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BEITRAG
4 VdS-Medaille 2007 an Werner Braune (Guthier Otto)
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0 28. VdS-Tagung in Stuttgart Kurzbericht (Beitrag)
BEITRAG
5 Komet 17/P Holmes mit Helligkeitsausbruch (Guthier Otto)
6 30 Jahre Volkssternwarte Kirchheim - 15 Jahre VdS-Sternwarte (Schulz Jürgen)
9 Die Beiträge für das Kalenderjahr 2008 sind fällig (Kessler Thomas)
13 15 Jahre Kooperation mit der Volkssternwarte Kirchheim (Guthier Otto)
14 Die VdS-Sternwarte Kirchheim - eine kurze Zeitreise (Wolf Rainer)
16 Sternwarte Kirchheim - schon lange Feriensternwarte (Rucks Peter)
19 Die "familiäre" Sternwarte (Schneider Oliver)
20 Astrourlaub in Kirchheim: Die ersten Jahre (Holl Manfred)
24 Kometenbeobachtung in der Sternwarte Kirchheim (Wulff Andre)
27 Traumurlaub auf der VdS-Sternwarte in Kirchheim (Flechsig Gerd-Uwe)
29 Veränderliche Sterne und noch viel mehr (Rätz Kerstin, Rätz Manfred)
32 Bericht über die Volkssternwarte Kirchheim (Brinkmann Bernd)
32 Optimierung des großen Newton der Sternwarte (Westerhoff Thomas)
34 Verbesserungen an einr EQ-5 (Sporny Georgi)
35 Selbstbau eines Handrohres zur Bestimmung der Himmelshelligkeit 1 (Stepputat Klaus)
38 Wechseladapter für okularseitige Komponenten (Sporny Georgi)
39 Wie ein Fels in der Brandung (Strauß Harald)
40 Neues aus der FG Astrofotografie (Riepe Peter)
42 Mein Einstig in das Hobby der Astrofotografie (Hackenberg Peter)
46 Die Toomre-Sequenz - wenn Welten zusammenstoßen (Diederich H.-G.)
48 Mein Observatorium in Afrika - 2 (Willasch Dieter)
53 Die Farben der Sterne - Teil 1 (Riepe Peter, Tomsik Harald)
56 Mass Segregation in M 5 (Diederich H.-G.)
57 Farbkalibration einer CCD-Aufnahme mit Hilfe von G-Sternen - 1 (Riepe Peter, Tomsik Harald)
61 9. "Light and Color in Nature" Konferenz (Hinz Claudia)
66 Das Selbstbauprojekt Universal Timer (Tuchan Thomas)
68 Superschnelle Sterne mit der Videokamera erwischt (Mrotzek Manfred)
72 Multilayer - Software zur Berechnung dünner optischer Schichten - 2 (Jahns Helmut)
75 Wie hell ist SN 2006jc (Diederich H.-G.)
76 Fachgruppe Deep Sky - Neues Journal 25 (Bohle Jens)
76 Die Umlaufbewegung des Doppelsterns Xi Bootis (Vollmann Wolfgang)
79 Astro auf La Palma: Astropalma (Bohle Jens)
81 Buchprojekt: Wie sieht das Objekt im Fernrohr aus (Lohuis Christoph, Hauswald Frank)
84 Vor 50 Jahren: Der erste künstliche Satellit im All (Fritz Olaf)
84 Fachgruppe Geschichte der Astronomie Neues J. 25 (Steinicke Wolfgang)
85 Ein Deckenfresko aus dem 15. Jahrh. als Himmelskarte (Witt Volker)
87 Der Himmelsglobus der Marienbibliothek (Meinike Mechthild)
89 Prof. Ludwig Schupmann (Köchling Peter)
91 Erinnerungen an das ASL und ein Projekt aus der Planetenforschung (Fleischer Iris)
92 Mössbauerspektroskopie mit den Mars-Exploration- Rovern (Fleischer Iris)
93 Dank VEGA von der Profi- zur Hobby-Astronomie (von Borstel Ingo)
94 Raumfahrt und Astronomie live in Berlin (Hoffmann Susanne)
95 Mein Weg zur Astrometrie von Kleinplaneten (Gierlinger Richard)
98 NEOs und PHAs - schnelle Kleinplaneten in Erdnähe (Vollmann Wolfgang)
101 Kosmische Begegnungen Journal 25 (Ries Wolfgang, Hohmann Klaus)
103 Helle Kometen des Jahres 2008 (Meyer Maik)
106 Aufgang der Venus über dem Mond am 18.6.2007 (Niechoy Detlev)
107 Abendsichtbarkeit der Venus 2007 (Gröll Helmut)
109 Venus im ultravioletten Licht (Gährken Bernd)
112 Venus im UV und Feinstrukturen der Sonnenoberfläche (Ackermann Gabriele, Ackermann Jörg)
113 Das Treffen der Sonnenbeobachter in Rosenheim 2007 (Delfs Michael, Fritsche Steffen, Junker Elmar)
115 Sonnenbeobachtungen in den Jahren 2004 bis 2006 (Kosbi Klaus)
118 Sonnenbeobachtung im H-Alpha-Licht - 2 (Lille Wolfgang)
120 V696 Mon und Pi Aqr im H-alpha-Licht (Pollmann Ernst)
122 Neues aus der FG Veränderliche (Bannuscher Dietmar)
123 Zwergnovae und ihre Folgen (Schabacher Markus)
125 Veränderlichen-Beobachtungswoche an der Sternwarte Kirchheim 2007 (Zimmermann Thomas, Bakan Stephan)
127 M wie Messier Journal 25: M 81, M 82, M 106 (Güths Torsten)
131 Ägypten 2006 - Eine Sofi-Reise und mehr (Schatzmann Bernd)
131 Neues aus der FG Einsteigerastronomie (Wulfrath Hans-Jürgen)
136 Warum werden bei Sonnenfinsternissen "Baily´s Beads" Beobachtet (Guhl Konrad)
138 10 Jahre VdS-Journal (Guthier Otto)
140 Buchbesprechung "Einführung in die Beobachtung Veränderlicher Sterne" (Bastian Ulrich)
141 Buchbesprechung "Bronzezeitliche Astronomie" (Filling Holger)
142 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen Journal 25 (Celnik Werner E.)
143 Vorschau auf astronomische Ereignisse Journal 25 (Celnik Werner E.)
25
0 Einladung zur 27. Planeten- und Kometentagung (Beitrag)
BEITRAG
0 Editorial Journal 25 (Guthier Otto)
Textinhalt des Journals 25
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145
- Erratum
142
VEGA-Jugendarbeit der VdS Seite 91
Kosmische Begegnungen... Seite 101
Planet Venus Seite 107 ff
Treffen der FG Sonne Seite 113
10 Jahre ,,VdS-Journal" Seite 138
VdS-Journal Nr. 25
4 NACH REDAKTIONSSCHLUSS
28. VdS-Tagung und Mitgliederversammlung in Stuttgart
Vom 2. bis 4. November fand im CarlZeiss-Planetarium in Stuttgart die 28. Tagung und Mitgliederversammlung der Vereinigung der Sternfreunde e.V. statt. Die Tagung begann am Freitag Abend im Keplersaal mit einem sehr interessanten und spannenden Vortrag von Prof. Dr. Klaus Werner, Uni Tübingen, zum Thema ,,Sakurai-Objekte und ihre Nachfolger: Erkenntnisse über das Innere von Roten Riesen", den rund 65 Sternfreunde aufmerksam verfolgten.
Die Tagung wurde am Samstag von Prof. Dr. H. U. Keller, Direktor des Planetariums und Marcus Arzt, 1. Vorsitzender der Schwäbischen Sternwarte Stuttgart, sowie dem Vorsitzenden der VdS, Otto Guthier, eröffnet. Ein von Wolfgang Steinicke organisiertes Vortragsprogramm mit insgesamt zehn Beiträgen von Hobby-Astronomen schloss sich an, das leider von nur rund
110 Sternfreunden besucht wurde. Die äußerst interessanten Vorträge von VdS-Mitgliedern hätten einen größeren Zuspruch verdient gehabt!
Am Nachmittag fand die 28. ordentliche Mitgliederversammlung der VdS statt, an der 75 VdS-Mitglieder und damit mehr als vor zwei Jahren, teilnahmen. In den neuen 7-köpfigen Vorstand wurden gewählt:
Vorsitzender: Otto Guthier, Heppenheim Schatzmeister: Thomas Keßler, Lüneburg Schriftführer: Ernst Pollmann, Leverkusen Beisitzer: Jost Jahn, Uelzen; Sven Melchert, Heidelberg; Dietmar Bannuscher, Herschbach; Hans Jürgen Wulfrath, Seckach. Aus dem Vorstand schieden Wolfgang Steinicke, Jens Bohle, Dieter Friedrich und Susanne Hoffmann aus, denen der Vorsitzende für die Tätigkeit in den vergangenen Jahren dankte.
Am Samstag Abend trafen sich die Mitglieder in den ,,Urban-Stuben" zu einem gemütlichen Beisammensein und Gedankenaustausch mit den Kollegen der Schwäbischen Sternwarte, die das Programm mit organisiert hatten. Zum Abschluss konnten die Teilnehmer am Sonntag Vormittag die Sternwarte Welzheim besichtigen, die seit 2004 über ein Großteleskop mit 0,9 m Öffnung verfügt. Rundum war es eine gelungene Tagung, zu der sich leider nur wenige Mitglieder eingefunden hatten.
Hinweis: Ein ausführlicher Beitrag zu der Tagung und Mitgliederversammlung lesen Sie in der nächsten Ausgabe ,,VdS-Journal Nummer 26".
VdS-Medaille 2007 an Werner Braune
von Otto Guthier, VdS-Vorstand
Die Verleihung der 9. VdS-Medaille fand am 3. November 2007 im Rahmen der Mitgliederversammlung der VdS in Stuttgart statt.
Die VdS-Medaille erhielt Werner Braune aus Berlin für seine herausragenden Verdienste auf dem Gebiet der Veränderlichenbeobachtung. Ein sichtlich bewegter Werner Braune nahm unter Beifall der anwesenden Mitglieder die Medaille und Urkunde aus der Hand des Vorsitzenden Otto Guthier entgegen. Der Preis ist mit einer für die VdS nicht unbedeutenden Summe von 500.- EUR dotiert und ehrt Hobbyastronomen für herausragende Tätigkeiten auf dem Gebiet der Amateur-Astronomie, für Entdeckungen oder für Arbeiten im Bereich der Volksbildung. Die Laudatio auf den neuen Preisträger wurde von Gerd-Uwe Flechsig vorgetragen, der in seinen Ausführungen die langjährigen Arbeiten und Tätigkeiten des Preisträgers würdigte. So erfuhren die Zuhörer, dass Werner Braune bereits im Jahr 1957 seine erste Lichtkurve eines Veränderlichen anfertigte, der bis zum
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Abb1: Die Aufnahme zeigt den glücklichen VdS - Medaillenträger 2007 Werner Braune (Mitte) zusammen mit Gerd-Uwe Flechsig (links) und Otto Guthier (rechts) Aufnahme: Christoph Prall
Jahre 2000 rund 1300 Ergebnisse folgten. Der VdS-Vorstand gratuliert Werner Braune zu dieser Auszeichnung und wünscht ihm weiterhin viel Erfolg und alles Gute.
Übrigens: Mitglieder können bis zum 31. März 2008 Vorschläge für den VdS-
Medaillenträger 2008 einreichen. Nähere Angaben zu dieser Auszeichnung finden Sie auf unserer Website www.vds-astro. de. Bitte reichen Sie Ihre Vorschläge mit einer schriftlichen Begründung bei unserer Geschäftsstelle ein.
NACH REDAKTIONSSCHLUSS 5
Komet 17P/ Holmes mit Helligkeitsausbruch
von Otto Guthier
Abb. 1: Komet 17P/Holmes zwischen dem 24. und 26. Oktober 2007. Aufnahme von F. Colas und J. Lecacheux am 1-m Spiegel der Sternwarte auf dem Pic du Midi.
Für eine sensationelle Überraschung sorgte am 24. Oktober der periodische Komet 17/P Holmes mit einem Helligkeitsausbruch um 14 Größenklassen! Dieser ansonsten nur etwa 16-17 mag helle Schweifstern hatte innerhalb weniger Stunden einen bisher nie beobachteten Anstieg auf ca. 2,3 mag. Mit diesem Anstieg ist er um etwa 500.000 mal heller geworden, ein einmaliger Vorgang und für den VdS-Vorstand Anlass, ein Schnellzirkular an unsere Mitglieder zu versenden. Der Komet befindet sich in Opposition und ist im Sternbild Perseus für uns Mitteleuropäer optimal zu beobachten. Bei Abfassen dieses Berichtes, Anfang November, hatte der Komet seine Helligkeit gehalten. Der im Ausbruch sternförmige Komet entwickelte binnen kurzer Zeit eine sich rasch ausdehnende Koma mit einem ca. 7-8 mag hellen zentralen ,,false nucleus". Ende Oktober wurden die ersten Schweifbeobachtungen gemeldet und die Koma hatte fast eine Ausdehnung von 30 Bogenminuten erreicht. Die Materie verließ den nur ca 3,3 Kilometer großen Kern mit einer Geschwindigkeit von über 500 km/sec.
erreicht. Experten vermuten, dass der Kern auseinandergebrochen ist und sich der Komet allmählich auflösen wird. Strukturen der inneren Koma deuten auf diesen Zerfall des Kerns hin. Eine Serie von Aufnahmen, die von F. Colas und J. Lecacheux am 1-m Spiegel auf dem Pic du Midi in den Pyrenäen gewonnen wurden, belegen die rasante Ausdehnung der Koma. Auch viele Hobby-Astronomen konnten den Kometen unter idealen Bedingungen beobachten und ablichten. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Ausbruch und das weitere Schicksal des Kometen entwickeln wird.
Abb.2: Komet 17P/Holmes am 31. Oktober mit C9,25 F:10 Canon 20 D, ISO 800 ab 20:15 UT. Autor ist Thomas Wahl.
Rätselhaft sind die Gründe dieses abnormen Helligkeitsanstieges. Zum Zeitpunkt des Ausbruches befand sich 17 P/Holmes rund 360 Millionen Kilometer von der Sonne und 245 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Rätselhaft ist auch, weshalb der Komet 173 Tage nach der größten Annäherung an die Sonne dieses Schicksal ereilte. Das Perihel hatte 17 P/Holmes am 4. Mai 2007 in einem Abstand von 2,05 AE auf seiner knapp sieben Jahre dauernden Umlaufzeit
Abb. 3: Komet 17P/Holmes am 31. Oktober mit 400-mm Hypergraph 1:8, Pentax 10D, 8x30 sec; Autor: Bernd Flach-Wilken, Wirges/Westerwald.
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6 VdS-STERNWARTE
30 Jahre Volkssternwarte Kirchheim - 15 Jahre VdS-Sternwarte
von Dr. Jürgen Schulz
Abb. 1: Teilnehmer des Jugendlagers 1978 mit ihren selbstgebauten Teleskopen
Die Volkssternwarte Kirchheim feierte in diesem Jahr ihr 30jähriges Jubiläum - Grund genug, ihre Entwicklung noch einmal Revue passieren zu lassen, leistet sie doch seit der Wende wesentliche Beiträge zum Zusammenwachsen der beiden deutschen Astronomieszenen. Als ausschließlich von Hobbyastronomen errichtete und ehrenamtlich betriebene öffentliche Sternwarte dieser Größe ist sie einmalig in Deutschland. Sie bietet als einzige deutsche Volkssternwarte jedem interessierten Sternfreund die Möglichkeit, als Gastbeobachter mit den vorhandenen großen Teleskopen selbstständig eigene Beobachtungsprogramme durchzuführen. Seit 15 Jahren geschieht dies in enger Kooperation mit der Vereinigung der Sternfreunde. Schätzungsweise jedes fünfte VdS-Mitglied hat die VdS-Sternwarte Kirchheim schon besucht. Manchen noch abseits Stehenden zu motivieren, auch einmal an unserer Sternwarte Ferien zu machen, ist Anliegen dieses Beitrags.
Kleinbildkamera bewaffnet entstanden die ersten Fotos der Sternbilder, die von unserem Lehrer dankbar für die anschauliche Gestaltung des Astronomieunterrichts eingesetzt wurden. Schon bald erwachte der Wunsch, die Himmelsobjekte größer und heller zu sehen. Nach ersten Erfolgen beim Selbstbau eines 12-cm-Newton-Teleskops mit Gabelmontierung gesellten sich
bald weitere Sternfreunde hinzu, und wir gründeten eine Fachgruppe, den Vorläufer des heutigen Vereins. Es war die Zeit des Aufbruchs in den Kosmos. Der erste Mensch betrat den Mond. So fiel unser Vorschlag zur Errichtung einer Volkssternwarte bei den Lokalpolitikern auf fruchtbaren Boden. Ein Gemeinderatsbeschluss wurde gefasst und der Standort festgelegt. Wir knüpften Kontakte zu professionellen Sternwarten und Amateurastronomen, um möglichst viel Know-how für eine solide Planung zu sammeln. Denn eines stand von Anfang an fest: Wir mussten alles selbst entwerfen und bauen, denn das Geld war knapp und Baufirmen nicht verfügbar. Alle Bedenken hinsichtlich der schwierigen Versorgungssituation in der DDR schoben wir in jugendlicher Euphorie beiseite und arbeiteten jede freie Minute wie besessen an der Verwirklichung unseres Projektes, nicht ahnend, dass es uns das ganze Leben nicht mehr loslassen würde. Unsere Voraussetzungen waren ideal: Gunter war mittlerweile als Werkzeugmacher tätig, ich studierte Physik. Theoretisches Wissen und praktische Fertigkeiten bildeten so eine fruchtbare Symbiose. In langen Nächten nahm auf dem Reißbrett die Montierung für ein 40-cm-Spiegelteleskop Stück für Stück Formen an. Parallel lief die Materialbeschaffung. Begeisterung steckt bekanntlich an, und so erfuhren wir von
Wie alles begann... Im kleinen thüringischen Dorf Kirchheim vor den Toren der Landeshauptstadt Erfurt begannen vor 40 Jahren zwei astronomiebegeisterte Schüler - mein Freund Gunter Freydank und ich - den Sternhimmel zu beobachten. Mit Feldstecher und
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Abb. 2: Jugendklub der Sternwarte beim Kuppelbau Sommer 1979
VOLKSSTERNWARTE KIRCHHEIM e.V. 7
Abb. 3: Gunter Freydank und der Autor bei der ,,Probefahrt" auf dem Kuppelbasisring - Herbst 1979
Abb. 4: Montage der Holzkuppel - Herbst 1979
vielen Seiten großartige Unterstützung: Familie, Freunde und Bekannte packten tatkräftig zu, Betriebe erlaubten die unentgeltliche Nutzung von Maschinen zur Metallbearbeitung oder zum Bau. Alles wurde zunächst privat finanziert, dann der Schock: Als der Grundstein für den Kuppelbau mit Vortragsraum gelegt werden sollte, sah sich die Gemeinde plötzlich außer Stande, die Finanzen bereit zu stellen, hatte aber keine Einwände gegen die private Errichtung einer Sternwarte am vorgesehenen Standort. Was tun? Aufgeben kam nicht in Frage. Das Teleskop war zu 70% fertig, aber unsere bescheidenen Mittel so gut wie aufgebraucht. Der Plan für das massive Gebäude musste aufgegeben, die Teleskopöffnung auf 30 cm
Abb. 5: Schüler-AG am 30-cm-Teleskop 1979
reduziert werden. Wir entschlossen uns kurzerhand, einen Teil der häuslichen Fachwerkscheune abzureißen und errichteten aus den gewonnen Balken eine Leichtbaukonstruktion mit abfahrbarem Dach. Im Winter 1975/76 war der Rohbau fertig, aber auch unsere Finanzen am Ende. Nun war guter Rat teuer. Mein Vater wies den Weg aus der Krise, indem er mit uns einen Bekannten aufsuchte, der an führender Position in der Kreisverwaltung saß. Wir schilderten die Situation, und dieser aufgeschlossene Mann sagte uns spontan seine Unterstützung zu. Wir verfassten auf seinen Rat hin eine Petition an den Kreistag, in der wir Stand und Ziele unseres Sternwartenprojekts detailliert darstellten. Eine astronomische Arbeitsgemeinschaft
an der Kirchheimer Schule betreuten wir ja schon einige Jahre, und sinnvolle Freizeitgestaltung der Jugend hatte hohen Stellenwert und wurde staatlich gefördert. Tatsächlich fasste der Kreistag den Beschluss, die von uns erbrachten finanziellen Vorleistungen zu erstatten und zum 1. Januar 1977 die Sternwarte in die Trägerschaft der Gemeinde zu überführen. Dies war die Geburtsstunde der Volkssternwarte Kirchheim! Noch im gleichen Jahr sah unser 30-cm-CassegrainTeleskop ,,first light". Unsere Freude war unbeschreiblich, als wir erstmals den Saturn mit dem von der Astrooptikfirma Wilke/Greßmann in Falkensee gelieferten Spiegel beobachteten und unsere komplett selbst entwickelte und in eigener Werkstatt gebaute Montierung ihre hohe mechanische Stabilität unter Beweis stellte. Dieses Teleskop war den hohen Anforderungen astronomischer Öffentlichkeitsarbeit gewachsen: robust, zuverlässig, sofort einsatzbereit. Von nun an konnten wir regelmäßige öffentliche Beobachtungen anbieten, Schulklassen und Arbeitsgemeinschaften tiefe Blicke ins All ermöglichen. Über die Urania - die Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse - organisierten wir spezielle Vorträge und Sternführungen für Betriebe der Region, Seniorenklubs, Familienfeiern und sonstige Interessierte. Federführend war dabei mein Freund und ehemaliger Astrolehrer Dr. Uwe Walther. Daneben kam natürlich auch die amateurastronomische Arbeit nicht zu kurz. Seit dieser Zeit trifft sich unsere Gruppe, bestehend aus Facharbeitern, Lehrern, Studenten, Schülern, Physikern, Ingenieuren und Technikern regelmäßig
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8 VdS-STERNWARTE
Abb. 6: Kuppelrohbau nach Alu-Eindeckung 1980
jeden letzten Freitag im Monat an der Sternwarte. Wir sind zu einem eingeschworenen Astro-Freundeskreis zusammengewachsen.
