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Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 34

BEITRAG
  4 29.000 Besucher nutzen den Astronomietag (Weis Alexander)
  5 Visuelle Jupiterbeobachtung mit nur 70 mm Öffnung (Harder Christian)
  6 Visuelle Planetenbeobachtungen mit meinem 25 cm Newton-Teleskop (Harder Christian)
  14 Drei Planetenzeichnungen (Schilling Johannes)
  16 Merkur beobachten und zeichnen (Schilling Johannes)
  18 Visuelle Beobachtung einer Sonnenfinsternis auf Saturn (Schilling Johannes)
  20 Planetenbeobachtungen an der Sternwarte Habichtswald (Gerstheimer Ralf)
  22 Marsbilder (Kunze Michael)
  23 Planetenbilder (Hansen Torsten)
  26 Venus und Mars (Gährken Bernd)
  30 Jupiter und Venus im infraroten Licht (Ackermann Gabriele, Ackermann Jörg)
  35 Beobachtung von Methan (Hansen Torsten)
  42 Neptun und Triton (Diederich H.-G.)
  45 Exoplaneten für Amateure (Gährken Bernd)
  50 From Dust till Dawn (Reinert Caroline)
  52 Eine Woche bei den Planeten-Forschern des EPSC (Kowolik Silvia)
  54 Ein Hufeisen für den Dobson (Lichte Norbert)
  60 Balkonsternwarte und Astrofotografie (Geissinger Rolf)
  66 Die benachbarte Galaxie IC 342 (Riepe Peter)
  74 Brockengespenst und Sektgläser im Nebel (Haußmann Alexander)
  79 Optimierungsverfahren in der Praxis: SpecRaVE (Jahns Helmut)
  82 Messier 17 visuell im 16-Zoll-Teleskop (Schilling Johannes)
  84 Visuelles Deep-Sky Beobachtungsprojekt NGC 7261/35 (Schilling Johannes, Spitzer Daniel)
  85 Jan Hendrik Oort - Beruf(ung): Astronom (Cornelissen Dirk)
  85 Fachgruppe Geschichte der Astronomie Neues J. 34 (Steinicke Wolfgang)
  88 Henrietta S. Leavitt (Fritz Olaf)
  91 Astronomisches Sommerlager 2010 - Ausblick (Reinert Caroline)

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  0 Die Zukunft der Erde (Beitrag)

BEITRAG
  93 Meine Sternwarte (Linder Jürgen)
  95 2010 AL30 - Stippvisite bei der Erde (Lehmann Gerhard)
  97 Kosmische Begegnungen Journal 34 (Ries Wolfgang, Hohmann Klaus)
  98 Die Erscheinung des Kometen 22/P Kopff 2009 (Pilz Uwe)
  100 Das Treffen der Fachgruppe Kometen 2009 (Pilz Uwe)
  102 Die 6. Veränderlichen-Beobachtungswoche der BAV (Flechsig Gerd-Uwe)
  105 Spektakuläre Meteore und ihre Geräusche (Grau Thomas)
  109 Die ringförmige Sonnenfinsternis am 15.1.2010 (Ackermann Gabriele, Ackermann Jörg)
  109 Die ringförmige Sonnenfinsternis am 15.1.2010 (Ackermann Gabriele, Ackermann Jörg)
  111 Die Webpräsenz der Fachgruppe Spektroskopie (Eversberg Thomas)
  114 Spektroskopie im Hotel (Hoffmann Susanne)
  117 Halpha-Beobachtungen am Doppelstern Zeta Tau (Pollmann Ernst, Rivinius Thomas)
  120 Sternfinsternis über Europa - (472) Roma Teil 2 (Klös Oliver)
  123 Ein "Neuer Stern" im Schützen (Koberger Hermann)
  124 VdS Mitglieder neu Begrüßung Journal 34 (Lulay Ruth)

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  0 Informationsschriften verschiedener VdS-Fachgruppen (Beitrag)
  0 Spenden an die VdS (Beitrag)

BEITRAG
  126 Die Mitgliederentwicklung (Guthier Otto)
  127 VdS-Vorstand aktuell (Melchert Sven)
  128 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen Journal 34 (Celnik Werner E.)
  129 Helle Veränderliche im VdS-Journal (Braune Werner)
  130 Der Sternhimmel Juli-August-September 2010 (Melchert Sven, Celnik Werner E.)
  133 M wie Messier Journal 34: M 29, M 56, M 75 (Güths Torsten)
  0 Editorial Journal 34 (Guthier Otto)

Textinhalt des Journals 34

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VdS-Journal Nr. 34

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Nach Redaktionsschluss

29.000 Besucher nutzen den Astronomietag
von Alexander Weis

Der Astronomietag 2010 stand beim Erscheinen der letzten Ausgabe des VdSJournal für Astronomie noch bevor, nun bietet sich Gelegenheit für einen ersten Blick zurück. Und dieser fällt besonders positiv aus, denn attraktive Veranstaltungsangebote und fast durchweg gute Wetterverhältnisse sorgten in diesem Jahr für eine große Publikumsresonanz. Der Dank für den Erfolg der Veranstaltung gebührt den vielen Aktiven vor Ort.

Mehr als 170 Veranstaltungen waren allein über die zentrale AstronomietagsWebsite der VdS im Vorfeld gemeldet worden. Hinzu kamen zahlreiche Aktionen im privaten Rahmen. Die VdS hat bei den registrierten Veranstaltern mit einem Fragebogen nach den Eindrücken und dem Verlauf der Veranstaltungen gefragt. Über 80 Rückmeldungen gingen innerhalb kurzer Zeit ein, die vielseitige Einblicke gewährten. Davon werden in der kommenden Ausgabe des VdS-Journals entsprechende Berichte zeugen.
Die reinen Zahlen, die sich aus den Rückmeldungen ergeben, sind für sich genommen bereits beeindruckend. Danach haben 29.000 Besucher die zentral registrierten Veranstaltungen besucht und belohnten mit ihrem Interesse die Anstrengungen der 1.300 Aktiven aufseiten der Veranstalter. Der Astronomietag vermag buchstäblich eine Menge zu bewegen. Ein lebendiges Zeugnis der Stimmung vor Ort gaben die zahlreichen Rückmeldungen. Auch wer Astronomie schon lange als Hobby betreibt wird spätestens an diesem Tag wieder daran erinnert, welche Emotionen der Anblick des Saturns und anderer Himmelsobjekte mit eigenen Augen ,,live" am Teleskop hervorrufen kann.
Weiter ausgebaut hat die VdS die Unterstützung durch Werbemaßnahmen. Im zweiten Jahr des Erscheinens bereits zum markanten Baustein ist der VdS-Infoflyer ,,Astronomie 2010", von dem die Veranstalter 11.000 Exemplare im Vorfeld des
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Astronomietags beim Team der VdSGeschäftsstelle angefordert hatten. Neu war ein Poster zum Astronomietag, das durch die Abbildung aller Messierobjekte auf der Rückseite auch über die Veranstaltung hinaus Verwendung finden wird. Beide Publikationen konnten mit großzügiger Unterstützung durch den Franckh-Kosmos Verlag und der Spekt-
Zufriedenheit der Veranstalter

53 % Vollauf zufrieden

41 % Zufrieden

5 % 1 % Weniger Enttäuscht zufrieden
Wetter am Veranstaltungsort

65 % Optimal

30 % Weitgehend
gut

1 % Schlecht

4 % Zeitweise
gut

rum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft produziert und als Beilagen in den Publikationen ,,Sterne und Weltraum" sowie dem VdS-Journal weit verbreitet werden.
Veranstalter konnten erstmals im Internet Angebote direkt melden. Interessenten war es dadurch möglich, diese Angebote auf der von der VdS unterhaltenen Webseite astronomietag.de im Umkreis ihres Wohnorts zu suchen. Mehrere tausend Suchanfragen pro Tag deuteten bereits im Vorfeld auf ein großes Interesse hin. Die Pressearbeit der Veranstalter vor Ort hatte die VdS zudem durch eine überregionale Pressemeldung an die bekannten Agenturdienste flankiert.
Die Rückmeldungen ergaben neben den Fakten zur abgelaufenen Veranstaltung eine Reihe von Anregungen für den weiteren Ausbau des Astronomietags. Der VdS-Vorstand wird diese aufgreifen und den Ausbau des Profils der Veranstaltung vorantreiben. Unter anderem wird es eine verstärkte Vernetzung mit den Veranstaltern und eine erweiterte zentrale Unterstützung für die Kommunikationsmaßnahmen vor Ort geben.
Fest steht auch schon der nächste Termin: Am 9. April 2011, sechs Tage nach Neumond heißt es wieder ,,Astronomietag".

Schwerpunktthema Planeten

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Visuelle Jupiterbeobachtung mit nur 70 Millimeter Öffnung
von Christian Harder

1-3 Jupiter am 27.01.1991, 1:05 MEZ, System I 267 Grad II 289 Grad (links); 04.02.1991, 0:30 MEZ, I 70 Grad II 31 Grad (Mitte); 21.02.1991,
22:05 MEZ, I 305 Grad II 129 Grad (rechts). Beobachtungsinstrument immer AK 70/1000 mm mit Amiciprisma, V 111x ohne Farbfilter.

Die Jupiter-Opposition 1991 beobachtete ich u.a. mit einem AK 70/1000 mmKosmos-Refraktor. Das verwendete, verkittete Linsensystem stammt von der Fa. Lichtenknecker. Das Objektiv war hervorragend gefertigt. Intra-/Extrafokal zeigte die unvergütete Optik perfekt gleiche Beugungsbilder am Stern! Ich verglich den Refraktor mehrfach mit meinem 70/560mm Vixen-Fluorid. Die Vixen-Optik war zwar farbreiner, aber von der Schärfe her bei hoher Vergrößerung der Lichtenknecker-Optik eindeutig unterlegen.
Ich benutzte den AK-Refraktor, montiert auf meiner Vixen Polarismontierung, auf der damaligen ,,Balkonsternwarte" in Hamburg Mitte. Um den tiefen Einblick bequemer zu gestalten setzte ich ein Vixen 45 Grad Amiciprisma ein. Das erhaltene Abbild am Refraktor war so terrestrisch orientiert. Mein altes, benutztes 9mm Meade Kellner-Okular erzeugte eine 111-fache Vergrößerung.
Der Jupiter stand 1991 günstig recht hoch im Sternbild Krebs. In dem Beobachtungszeitraum der hier gezeigten Zeichnungen war das Jupiterscheibchen rund 45" groß. Die kleine Refraktoroptik

zeigte alle wesentlichen Details des Jupiters. Der große rote Fleck (kurz: GRF) ließ sich gut beobachten, ebenso seine Zentralmeridan-Durchgänge abschätzen. Sämtliche Hauptbänder und Zonen waren erkennbar. In der Nacht vom 3. auf den 4. Februar 1991 konnte ich den Durchgang von Ganymed und seines

nachfolgenden Schattens beobachten. Links in der Zeichnung ist der Schatten und rechts der Mond dargestellt. Am 12. März 1991 sah ich auch den kleineren Schatten des Io auf der Jupiterscheibe durchwandern.
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Schwerpunktthema Planeten

Visuelle Planetenbeobachtungen mit meinem 25-cm-Newton-Teleskop
von Christian Harder

Da ich in der Großstadt Hamburg aufwuchs, beschränkten sich meine praktischen astronomischen Beobachtungen primär auf Objekte unseres Sonnensystems.

bau 2"-Okularschlitten. Eine V-förmige Halterung sollte den kleinen 38,6-mmFangspiegel halten. Die so ,,gedrückte" Obstruktion des Systems lag nur mehr bei gut 15 %.

they are so close to the planet (Marsmonde) mean that, in general, they are not observable with types of instruments available to amateurs." (1994).

Im Jahr 1981 löste das bestellte und sehnsüchtig erwartete 152/1220-mm-Newton-Teleskop der Marke Meade meine zuvor benutzten Einsteigerinstrumente (60-mm-Refraktor und 114-mm-NewtonReflektor) der Firma Tasco ab. Mit ihm genoss ich auf einer motorisch nachgeführten Montierung erstmals detaillierte Blicke auf Jupiter, Saturn und dem ab und an sichtbaren Planeten Mars.
Der Funke sprang über. Durch die Beobachtungen angeregt baute, benutzte und besaß ich in Hamburg bis Mitte der 1990er Jahre eine Vielzahl von Teleskoptypen zwischen 70 und 305 mm Öffnung. Schlussendlich überzeugte mich aber doch das simple und preisgünstige Teleskopsystem nach Newton. Der Kreis schloss sich und ich legte mir als visuelle ,,Endgeräte" zwei Optiken mit 15 Zentimeter bzw. 25 Zentimeter Öffnung zu. Bei beiden Geräten erschien mir das Öffnungsverhältnis von 1:6 erstrebenswert. Es sollte der beste Kompromiss sein, da ich mit den Instrumenten auch DeepSky-Objekte beobachten wollte.
Fast zeitgleich resümierte Jean Dragesco in seinem genialen Werk ,,High Resolution Astrophotography" (ich zitiere frei daraus): ,,Ich muss in Erinnerung rufen, das ich bereits 32 eigene Teleskope benutzt habe, aber ich habe mit diesen nie so perfekte Bilder erhalten wie ich sie mit dem 260-mm-Newton erreicht habe."
Vorweg gesagt, ein optimierter konventioneller Newton wird leider von keinem gewerblichen Anbieter vertrieben, somit ist Selbstbau angesagt. Ich erhielt 1998 meinen jetzigen 252/1502-mm-Spiegel der Firma Lomo und montierte ihn in einen Pertinax-Tubus. Den Tubus versah ich mit einem tiefsitzenden Eigen-
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An Okularen benutzte ich jahrelang vornehmlich einfache japanische orthoskopische, aber auch die für Brillenträger geeigneten, kurzbrennweitigen LV Okulare der Firma Vixen. Die abbildungstechnisch unterlegenen LVs stieß ich beizeiten ab, um nur noch die brillanteren, orthoskopischen Okulare zu verwenden. Die neuerdings von der Firma Baader angebotenen ,,genuine orthoskopischen" Okulare bilden heutzutage eine solide Basis und sind Neueinsteigern in der Planetenbeobachtung uneingeschränkt zu empfehlen.
Meiner Generation wurden aus der damalig verfügbaren, zeitgenössischen Literatur klare Grenzen mit auf den Weg gegeben. In ihr wurden immer wieder ,,Weisheiten" der Altvorderen von den Autoren, selber praktisch ungeprüft auf Papier weitergegeben. Ich zitiere wahllos ohne Quellenangabe aus den angesehenen Werken um nicht evtl. noch lebende Autoren bloß zu stellen: - ,,Auch die fünf Uranussatelliten
bleiben dem Amateur verschlossen." (1979) - ,,Die beiden Neptunsatelliten sind für Liebhaberinstrumente unzugänglich." (1979) - ,,I have never seen them (Marsmonde) with my 42-cm-Newton and feel that at least an 45-cm-reflector and possible larger is required to even glimpse them" (1986) - ,,Neptun wird von zwei Monden umkreist. Triton mit 13 mag Helligkeit (...). Keine Objekte für den Amateurbeobachter." - ,,Für die Beobachtung durch den Amateur kommen allerdings nur die vier hellsten, die sog. Galileischen Monde (Jupiter) in Frage." (1987) - ,,the faintless (...) and the fact that

Je mehr Beobachtungserfahrung ich ab 1996 (nun unter einem dunklen Nachthimmel) mit meinem 25-cm-Newton sammeln konnte, desto motivierter wurde ich, die oben genannten Feststellungen durch eigene Beobachtungen zu widerlegen!
Die von mir erreichte visuelle Grenzgröße liegt unter optimalen LandhimmelBedingungen (6,8 mag) bei knapp 15,5 mag.
Auch nach Erwerb einer 25-ZentimeterOptik setzte ich meine 1990 begonnenen, regelmäßigen Jupiterbeobachtungen fort. Ende der 1990er Jahre wurde dann alles anders. Es arbeiteten sich immer mehr und zunehmend versierter werdende Sternfreunde in die digitale Astrofotografie ein. Immer detailliertere Planetenbilder - bis an die Auflösungsgrenze der verwendeten Aufnahmeoptik - wurden im Internet veröffentlicht. Die genialen, meist willkürlichen, Einzelschnappschüsse waren segensreich. Denn es konnten nun eigene Beobachtungen quasi in ,,Echtzeit" abgeglichen und unsicher gesehene Details bestätigt oder verworfen werden. Eifrig verglich ich eigene visuelle ZentralmeridianMessungen von Objekten auf Jupiter mit Daten ausgemessener CCD-Aufnahmen. Anderseits verlor ich aber allmählich die Motivation, da eine Datenflut über mich hereinbrach und die CCD-Bilder immer schärfer und somit objektiver wurden. Meine Zeichnungen erschienen mir dagegen zunehmend subjektiver und damit sinnlos. Mir persönlich wurde die Szene zudem zu kurzweilig und schnelllebig. Ab 2001 konzentrierte ich mich nur noch auf bestimmte aktive Gebiete im Jupiterwolkensystem und vernachlässigte die von mir bisher angestrebte Darstellung

Schwerpunktthema Planeten

7

1 13.1.2002 Jupiterdetailansicht, GRF und div. Spots und weiße Ovale (WOS)

von Gesamtkarten.
Das in diesen Jahren einhergehende zeitgleiche Absinken Jupiters in niedrigere Deklinationsgefilde der Ekliptik und der glückliche Erwerb eines größeren 16-Zoll-Dobsons zum Jahreswechsel 2004 rückten mir die Planeten etwas in den Hintergrund. In klaren, mondlosen Nächten stellte sich mir nun häufig die Frage, ob ich in die Tiefen des Deep Sky oder auf die Oberfläche der Planeten reisen sollte. Die Entscheidung fiel meist zu Gunsten des ersteren - die Luft war raus.
In den letzten Jahren hat die Bezeichnung ,,Planetenkiller" im Internet um sich gegriffen. Mit diesem Prädikat werden x-beliebige Fernost-Billig-Newtons mit Öffnungsverhältnissen von 1:8 oder mehr, weit außen liegendem Fokus und großer Obstruktion aufgewertet. Aber auch farbwerfende Billig-Refraktoren mit zwangsläufig flauer Abbildung erhalten dieses für sie ungerechtfertigte Gütesiegel. Der Einsteiger tut gut daran, vor Erwerb seines Traumgerätes einen Astroverein oder Internetforen aufzusuchen, um Fehlanschaffungen vorzubeugen.
Und los gehts, zu meiner Reise zu den Planeten...
Merkur Der innerste Planet ist leider immer horizontnah und dadurch permanent nur durch dicke Luftschichten hindurch zu beobachten. Das orange-gelb erscheinende Planetenscheibchen offenbarte mir bisher nicht mehr als seine Phasengestalt. Jegliches Oberflächendetail entzog sich meinen Blicken. Unvergessen wird mir aber der Merkurtransit vom 7.5.2003 in Erinnerung bleiben: Das pechschwarze,

kleine, runde Planetenscheibchen zog in gut fünf Stunden vor der Sonnenscheibe hinweg. Der nächste, bei uns beobachtbare Merkurtransit findet übrigens am 9. Mai 2016 statt.
Venus Unser innerer ,,Schwesterplanet" taucht deutlich häufiger als Merkur aus den dichten, horizontnahen Luftschichten hervor. Die Phasengestalten erscheinen ausgeprägter, da zum einen ihr scheinbarer Durchmesser größer ist, zum anderen lässt sich die Venus ab und an direkt bis hin zu ihren Konjunktionen visuell verfolgen. Zu einer von ihnen gelang es mir vor Jahren, sie nur mehr als eine hauchdünne Sichel mit weniger als 1 Prozent Beleuchtung am Taghimmel zu sichten. Manchmal glaubte ich, auf dem voll beleuchteten Planetenscheibchen kontrastarme Wolkenstrukturen zu erkennen. Das ständige Wabern der Atmosphäre spielt aber gerade bei der großen Öffnung sehr in die Wahrnehmung mit hinein. Eine sichere Sichtung waren mir daher immer zu grenzwertig, um sie auf Papier zu bannen. Der Venustransit vom 8.6.2004 war unter guten Bedingungen über rund sechs Stunden hinweg visuell zu beobachten. Gleich nach dem 2. Kontakt fiel mir auf, dass Venus nicht als schwarze sondern rot-braune Scheibe erschien. Ihre dichte, sie umhüllende Atmosphäre scheint das Sonnenlicht bis hin zur sonnenabgewandten Seite zu streuen! Beim 3. Kontakt sah ich, im Gegensatz zum 2. Kontakt, den erhofften Tropfeneffekt. Als sich die Venus zunehmend über den Sonnenrand herausschob sah ich an ihrem äußeren Rand einen hauchdünnen Saum vor dem dunklen Himmel (Abb. 2). Wieder ein sichtbares Zeichen für das Vor-

2 6.6.2004 Venusaustritt, Aufnah-
me durch den 25-cm-Newton. Visuell war die dünne Randumsäumung ebenfalls sichtbar. Ein sichtbarer Beweis für eine Venusatmosphäre.
3 6.6.2004, der Autor nach erfolg-
reicher Beobachtung des Venustransits am 25-cm-Newton
handensein der Venusatmosphäre. Mars Unsere Erde holt unseren äußeren Nachbarplaneten gut alle zwei Jahre auf ihrem gemeinsamen Umlauf um die Sonne ein. Die elliptische Umlaufbahn des Mars begründet zudem seine schwankenden Oppositionsdistanzen. Wir irdischen Nordhalbkugelbewohner sind dabei klar benachteiligt. Im Zeitraum der PerihelOppositionen bewegt sich der Mars in den südlich liegenden Regionen der Ekliptik. Das nun große Marscheibchen würde eine Vielzahl von Details offenbaren, wenn nicht wieder die dichten Luftschichten
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Schwerpunktthema Planeten

VdS-Journal Nr. 34

das Bild meist recht unruhig erscheinen lassen würden. Zur Aphel-Opposition, die wir gerade hinter uns haben, steht der Mars zwar hoch und ermöglicht daher häufig ungestörtere Blicke auf seine Oberfläche. Dafür aber nur mit kleiner erscheinender Oberfläche. Der Mars bietet dem Planeten-Beobachter aber immer eine Vielzahl von atmosphärischen Veränderungen. So lässt sich das Abschmelzen der jeweils sichtbaren Polkappe zum Marssommer hin sehr gut beobachten (Abb. 4). Aber auch gewaltige Sandstürme können jahreszeitlich bedingt auftreten, um dann den Mars mehr oder weniger einzuhüllen. Die unveränderlichen ,,Standard"-Albedostrukturen laden den Beobachter ein, sein Beobachtungs- und auch sein Zeichentalent zu hinterfragen (Abb. 5).
Den Mars beobachte ich meist ohne Farbfilter. Das kleine, dafür aber sehr helle Marsscheibchen regt die Farbrezeptoren (Zäpfchen) des menschlichen Auges an. Die zarten, orange-gefärbten helleren Regionen und die meist ins grün-grau gehenden dunklen Strukturen wirken sehr ästhetisch. Angebotene Farbfilter wie z. B. das sehr gut abgestimmte 6er-Set der Firma Baader kommen bei mir häufig zum Einsatz. Orange- und Rotfilter verstärken die dunklen Albedostrukturen. Der Blaufilter hingegen hebt die hellen Polkappen und etwaige Dunstwolken hervor. Die ,,Jahrhundert"-MarsOpposition im Jahre 2003 war für mich Anlass genug, nun endlich die Beobachtung der beiden Marsmonde (sie wurden 1877 visuell entdeckt) anzugehen. Deimos erschien zur Oppositionszeit 11,6
4 Marszeichnung vom 15.8.2003
und 20.8.2003, maximale Bedingungen, ruhige Luft bei 250-facher Vergrößerung und knapp 25" Scheibchendurchmesser
5 Marszeichnung vom 17.11.2005,
19" Scheibchendurchmesser, Hochnebel hervorragende Luft bei 326-fach
6 18.-26.10.1998 Jupitergesamt-
karte aus zwölf Einzelzeichnungen erstellt bei 214-fach.

Schwerpunktthema Planeten

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mag hell bei max. 86 Bogensekunden Distanz vom Mars. Phobos hingegen war mit 10,6 mag sogar heller als Deimos, büßte diesen Vorteil für den Beobachter jedoch mit einer engeren Bahn von nur max. 35 Bogensekunden Distanz wieder ein. Nach einigem Hin und Her gelang es mir im August 2003 bei 500-facher Vergrößerung (6 mm Ortho-Okular + 2-fach Barlowlinse), Deimos direkt zu sehen. Die eingesetzte Optikkombination war streulichtarm, randscharf und kontrastreich. Den Mars zentrierte ich knapp außerhalb des Gesichtsfeldes. Ich blendete den Newton auf 20 Zentimeter ab. Bei 429-fach war auch der Marsmond sichtbar. Am 16. August schaffte ich es, den helleren Phobos mit 419-fach bei voller Öffnung zeitweise zu erhaschen. Der nahe stehende Erdmond vereitelte die Beobachtung mit dem nun auf 20 Zentimeter abgeblendeten Spiegel. Am 30. August war die Nacht mondlos und das Seeing erneut recht gut. Erneut erwischte ich Deimos. Diesmal blendete ich den Newton auf 15 Zentimeter ab. Der Marsmond war direkt sichtbar. Mit einer exzentrisch vorgesetzten 100-mm-Blende ließ sich Deimos nach vorhergehender Einprägung seiner Position indirekt dauerhaft halten. Ich ging nun einen Schritt weiter und blendete exzentrisch auf 80 Millimeter ab. Tatsächlich war der Mond indirekt, zeitweise aufblinkend erkennbar! Bei der nächsten Opposition 2005 stand das Marssystem schon wieder weiter von unserer Erde entfernt. Mir gelang am 16. Oktober 2005 eine Beobachtung von Deimos trotz fast vollem Erdmonds. Bei 250-fach bzw. 500-fach sah ich den nur 12,1 mag hellen Marsmond in 56 Bogensekunden Distanz vom Mars.
Jupiter Mein ausgesprochener Lieblingsplanet ist der Gasriese Jupiter. Seine Eigendynamik und auch die Unvorhersehbarkeit von Veränderungen in seinen Wolkenschichten ist faszinierend. Jeder, der schon einmal in den Genuss eines oder auch zweier gleichzeitiger Mondschattendurchgänge gekommen ist, weiß, dass Himmelsmechanik so direkt erlebbar ist!
Seit Anfang der 1990er Jahre habe ich Jupiterskizzen gemacht und - wenn möglich - aus ihnen Gesamtkarten des Wolkensystems erstellt (Abb. 6).

Parallel dazu habe ich unzählige Zentralmeridan-Messungen (ZM) durchgeführt. Aufgrund der schnellen Eigenrotation bewegen sich die Wolken unterschiedlich schnell in den verschiedenen Breitengraden. Dieser Tatsache wurde mit der Einführung dreier unterschiedlicher Rotationssysteme begegnet. Es war immer wieder spannend, über Wochen und Monate direkte Veränderungen während des Beobachtungsfensters zu dokumentieren. Zudem war es interessant, ob sich nach der Konjunktion etwas Grundlegendes auf Jupiter verändert hatte. Der Große Rote Fleck (kurz GRF) bewegt sich im sog. System II. Er hat zudem eine eigene irreguläre Driftbewegung. Im Zeitraum meiner - mit nur 25 Zentimeter Öffnung gemachten - Messungen hat er sich von 60 Grad bis derzeit ca. 140 Grad bewegt.
Nebenbei ändert der GRF unregelmäßig seine Farbe. Ich habe schon Variationen von kräftigem Rot über lachsrot, orange bis hin zu einem blassen Beige gesehen.
Ein herausragendes Ereignis auf Jupiter war natürlich der unvergessliche Kometeneinschlag von SL-9 im Jahre 1994. Unverhofft wiederholte sich jedoch im letzten Sommer - wenn auch nur mit einem einzelnen Objekt, erneut ein Einschlag auf Jupiter (Abb. 7).
Er war wochenlang zu beobachten. Der zuerst rundliche, dunkle Einschlag zog sich allmählich in die Länge, um unter gleichzeitiger Auflösung wieder schwächer zu werden. Es entstehen aber auch einfach willkürlich dunkle Spots in Jupiters Wolkenschichten. Besonders selten sind die sogenannten Granatflecken. Ich habe 1998 bis-
8 3.10.-9.2.2000,
Driftdarstellung der drei WOS ,,Ducks"
und Annäherung an den GRF.

7 18.8.2009 überraschend erneu-
ter Impakt auf Jupiter nach 1994 !
her lediglich einmal einen solchen, tief dunkelrot erscheinenden, kleinen runden Fleck beobachten können. So wie er entsteht, verschwindet er auch einfach wieder ohne große Vorwarnung. Interessant ist auch das Driften der sog. weißen ovalen Spots (kurz WOS). Sie ziehen etwas südlich des GRFs im südlichen tropischen Band (kurz STB) ihre Bahn. Seit den 1930er Jahren konnte man drei solcher langzeitig sichtbaren WOS (Bezeichnung: WOS-BC, DE und FA) verfolgen, bis sie überraschend miteinander zu verschmelzen begannen. Zuerst verschmolzen WOS-BC und -DE im Frühjahr 1998. Später, 1999, vollzog sich mit dem
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Schwerpunktthema Planeten

9-11 6., 13., 18.2.2002, das verbliebene WOS BA passiert den GRF.
aus ihnen hervorgegangenen WOS-BE und dem -DE erneut eine Fusion. Seitdem zieht nun der neubenannte WOSBA einsam seine Bahn im STB. Der WOS blieb aber nicht lange allein, da sich im Jahr 2000 drei neue kleine weiße Spots bildeten. Sie erhielten in der Jupiterszene schnell die Kosebezeichnung ,,die drei Ducks" als Neffen von Donald, dem WOSBA. Zum Jahreswechsel 2000/2001 beobachtete ich intensiv die Annäherung der drei Ducks an den GRF. Zudem drifteten die Spots untereinander zu- bzw. voneinander weg. (Abb. 8 und Abb. 9-11)
12 25.3.2003, Europa
bedeckt Ganymed partiell
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Im Jahr 2006 sah der WOS-BA buchstäblich Rot. Ohne ersichtlichen Grund verfärbte er sich zu einem nun prompt umbenannten ,,red spot junior". Erst im vergangenen Jahr hat der WOS-BA wieder seine ursprüngliche, weiße Farbe angenommen. Aber nicht nur die Jupiteratmosphäre lädt zu spektakulären visuellen Beobachtungen ein. Meine 25-cmOptik löst alle vier Galileischen Monde als verschieden große und zudem unterschiedlich farbig erscheinende Scheibchen auf. Auf Ganymed, der sich als ca. 1,5 Bogensekunden großes Scheibchen zeigt, konnte ich erstmalig während des genialen Urlaubes auf Fanö/ Dänemark am 1.September 1998 Oberflächendetails erkennen und aufzeichnen!
Alle sechs Jahre zeigt sich uns das Jupitersystem exakt von der Seite, sodass es zu gegenseitigen Mondbedeckungen und Verfinsterungen kommen kann (Abb. 12).
2003 war so ein Jahr. Ich konnte am 18. März einen Schattenwurf Europas auf dem Ganymed-Scheibchen beobachten. Der Schatten war nur gut 0,3 Bogensekunden groß. Eigentlich war er mit 25 Zentimeter Öffnung nicht auflösbar, aber aufgrund des hohen Kontrastes doch beugungstechnisch zu sehen. Innerhalb von fünf Minuten wanderte der runde Schatten über die Oberfläche Ganymeds hinweg. Ich vergrößerte mit dem Newton bei dieser Beobachtung auf 500-fach. Ein absolutes Highlight in meiner nun schon langen Beobachtungszeit (Abb. 13).

12

Schwerpunktthema Planeten

13 18.3.2003, Schattendurchgang Europas auf Ganymed

2009 sahen wir auch wieder auf die Ebene des Jupitersystems. Leider vereitelte die tiefe Lage und das permanent schlechte Seeing jeden Versuch einer erfolgreichen Sichtung einer gegenseitigen Mondverfinsterung. Es blieb für mich aber nicht bei den vier Jupitermonden. Einem Aufruf in der US Zeitschrift Sky&Telescope kam ich dankbar nach. Am 14. November 1998 gelang es mir tatsächlich, den schwachen Mond Himalia (14,7 mag, der Mond VI wurde erst 1904 fotografisch entdeckt) direkt zu betrachten. Die inneren Monde ziehen permanent vor dem Jupiter vorbei. Beim Durchgang der schwarzen Schattenwürfe ist bei aufmerksamer Beobachtung mit eingesetzter hoher Vergrößerung sogar ihre perspektivische Verzerrung wahrnehmbar. So habe ich am 31. August 1998 den kleinen Schatten auf Io direkt am Jupiterrand als deutlich oval geformt erkannt. Innerhalb der folgenden Minuten driftete der Mondschatten vom Rand weg und veränderte seine Form, um schließlich gewohnt rund zu erscheinen.
Alle sechs Jahre sind auch Durchgänge des langsamen Mondes Callisto in Polnähe auf bzw. vor Jupiter beobachtbar. Eine weitere seltene Besonderheit: Ab und an kommt es vor, dass sich der Jupiter ganz ohne Monde zeigt. Ich konnte bisher zweimal dieses, jeweils nur kurze Zeit währende, Ereignis beobachten. Jupiter erscheint visuell in zarten Pastelltönen. Die hellen Regionen kommen in beigebraunen, die dunklen in braun-grauen
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Tönen daher. Der Einsatz von Farbfiltern lohnt sich also. Details in den hellen Gebieten arbeiten Gelb- und Orangefilter gut heraus.
Für die dunklen Wolkenbänder eignet sich der Einsatz eines Grün- bzw. eines Grünblaufilters.
Wem die Nachtbeobachtungen nicht reichen, der kann auch tagsüber versuchen, Jupiter zu finden. Mir gelang es vor Jahren einmal, Jupiter per Teilkreis motorisch anzufahren und zu sichten. Seit 2005 benutze ich als Ergänzung bei der Planeten- und Mondbeobachtung einen preisgünstig angebotenen Binokularansatz. Gerade bei mittelmäßigem bis schlechtem Seeing erscheint das Planetenbild scheinbar deutlich ruhiger und detailreicher als monokular. Auch die Farbwahrnehmung wirkt auf mich beidäugig deutlich intensiver. Nur bei gutem bis sehr guten Seeing bevorzuge ich weiterhin die monokulare Beobachtung, da sich bei ihr weniger Optik im Strahlengang befindet und das Bild somit deutlich brillanter erscheint.
Saturn 1979 habe ich begonnen, den damals gerade schmal beringten Saturn mittels Fernrohr zu beobachten. Der erste Blick auf das Ringsystem durch meinen damaligen 60-mm-Refraktor mit 117-facher Vergrößerung bleibt mir allzeit unvergesslich im Gedächtnis. Im Jahr 2008 schloss sich nun für mich der Kreis. Ich

habe den Saturn auf einem kompletten Sonnenumlauf begleitet, und dabei sein gesamtes Erscheinungsbild an verschiedenen Ringlagen von 0 bis 24 Grad anschauen können. Die Saturnatmosphäre offenbart kaum Einzeldetails, umso dankbarer war ich über mehrere erfolgreiche Beobachtungen eines großen weißen Fleckes im Herbst 1994. Beim genauen Studieren lassen sich Helligkeits- und Wolkenbandveränderungen nachweisen. Sämtliche Details im Saturnsystem sind aber sehr viel schwieriger zu beobachten als beim Jupiter. Zum einen erscheint das Saturnscheibchen von der Erde aus deutlich kleiner, zudem heben sich die Strukturen viel kontrastärmer ab.
Ein leichter Gelb- oder Orangefilter verbessert aber die Wahrnehmung der zarten Details. Die Encke-Teilung (entdeckt 1837 mit einem 225-mm-Refraktor) stand seit Jahren auf meiner Wunschliste. Wieder ermöglichten die guten Bedingungen auf Fanö auch diese Beobachtung am Limit der 25-Zentimeter-Optik. Am Morgen des 25. August 1998 sah ich die EnckeTeilung wahrhaftig erstmalig blickweise bei 375-facher Vergrößerung (Abb. 14).
Interessant ist es auch, sich in den Monaten um die Opposition herum den Schattenwurf der Saturnkugel auf ihr umgebendes Ringsystem bewusst einzuprägen. Der Saturn mit seiner Vielzahl von Monden lädt förmlich dazu ein, die jeweils momentan sichtbaren Trabanten zu zählen. Unter idealen Bedingungen sind alle acht Monde gleichzeitig sichtbar. Die inneren Monde Mimas (12,8 mag) und Dione (10,3 mag) halten sich meist sehr nahe bei der hellen Saturnkugel auf. Dione ist aber aufgrund ihrer höheren Helligkeit zumindest bei etwas weiterem Saturnabstand sicher auszumachen. Die entfernteren Enceladus (11,6 mag), Tethys (10,1 mag), Rhea (9,6 mag) und Titan (8,2 mag) sind hingegen leicht zu beobachten. Innerhalb von Stunden ist ihre Bewegungsdynamik auf ihren Bahnen um die Saturnkugel herum gut zu verfolgen. Die äußeren Monde Japetus (10-12 mag) und Hyperion(14,1 mag) erfordern hingegen genaue Aufsuchkarten.
An einem sehr blauen Taghimmel habe ich den Saturn mittels der parallaktischen Montierung einmal angefahren. Hauchzart, aber trotzdem majestätisch

Schwerpunktthema Planeten

13

14 1.9.1998, erstmalig visuelle Beobachtung der Enketeilung am Saturn

schwebte der beringte Planet in meinem Gesichtsfeld.
Uranus Im Teleskop zeigt sich der Gasriese als detailloses, grünes, rundes Scheibchen. Am 25. August 1998 sah ich auf Fanö/ Dänemark wieder unter sehr guten Bedingungen erstmalig Titania (13,9 mag, 32" max. Distanz) und Oberon (14,1 mag, 43") mit 375-facher Vergrößerung (Abb. 15).
Die beiden weiteren, von der Grenzgröße her durchaus erreichbaren, inneren Monde Umbriel (15,0 mag, 19") und Ariel (14,3 mag, 12") entzogen sich mir bisher erfolgreich im Streulicht des nahen Uranusscheibchens.
Neptun Es macht mir immer wieder Freude, Uranus und auch Neptun bei Teleskoptreffen einzustellen. Es gibt so viele Sternfreunde, auch ambitionierte, die dann spontan beim Durchschauen bekunden, nun überhaupt erstmalig die eingestellten Gasriesen zu sehen. Neptun erscheint als kleines blaugraues Scheibchen. Sein großer Mond Triton (13,5 mag, 15") ist für den 25-Zentimeter-Newton ein dankbares Objekt und leicht sichtbar.
Pluto - zur Zeit der Beobachtung noch im Planetenstatus Bei diesem Außenseiter ist der Weg das Ziel. 1998 habe ich erstmals Pluto (13,8 mag) visuell aufgefunden. Damals zog er

noch innerhalb der Neptunbahn! Vor und während des Teleskoptreffen ITV begleitete ich Pluto in mehreren Nächten auf seiner Bahn (Abb. 16).
Er bewegte sich mit einer Geschwindigkeit von 1',6 pro Nacht. Wie schon beim Uranus und Neptun begeisterte mein An-

gebot zum Anschauen die staunenden Mitbeobachter.
Wie geht es weiter? Nach so vielen Eindrücken, fragt sich der ein oder andere Leser sicherlich, ob es denn überhaupt noch irgendetwas Neues für mich im Sonnensystem zu entdecken

15 25.8.1998, erstmalige visuelle Uranusmondsichtungen Oberon (O), Titania (T)
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14

Schwerpunktthema Planeten

gibt. Dazu muss ich sagen: Ich bin wieder stark motiviert mich visuell mit den Planeten zu beschäftigen. Meiner Meinung nach sollte unbedingt ein Gegengewicht zum digitalen Bildersegen in der heutigen Astroszene bestehen bleiben!
Auch habe ich noch neue Ziele: Ich möchte mit meinem 25-cm-Newton gerne irgendwann Wolkenbänder auf Uranus und zudem auf seinen beiden inneren noch erreichbaren Monden Umbriel (15 mag, 19") und Ariel (14,3 mag, 12") beobachten. Die Zeit ist dabei auf meiner Seite, da das Uranussystem die nächsten Jahrzehnte permanent den nördlichen Bahnbereichen zustrebt. Weiterhin möchte ich gerne einen Schattendurchgang Titans auf der Saturnkugel verfolgen. Außerdem soll der letzte, weit außen seine Bahn ziehende, ungesehene Mond Phoebe (16,4 mag) irgendwann alle ,,Neune" voll machen. Für diese Beobachtung muss aber der 16-Zöl-

16 15.-23.5.1998 visuelle Beob-
achtung der Plutobewegung vor den Hintergrundsternen.
ler herangezogen werden. Ein Bann wartet aber auf seinen Bruch: Eine schlichte Planetenbedeckung durch unseren Erdmond wurde mir trotz diverser Anläufe bisher immer wieder von Wolken verwehrt...

Drei Planetenzeichnungen
von Johannes Schilling

1 Ein Versuch, die visuell erfass-
baren Farbtönungen an Jupiter mit Buntstiften wiederzugeben: Jupiter im Mai 2005. Zeichnung von Johannes Schilling an einem 10-Zoll-NewtonTeleskop mit 266-facher Vergrößerung. Süden ist oben.

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2 Marslandschaft: Die Region um
Solis Lacus. Statt der ganzen Marskugel wurde hier nur ein Ausschnitt beobachtet und gezeichnet. So kann man sich für die Erfassung der Details mehr Zeit lassen. Die Landschaft wurde nach der Karte von Eugene Michail Antoniadi beschriftet. Zeichnung mit Buntstiften im September 2003 von Johannes Schilling an einem 10-Zoll-Newton-Teleskop bei 505-facher Vergrößerung.

Schwerpunktthema Planeten

15

3 Uranus in äquatorialer Präsenta-
tion mit seinen vier Monden. Von links nach rechts: Oberon (14,1 mag), Titania (13,9 mag), Uranus (5,7 mag), Ariel (14,3 mag) und Umbriel (15 mag). Norden ist rechts, Osten oben. Zeichnung am 13.9.2007 an einem 16-Zoll-NewtonTeleskop mit 389-facher Vergrößerung von Johannes Schilling.
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Schwerpunktthema Planeten

Merkur beobachten und zeichnen
von Johannes Schilling

1 Merkur in der Morgendämmerung am 17. Dezember 1998. Beschriftung von
Oberflächendetails nach der Merkurkarte von Antoniadi. Zeichnung von Johannes Schilling an einem 10-Zoll-Newton-Teleskop mit 266-facher Vergrößerung.

Wenn es um die Beobachtung von Planetendetails geht, sind Mars und Jupiter die klaren Favoriten, sowohl für Fotografen als auch für visuelle Beobachter und Zeichner. Merkur mit dem bloßen Auge zu entdecken bedarf schon einer besonderen Aufmerksamkeit. Nur für wenige Wochen im Jahr wird der innerste Planet überhaupt sichtbar - als tiefer stehende zweite und schwächere Ausgabe des Morgen- bzw. Abendsterns Venus, der unangefochten die erste Geige spielt. Man sieht Merkur morgens mal auf dem Weg zur Arbeit, durch die Windschutzscheibe, man sucht ihn vielleicht mal abends verzweifelt zwischen Wolkenbänken am Westhimmel. Dabei stellt sich noch oft die Frage: In welcher genauen Richtung ist er nun eigentlich zu suchen? Doch mit den genauen Angaben eines Himmelskalenders und einiger Ausdauer ausgerüstet gelingt es, Merkur jedes Jahr an ein paar Abenden oder Morgen zu entdecken.
Nur wenige Sternfreunde sind neugierig und machen sich die Mühe, ihr Teleskop
VdS-Journal Nr. 34

etwa abends in der frühen Dämmerung in Bereitschaft zu stellen und dann den Merkur schon möglichst bald, in relativ hoher Stellung zu beobachten. Ich verwende zu dieser frühen Zeit immer ein Fernglas und peile Merkur dann im Teleskop an.
Viele Amateure denken nun, bei der Beobachtung Merkurs im Teleskop könne man schon froh sein, wenn man Merkur in seiner Phase wahrnimmt, etwa als Sichel- oder als Halbmond. Mehr als ein winziges waberndes Möndchen sei da nicht zu sehen, auf Oberflächendetails wie bei Mars könne man da nicht hoffen. Diese Annahme mag für kleinere Teleskope zutreffen, nicht aber für Optiken ab etwa 6 Zoll mit Vergrößerungen über 200-fach. Die große Schwierigkeit liegt in der meist enormen Luftunruhe beim tiefen Stand des Merkur oder bei einem Kälteabfall in der Dämmerung. Aber auch hier gibt es deutliche Unterschiede: Mal wird das Merkurscheibchen nur verschmiert sichtbar und nur mit Mühe ist

dann überhaupt seine Phase auszumachen, mal steht es aber immer wieder für Sekunden relativ klar begrenzt da, und in Sekundenbruchteilen tauchen deutliche Details auf. Man hat die Empfindung am Okular, als würde man für ganz kurze Zeit gleichsam niedersinken Richtung Oberfläche des Planeten: Eine Färbung des Scheibchens tritt hervor, helle und dunkle Flecken oder Bögen schimmern plötzlich auf. In diesen kurzen Momenten enthüllt sich Merkur in einer einzigartigen Ästhetik: Merkur ist der einzige Planet, den wir in deutlicher Phasengestalt mit Oberflächenmerkmalen beobachten können. Im ersten Moment trauen wir vielleicht solchen auftauchenden Details und Farbwahrnehmungen gar nicht. Hier beginnt dann die Arbeit des Merkurfreundes. Er muss die verschiedenen kurzen deutlichen Wahrnehmungen miteinander vergleichen: Durch die sich zeigende Konstanz der Details kann das Auge darin geübt werden, Details immer sicherer und rascher wahrzunehmen, auch wenn Merkur in der Luftunruhe seine Landschaft nur für Sekunden und Sekundenbruchteile freigibt. Eine solche Übung ist ohne gleichzeitiges Zeichnen allerdings fast unmöglich.
In Abbildung 1 habe ich mit einem ZehnZoll-Newton eine farbige Wiedergabe des Merkur als Morgenstern versucht. Die Beobachtung der Details erfolgte in zwanzig Minuten, mehr gab die Morgendämmerung und die Luftunruhe nicht her. Die Farbtönungen habe ich damals (1998) mit Aquarellfarben festgehalten - gewiss nur eine unvollkommene Annäherung an die visuellen Eindrücke! Wer Freude an der Benennung der Merkmale hat, kann seine Zeichnung vergleichen mit den Merkurkarten von Antoniadi oder Dollfuß. Ich habe versucht meine Zeichnung nach Antoniadi zu beschriften.
Abbildung 2 liegt eine Beobachtung mit einem 16-Zoll-Newton zugrunde, 30 Minuten erlaubte die Luft dafür. Ganz deutlich waren für mich hellbraune und pinkfarbige Farbtönungen auf der Oberfläche zu entdecken. Entstanden ist jedoch leider nur eine Zeichnung mit Bleistift.

Schwerpunktthema Planeten

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2 Merkur in der Abenddämmerung am 10. Mai 2008. Zeichnung von Johannes Schilling an einem 16-Zoll-Newton-Teleskop
mit 231- und 389-facher Vergrößerung.

