen.
Dass Punch Hole Clouds nicht immer nur als Löcher, sondern auch linear auftreten können, beweisen die Abbildungen 2 und 3 von Wolfgang Hinz vom 22.10.1997. Auch hier wurde durch ein Flugzeug die dünne Ac-Schicht regelrecht in zwei Hälften geteilt, in dessen Mitte die ausgestoßenen Kondensationskeime sofort zur Bildung von Cirrus führten, in welchem helle Halos entstanden sind.

Da die Eiskristalle schwerer sind als die Wassertropfen, sinken sie in Richtung Erdoberfläche und bilden sogenannte Fallstreifen oder Virga. Treffen sie auf wärmere Luftschichten, verdunsten sie, und am Erdboden kommt kein Niederschlag an. Dass die Wolken innerhalb des Loches und die Fallstreifen aus Eiskristallen bestehen, wird durch die beobachtete Nebensonne bewiesen.

Literaturhinweise: [1] D.E. Pedgley, 2008: Weather 63, No.
12, 356

Die wissenschaftliche Erklärung zur Entstehung von Wolkenlöchern konnte an dieser Stelle nur grob umrissen werden. Wer weitere Details dazu wissen möchte, der sei auf den Artikel von David E. Pedg-

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Computerastronomie

Interpolation von Messwerten mit Kubischen Splines
von Helmut Jahns

Beim astronomischen bzw. naturwissenschaftlichen Programmieren trifft man gelegentlich die Aufgabenstellung, innerhalb einer gegebenen Menge von Messwerten, bestehend aus Wertepaaren (x, y), Zwischenwerte zu berechnen (Interpolation). Im einfachsten Fall ist die Interpolation linear, d. h. man denkt sich eine gerade Linie zwischen den beiden nächsten Messwerten zu demjenigen Punkt x, für den ein Zwischenwert berechnet werden soll und berechnet den zugehörigen y-Wert über den linearen Zusammenhang (s. rote Linien in der Abb.).
Ist die Messkurve stärker gebogen, so stößt man mit der linearen Interpolation an Grenzen. Man braucht einen Algorithmus, der diese Krümmung besser berücksichtigt. Hier bieten die kubischen Splines einen interessanten Lösungsansatz.
Grundgedanke ist das Hineinlegen eines Polynoms höherer Ordnung in einen Abschnitt zwischen zwei Messwerten. Durch die höhere Ordnung bekommt man zusätzliche Freiheitsgrade, um die Ausgleichskurve besser an die Messwerte anschmiegen lassen zu können. In der

Regel hat man nicht nur zwei, sondern viele Messwerte. Ein Polynom dritter Ordnung

P(x) = a · x3 + b · x2 + c · x + d

(1)

leistet schon gute Dienste. Um über den gesamten Messwertebereich interpolieren zu können, müssen für alle Abschnitte solche Polynome definiert werden. Je nach dem, in welchen Abschnitt der Zwischenwert zu bilden ist, wird das entsprechende Polynom ausgewählt, d. h. für eine vollständige Beschreibung werden mehrere Polynomabschnitte aneinandergesetzt. An den Übergängen (sprich: genau auf den Messpunkten) wird gefordert, dass die Splines die gleichen Funktionswerte besitzen, also stetig ineinander übergehen und zudem die gleiche Steigung haben, also in der ersten Ableitung P`(x) übereinstimmen.

Des Weiteren wird gefordert, dass sie das gleiche Krümmungsverhalten aufweisen, also in der zweiten Ableitung P"(x) übereinstimmen. Anhand dieser Randbedingungen kann man für alle Abschnitte Gleichungssysteme aufstellen, die für die Parameter a, b, c und d auflösbar sind und so die Gleichung (1) erfüllen.

1 Messwerte mit Geradenab-
schnitten und mit einer Spline-Kurve verbunden
Splines definieren gewissermaßen diejenige Ausgleichskurve mit minimaler Krümmung. Selbstverständlich wendet man kubische Splines genau dann an, wenn zu erwarten ist, dass die theoretische Kurve auch tatsächlich durch die Stützstellen verläuft oder durch sie gut angenähert wird. Stärker verrauschte Daten sollten hingegen besser mit einem Fit-Algorithmus bearbeitet werden.
Literaturhinweise: [1] W.H. Press et al., 1992: Numerical
Recipes in C [2] Kubische Splines: http://www.
arndt-bruenner.de/mathe/scripts/ kubspline.htm. (Link geprüft am 9.10.2011)

Messung der Dopplerverschiebung mit der Kreuzkorrelation
von Helmut Jahns und Roland Bücke

Ein Gemeinschaftsprojekt zwischen den Fachgruppen ,,Spektroskopie" und ,,Computerastronomie" hat sich zum Ziel gesetzt, eine Software zu entwickeln, mit der aus einer Zeitserie von Doppelsternspektren dessen Bahnelemente bestimmt werden können (SpecRaVE [1, 2, 5]). Bei den weitaus meisten Doppelsternsystemen ist der Helligkeitsunterschied der beiden Komponenten so groß, dass nur
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das Spektrum der helleren Komponente nachweisbar ist. Daher bekommt man einen Satz von Spektren mit gleichbleibendem Profil, die lediglich infolge des Dopplereffekts durch die Umlaufbewegung der sichtbaren Komponente periodisch gegeneinander verschoben werden. Diese zeitliche Variation der Dopplerverschiebung (Abb. 1) während des Umlaufs der Komponenten des Doppelsterns um

ihren gemeinsamen Schwerpunkt ist die Grundlage für die Bahnelementbestimmung.
Es gibt verschiedene Wege, diese Spektren auszuwerten. Man kann z. B. klassisch nach Spektrallinien scannen und von den identifizierbaren Linien mit genau bekannter Ruhewellenlänge die Radialgeschwindigkeiten bestimmen. Aus

Computerastronomie

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1 Beispielkurve einer (perio-
dischen) zeitlichen Entwicklung der Radialgeschwindigkeit v der Hauptkomponente eines Doppelsterns

2 Beispielspektrum eines Doppelsterns, gemessen zwischen etwa 5700 Å
(570 nm) und 6400 Å (640 nm), dargestellt ist die normierte Intensität über der Wellenlänge in Ångstrøm.

den auf diese Weise ausgewerteten Spektren einer Zeitserie ergibt sich eine Kurve zeitlich variierender Radialgeschwindigkeiten, mit deren Hilfe die Bahnelemente von Doppelsternen rückgerechnet werden können.
Alternativ gibt es aber auch die Möglichkeit, die Kreuzkorrelation für diesen Zweck anzuwenden. Einer ihrer Vorteile ist, dass keine einzelnen Spektrallinien identifiziert und vermessen werden müssen, was in der Regel mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden ist. Bei der Kreuzkorrelation wird die Auswertung nicht nur anhand der Messwerte im unmittelbaren Bereich der Spektrallinien vorgenommen, sondern über einen erheblich größeren Bereich, der sich über fast das gesamte Spektrum erstrecken kann.
Die Kreuzkorrelation basiert auf dem Vergleich zweier Spektren mit hinreichend großer Ähnlichkeit. Für unsere Zwecke sind dies die gemessenen Spektren des Doppelsterns, die mit einem Referenzspektrum mit ähnlichem Profil korreliert werden. Als Referenzspektrum kommen in Frage: - Ein Einzelstern gleichen Spektraltyps.
Das Profil weist eine hohe Ähnlichkeit des Linienprofils auf, welches sich nicht über die Zeit verschiebt. - Ein synthetisches Spektrum, welches möglichst viele übereinstimmende Merkmale mit den gemessenen hat. - Ein Spektrum des untersuchten Objekts selbst.
Das Grundprinzip der Kreuzkorrelation ist einfach: Ein gemessenes Spektrum (Abb. 2) wird gegenüber einem Referenzspektrum über ein vorgegebenes Intervall

schrittweise von Stützstelle zu Stützstelle verschoben. Für jeden einzelnen Zwischenschritt wird der Grad der Übereinstimmung beider Spektren gemessen. Doch was misst den Grad der Übereinstimmung? Jeder Pixelwert des Spektrums wird bei jedem Verschiebungsschritt mit dem Wert seines Gegenübers aus dem Referenzspektrum multipliziert, wobei anschließend die Produkte aufsummiert werden:
Wenn man sich den Vorfaktor wegdenkt, könnte der Teil der Gleichung einigen Lesern aus Schule oder Studium bekannt vorkommen: Das Skalarprodukt zweier Vektoren berechnet sich völlig analog (s. Kasten S. 75), und genaugenommen ist die Kreuzkorrelation auch nichts anderes als das herkömmliche Skalarprodukt! Man fasst hierbei die beiden Spektren mit n Werten, wobei n durchaus auch mehrere Tausend sein können, als Vektoren im n-dimensionalen Raum auf und berechnet bei der Kreuzkorrelation das Skalarprodukt beider Vektoren. Das

menschliche Vorstellungsvermögen mag bei tausenddimensionalen Vektoren an seine Grenzen gelangen, aber rein mathematisch stellt dies keine große Hürde dar.
Der Vorfaktor mit der Wurzel im Nenner ist ein Ausdruck, der die Werte der Kreuzkorrelation auf den Bereich zwischen -1 und +1 normiert. Die Kreuzkorrelation liefert als Ergebnis den Graphen einer Korrelationsfunktion wie in der Abbildung 3, mit einem eindeutigen Extremum bei derjenigen Verschiebung, die zur maximalen Deckungsgleichheit führt, sofern beide Spektren gleich oder hinreichend ähnlich sind.
Der Wert des Extremums liegt in der Nähe von - 1, wenn die beiden Spektren durch die
Verschiebung vollständig zur Deckung gebracht werden können oder bei - 0, wenn die beiden Spektren keine Ähnlichkeit besitzen, d. h., wenn sie unkorreliert sind.
Negative Werte für die Korrelationsfunktion kommen in unserer Anwendung nicht vor, da die Spektren stets positive Werte besitzen. In der Praxis kommen

3 Korrelationskurve aufgetragen über Pixelverschiebung. Sind sich die Aus-
gangsdaten hinreichend ähnlich, jedoch gegeneinander verschoben, so liefert die Kreuzkorrelation eine Kurve, die ein eindeutiges Maximum besitzt.
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Computerastronomie

nur Korrelationswerte vor, die nicht ganz an 1 heranreichen, da reale Messungen quasi immer ein gewisses Rauschen beinhalten.
Die Auffassung der Kreuzkorrelation als Skalarprodukt hilft der Anschauung ungemein weiter. Das Skalarprodukt ist ein Maß für das Gleichgerichtetsein zweier Vektoren: Je mehr zwei Vektoren in ihrer Richtung übereinstimmen, desto größer ist das Skalarprodukt.
Die praktische Durchführung der Kreuzkorrelation ist jedoch etwas aufwendiger. Welche einzelnen Schritte hierbei beachtet werden müssen, wird im folgenden Kapitel vorgestellt. Ausgangspunkt sind ein Spektrum und ein Template (Referenzspektrum), die den gleichen Wellenlängenbereich abdecken und bereits kalibriert und normiert sind.
Logarithmieren Voraussetzung für die Kreuzkorrelation ist die Äquidistanz der über die x-Achse aufgetragenen Werte für die Wellenlänge . Die Dopplerverschiebung ist jedoch wellenlängenabhängig; je größer die Wellenlänge, desto größer die Dopplerverschiebung. Diese Wellenlängenabhängigkeit verfälscht das Ergebnis der Kreuzkorrelation und muss zuerst beseitigt werden. Erreicht wird dies durch Logarithmieren von Spektrum und Template. Man ersetzt die Spektren S() durch S(ln ).
Am Ende der Korrelation muss die Logarithmierung des Ergebnisses selbstverständlich wieder rückgängig gemacht werden, um über die Dopplerformel zu Radialgeschwindigkeitswerten zu gelangen.
Resampling Die Kreuzkorrelation kann nur funktionieren, wenn die x-Werte, also die Wellenlängen aller Messwerte von Spektrum und Template exakt übereinstimmen und äquidistant verteilt sind, was bei einer Spektralaufnahme nicht der Fall ist. Um dies zu erreichen, werden sowohl das Spektrum als auch das Template neu skaliert.
An den neu festgelegten, äquidistanten Stützstellen auf der logarithmierten Wellenlängenachse werden die zugehörigen
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4 Die Wellenlängen zu den Messwerten des Spektrums (blaue Kästchen) und
des Templates (grüne Kästchen) stimmen infolge der Kalibrierung üblicherweise nicht überein. Für die Kreuzkorrelation müssen diese Wellenlängen deckungsgleich gemacht, d. h. einem Resampling unterzogen werden. Für die x-Werte (Wellenlängen, blaue Linien) des Spektrums müssen aus dem Template die zugehörigen Intensitäten ermittelt werden. Eine Verbesserung des Resamplings wird erreicht, indem geschwungene und geglättete Graphen (kubische Splines, rote Kurve) durch die Messwerte gelegt werden.

Intensitätswerte für das Spektrum und das Template interpolativ neu ermittelt (vgl. Abb. 4). Für die Interpolation kommen Kubische Splines zur Anwendung (s. [3, 4] oder den vorangegangenen Artikel

[6]).
Präparation des Templates Bei der Verschiebeoperation stößt man

5 Ausgangslage: Template und
Spektrum haben die gleiche Anzahl an Messpunkten. Zur Durchführung der Kreuzkorrelation werden am Template einige Messwerte abgeschnitten (im Bild oben). Dies ermöglicht es, das Template vom linken Rand zum rechten Rand des Spektrums zu verschieben, wobei keine Messwerte ohne Korrelationspartner bleiben.

6 Zusam-
menfassung des Workflows der Kreuzkorrelation.

Computerastronomie

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auf ein Problem: einige Messpunkte am Rand finden bisweilen keinen Vergleichspartner zum Korrelieren. Um dies zu umgehen, bieten sich zwei Möglichkeiten an: - Die Breite, über die korreliert wird,
wird von einem der beiden Spektren, z. B. vom Template, abgeschnitten. - Randpixel werden behandelt, in dem man sie auf Pixel auf der anderen Seite des Korrelationsspektrums abbildet. Die Spektren werden gewissermaßen zu Endloskurven, so als ob ihre beiden Ränder miteinander verklebt sind.
Die Messwerte am Rand tragen nicht nennenswert zur Kreuzkorrelation bei, so dass man ohne weiteres auf die erstere Variante zurückgreifen kann. So geschah dies auch bei SpecRaVE.
Ausgangslage ist, dass Spektrum und Template die gleiche Anzahl an Messwerten besitzen müssen. In der Praxis entfernt man eine bestimmte Anzahl an Messwerten vom Template, und zwar die gleiche Anzahl am kurzwelligen wie am langwelligen Rand. Dadurch wird erreicht, dass das Template weniger Messpunkte enthält und somit als ganzes vom einen zum anderen Rand des Spektrums verschoben werden kann, ohne dass bei der Verschiebung des Templates Überhänge entstehen, denen keine Stützstellen des Spektrum zugeordnet sind (s. Abb. 5).

Skalarprodukt
Angenommen, man habe zwei Vektoren
für die man herausfinden möchte, wie sie zueinander in Beziehung stehen - sind sie gleichgerichtet, sind sie entgegengesetzt gerichtet oder stehen sie in einem beliebigen Winkel zueinander? Hier hilft das Skalarprodukt weiter. Dieses ist definiert als
wobei a und b (ohne Vektorpfeile) die Längen der Vektoren (Beträge) sind und den Winkel zwischen den beiden Vektoren bezeichnet.
Über den Cosinus wissen wir, dass er stets Werte zwischen -1 (für = 180 Grad ) und 1 (für = 0 Grad ) annimmt, d. h. für Vektoren, die in die gleiche Richtung zeigen, ist = 0 Grad , damit cos = 1 und das Skalarprodukt nimmt seinen maximalen Wert an. Aus der Grafik sieht man, dass das Skalarprodukt nichts anderes ist als die Projektion des Vektors a auf den Vektor b (s. blaue Linie in der Abbildung). Je ,,ähnlicher" zwei Vektoren sind, desto größer ist der Wert der Projektion, d. h. das Skalarprodukt eignet sich als Maß für die Gleichgerichtetheit zweier Vektoren. Maximal wird das Skalarprodukt genau dann, wenn die Vektoren in die gleiche Richtung weisen.
Was in zwei oder drei Dimensionen gilt, lässt sich ohne weiteres auch auf n Dimensionen erweitern. Ein Spektrum mit n Messwerten lässt sich mathematisch durchaus als Vektor mit n Elementen im n-dimensionalen Raum auffassen.

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Computerastronomie

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Die Benutzeroberfläche von SpecRaVE mit dem Dialog zur Konfiguration der Kreuzkorrelation.

Bei der Bestimmung der Größe der abzuschneidenden Randbereiche muss auf zwei Dinge geachtet werden:
1. Je mehr Messwerte abgeschnitten werden, desto größer ist der Verschiebungsbereich. Es müssen mindestens so viele Messwerte abgeschnitten werden, dass das Maximum in der Kreuzkorrelation enthalten ist.
2. Wenn zu viele Messwerte abgeschnitten werden, wird die Anzahl der Verschiebeoperationen und damit die angeforderte Rechenleistung unverhältnismäßig groß. Wir rufen in Erinnerung, dass uns lediglich die Position des Maximums interessiert.
Ausflug in den Subpixelbereich Mit Hilfe der Kreuzkorrelation können Auswertungen mit einer Genauigkeit vorgenommen werden, die besser ist als die Auflösung der Spektren. Dies ist kein Widerspruch; über die Genauigkeit entscheidet hier primär die Güte der Kalibrierung der Spektren über den Messbereich.
Für den Subpixelbereich werden zwischen jeweils zwei benachbarten Messwerten n weitere Stützstellen äquidistant eingefügt. Die Intensitätswerte werden aus den nächstliegenden Messwerten wiederum mittels Interpolation per Kubische Splines bestimmt.
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Bestimmung der Radialgeschwindigkeit. Nach diesen Vorarbeiten kann die eigentliche Kreuzkorrelation durchgeführt werden. Um die Radialgeschwindigkeit zu bestimmen, wird der Offset des Maximums der Korrelationskurve zur Mitte des Spektrums bestimmt. Da die Korrelationsfunktion den gleichen Maßstab besitzt wie das Spektrum bzw. das Template, kann die Wellenlängenverschiebung durch Rückgängigmachung des Logarithmierens aus dem Offset bestimmt werden. Die Anwendung der Dopplerbeziehung
= 0 · vr / c
liefert schließlich die gesuchte Radialgeschwindigkeit vr. (mit c: Lichtgeschwindigkeit, 0: unverschobene Wellenlänge).
Kreuzkorrelation mit SpecRaVE Der hier beschriebene Workflow (vgl. Abb. 6) wurde in der aktuellen Fassung des Programms SpecRaVE (Abb. 7) als Ergänzung der bereits vorhandenen Linienauswertung (vgl. [2]) integriert. Die Bearbeitungsschritte sind darin wie folgt: 1. Laden des Spektrums (Menü: Project
Open Spectrum) 2. Laden des zugehörigen Templates
(Menü: Cross Correlation Open Template) 3. Konfiguration der Kreuzkorrelation (Menü: Cross Correlation New Para-

meters, oder: Cross Correlation Open Parameters, sofern vormals benutzte Parametersätze zur Wiederverwendung abgespeichert wurden) 4. Ausführung der Kreuzkorrelation (Menü: Cross Correlation Run)
Als Ergebnis wird die Korrelationsfunktion grafisch angezeigt sowie die anhand der Position des Maximums die Radialgeschwindigkeitsdifferenz berechnet.
Literaturhinweise: [1] R. Bücke, 2009: ,,Beobachtung der
Radialgeschwindigkeitsperiode des Be-Sterns Gamma Cassiopeiae", VdS-Journal für Astronomie 30, 26 [2] H. Jahns, 2010: ,,Optimierungsverfahren in der Praxis: SpecRaVE", VdS-Journal für Astronomie 34, 79 [3] W.H. Press et al., 1992: Numerical Recipes in C [4] Kubische Splines: http://www. arndt-bruenner.de/mathe/scripts/ kubspline.htm (Link geprüft am 9.10.2011) [5] Downloadseite von SpecRaVE: http://www.astro.buecke.de/ SpecRaVE/specrave.html (Link geprüft am 9.10.2011) [6] H. Jahns, 2012: ,,Interpolation von Messwerten mit Kubischen Splines", VdS-Journal für Astronomie 40

Deep Sky

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Neues aus der Fachgruppe

Liebe Sternfreunde,
seit unserer Fachgruppensitzung beim DST 2011 ist Jens Bohle wieder als Redakteur für die Fachgruppe zuständig und hat die Redaktionsarbeit beim vorliegenden Heft übernommen. Er tritt die Nachfolge von Johannes Schilling an, dem wir für die Tätigkeit in der Fachgruppe danken!
Mit der neuen Besetzung wollen wir auch ein paar Neuerungen bringen. In diesem Heft wird es erstmals die Rubriken ,,Kurz beobachtet" und ,,Der Durchblick" sowie unsere ,,Deep-Sky-Zeichengalerie" im VdS-Journal für Astronomie geben.
Einigen von euch/Ihnen werden diese Rubriken vielleicht bekannt vorkommen, denn so lauteten auch zwei der Rubriken in der nicht mehr produzierten Zeitschrift ,,Magellan", an der Jens Bohle damals auch redaktionell beteiligt war. Die Rubrik ,,Kurz beobachtet" und die Zeichengalerie wird Jens Bohle betreuen. Die Rubrik ,,Der Durchblick" wird von Daniel Spitzer betreut.
Kurz beobachtet soll im Gegensatz zu den ein- oder mehrseitigen Artikeln zu Deep-Sky-Objekten nur kurz und prägnant ein Objekt in Schrift und Zeichnung vorstellen. Dies soll in jeder Ausgabe des VdS-Journals Platz finden. Da sich der Aufwand für den Textbeitrag (eine Viertelseite Text wäre schon ausreichend) und das Ein-

senden einer Zeichnung (oder eines hoch auflösenden Scans) sehr in Grenzen hält, hoffen wir, dass möglichst viele Sternfreunde einen Beitrag leisten können und so ein bestimmtes Deep-Sky-Objekt ,,kurz und bündig" vorstellen, welches auch für andere Beobachter interessant sein könnte. Bei Fragen zu ,,Kurz beobachtet" steht Jens Bohle gern unter der Adresse redaktion-deepsky@vds-astro. de zur Verfügung. Beiträge können auch an diese Adresse versandt werden. In dieser Ausgabe macht Michael Fritz den Anfang und stellt das Objekt Sh2-157 vor.
Deep-Sky-Galerie Als weitere Veränderung im Heft wollen wir die schon erwähnte Deep-Sky-Galerie etablieren. Hier soll zukünftig eine Plattform für Zeichnungen von astronomischen Objekten entstehen. Ziel ist, diese Art der Beobachtungsdokumentation in ansprechender Weise zu präsentieren und gerade umfangreichere Beobachtungen / Zeichnungen mit vielen Details möglichst großformatig im Heft zu zeigen. Außer dem Hinweis auf die Beobachtungsbedingungen und dem verwendeten Teleskop bzw. der verwendeten Vergrößerung in der Bildunterschrift soll auf zusätzliche Textbeiträge verzichtet werden. Bislang kennen wir dies nur von diversen Astrofotografien. Start ist ebenfalls in diesem Heft. Passend zum Schwerpunktthema beginnen wir mit Zeichnungen von Galaxien.

Der Durchblick Der von Daniel Spitzer betreute ,,Durchblick" wird das vierteljährliche Beobachtungsprojekt in leicht abgeänderter Version sein. In Zukunft wird nur noch ein Objekt statt der bisherigen zwei Objekte zur Beobachtung angeboten. Die Vorstellung der eingesandten Ergebnisse wird wie bisher ein Jahr später im VdS-Journal für Astronomie veröffentlicht. Es ist nicht nötig, einen kompletten Text einzureichen, einige Stichpunkte und/oder eine Zeichnung sind völlig ausreichend. Der Fokus soll weiterhin auf ,,Nicht-Messierobjekten" der jeweils aktuell sichtbaren Himmelsregion liegen. Wir würden uns über Ihre/eure Einsendungen freuen!
Klassisches Auf unseren Seiten im Journal werden aber auch weiterhin ,,klassische" Artikel zu lesen sein. Manfred Kleisa startet in diesem Heft mit einer Reihe von Beobachtungsartikeln, welche sich mit dem Farbsehen von Himmelsobjekten auseinandersetzen, und stellt dabei konkrete Ergebnisse vor. Der im letzten und vorletzten Heft gezeigte Planetarische Nebel NGC 6818 wird kurz von Jens Bohle ,,revisited". Zwei sehr lesenswerte Artikel von Uwe Glahn finden Sie im Schwerpunktthemenbereich des Heftes.
Viel Spass auf den folgenden Seiten wünschen Jens Bohle und Daniel Spitzer!

Farbe bekennen
von Manfred Kleisa

Ein nicht unumstrittenes Thema ist das Farbsehen im Teleskop, aber aufgrund meiner Erfahrung in visueller Deep-SkyBeobachtung sowie meiner selbstkritischen Einstellung hab ich es gewagt, mich dieses Themas anzunehmen.
Die Farbwahrnehmung ist adaptionsabhängig und wird als Bezold-Brücke-Phänomen bezeichnet. Die Farbunterscheidung, genauer, die Farbtonunterscheidung im menschlichen Auge ist von der Leuchtdichte abhängig. Bei sehr geringer Leuchtdichte ruft ein Farbreiz zwischen

380 nm und 480 nm eine Farbvalenz von Blauviolett, zwischen 480 nm und 570 nm ist eine grüne Wahrnehmung und zwischen 570 nm bis zur langwelligen Sichtbarkeitsgrenze bei 760 nm ist Rot wahrzunehmen. Mit zunehmender Leuchtdichte wird die Unterscheidung besser. Um die Anzahl der möglichen ,,sehbaren'' Farben abzuschätzen, sind auch die Sättigung und die Helligkeit zu beachten. Die Anzahl der wahrnehmbaren Sättigungsstufen für den Normalbeobachter hängt wiederum vom Farbton, beispielsweise angegeben als ,,wellen-

längengleiche Farbe", ab und liegt im grünen Bereich am höchsten. Sterne in verschiedenen Farben haben wir alle schon wahrgenommen. Da gibt es vorwiegend blaue, rote, gelbe sowie orange in verschiedenen Intensitäten. Aber was ist mit flächigen Objekten? Da sind z. B. ,,Planetarische Nebel " die, wenn sie über genügend Flächenhelligkeit verfügen, auch ,,Farbe bekennen". Umstrittener ist die Farbwahrnehmung bei großflächigen Nebeln wie z. B. dem Orionnebel oder auch dem Nordamerikanebel. Beginnen wir mit den PN, von denen im Laufe des Artikels hier zwei besprochen werden. Was ist nun zu beachten? Wir beobachten hier grundsätzlich ohne Filter, also weder mit [OIII]- noch mit UHC-Filter.