Unser dem Kreistag vorgelegtes Projekt sah bereits den Bau einer 6-m-Kuppel vor. Gunter und ich hatten beschlossen, die uns erstatteten Gelder für ein zweites Teleskop einzusetzen. Zu dieser Zeit hatte sich bereits eine enge Freundschaft mit dem Astronomen Erich Bartl entwickelt. Selbst am 2-m-Teleskop in Tautenburg arbeitend, engagierte er sich unermüdlich für die Amateurastronomie und insbesondere die Instrumentenbauer in der DDR. An der Sternwarte in Apolda stand sein Eigenbau 90-cm-Teleskop. Seine Sammlung optischer und mechanischer Baugruppen war legendär. An seinem Tisch planten wir unser 50-cm-NewtonTeleskop, das 1981 in Betrieb gestellt wurde und seither unser Flaggschiff ist. Doch zuvor war erst einmal der Kuppelbau zu errichten. Nach einer Vorlage von Anton Stauss wurde die Konstruktion am Reißbrett entworfen. Dann fällten wir
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im Wald die nötigen Windbruch-Bäume, die wir anschließend in einer Sägemühle zu Brettern und Bohlen verarbeiteten. Gehobelt und zu runden Segmenten gesägt wurde diese in der Tischlerwerkstatt eines Verwandten. Die Verleimung zu Spanten und die Vormontage des tragenden Kuppelskeletts erfolgte in der heimischen Scheune. Parallel dazu wuchs der zweigeschossige massive Kuppelbau, natürlich wieder in Eigenbau in der Freizeit. Dann wurde die Kuppel in einem Großeinsatz an einem Wochenende auf die vorbereitete Laufschiene montiert und winterfest gemacht. Im nächsten Jahr folgte die Eindeckung mit Alu-Blech. Unterstützt wurden wir dabei wieder von vielen freiwilligen Helfern. Unsere AG-Schüler erwarben bei dieser Gelegenheit viele nützliche Fertigkeiten für ihr späteres Leben. Ab 1978 organisierten wir jeden Sommer astronomische Jugendlager, die neben Vorträgen und Beobachtungen auch immer Einsätze zum Aufbau der Sternwarte einschlossen. Bis zur Wende kamen auf diese Weise Hunderte von angehenden und gestandenen Amateurastronomen aus
der ganzen DDR und Osteuropa nach Kirchheim. Einige waren so begeistert, dass sie später Urlaub als Gastbeobachter an unseren Teleskopen machten - die Idee einer Feriensternwarte war geboren. Sehr bald wurde klar, dass wir einen größeren Vortragsraum und Gästezimmer brauchten. Unsere Sternwarte hatte sich schon einen guten Ruf in der Region erworben und war in der ganzen Republik bekannt. Deshalb gelang es uns auch, die Amtsträger des Kreises Arnstadt trotz der zunehmenden wirtschaftlichen Probleme zu überzeugen, finanzielle Mittel für ein Sozialgebäude bereit zu stellen, das wieder komplett in Eigenleistung errichtet wurde. Hinzu kamen infrastrukturelle Maßnahmen, wie Strom, Wasser, Abwasser und Straßenbau, die ebenfalls in unermüdlicher Freizeitarbeit realisiert werden mussten. Das zehnjährige Jubiläum der Sternwarte konnten wir schon im neuen Vortragsraum begehen und den Startschuss für den regulären Feriensternwartenbetrieb geben. Die Beiträge von Rainer Wolf und Peter Rucks in diesem Heft vermitteln einen lebendigen Eindruck aus dieser Zeit.
VOLKSSTERNWARTE KIRCHHEIM e.V. 9
Neue Wege nach der Wende... Die zahllosen unentgeltlichen Arbeitseinsätze beim Bau, der Erhaltung und Modernisierung der Sternwarte haben bei allen Beteiligten eine tief verwurzelte Bindung zu unserer Sternwarte wachsen lassen, die auch die schwere Zeit der Wende nicht erschüttern konnte. Sehr bald nach der Wiedervereinigung firmierten wir zum gemeinnützigen Verein ,,Volkssternwarte Kirchheim e.V.", um im Rechtssystem der Bundesrepublik geschäftsfähig zu sein. Das bisherige Volkseigentum landete bei der Treuhand und musste schnellstens in bundesdeutsche Eigentumsformen überführt werden. Nach kritischer Einschätzung unserer Möglichkeiten schlossen wir mit der Gemeinde einen Vertrag, der die Rechte und Pflichten beider Parteien klar regelte: Die Kommune übernimmt von der Treuhand die Gebäude und klärt die Eigentumsfrage des Grund und Bodens. Der Verein übernimmt die Instrumente und bekommt als Betreiber das uneingeschränkte Nutzungsrecht für die Sternwarte. Für den Betrieb und die Erhaltung ist allein der Verein zuständig. Er kann dafür
Abb. 7: Fundamentarbeiten am Vortragsgebäude 1984
auf Antrag entsprechend den finanziellen Möglichkeiten von der Gemeinde unterstützt werden. Dieser von uns initiierte Vertrag hat sich bis heute als tragfähig erwiesen und ist noch immer die Basis
unserer Arbeit. Auch wenn unsere kleine Kommune finanziell kaum Spielräume für freiwillige Leistungen hat, klappt die Zusammenarbeit gut. Im Gegenzug ist die Sternwarte ein fester Bestandteil des kultu-
Die Beiträge für das Kalenderjahr 2008 sind fällig!
von Thomas Keßler, VdS-Vorstand
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Da leider regelmäßig mehr als 10% der Mitglieder gemahnt werden, vorsorglich noch einmal der Hinweis, dass nach der Satzung die Mitgliedschaftsrechte ruhen, wenn der Beitrag nicht bis zum 31. März bezahlt ist. Diejenigen, die den Beitrag bis zu diesem Termin nicht gezahlt haben, halten die für sie vorerst letzte Ausgabe des Journals in den Händen. Lassen Sie es bitte nicht soweit kommen.
Bei Fragen im Zusammenhang mit der Beitragszahlung, können Sie sich auch direkt an den Schatzmeister unter thomas.kessler@ vds-astro.de oder schriftlich an Thomas Keßler, Postfach 1930, 21309 Lüneburg wenden.
VdS-Journal Nr. 25
10 V d S - S T E R N W A R T E
Abb. 8: Überdachung des Kuppelaufgangs 2006
Abb. 9: Abendliche Beobachtung am Rande der 15. CCD-Tagung
rellen Lebens in unserer Region. Wir bieten wöchentlich öffentliche Beobachtungen an, betreuen Schülerarbeitsgemeinschaften und schulische Projektarbeiten. Das Einzigartige unserer Sternwarte ist aber immer noch die Offerte an interessierte Amateurastronomen, als Gastbeobachter an unseren Instrumenten zu beobachten. Dass dies heute in Kooperation mit der VdS geschieht, ist einem Besuch von Otto Guthier im Jahre 1991 zu verdanken. Er war mit seiner Familie auf dem Weg ins Weingebiet von Saale und Unstrut und wollte eigentlich nur kurz unsere Sternwarte kennen lernen. Nach der Besichtigung saßen wir auf der ,,Astronomenbank" am Eingang des Vortragsgebäudes, und ich erzählte ihm von unseren Erfahrungen mit der Feriensternwarte. Das war sein Stichwort: Er berichtete mir von jahrelangen Bemühungen eine VdS-Sternwarte zu etablieren. Projekte in Italien und Südfrankreich waren wegen der Kosten und der großen Entfernung gescheitert. Ob wir uns denn vorstellen könnten, unsere Teleskope auch VdS-Mitgliedern zur Verfügung zu stellen, fragte er mich. Ein leistungsfähiges Observatorium im Herzen Deutschlands würde sicher gut angenommen. Natürlich würde sich die VdS auch finanziell beteiligen, Instrumente beisteuern und nach Kräften bei der Erweiterung der technischen Beobachtungsmöglichkeiten mitwirken. Das klang verlockend, bot es doch die Chance, unsere Einrichtung in ganz Deutschland bekannt zu machen. Das Thema musste vertieft werden. Gleichaltrig und gleichermaßen begeistert von unserem Hobby, entwickelten wir bei einem guten Wein noch am gleichen Abend einen Fahrplan, wie VdS und Kirchheim zusammen kommen könnten. Bald gab es
VdS-Journal Nr. 25
den ersten Besuch des VdS-Vorstands bei uns. Man erkannte schnell die Chancen einer Kooperation. In freundschaftlicher Atmosphäre wurden die Randbedingungen festgeklopft. Ich erklärte mich bereit, auf der Mitgliederversammlung in Wuppertal unsere Sternwarte vorzustellen und einen Antrag zur Aufnahme offizieller Verhandlungen über die Nutzung als VdS-Sternwarte einzubringen. Mein Vortrag wurde interessiert aufgenommen, ein entsprechender Beschluss von der Mitgliederversammlung gefasst. Die Details verhandelte ich in langen Nachtsitzungen mit dem Beauftragten des Vorstands Gerhard Bußjäger, der als Jurist vom Bodensee nach Thüringen gekommen war. Am 20. Juni 1992 erfolgte dann im Rahmen einer Vorstandssitzung die feierliche Unterzeichnung des ,,Vertrags über eine VdS-Sternwarte" zwischen dem Vorsitzenden der VdS, Werner E. Celnik und den Vertretern der Volkssternwarte Kirchheim. Im $1 wurde das Ziel dieser Kooperation formuliert: ,,Mit der Errichtung einer Feriensternwarte der VdS an der Volkssternwarte Kirchheim soll allen VdS-Mitgliedern die Möglichkeit gegeben werden, an leistungsfähigen Teleskopen mit modernsten Zusatzgeräten zu beobachten." Um einem immer noch verbreiteten Missverständnis vorzubeugen: Die VdS erwarb damit keinerlei Eigentumsrechte, sondern sicherte Ihren Mitgliedern lediglich die bevorzugte und vergünstigte Nutzung der Teleskope und der gesamten Infrastruktur der Sternwarte. Als Gegenleistung gewährt die VdS einen jährlichen Zuschuss und beteiligt sich entsprechend ihren Möglichkeiten am Ausbau und der Verbesserung der Beobachtungstechnik. Beide
Vertragsparteien haben seither viel getan, diesen Vertrag mit Leben zu erfüllen. Die VdS steuerte kleinere Teleskope bei und beteiligte sich an der Modernisierung von Zusatzinstrumenten. Besonders hervorzuheben ist die FG Sonne, die auf Initiative von Peter Völker hochwertige Instrumente zur H-alpha-Beobachtung zur Verfügung stellte. Unser Kirchheimer Verein investierte vorrangig in die Modernisierung der Montierungen, neue Teleskope, Okulare, Filter, Kameratechnik und die Infrastruktur. Die Gesamtinvestitionen ohne Sachspenden betrugen in den 15 Jahren unserer Zusammenarbeit rund 95.000 Euro, woran sich die VdS mit 4.200 Euro beteiligte. Die Betriebskosten lagen bei 138.000 Euro, bezuschusst durch die VdS mit 16.800 Euro. Es wurde an dieser Stelle bereits mehrfach über die Arbeit der VdS-Sternwarte berichtet, zuletzt ausführlich im Heft 18 (III/2005). Gastbeobachter schilderten im Journal und anderen astronomischen Publikationen ihre Erfahrungen und Ergebnisse. Einige unserer Gäste melden sich auch in diesem Heft mir interessanten Beiträgen zu Wort. Auf der Webseite der VdS ist dargestellt, was Gastbeobachter bei uns erwartet. Für neue Leser hier noch einmal die wichtigsten Fakten:
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Die neue EQ-6 Pro Montierung
ist ein solider Unterbau für große Fernrohroptiken bis etwa 18 kg Gewicht. Dabei ist sie sowohl für visuelle, als auch für fotografische Zwecke sehr gut einsetzbar. Die EQ-6 Pro ist eine Weiterentwicklung der bewährten EQ-6 Montierung und bereits serienmäßig mit GoTo-Steuerung ausgestattet.
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12 V d S - S T E R N W A R T E
Abb. 10: Gastbeobachter am 50-cm-Teleskop 1995
Optional steht in der 6-m-Kuppel eine Zeiss-VIII-Montierung mit hochpräzisem Schneckenrad, ebenfalls ferngesteuert über Guide, zur Verfügung. Der Hauptflansch der Deklinationsachse trägt ein Newtonteleskop 500/2500 mm mit huckepack montiertem Zeiss-ASRefraktor 200/3000 mm. Auf der anderen Seite der Deklinationsachse ist eine aplanatische Zeiss-Kamera 300/450/900 mm mit einem korrigierten Gesichtsfeld von 5x5 Grad angeflanscht mit einem Zeiss-ASRefraktor 110/1650 mm zur Nachführung. Fotografiert wird mit 6x6 Rollfilm.
Daneben können noch die transportablen Instrumente C8, Lichtenknecker FagottRefraktor 127/1900 mm und ZeissTelementor 63/840 mm mit entsprechenden Montierungen genutzt werden.
Ein breites Sortiment an Okularen, Filtern und Adaptern, Herschel-Prismen zur Sonnenbeobachtung sowie ein Protuberanzenansatz nach Lille bieten für jedes Auge etwas. Umfangreiche grafische Dokumentationen aller Kombinationsmöglichkeiten mit den verschiedenen Teleskopen, die unser Sternfreund Peter Große in akribischer Arbeit erstellte, garantieren auch Ungeübten ein erfolgreiches Beobachten des Tag- und Nachthimmels. Highlights für Sonnenfreaks sind der 0,5Å-DayStar-Filter und das 0,7Å-Solarscope, die interessante Einblicke in die Physik und Dynamik der Sonnenaktivität eröffnen.
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Nachtastronomen können neben fotochemischen Kameras auch mit moderner CCD-Technik experimentieren. Eine AlphaMaxi mit blauempfindlichem KAF401E-Sensor von OES und eine auch für Videografie geeignete STV-Kamera der Firma SBIG sind verfügbar. Dank der präzisen Winkelencoder und der Kopplung zwischen Teleskopsteuerung FS-2 und dem Planetariumsprogramm Guide ist das Auffinden auch sehr lichtschwacher Objekte trotz der langen Brennweiten in kürzester Zeit problemlos möglich. Die Sternwarte bietet in drei Gästezimmern Unterkunft für max. 10 Personen. Alle Räume sind mit Telefon ausgestattet. Neben Küche und Bad können die Gastbeobachter den Vortragsraum mit Bibliothek, PC, TV, Videorekorder und DVD-Player nutzen. Internetanbindung über DSL steht ebenfalls zur Verfügung. Für Seminare und Tagungen sind Overhead- und Diaprojektor sowie ein Beamer vorhanden.
Einige Zahlen mögen die erfolgreiche Entwicklung belegen: - Bis zum heutigen Tag wurde die VdS-
Sternwarte 425 mal gebucht - 92% aller Anmeldungen gingen von VdSMitgliedern aus. - Insgesamt nutzten 2.960 Amateurastronomen an 2.307 Tagen die Sternwarte. - Zählt man die Aufenthalte aller Sternfreunde zusammen, erhält man 7.000 Beobachtertage. - Betrachtet man nur die reinen Beobachtungsaufenthalte ohne Seminare und
Vorstandsveranstaltungen, so nutzten mehr als 500 verschiedene Sternfreunde unser Angebot.
- Sechs Reservierungen für insgesamt 65 Amateure liegen für die nächsten Monate vor.
Wir unterscheiden nach dem Nutzungscharakter vier Kategorien: - Individuelle Gastbeobachter - Thematische Kurse - Fachgruppenveranstaltungen und - Treffen auf Initiative des Vorstands
der VdS.
Die Verteilung auf diese Kategorien hatte ich 2005 bereits umfassend dargestellt. Daran hat sich seither nichts Wesentliches geändert. Die Individualbeobachter machen mit über 80% der Aufenthalte und mehr als 90% der Belegungstage mit Abstand das Gros der Nutzer aus. Aber auch manche Fachgruppe und der Vorstand schätzen die zentrale Lage und die gute Infrastruktur. So fand in diesem Jahr bereits zum 15. Mal in Folge die Tagung der FG CCD-Technik bei uns statt, die FG Veränderliche führte bereits ihren dritten Einführungskurs in Kirchheim durch. Beide Fachgruppen haben für nächstes Jahr wieder reserviert.
Allein für die Betreuung und technische Einweisung der Gäste in die Bedienung der Teleskope haben wir Kirchheimer Sternfreunde über die Jahre unentgeltlich mehr als 7.000 Stunden unserer Freizeit geopfert und 10.000 Kilometer mit dem Auto zurückgelegt. Nahezu 1.000 Sätze Bettwäsche wurden in der heimischen Maschine gewaschen und ungezählte Male die Sternwarte gereinigt. Das Ganze erfolgt ausschließlich ehrenamtlich und fällt nicht immer leicht, da wir uns die Zeiten nicht aussuchen können, sondern immer dann präsent sein müssen, wenn die Gäste kommen. Die meisten Beobachter wissen diese Mühe zu schätzen. Ihr positives Feedback motiviert uns immer wieder von neuem. Manche Anregung fließt ein in Projekte und bringt unsere eigene astronomische Arbeit voran. Wer genauere Informationen zur technischen Ausstattung, den Investitionen und den Finanzen haben möchte, der sei wiederum auf meinen Artikel im Heft 18 verwiesen. Die wichtigsten Maßnahmen der vergangenen zwei Jahre waren die Überdachung des Kuppelaufgangs sowie die noch laufende Sanierung des Geräteschuppens und der Fußböden. Am
V O L K S S T E R N W A R T E K I R C H H E I M e . V. 13
50-cm-Teleskop wurde der Newtonauszug komplett umgebaut. Er erlaubt heute die vignettierungsfreie Himmelsfotografie mit Kameras bis Kleinbildformat. Ein System von Ringschwalben ermöglicht den schnellen Wechsel von fotografischer auf visuelle Beobachtung. Für eine deutliche Verringerung des Tubus-Seeings sorgt jetzt ein Lüfter hinter dem Hauptspiegel. Im Vortragsraum wurde ein mit EU-Mitteln geförderter Beamer installiert.
Dieser kurze Rückblick auf 30 Jahre Volkssternwarte Kirchheim erfüllt uns mit Freude und ein wenig Stolz auf das Geschaffene. Für die ungezählten ehrenamtlichen Stunden, die in all den Jahren beim Aufbau der Sternwarte, der Öffentlichkeitsarbeit und der Betreuung der Gastbeobachter geleistet wurden, kann ich als Vorsitzender unseren
Vereinsmitgliedern nur immer wieder herzlich danken und große Hochachtung zollen. Besonderer Dank gilt meiner Frau Liane, die seit 26 Jahren immer Verständnis für meine vielen Einsätze an der Sternwarte aufbringt und selbst die Hauptlast der Beherbergung trägt. In den letzten Jahren haben wir einige jüngere Mitglieder gewonnen, die mit großem Elan und Kreativität unsere Sternwarte weiter voranbringen. Das lässt mich beruhigt in die Zukunft blicken. Auch wenn das vor zwei Jahren von uns auf die Agenda gesetzte große VdS-Teleskop bisher nicht realisiert wurde, bin ich optimistisch, dass wir in den nächsten Jahren eine Lösung für den Engpass bei der verfügbaren Beobachtungszeit an unseren Teleskopen finden werden. Ein erster Anlauf unseres Kirchheimer Vereins für ein eigenes 60-cm-RC-Teleskop ist leider kurz
vor der Lieferung wegen Abkündigung durch die Herstellerfirma gescheitert. Der Verein war bereit, sich dafür auf Jahre zu verschulden. Leider werden die eingeworbenen Fördermittel wohl unwiederbringlich verloren gehen. Aber wir geben nicht auf und verfolgen hartnäckig weiter unser Ziel. Vielleicht reift beim Vorstand doch noch die Überzeugung, dass der exklusive Zugriff auf ein großes VdSeigenes-Teleskop manchen Sternfreund motivieren könnte, der VdS beizutreten. Die VdS-Sternwarte würde auf alle Fälle an Anziehungskraft gewinnen. Doch unabhängig davon sind wir Kirchheimer bereit und festen Willens, die Zusammenarbeit mit der Vereinigung der Sternfreunde auch in Zukunft fortzusetzen.
Aufnahme: Michael Hensel, Glienicke (C) Volkssternwarte Kirchheim
15 Jahre Kooperation mit der Volkssternwarte Kirchheim e. V.
von Otto Guthier
Mehrfach wurde im ,,VdS-Journal für Astronomie" in den letzten Jahren über die VdS-Sternwarte und Volkssternwarte Kirchheim e.V. berichtet. Jürgen Schulz hat in seinem einleitenden Beitrag zum Schwerpunktthema dieser Ausgabe bereits das Wesentliche geschrieben.
Das 30-jährige Jubiläum der Volkssternwarte Kirchheim e.V., das am 22. September 2007 in Kirchheim begangen wurde, und der seit nunmehr 15 Jahren bestehenden Zusammenarbeit der Kirchheimer Sternfreunde mit der VdS möchten wir zum Anlass nehmen, unsere Mitglieder umfassend zu informieren.
Für die VdS war das Thema Feriensternwarte bereits in den 70-er und 80-er Jahren ein besonderes Anliegen. Um den Standort und Bau einer vereinseigenen Sternwarte im Ausland wurde damals heftig diskutiert und gestritten. Doch es gab keine konkreten Lösungen und Ergebnisse. Erst eine Mitgliederbefragung im Jahr 1989 machte deutlich, dass ein Großteil der VdS-Mitglieder nicht bereit war, ein solches Projekt im Ausland zu unterstützen bzw. überhaupt regelmäßig zu nutzen.