Zweifel daran, ob die Wahrnehmung so zahlreicher Details auf der nur ganze 7,4 Bogensekunden messenden Merkurkugel überhaupt möglich ist, liegen nahe. Mein Prinzip ist aber, das zu zeichnen, was meine Augen nach der obengenannten Methode wahrnehmen können. Im Internet fand ich viele Monate später ein Foto des Merkur am Tageshimmel, aufgenommen einen Tag nur vor meiner eigenen Beobachtung, ebenfalls mit einer Optik von 16 Zoll. Es ist eine Aufnahme der Privatsternwarte Meitingen (www.skywin.de). Ich war erstaunt über die ganz deutlichen Übereinstimmungen.
Trauen Sie sich doch einmal an den vernachlässigten Planeten Merkur heran. Am Besten gleich mit einem Bleistift bewaffnet. Geben Sie nicht auf, wenn Sie bei den ersten Versuchen wenig oder gar nichts erkennen können. Tragen Sie einfach erst mal im vorgezeichneten Kreis die erkennbare Merkurphase ein. Wenn dann ein, zwei helle oder dunkle Fleck-

chen dazu kommen, können Sie bei den ersten Versuchen schon völlig zufrieden sein. Sie müssen die richtigen Minuten bezüglich der Luftruhe erwischen und ohne ein Training des Auges werden Sie die extrem kurzen Momente der Durchsicht auf die Landschaft noch nicht nutzen können. Doch die Ausdauer lohnt

sich, wenn auch vielleicht erst nach einigen weiteren Anläufen.
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Schwerpunktthema Planeten

Visuelle Beobachtung einer Sonnenfinsternis auf Saturn

von Johannes Schilling

Wer Jupiter über längere Zeit beobachtet hat, dem haben sich die Schattenwürfe der Monde auf der Jupiterkugel gut eingeprägt: Schon im kleinen Fernrohr sind sie als pechschwarze Punkte auf der Wolkenoberfläche zu erkennen, im größeren Teleskop mit hoher Vergrößerung werden daraus schwarze wandernde Scheiben. Bei der Ringkantenstellung des Saturn im Jahr 2009 fragte ich mich, ob solche Beobachtungen auch bei dem doppelt so weit entfernten Gasriesen Saturn möglich sind. Ich las dann, dass Vorübergänge des Mondes Titan von Europa aus leider nicht zu beobachten sind. Und da wäre doch ein Schatten bestimmt gut zu erkennen: Titan hat ja einen scheinbaren Durchmesser von 0,83" und ich hatte ihn bei guter Luftruhe schon oft als orangefarbenes Kügelchen beobachten können. Was war mit den anderen Monden? Sie alle sind bedeutend kleiner, Rhea, der zweitgrößte Mond, misst mit seinen 1530 Kilometern Durchmesser nur 0,25" am Himmel. War da überhaupt eine Chance, seinen entsprechend winzigen Schattenwurf auf Saturn zu erkennen?
Im Internet fand ich keinerlei Hinweise auf visuelle Beobachtungen von Schattenwürfen der kleineren Saturnmonde. Also stellte ich am lauen Abend des
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1 Anblick des Saturn am 13. April 2009 um 22 Uhr. Norden ist oben. Westlich
des Saturn hat Rhea ihren Vorübergang vor der Saturnkugel soeben vollendet. Der Schatten von Rhea fällt aber noch südöstlich von Rhea auf den Planeten. Zeichnung am 16-Zoll-Newton-Teleskop mit 389-facher Vergrößerung von Johannes Schilling.

13. April 2009 (Ostermontag) meinen 16-Zoll-Newton in den Garten: Ein Durchgang von Rhea vor Saturn war vorhergesagt. Kurz vor 22 Uhr trat Rhea westlich von Saturn aus, ich hielt nun Ausschau nach einem Schattenpünktchen auf der Saturnoberfläche, südöstlich von Rhea. Erst mit 231-facher Vergrößerung erhaschte ich eine Spur des Schattens, nicht weit über der nördlichen Ringkante. Mit 389-facher Vergrößerung war er ganz eindeutig auszumachen, ohne dass er, bedingt durch die Luftunruhe, konstant zu halten gewesen wäre. Ganz im Gegensatz zu den Schattenwürfen auf Jupiter sah ich den Schatten von Rhea nie schwarz, sondern er wirkte immer dunkelgrau, winzig, aber rund. Im Laufe der nächsten Minuten konnte ich die Wanderung der Sonnenfinsternis auf Saturn in Richtung Westen gut mitverfolgen.
Zwischendurch konzentrierte ich mich auf den Erzeuger der Finsternis: Mit 552-facher Vergrößerung erschien der

Mond Rhea schön als winzig kleine Kugel mit einem Gelbstich. Dazu nun die riesige Saturnkugel mit dem schmalen Ring und den zart und verschieden gefärbten Wolkenbändern, und darauf die winzige, schnell wandernde Sonnenfinsternis: Das ergab ein eindrückliches und für mich ganz neues räumliches Bild des Saturnsystems.
Leider fand ich bislang keine andere visuelle Beobachtung. Ich fragte mich, ob überhaupt schon Sternfreunde Schattenwürfe der kleineren Saturnmonde im Jahr einer Ringkantenstellung beobachtet haben. Über entsprechende Hinweise würde ich mich sehr freuen.

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Schwerpunktthema Planeten

Planetenbeobachtungen an der Sternwarte Habichtswald
von Ralf Gerstheimer

Ausrüstung zur Planetenbeobachtung Als Teleskop steht ein 32-cm-Newton mit einem Öffnungsverhältnis von f/4 zur Verfügung, mit 5-fach Televue Powermate und bis zu vier Verlängerungshülsen. Als Kamera wird eine TIS DMK 21AF04 verwendet, für die Farbaufnahmen manchmal die ToUCam von Phillips oder zunehmend auch der RGB-Filtersatz von Astronomik.

Für Venusaufnahmen benutze ich im Ultravioletten den Schuler-UV-Filter, im Infraroten den Methanband-Filter von Astronomik. Für Mars kommt meist der Baader-IR-Pass-Filter zum Einsatz, bei gutem Seeing der RGB-Filtersatz von Astronomik. Dasselbe gilt für Jupiterbilder, bei denen in den letzten Jahren Aufnahmen ohne IR-Pass-Filter nicht mehr möglich waren.

Als Bildbearbeitungsprogramme kommen Giotto, Fitswork und Photoshop zum Einsatz.
Nachfolgend einige Ergebnisse meiner fotografischen Arbeit mit den entsprechenden Angaben:

2 Venus am 30.1.2009 mit
Methanband-Filter von Astronomik
3 Venus am 16.7.2009 mit
Schuler-UV-Filter
1 Venusdurchgang vor der Sonne am 8.6.2004 mit ,,Azimutbogen": Das Bild zeigt den Verlauf des Venustran-
sits am 8. Juni 2004, aufgenommen im schwäbischen Brittheim. Die einzelnen Bilder für diese Montage wurden mit einer azimutal nachgeführten Canon EOS 300D Spiegelreflexkamera aufgenommen. Obwohl das Ergebnis - nicht eine geradlinige Bewegung der Venus, sondern eine bogenförmige, die sich über den unteren Teil der Sonne erstreckte - zunächst überrascht, lässt sich das Phänomen leicht erklären: Während sich Venus wie erwähnt geradlinig von West nach Ost über die Sonnenscheibe bewegte, vollzog die Erde in 5 Std. 44 Minuten fast eine Vierteldrehung um ihre Achse. Für alle Beobachtungsorte, die nicht auf dem Äquator oder den Polen lagen, setzte sich die Bewegung der Himmelskörper relativ zum Horizont aus zwei Komponenten zusammen: Einer linearen horizontparallelen von Westen nach Osten und einer Rotation entgegen des Uhrzeigersinns. Letztere macht sich als Bildfeldrotation auf fotographischen Aufnahmen bemerkbar. Aus der Kombination von rotierender Sonnenscheibe und geradlinigem Venustransit entstand im Bezug auf den Horizont eine bogenförmige Bewegungsspur. VdS-Journal Nr. 34

4 Saturn-Ringstellungen im Jahr
2009: Um das erste Minimum der Ringöffnung Ende 2008 sieht man schön, wie der Ring sich 2009 wieder öffnet. Die Kantenstellung, die praktisch nicht aufzunehmen war, entwickelte sich dann innerhalb weniger Tage im August 2009. Gut zu sehen ist auch, wie die Helligkeit der Ringe nach der Opposition abnahm. Ein Effekt, der auf das geänderte Reflexionsverhalten der Ringpartikel in Bezug auf die Sonneneinstrahlung zurückzuführen ist.

Schwerpunktthema Planeten

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5 Merkur am 4.5.2008, 16:31 UT

8 Mars am 16.12.2007

6 Merkur am 5.7.2009, 04:25 UT
7 Uranus am 8.9.2009 mit den
Monden Oberon, Titania und Umbriel

9 Mars am 7.12.2009

10 Jupiter mit Mondschattenwurf am
24.9.2009, 20:02-20:07 UT IURGB-Komposit

11 Saturn in verschiedenen
Ringstellungen (von oben nach unten): 10.12.2001, 16.10.2003, 14.1.2005, 29.1.2006, 15.3.2007, 27.2.2008 und 3.1.2009 (Die Unterschiede in der Qualität rühren von den verwendeten Kameras her. Bis 2005 ein Panasonic NV-DS8 Camcorder, 2006 die Philipps ToUCam 740K solo, ab 2007 die TIS DMK21AF04 für Luminanz mit der ToUCam für Farbe.)
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Schwerpunktthema Planeten

12 Die Montage zeigt den Schatten
von Europa auf Ganymed am 18.3.2003 zwischen 21:42 UT und 21:52 UT sowie Jupiter, wie er sich zu diesem Zeitpunkt präsentierte. Die Aufnahmen entstanden mit einem Panasonic NV-DS8 Camcorder am 20-cm-Schaer-Refraktor. Jupiter befand sich mit über 55 Grad vergleichsweise hoch über dem Horizont. Die Abstände zwischen den Monden und zu Jupiter sowie die Größenverhältnisse sind nicht maßstäblich abgebildet.

Marsbilder
von Michael Kunze

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Schwerpunktthema Planeten

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Planetenbilder von Venus, Jupiter und Saturn
von Torsten Hansen

1 Venus am 10. Januar 2009, 16:23 - 16:35 UT; alle Bilder und auch alle folgenden aufgenommen
mit 20-cm-Newton-Teleskop und Kamera DMK21AU.
2 Jupiter mit Ganymed, Europa und Io am 19./20. August 2009

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Schwerpunktthema Planeten

4 Jupiter am 30.
Juni 2009, 02:27 UT
3 Jupiter in den Monaten
Juli/ August 2009

5 Jupiter mit Europa, Gany-
med und dessen Schatten
(siehe Ausschnitt) am 19. August
2009, 23:11 UT

Schwerpunktthema Planeten

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6 Saturn am 17.02.2008, 23:40 UT

7 Saturn mit Sturm in der STrZ
am 19.02.2008, 23:03 UT
8 Saturn am 26.01.2009, 03:33 UT

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Schwerpunktthema Planeten

Venus und Mars von Bernd Gährken

Oberflächenstrukturen auf der Venus Die Venus besitzt im Infraroten mehrere atmosphärische Fenster, durch die man in tiefere Wolkenschichten und sogar bis auf die Venusoberfläche schauen kann. Für Amateure ist aber lediglich das Fenster bei 1010 nm erreichbar. Einige Astro-CCDs besitzen bei dieser Wellenlänge noch eine geringe Restempfindlichkeit. In Kombination mit einem RG1000-Filter kann es bei einer schmalen Venussichel gelingen, bis auf den Grund zu schauen. Als ideale Kamera hat sich die Watec Wat 120N herausgestellt. Bei f/10 und etwa einer Sekunde Belichtungszeit ist ein aschgraues Venuslicht schon auf den Rohbildern zu erkennen. Durch die Addition von einigen hundert Bildern lässt sich das Signal-toNoise-Ratio (SNR) soweit verbessern,
VdS-Journal Nr. 34

dass man Oberflächendetails herausarbeiten kann. Die Strukturen entstehen durch Temperaturdifferenzen auf der Venusoberfläche. Die Hochländer sind deutlich kühler, liefern weniger Infrarot und sind daher dunkler. Nach einer Aufbereitung der Bilder mit einem Kartografieprogramm lassen sich die Strukturen im Vergleich mit Radardaten von Magellan gut wiederfinden.
Leider steht die Venus nur im Abstand von etwa zwei Jahren für etwa zwei Wochen bei schmaler Phase in einem günstigen Blickwinkel. Oberflächenbilder gelangen bisher nur im September/ Oktober 2007 und Februar 2009. Die drei Bilder zeigen jeweils die erdgebundene Venus (links) im Vergleich mir Radarkarten von Magellan (rechts).

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Schwerpunktthema Planeten

Veränderungen auf dem Mars Der Mars ist keineswegs ein langweiliger Wüstenplanet auf dem keine Veränderungen zu beobachten sind. Neben dem jahreszeitlich bedingten Abschmelzen der Polkappe gibt es auch immer wieder große Sandverlagerungen, die das Aussehen des Roten Planeten lokal deutlich verändern können. Um derartige Veränderungen zu erkennen, sollte man seine Marsbilder mit einem Kartografieprogramm aufbereiten. Nur so lässt sich die Randverzerrung beseitigen und eine einheitliche, maßstabsgetreue Grundlage herstellen. Etabliert haben sich dazu die Programme Jupos und Iris.
Internet-Hinweise: http://www.astrode.de/venus07j.htm http://www.astrode.de/venus09a.htm http://jupos.privat.t-online.de/index.htm http://www.kk-system.co.jp/Alpo/Latest/ WinJUPOS/winjuposcuide_english.html http://www.astrosurf.com/buil/us/iris/ iris.htm http://astrosurf.com/buil/iris/lecon19. htm

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Das AME-Team heisst Sie herzlich Willkommen bei Europas schönster* und größter* Astro-Messe.

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· Wann?
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Schwerpunktthema Planeten

Jupiter und Venus im infraroten Licht
von Gabriele und Jörg Ackermann

Im Infraroten kann man vom inneren Nachbarplaneten der Erde mit normalen siliziumbasierten CCD-Kameras vor allem die Infrarote Thermalemission (IRTE) der Nachtseite aufnehmen. Bei einer Wellenlänge von 1020 nm gibt es hier ein kleines Fenster zwischen den Kohlendioxid-Bändern, durch das man bis auf die Oberfläche der Venus blicken kann [1]. Man sieht auf den Aufnahmen aber nicht nur ein Abbild der Oberflächentemperatur. Einen nicht unerheblichen Einfluss haben auch die Opazität der Wolkenschichten und das Emissionsverhalten der Venusoberfläche. Wenn man diese Einflüsse entsprechend berücksichtigt, könnte man so zum Beispiel nach aktiven Vulkanen auf der Venus suchen. Zur letzten unteren Konjunktion konnten wir entsprechende Aufnahmen der Nachtseite der Venus gewinnen [2].
Um weiter in den infraroten Spektralbereich vordringen zu können, haben wir von der Firma PlaneWave ein IRDK12.5 in Verbindung mit einer NIR-Kamera,
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1 Venus IRTE, PlaneWave CDK12.5, Filter Schott RG1000-3mm, AVT F-033B IRF,
14.03.2009, 18:35 UT
2 Venus IRTE, PlaneWave CDK12.5, Filter Schott RG1000-3mm, AVT F-033B IRF,
10.04.2009, 04:16 UT
3 Blick in den Hauptspiegel des IRDK 12.5

Schwerpunktthema Planeten

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4 Die von uns benutzte Kamera NIR-300 hat eine spektrale Empfindlichkeit
von 920 nm bis 1740 nm. Sie liegt also im unteren Bereich der möglichen spektralen Empfindlichkeiten.

deren CCD-Sensor auf dem Verbindungshalbleiter InGaAs basiert, benutzt. Die IRDK Teleskopserie besitzt einen mit Gold belegten Spiegel und hat deshalb eine Reflektivität größer 98 % von 650

nm bis 16 µm. Mit Indium-Gallium-Arsenid (InGaAs) kann man CCD-Sensoren mit einer Empfindlichkeit von bis zu 2700 nm herstellen. Die spektrale Empfindlichkeit wird dabei durch das Verhältnis der

einzelnen Komponenten (InxGax-1As) bestimmt, insbesondere durch den Anteil des Galliums.
Unter Berücksichtigung der Wasserdampfabsorption in der Erdatmosphäre haben wir folgende Wellenlängenbereiche für die NIR-Filter gewählt: 990 nm bis 1140 nm, 1160 nm bis 1320 nm und 1400 nm bis 1750 nm.
Wir haben zunächst nur die beiden ersten Filter erwerben können, konnten aber damit bereits Tests machen. An dieser Stelle sollte man noch das geringere Auflösungsvermögen eines Teleskops bei größeren Wellenlängen betrachten. Die Winkelauflösung ist nur von der Öffnung des Teleskops und der Wellenlänge des Lichts abhängig. Da dieser Zusammenhang linear ist, bedeutet das, dass die erreichbare Auflösung bei 1100 nm gerade die Hälfte dessen ist, was man bei 550 nm (grünes Licht) erreichen kann. Bei 1650 nm ist das also nur noch ein Drittel.
Zuerst haben wir den Gasriesen Jupiter ins Visier genommen. Das Standardmotiv ist natürlich der Große Rote Fleck.

5-6
Jupiter am 15.8.2009, 21:27 UT (linkes Bild); 15.8.2009, 21:48 UT (rechtes Bild). Das Bild auf der linken Seite haben wir mit dem 990-1140-nm-Filter und das auf der rechten Seite mit dem 1160-1320-nm-Filter aufgenommen.

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Schwerpunktthema Planeten

7-8 Jupiter am 15.8.2009, 23:14 UT (linkes Bild); 15.8.2009, 23:26 UT (rechtes Bild). Das Bild auf der linken Seite haben
wir wieder mit dem 990-1140-nm-Filter und das auf der rechten Seite mit dem 1160-1320-nm-Filter aufgenommen. Zusammenfassend muss man sagen, dass sich die Bilder im Wellenlängenbereich bis 1320 nm kaum von denen unterscheiden, die wir bisher bei etwa 800 nm bis 1000 nm gemacht haben. Als neue Merkmale kommen hier lediglich die dunklen Bänder in den nord- und südpolaren Gebieten hinzu.
9-10 Venus am 23.8.2009, 4:13 UT (linkes Bild); 23.8.2009, 4:21 UT (rechtes Bild). Bei diesen Bildern ist auf der linken
Seite die Aufnahme mit dem 990-1140-nm-Filter und auf der rechten Seite die mit dem 1160-1320-nm-Filter zu sehen.
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Schwerpunktthema Planeten

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11 Venus am 25.11.2009, 8:00 -
8:26 UT. Aus drei einzelnen SchwarzWeiß-Aufnahmen konnten wir ein Falschfarbenbild zusammenbauen. Die einzelnen Farbkanäle teilen sich wie folgt auf: Blau - 990 nm bis 1140 nm, Grün - 1160 nm bis 1320 nm und Rot - 1400 nm bis 1750 nm.

12 Venus: Komposit aus einer UV- und einer IR-Aufnah-
me. Instrument: Planewave CDK12.5 mit Baader Flatfieldconverter und Firewire-Kamera DMK21AF04; 14.02.2009, 16:07 MEZ, Filter: Baader UV und Schott RG1000

13 Venus: Komposit aus einer UV- und einer IR-Aufnahme
Instrument: Planewave CDK12.5 mit Baader Flatfieldconverter und Firewire-Kamera DMK21AF04; 28.02.2009, 16:48 MEZ, Filter: Baader UV und Schott RG1000
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Schwerpunktthema Planeten

14 Saturn mit den Monden Rhea
und Titan. Die Aufnahme mit dem Zeiss RG610 Filter wurde als L-Kanal benutzt. Instrument: Planewave CDK12.5 mit Baader Flatfieldconverter und Firewire Kameras DMK21AF04 mit Filter Zeiss RG610 und DBK21AF04 mit Baader UVIR-Filter; 13.04.2009, 22:00 MESZ

Alle Aufnahmen entstanden in Zaberfeld-Michelbach.

15 Uranus: Die Aufnahme mit
dem Zeiss RG610 Filter wurde als LKanal benutzt. Instrument: Planewave CDK12.5 mit Baader Flatfieldconverter und Firewire Kameras DMK21AF04 mit Filter Zeiss RG610 und DBK21AF04 mit Baader UVIR-Filter; 16.08.2009, 3:04 MESZ

16 Uranus: Die Aufnahme mit dem
Zeiss RG610 Filter wurde als L-Kanal benutzt. Instrument: Planewave CDK12.5 mit Baader Flatfieldconverter und Firewire Kameras DMK21AF04 mit Filter Zeiss RG610 und DBK21AF04 mit Baader UVIR-Filter; 28.08.2009, 0:58 MESZ

18 Unten: Neptun: Die Aufnahme
mit dem Zeiss RG610 Filter wurde als L-Kanal benutzt. Instrument: Planewave CDK12.5 mit Baader Flatfieldconverter und Firewire Kameras DMK21AF04 mit Filter Zeiss RG610 und DBK21AF04 mit Baader UVIR-Filter; 28.08.2009, 0:24 MESZ

17 Neptun: Die Aufnahme mit
dem Zeiss RG610 Filter wurde als LKanal benutzt. Instrument: Planewave CDK12.5 mit Baader Flatfieldconverter und Firewire Kameras DMK21AF04 mit Filter Zeiss RG610 und DBK21AF04 mit Baader UVIR-Filter; 16.08.2009, 2:41 MESZ
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Schwerpunktthema Planeten

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Im Wellenlängenbereich von 1 µm und 2 µm dringt das Licht sehr tief in die Atmosphäre Jupiters ein und wird teilweise vom vorhandenen Ammoniak und zum Teil auch vom Methan absorbiert. Man sieht nicht nur die Albedo der Wolken, sondern man kann auch etwas über die Dicke der Wolkenschichten sagen. Je dunkler ein Wolkenband erscheint, desto dünner sollte es normalerweise sein.
Im Juli 2009 gab es einen Einschlag auf Jupiter. Zu der betreffenden Zeit waren wir gerade in China unterwegs, um dort die totale Sonnenfinsternis zu beobachten. Wir konnten daher das Gebiet des Einschlags erst Mitte August aufnehmen. Auf den Aufnahmen ist der Einschlag leider nicht genau zu identifizieren. Er war zu dieser Zeit bereits stark in die Länge gezogen und hatte nur noch eine sehr geringe Breite. Es könnte auch sein, dass der Einschlag sich weniger dunkel im NIR-Bereich dargestellt hat und durch Reflektionen der Wolkenschichten überdeckt wurde.
Unser nächstes Ziel war die Venus. Normalerweise ist ihre Wolkendecke im Wellenlängenbereich um 1000 nm fast strukturlos. Uns sind auch nur sehr wenige Aufnahmen mit einem Schott-RG1000Filter gelungen, auf denen man ein paar schwache Strukturen in der dichten

Atomsphäre sieht. Die Wolkenstrukturen, die man im NIR-Bereich wahrnimmt, entstehen in der Hauptwolkenschicht und liegen etwas tiefer als die, die man mit einem UV-Filter (300-400 nm) abbilden kann. Bei Wellenlängen größer als 1000 nm sieht man die Strukturen in den Wolken bereits bei der Aufnahme. Der Kontrast entspricht in etwa dem der UVAufnahmen.
Mitte November 2009 haben wir endlich den 3. Filter des Filtersatzes erhalten. Jupiter stand für uns leider schon zu tief am Horizont, um noch gute Aufnahmen gewinnen zu können. Besser sah es dagegen für Venus am Morgenhimmel aus. Hier konnten wir nun alle drei Filter ausprobieren. Am 25. November hatte Venus nur noch eine Größe von 10,03 Bogensekunden und eine Phase von 0,981. Die Helligkeit war mit -3,9 mag aber recht groß, so dass wir auch einen großen Projektionsabstand nutzen konnten, um damit ihren geringen Scheibchendurchmesser wieder auszugleichen.
Da Venus nun immer näher an der Sonne steht und am 11. Januar 2010 ihre obere Konjunktion erreicht hat, sind weitere Aufnahmen vorerst nicht möglich. Der Hauptgrund hierfür ist der hohe Anteil des Streulichts nach Sonnenaufgang, den die NIR-Kamera noch registriert.

In der diesem Beitrag folgenden Bildergalerie haben wir einige Bilder von Venus, Saturn, Uranus und Neptun versammelt.
Wie geht es weiter? Ab Januar 2010 haben wir uns nun dem Mars zugewandt. Zu dieser Opposition wird Mars aber 44 Millionen Kilometer weiter von der Erde entfernt sein als im Jahr 2003. Im März erreicht Saturn seine Opposition. Da Saturn wie Jupiter ein Gasplanet mit ähnlicher Zusammensetzung ist, erwarten wir auch ähnliche Ergebnisse wie beim Jupiter. Und natürlich werden wir uns noch einmal mit dem guten alten Mond beschäftigen und ihn nicht nur für Testaufnahmen nutzen.
Literaturhinweise: [1] Formisano, V., et al., 2006. The
planetary fourier spectrometer (PFS) onboard the European Venus Express mission. Planetary and Space Science 54, pp. 1298-1314.
[2] McKim, Richard: Recent observations of Venus. In: Journal of the British Astronomical Association Vol. 119 No. 5, 2009, page 240

Beobachtung von Methan
in den Atmosphären von Uranus, Neptun und Titan
von Torsten Hansen

Vom Standpunkt eines Planetenfotografen geben Uranus und Neptun leider nicht sehr viel her. Mit einer mittleren Oppositionshelligkeit von 5,6 mag und Scheibchendurchmesser von maximal 3,8 Bogensekunden (Uranus) bzw. 7,5 mag und maximal 2,5 Bogensekunden (Neptun) lässt sich zwar der Grün- bzw. Blauschimmer, den man schon visuell bei der Betrachtung mit einem Fernrohr hat, darstellen. Für eine zweifelsfreie Abbildung von Strukturen der äußeren Atmosphären benötigt man aber doch wohl

größere Gerätschaften. Diese Aussage mag man für Uranus vielleicht ein wenig einschränken, für Neptun dürfte sie aber sicher zutreffen. Im Falle Uranus ist für die Abbildung verlässlicher Strukturen in jedem Fall aber sehr gutes Seeing und eine gewisse Geduld hinsichtlich der Gesamtbelichtungszeit notwendig.
Lange bevor man sich mittels Raumsonden ein Bild von den äußeren Planeten machen konnte, waren ihre wesentlichen physikalischen und chemischen Eigen-

schaften bekannt, z. B. die Zusammensetzung ihrer Atmosphären.
Die Entwicklung der Kameratechnik und daran gekoppelt die Geräteinnovationen (z.B. Spektralgitter mit niedriger Auflösung) versetzen den Amateur in die Lage, hier ebenfalls Einblicke zu erhalten.
Die Atmosphären der äußeren Planeten enthalten hauptsächlich Methan. Da Methan ein Molekül ist, zeigt es ein Spektrum, welches sehr breite Linien, soge-

36

Schwerpunktthema Planeten

1 Rohspektren von Uranus und Neptun. Das Bild gibt einen guten Eindruck des Liveanblicks am Bildschirm während der
Aufnahme.

2 Schematische Darstellung eines Spaltspektrographen und eines spaltlosen Spektrographen. Alle Spektren des Beitrags
in spaltloser Anordnung.

nannte Banden, besitzt. Fällt Sonnenlicht auf die äußere Atmosphäre Uranus oder Neptuns, wird es vom Methan absorbiert, was im Spektrum zu Absorptionsbanden, also deutlich sichtbaren, dunklen Bereichen führt. Dies ist in Abb. 1 schön nachzuvollziehen. Die Rohspektren zeigen klar sichtbare, relativ breite dunkle Stellen.
Instrumente Der geneigte Leser wird sich fragen, welche Geräte für solche Spektren nötig sind. Prinzipiell gibt es zwei Anordnungen, um Spektren aufzunehmen: mit oder ohne Spalt.
In Abb. 2 sind die beiden Anordnungen schematisch dargestellt.
Alle Spektren in diesem Artikel wurden spaltlos gewonnen, d. h. vor dem Kamerasensor (hier: S/W Videokamera DMK41) wurde ein optisches Gitter angebracht, und das Licht des zu spektroskopierenden Objekts fokussiert. Aufnahmeinstrument
VdS-Journal Nr. 34

3 Staranalyser 100 - ein optisches
Gitter mit 100 Linien pro mm, eingebaut in eine 1 1/4" Schraubfassung.
war in allen Fällen ein 20-cm-NewtonTeleskop mit Öffnungsverhältnis f/6. Das optische Gitter ist bekannt unter der Bezeichnung Staranalyser 100 [3], besitzt also 100 Linien pro Millimeter (Abb.3).
Das Gitter des Staranalyser 100 ist in einer Schraubfassung untergebracht, die mit einem 1 1/4-Zoll-Gewinde versehen

ist. So lässt es sich einfach in die Steckhülse der Kamera einschrauben und mitsamt der Kamera in den Okularauszug des Teleskops einschieben. Die relativ niedrige Linienzahl deutet auf die potentielle Verwendung des Staranalyser 100 hin. Bei Anwendung an gängigen Amateurteleskopen im Brennweitenbereich ein Meter, passt der Spektralstreifen schon auf den 640x480 Pixel messenden Chip einer Webcam. Will man die für eine spätere Auswertung wichtige nullte Ordnung des Spektrums, also das Bild des ungebeugten Sterns gleichzeitig mit dem Spektrum aufnehmen, benötigt man entweder zwei Aufnahmen oder einen entsprechend größeren Chip. Der 4-mal so große Chip der DMK41 und 1200 mm Teleskopbrennweite sind für diese Aufgabe eine sehr brauchbare Kombination. Ideal wäre natürlich eine entsprechend große, gekühlte CCD-Kamera, da die Belichtungszeiten für schwächere Objekte, für die der Staranalyser 100 auch konzipiert ist, in den Deep-Sky-Bereich gehen können.

Schwerpunktthema Planeten

37

4 Titan Rohspektren: oben ohne Reduzierung des Streulichts von Saturn, unten nach Reduzierung/Entfernung
des Streulichts von Saturn.

Auswertung der Spektren Um herauszufinden, ob tatsächlich Methan für die auffälligen dunklen Linien in Abb. 1 verantwortlich ist, muss das Spektrum ausgewertet werden.
Dazu müssen, bevor man das Spektrum in eine Grafik überführt, einige Vorarbeiten geleistet werden. Im Wesentlichen geht es dabei um das Entfernen von Störeinflüssen, welche das reine Signal verfälschen, wie z. B. durch Kamerarauschen hervorgerufene Hotpixel, Dreck auf dem Deckglas des Chips oder auch der Himmelshintergrund. Konkret sollte das Rohspektrum also mit einem Darkbild, einem Flatfieldbild und einem Bereich aus der Umgebung, der den Himmelshintergrund repräsentiert, korrigiert werden.
Ist dies geschehen, kann die Grafik erstellt und das Spektrum ausgewertet werden. Zusammenfassend ergeben sich folgende Arbeitsschritte, die anschließend genauer erläutert werden sollen: - Video bzw. Einzelbilder überlagern
(incl. Dark- und Flatfieldkorrektur), - Abzug des Himmelshintergrundes, - Grafik des Rohspektrums in einem
Spektrenauswerteprogramm (z.B. vspec) erstellen und Rohspektrum kalibrieren (Wellenlängenskala erstellen), - Kalibriertes Spektrum durch ein (ebenfalls kalibriertes) Spektrum eines sonnenähnlichen Sterns dividieren.
1. Video bzw. Einzelbilder überlagern
Es empfiehlt sich neben dem Spektrum auch ein Masterdark bzw. -flat zu erstellen und von jedem Rohbild des Spektrums zu subtrahieren. Das erstere ist da-

bei besonders wichtig, da durch Hotpixel, welche sich an der Stelle des Spektralfadens befinden, Spektrallinien vorgetäuscht werden können. Zum Überlagern gibt verschiedene frei erhältliche Programme, wie z.B. Giotto, Registax oder - bei Einsatz einer DSLR - DeepSkyStacker. Es sollte erwähnt werden, dass im Gegensatz zur üblichen Bildbearbeitung eine Schärfung des überlagerten Resultates dem Messcharakter der Beobachtung widerspricht und wegen der daraus resultierenden nachträglichen Beeinflussung dieses Messergebnisses verpönt ist.
2. Abzug des Himmelshintergrundes
Genauso wie das spektroskopierte Objekt sendet der Himmelshintergrund Licht aus, welches das Licht des Objektes überlagert. Sehr deutlich wird die Problematik bei der Spektroskopie von Titan, der i .d. R. recht nah bei Saturn steht. Das Streulicht Saturns kontaminiert hier gewissermaßen das Licht Titans und muss deswegen vom Spektrum Titans abgezogen werden.
Abb. 4 zeigt oben das Titanspektrum mit ungleichmäßiger Streulichtverteilung durch das während der Aufnahme unterhalb stehende Spektrum Saturns, welches stark überbelichtet war. In Abbildung 4 unten sieht man das Titanspektrum nach Abzug des Himmelshintergrundes. Es ist praktisch kein Streulicht mehr zu erkennen!
3. Grafik des Rohspektrums und Kalibrierung des Rohspektrums
Einen relativ einfachen Einstieg in die Spektrenauswertung bietet das Programm vspec von V. Desnoux. Das Spek-

trum wird dort im fits-Format geöffnet und kann sofort in eine Grafik umgewandelt werden (Abb. 5).
Entscheidend für die weitere Auswertung ist nun die Wellenlängenkalibrierung, d. h. man muss allen Stellen des Spektrums den richtigen Wellenlängenwert zuordnen. Dazu benötigt man eine Referenz, also ein Spektrum, welches in der gleichen Anordnung wie das auszuwertende Spektrum aufgenommen worden ist.
Als Referenzspektren dienen sehr häufig Spektren von Gasentladungslampen, etwa Neonglimmlampen, welche ein Spektrum mit sehr schmalen Linien zeigen. Bei Benutzung einer spaltlosen Anordnung, so wie in diesem Beitrag, stellt diese Methode allerdings ein Problem dar, da man gewissermaßen eine Optik einschalten muss, die aus dem Neonlicht paralleles Licht macht. Spektroskopiert wird ja mit parallelem Sternlicht, welches vom Fernrohr fokussiert wird.
Alternativ kann man sich, wegen der niedrigen Auflösung des Spektrographen, auch eines Sterns bedienen, der auffällige Absorptionslinien zeigt. Besonders geeignet sind hierfür Sterne, deren Spektren hauptsächlich die Linien des Wasserstoffs (Balmerserie) enthalten, also Sterne vom Typ B (spätes Stadium), A oder F (frühes Stadium). In vspec lässt sich nun das Kalibrierspektrum in die Grafik des Zielspektrums einfügen und die Kalibrierung mit Hilfe der Balmerlinien (z.B. H-Beta-Linie) und der nullten Ordnung durchführen. In der Regel genügt eine Kalibrierung mit zwei Linien, es ist aber auch eine Kalibrierung mit mehreren Linien möglich. Damit die Kalibrierung
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Schwerpunktthema Planeten

5 Unkalibriertes Spektrum Neptuns in der Oberfläche der Spektren-Auswerte-Software vspec.
6 Wellenlängenkalibriertes Neptunspektrum mit Sternspektrum von Gamma Aqr, welches für die Kalibrierung benutzt
wurde. Unten die Wellenlängenskala. VdS-Journal Nr. 34

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Schwerpunktthema Planeten

funktioniert, müssen Ziel- und Kalibrierspektrum möglichst genau übereinander liegen (Abb. 6). Wäre dies nicht gewährleistet, würde die Wellenlängenskala, die übrigens wegen des optischen Gitters linear ist, nicht stimmen. Als Vorarbeit müssen hierfür die Bilder beider Spektren vor dem Laden nach vspec entsprechend zurechtgeschnitten werden.
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7 Auswertung der Spektren von Uranus und Neptun mit deutlich sichtbaren
Methan Absorptions-Banden.

In Abbildung 6 ist die Deckungsgleichheit der nullten Ordnungen von Kalibrierstern (Gamma Aqr) und Neptunspektrum zu sehen (spitz zulaufende Peaks links im Bild). Die horizontal abgetragene

Wellenlängenskala zeigt die erfolgreiche Wellenlängen-Kalibrierung an.

Schwerpunktthema Planeten

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4. Auswertung der kalibrierten Planeten-Spektren
Das wellenlängenkalibrierte Rohspektrum kann nun ausgewertet werden. Ein Blick auf den interessanten Teil des kalibrierten Rohspektrums offenbart einen hügelartigen Verlauf der Kurve, welcher von der verwendeten Kamera abhängt. Benutzt man z. B. eine DSLR, resultiert eine wesentlich ungleichmäßigere Kurve.
Der hügelartige Kurvenverlauf ist gewissermaßen ein Abbild der spektralen Empfindlichkeit des Kamerachips (spectral response), welcher, damit alle Teile des Spektrums direkt vergleichbar werden, korrigiert werden muss. Neben der spektralen Empfindlichkeit existiert noch ein weiterer äußerer Einfluss auf das Spektrum. Das Licht hat die Erdatmosphäre durchquert, was zu Absorptionen an Sauerstoff und Wasserdampf geführt hat. Diese Absorptionen zeigen sich somit auch im Spektrum des untersuchten Objektes und verfälschen dieses (Extinktionseffekte).

Die Frage lautet nun also: Wie lassen sich diese äußeren Einflüsse korrigieren? Die Lösung dieses Problems ist Folgende: Man dividiert das Planetenspektrum durch ein Sonnenspektrum oder ein Spektrum eines sonnenähnlichen Sterns. Im Falle von Uranus und Neptun steht zeit- und ortsnah i. d. R. kein Sonnenspektrum zur Verfügung, weswegen hier ein sonnenähnlicher Stern für die Korrektur angebracht ist. Im Falle Titans könnte man aber einen der helleren Monde für diesen Zweck verwenden, so z. B. Rhea. Hier wäre dann wieder die Streulichtentfernung nötig. Ein weiteres Problem stellt die relativ geringe Helligkeit der anderen Saturnmonde dar. Da das Licht der Planeten bzw. Monde unseres Sonnensystems im Prinzip Licht von der Sonne ist, entfernt man durch die Division mit einem sonnenähnlichen Spektrum auch noch die Teile des Sonnenlichts, die nicht von einer Absorption in der Planetenatmosphäre stammen. Übrig bleibt also im Falle der Atmosphären Uranus, Neptuns und Titans im Wesentlichen ein Methanspektrum.

8 Auswertung eines Titan-
spektrums.
Abb. 7 zeigt das Ergebnis des Auswertevorgangs für Uranus und Neptun. Grafik Nummer 1 enthält die Rohspektren von Neptun und des sonnenähnlichen Sterns 53 Aqr (Spektraltyp G2V). Im Rohspektrum von Neptun sind bereits einige Absorptionsbanden zu sehen, die im Spektrum von 53 Aqr fehlen. In Grafik Nummer 2 nun das Resultat nach Division (Neptun roh) / (53Aqr roh). Dieses Spektrum enthält nur noch Informationen der Neptunatmosphäre, ist also um Kameraeinfluss, Erdatmosphäre und Sonnenlicht bereinigt.
In den Abbildungen Nummer 3 und Nummer 4 ist der gleiche Vorgang am Spektrum von Uranus dargestellt. Als Referenzstern wurde diesmal der G2VStern 9 Cet benutzt. In beiden Fällen standen die Planeten relativ nah bei den Referenzsternen. Dies gewährleistet näherungsweise eine ähnliche Extinktion durch die Erdatmosphäre. Ganz unten in
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Schwerpunktthema Planeten

Abbildung 7 sind einige AbsorptionsBanden des Methan aufgelistet. Am auffälligsten tritt hier die Bande bei 6200 Å in Erscheinung, interessant ist aber auch die Bande bei 4860 Å, welche praktisch mit der H-Beta-Linie der Balmer-Serie des Wasserstoffs (4861 Å) zusammenfällt. Wenn man sich die Rohspektren an dieser Stelle ansieht, fällt auf, dass auch die Referenzsterne eine Linie an dieser Stelle besitzen. Für die G2V-Sterne befindet sich dort tatsächlich die H-Beta-Linie. Interessant ist, dass nach Bereinigung mittels der Division durch den Referenzstern die Absorptionsbande im Neptun- und Uranusspektrum bei 4860 Å immer noch vorhanden ist. Ein Vergleich mit Quelle [4] zeigt die Ähnlichkeit des korrigierten Uranusspektrum mit dem in [4] abgebildeten Uranusspektrum von T. Owen und R.D: Cess (Department of Earth and Space Sciences, State University of New York) aus den 1970er Jahren.
Titan Da auch Titan eine Methanatmosphäre besitzt, lag es nahe, diese spektroskopisch nachzuweisen. Die Beobachtungen fielen leider noch gewissermaßen in die Erprobungsphase des Spektrographen, so dass die Resultate nicht ganz so überzeugend ausfielen wie bei Uranus und Neptun.
Abbildung 8 zeigt die Auswerteprozedur mit Ergebnis. Als Referenzstern stand nur ein G0IV-Stern zur Verfügung. Das Rohspektrum Titans zeigt einen etwas anderen Verlauf als die Spektren von

Uranus und Neptun. Leider sind nur bei ca. 5950 Å und 6200 Å schon Banden zu erahnen. Nach Division mit dem Referenzstern lässt sich vor allem die Bande bei 6200 Å sicher erkennen, aber auch bei 5950 Å und 5430 Å sind im Vergleich zum Spektrum eines G2V-Sterns ganz unten im Bild deutlich dunkle Bereiche im Spektrum wahrnehmbar. Die MethanBande bei 7300 Å wiederum ist deutlich sichtbar.
Zusammenfassung Mittels niedrig auflösender Spektroskopie ist der Astroamateur, ausgerüstet mit mittelgroßem Fernrohr und CCD-, Video-Kamera oder DSLR durchaus in der Lage, Methan in den Atmosphären von Uranus, Neptun und Titan nachzuweisen. Hierbei stellen die beiden äußeren Planeten eine relativ einfach zu lösende Aufgabe dar, während die Beobachtung der Atmosphäre Titans durch Streulicht des nahe stehenden, hellen Saturns behindert wird.
Das eingesetzte niedrig auflösende Gitter (Auflösung R 100) lässt sich kurz vor dem Fokus eines Teleskops anbringen. Dadurch steht das gesamte Licht, welches das Teleskop zu sammeln in der Lage ist, zur Verfügung. Dies ermöglicht dem Spektrographen in relativ kurzer (Belichtungs-) Zeit sehr schwache Objekte zu untersuchen, die einem Spaltspektrographen an gleichem Fernrohr verborgen blieben.

Internet-Hinweise: [1] Visual Spec (vspec) Spektren Aus-
wertesoftware: http://astrosurf.com/ vdesnoux/ [2] Tutorial zu vspec von Richard Walker (sehr empfehlenswert!): http:// www.ursusmajor.ch/downloads/ tutorial-vspec-iris-5.1.pdf [3] Staranalyser 100 Homepage: http:// www.patonhawksley.co.uk/ staranalyser.html [4] Methane absorption in the visible spectra of the outer planets and Titan (aus: The Astrophysical Journal, 197: L37-L40, 1975 April 1): http://articles.adsabs.harvard. edu/cgi-bin/nph-iarticle_query? 1975ApJ...197L..37O&da ta_type=PDF_HIGH&whole_ paper=YES&type=PRINTER& amp;filetype=.pdf [5] Backyard spectroscopy and photometry of Titan, Uranus and Neptune (aus: Planetary and Space Science 51 (2003) 113 -125): http://www. lpl.arizona.edu/~rlorenz/amateur. pdf [6] Observing Titan with amateur equipment (aus: Proceedings of the International Conference "Titan: From discovery to encounter" 13-17 April 2004, ESTEC, Noordwijk, The Netherlands): http://www.lpl. arizona.edu/~rlorenz/SP-1278_ Lorenz.pdf

Neptun und Triton -

Visualisierung und Auswertung ihrer

Eigenbewegungen
von Hans G. Diederich

Pixelpositionen von Triton relativ zu Neptun

Die erste Beobachtung von Neptun war PCMCIA-Videomodul versuchte ich, die

Objekt

x

y

eine visuelle und erfolgte mit einem 7- Bewegung der helleren Planetenmonde

Neptun

131

137

Zoll-Maksutov im Odenwald. An eine als Video aufzunehmen (und sie später

#15, #21

169

167

Beobachtung seiner Monde verschwen- mit ,,Time-Inserter" auswerten).

#16

180

128

dete ich keinen Gedanken. Meine ersten

#17

140

99

Astrobilder konzentrierten sich auf die Auf einer Gästesternwarte sollte dann

#18

90

105

Objekte unseres Sonnensystems. Mit ei- mein erstes CCD-Bild von Neptun entste-

#19

84

145

ner einfachen Videokamera und einem hen. Dabei fiel mir nahe bei Neptun ein

#20

125

175

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Schwerpunktthema Planeten

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1 Neptun und Triton täglich vom 15. bis zum 21.11.2006

Lichtpünktchen auf, für das im Sternkartenprogramm kein Stern angezeigt wurde: Ich hatte Triton, Neptuns größten Mond, ,,entdeckt".
Und ich kam von Triton nicht mehr los: Täglich entstanden weitere Aufnahmen. Deren Blinken ließ einen vollständigen Umlauf von Triton um Neptun herum erkennen. Mit diesem Bildmaterial gelang schließlich auch die Erstellung einer richtigen Animation, einer ,,animierten .gif-Datei" - dynamische Amateurastronomie!
Weitere Animationen Diese erste Animation vom April 2000 wurde sogar von Sky and Telescope beachtet [1]. Damit hatte ich nicht gerechnet. Und bis heute verstehe ich nicht, warum nicht andere Sternfreunde schon viel früher ein solches Ergebnis präsentiert hatten. Richtig schön und ,,rund" war meine Animation allerdings nicht. Im November 2006 kam es zu einer Wiederholung mit dem Ziel, die Umlaufbewegung von Triton möglichst anschaulich zu visualisieren.
Die Animationen der Jahre 2000 und 2006 wurden auf einer Webseite zusammengefasst [2]. Da hier im Text nicht zeigbar, werden die Animationen durch eine Montage vertreten (Abb. 1), welche die täglichen Aufnahmen vom 15. bis 21.11.2006 nebeneinander zeigt. Sie wurden mit einem C14 und einer STL1001E bei einem Abbildungsmaßstab von 1,28 Bogensekunden / Pixel aufgenommen.
Jenseits von Blinksequenz und Animation Außer mit Animationen lassen sich die täglichen Einzelbilder aber noch anders auswerten: Die vielen Positionen von Triton und Neptun lassen sich astrometrieren und daraus die Bahnelemente relativ zu Neptun ableiten. Die erforderlichen Methoden stehen mir aber nicht zur

Verfügung. Ich möchte daher versuchen, mit viel einfacheren Auswertungen Informationen zur Umlaufbahn von Triton zu gewinnen.

Die Umlaufperiode

von Triton

Zunächst bestimme ich

im passend gestreck-

ten Bild (Histogramm

benutzen) die Koordi-

naten des Mittelpunkts

von Neptun. Diese sind hier aber keine

2 Abzug einer im Histogramm besonders gestreck-

Himmelskoordinaten, ten Aufnahme von Neptun von der Überlagerung der

sondern es werden Aufnahmen vom 15. bis zum 21.11.2006

die Pixelkoordinaten

(die xy-Koordinaten)

des Mittelpunkts gemessen. Im Bildbe- dass vom invertierten Überlagerungsbild

arbeitungsprogramm hält man einfach aller einzelnen Bilder ein ebensolches,

den Mauszeiger auf den Mittelpunkt und allerdings im Histogramm extrem nach

liest die Koordinaten in der Infozeile des oben gestrecktes, nichtinvertiertes abge-

Programms ab. Die Lage der einzelnen zogen wird. Zum Messen der Pixelkoor-

Tritonpositionen und gleichzeitig des dinaten reichen aber die einzelnen nicht

Mittelpunkts von Neptun werden in der überlagerten Bilder aus.

Abbildung 2 dadurch kenntlich gemacht,

3 Positionswinkel von Triton aufgetragen über der Zeit zur Bestimmung
seiner Umlaufperiode
VdS-Journal Nr. 34

44

Schwerpunktthema Planeten

4 Überlagerung der Aufnahmen vom 15. bis zum 21.11.2006 mit eingezeich-
neten Hilfskonstruktionen zu Bestimmung der Inklination der Tritonbahn. Weitere Erläuterungen s. Text.