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Deep Sky

1 NGC 7027, Beschreibung s. Text

2 NGC 6818, Beschreibung s. Text

Um jetzt farbliche Details bei hoher Vergrößerung zu erhalten, setzt es natürlich eine gewisse Teleskopgröße voraus, denn bei steigender Vergrößerung verblassen die Farben unweigerlich. Eine Farbwahrnehmung bei geringer Vergrößerung, z. B. bei hellen PN, ist auch mit kleineren Teleskopen recht einfach.
NGC 7027 im Schwan hat eine visuelle Helligkeit von 8,5 mag und NGC 6818 nur noch 9,3 mag. Die vorherrschenden Farben Blau sowie Grün, sollten hier auch in kleinen Geräten noch gut zu sehen sein. Um nun Details sichtbar zu machen, erfordert es höhere Vergrößerungen in Verbindung mit Lichtsammelvermögen. Die Zeichnungen entstanden bei einer Vergrößerung von 470-fach an einem 24-Zoll-f/4,1-Dobson unter guten Landhimmel-Bedingungen.
Erstmals wurde hier eine komplett neue Zeichentechnik in Form einer Kombination aus farblichem Zeichnen und Bildbearbeitung mittels entsprechender Software von mir angewendet, welche eine höchstmögliche Identifikation mit dem ,,Gesehenen" wiedergibt. Es ist erstaunlich, wie gut das so entstandene Bild den Eindruck am Teleskop wiedergibt.
Der Vergleich mit im Netz befindlichen Fotos gestaltet sich teilweise nicht immer einfach, da hier der Anblick durch ein Newton-Teleskop (kopfstehend und seitenverkehrt, also um 180 Grad gedreht), mit anderen Aufnahmesystemen z. B. spie-
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gelverkehrt verglichen werden muss.

Daten der beobachteten Objekte

Details, insbesondere Halostrukturen, sind auf Fotos meist unsichtbar, da sonst z. B. der helle Bereich eines PN schon aus-

Name Sternbild Rektaszension (2000.0) Deklination (2000.0) Visuelle Helligkeit

NGC 7027 Cygnus 21h 07m 01,7s +42 Grad 14' 11'' +8,5 mag

NGC 6818 Sagittarius 19h 43m 57,72s -14 Grad 09' 11,14'' +9,3 mag

brennt. Visuell ist

hier allerdings bei-

des gleichzeitig sichtbar. Ein unschlag- nicht so hart begrenzt wie z. B. M 57. Im

barer Vorteil des menschlichen Auges Ring intensiviert sich an drei Positionen

und ein großer Vorteil bei der Erstellung die Helligkeit und damit das Grün. Norden

von Zeichnungen.

ist etwa auf 17 Uhr. Südlich intensiviert

sich ein länglicher Knoten und nördlich

Am Beispiel von NGC 7027 (Abb. 1) fiel ein kleiner weiterer Knotenbereich. Ein

mir ein Stern versetzt von der Mitte auf. Zentralstern ist nicht wahrzunehmen. NGC

Die Beobachtung gestaltete sich ähnlich 6818 befindet sich am Himmel in promi-

schwierig wie die Beobachtung des Zent- nenter Nachbarschaft in nur 40' Entfer-

ralsterns von M 57, da der Stern in etwa nung zu Barnards Galaxie NGC 6822.

Nebelhelligkeit zu haben schien. Ob der

beobachtete Stern aber der Zentralstern Mein Vorhaben ist, die Beobachtung

war, ist nicht ganz klar, da dieser laut Li- und Zeichnung von farbigen Deep-Sky-

teratur hinter einer Staubhülle verborgen Objekten weiter voranzutreiben und an

ist. Das Bild gibt die Originallage beim dieser Stelle, in Form einer Serie, weitere

Anblick durch ein Newton-Teleskop bei Ergebnisse zu präsentieren.

einer Junibeobachtung wieder. Norden ist

ca. bei 14 Uhr. Auf der Zeichnung ist der Quellenhinweise:

intensiv türkise oder von mir bei der Be- [1] K. Mütze, L. Foitzik, W. Krug, G.

obachtung auch als ,,schwimmbadblau"

Schreiber, 1961: ,,Brockhaus ABC

bezeichnete Farbeindruck dargestellt.

der Optik", VEB F.A.Brockhaus

Verlag, Leipzig

Bei NGC 6818 (Abb. 2) im Schützen [2] www.klima-luft.de/steinicke

herrscht ein blasses Grün vor. Deutlich [3] Wikipedia: http://de.wikipedia.org/

ist eine Ringstruktur mit schwächerem

wiki/Wikipedia:Hauptseite

Innenbereich wahrnehmbar. Die Ringbe-

grenzung ist im Außenbereich zum Him-

melshintergrund hin eher unscharf und

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NGC 6818 im Amateurteleskop
von Jens Bohle
Angeregt durch den kontrovers diskutierten Artikel im PN-Sonderheft von interstellarum [1] setzte ich den Planetarischen Nebel 6818 im Sternbild Schützen auf meine Beobachtungsliste und versuchte mir mein ganz eigenes ,,Bild" dieses Objekts zu machen. Nach weiteren vorgestellten Ergebnissen im vorletzten VdS-Journal für Astronomie [2] erscheint es mir nun sinnvoll, meine Beobachtungsergebnisse hier kurz vorzustellen. Die in [2] dargestellten Beobachtungsergebnisse waren mit einem 40-cm-Teleskop von Deutschland aus (gute Landhimmelbedingungen im Garten) bei Vergrößerungen von 740-fach (Überblick) und 540-fach (für die Details) entstanden.
Da ich mir, wie bereits geäußert, einen eigenen Eindruck verschaffen wollte, versuchte ich die bislang geäußerten kritischen Anmerkungen in [1] und [4] sowie diesbzgl. Diskussionen auf der Deep-Sky-Mailingliste [3] zu ignorieren.

1 NGC 6818, der ca. 20 Bogensekunden messende PN im
Dobson-Teleskop (50 cm Öffnung) bei 1125-facher Vergrößerung ohne Filter im Okulargesichtsfeld, beobachtet auf der Kanareninsel La Palma (Jens Bohle)

Im Oktober 2009 beobachtete ich NGC 6818 mit meinem Dobson-Teleskop (50 cm Öffnung) auf der Kanareninsel La Palma. Ein somit für Beobachtungen im Sternbild Schützen günstiger Standort. Bei sehr ruhiger Luft hatte ich die Möglichkeit, mit deutlich höheren Vergrößerungen als in [1] und [2] zu beobachten und die gute Qualität der Lomo-Spiegel voll auszureizen.

2 Anblick des PN
NGC 6818 mit 30 cm Öffnung, gezeichnet von Daniel Spitzer

Nach knapp 1,5 Stunden sehr intensiver Beobachtung (zusätzlich dazu nach Pausenzeiten) und Vergrößerungen zwischen 640-fach und 1125-fach mit und ohne [OIII]- bzw. UHC-Filter kam ich zu folgendem Ergebnis: Der Detailreichtum wie in [1] und [2] dargestellt, blieb mir vollends verborgen. Keines der eingezeichneten Details wie etwa Knoten oder Kondensationen konnte ich sehen, auch
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Deep Sky

keinen Zentralstern. Bei einer visuellen Helligkeit von ~17 mag der helleren Komponente vom Binärsystem auch kein Wunder (der andere Stern ist ein roter Stern mit 17,7 mag visueller Helligkeit). Lediglich die helleren Segmente, wie auf der Zeichnung dargestellt, waren eindeutig erkennbar. Für mich als Beobachter, der in den letzten 15 Jahren fast ausschließlich Beobachtungen im Grenzbereich des 50-cm-Teleskops durchführte (z. B. viele extragalaktische Sternhaufen und Emissionsgebiete), war dies sehr verwunderlich und nicht erwartet. Insbesondere deswegen, weil die dargestellten Details unter schlechteren Rahmenbedingungen sichtbar sein sollen.
Fazit Trotz deutlich größerem Teleskop, teilweise doppelter Vergrößerung und einem

20 Grad südlicher gelegenen, sehr dunklen Standort konnte ich die publizierten Beobachtungsergebnisse in keiner Weise bestätigen. Lediglich die Übersichtszeichnung in [2] auf Seite 73 halte ich für nachvollziehbar. Meine möglichst maßstabsgetreue Zeichnung (Abb. 1) zeigt den ca. 20 Bogensekunden messenden PN bei 1125-facher Vergrößerung ohne Filter im Okulargesichtsfeld, was auch einen ungefähren Eindruck über dessen Größe vermittelt (Nagler-ZoomOkular bei 2 mm Brennweite, 50 Grad Eigengesichtsfeld). In diesem Heft finden Sie auch den Artikel ,,Farbe bekennen" von Manfred Kleisa, der NGC 6818 auch kurz behandelt. Die Abbildung 2 zeigt den Anblick des PN mit 30 cm Öffnung gezeichnet von Daniel Spitzer. Vielleicht fühlen sich auch andere Sternfreunde animiert diesen PN zu beobachten - Er-

gebnisse werden hier im VdS-Journal gern publiziert.
Literaturhinweise: [1] R. Stoyan, U. Glahn, 2009: ,,Augen
auf - der Wahrheitsgehalt visueller Beobachtungen", Sonderheft interstellarum 1/2009, 50 [2] J. Schilling, 2011: ,,Visuelle Annäherungen an einem Nebel am Beispiel von NGC 6818", VdS-Journal für Astronomie 38, 73 [3] Deep-Sky-Mailingliste der Fachgruppe Visuelle Deep-Sky-Beobachtung: http://deepsky.fg-vds.de/ mailinglisten [4] W. Steinicke, 2011: ,,Sein oder Schein? - kritische Gedanken zu publizierten Deep-Sky-Zeichnungen", VdS-Journal für Astronomie 37, 55

Der Emissionsnebel

b Kurz eobach tet

in Cepheus
von Michael Fritz Sharpless 157

(Sh2-157), des-

sen Zentrum sich

bei Rektaszension 23h

14,8m (2000.0) und Dekli-

nation +60 Grad 11' (2000.0) auf der

Cassiopeia-Cepheus-Grenze befindet,

zählt zu den hellsten und bekanntesten

galaktischen Nebeln jenseits des NGC/

IC. Der Begriff ,,Helligkeit" ist dabei re-

lativ zu verstehen, denn bei Sh2-157

handelt es sich - wie bei den meisten

Objekten des Sharpless-Kataloges - um

einen großflächigen Nebel mit entspre-

chend geringer Flächenhelligkeit. Solche

Objekte reagieren viel empfindlicher auf

erhöhte Hintergrundhelligkeit, zu hohe

Vergrößerungen oder kleine Gesichtsfel-

der als andere Deep-Sky-Objekte.

Sh2-157

Die nebenstehende Zeichnung entstand auf La Palma, mit einem 130-mm-Refraktor bei Vergrößerungen von 20x und 37x; außerdem wurde ein [OIII]-Filter
1 Der diffuse Gasnebel Nebel Sh2-
157 im Sternbild Cepheus. Beobachtungsdaten im Text.
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verwendet, welcher den Nebel noch etwas kontrastreicher zeigte als der UHCFilter (folglich emittiert die HII-Region auch im Licht des zweifach ionisierten Sauerstoffs). Das Gesichtsfeld beträgt 1,7 Grad , N ist oben, W rechts. Der diffuse Sternknoten am NW-Rand des Nebelkomplexes ist NGC 7510. Dieser steht jedoch im Hintergrund von Sh2-157. Bei dem kleinen Sternknoten unmittelbar nördlich der Bildmitte handelt es sich um den kompakten Sternhaufen Markarian 50 (abgekürzt Mrk 50), dessen junge Sterne zur Anregung der Gasmassen beitragen. Der visuell flächenhellste Bereich

von Sh2-157 ist ein nur 5' - 7' breites, N-S verlaufendes Band direkt östlich von Mrk 50. Im breiteren und weniger gut abzugrenzenden südlichen Teil ist ein helleres Nebelchen von 2' - 3' Ausdehnung mit einem eingebetteten 11-magStern zu erkennen: diese Kondensation wird als Sh2-157a bezeichnet.
Die Gesamtausdehnung erreicht visuell etwa 50'. Das Milchstraßenfeld an der Position von Sh2-157 ist so sternreich, dass es bei filterloser Beobachtung äußerst schwierig bis nahezu unmöglich war, die ,,echten" Nebelschwaden vom Sternfeld

zu trennen. Ein direkter Vergleich zeigt denn auch, dass Sh2-157 merkbar lichtschwächer ist als z. B. IC 1805 und 1848 in der benachbarten Cassiopeia! Sh2157 wurde offenbar erstmals von Max Wolf um 1919 fotografiert; die Teleskope der visuellen Beobachter im 18. bzw. 19. Jahrhundert waren für Objekte wie Sh2-157 denkbar ungeeignet. Sh2-157 befindet sich zusammen mit NGC 7538 und dem Bubble-Nebel NGC 7635 in der Cassiopeia OB2-Assoziation, die mit einer Entfernung von ca. 7.000 Lichtjahren im Perseus-Arm der Milchstraße angesiedelt ist.

Melotte 25, die Hyaden

von Daniel Spitzer

Der chblick Dur

Wir beginnen unsere neue, alte Rubrik mit einem Paradeobjekt des Winterhimmels. Der große offene Sternhaufen Melotte 25, besser bekannt als ,,Hyaden" oder ,,Regengestirn", ist am Besten mit dem freien Auge sichtbar. Mit einem Durchmesser von ca. 1,5 Grad machen hohe

Vergrößerungen auch wenig Sinn, da der Haufencharakter sofort verloren geht. Der auffälligste Stern ist auch gleichzeitig der hellste Stern des Sternbildes Stier, er trägt den Namen Aldebaran. Er ist allerdings keines der Haufenmitglieder. Mit dem bloßen Auge erkennt man

eine etwa V-förmige Formation von Sternen, die den Kopf des Stieres darstellen. Für die teleskopische Beobachtung bietet Mel 25 jedoch auch etwas: Doppelsterne. Eine kleine Auswahl ist auf der Karte vermerkt.

1 Aufsuchkarte für die Hyaden. Die Abbildung wurde mit dem Programm Cartes du Ciel erstellt.

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Deep Sky

Die kyeep-Srie DGale

1 NGC 4565: genannt ,,Haarnadel-
Galaxie", beobachtet im 12-Zoll-Newton bei 208-facher Vergrößerung, Zeichnung von Daniel Spitzer

2 NGC 4244: beobachtet im
130-mm-Apochromat, Gesichtsfeld 26', Vergrößerungen von 20-fach bis 150fach, N oben, W rechts, Beobachtungsort La Palma, Zeichnung von Michael Fritz
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Geschichte

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Wissenschaft und Kunst
- Die Begründung der Fixsternnomenklatur in Johann Bayers ,,Uranometria" (1603)
von Jürgen Hamel

,,Von welchem Stern reden Sie eigentlich?" Die Sternbilder des Himmels standen lange Zeit außerhalb des eigentlichen Interesses der Menschen am Himmel. Denn das eigentliche Interesse galt den Tierkreiszeichen, und die hatten sich infolge der Präzession der Äquinoktien schon lange von den Sternen entfernt. Doch die Tierkreiszeichen und die Sternbilder boten vielfach Anlass zu wunderschönen oder interessanten naiven Bildchen, die Meisterwerke der Buchkunst wurden. Allerdings waren es eben meistens nicht die wirklichen Sternbilder. Denn wollte ein ,,Zwillingsgeborener" nach seinen Sternen schauen, müsste er ja zum Stier aufblicken, was doch eigentlich für ,,einen Stier" nicht sehr erbaulich und auch etwas verwirrend erschien. Aus diesen Gründen ist es nicht nur nicht verwunderlich, sondern sogar nahe liegend, dass in Miniaturen der Tierkreiszeichen die Sterne entweder nur als dekoratives Element der Bilder erschienen oder gleich gar keine Darstellung erfuhren. Entscheidend war schließlich das Bild, mit dem die Sterne gar nichts zu tun hatten. Wurden Sterne gezeichnet, sollten sie nur das sichere Zeichen dafür sein, dass es sich nicht um irgendeinen Stier, nicht um irgendeine Jungfrau handelt, sondern um die des Himmels. Also mussten diese Sterne auch nicht der wahren Position der wirklichen Sterne folgen, sondern konnten geometrisiert in Linien oder Bögen in das Bild eingezeichnet werden (Abb. 1).
Natürlich behielten die Sterne für die Himmelsforschung ihre Bedeutung. Wollte man den Lauf eines Planeten oder Kometen verfolgen, waren Kenntnisse der Sterne gefragt. Denn deren Positionsbestimmungen wurden nicht ,,absolut" vorgenommen, sondern erfolgten ,,relativ" durch Abstandsmessungen zu Umgebungssternen. Waren die Örter der Sterne bekannt und die Abstände eines Himmelskörpers von diesen gemessen, konnte der Ort des Himmelskörpers

durch Dreiecksberechnungen bestimmt werden.
Seit alter Zeit wurden die Sterne nach ihrer Lage im jeweiligen Sternbild bezeichnet, zudem bekamen viele hellere Sterne einen Eigennamen. Das konnte im Detail mit komplizierten Sternbezeichnungen eine ebenfalls komplizierte Sache werden. Nehmen wir uns einige Beispiele: - Duarum in pede sinistro priori borea
Von den beiden auf dem linken vorderen Fuß der nördliche ( UMa) - In sinistra manu et capite Medusae lucens Der leuchtende an der linken Hand und auf dem Kopf der Medusa ( Per) - In dextra sura et extremo cornu Tauri boreo Der auf der rechten Wade und an der Spitze des nördlichen Stierhornes ( Aur)

Die Übersicht drohte man noch aus einem weiteren Grund zu verlieren. Denn in diesem ohnehin schon schwerfällig zu gebrauchenden System gab es keine verbindlichen Bezeichnungen, sondern diese wechselten von Autor zu Autor. Schauen wir uns das zunächst mit den Übersetzungen anhand von zwei Beispielen an:
Gem
Copernicus: In sinistro cubito gemini praecedentis, Der am linken Ellenbogen des vorangehenden Zwillings Brahe: In sinistra manu praecedentis gemini, Der an der linken Hand des vorangehenden Zwillings Bayer: In eiusdem [praecedentis gemini] manu sinistra Der an der linken Hand desselben [des vorangehenden Zwillings]

Neues aus der Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie"

von Wolfgang Steinicke

Wenn dieses Heft erscheint, ist die 8. Fachtagung ,,Geschichte der Astronomie" bereits Geschichte. Sie fand vom 28. bis 30. Oktober 2011 in Nürnberg statt. Einen Bericht dazu gibt es im nächsten Journal. Hier folgen zwei interessante Beiträge von Jürgen Hamel und Volker Witt. Im ersten geht es um die Uranometria des Johannes Bayer. Dieser berühmte Sternatlas von 1603 wurde kürzlich neu herausgegeben - und Jürgen Hamel war maßgeblich daran beteiligt (siehe meine Rezension in Heft 38). Der Artikel von Volker Witt, vielen bekannt durch seine Besuche

historischer Sternwarten, behandelt das Foucaultsche Pendel im Pantheon zu Paris.
Ich möchte schließlich noch auf meinen historischen Beitrag im Schwerpunktthema ,,Galaxien" hinweisen. Darin wird die Rolle von Edwin Hubble bei der Klassifikation der extragalaktischen Nebel beleuchtet. Viel Spaß beim Lesen - und versorgen Sie mich weiter mit interessanten Beiträgen! Informationen zur Fachgruppe finden Sie wie gewohnt auf unserer Webseite http://geschichte.fg-vds.de.

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Geschichte

1 Sternbilder ohne bzw. mit rein geometrisch angeordneten Sternen: Krebs und Löwe sowie Eridanus und Orion (Albuma-
sar, Flores astrologiae, Augsburg 1488; Johannes Regiomontan, Kalendarius teütsch, Augsburg 1514).

Gem
Copernicus: In cavitate dextra eiusdem [sequentis gemini], Der in der rechten Kniekehle desselben [des nachfolgenen Zwillings] Brahe, Kepler: In poplite inferioris Gemini, Der in der Kniekehle des unteren Zwillings Bayer: In femine dextro Gemini inferioris, Der am rechten Oberschenkel des unteren Zwillings
Durch die sprachlichen Bezüge auf andere Sterne oder Teile des Sternbildes sind die Namen für sich in einer großen Zahl der Fälle gar nicht aussagefähig. Das sehen wir bei Gem. Die Bezeichnung ,,In cavitate dextra eiusdem", also ,,In der rechten Kniekehle desselben" muss für eine eindeutige Bezeichnung des Sterns ergänzt werden zu ,,In der rechten Kniekehle des nachfolgenden Zwillings". Vollständig wäre der lateinische Name also erst mit ,,In cavitate dextra sequentis Gemini". Durch eine etwas andere Zeichnung des Bildes konnten Sterne unter Umständen eine abweichende Bezeichnung bekommen, wie am Beispiel von Gem zu sehen ist. Steht der Stern bei Copernicus am Ellenbogen des Zwillings, setzen ihn Brahe und mit diesem Bayer an die Hand des Zwillings - vergleicht man das Bild in Bayers Atlas (Blatt Z) wäre es in der
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Tat schwierig, bei Wahrung der körperlichen Proportionen zu diesem Stern den Ellenbogen zu bringen und trotzdem noch andere Sterne am Knie, den Füßen usw. zu belassen.
Und bei anderen Sternen konnte es passieren, dass sie infolge einer Korrektur der Koordinaten an eine andere Stelle des Bildes zu stehen kommen. So mag es mit Gem passiert sein, der infolge der südlicheren und korrekten Deklination bei Bayer von der Kniekehle zum Oberschenkel wanderte.
Um das Chaos zu vervollständigen, nehmen wir noch ganz zufällig ausgewählt die ersten vier Sterne des ptolemäischen Katalogs im Sternbild Stier nach Ptolemäus, Copernicus, Brahe und Hevelius. Dabei sei es hier nicht von Interesse, wie die Bezeichnungen in deutscher Übersetzung lauten, sondern nur die Unterschiede, die aus verschiedenen Bezügen auf das Bild resultieren; hinzu kommt wieder, dass manche Bezeichnungen sich auf den vorstehenden Sternnamen beziehen und insofern ergänzt werden müssen, wie ,,Quae sequitur" (der [Stern], welcher nachfolgt") oder ,,Tertia" (,,der dritte [Stern]").
Tau
Ptolemäus: Septentrionalis quattuor quae sunt in loco sectionis;

Copernicus: In sectione ex quatuor maxime borea; Brahe: Suprema in sectione; Hevelius: In armo dextro infima
Tau
Ptolemäus: Hanc sequitur; Copernicus: Altera post ipsam; Brahe: Altera post ipsam; Hevelius: Quae sequitur
Tau
Ptolemäus: Quae post istam etiam; Copernicus: Quarta maxime austrina; Brahe: Tertia; Hevelius: Supra hanc
Tau
Ptolemäus: Longior quattuor in meridie; Copernicus: In dextro armo; Brahe: Quarta maxime austrina; Hevelius: In armo dextro infima

Geschichte

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2 Dreimal Jungfrau (v.l.n.r.): Zacharias Bornmann (Astra, Alle Bilder des Himmels, Breslau 1596), Johann Bayer/Alexander
Mayr und Johannes Hevelius (Firmamentum Sobiescianum, Danzig 1690).

Man stelle sich die wissenschaftliche Diskussion zwischen zwei Astronomen vor, die sich über die Spektren dieser drei Sterne unterhalten, oder den Vortrag eines Lehrers, der mit seinen Schülern die Stellung dieser Sterne im HRD erarbeiten möchte - da würden wohl bald alle die Übersicht verlieren.
Bayer und die Zeit des Aufschwungs der Astronomie Solange die Astronomie eher eine theoretische Wissenschaft, eine Buchgelehrsamkeit war, mag das alles nicht ganz so schlimm gewesen sein. Der hauptsächliche Lehrgegenstand war die sphärische Astronomie, wohingegen die Sterne gar kein eigentliches Interesse beanspruchten, sondern in der Fachastronomie nur beachtet wurden, insoweit sie für die Ortsbestimmung von Planeten und Kometen erforderlich waren. Dennoch gab es natürlich künstlerisch bedeutende Darstellungen des Sternhimmels, man denke nur an die Himmelskarten Albrecht Dürers von 1515 oder die Prunkgloben dieser Zeit. Was es jedoch nicht gab, das waren präzise Himmelskarten, die auf der Grundlage exakter Ortsbestimmungen der Sterne ein getreues Abbild des Himmels liefern. So etwas zu schaffen, blieb der Astronomie um 1600 vorbehalten.
Kaum ein Vierteljahrhundert zuvor hatte die Astronomie begonnen, wieder eine beobachtende Wissenschaft zu werden.