Nach der Wende suchte der VdS-Vorstand Kontakte zu den Sternfreunden in
Kirchheim, 25 Kilometer südwestlich von Erfurt gelegen. Im September 1991 kam es zu einem ersten Besuch an der Sternwarte Kirchheim. Die ersten persönlichen Kontakte zwischen Jürgen Schulz und dem Verfasser dieser Zeilen entwickelten sich sehr bald zu einer engen Zusammenarbeit bei dem Konzept einer Feriensternwarte der VdS. Auf der VdS-Tagung 1991 in Wuppertal unterbreitete Jürgen Schulz auf der Mitgliederversammlung der VdS das Angebot, die gut ausgerüstete Volkssternwarte Kichheim als ,,Feriensternwarte" der VdS nutzen zu können. Am 20. Juni 1992 wurde in Kirchheim der Nutzungsvertrag mit dem Vorstand der Kirchheimer Sternfreunde und dem VdSVorsitzenden unterzeichnet.
Nun konnten VdS-Mitglieder eine im Herzen Deutschlands gelegene und gut erreichbare Volkssternwarte als ,,Feriensternwarte" nutzen. Vielen Sternfreunden waren bislang schöne Aufenthalte und Beobachtungsnächte möglich geworden. In den 15 Jahren, die zwischenzeitlich vergangen sind, haben mehr als 500 verschiedene Amateurastronomen, größtenteils Mitglieder der VdS, an über 2000 Tagen die Einrichtungen und Teleskope der Sternwarte genutzt. Eine stolze Bilanz!
Hinzu kommen viele Veranstaltungen, Tagungen und Treffen der Mitglieder von Fachgruppen sowie Sitzungen des VdSVorstandes. In all den Jahren haben die Kirchheimer Sternfreunde diese Gäste betreut und viel Arbeit auf sich genommen, um den Aufenthalt angenehm zu gestalten.
Für den geleisteten Einsatz und die gewährte Gastfreundschaft der Sternfreunde möchte ich mich auch im Namen der VdS und aller Besucher bei Jürgen Schulz, seiner Frau und den Kirchheimer Sternfreunden bedanken.
Lesen Sie nun auf den nächsten Seiten, was die verschiedenen Autoren zur Sternwarte in Kirchheim und zu ihren Aufenthalten zu berichten wissen. Es bleibt zu hoffen, dass die gute Zusammenarbeit sich weiter entwickelt und in Zukunft noch viele Sternfreunde und VdS-Mitglieder das Angebot der Volkssternwarte Kirchheim e.V. als VdS-Sternwarte nutzen dürfen.
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14 V d S - S t e r n w a r t e
Die VdS-Sternwarte Kirchheim - eine kurze Zeitreise in die 90er Jahre
von Rainer Wolf
Die Sternwarte in Kirchheim war schon zu DDR-Zeiten eine der größten und vom Instrumentarium umfangreich ausgestatteten Volkssternwarten. Da zur damaligen Zeit Astronomie in der Schule noch ein wichtiger Bestandteil im Lehrplan war, wurden auch solche Einrichtungen gerne zu Weiterbildungszwecken und für astronomische Jugendlager gefördert.
Als ich 1989 zum ersten Mal die Möglichkeit hatte, die Sternwarte zu besuchen, wurde diese in den Sommermonaten Juli und August restauriert und vieles um- und ausgebaut. Durch meinen handwerklichen Beruf konnte ich bei vielen Arbeiten mitwirken und sogar noch die herzliche Gastfreundschaft der Sternwarte bei Familie Jürgen Schulz durch kostenlose Unterbringung und Verpflegung genießen. Selbst die Beobachtungen an den vielfältigen Teleskopen der Sternwarte kam dabei
VdS-Journal Nr. 25
nicht zu kurz. Ich war total begeistert von den damals von mir als Riesenteleskope empfundenen Instrumenten, vor allem dem in der 6-m-Kuppel stehenden 50-cm Newton-Teleskop und dem huckepack montierten 20-cm AS-Refraktor von Carl Zeiss Jena, getragen von einer schweren Zeiss VIII Montierung. So kam es, dass ich schon frühzeitig mit einigen Astrofreunden
für das darauf folgende Jahr 1990 einen Astrourlaub im August reservierte.
Von den ersten visuellen Eindrücken der Riesenteleskope war ich so sehr begeistert, dass von nun an regelmäßig jedes Jahr im Frühjahr und Spätsommer je eine Woche Astrourlaub in Thüringen auf der Sternwarte in Kirchheim geplant wurden.
Objekt M 45 M 81 mit SN M 51 M 101
Daten
12.09.1994 N 500/2500, Bel.-Zeit 45 min. Aufnahme: R.Wolf / U. Schwarzkopf 20.04.1993 N 500/2500, Bel.-Zeit 45 min. Aufnahme: R.Wolf / U. Schwarzkopf 22.04.1993 N 500/2500, Bel.-Zeit 50 min. Aufnahme: R.Wolf / U. Schwarzkopf 22.04.1993 N 500/2500, Bel.-Zeit 60 min. Aufnahme: R.Wolf / U. Schwarzkopf
Tab. 1: Anbei eine Übersicht der Bilddaten:
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Durch die großzügigen Unterbringungsmöglichkeiten auf der Sternwarte konnten gleich mehrere astronomiebegeisterte Beobachter die dortigen Geräte nutzen. Nun konnten wir in zwei Teams zu je zwei Hobby-Astronomen an den Instrumenten der 6-m-Kuppel und der großen Rolldachhütte visuell und fotografisch beobachten. Zu unserem Glück kam noch dazu, dass wir in allen Jahren unseres Astrourlaubs immer wieder schönes Wetter hatten und die tollen Beobachtungsbedingungen mit dem umfangreichen Instrumentatrium für ausgeprägte Nacht- und Tagesbeobachtungen (Sonne) nutzen konnten. Zu jener Zeit gab es noch keine CCD-Kameras, DSLRKameras oder Web-Cams und Autoguider usw. Die Himmelsaufnahmen wurden noch mit konventionellen Filmen, vor allem mit dem gehyperten Negativkleinbildfilm TP 2415 und einer VX-1 Spiegelreflexkamera von Vixen mühselig erstellt und im Fotolabor im Untergeschoss der 6-mKuppel am nächsten Tag immer mit Spannung entwickelt. Die Ergebnisse konnten sich durchaus sehen lassen, so dass auch viele unserer schönsten DeepSky-Aufnahmen nicht nur die Wände der Kirchheimer VdS-Sternwarte schmückten,
sondern auch für nachfolgende Gästebeobachter als gute Veranschaulichung dienten.
Auch die kulturellen Angebote tagsüber waren sehr vielfältig, so dass nie auch nur der Gedanke an Langeweile oder Heimweh aufkam. Rings um Kirchheim sind viele Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Das Angebot reicht für mehrere Beobachtungsaufenthalte auf der Sternwarte! Wie zum Beispiel die Thüringische Landessternwarte in Tautenburg mit dem größten Schmidt-Teleskop der Welt (2 m Durchmesser) oder die Sternwarte in Sonneberg mit dem größten Fotoplatten-Archiv für Veränderliche Sterne, die alte Urania-Sternwarte in Jena, das optische CarlZeiss-Museum in Jena
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oder die zahlreichen Ritterburgen aus dem Mittelalter, wie die berühmte Wartburg in Eisenach, die Wachsenburg oder die Klosterruinen in Paulinzella, um nur einige der Ausflugsziele zu nennen.
Rückblickend kann ich nur sagen: Es waren beeindruckende und erlebnisreiche 90er Jahre auf der VdS-Sternwarte in Kirchheim, die mich astronomisch sehr geprägt haben und vor allem für mich unvergesslich bleiben werden. Ein besonderer Dank gilt der überaus herzlichen Gastfreundschaft der Familie Jürgen Schulz sowie dem gesamten Sternwartenteam. Ich kann nur jedem astronomiebegeisterten Sternfreund einen längeren Aufenthalt an dieser schönen und sehr gut ausgerüsteten Sternwarte mitten im Herzen Deutschlands empfehlen.
Sternwarte Kirchheim - Schon lange eine Feriensternwarte
von Peter Rucks
In diesem Jahr ist die Volkssternwarte Kirchheim 30 Jahre alt geworden. Astronomisch gesehen ist das nur ein verschwindend kleiner Moment im Universum, jedoch für uns Menschen ist das schon eine ganze Menge. Persönlich kenne ich die Sternwarte und ihre Amateurastronomen seit 1980. Als Lehrling las ich in der Zeitschrift Astronomie und Raumfahrt [1] die Einladung zum zweiten astronomischen Jugendlager der Sternwarte Kirchheim. Das war die Gelegenheit für mich, endlich einmal Gleichgesinnte kennen zu lernen, Erfahrungen auszutauschen, astronomische Vorträge zu hören und mit größeren Fernrohren zu beobachten. Das Jugendlager und all die netten Menschen dort haben meine Erwartungen damals weit übertroffen, es war einfach schön. Die Sternwarte bestand zu dieser Zeit aus Beobachtungsstation mit abschiebbarem Dach und Kuppelgebäude, wobei letzteres noch fast leer war. Die Kuppel diente im Jugendlager als Vortragsraum und das Erdgeschoss beherbergte einige transportable Fernrohre sowie eine provisorisch eingerichtete Dunkelkammer. In der Beobachtungsstation befand sich als größtes Gerät ein 300/4500-CassegrainTeleskop kombiniert mit einem 140/1400Refraktor. Zur Astrofotografie konnten mehrere Teleobjektive mit 135 mm bis
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Abb. 1: Vorbereitungen zur Sonnenbeobachtung im Jugendlager 1980
Abb. 2: Sternwartenkuppel als Vortragsraum im Jugendlager 1980 (Rechts J. Schulz und Mitte G. Freydank, die Gründer der Sternwarte)
500 mm Brennweite angebaut werden. Für uns war das eine ganz hervorragende Ausrüstung, hatten wir doch meist nur kleine Fernrohre mit 50 mm bis 80 mm Öffnung auf einfachen Montierungen zu Hause. Neben der praktischen und theoretischen Astronomie blieb dann noch genügend Zeit für zwei Exkursionen, einen Arbeitseinsatz zum Erhalt der Sternwarten und auch geselliges Beisammensein am Lagerfeuer [2].
Der Leiter der Sternwarte Dr. Jürgen Schulz bot mir an, wieder zu kommen und in der Sternwarte Urlaub zu machen. Im Sommer 1981 war ich erstmalig alleine dort, gerade zu der Zeit wo viele Sternfreunde zur Beobachtung einer totalen Sonnenfinsternis nach Sibirien gefahren waren. In Kirchheim betreute mich damals Gunter Freydank, das heißt, er übergab mir einen dicken Schlüsselbund und erklärte mir kurz alles, dann hatte ich die ganze Sternwarte für mich. Ein tolles Gefühl, wo in anderen Sternwarten alles nur unter Aufsicht und vieles gar nicht ging, wurde mir hier von Anfang an sehr viel Vertrauen entgegengebracht. Es zeichnet die Kirchheimer Sternfreunde aus, dass sie anderen und insbesondere auch jungen Sternfreunden erlauben, die Sternwarte und ihre Geräte zu nutzen (damals sogar
18 V d S - S T E R N W A R T E
Abb. 3: Teilnehmer des Jugendlagers 1980
kostenlos!). Natürlich funktionierte nicht alles gleich und ich habe viel geübt, gelernt und so nach und nach kam ich immer besser mit der Technik zurecht und auch meine Astroaufnahmen wurden immer besser. Neben der Beobachtungstechnik habe ich mir in Kirchheim viel Dunkelkammerpraxis angeeignet. In den ersten Jahren gab es nur einen Wasserhahn außen am Kuppelgebäude und es bedurfte
ton-Teleskop beobachten. Ich bewundere den Fleiß und die Ausdauer, mit der die Kirchheimer all das aufgebaut haben. In den Jahren 1982 und 1986 fanden weitere Jugendlager statt [4], [5], [6], wo ich selbst bei der Durchführung mitgeholfen habe. Diese Lager waren immer wieder ein Erlebnis und haben Gäste und Veranstalter geprägt. Außerdem verbrachten so wie ich auch andere Sternfreunde ihren Urlaub
Abb. 4: Arbeitseinsatz im Jugendlager 1982
Abb. 5: Arbeitseinsatz im Jugendlager 1982
Abb. 6: Sternwartenkuppel als Vortragsraum im Jugendlager 1982
Abb. 7: Teilnehmer des Jugendlagers 1982
VdS-Journal Nr. 25
Abb. 8: Beobachtungsstation und Kuppelgebäude der Sternwarte Kirchheim 1981
schon einiger Tricks, in der anfangs provisorisch eingerichteten Dunkelkammer zu entwickeln. Wenn doch mal irgendetwas ,,klemmte", konnte ich mich immer an Gunter wenden. Mir hat das alles sehr viel Spaß gemacht und ich habe viele praktische Erfahrungen gesammelt, die mir heute noch zugute kommen [3].
So kam ich auch in den darauffolgenden Jahren regelmäßig jeden Sommer wieder. Die Unterkunft war sehr einfach und verglichen mit heutigen Ansprüchen eher Camping. Ich fand es toll, jedes Mal war es wie ein ,,Abtauchen" in eine andere Welt, nachts in die Sterne schauen und fotografieren bis zur Morgendämmerung, ein bisschen schlafen, dann ab in die Dunkelkammer und wieder von vorne. Natürlich gab es nicht nur schönes Wetter, trotzdem war mir dort nie langweilig und auch ein heftiges Gewitter, ganz alleine in der Sternwarte erlebt, hatte etwas. Dr. Jürgen Schulz und Gunter Freydank standen mir stets hilfreich zur Seite und natürlich gab es auch immer Gelegenheit zum Fachsimpeln. Während ich jeden Sommer die Sternwarte für ein bis zwei Wochen nutzen durfte, waren die Kirchheimer Sternfreunde übers Jahr fleißig beim Bauen. So nach und nach wurde die Sternwarte schöner und immer perfekter in ihrer Einrichtung und Ausstattung. 1986 war es dann endlich soweit, man konnte mit dem großen 500/2500-New-
Abb. 9: Sternwartenkuppel im Mondschein 1984
in Kirchheim und man konnte schon von einer Feriensternwarte sprechen. Die Entwicklung zur VdS-Sternwarte nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten war aus meiner Sicht eine sehr gute Fortsetzung bereits vorhandener Traditionen. Heute ist die Kirchheimer Sternwarte mit moderner Gerätetechnik ausgestattet. Ein großer Bungalow bietet einen schönen Vortragsraum und gute Übernachtungsmöglichkeiten [7], [8].
Als 1987 meine Studentenzeit zu Ende ging, wurden meine Besuche in Kirchheim seltener und kürzer, aber wir haben uns nie aus den Augen verloren und unsere Wege haben sich immer wieder getroffen. Ich bedanke mich herzlich bei allen Kirchheimer Sternfreunden und wünsche euch weiterhin viele schöne Beobachtungsabende in eurer Sternwarte!
Literatur: [1] Schulz, J.: Sommerlager junger
Amateurastronomen Kirchheim 1980, Astronomie und Raumfahrt 18, 29 [1/1980]
[2] Schulz, J., Freydank, G., Vlahosz, M., Grosse, P., Schubert, F.: Astronomisches Jugendlager Kirchheim 1980, Astronomie und Raumfahrt 19, 28 [1/1981]
[3] Rucks, P.: Ferien in der Sternwarte
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Abb. 10: Cassegrain-Teleskop in der Beobachtungsstation mit abschiebbarem Dach 1985
Kirchheim, Astronomie und Raumfahrt 20, 60 [2/1982]
[4] Schulz, J.: Sommerlager Kirchheim 1982, Astronomie und Raumfahrt 20, 27 [1/1982]
[5] Rucks, P.: Astronomisches Jugendlager 1982 in Kirchheim, Astronomie und Raumfahrt 21, 21 [1/1983]
[6] Rucks, P.: Astronomisches Jugendlager 1986, Astronomie und Raumfahrt 25, 122 [4/1987]
[7] Schulz, J., Kaufmann, J.: Die Volkssternwarte Kirchheim als Feriensternwarte der VdS, VdS-Journal Nr. 1, 45 [1/1997]
[8] Schulz, J.: VdS Sternwarte Kirchheim Bilanz und Ausblick, VdS-Journal Nr. 18, 92 [3/2005]
Abb. 11: Teleskope in der Beobachtungskuppel 1986
Die ,,familiäre" Sternwarte....
von Oliver Schneider
Ich betreibe mein Hobby Astronomie seit dem Jahr 1989.
setzte diese ein. CCD-Technik war in den Kinderschuhen.
Im Jahre 1992 fand ich das erste Mal meinen Weg zu den Sternfreunden nach Kirchheim.
Inzwischen war ich nun schon etliche Male, mal alleine, mal mit vielen Sternfreunden zusammen zu Besuch. Darunter waren schon ein paar CCD-Tagungen und andere Anlässe wie Marsbeobachtung 2003 oder Perseiden 1994.
Meine Leidenschaft zur CCD-Technik wurde in Kirchheim geweckt, dazu eine kleine Geschichte:
Bei einer der ersten VdS-CCD-Tagungen im Jahr 1992 (vielleicht die erste ?) wurde heiß über das Thema CCD-Technik diskutiert, es wurde die Cookbook-Kamera als Selbstbauprojekt vorgestellt sowie von Herrn Dr. Fleischmann eine sehr günstige Einsteigerkamera, die LCCCD 14, als Zukunftsvision vorgestellt.
Zu dieser Zeit war der chemische Film wie der Kodak Elite 1000 oder der S/W Film Technical Pan 2415 die erste Wahl des Fotografen. Gehyperte Filme waren schon etwas besonderes, nicht jeder
Nun hatte ein Sternfreund bei dieser Tagung eine Kamera der Firma SBig, genauer eine ST6, dabei. Ich selbst, es gab noch kein Internet (jawohl, so etwas gab es :), kannte den Hersteller SBig nicht.
Es wurde Abend und wie oft bei Tagungen in Kirchheim, es war auch der Sternenhimmel zu sehen. Nun wurde in der großen Kuppel der Sternwarte beobachtet und gefachsimpelt, über welchen Film bei welchem Himmel oder wie funktioniert die Kältefalle der Cookbook (warum kühlen ? und dann noch eine Falle...). Halt wie bei jedem Treffen in Kirchheim, man ist unter Freunden.
Nun sollte am großen Newton, einem 500 mm f 1/5 Spiegel, die eben genannte SBig ST6 angebracht werden. Es wurde über das Objekt geredet, was man damit aufnehmen wollte.
Es wurde die Galaxie NGC 2903 im Löwen ausgewählt. Gesagt, getan...Kamera installiert und wie lange nun belichten? Der Besitzer der Kamera schlug 60! Sekunden vor. 60 Sekunden bei einer Galaxie mit mag 9.6. Alle Fotografen dachten an ihre
Belichtungen von 45 Minuten und mehr... Na gut, 60 Sekunden.
Der Verschluss der Kamera machte nach den besagten 60 Sekunden zu, und der 486 PC mit 2 MB Arbeitsspeicher lud das Bild in 2 Minuten (!) von der Kamera herunter. Dann wurde es auf dem Bildschirm dargestellt. Wenn ich mich heute daran erinnere, so habe ich den Eindruck, das in dem Moment, wo das Bild auf dem Bildschirm zu sehen war, alle nur noch staunend und schweigend auf das Ergebnis starrten. NGC 2903 füllte den gesamten Bildschirm aus und man sah die 2 wunderschönen Spiralarme aus der Galaxie herauskommen und sich dann darum winden.
Alle, behaupte ich, die damals dabei waren, sind in diesen Minuten der CCD-Technik verfallen für immer und ewig.
Was macht Kirchheim und seine Sternfreunde dort zu etwas ganz Besonderem ?
Es ist die sehr herzliche und unkomplizierte Art der Aufnahme an der Sternwarte durch seine Betreiber! Das ist für mich und auch andere neben der tollen Ausrüstung für uns Besucher, dem Wohnen neben dem Fernrohr und dem noch vergleichsweise gutem Himmel das wichtigste. Man fühlt
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Abb. 1 und 2: M 57 und NGC 40. Aufgenommen am Newton 500 f1/5 mit einer Mintron ExView Kamera am 09.10.2003 durch einen RGBFiltersatz von Konrad Horn. Belichtet wurde für das LRGB jeweils 600 Bilder a 2,54 sec. pro Kanal.
sich familiär unter Freunden aufgenommen.
Zu guter Letzt auch was sehr wichtiges... die auf Tagungen angebotenen Thüringer Würstchen...beim traditionellen Grillen... Ich hoffe, dass die VdS-Sternwarte in
Kirchheim noch sehr lange für Besucher geöffnet ist. Vielleicht wird es ja auch mal dazu kommen, das die VDS auf dem Gelände der Sternwarte Kirchheim ein größeres Gerät als das 30-cm-Cassegrain Teleskope installiert, das den Benutzern kleiner astronomischer Geräte die Mög-
lichkeit eröffnet, auch an einem großen Fernrohr zu arbeiten. Das sollte durch einen großen Verein wie die VDS doch zu machen sein.
Astrourlaube in Kirchheim (1): Die ersten Jahre
von Manfred Holl
Abb. 1: Jedes Auto kann man für Astrotouren überladen ...
Am 22. August 2007 erreichte mich eine Email von Jürgen Schulz, worin er mehrere Stammbesucher der VdS-Sternwarte
VdS-Journal Nr. 25
Kirchheim bat, einmal etwas über die dortigen Besuche zu schreiben. Seit meinem ersten Besuch im Jahr 1995 hat mich der
Kirchheim-Virus erfasst. Doch worüber soll man nach so vielen Besuchen mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten berichten? Daher habe ich mich für einen kleinen Streifzug durch die einzelnen Jahre entschieden und versucht, die jeweiligen Höhepunkte für mich herauszugreifen, die in diesem und im zweiten Teil dargestellt werden.