Ich setze nun den Mauszeiger auf alle Positionen von Triton und Neptun und stelle die Werte in einer Tabelle (Tab. 1) zusammen. Mit einer Tabellenkalkulation werden daraus die Positionswinkel (Pw) und die Abstände der jeweiligen Tritonpositionen zum Mittelpunkt von Neptun errechnet (Tab. 2). Diese Werte werden in einem Diagramm über der Zeit aufgetragen. Für den Schnittpunkt der Geraden durch die Messpunkte mit der Waagerechten bei 360 Grad wird auf der Zeitachse ein Wert von 141,3 Stunden = 5,887 Tage abgelesen (Abb. 3). In der Literatur wird die Umlaufperiode von Triton mit 5,877 Tagen angegeben. Mein Ergebnis ist also mit einem Fehler von ca. 15,4 Minuten (0,2 %) behaftet.

Die Inklination der Umlaufbahn von Triton Hierunter verstehe ich (wie vom Deep Sky gewohnt) die Neigung der Ebene einer Umlaufbahn, einer Akkretionsscheibe oder der Scheibe einer Spiralgalaxie zur Sichtlinie.
Beim Betrachten der Animation aus 2006 habe ich den Eindruck, die Bahn Tritons sei kein Kreis. Dies wird mit dem Überlagern aller Tagesbilder untersucht (Abb. 2). Die gedanklich vorgestellte Bahnkurve von Triton sieht zwar symmetrisch aus, aber auf einem Kreis liegen seine Positionen nicht. Es könnte also sein, dass sich Triton zwar auf einer Kreisbahn um Neptun bewegt, wir auf diese aber nicht

Positionswinkel (Pw) und Abstand in Bogensekunden von Triton relativ zu Neptun

lfd. Nr. #15 #16 #17 #18 #19 #20 #21

Pw / Grad 49,9 100,4 166,7 232,0 297,7 351,0 55,0

Abstand / Pixel 24,8 49,8 39,1 52,0 47,7 38,5 24,4

Abstand / '' 15,9 15,9 12,5 16,6 15,3 12,3 15,6

Achsen
längste Achse kürzeste Achse

Relative Achsen der Tritonbahn

Pixelkoordinaten der Endpunkte

x1

y1

x2 y2

69

112

172 135

129 83

114 163

Länge in Pixel
106 81

senkrecht von oben schauen, sondern sie uns geneigt gegenüber steht.
Im rechten Teilbild der Abbildung 4 ist ein blauer Kreis eingezeichnet. Zwei einander gegenüber liegende Tritonpositionen befinden sich weit innerhalb des Kreises, während alle anderen den Kreis auf dessen Innenseite berühren. Im mittleren Teilbild sind die Positionen von Triton durch rote Strecken verbunden.
Beide Konstruktionen sehen symmetrisch genug aus und stützen daher die anfängliche Vermutung einer Kreisbahn von Triton. Diese findet schließlich ihre Bestätigung durch die Literatur. Dort heißt es z. B.: ,,Tritons Umlaufbahn, obwohl retrograd, ist ein fast perfekter Kreis".
Im linken Teilbild der Abbildung 4 sind zwei fast senkrecht zu einander stehende gelbe Achsen der Bahn von Triton eingezeichnet. Sie wurden so gewählt, dass sich ihre Achsenabschnitte mit der Tritonbahn in der Länge möglich viel unterscheiden. In einer ähnlichen Skizze werden die Längen der Achsenabschnitte gemessen (Tab. 3). Das Längenverhältnis enthält die Information über die Größe der Neigung von Tritons kreisförmiger Umlaufbahn zu unsere Blickrichtung.
Das Achsenverhältnis beträgt 81 / 106 = 0,76. Die Inklination i der Tritonbahn ist damit i = arccos (81 / 106) = 0,70 im Bogenmaß bzw. 45 Grad im Gradmaß. Das stimmt aber nun keineswegs mit dem Literaturwert von 20 Grad überein.
Ich wiederhole diese Rechnung mit den weiter oben bereits bestimmten Abständen der Tritonpostionen zum Mittelpunkt von Neptun. Jetzt erhalte ich i = 42 Grad . Beide Werte sind zwar einander recht ähnlich, liegen aber beide extrem weit neben dem Literaturwert. Was ist falsch?
Die Lösung des Problems ... ... ist einfach. Die Inklination aus der Literatur ist eine andere, nämlich die Neigung der Tritonbahn zur Rotationsebene von Neptun. Wer sich das nicht vorstellen kann, mir fällt es auch schwer, kann zu einem Modell greifen, vielleicht einem Apfel als Neptun und einem Kartonstück (mit großem Loch für den Apfel) als Ebene der Tritonbahn.

VdS-Journal Nr. 34

Schwerpunktthema Planeten

45

Mit diesem Modell und Werten aus dem Sternkartenprogramm gelange ich zu einer Inklination nach ,,Deep-Sky-Definition" von 50 Grad . Damit stimmen die beiden Werte von 42 Grad und 45 Grad einigermaßen überein. Damit ist die Lösung des scheinbaren Widerspruchs gefunden.
Wie könnte es weitergehen? Andere Sternfreunde könnten das Gleiche mit ihrer eigenen Ausrüstung nachvollziehen, sogar bessere Bilder erzielen.

Weitere Ideen der Bildauswertung wären möglich. Vielleicht hätte auch jemand Interesse daran, die Einzelbilder genau zu astrometrieren. Jedenfalls wurde an einem Beispiel gezeigt, dass sich Astrofotografie nicht in einem (schönen) Einzelbild erschöpft.

Literaturhinweise [1] R.W. Sinnott, 2001: "The Quest for
Elusive Moons", Sky and Telescope 10/2001, 100 [2] http://www.hansguenterdiederich. de/NeptunTriton/NeptunTriton.htm (Stand: 09.07.2009)

Exoplaneten für Amateure
von Bernd Gährken

In den letzten Jahren hatte kein anderes astronomisches Thema eine so starke Medienpräsenz wie die Exoplaneten. Oft entstand der Eindruck, dass diese Himmelskörper an der Grenze der aktuellen Forschung für Amateure unerreichbar sein könnten. Die meisten der momentan etwa 400 bekannten Exoplaneten sind spektroskopisch über die Dopplerverschiebungen im Sternspektrum nachgewiesen worden. Die dafür erforderliche Messgenauigkeit ist tatsächlich mit Amateurmitteln kaum zu realisieren. Doch neben der Nachweismöglichkeit über die Radialgeschwindigkeit gibt es auch noch den Nachweis über die Transitmethode. Bei dieser ist die Aufnahmetechnik einfa-

cher. Die Chance, dass sich die Planetenbahn zufällig auf der Sichtlinie mit der Erde befindet ist gering. Wenn dies doch einmal vorkommt, gibt es eine Lichtkurve ähnlich wie bei einem bedeckungsveränderlichen Doppelstern. Die Amplitude eines Transitplaneten ist allerdings viel kleiner. Wenn die Abschwächung bei einer Hundertstel Magnitude liegt, ist das schon viel! Die meisten Transitplaneten besitzen geringere Amplituden, nur bei wenigen sind die Schwankungen größer.
Derartig winzige Differenzen zu messen ist mit einer einzelnen Aufnahme unmöglich. Erst durch die Mittelung mehrere Aufnahmen ergibt sich die Chance

das Signal-zu-Rauschverhältnis (SNR) soweit zu optimieren, dass auch Differenzen von 0,01 mag noch bestimmbar sind. Vorteilhaft ist dabei ein hoher Dynamikumfang. Eine 8-bit Videokamera reicht dafür nicht aus. Eine 16-bit CCDKamera sollte es schon sein. Eine gut gekühlte High-End-Kamera ist von Vorteil, doch auch schon mit einfacheren, ungekühlten Modellen wie der DSI von Meade kann man einen Versuch wagen. Mit der DSI hatte vor ein paar Jahren schon einmal ein amerikanischer Amateur erfolgreich den Planetentransit des 7-magSterns HD209458b nachgewiesen und darüber in ,,Sky and Telescope" berichtet. Bei einem 7-mag -Stern hat man zwar

1 Anfängertaugliche Exoplaneten mit einer Amplitude von mehr als 0,014 mag

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46

Schwerpunktthema Planeten

2 Messung von XO-1b mit dem 80-cm-Reflektor der VSW München und einer Meade DSI-3. Die Flanken der Kurve
beschreiben Ein- und Austritt. Die typische Badewannenform mit flachem Boden ist gut zu erkennen. Mit drei Stunden ist die Transitdauer ungewöhnlich lang. Deshalb wurden zur Transitmitte Darks und Flats angefertigt.
3 Exoplanet TrES-3b hat eine Kurve mit einer untypischen runden Form. Anders als bei den meisten anderen Exoplaneten
gibt es, wenn der Planet vor dem Stern steht, am Boden der Kurve keine flache Ebene. Daran kann man erkennen, dass TrES3b seinen Stern nur partiell bedeckt. So erklärt sich auch die ungewöhnlich kurze Transitdauer von nur 77 Minuten. VdS-Journal Nr. 34

Schwerpunktthema Planeten

47

4 Die Periode von TrES-3b ist schwankend, was als mögliches Indiz für einen weiteren Planeten gewertet wird.

viel Licht, doch es ist schwer im Umfeld ausreichend gleichhelle Vergleichssterne zu finden. Vier Sterne sollten es mindestens sein. Bei dem kleinen Chip der DSI arbeitet man am besten mit einem Kleinteleskop oder einem Teleobjektiv. In mittleren und größeren Teleskopen kann man sich auch an schwächere Sterne wagen. Mit fast jedem Teleskop und fast jeder ordentlichen CCD-Kamera ist der Nachweis von Exoplaneten möglich! Jede CCD-Teleskop-Kombination hat dabei ihr eigenes Optimum bei der Grenzgröße. Je größer die Optik und je größer der Chip desto besser.
An der Volkssternwarte München steht ein breites Instrumentarium zur Verfügung. Die größte Optik ist ein 80-cmCassegrain-Teleskop. Bei einem ersten Test der DSI an zwei 15 mag hellen Sternen mit 30 Sekunden Belichtungszeit lagen die Schwankungen der Vergleichssterne zueinander im Bereich von 0,05 mag. Dieser Wert schien für weitere Projekte sehr ermutigend zu sein! Je schwächer der Stern und je geringer die Brennweite, desto größer ist die Chance, gleich helle Vergleichssterne im Bildfeld zu finden. Daher wurde für weitere Experimente ein 10-Zoll-Refraktor verwendet, der per Reducer auf eine Brennweite von zwei Metern eingestellt wurde. Nach dem Durchsuchen der Profiliteratur und

dem Abgleich der Bildfelder mit dem Palomar-Sky-Survey blieben neun interessante Sterne übrig, bei denen ein Erfolg möglich schien. Leider stehen die meisten dieser Sterne am Sommerhimmel. Das ist auch logisch, denn in der Sommermilchstraße ist die Anzahl der Sterne größer und damit auch die Wahrscheinlichkeit für ein brauchbares Vergleichssternfeld viel höher. Als die Messungen im Winter 2008/2009 begannen, war die Zahl der erreichbaren Zielsterne auf drei zusammengeschrumpft.
Im Dezember wurde mit WASP-11b ein erster Versuch gestartet. WASP-11b ist ein 11,89 mag heller Stern im Sternbild Widder. Seine Periode beträgt 3,722469 Tage und die Amplitude liegt bei 0,02 mag. Ab- und Anstieg der Helligkeit benötigen 159 Minuten. Durch Mittelung von jeweils 100 Bildern je 15 Sekunden am 10-Zoll-Refraktor gelang es, das SNR soweit zu verbessern, dass die kleine Amplitude von 0,02 mag noch zu erkennen ist. Allerdings war die Gefahr einer Systemdrift bei dieser ersten Messung noch relativ groß. Der Zielstern war an den Rand des Bildfeldes gerutscht und es konnte nur der Anstieg festgehalten werden. Ein Vergleich der Kurve mit einer anderen Amateurmessung schien jedoch das Resultat zu bestätigen. Es ist wichtig, dass es mehrere Vergleichssterne gibt,

die zur Kontrolle auch gegeneinander gemessen werden können. Idealerweise sind die Vergleichssterne gleichmäßig um den Zielstern verteilt. So können Fehler durch eine Systemdrift am besten ausgeschlossen werden. Bei einem zweiten Versuch im Januar war das Bildfeld besser abgestimmt und der Planetentransit konnte eindeutig nachgewiesen werden. Mit etwas guten Willen war der Helligkeitseinbruch schon in den Rohdaten sichtbar. Auch der erwartete Abfall von 0,02 mag passte genau zum Ergebnis.
Inzwischen gibt es eine Reihe von erfolgreichen Messungen. Die Ergebnisse sind reproduzierbar und halten dem Vergleich mit anderen Messungen stand. Weltweit gibt es einige Dutzend Amateure, die sich ganz dem Thema Exoplaneten gewidmet haben und teilweise auch in die Profisuchprogramme integriert sind. Die Kurven werden bei der ,,Exoplanet Transit Database" (http://var2.astro.cz/ETD) zentral gesammelt. Unter diesem Link gibt es eine Vielzahl von Verweisen zu bisherigen Messungen und zur Profiliteratur. Dazu finden sich praktische Prognosetools. Da die meisten der 66 bekannten Transitplaneten nur eine Umlaufzeit von wenigen Tagen besitzen, kann man in fast jeder klaren Nacht Messungen durchführen.
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Schwerpunktthema Planeten

5 Planetentransits kennen wir auch von unserer eigenen Sonne.
Hier ein Bild des Venustransits vom 8.6.2004.

Fast jeden Monat werden neue Exoplaneten entdeckt. Obwohl sich aktuelle Satellitenmissionen wie Kepler und Corot auf erdgroße Planeten spezialisiert haben, gibt es immer wieder Neuenddeckungen mit größeren Amplituden. Etwa ein Drittel der bekannten Transits hat eine Amplitude von mehr als 0,014 mag und ist damit anfängertauglich. Abbildung 1 zeigt dazu eine passende Tabelle.
Es gibt einige Dinge, die man bei seinen ersten Experimenten unbedingt beachten sollte: 1) Darks und Flats sind zwingend
erforderlich 2) Um die nötige Genauigkeit zu
erreichen, müssen mehrere Messungen über den Zeitraum von einigen Minuten gemittelt werden. 3) Um das Ausleserauschen zu minimieren, sollten die Sterne auf dem Chip etwa 50% bis 70% der Sättigung
VdS-Journal Nr. 34

erreichen. Sie dürfen aber auf keinen Fall ausbrennen! 4) Um das Ausleserauschen zu minimieren, lohnt es zudem die Sterne leicht zu defokussieren. Das Signal wird über mehrere Pixel gemittelt und so lässt sich die Belichtungszeit erhöhen. 5) Man sollte stets mehrere Vergleichssterne über Kreuz gegeneinander messen. Nur so kann man Gradienten ausschließen und Messtoleranzen sicher abschätzen. 6) Zuweilen zeigen Vergleichssterne ein bizarres Helligkeitsverhalten, weil sie in Chipbereichen mit Hotpixeln oder Dreck gemessen wurden. Diese ,,vergifteten" Sterne sind für die Messung unbrauchbar und müssen ausgeschlossen werden.
Wer diese sechs Punkte berücksichtigt, sollte mit einer handelsüblichen AstroCCD-Kamera und einem mittleren Amateurteleskop bei allen Sternen der Tabelle

1 erfolgreich sein. Dabei benötigt man keineswegs einen dunklen Alpenhimmel. Stadt- und Mondlicht stören kaum.
Auch Sterne mit einer Amplitude von weniger als 0,014 mag sind mit Amateurmitteln erreichbar. Doch dann muss man mit Autoguiding und einer perfekten Poljustage sicherstellen, dass bei Zielstern und Vergleichssternen stets die gleichen Pixel auf dem Chip angesprochen werden. Wenn es dann noch gelingt, die Spektralklassen anzugleichen um Extinktionseffekte auszuschließen, kann man durchaus auch Amplituden von weniger als 0,03 mag identifizieren.
Wenn Amateure Planetentransits nachvollziehen, so ist es ihnen theoretisch auch möglich, neue Transitplaneten zu entdecken. Es gibt in den Profisuchprogrammen einige Lücken, die man als Amateur ausnutzen könnte. Die meisten Profisuchprogramme sind auf eine Grenzgröße von etwa 12 mag optimiert. Hellere Sterne läßt man einfach ausbrennen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit gibt es im Bereich 8 bis 10 mag noch einige Sterne, die bislang nicht gefunden worden sind. Allerdings müsste man statistisch gesehen mehrere tausend Sterne überprüfen, um nur einen Treffer zu erzielen. Das deutsche Wetter ist dafür zu schlecht. Ideal wäre ein Gerät auf der südlichen Hemisphäre. Dort wären auch die Chancen besser, da sich die meisten Profisuchprogramme auf der Nordhalbkugel befinden und beim Suchfeld meist die Zenitlage bevorzugt wird.
Der Zukunft der Amateurmessungen liegt aber eher in der exakten Periodenbestimmung. Zur Zeit wird etwa jeden Monat ein neuer Transitplanet präsentiert. Amateure können helfen, durch Folgemessungen über die Distanz von mehreren Jahren die Umlaufzeiten der Planeten exakter zu bestimmen. Durch die genaue Bahnverfolgung lassen sich Störungen ermitteln, die von anderen Planeten verursacht werden. So lassen sich auch weiter entfernte Planeten aufspüren, die selbst nicht durch Transits entdeckt werden können.
Internet-Hinweise: Homepage des Autors: http://www.astrode.de/exoplaneten.htm

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Hierbei handelt es sich um denselben Tubus wie aus der bekannten LX200ACF-Baureihe. Serienmäßig ebenfalls mit Hauptspiegelfixierung und UHTC-Vergütungen. Rückseitiger Anschluß über Standard-SC-Gewinde.

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MEADE und M-Logo sind eingetragene Warenzeichen der Meade Instruments Corporation. ® USA und ausgewählte Länder. (C) 2010 Meade Instruments Corp. Alle Rechte vorbehalten. Änderungen und Irrtümer vorbehalten. Hergestellt unter den US-Patenten Nr. 6.304.376 und 6.392.799; weitere Patente in den USA und anderen Ländern angemeldet.

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Anmerkung: Irrtümer und Fehler vorbehalten. Die Sterngrafiken wurden aufgrund von Strahldurchrechnungsdaten mit dem Programm Abberator simuliert auf der Grundlage eines 8" Gerätes. Reale Teleskopabbildungen können von den hier gezeigten Abbildungen abweichen. Die Bildrechte an den gezeigten Aufnahmen liegen bei Bernd Koch. Durch den begrenzten Dynamikumfang bei der Bildschirmdarstellung mussten die Bilder bearbeitet werden. Das geschah jedoch bei den jeweiligen Vergleichsbildern immer mit genau gleichen Einstellungen.

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Schwerpunktthema Planeten

From Dust Till Dawn
- Eine kurze Geschichte der Planetenentstehung
von Caroline Reinert

Wir kennen mittlerweile 429 Exoplaneten (Stand: Januar 2010) in unserer Galaxis. Viele wurden mit der Radialgeschwindigkeitsmethode entdeckt, andere durch einen Transit. Manche sind heiße Gasriesen mit wenigen Millionen Kilometern Abstand zu ihrem Stern und andere eiskalte Gesteinsplaneten mit wenigen Erdmassen. Diese Vielfalt an Planeten hat eines gemeinsam: ihre Entstehung. Doch diese gibt der modernen Astronomie bis heute Rätsel auf.

Alles beginnt mit der Entstehung eines neuen Sterns. In der Milchstraße entstehen jedes Jahr zwischen vier und 19 neue Sterne in riesigen Nebeln, wie z.B. dem Orionnebel. Material, das bei der Sternentstehung übrig bleibt, bildet eine Hülle um den jungen Protostern, in der neue Planeten entstehen können. Solche protoplanetaren Staubwolken werden in den großen Sternentstehungsgebieten häufig beobachtet.

1 Eine protoplanetare Scheibe im Orion-Nebel. Man sieht die Scheibe von der
Seite, und damit sehr schön den durch den Staub abgedunkelten Bereich. (Bilder: Mark McCaughrean (Max-Planck-Institut für Astronomie), C. Robert O`Dell (Rice University/ NASA)

Sie sind nicht sehr dicht und ihre Masse beträgt nur rund ein Zehntel des Zentralgestirns, wobei wiederum nur ein hundertstel davon überhaupt Staub ist.

Aber sie rotieren mit einer beachtlichen Geschwindigkeit. Und so wirken auf die Teilchen in der Wolke aufgrund der Rotation die Radialkraft und die Gravitationskraft aus dem Zentrum. Aus diesem Kräftezusammenspiel entsteht aus der Kugel mit der Zeit eine dünne, dichte Scheibe. Tatsächlich kann man anhand der Gasund Staubverteilung um den Stern das Alter eines jungen Systems abschätzen.

Die Scheibe hat eine Ausdehnung von ca. 200 Astronomischen Einheiten, wobei sie im Außenbereich wesentlich dicker ist als im Zentrum. Die Staubteilchen in der Scheibe unterliegen nun einer Driftbewegung. Einerseits driften sie, wegen der Wechselwirkung mit dem Gas und der

VdS-Journal Nr. 34

2 Aufgrund der Drehbewegung
des Systems wirkt die Radialkraft, sowie die Gravitationskraft des Sterns auf die Teilchen. In z-Richtung hat die Schwerkraft keinen Gegenspieler, in x-Richtung aber schon (die Radialkraft). Die Scheibe kontrahiert also nur in z-Richtung und es entsteht mit der Zeit eine rotationssymmetrische Scheibe.

Schwerpunktthema Planeten

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daraus resultierenden Abbremsung, in Richtung des Gravitationszentrums. Andererseits sedimentieren sie zur Mittelebene der Scheibe. Durch diese Bewegung stoßen die Staubteilchen zusammen und bleiben aneinander haften. Es entstehen erste, Millimeter große Staubklümpchen.
Je größer die Objekte werden, desto seltener bleiben sie aneinander haften. Eine Kollision kann die Stoßpartner, oder zumindest einen davon, auch zerstören oder Material herausschlagen. Bei ungleich großen Brocken kann ein Aufprall allerdings weiterhin konstruktiv sein. Außerdem kann ein Objekt, hat es erst einmal genügend Masse, auch Kollisionsbruchstücke gravitativ an sich binden.
In dieser Phase ist ein Planetesimal einige Meter groß - beachtlich, wenn man die Ausgangssituation bedenkt. Bis zu einem Planeten ist es aber trotzdem noch ein langer Weg.
Leider kann heute keiner so genau sagen, wie die Planetesimale auf eine Größe von mehreren Kilometern kommen. Kollisionen sind bei dieser Größenordnung eher destruktiv und die radiale Drift zum Stern ist sehr schnell, sodass das Planetesimal verglühen würde, bevor es anwachsen kann. Diese Lücke in der Theorie der Pla-

netenentstehung, nur eine von vielen, ist Bestandteil aktueller Forschung.
Hat der zukünftige Planet aber erst einmal die kritische Kilometer-Größe erreicht, nimmt seine Masse rasant zu. Die großen Planetesimale können nämlich Material in ihrer Umgebung gravitativ an sich binden. Sie werden größer und damit ihre Anziehungskraft auch stärker. Während dieses so genannten RunAway-Growth sammeln sie mehr als ihre eigene Masse auf. Und so dominieren nach relativ kurzer Zeit einige große Brocken das Geschehen in der Scheibe. Irgendwann stoppt dieses extrem schnelle Wachstum, einfach weil nicht mehr genügend Material zur Verfügung steht. Der ,,Planetenembryo" sammelt in diesem Stadium alle Kleinkörper in seiner Umlaufbahn auf und mit der Zeit isolieren sich so einzelne Protoplaneten. Diese haben einen Durchmesser von schätzungsweise 10.000 Kilometern.
Während die Planeten also langsam Gestalt annehmen, löst sich die Gasscheibe drum herum nach und nach auf. Stellare Winde, kosmische Strahlung, aber auch die Akkretion durch den Stern sorgen für das Verschwinden des Gases. Das bedeutet vor allem eines: Die Gasplaneten müssen entstehen bevor dieser Prozess

4 Zu sehen sind hier verschiedene Stadien, die im ,,Nice Model" beschrieben
werden. Die Simulation zeigt die äußeren Planeten und den Kuipergürtel. a) Vor der Jupiter/Saturn 2:1 Resonanz. b) Zerstreuung der Objekte des Kuipergürtels in das Sonnensystem, nachdem sich die Umlaufbahn Neptuns verschoben hat. c) Nach dem Ausstoß von Objekten des Kuipergürtels durch Jupiter. Notation: Jupiter - grüner Kreis, Saturn - oranger Kreis, Uranus - hellblauer Kreis, Neptun - dunkelblauer Kreis. (wikipedia.org)

3 Der Taktgeber im Sonnensys-
tem. An seiner Schwerkraft kommt nichts vorbei und so gehen viele Entwicklungen im Sonnensystem auf Jupiters gravitativen Einfluss zurück. (The Hubble Heritage Team/ STScI/AURA/ NASA, Amy Simon/ Cornell University)
zu Ende ist. Um genügend Gas zu akkretieren braucht es eine Kernmasse zwischen 10 und 15 Erdmassen. Tatsächlich schätzt man die Massen der festen Kerne von Jupiter und den anderen Gasplaneten des Sonnensystems auf ungefähr diese Masse.
Die Gesteinsplaneten können sich dagegen etwas mehr Zeit lassen. Während ihrer Entstehung kollidieren einige der Protoplaneten, wegen kreuzender Orbits oder dem gravitativen Einfluss der ge-

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Schwerpunktthema Planeten

rade entstandenen Gasriesen. Am Ende stehen dann Planeten, die ungefähr die Masse der Erde haben.
Jetzt könnte man meinen, dass das Planetensystem fertig ist. Aber es fehlt noch eines: Monde.
Diese können prinzipiell in zwei Varianten entstehen. Zum einen können sie, analog zu den Planeten selbst, im Orbit eines solches entstehen. Zum Beispiel besteht unser Erdmond aus Trümmern einer Kollision der Erde mit einem marsgroßen Himmelskörper. Andererseits können Monde aber auch einfach Gesteinsbrocken sein, die dem Planeten zu nahe kamen und so in einen Orbit gezwungen wurden. Auf die meisten Monde in unserem Sonnensystem trifft das zu. So kann man auch die beeindruckende Anzahl an Monden um Jupiter und Saturn erklären.
Die hier geschilderte Theorie erklärt vieles, aber bei weitem nicht alles, ist sie doch sehr grob.
Gerade um den Aufbau unseres Sonnensystems zu erklären, braucht es ergän-

zende Theorien und Modelle. Ein recht erfolgreiches dieser Modelle ist das ,,Nice Model". Demnach befanden sich die vier großen Gasplaneten früher auf nahezu kreisförmigen Orbits zwischen fünf und 17 Astronomischen Einheiten, also wesentlich enger zusammen als heute. Die Planeten wechselwirkten mit Asteroiden, wodurch sie an Drehimpuls verloren und nach außen migrierten. Alle, bis auf Jupiter. Dieser schickte die Asteroiden, aufgrund seiner immensen Schwerkraft auf extrem exzentrische Bahnen (die heutige Oortsche Wolke), oder schleuderte sie ganz aus dem System. Aus diesem Grund driftete er leicht nach innen. Nach einigen hundert Millionen Jahren langsamer, aber stetiger Migration erreichten Jupiter und Saturn, die massereichsten Planeten des Systems, ihre 1:2 Hauptresonanz. Diese Resonanz zwang beide auf exzentrischere Bahnen, was das gesamte Planetensystem destabilisierte. Jupiter drängte Saturn nach außen auf seine aktuelle Position, was wiederum die Orbits von Uranus und Neptun beeinflusste. Die Eisgiganten gerieten in das Gebiet der im äußeren Sonnensystem angesiedelten Planetesimale und störten deren bisher stabile Umlaufbahnen. Die meisten Ob-

jekte wurden dabei aus dem System geschleudert, was die heutige Abwesenheit einer dichten Trans-Neptun-Population erklärt. Manche landeten aber auch auf exzentrischen Orbits, die sie ins Innere des Sonnensystems führten. Dort sorgten sie für einen extremen Anstieg von Impakten auf den terrestrischen Planeten. Das ,,Late Heavy Bombardement" als letzter großer Akt in der Entstehung des Sonnensystems. Vielleicht.
Planeten beschäftigen die Menschheit seit der Antike. Unser Bild von ihnen hat sich ständig geändert. Aber die Faszination ist immer geblieben. Früher waren Mars und Jupiter Götter, geheimnisvolle ,,Wanderer" am Firmament. Mittlerweile kennen wir sie, dank Teleskopen und Weltraumsonden besser als die Tiefsee auf der Erde. Etwas Besonderes sind sie trotzdem geblieben, oder gerade deswegen. Und nun haben wir sogar Planeten außerhalb unseres Sonnensystems gefunden. Das hat unser Weltbild wieder ein Stück weit verändert. Es bietet neue Herausforderungen und wirft neue Fragen auf. 429 Planeten und jede Menge Rätsel...

Eine Woche bei den Planeten-Forschern des EPSC
von Silvia Kowollik

In der Woche vom 14. bis 18. September 2009 tagte der European Planetary Science Congress (EPSC) im Kongresshotel am Templiner See in Potsdam.
Rund 750 Teilnehmer erfuhren in ca. 680 Vorträgen in fünf verschiedenen Räumen brandaktuelle Ergebnisse der verschiedenen Raumfahrtmissionen und konnten ca. 180 Plakate und Poster bewundern, auf denen die Arbeit von Profis und Amateuren ausgestellt wurde.
Nicht nur professionelle Planetenforscher, auch Amateurastronomen und Lehrer waren bei dieser Tagung willkommen. Die EPSC wurde vom Europaparlament 2006 ins Leben gerufen und fand seither jedes Jahr in Deutschland statt. Für die
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Amateure gab es wieder eine eigene Session, in der sie den Profis ihre Ergebnisse vorstellten. Neben Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf das Internationale Jahr der Astronomie und interaktiven Astronomie-Angeboten wurden Ergebnisse wie erdgebundene Beobachtungen des Jupitersystems (Mondereignisse), Merkurbeobachtung und Planetenbeobachtungen im nahen Infrarot vorgestellt. Mitglieder der FG Planeten der VdS hatten außerdem ein eigenes Poster generiert und ausgestellt.
Alle Vorträge waren in Englisch, das Zuhören war bei manchen Rednern etwas anstrengend. Aber die Bilder und Grafiken erleichterten es mir dann, den Vortragsthemen zu folgen. Pro Vortrag wa-

ren 15 Minuten angesetzt. Zehn Minuten sprachen die Referenten, dann durfte man Fragen stellen. Nur mit Mühe gelang es mir, Notizen im Programmbuch zu machen, die Informationen hagelten nur so auf mich ein und meine Englischkenntnisse waren nicht immer ausreichend. Diese Diskussionen zogen sich dann bis in die Pausen hinein. Bei knapp 700 angekündigten Vorträgen musste ich mir im Vorfeld die Abstracts aus dem Internet downloaden und durchlesen, um eine
1 Mit neben stehendem Poster
zeigte die Autorin den Teilnehmern des EPSC einen Überblick über die fachlichen Arbeitsgebiete der deutschen Amateure im Zeitraum 2008/2009.

Schwerpunktthema Planeten

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VdS-Journal Nr. 34

54

Amateurteleskope/Selbstbau

sionen ablichten. Neben den fachlichen Vorträgen gab es auch ein ansprechendes Rahmenprogramm. Ausflüge mit einem Schiff auf der Spree, Museumsbesuche, Disko und ein Beobachtungsabend mit Amateurteleskopen der Sternfreunde im FEZ e. V. rundeten die Tagung ab.
2010 wird die Tagung erstmals in Rom, Italien stattfinden. Infos und Anmeldemodalitäten sind unter [3] zu finden. Amateure, die im Zeitraum 19. bis 25. September ihren Urlaub in Italien verbringen, sollten sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.

2 Bernd Gährken beim Vergleich der Oberflächendetails der von Amateuren
erstellten Karte von Merkur mit einer aktuellen Karte aus Sondenbildern.

Auswahl treffen zu können. Leider waren mehrmals interessante Vorträge parallel in unterschiedlichen Räumen angesetzt. Während der Vorträge herrschte absolutes Fotografierverbot, da die präsentier-

ten Ergebnisse noch nicht veröffentlicht waren. Nur im Amateurblock konnte ich einige Fotos mit der Erlaubnis der Referenten aufnehmen sowie in den Pausen die Teilnehmer bei den weiteren Diskus-

Internet-Hinweise: [1] EPSC-Tagung 2008: http://
meetings.copernicus.org/epsc2008/ [2] EPSC-Tagung 2009: http://meeting-
organizer.copernicus.org/epsc2009/ sessionprogramme [3] EPSC-tagung 2010: http://meetings. copernicus.org/epsc2010/ information/general_information. html

Ein Hufeisen für den Dobson
- Eine motorisch nachgeführte parallaktische Hufeisenmontierung aus Holz für einen Meade 12 Zoll LightBridge Gitterrohr-Tubus
von Norbert Lichte

Ein LightBridge Gitterrohr-Dobson bietet viel Öffnung für wenig Geld, attraktives Design und bei akzeptablem Gewicht ein hohes Maß an Mobilität. Er hat jedoch, wie alle preiswerten Dobsons, den Nachteil einer azimutalen Montierung ohne Nachführung. Dem Autor ist es mit seiner selbst konstruierten und gebauten parallaktischen Hufeisenmontierung gelungen, diesen Nachteil zu beseitigen, ohne dabei die Vorteile einzubüßen. Herausgekommen ist ein bezahlbares, Aufsehen erregendes Teleskop (Abb. 1), das alle Voraussetzungen für ungetrübten Beobachtungsgenuss mitbringt und auf dem ITV 2009 prämiert wurde (Abb. 2). Mit der hier vorgestellten Montierung habe ich mir den lange gehegten Wunsch
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erfüllt, ein Teleskop wie das NGT 12,5 von JMI zu besitzen, jedoch zu einem Bruchteil der Kosten. Dank eines gebraucht erworbenen neuwertigen 12 Zoll LightBridge Deluxe und eines vorhandenen Nachführmotors mit Steuerung von einer EQ-3 Montierung musste ich für das Teleskop mit Montierung nicht mehr ausgeben, als ein neuer 12 Zoll LightBridge Deluxe Dobson gekostet hätte. Der Preis für ein neues NGT 12,5 beträgt mehr als das 5fache.
Angefangen hat alles mit einem Modell im Maßstab 1:10 (Abb. 3). Daran konnten Prinzip und Verhalten einer Hufeisenmontierung anschaulich studiert werden. Es war die Basis für die später mit Au-

toSketch 7 erstellte CAD-Konstruktion. Bei der Konstruktion standen die Aspekte ,,so einfach wie möglich" und ,,so kostengünstig wie möglich" im Vordergrund. Professionelles CNC-Fräsen bzw. Wasserstrahlschneiden schieden deshalb aus Kostengründen ebenso aus wie elektronische Suchhilfen. Nicht zuletzt musste auch dem bescheidenen Maschinenpark eines Heimwerkers Rechnung getragen werden. Das Ergebnis kann sich gleichwohl sehen lassen. Beim First Light im April 2009 war bei 250facher Vergrößerung ein wunderschöner Saturn zu sehen, der sich trotz ungenauer Polausrichtung nach 30 Minuten nur wenig aus dem Zentrum des Okulars heraus bewegt hat. Was noch fehlt, ist ein passendes

Amateurteleskope/Selbstbau

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Polsucher-Fernrohr. Das Teleskop ist für die visuelle Beobachtung konzipiert. Erfahrungen bezüglich Astrofotografie existieren momentan noch nicht.
Ein leichtgewichtiger Herkules Keine andere parallaktische Montierung kann es bezüglich Tragfähigkeit zu Eigengewicht mit der Hufeisenmontierung (engl. Horseshoe Mount, Split-Ring Mount) aufnehmen. Im Gegensatz zur parallaktischen Gabelmontierung übt hier das Gewicht des Teleskops keinerlei Hebelwirkung auf die Polachse aus. Das Material wird überwiegend auf Druck beansprucht und erlaubt eine Konstruktion aus dem für Heimwerker gut bearbeitbaren Werkstoff Holz. Die aus 24 mm starkem, nahezu verzugsfreiem Multiplex Birke (Baumarkt) gebaute und wasserfest lackierte Hufeisenmontierung benötigt keine Ausgleichsgewichte und wiegt nur den Bruchteil einer schweren deutschen Montierung mit gleicher Tragfähigkeit. Sie ist mit einem Gewicht von unter 20 kg nicht viel schwerer als die Rockerbox und in zwei Teile zerlegt (Abb. 4) leicht zu transportieren. Konstruktionsbedingt werden Schwingungen extrem gedämpft. Angesichts der bestechenden Vorzüge dieser Montierungsart ist es verwunderlich, dass sie hierzulande als mehr oder wenig exotisch gilt und im Gegensatz zum Ausland als Selbstbau aus Holz so gut wie nicht vorkommt. Gebaut werden hier meist motorisch nachgeführte Äquatorial-Plattformen für Dobsons mit den bekannten Einschränkungen oder gar für viel Geld in beiden Achsen nachgeführte Dobsons mit GoTo Funktion.
Das Hufeisen als Polachse Die Hufeisenmontierung entspricht einer parallaktisch aufgestellten Gabelmontierung, deren Gabelenden durch einen kreisrunden offenen Ring verbunden sind, der einem Hufeisen ähnelt. Der Hufeisendurchmesser wird faktisch zum oberen Außendurchmesser der Polachse. Nur Newton-Reflektoren mit rundem Gitterrohr-Tubus ermöglichen besonders kleine Hufeisendurchmesser. Deshalb sind Newtons mit quadratischen Spiegelkästen weniger geeignet. Der Schwerpunkt des Teleskops befindet sich im Kreuzungspunkt von Polachse und Deklinationsachse auf Hufeisenebene. Gabel und Hufeisen sind durch zwei Dübel lagerichtig zueinander fixiert und verleimt. Stabilisiert wird die

1 Viel Teleskop für wenig Geld
Baugruppe durch zwei groß dimensionierte Winkelstücke, die einseitig in den rechten Winkel zwischen der Unterseite des Hufeisens und den Gabelenden geleimt sind. Die konstruktive Gestaltung der Gabel verleiht dem Hufeisen größtmögliche Steifigkeit. Sie schließt mit der Bodenplatte einen Winkel von ca. 48 Grad ein (geografische Breite meines Wohnorts). Gelagert ist das Hufeisen auf zwei Rollen aus Holz, die im Winkel von 90 Grad symmetrisch zur Hufeisenmitte angeordnet das Nordlager bilden. Sie werden entsprechend der Kraftrichtung schräg unterstützt (Abb. 5). Eine der beiden Rollen dient zusätzlich als Antriebsrolle

für die Nachführung. Die Holzrollen sind aus einer 27 mm starken, dreischichtigen Fichtenholzplatte (Baumarkt) ausgesägt und rund bearbeitet. Sie besitzen einen aufgeleimten Spurkranz aus 6,5 mm starkem Multiplex Birke. Der Spurkranz hält das Hufeisen in der Spur und verhindert ein Durchrutschen nach unten. Dass die Kraft auf die Rolle nicht nur radial wirkt, sondern auch eine Komponente senkrecht zur Hufeisenebene hat, lässt sich leicht mit Zirkel und Lineal auf einem Blatt Papier nachweisen.
Die beiden Holzrollen stecken auf zwei Edelstahlwellen mit 10 mm Durchmes-
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Amateurteleskope/Selbstbau

2 Prämierung beim ITV 2009 (Bild: Jasper Stein)

ser (wie alle Metallteile kostenlos vom Schrotthändler), die sich zueinander parallel in U-förmig gestalteten Stützlagern (Gleitlager fettgeschmiert) drehen. Die Antriebsrolle darf nicht fest auf der Welle sitzen, sondern muss auf dieser drehbar sein. Die Stützlager sind aus einem

Alu-Winkelprofil 100 mm x 100 mm x 10 mm hergestellt. Stellringe nach DIN 705 A (GHW Modellbauversand) fixieren zusammen mit Alu-Distanzröhrchen und Unterlegscheiben aus Stahl und Teflon die axiale Lage von Wellen und Holzrollen. Die beiden Stützlager sind mittels

Langlöchern verschiebbar, mit jeweils zwei Sechskantschrauben M8x30 und Unterlegscheiben auf massive, biegestabile Stützen geschraubt, die aus drei zusammengeleimten Multiplexplatten bestehen und ihrerseits mit der oberen Bodenplatte verleimt und zusätzlich von unten her verschraubt sind (Abb. 6). Die Stützen müssen sowohl auf der Lagerseite als auch auf der Unterseite spiegelbild-

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3 Modell im Maßstab 1:10

4 Die Montierung ohne Werkzeug
in zwei Teile zerlegt

Amateurteleskope/Selbstbau

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5 Zwei Holzrollen bilden das Nordlager der Polachse

6 Stützlager mit Rolle und Stütze

7 Tubus mit Gegengewicht, Südlager und Feinverstellung
für Azimut und Höhe

8 Die Filzlagerung der Höhenräder und die Schwinge mit
Zahnriemenscheibe und Zugfeder

lich zueinander abgeschrägt sein, einmal um eine exakte Linienberührung zwischen Hufeisen und Rollen zu erreichen, zum andern um sie der Richtung des Kraftverlaufs anzupassen. Die Bestimmung der beiden Abschrägungswinkel war für mich das kniffligste konstruktive Problem.

Das untere Ende der Polachse besteht aus einem Gewindebolzen mit Schaft, hergestellt aus einer Sechskantschraube M10x80. Dieser ist mittels Kontermutter axial justierbar in einen AluBefestigungswinkel (Material wie oben) eingeschraubt, welcher durch zwei Sechs-

kantschrauben M8x50, Unterlegscheiben und Muttern mittig mit der Gabel verbunden ist. Der Schaft des Gewindebolzens hat eine polierte Linsenkuppe und steckt in der einseitig offenen Nut eines Drucklagers, das wie die Stützen aus drei verleimten Multiplex-Platten hergestellt
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Amateurteleskope/Selbstbau

9 U-förmige Abstandshalter stützen die Höhenräder
seitlich ab

10 Die Nachführung mit Getriebe-Schrittmotor, Schnecken-
getriebe und Antriebsrolle mit Klemmhebel

ist. Das Drucklager ist über eine mit ihm verleimte Grundplatte aus 9 mm starkem Multiplex, durch Langlöcher verschiebbar, mittels zwei Sechskantschrauben M8x30 und Unterlegscheiben mit der oberen Bodenplatte verschraubt und bildet das Südlager der Polachse (Abb. 7). Allein durch Einsetzen der Hufeisen-Baugruppe entsteht durch ihr Eigengewicht eine stabile Dreipunktlagerung der Polachse. Die Demontage erfolgt durch einfaches Herausheben. Die beiden Hörner an den Enden des Hufeisens dienen als Anschlag für die Rollen. Der Schwenkwinkel um die Polachse beträgt ca. 185 Grad . Auf den Innenseiten von Hufeisen und Gabel sind die Auflageflächen für die Höhenräder ausgearbeitet, die dem Radius der Räder angepasst und mit hartem Filz (Filzuntersetzer) belegt sind. Zur Vergrößerung der Auflageflächen wurden vorher auf Hufeisen und Gabel an den entsprechenden Stellen Holzklötzchen aufgeleimt und damit die Materialstärke in diesen Bereichen jeweils verdoppelt. Mit dieser Maßnahme konnte der Flächendruck auf ein für den Filz erträgliches Maß reduziert werden (Abb. 8). Je zwei, seitlich vor die Höhenräder geschobene und durch Rändelschrauben gesicherte U-förmige Abstandshalter aus Kunststoff (Abb. 9) stützen beim Schwenken des Tubus um die Polachse die Höhenräder stirnseitig ab und verhindern ein Verrutschen des Tubus auf der Deklinationsachse.
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Die Feinverstellung für Azimut und Höhe Der doppelte Boden ist zusammengesetzt aus zwei aufeinander drehbaren Multiplex-Platten. Im Drehpunkt senkrecht unter dem Hufeisenzentrum hält eine Inbus-Senkschraube M10x60 mit selbst sichernder Mutter die beiden Platten zusammen. Die bei anderen Hufeisenmontierungen selten anzutreffende azimutale Feinverstellung funktioniert wie bei der deutschen Montierung. Durch gegenläufiges Betätigen der waagerechten, 95 mm langen M8-Stellschrauben kann die obere Bodenplatte zur unteren um einen Winkel von max. +/- 5 Grad verdreht werden. Mit den drei senkrechten Stellschrauben in der unteren Bodenplatte, angefertigt aus 120 mm langen M10Gewindestangen und selbst gemachten Sterngriffen aus Holz, kann man die Montierung waagerecht stellen und die Polhöhe fein einstellen (Abb. 7). Sie sind von unten mit Flügelmuttern gekontert. Größere Veränderungen der Polhöhe (für Mitteleuropa) sind durch entsprechendes Unterlegen der Montierung möglich.
Die Nachführung Nachgeführt wird die Montierung mit dem Nachführmotor einer alten EQ-3 Montierung (Abb. 10), der am Ausgang eine Drehzahl n = 5,432 U/h hat. Dieser ist über eine Stegkupplung mit einem präzisen Schneckengetriebe P20-12 von Ondrives mit i = 12:1 verbunden, welches über eine Welle die Antriebsrolle dreht.