Denn in den Jahrhunderten zuvor war sie mehr auf das Studium der Werke der ,,Alten", in denen alles zu stehen schien, was von den Himmelskörpern zu erfahren sei. Nur in Ausnahmen gab es längere Beobachtungsreihen, wie in Nürnberg von Johannes Regiomontan und Bernhard Walther. Seit den 80er Jahren des 16. Jahrhunderts bildeten sich zwei Zentren der praktischen Astronomie heraus: Am landgräflichen Hof in Kassel und an den Sternwarten Tycho Brahes auf der Insel Hven. In diese neue geistige Atmosphäre der Astronomie, die natürlich hinsichtlich der Theorie um die Diskussionen um das copernicanische Weltsystem zu ergänzen ist, stieß ein ,,Amateurastronom" mit seinem in mehrfacher Hinsicht ganz neuartigen und Beispiel gebenden Werk, Johann Bayer.
Johann Bayer wurde 1572 in Rain am Lech bei Donauwörth geboren, studierte in Ingolstadt Jura und war viele Jahre in Augsburg in städtischen Ämtern tätig. Er starb im Jahre 1625 in der Stadt seines Wirkens. Über die Juristerei hinausgehend war Bayer von weiten Interessen: Mathematik, Archäologie, klassische Altertumswissenschaften - und natürlich die Astronomie. Letztere zog ihn in besonderer Weise in ihren Bann.
Johann Bayer: Ein Atlas mit neuer Fixsternnomenklatur Bayer schuf den ersten Himmelsatlas,

was gegenüber seiner zweiten Leistung, der Schaffung einer klaren und einfachen Sternnomenklatur oft in den Hintergrund tritt. Zunächst letzteres: Die von Bayer begründete Sternnomenklatur führt zu der noch heute gebräuchlichen Kombination von zunächst griechischen Buchstaben, nach deren Vergabe lateinischer Buchstaben sowie in Weiterführung arabischer Ziffern - jeweils unter Hinzufügung des Genitivs des lateinischen Sternbildnamens. Übersetzt heißt dies also ,,Der Stern (usw.) des Sternbildes ...". Die Einführung von Ziffern findet sich bei Bayer noch nicht, für seine Sternerfassung mit bloßem Auge reichten das griechische und lateinische Alphabet aus. Das änderte sich erst mit dem Sternkatalog John Flamsteeds in Greenwich (publiziert 1725), der mit einem Fernrohr beobachtete und schließlich 2.884 Sterne erfasste, die er fortlaufend mit Zahlen bezeichnete.
Das grundsätzliche Ordnungsprinzip Bayers ist klar. Die Sterne erhalten gemäß ihrer scheinbaren Helligkeit griechische und lateinische Buchstaben. Doch mit unseren genauen Bestimmungen der Helligkeiten scheint das nicht immer ganz zu stimmen, was vor allem an den damals noch recht ungenauen Helligkeitsbestimmungen liegt. Und so griff dann Bayer zu dem Trick, die Benennung innerhalb einzelner Helligkeitsklassen an der Lage der Sterne im betreffenden Bild,
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3 Der Kupferstich der Supernova 1572 mit dem Stern Kappa Cas (4,2 mag)
zeigt die aufwändige Gestaltung der Sternsymbole bei Bayer.

gemäß der scheinbaren Bewegung des Sternhimmels zu orientieren. Das deutlichste Beispiel sind und Geminorum, Kastor und Pollux, von denen der Stern /Kastor etwas lichtschwächer als /Pollux ist, Kastor jedoch in der scheinbaren Drehung des Himmels der vorangehende ist [1].
Und es gibt bei einigen Sternbildern weitere Differenzen. In Bildern beispielsweise, in denen bei Bayer nur wenige Sterne verzeichnet waren, wurden später, nach Erfassung einer größeren Sternzahl, seine Bezeichnungen nicht übernommen, sondern gemäß den Helligkeiten die griechischen Buchstaben ganz neu vergeben.
Der Atlas: Die Verbindung zwischen Wissenschaft und Kunst Bayer legte seinem Atlas die sehr genauen Sternpositionen des zu seiner Zeit nur handschriftlich verbreiteten Sternkatalogs von Tycho Brahe zugrunde. Diese präzisen Sternörter fanden bei Bayer eine Entsprechung in der präzisen grafischen Darstellung der Örter. Bayer fand für die künstlerische Umsetzung seiner Idee ei-
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nes Sternatlas in dem Augsburger Kupferstecher Alexander Mayr einen Meister mit herausragenden Fähigkeiten [2]. Die Verbindung zwischen Wissenschaft und Kunst, zwischen Präzision der Sternörter und der grafischen Betonung der Sterne auf der einen Seite und der künstlerischen Meisterschaft der Sterndarstellungen und der Sternbildzeichnungen auf der anderen erreicht in der Bayerschen ,,Uranometria" eine später nicht mehr erreichte Qualität. Dies verdanken wir neben Bayer dem Kupferstecher Alexander Mayr. Er schuf in vollendeter Meisterschaft die Sternbildzeichnungen und die einzelnen Sterne (Abb. 2).
Schauen wir uns dies an Beispielen an: Zunächst die Sternbildzeichnungen, für die ich die Jungfrau bei Zacharias Bornmann, Bayer/Mayr und Hevelius gegenüberstellen möchte (Abb. 2). Die Jungfrau von Bornmann läuft natürlich in jeder Hinsicht außer Konkurrenz. Die von Bayer und Hevelius haben eine gewisse Ähnlichkeit, wobei die von Hevelius, der Zeit entsprechend, einem barocken Stil entspricht. Doch dieser Unterschied ist

nicht gemeint, sondern man betrachte die Darstellung der Sterne. Bei Bayer wird jeder Stern zu einem kleinen Meisterwerk gestaltet. Seine Sterne leuchten hell. Obwohl die Figuren der Bilder eine künstlerische Meisterschaft verraten, bleiben sie doch infolge der Punktierung oder Schraffur der Umrisse und Binnenzeichnungen dezent im Hintergrund. Niemals erdrücken sie die Sterne, gewinnen nie die Oberhoheit. Wir werden nicht irren, wenn wir darin eine klare Vorgabe Bayers erkennen wollen, denn Mayr hätte als Künstler wohl doch noch mehr Kunst in die Figuren gelegt. Nun Hevelius: Zu seinen Figuren ist nichts zu sagen, sie erscheinen mit kraftvollen, beherrschenden Zeichnungen, gewähren durch starke dunkle, betonte Linien der künstlerischen Gestaltung einen freien Lauf. Und sie dominieren optisch gegenüber den Sternen, auch deswegen, weil sie mit einer merkwürdigen Schwere gezeichnet sind, sie leuchten nicht, sind im Gegenteil von einem dunklen Rand umgeben. Und noch zwei weitere wissenschaftliche Mängel weisen sie auf: Zum einen tragen sie keine Bezeichnungen, zum anderen sind die Karten in Globusansicht gezeichnet, zeigen also die Sternbilder in einer Ansicht von Außen (im engl. genannt ,,God's-eye view") und sind damit für eine direkte wissenschaftliche Benutzung deutlich eingeschränkt.
Bei Bayer ist jeder Stern, gleich welcher Größenklasse, mit der gleichen Feinheit gestochen, die hellen mit mehr Details als die schwächeren, aber keine Größenklasse wird künstlerisch vernachlässigt. Bei Hevelius tritt die Wissenschaft zugunsten der Kunst zurück. Bei Bayer gehen Wissenschaft und Kunst eine enge Bindung ein (Abb. 3).
Bayers Uranometria ist der erste Himmelsatlas überhaupt und in Hinsicht auf die Einheit von Kunst und Wissenschaft stellt diese Werk bereits den Höhepunkt dar. Die zunächst folgenden Bildatlanten, wie Hevelius, Flamsteed und Bode legen das Hauptaugenmerk auf die bildliche Gestaltung, die, besonders im Falle von handkolorierten Exemplaren, die Sterndarstellungen in den Hintergrund drängen. Bald nach Bodes großformatigen Karten aus dem Jahre 1801 setzte sich ein ganz neuer Kartenstil durch, der auf eine Darstellung der Sternbildfiguren verzich-

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tete. Damit wurden Himmelsatlanten ihrer künstlerischen Gestaltung beraubt, doch die zunehmende Präzision der Sternörter und die zunehmende Rationalität des wissenschaftlichen Geschäftes (erkennbar auch an der immer nüchterner werden Ausführung von Buchillustrationen und wissenschaftlicher Instrumente) führte zwangsläufig in diese Richtung. Und auch die zunehmende Zahl der abgebildeten Sterne erzwang die Reduzierung der Bildgestaltung. Eine allzu üppig in Umrissen und Binnenzeichnungen dargestellte Jungfrau würde rasch eine ganze Menge Sterne in der Fältelung ihres Gewandes und anderswo untergehen lassen.
Die mit Harding begonnene Entwicklung fand schon kurze Zeit danach ihre Fortführung in den von Bessel begründeten Berliner Akademischen Sternkarten. Sie verzichten sogar auf die Darstellung der Sternbildgrenzen, zeigen außer den Sternen nur noch das Koordinatensystem. In späteren Karten verschwand auch dieses

auf den Karten und wurde durch eine Schablone aus durchsichtigem Material ersetzt. Und die neuesten Sternkataloge, etwa der SAO-Katalog oder gar der Katalog des Astrometriesatelliten HIPPARCOS umfassen eine so große Sternzahl, dass eine grafische Darstellung technisch gar nicht mehr möglich ist.
Damit geht uns ein Stück Ästhetik in den Wissenschaften verloren, aber wer wollte bestreiten, dass Deep Sky-Aufnahmen wieder ein ganz neues Stück Ästhetik in die Astronomie gebracht haben.
Der Bayersche Himmelsatlas erschien gegen Ende 2010 in einem aufwendig und liebevoll gestalteten Nachdruck im Gerchsheimer Kunstschätzeverlag. Die Papierqualität und die Drucktechnik ermöglichen es, ein historisches Werk der Wissenschaften und der Kunst nachzuempfinden. Der Autor verfasste dazu einen reich illustrierten, kommentierenden Begleitband.

Literaturhinweise und Anmerkungen: [1] Der Autor muss darauf aufmerksam
machen, dass er in dem unten genannten Buch (S. 62) leider Kastor und Pollux vertauscht hat, was der aufmerksame Amateurastronom rasch korrigieren kann. [2] Mayr (-) ist in der Kunstgeschichte gut bekannt. Leider haben Kunsthistoriker von seinen großformatigen Stichen für den Bayerschen Atlas, die ohne Zweifel sein Hauptwerk darstellen, noch keine Kenntnis genommen, die über eine bloße Nennung hinausgeht - vielleicht weil in wissenschaftlichen Werken keine entfaltete Kunst zu erwarten ist? [3] J. Bayer, 1603: ,,Uranometria", Reprint der Karten sowie Begleitband von Jürgen Hamel, Gerchsheim 2010

Und sie bewegt sich doch
- Das Foucaultsche Pendel im Pantheon zu Paris
von Volker Witt

Dass Galileo Galilei diesen trotzigen Ausspruch gemacht haben soll, nachdem er vor der römischen Inquisition der kopernikanischen Lehre abschwören musste, wird zwar von den Historikern ins Reich der Legende verwiesen. Aber auch beinahe 400 Jahre später glauben noch manche Zeitgenossen - sei es aus Ignoranz oder religiösem Fanatismus -, dass unser Heimatplanet Erde im Zentrum des Universums ruhe. So fand erst im November 2010 im US-amerikanischen South Bend (Indiana) unter der Federführung eines katholischen Theologen eine Konferenz zum Thema ,,Galileo Was Wrong: The Church Was Right" statt (www.catholicintl.com/galileowaswrong/index.html). Die dort gehaltenen Vorträge glänzten durch so abstruse Titel wie ,,Scientific Experiments Showing Earth Motionless in Space" oder ,,Scientific Evidence: Earth in the Center of the Universe".
Nach einer Umfrage des russischen Meinungsforschungsinstituts WZIOM, die im

1 Leon Foucault hat mit seinem
berühmten Pendelversuch einen direkten Nachweis für die tägliche Drehung der Erde ermöglicht. Seine Grabstätte findet sich im Cimetière de Montmartre in Paris.

Januar 2011 stattfand, glauben 32 % der Russen, dass sich die Sonne um die Erde dreht. Aber auch in deutschen Landen sieht es nicht sehr viel besser aus: Das Institut für Demoskopie in Allensbach berichtete im April 2000, dass etwa jeder Sechste in Deutschland an dieser Irrmeinung festhält.
Das Foucaultsche Pendel als direkter Nachweis der Erddrehung Zugegebenermaßen erlauben die menschlichen Sinne nicht, die Umdrehung der Erde unmittelbar wahrzunehmen. Doch seit nunmehr 160 Jahren ermöglicht das nach dem französischen Physiker Leon Foucault benannte Pendel auch dem Laien, die Drehung der Erde mit eigenen Augen direkt nachzuvollziehen. Das einmal angestoßene Pendel behält seine Schwingungsrichtung im absoluten Raum bei, während sich die Erde gewissermaßen unter ihm wegdreht. Der Effekt ist umso ausgeprägter, je höher die geographische Breite des Versuchsorts
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zu sehen" kündigte er das Ereignis dem Publikum an. Diesmal hatte das Pendel eine Länge von 11 Metern, so dass die anwesenden Augenzeugen die Drehung der Schwingungsebene nach einiger Zeit deutlich wahrnehmen konnten.

2 Das ursprünglich als Sakralbau geschaffene Pantheon ist heute Gedenk-
und Grabstätte bedeutender Persönlichkeiten. Im Jahr 1851 führte Leon Foucault dort unter der eindrucksvollen Kuppel vor vielen Zuschauern sein Pendelexperiment vor.

ist. Pro Sterntag (23h 56m) dreht sich die Schwingungsebene des Pendels um einen Winkel 360 Grad · sin . Das bedeutet eine volle Umdrehung pro Sterntag an den Polen ( = 90 Grad ), während am Äquator überhaupt keine Drehung stattfindet. In Paris oder auch München ( = 48 Grad ) beträgt die tägliche Drehung der Schwingungsebene etwa 270 Grad .

ums. Mit den Worten ,,Sie sind eingeladen zu kommen und die Erde sich drehen

Der Pendelversuch im Pantheon zu Paris Naturgemäß tritt der Effekt des Pendelversuchs umso deutlicher zutage, je größer die Pendelmasse und je länger das Pendel und damit die Schwingungsdauer ist. So wählte Foucault den Monumentalbau des Pariser Pantheon, um im März 1851 vor einem staunenden Publikum mit seinem Pendel die Erddrehung zu demonstrieren.
Die im Jahr 1790 nach Plänen des Architekten Jacques-Germain Soufflot (1713- 1780) vollendete Basilika (Abb. 2) erlebte im Rückblick mehrere Phasen, in denen sie - je nach politischen Verhältnissen - als christliche Kirche oder als nationale Ruhmeshalle Verwendung fand. Eine

Jean Bernard Leon Foucault (1819-1868), der sich ursprünglich dem Medizinstudium widmete, machte sich durch zahlreiche Erfindungen auf dem Gebiet der Technik und Naturwissenschaften einen Namen. Neben dem nach ihm benannten Pendel erfand er das Schneidenverfahren zur Prüfung optischer Flächen und er ermittelte mit Hilfe der Drehspiegelmethode einen für die damalige Zeit sehr genauen Wert der Lichtgeschwindigkeit. Zu Foucaults Erfindungen zählt das Gyroskop, und nicht zuletzt zeugen auch seine im Pariser Observatorium noch vorhandenen Spiegelteleskope mit ihren versilberten Glasspiegeln vom Einfallsreichtum des genialen Physikers. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof am Montmartre (Abb. 1).

Nachdem Foucault im Januar 1851 den Pendelversuch zuerst im Keller seines Hauses erfolgreich ausprobiert hatte, wiederholte er ihn kurz darauf am 3. Februar im Meridiansaal des Pariser Observatori-
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3 Die in der Wochenzeitung L`Illustration im April 1851 erschienene Graphik
zeigt, wie das schwingende Pendel vom Pariser Publikum begutachtet wird.

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erste Umwidmung des imposanten Kirchenbaus zu einem nationalen Pantheon fand im Zuge der Französischen Revolution schon 1791 statt. Im 19. Jahrhundert fand der Kuppelbau noch zweimal zu seiner christlichen Bestimmung zurück, bevor er anlässlich der Beisetzung von Victor Hugo im Jahr 1885 endgültig zum Ehrentempel der Nation erklärt wurde. In der Krypta des Pantheon ruhen heute die sterblichen Überreste vieler bedeutender Persönlichkeiten.
Es war Louis-Napoleon Bonaparte (1808-1873), Neffe von Napoleon I. und ab 1852 als Napoleon III. französischer Kaiser, der Foucault dazu bewog, das Pendelexperiment im Pantheon zu installieren und dort dem Pariser Publikum vorzuführen. Das 67 m lange Pendel war unter der wuchtigen Kuppel des Pantheon befestigt und benötigte entsprechend seiner Länge 16 s für eine volle Schwingung. Der Pendelkörper bestand aus einer Metallkugel von 38 cm Durchmesser und einer Masse von 28 kg. Senkrecht unter dem Aufhängepunkt begrenzte eine hölzerne Balustrade die kreisförmige Zone von sechs Metern Durchmesser, in der das Pendel seine Schwingung vollführte. Ringförmig angebrachte Markierungen halfen den Zuschauern dabei, die Drehung der Schwingungsebene besser zu erkennen. Diese beträgt pro Stunde etwa 11 Grad . Wie man sich die Szenerie im Pantheon vorzustellen hat, zeigt uns eine zeitgenössische Grafik, die am 5. April 1851 in der populären Wochenzeitung L`Illustration zu sehen war (Abb. 3).
Aber es war auch derselbe Louis-Napoleon Bonaparte, der schon kurze Zeit später durch seinen im Dezember 1851 vollführten Staatsstreich das Ende von Foucaults Experiment erzwang, als er das Pantheon wieder an die katholische Kirche zurückgab. Inzwischen aber hatte sich die Kunde von dem Pendelversuch über die ganze Welt verbreitet, so dass er nun an zahlreichen Orten kopiert wurde. Besonders bekannt wurden dabei die Pendelexperimente in den Domen zu Köln und Speyer sowie in der römischen Jesuitenkirche Sankt Ignazio durch Pater Angelo Secchi (1818-1878).
Erst im Jahr 1902 gab es an historischer Stelle im Pariser Pantheon wieder ein Foucaultsches Pendel, das auf Initiative

4 Seit dem Jahr 1995 zieht das Pendel wieder täglich seine Bahn unter der
Kuppel des Pantheon. Die Gestaltung des Experiments gleicht weitgehend dem historischen Vorbild von 1851.
5
Die an dem 67 m langen Stahlseil hängende Kugel hat eine Masse von 47 kg und ist mit Gold beschichtet. Die Schwingungsebene des Pendels dreht sich gegenüber der ringförmig umlaufenden Skala um 11 Grad pro Stunde.

von Camille Flammarion (1842-1925) dort angebracht wurde. Flammarion wirkte zeitweise am Pariser Observatorium, wurde aber vor allem durch seine Bemühungen zur Popularisierung der Astronomie weithin bekannt. Als nun diese Zweitauflage des berühmten Pendelversuchs am 22. Oktober 1902 startete, wohnten dem Ereignis annähernd 2.000 Zuschauer bei, darunter auch einige berühmte Persönlichkeiten wie der Komponist Camille Saint-Saëns und der Bildhauer Auguste Rodin. Aber auch dieses Experiment war schon ein knappes Jahr später beendet.
Im Oktober 1995 kehrte der berühmte Pendelversuch nun endlich dauerhaft an den historischen Ort unter der Kuppel im Pantheon zurück. Die Initiatoren vom Museum des Conservatoire National des

Arts et Metiers (CNAM) bildeten Foucaults Anordnung originalgetreu nach (Abb. 4). Da ist der achteckige Tisch mit den radialen Markierungen, über die das Pendel lautlos schwingt, umgeben von der kreisförmig verlaufenden Skala mit den Tagesstunden. Die an dem langen Stahlseil hängende Kugel hat einen Durchmesser von 20 cm bei einer Masse von 47 kg und ist mit 24 Karat Gold beschichtet (Abb. 5). Tag für Tag zieht sie nun in stoischer Ruhe ihre Bahn und beweist den Menschen, wie einfach es ist, die tägliche Drehung der Erde zu verstehen.
Literaturhinweise: [1] Amir D. Acze, 2004l: ,,Pendulum:
Leon Foucault and the Triumph of Science", Washington Square Press, New York
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Jugendarbeit/Kleine Planeten

Astronomie am Taghimmel
- Beobachtung von Sonnenflecken im ASL 2011
von Nico Brömsen und Fabian Ließmann

Sonnenflecken werden schon seit über 400 Jahren beobachtet. Schon Galileo Galilei richtete sein Teleskop auf die Sonne und entdeckte dort kleine schwarze Flecken.

Diese vermeintlich kleinen Flecken sind Flächen, die kühler sind als ihre Umgebung und deren Durchmesser meist wesentlich größer als die Erde ist. Im Elf-Jahres-Zyklus verändert sich die Fleckenzahl auf der Sonne stetig. Der Tiefpunkt des aktuellen 24. Zyklus war im März 2008, und seitdem werden immer mehr Flecken erkennbar. Der nächste Höhepunkt ist im Jahre 2012 zu erwarten, doch soll er schwächer sein als die Maxima der letzten Zyklen.

Im ASL 2011 der VEGA e.V. in St. Andreasberg ergaben sich mehrere Möglichkeiten, diese Flecken zu beobachten und anhand von Fotos zu dokumentieren. Wir haben am 02.08.2011 gegen Mittag das erste Mal die Sonne mit einem Bresser Messier 130 mm / 1.000 mm anvisiert. (Natürlich verwendeten wir einen selbstgebastelten Sonnenfilter.) Auf den ersten Blick zeigten sich mehrere Sonnenfleckgruppen. In der Nähe des Äquators erkennt man ein Doppelsystem (1, rot). Diese Gruppe ist so gewaltig, dass man sie sogar mit bloßem Auge ausmachen konnte. Daneben ist ein Vielfleckensystem zu beobachten (2, orange). Es sind mehrere kleine Flecken, die man nicht weiter differenzieren kann. Der letzte beobachtete Sonnenfleck liegt einzeln (3, blau). Das gezeigte Foto wurde mit einem 25-mm-Okular und einer Digitalkamera aufgenommen. Hier wurde eine besondere Halterung benutzt, die direkt am Objektiv fixiert wird und somit einen perfekten Durchblick ermöglicht. Durch eine fehlende Umkehrlinse ist das Bild spiegelverkehrt. Leider sind Sonnenflecken sehr kurzlebig und verschwinden je nach Größe innerhalb von Stunden bis Tagen.

1 Bild der Sonne vom 02.08.2011, aufgenommen
mit einem Bresser Messier 130 mm / 1.000 mm und einem 25-mm-Okular von den Autoren, zu erkennen sind drei Sonnenflecken-Gruppen.

Bemerkung Für Sonnenbeobachtungen wird ein Sonnenfilter benötigt. Der Hobbyastronom kann diesen ganz einfach basteln. Man benötigt nur etwas Pappe und Sonnenfilterfolie, die im astronomischen Fachhandel erhältlich ist.

Von A wie Asteroid bis Z wie Zwergplanet
- die Kleinplanetentagung in Heppenheim
von Markus Griesser

Heppenheim, so ist dem Stadtporträt im Internet zu entnehmen, wurde 755 erstmals urkundlich erwähnt. In jener Zeit muss auch die Straße hinauf zum Starkenburghügel entstanden sein. Die Heppenheimer sind stolz darauf, dass sie diesen Zugang in luftige Höhen bis heute nie erneuert haben. Und so ist diese so genannte Straße der einzige Reitweg in Deutschland, der auch mit dem Auto befahren werden kann. Der geneigte Leser
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darf nun selber herausfinden, weshalb ausgerechnet aus diesem Städtchen mit dem frühmittelalterlichen Reitweg der aktuelle Formel-1-Automobil-Weltmeister Sebastian Vettel kommt - das kann doch wohl kein Zufall sein ....
Jedenfalls fand nach 1999, 2005 und 2008 bereits die vierte Kleinplanetentagung im gastfreundlichen Heppenheim statt, wobei wiederum mehr als 60 Stern-

freunde aus vier verschiedenen Ländern anreisten. Das in seiner historischen Bausubstanz prächtig erhaltene Städtchen wartete - wie oben angetönt - auch wieder mit der unvergesslichen Buckelpiste hinauf zur Starkenburg und zur Sternwarte auf. Ins Rattern der Räder über das grobe Stocksteinpflaster mischte sich da und dort eine zünftige Bodenwelle, so dass man sich zeitweilig auf dem Rücken eines knurrenden Kamels wähnte. Doch

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auf halber Strecke rief uns dann glücklicherweise das Warnschild ,,Straßenschäden" den wahren Grund der Schaukelei in Erinnerung. Wer dann solchermaßen durchvibriert und durchgeschaukelt oben endlich mit hoffentlich noch heiler Ölwanne und intaktem Auspuff ankam, war glockenwach und somit genau im richtigen Zustand für eine anspruchsvolle Tagung.
Neues von der ESA Nach der Begrüßung ging's gleich in die Vollen, orientierte doch der bei ESTEC in Nordwijk (Holland) tätige Dr. Detlef Koschny über die Aktivitäten der Europäischen Raumfahrtagentur zum Thema ,,Erdnahe Kleinplaneten". Im Rahmen des Space Situational Awareness, was sich - etwas holprig - als ,,Weltraum-Lageerfassung" übersetzen lässt, geht es grundsätzlich darum, Gefahren von künstlichen und natürlichen Objekten aus dem Weltall zu erkennen, einzuordnen und allenfalls dann die nötigen Warnungen herauszugeben. Die ESA sieht dabei eine enge Zusammenarbeit mit bestehenden Institutionen wie etwa NEOdyn und SENTRI sowie mit dem European Asteroid Research Node (EARN) in Berlin vor. Nächstes Jahr sollen die Projekte konkretisiert und die nötigen Gelder freigegeben werden, sodass die Programme ab 2013 starten könnten. Insgesamt sind für SSA 130 bis 150 Mio. Euro vorgesehen, wobei das NEO-Programm natürlich nur einen Bruchteil davon beanspruchen kann.
Fachgruppen-Statistik Im zweiten Referat präsentierte der Fachgruppenleiter Gerhard Lehmann mit vielen Zahlen und Grafiken den aktuellen Stand in der FG Kleinplaneten. Mit aktuell 91 Mitgliedern ist sie eine der größten Fachgruppen in der VdS. Seit 1997 hat sich die Mitgliederzahl verdreifacht. Die Altersspanne reicht von 84 bis 27 Jahre. Die 64 Sternwarten der FG haben bis heute rund 225.000 Positionsmessungen beim MPC abgeliefert, wobei 1.938 Entdeckungen gelangen. Diese und weitere eindrückliche Zahlen dokumentieren, wie seriös unsere an Asteroiden interessierten Sternfreunde arbeiten.
Dazu passte dann ein kleines Intermezzo: Matthias Jung aus Siegen (510) erhielt vom Kollegen Harald Bill nach Gerhards Referat ,,seinen" Asteroiden überreicht.