1995: An den ersten Besuch der Kirchheimer Sternwarte habe ich eigentlich nur noch vage Erinnerungen, die hauptsächlich durch alte Photos wachgerufen werden. Während ich erst in den letzten Jahren damit angefangen habe, mit der Webcam und nun auch einer digitalen Spiegelreflexkamera mich ein wenig auf das Gebiet der Astrofotografie vorzuwagen, lag in den frühen Jahren eher das Interesse an visuellen Beobachtungen. So auch 1995, als ich zusammen mit Christian
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Hans-Ulrich Keller Kosmos Himmelsjahr 2008 304 Seiten, ca. 300 Abbildungen; 14,95 ISBN 978-3-440-11021-8
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Abb. 2: ...trotzdem gut in Kirchheim angekommen
Harder nach Kirchheim aufbrach, wo wir dann unterschiedliche Ziele verfolgten. Während Christian zumeist fotografierte und beobachtete, widmete ich mich - als lichtgeplagtes Stadtkind - ausschließlich der Beobachtung von Deep-Sky-Objekten mit eigenen und den Instrumenten der Sternwarte, vornehmlich denen in der Schiefspieglerhütte. Traditionell bei allen Reisen sind die Tagesausflüge, die mich auch schon in jenen Jahren nach Erfurt, Jena oder Tautenburg, später dann Sonneberg und Gotha führten. Und nicht zu vergessen: die täglichen Einkaufsfahrten nach Rudisleben ...
1998: Im August des Jahres 1998 fuhr ich mit Andre Wulff nach Thüringen und in dem Jahr begründeten wir auch die Tradition des Kirchheimer Rechenzentrums: Wir nahmen jedes Mal so viel Rechner und Zubehör mit, dass wir den Aufenthaltsraum stets komplett belegten und manches Mal sah es eher aus wie in einer EDV-Zentrale. An den Computern wurde durchaus auch ,,gearbeitet": Andre programmierte und ich schrieb Berichte (oder layoutete hier auch in späteren Jahren das eine oder andere Mal den Sternkieker der GvA). Aber auch für Computerspiele der unterschiedlichsten Art wurden bewölkte Tage und Nächte genutzt. Andre hatte in dem Jahr erstmals eine geliehene Hi-SIS22-CCD-Kamera dabei, die wir in diesem Jahr einsetzten, doch auch die visuelle Beobachtung, vor allem von Jupiter, Saturn und den Milchstraßenobjekten, kamen nicht zu kurz. Allerdings hatten wir in dem Jahr stark mit Taubeschlag zu kämpfen.
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1999: Die totale Sonnenfinsternis am 11. August 1999 war der Hauptgrund für den Astrourlaub, denn wir wollten von Kirchheim aus in Richtung Bayern oder Baden-Württemberg fahren, um von dort aus die sogenannte Jahrhunderteclipse zu beobachten. Kirchheim war jedoch nicht nur Zwischenstation, sondern auch Ort vieler interessanter Aufnahmen und Beobachtungen. Gleich am ersten Abend war es klar und wir konnten einen -8 mag hellen Irdiumflare östlich von Cassiopeia beobachten und versuchten - leider vergeblich - mit dem 200/3000 Refraktor den tief stehenden Kometen 10P Tempel 2g, der 8,8 mag hell sein sollte, in Wirklichkeit aber nur etwa 10 mag bei DC 3 erreichte, zu erwischen. Mit meinem damals neuen 11 x 80 Feldstecher beobachtete ich einige Objekte der Sommermilchstraße: M 8 und M 20, die, beide ins Gesichtsfeld passend, einen wunderschönen Anblick ergaben sowie M 16, M 17 und M 28.
Am zweiten Abend wurde es wieder klar und wir integrierten in der Kuppel am 50-cm-Spiegel mit einer ST-7E CCD- Kamera M 51, M 57, M 56 und in der Morgendämmerung der Komet C/1999 H1/Lee, Stephens Quintett konnten wir in dieser Nacht irgendwie nicht finden.
Dafür standen in der folgenden Nacht nochmals M 51 und M 57 sowie M 27 und NGC 7331 auf de Programm. So ging es in den nächsten klaren Beobachtungsnächten weiter: Der auf ca. 8 mag geschätzte, aber in Wahrheit ca. 10 mag dunkle Komet 10 P/Tempel 2, M 16, NGC 7009, M 74 und NGC 891, NGC 6907, M 13, M 33 wurden
abgelichtet. Bisweilen gab es ausreichend Gelegenheit, mit dem 11 x 80er in der Milchstraße herumzuwandern: M 8, M 20 und weitere Messiers im Sagittarius, die zarten Verästelungen im südlichen Teil der Milchstraße, dazu Dunkelwolken und Sternansammlungen, die man so unter einem gewöhnlichen Großstadthimmel nie wird sehen können, M 36, M 37, M 38 im Fuhrmann. Als krönender Abschluss dieser Beobachtungsnacht folgte die Suche nach dem Kometen C/1999 H 1/Lee, es dauerte nicht lange, bis wir ihn in der schon beginnenden astronomischen Dämmerung erwischten. Er erschien auf dem CCD-Bild mit kompakter Koma und hauchdünnem und kurzem Schweif.
Auf die abenteuerliche Fahrt zur Sonnenfinsternis, die uns schließlich bis ins Saarland führte, soll hier nicht näher eingegangen werden, sie war zwar erfolgreich (und die bislang erste und einzige totale Sonnenfnsternis meines Lebens), doch sollen hier eher die ,,Abenteuer in Kirchheim" geschildert werden. Für die Perseidenbeobachtung in der Nacht nach der Sonnenfinsternis waren wir alle zu kaputt und erst in der übernächsten Nacht wurde wieder beobachtet. M 16, M 31 und M 33 und der Komet C 1999 H 1/Lee waren nur einige der Objekte, die wir auf den Chip bekamen. Und dann ging auch dieser Astrourlaub irgendwann zu Ende.
2000: In dem Jahr fuhren wir wieder zu dritt (d.h. Andre Wulff, ein GvA-Sternfreund und ich) nach Kirchheim und verbrachten dort einen immerhin zweiwöchigen Astrourlaub. In der ersten Nacht war es bei fast allen bei Astrofahrten natürlich klar, und zwar megaklar, zumindest am Anfang. Die Stationen auf unserem Weg durch die Astronacht waren M 57, M 92, NGC 7331, Stephens Quintett, NGC 891 und M 1. Die Integrationszeiten der SBIG ST-6-CCD-Kamera lagen zwischen 300 und 600 Sekunden, wobei jedes Mal gleich ein Dark Frame mit abgezogen wurde. Die Nacht selbst war am Anfang bombig klar, die Transparenz unvergleichlich dem, was man sonst so gewohnt ist. Doch die Qualität ließ im Laufe der Nacht nach, so schätzte ich anhand des Pegasus-Quadrates und der in ihm gerade noch mit bloßem Auge sichtbaren Sterne etwa um halb drei eine scheinbare Grenzgröße von 5m5, zwei Stunden früher lag sie sicher bei 6m oder noch darunter. Man konnte M 36, M 37 und M 38 mit bloßem Auge sehen, die
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Schildwolke, und natürlich h + chi, M 31 usw. Auch kurze Schwenks mit meinem 11 x 80 Bino waren ein Genuss für das beobachtende Auge. In den Morgenstunden, ca. eine Stunde vor Beginn der astronomischen Dämmerung tauchte im Osten dann eine beständige Dunstschicht auf, die nicht nur horizontnahe Objekte vom Beobachtungsplan verschwinden ließ, sondern auch den gerade aufgegangenen Mond und Teile des ebenfalls gerade aufgehenden Orions einhüllte. Der Anblick von Jupiter und Saturn nahe des Goldenen Tors der Ekliptik zwischen Plejaden und Hyaden war ein erhebender Anblick für das instrumentenlose Auge.
Erst zwei Tage später war der Himmel wieder einigermaßen nutzbar. Die visuelle Grenzgröße lag bei etwa 5m, aber aus Richtung Nordwest heranrückende Wolken machten uns das Leben schwer. Immer wieder schoben sich dünne Schleierwolken über den Himmel und gegen 1 Uhr mussten wir schließlich aufgeben. Zuvor beobachteten wir durch den Kuppelspalt den Satelliten SL-16 R/B auf seiner Süd-Nord orientierten polumlaufenden Bahn, wobei er mehrere Lichtwechsel zeigte, bis er schließlich im Erdschatten verschwand und unsichtbar wurde.
In den nächsten Nächten war leider nur Wolkenlückenastronomie möglich. Lange Integrationszeiten mit der CCD-Kamera waren wegen der durchziehenden Schleierbewölkung, die nach Einbruch der Nacht zunächst vorwiegend aus Südwesten kam, nicht möglich. Später taten sich vielversprechende Lücken auf und wir starteten mehrere Aufnahmen, um Pluto zu erwischen, anschließend wagten wir uns an IC 5146, den Cocon-Nebel, heran, doch schienen das die Wolken mitbekommen zu haben. Sie änderten ihre Bewegungsrichtung und kamen nun massiv aus Nordwest und füllten bald den ganzen Himmel aus, nachdem zeitweise der nördliche Himmel von dicken, fetten Wolken verhüllt war. Also hieß es wieder einmal vorzeitig alles abzubauen und die Kuppel zu schließen.
Eine gute Woche mussten wir auf die nächste klare Nacht warten. Erst am Donnerstag vor unserer Abreise kamen wir dann doch noch zu einer klaren und halbwegs brauchbaren Nacht, in der der Mond schon deutlich störte. Und es war jetzt ziemlich feucht, draußen stehende Instrumente, die Autos und das
Abb. 3: Sonnenbeobachtung gehört in Kirchheim stets zu einer meiner dortigen Aktivitäten
Geländer zum Kuppeleingang waren zum Auswringen nass. In der Kuppel hielt sich die Feuchtigkeit allerdings in Grenzen. Zunächst von Norden her, später dann auch aus Westen kamen immer wieder dunkle Schleierwolken herübergezogen.
Vom Mond bekamen wir während der Dämmerung und auch später nur wabernde und wabbelnde Bilder. Testaufnahmen mit der CCD-Kamera zeigten deutlich, dass selbst während einer Integrationszeit von nur 0,01 s die Luftunruhe voll zugeschlagen hatte und kein scharfes Mondbild hinzubekommen war.
Der Eindruck vom schlechten Seeing setzte sich später, auch nach Einbruch der astronomischen Dämmerung, fort, so dass wir dann nur sehr hochstehende Objekte ins Visier nahmen. Als erstes Objekt war der Kugelsternhaufen NGC 5466 im Bärenhüter an der Reihe, auf den etwa 9 x 16 Bogenminuten großen CCDChip gebannt zu werden. Ihm folgten die Galaxien NGC 6703 und NGC 6702 in der Leier. Danach lichteten wir den Kometen C/1999 T 2 Linear ab, schwenkten zu M 102, NGC 6503, NGC 6543 und NGC 5907 im Drachen. Dann versuchten wir den periodischen Kometen 75P/Kohoutek aufzunehmen. Wir sind uns zwar ziemlich sicher, in der richtigen Gegend gewesen zu sein (die aktuellen Bahnelemente waren im GUIDE hinterlegt), doch der vermeintliche Schweifstern entpuppte sich
später im Vergleich mit POSS-Bildern als schwacher Stern. Da wir davon ausgehen, an der richtigen Position gesucht zu haben, kann es nur bedeuten, dass der Komet außerordentlich schwach war und wir länger als 3 Minuten hätten belichten müssen. Das aber hätte der Himmel in dieser Nacht nicht hergegeben.
Auch typisch für Astrofahrten ist, dass die Nacht vor der Heimfahrt natürlich klar ist. In Kirchheim war das nicht anders. Am Tage versuchten wir, H-Aufnahmen von der Sonne mit der CCD-Kamera zu machen, aber die immer noch enorme Helligkeit war trotz massivster Abblendung nicht herunter zu regeln. Versuche mit der Kirchheimer Webcam waren zwar erfolgreicher, allerdings war das Seeing derart katastrophal, dass kaum Aufnahmen gelangen. Wir versuchten dann noch Aufnahmen auf herkömmlichen Film und sehnten die Nacht herbei, denn wir wollten zum Abschluss mit meinem 80/400er-Refraktor vor allem großflächigere Objekte mit der CCD-Kamera aufnehmen.
Den ganzen Tag über war der Himmel mehr oder weniger stark bewölkt, doch nach Sonnenuntergang verzogen sich diese Störenfriede und gaben noch einmal den Blick auf den klaren Kirchheimer Himmel frei, wobei allerdings der Mond empfindlich störte.
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In dieser Nacht hatten wir jedoch einen ungebetenen Gast aus Schottland in der Kuppel: McMurphy, denn die Aufnahmen mit dem Multi 80 S wollten einfach nicht gelingen, die Objekte waren kaum einzustellen, da das verwendete Leitrohr überall hinzeigte, nur nicht dahin, wo es hinsollte. Nach einer Aufnahme des Mondes probierte ich Bereiche des Cirrusnebels, aber da war absolut nichts zu machen, und damit wir überhaupt in dieser Nacht etwas zustande bringen wollten, stiegen wir wieder auf den 50cm-Newton um. Dadurch verloren wir leider viel wertvolle Zeit.
gere Belichtungen, da diese Objekte zenitnah standen. Den Abschluss der Nacht, bevor die Bewölkung heran war, bildete eine Aufnahme des Kometen C/1999 T 2, der einen deutlichen Schweifansatz zeigte.
So endete denn diese Beobachtungsnacht früh morgens um halb drei. Eine Stunde später war der Himmel vollkommen zugezogen und als ich ein paar Stunden später erwachte, gab es einen blauen, wolkenlosen Himmel, der für abschließende Sonnenbeobachtungen am Multi 80 S genutzt wurde.
Die Qualität des Himmels war durch den nun reichlich störenden Mond auch nicht die beste. Wir versuchten als erstes den Kometen 75P/Kohoutek zu erwischen, was aber auch wieder nicht gelang, da er vermutlich erheblich schwächer war als vorhergesagt. Andererseits verhinderte der vom Mond aufgehellte Himmelshintergrund wirklich tiefe Aufnahmen. Zudem war entlang des Horizontes eines Dunstschicht zu beobachten und von Norden her arbeitete sich langsam hohe Schichtbewölkung heran.
Da der Himmel keine langbelichteten Integrationen zuließ, machten wir Serienaufnahmen à 60 Sekunden von folgenden Objekten: NGC 6166 und NGC 6543. Von NGC 1023, NGC 6543 und NGC 6946 wagten wir dann doch mal län-
2001: Nachdem ich bisher stets im Sommer nach Kirchheim gefahren bin, war dieses Mal der Frühlingshimmel an der Reihe. Andre Wulff und ich wollten dieses Mal hauptsächlich Galaxien beobachten und fotografieren. Nach wochenlangem Astrofrust wegen nicht enden wollender Tiefdruckgebiete hofften wir natürlich auf die ultimative Beobachtungskatastrophe. Doch es kam anders, denn erstmals war die Nacht nach der Anreise bedeckt. Einen Tag später aber kündigte sich eine Änderung des Wetters an und wir bekamen tatsächlich die erste Beobachtungsnacht dieses Urlaubs. Andre brachte seine Schmidtkamera in Stellung; am 500/2500 mm Newton in der Kuppel wurde die ST-6 CCD-Kamera befestigt. Die Nacht zog herauf und es wurde richtig klar. Lag die
Kometenbeobachtung in der
Sternwarte Kirchheim
von Andre Wulff
Von der Autobahnbrücke aus kurz vor Kircheim kann man sie sehen: die Kuppel der Sternwarte Kirchheim. Silbrig leuchtend lässt sie das Beobachterherz höher schlagen. Eine Woche Astrourlaub in Kirchheim in der gut ausgerüsteten Sternwarte liegen vor mir und wie immer möchte ich den geheimnisvollen Wanderern im Sonnensystem nachstellen, den Kometen.
Equipment in Kirchheim nun schon seit vielen Jahren kenne, habe ich natürlich einen kleinen ,,Heimvorteil". Aber auch den Erstbeobachtern wird an der Sternwarte jede nur erdenkliche Hilfe zu Teil und der Gastbeobachter bekommt auch eine genaue Einweisung in die Gerätschaften. Man muss allerdings einige Kleinigkeiten beherzigen, damit die Gerätschaften den Beobachtern noch lange Freude bereiten.
Die Sternwarte bietet mir hierzu alle Möglichkeiten. Der 50 cm Newton auf einer sehr stabilen Zeiss-Montierung in Verbindung mit einer SBIG ST-8 sollen hierfür zum Einsatz kommen. Das Team um Jürgen Schulz hält die Sternwarte immer top in Schuß, so daß man im Prinzip gleich loslegen könnte. Da ich das
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Das Wetter in Kirchheim hat so manchmal seine Tücken. Die Nähe zum Thüringer Wald sorgt dann und wann für einige Wetterüberraschungen, auch mitten in der Nacht. Aber für diese Nacht sieht es gut aus. Tagsüber konnte man schon mit dem Daystar-Filter die Sonne beobachten und die Kuppel bleibt gleich einmal schon
Grenzgröße zunächst noch bei 5m, so stieg sie in den folgenden Stunden sogar auf 6m an. Wir nahmen die Balkenspirale NGC 2903, die elliptische Galaxie M 65, die Balkenspirale M 66, die edge-on Galaxie NGC 4565, meine Lieblingsgalaxie NGC 4594 und die edge-on-Galaxie IC 2233 auf. Danach belichtete Andre außerhalb der Kuppel eine Region im Löwen mit der Schmidtkamera , während ich visuell mit dem 11 x 80 er Bino M 44, M 36, M 37 und M 38 aufsuchte. Gegen 1 Uhr beendete dann eine heranrückende Wolkenfront die Beobachtungen.
Zwei Tage später konnten wir am 27.04. eine schöne Mond/Jupiter/Saturn-Konjunktion am westlichen Abendhimmel beobachten. Es war wieder einigermaßen klar und so versuchten wir am 50-cm-Spiegel IC 2233, von der es bis dahin angeblich noch keine Amateuraufnahme geben sollte, noch einmal unter besseren Bedingungen aufzunehmen. Auf dem Weg zu dieser Galaxie nahmen wir auch NGC 2437 auf. Andre fotografierte bis in die Morgendämmerung hinein die Kometen McNaught-Hartley 1999T1 und LINEAR 99T2, sowie die Galaxien NGC 5350, NGC 5466 und M 51 und belichtete parallel drei Aufnahmen mit seiner Schmidtkamera. Das war dann leider die letzte wirklich klare Nacht dieses Astrourlaubes.
geöffnet, da der Temperaturausgleich sehr wichtig ist. Im Kuppelraum befindet sich ein Rechner zur Steuerung des Teleskops. In liebevoller Arbeit hat das Sternwartenteam die Zeiss-Montierung mit Encordern und Schrittmotoren ausgestattet. Über eine FS2-Steuerung wird das Teleskop dann mit dem Rechner verbunden. Die Deklinationsachse besitzt eine Tangentialfeinbewegung, die man zu Beginn der Nacht immer in eine zentrale Position bringen sollte. So hat man in beide Richtungen noch ungefähr 2o Spielraum. Kommt die Tangentialverstellung in den Grenzbereich ertönt ein unüberhörbarer und äusserst unangenehmer Signalton, der einen förmlich zum Eingreifen zwingt. An einem hellen Stern (ich habe Arkturus gerne genommen) wird nun die Montierung ausgerichtet.
Im Keller der Kuppel befinden sich weitere Rechner. Mit dem einen Rechner kann man die ST-8 ansteuern und der zweite Rechner ist mit dem Rechner in der Kuppel
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Abb. 1: 43P/Wolf-Harrington am 28.10.2003, 20:39 - 20:55 MEZ,10 x 60 Sekunden, 3 x 3 Binning, 500 mm Newton f/5 und ST-8
Abb. 2: 157P/Tritton am 28.10.2003, 04:03 04:14 MEZ,10 x 60 Sekunden, 3 x 3 Binning, 500 mm Newton f/5 und ST-8
verbunden. Man kann das Teleskop also auch vom Kellergeschoss aus steuern. Die ST-8 wurde inzwischen auch schon einmal eingeschaltet und herunter gekühlt. Erstes Objekt des Abends soll der Komet mit der zur Zeit geringsten bekannten Umlaufszeit sein, der Komet 2P/Encke. Er steht nahe dem Andromedanebel gut postiert und ist mit 11 mag genau richtig zum ,,Warmbeobachten". Leider stellt es sich heraus, dass das Seeing nicht gut ist. Daher wird die ST-8 auch nur im 3x3 Binningmode betrieben. Mit Hilfe der Teilkreise ist das Aufsuchen des Kometen wirklich einfach. Den Kuppelspalt sollte man auch richtig positionieren, damit man nicht die Kuppelwand aufnimmt - 4
Abb. 3: 29P/Schwassmann-Wachmann am 28.10.2003, 20:39 - 20:55 MEZ,10 x 60 Sekunden, 3 x 3 Binning, 500 mm Newton f/5 und ST-8
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Abb. 4: 123P/West-Hartley am 28.10.2003, 04:22 - 04:33 MEZ, 10 x 60 Sekunden, 3 x 3 Binning, 500 mm Newton f/5 und ST-8
Aufnahmen zu je 60 Sekunden sind relativ schnell gemacht und abgespeichert.
Der Komet C/2002 T7 Linear soll im Laufe des Winters 2003/2004 gut zu beobachten sein. Schon jetzt steht er als Objekt 10. Größe im Fuhrmann und soll das nächste Objekt sein. Das Seeing hat sich deutlich verbessert und ich wage einmal einen Versuch im 1x1 Binningmodus. 5 Aufnahmen zu je 90 Sekunden werden gemacht. Die Kamera ist jetzt ja lichtunempfindlicher, was die Belichtungszeit deutlich verlängert.
Ende Oktober soll der Komet C/2001 HT50 Linear-NEAT sein Helligkeitsmaximum bei rund 10,7 mag erreichen. Gut postiert im Sternbild Stier wird auch dieser Komet sofort aufgefunden und 10 x 60 Sekunden lang aufgenommen. Nach diesen doch recht einfach aufzufindenden Kometen soll jetzt der Schwierigkeitsgrad einmal gesteigert werden.
Im Pegasus befindet sich der periodische Komet 43P/Wolf-Harrington als Objekt von rund 14,5 mag. Die Position des Kometen ist schnell eingestellt, aber wo ist der Komet? Ich mache zwei Vergleichsaufnahmen im Abstand von 30 Minuten, und da verrät er sich dann duch seine Eigenbewegung. Ganz in der Nähe befindet sich ein heller Stern, und der macht die Aufnahme schwierig. 5 Aufnahmen zu 20 Sekunden, mehr lässt der helle Stern nicht zu. Beim Aufaddieren der 5 Aufnahmen zeigt sich der Komet dann aber doch recht schön.