Bei einem mit Oberfräse und Fräszirkel hergestellten Hufeisendurchmesser von 752 mm ergibt sich ein Außendurchmesser der Antriebsrolle von 69,4 mm. Auf die Antriebsrolle ist zentrisch eine 2 mm dicke Alu-Scheibe mit 40 mm Durchmesser mit einem mittig aufgeklebten und verstiftetem Stellring geschraubt. Über eine M5-Messingschraube mit AluKlemmhebel kann der Stellring und mit ihm die Antriebsrolle mit der Antriebswelle kraftschlüssig verklemmt und wieder gelöst bzw. die Nachführung ein- und ausgekuppelt werden (analog zur deutschen Montierung). Antriebsrolle und Hufeisen bilden zusammen ein Reibradgetriebe, welches prinzipiell einen großen Nachteil hat: Schlupf. Daran ändert auch die relativ große Anpresskraft durch das Gewicht des Tubus nur wenig. Als Ei des Kolumbus erwies sich Nassschleifpapier (Körnung 600), das um die Antriebsrolle geklebt (Abb. 10), den Schlupf vollkommen beseitigte (Mikroverzahnung). Darüber hinaus ist es unempfindlich gegen Feuchtigkeit und leicht auswechselbar.
Der gespreizte Deklinationsteilkreis Neben dem mitgelieferten Leuchtpunktsucher bietet das Teleskop als besonderen Gag einen gespreizten Deklinationsteilkreis, mit dem die Deklination eines Objekts mit einer Genauigkeit von weniger als 15 Bogenminuten eingestellt werden kann. Nach Einnorden der Montierung und Eichung des Teilkreises an einem Stern, kann jedes im Teleskop sichtbare

Amateurteleskope/Selbstbau

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11 Das Deklinationsgetriebe i = 1:4

12 Der gespreizte Deklinationsteilkreis

Objekt, dessen Deklinationswinkel und ungefähre Sternbildposition bekannt sind (Cartes du Ciel), bei schwacher Vergrößerung leicht gefunden werden. Realisiert wird dies durch Winkelübersetzung 1:4. Auf dem abgesetzten, kleineren Durchmesser des antriebseitigen Höhenrades ist rutschsicher ein gewendeter, 6 mm breiter Zahnriemen mit 192 Zähnen und einer Teilung von 2,5 mm aufgezogen. Das so auf einfachste Weise realisierte Zahnrad treibt eine Alu-Zahnriemenscheibe mit 48 Zähnen und Teilung 2,5 mm (beide Teile von GHW Modellbauversand) an, die mittels Inbus-Stiftschraube M4 auf einem Ende einer Stahlwelle mit 6 mm Durchmesser befestigt ist (Abb. 11). Da die Zahnlücken des Zahnriemens durch das Wenden größer werden, wurde die Zahnhöhe bei der zum Zahnrad umfunktionierten Zahnriemenscheibe um ca. 0,2 mm verkleinert und damit Spielfreiheit erzielt.
Die Welle ist in einer federnden Schwinge aus Alu-U-Profil 40 mm x 20 mm x 2 mm unterhalb des Hufeisens gelagert und trägt auf dem andern Ende eine 1,5 mm starke Alu-Scheibe mit Durchmesser 124 mm, die aus einem Schlitz im Hufeisen etwa 25 mm oben herausragt. Das Lager der Scheibe besteht aus zwei beidseitig zentrisch aufgeklebten Stellringen nach DIN 705A, aus denen die Stiftschrauben entfernt wurden. In den äußeren Stellring ist eine Inbus-Stiftschraube M4 eingeschraubt, in die als Klemmhebel

ein entsprechend gekürzter Inbusschlüssel eingeklebt ist. Ein weiterer Stellring fixiert die Welle axial und Unterlegscheiben dienen als Abstandshalter. Im Drehpunkt am unteren Ende ist die Schwinge in einem mit der Gabel verschraubten U-förmigen Lagerbock aus demselben Material entsprechend gelagert. Erst mit dem Einsetzen des Tubus in die Montierung werden die beiden Zahnräder zum Getriebe (Abb. 11). Für die notwendige Anpresskraft sorgt eine Zugfeder zwischen Schwinge und Gabel (Abb. 8). Auf die Alu-Scheibe ist zentrisch die Skalenscheibe mit Teilung 15 Bogenminuten aus selbstklebender Kunststofffolie blasenfrei aufgeklebt. Abgelesen wird die Deklination an einer Nadel in der Querbohrung eines M4-Gewindebolzens, der in einem mit dem Hufeisen verschraubten Alu-Befestigungswinkel mit zwei Muttern axial justierbar ist (Abb. 12). Durch Lösen und Festziehen der Klemmschraube auf der Unterseite des Hufeisens kann die Skalenscheibe auf den Deklinationswinkel des Eichsterns eingestellt werden. Ohne Winkelübersetzung hätte der Deklinationsteilkreis bei gleicher Auflösung einen Durchmesser von rund einem halben Meter!
Der modifizierte Tubus Die ausgewogenen Abmessungen des Hufeisens hatten aufwändige Änderungen am Tubus zur Folge: Die Höhenräder mussten um ca. 100 mm in Richtung Hauptspiegel versetzt werden. Dies hät-

te bei dem ohnehin kopflastigen LightBridge ein zusätzliches Gegengewicht von mehr als 10 kg bedeutet. Die einzige Möglichkeit, dieses Gewicht deutlich zu reduzieren, bestand darin, den Hut leichter zu machen. Deshalb wurde das Stahlblechrohr des Hutes ersetzt durch ein Rohr aus 1 mm starkem Aluminiumblech, vom Flaschner gebogen und verschweißt und anschließend selbst bearbeitet und lackiert. Mit dieser Maßnahme konnte das Gegengewicht (gegossen aus Dachdeckerblei-Abfall) inklusive Halterung auf ca. 6,5 kg ermäßigt werden (Abb. 7).
Um das Okular immer in eine bequem zugängliche Einblickposition zu bringen, muss der Hut (OT) in der Nut seiner unteren Einfassung drehbar sein. Mit drei, im Winkel von 120 Grad angeordneten, Spannverschlüssen mit Federbügelhaken (Kaiser Fasteners) anstelle der sechs Befestigungsschrauben konnte diese Anforderung optimal realisiert werden (Abb. 1). Weil die Optik nicht absolut rotationssymmetrisch justiert werden kann, bewirkt das Drehen des Hutes immer auch eine leichte Dejustierung, die aber in der Regel toleriert werden kann. Beim NGT soll laut FAQ das gleiche Problem auftreten.
VdS-Journal Nr. 34

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Astrofotografie

Balkonsternwarte und Astrofotografie...
von Rolf Geissinger

2 Typische Himmels-
aufhellung aus Sicht meiner Balkonsternwarte
negativen Begleiterscheinungen ist hier leider bestens gesorgt. Der Polarstern ist für die Einnordung gerade noch sichtbar, aber bedingt durch meine Hauswand im Rücken habe ich pro Nacht nur etwas mehr als den halben Himmel zur Verfügung. Mit der eigentlichen Aufnahme kann ich erst beginnen, wenn sich das aufzunehmende Objekt kurz vor dem Meridiandurchgang befindet. Dies limitiert die Belichtungszeiten auf maximal 4 bis 5 Stunden pro Objekt und Nacht.

Sie werden sich jetzt vielleicht fragen: Warum tut sich das überhaupt jemand an, wenn doch alle örtlichen Gegebenheiten eher gegen die Astrofotografie sprechen? Als angehender Astrofotograf darf man sich von solchen Unwegsamkeiten nicht gleich entmutigen lassen, denn es gibt für so manches Problem eine probate Lösung.

1 Balkonsternwarte Remseck
... geht das überhaupt? - so fragen mich meine Astromitstreiter oftmals mit ungläubigem Gesichtsausdruck. Völlig verblüfft sind meine Besucher dann, wenn sie die tatsächlichen Umstände bei mir vor Ort in Augenschein nehmen. Mein ,,Observatorium" besteht aus einem recht kleinen Westbalkon (ca. 5 m2) mitten in einem sehr dicht bebauten Wohngebiet zwischen Stuttgart und Ludwigsburg (Abb. 1).

um über 100 kg Ausrüstung regelmäßig in eine entlegene, dunkle Gegend zu befördern. Aus diesem Grund habe ich vor ungefähr zwei Jahren beschlossen, Astrofotografie unter den gegebenen Umständen wenigstens ansatzweise zu versuchen. Meine Ausrüstung bestand zu dieser Zeit aus einer Montierung EM-200 von Takahashi, einem 8 Zoll Foto-Newton (Öffnungsverhältnis f/4) und einer Canon EOS 350D Digitalkamera.

Gegen Lichtglocken und Streulicht helfen in gewissen Grenzen die bekannten ,,Light Pollution Filter". Gute Erfahrungen habe ich mit dem IDAS LPS-P2 Filter gemacht, da dieser die störenden Emissionslinien der Großstädte effektiv her-

Auf dem Panorama ist gut zu erkennen, wie die Lichtglocken von Stuttgart und Ludwigsburg den Nachthimmel aufhellen (Abb. 2). Leider habe ich weder Platz für eine Kuppel oder eine Schutzhütte im Garten, noch die körperliche Verfassung,
VdS-Journal Nr. 34

Die größten Herausforderungen, die es in einer typischen Vorstadt zu meistern gilt, sind die immensen Lichtglocken der Großstädte, Streulicht (Straßen- bzw. Gartenbeleuchtungen) und die stark turbulente Luft in der Umgebung. Für diese

3 Planewave 12,5 Zoll CDK bei
der Montage

Amateurteleskope/Selbstbau

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ausfiltern kann. Bei Nebelgebieten, die oftmals intensiv in H-alpha oder [O III] strahlen, wirken Schmalbandfilter wahre Wunder. Dies geht soweit, dass mit solchen Filtern problemlos bei Vollmond fotografiert werden kann - auch mit FarbCCD- und DSLR-Kameras. Ein Versuch lohnt sich auf alle Fälle! Der Nachteil bei Aufnahmen unter Verwendung eines IDAS LPS-Filters besteht allerdings darin, dass z. B. Galaxien davon kaum profitieren. Im Gegenteil, ihr Licht wird durch diesen Filter zusätzlich abgedämpft. Bei Galaxien hilft daher nur das Warten auf wirklich klares, trockenes Wetter. Dabei gilt: Je näher sich das Objekt am Zenit befindet, desto besser. Ein viel größeres Problem, bedingt durch die umgebenden Häuser, ist das lokal auftretende schlechte Seeing. Besonders die Dächer speichern im Sommer viel Wärme und geben diese bis weit in die Nacht hinein wieder ab, was teilweise zu enormer Luftunruhe führt. Im Winter geben die Dächer während der Heizperiode ebenfalls Wärme ab und die Kamine mit ihren warmen Abgasen ringsum geben den Rest dazu. Trotzdem habe ich es manchmal geschafft, recht ordent-

4 NGC 7023 - Irisnebel im Sternbild Cepheus am 01.09.2009, Instrument:
Planewave 12,5 Zoll CDK, QHY8

liche Detailaufnahmen vom Mond zu erstellen. Hier hilft die wohlbekannte Stacking-Methode der schärfsten Bilder von Video-Sequenzen enorm, wobei die unscharfen Aufnahmen herausgefiltert werden. Letztendlich gibt es doch einige Nächte, in denen sich hoch auflösen-

de Mondfotografie lohnen kann. Es gibt eben nur weniger Gelegenheiten.
Deep-Sky Aufnahmen reagieren meiner Erfahrung nach auf schlechtes Seeing wesentlich gutmütiger, als man zunächst vermuten würde. Derzeit arbeite ich mit

5 IC 1396 A/B - ,,Elefantenrüssel" (Sternbild Cepheus) am 26.09.2009, Inst-
rument: Planewave 12,5 Zoll CDK, QHY8

VdS-Journal Nr. 34

62

Astrofotografie

6 M 27 - Hantelnebel im Sternbild Vulpecula am 16.08.2009, Instrument:

einer relativ hohen Brennweite von über Planewave 12,5 Zoll CDK, QHY8

2.500 mm. Natürlich werden die Sterne

dabei etwas ,,aufgeblasen" und die De-

tails leiden darunter, aber es gibt trick- Sie werden es vielleicht nicht glauben, können alle Kabel wettergeschützt auf-

reiche Werkzeuge in der elektronischen aber eine Balkonsternwarte hat nicht nur bewahrt werden. Die Kabel führen durch

Bildbearbeitung, dieses Manko in gewis- Nachteile. Mein Arbeitszimmer grenzt den Mauerdurchbruch nach innen und

sen Grenzen wieder wettzumachen. Kein direkt an das ,,Freiluftobservatorium". bleiben permanent am PC angeschlossen,

Glück habe ich jedoch bei hoch auflösen- Dies hat den Vorteil, dass ich nur einen ebenso die Stromversorgung für Kameras,

den Planetenbildern. Hier limitiert mein Desktop-PC benötige und die komplette Montierung, Fokussierer, Heizmanschet-

Standort klar die maximal erreichbare Stromversorgung gleich vor Ort fest in- ten usw. Der Aufbauaufwand reduziert

Auflösung und damit meine Möglichkei- stalliert ist. Der PC zur Aufnahmesteue- sich so auf ein Minimum. Das schwere

ten.

rung bzw. späteren Bildbearbeitung und Stativ bleibt dabei ständig im Freien. Nur

die benötigten die Montierung und das Teleskop müs-

Netzteile für die sen auf- und abgebaut werden. Weiterer

Geräte sind di- Vorteil: Die Balkontüre kann während

rekt neben der der Aufnahmen geschlossen werden, was

Balkontüre auf- gerade im Winter sehr angenehm ist. Die

gebaut. Vor ein warme Luft in der Wohnung kann nicht

paar Monaten nach außen entweichen und verursacht

habe ich eigens somit auch keine Seeingprobleme, was

einen Mauer- früher durchaus der Fall war. Eine Bal-

durchbruch für konsternwarte kann also für den Astro-

die Strom- und fotografen eine sehr komfortable Ange-

Datenkabel be- legenheit sein.

werkstelligt. Im

Außenbereich, Ein weiterer ,,Vorteil" der Balkonstern-

direkt neben warte besteht darin, dass man zwangs-

dem

Stativ, weise viel tiefer in die elektronische

habe ich einen Bildverarbeitung einsteigen muss. Die

wasserdichten Rohbilder leiden gewöhnlich stark unter

Kunststoffkoffer
7 Mondkrater Albategnius im Jahr 2009, Instrument: Plane- an der Wand

einem aufgehellten Hintergrund sowie unterschiedlichsten Gradienten. Das Sig-

wave 12,5 Zoll CDK, DMK31

befestigt. Hier nal/Rausch-Verhältnis ist dabei denkbar

VdS-Journal Nr. 34

Astrofotografie

63

8 M 42 - Orionnebel im Sternbild
Orion am 29.01.2009, Instrument: TEC 140, QHY8

VdS-Journal Nr. 34

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Astrofotografie

9 NGC 6888 - Crescent-Nebel
im Sternbild Cygnus am 31.08.2009, Instrument: Planewave 12,5 Zoll CDK, QHY8

schlecht. Man muss also zwangsweise lernen, mit solchen Rohbildern zurechtzukommen, um trotzdem ansprechende Ergebnisse erzielen zu können. Die Bildbearbeitung ist der eigentlich aufwändige Part der Astrofotografie, was leider häufig unterschätzt wird. Oftmals höre ich von Einsteigern, dass der Standort die Belichtungszeiten limitieren würde. Teilweise kursieren mathematisch korrekt belegte Formeln zur Berechnung der Maximalbelichtungszeit bei gegebener Himmelsaufhellung. Ich persönlich halte von solchen Berechnungen nicht viel und halte mich deshalb gemäß meiner persönlichen Erfahrung lieber an den Grundsatz: Eine lange Belichtungszeit ist durch nichts zu ersetzen.
Normalerweise liegt die Belichtungszeit meiner Teilbelichtungen (Subframes) nicht unter 20 min - auch bei sehr aufgehelltem Himmel. Ein zu heller Hintergrund kann bei der Verwendung von 16-bit-Kameras leicht auf ein normales Niveau abgesenkt werden, ohne dass das eigentliche Objekt darunter stark leidet. Letztendlich denke ich, dass es zwischen der Astrofotografie und der visuellen Be-
VdS-Journal Nr. 34

10 NGC 7380 - Wizardnebel im Sternbild Cepheus am 13.09.2009, Instrument:
Planewave 12,5 Zoll CDK, QHY8

obachtung durchaus Parallelen gibt: Man praktiziert dieses Hobby nur gerne und damit häufig, wenn der dafür erforderliche Aufwand nicht zu groß wird. Aus diesem Grund habe ich versucht, diesen notwendigen Aufwand so gering wie möglich zu halten. Zudem habe ich jedes kleine Detail konsequent optimiert. In Summe können es gerade die vielen kleinen Unzulänglichkeiten sein, die einem das Astroleben schwer machen. Das schwächste Glied zerstört alle Bemühungen und deshalb habe ich nach und nach

alle Teile ersetzt, die nicht optimal funktioniert haben.
Für mein schweres Spiegelteleskop, ein 12,5 Zoll CDK (corrected Dall Kirkham) der Firma Planewave Instruments, habe ich mir vom örtlichen Metallbauer eine Art Minikran mit Flaschenzug an die Hauswand montieren lassen. Mit dieser einfachen Vorrichtung kann das gewichtige Gerät mühelos und fast ohne Kraftaufwand innerhalb kürzester Zeit auf die Montierung gehoben werden (Abb. 3).

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In diesem Artikel stelle ich einige meiner Ergebnisse vor (Abb. 4 bis 11) und möchte gleichzeitig alle Hobbyastronomen mit Fotoambitionen dazu ermuntern, es trotz nicht völlig perfekter Bedingungen mit eigenen Aufnahmen zu versuchen.
Hardware: Montierung: GM2000 von 10micron (COMEC Technology) Teleskope: TEC 140 Apochromat, Planewave CDK 12.5 Zoll (corrected Dall Kirkham) Autoguider: Mitsuboshi Off-Axis-Guider mit SX Lodestar Guidingkamera, alternativ 70 mm / 500 mm Leitrohr Kameras: FLI Microline ML 16803-65, QHY8 alias ALccd 6c (gekühlte 16-bit Farb-CCD-Kamera), TIS DMK41 (S/W), TIS DFK21 (Farbkamera) Filter: IDAS LPS-P2, Baader LRGB-Farbfiltersatz, Baader H-alpha-Filter mit 7 nm Halbwertsbreite (HWB), Baader [O III]-Filter mit 8,5 nm HWB, Baader [S II]-Filter mit 8 nm HWB Bahtinovmasken als Fokussierhilfe Flatfieldboxen mit EL-Folie (Eigenbau mit Elektrolumineszenz-Leuchtfolie)
Software: MaxImDL 5.07 Adobe Photoshop CS3 Registax 5 Registar
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Astrofotografie

che Aufnahmeprozedur sich selbst überlassen und sich nachts schlafen legen. Es war mein erklärtes Ziel: Ausrüstung abends aufbauen, Montierung initialisieren, einnorden, Objekt positionieren, fokussieren, Autoguiding starten und los geht's. Mittlerweile bin ich bei diesem Ziel angekommen und ich darf mich in über 95 % der Fälle am nächsten Morgen wohl ausgeruht über einen Satz Rohbilder freuen. Die Montierung schaltet dabei automatisch ab, wenn das Teleskop unter den Horizont zeigt.
Falls Sie mit dem Gedanken spielen, sich eine Astro-Fotoausrüstung zulegen zu wollen, sollten Sie nicht an der falschen Stelle sparen. Das Motto: ,,zweimal gekauft ist immer am teuersten" trifft in diesem Bereich leider sehr häufig zu. Die zahlreichen ,,Astrokarrieren" in meinem Umfeld beweisen dies tagtäglich aufs Neue. Zuverlässige und hochqualitative Geräte (insbesondere die Montierung) sind meiner Ansicht nach Voraussetzung für gelungene Astrofotos und lang anhaltenden Spaß am Hobby!

12 Der Autor
Rolf Geissinger
Seit mittlerweile acht Jahren lebt der Autor zusammen mit seiner Partnerin in Remseck, unweit von Stuttgart. Beruflich ist er als Elektrotechniker im Bereich Leiterplattendesign tätig. Mit dem Hobby Astronomie hat er erst im Jahre 2003 überhaupt angefangen. In das umfangreiche Thema Astrofotografie arbeitet er sich seit ungefähr zwei Jahren schwerpunktmäßig ein. In seinem Heimatort hat er Anfang 2008 die ,,Astrofreunde Remseck" gegründet. Dies ist ein monatlich stattfindender, zwangloser Treff rund ums Thema Astronomie, bei dem der Spaß am Hobby im Vordergrund steht. Derzeit sind ca. 35 Interessenten dort gemeldet. Infos gibt es im Web unter: www.astrofreunde-remseck.de. Besuchen Sie auch gerne meine private Astro-Homepage mit vielen bebilderten Berichten, Tipps und Astrofotos: www.stern-fan.de. Ich freue mich über Kontakt unter info@stern-fan.de.

Die benachbarte Galaxie IC 342

von Peter Riepe

Interstellare Materie in der Milchstraßenebene verdeckt viele Objekte. So findet auch im Gebiet Cassiopeia/Cameloparda-

lis ein Versteckspiel statt, bei dem sich die beteiligten Galaxien erst in den letzten Jahren Zug um Zug zu erkennen gaben. Eine wertvolle Hilfe leistete dabei die Radioastronomie, weil die Radiostrahlung die galaktischen Staubzonen zu durch-

1 Aufnahme von IC 342 mit dem Burrell Schmidt-Teleskop (60 cm / 90 cm)
des Kitt Peak National Observatory mit einer CCD-Kamera Tektronix 2048 px x 2048 px [2]. Das rechte Bild wurde über eine Routine von den Sternpunkten befreit, so dass die ungestörte zentrale Gestalt sichtbar wird.
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10 Die Aufnahme von Mischa
Schirmer datiert vom 13.-15.08.2007 und 10.-11.09.2007. Teleskop war ein 12,5-Zoll-Newton f/5,1 auf MAM50 Montierung, dazu eine SBIG ST-10XME CCD-Kamera. Das LRHGB-Bild wurde belichtet: L = 17 x 300 s und 5 x 600 s, RGB = 7 x 10 min, 4 x 10 min und 12 x 10 min, H = 5 x 30 min, Gesamtbelichtungszeit also 8 Stunden 35 Minuten. Aufnahmeort: Roque de los muchachos (La Palma). Die Datenreduktion erfolgte mit THELI, die Farbkomposition mit Photoshop. Um der starken Extinktion gerecht zu werden, wurde die Blaufilterung mit einem Faktor 2,3 korrigiert und Grün mit 1,4. Norden ist links.

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Astrofotografie

2 Ein wenig dunkler erscheint die Aufnahme von Oliver Schneider. Sie
entstand am 26.12.2006 mit einer Canon EOS 350d (modif.) an einem 12-ZollNewton f/4 (AOM). Von der Balkonsternwarte aus wurde 17 x 10 min bei ISO 800 belichtet.
3 Ältere Aufnahme
von Georg Emrich und Klaus Eder, Norden ist links. Am 20.01.1999 wurde mit einem Celestron 11 (f = 1.900 mm) und einer SBIG ST-8 CCD-Kamera im 2x2-Binning 5 x 10 min belichtet. Aufnahmeort: Gahberg-Sternwarte (Attersee/Österreich), 860 m Höhe.
4 Harald Strauß nahm IC 342 am 20.12.2003 mit einem 14-Zoll-Hyper-
graphen (f = 1.090 mm) und einer SBIG ST-8 CCD-Kamera ohne Binning auf, Belichtung 5 x 15 min. Aufnahmeort: wie Abb. 2. VdS-Journal Nr. 34

dringen vermag. Bekannt wurde dieses Gebiet als ,,zone of avoidance (ZOA)" [1], ein wenig freier übersetzt mit ,,Zone des Verbergens". Der aktuelle Bericht befasst sich mit IC 342, einem Mitglied der IC342/Maffei-Galaxiengruppe [2], die nach dem Stand von 1999 mindestens 16 mutmaßliche Mitgliedsgalaxien enthält. Diese Gruppe besitzt neben der Sculptorgruppe die geringste Entfernung zu unserer Lokalen Gruppe. Wegen der Nähe zur Milchstraßenebene erscheinen die ZOA-Galaxien aber stark abgedunkelt, so dass sie weder für visuelle Beobachter noch für Astrofotografen große Attraktivität besitzen. In diesem ersten und dem folgenden zweiten Teil geht es um IC 342 selbst. Für später geplant ist ein dritter Teil, der sich mit den anderen Mitgliedern der IC342/Maffei-Gruppe befasst. IC 342 ist das prominenteste Mitglied der Gruppe. Dennoch hat sie nur eine sehr geringe Flächenhelligkeit von 22,5 mag pro Quadratbogensekunde [2], d. h. wir müssen lange belichten, um ein möglichst hohes Signal/Rausch-Verhältnis zu erzielen. Dann jedoch machen sich die vielen Vordergrundsterne der Milchstraße störend bemerkbar (Abb. 1). Das optische Bild (Abb. 2 bis 10) zeigt zunächst eine helle Zentralzone mit einem kleinen Bulge, an dem sich zwei deutliche Spiralarme anschließen, die sich weiter nach außen hin teilweise klumpig aufteilen. Die Abbildung 10 ist etwas anders in der Wiedergabe des Kerns, der hier nicht sternförmig herauskommt, sondern flächig, und der auch Strukturen bis zum Zentrum freigibt. Inwieweit dies auf eine modifizierte Bildbearbeitung zurückgeführt werden kann oder ob die ersten Bilder den Kern schlichtweg überbelichtet zeigen, kann hier nicht entschieden werden. Dies müsste in einer Serie kurz bis mittel belichteter Aufnahmen herausgefunden werden, denn interessanterweise ist IC 342 im ,,Carnegie Atlas of Galaxies", der Bibel der Galaxienfreunde, nicht abgebildet [3].
Die Scd-Spiralgalaxie IC 342 ist visuell 8,31 mag hell. Sie hat verglichen mit den anderen Gruppenmitgliedern den größten scheinbaren Durchmesser. Die Angaben darüber schwanken, aber ein Wert von 17' x 18' dürfte für den optisch sichtbaren Teil angemessen sein. In der astronomischen Datenbank SIMBAD [4] werden sogar 21' x 21' angegeben.

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Dort sind auch die Koordinaten (2000.0) aufgeführt: Rektasz. 03h 46m 49,1s und Dekl. +68 Grad 05' 47''. W.F. Denning entdeckte IC 342 am 19.8.1892 und publizierte dies 1893 [5]. Dreyer hat diesen Artikel gelesen und nahm die Galaxie 1895 in den IC-Katalog auf, der ja eine Ergänzung des NGC-Katalogs darstellt. Hier möchte ich Dr. W. Steinicke für exakte historische Informationen danken! An dieser Stelle meine Warnung vor den allgemeinen Internet-Quellen der Kategorie ,,schnell 'mal googeln". So wird in http://seds.org/~spider/spider/LG/i0342. html doch tatsächlich der Unsinn mitgeteilt: ,,IC 342 was discovered in 1895 by W.F. Denning." Interessant, nicht wahr? Demnach hätte Denning IC 342 erst 1895 entdeckt, nachdem er schon 2 Jahre vorher diese Entdeckung publizierte [5]. So locker gehen diese Webseitenkünstler mit den Tatsachen um. Ich rate daher zu mehr kritischer Distanz, aber auch zu mehr Mut, die astronomische Fachliteratur (z. B. über SIMBAD) zu Rate zu ziehen. Meine Objekt-Recherchen basieren überwiegend auf der Original-Fachliteratur.
Im blauen Spektralbereich beträgt die galaktische Absorption am Ort von IC 342 etwa 3,1 mag, im Visuellen sind es ca. 2,3 mag [6]. Das blaue Licht wird also stärker geschwächt als das visuelle Licht, folglich erscheint IC 342 ,,gerötet". Ein Vergleich macht dies deutlich: Die bekannte Sc-Galaxie M 33 hat einen integralen Farbindex B-V = 0,55 mag und erscheint weißlich. IC 342 hingegen hat 1,06 mag, was einer gelblichen Färbung entspricht. Aufgrund der Lichtschwächung wird die Entfernungsbestimmung von IC 342 erschwert. Die Entfernungsangaben variieren zwischen 1,5 und 8 Mpc [6], wobei nach heutiger Einschätzung die Werte von 2 bis 4 Mpc wohl eher zutreffen. Zur Erinnerung: 1 Mpc (Megaparsec) = 3,262 Millionen Lj. Die Methoden zur Entfernungsmessung von IC 342 reichen von der Fotometrie der hellsten blauen und roten Einzelsterne über strukturelle Vergleiche mit M 101 und NGC 6946 bis hin zu Entfernungsableitungen aus charakteristischen Eigenschaften von H II-Regionen. Für diesen Bericht sollen 2,1 Mpc (= 6,85 Millionen Lj) als Entfernung zugrunde gelegt werden [7]. Mit diesem Wert errechnet sich für IC 342 ein echter Durchmesser von 41.000 Lj. Das ist für eine so grandios

5 Mit einem 8-Zoll-TS-Orion (Photo Newton) und Digitalkamera Canon EOS
350Da fotografierte Richard Müller IC 342 am 26.09.2008, Montierung war eine Gemini 41 Field mit FS2-Steuerung. Die Belichtung betrug 17 x 7 min bei ISO 800, 20 Darks und 22 Flats mit Flatlight Box erzeugt.
6 Am 23./24.09.2006
nahm Olaf Haupt IC 342 auf, bei schlechten Bedingungen (lockere Bewölkung und Hochnebel). Teleskop und Kamera: Refraktor ED APO 102 mm / 920 mm mit SBIG ST-8 XME CCD-Kamera. Belichtet wurde 12 x 10 min (Luminanz) und je 3 x 5 min RGB mit 2-fachem Binning.
7 Günter Kerschhuber nahm sich IC 342 am 24.06.2006, 16.10.2006 und
16.11.2006 vor. Er setzte ein TeleVue NP101 bei f = 540 mm ein, dazu eine Starlight SXV-H9 CCD-Kamera. Das LHaRGB-Bild wurde 280/70/39/39/49 min belichtet (Gesamtbelichtung also 7 Stunden und 57 Minuten). Der H-alpha-Filter hat 13 nm Halbwertsbreite, Aufnahmeort wie Abb. 2.
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ausgebildete Spiralstruktur allerdings zu gering! Die Schlussfolgerung: Entweder ist IC 342 doch weiter entfernt oder der optisch ermittelte scheinbare Durchmesser ist zu gering, oder beides trifft zu.

Die Galaxie IC 342 ist reich an rot leuchtenden H II-Regionen (Abb. 10). Das zeigt, dass hier eine aktive Sternentstehung stattfindet bzw. gerade stattgefunden hat. H II-Regionen mit ihren enthaltenen massiven, heißen OB-Sternen sind ja nur wenige Millionen Jahre alt. Theoretisch berechneten Astrophysiker eine Sternentstehungsrate von 2,5 Sonnenmassen pro Jahr [10]. Das ist im Vergleich zur ,,Starburst-Galaxie" M 82 (16 Sonnenmassen pro Jahr) allerdings deutlich weniger.

8 Neues Bild von Harald Strauß mit einer Gesamtbelichtung von 5,4 Stunden
in zwei Nächten, davon 2,8 Stunden Luminanz. Der 14-Zoll-Hypergraph (f = 1.090 mm) war mit einer SXV-H9 CCD-Kamera bestückt. Nachgeführt wurde mit einer SBIG ST-7 CCD-Kamera an einer 300-mm-,,Russentonne", alles war montiert auf einer WAM650move Montierung. Aufnahmeort wie Abb. 2.

Sehr interessante Ergebnisse lieferten Radiobeobachtungen von IC 342. Messungen im Radio-Kontinuum bei 2,8 cm, 21 cm und 91 cm Wellenlänge zeigten eine einarmige Spiralstruktur sowie einen hellen Kern [8]. Im Kern wurde eine ring-

9 LRGB-Bild von Robert Gendler, Gesamtbelichtungszeit 15 Stunden, Ort: Nighthawk Observatory, Bilddaten über Remote-
Steuerung mit CCDAutoPilot2 gewonnen, RCOS 20'' f/8 Ritchey-Chretien mit Kohlefasertubus, RCOS Field Flattener/Korrektor. Software Bisque Paramount ME, SBIG STL-11000XM CCD-Kamera.

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11 Rechts: Das Bild von IC 342 im Radiokontinuum nach
[11], siehe auch Text.
12 Unten Links: Optisches Bild von IC 342 aus Abb. 7,
hier überlagert mit einer älteren Radiokarte der integrierten Verteilung des neutralen Wasserstoffs H I [12]. Diese Gasscheibe reicht erheblich weiter hinaus als die fotografisch festgehaltenen Spiralarme, siehe Bildmaßstab. Die Ellipse zeigt die geringe Radio-Auflösung von nur 7,0' x 7,6'.
13 Unten Rechts: Diese Karte zeigt die Verteilung des
neutralen Wasserstoffs (H I) in der Galaxie IC 342 (integrierte Intensitäten). Bei der Auflösung von 38'' erkennt man sehr schön, dass das Gas eine klare Spiralstruktur bildet. Das überarbeitete Bild entstammt [11].

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sollte jetzt gezeigt werden, dass am Ort der H I-Spiralarme und H I-Knoten auch wirklich Sterne vorkommen. Dies wird im zweiten Teil anhand neuer Astrofotos gezeigt.

14 Die Karte aus Abb. 13 wurde der Abb. 7 überlagert. Jetzt wird sichtbar, wie
weit sich die Spiralstruktur des neutralen Wasserstoffs von der eigentlichen optischen Galaxienscheibe weg erstreckt.

förmige Zone aktiver Sternentstehung nachgewiesen sowie Molekülwolken, die mit der Sternentstehung in Verbindung stehen [9, 10]. Neue Beobachtungen in der 21-cm-Radiostrahlung ergaben eine zweiarmige Spiralstruktur (Abb. 11), die nach außen immer stärker zerfällt und sich mit den optischen Spiralarmen recht gut deckt [11].
Das in allen Scheibengalaxien vorhandene Gas lässt sich aber am besten nachweisen, wenn man den neutralen Wasserstoff (H I) aufspürt. Frühe Untersuchungen ergaben bereits, dass die umgebende H I-Scheibe von IC 342 erheblich größer ist als die optisch sichtbare Scheibe [12]. So etwas wird bei vielen großen Spiralgalaxien beobachtet. Diese Radio-Konturen habe ich nach einer kleinen Drehkorrektur maßstäblich mit der Abbildung 7 überlagert. Das Ergebnis zeigt, wie weit die Gasscheibe über den äußeren Bereich der optischen Galaxienfläche hinausragt (Abb. 12). Jetzt erkennt man, dass IC 342 - zumindest was den Wasserstoffgehalt angeht - mit gut 1 Grad viel größer ist als das fotografische Galaxienbild. Im Zentrum von IC 342 besteht jedoch ein Mangel an neutralem Wasserstoff (= Loch). Der wurde offenbar schon für die Sternbil-
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dung in der zentralen Region der Galaxie verbraucht. Auffällig ist auch im Nordwesten die klare Asymmetrie, die mit einer Verdrehung (,,warp") der Gasscheibe gegenüber der optischen Scheibe erklärt wird. Ursache dafür könnte die nahe Zwerggalaxie UGCA 86 sein.
Die Astronomengruppe [11] untersuchte IC 342 auch in der H I-Emission. Das geschah am VLA (Very Large Array) in einer hohen Auflösung von 38''. Dabei präsentierten sich die Spiralarme reichhaltig strukturiert (Abb. 13), d. h. die interne Wasserstoffverteilung ist viel differenzierter als man aus Abbildung 12 bei der erheblich geringeren Auflösung vermuten könnte. Zahlreiche Löcher sind über die H I-Scheibe verteilt. Auch von dieser Untersuchung habe ich die H I-Konturen in die optische Amateuraufnahme aus Abbildung 7 übertragen (Abb. 14). Sofort wird klar: Die sich im neutralen Wasserstoff abzeichnende Spiralstruktur reicht mit 42' x 42' noch wesentlich weiter nach außen! Offenbar ist IC 342 doch größer als erwartet, so dass die oben geschilderte Diskrepanz zwischen dem nur geringen scheinbaren Durchmesser und der stark ausgebildeten Spiralstruktur gemildert wird. Natürlich

Literaturhinweise: [1] O. Lahov et al., 1998: "Galaxy can-
didates in the Zone of Avoidance", Monthly Not. Roy. Astron. Soc. 299, 24 [2] R.J. Buta, M.L. McCall, 1999: "The IC 342/Maffei group revealed", Astrophys. J. Suppl. Ser. 124, 33 [3] A. Sandage, J. Bedke, 1994: "The Carnegie Atlas of Galaxies 1 + 2", Carnegie Institution of Washington, Washington [4] http://simbad.u-strasbg.fr/Simbad [5] W.F. Denning, 1893: "New nebula", Astron. Astrophys. 12, 189 [6] M.L. McCall, 1989: "H II regions, extinction, and IC 342: a new view of the galactic neighbourhood", Astron. J. 97, 1341 [7] I.D. Karachentsev, N.A. Tikhonov, 1993: "Photometric distances to the nearby galaxies IC 10, IC 342, and UGCA 86, visible through the Milky Way", Astron Astrophys. Suppl. Ser. 100, 227 [8] E. Hummel, R. Gräve, 1990: "The radio continuum emission from IC 342", Astron. Astrophys. 228, 315 [9] C.E. Walker et al., 1992: "The starburst properties of M 82, M 83 and IC 342", Bull. Am. Astr. Soc. 24, 1201 [10] R.N. Martin, P.T.P. Ho, 1986: "Hot gas in the nucleus of IC 342", Astrophys. J. 308, L7 [11] L.P. Crosthwaite, J.L. Turner, P.T.P. Ho, 2000: "Structure in the neutral hydrogen disk of the spiral galaxy IC 342", Astron. J. 119, 1720 [12] K. Newton, 1980: ,,Neutral hydrogen in IC 342. I. The large-scale structure", Monthly Not. Roy. Astron. Soc. 191, 169

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Atmosphärische Erscheinungen

1 Sonnenhalophänomen im Eisne-
bel am 07.01.2010 mit 22 Grad -Ring, oberem Berührungsbogen, Parrybogen, Circumzenitalbogen und Supralateralbogen (Reinhard Nitze). Zusätzlich waren die 22 Grad -Nebensonnen beobachtbar.

Brockengespenster und Sektgläser im Nebel
- Halotreffen des Arbeitskreises Meteore e.V. / FG Atmosphärische Erscheinungen der VdS e.V. am Sudelfeld vom 8. bis 10. Januar 2010

von Alexander Haußmann

Farbige und weiße Lichtbögen und -flächen am Himmel in eigenartigen symmetrischen Formen - so kennt man Haloerscheinungen (wenn man sie denn kennt). Für den Durchschnittsbeobachter ist ihr Auftreten fest mit Cirrus- bzw. Cirrostratusbewölkung verknüpft, dem üblichen Aufenthaltsort der Eiskristalle, welche durch Brechung und Spiegelung des Sonnen- oder Mondlichts die Phänomene verursachen. Doch es geht auch anders: Unter geeigneten Bedingungen, nämlich im Eisnebel, sind die Kristalle zum Greifen nahe. Die Halos zeigen sich dann oft heller, farbiger und vollständiger als in den Eiswolken der hohen Troposphäre. Darüber hinaus können im Eisnebel auch

Straßenlaternen, Autoscheinwerfer und andere nahe Lichtquellen Halos verursachen, die sich infolge des von ihnen ausgesandten divergenten Lichts zum Teil deutlich von ihren solaren oder lu-

naren Gegenstücken unterscheiden. Zum Beobachten dieser Exoten wie auch zum geselligen Gedankenaustausch trafen sich vom 8. bis 10. Januar (Freitag bis Sonntag) vierzehn Haloenthusiasten in

2 Lampenhalos auf dem Höhe-
punkt der Aktivität mit Lichtsäule bzw. Überlampe, oberem Berührungsbogen (,,Sektglas") und Horizontalkreis (Claudia Hinz)
VdS-Journal Nr. 34

Atmosphärische Erscheinungen

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der Jugendherberge am ,,eisnebelsicheren" Sudelfeld bei Bayrischzell. Beeindruckende Bilder von Claudia und Wolfgang Hinz aus den vergangenen Wintern hatten dabei das Potential der Wendelsteinregion für grandiose Halophänomene eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Tatsächlich wurde Reinhard Nitze, der bereits einige Tage eher angereist war, am Donnerstag eine Halo-Vorstellung der besonderen Art im Eisnebel an der Sonne geboten (Abb. 1).
Nachdem es am Freitagvormittag nochmals Sonnenhalos zu sehen gab, zog danach der Himmel für das komplette kommende Wochenende mit tiefer Bewölkung zu. Dennoch breitete sich pünktlich nach Einbruch der Dunkelheit und dem Eintreffen des Großteils der Teilnehmer am frühen Abend Euphorie aus: Die ersten Lichtsäulen an der Beleuchtung der Jugendherbergsauffahrt waren sichtbar! Für viele von uns war dies die erste Begegnung mit Eisnebelhalos überhaupt, dementsprechend intensiv wurde fotografiert. Dies blieb natürlich den anderen, häufig des Wintersports wegen angereisten Jugendherbergsbewohnern nicht lange verborgen. Von verhaltenem Interesse bis zu ironisch-kritischen Kommentaren (Diese ... Lichtfotografen!) reichten dabei die Reaktionen.
Bemerkenswert war die sonst für Halos untypische schnelle Veränderlichkeit der Erscheinungen, so konnten zwischen beobachtungsergiebigen Zehnminutenabschnitten durchaus Pausen von halben oder ganzen Stunden ohne Halos liegen. Es zogen also immer wieder haloaktive Kristallwolken an den Beobachtern vorbei. Der Einfluss von Schneekanonen (solche waren ca. 500 m von der Jugendherberge entfernt die ganze Nacht in Betrieb) wurde lebhaft diskutiert, da die erstmalige fotografische Dokumentation neuer bzw. umstrittener Haloarten (Moilanen- und Kernbogen) finnischen Beobachtern ebenfalls im schneekanonennahen Eisnebel gelungen war. Sehr wahrscheinlich wird die Kristallbildung in der Luft durch zusätzliche Kondensationskeime aus den Kanonen verstärkt, zusätzlich legt das Vorhandensein seltener Halos möglicherweise veränderte Kristallformen (eher dreieckiger als sechseckiger Querschnitt) oder auch eine sehr gute Kristallqualität nahe.

3 Lichtsäulenensemble in der Winterlandschaft (Reinhard Nitze)

4 Auf der Jagd nach dem reversen Glasperlenbogen, der hier aber leider vom
Heiligenscheineffekt des Blitzlichts verdeckt wird (Claudia Hinz)

Der Höhepunkt der Haloaktivität wurde am späteren Abend mit Phänomenkombinationen aus oberen und unteren Lichtsäulen (es können auch Über- und Unterlampen gewesen sein, die im divergenten Licht streifenartig erscheinen), ,,Sektgläsern" (oberen Berührungsbögen), unteren Berührungsbögen als Glitzern im Fußraum des Beobachters sowie lediglich sekundenlang sichtbarem Horizontalkreis erreicht (Abb. 2). Zusätzlich wurden von Claudia Hinz und Gerald Berthold kurzzeitig Übernebenlampen (,,Superparhelia" ), gesichtet. Eine sehr empfehlenswerte theoretische Erklärung dieser zum Teil exotischen Erscheinungen und ihrer

Beziehung zu den vertrauten Sonnenhalos findet sich in der Dokumentation ,,Streetlight Halos" von Walter Tape [2] sowie in der Dokumentation im VdSJournal für Astronomie Nr. 19 [3] von Christian Fenn.
Da der Eisnebel gnädigerweise immer wieder Pausen einlegte, konnten wir im Wechsel mit der Außenbeobachtung auch schon mit dem ,,Innenprogramm" starten. In einer Vorstellungsrunde zeigten sich die unterschiedlichen Hintergründe der Teilnehmer - vom Neueinsteiger bis zum jahrzehntelangen Beobachter war ein weites Spektrum vertreten. Der mu-
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Atmosphärische Erscheinungen

5 Gruppenfoto am Auerbach (Udo Hennig)

sikalisch unterlegten Bilderschau von Michael Großmann mit atmosphärischen Erscheinungen des letzten Jahres folgten noch Beiträge von Claudia Hinz über Eisnebelhalos im Allgemeinen sowie von Reinhard Nitze und Andreas Zeiske über die aktuellen Sichtungen am Sudelfeld kurz vor Beginn des Treffens. Gegen Mitternacht offenbarten sich der letzten Exkursion nach draußen keine weiteren Halos mehr, stattdessen zeigte ein Nebelbogen im Autoscheinwerferlicht nun das Vorhandensein von Wassertröpfchen in der Luft an.
Der Vormittag des 9. Januar stand nun wetterbedingt ganz im Zeichen des Vortragsprogramms: Georg Dittie berichtete über die Anwendung seines aus der Planetenfotografie bekannten Programms ,,Giotto" für die Summierung (Stacking) digitaler Halofotos und Claudia Hinz demonstrierte die vielfältigen Anwendungen des HDR-Verfahrens (High Dynamic Range) von der Optimierung bis hin zur künstlerischen Verfremdung von Bildern. Eine regelrechte Fotowut packte die Teilnehmer bei der praktischen Demonstration des Glasperlenbogens durch Alexander Haußmann nach dessen Vortrag, der außerdem noch künstliche Taubögen und Simulationen zu Nebensonnen mit untypisch reinem Blauanteil (ein kurz vorher im Meteoros-Forum diskutiertes Thema) zum Gegenstand hatte (Abb. 4).
Dermaßen angespornt, aber leider nach wie vor ohne Sonnenschein und damit ohne Halos, setzten wir die Alternative einer nachmittäglichen Fotosafari zum nahe gelegenen und teilweise gefrorenen Tatzlwurmfall in die Tat um. In dieser
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Klamm, wo der Auerbach über zwei Felsstufen insgesamt 95 m in die Tiefe stürzt, soll der Sage nach einst ein Drache fromme Pilger sowie auch einige örtliche Sennerinnen auf dem Weg durch das Tal zerfleischt und verschlungen haben. Den ,,Halopilgern" des Jahres 2010 (Abb. 5) zeigte er sich aber nicht, vermutlich aus Scheu vor derartig vielen Kameras. Dennoch fanden sich viele lohnende Fotoziele in dieser traumhaften Winterlandschaft von der Weitwinkelaufnahme des Wasserfalls (Abb. 6) bis zum Makrofoto mehrerer Zentimeter langer Raureifnadeln an den Baumzweigen.
In der auf die Rückkehr in die Jugendherberge folgenden Vortragsrunde präsentierte Elmar Schmidt einen Zusammenschnitt seiner besten Halofotos und stellte seine Präzisionsmessungen der Mondhelligkeit vor. Als überraschendes Resultat ergab sich, dass sogar noch zu Beginn der Halbschattenphase einer Mondfinsternis die absolute Helligkeit des Mondlichts zunimmt. Verantwortlich dafür ist der ausgeprägte Oppositionseffekt der Mondoberfläche, also die zunehmende Lichtintensität bei Annäherung an die exakte Rückstreuung in die Einfallsrichtung. Trotz des zunächst ungewohnten Perspektivwechsels auf kosmische Maßstäbe zeigt sich hier ein den Beobachtern atmosphärischer Erscheinungen auf irdischen Untergründen wohl vertrauter Effekt, was wiederum Spekulationen über die Beschaffenheit der Mondoberfläche zulässt.
Zurück zur Fotografie führten die nun folgenden Beiträge von Alexander Haußmann zu Stereobildern und deren Prä-

sentationstechniken (die mit wenig Aufwand umsetzbaren Methoden Anaglyph, Kreuzblick und Parallelblick) sowie von Reinhard Nitze zur Mikrofotografie von Eiskristallen und Schneeflocken mittels Umkehrring in der erforderlichen Frostumgebung. Als ,,Fangfläche" diente dabei eine transparente CD-Hülle. Es war ihm gelungen, am Vorabend Proben ,,guter" Eiskristalle während der Lampenhaloerscheinungen zu fotografieren und mit Kristallen zu vergleichen, welche während der Halopausen im Nebel zu finden waren. Hierbei war klar der Unterschied zwischen regelmäßigen hexagonalen Prismen und Plättchen (wenn auch häufig mit Einschlüssen) und eher unförmigen Klumpen (im Jargon bald ,,Bakterien" genannt) zu erkennen. Es zeigten sich sogar dem bloßen Auge Abschnitte des 22 Grad -Rings in den ,,guten" Kristallen auf der CD-Hülle, wenn diese geeignet zur Lampe positioniert wurde. Eindrucksvoll wurde auch das Größenverhältnis zwischen Eisnebelkristallen und Schneeflocken deutlich (Abb. 7 u. 8). Leider entwickelte sich die Haloaktivität
6 Die obere Fallstufe des Tatzl-
wurmfalls (Eik Beier)

Atmosphärische Erscheinungen

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7 Mikrofoto ,,haloaktiver" Eisne-
belkristalle auf einer von unten diffus beleuchteten CD-Hülle (Reinhard Nitze)

8 Mikrofoto einiger Schneeflocken
(Reinhard Nitze)

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Atmosphärische Erscheinungen

am Samstagabend nur mäßig, so dass die geplante Echtzeitdemonstration des Mikrofotografierens unmittelbar während einer Lampenhaloerscheinung nach Einbruch der Dunkelheit nur begrenzt möglich war. Es zeigten sich im Verlauf des Abends nur noch schwache Lichtsäulen für kurze Zeit, die dann später von Nebelbögen abgelöst wurden. Allerdings war auch dieser Wassernebel noch für einige imposante Außenexperimente gut zu gebrauchen. Mit Hilfe eines von Andreas Zeiske mitgebrachten Halogen-

strahlers konnten wir unsere Schatten als sogenannte Brockengespenster gigantisch vergrößert in den Nebel projizieren (Abb. 9) - gefolgt von einigen skurrilen Schattentheater-Experimenten bis hin zum ,,Sudelfeldmonster". Der für den Sonntag geplante Besuch auf dem Wendelstein (1.838 m) wurde schließlich auch ein Opfer der Wetterbedingungen, einerseits wegen des sich bald in den Wolken hüllenden Gipfels und andererseits wegen der durch Tief ,,Daisy" zunehmend unsicher werdenden Straßenverhältnisse.

So endete unser Treffen mit der allgemeinen Verabschiedung am Sonntagvormittag. Es hat sich jedoch bereits der feste Wunsch nach einer Fortsetzung der gelungenen Mischung aus wissenschaftlichem Anspruch und geselligem Beisammensein Gleichgesinnter im kommenden Jahr ,,herauskristallisiert".
Den Organisatoren Claudia und Wolfgang Hinz sowie allen Bildautoren an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank.