1 Teilnehmer an der 13. Kleinplanetentagung, zu Gast in der Sternwarte
Heppenheim

Sichtlich überrascht und gerührt nahm Matthias die entsprechende Urkunde und die entsprechende Citation (s. Kasten) entgegen und teilte am Abend im Restaurant seine Freude mit allen Tagungsteilnehmenden bei einem Gläschen Sekt.
Fachgruppe in Holland Nach der Pause berichtete Harry Rutten, unser Freund aus Holland, über die Aktivitäten der Dutch Minor Planet Association DMPA. Im Beisein der Asteroiden-Altmeisterin Ingrid von HoutenGroeneveld, die heute im zarten Alter von 90 Jahren immer noch aktiv ist, hob Harry das holländische Pendent unserer Fachgruppe im Februar 2005 aus der Taufe. Berufliche Gründe bremsten dann allerdings seinen Elan. Doch seit diesem Jahr arbeitet Harry in einer Art Vorruhestandsprogramm nur noch reduziert in seinem Beruf und kann sich so vermehrt
(230415) Matthiasjung = 2002 MQ5
Matthias Jung (b. 1961) is a German amateur astronomer, who observes comets and near earth asteroids. His main interests are spectroscopy of comets and occultations of minor planets. Named suggested and citation provided by Harald Bill.

der Fachgruppenarbeit widmen. Die momentan 25 Mitglieder aus Holland, Belgien, Deutschland und Frankreich machen Astrometrie, Photometrie und widmen sich auch den theoretischen Aspekten der Kleinplanetenforschung. Die Gruppe hat mit den drei historischen Sternwarten in Uccle, Leiden und Utrecht auch eine weit in die Wissenschaftsgeschichte zurückreichende Tradition - auch und gerade in der Kleinplanetenforschung.
Analog unseren Fachtagungen organisiert auch die DMPA ein jährliches Treffen nach einem Rotationsprinzip. Mitglieder unserer FG sind immer willkommen. Nähere Details können der Webseite http:// www.dmpa.nl entnommen werden.
Traumnächte auf Teneriffa Rainer Kresken und Matthias Busch haben im vergangenen Mai gleich sieben Beobachtungsnächte vor Ort mit dem 1-Meter-Teleskop der ESA auf Teneriffa verbracht. Unter traumhaften Beobachtungsbedingen - die visuelle Grenzgröße für das unbewaffnete Auge soll gemäß Rainer bei 7,7 mag liegen - sind Beobachtungen möglich, von denen wir Amateure nur träumen können. Das Instrument ist mit einer stickstoffgekühlten 4kx4k-Kamera ausgestattet. Matthias hat für diese Profiausrüstung ein Programm geschrieben, mit dem mit Pin Point nach einem vorgegebenen Raster Aufnahmen mit einer dreimaligen Wiederholung ab-
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gefahren wird. Die riesigen Bilder wurden dann sofort nach der Belichtung Segmentweise von Kollegen in Deutschland nach Movern abgesucht und diese dann im ständigen Mailkontakt mit den beiden Beobachtern bis in den frühen Morgen hinein vor Ort zur Vermessung gemeldet. Matthias zeigte dazu ein Beispiel von Rainer Kracht aus dem Heppenheimer Team. Der Sternfreund aus dem bewährten Heppenheimer Team war offenbar in diesen Nächten mehr als nur einmal ,,nachtaktiv" und dazu entsprechend erfolgreich.
1.000 LEDs Nach der Mittagspause wurde es dann sehr technisch, was allen anwesenden Elektronik-Freaks leuchtende Augen bescherte: Gerhard Dangl aus Österreich stellte seinen selbstentwickelten Exposure Time Analyser EXTA vor. Das GPS-referenzierte Gerät erzeugt mit insgesamt 1.000 LEDs, gesteuert von fünf Microcontrollern, ein optisch sichtbares, äußerst präzises Zeitsignal, mit dessen Hilfe der Systemfehler von Kameras bestimmt werden kann. Gerhard wies darauf hin, dass solche und manchmal sogar massive Abweichungen oft auch von der Kamera-Steuerungssoftware verursacht werden.
Ein mobiles Teleskop Dr. Björn Kattentidt erläuterte in seiner mit vielen Fotos angereicherten Präsen-
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2 Harald Bill
von der Sternwarte Siegen (510) überreicht seinem Kollegen Matthias Jung (rechts im Bild) den Kleinplaneten (230415) Matthiasjung.
tation, wie man mit einfachen Mitteln beim Aufbau eines mobilen Instrumentes das Chaos vermeidet und sich gleichzeitig das Leben erleichtert. Besonders bei Sternbedeckungen, die zeitlich strikt vorgegeben sind, muss der Aufbau rasch, systematisch und entsprechend stressfrei gehen. Dies beginnt schon beim Einnorden der Montierung, dem Aufsetzen des Instrumentes samt einer aus einer Gymnastikmatte gefertigten Taukappe bis zur Inbetriebnahme der Kamera über ein vorgefertigtes Kabel mit den entsprechenden Anschlüssen.
Ein Rückblick mit Lust und Frust Mit Rolf Apitzsch blickte einer der fleißigsten und erfolgreichsten Beobachter der Fachgruppe auf seine zehn Jahre Kleinplanetenarbeit zurück. Er hat mit einer einfachen Beobachtungssäule im Garten begonnen. Daraus entstand u. a. mit gütiger Mithilfe der Gattin, die sogar beim Betonieren half, eine kleine, aber top ausgestattete Gartensternwarte mit Kuppel. Das Instrument ist heute ein selbst gebauter, remote gesteuerter 14-Zoll-Newton. Die intensive und bis heute sehr erfolgreiche Beobachtungsarbeit war mit viel Lust und Freude verbunden. Die Leistungsbilanz der Station 198 ist entsprechend beeindruckend: Sie weist aktuell 190 Designations aus, davon sind inzwischen 29 Asteroiden nummeriert. Der schnellste auf 198 vermessene Brocken bewegte sich mit 80

Bogensekunden/Minute. Das schwächste Objekt war gerade mal 21,6 mag ,,hell". Auch ein Apollo-NEO ging 2009 dem fleißigen Sternfreund ins Netz; leider einer, der nur selten in Erdnähe kommt.
Beim Frust wies der Referent auf etlichen und wiederholten Ärger mit dem namensgebenden Komitee, dem CSBN, hin. Zwar bestehen ja eigentlich einigermaßen durchschaubare Regeln zur Namensgebung, doch das Komitee verwickelt sich selbst immer wieder in Widersprüche, fällt nicht nachvollziehbare Beschlüsse und sendet, wenn überhaupt, oft alles andere als plausible Argumente bei Rückweisungen von Namensvorschlägen. Von solchen Erfahrungen berichten auch andere Sternfreunde. ,,Uns Amateuren fehlt die Lobby beim MPC", war die etwas lakonische Schlussfolgerung von Rolf. Doch die beiden anwesenden Profis der ESA vertraten die Meinung, dass wir Amateure sehr wohl gelitten seien von Tim Spahr und seinem Team. - Nur: Das MPC ist eben nicht das CSBN ...
Mieten statt kaufen? David Voglsam aus Österreich nutzt als Basissternwarte die in unseren Kreisen wohlbekannte Station Davidschlag bei Linz. Der dortige 60-cm-Deltagraph f/3,3 ist zwar ein wunderbares Instrument, doch bei rund 130 Wolkentagen im Jahr sind den Beobachtungsmöglichkeiten halt doch deutliche Grenzen gesetzt. So machte David einige Versuche mit kommerziellen Miet-Teleskopen, nutzte erst einmal versuchsweise einen 6-Zoll-Refraktor, bevor er dann mit einem 0,51m-RC f/4,5 ,,richtige" Beobachtungen ausführte. Seine Schlussfolgerungen sind ernüchternd. Diese in den USA und Australien mietbaren Teleskope stehen zwar an sehr schönen Beobachtungsplätzen, liefern auch tolle Resultate, sind aber mit 30 bis 100 US-Dollar pro Stunde derart teuer, dass ein Dauerbetrieb wohl für die wenigsten in Frage kommt. Sinnvoll ist der Einsatz solcher Mietteleskope hingegen, wenn wir in einer anhaltenden Schlechtwetterphase stecken oder dringend nötige Follow-up-Beobachtungen an einem unserer Lieblinge machen sollten.
Deutsche Schüler am FaulkesTeleskop Dr. Lothar Kurze und Martin Metzendorf berichteten über Erfahrungen mit

3 Auf den Zeitraum 1979 bis Mai/2011 verteilen sich ca. 225.000 Positionen
von 35.623 Kleinplaneten. Alle Beobachtungen durch Mitglieder in der FG Kleine Planeten der VdS.
den beiden 2-Meter-Faulkes-Teleskopen auf Hawaii und Australien mit einem Leistungskurs am Lessing-Gymnasium in Lampertheim in Baden-Württemberg, nachdem ähnliche Pilotprojekte schon früher an Schulen in Hessen und Sachsen stattgefunden hatten. Nach einem wetterbedingten Fehlversuch gelang dann drei Wochen später mit nicht weniger als 48 Schülern der Einstieg ins anspruchsvolle Projekt. Aufgenommen wurde der Planetarische Nebel NGC 5189 im Sternbild der Fliege - mit etwas über zwei Bogenminuten Ausdehnung ein gut geeignetes und besonders hübsches Objekt für die 10 x 10 Bogenminuten Gesichtsfeld der neuen CCD-Kamera am FT. Die Bilder wurden gleich danach mit SalsaJ, einer GratisSoftware, bearbeitet. Dabei zeigte sich auch eine große Schwäche in Schulnetzwerken, können doch solche ergänzenden Computer-Programme nur von Usern mit Administrator-Rechten aufgespielt werden. Und dazu gehören normalerweise nicht mal die Lehrpersonen. Martin erzählte auch noch kurz, dass er im Rahmen des von Ranga Yogeshwar initiierten Projektes stars@school den Bau einer schuleigenen Sternwarte veranlasst hat. Offenbar ist dieses ehrgeizige Vorhaben auf guten Wegen, so dass uns der Referent in der nächsten FG-Tagung mehr darüber berichten will. Wir freuen uns schon jetzt auf diesen Bericht!
Pan-STARRS und die schwarzen Streifen Ebenfalls um ein Schülerprojekt drehten sich die Ausführungen von Caroline Liefke, Mitarbeiterin am ,,Haus der Astronomie" in Heidelberg. Nachdem schon Schüler in den USA, China, Brasilien, Polen, Bulgarien und Portugal im Rahmen des Projektes ,,Internation Astronomical Search Collaboration" (IASC) auf Aufnahmen von Pan-STARRS mit großem Erfolg nach neuen Asteroiden gesucht haben, gab es nun auch in Deutschland erste viel versprechende Versuche in dieser Richtung mit bis dahin immerhin sieben neuen Designations. Es sei enorm wichtig, dass die Schüler das Erfolgserlebnis einer eigenen Entdeckung haben, führte Caroline aus. Sie bat um Unterstützung von FG-Mitgliedern, einerseits als lokal verfügbare Ansprechpersonen für Lehrer und Schüler und anderseits für Follow-up-Beobachtungen an den neuen MBAs. Aber eben: Da Pan-STARRS-Objekte üblicherweise in den Helligkeitskategorien 21 bis 22 mag aufgestöbert werden, kommen für das Nachverfolgen nur die ganz großen Instrumente von unseren Sternfreunden in Frage. Noch etwas: Praktisch alle Bilder enthalten seltsame schwarze Streifen. Sie stammen von der US Air Force, die Pan-STARRS mitfinanziert und im Gegenzug Spuren von ,,geheimen" Satelliten in den Aufnahmen herauslöschen darf. Manche Uniformierte leiden halt an Paranoia, doch das kennen wir ja auch bestens von LINEAR Station, Code 704, die keinerlei Bilder rausrückt. - Nebenbei: Die USA verfügen gemäß den Erhebungen eines schwedischen Friedensforschungsinstitutes

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im Jahr 2011 über ein Militärbudget von 698 Milliarden Dollar. Hier übrigens der Link auf die bisher von IASC erzielten Entdeckungen: http://iasc.scibuff.com/ discoveries.php.
,,Nix wie hin!" Am Sonntagmorgen wartete Rainer Kresken mit einem tollen Vortrag über die NASA-Asteroiden-Sonde DAWN und deren geplanten Besuche bei der Ceres und Vesta auf. DAWN wurde am 27. September 2007 gestartet und ist - voll betankt - mit 1.200 kg Gesamtgewicht eine recht leichte Sonde. Der Schlüssel ist in dieser Mission der Ionenantrieb. Die rund 400 kg Xenongas als Brennstoff reichen für etwa 2.000 Tage. Doch die Sonde nutzt auch ein Swingby-Manöver am Planeten Mars, was Rainer mit einigen tollen Animationen mit EasySky, dem tollen Programm von Matthias Busch, demonstrierte.
Bereits im Juli dieses Jahres erreichte die Sonde die Vesta, wird den Asteroiden rund ein Jahr lang umkreisen, wobei die in Deutschland gefertigten Kameras schon jetzt erste Bilder geliefert haben. Der Weiterflug zur Ceres ist dann auf das Jahr 2015 terminiert.
Ceres und Vesta sind übrigens sehr verschiedene Körper - und das macht diese Mission zusätzlich spannend. Die rund 570 km große Vesta muss kurz nach ihrer Bildung einen heftigen Crash erlebt haben. Dabei wurden offenbar die sogenannten HED-Meteorite freigesetzt, die rund fünf Prozent allen bisher bekannten Meteorite stellen. Mit ihrem Durchmesser von 950 km ist die Ceres der größte Kleinplanet, oder eben nach der neuen Nomenklatur ein Zwergplanet und hat offenbar eine lehmähnliche und wassereishaltige Oberfläche. DAWN wird deshalb viele heute noch offene Fragen über diese beiden so verschiedenen Himmelskörper klären.
Katalogfehler Mike Kretlow ging in seinem sehr anspruchsvollen Referat der Frage nach, welchen Einfluss Sternkataloge auf die Massenbestimmungen von Kleinplaneten haben können. Bei Massenbestimmung und auch bei der Bestimmung von Einsturzrisiken an PHAs ist hochgenaue Astrometrie verlangt, sodass sich Fehler in
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den Sternkatalogen recht beträchtlich auf die Messungen auswirken können. Mike hat die bei uns gängigen Kataloge USNO-A2, USNO-B1, UCAC-2 und UCAC-3 näher untersucht. Etwas verwirrend ist seine Erkenntnis, dass der UCAC-2 deutlich bessere Resultate liefert als der aus dem gleichen Datenmaterial zum UCAC3 erweiterte Gesamtkatalog. Beste Resultate lieferte jedenfalls nach Mikes Einschätzung der Katalog PPMXL, handelt es sich doch dabei um eine Kombination des USNO-B1 mit dem auf Infrarot-Messungen basierenden 2MASS-Katalog.
Groß, größer - am größten Der österreichische Sternfreund Richard Gierlinger ist in der Fachgruppe schon mehrmals positiv aufgefallen durch seinen enormen Tatendrang und sein handwerkliches Geschick. Mit seinen großen Teleskopen, aktuell ein 700-mm-Newton f/4,3 und einer uralten ST-8-Kamera, hat er bis heute 96 Kleinplaneten entdeckt, 14 davon sind nummeriert und fünf tragen inzwischen einen Namen. Aber eben: Richard ist eine Persönlichkeit, die immer wieder neue Herausforderungen sucht. So hat er inzwischen mit ATTS - Advanced Telescope Tracking System eine Software mitentwickelt, die mit hochgenauen Achs-Encodern von Heidenhain auch ohne Leitstern eine Nachführgenauigkeit von plus/minus einer halben Bogensekunde erreicht (http://www.atts. at/). Außerdem hat sich Richard einen hoch auflösen Spektrographen des Typs L Hires beschafft, mit der er am 700-mmNewton u. a. Spektren an Kleinplaneten aufnehmen und analysieren will. Dazu wären allerdings etwas mehr Öffnung hilfreich, und so stehen momentan Pläne im Raum für den Bau eines neuen Teleskops mit 900 bis 1.000 mm Öffnung! Richards Frau ist aber der Meinung, dass auch 90 bis 100 mm Öffnung ausreichen würden ...
Kometenprobleme Josef Müller aus dem Westerwald ist ein erfahrenes Fachgruppenmitglied der ersten Stunde. In einem hübschen Exkurs und mit tollen Bildern berichtet der pensionierte Französischlehrer über seinen langen Weg zu den Sternen, der schon in seiner Jugend begann. Heute verfügt er in seiner kleinen Sternwarte über einen schönen 12-Zöller f/4,8 und eine ST-10XME. Neben Kleinplaneten-As-

trometrie haben es ihm ganz besonders die Kometen angetan, doch sieht er sich in der Photometrie von schwachen Kometen bis heute mit dem Problem konfrontiert, dass seine mit Astrometrica ausgeführten Messungen stets um bis zu zwei Größenklassen schwächer ausfallen als die visuell gemessenen. Josef will im Kontakt mit Sternfreunden u. a. in Italien und vor allem mit anderer Software der Problemlösung näher kommen.
Erfolge am Tzec Maun Observatory Erwin Schwab - auch er ein alter Hase, der genau weiß wo die Rüben liegen - blieb es dann vorbehalten, den Schlussvortrag zu gestalten. Er berichtete über seine Remote-Beobachtungen der letzten drei Jahre am Tzec Maun Observatory, das bis heute unentgeltlich zur Verfügung stand. Neben dem 14-Zoll-MaksutowNewton, dem ,,Big Mak", arbeitet er auch mit einem hochwertigen 6-Zoll-Refraktor in Australien und konnte doch tatsächlich mit diesem recht kleinen Instrument auch eine Entdeckung realisieren. Doch auf einer Aufnahme mit dem 14-Zöller fand Erwin analog dem ,,Tapferen Schneiderlein" schon bei seinem zweiten Einsatz gleich sieben neue Brocken auf einen Streich bzw. im selben Frame. Insgesamt heimste er in diesen drei Jahren 86 Designations ein, davon sind neun inzwischen nummeriert und fünf tragen einen Namen. Aber eben: Offenbar steht das Tzec Maun Observatorium in ernsthaften Finanzproblemen. Die Stiftung wird deshalb den Instrumentenpark massiv reduzieren. Ein Weiterbetrieb, sofern er zustande kommt, soll zumindest für Researchers ähnlich wie die anderen Remote-Angebote kostenpflichtig werden, während die Beobachtungszeit von Schülern und Studenten auf fünf Stunden limitiert wird.
Auf Wiedersehen nächstes Jahr in Berlin Zum Abschied durften die fleißigen Sternfreunde aus dem Verein der StarkenburgSternwarte ein dickes Lob für die erneut mustergültige Organisation und die feine Zwischenverpflegung einheimsen. Die nächste Kleinplaneten-Tagung wird am 2./3. Juni 2012 wieder in Berlin auf der Archenholdsternwarte stattfinden.

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Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries

Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiter bewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.

In den Nächten vom 22. bis zum 25. März 2011 sammelte Wolfgang Ries Photonen der Galaxiengruppe Arp 316. Dieses, bei Astrofotografen sehr beliebte Motiv besteht aus der Balkenspirale NGC 3187, der Spirale NGC 3190 und der Ellipse NGC 3193. Arp 316 befindet sich ca. 60 Mio. Lichtjahre von der Erde entfernt in Richtung vom Sternbild Löwe. Die Nähe zur Ekliptik ist dafür verantwortlich, dass die Gruppe relativ oft Schauplatz von kosmischen Begegnungen ist.

1 Kleinplanet (727) Nipponia
bei Arp 316. Aufgenommen mit einem 18-Zoll-Newton bei f/4,7 und einer CCD-Kamera ST10-XME. Bildautoren sind Wolfgang Ries und Stefan Heutz (Bildverarbeitung). Der Kleinplanet hinterließ am rechten oberen Bildrand eine deutlich weiße Strichspur.
So auch in der Nacht vom 22. auf den 23. März 2011, als (727) Nipponia ihre Bahnspur oberhalb von NGC 3187 zog. Der Kleinplanet wurde 1912 von Adam Massinger in Heidelberg entdeckt, der damit Japan (Nippon) an den Himmel

Eine interessante Auswahl kosmischer Begegnungen im ersten Quartal 2012

Datum

Uhrzeit Kleinplanet

mag

01.01.2012 24:00 (5264) Telephus

15,9

27.01.2012 24:00 (7426) 1992 US4 16,1

21.02.2012 22.00

(645) Agrippinia

14,2

28.02.2012 24:00 (4588) Wislicenus 15,6

21.03.2012 23:00 (5) Astraea

9,3

24.03.2012 24:00 (723) Hammonia 14,1

Objekt

Art

mag

NGC 2244, 2237-39, 2246 [1] OC, GN

6,0

NGC 2392

PN

9,9

NGC 2903

Gx

9,6

NGC 3495

Gx

12,7

NGC 3705

Gx

11,8

NGC 4179

Gx

11,9

[1] Rosettennebel

Abstand 15' 6' 9' 6' 7' 4'

Abkürzungen: Gx = Galaxie, GN = Galaktischer Nebel, OC = Offener Sternhaufen, PN = Planetarischer Nebel VdS-Journal Nr. 40

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versetzte. Der Hauptgürtelasteroid ist ca. 37 km groß und war zum Aufnahmezeitpunkt ca. 14,2 mag hell. Die Bildbearbeitung erfolgte wie immer durch meinen Astrokooperationspartner Stefan Heutz [1], der für diese Aufnahme Belichtungsdaten von über 7 Stunden verarbeitete. Kosmische Begegnungen finden täglich statt. Die Tabelle 1 enthält eine kleine Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-SkyObjekten, die von uns erstellt wurde. Damit soll Ihnen Ihr Weg zum persönlichen Bild einer kosmischen Begegnung erleichtert werden.
Eine einfache und bequeme Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren, finden sie

auf der Homepage von Co-Autor Klaus Hohmann [2] unter http://astrofotografie.hohmann-edv.de/aufnahmen/kosmische.begegnungen.php. Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit, verschiedene Parameter wie die Helligkeit des Deep-Sky-Objektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selber auswählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden.
Wir möchten Sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS auffordern, Ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals für Astronomie mit Ihren

Bildern zu bereichern. Schicken Sie die Bilder per Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an diriesw@aon.at. Bitte vergessen Sie nicht das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.
Literaturhinweise/Web-Links: [1] Homepage: http://www.astro-
kooperation.com/arp316_small.htm [2] Homepage: http://astrofotografie.
hohmann-edv.de/grundlagen/

2011 MD - eine enge Begegnung der besonderen Art
von Rolf Apitzsch und Gerhard Dangl

In der Nacht vom 27. zum 28. Juni 2011 begegnete ein kleiner Besucher unserer Erde: der Asteroid 2011 MD. Vom Lincoln Laboratory in New Mexico (LINEAR) erst am 22.6.2011 entdeckt, passierte er unseren Planeten bereits 5 Tage später in nur 12.284 km [1] Entfernung. Klar, dass bei einem solchen Ereignis viele Observatorien ihren Beitrag leisteten, um die Bahn dieses Objektes so genau wie möglich zu bestimmen. Insgesamt wurden Astrometrische Daten von weltweit 26 Stationen herangezogen. Auch Stationen von VdSMitgliedern waren dabei.

1 Links das erste Bild der Wildberger Aufnahmesequenz um 21:43:49 UT und
rechts ihr Ende um 22:00:12 UT, Belichtungszeit jeweils 5 Sekunden, Bildautor Rolf Apitzsch

Am Tag vor der größten Annäherung, die auf der südlichen Halbkugel stattfand, beobachteten die beiden Autoren unabhängig voneinander mit ihren Stationen C47 [2] in Nonndorf (Österreich) und 198 [3] in Wildberg (Deutschland) den 2011 MD. Aufgrund der hohen Winkelgeschwindigkeit am Tag vor der größten Annäherung (bis zu ca. 60''/min) waren sehr kurze Belichtungen notwendig, um zuverlässige Astrometrie zu betreiben. Im Laufe der Nacht wurden von beiden Stationen insgesamt etwa 2.000 Aufnahmen gemacht und damit ein Zeitraum von etwa 3 Stunden erfasst. Ein Glücksfall, wie sich später herausstellte, dass sich die Beobachtungszeiten beider Stationen
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mit einer kleinen Überlappung insgesamt zeitlich ergänzten.
Bei einem solchen, sich sehr schnell bewegenden Objekt lässt sich die Bewegung sehr schön mit einer Animation darstellen [4] oder auch hier [5]. Die Abbildung 1 zeigt die erste und letzte Aufnahme der Wildberger Aufnahmesequenz. Schaut man sich die Animation [4] an, fällt sofort ein deutlicher Lichtabfall in der Mitte der Animation auf. Unabhängig voneinander analysierten die Autoren diesen Lichtwechsel und kamen zu sehr ähnlichen Ergebnissen: Es gab ein sehr deutliches Minimum etwa alle 12 bis 13 Minuten, und etwas weniger deutlich

war zu sehen, dass jedes zweite Minimum etwas schwächer ausfiel. Das reizte die Autoren, der Sache auf den Grund zu gehen und die Daten auszutauschen, um mehrere Lichtwechsel zusammenzufügen. Da wir in beiden Stationen die astrometrischen und auch die photometrischen Messungen mit Astrometrica [6] vornahmen und wir uns ebenfalls mit sehr genauer Zeitnahme unserer Kameras befassen, sollte die Grundlage für eine erfolgreiche Kombination der Datensätze gegeben sein. Wir erwarteten, dass die Daten nicht nur relativ, sondern auch absolut zusammen passen würden. Die erste Zusammenfügung (vgl. Abb. 2) zeigt die gute Ergänzung der Daten auf

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der Zeitachse und einen offensichtlichen, gleichartigen Lichtwechsel in den Daten beider Stationen.
Die genauere Analyse mit dem Programm Peranso [7], in der Abbildung 3 zu sehen, zeigt einen eindeutigen Lichtwechsel alle 11 min 37,3 s und einen Hinweis auf eine weitere, tiefere Wechselfrequenz.
Die Interpretation der Daten bei dieser weiteren tieferen (Grund-)Frequenz, in der Abbildung 4 zu sehen, zeigt einen Zyklus alle 23 min 16,1 s mit abwechselnd geringerer Amplitude alle 11 min 37,3 s. Das Objekt hat nach den vorliegenden Messungen eine absolute Helligkeit von H = 28 Mag, was einem Durchmesser von 5 bis 15 m [8] je nach angenommenem Reflektionsvermögen entspricht. Vorstellen kann man sich einen etwas längli-

Die Rohdaten der scheinbaren Helligkeit des Kleinplaneten in Abhängigkeit von der Beobachtungszeit, schwarz die Beobachtungen von Apitzsch in Wildberg und in Blau bzw. Rot von Dangl in Nonndorf, Bildautor Rolf Apitzsch

chen Körper, der auf einer Seite etwas schmaler als auf der entgegen gesetzten Seite ist und sich ca. 3 Mal pro Stunde um seine Querachse dreht.

Wie sieht nun die Zukunft dieses Objektes aus, nachdem es durch die Begegnung mit uns im Schwerefeld der Erde abgelenkt wurde?

3 Fourier-Analyse (Harris et. al.) der Rohdaten, eingegrenzt auf einen Bereich von 6-30 min, Bildautor Rolf Apitzsch

4 Auswertung über zwei komplette Drehungen des Objektes, Bildautor Rolf Apitzsch

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Kometen

per im Sonnensystem durch gravitative Wechselwirkungen mit anderen Körpern und durch Strahlungseinflüsse der Sonne laufend verändern. Obwohl dieses Objekt in der Zukunft durch den Bahnverlauf immer wieder in die Nähe der Erde gelangen wird, ist eine ähnlich nahe Begegnung wie im Jahr 2011 momentan nicht erkennbar. In diesem Jahrhundert wird es noch zwölf weitere Begegnungen mit 2011 MD geben, wobei jene am 21. Juni 2086 die mit geringster Entfernung sein wird. Allerdings wird dabei der Asteroid 2011 MD die Erde in einem Abstand von einer Million Kilometern passieren.