Leider haben dann Wolken die Beobachtungsnacht vorzeitig beendet. Naja, dann kann man ja die Aufnahmen jetzt in Ruhe bearbeiten. Ein Komet 14. Größe sollte aber noch lange nicht das Ende der Fahnenstange sein. Das Equipment
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in Kirchheim lässt da sicherlich noch viel mehr zu, und das sollte sich in der nächsten Nacht auch zeigen. Zunächst habe ich nochmals den Kometen Encke aufgesucht. Leider steht er in unmittelbarer Nähe eines Sterns 6. Größe, was die Aufnahme sehr erschwert. Trotzdem habe ich ihn aufgenommen, allerdings recht quick and dirty, aber er soll ja in dieser Nacht auch nicht das Ziel sein.
Auch den Kometen 43P/Wolf-Harrington habe ich nochmals aufgesucht, und diesmal waren die Bedingungen doch deutlich besser. 10 Aufnahmen zu je 60 Sekunden Belichtungszeit konnten auf die Festplatte gebannt werden. Doch jetzt darf es ein noch schwächerer Komet sein.
Der Komet 157P/Tritton soll laut der Vorhersage rund 15,5 mag haben. Die Position im Löwen unweit Regulus ist schnell eingestellt, allerdings erst später in der Nacht, da der Löwe erst nach Mitternacht aufgeht. In der Zwischenzeit geht es erst einmal einem ganz unstetigen Kameraden an den Kragen. Der Komet 29P/Schwassmann-Wachmann ist für sein unstetes Helligkeitsverhalten bekannt. Grund genug, um ihn einmal im Wassermann aufzusuchen. Das wird allerdings eine horizontnähere Geschichte in rund 20 Grad Höhe, und in der Richtung ist der Himmel in Kirchheim nicht so ganz dunkel. Die Koordinaten werden am Teleskop eingestellt und es neigt sich bedenklich tief in Richtung Südwesten. Aber es gibt eine Überraschung. Der Komet scheint mal wieder einen Helligkeitsausbruch zu haben und ist ein ganz einfaches Objekt. 10 x 60 Sekunden lang wird der Komet abgelichtet. Eigentlich soll er bei rund 15 mag liegen, aber das erscheint mir deutlich heller.
Nach einer kleinen Stärkung im Aufenthaltsgebäude der Sternwarte war es nun soweit, dass der Löwe schon recht hoch über den Horizont ragte. In Richtung Osten ist der Himmel in Kirchheim schön dunkel, so dass man dort auch etwas horizontnäher arbeiten kann. Das Sternfeld des Kometen 157P/Tritton ist schnell eingestellt, und auf der Testaufnahe entdecke ich ihn schon. Einen kleinen Schweif hat er auch, aber er erscheint mir doch deutlich heller als prognostiziert. Eine Aufnahmeserie von 10 Bildern ist schnell erzeugt und jetzt soll ein Komet im Bereich der 16. Größe aufgesucht werden.
Abb. 5: C/2002R3 LINEAR am 28.10.2003, 21:14 - 21:30 MEZ,10 x 60 Sekunden, 3 x 3 Binning, 500 mm Newton f/5 und ST-8 123P/West-Hartley heißt das Objekt der Begierde und es befindet sich ebenfalls im Löwen.Also das Sternfeld aufgesucht und ... kein Komet. Dafür ein Helligkeitsgradient im Bildfeld. Jaja, die Nacht ist schon weit fortgeschritten. Ich habe den Monitor genau unter dem Okularstutzen des Teleskops postiert und nicht dunkel gedreht. Also wird die Aufnahme wiederholt. Nun finde ich den Kometen. Ganz in der Nähe befindet sich eine kleine Galaxie, also allerhöchste Verwechslungsgefahr. Eine Serienaufnahme bestätigt dann den Kometen, da er sich deutlich bewegt.
Nicht einmal mehr eine Stunde bis zur Dämmerung und die Frage, ob es noch schwächer geht. Im Stier befindet sich ein Komet 17. Größe: C/2002R3 LONEOS. Jetzt will ich es wissen. Der Stier steht ja noch recht hoch am Himmel. Das Arbeiten mit den Encodern ist ja wirklich eine schöne Sache. Schnell ist das Sternfeld eingestellt und es wird eine Testaufnahme erstellt. Und wirklich... der Komet ist auf der Aufnahme deutlich als nebliges Objekt zu identifizieren. Auch hier erstelle ich eine Aufnahmeserie.
Ich bin mir sicher, dass mit dem Kirchheimer Instrument noch deutlich lichtschwächere Kometen auffindbar sind und sicherlich werde ich diesbezüglich das dortige Instrumentarium darauf hin testen. Die Kirchheimer Sternwarte bietet dem Sternfreund alle Arten astronomischer Beobachtung an. Gerade wenn man selbst vielleicht nur mit einer kleineren Optik beobachtet, ist das Beobachten mit größeren Instrumenten ein beeindruckendes Erlebnis. Auch visuell kann man mit den Kirchheimer Geräten voll auf seine Kosten kommen. Das Sternwartenteam ist immer hilfsbereit und auch hoch kompetent. Ich werde sicherlich dort noch viele Beobachtungsaufenthalte planen.
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Traumurlaub auf der VdS-Sternwarte in Kirchheim
von Priv.-Doz. Dr. Gerd-Uwe Flechsig
Mittlerweile, während ich diesen Beitrag verfasse, bin ich zum fünften Mal an der Volkssternwarte der VdS, um hier meinen Urlaub zu verbringen. Es sind erst 3 Jahre vergangen, seit ich erstmalig bei den Kirchheimer Sternfreunden zu Gast sein durfte. Geträumt hatte ich davon schon lange, nämlich seit ich 1992 von der Existenz solcher ,,Feriensternwarten" erfuhr. In der Zeitschrift Sterne und Weltraum las ich interessante Artikel über die Feriensternwarten in Drebach (Sachsen) [1] und in Kirchheim (Thüringen) [2]. In einer solchen Einrichtung sollte es außer den üblichen Schutzbauten mit den Teleskopen und ggf. einem Gebäude mit Seminarraum und Bibliothek auch noch Küche und Schlafzimmer geben. Dies stellt eine ideale Kombination für Sternfreunde dar, die daheim nicht über gute Beobachtungsmöglichkeiten verfügen, etwa weil die Wohnung und ihre Umgebung bzw. der schmale Geldbeutel dies nicht zulässt und andererseits kein amateurastronomischer Verein mit eigener Sternwarte in der Nähe ist. Es dürfte ziemlich viele Sternfreunde geben, die mit solchen Widrigkeiten zu kämpfen haben. Daher entschloss sich die VdS im Jahre 1992, ein Projekt namens ,,VdS Sternwarte" gemeinsam mit der Volkssternwarte Kirchheim e.V. ins Leben zu rufen [2, 3].
Abb. 1: Lichtkurve des RR-Lyrae-Sterns XZ Cygni nach visuellen Schätzungen am 5-Zoll Takahashi-Refraktor
Eigentlich hätte ich schon damals hinreichend Gründe gehabt, an einer dieser beiden Feriensternwarten Urlaub zu machen. Allerdings hatte ich noch kaum Kontakte zur amateurastronomischen Szene. Weiterhin hatte ich noch kein spezielles Gebiet, in dem ich beobachterisch Schwerpunkte setzen wollte. Dies änderte sich erst etliche Jahre später. Seit 1999 beschäftige ich mich mit Veränderlichen Sternen und bin Mitglied in der BAV. Seit 2002 auch deren erster Vorsitzender. Nachdem sich die Beobachtungsbedingungen bei mir zu Hause erheblich verschlechtert hatten (kein zugängliches Dachfenster für Feldstecherbeobachtungen mehr), und ich kaum noch Ergebnisse vorzuweisen hatte, ergab sich der glückliche Umstand, dass die BAV eine Beobachtungswoche zum Thema Veränderliche Sterne in Kirchheim veranstalten wollte. So verbrachten wir zu
Abb. 2: Lichtkurve des delta-Scuti-Sterns DY Pegasi nach Photometrie mit einer SIGMA402 CCD-Kamera am 5-Zoll Takahashi-Refraktor. Die Photometrie erfolgte mit dem freien Programm Muniwin.
viert im August 2004 eine gute Woche mit einigen klaren Nächten [4]. Viele visuelle Lichtkurven kamen in jenem Jahr zusammen. Abbildung 1 zeigt eine passable Lichtkurve des RR-Lyrae-Sterns XZ Cygni. Sie wurde am 130-mm-Apo-Refraktor der Sternwarte beobachtet. Eine weitere
Lichtkurve wurde mit dem Fünfzöller und einer SIGMA402 CCD-Kamera gemessen (Abb. 2). Dieses mittelgroße farbfehlerfreie Linsenteleskop ist zusammen mit einem 300-mm-Cassegrain und einem 250mm-Kutter-Schiefspiegler auf einer großen Deutschen Montierung angebracht. Dieses
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Abb. 3: Abendstimmung an der Sternwarte in Kirchheim. Besucher der CCD-Tagung 2007 bereiten einen Beobachtungsabend vor.
große Planetengerät kam im darauffolgenden Jahr auch zur Mars-Beobachtung zum Einsatz. Wir haben uns also während der Veränderlichenbeobachtungswochen nicht ausschließlich auf Veränderliche beschränkt, sondern auch einige aktuelle Objekte der jeweiligen Saison anvisiert. Ich persönlich warte noch auf eine gute Gelegenheit, um am großen Kutter solch schwierige Objekte wie Merkur oder Uranus mit der CCD-Kamera oder Webcam aufzunehmen. In den Jahren 2006 und 2007 habe ich an die BAVVeränderlichenwoche noch mehrere Tage Verlängerung drangehängt. In den vier Veranstaltungen von 2004 bis 2007 konnten wir insgesamt 17 verschiedene Sternfreundinnen und Sternfreunde begrüßen [5, 6].
Besonders gefallen hat mir auch die CCDTagung Ende April 2007, die wie üblich mit abendlichen Starparties kombiniert worden war. Mehrere Teilnehmer nutzten die günstigen Witterungsbedingungen und bauten eigenes Instrumentarium auf bzw. nutzten die großen Teleskope der Sternwarte (Abb. 3). Dies ist ein wundervolles Tagungskonzept, wo Präsentationen am Tage mit gemeinsamen nächtlichen Beobachtungen kombiniert werden. Eine Feriensternwarte wie die in Kirchheim bietet mit ihrer Infrastruktur ideale Bedingungen dafür. Zusammen mit drei anderen Tagungs-Teilnehmern habe ich dann die Schönwetterperiode Ende April so richtig ausgenutzt und noch zwei Tage drangehängt. Von den Wetterbedingungen her hatten wir bisher immer soviel Glück, zumindest zwei brauchbare Abende/Nächte
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innerhalb einer Woche zu erwischen. April/ Mai und August/September bieten auch die günstigsten Aussichten. Oftmals hört man des Abends in Kirchheim von den einheimischen Sternfreunden Geschichten über mäßige Seeing-Bedingungen. Allerdings lautet eine Seeing-Regel, dass man früh morgens die beste Luftruhe hat. In solch frühen Morgenstunden habe ich aber bisher noch niemanden beobachten sehen. Den Veränderlichbeobachter kümmert das Seeing ohnehin nur am Rande. Ich selber habe mir für meine Planetenbeobachtungen aber vorgenommen, mal ganz früh aufzustehen.
Ein weiterer Aspekt, der für eine Feriensternwarte wie Kirchheim spricht, auch und gerade wenn man eigenes mobiles Instrumentarium besitzt, ist die Sicherheit oder das Sicherheitsgefühl. Ich verfüge beispielsweise daheim über einen an sich prima geeigneten Beobachtungsstandort in Gestalt eines Modellflugplatzes 20 km südöstlich von Rostock, der recht dunklen Himmel und 360 Grad freie Sicht zum Horizont bietet. Gleichwohl nutze ich ihn nur sehr selten, weil man dort mutterseelenallein sitzt. Im Allgemeinen braucht man in Deutschland zwar nicht ständig mit Überfällen zu rechnen, aber so ganz wohl fühlt man sich doch nicht, es können ja auch andere ungebetene nächtliche Besucher aufkreuzen [5].
Neben der Möglichkeit zu eigenen Beobachtungen an großen Instrumenten bietet die Sternwarte eine reizvolle Umgebung mit attraktiven Ausflugszielen. Als Beispiele wären Jena mit dem
Optischen Museum und dem Observatorium Tautenburg, Weimar, Erfurt, Eisenach mit der Wartburg und der Thüringer Wald zu nennen.
Wenn irgend möglich, werde ich auch in den kommenden Jahren die CCD-Tagung und die BAV-Veränderlichenwoche besuchen. Schön wäre es, wenn in Zukunft ein eigenes VdS-Teleskop mit einer Öffnung ab 50 cm zur Verfügung stünde. Dann würde das Projekt VdS-Sternwarte mit Sicherheit weiter an Attraktivität gewinnen. Auf jeden Fall bedanke ich mich sehr herzlich bei den Kirchheimer Sternfreunden für die ausgezeichnete Betreuung!
Literatur [1] Gerhard Lehmann, Die Jugend- und
Feriensternwarte Drebach, Sterne und Weltraum 31 (1992) 63 (Heft 1). [2] Otto Guthier und Gerhard Bußjäger, Die VdS-Sternwarte Kirchheim, Sterne und Weltraum 31 (1992) 268 (Heft 4). [3] Peter Riepe, VdS-Sternwarte - Jetzt kann es losgehen! Sterne und Weltraum 32 (1993) 210 (Heft 3). [4] Rudolf Obertrifter, Bericht über die Veränderlichenbeobachtungswoche an der VdS-Sternwarte in Kirchheim, VdSJournal 17 (2005) 125. [5] Gerd-Uwe Flechsig, Bericht über die 2. Veränderlichenbeobachtungswoche an der VdS-Sternwarte in Kirchheim, VdSJournal 20 (2006) 101. [6] Gerd-Uwe Flechsig, Bericht über die 3. Veränderlichenbeobachtungswoche an der VdS-Sternwarte in Kirchheim, VdSJournal 22 (2007) 95.
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Veränderliche Sterne und noch viel mehr ...
von Kerstin und Manfred Rätz
1983 war es, da fanden vier Sternfreunde erstmals zur Sternwarte Kirchheim - unser erster Beobachtungsaufenthalt hier! Damals war die Kuppel, die weithin im Sonnenlicht leuchtete, noch leer. Den Bungalow, der heute Vortrags-, Aufenthalts-, Küchen- und Schlafbereich beherbergt, gab es noch nicht. Der einzige Aufenthaltsraum war das kleine Zimmerchen in der Schiebedachhütte. Hier übernachteten zwei von uns, die anderen zwei auf Liegen direkt unterm Fernrohr. Gekocht wurde auf einer Elektrokochplatte im Bauwagen. Einkaufen ging nur per kilometerweitem Fußmarsch vonstatten, denn keiner von uns hatte ein Auto. (So nebenbei sei noch erwähnt, dass für gewisse menschliche Bedürfnisse hinter der Schiebedachhütte ein ,,Häuschen mit Herz" bereitstand.) Aber es war ein herrlicherAstronomieurlaub damals - und wir konnten zu dieser Zeit nicht ahnen, wie oft wir noch wiederkommen würden...
Schon seinerzeit hatten wir beide uns ein großes Programm an Veränderlichen Sternen zurechtgelegt, und die beiden anderen beobachteten eine Vielzahl von anderen Objekten. Fotos, die wir aufnahmen, konnten wir gleich selbst in der Dunkelkammer entwickeln.
Es sollten zehn Jahre vergehen, ehe wir unseren nächsten Beobachtungsaufenthalt und jetzt gleichzeitig Familienurlaub hier verlebten. Nun waren wir mit unseren zwei Kindern da. Doch ein Freund der Astronomie, der einmal in der Sternwarte Kirchheim war, wird mit großer Wahrscheinlichkeit zum ,,Wiederholungstäter". Tatsächlich: Von da ab verging kein Jahr mehr, in dem wir nicht hier gewesen wären. Meist war dies mit uns eine befreundeten Familie, die wir durch die Astronomie bereits vor vielen Jahren kennen gelernt hatten. Natürlich waren wir längst auch Mitglieder des Vereins Sternwarte Kirchheim e.V. (allerdings die mit ziemlich langem Anreiseweg).
Hier kamen unsere Kinder zum ersten Mal mit wissenschaftlichen Arbeitsweisen in Berührung. Sie führten
Wetterbeobachtungen und -aufzeichnungen sowie Meteorzählungen durch. Außerdem lernten sie, wie man in der Dunkelkammer Filme entwickelt und Bilder auf Papier entstehen lässt.
Nach unserem 1998er Aufenthalt hier und entsprechendem Einsatz (v. a. durch Gerd Renner) wagten wir zu behaupten, dass die Sternwarte Kirchheim nun die bestverkabeltste Sternwarte im größeren Umkreis sein musste (vielleicht bis zur nächsten Universitätssternwarte). Alle Gebäude waren nun durch diverse Strom-, Telefon- und Datenleitungen miteinander verbunden, um zukunftsweisende Projekte wie Fernrohrbild-Projektionen in den Vortragsraum zu ermöglichen. Bei den insgesamt 17 Beobachtungsaufenthalten seit 1983 waren wir zusammengerechnet 140 Tage (bzw. Nächte) hier, von denen 52 zur Beobachtung taugten.
Abb. 1: ,,Die Familien Rätz und Renner komplett in der Sternwarte Kirchheim (Juli 1996)"
Abb. 1
Kamen unsere Kinder zuerst als unsere Begleiter hierher, so mussten wir nun erleben, wie sich das Blatt wenden kann. Unsere Tochter Stefanie steckt an der Universität Jena mitten in ihren Vorbereitungen zur Diplomarbeit und hat in diesem Rahmen das große Teleskop der Kirchheimer Sternwarte in Verbindung mit der CCD-Kamera dazu verwendet, Transits von Exoplaneten nachzuweisen. Nun zeigte sie uns, wie man das macht...!
Welche Ergebnisse brachten wir nun von Kirchheim mit nach Hause? Wir mit unserm Spezialgebiet Veränderliche Sterne finden da immer ein lohnendes Betätigungsfeld! Wie ist denn das Alltags-VeränderlichenBeobachtungsprogramm: In jeder klaren Nacht ein paar wenige Feldstechersterne; ein Programm von nur ein paar Minuten lässt sich auch im stressigen Arbeitsalltag noch unterbringen, und mit alldem erreicht man Kontinuität bei der Veränderlichenbeobachtung. Aber hier in Kirchheim ist das anders - hier hat man Zeit und Muße, längere Beobachtungsreihen durchzuführen. In einer Nacht erhält man meist schon ein
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Abb. 3
Ergebnis, z. B. wenn man ein Minimum eines Bedeckungsveränderlichen verfolgt.
Zunächst ist es ratsam, sich zu informieren, welche Bedeckungssterne voraussichtlich heute Abend ein Minimum durchlaufen. Dabei muss man berücksichtigen, welches Instrument man zur Verfügung hat. Sehr gut für die visuellen Veränderlichenbeobachtungen erwies sich der Takahashi-Refraktor in der Schiebedachhütte. Mit Hilfe des Programmes GUIDE lässt sich der Stern gut auffinden und bleibt während der gesamten Beobachtungszeit exakt im Gesichtsfeld des Teleskops. Effektiv ist es, das Fernrohr für diesen einen Stern zu reservieren und weitere Sterne mit einem anderen Gerät zu beobachten - z. B. finden sich auch schon für den Feldstecher genügend Beobachtungsobjekte. Wenn man Glück hat, kann man so 2 - 3 Bedeckungssternminima in einer Nacht beobachten.
Im folgenden sind zwei ausgewählte Kirchheimer Ergebnisse graphisch dargestellt, die bereits an die Zentrale der BAV gemeldet wurden. Als erstes ein Bedeckungsstern: SZ Her ist ein Algolstern, seine Periode beträgt 0,81809828 d und sein Lichtwechsel reicht von 9,86 mag - 11,87 mag.
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Besonders eindrucksvoll ist es, den Lichtwechsel des ultrakurzperiodischen Sternes CY Aqr zu verfolgen. CY Aqr ist ein Pulsationsstern vom Typ SX Phe mit einer Periode von nur 0,061038328 d. Das sind nur etwa 90 Minuten! D. h., man kann in einer Nacht ohne weiteres den gesamten Lichtwechsel erleben. Oder sogar zwei hintereinander! Allerdings braucht man schon ein größeres Fernrohr, denn die
Amplitude reicht von 10,42 mag bis 11,16 mag. Mit dem Takahashi-Refraktor konnte ich in einer Nacht tatsächlich zwei Maxima von CY Aqr beobachten. Da muss man wirklich alle paar Minuten eine Schätzung durchführen. Und siehe da - man kann richtig sehen, wie der Stern heller wird und dann wieder schwächer. Eine ganz neue, faszinierende Erfahrung
Abb. 4: ,,Max1 = 2453238,389 und Max2 = 2453238,450 (hel.)" (Juli 1996)"
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Abb. 5
für einen Veränderlichenbeobachter. Ich meine, das muss man einfach erlebt haben!
Mit größerer Genauigkeit Veränderliche Sterne beobachten kann man natürlich mit der CCD-Technik. Wenn man allerdings zu Hause diese Möglichkeit auch hat, möchte man in Kirchheim nicht die
Kamera auf einen Bedeckungsstern richten und die automatische Beobachtung starten, um dann schlafen zu gehen. Die Zeit und Muße hier in diesem ,,Astroparadies" ist man geneigt anders einzusetzen. Hier werden endlich einmal ,,schöne Bildchen" geschossen! Wie wäre es, zum Beispiel mal ,,seinen eigenen" Messier-Katalog zu erstel-
len?! Mit der CCD-Kamera lassen sich Messier-Objekte ,,sammeln". Mit einigem Zeitaufwand bei der Nachbearbeitung der Rohbilder erhält man faszinierende Astroaufnahmen, die man früher nur in Fachbüchern und -zeitschriften sah...
Auch vom Rande unseres Sonnensystems gelangen Fotos hier in Kirchheim: So bewegte sich Pluto vom 11.07. bis 14.07.2005 (hier wurden drei Fotos überlagert, der Bahnverlauf ist nachträglich eingezeichnet).