Literaturhinweise: [1] http://www.meteoros.de, http://
www.himmelsleuchten.de/html/ fennbogen.html [2] https://sites.google.com/a/alaska. edu/walt-tape/unpublished [3] C. Fenn, C. Hinz, 2006: ,,Unbekannter Halobogen an einer Straßenlampe", VdS-Journal für Astronomie 19, 56

9 Überdimensionale Brocken-
gespenster (Claudia Hinz)

IMPRESSUM

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liste). Redaktionsschluss für die Ausgabe Nr. 36 ist der 01.08.2010.

Die Endredaktion erlaubt sich einen Hinweis auf die Schwerpunktthemen der zukünftigen Journale (lt. Protokoll

FG-Treffen Juni 2009, Heppenheim): VdS-J Nr. 35 Kugelsternhaufen, Nr. 36 Astronomie in Gruppen und Vereinen

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Computerastronomie

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Optimierungsverfahren in der Praxis: SpecRaVE
von Helmut Jahns

Vor einiger Zeit wurde ein Gemeinschaftsprojekt der Fachgruppen Spektroskopie und Computer-Astronomie ins Leben gerufen mit dem Ziel, eine Software zu entwickeln, welche die Bahnelemente spektroskopischer Doppelsternsysteme anhand der zeitlichen Entwicklung der Dopplerverschiebung bestimmen kann. Die aus diesem Projekt resultierende Anwendung SpecRaVE (Spectroscopical Radial Velocity Evaluation) ist im Journal bereits an anderer Stelle vorgestellt worden (s. Roland Bücke [1]).
Mit der aktuellsten Version 2.0 kam ein Modul hinzu, welches die eigentliche Bahnelementberechnung mittels eines Optimierungsalgorithmus vornimmt. Die Bahnelemente spektroskopischer Doppelsterne e, P, T0, , a und i selbst sind in diesem Journal im Schwerpunktthema Spektroskopie vorgestellt worden (s. Lothar Schanne [2]). In diesem Beitrag wird der Schwerpunkt auf denjenigen Teilbereich der Implementierung gelegt, der die Berechnung der Bahnelemente zum Gegenstand hat.
Die Entwicklung Wir hatten bei der Entwicklung zunächst mehrere Wege betrachtet, wie z. B. das auf der Fast Fourier Transformation (FFT) basierende Deeming-Verfahren oder auch die Einbindung bereits vorhandener Routinen. In der Literatur (z. B. in [3]) stießen wir jedoch auf Quellen, worin beschrieben wird, dass die Bahnelemente auch relativ simpel durch Optimierung aufgefunden werden können. Dies schien auch für uns ein viel versprechender Weg zu sein, zumal der mathematische Aufwand bei dieser Methode überschaubar bleibt. Wäre es mit der Optimierung zu Leistungsengpässen gekommen, so hätten wir immer noch auf ausgefeiltere Verfahren zurückgreifen können.
Was heißt Optimierung? Optimierung im algorithmischen Sinne bedeutet ganz allgemein, dass man eine theoretische Kurve, die sich anhand ei-

nes Parametersatzes berechnen lässt, bestmöglich an die gemessenen Daten annähert. Dazu verändert ein Computerprogramm schrittweise die Parameter, wobei fortwährend die theoretische Kurve berechnet und mit der gemessenen verglichen wird. Als Grad der Übereinstimmung wird die Summe der Quadrate der Abweichung für jeden einzelnen Messpunkt (Methode der kleinsten Quadrate, Abb. 1) genommen. Je kleiner dieser Zahlenwert, desto besser die Übereinstimmung zwischen der gemessenen und der Modellkurve.
Die Parameter werden beim Programmlauf fortlaufend verändert, wobei die Übereinstimmung bei jedem Durchlauf aufs Neue ermittelt wird. Derjenige Parametersatz mit der besten Übereinstimmung wird jeweils zwischengespeichert. Sobald ein neuer Parametersatz ein besseres Resultat liefert, wird der vorherige ersetzt. Wenn keine Verbesserung der Übereinstimmung mehr eintritt, gilt die Optimierung als abgeschlossen und der Parametersatz des letzten Optimums wird als beste Approximation der Lösung angesehen.
In unserem Projekt entsprechen die Bahnelemente den zu optimierenden Parametern, während die gemessenen Radialgeschwindigkeiten diejenige gemessene Kurve ergeben, gegen die optimiert wird. Die Bestimmung der Radialgeschwindigkeiten aus den aufgenommenen Spektren selbst erfolgt über die Doppler-Beziehung aus den Verschiebungen der Position der Spektrallinien gegen ihre Ruhelage im Labor, der sogenannten Laborwellenlänge (s. Abb. 2).
Der Optimierungsalgorithmus der Wahl: Exhaustive Search - Erschöpfende Suche. Das Prinzip ist im Grunde denkbar einfach: Für jeden Parameter, den man variieren möchte, verteilt man über das Intervall zwischen kleinstem und größtem zulässigen Parameterwert eine vorgegebene Zahl von Zwischenschritten, oder

1 Methode der kleinsten Qua-
drate. Die Differenzen zwischen den gemessenen Werten (blaue Quadrate) und der schwarz gezeichneten theoretischen Radialgeschwindigkeitskurve werden berechnet (rote Balken), quadriert und aufsummiert. Der im Verlauf der Optimierung gewonnene kleinste Wert der so ermittelten Summe entspricht der besten Übereinstimmung. Die Parameter der Modellkurve bei der besten Übereinstimmung gelten als die gesuchte Lösung.
2 Zeitliche Variation der Linien-
position infolge des Doppler-Effekts. Abhängig von der Position auf der Bahn ergeben sich Verschiebungen gegenüber der Laborwellenlänge 0 in beide Richtungen.
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Computerastronomie

timum besser einzukreisen, wird mit der linearen Optimierung (s. Kasten unten) ein weiterer Optimierungsalgorithmus nachgeschaltet.

3 Wenn die in einer Zeitreihen-
messung gewonnenen Radialgeschwindigkeitswerte der Hauptkomponente über die Zeit aufgetragen werden, so ergibt sich eine typische RV-Kurve. Die Kurve oszilliert periodisch um die Geschwindigkeit des Schwerpunkts des Doppelsternsystems.

Intervalle und Stützstellen Exhaustive Search sucht wie die meisten Optimierungsverfahren nur innerhalb eines fest vorgegeben Intervallraums. Dieses Intervall muss vor der Optimierung durch den Benutzer spezifiziert werden. Z. B. kann für die Bahnexzentrizität e das Intervall 0 bis 1 vorgegeben werden, da wir wissen, dass dieses Bahnelement diesen Wertebereich niemals verlässt. Da nicht nur ein Parameter, sondern insgesamt sechs verschiedene variiert werden, ergibt sich entsprechend ein sechsdimensionaler Parameterraum, der von Exhaustive Search systematisch durchsucht wird - man erkennt sofort, dass die Rechenzeit leicht explodieren könnte.

4 Bevor die Optimierung gestartet
wird, werden die Startwerte für die Bahnparameter in ein eindimensionales Array umkopiert. Dieses Array ist Datenbasis für die Optimierung.

Implementierung und Wiederverwendbarkeit von Code Aus algorithmischen Gründen wurden die Bahnparameter leicht abgewandelt. Die Bahnelemente, die zu variieren sind, sind die Parameter e, P, T0, und a sin i, sowie die als zeitlich konstant anzunehmende Schwerpunktgeschwindigkeit des Doppelsternsystems, die kein Bahnelement im eigentlichen Sinne ist, aber in den Daten ebenfalls enthalten ist (dem aufmerksamen Leser dürfte nicht entgangen sein, dass sich hierdurch die Zahl der Parameter um eins erniedrigt hat. Die Bahnelemente a und i für spektroskopische Doppelsterne können ohne Zusatzinformationen nicht separiert werden. Sie werden deshalb nur in Kombination

a sin i betrachtet). Die Parameternamen in der Programmierung beizubehalten, hätte dazu geführt, dass auch für jeden einzelnen Parameter die Variierung hätte programmiert werden müssen. Um flexibler zu sein erschien es ratsam, die Bahnparameter vor dem Optimieren in ein eindimensionales Array von Gleitkommazahlen a[0] bis a[5] zu kopieren, die Optimierung auszuführen und nach deren Abschluss das Array wieder in die Bahnelemente zurück zu kopieren. Der nahe liegendste Vorteil ist, dass die Implementierung der Variation nur einmal anfällt, da man alle Elemente des Arrays in einem einzigen Schleifendurchlauf erfassen kann.
Wenn man schon dabei ist, das Verfahren zu verallgemeinern, so kann als nächster Schritt die Zahl der variierenden Parameter selbst variabel gehalten werden. Dies gelingt ganz hervorragend, wenn man zu rekursiven Verfahren übergeht, bei der man anstelle einer festen Anzahl von zu durchlaufenden Schleifen dazu übergeht, Funktionen sich selbst aufrufen zu lassen.
Das oben beschriebene Verfahren mit dem temporären Auslagern der Daten in ein Array ermöglicht zudem die Trennung von Optimieralgorithmus und Berechnung der theoretischen Kurve. Damit kann man den eigentlichen Optimieralgorithmus ohne Änderungen am Quellcode auch für gänzlich andere Aufgaben einsetzen (Stichwort: Wiederverwendbarkeit von Programmcode - sie wird wahrscheinlich bei einem der künftigen Ausbaustufen von SpecRaVE eine Rolle spielen; möglicherweise auch bei anderen Projekten).

auch Stützstellen genannt, in gleichmäßigem Abstand. Dabei ist allerdings Vorsicht angebracht, denn wenn zu viele Zwischenschritte gewählt werden, steigt die Rechenzeit schnell an.
Der Algorithmus stellt zum einen sicher, dass alle denkbaren Kombinationen der Parameter, im Rahmen der angewandten Schritte, überprüft werden. Auf der anderen Seite findet es bestenfalls diejenige Parameterkombination auf, die dem tatsächlichen Optimum, welches i. d. R. zwischen den Rasterpunkten liegt, am nächsten kommt - das Ergebnis ist daher meist noch zu ungenau. Um das Op-
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Lineare Optimierung
Eines der praktikabelsten (und zugleich nicht besonders aufwendig zu programmierenden) Methoden ist die lineare Optimierung. Der zuvor als derjenige Parametersatz mit der besten Übereinstimmung identifizierte dient nun als Startpunkt. Jetzt wird für alle Parameter eine Variationsbreite definiert und in der Nachbarschaft nach noch besserer Übereinstimmung gesucht. Die Variationsbreiten werden dabei fortlaufend halbiert, bis ein vorab definierter Minimalwert erreicht wird. An dieser Stelle wird mit der Variation beim nächsten Parameter fortgesetzt. Wenn der letzte Parameter optimiert wurde, wird die Prozedur an den ersten Parameter übergeben. Erst wenn es einen Durchlauf gab, bei dem alle Parameter ohne eine Verbesserung variiert wurden, gilt die lineare Optimierung als abgeschlossen.

Computerastronomie

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Qualitätskontrolle Eine gewisse Vorsicht ist angebracht: Optimierungsalgorithmen gewähren keine Garantie dafür, dass ein aufgefundenes Ergebnis wirklich dem Optimum entspricht. Exhaustive Search kann z. B. bei einer zu grob gewählten Intervalleinteilung scheitern, denn dann liegt das tatsächliche Optimum möglicherweise zu weit abseits der nächsten Stützstellen, um vom Algorithmus erfasst zu werden. Die Folge ist ein Rechenergebnis, welches vom Optimum mehr oder weniger stark abweicht.
Der Anwender kann bei SpecRaVE das Optimierungsergebnis anhand des Graphen kontrollieren. War die Optimierung erfolgreich, so überlagert sich die theoretische Kurve mit den Messpunkten, wie in der Abbildung oben gezeigt. Schlug die Optimierung fehl, so liegt die Kurve gegenüber den Messpunkten verschoben oder verzerrt.

Optimierung mit SpecRaVE
Bevor eine Optimierung gestartet werden kann, muss für jedes der Bahnelemente ein Wertebereich festgelegt werden. Dies erfolgt bei SpecRaVE in einem eigenständigen Dialog (s. Abb. oben). Für jedes Bahnelement werden Beispielwerte für die Intervallgrenzen vorgegeben (oder alternativ die letzten Einstellungen angezeigt), die eine erfolgreiche Optimierung gewähren sollen. Zusätzlich zu den Grenzwerten kann die Anzahl der Stützstellen angegeben werden. Die Zahl der Stützstellen sollte nicht zu groß gewählt werden, um keine langwierigen Rechenzeiten in Kauf nehmen zu müssen.
Wenn die Konfiguration der Intervalle abgeschlossen ist, wird die Optimierung beim Schließen des Dialogs gestartet. Nach Beendigung der Optimierung wird die optimierte Kurve zusammen mit den gemessenen Daten im Hauptfenster des Programms angezeigt.
Zusätzlich werden die Bahnelemente, die Radialgeschwindigkeitswerte und die mittleren quadratischen Abweichungen tabellarisch dargestellt. Ob eine Optimierung auch tatsächlich erfolgreich verlief, kann anhand der Übereinstimmung der optimierten Kurve mit den Messdaten bestimmt werden.
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82 Deep Sky

Bei Misserfolg wird die Optimierung mit geänderten Intervallgrenzen und Stützstellen wiederholt.
Fazit Der Algorithmus ist mit großartigem Ergebnis an Modell- und Realdaten angewandt worden. Die Übereinstimmung mit Literaturwerten anhand des Beispiels Cas war beachtlich. Die Rechenzeit für die eigentliche Optimierung betrug lediglich einige Sekunden, d. h. Optimie-

rungsverfahren bereiten aktueller Hardware bei sachgemäßer Programmierung und ebensolcher Handhabung keine sonderlich großen Probleme.
Die Software SpecRaVE kann von der Homepage der Fachgruppe ComputerAstronomie [4] heruntergeladen werden.
Literaturhinweise: [1] R. Bücke, 2009: ,,Beobachtung der

Radialgeschwindigkeitsperiode des Be-Sterns gamma Cassiopeiae", VdS-Journal für Astronomie 30, 26 [2] L. Schanne, 2009: ,,Spektroskopische Messung der Bahn von Doppelsternen", VdS-Journal für Astronomie 30, 14 [3] http://www.lsw.uni-heidelberg.de/ projects/hot-stars/Diplom_Haffa.pdf [4] http://www.vds-astro.de/ fachgruppen/computerastronomie/ projekt-specrave.html

Messier 17 visuell im 16-Zoll-Teleskop
von Johannes Schilling

1 Messier 17 im Sternbild Schütze. Der Zeichnung liegen acht Stunden Beobachtungszeit an einem 16-Zoll-Newton
zugrunde. Beobachtet wurde mit 148-facher Vergrößerung und einem UHC-Filter. Zeichnung von Johannes Schilling.
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Deep Sky 83

Wenn man Besitzer eines großen, lichtstarken Teleskops wird, dann möchte man die Fähigkeiten seiner Optik vor allem durch schwache und sehr entfernte Objekte testen und bewähren: Man beobachtet Galaxien aus dem UGC oder PGC Katalog, Planetarische Nebel, die mit PK oder Abell anfangen, man wagt sich an die fernen Galaxien aus dem Arp Atlas, man beobachtet Kugelsternhaufen und Gasnebel in anderen Galaxien, usw. Manchmal kann man dann den Eindruck erhalten: Je lichtschwächer, je unbekannter, je exotischer auch von der Benennung her ein Objekt ist, umso beliebter wird es scheinbar bei den Besitzern großer Teleskopöffnungen. Messierobjekte können Gähnen und Langeweile hervorrufen. So verständlich dieser Drang ins Entfernte, extrem Lichtschwache und relativ Unbekannte ist: Als Ergebnis liefert die Befriedigung dieses Drangs schwache, häufig fast strukturlose Fleckchen, die sich einander sehr gleichen.
Überraschenderweise sehen sie dann einem Messierobjekt ähnlich, durch ein ganz kleines Anfängerteleskop beobachtet. Nun - war das der Sinn der Anschaffung einer großen Optik? Klar, die Faszination der ,,neuen" Objekte im großen Teleskop liegt oft weniger in deren visuellem Aussehen, als im Wissen um deren Ferne, Lichtschwäche und in der Befriedigung eines sportlichen Ehrgeizes: Schaut her Leute, dieses so selten beobachtete, unbekannte, sehr lichtschwache Objekt mit der exotischen Bezeichnung, ich habe es gesehen! Sportlicher Ehrgeiz erweitert unsere Grenzen und fordert uns heraus. Das hat für viele Amateure durchaus einen guten Sinn. Aber dabei sollte es nicht als einziges bleiben! Sonst droht der Sternenhimmel zu einem Objekt zu verkommen, das zuletzt vor allem der Befriedigung unserer eigenen sportlichen Eitelkeit dient.
Hatten wir beim Gedanken an eine große Optik nicht ursprünglich auch den Wunsch, mehr Struktur und Formenvielfalt in unseren geliebten Objekten erkennen zu können? Warum sollen wir uns dann zuletzt mit der Jagd nach strukturarmen oder strukturlos-diffusen Fleckchen begnügen? Natürlich, alle Besitzer größerer Teleskope kehren auch zu den ,,alten", ,,leichten" Objekten zurück. Aber die hauptsächliche Bemühung in

einer Beobachtungsnacht gilt häufig nicht ihnen, sondern den schwierigen, lichtschwachen Exoten, die scheinbar dringend auf ihren Abschuss durch uns warten. Bei Zeichnern kann man manchmal hören: Die hellen Objekte bieten uns zu viel, wir werden da nie fertig mit dem Zeichnen. Um so mehr Achtung gebührt den visuellen Beobachtern, die dennoch versuchen auch ein helles Objekt mit ihrer großen Optik zu zeichnen.
Und warum sollten wir nicht viele Stunden damit verbringen, etwa ein scheinbar altbekanntes Messierobjekt mit großer Optik visuell zu erkunden und in einer Zeichnung festzuhalten? Auch Fotografen belichten über viele Stunden oder sogar mehrere Nächte hinweg geduldig ihren Chip. Warum sollen wir nicht über viele Stunden und mehrere Nächte hinweg unser Auge und unser Zeichenpapier mit demselben Objekt ,,belichten"? Solche Gedanken brachten mich dazu, im Sommer 2008 etwa acht Stunden Beobachtung und Zeichnen nur Messier 17 zu widmen. Jeden Abend entdeckte ich neue, überraschende Eigenarten am Schwanennebel, auch mein Beobachtungstagebuch füllte sich mit Notizen. Doch genüge hier die Wiedergabe der fertigen Zeichnung. Zum Verständnis der Zeichnung sei angemerkt, dass die Sterne alle nach eigener Beobachtung gezeichnet sind und nicht aus dem Computer heraus gelassen wurden. Die Sterne bilden für mich eine Art von leuchtendem Gerüst, mit dem ich mich orientierend in den Raum hineinsehe, den der leuchtende Nebel füllt.
Klar sollte auch jedem sein, dass eine Zeichnung mit eigenen Augen nie direkt mit einem Foto des meist in roter Farbe abgelichteten Messier 17 vergleichbar ist! Immer mehr Amateure verfügen über Optiken von 10 Zoll Öffnung und mehr. Ich möchte mit meiner Beobachtung von Messier 17 diese alle ermutigen, sich gerade zwischendurch die hellen Objekte wieder vorzunehmen und dem Drang ins Lichtschwache, Strukturarme und Exotische Grenzen zu setzen. Und die Zeichner unter uns frage ich: Ist es letztlich nicht befriedigender für uns, statt nur vieler, rasch entstandener Zeichnungen von lichtschwachen, diffusen Objekten eine detaillierte, zeitaufwendige Zeichnung von einem helleren Objekt angefertigt zu

haben? Wir Zeichner wissen es alle: Das Abenteuer des Sehens und Entdeckens beginnt für uns erst mit dem Zeichnen der Objekte. Messier 17 jedenfalls war für mich in diesem Sinn ein großes Abenteuer.

Inserentenverzeichnis

AME Astro-Messe

29

APM Telescopes, Rehlingen

11

astronomie.de, Neunkirchen

71

Astrocom, Martinsried

77

Astro-Shop, Hamburg

U2

Astroshop.de nimax GmbH,

39

Landsberg

Baader Planetarium,

U4

Mammendorf

euro EMC GmbH, Poslau

91

Intercon Spacetec GmbH,

U3

Augsburg

Koring, Marocco

5

Kosmos Verlag, Stuttgart

65

Meade Instruments Europe,

49

Rhede

Gerd Neumann jr.

89

Optische Geräte Wolfgang Lille, 17 Heinbockel

Spektrum der Wissenschaft Ver- 19 lagsgesellschaft mbH, Heidelberg 73

4. RATT

90

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Visuelles Deep-Sky-Beobachtungsprojekt: Die beiden Offenen Sternhaufen NGC 7261 und NGC
7235 im Sternbild Cepheus

Im dritten Quartal des Jahres 2010 möchten wir Ihnen die beiden Offenen Sternhaufen NGC 7261 und NGC 7235 schmackhaft machen. Bei beiden handelt es sich um relativ kleine Vertreter ihres Typs: Ersterer besitzt einen Durchmesser von 6 Bogenminuten, letzterer von nur 4 Bogenminuten. Was ihre Helligkeiten betrifft, sind sie aber ein gefundenes Fressen: NGC 7261 ist 8,4 mag hell und NGC 7235 - trotz des kleineren Durchmessers - sogar 7,7 mag. Das Auffinden der Haufen sollte keine Schwierigkeit darstellen: In unmittelbarer Nähe steht der helle Stern z Cep, der die Suche er-

leichtert. Hier beginnt man am besten den Starhopp. Den genauen Verlauf entnehme man der beigefügten Karte. Dieser ist auch zu entnehmen, dass sich in der näheren Umgebung noch genügend weitere Objekte aufhalten und auf eine Beobachtung warten.
Bei beiden Objekten handelt es sich um seltener beobachtete Objekte - haben Sie schon einmal etwas über sie gelesen? Nein? Dann helfen Sie uns das zu ändern: Beobachten Sie einen der Haufen oder beide. Schicken Sie uns Ihre Beschreibung und/oder Zeichnung zu und

in einem Jahr wird Ihr Beitrag an dieser Stelle veröffentlicht!
Viel Spaß und Erfolg beim Beobachten wünschen Daniel Spitzer und Johannes Schilling

1 Aufsuchkarte für die beiden Offenen Sternhaufen NGC 7261 und NGC 7235. Die Karte entspricht dem Anblick des Abend-
himmels Richtung Nordosten Mitte August gegen 21 Uhr (Grafik erstellt mit Hilfe von Guide 8.0).

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Geschichte

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Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie
von Wolfgang Steinicke

Die Vorbereitungen für die FG-Tagung 2010 laufen bereits. Möglicher Tagungsort ist Hamburg mit seiner Sternwarte in Bergedorf. In diesem Heft lesen Sie zwei Artikel über bedeutende Personen der Astronomiegeschichte. Dirk Cornelissen hat sich mit dem bedeutenden niederländischen Astronomen Jan Oort befasst. Henrietta Leavitt, die Entdeckerin der Perioden-Leucht-

kraft-Beziehung, wird von Olaf Fritz vorgestellt. Viel Spaß beim Lesen - und versorgen Sie mich weiter mit interessanten Beiträgen!
Informationen zur Fachgruppe finden Sie wie gewohnt auf unserer Webseite http://geschichte.fg-vds.de.

Jan Hendrik
Astronom
von Dirk Cornelissen
Jeder Amateurastronom hat schon mal etwas über den Kuiper-Gürtel (engl. Kuiper-Belt) und die Oort'sche Wolke gehört. Beiden gemeinsam ist die Geburt ihrer Namensgeber in den Niederlanden. Kuiper ist vor allem bekannt durch seine Planetenforschung, aber wer war Jan Hendrik Oort?
Er wurde am 28. April 1900 als zweiter Sohn von Hannah Faber und dem Arzt Dr. Abraham Hendrikus Oort in Franeker in der nordniederländischen Provinz Friesland geboren. Der Ort Franeker hat einen ,,astronomischen" Bekanntheitsgrad durch sein mechanisches Planetarium von Eise Eisinga. In 1903 zog die Familie nach Oegstgeest (in der Nähe von Leiden), wo A. H. Oort die Leitung der Psychiatrischen Klinik ,,Endegeest" übernahm.
Nach seiner schulischen Ausbildung studierte er ab 1917 Physik an der Universität Groningen. Nach einem Einführungskurs in Astronomie, der von dem bekannten Astronomen Kapteyn abgehalten wurde, verlegte er den Studienschwerpunkt auf Astronomie. Kapteyn (1851-1922) ist u. a. durch seine stellarstatistischen Forschungen der Milchstraße und der ,,Cape Photographic Durchmusterung" bekannt geworden. 1921 wurde Oort Assistent an der Universität Groningen. Schon ein Jahr später, in 1922, wurde er Assistent von

Oort - Beruf(ung):
1 Gedenktafel
am Geburtshaus von J.H. Oort

F. Schlesinger am Yale Observatorium in New Haven, wo er für Beobachtung mit dem Zenitteleskop verantwortlich war. Diese Arbeit scheint ihn wenig befriedigt zu haben, was auch Schlesinger nicht entgangen war. Nach einem Jahr wurde ihm eine Stelle an der neu zu errichtenden Südsternwarte von Yale in Johannesburg angeboten. Oort zögerte und fragte seine älteren Kollegen De Sitter und Van Rhijn (Kapteyn war inzwischen verstorben) um Rat. De Sitter hatte gerade die Reorganisation der Leidener Sternwarte beendet. Infolgedessen gab es freie Stellen, so dass ihm nach Beendigung seines Aufenthaltes am Yale Observatorium eine Stelle mit guten Berufsaussichten sicher war. Oort zögerte nicht lange und nach dem Ende seines zweiten Jahres in New Haven (1924) übernahm er eine Stelle als wissenschaftlicher Assistent an der Leidener Sternwarte. Dann kletterte er die Karriereleiter hinauf: 1926 wurde er zum Konservator ernannt, zum Lektor in 1930 und zum außerordentlichen Professor in 1935. In New Haven hatten die sogenannten ,,Schnellläufer" (highvelocity stars) sein Interesse geweckt. In

Leiden forschte er weiter an ihnen, was am 1. Mai 1926 in seiner Doktorarbeit an der Universität Groningen mündete. Er konnte jedoch nicht das Verhalten der Schnellläufer erklären. Aber als 1927 Bertil Lindblad mutmaßte, dass die Sterne der Milchstraße eine differentielle Rotation um ein weiter entferntes Zentrum aufweisen, fand Oort eine elegante Erklärung für die Schnellläufer. Er zeigte, dass dieses Modell durch die Beobachtungen unterstützt wurde. Oort leitete auch die Entfernung und Richtung des galaktischen Zentrums ab und bestimmte die Rotationsgeschwindigkeit der Milchstraße in der näheren Umgebung der Sonne. Da die Resultate auf nur wenigen Beobachtungen beruhten, bemühte er sich sogleich um mehr und bessere Daten, so dass er innerhalb eines halben Jahres seine Resultate bestätigen konnte.
In 1927, das Jahr in dem er Mieke Graadt van Roggen heiratete, war er als junger viel versprechender Astronom bekannt geworden. Infolgedessen wurden ihm wichtige Stellungen in den USA angeboten: 1930 der Willson Chair of Astrono-

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Geschichte

Ehrungen von Jan Hendrik Oort (Auszug)

1942 1946 1951 1972
1984 1987

Bruce Medaille Goldmedaille der Royal Astronomical Society Henry Norris Russell Lectureship Karl-SchwarzschildMedaille der Astronomischen Gesellschaft Balzan-Preis für Astrophysik Kyoto-Preis

Nach J.H. Oort ist der Asteroid (1691) Oort benannt.

2 J.H. Oort am Teleskop (Leiden Observatory)

my in Harvard, der aber einen erheblichen Aufwand an Lehrtätigkeit mit sich brachte, und 1932 wurde ihm die Leitung der astronomische Abteilung an der Columbia-Universität angeboten. Letztendlich lehnte er beide Angebote ab. In seinen späteren Jahren hat er zugegeben, dass, obwohl er ausgedehnte Besuche in anderen Ländern mochte, er immer wieder gerne in die Niederlande wegen ihres Klimas, Landschaft und Lebensweise, vor allem aber an die Sternwarte Leiden, zurückkehrte. Eine Dauerstellung im Ausland sah er als eine Art Exil an.
Die Jahre, die auf die Veröffentlichung der Oort-Lindblad-Theorie folgten, waren geprägt von Forschungen, um diese besser belegen zu können. Zu diesem Zweck brauchte er auch Zugang zu größeren Teleskopen. 1932 verbrachte er zusammen mit seiner Frau ein halbes Jahr am Perkins Observatorium in Delaware, Ohio. Er nahm dort Fotoplatten von Galaxien auf, um diese fotometrisch zu
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vermessen. Diese zeitraubenden Arbeiten führten erst 1940 zu einer Veröffentlichung. Oort stieg weiter die Karriereleiter hinauf: er wurde neben Hertzsprung zum stellvertretenden Direktor der Sternwarte Leiden ernannt. Als De Sitter im November 1934 verstarb, wurde Hertzsprung zu seinem Nachfolger ernannt. Oort wurde sein Stellvertreter. 1935 wurde Oort zum Generalsekretär der IAU ernannt. Bedingt durch den 2. Weltkrieg konnte er seinen Posten erst 1948 seinem Nachfolger übergeben. Ebenfalls im Jahr 1935 zog er in De Sitters ehemalige Wohnung. Seine neue Adresse: Sterrewacht 5. Bis auf die Kriegsjahre lebte Oort hier bis zu seiner Emeritierung in 1970.
Als er 1935 ein weiteres halbes Jahr in den USA weilte, um u. a. der Eröffnung des McDonald-Observatorium beizuwohnen, erweckte der Krebsnebel sein Interesse. Der befreundete Sinologe J.J.L. Duyvendak fand auf Oorts Anregung hin zusätzliche Erwähnungen des ,,Gast-

sterns" in chinesischen Quellen. In einer Veröffentlichung zusammen mit Mayall belegte er, dass es eine Supernova war, keine Nova wie man bis dahin glaubte. Während der fünfjährigen Besatzungszeit durch die deutsche Wehrmacht verweigerte Oort, wie viele andere auch, jegliche Zusammenarbeit mit den Besatzern. 1942 trat er aus der königlichen Akademie der Wissenschaften aus. Ebenfalls quittierte er seine Stellung als außerordentlicher Professor an der Universität Leiden und als stellvertretender Direktor der dortigen Sternwarte. Er zog sich aufs Land zurück und begann ein Buch über stellare Dynamik. Einen Teil seiner Zeit musste er auch für Hamsterfahrten aufwenden, vor allem im Kriegswinter 1944/45.
Er nahm weiter an den wissenschaftlichen Zusammenkünften des niederländischen Astronomenklubs (NAC) teil. Auf einer dieser Versammlungen beauftragte er den Studenten H.C. Van de Hulst, Spektrallinien auf Radiofrequenzen zu finden (über Zürich hatte er erfahren, dass Grote Reber Radiostrahlung aus der Milchstraße entdeckt hatte). Van de Hulst fand die 21-cm-Linie des Wasserstoffs; die Veröffentlichung erfolgte in Dezember 1945.
Oort wurde Herzsprungs Nachfolger an der Sternwarte Leiden; dieser hatte während des Krieges die Stellung gehalten und war 1945 71 Jahre alt. Oort wurde mit Ehrungen bedacht: 1946 wurde er Dr. h.c. in Kopenhagen anlässlich des 400. Geburtstages von Tycho Brahe; im

Geschichte

87

selben Jahr hielt er die George Darwin Lecture der RAS. In 1950 veröffentlichte er seine Hypothese, dass es ein großes Reservoir an Kometen außerhalb der Neptunbahn geben müsste: die Oortsche Wolke. Die Radioastronomie wurde ein neuer Forschungszweig. Schon während des Krieges (Juni 1944) hatte Oort Kontakt mit dem Philips-Labor in Eindhoven aufgenommen, jedoch vereitelten die Kriegswirren (Eindhoven wurde September 1944 befreit) den weiteren Kontakt. Ein Radioteleskop nach dem Entwurf von Oort sprengte den damaligen finanziellen Rahmen, aber da gab es noch Kriegshinterlassenschaften: eine deutsche 7,5 m-Würzburg-Antenne.
Oort sammelte Geld für den Bau eines 21-cm-Empfängers. Nach einem Brand musste der Empfänger neu gebaut werden, so dass die 21-cm-Linie erst am 11. Mai 1951 beobachtet werden konnte, 6 Wochen nach Purcell und Ewen in Harvard. Dieser Erfolg beflügelte die Radioastronomie in den Niederlanden: 1951 wurde ein 25-m-Radioteleskop in Dwingeloo gebaut. Etwa 1 Jahr lang, bis zur Fertigstellung von Jodrell Bank, war es das größte Radioteleskop der Welt. Eine Gastprofessur von Walter Baade im Jahr 1953 hatte weit reichende Folgen. In Diskussionen mit Oort stellte man fest, dass es niederländischen Astronomen an Zugang zu größeren Teleskopen auf der Südhalbkugel mangelte. Für kleine Länder waren solche Großteleskope unbezahlbar, so dass man auf internationale Zusammenarbeit angewiesen war. Noch im gleichen Jahr wurde in Groningen eine Konferenz abgehalten: ,,The Co-Ordination of Galactic Research". Das war die Geburtsstunde des ESO. Oort hatte wichtigen Anteil daran: Er war Vorsitzender des Aufbaukomitees. Sein Arbeitspensum wuchs: Von 1958 bis 1961 war er Präsident der IAU. Oort hat die Radioastronomie nicht vernachlässigt: ein größeres Instrument musste her und so wurde 1970 das Westerbork Synthese Radioteleskop (WSRT), bestehend aus zwölf 25-m-Schüsseln auf einer Ost-WestLinie mit einer Länge von 1,5 km, fertig gestellt; zwei weitere Schüsseln stehen 1,4 km östlich.
Im September 1970 hielt er seine Abschiedsvorlesung und emeritierte. Er zog um in einen Neubau an einem Kanal, wo

3 Altersportrait von Oort (Leiden
Observatory)

eigenen Forschungsergebnissen. Er wurde für seine Forschungsarbeiten geehrt: Er bekam u. a. den Preis der BalzanFoundation (Italien/Schweiz) in 1984 und den Kyoto-Preis (Japan) in 1987. Als die Zeitschrift LIFE in 1955 eine Liste mit den 100 berühmtesten Menschen veröffentlichte, enthielt diese auch den Namen Oort. Er war Mitglied in 16 wissenschaftlichen Akademien und ihm wurden 10 Ehrendoktorwürden verliehen.
Oort war bis ins hohe Alter ein auch sportlich aktives Leben beschieden: Er war ein guter Schlittschuhläufer und Ruderer. In 1981 (über 80 Jahre alt!) stürzte er während einer seiner ausgedehnten Schlittschuhtouren, die er danach aufgab. Er ruderte aber weiterhin und fuhr mit dem Fahrrad zum Arbeiten in die Sternwarte.

4 Das WSRT (Onderwijsgek auf Creative Commons Attribution-Share
Alike 2.5 Netherlands)

auch das Boot ankerte, das er zu seinem 70. Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Jetzt hatte er endlich mehr Zeit für seine Forschungen, da er von vielen administrativen Aufgaben befreit war.
Oort hatte großes Interesse an den Daten von dem neuen WSRT. Er schrieb eine Übersicht über den damaligen Forschungsstand, das galaktische Zentrum betreffend. Es war nicht nur eine reine Übersicht sondern es flossen auch neue eigene Forschungen ein (Annual Review 1977). Sein Interesse an Galaxiensuperhaufen führte zu einem weiteren Annual Review, wiederum mit einem Anteil an

Ab 1985 wurde er zunehmend schwächer, so dass er Schwierigkeiten hatte, den Kyoto-Preis in Empfang zu nehmen. 1992 zogen die Oorts in ein Altersheim, wo er in November des gleichen Jahres im Alter von 92 Jahren verstarb. Chandrasekhar sagte zu seinem Tod: ,,The great oak of astronomy has been felled, and we are lost without its shadow".
Literaturhinweis: [1] J. Katgert-Merkelijn, 2000: ,,Jan
Oort, Astronomer" (Kurzbiographie zur Ausstellung in der Universitätsbibliothek Leiden anlässlich seines hundertsten Geburtstages)
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Geschichte

Henrietta S. Leavitt (1868-1921) und die Entdeckung der Perioden-Leuchtkraft-Beziehung
von Olaf Fritz

Wenn man sich mit der Geschichte der Astronomie beschäftigt, dann fällt auf, dass es kaum berühmte Frauen in dieser wissenschaftlichen Disziplin, die bis heute von Männern dominiert wird, zu geben scheint. Gleichwohl ist dieser Eindruck falsch. Blickt man nämlich in die Geschichte der Astronomie zurück, dann kann man durchaus eine Reihe von bedeutenden Astronominnen entdecken, wie zum Beispiel: Caroline Lucretia Herschel (1750-1848), Annie Jump Canon (1863-1941) oder die Berühmteste: Henrietta S. Leavitt (1868-1921). In diesem biografischen Beitrag werden wir uns mit der US-Astronomin Henrietta Swan Leavitt (Abb. 1) beschäftigen. Ihr wissenschaftlicher Beitrag war für die Entwicklung der Astronomie des 20. Jahrhunderts von großer Bedeutung. Schließlich legte ihre wissenschaftliche Arbeit den Grundstein für ein neues Verfahren der Entfernungsbestimmung in der Astronomie (vgl. ausführlicher [1-12]).
Henrietta S. Leavitt wurde am 4. Juli 1868 in der Kleinstadt Lancaster im USBundesstaat Massachusetts, nahe Cambridge vor den Toren Bostons gelegen, als eines von insgesamt sieben Kindern von George Roswell Leavitt, einen bekannten und einflussreichen protestantischen Geistlichen der Pilgrim Congregational Church, und dessen Ehefrau Henrietta Swan Kendrick geboren. Sie wuchs in Cleveland/US-Bundesstaat Ohio auf, wohin die Familie Leavitt übergesiedelt war. Nach ihrer schulischen Ausbildung besuchte Leavitt zunächst das Oberlin College (1885-1888) in Ohio und wechselte im Jahre 1888 an das Radcliffe College, das heute zur Harvard Universität in Cambridge/Massachusetts gehört. Das Radcliffe College war zu jener Zeit eine Bildungseinrichtung, die ausschließlich Frauen vorbehalten war. Dies zeigt sich deutlich in der damaligen Bezeichnung dieser Institution als: ,,Society for the
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Collegiate Instruction for women" (dt. etwa: Gesellschaft zur Hochschulausbildung von Frauen).
Dem Radcliffe College eilte bereits in dieser Zeit der Ruf voraus, hohe Anforderungen an seine Studentinnen zu stellten. Und damit waren nicht nur angemessene Kenntnisse in den Bereichen der Geisteswissenschaften i.w. Sinne gemeint, sondern auch in den naturwissenschaftlichen Fächern, wie z. B. der Biologie, Physik oder Mathematik. Leavitt hatte mit diesen Fächern keine Schwierigkeiten. Und so erlangte sie, 24-jährig, im Jahre 1892 ihren Abschluss (Bachelor Degree) am Radcliffe College.
Es war vermutlich in ihrem letzten Studienjahr am College, als ihr Interesse für die Sternenkunde geweckt wurde. Sie besuchte eine astronomische Vorlesung, die vom damaligen Direktor des Harvard College Observatoriums Edward Charles Pickering (1846-1919) gehalten wurde. Nach erfolgreichem Studium

1
Henrietta Swan Leavitt
und den Besuch weiterer Kurse, die sich mit astronomischen Fragestellungen beschäftigen, wollte Leavitt schließlich in diesem Bereich beruflich tätig werden. Dies gelang ihr zunächst nicht, weil eine schwere Erkrankung, wahrscheinlich eine Hirnhautentzündung, wie der britische Wissenschaftsjournalist Simon Singh berichtet [5, S. 217], Leavitt für mehrere Jahre ans Bett fesselte. Eine Folge dieser Erkrankung war, dass sie fast gänzlich ihre Hörfähigkeit verlor. Gleichwohl konnte dieser Umstand sie nicht daran hindern, ab 1895 eine Stelle als ehrenamtliche Forschungsassistentin am Harvard College Observatorium anzunehmen. Es sollten insgesamt sieben Jahre der unbezahlten wissenschaftlichen Mitarbeit vergehen, bevor man ihr eine bezahlte Stelle als Forschungsassistentin anbot (1902). Der damalige Direktor des Observatoriums Pickering stellte in jener Zeit ein Team aus Mitarbeiterinnen zusammen, deren zentrale Aufgabe darin Bestand: Fotoplatten des nächtlichen Sternenhimmels zu untersuchen,

Geschichte

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zu vergleichen, auszuwerten und deren Ergebnisse zu erfassen und zu katalogisieren. Henrietta Leavitt gehörte diesem Forscherinnenteam an, das unter der Bezeichnung ,,Pickerings Harem" bekannt wurde. Aus heutiger Sicht erscheint die Personalpolitik Pickerings modern, vielleicht sogar für jene Ära mutig, vor allem, wenn man sich bewusst vor Augen führt, dass es in dieser Zeit unüblich war, dass Frauen ihren Lebensunterhalt im Bereich von Wissenschaft und Forschung verdienten. Für Pickering lag der Grund für die Einstellung von Frauen vielmehr darin begründet, dass diese weniger Kosten verursachten als ihre männlichen Kollegen. Und darüber hinaus ihre Arbeit gründlicher erledigten.
Während ihrer Arbeit am Harvard College Observatorium entwickelte Leavitt ein besonderes Interesse für die veränderlichen Sterne, genauer gesagt für die sogenannten Cepheiden (so bezeichnet nach dem ersten Vertreter dieses Sternentyps, dem Stern Delta im Sternbild Cepheus ( Cephei)). Mit Ruhe, Geduld und Beharrlichkeit untersuchte und verglich sie eine Vielzahl von Fotoplatten des nächtlichen Sternenhimmels und entdeckte dabei im Verlauf ihrer Forschungstätigkeit über 2.400 veränderliche Sterne. Gleichwohl war dies nicht ihr zentraler Beitrag für die Astronomie. Dieser ist vielmehr darin zu sehen, dass sie die Perioden-Leuchtkraft-Beziehung der veränderlichen Sterne entdeckte. Und damit die Basis für eine neue Methode der Entfernungsbestimmung im All leg-

te. In dieser Beziehung

ist zu beachten, dass

sich veränderliche

Sterne (Cepheiden)

in einem ständigen

Wechsel zwischen

Ausdehnung (Expan-

sion) und Zusammen-

ziehung (Kontraktion)

befinden. Dies hat zur

Folge, dass die Leucht-

kraft (Helligkeit) dieses

Sternentyps variiert.