5
Der Orbit des Kleinplaneten 2011 MD vor und nach dem nahen Vorbeiflug an der Erde, Bildautor Gerhard Dangl

Die Bahndaten des Asteroiden 2011 MD mit seiner relativ geringen Masse wurden durch den nahen Erdvorbeiflug im Juni 2011 durch die Erde mit ihrer relativ großen Masse sehr deutlich verändert. Um das zu zeigen, werden hier (vgl. Abb. 5) zum direkten Vergleich beide Umlaufbahnen dazu grafisch dargestellt. Deutlich erkennt man hier die unterschiedlichen Umlaufbahnen. Diese Momentaufnahme des Sonnensystems vom 1. Januar 2012

zeigt, dass der Asteroid nun tatsächlich eine längere Umlaufzeit aufweist als vor dem nahen Erdvorbeiflug im Juni 2011. Und bis zum Jahr 2020 wird dieser Positionsunterschied sogar schon auf die Länge einer halben Umlaufbahn angewachsen sein. Der kleine Asteroid 2011 MD befindet sich seit dem Juni 2011 somit auf einer deutlich veränderten Umlaufbahn um die Sonne. Und seine Bahn wird sich so wie bei jedem anderen Kör-

Nur durch die gute Zusammenarbeit zwischen der Sternwarte Nonndorf in Österreich und der Sternwarte Wildberg in Deutschland konnte dieses interessante Ergebnis erreicht werden.
Quellenhinweise: [1] http://newton.dm.unipi.it/neodys/
index.php?pc=1.1.8&n=2011MD [2] http://www.dangl.at [3] http://www.astro-wildberg.de [4] http://www.astro-wildberg.
de/2011%20MD.gif [5] http://www.dangl.at/2011/2011_
md/2011_md.htm#video [6] http://www.astrometrica.at [7] http://www.peranso.com [8] http://www.minorplanetcenter.org/
iau/lists/Sizes.html

Der Komet C/2011 C1 (Mc Naught)
von Uwe Pilz

1 C/2011 C1 am 30. März 2011 um
20:28 UT, Instrument: 800-mm-NewtonTeleskop, 11 x 120 s belichtet mit einer ST7-XME CCD-Kamera (Song Chen)
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Der Komet C/2011 C1 wurde am 10. Februar 2011 von Robert McNaught am Siding-Spring-Observatorium von Australien aus entdeckt. Seinerzeit handelte es sich um ein 17 mag ,,helles" Objekt im Sternbild Waage, was schon bei seiner Entdeckung einen kleinen Schweif aufwies. Die Sichtung wurde rasch von anderen Beobachtern bestätigt. Der Periheldurchlauf fand Mitte April statt, kurz nach der Erdnähe Ende März. Laut Prognose sollte der Schweifstern 14 mag erreichen, was aber glücklicherweise deutlich übertroffen wurde.

Die erste Fachgruppenbeobachtung gelang Walter Kutschera am 2. März. Er sah an seinem 54-cm-Newton-Teleskop bei 250x eine leicht elongierte Koma und konnte damit den Schweif des nur 14 mag hellen Nebelchens zumindest ansatzweise belegen. Ich selbst wurde erst zur nächsten Lunation fündig und erkannte am 29. März in meinem 12,5-Zoll-Newton-Fernrohr bei 96x einen Schweifansatz. Die Helligkeit war inzwischen auf ca. 11 mag gestiegen. Einen Tag später gelangen sowohl Song Chen aus China (Abb. 1) und Michael Jäger Aufnahmen. Trotz der ungünstigen Beobachtungsbedingungen tief am Morgenhimmel wurde

Planeten

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das kurze Beobachtungsfenster von unserer Fachgruppe genutzt: Insgesamt erhielten wir 5 Helligkeitsschätzungen von vier Beobachtern und acht Fotos von drei Autoren. Allein fünf dieser Bilder stammen von Michael Jäger, so auch das Foto vom 10. April (Abb. 2). Die größte Helligkeit bestimmte Maciej Mysik am 10. April: stolze 9,5 mag. Danach sank der Horizontabstand bei Dämmerungsbeginn auf unter 10 Grad . Im Juli hatten sich die Beobachtungsbedingungen etwas gebessert, allerdings lag die Helligkeit nur um 12 mag. Von unserer Fachgruppe liegen keine Beobachtungen aus diesem Zeitraum und später vor. Die tschechischen Sternfreunde haben ihn bis in den August hinein verfolgt.
Andreas Kammerer hat den Helligkeitsverlauf ausgewertet und kommt zu folgendem Ergebnis: - vor dem Perihel: mo = 10,7 mag,
n = 6,8 - nach dem Perihel: mo = 9,5 mag,
n = 8,5 wobei mo = absolute Helligkeit, n = Ak-

2 C/2011 C1 am 10. April 2011 um 2:40 UT, Instrument: 8-Zoll-Astrograph, f/D
= 2,8, 3 x 180 s belichtet mit einer SXV H9 CCD-Kamera (Michael Jäger)

tivitätsparameter). Damit handelt es sich um einen eher kleinen Körper, der aber durch die überdurchschnittliche Aktivität, das günstige Perihel und die nahe

Folge von Erdnähe und Perihel für mittlere Optiken erreichbar wurde. Er war ein lohnendes Ziel in der kometenarmen Zeit im Frühjahr 2011.

Beobachtung von Exoplaneten im Rahmen eines Jugend forscht Projektes
von Daniel Kuna

1 Lichtkurve des Muttersterns des Exoplaneten XO-2b. Die Datenpunkte der
Auswertung zeigen die Differenzhelligkeit zwischen dem Zielstern - mit dem Exoplaneten XO2-b - und einem benachbarten Vergleichsstern.

Ich hatte mich im Herbst 2010 dazu entschlossen, bei der damals aktuellen Wettbewerbsrunde von Jugend forscht mitzumachen, hatte aber noch kein Thema. Da fiel mir ein Artikel über die Entdeckung des Exoplaneten Gliese 581g, im Sternbild Waage, in die Hände. Dies war die Initialzündung für meine Idee, ob es wohl möglich ist, einen Exoplaneten mit Amateurmitteln zu beobachten und nachzuweisen.
Zuerst verschaffte ich mir einen Überblick über die Methoden, die zur Anwendung kommen, um einen Exoplaneten nachzuweisen zu können. Bei meinen Recherchen fand ich drei Methoden für einen indirekten Nachweis (eine direkte Beobachtung ist aufgrund der Entfernung und Größe des Exoplaneten nicht möglich), die im professionellen Bereich häufig zur Anwendung kommen.
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100 Planeten

2 Zur Verbesserung des Gesamtergebnisses ein Vergleich mit weiteren
Comparison Stars, anschließendes Ableiten der Durchschnittslichtkurve daraus. Die Transitphase von XO-2b ist gut zu erkennen.

Methode 1 Zum einen gibt es das Dopplereffektverfahren, bei dem die Rot- bzw. Blauverschiebung des Sternenlichtes - ausgelöst durch einen Exoplaneten, der um den Stern kreist - gemessen wird.
Methode 2 Dann gibt es eine photometrische Methode, bei der man die Helligkeit des Sternes während des vorhergesagten Transits über mehrere Stunden hinweg photometrisch dokumentiert. Dabei kann der vorherziehende Exoplanet für eine minimale Bedeckung des Sterns sorgen und so die Helligkeit geringfügig verringern.
Methode 3 Zuletzt gibt es noch den Gravitationslinseneffekt. Darunter versteht man die Verstärkung des Lichts eines Hintergrundobjekts durch Gravitationslinseneinwirkung eines Vordergrundsterns. Die Verstärkung nimmt zu und wieder ab, während sich der Stern vor dem Hintergrundobjekt vorbeibewegt. Dieser Helligkeitsverlauf kann durch einen vorhandenen Planeten des Vordergrundsterns eine charakteristische Spitze in der gemessenen Helligkeit erhalten.
Welche Methode ist realisierbar? Nach weiteren Recherchen wurde klar, dass - wenn überhaupt - nur die Photometriemethode mit vertretbaren Amateurmitteln realisierbar ist.
Kontakte So setzte ich mich zunächst mit einem Mitglied der Sternfreunde Münster e.V., Gerd Neumann, in Verbindung und erläuterte ihm mein Vorhaben. Da in unserem Verein leider keinerlei technische Möglichkeiten für eine derartige Beobachtung vorhanden sind, gab er mir den
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Tipp, mich an die Fachgruppe Spektroskopie der VdS (Vereinigung der Sternfreunde), an die Bundesdeutsche Arbeitsgemeinschaft für veränderliche Sterne (BAV) und an die AAVSO (American Association of Variable Star Observers) zu wenden.
Nach einer Vielzahl von E-Mails, Weiterempfehlungen, und weiteren möglichen Ansprechpartnern erhielt ich eine E-Mail von Herrn Dr. Dieter Husar (Mitglied der BAV), der sich bereit erklärte, mich bei meinem Vorhaben zu unterstützen. Als Mitbegründer der Stiftung ,,Interaktive Astronomie und Astrophysik" hat er Zugriff auf ein geeignetes, ambitioniertes Amateurteleskop.
Das Instrument für die Beobachtung Hierbei handelt es sich um das kürzlich von der Stiftung ins Leben gerufene SATINO-Projekt (Small Automatic Telescope für Internet Oberservations) in Südfrankreich, das aus zwei Remoteteleskopen besteht, die sich am OHP befinden (Observatoire de Haute Provence; ca. 60 km nord-östlich von Aix-en-Provence entfernt).
SATINO-1, ein 20-cm-Schmidt-Cassegrain-Teleskop (reduced f = 0,95 m) wurde im April 2009 in einem renovierten Beobachtungsgebäude am OHP installiert. Das zweite Teleskop, SATINO-2, ein 30-cm-Spiegelteleskop, ist seit Ende März 2010 auf einer stabilen Knicksäule montiert. Als Montierung kommt hierbei eine ASA DDM-85 zum Einsatz, eine Montierung mit ,,direct drive", mit der eine ausgezeichnete Nachführgenauigkeit von besser als 0,2 Bogensekunden erzielt wird. Darüber hinaus sind die Teleskope und die dazugehörigen Rechner

für die Programmierung und Steuerung der Teleskope via Internet über ein von Herrn Dr. Dieter Husar entwickeltes, recht einfaches System ansteuerbar.
Da dieses Projekt der Stiftung insbesondere für Schüler, Studenten und Amateurastronomen gedacht ist, stellte es eine optimale Basis für mein geplantes Projekt dar.
Einarbeitung Um ein möglichst großes Verständnis für das von mir ausgewählte Projekt zu bekommen, legte ich sehr großen Wert auf eine eigenständige Erarbeitung der internetbasierten Steuerung der Remote-Teleskope und die Auswertung der bei den Beobachtungen anfallenden Daten.
Viele Abende, z.T. bis weit in die Nacht mit mehrstündigen Telefonkonferenzen waren notwendig, um sich mit Hilfe von Herrn Dr. Dieter Husar in die Steuerung des Teleskops, die geplanten Beobachtungsplanung und die Auswertungssoftware einzuarbeiten.
Die ersten Testauswertungen mittels des Freeware-Programms Muni-Win beruhten auf schon vorhandenen Daten. Hierfür verwendete ich eine Beobachtungsreihe des Exoplaneten HAT-P 19-b (Sternbild Andromeda), die am 23.10.2010 durchgeführt wurde. Trotz kleiner Anfangsschwierigkeiten gelang es mir, eine zufriedenstellende Lichtkurve zu der Beobachtung zu erstellen. Nach weiteren ähnlichen Auswertungen heiß es dann eine erste, eigene Beobachtung zu planen.
Planung der Beobachtungen Hierfür musste es in Südfrankreich (am Teleskopstandort) wolkenloses, trockenes Wetter geben. Auch sollte ein geeigneter Exoplanet, der hoch genug am Nordhimmel steht (> 30 Grad ), aus der tschechischen Datenbank TRESCA, der Variable Star and Exoplanet Section of Czech Astronomical Society, zur Beobachtung ausgewählt werden. Ebenso müssen möglichst gleich helle Sterne in der Umgebung des Muttersterns des Exoplaneten sein, damit man deren Helligkeit mit der des ,,Zielsterns" bei der späteren Auswertung abgleichen kann.
Und zu guter Letzt musste auch Herr Dr. Dieter Husar Zeit haben, um alles im Hin-

Planeten 101

tergrund überwachen zu können, damit es nicht zu einer falschen Handhabung des Teleskops kam. Aufgrund all dieser Vorbedingungen ergaben sich nur wenige mögliche Beobachtungstermine, was nicht zuletzt auch am relativ schlechten Wetter im Herbst 2010 in Südfrankreich lag.
Der Wettbewerb fordert Zeit Parallel zur Beobachtungsplanung mussten die Vorbereitungen für meinen Stand auf dem Regionalwettbewerb, der am 25. Februar 2011 in Münster in der Stadthalle Hiltrup stattfinden sollte, voran getrieben werden. Viele Stunden flossen in die Erarbeitung des Gesamtlayouts und ansprechender Plakate für die Standpräsentation.
Für die Konzeption eines interessanten Demo-Experimentes blieb schließlich nicht mehr viel Zeit, da auch die Erstellung der eigentlichen schriftlichen Arbeit viel Zeit in Anspruch nahm. So entschied ich mich, für den Regionalwettbewerb den Dopplereffekt bei Schallwellen als Analogieexperiment zur Dopplereffektmethode zu zeigen.
Die Beobachtungen Zwischenzeitlich hatte es noch technische Probleme mit dem Dach über den Teleskopen gegeben, sodass schon angesetzte Beobachtungstermine ausfallen mussten. Nach erfolgter Reparatur und Automatisierung wurde es dann doch am Abend des 16.01.2011 ernst.
Um 19:30 Uhr begann ich via Internet, das Teleskop auf den Exoplaneten WASP-12b, der im Sternbild Fuhrmann vorzufinden ist, auszurichten und den Ablauf für die Beobachtung festzulegen. Anschließend wurden automatisch alle 120 Sekunden Aufnahmen für die spätere Auswertung von dem umgebenen Ausschnitt des Sternenhimmels gemacht. Der Transit des Exoplaneten sollte um 0:13 MEZ (am 17.01.2011) beginnen und um 3:19 Uhr MEZ (ebenfalls 17.01.2011) enden.
Rückschläge Bis 21:35 Uhr lief alles wie geplant, ca. 60 Aufnahmen wurden bis dahin gemacht, aber dann schob sich eine Wolke vor den entsprechenden Bereich des Sternenhimmels und die Beobachtung musste leider abgebrochen werden.

3 Der Autor bei der Präsentation seines Exoplaneten-Projektes auf dem
Regionalwettbewerb: Demonstration des Dopplereffektes bei Schallwellen

Da der 17. Januar aber gleichzeitig der Stichtag für die Abgabe der schriftlichen Fassung meiner Jugend-forscht-Arbeit im Online-Forum war, konnte ich bis dahin nur von diesem einen - leider gescheiterten - Versuch berichten. Aber so schnell gab ich nicht auf - es war ja noch mehr als Zeit genug bis zum entscheidenden Tag des Regionalwettbewerbes, den 25. Februar 2011 ...
Aufgeben ist keine Option - 2. Anlauf Der nächste Versuch fand dann gleich am 24.01.2011 statt. Es herrschte gutes Wetter in Südfrankreich, das SATINO-Teleskop war nicht anderweitig reserviert und es gab einen Kandidaten, der laut TRESCA gut beobachtbar sein würde. Hierbei handelte es sich um den Exoplaneten XO-2b, der alle 2,6 Tage seinen Mutterstern (gelber Zwergstern) umrundet und so vergleichsweise oft für einen beobachtbaren Transit sorgt. Zu finden ist er im Stern-

bild Luchs, also in ausreichender Höhe am nördlichen Sternenhimmel, um das Teleskop sauber nachführen zu können. Entdeckt wurde dieser Exoplanet 2007 von Christopher Burke, ebenfalls mittels der Photometriemethode (!). Aufgrund seiner extrem hohen Masse (180 Erdmassen) wird davon ausgegangen, dass es sich hier um einen Gasplaneten, ähnlich Jupiter, handelt. Trotz dieser kurzen Zeit der Bekanntheit ist XO2-b bis dato einer der am meisten von Amateuren beobachteten Exoplaneten. Damit sollte er optimal geeignet sein für eine erste eigenständige Beobachtung.
Am Beobachtungstag wurde spätnachmittags das Teleskop programmiert, so dass es während des angekündigten Transits dem Zielstern optimal nachgeführt werden konnte. Alle 2,5 min ließ ich von der CCD-Kamera des Teleskops eine Aufnahme machen, was nachher zu insgesamt 245 Aufnahmen führte.

4 Die ermittelte Transit-Lichtkurve
zum Exoplaneten HAT-P-3b

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102 Planeten

Ergebnis der Auswertung Am nächsten Tag folgte dann die Auswertung dieser Beobachtung, und diese ergab eine sehr schöne Lichtkurve (Abb. 1). Die Datenpunkte der Auswertung zeigen die Differenzhelligkeit zwischen dem ,,Variable Star" (der Zielstern mit dem Exoplaneten XO2-b) und einem möglichst gleich hellen, benachbarten ,,Comparison Star" (Vergleichsstern). Um das Gesamtergebnis zu verbessern, wird dann ein Vergleich mit weiteren Comparison Stars oder auch Check Stars durchgeführt, und anschließend daraus eine Durchschnittslichtkurve errechnet (Abb. 2).
Die Zeit vor und nach dem Transit ließ ich außen vor und beschränkte mich lediglich auf die Transitphase, die auch hier gut zu erkennen ist. Nach der Auswertung dieser Beobachtung wurde das Ergebnis noch für die Präsentation am Wettbewerbsstand in einem entsprechenden Plakat eingebaut.
Die Anerkennung, Teil 1 - Regionalebene Als endlich der Tag des Regionalwettbewerbes gekommen war (25.2.2011), war ich doch ein bisschen aufgeregter als ich zunächst vermutet hätte. Zwischen 7 und 8 Uhr musste der Stand aufgebaut werden. Anschließend gab es eine Eröffnungsrede des Vorsitzenden der IHK, Wieland Pieper, und im Anschluss daran begann für die Jury die Arbeit. 117 Arbeiten (eingereicht in 7 verschiedenen Fachbereichen) mussten besichtigt, hinterfragt und bewertet werden.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erhielt auch ich Besuch einer dreiköpfigen Jury, die aus Dr. Heinz Albert Ott von der Universität Münster, Bernd Tenbergen vom LWL Museum für Naturkunde und Kathrin Meier-Westhoff vom Rats-Gymnasium Rheda-Wienbrück bestand. Gut 20 Minuten bekam ich, um mein Projekt zu präsentieren und offen gebliebene Fragen zu beantworten (Abb. 3).
Gegen 15 Uhr war es dann so weit - die Feierstunde des Regionalwettbewerbes stand bevor, einschließlich der Bekanntgabe der Regionalsieger.
Der Regionalsieg in der Kategorie Geound Raumwissenschaften berechtigte mich zur Teilnahme am Landeswettbe-
VdS-Journal Nr. 40

werb (11.-14. April 2011) in Leverkusen. Was für eine Belohnung für all die Monate harter Arbeit! Das ,,Abenteuer" mit den Exoplaneten sollte also weitergehen.
Das Projekt endet nicht Die nächsten Wochen verbrachte ich mit weiteren Beobachtungen, dem Verbessern meiner schriftlichen Arbeit und mit dem Erstellen eines neuen Layouts für den Stand beim Landeswettbewerb in Leverkusen. Gute und interessante Ergebnisse konnten noch von den Exoplaneten XO1b und HAT-P-3b in den Sternbildern ,,Nördliche Krone" und ,,Großer Wagen" bzw. ,,Großer Bär" erzielt werden. Das Ergebnis zum Exoplaneten HAT-P-3b zeigt die Abbildung 4.
Auch das Analogieexperiment wurde weiter verbessert. Wurde auf dem Regionalwettbewerb der Dopplereffekt bei Schallwellen gezeigt, so wurde auf Landesebene der Dopplereffekt bei Mikrowellen demonstriert, der den tatsächlichen Gegebenheiten bei Lichtwellen schon erheblich näher kommt, in seiner Ausführung allerdings noch komplizierter ist.

Die Anerkennung, Teil 2 - Landesebene Am 12. April war dann der Tag der Wahrheit. Eine hochkarätig besetzte Jury, bestehend aus Prof. Dr. Bernd Dachwald vom DLR, Hermann-Michael Hahn als freier Wissenschaftjournalist, Udo Fritz, der zurzeit als Hydrogeologe und Leiter der Wasserwirtschaft bei der Bayer AG tätig ist, Hans Barth als Lehrer des Städtischen Gymnasium Beverungen und Ortun Rol, die z. Zt. beim deutschen Wetterdienst arbeitet, waren für den Fachbereich Geo- und Raumwissenschaften zuständig. Dabei wurde es mir dann ein wenig anders ums junge Forscherherz! Die Fragen nach meinem Kurzvortrag gingen auch sehr in die Tiefe (auch im Vergleich zum Regionalwettbewerb), bis hin zu Details zu den benutzten Programmen, die sich ein Jurymitglied sogar zur Vorbereitung aus dem Internet heruntergeladen hatte.
Die Siegerehrung endete dann mit einem Sonderpreis für meine Arbeit - wieder im Grunde ein toller Erfolg, der mich ermutigt, nächstes Jahr wieder bei Jugend forscht mitzumachen.

EINLADUNG ZUR 31. PLANETEN- UND KOMETENTAGUNG
IN VIOLAU
Die 31. Planeten- und Kometentagung findet vom 25. Mai 2012 bis zum 29. Mai 2012 im Bruder-Klaus-Heim in Violau bei Augsburg statt. Geboten werden Workshops zu fast allen Bereichen der Planeten- und Kometenbeobachtung. Zu dem Programm gehören die aktuellen Kometen, die Auswertung der Sichtbarkeiten der einzelnen Planeten sowie deren Monde und digitale Bildverarbeitung mit Giotto. Vorschläge zu Referaten sind selbstverständlich willkommen. Um die Kontakte zur professionellen Astronomie zu vertiefen und weitere Schnittstellen zu schaffen, werden voraussichtlich zwei Referenten aus Forschungseinrichtungen eingeladen.
Da bei dieser Tagung alle Teilnehmer unter einem Dach untergebracht werden, gibt es somit vielfältige Möglichkeiten zum gegenseitigen Kennenlernen und Erfahrungsaustausch.
Der Gesamtpreis inklusive Vollverpflegung und Unterbringung in Mehrbettzimmern liegt etwa bei 170 Euro bei Anmeldung bis zum 7. Mai 2012. (Einzelzimmer sind ca. 55 Euro teurer.) Ihre Anmeldung senden Sie bitte bis zum 7. Mai 2012 postalisch an Wolfgang Meyer, Martinstraße 1, 12167 Berlin oder per Internet über die Seite http://www.planetentagung.de. Anmeldungen können nur nach einer Anzahlung von 50 Euro auf das Konto des Arbeitskreises Planetenbeobachter (Postbank Berlin, Kontonummer 481488-109, BLZ 100 100 10, Kontoinhaber W. Meyer) berücksichtigt werden.
Unter der Internetadresse http://www.planetentagung.de können Sie ebenso aktuelle Informationen und den Stand der Tagungsplanung abrufen.

Sonne/Spektroskopie

103

Messen wie die Profis
- Teil 2: Konstruktion und Ergebnisse
von Thomas Eversberg und Klaus Vollmann

Teil 1 [1] beschrieb die Planung der grundlegenden Elemente des Spektrographen. Im Teil 2 wird nun über den Aufbau, die wesentlichen Elemente, die Konstruktion und erste Ergebnisse berichtet.
Aufbau Als Kollimator und Kamera wählt man am einfachsten handelsübliche Fotoobjektive, vorausgesetzt, die Baugröße des Gitters lässt dies zu. Mit einer optisch wirksamen Gitterfläche von 50 mm x 50 mm ist das in unserem Fall kein Problem. Wir wählten ein 180-mm-Fotoobjektiv von Meyer-Optik als Kollimator sowie ein 500-mm-Fotoobjektiv von Beroflex als Kamera. Unser Spektrographenentwurf ist in der Abbildung 1 gezeigt.
Der Fokus des Newton-Teleskops wird zunächst mittels eines Umlenkprismas von 10 mm Kantenlänge (1) in die optische Achse des Spektrographen gelenkt und auf den Spalt (2) abgebildet. Unser Zeiss-Spalt (Abb. 2) hat eine Genauigkeit von 10 µm pro Teilstrich auf dem Nonius und stammt aus einem alten Photometer. Da wir bei einem Seeing von 2'' eine Sternabbildung von 12 µm im Fokus erhalten, wäre eine genauere Einteilung zwar wünschenswert, jedoch deutlich teurer. Wir weisen darauf hin, dass im Markt durchaus kostengünstige einstellbare Spalte erhältlich sind. Deren Qualität ist uns jedoch unbekannt. Ein verstellbarer Spalt kann aber auch selbst hergestellt werden. Dabei muss lediglich die Parallelität der Spaltbacken gewährleistet sein. Dazu reicht es, zwei Rasierklingen oder auch zwei Metallplatten mit einer Phase gegeneinander zu stellen und auf einem entsprechenden Träger zu fixieren. Die Einstellung der Spaltbreite kann dann via Fühlerlehre oder aber optisch durch ein Beugungsexperiment erfolgen.
Nach dem Spalt wird der Strahl via Kollimator (3) parallelisiert und auf das Reflexionsgitter (4) geworfen. Um den gesamten visuellen Spektralbereich von 4.000 - 7.000 Å messen zu können, muss

das Gitter drehbar sein. Außerdem sollen Gitter mit 600 sowie 1.200 Linien pro mm genutzt werden.
Der nachfolgende Spiegel (5) reflektiert den Strahl danach parallel zur optischen Achse des Teleskops in Richtung Kame-

ra (6). Als Detektor nutzen wir eine MegaTEK CCD-Kamera mit dem Chip-Typ Tektronix TK 1024 und einer Pixelgröße von 24 µm. Als Guider ist eine AlphaMaxi CCD-Kamera, welche ebenfalls von Frank Fleischmann (Fa. OES) hergestellt wurde, im Einsatz.