Wer einmal hier gewesen ist, kommt immer wieder. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass es hier fast so schöne Sonnenuntergänge gibt wie am Meer! Hat man einen solchen in seiner Herrlichkeit genossen, dann heißt es bald darauf: Kuppel und Schiebedach auf - Fernrohre und Sternkarten klarmachen für die kommende Beobachtungsnacht...
Abb. 6
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Bericht über die Volkssternwarte Kirchheim
von Bernd Brinkmann
Ich bin seit ca. 1995 regelmäßig mehrmals jährlich für 3 bis 6 Tage zu Gast in der Volkssternwarte Kirchheim. Seitdem hat sich ein sehr freundschaftlicher Kontakt zu ihrem Leiter, Dr. Jürgen Schulz, und vielen aktiven Vereinsmitgliedern entwickelt.
Aus meiner Sicht wurde immer alles unternommen, um mir den Beobachtungsaufenthalt so angenehm wie möglich zu machen, sei es, dass die vereinseigene CCD-Kamera am 50 cm NewtonTeleskop montiert wurde oder ich die Steuersoftware auf meinem eigen Notebook installieren konnte. Immer wieder beeindruckend war die Stabilität der Zusammenarbeit von Hard- und Software: Montierung einschalten, Nachführrechner einschalten, Guide starten und aktuelle Kometenbahnelemente herunterladen, CCD-Kamera einschalten, Notebook anschließen, Steuersoftware starten, Teleskopposition referenzieren, fokussieren und mit der ersten Kometenbelichtung
beginnen. Die Astrometrie der dort gemachten Aufnahmen führte auch dazu, daß die Sternwarte Kirchheim vom Minor Planet Center in Cambridge, USA den Stationscode A33 erhielt. Der Höhepunkt wurde in einer kalten Februarnacht 2004 erreicht, als ich 30 verschiedene Kometen aufnehmen und vermessen konnte. Dies wäre ohne das perfekte Zusammenspiel von Montierung, Nachführung und Kamerasteuerung nicht möglich gewesen, zumal das Teleskop jedes mal neu von Hand mit Hilfe der elektronischen Teilkreise auf 1/2 Grad genau positioniert werden musste. Erst das letzte Anfahren des Objektes konnte per GOTO mit Guide und der FS2-Steuerung bewerkstelligt werden. Ich möchte mich auf diesem Wege noch einmal für das mir entgegengebrachte Vertrauen bedanken. Denn es ist nicht überall üblich, dass einem Gastbeobachter solch eine komplexe (und nicht gerade billige) Technik völlig vorbehaltlos überlassen wird.
Kirchheim ist auch der Austragungsort verschiedener VdS-Fachgruppentagungen, die von den Mitgliedern der Volkssternwarte Kirchheim und den Fachgruppenleitungen trotz mancher Schwierigkeiten immer wieder hervorragend organisiert wurden. Zu nennen sind hier die Fachgruppen Kometen und CCD-Technik. Letztere Tagung findet regelmäßig Ende April / Anfang Mai in Kirchheim statt. Außerdem wurden im Herbst mehrmals CCD-Praktika in der Sternwarte Kirchheim durchgeführt, an deren Durchführung ich des öfteren beteiligt war.
Als Fazit kann ich festhalten: Ich komme immer wieder gerne nach Kirchheim, sei es zu Tagungen oder mehrtägigen Beobachtungsaufenthalten im kleinen Kreis oder auch ganz alleine. Ich hoffe, die Volkssternwarte Kirchheim wird auch weiterhin den VdS-Mitgliedern solch eine komplett ausgestattete Sternwarte zur Verfügung stellen.
Optimierung des großen Newton der Sternwarte
von Thomas Westerhoff
Die Volkssternwarte in Kirchheim kann von interessierten Astronomen für Beobachtungen gemietet werden. Für Mitglieder der VdS ist dies zu einem Vorzugspreis möglich. Deshalb wird die Sternwarte in Kirchheim auch VdSSternwarte genannt. Die Mitglieder des Vereines versuchen daher in mehreren Arbeitseinsätzen pro Jahr das Instrumentarium stets in einwandfreiem Zustand zu erhalten. Manchmal jedoch reicht dies nicht aus. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, da aufgrund von technischen Neuentwicklungen auch bei der restlichen Hardware nachgezogen werden muss. Das Hauptinstrument der Sternwarte, der große Newton (50 cm f/5) in der Kuppel wurde bisher meist mit einer SBIG ST-8 oder mit der Alphamaxi CCD-Kamera betrieben. Da dies nicht die aktuellsten Kameras sind haben sie auch einen kleineren CCDSensor. Mit der Einführung neuerer CCDKameras und den Canon DSLR stieg jedoch die Chipgröße und es wurden auf den Aufnahmen die Unzulänglichkeiten unseres Newtons deutlicher sichtbar. Auffallend war die starke Vignettierung,
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die durch den 2" Okularauszug entstand. Dies betraf vor allem die neue STL-6303E Kamera mit einer Chipgröße von 27,7 x 18,5 mm, welche etwas größer ist als die der Canon Kameras. Hier musste unbedingt Abhilfe geschaffen werden. Ein weiteres Problem mit unserem Newton stellte der Volltubus dar, der häufig zu starkem Tubusseeing neigte. Während eines Vereinsabends wurden daraufhin Ideen für einen Umbau des Systems zusammengetragen. Hierbei sollten nicht nur die beiden Hauptprobleme, sondern auch einige andere Ideen mit verwirklicht werden. Um die Vignettierung zu beseitigen musste zwangsweise der Okularauszug komplett entfernt und durch einen neuen, größeren ersetzt werden. Es gibt am Markt verschiedene Anbieter, die größere Auszüge herstellen. Leider konnte keiner unsere Anforderungen erfüllen. Daher mussten wir den Okularauszug selbst bauen. Unsere Anforderungen an die Konstruktion waren recht hoch. So sollte der Auszug über eine elektronische Fokussierung verfügen, eine hohe Zuladung verkraften und zudem noch in definierbare Positionen reproduzierbar
drehbar sein. Die letzte Anforderung ergab sich aus der Tatsache, dass moderne CCDKameras häufig über einen GuidingChip verfügen, der neben dem eigentlichen CCD liegt und dessen Position sich durch Drehen der Kamera im OAZ auf einen guten Leitstern verändern lässt. Für die drehbare Unterkonstruktion wurde ein drehbarer Koordinatentisch eines Messmikroskops verwandt. Dieser verfügt über einen seitlich angebrachten Nonius, welcher auf 1/10 Grad genau eingestellt und arretiert werden kann. Dieser Koordinatentisch wurde direkt an der alten OAZ-Grundplatte angebracht, deren Öffnung zuvor auf etwas mehr als 4" erweitert wurde. Auf den Koordinatentisch wurde nun ein elektronischer schrittmotorbetriebener Fokusierer gebaut. Wir entscheiden uns für einen PDF-2 von FLI [1]. Dieser sollte in der Lage sein, die gewünschte Zuladung zu tragen. Er verfügt über einen Fokussierweg von 0,35", also etwa 9mm. Der integrierte Schrittmotor benötigt für diesen Weg 7000 Schritte, womit man mit einer Genauigkeit von 1,27 tausendstel Millimeter positionieren
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kann. Diese Präzision ist mehr als genug. Mit seinem optischen Durchlass von 3,45" beschneidet der PDF-2 zwar das Bildfeld wieder etwas, was aber nicht sehr ins Gewicht fällt. Der PDF-2 verfügt über eine USB-Schnittstelle und kann somit problemlos auch von modernen Laptops, die meist nicht mehr über eine RS232Schnittstelle verfügen, angesteuert werden. Zur Adaption von Kameras oder anderem Zubehör am Fokusierer wurde ein Ringschwalbenadapter angebracht. Durch ihn ist ein schneller und vor allem bezüglich der Position reproduzierbarer An- und Abbau von Equipment möglich. Das Ringschwalbensystem wurde früher von Zeiss (Jena) für Teleskope eingesetzt. Leider ist dieses geniale Prinzip heutzutage in Vergessenheit geraten und wird von kaum einem Hersteller noch verwendet. Abbildung 1 zeigt den Grundaufbau des neuen OAZ. Auf dem Ringschwalbenadapter sitzt für visuelle Beobachtungen mit 2" Okularen ein handelsüblicher JMI Okularauszug.
Abb. 1
Abbildung 2 zeigt die Konstruktion mit angebauter STL-6303E Kamera und AO-L. Der Fokussierer und das an ihn angebaute Zubehör lassen sich über das Handrad an der rechten Seite drehen. Dies erfolgt spielfrei und hat daher keinerlei Einfluss auf die Fokusposition. Der Nonius ist im Bild nicht zu sehen, da er etwas vom Fokussierer verdeckt wird.
Wie man erkennen kann ist zwischen Fokussierer und CCD-Kamera ein Adapter mit etwa 45 mm Bautiefe vorhanden. In diesen Adapter können weitere optische Komponenten wie zum Beispiel ein KomaKorrektor eingesetzt werden. Ein Filterrad hat die STL-6303E bereits integriert.
Wie man ebenfalls auf Abbildung 2 erkennt, verfügt unsere STL Kamera über eine Adaptivoptik AO-L von SBIG [2] Hierbei handelt es sich um eine vergütete Glasplatte, die sich direkt im Strahlengang vor dem CCD-Sensor befindet. Diese kann sehr schnell durch kleine Motoren in alle Richtungen gekippt werden. Durch Refraktion verschiebt sich hierbei das auf den CCD projezierte Bild etwas. Man kann so sehr schnell in einem kleinen Bereich nachführen. Der AO-L wird von einem Stern auf dem Guiding-Chip gesteuert und reagiert wie ein normaler Autoguider, nur halt wesentlich schneller. Sollte der Arbeitsbereich des AO-L nicht mehr ausreichen, so bietet er noch die Möglichkeit über ein normales Autoguiderkabel zusätzlich direkt auf die Motoren der Steuerung nachzuführen. Versuche mit dem AO-L zeigten, dass man in gewisser Weise sogar das Seeing ausgleichen kann. Abbildung 3 und 4 zeigen 2 Rohbilder eines Ausschnittes von M82. Bei Abbildung 3 mit eingeschaltetem AO-L erkennt man deutlich, dass die Sterne runder sind und nicht verwischen. Der AOL hat bei der Aufnahme mit etwa 6 Hz gearbeitet, also 6 Korrekturen pro Sekunde gemacht. Das schafft so kein anderer Autoguider.
flussen kann, hat man beim Tubusseeing die Möglichkeit, dieses weitestgehend zu beseitigen. Wir entschlossen uns daher, unserem Newton einen Lüfter zu spendieren. Da der Spiegel zur Reinigung ausgebaut wurde, ergab sich die Möglichkeit in die Spiegelzelle, die aus massivem Stahl besteht, eine Öffnung für einen Lüfter einzufräsen. Auf diese Öffnung wurde dann ein großer Lüfter saugend angebracht. An der Nachführungsgeschwindigkeit des AO-L merkte man sofort dessen positiven Einfluss. Der AO-L machte wesentlich weniger Korrekturen als bei ausgeschaltetem Lüfter.
Abb. 5
Als weitere Tuningmaßnahme wurde der Newton noch mit einem Thermometer ausgestattet, welches zum einen direkt die Spiegeltemperatur und zum anderen die Umgebungstemperatur misst. Dadurch ist es möglich zu erkennen, wann der Spiegel ausgekühlt ist und wann mit der Beobachtung begonnen werden kann. Alles in Allem konnte durch die Arbeiten am
Abb. 2
Abb. 3 (links) Abb. 4 (rechts)
Das Seeing ,,heraus zu guiden" ist jedoch immer nur eine Notlösung. Besser ist es, das Seeing von vorn herein zu vermeiden. Während man jedoch beim normalen atmosphärischen Seeing auf das Wetter angewiesen ist und dieses nicht beein-
Newton dieser wieder an die Erfordernisse der modernen Amateurastronomie angepasst werden und steht nunmehr den Gästen unserer Sternwarte zur vollen Nutzung bereit.
[1] http://www.fli-cam.com/digital_focusers. htm
[2] http://www.sbig.com/products/ao-l.htm
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Verbesserungen an einer EQ-5
von Georgi Sporny
In den letzten Jahren habe ich einige konstruktive Änderungen an meiner EQ-5 vorgenommen, die mit dem ,,Goto4All" eine Genauigkeit mit einer CCD-Mintron zu geringsten Abweichungen und Darstellung von Goto-Objekten innerhalb des Chips führten. Mit dem Sternfreund und allgemein bekannten ,,cg-5-Gott" Christoph Peter alias ,,Saghon" aus Minden habe ich zusammen diese Veränderungen realisiert.
Neufetten der Montierung Zu diesem Thema ist eigentlich viel gesagt und geschrieben worden, mir geht es eigentlich um einen Hinweis auf das dann zu verwendende Fett. Praktisch und mit Blick auf die Minustemperaturen in Deutschland ist es ratsam, die Fette ,,OKS470- 475" oder ,,NIGRIN Mehrzweckfett (Art.-Nr. 74 145) -30 bis +50 Grad C" zu verwenden, denn sie werden auch unter 0 Grad C nicht zäh oder steif.
Austausch der RA-Kugellager Die Kugel- und Drucklager der RA-Welle führen zu mechanischen Verspannungen und Schwergängigkeit, wenn die Ringmutter am Ende der RA-Welle festgezogen wird. Das obere Radialkugellager lässt sich problemlos gegen ein Schrägkugellager ,,7007 BE 2RS" austauschen, es muss nur auf die Einbaulage/richtung geachtet werden! Am unteren Ende der RA-Welle ist der Austausch mit der Anfertigung eines Ausgleichringes verbunden; den Stundenring habe ich wegen der Goto-Nutzung nicht mehr angebracht, die Ringmutter aber gut arretiert. Das untere Lager (Typ 71807) sollte aus dem Ausgleichsring 0,5 - 1 mm herausragen, damit die Ringmutter nur auf den Druckring des Lagers drückt!
Uns (,,Saghon" und mich) störte, dass die Justierung der Schneckenwellen durch die O-Ringe beim Festziehen der Hohlschraube M 12x1 wieder zur Schwergängigkeit führte! Die Schneckenwelle hat einen Durchmesser von 6 mm, die Hohlschraube M 12x1, ergo passt dort nur ein Kugellager mit 10 mm Außendurchmesser durch und hinein. Dazu habe ich den Schneckenwellen-Haltebock auf einen Aluklotz mit zwei M 6-Schrauben befestigt und auf einer Fräse im Schraubstock ausgerichtet. Ich nutzte dafür einen 6er gezogenen Werkzeugstahl, den ich in das
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Bohrfutter der Fräse spannte und beim vertikalen Verstellen beobachtete, dass der Werkzeugstahl senkrecht in diesen Lagerbock passte. Dann tauschte ich den 6-mm-Rundstahl gegen einen 10/6-mmMaschinen-Zapfensenker aus und senkte den Kugellagersitz (Durchm. 10,00 mm) in das, der Hohlschraube gegenüber- und untenliegende 6-mm-Loch im Halter. Eine Tiefe von 2,5 bis 2,7 mm reicht aus. Die Hohlschraube musste ich neu anfertigen, um den Kugellagersitz axial in die Hohlschraube zu bohren. Zur Sicherheit, wenn die Hohlschraube mit der M 12x1Mutter gekontert wird, habe ich in den Halter noch ein M 3-Gewinde gebohrt und eine Stiftschraube (spitz) eingeschraubt. Beim Zusammenbau ist nur, neben der Fettung, auf die kleinen 6er Plastscheiben zu achten; ich habe sie zwischen Druckfläche und Kugellager eingelegt. Die Laufeigenschaften verbessern sich enorm; die Kugellagerung tauchte erstmals 2005/ 2006 an Montierungen auf! Zum Justieren und Minimieren des Schneckenspiels benutze ich einen Drehknopf (sollte möglichst groß sein), um an einem Erdobjekt das Spiel zu minimieren; dabei ist auf den Wellendurchmesser zu achten (engl./amerik. ca. 6,25 mm - nicht 6,00 mm).
Kontrolle und Änderung des Polkopfes Vor kurzem las ich im Internet über die Polkopfwelle an einer HEQ-5 o.ä. Dieser Fertigungsmangel führte bei mir zur sinnlosen Fehlersuche im Goto-Modus! Ich nahm zwei Jahre lang an, dass die Positionier-Ungenauigkeiten von der Schneckenwellen-Justage ausging - bis ich bei meiner ,,Professionell"-Montierung EQ-5 (Zitat: Hersteller/Versand) die Polschraube demontierte. Es ergaben sich folgende Differenzen bei meiner EQ-5: 1. Abstand der Polwangen innen zu Polteil RA außen = 2,40 mm 2. Dicke der Ausgleichsscheiben 2x 0,50 mm orig. = 1,00 mm Differenz : 2x (re + li) = 1,40 mm !!! 3. Neue Ausgleichsscheiben 2 x 1,20 mm angefertigt = 2,40 mm
Die durchgesteckte Polwelle hatte einen Bund mit Durchmesser 10 mm, Bundlänge 18 mm, der Rest ist M 10-Gewinde bis 57 mm Gesamtlänge! Damit drückte der Polteil mit RA auf das M 10-Gewinde, der Polkopf konnte mit der Differenz von
1,40 mm nicht geklemmt werden. Das gesamte Teleskop mit Montierungsoberteil (Achskreuz) lag auf diesem M 10-Gewinde und wackelte. Schon beim Einstecken einer M 10-Schraube mit 10er Bund, Bundlänge ca. 35 mm, merkte ich, wie das Oberteil ,,spielfreier" wurde, durch die dickeren Ausgleichsscheiben konnte der Polkopf problemlos geklemmt werden. Die gesamte Montierung ist merklich stabiler geworden, die Positioniergenauigkeit hat sich um 50% verbessert (bezogen auf die CCD-Mintron). Die hier angezeigten Veränderungen haben die EQ-5 merklich verbessert und zu mehr Beobachtungsgenuss geführt; ich bin bei Nachfragen zu Auskünften und Hilfe bereit. Für Hinweise anderer Sternfreunde bin ich dankbar. Im Mai 2007 war ein Sternfreund aus Sohland/Spree bei mir. Wir astro,,klönten" bis 1 Uhr 30 und er war von der Positioniergenauigkeit meiner modifizierten EQ-5 begeistert; er selbst hat eine ,,Vixen-Sphinx".
Öffentliche Petition gegen Lichtverschmutzung im Deutschen Bundestag !
Am 18. Oktober 2007 nutzte Roy Hengst die Möglichkeit einer Online Petition im Deutschen Bundestag und reichte die Petition ,,Lichtverschmutzung" ein, die zum Schutze von Umwelt und Klima ein Gesetz gegen Lichtverschmutzung fordert. Die Frist für die Mitunterzeichnung lief bis zum 27.12.2007. Nach nur zehn Tagen der Veröffentlichung wuchs die Liste der Mitzeichner auf fast 4.000 Mitzeichnungen an. Das ist besonders der rasanten Verbreitung durch das Internet zu verdanken. Wieviel Personen es nach Ablauf der Frist waren, war bei Redaktionsschluß nicht bekannt.
Bereits im Jahre 1999 wurde eine Petition von W. Wettlaufer zur Reduzierung der Lichtverschmutzung vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages bearbeitet worden und der Bundesregierung, den Fraktionen und den Landesvolksvertretungen zugeleitet worden. Darauf fußende Gesetzesrichtlinien sind nicht bekannt. Vielleicht ändert sich das nun, wenn man die vielen Mitzeichner bedenkt und auch das anscheinend die Politik bezüglich des Klimaschutz endlich wach geworden ist. Torsten Güths VdS Initiative Dark Sky
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Selbstbau eines Handrohres zur Bestimmung der Himmelshelligkeit
von Klaus-Jochen Stepputat
- Teil 1 -
Beim Deep-Sky-Treffen 2007 in Bebra wurde am 31. März ein handliches Messrohr vorgestellt, das die Flächenhelligkeit von kleinen Himmelsfeldern visuell bestimmen kann (typisch ein Quadratgrad Feld). Das Rohr ist relativ einfach nachzubauen und in seiner Grundfunktion auch leicht zu verstehen. Das Licht eines in seiner Magnitude passend ausgesuchten Sterns wird mit der Flächenhelligkeit eines Quadratgrads des Himmels verglichen. Bei Gleichheit der Helligkeiten liefert die aus dem Sternkatalog bekannte Sterngröße die gesuchte Himmelsleuchtdichte in Magnituden pro Quadratgrad.
Einführung: Für die amateurastronomische Beobachtung ist ein stockdunkler Nachthimmel von unschätzbarem Wert. Das hier vorgestellte Messrohr kann den Sternfreund unterstützen, einen wirklich dunklen Ort für sein Hobby zu finden. Und den notgedrungen in ihrer Stadt- oder Vorortshelligkeit Verbliebenen ermöglicht es die Genugtuung, wenigstens einmal quantitativ messend dieser unseligen Nachtlichtbeflutung zu Leibe zu rücken. Bei der Himmelshelligkeit handelt es sich physikalisch gesehen um eine Leuchtdichte, mehr anschaulich auch als Flächenhelligkeit bezeichnet. Wie hell, oder besser wie dunkel der sternenklare Nachthimmel ist, kann man einmal schätzen. Dazu gibt es eine sehr schön beschreibende Skala von John E. Bortle [1]. Merklich ungenauer erscheint da die sehr subjektive Angabe der schwächsten, noch mit bloßem Auge sichtbaren Sterne (fst, faintest visible star), oder das Auszählen von Sternen in vereinbarten Sternfeldern [2], denn hier geht die Qualität der Augen und die Übung im indirekten Sehen ein. Bei mehreren Tests hat sich gezeigt, dass am gleichen Himmel verschiedene Probanden Grenzhelligkeiten von mehr als eineinhalb Größenklassen Unterschied meldeten [3]. Neuerdings gibt es Messgeräte, die eine optoelektronische Leuchtdichtebestimmung über einen globalen Bereich des Nachthimmels von gut 60 x 60 Quadratgrad ermöglichen. Auf einem Display wird die Flächenhelligkeit
des Himmels in Magnituden pro QuadratBogensekunde angezeigt [4]. Leider ist es mit diesen Geräten aus konstruktiven Gründen nicht möglich, kleinere Felder auszumessen. Deshalb können Seitenlicht oder eine Seitenabschattung hier das Ergebnis bei dem großen erfassten Feld verfälschen.