Das heißt also, dass

veränderliche Sterne

ihre Leuchtkraft nicht

gleichmäßig abgeben,

sondern in pulsieren-

der Art und Weise. In

diesem Zusammenhang ist ferner zu be-

2 Leavitts Darstellung der Perioden-Leuchtkraft-

rücksichtigen, dass Beziehung [6]

das zeitliche Intervall

(Periode) zwischen Mi-

nimum und Maximum der Helligkeit des nes veränderlichen Sterns und den zeitli-

veränderlichen Sterns gleich bleibend ist. chen Intervallen seiner Helligkeitsspitzen

Auch, wenn diese zeitlichen Intervalle geben müsse. Im Jahr 1912 publizierte

(je nach Stern) variieren können - zwi- Leavitt ihre Forschungsergebnisse im

schen einigen Tagen bis hin zu mehreren Rundbrief (Nr. 173) des Harvard College

Monaten. Diesen Sachverhalt kann man Observatoriums vom 3. März 1912 unter

sich beispielsweise so vorstellen, wie das den Titel: ,,Periods of 25 variable stars in

eingeschaltete Warnblinklicht bei einem the small Magellanic Cloud" [6]. In die-

Auto oder das regelmäßig aufleuchten- sem Beitrag legte Leavitt dar, dass bei 25

de Positionslicht eines Leuchtturms bei veränderlichen Sternen in der Kleinen

Nacht. Henrietta Leavitt gelangte bei Magellanschen Wolke, die sie untersuch-

ihren Untersuchungen der Kleinen Ma- te, eine Perioden-Leuchtkraft-Beziehung

gellanschen Wolke im Sternbild Tucana festgestellt werden konnte. In dieser Be-

(Tukan) zur Annahme, dass es einen Zu- ziehung ist mit Singh hinzuzufügen, dass

sammenhang zwischen der Helligkeit ei- es Leavitt gelang, eine eindeutige mathe-

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Geschichte

matische Beziehung zwischen der Helligkeit eines veränderlichen Sterns und dessen Variationsperiode zu ermitteln [5, S. 220]. Ausgehend von dieser Erkenntnis leitete Leavitt daraus das Prinzip ab, dass: ,,Je größer die Helligkeit von Cepheiden erscheint, desto länger dauert der Zeitraum zwischen zwei Helligkeitsspitzen." ([2, S. 193], vgl. dazu auch [5, S. 220]). Um diesen Zusammenhang in angemessener Weise darzustellen, übertrug Leavitt ihre Beobachtungsergebnisse in ein Diagramm, wobei auf der XAchse das zeitliche Intervall und auf der Y-Achse die Helligkeit angegeben wurde (Abb. 2). Das Diagramm stellte für jeden der 25 veränderlichen Sterne zwei Werte dar, nämlich: Einmal das Maximum und einmal das Minimum der Helligkeit im zeitlichen Intervall [5, S. 221]. Durch dieses Diagramm konnte die eindeutige mathematische Beziehung zwischen der Helligkeit eines veränderlichen Sterns und dessen Variationsperiode grafisch veranschaulicht werden.
Gleichwohl stellt sich die Frage, was diese Überlegungen mit der Entfernungsbestimmung im All zu tun haben? Darauf lässt sich mit dem Astrophysiker und Fernsehmoderator Harald Lesch und den Physiker Jörn Müller entgegnen, dass zu jeder spezifischen Periodenlänge eine ganz bestimmte relative Leuchtkraft eines Sterns gehört [4, S. 234]. Auch, wenn damit zunächst nicht viel gewonnen war, wie Lesch/Müller an gleicher Stelle betonen. Entscheidender sei vielmehr der Zusammenhang zwischen der Periodenlänge und der absoluten Helligkeit gewesen und nicht der scheinbaren Helligkeit, wie Lesch/Müller an gleicher Stelle weiter schreiben. Wenn man nämlich die absolute Helligkeit eines Cepheiden kennt und die relative Helligkeit zu bestimmen in der Lage ist, dann kann man dadurch die Entfernung zu einem spezifischen veränderlichen Stern ermitteln [4, S. 234]. Vor diesem Hintergrund lässt sich festhalten, dass Henrietta Leavitt mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit den Astronomen zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein neues Verfahren der Bestimmung der Entfernung zu astronomischen Objekten an die Hand gab. Gleichwohl muss angemerkt werden, dass, bevor diese Methode der Entfernungsbestimmung angemessen verwendet werden konnte, dieses Verfahren kalibriert werden musste. ,,Die ent-
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scheidenden Beobachtungen dafür gelangen einem Team von Astronomen, zu dem Harlow Shapley und der Däne Ejnar Hertzsprung gehörten. In gemeinsamer Arbeit nutzten sie eine Kombination von Verfahren, darunter die Parallaxenmessung, um die Entfernung zu einem Cepheiden zu bestimmen, und nun konnte Leavitts Forschungsergebnis endgültig zur kosmischen Entfernungsmessung eingesetzt werden. Die Cepheiden waren nun eine Art Zollstock für das Universum.", [5, S. 222].
Wie kann man sich konkret die Bestimmung von Entfernungen zu astronomischen Objekten mittels der PeriodenLeuchtkraft-Beziehung nun vorstellen? ,,Um zum Beispiel die Entfernung der Andromeda-Galaxie mit Hilfe von Cepheiden zu bestimmen", müsste man, wie der Wissenschaftsjournalist Gerhard Mühlbauer erklärt, folgendermaßen vorgehen: ,,Man versuche, Cepheidensterne in der Galaxie auszumachen, bestimme ihre Perioden und messe zugleich ihre individuellen scheinbaren Helligkeiten. Dann rechne man jede Periode mittels Perioden-Leuchtkraft-Beziehung in eine absolute Helligkeit um. Aus der Differenz von absoluter und scheinbarer Helligkeit folgt dann die Entfernung." [7, S. 48]
Und genau diese Vorgehensweise machte sich der US-Astronom Edwin P. Hubble etwa 1923/24 bei seinen Beobachtungen des Andromeda-Nebels zunutze. Hubble gelang es bei seinen Beobachtungen des Andromeda-Nebels zunächst vereinzelte Sterne aufzulösen. Dabei entdeckte er auch einen veränderlichen Stern. Dieser ermöglichte ihm die Entfernung des Andromeda-Nebels zu bestimmen und festzustellen, dass der AndromedaNebel kein Teil unserer eigenen Galaxie sei, sondern vielmehr eine selbstständige Galaxie ([4, S. 238] sowie [8, S. 62]). Henrietta Leavitt erlebte diesen Meilenstein der astronomischen Forschung, der maßgeblich auf ihrer Entdeckung der Perioden-Leuchtkraft-Beziehung beruhte, nicht mehr. Am 12. Dezember 1921 erlag Leavitt (53-jährig) einem Krebsleiden.
Literaturhinweise [1] P. Aughton, 2009: ,,Die Geschichte
der Astronomie. Von Kopernikus bis Stephen Hawking", Hamburg, 138

[2] E.-P. Fischer, 2009: ,,Die kosmische Hintertreppe. Die Erforschung des Himmels von Aristoteles bis Stephen Hawking", München, 185
[3] J. Hermann, 2005: "dtv-Atlas Astronomie. Mit Sternatlas", 15. durchges. u. akt. Aufl., München, 161
[4] H. Lesch, J. Müller, 2001: ,,Kosmologie für Fußgänger. Eine Reise durch das Universum", 7. Aufl., München, 214
[5] S. Singh, 2007: ,,Big Bang. Der Ursprung des Kosmos und die Erfindung der modernen Naturwissenschaft", München/Wien, 216
[6] Harvard College Observatory, 1912: Circular 173, March 3, 1912 http:// www.physics.ucla.edu/~cwp/articles/leavitt/leavitt.note.html
[7] G. Mühlbauer, 2003: ,,Cepheiden Meilensteine im Universum", Sterne und Weltraum 42, 48
[8] O. Fritz, 2007: ,,Edwin P. Hubble - eine biografische Notiz", VdSJournal für Astronomie 24, 62
[9] Was ist was - ,,Henrietta Swan Leavitt". http://www.wasistwas.de/ wissenschaft/beruehmte-personen/ artikel /link/edd43b68dd/article/ henrietta-swan-leavitt.html
[10] Wikipedia, 2009: ,,Henrietta Swan Leavitt", http://de.wikipedia.org/ wiki/Henrietta_Swan_Leavitt
[11] Wikipedia, 2009: ,,Henrietta Swan Leavitt", http://en.wikipedia.org/ wiki/Henrietta_Swan_Leavitt
[12] Wikipedia, 2009: ,,PeriodenLeuchtkraft-Beziehung", http:// de.wikipedia.org/wiki/PeriodenLeuchtkraft-Beziehung
Vorschau
4. Ravensburger
Teleskoptreffen
- RATT -
September 2010 bei 88263 Horgenzell (Nähe 88214 Ravensburg)
Information: Carsten Przygoda
Finkenweg 25 88339 Bad Waldsee carsten@ratt-rv.de
www.ratt-rv.de

Jugendarbeit

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Astronomisches Sommerlager 2010 - Ein Ausblick
von Caroline Reinert

Die Tage werden wärmer und der Sommer rückt näher. Und mit ihm das ASL 2010. Mit einem neuen Organisationsteam geht es dieses Jahr in den schönen Thüringer Wald. Die Jugendherberge befindet sich mitten auf dem Simmersberg, am Rand des kleinen Ortes Schnett. Drum herum finden sich fast nur riesige Wiesen, die genug Platz für Spiel und Spaß, aber natürlich auch für Raketenstarts bieten werden. Die Beobachtungsbedingungen am Camport sind sehr gut: größere Städte sind weit entfernt, kleinere liegen im Tal versteckt und man hat eine fantastische Horizontsicht. Erfolgreichen Beobachtungsabenden sollte also nichts im Weg stehen.
Das AG-Programm bietet dieses Jahr viel Neues: Die Geologie-AG wird die Umgebung genauer erkunden, die AGs Teilchenphysik und Quantenmechanik tauchen in die kleinsten Dimensionen ein und die Archäo-Astronomie-AG will ein eigenes Stonehenge bauen. Aber natürlich wird es auch wieder die beliebten Klassiker unter den AGs geben: Kosmologie, Raumfahrt oder Deep Sky Beobachtung. Insgesamt werden 15 AGs aus dem ganzen astronomischen Spektrum (und darüber hinaus) angeboten. Auch die ersten Referenten haben schon zugesagt. So werden zum Beispiel Prof. Lotze aus

1 Der Camport 2010: die Jugendherberge in Schnett auf dem Simmersberg
(Aufn.: Sonja Burgemeister)

Jena, Prof. Liebscher aus Potsdam, sowie der Astrofotograf Bernd Pröschold während des Sommerlagers vorbei kommen, Vorträge halten und Workshops veranstalten. Außerdem wird es Seminare zur Relativitätstheorie, zu den Monden des Sonnensystems und zur Seismologie geben. Für fachliche Abwechslung ist also gesorgt. Und auch sonst werden Volleyballturniere, Tanzworkshops, Chor- und Orchesterproben, der Tagesausflug und nicht zuletzt die Teilnehmer selbst wieder für eine Menge Abwechslung sorgen.
In diesem Sinne hoffen wir auf einen erfolgreichen VEGA-Sommer. :)

2 Wunderbare Aussicht
auf die Gegend... (Aufn.: Sonja Burgemeister)
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Jugendarbeit

Die Zukunft der Erde
von den Teilnehmern der Erde-AG ASL 2009

1 Die Erde vom Mond aus ge-
sehen. Aber: Wird dieser Anblick in Zukunft derselbe sein? Was wird aus dem blauen Planeten? (Bild: NASA, Apollo 8)

,,Weit draußen in den unerforschten Einöden eines total aus der Mode gekommenen Ausläufers des westlichen Spiralarmes der Galaxis leuchtet unbeachtet eine kleine gelbe Sonne.", (aus ,,Per Anhalter durch die Galaxis", D. Adams). Um sie herum kreist in einer Entfernung von ungefähr 98 Millionen Meilen ein absolut unbedeutender, kleiner, blaugrüner Planet, dessen vom Affen abstammende Bioformen so erstaunlich primitiv sind, dass sie sich, obwohl ihr Planet so absolut unbedeutend ist, Gedanken über ihn machen. Sie fragen sich, woher er stammt und was aus ihm werden wird.
Diese und andere Gedanken machten sich auch sechs Individuen im Rahmen des so genannten ASLs (Astronomisches Sommerlager) Anfang August 2009 in Bischofsheim an der Rhön. Sie wollen mit ihren Antworten nicht dem absoluten Wahrheitsanspruch gerecht werden, sondern nur berichten, was sie in den fünf Tagen ihrer AG herausgefunden haben.
Woher stammt der Planet? Vor ca. 5 Mrd. Jahren fiel aus gravitationstechnischen Gründen eine gigantische Gas- und Staubwolke in sich zusammen und zündete in ihrem Zentrum einen neuen Stern, der später Sonne genannt werden sollte. Um diesen jungen Stern bildete sich eine Staubscheibe, in der mikroskopische Staubkörner miteinan-
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der kollidierten und zu immer größeren Brocken wuchsen. Weiter außen in dieser Scheibe sammelte sich Gas, aus dem im Laufe der Zeit vier riesige Kugeln wuchsen, diese wurden als Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun bezeichnet.
Weiter innen formierten sich ebenfalls vier Gewinner der Zusammenstöße: Merkur, Venus, Mars und die Erde. Diese sollte später noch mit einem 6.000 km großen Asteroiden zusammenstoßen, diese Kollision jedoch überstehen und fortan einen Begleiter haben, den Mond. Soweit zur Entstehung der Erde, doch:
Was wird aus dem Planeten? Wissenschaftlern sollte es 4,5 Mrd. Jahre nach den oben genannten Ereignissen gelingen, auf geologischer Basis Modelle zu entwickeln, die eine langfristige Entwicklung der Erde in der Zukunft vorhersagen.
Bei einem dieser Modelle sollte der Karbonat-Silikat-Kreislauf eine wichtige Rolle spielen. Er wirkt als natürlicher Regulator der Temperaturen auf der Erde. Denn wenn aufgrund des Treibhauseffekts die Temperaturen steigen und ein wärmeres und feuchteres Klima entsteht, steigert sich die Verwitterung von Silikaten durch das in Regenwasser gelöste Treibhausgas Kohlenstoffdioxid, welches dem Silikatgestein Kalzium entzieht und

als Kalziumhydrogenkarbonat ins Meer gelangt. Dort verwittert es weiter, und das CO2 aus der Atmosphäre gelangt über weitere Verwitterungsprozesse schließlich als Kalk auf den Meeresboden und verbleibt dort über lange Zeit im Sediment. Dieser verstärkte Abbau des Treibhausgases CO2 führt schließlich dazu, dass die Temperaturen wieder auf ein Normalmaß sinken.
Wenn jedoch die Sonne mit zunehmendem Alter immer größere Energiemengen abstrahlt, kommt dieser Karbonat-Silikat-Kreislauf zum Erliegen, da sich nicht mehr genügend CO2 in der Atmosphäre befindet, das abgebaut werden kann. Das wiederum führt zu verstärkter Hitze, da die Sonnenstrahlung die Erde zu stark aufheizt, als dass der fehlende Treibhauseffekt für Abkühlung sorgen könnte.
Dementsprechend müsste laut des erläuterten Modells in ca. 100 Mio. Jahren ein Sterben der Pflanzen einsetzen, da diese nicht mit dem fehlenden Kohlendioxid (keine Photosynthese) und den hohen Temperaturen umgehen können. Als Folge eines solchen Pflanzensterbens würde auch die Nahrungskette beeinträchtigt, so dass viele Tierarten ebenfalls aussterben. In spätestens 900 Mio. Jahren werden deshalb die letzten Pflanzen, die sich dem CO2-Mangel angepasst und den steigenden Temperaturen getrotzt haben, von der Erde verschwunden sein; die Nahrungskette bricht daraufhin endgültig zusammen und auch die letzten Tiere sterben aus. Einzeller dagegen können noch eine Zeit lang weiter existieren.
Nach einem anderen Modell des Astrophysikers Albert Unsöld erhitzt sich die Erdoberfläche in etwa 3,5 Milliarden so weit, dass kein flüssiges Wasser mehr existieren kann. Diese Wärme stammt von der Sonne, die zu der Zeit um etwa 40 % heller als heute scheinen wird. Der natürliche Treibhauseffekt verstärkt dies noch, ohne ihn wäre heute gar kein Leben möglich, da sonst die durchschnitt-

Kleine Planeten

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liche Jahrestemperatur -15 statt 18 Grad Celsius betrüge. Weitere Modelle besagen, dass in etwa 1,6 Milliarden Jahren die Landoberfläche zu einem ,,Lavameer" geworden ist. Nur vereinzelt, in den Tiefen der Ozeane, könnten noch komplexere Lebewesen existieren.
Fazit Insgesamt kann man also zusammenfassen: Für die entfernte Zukunft sieht es für die Erde alles andere als rosig aus.

Sämtliche höheren Lebensformen werden nach den gegebenen Modellen wohl in allerspätestens 2 Mrd. Jahren verschwunden sein, da die Erdtemperatur auf ein unerträgliches Maß ansteigen und sich die Atmosphäre deutlich verändert haben wird, einfache Einzeller könnten noch länger existieren. Aber spätestens in 6 Mrd. Jahren werden auch diese verschwinden, wenn die Sonne sich ihrem Ende nähert, sich zu einem roten Riesen aufbläht und die Erde verschluckt.

Sollte sie nicht in der Sonne verwinden, wird sie als kalter, nicht mehr so blaugrüner, absolut unbedeutender Gesteinsbrocken durch das All treiben.

Meine Sternwarte - Corner Observatory B50 in Durmersheim
- oder wie ich zur Astrometrie kam
von Jürgen Linder

1965 fand ich im Alter von 10 Jahren den Einstieg in die Astronomie. Anfangs lernte ich durch Erwachsene die Sternbilder kennen und bekam einige Zeit später ein einfaches Spektiv leihweise zur Verfügung gestellt. Mit diesem Teleskop folgte ich den hellen Planeten auf ihrem Jahreslauf. Irgendwann bekam ich dann ein eigenes Teleskop, einen 60-mm-Refraktor auf einer azimutalen Montierung. Mit diesem Instrument arbeitete ich viele Jahre und machte erste Versuche mit der Astrofotografie.
Anfangs wurden die Bilder mit der azimutalen Montierung, dann mit einem parallaktischen ,,Holzkeil" zur Modifikation der Montierung aufgenommen. Mein Interesse galt schon immer den Kometen und der Suche nach Kometen und Novae. Der Komet Kohoutek 1973f war damit mein erstes Kometenbild. Er war es auch, der mich nach einer Astropause wieder zum Beobachten brachte.
Im Jahr 1975 gelang mir die unabhängige Entdeckung der Nova Cygni 1975. Zu dieser Zeit gab es kein Internet und ich schickte meine Beobachtungen an den Sternenboten in Wien. Natürlich gab es viele Entdecker dieser Nova, aber ich war dabei.

1 Komet C/2008 Q1 Maticic (ca. 17,5 mag) am 27. August 2008 von 22:37:38
- 00:27:38 UT. Es wurden 86 Bilder mit je 25 s Belichtungszeit entsprechend der Eigenbewegung des Kometen aufaddiert. Das Aufnahmeinstrument war ein 0,2 m f/4,5 SCT mit SBIG ST5 CCD-Kamera, Feldgröße 12' x 9', Norden oben (senkrecht/ schräg nach links zu den Spuren) und Osten (rechts entlang den Spuren). Aufgenommen von Jürgen Linder auf B50 Durmersheim.

Immer wieder widmete ich mich visuell und fotografisch der Suche nach neuen Kometen. Leider ohne Erfolg. Asteroiden

beobachtete ich nur einige wenige visuell. Den Kleinplaneten Vesta, heute ein Zwergplanet, hielt ich auf Strichspur-
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Kleine Planeten

2 Die Asteroiden 2001 QK173 mit 18,6 mag (oben) und (43089) 1999 WP12
mit 17,7mag (unten) am 17. Juni 2009 von 05:25:26 - 05:40:46 UT. Es wurden 3 Bilder mit je 120 s Belichtungszeit entsprechend der Eigenbewegung des Asteroiden (43089) aufaddiert. Das Aufnahmeinstrument war ein 0,35 m f/3,8 Newton-Maksutov mit SBIG ST10 CCD-Kamera. Feldgröße 38,2' x 25,8', Norden oben und Osten rechts. Aufgenommen von Jürgen Linder auf H10 Mayhill, New Mexiko, TZEC MAUN.

aufnahmen fest, die im Abstand von 2 Tagen mit einem 50-mm-Normalobjektiv gewonnen wurden. Ich fand Kleinplaneten aber zu dieser Zeit eher langweilig.
Als wir 1999 in ein Reihenhaus ziehen konnten, war es endlich möglich, eine Garten- und Dachsternwarte in Angriff zu nehmen. Unterm Dach ließ ich mir ein Fenster einbauen, das man bis zu 2/3 zur Seite schieben kann. Dort steht seit dem Einzug ein altes C8 Power Star.
Da ich nun endlich einen Kometen entdecken wollte, begann ich Ende 2006 mit der Kometensuche über SOHO [1]. Übers Internet kann man hier nach bewegten Objekten in Sonnennähe suchen. Findet man ein bewegtes Objekt, dann meldet man dies online. Ich fand auch 13 neue SOHO-Kometen, jedoch war ich immer einige Minuten zu spät. In dieser Zeit bekam ich Kontakt zu Steve Farmer J. mit dem Stationscode H68 [2] in den USA, der im Gegensatz zu mir 13 SOHO-Kometen als Erster entdeckt hat. Mit ihm kam ich ins Gespräch wegen eines Stationscodes für die Astrometrie von Asteroiden und Kometen. Ein weiterer Zufall war, dass
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ich Gido Weselowski mit dem Stationscode B48 Bocholt nach langer Zeit wieder traf. Auch er hat Interesse am Suchen und wir kamen zu dem Entschluss, ein Forum für Entdecker oder die es werden wollen zu gründen. Als Name wurde SBSS gewählt. SBSS bedeutet: Small Budget Sky Survey! Die entsprechende Yahoo-Gruppe heißt nun SBSS-Comets. Nach langem Zögern ging ich dann an den Stationscode. Steve, Gido und Axel Martin mit dem Stationscode 628 Mülheim/Ruhr [3] unterstützten mich dabei und gaben mir Tipps.
Meine ersten Versuche im September 2007 verliefen zunächst nicht so günstig. Das Feld meiner SBIG ST5 war bei 1.200 mm Brennweite immer noch zu klein, so dass ich noch einen zweiten Telekompresser einbaute, um eine kürzere Brennweite zu bekommen. Mit dieser Maßnahme erreichte ich nun 914 mm Brennweite und ein Feld von 12' x 9'. Das MPC verlangt für den Stationscode vom Beantragenden die Positionsbeobachtung von zwei Asteroiden im Bereich der Nummern 400 bis 40000 verteilt über zwei Nächte. Dabei kann die zweite Nacht auch einige

Tage später sein, da es ja keine Gewähr gibt, dass die folgende Nacht auch klar ist. Bei mir gab es wieder das Problem, dass das Programm Astrometrica, welches unbedingt zu empfehlen ist, in dem kleinen Feld abseits der Milchstraße nicht genug Referenzsterne finden konnte.
Ich suchte mir also zwei Asteroiden in der Nähe der Milchstraße aus, um das Problem umgehen zu können. Mit den Asteroiden (405) Thia und (702) Alauda gelangen mir vom 14. bis 16. Oktober 2007 ausreichend Positionen für das erste Telegramm an das Minor Planet Center, kurz MPC [4]. Was man dafür alles wissen muss, findet man im Internet, z. B. unter ,,www.kleinplanetenseite.de". Auf der Kleinplanetenseite gibt es auch eine deutsche Beschreibung sowie Links zum MPC, wo eine ausführliche Beschreibung in Englisch vorliegt. Es sind trotzdem einige Kleinigkeiten zu beachten, welche man zum Beispiel auch über das YahooForum der Kleinplanetengruppe in Erfahrung bringen kann. Übrigens, auch wer nur Kometenpositionen machen will, muss die zwei Asteroiden für den Stationscode vermessen! Nach ca. 1 Woche, wobei es auch mal länger dauern kann, bekam ich endlich die Nachricht vom MPC.
Mir wurde der Stationscode B50 zugeteilt. Der Name Corner Observatory Durmersheim, meine Straße heißt ,,Im Eck", wurde ebenfalls akzeptiert. Meine nächsten Positionsbeobachtungen waren vom Kometen 17 P/Holmes, der gerade Showtime hatte. Das war es dann für 2007. Im Jahre 2008 versuchte ich mich auch an NEOs und schwachen Kometen. Eigentlich sollte auch das C11 zum Einsatz kommen, jedoch wird dies wohl erst 2010 soweit sein.
Anfang 2009 konnte ich günstig eine SBIG ST6 von Rolf Apitzsch mit dem Stationscode 198 in Wildberg [5] erstehen. Mit dieser CCD habe ich nun eine Brennweite von 1.917 mm und ein 15' x 12' Feld. Versuche mit geringerer Brennweite scheiterten, da die Genauigkeit zu schlecht war. Auf der Kleinplanetentagung 2008 in Heppenheim hörte ich von der Stiftung ,,TZEC MAUN" [6] in den USA, die ihre Teleskope auch für interessierte Amateure mit einem Beobachtungsprogramm öffnet. Mit Stefan Beck

Kleine Planeten

95

sprach ich über die Idee, für SBSS einen Antrag zu stellen, um die Beobachtungsmöglichkeiten erweitern zu können. Wir nahmen auch Steve Farmer J. dazu, der ebenfalls begeistert zustimmte. Da Steve eindeutig näher am Englisch ist als wir, war uns sofort klar, dass Steve der Teamleiter sein musste. Stefan, Steve und ich sprachen einige der Aktiven unter SBSS, Kometen und Kleinplanetengruppe an, die mit ihrem Programm mitmachen würden. Im Mai 2009 bekamen wir den Zugang. Im Juni testete ich ein Feld mit Asteroiden mit dem 35 Newton-Maksutov und CCD am TZECH in Neu Mexico (H10) und vermaß einige Asteroiden. Am 17. Juni konnte ich noch einmal ei-

nige dieser Asteroiden aufnehmen. Auf beiden Feldern war der Asteroid 2001 QK173. Nach der Auswertung schickte ich die Positionen ans MPC. Steve wies mich darauf hin, dass mir mit der Beobachtung dieses Asteroiden eine Wiederentdeckung gelungen war. Bis heute (Stand 27.1.2010) sind dies die einzigen Positionen für 2001 QK173 im Jahr 2009 geblieben.
Vielleicht gibt es ja auch mal eine CCD mit großem Chip günstig für meine Sternwarte, um etwas mehr Suchfeld zu bekommen. Das Ziel, einen neuen Kometen oder Asteroiden zu entdecken, ist mir leider noch immer nicht gelungen. Ich

werde es aber mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln weiter versuchen.
Weblinks: [1] SOHO Homepage: http://sohowww.
nascom.nasa.gov/ [2] Homepage: http://www. cometary.
net/ [3] TSO-Homepage: http://markt.bph.
rub.de/~axelm/tso/tso.htm [4] MPC: http://www.cfa.harvard.edu/
iau/mpc.html [5] Wildberg: http://www.astro-
wildberg.de/ [6] Tzec Maun Foundation: http://www.
tzecmaun.org/

2010 AL30 - Stippvisite bei der Erde
von Gerhard Lehmann

Der am 10. Januar 2010 vom ,,704 Lincoln Laboratory ETS in New Mexico", kurz LINEAR, entdeckte nur ca. 10 bis 15 m große Asteroid 2010 AL30 näherte sich am 13. Januar der Erde bis auf 0,0008624 AE [1]. Damit kam er der Erde weniger als 130.000 km nah, womit er die Entfernung bis zum Erdmond deutlich unterbot. Es blieben nur wenige Stunden für

die Beobachtung seiner Stippvisite bei der Erde.
Das Objekt 2010 AL30 gehört zu den erdnahen Asteroiden (engl. Near Earth Asteroid, kurz NEA). Hier wird zwischen den Amor-, Aten- und Apollo-Typen unterschieden. Der Prototyp der Apollos ist (1862) Apollo, welcher 1932 von

Karl Reinmuth (1892-1979) von Heidelberg aus entdeckt wurde. Genau zu dieser Gruppe von Asteroiden gehört 2010 AL30.
Die Apollos haben große Bahnhalbachsen von mehr als 1,0167 AE, aber Perihelentfernungen von weniger als 1,017 AE. Damit kreuzen sie die Umlaufbahn

1 Kleinplanet 2010 AL30 am 12. Januar 2010 von 21:16:50
- 21:27:44 UT. Es wurden 13 Bilder mit je 5 s Belichtungszeit aufaddiert (11 Positionen markiert). Das Aufnahmeinstrument war ein 0,5 m f/6,7 CDK mit SBIG STL-1001 CCD-Kamera. Bildausschnitt 16' x 12', Norden oben und Osten links. Aufgenommen von Gerhard Lehmann auf 113 Sternwarte Drebach.

2 Kleinplanet 2010 AL30 am 12. Januar 2010 von
22:28:12 UT (1) bis 22:33:44 UT (5). Es wurden 5 Bilder mit je 3 s Belichtungszeit aufaddiert. Das Aufnahmeinstrument war ein 0,5 m f/3 Deltagraph mit SBIG STX-16803 CCD-Kamera. Bildausschnitt 11' x 13', Norden oben und Osten links. Aufgenommen von Marcel Klein auf B86 Sternwarte Hagen.

VdS-Journal Nr. 34

96

Kleine Planeten

3 Kleinplanet 2010 AL30 am 12.
Januar 2010 um 23:06:46 UT (Mitte der Belichtung). Die Belichtungszeit der Einzelaufnahme betrug 90 s. Das Aufnahmeinstrument war ein 0,5 m f/3 Deltagraph mit SBIG STX-16803 CCD-Kamera. Bildausschnitt 15' x 19', Norden oben und Osten links. Aufgenommen von Marcel Klein auf B86 Sternwarte Hagen.
der Erde um die Sonne. Einige Objekte können im Perihel, also in Sonnennähe, sogar die Umlaufbahn der Venus schneiden. Genau zu diesen gehört 2010 AL30. Auf den Seiten des Jet Propulsion Laboratory kann die Bewegung dieses Asteroiden [2] verfolgt werden.
Am 10. Januar 2010 erschien dieser Apollo, noch unter der vorläufigen Bezeichnung BS13889, auf der NEO Confirmation Page [3]. Nachdem die Entdeckung durch ,,G96 Mt. Lemmon Survey" in den USA und von ,,E16 Grove Creek Observatory" in Australien bestätigt wurde, erschien ein MPEC [4] mit der offiziellen Namensgebung 2010 AL30.
Danach wurde 2010 AL30 auch ein Thema für die öffentlichen Medien. Wichtiger noch war aber eine weltweite Beobachtung, um seine Bahn zu verbessern. Aus der Fachgruppe Kleine Planeten gelangen an drei Sternwarten erfolgreiche Beobachtungen. In den Abendstunden des 12. Januar 2010 wurde er in Wolkenlücken und unter nur sehr mäßigen Bedingungen mit dem 0,5 m f/6,7 Planewave CDK an der ,,113 Volkssternwarte Drebach" beobachtet. Danach konnte er von Marcel Klein mit dem 0,5 m f/3
VdS-Journal Nr. 34

4 Kleinplanet 2010 AL30 am 13. Januar 2010 von 01:53:40 - 01:56:37 UT. Es
wurden 20 Bilder mit je 2 s Belichtungszeit entsprechend der Eigenbewegung des Kleinplaneten aufaddiert. Das Aufnahmeinstrument war ein 0,3 m f/5,65 SCT mit SBIG ST10-XME CCD-Kamera. Feldgröße 27' x 19', Norden oben und Osten links. Aufgenommen von Bernd Häusler auf B82 Maidbronn.

Deltagraphen an der ,,B86 Sternwarte Hagen" nachgewiesen werden. In den Morgenstunden des 13. Januar 2010 gelang es dann Bernd Häusler mit einem 0,3 m f/5,65 Schmidt-Cassegrain auf

,,B82 Maidbronn" ihn erfolgreich zu beobachten.
Immer wieder ein Problem bei sehr erdnahen Asteroiden ist die hohe scheinbare

5 Kleinplanet 2010 AL30 am 13. Januar 2010 von 01:50:41 - 02:03:33 UT. Es
wurden 84 Bilder mit je 2 s Belichtungszeit aufaddiert. Das Aufnahmeinstrument war ein 0,3 m f/5,65 SCT mit SBIG ST10-XME CCD-Kamera. Feldgröße 27' x 19', Norden oben und Osten links. Aufgenommen von Bernd Häusler auf B82 Maidbronn.

Kleine Planeten

97

Bewegung am Sternenhimmel. Für eine erfolgreiche Astrometrie ist eine punktförmige Abbildung unerlässlich. Im angegebenen Beobachtungszeitraum hatte 2010 AL30 eine scheinbare Bewegung von ca. 50'' / min in den Abendstunden und von ca. 100'' / min in den Morgenstunden. Deshalb waren auch nur Belichtungszeiten im Sekundenbereich möglich. Leider teilt 2010 AL30 das Schicksal vieler erdnaher Kleinplaneten. Schaut man sich die beobachteten Bahnbögen [1] an,

so erkennt man, dass sie oft nur wenige Tage verfolgt werden. Im Fall von 2010 AL30 waren es gerade einmal 3 Tage, dann entzog er sich durch Sonnennähe und schnell abnehmender scheinbarer Helligkeit erfolgreich der Beobachtung. Nur durch automatisch arbeitende leistungsstarke Teleskope wird er der Beobachtung wieder zugänglich werden.

Weblinks: [1] Liste erdnaher Asteroiden: http://
www.cfa.harvard.edu/iau/lists/ CloseApp.html [2] Umlaufbahn von 2010 AL30: http://ssd.jpl.nasa.gov/sbdb. cgi?sstr=K10A30L;orb=1 [3] NEO Confirmation Page: http://cfawww.harvard.edu/iau/NEO/ToConfirm.html [4] MPEC 2010 - A59: http://www.cfa. harvard.edu/mpec/K10/K10A57.html

Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries

Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiter bewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.
NGC 474 und NGC 470 bilden ein Galaxienpaar, das nicht nur aus unserer Perspektive zufällig nah beieinander steht. Sie bilden auch ein physikalisch zusammenhängendes Paar mit entsprechender Wechselwirkung. Ihre Entfernungen zu uns liegen bei 90 Millionen Lichtjahren. Am 23.9.2009 bekam dieses Galaxienpaar ,,Besuch" von dem kleinen Asteroiden (3435) Boury, ein nur wenige Kilometer großer Brocken, der unsere Sonne im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter umkreist. Zum Aufnahmezeitpunkt war er nur gut 1,36 AE von der Erde entfernt, wodurch er trotz seiner geringen Größe eine Helligkeit von immerhin 16 Größenklassen erreichte. Nähere Informationen sind auf der Homepage [1] des Astrofotografen und Mitautors Klaus Hohmann zu finden. Solche kosmischen Begegnungen erinnern immer wieder an die enormen Größenskalen im Weltraum. So ist das gezeigte Galaxienpaar 4.184.981.470.588 Mal so weit entfernt wie der kleine Asteroid.

1 Der Kleinplanet (3435) Boury am 23. September 2009 um 00:55 UT bei NGC
474, aufgenommen mit einem 10-Zoll-SCT bei f/3,7 und einer ATiK 16IC-HS CCDKamera von Klaus Hohmann.

Kosmische Begegnungen finden täglich statt. Die nachfolgende Tabelle enthält eine kleine Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten, die von uns erstellt wurde. Damit soll Ihnen Ihr Weg zum persönlichen Bild einer kosmischen Begegnung erleichtert werden.

Eine einfache und bequeme Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren, finden sie auf der Homepage von Co-Autor Klaus Hohmann [2] http://astrofotografie. hohmann-edv.de/aufnahmen/kosmische. begegnungen.php. Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische
VdS-Journal Nr. 34

98 Kometen

Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit, verschiedene Parameter wie Helligkeit des Deep-SkyObjektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selber auszuwählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden.
Wir möchten Sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS auffordern, Ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals für Astronomie mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die Bilder per E-Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an diriesw@aon.at. Bitte vergessen Sie nicht das Aufnahme-

datum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.
Weblinks: [1] Homepage: http://astrofotografie.
hohmann-edv.de/aufnahmen/ NGC474.php [2] Homepage: http://astrofotografie. hohmann-edv.de/grundlagen/

Benennung von (3435) Boury
(3435) Boury = 1981 XC2 Discovered 1981 Dezember 2 by F. Dossin at St. Michel. Named in memory of Arsene Boury (1934-1982), fellow-student, colleague and friend of the discoverer. He was a theoretical astrophysicist known for his work on stellar evolution and stability, mainly concerning massive and population III stars. The discovery of this minor planet was announced around the date of his untimely death.

Einige ,,Kosmische Begegnungen" in den nächsten Monaten

Datum

Uhrzeit Kleinplanet

scheinb.Hell./mag Objekt

Art

04.07.2010 16.07.2010 04.08.2010 09.08.2010 06.09.2010 09.09.2010

24:00 01:00 01:00 02:00 02:00 01:00

(5250) Jas

16,1

(17194) 1999 XA221 15,7

(2957) Tatsuo

14,2

(6110) Kazak

15,3

(7192) Cieletespace

16,2

(233) Asterope

11,5

NGC 6517

GC

NGC 6926/29 Gx

M 2

GC

NGC 7009

PN

NGC 138/141 Gx

NGC 63

Gx

Abkürzungen: Gx=Galaxie, GC=Galaktischer Kugelsternhaufen, PN=Planetarischer Nebel

mag
10,2 13,2/14,5 6,5 8,3 14,1/15,2 12,7

Abstand
3´ 6´ 9´ 7´ 4´ 4´

Die Erscheinung des Kometen 22P/Kopff im Jahr 2009
von Uwe Pilz

Der Komet 22P wurde am 23. August 1906 von August Kopff in Heidelberg fotografisch entdeckt. Der Astronom schätzte die Helligkeit seinerzeit zu etwa 11 mag. Mitte September 1906 wurde klar, dass es sich um einen kurzperiodischen Kometen handelt. Die Umlaufzeit beträgt etwa 6 1/2 Jahre. Der Komet gehört zur Jupiterfamilie; so bezeichnet man Schweifsterne, deren Bahn durch den Gasriesen so gestört wurde, dass ihr Aphel in etwa mit der Jupiterbahn zusammenfällt. Die nachfolgende Erscheinung im Jahr 1912/13 konnte wegen der ungünstigen Bahnlage nicht beobachtet werden. Ab 1919 wurde jedoch jede Wie-
VdS-Journal Nr. 34

1 22P/Kopff
am 20. April 2009. Instrument 8 Zoll Öffnung, f/8, 180 Sekunden belichtet auf CCDV. Aufnahme Stefan Karge.

Kometen 99

mag. Schon einen Monat früher konnte Michael Jäger jedoch fotografisch einen deutlichen Schweif nachweisen. Am 27. Juli fotografierte er den Kometen mit seinem 8-Zoll-Astrographen. Sehr bemerkenswert ist die asymmetrische Koma Abb. 2)!

Am 16. August belichtete Stefan Beck

den Kometen mit einem 106-mm-Fluo-

rit-Apochromaten auf eine CCD-Kamera.

Das Objekt befand sich im Sternfeld des

Wassermann und zeigte einen Schweif

von etwa 40' Länge (Abb. 3). Die letz-

te Beobachtung ging für den 19. Okto-

ber 2009 von Walter Kutschera ein. Er

sah in seinem 54-cm-Newton ein mäßig

kondensiertes Objekt von 13,1 mag Hel-

ligkeit. Der Komet stand zu diesem Zeit-

2 22P/Kopff am 27. Juli 2009 um 00:35 UT. Instrument 8-Zoll-Astrograph, 2 x punkt immer noch im Wassermann.

300 Sekunden belichtet auf SXV-H9-CCD. Aufnahme Michael Jäger.

Die nächste Erscheinung im Herbst 2015

wird weniger günstig sein. Der Komet be-

wegt sich von September bis November

derkehr verfolgt; insgesamt 14 Mal. Die Helligkeit. Auch die nachfolgenden vi- unterhalb des Himmelsäquators durch

Perihel-Helligkeit lag typisch bei 11 mag. suellen Beobachtungen ergaben ähnliche die Sternbilder Wassermann, Waage und

Zwischen den Erscheinungen 1939 und Resultate. Ein eher gering kondensier- Skorpion.

1945 begegnete der Komet dem Jupiter, ter Nebelfleck ohne Schweif. Die größte

dessen Bahn er regelmäßig kreuzt. Da- Helligkeit bestimmte ich am 23. August

durch verringerten sich sowohl die Um- in einem 12-cm-Kometensucher zu 10,1

laufzeit als auch der Perihelabstand, die

Maximalhelligkeit stieg während dieser Erscheinung auf 8,5 mag.

3 22P/Kopff am 16. August 2009. Instrument 106-mm-Refraktor, 3 x 300

Sekunden belichtet auf SBIG STL-11000-CCD. Aufnahme Stefan Beck.

Die Fachgruppe Kometen der VdS beob-

achtete die 1996er Erscheinung und die-

jenige von 2009. Das Perihel 2002/3 war

von der Nordhalbkugel schwer zu beob-

achten: Zunächst war der Schweifstern

mit 15 mag recht schwach, danach die

Bahnlage ungünstig. Von unserer Fach-

gruppe liegen deshalb keine Ergebnisse

zu dieser Erscheinung vor. Heute, mit

den elektronischen Mitteln, wäre diese

gewiss anders!

Die erste Amateurbeobachtung zum jüngsten Perihel fand ich auf den 31. Januar 2009 datiert. Alan Hale sah den 13,5 mag schwachen Schweifstern in einem 16-Zoll-Reflektor. Die erste Beobachtung unserer Fachgruppe war eine fotografische. Stefan Karge konnte den Kometen mit 8 Zoll Öffnung und einer CCD-Kamera aufnehmen (Abb. 1). Die erste visuelle Beobachtung sandte Gerhard Scheerle für den 23. Mai ein. Er sah in einem 40-cm-SCT ein 3' großes, sehr diffuses Objekt von etwa 10,6 mag

VdS-Journal Nr. 34

100 Kometen

Das Treffen der Fachgruppe Kometen am ersten Adventswochenende 2009
von Uwe Pilz

Die Fachgruppe Kometen traf sich vom 19. bis 21. November 2009 in der Jugendherberge Bad Hersfeld. Dieser Ort wurde wegen seiner zentralen Lage gewählt niemand von uns hatte überlange Anreisezeiten zu verkraften. Viele der insgesamt 24 Teilnehmer reisten Freitagabend an. Dieser verging mit gemütlichem Beisammensein und interessanten Gesprächen. Die Jugendherberge bietet hierfür angemessene Aufenthaltsmöglichkeiten. Insgesamt waren wir alle vom Ambiente und der Ausstattung des Hauses angetan. Zwar wurden wir jugendherbergsmäßig in Mehrbettzimmern untergebracht, aber jedes dieser Zimmer verfügte über eine Dusche und davon getrennte Toilette. Auch das Essen war gut und reichlich. Wir haben uns dort sehr wohl gefühlt.

1 Gruppenbild der Teilnehmer
am Treffen der FG-Kometen in Bad Hersfeld.
dunkeln. Mit Hilfe von Klebeband und einigen alten Kartons bastelten wir eine provisorische Verdunkelung. Als Astronom ist man das Improvisieren gewöhnt. Als Einstieg gab ich einen Überblick über die Arbeit der Fachgruppe im Jahr 2009. Diesen möchte ich hier kurz zusammenfassen:
Der Fachgruppe gehören derzeit 74 Mitglieder an. Die Fachgruppe Kometen arbeitet auf den Gebieten visuelle und CCD-Fotometrie, Kometenfotografie, Astrometrie und Auswertungen von Kometenerscheinungen. Von Januar bis Oktober 2009 wurden 537 visuelle und 218 CCD-Beobachtungen gesammelt. Alle Beobachtungsergebnisse werden an das internationale Auswertezentrum ,,International Comet Quarterly" eingesandt. In den ersten 10 Monaten des Jahres fertigten die Mitglieder fast 1.000 Kometenfotos an, welche archiviert wurden und über die Webseite der Fachgruppe abrufbar sind. Die Kometenerscheinun-

gen wurden zudem in 20 Zeichnungen dargestellt. Besonders herausragend ist die Fachgruppenpublikation ,,Der Schweifstern" von Andreas Kammerer. Diese Zeitschrift ist längst über ein Mitteilungsblatt hinausgewachsen. Als eine von nur zwei Zeitschriften weltweit informiert sie über alle aktuellen Kometen. Interessenten können ein Abonnement über die Fachgruppe erwerben, näheres ist auf unseren Webseiten zu finden. Eine andere wichtige Publikationsreihe sind unsere Beiträge für das VdS-Journal für Astronomie. Hier berichten wir regelmäßig über bedeutende Kometen der jüngsten Vergangenheit. Die Fachgruppe Kometen unterhält eine Webseite, auf der umfassend über Kometen informiert wird. Diese Webseite ist zweisprachig geführt (deutsch und englisch) und wird von Sternfreunden auf der ganzen Welt genutzt. Neben Beobachtungshinweisen für aktuelle Kometen findet man hier das Archiv unserer Beobachtungen, Fotos und Aufsätze. Wer sich selbst ein Bild machen möchte, verbindet sich mit kometen.fg-vds.de.
Der Komet 19P/Borelly wurde von der Raumsonde Deep Space 1 im Jahr 2001 vermessen. Dabei wurde eine unregelmä-

Am Samstagmorgen nach dem Frühstück startete das Vortragsprogramm. Zunächst hatten wir mit einer nicht erwarteten Schwierigkeit zu kämpfen - der Versammlungsraum ließ sich nicht ver-
VdS-Journal Nr. 34

2 Komet 19P/Borrely am 20. März 2009 um 02:34 UT. 12-Zoll-SC-Teleskop und
ST10XME-CCD, 75 Minuten Belichtungszeit. Aufnahme Bernhard Häusler.

Kometen 101

ßige Form, gleich zweier aneinander gebackener Kartoffeln entdeckt. Bernhard Häusler beobachtete im Frühjahr 2009 den Schweif des Kometen und brachte in seinem Vortrag die morphologischen Besonderheiten des Schweifs mit der Form des Kometen in Übereinklang. Im nächsten Vortrag informierte Jürgen Linder über eine Himmelsüberwachung mit bescheidenen Mitteln, dem Small Budget Sky Survey. Dieses Vorhaben hat sich das Ziel gesetzt, die Suche nach neuen Himmelskörpern zu koordinieren. Es wurde einiges erreicht: Als Kommunikationsmedium dient seit 2007 die Mailing-Liste SBSS-comets unter yahoo. Außerdem konnte Beobachtungszeit an zwei Observatorien der Südhemisphäre erwirkt werden.
Das Aufspüren eines neuen Kometen war seit jeher mit einem gewissen Ruhm für den Entdecker verbunden. Maik Meyer berichtete in seinem Vortrag über die verschiedenen Preise, welche an Kometenentdecker und -beobachter vergeben wurden und werden. Derzeit wird jährlich der Edgar Wilson Award verliehen. Als Abschluss vor der Mittagspause zeigte uns Bernhard Häusler eine Schau über die von ihm aufgenommenen Kometenbilder. Bernhard arbeitet mit einer ST10XME-Kamera, meist an einem 12-Zoll-SC-Teleskop.
Der Nachmittag begann mit einem theoretischen Vortrag von Uwe Pilz. Ist es möglich, aus den Helligkeitsmessungen Aussagen über die Gasentwicklung und die chemische Zusammensetzung des verdampften Materials zu treffen? Es scheint aussichtsreich, dies zu verfolgen und an geeigneten Schweifsternen zu erproben.
Bernhard Häusler stellte anschließend vor, wie man mit den Programmen Astrometrica und Focas die Astrometrie und CCD-Fotometrie der Kometen ausführt. Ich war sehr überrascht, wie weit diese Hilfsmittel gediehen sind und welch großer Komfort den auf diesen Gebieten Wirkenden zur Verfügung steht. Stefan Beck rief anschließend dazu auf, die As-

3 Komet 17P/Holmes am 28. November 2007 um 18.30 UT. 8-Zoll-Astrograph
und SIGMA-6303-CCD. Aufnahme Michael Jäger.

trometrie und Fotometrie innerhalb der Fachgruppe zu koordinieren und die Methoden zu vereinheitlichen. Insgesamt ist

dies ein wesentlicher Aspekt eines solchen Treffens. Wir sehen uns, lernen uns kennen und schmieden gemeinsame Pläne.

4 220 mm / 3.000 mm Newton-
Teleskop, gebaut von William Herschel und seit 1786 in Göttingen

VdS-Journal Nr. 34

102

Veränderliche

Nach diesen anstrengenden Referaten hatte wir uns alle ein wenig Erholung verdient. So fiel es uns leicht, gemeinsam mit Michael Jäger in dessen Kometenbildern zu schwelgen. Michaels Fotos sind von herausragender Güte, dies wurde auch hier im VdS-Journal für Astronomie einige Male belegt.
Die Ergebnisse der visuellen und der CCD-Fotometrie sind bislang nicht vergleichbar. Weder sind die Resultate identisch, noch lassen sie sich ineinander umrechnen. In meinem Diskussionsbeitrag schlug ich ein Fachgruppenprojekt vor, welches sich dieses Themas annehmen soll. Dafür sind sicherlich Parallelbeobachtungen über viele Jahre nötig. Werner Hasubick illustrierte spontan an einem Beispiel aus seinem Vortrag, dass die Kombination beider Verfahren zumindest im Einzelfall gelingen kann. Schließlich entschieden wir, dass wir das Vorhaben angehen werden. Ich werde die Koordination übernehmen. Ich bitte alle,

die sich beteiligen wollen, mit mir Verbindung aufzunehmen. Mehr Material dazu findet sich auf der Webseite der Fachgruppe. Der Abend klang wieder mit einem Zusammensein aus; Gesprächsstoff gab es nach den Vorträgen genug. Am Sonntag nach dem Frühstück stellte uns Werner Hasubick seinen astronomischen Werdegang vor, mit besonderer Würdigung der Kometenastrometrie.
Mich beeindruckte, dass mit den elektronischen Hilfsmitteln viele der periodischen Kometen während des gesamten Umlaufs erfasst werden können. Ein besonders Erlebnis für Werner war es, während einer Beobachtungsnacht den Fall des Neuschwanstein-Meteoriten mitzuerleben! Die alte Sternwarte Göttingen dient heute als Museum. Heinz Kerner wies auf ein dort vorhandenes Spiegelteleskop hin, welches von William Herschel gebaut wurde und sich heute, nach über 220 Jahren, noch in einem guten Zustand befindet. Mit diesem Fernrohr wurden

Anfang des 19. Jahrhunderts durch Karl Ludwig Harding in Göttingen mehrere Kometen entdeckt. Anschließend berichtete Maik Meyer über Kometen-Kupferstiche des 17. Jahrhunderts, die seinerzeit als Illustration des Geschichtswerkes ,,Theatrum Europaeum" dienten. Maik versuchte im Vergleich mit historischen Aufzeichnungen und Nachrechnungen zu ermitteln, was von den Darstellungen Realität und was Fiktion ist.
Unser Vortragsprogramm endete mit Urlaubsbildern aus China, welche Bernhard Häusler zeigte. Sie gaben uns einen Einblick in diese für uns fremdartige Kultur. Unser Treff hat bei allen Teilnehmern eine gute Resonanz erfahren. Aus diesem Grund haben wir beschlossen, uns regelmäßig zu versammeln. Der nächste Treff wird wieder in der Jugendherberge Bad Hersfeld stattfinden, und zwar vom 19. bis 21. November 2010. Alle Interessenten sind herzlich eingeladen.

Die 6. Veränderlichen-Beobachtungswoche der BAV an der VdS-Sternwarte in Kirchheim
von Gerd-Uwe Flechsig

Prolog Wegen der Super-Beobachtungsmöglichkeiten und dem auch sonst sehr netten Umfeld reisten Eyck Rudolph und ich (wie schon in den vergangenen beiden Jahren) deutlich früher an. Wir brachten beide neue Teleskope mit, um sie in Kirchheim ausführlich zu testen. Da ich mich schon seit längerem mit dem Gedanken befasste, eine leichte parallaktische GoTo-Montierung anzuschaffen, bestellte ich nach Beratung mit Eyck bei Teleskop-Service.de eine Celestron CAM Montierung und bekam sie auch binnen 48 h direkt in die Sternwarte geliefert. Mein schweres 8 Zoll LX200GPS hat daheim auf der Balkonsternwarte einen festen Platz gefunden und wurde daher diesmal nicht mitgenommen. Schon vor Beginn der offiziellen BAV-Woche gab es
VdS-Journal Nr. 34

einige schöne Beobachtungsnächte. Die neue Montierung konnte noch am selben Abend getestet werden.
Die Beobachtungswoche Vom 22. bis 30. August 2009 fand dann die offizielle 6. Veränderlichen-Beobachtungswoche der BAV an der VdS-Sternwarte in Kirchheim statt. Wie immer waren sowohl theoretische als praktische Einführungsveranstaltungen für neue/ unerfahrene Beobachter geplant. Daneben bestand auch für geübte Interessenten mit ansonsten zeitlich bzw. instrumentell beschränkten Beobachtungsmöglichkeiten die Gelegenheit für vertiefte Arbeiten an Veränderlichen. Bedingt durch das hervorragende Wetter standen diesmal praktische Beobachtungen und Auswertungen im Vordergrund.