Die provisorischen Relativzahlen des SONNE-Netzes, 1. Halbjahr 2011

zusammengestellt von A. Bulling

Tag

Januar Februar März

April

Mai

Juni

1

39

18

48

40

49

94

2

40

18

46

46

43

103

3

33

22

55

45

54

103

4

39

22

73

49

51

87

5

29

16

84

38

51

63

6

26

8

102

46

33

57

7

26

13

112

56

31

41

8

21

38

104

66

48

32

9

20

36

78

59

62

26

10

19

21

61

46

64

21

11

20

31

62

55

48

30

12

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44

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13

2

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87

30

13

14

0

70

40

100

40

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7

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29

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43

17

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58

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51

18

25

50

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55

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19

18

63

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29

29

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24

44

23

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26

37

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22

25

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34

69

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35

23

23

25

31

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42

24

21

12

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11

50

25

25

11

63

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16

38

26

18

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27

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52

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28

11

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59

21

29

10

-

72

49

75

33

30

17

-

68

57

93

44

31

14

-

56

-

80

-

Mittel

20,2

34,2

57,5

57,4

43,5

42,8

VdS-Journal Nr. 40

104

Spektroskopie

1 Links: Konstruktionsansicht des Spektrographen, (1) Einspeisung des
Newtonfokus mit Umlenkprisma, (2) Spalt, (3) Kollimator, (4) Reflexionsgitter, (5) Umlenkspiegel, (6) Kamera, (7) CCD-Flansch, (8) Guidingoptik, (9) Guiding-CCD; rechts: Gesamtansicht des geöffneten Spektrographen

Um das Teleskop im spektroskopischen Modus mit der Vergrößerungsoptik (8) und der AlphaMaxi (9) sicher nachführen zu können, nutzen wir die beiden Reflexionen der Sternabbildung am Spaltrand. Dabei sollte ausreichend Licht von den Flügeln der Intensitätsverteiliung des Seeing-Scheibchens vom Spaltrand reflektiert werden.
Die Halbwertsbreite der Intensitätsverteilungsfunktion als Indikator des Seeings sollte genau der Spaltbreite entsprechen. Bei 2''-Seeing sind das in unserem Fall 12 µm. Wir können dann davon ausgehen, dass die beiden Funktionsflügel jeweils ebenfalls etwa 12 µm entsprechen. Diese sollten nun von einer ausreichenden Anzahl Pixel der Nachführkamera überdeckt werden. Um dies zu gewährleisten, nutzen wir ein 50-mm-Objektiv (8) in Verbindung mit einer Barlowlinse (1:2) vor der AlphaMaxi als Mikroskop, um den Spalt etwa 10x zu vergrößern und auf unserer Nachführkamera (9) abzubilden. Damit erhalten wir eine ausreichende Überdeckung von rund 13 Pixeln. Dazu muss das Objektiv jedoch ausreichend nahe vor dem Spalt positioniert werden. Um dies zu gewährleisten, haben wir den Prismenträger (1) in Form eines
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hohlen Kegels (der ,,Vulkan") entworfen. Mit dieser Form wird die Vignettierung des Strahls vermieden. Die Kegeljustage erfolgt über Feingewindeschrauben. Für maximale Reflektion wurde der Spalt um 12 Grad in Richtung Guider verdreht.
Um einen Stern mit der CCD-Kamera auf den Spalt zu positionieren, muss eine ausreichende Reflexibilität gewährleistet sein. Die der Backen des Zeiss-Spaltes war aber zu gering, daher mussten diese poliert werden. Dazu bezogen wir von der Firma MACOLAEPP Schleifpasten verschiedener Körnung (220, 360, 500 und 750). Der Schleifprozess erfolgte per Hand auf einer Glasplatte. Die Spaltbacken wurden gemeinsam auf einen Träger aus Aluminium geschraubt. Während des Prozesses wurde die Spaltoberfläche regelmäßig mit einem Mikroskop untersucht. Beim Schleifen per Hand hat sich die Form einer Acht bewährt. Nur so ist gewährleistet, dass keine Vorzugsrichtung entsteht. Angenehmer Nebeneffekt ist, dass keine Phase an den Backenenden entsteht. Abschließend wurde auf einer Baumwollscheibe poliert, bis eine Reflektivität von rund 80 % erreicht worden war. Die Abbildung 3 zeigt das Abbild der Wega.

Mit dem polierten Spalt verlieren wir maximal zwei Größenklassen und können unsere schwächsten Zielsterne effektiv auf rund 10 mag nachführen. Damit sind wir sicher, auch unsere schwächsten Zielsterne auf dem Spalt verfolgen zu können. Im oberen Teil der Abbildung 3 ist der Stern neben der Spaltöffnung positioniert und liefert ein maximales Signal von etwa 24.000 ADU bei einer Belichtungszeit von einer Sekunde. Im unteren Bild ist der Stern genau auf der Spaltöffnung positioniert und liefert ein maximales Signal von etwa 1.200 ADU. Das reflektierte Restlicht kann von dem Guider gemessen werden, womit eine hinreichend genaue Nachführung auf dem Spalt gewährleistet ist.
Durch die Nutzung der Flügel der Seeingscheibe für die Nachführung auf dem Spalt gehen je nach Beobachtungsbedingung immerhin bis zu 40 % des eingespeisten Lichts für die Analyse verloren. Man könnte nun einwenden, dass damit die Nutzung einer Glasfaseroptik mit bis zu 70 % Transmission wieder attraktiv wird. Unsere Voraussetzung war aber eine Nachführung innerhalb des Spektrographen. Wenn nun analog zum Spalt der äußere Ring der Sternabbildung um die Faserapertur nachgeführt wird, verliert man nicht nur Licht in Dispersionsrichtung sondern ebenso senkrecht dazu. In der Summe ist die Effizienz dieses Verfahrens dann noch geringer.
2 Der optische Spalt von Zeiss

Spektroskopie

105

3
Links: Die Politur des Spalts wurde mit 220er-, 360er- und 700er-Korn durchgeführt. Offensichtlich war die Politurpaste toxisch und wirkte auf das zentrale Nervensystem. Rechts: Der Stern Wega auf dem polierten und beleuchteten Spalt. Rechts oben: Wega linksseitig des Spaltes, rechts unten: mittig im Spalt

Konstruktion Um den Spektrographen ausreichend stabil an den Tubus zu befestigen und eine hinreichende optische Stabilität zu gewährleisten, haben wir als Basis eine Aluminiumplatte von 10 mm Stärke gewählt. Dabei haben wir gelernt, dass Gussplatten zwar die höchste Planarität aufweisen, jedoch wegen eingeschlossener Lunker schwer zu bearbeiten sind. Besser sind gereckte Platten, die ebenfalls sehr eben sind. Auf dieser Platte werden nun alle Elemente des Geräts befestigt. An den Ecken der Basisplatte stehen Säulenelemente, die eine Deckelplatte tragen, welche mit der Bodenplatte identisch ist, jedoch zur besseren Zugänglichkeit der optischen Elemente ausgefräst ist. Sowohl

die Seiten also auch die Deckplatte haben Abdeckbleche aus Aluminium. Der ,,Vulkan" mit dem aufgesetzten Prisma bildet den optischen Zugang zum Spektrographen. Dieser ist über mehrere Schrauben justierbar (Abb. 4). Das optische Gitter wurde auf eine Halterung montiert, die vertikale und azimutale Justage ermöglicht (Abb. 5). Letztere erfolgt über eine Drehachse, deren Winkelposition mittels einer Mikrometerschraube reproduzierbar eingestellt wird. Um bei allen Winkelpositionen einen senkrechten Druckpunkt der Mikrometerschraube auf die Drehplatte zu gewährleisten, wurde diese mit einer Mimik versehen, die der Form einer Zykloide entspricht (hier durch einen Kreisausschnitt ausreichend genähert).

4
Die Newton-Einspeisungsoptik mit dem ,,Vulkan", dem Spalt und dem 50-mm-Mikroskopobjektiv für den Guider

5
Ansicht des Gitterhalters mit Mikrometerschraube

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Spektroskopie

7 Das erste Neon-Laborspektrum

6 Der fertige Spektrograph mit
angeschlossenem MegaTEK-CCD am Newton-Fokus. Der Okularauszug für den Guider ist am oberen Ende des Systems sichtbar.

Der Spalt kann in Richtung der optischen Achse des Kollimators um rund 5 mm verschoben werden. Damit erhält man eine zusätzliche Möglichkeit den Fokus exakt auf den Spalt zu positionieren. Die Abbildung 6 zeigt den fertigen Spektrographen am Teleskop.
Erste Ergebnisse Unsere ersten Aufnahmen eines Spektrums erfolgten mit einem Gitter von 638 Linien/mm an einer Neonlampe im Labor (Abb. 7). Die gemessene spektrale Dispersion von 0,77 Å/Pixel stimmt gut mit dem aus der Rechnung für unser Gitter mit 638 Linien/mm erwarteten Wert von 0,75 Å/Pixel überein. In diesem Spektrum kann man sehen, dass das System eine Halbwertsbreite der Emissionslinien von etwa 2,4 Pixeln liefert. Damit liegen wir etwa 20 % über der von uns angestrebten optimalen Auflösung von 2 Pixeln. Die vollständige Fokussierung wird aber an einem Stern durchgeführt.

8 Rohspektrum des Sterns Regulus bei 60 Sekunden Belichtungszeit,
rechts: H-Absorption

Das erste von uns aufgenommene Spektrum ist in der Abbildung 8 zu sehen. Der Stern Regulus wurde bei 50 µm Spaltöffnung für 60 Sekunden in niedriger Auflösung mit 630 Linien/mm belichtet.
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9 Rohspektrum des Sterns Cas bei 60 Sekunden Belichtungszeit.
Mitte: H-Emission von der Äquatorialscheibe des Sterns

Spektroskopie

107

Die zum Blauen (links) abfallende Intensität ist auf eine interne Dejustage der optischen Komponenten im Spektrographen zurückführbar. Abhilfe schuf eine genaue Kollimation mittels Laser, welche von uns durchgeführt wurde. Dieses erste Spektrum wurde mit einem für das UV optimierten Gitter aufgenommen. Eine wesentliche Effizienzverbesserung um mehrere Faktoren erreichen wir mit unserem Zeiss-Gitter, welches für H optimiert ist. Die Abbildung 9 zeigt das Spektrum des scheinbar hellsten Be-Sterns Cas und seine starke H-Linie bei 6.562 Å mit den gleichen Belichtungsparametern wie in der Abbildung 8.
Fazit Mit dem vorgestellten Gerät werden professionelle Ansprüche an spektroskopische Untersuchungen von Sternen erfüllt. Man kann nun einwenden, dass der Aufwand, den der Spalt in einem Spektrographen verursacht, für den Amateur groß ist und dass Spektroskopie auch ohne Spalt sehr gut möglich ist. Das ist natürlich völlig richtig und wurde durch die in der Einführung benannten Arbeiten schon dargestellt. Physikalische Arbeit und Spaß an der Spektroskopie sind auch ohne Spalt möglich! Wenn jedoch wie beabsichtigt professionellen Ansprüchen gerecht werden soll und u. U. mit Profis zusammenarbeitet wird, muss man sich klar machen, dass eine definierte spektrale Auflösung nötig ist, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen.

Ein grundsätzliches Problem bei der Spektrographenentwicklung sind begrenzte finanzielle Mittel. Dies hat in unserem Fall dazu geführt, dass wir uns im Hinblick auf günstige 50-mm-Optiken (Kollimator, Gitter, Spiegel, Kamera) in Verbindung mit maximaler Effizienz des Gesamtsystems für eine Newton-Konfiguration mit kurzer Brennweite entscheiden mussten. Unsere Materialkosten konnten relativ klein gehalten werden. Die größten Kosten verursachte mit 250 EUR der gebrauchte Spalt. Ein effizientes Blazegitter ist schon für rund 200 EUR zu bekommen und der Umlenkspiegel plus Halterung kostet rund 100 EUR. Alle anderen Bauteile sind günstig bei diversen Gebrauchtmärkten zu erhalten, so dass von Gesamtkosten für die Materialien von rund 800 EUR ausgegangen werden kann. Handelsübliche Spektrographen sind fünfmal teurer und liefern ein spektrales Auflösungsvermögen ab 2,5 Å. Das ist für eine Linienprofilanalyse jedoch i. d. R. zu wenig. Für unsere Öffnungszahlen sind geeignete Astro-Spektrographen nicht käuflich erwerbbar. Im Rückblick sollte angemerkt werden, dass das aus dem Newton-Teleskop resultierende sehr kleine Seeing-Scheibchen auf dem für eine definierte spektrale Auflösung nötigen Spalt Probleme einführt, die erstmal bewältigt werden müssen. Darüber hinaus sollten für eine einfachere Justage der Optiken die Ebenen der optischen Achsen von Teleskop und Spektrograph möglich parallel angeordnet sein. Dies zu erreichen ist jedoch nicht trivial. Insofern sollten

Lösungen für leichter handhabbare achsensymmetrische Teleskopfoki mit größeren Brennweiten (z. B. Cassegrain), mit jedoch größeren Spektrographen-Aperturen nicht zwangsläufig verworfen werden.
Durch unseren Zugang zu einer professionellen Werkstatt mit CNC-Werkzeugen konnten wir eine hochwertige mechanische Ausführung unseres Geräts erreichen. Wir möchten jedoch betonen, dass unser Ziel maximaler Effizienz auch durch einfachere Herstellungsverfahren erreichbar ist. Die entscheidenden Faktoren für ein genau definiertes und arbeitendes System liegen vielmehr in einer sorgfältigen Analyse und Anpassung aller wichtigen optischen Parameter von den Zielobjekten bis zur CCD-Kamera.
Danksagung Wir danken Wolfhard Schlosser und Christian Vilter vom Astronomischen Institut der Ruhr-Universität Bochum sowie Anthony Moffat vom Departement de Physique an der Universite de Montreal für hilfreiche Diskussionen zur Optik und der mechanischen Umsetzung.
Literaturhinweise: [1] T. Eversberg, K. Vollmann, 2011:
,,Messen wie die Profis - Teil 1: Ein Spalt-Spektrograph maximaler Effizienz in Planung", VdS-Journal für Astronomie 40, 118

28.
5. Mai 2012
von 10.00 - 18.00 Uhr

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Veränderliche

Visuelle Beobachtung veränderlicher Sterne
von Erik Wischnewski

Die visuelle Beobachtung veränderlicher Sterne zielt auf die Bestimmung der Helligkeit ab. Diese wird gegen die Zeit in ein Diagramm eingetragen und ergibt die Lichtkurve. Aus dieser gewinnt der Astronom Antworten auf Fragen zur Physik der Sterne.
Neben der lichtelektrischen und fotografischen Photometrie, die beide nicht unerhebliche finanzielle und zeitliche Investitionen bedeuten, ist es vor allem die visuelle Schätzung von Helligkeiten, die nach wie vor Anwendung findet. Sie ist der ideale Einstieg in die Veränderlichenbeobachtung und auch für langfristige Programme geeignet.
Die Helligkeit des Veränderlichen wird durch Vergleich mit bekannten Sternen der Umgebung geschätzt. Hierbei kann der geübte Beobachter eine Genauigkeit von 0,05 mag erreichen. Der Anfänger liegt eher bei 0,1 bis 0,2 mag. Übung macht den Meister!
Damit die Beobachtungen wissenschaftlich verwertet werden können, muss eine nachvollziehbare Methode angewendet werden. Eine wilde Drauflosschätzung ist unbrauchbar. Es haben sich vor allem zwei Methoden der visuellen Schätzung herauskristallisisert, die hier behandelt werden sollen: - Pickeringsche Interpolationsmethode - Argelandersche Stufenschätzmethode
Bei der Auswahl der Vergleichssterne und bei der Durchführung der Beobachtung sind einige prinzipielle Fehlerquellen zu beachten, die teilweise physikalischer Natur sind, teilweise mit der Physiologie und Psychologie des Beobachtens zu tun haben. Oft lassen sich diese Fehler nicht vermeiden, doch sollte man sie wenigstens kennen.
Prinzipielle Fehlerquellen Position Bei zwei nebeneinander stehenden gleich hellen Sternen würde der rechte Stern
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heller als der linke Stern eingeschätzt werden. Bei zwei übereinander stehenden gleich hellen Sternen würde der untere Stern heller als der obere Stern eingeschätzt werden.
Abhilfe: Bei Verwendung eines Zenitprismas kann man zwei Schätzungen machen, indem man einmal von rechts und einmal von links ins Fernrohr schaut. Schließlich nehme man den Mittelwert aus beiden Schätzungen.
Extinktion Wenn die ausgewählten Vergleichssterne eine wesentlich unterschiedliche Himmelshöhe besitzen, kann sich der Fehler aufgrund unterschiedlicher Extinktionen, insbesondere in Horizontnähe, bemerkbar machen. Abhilfe: Man bestimme die Höhe der Sterne und reduziere die gemessene Helligkeit auf die Zenithelligkeit.
Farbe Helligkeiten werden immer für einen bestimmten Spektralbereich bestimmt. Dies wird durch Verwendung von Filtern erreicht. Bei der visuellen Schätzung ohne Filter erhält man ungefähr die V-Helligkeit. Um durch diese Abweichungen der Spektralbereiche des Auges vom V-Filter nach Johnson nicht unnötig große Fehler zu bekommen, sollte man darauf achten, dass die Vergleichssterne den gleichen Spektraltyp besitzen wie der Veränderliche.
Darüber hinaus schätzt der Mensch rote Sterne heller als blaue Sterne. Um diesen physikalischen Effekt auszuschalten, wähle man möglichst Sterne mit gleicher Farbe (gleichen Spektraltyps).
Hinzu kommt das Purkinje-Phänomen, wonach sich mit abnehmender Helligkeit (Übergang von Tag zu Nacht) die Empfindlichkeit des Auges zum Blauen hin verschiebt. Auch hier hilft die Wahl gleichfarbiger Vergleichssterne.

Defokussierung Punktförmige Objekte lassen sich meist schwerer einschätzen als flächenhafte Objekte. Daher stelle man die Sterne gegebenenfalls etwas unscharf ein. Auch versuche man, nicht direkt auf den Stern zu starren, sondern daneben zu schauen (indirektes Beobachten). Beim direkten Betrachten trifft das Licht auf den gelben Fleck im Auge, dessen Lichtempfindlichkeit wesentlich geringer ist als die der übrigen Netzhaut.
Körperhaltung Zur Vermeidung von Zitterbewegungen und körperlichen Anstrengungen, die sehr schnell zu ungenauen Schätzungen führen, möge sich der Beobachter ans Fernrohr setzen. Um sich bei Sternen in größerer Höhe nicht den Kopf verrenken zu müssen, benutze man grundsätzlich ein Zenitprisma. Ferngläser sollten auf ein Fotostativ geschraubt werden.
Distanz Es ist ungünstig, die Vergleichssterne derart weit auseinander zu wählen, dass man während des visuellen Vergleichs mit dem Fernrohr hin und her fahren muss.
Intervall Je größer der Helligkeitsunterschied zweier Sterne ist, umso schlechter kann man sie miteinander vergleichen. Der Mensch hat ein gutes Empfinden für den Zustand ,,gleich hell".
Umfeld Wenn sich in der Umgebung des Vergleichssterns und des Veränderlichen noch weitere Sterne befinden, die man beim Vergleich immer mit im Blickfeld hat, wird das Schätzen erschwert. Hier kann Abhilfe nur durch starke Konzentration erfolgen. Der Effekt tritt besonders dann auf, wenn neben dem Vergleichsstern ein wesentlich hellerer Stern steht: Dann wird der Vergleichsstern nämlich zu schwach eingeschätzt und daraus resultierend der Veränderliche zu hell.

Veränderliche

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Auswahl der Vergleichssterne Würde man alle vorgenannten Punkte bei der Auswahl der Vergleichssterne beachten wollen, dann würde man bestenfalls einen einzigen finden. Daher ist es in der Regel notwendig, von den Idealvorstellungen abzuweichen. Die Bedingung, dass die Sterne helligkeitsmäßig und koordinatenmäßig in der Nähe des Veränderlichen liegen müssen, ist unumgänglich. Daher verzichte man als erstes auf die Gleichheit des Spektraltyps (Farbe) und auf die Beachtung des Umfeldes. Außerdem wähle man lieber einen Vergleichsstern mit geringer Distanz und etwas größerem Helligkeitsintervall als einen helligkeitsmäßig fast idealen Vergleichsstern außerhalb des Blickfeldes. Zudem muss geprüft werden, dass die Vergleichssterne selbst nicht veränderlich sind.
Die Interpolationsmethode nach Pickering Sie ist einfach, schnell durchgeführt und daher für jeden Sternfreund geeignet. Sie verlangt nur ein sehr geringes Maß an rechnerischen Fähigkeiten.
Es seien vier Vergleichssterne a, b, c und d mit den Helligkeiten ma, mb, mc und md gegeben. Zweckmäßigerweise ordnet man diese der Helligkeit nach, sodass a der Hellste ist und d der Dunkelste.
Nun suche man den Vergleichsstern heraus, der gerade etwas heller ist als der Veränderliche und schätze die Helligkeit des Veränderlichen durch Interpolation zwischen diesem etwas helleren Vergleichsstern und dem nächst dunkleren. Dazu denke man sich das Intervall zwischen den beiden Vergleichssternen in 10 gleiche Abschnitte unterteilt und stufe den Veränderlichen in diese Skala ein. Ist zum Beispiel Stern b gerade noch etwas heller als der Veränderliche V, dann bedeutet
- b1V9c dass der Veränderliche fast so hell ist wie b
- b5V5c dass der Veränderliche genau in der Mitte zwischen b und c liegt
- b7V3c dass der Veränderliche mehr zu c tendiert als zu b.

Es sind alle Werte zwischen b 0 V 10 c und b 10 V 0 c erlaubt. Die Genauigkeit dieser Methode beträgt bei Anfängern +-2 Stufen und bei Fortgeschrittenen +-1 Stufe. Hieraus ergibt sich jeweils der Fehler der Helligkeitsangabe. Bei sehr kleinen Intervallen zwischen den Vergleichssternen wird der Fehler eventuell einige Stufen mehr betragen. Nun errechnet sich die Helligkeit wie folgt:
wobei mb und mc die Helligkeiten der Vergleichssterne b und c sind. Sb-V ist der Stufenwert zwischen Stern b und dem Veränderlichen.

1 Dieses
Diagramm dient zur Umrechnung von Stufen- auf GrößenklassenEinheiten. Aufgetragen sind die Größenklassen der Vergleichssterne gegen die Stufenwerte des Veränderlichen.
Die Stufenschätzmethode nach Argelander Im Gegensatz zur Methode von Pickering ist die Argelandersche Stufenschätzmethode aufwendig und erfordert ein größeres Maß an rechnerischem Geschick. Sie erlaubt die Berechnung der Helligkeiten auch erst am Ende der Beobachtungsserie beziehungsweise bei jahrelangen Beobachtungsreihen erst nach Vorliegen von mindestens 20 Beobachtungen (je mehr, desto besser). Ihr großer Vorteil liegt in der umfangreichen Fehlerberechnung. Sie gestattet wegen ihres statistisch orientierten Aufbaus eine Aussage über die Zuverlässigkeit.
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110

Veränderliche

Auch erlaubt die Stufenschätzmethode, einen als geeignet verwendeten Vergleichsstern als ungeeignet zu entlarven, wenn sich zum Beispiel herausstellt, dass die in der Literatur angegebene Helligkeit falsch ist.
Bei der Argelanderschen Stufenschätzmethode werden prinzipiell alle ausgewählten Vergleichssterne bei jeder Schätzung verwendet. Es ist auch nicht unbedingt notwendig (aber vorteilhaft), dass unter allen Umständen ein Stern immer heller und ein Stern immer dunkler ist als der Veränderliche.
Die Aufgabe des Beobachters besteht darin, den Helligkeitsunterschied zwischen jedem einzelnen Vergleichsstern und dem Veränderlichen abzuschätzen. Dazu bediene man sich der Stufenskala von Argelander. Zuweilen ist es zweckmäßig, neben ganzen Stufen auch halbe Stufen zu benutzen. Die Stufe 0,5 kann es per Definition nicht geben, da Stufe 1 bereits den kleinsten erkennbaren Unterschied ausmacht.
Bei der Auswahl der Vergleichssterne ist darauf zu achten, dass jeder Vergleichsstern wenigstens kurzzeitig näher als drei Stufen an die Helligkeit des Veränderlichen gelangt, sonst ist er als ungeeignet zu bezeichnen.
Grundsätzlich steht der hellere Stern vorn, also bedeuten zum Beispiel b 3 V V 2 c dass der Stern b um 3 Stufen heller ist als der Veränderliche V und dieser um zwei Stufen heller ist als c.
Allerdings ist es für die Auswertung mit einem Computer günstiger, den Veränderlichen grundsätzlich hinten stehen zu haben. Dann hieße es: b 3 V c -2 V Der Veränderliche ist also -2 Stufen dunkler als c. Letztere Schreibweise erlaubt auch einfachere Formeln zur späteren Berechnung der Helligkeit.
Mögen vier Vergleichssterne a, b, c und d zur Verfügung stehen und Sa...Sd die jeweiligen Stufendifferenzen der Vergleichssterne zum Veränderlichen sein. Das erste Ziel ist die Ermittlung einer
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Die Stufenschätzmethode nach Argelander
Stufe 0 Erscheinen beide Sterne immer gleich hell oder möchte man bald den einen, bald den anderen ein wenig heller einschätzen, so nennt man sie gleich hell und bezeichnet dies dadurch, dass man ihnen 0 Stufen zuordnet.
Stufe 1 Kommen einem auf den ersten Blick zwar beide Sterne gleich hell vor, erkennt man aber bei aufmerksamer Betrachtung und wiederholtem Übergang vom einen zum anderen Stern und umgekehrt entweder immer oder doch nur mit sehr seltenen Ausnahmen den einen für eben bemerkbar heller, so nennt man diesen Unterschied eine Stufe.
Stufe 2 Erscheint der eine Stern stets und unzweifelhaft heller als der andere, so nennt man diesen Unterschied zwei Stufen.
Stufe 3 Eine auf den ersten Blick ins Auge fallende Verschiedenheit gilt als drei Stufen.
Stufe 4 Eine noch auffallendere Verschiedenheit, die nicht nur deutlich ist, sondern schon als groß bezeichnet werden muss, wird mit vier Stufen gekennzeichnet.