Aufbau des Rohres
und Durchführung der
Messung:
Unser
Messrohr Abb. 1:
trägt vorn ein kleines Blick auf den Himmel durch das Handrohr (tagsüber)
Objektiv (typisch von
Feldstechergröße) und hinten statt eines 15 Grad Blickwinkel (von der Brechkraft
Okulars eine kleine Blende von 3 bis 4 des Objektivs wird vorerst noch nichts
mm Weite, die genau im Brennpunkt des bemerkt). Die Helligkeit der runden
Objektivs liegt. Schaut man durch die Fläche erscheint wie die des Himmels
hintere Blende in das Messrohr auf den mit bloßem Auge ohne Rohr und ohne
Himmel, sieht man vorn das Objektiv Objektiv. Ursache ist das Gesetz von der
als eine runde helle Fläche unter etwa Konstanz der Leuchtdichte bei optischen
Abb. 2: Photometerkopf vorn am Handrohr, von vorn gesehen rechts der Glaskeil, links das 50%-Graufilter (aus Folie). Das Handrohr befindet sich auf kleiner Montierung.
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Abb. 3: Kleines Handrohr für den beidäugigen Gebrauch, links das Sucherrohr
Abbildungen. Das kann jeder einmal ausprobieren, in dem er vor seine Augen eine beliebige (möglichst vergütete) Linse in beliebigem Abstand hält. Für das Messrohr allerdings wird die runde Fläche vorn durch einen halbkreisförmigen 50%-Graufilter zur Hälfte abgedunkelt (z.B. rechts). Nur der linke Sektor zeigt die unveränderte Himmelshelligkeit, sie ist genau doppelt so hell wie im rechten Sektor (Bild 1). Zum Messen richtet man das Rohr exakt auf einen Stern geeignet ausgesuchter Größe. Passt der Stern mit seiner Magnitude, erscheint in dem Augenblick, wo das Sternenlicht im Fokus durch die Blende mitten auf die Augenpupille fällt, der bisher dunklere Sektor genau gleich hell wie der hellere rechte. Es addiert sich nämlich im dunkleren Sektor das Licht U des Himmelsuntergrundes mit dem gleich hellem Licht L* des Sterns (also: U = L*). Aber dort wird ja das Licht in seiner Helligkeit halbiert, man erhält also: 1/2 (U + L*) = 1/2 (U + U) = U Doch das passt nur, wenn U = L* ist, also genau beim Abgleich! Die Messung ist damit abgeschlossen. Die betreffende Sternhelligkeit gleicht in ihrem Wert der gesuchten Magnitude pro Quadratgrad (zumindest hat man erst einmal einen Rohwert dafür). Auf Anhieb wird der Abgleich natürlich nicht sofort gelingen. Erscheint der bisher dunklere Sektor immer noch etwas dunkler als der andere, gehe man zu einem helleren Stern über. Wirkt die Fläche schon zu hell, weiche man auf einen weniger hellen Stern aus (im großen Wagen befinden sich meist ausreichend Sterne passender Helligkeit). Allerdings
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ist am Messrohr zuvor noch eine weitere konstruktive Maßnahme erforderlich, denn das Licht des Messsterns addiert sich natürlich im hellen Sektor ebenfalls zu U. Damit wäre ein Abgleich wieder unmöglich! Durch einen flachen Glaskeil vor dem Objektiv neben dem Graufilter (Bild 2) wird das Licht für den linken Sektor ein wenig nach links gelenkt (gebrochen), so dass sich das Licht des Messsterns außerhalb der Blende vereinigt und damit nicht ins Auge gelangt. Der Leser wird sich vielleicht schon gefragt haben, warum der Beobachter die Helligkeit genau eines Quadratgrades Himmelsuntergrundes erhält? Das liegt an der exakt passend gewählten Größe der Blende. Sie muss aus Brennweitenentfernung einem Quadratgrad Raumwinkel entsprechen. Bei 152 mm Brennweite sind das 3 mm Durchmesser, bei 203 mm Brennweite eben 4 mm. Natürlich darf dabei die Pupillenweite des Auges nicht kleiner als die Blende werden, sonst beschnitte sie unkontrolliert das Messfeld. Es empfiehlt sich sowieso für photometrische Messungen keine Austrittspupillen (Blenden) über 4 mm Durchmesser zu verwenden [5]. Damit wird für Objektive von größerer Brennweite als 203 mm ein Messfeld von einem Quadratgrad nicht einzuhalten sein. Doch hierfür gibt es einfache Korrekturen zur ermittelten Magnitude (Genaueres dazu siehe im Teil 2, Abschnitt 6).
Erste Erfahrungen beim Messen und Hinweise zum Selbstbau: In der Theorie erscheint ein solcher Abgleich sehr leicht möglich zu sein. In der Praxis ist zum genauen Anpeilen eines Sterns ein geeigneter Sucher nötig. Zudem fällt es schwer, einen Stern zu halten. Ein kleines Stativ muss her, am besten mit Feinbewegung in Azimut oder Höhe bzw. gleich parallaktisch, um den Helligkeitswechsel beim Rein- und Rausschwenken des Sterns feiner beobachten zu können. Beim Messen achte man darauf, dass in der durch den Keil abgelenkten Blickrichtung am Himmel nicht zufällig dunkle oder helle Flächen, Wolken, Bäume, Gebäude oder ähnliches sind. Eine Konstruktion als Doppelrohr für beide Augen zugleich ist sehr zu empfehlen (Bild 3), links mit Fadenkreuz zum genauen Anpeilen des Meßsterns, rechts das Rohr zum Helligkeitsabgleich. Ein zerlegter Feldstecher ist ohne weiteren inneren Umbau als Messrohr nur bedingt geeignet: Einmal muss der Brennpunkt im Messrohr
Abb. 4: Teilzerlegter Feldstecher, rechts das Messrohr, darüber der Photometerkopf und das negative Brillenglas, darunter die Aufsteckblende
Abb. 5: Feldstecher als Handrohr zusammengesetzt
Abb. 6: Photometerköpfe, links klein für 30-mm-Objektiv, rechts groß für 60-mm-Objektiv
(z.B. mit einem negativen Brillenglas) so weit nach hinten verlegt werden, dass er die statt des Okulars montierte Blende erreicht (Bild 4 u. 5). Zum anderen scheinen die zahlreichen Spiegelungen in den Prismen viel Streulicht zu erzeugen, was einen Abgleich ungleich schwieriger als in einem Rohr ohne Prismen macht. Man sollte also im ,,Ex-Prismenglas" die Umlenkprismen des einen Rohrs besser gleich entfernen und das Objektiv entsprechend nach vorn (und seitlich) versetzt montieren. Dann erübrigt sich auch das negative Brillenglas. Vor das Objektiv gehört der ,,Photometer-Kopf" (Bild 6) mit dem halben 50%-Filter und dem flachen Glaskeil. Dieser braucht das Licht nur um wenige Grad abzulenken. Findet man keinen passenden Keil, kann man versuchen, sich einen solchen aus Diagläschen als Hohlkörper selbst zu kitten und mit einer Flüssigkeit (Wasser o. ä.) zu füllen. Das Graufilter kann man beim Fotofachhandel mit Objektivschraubfassung (Aufdruck 2x) beziehen. Man entferne die Fassung und halbiere die Scheibe mit einem Glasschneider. Wenn kein 2x-Graufilter greifbar ist, geht es auch mit einem 4x-Filter (das hat aber nur 25% statt 50% Durchlass. Für das 25%-Filter folgt dann allerdings beim Abgleich: U = 1/3 L*, s. o.). Mechanisch leichter zuzuschneiden sind FolienGraufilter (Bild 6). Leider sind sie recht teuer. Im optischen Versandfachhandel kostet ein 7 x 7 cm messendes Stück über 60 Euro! Aus SW-Negativfilm müssten 50%-Folienfilter nach einigen Belichtungsexperimenten eigentlich auch billig herstellbar sein (als ,,Film-Flats"), wenn man sie denn mit gleichmäßiger Schwärzung hinbekommt (den richtigen Durchlass kann man z.B. mit einem Fotobelichtungsmesser prüfen).
Viel Spaß beim Selbstbau und den ersten Messversuchen. In Teil 2 wird mehr auf den theoretischen Hintergrund und mögliche Abweichungen beim Messen eingegangen.
Literatur: [1] John E. Bortle, Introduction to the Bortle Dark-Sky-Scale, Sky
& Telescope, Feb. 2001
[2] Praxisbuch Deep Sky, Hrsg. VdS, Kosmos-Verlag 2004, Stuttgart, Seite 159; auf Seite 160 steht dort die Bortle-Skala in etwas gekürzter Übersetzung und mittleren fst-Werten.
[3] R. Stoyan, interstellarum-Grenzgrößenaktion am ITV, interstellarum 35, 2004, Seite 6
[4] Steffen Brückner, Sky Quality Meter misst Himmelhelligkeit, Sterne und Weltraum, Heft 8, 2006, Seite 80
[5] Handbuch für Sternfreunde, Hrsg. G. Roth, Springer Verlag, 1960, Seite 8
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Wechseladapter für okularseitige Komponenten
von Georgi Sporny
In meinen Gedanken zur Lösung des Problems der Gewindebeschädigung bzw. Zentrierung am Okularauszug (OAZ) bei nächtlicher Beobachtungen bin ich von dem Zeiss-Prinzip der Ringschwalbe ausgegangen und habe mir Ringschwalbenadapter selbst angefertigt. Zusätzlich habe ich in die Ringschwalben-Aufnahme am OAZ bzw. allen optischen Geräten mit Zubehörnutzung eine M 3-Zylinderschraube mit Kopfdurchmesser 4 mm in den Innenrand eingeschraubt. Diese Zylinderschraube verhindert das Verdrehen der Zubehörteile am OAZ. Um die Justierung einer CCD-Kamera oder Strichkreuz-Okular zu ermöglichen, steckt die Kamera in einer 1 1/4"-Bohrung, in die drei Innensechskant-Gewindestifte M 4x10 ragen. Die Justierung erfolgt durch Motorbewegung in RA- Richtung (vor und zurück) und Drehen des Zubehörteils und Fixierung mit den Gewindestiften, wenn die Bewegung horizontal erfolgt. Alle optischen Empfangsgeräte wie Okulare, Fotoapparate, CCD-Kameras und Okularprojektion tragen Ringschwalben, in die ich immer in der gleichen Stelle eine Nut eingearbeitet habe, alle optischen ,,Sende"-Geräte (Objektive) haben eine Ringschwalben-Aufnahme mit Arretierungsstift! Die optische Verkürzung beträgt 12 mm und ist mit dem OAZ auszugleichen. Die Ringschwalbenadapter tragen je nach Zubehör die entsprechenden Gleitpassungs-Bohrungen oder Gewinde (metrisches oder Zoll-Gewinde). Ich brauche im Dunklen nicht mehr mit Feingewinde den Gewindeanfang suchen, mir kann dabei auch nichts mehr herunterfallen! In der täglichen und nächtlichen Praxis hatte sich dieses ,,alte" Zeiss-Prinzip schon 1960 bewährt und erleichtert mir Gerätewechsel. Wegen der Materialbeschaffung hat die Aufnahme einen Durchmesser von 58 mm, die Ringschwalben (Geräteträger) haben einen Maximaldurchmesser von 50 mm. Der Durchlass ist generell auf 1 1/4" aufgedreht und mit Gewinde für spezielles Zubehör versehen, damit problemlos 1 1/4"-Geräte eingesetzt werden können. Dieser Adapter kann natürlich mit 2"-Aufnahmen hergestellt werden, nur steigt das Gewicht und der Aluminiumpreis; ich habe mit 1 1/4" keine Vignettierung des Bildes festgestellt. Ich halte 31,8 mm für Amateurteleskope als optimal und habe diese Dimension überall eingesetzt.
VdS-Journal Nr. 25
Abb. 1: Arretierungs-Zylinderschraube im Aufnahmering
Abb. 2: Zubehör mit Ringschwalben-Adapter
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Wie ein Fels in der Brandung
von Harald Strauß
Zwei Pausengespräche mit Astrokollegen im Zuge unseres jährlich stattfindenden Workshops am Gahberg haben mir gezeigt, dass die von mir bereits seit längerer Zeit angewandte Methode zur Verbesserung der Stabilität des Stativs im Feld in Amateurkreisen kaum bekannt ist. Für mich war das bisher so unspektakulär, dass ich das als Verbesserungsvorschlag selbst noch gar nicht erkannt habe. Für einen Artikel war das auch zu trivial, oder doch nicht?
Bei der Beobachtung mit mobilen Teleskopen baut man in der Regel die Gerätschaft auf einer Wiese, einem Feldweg oder auf einem Parkplatz auf. In den meisten Fällen kommt ein Dreibein (Stativ) zum Einsatz. In meinem Fall ist es ein Vermessungsstativ oder bei schwererem Gerät ein Dreibein der Firma Meade. Bedingt durch die Dunkelheit, dem meist ungewohnten und in der Regel nicht sehr ebenen Gelände stößt man immer mal an ein Stativbein. Weiters führen langsam in der Wiese einsinkende Stativfüße zu einer Portion ,,Extraärger". In Summe ergibt das eine antioptimale Situation, welche gerade bei länger belichteten Astroaufnahmen immer wieder zu verdorbenen Bildern führt.
Eines Abends fragte ich mich, ob es nicht möglich sein könnte die Stabilität des Untergrundes besser zu nutzen. Den Boden mit dem Stativ zu verbinden? Warum wackelt und schwingt das oben,
Abb. 1: Sturmanker
wo doch unten alles fest ist? Gedacht - getan. Ich habe im Campingzubehör einen ,,Sturmanker" erworben. Hier handelt es sich um einen speziellen Zelthering, welcher in den Boden geschraubt wird. Dieses Teil wird mit einem längeren Metallstück
(z.B. größeren Schraubenzieher) in den Boden (Wiese) gedreht und im Regelfall für die sturmsichere Befestigung von großen Zelten verwendet. Ähnliche Produkte gibt es auch für das Vertäuen von Schiffen zum Land hin. Durch die spezielle Form können sehr hohe Zugkräfte übertragen werden. Für die unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten gibt es auch verschiedenste Ausführungen. Dieser Sturmanker besitzt in meinem Fall oben bereits eine Öse, durch welche ich einen Spanngurt fädeln kann. Der Gurt (mit Ratsche!) wird mit dem Stativkopf verbunden und nun mittels Gurt das Stativ gegen den Boden gespannt - fertig! Der Gewinn an Systemstabilität ist enorm. Damit die Stativfüße nicht einsinken können, ist es nun notwendig, kleine Holzbretter o.ä. als Unterlage zu verwenden. Verschweigen möchte ich jedoch nicht, dass bei sehr lockerem Wiesenboden der Hering relativ leicht herausgezogen werden kann. Ich verwende daher derzeit einen sehr großen Hering. Im Zweifelsfall lieber das größere Teil erwerben.
In einer Spezialausführung habe ich das System auch auf einem asphaltierten Parkplatz verwendet, wobei ich hier den Sturmanker gegen eine lange Schraube getauscht habe, welche ich mit einer Akkubohrmaschine einfach in den Asphalt geschraubt habe. Eine Blechlasche (mit Loch für die Schraube und eine größere Aussparung für den Gurt) sorgte noch für die nötige Verbindung.
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Abb. 2: Stativ ohne und mit ,,Anschnallgurt".
Anzumerken bleibt noch, dass sich gerade das Meade-Stativ gut für diese Befestigungsform eignet, da es sehr steif ist und das Spannsystem des Stativs gut mit dem Gurt umfädelt werden kann und diese Konstruktion durch den Gurt auch keinen Schaden nimmt. Weiters sei noch der Vollständigkeit halber angemerkt, dass der Gurt erst gespannt werden kann, wenn
das Stativ horizontal ausgerichtet und eingenordet ist. Auch auf den festen Sitz der Holmklemmungen bei den Stativfüßen ist zu achten, da der Gurt sonst die Stativbeine zusammenzieht.
Weiterführende Gedanken habe ich mir noch nicht gemacht, wobei ich mir gut vorstellen kann, dass diese Methode gerade
für Astrourlauber eine interessante Sache sein kann, denn damit ließe sich selbst ein kleines und leichtes Stativ sicher und stabil aufstellen. Ferner kann ich mir vorstellen, dass eine spezielle Stativkonstruktion noch eine weitere Verbesserung und Optimierung des Verhältnisses Gewicht zu Stabilität bringen kann. Für den Eigenbau ist das eventuell eine lohnende Überlegung. Auch bei diversen Astrotreffen könnte ein derart aufgestelltes Stativ vor Ort zwei oder drei Nächte befestigt bleiben, auch wenn die Montierung und das Instrument abgebaut werden sollten (Regen, usw.). Astrokollegen, welche Ihr Equipment aus einer Hütte zum Beobachtungsplatz fahren, könnten mit einem im Boden fix angebrachten Anker auch eine reproduzierbare und feste Aufstellung erreichen. Bei unserer Vereinssternwarte werden wir das Prinzip nutzen, um ein geschweißtes Dreibein auf einer Betonfläche zu befestigen. Hier erfolgt das Spannen zum Boden jedoch mittels Seilschloss, so wie auch die Haltedrähte beim Gartenzaun gespannt werden.
Zum Schluss noch eine Bemerkung: Das Schraubenloch im Parkplatz sieht man wirklich nicht!
Neues aus der FG Astrofotografie
von Peter Riepe
Organisation vor Ort). Tagungsgebühren entfielen, Getränke und Gebäck standen zur Verfügung. Die 37 angereisten Teilnehmer (Abb. 1) waren keineswegs ausschließlich Fachgruppenmitglieder, denn etliche Interessierte hatten die Ankündigungen in den Internetforen gelesen und waren der Einladung spontan gefolgt. Ein neues Mitglied trat der FG bei.
Abb. 1: Die Teilnehmer vor der Westfälischen Volkssternwarte Recklinghausen. Man beachte den ,,astronomischen Nachwuchs" und den von W.E. Celnik mitgebrachten ,,Canis Major"! Bild: Eberhard Schmidt.
Ein voller Erfolg war der Tag der Astrofotografen 2007, den unsere Fachgruppe am 30. Juni 2007 in den
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Räumen der Westfälischen Volkssternwarte Recklinghausen veranstaltete (Peter Riepe/ Programm, Dr. Wolfgang Strickling/
Motto des Treffens war ,,Wohlfühlen, direkte Kontakte, Klärung persönlicher Fragen zur Astrofotografie". In einem lockeren Vortragsrahmen, der jederzeit Diskussionen ermöglichte, brachten auch tiefergehende Themen für jeden genügend Neues. Dr. Werner E. Celnik zeigte in Einzelschritten, wie er nach der Sonnenfinsternis 2006 in der libyschen Wüste seine konventionellen Mittelformataufnahmen der Korona weiterverarbeitet hat. Dirk Sprungmann berichtete über Astrofotografie mit MittelformatAusrüstung auf konventionellem Film (Abb. 2). Bernd Gährken demonstrierte, wie
A S T R O F O T O G R A F I E 41
er am 80-cm-Teleskop der Volkssternwarte München Uranus in bestechender Qualität per Video aufnehmen konnte. In der Mittagspause versorgte uns ein PizzaService mit den nötigen Stärkungen. Danach wartete Dr. Josch Hambsch mit einem musikuntermalten Film auf, der sich um seine CCD-Astrofotografie auf Farm Hakos in Namibia drehte, u.a. mit einem lichtstarken 50-cm-Teleskop (Abb. 3). Andreas Rörig, uns allen als SoftwareMacher bekannt, stellte unterschiedliche Aspekte beim Stacken von Astrobildern vor, immer mit Blick auf die Verbesserung des Signal/Rausch-Verhältnisses. Wie und in welchem Umfang lassen sich Pixel mit ,,falscher" Bildinformation ohne Manipulation eliminieren, angefangen vom heißen Pixel bis hin zu Flugzeugspuren? Hans-Günter Diederich konnte mittels Farbdarstellung nachweisen, dass sich die Roten Riesen des Kugelsternhaufens M 5 mehr im Inneren konzentrieren, während sich die blauen Horizontalaststerne stärker im Außenbereich häufen (,,mass segregation"). Auch einige ,,grüne Sterne" sorgten für Diskussionsstoff. Peter Riepe stellte den Kugelsternhaufen M 92 vor, wobei ein Farbenhelligkeitsdiagramm zur Klärung der physikalisch korrekten Farben der Einzelsterne diente! Dr. Harald Tomsik erläuterte dazu, wie die am Meller Teleskop aufgenommenen CCD-Bilder mit Hilfe von G2-Sternen kalibriert werden. Zum Abschluss stellte Frank Slotosch seine Ausrüstung und damit erzielte schöne Astroaufnahmen vor, z.B. Falschfarbenbilder von Gasnebeln mit Interferenzfiltern. Nach dem offiziellen Programm fanden sich noch einige Sternfreunde zum Ausklang in einem netten Lokal zusammen.
An dieser Stelle einen herzlichen Dank an Dr. Burkhard Steinrücken, den Leiter der Westfälischen Volkssternwarte. Er hatte uns die Räumlichkeiten dankenswerterweise zur Verfügung gestellt.
Abb. 2: Gemini/Monoceros, Mamiya RB 67 Pro SD, Objektiv KL 3,5/150 mm bei f/5,6 + Filter IDAS LPS, Kodak E100VS (2 x 35 min, 1 x 40 min), E6 Push 2, Bild: Dirk Sprungmann.
Abb. 3: Der chaotische Emissionsnebel NGC 6357 liegt im Skorpion. Die Aufnahme von Josch Hambsch entstand auf Farm Hakos/Namibia an einem 500-mmSpiegel f/3. Mit einer ST-11000 plus H-Alpha-Filter wurde 10 x 15 min ohne Binning belichtet.