1 vlnr: Eyck Rudolph, Rolf Stahr,
Gerd-Uwe Flechsig
Am Samstag, dem 22.8. trafen sich am späteren Nachmittag mit Gerd-Uwe Flechsig, Eyck Rudolph, und Rolf Stahr drei erfahrene Beobachter und ,,Wiederholungstäter" auf der Sternwarte. Als Unterkünfte dienten wie üblich die Gästezimmer auf der Sternwarte und ein

Veränderliche 103

Wohnmobil. Nach dem Abendessen wurde kurz über die Wünsche der Teilnehmer gesprochen. Dann wurde auch schon die erste Beobachtungsnacht vorbereitet. Zwei Teilnehmer (Eyck und ich) waren im Umgang mit CCD-Kameras bereits geübt. Rolf konzentrierte sich auf die visuelle Schätzung. Sobald jeweils meine CCDKamera lief und ihre Serienbelichtungen machte, schloss ich mich ihm an.
Insgesamt gab es 5 brauchbare Nächte, so dass am Ende jeder mit mehreren Ergebnissen nach Hause ging.
Am Sonntagvormittag konnten wir zudem noch Sonnenbeobachtungen durchführen (die Kirchheimer Volkssternwarte macht Sonntagvormittags öffentliche Sonnenführungen). Es war zwar kein einziger Sonnenfleck zu sehen, dafür boten die zahlreichen großen Protuberanzen im H-Licht einen sehr schönen Anblick.
Bedingt durch die häufigen Beobachtungen fielen sehr viele Daten an, die es tagsüber auszuwerten galt. Ziel dabei waren Lichtkurvenblätter, die am Ende der Woche bei der BAV eingereicht werden sollten. Die sonst angebotenen Einsteigerkurse zur allgemeinen Veränderlichenbeobachtung machten daher einem emsigen Seminarbetrieb zum Thema Auswertung Platz. Während die visuellen Beobachtungen nach alter Väter Sitte schön mit Millimeterpapier und Kurvenlineal ausgewertet wurden, kam für die CCD-Messungen erstmals Peranso bei uns in großem Umfang zum Einsatz. Bei günstigem Preis als Shareware bietet das Programm sehr bequeme Möglichkeiten, um nicht nur Lichtkurven darzustellen, sondern sie nach etlichen verschiedenen Verfahren zu verarbeiten und die gewünschten Extreme präzise mit Fehlerintervall zu ermitteln.
Eyck und ich setzten unsere kleinen CCD-Kameras von SBIG (ST-402) und Fischer Elektronik (SIGMA402) ein. Als neues Instrumentarium verwendeten wir kurzbrennweitige 4-Zoll-Refraktoren auf parallaktischen GoTo-Montierungen. Diese Konstellation erwies sich als sehr leistungsfähig und dennoch komfortabel handhabbar bei sehr günstigem Preis. Am späten Nachmittag oder frühem Abend erfolgte jeweils die Beobachtungsplanung mit den folgenden Rahmenbedingungen

2 Lichtkurve von CY Aqr, Beobachter Eyck Rudolph

3 Lichtkurve
von S Equ, Beobachter Rolf Stahr

- Beobachtung bis maximal 3 Uhr - 5-Zoll-Takahashi-Refraktor (visuell) - Mein 102mm/500mm FH-Refraktor
auf Celestron Advanced GT (CAM) mit SIGMA402 Kamera - Eycks 102mm/660mm FH-Refraktor auf Meade LXD 75 mit SBIG-402 - Bedeckungsveränderliche der BAVProgramme Standard und 2000 - RR-Lyrae-Sterne der BAV-Programme RR und 90
Mittels BAV-Circular suchten wir alle in Frage kommenden Veränderlichen heraus und entschieden in einem zweiten Schritt an Hand von Helligkeit, Amplitude und Lage am Himmel, welche Veränderliche wir mit welchem Instrument beobachten wollten. Eyck entwickelte dabei eine be-

sondere Vorliebe für Delta-Scuti-Sterne, weil diese mehrere Maxima pro Nacht zeigen.
Glücklicherweise war der 5-Zoll-Takahashi-Refraktor in der Rolldachhütte mit PC und digitalen Teilkreisen ausgestattet (,,Semi-GoTo"), was eine erhebliche Entlastung bedeutete. Ich als Betreuer konnte den Veränderlichen in die Mitte des Gesichtsfeldes stellen, so dass Rolf anhand der Karten und dem Monitorbild des Steuer-PCs den Stern ebenfalls schnell erkannte.
In Weimar besichtigten wir erstmals das Goethehaus und auch wieder den Schlosspark. In Eisenach besuchten wir das renovierte und ausgebaute Bach-
VdS-Journal Nr. 34

104

Veränderliche

Haus sowie erneut die Wartburg. Zum zweiten Male (nach 2004) stand auch wieder die Festung Petersberg in Erfurt auf dem Rahmenprogramm. Sie bietet eine sehr schöne Aussicht auf die Altstadt. Am Fuße des Doms haben wir ein sehr gutes Indisches Restaurant ausfindig gemacht, das nun neben der ,,Scharfen Ecke" in Weimar und dem Italiener in Eisenach ebenfalls fest zum Programm gezählt werden kann.
Am Sonntag traten die Teilnehmer gegen 11 Uhr die Heimreise an.
Diesmal hatten wir in der Beobachtungswoche im Gegensatz zu den Vorjahren recht viele brauchbare Nächte. Der gewählte Zeitraum August/September wäre aufgrund des Wetters sicher auch in Zukunft zu favorisieren. Dem stimmen die bisherigen Teilnehmer auch zu. Vereinzelt gibt es jedoch auch Anfragen bezüglich eines anderen Termins. Hier möchte ich auf die CCD-Tagung verweisen, die jedes Jahr um den 1. Mai herum in Kirchheim stattfindet. Im Gegensatz zu den meisten anderen Tagungen an Sternwarten werden hier neben den Vorträgen auch allabendlich Starparties durchgeführt, soweit die Witterungsbedingungen dies zulassen. Ich nehme seit 2007 daran teil und hatte bereits zweimal das Vergnügen, praktisch beobachten und dabei die anwesenden Kometenfans und Pretty-Picture-Fotografen auf die Veränderlichen aufmerksam machen zu können. Es empfiehlt sich, hier ein eigenes Instrumentarium mitzubringen, oder rechtzeitig bei Dr. Jürgen Schulz die Rolldachhütte bzw. das C8 zu reservieren. Für mich ist diese Tagung schon zu einer festen Einrichtung neben der BAVWoche im August geworden, wobei ich jedes Mal das Wochenende auf knapp eine Woche verlängere. Ich lade gerne interessierte Veränderlichenbeobachter ein, auch diese Gelegenheit zum gemeinsamen Beobachten zu nutzen.
Mein Fazit Die BAV-Veränderlichenwoche in Kirchheim hat sich auch im 6. Jahr bewährt und sollte in Zukunft weiterhin regelmäßig stattfinden, um 1. neue Veränderlichenbeobachter
praktisch an das Thema heranzuführen und
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4 Lichtkurve
von OO Aql, Beobachter Gerd-Uwe Flechsig

2. erfahrenen Beobachtern die Gelegenheit zu geben, abseits des stressigen Alltags wenigstens einmal im Jahr in Ruhe Veränderliche auch an größeren Geräten beobachten zu können.
Auch künftig sollte neben dem Veränderlichenprogramm die Gelegenheit bestehen, eigenes mitgebrachtes Gerät einzusetzen oder auch erstmals gemeinsam mit erfahrenen Amateuren auszuprobieren. Neue Kombinationen von Kameras und Teleskopen können getestet werden, um das eigene Hobby fortzuentwickeln. Die Mischung aus Seminaren, Beobachtungen und Ausflugsprogramm sorgt stets für viel Abwechslung und hat Lust auf weitere Fortsetzungen in den kom-

menden Jahren gemacht. Die Exkursion zu einer Profisternwarte sollte auch in Zukunft zum Programm gehören sofern sich genügend Teilnehmer vorher anmelden.
Zum Schluss möchte ich allen Beteiligten für die Unterstützung danken, so dass auch diese Woche ein Erfolg wurde.

5 Lichtkurve von U Cep, Beobachter Gerd-Uwe Flechsig

Meteore 105

Spektakuläre Meteore und ihre Geräusche
von Thomas W. Grau

Tatsächlich ist es für einen Beobachter möglich, während und nach einem spektakulären Meteor differenzierbare Geräuschentwicklungen wahrzunehmen. Wenn man in historischen Berichten über Meteoritenfälle liest, dann wird dort meist Furcht erregend lautes Donnern beschrieben. Oft werden hier Vergleiche mit tatsächlichen Alltagserfahrungen berichtet. So liest man dann Beschreibungen wie ,,ein gewaltiger Kanonenschlag" oder ,,ein Getöse wie tausend Pferdewagen". Heutzutage werden die Ohrenzeugen ganz andere Worte und Vergleiche aus ihrer Alltagswelt finden, um das Erlebte eindrucksvoll zum Ausdruck zu bringen. Im Jahre 1985, in der Zeitschrift ,,Die Sterne" schrieb Andre Knöfel vom Arbeitskreis Meteore (AKM) sehr ausführlich über den Meteorschall. Man liest dort den Wissensstand der damaligen Zeit, den auch ich als Grundlage benutzte. Im Laufe der Zeit, vor allem durch die von mir eingesammelten Berichte bei Meteoritenfällen in Europa, sind neue Fakten und Indizien zu einem Erfahrungsschatz summiert worden, sodass heute klare Änderungen und Ergänzungen zum alten Text erforderlich werden.
Der akustische Meteor Noch im späten 20. Jahrhundert verwarfen die Meteorwissenschaftler die Möglichkeit, dass man als Zeuge schon während der Lichterscheinung Geräusche wahrnehmen könne. Dieser ,,Tatbestand" war leicht zu belegen, so glaubte man, denn die Schallgeschwindigkeit begrenzte zeitlich gesehen deutlich das Auftreten von Geräuschen bei einem Meteorereignis, welches ja hoch am Himmel und meist weit entfernt vom Beobachter stattfindet. Zeugenberichte dieser Art wurden deshalb als eine Sinnestäuschung abgetan. Meine eigenen Untersuchungen ergaben nun aber deutlich den gegenteiligen Beweis.
Wenn ein normaler Zeuge seinen täglichen Beschäftigungen nachgeht, dann schaut er meistens nicht in den Himmel.

1 Das Foto zeigt die Vermessung einer Zeugenaussage durch den Autor im
Jahr 2008 in der Schweiz, wobei mit Hilfe des Elevationsmessstabes die scheinbare Endhöhe des Meteors so genau wie möglich bestimmt werden muss. (Aufnahme T. W. Grau)

Wird in diesem Moment ein Meteor erzeugt, bemerkt er diesen zuerst nicht. Erst wenn die Helligkeit durch starke Plasmaphänomene zunimmt, ist es den Überraschten vor allem nachts möglich, den Meteor plötzlich auffällig zu sehen und eben möglicherweise auch zu hören. Ein großartiger Meteor strahlt dann und der ,,akustische Meteor" ertönt für den Beobachter am Himmel. Doch die Zeugen werden ausdrücklich vor allem am Tage in jenem ersten Moment nicht vordergründig vom Licht beeinflusst, um den Meteor zu lokalisieren! Es stellt sich nun die Frage: Warum blickten diese Zeugen augenblicklich in die korrekte Richtung? Wir wissen, dass das sichtbare Licht auf den ganzen Körper des Menschen trifft. Sehen können wir nur allein im Auge etwas, da dort die richtigen Sensoren vorhanden sind. Andere Strahlungsarten, mit nicht sichtbaren Wellenlängen, bestrahlen ebenfalls den ganzen Körper, wobei nun selbst das Auge davon nichts mehr mitbekommt. Doch das ist nicht immer so! Ein Mensch im Weltall kann

dank kosmischer Strahlung tatsächlich mit geschlossenen Augen etwas sehen. Denn trifft diese harte Strahlung nun auf das Körperwasser des Menschen, dann entstehen tatsächlich an jenen Stellen kleine lichtschwache Blitze, ähnlich einem Meteor in der Atmosphäre. So einen Lichtblitz kann man im Augenwasser tatsächlich sehen.
Die nicht sichtbare Strahlung einer hellen Feuerkugel muss eine Reaktion auch im menschlichen Ohr erzeugen! Die Sensoren im Innenohr nehmen etwas wahr, wenn sie in Bewegung kommen. Da zwei Ohren auch zwei Reaktionen bedeuten, die vom Gehirn auseinander gehalten werden können, ist eine Richtungsbestimmung der Quelle offensichtlich ganz normal möglich. Nicht jeder Mensch scheint gleichstark dafür empfindlich zu sein. Man kann aber auch nicht erwarten, dass jeder Zeuge alles wahrnimmt, was ein heller Meteor an Spektakel bietet. Meine Untersuchungen zeigen deutlich, dass das menschliche Gehör je
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106 Meteore

nach Helligkeit des Meteors in der Lage ist, das Phänomen ,,akustischer Meteor" noch in 200 km Abstand zum Ereignis wahrzunehmen. Welche expliziten Wellenlängen und Strahlungsleistungen dafür verantwortlich sind, das kann ich mangels konkreter Messungen nicht angeben. Eine Vermutung geht hin zu den Mikrowellen.
Der detonierende Meteor Große Feuermeteore, wie aktuell jener vom 13.10.2009 über den friesischen Inseln, die sogar eine Meteorwolke oder einen Meteoritenfall erzeugen können, sind vorrangige Kandidaten für einen ,,akustischen Meteor", aber auch für das Phänomen des ,,detonierenden Meteors". Das strahlende Licht der Feuerkugel kann man visuell weit hin beobachten, möglicherweise noch in einer Entfernung von 1.000 km. Doch das Gebiet der Detonation ist sehr begrenzt. Da man als Einzelner weder die wahre Größe, noch Höhe und Geschwindigkeit der Lichterscheinung bestimmen kann, ist es dem Beob-
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2 Diese Karte zeigt in etwa das Sichtbarkeitsgebiet des Ostsee-Boliden Mitte
Januar 2009 (roter Kreis). Es soll verdeutlichen, wie klein im Gegensatz dazu das Gebiet für einen detonierenden Meteor (blauer Kreis) erscheint. Der mögliche Bereich für einen akustischen Meteor war hier knapp doppelt so groß wie der blaue Kreis. Die rote Linie fixiert die Flugbahn des Boliden, von Ost nach West. Westlich dieser Linie befindet sich die Zone des Schweigens. (Grafik T.W. Grau)

achter somit auch unmöglich, die exakte Bewegung richtig einzuschätzen. Es fehlen einfach Vergleichsmöglichkeiten. Deshalb bleiben alle Angaben der Zeugen immer nur scheinbare Bewertungen. Letztlich kann man als Augenzeuge nicht entscheiden, ob man noch die Chance erhält, später auch eine Detonation vom Meteor zu hören. Aber was sollte ein Zeuge eines großen Meteors dann tun?
Grundsätzlich kann er versuchen, die Zeit zu stoppen, welche zwischen Lichterscheinung und Donner vergeht. Auch der Zeitraum für den Donner ist wichtig. Wünschenswert wäre das zeitnahe, schriftliche Festhalten und Berichten. Besser wäre eine Ton- bzw. Videoaufnahme des Sound-Ereignisses, bei der

man sogar selbst einige wichtige Dinge über den Meteor vermerken kann. Am besten wäre natürlich, man könnte gar Lichtereignis und Detonation live aufnehmen, aber das wird wohl in den wenigsten Fällen gelingen. Doch wie lange sollte man auf noch folgende Geräusche warten?
Meine Erfahrungen mit den Zeugenberichten lassen eine Faustregel zu: Wer den Boliden zuletzt hoch am Himmel oder gar über den Zenit ziehend beobachten konnte, für den stehen die Chancen sehr gut! Er sollte einen detonierenden Meteor auch relativ schnell und deutlich wahrnehmen. Ist der Bolide eher horizontnah verloschen, dann stehen die Chancen schon recht schlecht. Man kann

Meteore 107

System zur Klassifizierung von Meteorgeräuschen nach Thomas Grau

Klassifizierung

Beschreibung

Bemerkungen

Ursprung

Typ 1 Der akustische Meteor (electrophonic noise)

gleichmäßiger Ton, eher schwache Geräusche werden richtungsbezogen

bis mäßige Lautstärke, zischende, zum noch fallenden Objekt und nur

raschelnde, brummende oder während der Lichterscheinung gehört,

pfeifende Geräusche

kann fast im gesamten

Sichtbarkeitsgebiet auftreten

nicht sichtbare aber starke Strahlung der Feuerkugel erzeugt eine hörbare Reaktion im Innenohr

Typ 2 Der detonierende Meteor (sonic boom)

scharfe Druckwelle bzw. gewaltiger Knall, lässt die Erde und Häuser erzittern; Sekunden bis ca. 10 Minuten später ist es meist das Erste, was man vom Meteor hört

der scharfe Knall wird aus der Richtung gehört, wo das abstürzende Objekt dem Beobachter am nächsten kam

der überschallschnelle Eindringling erzeugt eine Druckwelle vor sich und einen evakuierten Einschusskanal in der schon dichten Erdatmosphäre

Typ 2a Der Donnerschlag (single boom)
Typ 2b Die Geschosssalve (fracture noises)

in der Nähe: sehr lauter Donnerschlag; bzw. weit entfernt: sehr dumpfe, schwache bis mäßige Detonation

kann in einem großflächigen Gebiet gehört werden, bis zu 150 km entfernt vom Endpunkt des Ereignisses

erzeugt vom unzerbrochenen Meteoroid bzw. Meteorit

in der Nähe: sehr lautes schweres Geschützdonnern, Knattern oder helle Schüsse; bzw. weit entfernt: sehr dumpfe, schwache bis mäßige Explosionen

wird vor allem in einem begrenzten Gebiet gehört, der vom zerfallenden Meteoroid direkt überflogen wurde, relativ nah an einem Meteoritenfall

erzeugt von mehreren überschallschnellen Fragmenten des Meteoroiden

Typ 3 Das Donnergrollen (rumbling, thunder)

dumpfes, rüttelndes und lang anhaltendes Donnern; hört sich wie ein Erdbeben an; ist immer nach dem ersten Donnerschlag zu hören; auslaufend bis zu minutenlangem Grollen

bewegt sich scheinbar rückwärts vom Endpunkt zum Beginn des Meteors zurück; max. hörbar bis in 30 km Höhe

Geräusche sind Luftbewegungen, die durch verwirbelte Luftmassen vor allem im Einschusskanal erzeugt werden, die sehr schnell ausgeglichen werden

Typ 4 Die Fallgeräusche (aerodynamical noises)

eher sehr kurze und schwach bis mäßig laute Geräusche; brummendes, pfeifendes, auch fauchendes Geräusch oder Geräusche wie bei einem Hubschrauber

man muss sich in unmittelbarer Nähe Luftströmungen mit Wirbeln an

befinden (unter ein 1 km Abstand zum Ecken und Kanten des

fallenden Objekt); keine 5 Sekunden zu Meteoriten erzeugen diese

hören

aerodynamischen Geräusche

Typ 5 Die Aufschlagsgeräusche (impact noises)

sehr kurz und heftig; hell oder dumpf, je nach Aufschlagsort und Material

man muss sich in unmittelbarer Nähe befinden (je nach Größe des Einschlags)

man hört die Bruchgeräusche verschiedenster Materialien durch den aufschlagenden Meteoriten

VdS-Journal Nr. 34

108 Meteore

Flugbahn wird der detonierende Meteor deutlich wahrnehmbar und nur die immer größere Entfernung kann hier eine Schalldämmung bewirken. Doch all jene Regionen, die vor dem Meteorende geblieben sind, liegen im Bereich der relativen Ruhe, also der so genannten ,,Zone des Schweigens", da der Eindringling kaum Schallwellen nach vorne absondern kann.
Die Forschungen auf dem Gebiet der akustischen Meteorphänomene muss natürlich komplettiert werden. Meine Aufzeichnungen zu den spektakulären Meteoren bietet schon heute eine recht gute Grundlage zur vollständigen Erfassung des Phänomens ,,detonierender Meteor", um eine Annäherung an einen potentiellen Meteoritenfall zu ermöglichen.

3 Das Bild zeigt den Feuermeteor von León, der am 4. Januar 2004 über
Palencia einen Meteoritenfall erzeugte und weithin als detonierender Meteor die Menschen vor Ort erschreckte. Am Himmel blieb eine stundenlang sichtbare Meteorwolke zurück. (Quelle: http://www.spmn.uji.es/ESP/maps2005.html, Bildautor nicht bekannt)

vielleicht noch einen schwachen, dumpfen Donner einige Minuten später hören. Ist der Meteor dagegen hinter dem Horizont verschwunden oder man hat schon ohne Erfolg 10 Minuten auf den Donner gewartet, dann kann man beruhigt seine aktuelle Beobachtung beenden.
Bei einem detonierenden Meteor können sehr verschiedene Schallerscheinungen entstehen, die alle grundsätzlich an die Laufzeit des Schalls gebunden sind und die je nach Zustand des Eindringlings in den tieferen Atmosphärenschichten auch verschiedenartige Geräuschtypen erzeugen. Die Tabelle zur Klassifizierung des Meteorschalls beschreibt alle Möglichkeiten. Beim detonierenden Meteor sind besonders hervorzuheben der Überschallknall (Typ 2) sowie das Donnergrollen (Typ 3). Beide Schallwahrnehmungen passen oft zu einer fernen Explosion, langem Gewitterdonnern oder zu einem Erdbeben. Extrem selten stehen Ohrenzeugen auch noch nahe genug, um die aerodynamischen Fallgeräusche abstürzender Meteorite zu hören (Typ 4) oder gar den Einschlag jener Himmelssteine zu bemerken (Typ 5).
VdS-Journal Nr. 34

Der detonierende Meteor hat auch eine anormale Schallausbreitung zur Folge! Bei jedem Ereignis stelle ich fest, dass es tatsächlich eine räumlich gesehen vor dem Fallereignis liegende Zone gibt, in der nahe Zeugen nichts oder nur sehr gedämpft etwas hören können. Im Falle Treysa schrieb Dr. Wegener damals von einer ,,Zone des Schweigens". Angelehnt an diesen Begriff entdeckte ich tatsächlich bei jedem detonierenden Meteor eine auch für mich einschätzbare und dann so benannte ,,Zone des Schweigens". Doch warum hörte hier niemand etwas, wenn der Donner sogar in 60 Kilometer Entfernung als starke Explosion wahrzunehmen war?
Die Antwort auf diese Frage ist letztlich einfach, wenn man erst einmal weiß, wer diese Druckwellen erzeugt. Der Eindringling schlägt einen Einschusskanal! Anders als bei einer Sprengung und deren Explosionsgeräuschen stellt diese Einschussröhre keine Punktquelle dar. Die Schallwellen beim Meteor werden parallel zur Flugbahn ausgesandt und nicht sphärisch! Dadurch kommen die stärksten Geräusche immer dort an, wo der Meteoroid das Gebiet genau überflogen hat. Auch in den Gebieten seitlich der

Literaturhinweise: [1] T. Grau, 2009: ,,Vom Ostsee-Meteor
zum Maribo-Meteoriten", Sterne und Weltraum 48 (Nr. 8), Spektrum-Verlag, Heidelberg [2] D. Heinlein, 2004: ,,Die Feuerkugel vom 6. April 2002 und der sensationelle Meteoritenfall »Neuschwanstein«", Augsburg [3] J. Rendtel, 1991: ,,Sternschnuppen", Urania-Verlag, Leipzig [4] R.W. Bühler, 1988: ,,Meteorite Urmaterie aus dem interplanetaren Raum", Birkhäuser-Verlag, Basel [5] F. Heide und F. Wlotzka, 1988: ,,Kleine Meteoritenkunde", Springer-Verlag, 3. Auflage, Berlin [6] A. Knöfel, 1985: ,,Meteorschall", Die Sterne Nr. 5/6 (JG61) [7] A. Wegener, 1916: ,,Das detonierende Meteor vom 3. April 1916 in Kurhessen", geschrieben 1916, Nachdruck N. G. Elwert Verlag, Marburg 2001
Feuerkugel-Meldungen im Forum:
AKM Meteor-Forum www.meteoros.de an E-Mail: fireball@erfm.eu Internet: www.erfm.eu
Wir legen Wert auf Ihren Beobachtungsbericht!

Sonne 109

Die ringförmige Sonnenfinsternis am 15. Januar 2010
- mit fotografischen Aufnahmen von Gabriele und Jörg Ackermann

Unsere Mitglieder Gabriele und Jörg Ackermann aus Zaberfeld-Michelbach sind zur Beobachtung der ringförmigen Sonnenfinsternis am 15. Januar 2010 nach Nairobi in Kenia gereist. Sie haben uns schöne Bilder von dieser ,,Sternbedeckung" mitgebracht, die wir unseren Lesern nicht vorenthalten möchten. Alle Aufnahmen entstanden an den geografi-

schen Koordinaten Länge = 36 Grad 49' 09'' Ost und Breite = 01 Grad 17' 17'' Süd, in einer Höhe von 1.720 m. Die Detailaufnahmen wurden gewonnen mit einer DSLR Canon EOS 5D an einem Zeiss-Refraktor APQ 100 mm / 640 mm, eingesetzt wurde ein B+W-Graufilter ND 0,9.
Anmerkung der Redaktion

1 Ringförmige Sonnenfinsternis
am 15.01.2010, ob.li.: 05:29:30 UT, ob.re.: 05:43:40 UT, un.li.: 06:14:00 UT, un.re.: 06:51:10 UT. Technische Daten s. Text.

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110

2 Die Sonnenfinsternis gesehen vom
Hoteldach des InterContinental in Nairobi. Canon EOS300D, 15.01.2010, 05:44:12 UT

Die provisorischen Relativzahlen des SONNE-Netzes 2. Halbjahr 2009

Tag

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0

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6

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0

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1

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0

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0

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0

3

-

0

-

Mittel

4,0

0,1

5,3

5,2

4,1

A. Bulling, Fachgruppe Sonne

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Dezember
0 0 0 0 0 0 0 0 0 11 8 10 11 20 27 23 22 16 11 21 26 21 8 7 0 6 11 14 13 14 14
10,1

Spektroskopie 111

Die Webpräsenz der Fachgruppe Spektroskopie
von Thomas Eversberg

Vor einigen Jahren wurde unsere alte Webpräsenz (damals noch auf dem privaten Server des Gruppensprechers) von dem heute im Netz vorliegenden Portal für die Astrospektroskopie ersetzt. Unser Leitgedanke war die Bereitstellung und Verbreitung von Informationen zum Thema, besonders für diejenigen, die nicht über allgemeines oder gar wissenschaftliches Wissen zum Thema Spektroskopie verfügen. Seitdem haben wir versucht, möglichst viele Informationen zu sammeln, die irgendwo im Web versteckt sind. Dazu gehören Fragen, wie man einen Spektrographen baut, die dazu nötigen Werkzeuge, Datenaufnahme- und -reduktionstechniken, die Physik der Sterne und unserer Sonne, usw. Nach

umfangreichen Hinweisen von Kolleginnen und Kollegen liefert unsere Webseite nun viele grundlegenden Informationen für den Anfänger und den fortgeschrittenen Spektroskopiker. Wir möchten mit dem vorliegenden Artikel unsere Erfahrungen mit unserem Online-Angebot darstellen.
Informationen in unserer Webseite Unser Portal-Design orientierte sich an möglichst leichtem und schnellem Zugriff auf alle nötigen und meistgewünschten Informationen. Daher wurde die Webseite als ,,HTML-Frame" entworfen. Scrollen wurde möglichst vermieden, auch wenn das wegen der hohen Anzahl externer Links oder Publikationen nicht immer möglich ist.

Der Inhalt hängt komplett vom Input aller Beteiligten ab und glücklicherweise funktioniert das sehr gut. Mittlerweile haben wir einige hundert Artikel (fast alle als optimierte pdf-Dateien für einen einfachen Download) und wichtige Links (andere Gruppen, Hersteller, wissenschaftliche Methoden und Prozeduren, etc.) gesammelt. Dazu gehören: - Beschreibungen und Anleitungen, wie
man einen Spektrographen baut - verschiedene Publikationen von
Amateur- und Profibeobachtern, grundlegende Literatur sowie fast alle bisherigen Ausgaben unseres gruppeneigenen Fachjournals seit 1994 - eine virtuelle Bücherei - sortierte Links externer Anbieter

1 Startseite der Webpräsentation der Fachgruppe Spektroskopie

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112

Spektroskopie

2 Weltweite Besuche unserer Webseite (Stand: Januar 2010)

- Neuigkeiten aus der Gruppe - ein fortwährend aktualisierter News-
Ticker
Unsere Highlights sind: - unser Diskussionsforum (Moderator:
Lothar Schanne) - ein öffentlich editierbares Wiki zum
Aufbau einer spektroskopischen Enzyklopädie (Moderator: Thomas Eversberg) - ein Glossar zur Erläuterung spektro-

skopischer Begriffe (Betreuung durch Urs Flükiger) - eine öffentliche Datenbank für Sternspektren im FITS-Format (Otmar Stahl auf seinem privaten Server) - zwei automatisierte Excel-Blätter zur Berechnung von Standard- und Echelle-Spektrographen für das eigene Teleskop (Ersteller: Christian Buil and Klaus Vollmann)
Alle wichtigen Werkzeuge für den (an-

gehenden) Spektroskopiker stehen somit zur Verfügung. Die einzig notwendige Investition ist Zeit, die für das Aussortieren der jeweils persönlich wichtigen Informationen nötig ist.
Besuche aus der ganzen Welt Im Juni 2006 bauten wir einen Besucherzähler (inkl. entsprechender Kartendarstellung, vgl. Abb. 2) in unsere Webseite ein. Im ersten Jahr wurde unsere Seite demnach rund 7.500 Mal besucht. Diese Zahl sprang im zweiten Jahr auf mehr als 11.000, um im Folgejahr wieder auf rund 5.500 zu fallen. Die Prognose für das vierte Jahr liegt ebenfalls bei etwa 5.500 Besuchern. Die meisten Besucher kommen natürlich aus Deutschland, doch auch die meisten anderen europäischen Länder sind vertreten.
Eine erfreuliche Entwicklung zeigt sich in Teilen Osteuropas (Tschechien, Slowakei) und in den USA. Dies bestätigt sich in persönlichen E-Mail-Kontakten einzelner FG-Kollegen. Wir gehen davon

3 Startseite unseres Online-Diskussionsforums
VdS-Journal Nr. 34

Spektroskopie 113
4 Anzahl der registrierten
Nutzer unseres Forums (Stand: Januar 2010)

aus, dass unsere Arbeit in diesen Ländern als hilfreich wahrgenommen wird.
Unser Diskussionsforum Im Juli 2006 eröffneten wir ein OnlineDiskussionsforum für die Gruppe und alle interessierten Astronomen. Nach einem halben Jahr hatten sich alle FG-Protagonisten registriert (Abb. 3). Interessanterweise wuchs die Nutzerzahl während der folgenden Jahre permanent (Abb. 4).
Man darf hieraus jedoch nicht den Schluss ziehen, dass sich mehr und mehr Astronomen für die Spektroskopie begeistern. Das zeigt sich an den durchschnittlichen Beiträgen pro Monat. Diese liegen im Mittel (siehe oben) bei immerhin rund 500 (!) Beiträgen. Eine nahe liegende Erklärung ist, dass unser Portal schlicht immer bekannter wird. Ende 2009 nahm eine Amateurgruppe aus Illinois Kontakt mit uns auf und registrierte sich im Forum. Sie verkündeten, dass sie gern mit unserer Hilfe eine kleine Spektroskopiegruppe starten wollen. Sollten sich daraus weitere Gruppen bilden, würde die Teilnehmerzahl in unserem Forum wahrscheinlich deutlich steigen.
Wie geht es weiter? Unsere Gruppe diskutiert und arbeitet überaus sachlich und respektvoll zusammen. Damit einher steigt die Bereitschaft, sich im Team zu engagieren und Beiträge für die Webseite und das Forum zu erstellen. Eine Neuerung ist die freie Verfügbarkeit unseres Fachgruppenjournals

SPEKTRUM als PDF im Netz sowie die Bereitschaft, sich mit der Internationalität (Sprache) auseinanderzusetzen.
Was haben wir gelernt? Um unser Webportal attraktiv und als echtes Hilfswerkzeug für den Nutzer zu gestalten, sind wir auf alle Aktiven in der FG angewiesen. Die Seite lebt von deren Beiträgen und veröffentlichten Projekten. Wer etwas Neues gemacht hat, sollte seine Überlegungen, Ideen und Fortschritte veröffentlichen. Es gilt immer noch: ,,Was Du nicht aufschreibst, hast Du nie getan!"
Ein anderes Problem stellt sich mit der internationalen Öffnung. Das Internet ist länderübergreifend und die Hauptsprache ist und bleibt Englisch. Das gilt natürlich insbesondere für die Astronomie und für entsprechend internationale Dialoge. Unsere Diskussionen zu diesem Thema sind nicht abgeschlossen und ein laufender Prozess. Hierbei ist Sorgfalt und Rücksichtname entscheidend, sonst verliert man schnell Mitstreiter. Sehr hilfreich ist die Nutzung von Übersetzungswerkzeugen im Netz. Diese produzieren oft erheiternde Übersetzungsergebnisse, doch zumindest der Google-Translator macht einen ganz guten Job. Insofern scheint zumindest für den schriftlichen Dialog das Übersetzungsproblem relativierbar zu sein.
Unsere noch heute genutzte Mailingliste ist mittlerweile an das Forum angeschlossen und jeder Nutzer kann frei

entscheiden, wie ihm Neuigkeiten zugetragen werden sollen. Die weitaus meisten Kolleginnen und Kollegen nutzen jedoch das Forum. Das liegt auch an unserer kostenlosen Forensoftware php. BB (www.php.de), die sehr komfortabel ist. Alternativ lässt sich auch gut die ebenfalls kostenlose Software SMF von Simple Machines (www.simplemachines. org) nutzen. Letztere haben wir früher ebenfalls erfolgreich eingesetzt. Es gibt jedoch noch dutzende Alternativen, die auch auf SQL-Basis arbeiten und daher auf dem VdS-Server laufen. Die Installationen sind recht einfach und werden in der Dokumentation hinreichend erläutert. Aus unserer Sicht ist ein Forum dringend zu empfehlen. Von Newsgroups raten wir ab. Zum einen stehen diese Plattformen grundsätzlich unter der Kontrolle des jeweiligen Anbieters (man stelle sich vor, unsere aktuell 15.000 Beiträge würden gelöscht) und zum anderen erreichen diese nicht den Komfort eines eigenen Forums, der sich mit einem in der Programmiersprache PHP versierten Administrator noch steigern lässt. Zu guter letzt plagt man sich ungern mit Online-Werbung.
Es bleibt anzumerken, dass im Mittelpunkt aller Arbeiten in der Amateurastronomie das jeweilige Interesse und die Freude aller Kolleginnen und Kollegen steht. Insofern betrachten wir unsere Internetpräsenz nicht als beispielhaftes MUSS, sondern als hilfreiche Werkzeuge zur Erhöhung der Freude in der Freizeit.
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Spektroskopie

Spektroskopie im Hotel
von Susanne M. Hoffmann

Der folgende Bericht stellt die Beobachtungsmöglichkeiten mit einem schnell gebastelten Handspektroskop und dem Meade-Farbfiltersatz vor. Als ich die Chance hatte, eine kleine touristische Landsternwarte in entlegenen Winkeln Europas zu betreiben, wunderte ich mich sehr über den Filtersatz von Meade. Was im Hellen auf Werbeprospekten so chic bunt aussieht, erwies sich nämlich nachts in der Anwendung als ziemlich bedeutungslos. Ich wollte also systematisch untersuchen, was es mit diesen Farbgläschen denn wirklich auf sich hat. In der Packungsbeilage und Teleskopbeschreibung findet sich nur der Transmissionsgrad, während Angaben über den transmittierten Wellenlängenbereich fehlen. Recherchen im Internet sowie eine Anfrage bei Astrocom in München brachten leider keine weitere Information.
Ein Handspektroskop ist schnell mit einem Tetrapack, ein paar Visitenkarten, Kleber und Klebstreifen gebaut. Das hat Hans-Günter Diederich meinen Schülern bei einem Workshop im ASL beigebracht. Da ich also sicher war, dass es funktioniert, musste ich nur noch rekonstruieren, wie ich es genau mache: Eine CDROM (als Gitter) hat die Astrophysikerin schließlich immer dabei. Ein GetränkePack eignet sich deshalb so viel besser als ein gewöhnlicher Pappkarton, weil seine Innenwände silberfarben ausgekleidet sind. Bei matten Flächen würde man durch die Streuung ein wenig Licht verlieren. Daher bringen manche Bastler
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im Innern des Kartons einen Lenkspiegel an. Diese Maßnahme und genaues Zielen beim Beobachten erspart man sich jedoch durch spiegelnde Innenwände: Dann ist es egal, wo genau das Licht im Inneren auftrifft (Abb. 1).
Beobachtungsmethode Beobachtet wird ein Spektrum am Boden der Kiste. Man schaut von oben in die Box. Eine Klappe dient als Schutz vor direktem Sonnenlicht, so dass die CD nur durch den Spalt von direktem Licht getroffen wird (Abb. 2).
Mit diesem schnellen Urlaubsspektroskop ist mindestens das Spektrum der Sonne visuell beobachtbar. Je nach Filter, Lichtstärke und Spektralbereich sind in dem ,,Regenbogen" unterschiedlich viele Linien erkennbar. Da ich keine geeignete Kamera dabei hatte, musste ich von Hand zeichnen, was das Auge sah. Die visuelle Betrachtung der Spektren verleiht der Beobachtung vielleicht für manchen den Eindruck, sich auf historischen Spuren zu befinden. ,,Sicher sah dereinst der Münchener Optiker, Mathematiker und Astronom Joseph von Fraunhofer nichts wesentlich anderes." - kommentierte ein interessierter Besucher ,,meiner" Kuppel. - Meinen Sie? Ich recherchierte anderes.
Auf den Spuren Fraunhofers Geboren wurde der später berühmte Optiker am 06.03.1787 in Straubing. Er hatte 1801 während seiner Lehre als Zieratenglasschleifer einen Hauseinsturz über-

1 CD-Spektroskop mit zu testen-
dem Filter
lebt, was ihm ein Geldgeschenk des Kurfürsten und die Bekanntschaft mit dem jungen Optik-Unternehmer Utzschneider eingebracht hatte. Mit dem Geld des Kurfürsten konnte Fraunhofer bereits frühzeitig Geräte wie Glasschneidemaschine und Schleifbank für optische Gläser anschaffen und damit experimentieren.
Nach Abschluss seiner Lehre wurde der begabte und lernbegierige Optiker ab 1806 oder 1807 eifriger Mitarbeiter im Münchener ,,Mathematisch-mechanischen Institut Utzschneider, Reichenbach und Liebherr". Dort arbeitete gleichzeitig Pierre Louis Guinand (1748-1824), der bereits bei seinem Eintritt ins Institut eine 200-seitige ,,Abhandlung zur Herstellung von Glas, insbesondere von starkbrechendem, zur Herstellung farbenfreier Fernrohre" vorgelegt hatte - ein Thema, dem sich Fraunhofer drei Jahre später als Leiter des Optischen Instituts widmete.
Seine Forschungsmethoden waren von großer Exaktheit und Überlegung. Sein Ehrgeiz zur Herstellung neuer Gläser erforderte akribische Vermessungen. Zur Bestimmung der Glaskonstanten nutzte er die feinen dunklen Linien im Sonnenspektrum. Sie waren zwar bereits 1802 von dem Erfinder des Reflexgoniometers, William H. Wollaston (1766-1828) entdeckt worden. Der Engländer hatte jedoch ihre große Bedeutung für exakte

Spektroskopie 115

2 Beobachtungen mit
dem CD-Rom-Spektroskop

Messungen nicht erkannt und so blieb er in Deutschland unbekannt. Wahrscheinlich kannte Fraunhofer dessen Arbeit ,,A method of examining refractive and dispersive powers by prismatic reflections" nicht, als er die heute nach ihm benannten Linien wiederentdeckte.
Wollaston sprach von sieben Linien, während Fraunhofer die Linien von ,,A" am Rand des roten bis ,,I" am Saum des violetten Endes des sichtbaren Spektrums differenzierte, also zwischen neun besonders starken Linien unterschied. Die Buchstaben dienen scheinbar ersten Markierpunkten Fraunhofers, denn wie sich bereits mit dem CD-Spektroskop erkennen lässt, ist das Farbbild dazwischen keineswegs perfekt kontinuierlich, sondern seinerseits unterschiedlich stark zerfurcht. Fraunhofer selbst schreibt nach Ausmessung der stärksten Linien mit einem Theodoliten, er zähle zwischen ,,B" im Rotorangenen und der Doppellinie ,,H" im Violetten insgesamt 574 Linien.
Nach ausführlichen Studien des solaren Spektrums widmete sich Fraunhofer auch anderen Objekten. So sah er, dass das Venusspektrum mit dem der Sonne identisch erschien und erfand das Objektivprisma zur Vermessung von Sternspektren. Nach der jahrelangen Überarbeitung verschied Joseph von Fraunhofer bereits am 07.06.1826 in München, nur 39 Jahre jung. Ob er also mehr gesehen hat als ich mit meinem schnellen Handspektroskop? Bestimmt! Jedenfalls hat er viel

genauer gearbeitet und durch eine feste Aufstellung seiner Apparatur konnte er viel mehr Linien unterscheiden. Aber ich wollte hier nur die ungefähren Wellenlängenbereiche der Meade-Filtergläschen herausfinden.
Das Angebot Zurück zu meinem eigentlichen Ziel: Was können die Meade-Filter eigentlich? Zur eindeutigen Bezeichnung sei hier die Packungsbeilage als Tabelle 1 zitiert, in der die Transmissivitäten (T) der Gläser angegeben sind. Das laut Packliste beiliegende Graufilter #ND96 (13 % Transmission) war leider bereits bei meinem ersten Aufenthalt am Teleskop nicht auffindbar.

Nach Aussage des Händlers sei es MEADE zu teuer, dieses Filter im Standardset mitzuliefern. - Aha, was mag da wohl dahinter stecken?
Empfohlen wird übrigens die Beobachtung der äußeren Planeten (siehe rechte Spalte in Tabelle 1) mit den Filtern. Außerdem wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass man Sonnenbeobachtungen vermeiden sollte: ,,... should never be employed to observe the Sun! ...". Warum soll ich aber nicht die Sonne beobachten, wenn doch für das schicke bunte ,,Equipment" die Sonne - außer dem Mond - das einzige ist, das genug Licht hat, um durch die teilweise gerin-

Empfohlene Beobachtungsobjekte laut Gebrauchsanleitung von MEADE

FilterNr.

Name

Transmission von MEADE empfohlene Beobachtungsobjekte

#8 #11 #12 #21 #23 A #25 A #38 #47 #56 #58 #80 A #82 A

Light Yellow 83%

Yellow Green 78%

Yellow

74%

Orange

46%

Light Red

25%

Red

14%

Dark Blue

17%

Violet

3%

Light Green 53%

Green

24%

Blue

30%

Light Blue

73%

Jupiter, Mars, Uranus, Neptun Jupiter, Saturn, Mars, Uranus, Neptun Jupiter, Saturn, Mars Jupiter, Saturn, Mars Jupiter, Saturn, Mars, Merkur Mars Jupiter, Saturn, Mars Mars, Venus, Saturnring Mars, Jupiter Jupiter, Saturn, Mars Jupiter, Saturn Mond, Mars, Jupiter, Saturn

VdS-Journal Nr. 34

116

Spektroskopie

3 Fraunhofersches Spektrum mit
Linien und Empfindlichkeitskurve des menschlichen Auges (Vorlage aus [1])

4 Visualisierung der Testergebnisse. Ich habe hier nur die starken (markierenden) Linien eingezeichnet; beobachtet habe
ich wesentlich mehr. Die zwei Spektren unten rechts zeigen das vollständig transmittierte Spektrum durch die Filter 82A und 58, bei dem alle Linien sichtbar sind. Jedoch erscheinen die Enden des Spektrums stark gedimmt (geringere Transmissivität), da das Maximum der Durchlässigkeit im Grünen liegt. Das Helligkeitsmaximum wird gegenüber dem ungefilterten Sonnenspektrum verschoben.

gen Transmissionen noch mein Auge zu reizen? Ein gläsernes Objektivsonnenfilter war übrigens ebenso im Lieferumfang des hier benutzten Teleskops enthalten wie ein DIN A4 großer Bogen visueller Baader-Sonnenfilterfolie (zum Basteln eines Filters für den Sucher).
Vermessung der MEADE ,,Serie 4000 Farbfilter" anhand der Fraunhoferschen Linien Die Beobachtung ist zeitaufwendig, da das primitive Handspektroskop nicht fixiert ist und so nach jedem Absetzen (z. B. für Filtertausch) das Spektrum erneut gefunden werden muss. Außerdem ist das Farbbild aufgrund der verschiedenen Transmissivität der Filter nicht immer von gleicher Intensität. Zur Abschätzung der Linienerkennbarkeit und Helligkeit der Spektralbereichs ist auch die Empfindlichkeit des Auges zu berücksichtigen, die ihr Maximum im Grüngelben hat und an der roten Flanke über Orange wesentlich schneller abfällt als am blauen Ende, das sich über Indigo langsam ins Violett verliert (Abb. 3). Scharfe Kan-
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Beobachtungsergebnisse
(qualitative Angaben)

Filter-Nr Name

Sichtbarkeit

#8
#11 #12 #21 #23 A
#25 A #38 #47 #56
#58 #80 A #82 A

Light Yellow
Yellow Green Yellow Orange Light Red
Red Dark Blue Violet Light Green
Green Blue Light Blue

violett schwach/ I fehlt, A=Kante, H sehr gut getrennt; E, F Linien bei G sehr deutlich ab blauviolett abgeschnitten Rot bis türkis transmittiert, schneidet kurz hinter G ab schließt ab grün, grün noch transmittierend A abgeschnitten, B,C transmittiert bis G Bereich um D sehr hell, Klebstreifen als Diffusor verwendet Rotes Ende transmittiert bis D ab D bis zum violettfarbenen Ende transmittierend ab G bis zum violettfarbenen Ende transmittierend c ist Kante, D, E, F, G & g transmittiert, schließt ca. 1/3 der Strecke G--g hinter g C=Kante, D bis G, schließt kurz vor g dunkles Rot sehr schwach transmittiert transmittiert alle Linien

Die Farbnamen habe ich hier so angegeben, wie Fraunhofer selbst sie genannt hat. An seinem Spektrum (Original: Kupferstich, siehe Abb. 3) sind abschnittweise Namen geschrieben, was er ,,Rot" oder ,,Indigo" nennt. Diese Abbildung lag während meiner Beobachtung neben mir.