Funktion beziehungsweise eines Diagramms, welche(s) die Umrechnung der Stufenwerte in Größenklassen erlaubt. Dazu ordnet man dem hellsten Vergleichsstern a den Stufenwert Sa=0 zu. Dann errechnen sich die Stufenwerte der Vergleichssterne b, c und d durch Addition der jeweiligen mittleren Differenzen zwischen a und b, b und c sowie zwischen c und d. Um hinreichend genaue Mittelwerte zu erhalten, sollten mindestens 20 Einzelwerte zur Verfügung stehen. Jede Beobachtung der Art a Sa V b Sb V c Sc V d Sd V
ergibt jeweils eine Stufendifferenz zwischen den einzelnen Vergleichssternen, indem man

Die Größenklassen der Vergleichssterne trägt man nun gegen diese Stufenwerte in ein Diagramm ein (Abb. 1) und legt eine mittlere Gerade durch die Punkte. Alle im Folgenden ausgerechneten Stufenwerte des Veränderlichen können nunmehr mit Hilfe der Umrechnungsgeraden in Größenklassen umgewandelt werden.
Der Verfasser empfiehlt, die Gerade rechnerisch als Umrechnungsformel mit Fehlerangaben zu ermitteln. Dann kann vom Anfang der Beobachtungsreihe bis zum Schluss eine vollständige und saubere Fehlerbetrachtung durchgeführt werden.

berechnet. Dann berechnet man die Mittelwerte mit Fehler:
Die Stufenwerte der Vergleichssterne erhält man wie folgt:

Literaturhinweise: [1] E. Wischnewski, 2011: ,,Astronomie
in Theorie und Praxis", 5. Auflage, ISBN 978-3-00-032614-1

112

VdS-Nachrichten

Wir begrüßen neue Mitglieder

Mitgl.-Nr.
20021 20023 20025 20016 19993 20028 20024 20022 20030 20027

Name
Michel Rogge Röcknagel Wirth Podbelsek Meixner Krein Tolle Scharf Eser

Vorname

PLZ

Josef

84028

Rene

26409

Hans-Joachim 75428

Vincenz

85411

Manfred

48619

Robert

A-8055

Walter

CH-6060

Hagen

A-8055

Thomas

70199

Bernd

86647

Ort
Landshut Wittmund Illingen Hohenkammer Heek Wals Winterthur Gmunden Stuttgart ButtenwiesenOberthürheim

20031 20042 20040 20046 20039 20043 20047 20036 20041 20048

Wolf

Karl-Heinz

Jost

Hugo

Filipp

Swen

Schmeißer Nicole

Hansen Ralf

Börgerding Martin

Purvinskis Robert

Köpke

Julian

Hellwig Mike

Hofer

Gerhard

71634 CH-6060
71093 70794 76571 76185 88090 69126 88605 97209

Ludwigsburg Grenchen Weil im Schönbuch Filderstadt Gaggenau Karlsruhe Immenstaad Heidelberg Messkirch Veitshöchheim

Mitgl.-Nr.
20038 20044 20037 20033

Name

Vorname

Haferland Uwe

Heinz

Volker

Levenhagen Marco

Astro Optik GmbH c/o Eduard von Bergen

PLZ
83088 78073 81927 CH-6060

Ort
Kiefersfelden Bad Dürrheim München Sarnen

20052 20034

Bärthlein Stefan

08529

Sternwarte Bad Kreuznach e.V. 55283 c/o Roland Zahn

Plauen Nierstein

20050 20049

Balda

Gerhard

A-8055

IG Sternwarte Dresden

01328

Gönnsdorf c/o Renate Franz

Graz Dresden

20045 20051 20032 20055 20053 20054 20059

Mühlhöfer Scherz Eisenring Rausch Lotz Rockmann Wloka

Steffen Sascha Reiner Jürgen Heinz-Werner Manuela Frank

72119 65817 71735 717111 79761 06449 02692

Ammersbuch Eppstein Eberdingen Murr Waldshut-Tiengen Aschersleben Obergurig/ Schwarznaußlitz

20057 Potter 20058 Janke

Art Peter

59192 Bergkamen F-31470 Fonsorbes

Ergänzungen und Errata zum VdS-Journal für Astronomie Nr. 38
von Peter Völker

1) Zum Schwerpunktthema Heft 38 ,,Geschichte und Geschichten der VdS": Bild 3 auf Seite 21, rechts oben: Der Bildautor hat sein Werk erkannt und sich gemeldet. Es ist Lutz M. Scharein (früher Iltzsche) aus Berlin.

2) Zu ,,Wo die VdS bisher tagte", Seite 40: Im Absatz 1 heißt es: ,,Eine erste Statistik zu diesem Thema findet sich im VdS-Journal .... Nr. 12, Seite 9." Korrektur: Die erste derartige Statistik wurde von mir zusammengestellt und aus Anlass von ,,40 Jahre VdS" in Sterne und Weltraum Heft 10/1993, Seite 732 veröffentlicht.

1 Ich zeige hier ein weiteres historisches Foto. Dieses Bild
entstand 1971 anlässlich eines Besuches der ,,Amateur-Astronomischen Arbeitsgemeinschaft Bochum" (AABO) bei der Volkssternwarte Remscheid. Die abgebildeten Personen sind von links nach rechts: Werner E. Celnik, Rüdiger Kaufmann, HansGerhard Weber, unbekannt, Peter Stolzen und Lutz M. Scharein. Bildautor: Lutz M. Scharein, fotografiert per Selbstauslöser.

3) Zum Beitrag Heft 38 ,,Detailreiche Uranusbeobachtung", Seiten 90/91: Ich verweise auf die erste Folge meiner Serie ,,Das war´n noch Zeiten" im Heft 26, Seite 132. Dort wurden meine Uranusbeobachtungen abgedruckt, die ich im ,,VdS-Nachrichtenblatt" vom August/September 1966 veröffentlicht hatte.
Leider druckte die damalige Redaktion das aus Versehen unter der Seitenüberschrift ,,Zum Schmunzeln" ab. Die Beobachtungen waren aber echt und nahmen Bezug auf einen Artikel von Bernd Gährken im Journal Nr. 24, Seite 86.

VdS-Nachrichten

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30. VdS-Tagung und Mitgliederversammlung
von Sven Melchert

Die 30. ordentliche Mitgliederversammlung der Vereinigung der Sternfreunde e.V. hat am 10. September 2011 in Bad Dürrheim stattgefunden. Den Tagungsrahmen bildete diesmal die 6. Internationale Astronomie-Messe ,,AME" in Villingen-Schwenningen. Die Veranstalter der Astromesse, Walburga und Siegfried Bergthal, waren an der Planung und Organisation als kooptierte Vorstandsmitglieder maßgeblich beteiligt. Ihnen sei an dieser Stelle für Ihren umfangreichen und unermüdlichen Einsatz ganz herzlich gedankt!
Die Astromesse wurde von zahlreichen Workshops, Vorträgen und Ausflugsmöglichkeiten begleitet. Werner E. Celnik und Otto Guthier präsentierten in einem ausführlichen Vortrag die Arbeit der VdS. Zur Mitgliederversammlung war ab 17 Uhr in das Kurhaus von Bad Dürrheim eingeladen worden. 63 stimmberechtigte VdS-Mitglieder nahmen die Einladung an und fanden sich in den großzügigen Räumlichkeiten des Kurhauses ein.
Die Mitgliederversammlung wurde vom Vorsitzenden Otto Guthier pünktlich eröffnet. In seinem Tätigkeitsbericht für den Zeitraum 3. Oktober 2009 bis 9. September 2011 berichtete der Vorsitzende über die Aktivitäten der vergangenen zwei Jahre. Es haben zehn Vorstandssitzungen stattgefunden, acht Ausgaben des Mitgliedermagazins ,,VdS-Journal für Astronomie" wurden produziert, zweimal trafen sich die Vertreter der

VdS-Fachgruppen und zweimal hat der deutschlandweite ,,Astronomietag" mit großer Resonanz stattgefunden.
Die Werbemittel der VdS wurden grafisch neu gestaltet, für die Mehrzahl der Fachgruppen wurden Flyer hergestellt, der alte Messestand wurde durch neue Rollups ersetzt. Mehrere Pressemitteilungen zu Himmelsereignissen wurden herausgegeben und von den Medien stark beachtet. Durch eine Intensivierung der Kontakte zum Vorstand der Schweizerischen Astronomischen Gesellschaft (deren neuer Präsident, Herr Walter Krein, konnte auf der Mitgliederversammlung begrüßt werden) können VdS-Mitglieder in der Schweiz ihren Mitgliedsbeitrag über die SAG abrechnen, im Gegenzug können Abonnenten der SAG-Zeitschrift ,,Orion" die Gebühren an die VdS entrichten. In beiden Fällen entfallen so teure Auslandsüberweisungen für die Mitglieder. An der VdS-Partnersternwarte in Kirchheim wurde ein neues Teleskopgebäude errichtet und durch eine finanzielle Unterstützung seitens der VdS wird das 50-cm-Teleskop der Sternwarte bald allen VdS-Mitgliedern zur Verfügung stehen.
Nachdem in den Jahren ab 2005 ein leichter Rückgang bei der Mitgliederzahl zu verzeichnen war, weist der Trend ab 2010 wieder ein wenig nach oben. Zum 1. Januar 2011 betrug die Anzahl der VdS-Mitglieder 4034. VdS-Schatzmeister Thomas Kessler berichtete auch zur Al-

tersstruktur der Mitglieder, wonach die Zahl der jüngeren Mitglieder weiterhin zurückgeht. Dieser Punkt wurde auf der Mitgliederversammlung von den Teilnehmern intensiv diskutiert.
Nach dem Bericht der Kassenprüfer wurde dem Vorstand Entlastung erteilt. Im Anschluss daran fand die Wahl des Vorstandes statt. Als neue Vorstandsmitglieder wurden gewählt: Otto Guthier (Vorsitzender), Thomas Kessler (Schatzmeister), Sven Melchert (Schriftführer) sowie als Beisitzer Astrid Gallus, Dietmar Bannuscher, Jost Jahn und Alexander Weis. Das Amt der Kassenprüfer füllen Hannelore Kuhn und Norbert Tänzer aus. Der Mitgliedsbeitrag wurde auf 35 für Mitglieder innerhalb der EU festgelegt, für Mitglieder außerhalb der EU auf 40 . Der ermäßigte Mitgliedsbeitrag für Schüler, Studierende und Auszubildende beträgt 25 .
Den nächsten Tagesordnungspunkt bildeten Ehrungen. Der ,,Preis der deutschen Astronomie - verliehen durch die Vereinigung der Sternfreunde e.V." wurde an Peter Riepe verliehen. Für seine 57-jährige Mitgliedschaft erhielt ErnstJochen Beneke zusammen mit weiteren langjährigen Mitgliedern die Ehrennadel der VdS.
Die 30. ordentliche Mitgliederversammlung der VdS endete um 19 Uhr.

1 Die Teilnehmer der 30. ordentlichen VdS-Mitgliederversammlung vor dem Kurhaus von Bad Dürrheim.
VdS-Journal Nr. 40

114

VdS-Nostalgie

ausgewählt und zusammengestellt von Peter Völker - Folge 14
Dass man auch mit kleinen Instrumenten großartige Beobachtungsergebnisse erzielen kann, zeigt dieser Beitrag. Außer den Zeichnungen ist auch die Sprache eindrucksvoll.
Schön wäre es, wenn der Artikel junge und alte Menschen anregen könnte, wieder einmal zu zeichnen anstatt das Motiv per schnellem Foto mit der ,,Digi-Knipse" einzufangen. Das ,,VdS-Jounal für Astronomie" veröffentlicht solche Mondzeichnungen gerne.

VdS-Journal Nr. 40

VdS-Nostalgie

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116

VdS vor Ort

Die 35. Würzburger Frühjahrstagung der VdS
- Neuauflage und Neubeginn im Jahr 2011
von Otto Guthier, Vorstand

35. VdS-Frühjahrstagung in Würzburg Samstag, 19. März 2011

Tagungsprogramm

9:30

Otto Guthier, VdS

Begrüßung und Eröffnung

Marion Schäfer-Blake Grußwort der Bürgermeisterin von Würzburg

9:45 - 10:30

Prof. Dr. Karl Mannheim Das MAGIC Teleskopsystem auf La Palma: Lehrstuhl für Astr., ein neues Fenster zum Universum Würzburg

10:40

Dr. Eberhard Bredner ,,Altes Fernrohr - neue Videotechnik -geht das wohl?" Dolberg

11:10

Frank Walter München

,,Epsilon Auriga"-Beobachtungen von Veränderlichen

11:40

Christian Lorey Würzburg

,,Ein besonderes Projekt: Der (Selbst-)Bau der Schulsternwarte des Friedrich-Koenig-Gymnasiums"

12:10 - 14:00 Mittagspause

Mittagessen im ,,Würzburger Hofbräu" möglich (8 Minuten Fußweg entfernt)

14:00

Helmut C. Bauer Stuttgart

,,Die partielle Sonnenfinsternis vom 4. Januar 2011"

14:30

Dr. B. Stober

,,Echellespektroskopie"

15:15

M. Manthey Zürich

,,Meine Erfahrungen mit der ASA-Teleskoptechnik" - astrofotografische Ergebnisse

15:45

Dr. Uwe Pilz Leipzig

,,Visuelle und CCD-Photometrie von Kometen" - Ausgleich der Messwerte durch die MultiaperturMethode

16:10 - 16:30

Kaffeepause

16:30

Oliver Klös Eppstein

,,Ergebnisse der Romabedeckung und interessante Sternbedeckungen"

17:00

Dr. Uwe Pilz Leipzig

,,Uranometria Johann Bayer 1603 - Nachdruck 2010!"

17:20

Uwe Reimann Leonberg

,,Meine Erfahrungen mit vier totalen Sonnenfinsternissen 1998-2006" (Videoprojektion)"

17:45

Diskussion und Schlussworte

Ab 18:30

Gemütliches Beisammensein im Würzburger Hofbräukeller

VdS-Journal Nr. 40

Die Würzburger Frühjahrstagung ist für viele Sternfreunde ein Begriff. Gegründet wurde dieses regelmäßig stattfindende Treffen von Sternfreunden Anfang der 70er Jahre vom damaligen Vorsitzenden der VdS, Dr. Friedrich Frevert, der diese Veranstaltungen viele Jahrzehnte organisierte. Altersbedingt übertrug Dr. Frevert die Leitung und Organisation an Dr. Peter Höbel, der für viele Jahre verantwortlich zeichnete, ehe diese Aufgabe vor wenigen Jahren an Dr. Frank Fleischmann übertragen wurde. Leider musste die geplante 35. Auflage, die am 24. April 2010 stattfinden sollte, kurzfristig abgesagt werden.
Diese Absage forderte den VdS-Vorstand auf den Plan, sich selbst um die Fortsetzung und Tradition der ältesten aller VdS-Tagungen zu bemühen. Dabei sollte auch ein neuer Standort für die Vorträge gefunden werden, der wesentlich bequemer per Pkw zu erreichen sein sollte.
Der Zufall wollte es, dass drei junge Pädagogen eines Würzburger Gymnasiums im September 2010 auf der 5. AME in Villingen-Schwenningen am VdS-Stand Mitglied in unserer Vereinigung wurden. Schon beim ersten Gespräch kam man auf das Thema einer Neuausrichtung der Tagung zu sprechen, und es ergab sich die Möglichkeit, am Friedrich-Koenig-Gymnasium in Würzburg diese 35. Tagung auszurichten. Als Termin bot sich der 19. März 2011 an. Mit einem neuen Konzept und neuen Ideen wollte man der Tagung neues Leben ,,einhauchen". Dabei sollten die diversen VdS-Fachgruppen stärker als in Vergangenheit in die Thematik des Vortragsprogramms eingebunden werden. Dieser Gedanke erwies sich als sehr vorteilhaft und positiv. Grundgedanke war, dass den Teilnehmern ein möglichst umfassendes und spannendes Programm geboten werden sollte, das gleichzeitig den verschiedenen Fachgruppen eine Präsentationsmöglichkeit ermöglichte.

VdS vor Ort

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Es verblieb nicht viel Zeit und so wurde rasch ein Vortragsprogramm mit interessanten Beiträgen zusammengestellt. Einen Überblick über die Themen der 35. Tagung bietet der nebenstehende Kasten. Die komplette Organisation der Veranstaltung wurde von den Schülerinnen und Schülern der astronomischen Arbeitsgemeinschaft des Friedrich-KoenigGymnasiums übernommen und perfekt vorbereitet. Die liebevoll dekorierte Aula der Schule diente als Vortragsraum, der den 100 Teilnehmern ausreichend Platz bot. Selbst Kaffee und Kuchen sowie Pausengetränke wurden von den Gymnasiasten gereicht; die Teilnehmer fühlten sich sichtlich wohl.
Nach der Begrüßung der Amateur-Astronomen durch den Vorsitzenden der VdS hob die Bürgermeisterin in ihrem Grußwort auf die Bedeutung der Würzburger Frühjahrstagung für die Stadt hin. Der anschließende Fachvortrag von Prof. Dr. Karl Mannheim zum Thema ,,Das MA-

GIC Teleskopsystem auf La Palma" war höchst spannend, sehr interessant und wurde mit einem kräftigen Applaus der Zuhörer bedacht. Im Anschluss startete das themenreiche Vortragsprogramm der Referenten, das durch eine Mittagspause und Einkehr im nahe gelegenen ,,Würzburger Hofbräu" unterbrochen wurde.
Allen Referenten sei an dieser Stelle nochmals herzlich gedankt, ebenso wie Herrn Christian Lorey und seinen Kollegen, die einen wesentlichen Anteil am Gelingen der Tagung hatten. Ein ganz besonderer Dank gilt aber den Schülerinnen und Schülern des Friedrich-Koenig-Gymnasiums, die ganz wesentlichen Anteil am Gelingen dieser Neuauflage hatten! Herzlichen Dank!
Der Abend klang für etliche Sternfreunde mit einem Glas Bier oder fränkischem Wein im Würzburger Hofbräukeller aus. Bis spät in die Nacht wurde so ordentlich ,,gefachsimpelt" und diskutiert.

Dieser gelungene Neustart der Würzburger Frühjahrstagung verlangt natürlich nach einem erneuten Treffen.
Die 36.Würzburger Frühjahrstagung findet am Samstag, 17. März 2012 an gleicher Stelle statt, zu der wir alle Sternfreunde herzlich einladen möchten. Auch in diesem Jahr werden die Schülerinnen und Schüler der Astro-Gruppe im Friedrich-Koenig-Gymnasium für eine perfekte Organisation und angenehme Umgebung sorgen.
Das Vortragsprogramm finden Sie ab Ende Januar 2012 auf der Website der VdS: www.sternfreunde.de
Für die Tagung wird ein Beitrag vom 5,00 Euro erhoben, der ausschließlich für die Astro-AG der Schule gedacht ist. Wir freuen uns über zahlreiche Besucher und Teilnehmer an der 36. Würzburger Frühjahrtagung.

Planetentagung in Violau 2011

von Bernd Gährken

Jedes Jahr zu Pfingsten treffen sich die Planeten- und Kometenbeobachter zu ihrer Tagung im bayrischen Wallfahrtsort Violau bei Augsburg.
Den Vortagsreigen eröffnete diesmal Daniel Fischer mit einem erfrischenden Bericht über die Sonnenfinsternis im kalten Patagonien. In einer Region mit nur fünf Prozent Schönwetterchance hatte er Glück und konnte die Totalität nur ein

Grad über der Bergkette der Anden unter perfekten Bedingungen beobachten. Natürlich hatte er auch über die Naturwunder des Landes einiges zu berichten. Riesige Wasserfälle und winzige Kolibris, Rotwein, Steaks und Tango gehörten zu den Reiseerlebnissen. Wie an jedem Eröffnungsfreitag gab es im Anschluss einen offenen Kanal für kurzfristige Vorträge aus dem Publikum. Silvia Kowollik zeigte ein Video über die sehenswerte

Sternwarte in Brittheim und Bernd Gährken sprach über Halbschatteneffekte auf dem Mond.
Nach dem letzen Abendvortrag stand er gleich am Samstag morgen wieder auf dem Podium. Diesmal berichtete er darüber, was man alles mit einem Methanfilter machen kann. Bei einer Wellenlänge von 890 Nanometern lassen sich auf den Riesenplaneten aufsteigende Gasmassen

1 Reges Vortragstreiben im Dachgeschoss des Bruder-Klaus-Heims in Violau

VdS-Journal Nr. 40

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VdS vor Ort

am Äquator, große Wirbelstürme wie der GRF und sogar Impakte nachweisen. Durch die Beobachtung im Methanband kann man nicht nur viel über die Atmosphäre lernen, sondern auch den Kontrast zu den schwachen Monden verbessern. Der innerhalb der Io-Bahn laufende 16 Magnituden helle Minimond Thebe konnte mit dem Methanbandtrick erfolgreich abgebildet werden. Der nächste Vortrag widmete sich ebenfalls den beiden Riesenplaneten. Torsten Hansen zeigte einige High-End-Bilder von Jupiter und Saturn, die mit einer 11-Zoll-Optik entstanden sind. Nicht nur der aktuelle Saturnsturm, sondern auch Speicheneffekte im Saturnring konnten von ihm nachgewiesen werden. Der Rest des Morgens gehörte den Kometenfotografen: Josef Müller, Jürgen Linder und Bernd Häusler referierten über die Astrometrie und Photometrie der Kometen des letzten Jahres. Der schönste Komet im Jahre 2010 war sicherlich 103P/Hartley-2. Dieses Highlight untersuchte Uwe Pilz, der als Leiter der Fachgruppe Kometen erstmals in Violau weilte.
Als Fachreferent konnte diesmal Prof. Frank Spahn vom Institut für Physik und Astronomie der Universität Potsdam gewonnen werden. Seine Arbeitsgruppe lieferte wichtige Beiträge zu Experimenten der Raumsonde Cassini. Daneben konnte sein Team schon vor der Ankunft

der Sonde einige Simulationsprognosen zu Ringeffekten durchführen, die sich dann glanzvoll bestätigten. Besonders interessant waren die von ihm vorhergesagten Ringdichtewellen im Umfeld kleiner Monde.
Neben den schon früher beschriebenen Lücken können die Ringteilchen auch propellerförmige Strukturen bilden. Diese Propellerstrukturen sind viel größer als die eigentlichen Monde und konnten schon erfolgreich als Indikator zum Auffinden unbekannter Minimonde genutzt werden.
Als sonntägliches Ausflugsziel stand diesmal die Wieskirche auf dem Programm. Während einer Führung wurde das kunsthistorische und theologische Konzept des barocken Meisterwerks erläutert. Zusätzlich gab es auch noch etwas für die Ohren. In einem Orgelkonzert erklangen einige Highlights der Orgelliteratur von Bach und Albioni sowie eine Bearbeitung der Europahymne. Die Funktionsweise der Orgel wurde vom Organisten ausführlich erläutert. Musikalisch ging es auch am Abend weiter. Den krönenden Abschluss des Tages war das alljährliche Violaufest mit reichlich Bier und Blasmusik. Der Pfingstmontag begann mit einer Postersession. Torsten Hansen zeigte erste Ergebnisse seiner Experimente der planetaren Spektrosko-

pie. Über den Dopplereffekt ließ sich die Rotation der Gasplaneten unabhängig bestimmen. Spannend waren seine Aufnahmen des Methanspektrums von Titan. Aus der Tiefe der Methanbanden lassen sich Aussagen über Druck und Temperatur in der Atmosphäre des Riesenmondes treffen. Für die kommenden Jahrzehnte werden dort jahreszeitliche Schwankungen erwartet. Andreas Eberle lud zum nächsten CCD-Workshop nach Stuttgart ein und präsentierte die City-Starparty.
Am Nachmittag berichtete Bernd Gährken über eine von ihm entdeckte und fotografierte Halbschattenfinsternis des Jupitermondes Kallisto sowie über einen erst vor wenigen Wochen aufgespürten Mondimpakt. Silvia Kowollik zeigte Bilder von den aktuellen Entwicklungen auf den Gasriesen Jupiter und Saturn. Das SEB-Revival von 2010 und der Saturnsturm von 2011 wurden von ihr im Detail dokumentiert. Dass die hierfür verwendete DMK-Kamera auch jenseits der Planetenfotografie gut zu gebrauchen ist, wurde in einem weiteren Vortrag genauer untersucht. Sonnenbilder und Deepskyfotos sind ebenfalls möglich. Ernst-Jochen Beneke erzählte von einem Besuch des Meridians von Bologna. Er wurde vor über 300 Jahren von Cassini angelegt und ist heute ein originelles Kunstwerk auf dem Fußboden der dortigen Kathedrale.

Einladung
zur 31. Planeten- und Kometentagung in Violau

Die 31. Planeten- und Kometentagung findet vom 25. Mai 2012 bis zum 29. Mai 2012 im Bruder-Klaus-Heim in Violau bei Augsburg statt. Geboten werden Workshops zu fast allen Bereichen der Planeten- und Kometenbeobachtung. Zu dem Programm gehören die aktuellen Kometen, die Auswertung der Sichtbarkeiten der einzelnen Planeten sowie deren Monde und digitale Bildverarbeitung mit Giotto. Vorschläge zu Referaten sind selbstverständlich willkommen. Um die Kontakte zur professionellen Astronomie zu vertiefen und weitere Schnittstellen zu schaffen, werden voraussichtlich zwei Referenten aus Forschungseinrichtungen eingeladen.
Da bei dieser Tagung alle Teilnehmer unter einem Dach untergebracht werden, gibt es somit vielfältige Möglichkeiten zum gegenseitigen Kennenlernen und Erfahrungsaustausch.

Der Gesamtpreis inklusive Vollverpflegung und Unterbringung

in Mehrbettzimmern liegt etwa bei

bei Anmeldung

(Einzelzimmer sind ca. 55 Euro teurer).

Ihre Anmeldung senden Sie bitte bis zum 7. Mai 2012 postalisch an Wolfgang Meyer, Martinstraße 1, 12167 Berlin oder per Internet über die Seite http://www.planetentagung. de. Anmeldungen können nur nach einer Anzahlung von 50 Euro auf das Konto des Arbeitskreises Planetenbeobachter (Postbank Berlin, Kontonummer 481488-109, BLZ 100 100 10, Kontoinhaber W. Meyer) berücksichtigt werden.

Unter der Internetadresse

können

Sie ebenso aktuelle Informationen und den Stand der Ta-

gungsplanung abrufen.