Spektroskopie 117

ten sind natürlich an keinem der Enden des ungefilterten Spektrums erkennbar, allerdings sieht man im Roten sehr viel leichter eine starke Linie an der Sichtbarkeitsgrenze (Abb. 4).
Da die verschiedenen Filter des MEADESatzes jeweils verschiedene Bereiche des Sonnenspektrums ausblenden, kommen beim systematischen Durchprobieren nach und nach die sonst überstrahlten, schwächer empfundenen Bereiche (insbesondere Indigo und Violett) zur Geltung. Sehr auffällig ist, wie auch Fraunhofer schreibt, dass ,,bei G viele Linien angehäuft [sind], worunter sich mehrere durch ihre Stärke auszeichnen." Ebenfalls klar ist H als Doppellinie identifizierbar und im Gelben bis Türkisblauen (D bis F) ist eine Vielzahl von Linien schwach erkennbar. Wesentlich deutlicher sind die (in Fraunhofers Grobnomenklatur unbezeichnete) Linien jenseits von G: Eine feine Doppellinie erscheint am Übergang zwischen Indigo und Violett (ab G ca. 1/3

des Abstands zu H) und ein bis zwei feinere in der Mitte zwischen dieser und H. Die Anzahl der starken Linien an diesem Spektralende ist deutlich größer als die der roten Seite.
Das Durchprobieren der Filterserie von MEADE brachte die Ergebnisse, die in der Tabelle 2 zusammengefasst sind. Manche Linien an der Sichtbarkeitsgrenze sind natürlich sehr unsicher.
Auswertung und Fazit Die Farbgläser von MEADE können zu didaktischen Zwecken sehr erfolgreich angewendet werden: Durch Ausblenden verschiedener Farbbereiche bzw. Dimmen des Spektrums können die Fraunhoferschen Hauptlinien des Sonnenspektrums leicht beobachtet werden und grundsätzliche Trends festgestellt werden, wie z. B. ,,mehr Linien im Violetten" oder ,,starke Häufung in der Nähe der G-Linie". Nächtliche Beobachtungen mit diesen Gläschen zeigten sehr große Publikums-

wirksamkeit, indem der Mond grün oder rot eingefärbt wird. Ein sehr ästhetischer, für manch Einen eher abstrakter Schabernack! Die Filter ,,Light Yellow" und ,,Light Blue" eignen sich tatsächlich sehr gut, den im 14-Zoll-Spiegel sehr hellen Erdtrabanten abzumildern - wobei das gelbe Filter das wärmere und daher angenehmere Licht gibt. Mit dem Filter ,,Violet" ist am Nachthimmel nichts mehr erkennbar, was bei einer Transmission von T = 3 % überhaupt nicht überrascht. Seine in der Packungsbeilage deklarierte Funktion zur Beobachtung von ,,Mars, Venus und der Saturnringe" kann er also ganz sicher nicht erfüllen. Ähnliches gilt für mehrere der anderen Filter mit geringer Transmission.
Literaturhinweise [1] R. Riekher, 1990: ,,Fernrohre und
ihre Meister", VEB Verlag Technik Berlin, 155

H-Beobachtungen am Doppelsternsystem Zeta Tauri
von Ernst Pollmann und Thomas Rivinius

Be-Sterne sind unter anderem als veränderliche Sterne bekannt, die praktisch auf allen Zeitskalen - im Minutenbereich bis zu Dutzenden von Jahren - beobachtbare Veränderungen zeigen. Zur Studie ihrer Veränderungen im letzten genannten Zeitbereich sind Langzeitdatensammlungen erforderlich, die idealerweise so homogen wie möglich die zu betrachtende Zeitspanne abdecken.
Die professionelle Astronomie ist im mittleren bis langzeitigen Bereich oft in ihren Studien an Be-Sternen daran gehindert, Beobachtungen auf diesen Zeitskalen mit der notwendigen Beobachtungsdichte durchzuführen. Gründe dafür sind die Beobachtungspraktiken, die normalerweise im Betrieb professioneller Observatorien anzutreffen und die typischerweise nicht geeignet sind, Beobachtungen heller Objekte mit Ausführungszeiten von nur wenigen Minuten und darüber hinaus wochenlang während einer Sicht-

barkeitsperiode durchzuführen. Darüber hinaus ist die Fertigstellung einer solchen Langzeitdatenbank auch wegen des zu finanzierenden Zeitaufwandes problematisch.
Andererseits kann die Interpretation zeitbegrenzter Beobachtungen mit professionellen Ressourcen in nahezu allen Fällen aus der Kenntnis des Scheibenstatus von Be-Sternen im Verlauf einer Langzeitentwicklung aus Amateurbeobachtungen profitieren. Somit eröffnet sich dem engagierten Amateur ein viel versprechendes Betätigungsfeld. Heutige Amateurspektrographen mit relativ kleinen Teleskopen von 20 bis 40 cm Öffnung, ausgestattet mit CCD-Detektoren, erreichen Auflösungsvermögen (R=/) deutlich über 10.000. In dieser Arbeit wird ein Datenbankgehalt aus mehr als fünf Jahren Beobachtung am Be-Stern z Tau beschrieben.

Beobachtungen z Tau ist ein gut bekannter Be-Doppelstern, wobei Beobachtungen der HEmissionslinie über viele Jahrzehnte zurückreichen. Diese Arbeit verbessert professionelle Zeitserien mit Ergebnissen aus H-Beobachtungen von sechs kompletten Beobachtungsperioden zwischen Anfang 2000 und Ende 2006. Sämtliche Beobachtungen sind mit einem Selbstbauspektrographen an der 20 cm durchmessenden Flat-Field-Camera von Lichtenknecker in der Arbeitssternwarte der VdS-Köln durchgeführt worden. Von 11/2000 bis 04/2003 ist dabei ein spaltloser Prismenspektrograph mit 43 Å/mm Dispersion (R 8.000) und von 09/2003 bis 04/2006 ein spaltloser Gitterspektrograph mit 27 Å/mm Dispersion (R 14.000) verwendet worden. Die Spektren wurden durch manuelle Festlegung geeigneter Kontinuumspunkte im Spektralbereich von 6500 bis 6700 Å unter Anwendung einer Splinefunktion durch
VdS-Journal Nr. 34

118

Spektroskopie

1 Alle gemessenen H-Profile
von Ende 2000 bis Anfang 2006. Der vertikale Offset ist proportional der Beobachtungszeit, dabei entspricht eine Skaleneinheit 25 Tage. Die untersten Spektren datieren von 1.11.2000 (li.), 9.9.2002 (Mitte) und 23.8.2004 (re.).

diese Punkte normiert. Die Wellenlängenkalibration wurde durch Verwendung tellurischer Absorptionslinien im HBereich abgeleitet [1]. Die hier diskutierten Spektren sind elektronisch bei IBVS (Information Bulletin On Variables Stars Nr. 5813) in Form von ASCII-Tabellen veröffentlicht.
Äquivalentbreiten In den normierten und kalibrierten Spektren ist die H-Äquivalentbreite (Maß für die Linienintensität) durch Integration des Spektralbereichs von 6520 bis 6600 Å gemessen worden. Ein Vergleich der hier präsentierten Daten mit denen, die quasi-simultan durch Rivinius et al. [2] aufgenommen worden sind, bestätigt die wissenschaftliche Verwertbarkeit hinsichtlich der H-Linienprofilform und der Äquivalentbreite (vgl. Abb. 2 und 3). Theoretisch sollte die gemessene Äquivalentbreite von der Dispersion des verwendeten Spektrographen unabhängig
VdS-Journal Nr. 34

sein. In der Praxis ist dies typischerweise jedoch nicht der Fall. Die Spektren mit der geringeren Dispersion von 43 Å / mm weichen systematisch von denen mit der höheren Dispersion ab. In den vorliegenden Spektren kann dies am Vergleich mit den quasi-simultanen, professionellen Messungen erkannt werden. In dieser Arbeit ist nicht versucht worden, diesen Effekt der Abweichung zwischen den Daten zu korrigieren, sondern es erschien wesentlicher darauf hinzuweisen, dass die Daten nicht überinterpretiert worden sind.
Im Allgemeinen beträgt die Genauigkeit mit Amateurinstrumenten gemessener Äquivalentbreiten (EW) etwa 5 %. Zur Überprüfung der hier erhaltenen Genauigkeit von Äquivalentbreite und Peakhöhenverhältnis (= V/R-Verhältnis = violette/rote Komponente) der H-Emission sind Reihenmessungen an Standardsternen in drei kompletten Nächten mit je-

weils 8 Stunden Beobachtungszeit durchgeführt worden. Für die Äquivalentbreite und das V/R-Verhältnis lag die Standardabweichung (RMS-Fehler) unter 3 %.
Die Abbildung 2 zeigt die Messungen dieser Arbeit, kombiniert mit Werten aus verschiedenen Veröffentlichungen, für den Gesamtzeitraum 1975 bis 2006 und repräsentiert die bisher längste Zeitskala für z Tau überhaupt. Die Abbildung 3 ist die Vergrößerung des in dieser Studie eingegangenen zentralen Datenbereiches. Die EW zeigt darin eine langsame aber stetige Abnahme, ähnlich einem vor 1990 beobachteten Verhalten.
Peakhöhenverhältnis V/R Das H-Linienprofil zeigt normalerweise die beiden Emissionen getrennt durch einen zentralen Absorptionskern. Bei z Tau variieren beide Peakstärken nicht gleichzeitig, so dass das Verhältnis der Höhe der violetten zur roten Komponente sich zyklisch verändert von V>R zu V<R und zurück. Gelegentlich kann jedoch die zentrale Absorption schwächer werden oder verschwinden, so dass die Emissionspeaks eine ziemlich komplizierte Struktur annehmen und in Subpeaks aufgespalten sein können, oder auch als Dreifach-Peakstruktur in Erscheinung treten.
Die Gründe für die Entstehung dieser Profilstrukturen sind bis heute unklar. Generell treten sie bei den Umwandlungsphasen von V<R nach V>R in Erscheinung, nicht jedoch umgekehrt. Im vorliegenden Beobachtungsbericht sind diese Peakstrukturen von Dezember 2003 bis September 2004 zu sehen. Die zeitliche Entwicklung des H-Profils zwischen 2000 und 2006 zeigt die Abbildung 1.
Die V/R-Verhältnisse wurden in den Spektren gemessen, in denen beide Peaks vertreten waren. Mit Hilfe eines Zeitserienprogrammes [7] sind sie einer Periodenanalyse mit vorgegebener

Spektroskopie 119

2 Die H-Äquivalentbreite von z Tau seit 1975. Die Daten
aus der Literatur sind als offene Symbole dargestellt; HerosGruppe [2] (Quadrate); Guo et al. [3] (Dreiecke); Fontaine et al. [4] (Plus); Slettebak & Reynolds [5] (Kreuze); Andrillat & Fehrenbach [6] (Asterisks); die Daten verschiedener Amateurbeobachter sind die gefüllten Symbole: Pollmann, Prismenspektren (Dreiecke), Pollmann, Gitterspektren (Quadrate), Stober (Kreise) und Schanne (Diamant).

3 Vergrößerung von Abb. 2 zur Verdeutlichung im
Detail, aber auch zum Vergleich der Daten von Amateuren zu professionellen Messungen.

4 Das H-V/R-
Verhältnis. Links: die gemessenen Werte vs. Julianisches Datum (offene Symbole) mit der Sinuswelle mit P = 1.471 d (Pluszeichen). Rechts: die Residuen aus dem linken Plot gefaltet mit P = 69,3 d und entsprechendem Sinusfit. Gezeigt sind hier 1,4 Zyklen zur Verdeutlichung, d. h. 40 % der Messpunkte sind redundant.
1-Messunsicherheit unterzogen worden. Die erste Iteration führte zu einer V/R-Zykluszeit von (1.471 +- 15) Tagen, d. h. zu etwa 4 Jahren (Abb. 4, links). Während diese Periode kürzer ist als die 5-7-Jahre-Periode von Okazaki [8], die er aus Beobachtungen zwischen 1960 und 1993 abgeleitet hat, steht sie in guter Übereinstimmung mit der Zykluszeit 4,25 Jahren von Rivinius [2] aus Beobachtungen zwischen 1991 bis 2003. Der Hauptzweck dieser ersten Analyse der Zeitspanne von etwas mehr als einem Zyklus war die Aufbereitung der Daten für eine anschließende Kurzzeitvariationsanalyse.

Nach Abzug der langperiodischen Daten (1.471-d-Sinuswelle) des ersten Schrittes führte eine zweite Iteration zu den verbleibenden Residuen mit einer Zyklusperiode (69,3 +- 0,2) Tagen (Abb. 4, rechts). Dieser Zyklus ist im zentralen Teil des gesamten Datensatzes deutlich präsent, wenngleich nicht mit konstanter Amplitude, wobei die Varianz, gezeigt im rechten Bild in der Abbildung 4, bei einer Zykluslänge von 1,4 deutlich über der Messunsicherheit liegt.
Tatsächlich ist der 69,3-d-Zyklus in den individuellen Beobachtungsphasen vor JD = 2452100 nicht zu sehen, kaum

sichtbar bis 53000, wurde dann aber sehr deutlich, um schließlich nach JD = 2453500 wieder schwächer zu werden. Die Ephemeriden der Residuen des V/RMaximums sind 2452996 + 69,3 · E. Die Zykluszeit von 69,3 d ist etwa die Hälfte der orbitalen Periode des Systems von 132,97 d [9]. Ein exaktes 1:2-Verhältnis liegt jedoch deutlich außerhalb einer 3-Unsicherheit. In einem Gegencheck zeigten die mit der orbitalen Periode sortierten Daten eher die Eigenschaften eines Streudiagrammes als eine sinnvolle Phasenkurve. Phasengebundenheit des V/R-Verhältnisses ist bei vielen Doppelsternsystemen beobachtet worden. Wäh-
VdS-Journal Nr. 34

120

Sternbedeckungen

rend Harmanec et al. [10] dies auf die Eigenschaften des Roche-Volumens (z. B. bei 59 Cyg) zurückführt, fanden dagegen Stefl et al. [11] und Okazaki [12] in hydrodynamischen Simulationen, dass eine, bisher stets angenommene, echte Phasengebundenheit von V/R-Variationen nicht vorliegt. Bei 59 Cyg sind sie eher auf Strahlungseffekte zurückzuführen [13], was bei z Tau jedoch nicht wahrscheinlich ist. Stattdessen weisen die Simulationen auf exakte Gezeitengebundenheit hin, die im Fall exzentrischer Doppelsternsysteme gezeiteninduzierte Störungen mit einer Periode entwickeln können, die etwas länger als die orbitale Periode ist. Wir möchten anmerken, dass sich mindestens die Doppelwellenperiode für diese Aussage qualifizieren könnte.
Dieser kleine Unterschied könnte auch eine Erklärung für die starke Amplitudenvariabilität sein: Unter der Annahme, dass die orbitale Periode eine Dichtestörung verursacht, würde sich die V/RVariationszykluslänge, wie beobachtet, zu einer Langzeitperiode mit einem Anregungsmechanismus von etwa 9 Jahren entwickeln.
Diskussion und Ausblick Die in dieser Arbeit vorgelegten Daten erweitern die von Rivinius et al. [2] (dort Abb. 4 im Anhang A) gezeigten z TauSpektren. Während ihre Daten die Jahre 1991 bis 2003 abdecken, wird mit den hier gezeigten Daten der Zeitabschnitt

von 2000 bis 2006 bei fortgeführter Beobachtung abgedeckt. Von engagierten Amateuren durchgeführtes, spektroskopisches Langzeitmonitoring kann der professionellen Astronomie wichtige Daten bereitstellen: z. B. der leicht erfassbare Status des V/R-Zyklus, der durch eine einarmige Dichtewelle verursacht wird, oder auch die Maxima der Äquivalentbreiten bei JD=2450150 und JD=2452600, die nicht mit dem V/RZyklus übereinstimmen.
Der spektroskopische 69,3-d-Zyklus ist ein weiteres Beispiel für Phänomene, die dem professionellen Astronomen wegen der erforderlichen Beobachtungszeitskalen nahezu unzugänglich sind, die aber auf der anderen Seite für den engagierten Amateur kein wirkliches Problem aufwerfen. Ein erster Blick auf die Spektren der Beobachtungssaison 2006/2007 zeigt einen scharfen Anstieg der Äquivalentbreite von etwa 18 bis 26 Å. Zur gleichen Zeit, wie sich wieder das V/R-Verhältnis von V<R nach V>R verändert, erscheint die H-Emission als Dreifach-Peak-Profil, womit wieder ein neuer Zyklus der V/R-Variationen eingeleitet wird.
Danksagung Wir sind Petr Harmanec für seine detaillierten und kritischen Kommentare, die zu einer wesentlichen Erweiterung und Verbesserung dieser Arbeit geführt haben, sehr dankbar.

Hinweis der Redaktion: Der Artikel basiert auf einer Publikation von E. Pollmann und Th. Rivinius im IBVS 5813: ,,H-alpha Observations of zeta Tauri", 16. Januar 2008
Literaturhinweise [1] R. Hanuschik: Verglichen mit
UVES-Wellenlängenmessungen, private Mitt. [2] Th. Rivinius, St. Stefl, D. Baade, 2006: Astron. Astrophys. 459, 137 [3] Y. Guo et al., 1995: Astron. Astrophys. Suppl. Ser. 112, 201 [4] C. Fontaine et al., 1982: Astrophys. J. Suppl. Ser. 49, 259 [5] A. Slettebak und R.C. Reynolds, 1978: Astrophys. J. Suppl. Ser. 38, 205 [6] Y. Andrillat und C. Fehrenbach, 1982: Astron. Astrophys. Suppl. Ser. 48, 93 [7] A. Kaufer et al., 1996: Astron. Astrophys. 305, 887 [8] A. Okazaki, 1997: Astron. Astrophys. 318, 548 [9] P. Harmanec, 1984: Bull. Astron. Inst. Czech. 35, 164 [10] P. Harmanec et al., 2002: Astron. Astrophys. 387, 580 [11] S. Stefl et al., 2007: "Active OBStars: Laboratories for Stellar and Circumstellar Physics", ASP Conf. Ser. 361, 274 [12] A. Okazaki: private Mitt. [13] M. Maintz et al., 2005: Publ. Astron. Inst. ASCR 93, 21

Sternfinsternis über Europa
- Asteroid (472) Roma bedeckt einen 2,7 mag hellen Stern am 8. Juli 2010

von Oliver Klös

- Teil 2: Das Ereignis -
Am 8. Juli 2010 steht am späten Abend ein ganz außergewöhnliches Ereignis an. Der 2,7 mag helle Stern delta Oph im Sternbild Schlangenträger wird von dem nur 13,5 mag hellen Asteroiden (472) Roma bedeckt. Der Schatten des Asteroiden streift dabei über Finnland, Schwe-
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den, Dänemark, Norddeutschland, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Spanien und Portugal. (Abb. 1)
Im 1. Teil dieses Artikels im VdS-Journal für Astronomie Nr. 33 finden Sie wertvolle Hinweise, wie Sie dieses Ereignis beobachten und auch messen können.

Helle Sternbedeckungen über Europa im letzten Jahrzehnt Sternbedeckungen durch Asteroiden sind nicht selten. Dass aber ein solch heller Stern bedeckt wird, ist eine Seltenheit. Es ist sogar möglich, diese Bedeckung mit dem bloßen Auge zu sehen. Zuletzt gab es über Europa ein solches Ereignis im Jahr 2005, als der Asteroid (166) Rho-

Sternbedeckungen

121

dope den Stern Regulus am 19. Oktober 2005 bedeckte. Dieses Ereignis war über dem Süden von Portugal, Spanien und Italien sowie Griechenland zu beobachten. Dabei konnten 12 Beobachter eine Bedeckung melden, drei waren außerhalb des Pfads. [1] Weitere ,,helle" Sternbedeckungen über Europa erfolgten zuvor im September 2002 durch den Asteroiden (345) Tercidina [2, 3]; der bedeckte Stern war 5,5 mag hell, sowie im Dezember 2003, als (925) Alphonsina vor einem 6,2 mag hellen Stern vorbei zog [4].
Das Ereignis Die Bedingungen für die Bedeckung durch (472) Roma sind ideal. Der etwa 51 km große Asteroid schiebt sich gegen 21:57 UT (= 23:57 MESZ) vor den Stern. Für einen Beobachter in der Mitte des Schattenpfades wird der Stern für über 5 Sekunden vom Himmel ,,verschwinden". Dabei fällt die gemeinsame Magnitude von Stern und Asteroid um 10,8 mag auf 13,5 mag, der Magnitude des Asteroiden.

1 Die Karte des vorausberechneten Bedeckungspfads über Europa. Über Russ-
land startet die Bedeckung und setzt sich über Finnland, Schweden, Dänemark, Deutschland, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Spanien und Portugal fort. Auch die Kanarischen Inseln Teneriffa und La Gomera liegen im Pfad. Karte erstellt mit OCCULT 4.0.8.6.

Dabei steht der Zielstern angenehme 30 Grad in südwestlicher Richtung über dem Horizont (Daten für 10 Grad östliche Länge). Genaue Angaben finden Sie in

den Tabellen. Zusammen mit dem sehr nah nebenan gelegenen Stern epsilon Oph bildet der bedeckte Stern delta Oph die ,,Hand", die die Schlange hält.

Der Asteroid

Name: Typ: Entdeckt: Durchmesser: scheinb. Durchm. zum Bedeckungszeitpunkt: scheinb. Helligkeit: Rotationsperiode:

(472) Roma (1901 GP) Asteroid im Hauptgürtel 11. Juli 1901 von L. Carnera in Heidelberg ca. 51 km
0,036 Bogensekunden 13,5 mag 9,8 h [5]

Eine Sternbedeckung durch diesen Asteroiden ist bisher noch nicht beobachtet worden (Stand: Januar 2010).
VdS-Journal Nr. 34

122

Sternbedeckungen

Achtung! Eps Oph steht nur 1,04 Grad bei einem Positionswinkel von 135 Grad vom Zielstern delta Oph entfernt. Stellen Sie sicher, dass Sie den richtigen Stern beobachten! Eps Oph ist ein K0 Stern und etwa 0,5 mag schwächer als unser Zielstern!
Zur Erinnerung ein paar wichtige Punkte aus dem ersten Teil des Artikels: · Testen Sie Ihre Ausrüstung im Vorfeld.
Die Messung üben. · Kommen Sie nicht auf den ,,letzten
Drücker" am Beobachtungsort an. · Lassen Sie sich nicht ablenken, volle
Konzentration ist gefragt. · Pfade verschieben sich fast immer
gegenüber ihrer Vorhersage. Somit ist eine breite Abdeckung des Pfades und seiner Fehlergrenzen wichtig. NICHT ALLE BEOBACHTER AUF DER ZENTRALLINIE PLATZIEREN!

Name: Alternative Bezeichnungen:

Position (J2000.0),
Distanz: Spektraltyp:

Rektasz.: Dekl.:

Der Stern
Yed Prior (arab. ,,die erste Hand"). delta Ophiuchi TYC 5037-01068-1 HIP 79593 SAO 141052 16h 14m 20,8s -03 Grad 41' 38,3'' 170 Lichtjahre M1 III

Der Zielstern ist zwar im Washington Double Star Catalog (WDS) als Doppelstern angegeben, es ist aber für die Bedeckung nicht von Bedeutung. Die Komponente B ist nur 13,4 mag hell und ca. 65 Bogensekunden vom Hauptstern entfernt.

· ,,Negative" Beobachtungen (d. h. keine Bedeckung) unbedingt melden! Sie können bei der Bestimmung der Ränder des Asteroiden helfen.

Noch ein wichtiger Hinweis zur Vorhersage des Pfadverlaufs: Bitte beachten Sie, dass die in diesem Artikel aufgeführten Daten und Grafiken der

Pfadkoordinaten für Deutschland:
Sternbedeckung von HIP 79593 durch (472) Roma am 8. Juli 2010

Östl. Länge o , ,,

Zentrum
Breite o , ,,

UT h ms

15 30 00 15 00 00 14 30 00 14 00 00 13 30 00 13 00 00 12 30 00 12 00 00 11 30 00 11 00 00 10 30 00 10 00 00 09 30 00 09 00 00 08 30 00 08 00 00 07 30 00 07 00 00 06 30 00 06 00 00 05 30 00

56 44 17 56 26 41 56 08 49 55 50 40 55 32 13 55 13 30 54 54 30 54 35 12 54 15 37 53 55 45 53 35 35 53 15 07 52 54 21 52 33 18 52 11 56 51 50 17 51 28 19 51 06 03 50 43 29 50 20 37 49 57 27

21 57 04 21 57 07 21 57 09 21 57 11 21 57 14 21 57 17 21 57 19 21 57 22 21 57 25 21 57 27 21 57 30 21 57 33 21 57 36 21 57 40 21 57 43 21 57 46 21 57 49 21 57 53 21 57 56 21 58 00 21 58 04

Fehler in Zeit = +/- 3 s Vorhersage berechnet am 15. Oktober 2009

Stern
Höhe Azimut o o

Sonne
Höhe o

26 211

-10

26 211

-10

26 210

-10

27 210

-10

27 209

-11

28 209

-11

28 208

-11

28 208

-11

29 208

-11

29 207

-12

30 207

-12

30 206

-12

31 206

-12

31 205

-13

31 205

-13

32 204

-13

32 204

-13

33 203

-13

33 203

-14

34 202

-14

34 202

-14

Pfad Grenzen

Limit 1 o , ,,

Limit 2 o , ,,

57 06 16 56 48 46 56 30 59 56 12 56 55 54 35 55 35 57 55 17 02 54 57 50 54 38 21 54 18 33 53 58 29 53 38 06 53 17 25 52 56 27 52 35 10 52 13 35 51 51 43 51 29 31 51 07 02 50 44 14 50 21 08

56 22 24 56 04 42 55 46 44 55 28 29 55 09 58 54 51 09 54 32 03 54 12 41 53 53 00 53 33 03 53 12 47 52 52 14 52 31 24 52 10 15 51 48 49 51 27 05 51 05 02 50 42 42 50 20 04 49 57 07 49 33 53

Fehler Grenzen

Limit 3 o , ,,

Limit 4 o , ,,

57 31 01 57 13 37 56 55 56 56 37 59 56 19 44 56 01 13 55 42 24 55 23 18 55 03 55 54 44 14 54 24 15 54 03 58 53 43 23 53 22 30 53 01 19 52 39 50 52 18 03 51 55 57 51 33 33 51 10 50 50 47 49

55 57 59 55 40 11 55 22 07 55 03 46 54 45 08 54 26 14 54 07 02 53 47 33 53 27 47 53 07 44 52 47 23 52 26 45 52 05 48 51 44 35 51 23 03 51 01 13 50 39 06 50 16 41 49 53 57 49 30 56 49 07 37

VdS-Journal Nr. 34

Veränderliche 123

Vorhersage auf einer Berechnung vom 15. Oktober 2009 beruhen. Zeitpunkt und Pfadlage können sich auf Grund neuer Positionsdaten von (472) Roma zwischenzeitlich verschoben haben. Bitte informieren Sie sich auf der Webseite der IOTA-ES über die neuesten Berechnungen und Daten. Für die Roma-Bedeckung ist eine spezielle Seite eingerichtet: www. iota-es.de/roma2010.html
Ein neuer Rekord? Bedeckungen heller Sterne ziehen viele Beobachter an. Über 430 Beobachter an 317 Stationen versuchten im Mai 1983 die Bedeckung von 1 Vulpeculae (4,8 mag) durch den Asteroiden (2) Pallas über dem Süden der USA und Mexiko zu beobachten. 131 Stationen konnten eine Bedeckung melden. Dabei behinderten Wolken die Messungen im südlichen Teil des Pfads. [6] Die Bedeckung am 26. August 2003 des Sterns TYC 5757-00353-1 (,,nur" 8,6 mag) durch (420) Bertholda liegt auf Platz zwei der am besten be-

obachtenden Sternbedeckungen durch Asteroiden. [7] Hier waren 145 Beobachter an 136 Stationen dabei, 79 Stationen konnten ein ,,positiv" melden. Diese Bedeckung fand über Europa statt und hatte einen ähnlichen Pfadverlauf wie (472) Roma! Den Weltrekord von 1983 zu brechen wird sehr schwer werden. Sollte aber das Wetter über ganz Europa mitspielen und Sie sich an der Beobachtung beteiligen, so liegt zumindest ein neuer ,,Europarekord" in greifbarer Nähe!
Danke! Der Autor möchte Steve Preston für seine Berechnungen der Vorhersagen danken. Die Daten für diese Sternbedeckung wurden für die Leser des VdS-Journals für Astronomie eigens aktualisiert.
Literaturhinweise: [1] E. Frappa: Euraster.net -
European Asteroidal Occultation Results, http://www.euraster.net/

results/2005/index.html#1019-166 [2] http://www.euraster.net/
results/2002/20020917-Tercidina. html [3] O. Klös und S. Messer, 2003: ,,Am Rand von ,Tercidnia', VdS-Journal für Astronomie 11, 136 [4] E. Frappa: Euraster.net European Asteroidal Occultation Results, http://www.euraster.net/ results/2003/index.html#1222-925 [5] R. Behrend: Kurve der Helligkeitsvariation von (472) Roma, http:// obswww.unige.ch/~behrend/ page2cou.html#000472 [6] D. Dunham et al., 1990: "The size and shape of (2) Pallas from the 1983 occultation of 1 Vulpeculae", Astron. J. 99, 1636, http://adsabs.harvard.edu/ full/1990AJ.....99.1636D [7] E. Frappa: Euraster.net European Asteroidal Occultation Results, http://www.euraster.net/ results/2003/index.html#0826-420

Ein ,,Neuer Stern" im Schützen - Nova V5585 Sgr beobachtet
von Hermann Koberger

Am 20. Januar 2010 wurde die Nova Sgr 2010 (trägt nun den Veränderlichennamen V5585 Sgr) mit 8,5 mag entdeckt und befindet sich auf Rektasz. 18h 07m 26,95s und Dekl. -29 Grad 00' 43,6'' (2000.0), tief im Süden im Sternbild Schütze. Der Autor betreibt in seinem Haus auf Teneriffa eine Sternwarte (Abb. 1) und konnte somit die Nova gut verfolgen. Er beobachtete sie mit einer Canon 450D, mehrmals mit einem Teleobjektiv von 300 mm (Abb. 2) und auch mit seinem 600 mm / 2.100 mm Newton-Teleskop (Abb. 3). Die Helligkeitsmessungen zeigen einen normalen Verlauf einer Nova, auch die Bilder bieten anschaulich typische Veränderungen des Novalebens. So wird mit der Zeit der Stern rötlicher (vergl. Abb. 2 und 3), da er u. a. eine Staubschale bildet. Der Helligkeitsverlauf gemäß den Beobachtungen des Autors (DSLR Grün-

1 Hausstern-
warte Vilaflor auf Teneriffa

Helligkeitsverlauf der Nova V5585 Sgr gemäß den Beobachtungen des Autors (DSLR Grünkanal)

Datum 22.01.2010 23.01.2010 24.01.2010 26.01.2010 06.02.2010

UT 06:53 06:46 06:45 06:50 06:09

scheinb. Hell. 9,09 mag 9,47 mag 9,42 mag 10,62 mag
12,23 mag

Fehlerrahmen 0,01 mag 0,02 mag 0,07 mag 0,10 mag 0,10 mag

verwendete Brennweite 300 mm 300 mm 300 mm
2.100 mm 2.100 mm

VdS-Journal Nr. 34

124

VdS-Nachrichten

kanal) ist der Tabelle zu entnehmen. In den Abbildungen 2 und 3 befindet sich die Nova rechts von der Mitte, einmal als rötlich-weißer Stern (Abb. 2, wegen tiefer Horizontlage sind viele Sterne entsprechend verfärbt) und einmal in reinem Rot (Abb. 3).

2 Oben: Nova V5585 Sgr am
23.01.2010 um 6:46 UT, mit Canon 450D und 300 mm Teleobjektiv, die Nova steht rechts von der Bildmitte (rötlich-weiß).
3 Unten: Nova V5585 Sgr am
06.02.2010 um 6:09 UT, mit Canon 450D durch 600 mm / 2.100 mm Newton, bei ISO 800 wurde 30 s lang belichtet, die Nova steht rechts von der Bildmitte (rot).

Wir begrüßen neue Mitglieder
von Ruth Lulay

Mitgl.-Nr. Name 9793 Schäfer 9784 Wichary

9795 9799 9791 9796 9794 9800 9798 9797 9792 9804 9806 9807 9802

Braun Hasenkrug Hillmann Stobernack Wölper Battenberg Fiebig Bergthal Schäfer Dr. Wörmke Marcus Michels Schallock

Vorname Renate Thomas
Carmen Frank Thomas Michael Hendrik Arthur Ulf Walburga Ralf Reinhold Stephan Daniel Wolfgang Dirk

PLZ 56179 96524
63791 16356 24107 10717 58332 34613 97318 73760 64560 81379 45661 56566 78089

Ort Vallendar Weidhausen/ Föritz Karlstein Ahrensfelde Kiel Berlin Schwelm Schwalmstadt Kitzingen Ostfildern Riedstadt München Recklinghausen Neuwied Unterkirnach

Mitgl.-Nr. Name

Vorname PLZ

9803 Schimpf

Stefan 97332

9810 Facchini

Michael 14612

9808 Förderverein Schulsternwarte

,,Johannes Franz" in Bautzen e.V.

c/o Brauer

Heinz 02625

9809 Görlich

Jürgen 82515

9811 Gottschlich

Bernhard 53844

9805 Häseler

Achim 51377

9812 Lassak

Wilfried 38820

9813 Putz

Christian 45772

9815 Dr. Schifferdecker Arnd 66663

9814 Dr. Ferch

Joachim 33619

9788 Wilk

Michael 86163

Ort Volkach Falkensee
Bautzen Wolfratshausen Troisdorf Leverkusen Halberstadt Marl Merzig Bielefeld Augsburg

VdS-Journal Nr. 34

VdS-Nachrichten

125

Spenden an die VdS
von Thomas Keßler, Schatzmeister

Im Jahr 2009 erhielt unsere Vereinigung wieder zahlreiche Spenden von Mitgliedern. Der Vorstand bedankt sich bei allen Spendern ganz herzlich, auch bei den vielen ungenannten Mitgliedern, die bei der Überweisung der Jahresrechnung den Betrag aufrundeten. Insgesamt erhielt die VdS Spenden in Höhe von 5.128,31 EUR, die teilweise zweckgebunden für bestimmte Projekte verwendet werden. Vielen Dank für Ihre Unterstützung:

M.-Nr. 253 693 714 739 867 1013 1076 1459 1480 1533 1998 2098 2145 2233 2265 2275 2380 2425 2469 2540 2980 3046 3211 3244 3406 3419 3448 3502 3546 3553 3781 3887

Name Beneke Weiser Lienau Grunau Schmid Hermes Dannecker Dorst Wiese Wichmann Glitscher Ranly Dr. Hopp Ilincic Decker Wurm Mattes Kohlhauf Gösser Fehlmann Dr. Hambsch Kuhlmann Hosters Schridde Goessling Fritz Stück Dr. Frank Wildmann Döttling Cordis Rendelmann

Vorame Ernst-Jochen Werner Michel Siegfried Roman Berthold Bruno Friedhelm Willi Wolfgang Gunnar Peter Ulrich Hans Kurt Robert Jürgen Franz Xaver Wolfgang Wolfgang Franz-Josef Werner Peter Klaus-Dieter Hermann Hans Michael Günter Andreas Wolfgang Karl-Ernst Livia Holger

M.-Nr. 3921 3971 4043 4253 4279 4441 4617 4767 4903 4949 5127 5180 5231 5254 5278 5341 5725 5734 5735 5878 6146 6256 6505 6580 6774 6790 6994 7028 7163 7292 7346 7392

Name

Vorame

Küppers

Stephan

Arbgem. VSTW Schriesheim e.V.

Melchert

Sven

Piekors

Horst

Wirz

Jörg

Dr. von Hentig Roger

Grimm

Wolfgang

Schiefer

Heinz

Lerch

Rudolf

Jaspert

Jürgen

Quaas

Eberhard

Güdel

Sven

Bucher

Rolf

Dr. Zillessen Volker

Bensch

Hans-Joachim

Benz

Karl

Stölken

Michael

Miedaner

Gerhard

Berg

Knut

Wiest

Karl

Przewozny

David

Boulnois

Reiner

Schick

Horst

Gronegger

Marwin

Gans

Erich

Walter

Alexander

Wächter

Frank

Uhlig

Joachim

Dr. Oette

Karl-Heinz

Maier

Ernst

Tug

Timur

Steinecke

Peter

M.-Nr. 7621 7710 7779 7898 7994 7998 8057 8175 8275 8463 8465 8493 8495 8599 8615 8638 8650 8765 8860 8904 8913 9022 9107 9125 9197 9204 9285 9434 9545 9604 9605 9710

Name Merklin-Noll Schneider Sturm Spindler Henze Böttcher Seeger Reim Kalmbach Klausmann Meyer Rostalski Langer Miltner Lubenow Petkow Eckert Kretschmer Dr. Bork van der Lip Hauth Pannach Jansen Dr. Schaefer Thiele Werner Heesen Gritz Rubi Dunzer Hoffmann v. Fragstein

Vorame Thomas Robert Christian Rolf Werner Peter Gordon Thomas Martin Steffen Klaus Wolfgang Wilfried Rainer Oliver Evelyn Dieter Michael Jens Peter Jan Johannes Günter Peter Christoph Mario Walter Volker Michael Claus Klaus-Dieter Hans-Werner Sybille

Informationsschriften verschiedener VdS-Fachgruppen

Mitglieder können ab sofort an der Geschäftsstelle die verschiedenen Info-Flyer abrufen und sich über die Arbeit und Leistungen der einzelnen VdS-Fachgruppen informieren. Mit der Fertigstellung des neuen Flyers Fachgruppe ,,Visuelle DeepSky-Beobachtung" liegen nun insgesamt 12 solcher Informationsschriften vor.
Schriften nachfolgender Fachgruppen sind kostenlos an der VdS-Geschäftsstelle erhältlich:

- Amateurteleskope/Selbstbau

- Atmosphärische Erscheinungen

- Computerastronomie

- Dark Sky - Initiative gegen Lichtverschmutzung

- Visuelle Deep Sky Beobachtung

- Kometen

Die FG-Flyer informieren

- Meteore

in Wort und Bild über die Arbeiten

- Planeten

in den Fachgruppen und helfen

- Sonne

bei der direkten Kontaktaufnahme.

- Spektroskopie

VdS-Geschäftsstelle:

- Veränderliche BAV

E-Mail: service@vds-astro.de

- Vereinigung der Sternfreunde e.V.

Postfach 1169, 64629 Heppenheim

VdS-Journal Nr. 34

126

VdS-Nachrichten

Die Mitgliederentwicklung
von Otto Guthier, VdS-Vorstand

Zuletzt wurde über die Mitgliederentwicklung in unserer Vereinigung im Frühjahr 2009 ausführlich berichtet [1]. In diesem Artikel haben wir versucht, die Entwicklung und Tendenzen der letzten zehn Jahre zu beleuchten. Dabei war zu konstatieren, dass seit dem Jahr 2005 die Mitgliederzahl weitgehend stabil blieb, aber im Gegensatz zu früheren Jahren stagnierte. Heute soll über die jüngste Entwicklung berichtet werden. Dabei interessiert uns die Frage, ob das astronomische Jahr 2009 mit den vom Vorstand initiierten zusätzlichen Leistungen und Angeboten der VdS Wirkung auf die Entwicklung der Mitgliederzahlen gezeigt hat.
Die Mitgliederstatistik zum 31. Dezember 2009 weist einen Zugang von 166 Mitgliedern (Vorjahr 139) aus, was einem Zuwachs von 19 Prozent entspricht. Zum 31. Dezember 2009 hatte die VdS mit 4120 Mitgliedern den höchsten Stand seit Bestehen. Nach Berücksichtigung der Aufkündigungen in Höhe von 96 (Vorjahr 120) Mitgliedschaften und der verstorbenen Mitglieder ergab sich ein effektiver Mitgliederstand zum 1.1.2010 von exakt 4002 Vereinsmitgliedern.

Diese Zahl liegt über dem bislang höchsten Stand aus dem Jahr 2005. Das bedeutet, dass der Nettozuwachs 48 Mitglieder beträgt, was 1,1 Prozent entspricht. Soweit können wir von einer positiven Entwicklung berichten, die letztmalig im Jahr 2003 (1. Astronomietag) zu verzeichnen war. Diese erfreuliche Tendenz wird auch durch die steigende Zahl von Nachfragen über eine VdS-Mitgliedschaft gestützt. Bemerkenswert ist auch, dass die Zahl der Aufkündigungen nach einem Höchststand im Jahr 2006 mit 161 erheblich zurückgegangen ist.
Auch in den ersten drei Monaten des Jahres 2010 steigt die Zahl der Eintritte erheblich an. Mit 63 Eintritten in diesem Zeitraum liegt das Niveau deutlich über dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres mit 38 Neuzugängen.
Die Gründe für diese insgesamt erfreuliche Entwicklung sind sicherlich vielfältiger Natur. Zum einen mögen die Aktivitäten im astronomischen Jahr 2009 dazu beigetragen haben, insbesondere die erstmals von der VdS in Zusammenarbeit mit dem Kosmos Verlag aufgelegte Broschüre ,,Astronomie 2009", die in ei-

ner Stückzahl von 150.000 gedruckt und verschickt wurde. Sicherlich gibt es weitere Gründe für die steigenden Mitgliederzahlen, etwa durch die vierte Ausgabe unserer Mitgliederzeitschrift ,,VdS-Journal für Astronomie" (bei unveränderten Mitgliedsbeitrag), die erheblich an Attraktivität gewonnene Webseite der VdS (mit einem völlig neuen Auftritt seit November 2008), und die im Jahr 2009 erstellten Infoschriften zu den diversen Fachgruppen der VdS (FG-Flyer). Auch die gute Zusammenarbeit mit ,,Sterne und Weltraum" und die Kooperation mit der größten deutschen Astronomie-Zeitschrift haben das Leistungsangebot der VdS verbessert und bietet den Mitgliedern noch mehr Attraktivität.
Dabei ist nicht zu verkennen, wie wichtig die Präsenz der VdS auf Messen und Tagungen ist. Auf solchen Veranstaltungen gelingt es Jahr für Jahr, Sternfreunde von den Leistungen der VdS zu überzeugen und neue Mitglieder für die VdS zu werben.
Helfen auch Sie mit und werben Sie Neumitglieder.
[1] O. Guthier 2009: ,,Die Mitgliederentwicklung der VdS seit 1998", VdS-Journal für Astronomie, Nr. 29, 126

Jahr Mitgliederstand per 1. Januar Neueintritte Wiedereintritte

2000
3583 354 19

VdS-Mitgliederentwicklung
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

3757 305 8

3864 189 17

3865 274 12

3973 227 9

4000 181 9

3943 209 5

3962 200 7

3958 137 0

3954 165 1

4002

Eintritte (gesamt)

373

313

-10,40% -8,30%

206

286

-5,30% -7,40%

236

190

214

-5,90% -4,80% 5,43%

207 5,22%

137 166 3,46% 4,20%

Austritte
Davon -durch Tod -unbekannt verzogen -keine Beiträge gezahlt -Austrittserklärungen

199 -5,50%
13 35 40 111

206 -5,40%
20 12 24 150

205

178

-5,30% -4,60%

5

16

34

35

29

0

137

127

209

247

195

211

141 118

-5,30% -6,20% -4,90% -5,33% 3,56% 2,98%

13

18

14

20

13

17

22

26

19

14

7

5

28

58

1

37

0

0

146

145

161

140

121 96

Nettozuwachs

174 4,9%

107 2,8%

1 0,0%

108 2,8%

27 0,7%

-57 -1,4%

14 0,4%

-4 -0,1%

-4

48

-0,1% 1,2%

VdS-Mitgliederbewegung 2000-2010, Mitgliederstand jeweils am 1. Januar

VdS-Journal Nr. 34

VdS-Nachrichten

127

VdS-Vorstand aktuell
von Sven Melchert

Seit der letzten Mitgliederversammlung im Oktober 2009 ist der neu gewählte VdS-Vorstand zu drei Vorstandssitzungen zusammengekommen. Die konstituierende Sitzung des neuen Vorstands fand am 8. November 2009 in Köln statt; im neuen Jahr folgten die Vorstandssitzungen am 27. Februar in Heppenheim und am 17. April in Lüneburg. Für das Jahr 2010 sind zwei weitere Vorstandssitzungen geplant: Mitte August in Heppenheim und Anfang November in Köln. Im Rahmen der ersten Vorstandssitzung wurden die Arbeitsschwerpunkte und Ziele für die Zeit bis zur nächsten Mitgliederversammlung im September 2011 festgelegt. Über den Fortgang dieser Arbeitsschwerpunkte und weitere Themen möchten wir Sie regelmäßig im VdS-Journal für Astronomie informieren. Sehr gerne hören wir dazu auch Ihre Meinung, weitere Vorschläge oder sogar von Ihrer Bereitschaft, hier und dort die VdS-Arbeit zu unterstützen.
Der VdS-Messestand Bereits auf dem ATT Ende Mai präsentierte sich die VdS mit neuem Auftritt. Den großen, unhandlichen und sehr in die Jahre gekommenen Messeaufsteller lösen drei von Alexander Weis gestaltete ,,Rollups" ab (siehe Abb.). Der große Vorteil dieser ausziehbaren Messeplakate: Sie sind kompakt und können auch zu anderen Veranstaltungen leicht mitgenommen werden. Und sie sehen auch viel moderner aus!
Der Astronomietag ... ... soll natürlich auch in den kommenden Jahren stattfinden. Als Termin für den Astronomietag 2011 hat der Vorstand dank der schnellen und zahlreichen Rückmeldungen zum diesjährigen Astronomietag den 9. April 2011 ins Auge gefasst. Dann steht der Mond einige Tage vor dem ersten Viertel, so dass er zwar zu beobachten ist, spätere Deep-Sky-Beobachtung aber nicht besonders stört. Die Anmeldung zum Astronomietag konnte bereits in diesem Jahr per Internet erfolgen. Zum kommenden AT wird es auch möglich sein, Prospekte und Plakate online ordern zu können.

Die VdS-Medaille Diese Auszeichnung für besonders engagierte Amateurastronomen wird laut Beschluss der Mitgliederversammlung in Zukunft die Bezeichnung ,,Deutscher Preis für Astronomie - verliehen durch die Vereinigung der Sternfreunde e.V." tragen und alle zwei Jahre auf der VdSMitgliederversammlung verliehen werden. Jedes Mitglied hat das Recht, einen Kandidaten vorzuschlagen - Anregungen nimmt der Vorstand mit einer kurzen Begründung gerne entgegen.
Observatorium Hoher List Im Januar waren Otto Guthier, Eberhard Bredner und Sven Melchert zu Besuch auf dem Hohen List in der Eifel. Die Sternwarte präsentierte sich in einer bezaubernden Winterlandschaft, und beim Anblick der zahlreichen Teleskope konnte man nur staunen. Eventuell wird sich die Möglichkeit ergeben, einige Teleskope auch für VdS-Mitglieder zugänglich zu machen.
Terminkalender im Internet Seit einigen Monaten hat die VdS in Zusammenarbeit mit ,,Sterne und Weltraum" und ,,astronomie.de" die Sammlung aller Veranstaltungstermine übernommen. Wer sich über Tagungen, Treffen und andere Veranstaltungen informieren möchte, findet die komplette Liste unter www. vds-astro.de unter dem Reiter ,,Für Mitglieder" im Punkt ,,Termine". Selbstverständlich drucken wir die kommenden Termine aber auch weiterhin im VdSJournal für Astronomie für Sie ab.
2 Blick in die
Zukunft: Das neue Gebäude der Sternwarte Kirchheim

1 VdS
unterwegs: Eines der neuen Messeplakate
Sternwarte Kirchheim Die Volkssternwarte Kirchheim e.V., seit vielen Jahren Partner der VdS, arbeitet seit 2009 an einem neuen Gebäude. Darin wird das 50-cm-Teleskop aufgestellt werden. Zum Erwerb einer neuen, modernen Montierung für dieses Teleskop, das dann auch allen VdS-Mitgliedern zur Verfügung stehen wird, hat der Vorstand eine Spende in Höhe von 4000 Euro an die Sternwarte Kirchheim beschlossen. Die Geschichte der VdS Bei diesem Punkt sind wir besonders auf die Mithilfe aller Mitglieder angewiesen. Klar ist: Die VdS wurde am 9. April 1954 gegründet und ist die Nachfolgeorganisation des ,,Bund der Sternfreunde", gegründet 1921. Aber was hat sich in den Jahren seit der Gründung der VdS alles ereignet? Wer hat sie geprägt, wo finden sich Höhen und Tiefen? Der Vorstand möchte eine ausführliche Darstellung der VdS-Geschichte erarbeiten und freut sich hier ganz besonders um Nachrichten (auch Fotos!) aus dem Mitgliederkreis.
VdS-Journal Nr. 34

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