VdS-Journal Nr. 40

VdS-Portrait

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Ist dies das ,,AUS"
für das Observatorium Hoher List in der Eifel?
von Harald Simon und Dr. Klaus Reif

Völlig überraschend habe ich im September 2010 von der Schließung des Observatoriums Hoher List des ArgelanderInstituts für Astronomie der Universität Bonn erfahren.
Obwohl in den Jahren 2009 und 2010 umfangreiche Sanierungsmaßnahmen durchgeführt wurden, scheint für 2012 die Schließung festzustehen. Ich bin Vorstandsmitglied im Förderverein des Observatoriums und kann nicht verstehen, dass es diese Anlage bald nicht mehr geben soll.
Natürlich erfüllt das Institut nicht mehr die Anforderungen an die moderne Astronomie und ist deshalb in den vergangenen Jahren immer weniger für die Forschung eingesetzt worden. Aber es wurde immer noch intensiv für die Ausbildung von Studenten der Astrophysik eingesetzt. Es ist in gewisser Weise ein technisches Denkmal für naturwissenschaftliche und astronomische Forschung in den vergangenen Jahrzehnten mit nach wie vor praktischer Bedeutung. Viele Wissenschaftler haben in diesem Institut ihr Wirken begonnen und sind heute weltweit an großen Observatorien tätig. Es wäre mehr als wünschenswert, wenn das Observatorium als wissenschaftliche Ausbildungsstätte für junge Studenten erhalten bleibt. Es dient ihnen als Simu-

lator für das Erlernen von praktischen Fähigkeiten im Umgang mit ferngesteuerten Teleskopen. Sie haben die Möglichkeit selbstständig Techniken im Kleinen kennen zu lernen und anzuwenden, die sie später im Umgang mit Großteleskopen benötigen. Die dazu notwendigen Ausbildungszeiten stehen ihnen an den Großgeräten nicht zur Verfügung.
Darüber hinaus diente das Observatorium der Öffentlichkeitsarbeit und war damit auch ein Werbeträger für die Astronomie. Schon über viele Jahre werden hier ganz regelmäßig von den Wissenschaftlern und von den Vorstandsmitgliedern des Fördervereins Vorträge und Führungen sowie gemeinsame Beobachtungen angeboten. Diese stoßen immer auf großes Interesse, nicht nur bei den Einheimischen, sondern auch bei Urlaubern und Feriengästen aus ganz Deutschland. Es kommen sogar Gäste aus den Niederlanden und Belgien, die es zum Wandern in die Vulkaneifel zieht. Alle Besucher sind sehr dankbar und kommen immer gerne wieder, weil ihnen hier Astronomie gut verständlich erklärt wird.
Es wäre schön, wenn neben der Ausbildung auch die Astronomiegeschichte hier lebendig bleiben könnte und der interessierten Öffentlichkeit weiterhin Zugang zu dieser spannenden Wissenschaft er-

möglicht werden könnte. Das sollte von den Verantwortlichen bedacht werden.
Das Argelander-Instituts für Astronomie der Universität Bonn (AIfA) plant, das Observatorium Hoher List Ende Februar 2012 aufzugeben. Damit droht der Region ein großer Verlust. Findet sich keine Möglichkeit, die Anlage auf dem Hohen List in irgendeiner Weise weiterzuführen, stehen im schlimmsten Fall Steinbruchmaschinen bereit, um das gesamte Gelände samt Hügel dem Erdboden gleichzumachen. Das wäre das Ende von astronomischer Forschung und Wissensvermittlung in der Vulkaneifel. Dazu darf es nicht kommen!
Zur Geschichte des Observatoriums Das Observatorium Hoher List ist die Sternwarte des Argelander-Instituts für Astronomie der Universität Bonn. Schon als Preußen im Jahre 1818 die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn gründete, wurde der Philosophischen Fakultät ein Lehrstuhl für Astronomie angegliedert. Zwischen 1839 und 1845 wurde außerhalb der Stadt an der Poppelsdorfer Allee, die das Bonner Stadtschloss mit dem Jagdschlösschen Clemensruhe verbindet, unter dem großen Astronomen Friedrich Wilhelm August Argelander (1799-1875) die Bonner Sternwarte errichtet.
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VdS-Portrait

1 Gebäude mit Kuppel für das 1-Meter-Teleskop

Die Stadt Bonn ist im Laufe der Jahre weit über die Sternwarte hinausgewachsen, ja diese liegt heute praktisch im Stadtzentrum, so dass im Lichtermeer und unter der Dunstglocke der Großstadt keine sinnvollen astronomischen Beobachtungen mehr möglich waren. Im Jahre 1950 fasste man daher den Beschluss, außerhalb Bonns auf der flachen, 549 m hohen Kuppe ,,Hoher List" bei Schalkenmehren im Kreis Daun eine Außenstation zu errichten.

Unter Direktor Friedrich Becker (19001985) und seinem Assistenten Hans Schmidt (1920 - 2003), später erster Leiter der Sternwarte, wurden insgesamt 8 1/4 Hektar von der Gemeinde Schalkenmehren und Privateigentümern erworben und von 1950 - 1954 die Sternwarte errichtet (Abb. S. 119). Das Hauptgebäude schmiegt sich in leichtem Schwung dem Hang des Hohen Lists an seiner Südostseite an. Drei Beobachtungstür-

me wurden dem Gebäude angefügt, ein vierter, kleiner Turm wurde von Hans Schmidt etwas oberhalb an den Berg gesetzt. Als Hauptinstrument wurde ein nach dem Hamburger Optiker Bernhard Schmidt benannter Schmidt-Spiegel von 50 Zentimetern Durchmesser erworben, das erste größere Teleskop seiner Art, das Himmelsaufnahmen mit einen großen Blickwinkel erlaubte. Eine weitere Kuppel nahm den ,,Bolivia-Refraktor" auf, ein Instrument, mit dem Friedrich Becker in den zwanziger Jahren nahe La Paz in Bolivien eine spektrale Himmelsdurchmusterung durchführte. Ein Wohnhaus vervollständigte das Ensemble.
Das Hauptgebäude erwies sich bald als zu klein, und ein modernes Teleskop wurde immer dringender gewünscht. So wurde der Hohe List zwischen 1962 und 1965 um zwei große Türme, deren Kuppeln je 8,5 Meter Durchmesser besitzen, erweitert. An die Türme wurden die Feinmechanische Werkstatt und das neue Elektronik-Laboratorium angebaut. Für die Unterbringung auswärtiger Gastbeobachter wurde zudem ein Wohnbungalow mit fünf Zimmern errichtet. In einer der Kuppeln wurde der 1899 von der Firma Repsold in Hamburg gebaute

2 + 2a Fernsteuerbares 106-cm-Cassegrain-Teleskop

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3 Kuppel des 5-Meter-Doppelrefraktors mit angrenzender Werkstatt.

Bonner Doppelrefraktor neu aufgestellt. Dieses Linsenfernrohr vereinigt gleich zwei Teleskope in einem Rohr, eines für Beobachtungen mit dem Auge, das andere für photographische Aufnahmen. Für die zweite neue Kuppel wurde ein modernes Spiegelteleskop erworben, das 1-Meter-Teleskop. Der Hauptspiegel mit einer Öffnung von 106 Zentimetern wurde von den Askania-Werken in Berlin gefertigt. Die Gabelmontierung des Teleskops, also der mechanische Aufbau und dessen Steuerung, wurde von Ing. B. G. Hooghoudt aus Leiden entworfen, der auch am Bau des 100-Meter-Radioteleskop in Effelsberg beteiligt war.
Der Förderverein des Observatoriums Hoher List Im März des Jahres 2002 haben Freunde und Mitarbeiter der Sternwarte den ,,Förderverein des Observatoriums Hoher List e.V." gegründet. Ziel des Vereins ist die ideelle und finanzielle Förderung des Observatoriums.
Ein besonderes Anliegen der Vereinsarbeit ist die Verbreitung astronomischer Kenntnisse im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit. Dies geschieht z.B. durch Führungen durch die Sternwarte und mit Vorträgen zu aktuellen Themen aus Astronomie und Raumfahrt. In Volkshochschulkursen wird eine allgemeine

Einführung in Instrumentenkunde und Fundamentalastronomie gegeben. Lehrern mit Schülergruppen wird die Möglichkeit geboten, erste Erfahrungen in praktischer Astronomie zu sammeln. Auch Liebhaberastronomen können in sinnvoller Weise unterstützt werden. Die Teleskope der Sternwarte (mit Ausnahme des 1-Meter-Teleskops) stehen nach kurzer Einführung für Beobachter bereit.
Wie könnte es weitergehen? Vorschlag zum Erhalt und Weiterbetrieb des Observatoriums Herr Dr. Klaus Reif vom ArgelanderInstituts für Astronomie der Universität Bonn ist seit 2002 Leiter des Observatoriums und Mitglied des Fördervereins. Zur Erhaltung und Weiterführung des Observatoriums macht er folgenden Vorschlag: Im Grunde genommen besteht zwischen allen Beteiligten, Betroffenen, bisherigen Nutzern und Interessierten - der Leitung der Universität Bonn, den Mitarbeitern, dem Förderverein, Lehrern und insbesondere der regionalen Öffentlichkeit - Übereinstimmung, dass ein Weg gefunden werden muss, diese einmalige Anlage mit einer neuen Zielsetzung sinnvoll weiter zu nutzen. Es besteht auch große Einigkeit, dass dabei die Gewinnung von Nachwuchs für die Naturwissenschaften und die Unterrichtung in Naturwissenschaften im Zentrum stehen soll.

Der Hohe List liegt mitten in der Vulkaneifel und damit in einer stark besuchten Ferienregion. Die bisherigen öffentlichen Führungen und Vorträge, die zum
4 Bonner Doppelrefraktor von
1899 mit 5 Metern Brennweite VdS-Journal Nr. 40

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VdS-Portrait

überwiegenden Teil vom Förderverein angeboten werden, erfreuen sich großer Beliebtheit bei der lokalen Bevölkerung und auch bei den Feriengästen. Diese Zielgruppe soll bei der Planung der Zukunft eine Rolle spielen. Auch wenn die Universität das Observatorium aufgeben will, versucht dem Vernehmen nach die Leitung der Universität, das zuständige Ministerium in Düsseldorf für eine entsprechende Weiternutzung zu gewinnen. Dass dieses ,,Stückchen NRW" bei Daun in Rheinland-Pfalz liegt, macht die Sache nicht einfacher. Die Landesregierung in Mainz müsste mit ins Boot. In dieser Richtung gibt es auch erste Kontakte.
Diese Aktivitäten basieren u.a. auf einem Vorschlag, den der Leiter des Observatoriums Dr. Klaus Reif dem Rektor der Universität Bonn Herrn Prof. Fohrmann Ende 2010 vorgelegt hat. Unter der Kurzbezeichnung ,,Astro-Geo-Akademie" entwirft er eine Zukunftsperspektive, die die beiden größten naturwissenschaftlichen Highlights der Region nutzt: Das astronomische Observatorium einerseits und die Vulkaneifel selbst mit ihren zahlreichen Maaren und Kratern und anderen geologischen Attraktionen. Das Papier ist inzwischen auf der Internetseite des Fördervereins [1] verfügbar.
Der Vorschlag stützt sich auf die sehr guten Erfahrungen, die am Hohen List seit vielen Jahren mit Studentenpraktika und -projekten, Lehrer-/Schüler-Gruppen und mit der Öffnung für die Öffentlichkeit gemacht wurden. Das sehr umfassende Konzept sieht deshalb vor:
- Weiterhin die Bereitstellung von Geräten und Infrastruktur für Praktika im regulären Universitätsstudium und studentische Projekte (,,forschend lernen").
- Projekte für Schulklassen, schulische AGs.
- Informationsangebote für die Öffentlichkeit.
- Fortbildung für Lehrer im Beruf (offen auch für Laien).
- Kurse, Bereitstellung von Geräten und Infrastruktur für weitere Gruppen (z.B. Amateure).
Der Bedarf der Universität (Punkt 1.) wird nicht bestritten. Nur sind in der gegenwärtigen Konstellation (Universität als
VdS-Journal Nr. 40

5 Luftbildaufnahme des Obser-
vatoriums Hoher List in der Vulkaneifel. Die Aufnahme stammt aus in den 1990er Jahren
alleiniger Betreiber) vermutlich die Kosten zu hoch. Mit der Wiedereinführung der Lehrerausbildung an der Universität Bonn zum Wintersemester 2011/2012 könnte der Bedarf noch steigen. Der große Erfolg, den das von Studenten initiierte HOLIGRAIL-Projekt (Überwachung von Mehrfachquasaren bzw. Gravitationslinsen) am 1-Meter-Teleskop bei den Physikstudenten hat, belegt die außerordentliche Attraktivität und das große Potential - auch für die wissenschaftliche Ausbildung.
Seit mehr als zehn Jahren wird der Hohe List auch von einigen engagierten Physiklehrern mit ihren Astro-AGs immer wieder besucht. Es sind in der Regel Aufenthalte von 3-5 Tagen/Nächten, in denen ihnen die ,,kleinen" Teleskope zur Verfügung stehen. Die Lehrer können (müssen) weitgehend selbständig arbeiten. Die Begeisterung der Schülerinnen und Schüler ist fast mit den Händen zu greifen. Die Lehrer betonen die große und anhaltende Motivation, die von solchen Projekten für den alltäglichen Unterricht ausgeht.
Auch das Interesse der Öffentlichkeit an der Astronomie ist ungebrochen. Schlagworte wie Schwarze Löcher, Dunkle Materie und Dunkle Energie sind allgegenwärtig. Aber auch von den Teleskopen, etwa dem historischen ,,Bonner Doppelrefraktor" mit seinen gut fünf Metern Länge und dem modernen 1-Meter-Cassegrain-Teleskop sind die Besucher fasziniert, insbesondere wenn ihnen daran die Grundzüge der astronomischen Beob-

achtungstechniken begreiflich gemacht werden.
Mit der Fortbildung für Lehrer und der Bereitstellung von Geräten und Infrastruktur für weitere Gruppen - etwa Amateure - würde allerdings Neuland beschritten. Prinzipiell können schon jetzt Liebhaberastronomen aus dem Förderverein an den kleinen Teleskopen arbeiten. Es hat sich aber gezeigt, dass ,,Goto"-verwöhnte Amateure für den an diesen alten Geräten noch erforderlichen Handbetrieb, der z.B. bei Schülern einen erwünschten didaktischen Effekt hat, nur ein müdes Lächeln übrig haben. Da müsste nachgerüstet werden, wobei die Amateure schon ihren eigenen Anteil beitragen möchten.
Der Hohe List mit seinen sechs Teleskopen, einem Gelände von ca. 90.000 Quadratmetern und mit seiner Lage mitten im ,,Vulkan Eifel European Geopark" bietet eine ideale Grundlage für die Idee einer Astro-Geo-Akademie. Das wird ergänzt durch weitere Aspekte, die sich zu einem ungewöhnlichen Potential summieren. Die 5 großen der 6 Kuppeln erhielten in den letzten Jahren neue Tore und neue Zinkblecheindeckungen. Die Kuppelgebäude wurden von außen aufwendig renoviert. Das für den Betrieb notwendige technische Know-How ist bei den Universitätsmitarbeitern z. Zt. noch verfügbar. Die Nachwuchsförderung wird am Argelander-Institut für Astronomie seit vielen Jahren sehr erfolgreich betrieben. Auf diese Erfahrung kann man bauen. Von dort könnte die Akademie Dozenten für ein Kursprogramm anwerben. Die Erdbebenwarte Bensberg der Universität zu Köln ist an einer Kooperation interessiert und könnte etwa einen historischen Seismografen zur Verfügung stellen. Die Herkunftsorte der Feriengäste und Wochenendurlauber zeigen, dass das Einzugsgebiet vom bevölkerungsreichen Ruhrgebiet über das Köln/Bonner Ballungszentrum bis über die Grenzen ins benachbarte Belgien und die Niederlande reicht. Die Region - Gemeinde und Landkreis - sind an einer ,,hochwertigen" Nutzung des Hohen Lists ebenfalls sehr interessiert.
Internethinweise: [1] Internetseite des Observatoriums
Hoher List: http://www.hoher-list.de/

JAGDHUNDE

GROSSER BÄR

GIRAFFE Capella

HAAR DER BERENIKE

KLEINER LÖWE

JUNGFRAU

LÖWE Mars

Regulus

LUCHS Castor
Pollux
KREBS

FUHRMANN

ZWILLINGE

Aldebaran

Procyon

KLEINER HUND

Beteigeuze

ORION

SEXTANT

BECHER
SÜDOST Sternkarte exakt gültig für 15. Januar 0 Uhr MEZ

Alphard

RSCHLANGE WASSE

KOMPASS

EINHORN Sirius

HINTERDECK

GROSSER HUND

Rigel HASE

SÜD
Mondphasen im Januar 2012

PERSEUS Algol

ANDROMEDA DREIECK

STIER

WIDDER
FISCHE Jupiter

WALFISCH
ERIDANUS
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Alle Zeitangaben in MEZ, exakt für 10 Grad östl. Länge / 50 Grad nördl. Breite

Erstes Viertel 1.1.

Vollmond 9.1.

Planeten im Januar
Merkur war Ende Dezember 2011 am Morgenhimmel zu sehen. Mit etwas Glück gelingt noch eine Beobachtung in den ersten Januartagen gegen 7 Uhr über dem Südosthorizont.

Venus wird im Januar zum strahlenden Abendstern über dem Südwesthorizont. Ihr Durchmesser beträgt 15'', die Helligkeit weiterhin -4,0 mag.

Mars findet man zwischen Jungfrau und Löwe, seine Helligkeit steigert sich auf -0,5 mag, denn im März wird der rote Planet in Opposition stehen. Durchmesser im Januar: 12''.

Jupiter zieht seine Bahn zwischen Fischen und Widder. Er ist das hellste Gestirn am Nachthimmel (-2,4 mag) und ideal zu beobachten.

Saturn kann zunehmend in der zweiten, noch dunklen Nachthälfte in Ostrichtung beobachtet werden. Oppositionstermin in 2012 ist Mitte April.

Uranus läuft in den Fischen (relativ zu den Sternen) wieder in Ostrichtung. Sobald es dunkel ist, sollte man ihn aufsuchen.

Letztes Viertel 16.1.
Neptun wird zunehmend von der Sonne eingeholt und bleibt nachts unsichtbar. Herausforderung am Abend des 13. ist seine Begegnung mit Venus in 1 Grad Distanz.
Ereignisse im Januar
01. 07:15 Erstes Viertel 02. 21 h Mond erdfern (Durchm. 29,5') 03. 1 h Mond 4,2 Grad N Jupiter (-2,6 mag),
Westhimmel 03. Abend Sternschnuppenschwarm der
,,Quadrantiden" oder ,,Bootiden", 100-120/h, ganze Nacht zum 4.1. 04. 22:22 RW Tau Minimum 11,6 mag, rd. 2 Std. schneller Abstieg von 8,0 mag auf ein 1,3Stunden-Minimum gleich bleibender Helligkeit 05. 22:07 Beta Per (Algol) Minimum 3,4 mag, Abstieg von 2,1 mag in rd. 3 Std. Weitere Minima: 8. 19:00, 28. 20:41 08. 19:00 Beta Per (Algol) Minimum 3,4 mag, Abstieg von 2,1 mag in rd. 3 Std. 09. 08:30 Vollmond (max. Libration, Mond-NW günstig)

Neumond 23.1.

Erstes Viertel 31.1.

13. 18:30 Venus (-4,0 mag) 1,1 Grad S Nep-

tun (8,0 mag), Westhimmel

13. 23:38 Mond 8,6 Grad S Mars (-0,1 mag)

16. 10:08 Mond Letztes Viertel

16. 20 h Mond 6 Grad S Saturn

17. 22 h Mond erdnah (Durchm. 32,3')

18. 21:10 R CMa Minimum 6,3 mag,

Abstieg von 5,7 mag in rd.

1,5 Std.

23. 08:39 Neumond

24.

Mond max. Libration, Mond-

SO günstig

26. 18h Mond 5,6 Grad N Venus (-4,1 mag)

26. 19:58 R CMa Minimum 6,3 mag,

Abstieg von 5,7 mag in rd.

1,5 Std.

28. 20:41 Beta Per (Algol) Minimum 3,4

mag, Abstieg von 2,1 mag in

rd. 3 Std.

29. 20:26 RW Tau Minimum 11,6 mag,

rd. 2 Std. schneller Abstieg

von 8,0 mag auf ein 1,3-

Stunden-Minimum gleich

bleibender Helligkeit

30. 19 h Mond erdfern (Durchm. 29,6')

30. 18:30 Mond 4,3 Grad N Jupiter (-2,4 mag)

31. 05:10 Mond Erstes Viertel

31. 20:55 HU Tau Minimum 6,7 mag,

Abstieg von 5,9 mag in rd. 2

Std. auf ein einstündiges

Minimum gleich bleibender

Helligkeit

NÖRDL. KRONE

Gemma

BOOTES

JAGDHUNDE

GROSSER BÄR

LUCHS

Capella FUHRMANN

Algol PERSEUS
Plejaden

Arctur

HAAR DER BERENIKE

JUNGFRAU

KLEINER LÖWE

LÖWE Mars

Regulus

Castor Pollux
KREBS
KLEINER HUND Procyon

Saturn Spica

SÜDOST

RABE

Sternkarte exakt gültig für 15. Februar 0 Uhr MEZ

BECHER

SEXTANT

Alphard

RSCHLANGE WASSE

KOMPASS HINTERDECK

SÜD
Mondphasen im Februar 2012

ZWILLINGE

Aldebaran

STIER

Beteigeuze

ORION

EINHORN

Rigel

ANUS ERID

Sirius

HASE

GROSSER D HUN

SÜDWEST

Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Alle Zeitangaben in MEZ, exakt für 10 Grad östl. Länge / 50 Grad nördl. Breite

Vollmond 7.2.
Planeten im Februar
Merkur zeigt sich Ende Februar/Anfang März am westlichen Abendhimmel. Beste Tage sind der 28.2. - 7.3.
Venus erreicht immer nördlichere Deklinationen und geht daher abends später unter. Ihre Helligkeit nimmt auf -4,3 mag zu. Am 10. steht sie ein knappes Grad nördlich von Uranus.
Mars bewegt sich rückläufig in den Löwen, seine Helligkeit steigert sich auf -1,2 mag, sein Durchmesser auf 14''. Er ist so gut wie die ganze Nacht zu sehen.
Jupiter wird zum Objekt der ersten Nachthälfte (Blickrichtung Süden/Westen) und rückt langsam aber sicher an Venus heran.
Saturn findet man östlich von Spika und wird im Februar rückläufig. Er geht früher auf und wird zunehmend heller.

Letztes Viertel 14.2.

Uranus steht am Abendhimmel und ist eigentlich uninteressant, aber am 10. begegnet ihm Venus in knapp 1 Grad Abstand.

Neptun steht am 19. in Konjunktion mit der Sonne am Taghimmel und ist nachts unter dem Horizont.

Ereignisse im Februar

01.

R Leo im Anstieg zum Maxi-

mum bei 4,4 mag oder

schwächer am 10.3.

02. 21:24 X Tri Minimum 11,3 mag,

rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6

mag, weitere Minima täglich

rd. 45 Minuten früher

05.

Mond max. Libration, Mond-

NW günstig

07. 22:54 Vollmond

09. 19:30 Venus (-4,1 mag) 28,3' NW

Uranus (5,9 mag)

11. 20 h Mond erdnah (Durchm. 32,5')

12. 22:07 RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd.

Neumond 21.2.

2 Std. schneller Abstieg von

6,2 mag

13. 2 h Mond 6,9 Grad S Saturn (0,5 mag),

SO-Himmel

14. 18:04 Mond Letztes Viertel

18. 21:38 RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd.

2 Std. schneller Abstieg von

6,2 mag

20.

Mond max. Libration, Mond-

SO günstig

21. 23:35 Neumond

22. 18:20 Merkur-Sichtbarkeit, -1,2 mag,

WSW-Horizont, Abend-

dämmerung

23. 18:30 Mond 8,2 Grad NO Merkur (-1,2

mag), Mond steht senkrecht

oberhalb Merkur

24. 21:10 RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd.

2 Std. schneller Abstieg von

6,2 mag

25. 21 h Mond 2,4 Grad N Venus (-4,2 mag)

27.

Mond erdfern (Durchm.) 29,5'

27. 22 h Mond 5,1 Grad NW Jupiter (-2,2

mag)

HERKULES

NÖRDL. KRONE
Gemma

SCHLANGE (KOPF)

BOOTES

JAGDHUNDE

Arktur

HAAR DER BERENIKE

JUNGFRAU

GROSSER BÄR

KLEINER LÖWE

LÖWE Mars

Regulus

Capella FUHRMANN

LUCHS
Castor Pollux

ZWILLINGE

STIER

KREBS

ORION Beteigeuze

Procyon

KLEINER HUND

WAAGE
SÜDOST Sternkarte exakt gültig für 15. März 0 Uhr MEZ

Saturn Spica RABE

BECHER

SEXTANT RSCHLANGE
WASSE

SÜD
Mondphasen im März 2012

Alphard

EINHORN
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Alle Zeitangaben in MEZ, exakt für 10 Grad östl. Länge / 50 Grad nördl. Breite

Erstes Viertel 1.3.

Vollmond 8.3.

Planeten im März
Merkur ist bis ca. 7.3. gut am westlichen Abendhimmel zu sehen. Beste Zeit ist 18:45 bis 19:15 Uhr MEZ.
Venus wird am 27. ihren größten östlichen Abstand zur Sonne erreichen: sie ist strahlender Abendstern. Vom 11. bis 13. zieht sie an Jupiter vorbei (Abstand 3,5 Grad ).
Mars erreicht am 3. seine Opposition im Löwen. Er ist dann -1,2 mag hell, knapp 14'' groß und die ganze Nacht zu sehen.
Jupiter nähert sich abends dem westlichen Horizont. Dort stiehlt ihm Venus die Schau. Am 25. steht der Mond neben Jupiter.
Saturn in der Jungfrau wird zum Planeten der ganzen Nacht. Seine Helligkeit nimmt auf 0,3 mag zu.
Uranus steht am 24. in Konjunktion mit der Sonne und ist nachts unbeobachtbar.
Neptun entfernt sich wieder westlich von der Sonne, bleibt aber nachts weiterhin unter dem Horizont.

Letztes Viertel 15.3.

Ereignisse im März

01. 02:21 Mond Erstes Viertel

01.

Kleinplanet 433-Eros (9,1 mag)

in Opposition zur Sonne,

Distanz 34 Mio. km, Bewe-

gung ca. 58''/h

01. 20:26 RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd.

2 Std. schneller Abstieg von

6,2 mag

03. 21 h Mars (-1,2 mag) in Opposition

zur Sonne

04.

max. Libration, Mond-NW

günstig

05.

Mars (-1,2 mag) in geringster

Erddistanz, 101 Mio. km,

scheinb. Durchm. 13,9''

05. 19:30 günstige Merkursichtbarkeit

1. - 7.3., -0,3 mag, W-Horizont

07. 22:22 RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd.

2 Std. schneller Abstieg von

6,2 mag

08. 10:39 Vollmond

10. 11 h Mond erdnah (Durchm.) 33,0'

10. 21 h 10. - 16.3. Venus (-4,3 mag)

zieht an Jupiter (-2,1 mag)

vorbei, Abendhimmel

Neumond 22.3.

Erstes Viertel 30.3.

10. R Leo im Maximum bei 4,4

mag oder schwächer

11. 03:26 Mond 6,5 Grad S Saturn (0,4 mag)

11. 20:55 Beta Per (Algol) Minimum 3,4

mag, Abstieg von 2,1 mag in

rd. 3 Std.

13. 21 h Venus (-4,3 mag) 3,0 Grad N

Jupiter (-2,1 mag)

15. 02:25 Letztes Viertel

17.

Mond max. Libration, Mond-

SO günstig

20. 06:14 Sonne im Frühlingspunkt

22. 15:37 Neumond

25. 02:00 Beginn der Sommerzeit, Uhr

von 2 Uhr MEZ um 1 Std. auf

3 Uhr MESZ vorstellen

25. 21 h Mond 2,9 Grad NW Jupiter

26. 07 h Mond erdfern

(Durchm. 29,4')

26. 21 h Mond 2,1 Grad S Venus

(-4,4 mag)

27.

Venus erreicht größten

östlichen Winkelabstand von

der Sonne, 46 Grad

30. 20:41 Mond Erstes Viertel

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