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Mein Einstieg in das Hobby
der Astrofotografie
von Peter Hackenberg
dem Weihnachtsbaum liegen sah. Es war ein Newton 114 mm / 900 mm der Marke Bresser mit einer parallaktischen Montierung. Nachdem ich mich am Mond sattgesehen hatte, wollte ich mehr sehen und auch das Gesehene im Bild festhalten. Doch schnell wird man mit den Tücken der Optik und der Astromechanik konfrontiert. Typische Anfängerfehler beim Aufsuchen der Sternbilder und der Justierung der Montierung trübten die Freude an den Beobachtungen und am Fotografieren.
Also bin ich zur Sternwarte nach Recklinghausen gefahren. Dort fragte ich den damaligen Leiter Joachim Herrmann um Rat. Er gab mir den Hinweis, ich sollte einmal den Arbeitskreis Volkssternwarte Recklinghausen (AVR) besuchen, was ich dann auch tat. Somit traf ich Gleichgesinnte, die mir zeigten, wie ein Teleskop richtig
Abb. 1: Die selbst gebaute Sternwarte von Peter Hackenberg. Bild: Michael Paternoga.
Mein Interesse an unserem Sternenhimmel bestand schon in meiner Schulzeit. Doch je älter ich als Angehöriger des Jahrgangs 1954 wurde, desto mehr verlor ich vorübergehend die Astronomie aus den Augen und widmete mich zwischenzeitlich anderen Dingen. Irgendwie hatte ich aber immer
den Drang, mir den Himmel und in den Auslagen der Optikergeschäfte Fernrohre anzusehen, bemerkte aber nicht, dass meine liebe Frau mich dabei beobachtete.
Zu Weihnachten 1983 staunte ich nicht schlecht, als ich ein riesiges Paket unter
Abb. 2: Im Inneren: der glückliche Besitzer und seine Teleskope. Bild: Michael Paternoga.
benutzt wird und wie man Sternbilder auffindet. Ein Schlüsselerlebnis hatte ich dann, als mir ein Kollege mit einem guten Okular den doppelten offenen Sternhaufen NGC 869/884 im Sternbild Perseus zeigte. Es war ein Anblick, den ich nicht mehr vergessen kann. Die nebeneinander stehenden offenen Sternhaufen sahen aus wie ein Meer von Diamanten.
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Abb. 3: Galaxie M 51, aufgenommen am 20.03.2007 mit Celestron 11 bei f/5,5 und ATIK 16C, Off-Axis-Nachführung per ST-7 am Giant Easy Guider, insgesamt 3,5 Stunden belichtet.
A S T R O F O T O G R A F I E 43
Abb. 4: Galaxie M 101, Aufnahme vom 12.03.2007, Teleskop und Aufnahmetechnik wie in Abb. 3, Belichtung 10 x 15 Minuten.
Abb. 5: Galaxie NGC 4244, aufgenommen am 17.02.2007 mit 200-mm-Newton f/4,5 und ATIK 16C, Off-Axis-Nachführung per ST-7, Belichtung 8 x 15 Minuten.
Vieles was wichtig war, erlernte ich imAVR. Man traf sich regelmäßig an der Sternwarte und arbeitete an der Uraniakuppel, die mir bis heute ans Herz gewachsen ist. Aus meiner Wackelmontierung wurde eine Polaris-Montierung, sie wurde dann durch eine Superpolaris-Montierung ersetzt. Die liebe Schwiegermutter sponserte später einen Newton 200 mm / 900 mm von der ARGE Westerholt. Auf Dauer war die Superpolaris-Montierung zu schwach und es musste ein stabilere Montierung her. Es wurde eine schwere Saturn-Montierung, die den 200-mm-Newton sicher trug. Damit hatte ich für die Astrofotografie und zum Beobachten eine gute Ausrüstung, die ich lange benutzt habe. Es wurden auch Exkursionen zu den verschiedensten Teleskoptreffen unternommen.
Nachdem ich mit Freunden die Sternwarte in Remscheid besucht hatte, kam ich 1986 auf die Idee, mir selbst eine Sternwarte zu bauen. Es begann mit kleinen Zeichnungen, dann folgte ein Modell.
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Abb. 6: Galaxie M 66, Teleskop und Aufnahmetechnik wie in Abb. 3, Belichtung 8 x 2 Minuten + 11 x 5 Minuten.
Meine Astrofreunde belächelten mich, doch kurze Zeit später erkannten sie, dass ich es ernst meinte. Knapp ein halbes Jahr später stand eine 3-Meter-Kuppel im Garten auf den Mauern eines ehemaligen Stalls. Meine Bauschlosserausbildung half mir weiter, trotzdem hatte ich einen steinigen Weg bis zur ersten Beobachtungsnacht in der eigenen Kuppel.
Den Bau dieser Kuppel zu beschreiben würde hier den Rahmen sprengen. Wer sich aber dafür interessiert, kann mich gern ansprechen. Der Arbeitsaufwand hat sich gelohnt, da ich zum einen nicht mehr mit dem Licht der Nachbarschaft konfrontiert werde und vor allem braucht man die Geräte nicht mehr ständig auf- und abzubauen. Mit der Fertigstellung meiner Sternwarte öffnete sich ein neues Tor zum Himmel und verschweißt mich mehr und mehr mit der Astrofotografie.
1991 überraschte mich wieder meine Frau, diesmal mit einem Celestron 11. Mit diesem Traumgerät in Weiß machte es Spaß neue Objekte am Himmel aufzusuchen. Als die CCD-Technik für die Astrofotografie erschwinglich wurde, habe ich mir 1993 eine SBIG ST-7 zugelegt ohne zu ahnen, welche technischen
VdS-Journal Nr. 25
Voraussetzungen man dafür brauchte. Diese Art von Astrofotografie musste ich mir neu erarbeiten.
1996 geriet die Westfälische Volkssternwarte Recklinghausen in Schwierigkeiten. Zusammen mit Menschen aus dem Kreis Recklinghausen und AVR-Freunden wurde ein Förderverein gegründet. Gemeinsam holten wir die Sternwarte aus der Misere, was mich in meinem Hobby Astrofotografie sehr einschränkte und zurück warf, da ich bis 2004 als Vorstandsmitglied tätig war. Ich vernachlässigte acht Jahre mein Hobby, doch es hat sich gelohnt, da die Sternwarte Recklinghausen wieder für jedermann zugänglich ist. Auf diesem Weg möchte ich mich einmal herzlich bei allen bedanken, die die Sternwarte Recklinghausen unterstützt hatten.
2004 legte ich das Amt des Vorsitzenden nieder und beschäftigte mich langsam wieder mit meinem Hobby Astrofotografie und dem Beobachten von Objekten am Himmel. Schnell merkte ich, dass sich die CCD-Technik in der Astrofotografie weiterentwickelt hatte. Die Zeit mit der ST-7 war vorbei, doch benutzte ich meine ST-7 für die Astrofotografie noch lange. Auch die Grenzen meiner Saturn-Montierung
waren erreicht, da die Nachführung nicht mehr einwandfrei funktionierte.
Nach 2004 wurde dann aus der SaturnMontierung eine Losmandy G11Montierung mit Escap-Motoren. Diese steuern heute automatisch das Teleskop mit einer Boxdörfer-Elektronik vom Steuerraum aus, so wie ich es mir damals schon immer erträumt hatte. Die zwischenzeitlich in die Jahre gekommene ST-7 übernimmt eine hervorragende Off-AxisNachführarbeit am C11 und der Losmandy G11-Montierung. Den fotografischen Teil übernimmt seit 2006 eine Farb-CCDKamera Atik 16C. Mit der Farbfotografie ist für mich ein neues Kapitel geöffnet worden, doch die Schwierigkeitsgrade und Anforderungen an Optik, Mechanik und an die Bildbearbeitung sind größer geworden, vieles musste neu erlernt werden.
Die Sucht nach tieferen Details in astronomischen Objekten hat mich aufs Neue erfasst und daher steht der Kauf einer neuen Farb-CCD-Kamera mit einem größeren Chip an, auf deren Ergebnisse ich mich schon jetzt sehr freue. Die CCD-Technik sehe ich als Möglichkeit, einen tieferen Einblick in unseren Himmel zu bekommen. Dabei geht es mir nicht um wissenschaftliche Abhandlungen, sondern ich möchte mich mit der grenzenlosen Schönheit des Sternenhimmels befassen, vor allem in meiner eigenen selbstgebauten Sternwarte. Die Astronomie und die Astrofotografie bietet für jeden Wissenstand etwas, ob praktisch oder theoretisch.
Allen, die das Hobby Astronomie oder Astrofotografie ausüben, wünsche ich Begeisterung und viel Freude.
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Die Toomre-Sequenz - wenn Welten zusammenstoßen
von Hans-Günter Diederich
Spiralgalaxien sind reizvolle Deep-SkyObjekte. Zahlreiche Webseiten und die Mailinglisten der VdS-Fachgruppen künden davon. Kann aus den eigenen Beobachtungen aber nicht mehr entstehen als nur eine Ansammlung ,,hübscher Bilder"? Eine Möglichkeit hierzu besteht darin, die eigenen Aufnahmen zur Visualisierung eines astrophysikalischen Effekts, eines Strukturelements oder einer Entwicklungssequenz einzusetzen. Der vorliegende Aufsatz handelt von der sog. ,,Toomre-Sequenz" und veranschaulicht, wie zwei Spiralgalaxien sich einander annähern, miteinander wechselwirken und schließlich zu einer elliptischen Galaxie verschmelzen.
Entstehung der Toomre-Sequenz Eine der ersten CCD-Aufnahmen im Urlaub galt den Antennen-Galaxien. Bei der Nachbereitung zuhause tauchte immer wieder der Begriff ,,Toomre-Sequenz" auf. Dies machte mich neugierig und führte letztendlich zu diesem Projekt, die ,,Toomre-Sequenz" in eigenen Aufnahmen nachzuempfinden. Wie aber entstand diese ,,Sequenz", wer war ihr ,,Erfinder"?
1972 erschien eine Arbeit von A. und J. Toomre [1], in der sie die Idee vertraten, miteinander wechselwirkende Galaxien würden im Laufe der Zeit verschmelzen. Wie viele Sternfreunde interessierten auch sie sich für morphologisch gestörte Spiralgalaxien. Ihnen war dabei aufgefallen, dass sich im Innern überraschend vieler dieser Objekte nicht ein Nukleus (Kern), sondern derer zwei befanden. Und sie konnten sich das nur so erklären, dass diese Galaxien aus der Verschmelzung (,,merger") von zwei Spiralgalaxien hervor gegangen waren.
Eine solche Vermutung musste aber bewiesen werden. Zuschauen schied, wie so häufig in der Astronomie, aus. Folglich erstellten sie Modellgalaxien, ließen diese rechnerisch auf einander zu fliegen und beobachteten im Modell, was geschah. Bei ihren Modellversuchen ergaben sich Formen und Strukturen, die denen am Himmel sehr ähnlich waren. 1977 präsentierte A. Toomre 11 reale Galaxien bzw.
VdS-Journal Nr. 25
Abb. 1: Arp 295 - ein ,,early-stage merger"; 12 x 600 s Integrationszeit, C14 (InternetTeleskop), ST-9E mit 20-m-Pixeln ohne Binning.
Galaxienpaare, welche in der Reihenfolge eines Entwicklungsweges angeordnet waren, um diese Idee zu veranschaulichen. Er erklärte, dass das Ergebnis der endgültig vollzogenen Verschmelzung eine elliptische Galaxie sein könnte [2]. Und diese Entwicklungssequenz ging als ,,Toomre-Sequenz" in die Geschichte der Astronomie ein. Mein Wunsch war es, eine solche Sequenz mit eigenen Aufnahmen nachzustellen. Die Kapitel folgen dabei den Bezeichnungen aus der Fachliteratur, in der drei Stufen der Verschmelzung unterschieden werden.
,,Early-stage mergers" - frühe Stufe Diese Stufe ist wie folgt definiert: beide Galaxien eines wechselwirkenden Galaxienpaares sind deutlich von einander
getrennt. Ihre Scheiben sind zwar gestört aber noch nicht vollständig zerrupft.
Bei Arp 295 (Abb. 1) sehen wir eine der beiden Galaxien in Kantenlage und die andere mit genau senkrecht dazu orientierter Scheibe. Naturgemäß sind die herausgezogenen Gezeitenschweife (tidal tails) erheblich schwächer als die Scheiben. Solche Aufnahmen erfordern daher eine etwas längere Belichtung. Das Bild weist eine Integrationszeit von 7.200 s auf und entstand mit einer ST-9E am C14.
Das bekannteste Beispiel für diese Entwicklungsstufe dürften die ,,Antennen" sein. Von Aufnahmen mit dem Hubble Space Telescope sind uns NGC 4038 und NGC 4039 bestens vertraut. Daher liegt das Schwergewicht der folgenden Aufnahme auf dem Gezeitenschweif von NGC 4039 und der an seinem Ende entstandenen Gezeiten-Zwerggalaxie (tidal tail galaxy) MDL 92 [3] (Abb. 2).
Solche Zwerggalaxien entstehen aus dem Gas der ,,tidal tails", welches zwar zum größten Teil auf die neu entstehende Galaxie zurück fällt, von dem sich aber geringere Anteile aufgrund der eigenen Gravitation vorher zusammenziehen und eine Zwerggalaxie bilden.
,,Intermediate-stage mergers" - mittlere Stufe Diese Stufe ist durch eine gemeinsame Hülle aus leuchtendem Material charakterisiert, in dem sich zwei deutlich getrennte
Abb. 2: MDL 92 - eine Gezeiten-Zwerggalaxie von NGC 4039; 47 x 300 s Integrationszeit, C14, STL1001E mit 24-m-Pixeln und 2x2-Binning.
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Nuklei befinden. In der Literatur wird NGC 520 (Arp 157) als Prototyp dieser Stufe bezeichnet. Einer professionellen Infrarotaufnahme wurden die Positionen der beiden 40" auseinander liegenden Nuklei entnommen und in die eigene Aufnahme als Kreuzchen eingezeichnet.
Es ist nur schwer möglich, in einer einzigen Amateuraufnahme alle Formen und Strukturen zugleich zu zeigen. Um einige der hellsten Strukturen im Zentrum und die Andeutung der schwächsten Gezeitenschweife erkennbar zu machen, muss eine tiefe Aufnahme schrittweise im Histogramm gestreckt und jedes Mal erneut ausgewertet werden. Diese Situation macht es auch erforderlich, mit Markierungen auf interessante Details hinzuweisen und Kontouren nachzuzeichnen (Abb. 3). In der Aufnahme fallen zudem einige schwache und diffuse Objekte auf. In Aladin wurden sie als ,,Objekte unbekannter Natur" bezeichnet. EO NGC 520 203 ist eines von ihnen.
,,Late-state mergers" - späte Stufe Der Zustand der fast abgeschlossenen Verschmelzung zeichnet sich wie bisher durch Gezeitenstrukturen in der Peripherie aus. Im Zentrum finden wir allerdings zwei Nuklei vor, die jetzt sehr eng bei einander stehen oder bereits zu einem einzigen Nukleus verschmolzen sind. Als Beispiel
Abb. 3: NGC 520 (Arp 157); 10 x 600 s Integrationszeit, C14, ST-9E mit 20-m-Pixeln ohne Binning.
für eine Galaxie mit nur einem einzigen Nukleus wird NGC7252 (Arp 226) präsentiert (Abb.4). Die seinerzeit gewählte Integrationszeit von 6.600 s war zu gering, um die schwachen Gezeitenschweife mit der wünschenswerten Deutlichkeit zu erfassen.
Elliptische Galaxien und Kugelsternhaufen Und nochmals eine Stufe später, wenn aus der verschmolzenen Galaxie eine ellip-
tische Galaxie entstanden ist, erinnert offenbar überhaupt nichts mehr an ihre turbulente Entstehungsgeschichte. Aber es gibt noch einen Hinweis.
den, und Kugelsternhaufen geringeren Alters, die erst bei der Verschmelzung beider Ursprungsgalaxien entstanden sind. Dadurch lässt sich bestimmen, vor wie langer Zeit dieses Ereignis stattgefunden hat.
Im Zentrum etlicher Galaxienhaufen stehen riesige elliptische Galaxien, so M 87 im Virgohaufen. Dies ist ein deutlicher Hinweis auf die Richtigkeit der ToomreTheorie. Im Mittelpunkt des Virgohaufens wird sich bei vorher hoher Dichte an Einzelgalaxien ganz sicher ein heftiges Kollisionsereignis abgespielt haben, das zur Bildung von M 87 führte. Ein zweites bekanntes Beispiel ist die mächtige Radiogalaxie Cen A, die sich momentan als Merger im Zentrum des CentaurusGalaxienhaufens befindet (redaktionelle Anmerkung: P. Riepe).
Abb. 4: NGC 7252 (Arp 226); 11 x 600 s Integrationszeit, C14, ST-9E mit 20-m-Pixeln ohne Binning. Die Gezeitenschweife sind extrem schwierig aufzunehmen und hier daher nachgezeichnet.
Bei der Untersuchungen des Systems der Kugelsternhaufen einer solchen Galaxie wird man anstelle einer einzigen Population derer zwei finden: ältere Kugelsternhaufen, die von beiden Ursprungsgalaxien mit eingebracht wur-
Literatur:
[1] Toomre, A., Toomre, J., 1972. Galactic Tails and Bridges, Astrophys. J. 178, 623-666
[2] Toomre, A., The Evolution of Galaxies and Stellar Populations, Tinsley, B.M., Larson, R.B. (Hrsg.), 1977. New Haven Yale Univ., S. 401
[3] Mirabel, I.F., Dottori, H., Lutz, D., 1992. Genesis of a dwarf galaxy from the debris of the Antennae, Astron. & Astrophys. 256, L19
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48 As t r o f o t o g r a f i e
Abb. 1: Eta-Carinae-Nebel NGC 3372 (Daten im Text)
kann man mehr oder weniger automatisch nach der eigentlichen Aufnahmesitzung anfertigen, z.B. während des Abbaus der Einrichtung oder bei Umrüstung.
Mittels der neueren Versionen von Images Plus ist es auch möglich, die EOS 20D/30D vom Computer aus direkt zu steuern, Serienaufnahmen durchzuführen und automatisch auf den Rechner zu übertragen (download). Die im Programm enthaltene Fokusfunktion ist m. E. ebenfalls sehr brauchbar. Für Verschlusszeiten größer als 30 s ist allerdings zusätzlich ein spezielles Kabel erforderlich, das den Anschluss des TC 80-N3 benutzt. Eine entsprechende Anpassung wird in Deutschland z.B. von Schäfer [3] angeboten. Nach längeren Experimenten bzgl. des besten Verarbeitungswegs für RAW-Aufnahmen der EOS Kameras, v. a. zur Vermeidung von Streifen, die durch leichte Nachfü hrfehler und nicht ganz wegkalibrierte heiße Pixel entstehen können, benutze ich heute folgende Arbeitsschritte:
Mein Observatorium in Afrika
von Dieter Willasch
- Teil 2 -
Im vorigen Teil habe ich mein Observatorium in Südafrika vorgestellt, weiterhin die Teleskope und Kameras. In dieser Ausgabe gehe ich auf die Bildbearbeitung ein und präsentiere einige der für mich schönsten Objekte des Südhimmels anhand eigener Aufnahmen.
Bildbearbeitung Die Bildbearbeitung führe ich in zwei Schritten durch: RAW-Bildbearbeitung, Dark- und Flatbild-Kalibrierung, Ausrichtung und Addition der Einzelbilder sowie erste Anwendung
VdS-Journal Nr. 25
einer Gradationskurve (Stretching) mittels ImagesPlus Version 2.80 von Mike Unsold [1]. Die Feinbearbeitung (Farbbalance, Tonwertkalibrierung, selektives Stretching etc.) erfolgt dann mittels Photoshop. Sehr hilfreich zur Rauschverminderung hat sich als Plug-in zu Photoshop Neat Image erwiesen [2].
Die interne Rauschunterdrückung der EOS Kameras benutze ich nicht, da ich meine, dass die Zeit für die Datensammlung zu kostbar ist, um sie nochmals um die gleiche Zeit zu schmälern, die für die eigentlichen Aufnahmen benötigt wird. Dunkelbilder
1. Erstellen der Aufnahmen im RAWFormat bei ISO 800 oder 1600 und einer Belichtungszeit von 1 bis 5 min je nach Objekt.
2. Erstellen von 3 bis 10 Dunkelaufnahmen (Darks) meist nach der Aufnahmesitzung unter den gleichen Bedingungen wie die eigentlichen Bilder.
3. Einmaliges Erstellen eines Master Flat bei Tage: Teleskop in Aufnahmeposition gegen den blauen Himmel gerichtet mit einem weißen Tuch vor der Öffnung. 20 bis 30 solcher Aufnahmen (einige Tausendstel Sekunden Belichtungszeit, Histogramm etwa mittig) werden zu einem Master addiert.
4. Dark- und Flatkalibrierung im RAWFormat. Danach erst Umwandlung in das RGB-Format.
5. Dann Ausrichtung und Addition. Für die Addition verwende ich einen Sigma-Clip-Algorithmus, nicht die normale Mittelwertbildung.
6. Das so erhaltene Summenbild im Fitsoder Tiff-Format steht dann zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung.
Diese Verarbeitungsschritte sind heute in vielen Bildbearbeitungsprogrammen wie
Abb. 2: Zentrum des Eta-Carinae-Nebels
z.B. ImagesPlus voll automatisiert, so dass außer Rechenzeit und -leistung nur Geduld von Nöten ist. Mit dieser Verarbeitung erhalte ich Bilder ohne Artefakte, die auch bei starker Gradation nur das übliche Feinrauschen zeigen. Als Rechner verwende ich ein Dell Notebook unter Windows XP Professional und zusätzlich ein externes Festplattenlaufwerk von 100 GB zur Datenarchivierung.
Beobachtungsbedingungen Mein Observatorium liegt auf 34 Grad 5´ südlicher Breite und 18 Grad 51´ östlicher Länge. Damit ist der ganze Südhimmel zugänglich und die Bereiche um den Himmelsäquator kulminieren in ca. 56 Grad Höhe (in Frankfurt dazu im Vergleich ca. 40 Grad Höhe). Auch die klimatischen Voraussetzungen sind für astronomische Beobachtungen sehr gut. Vor allem in den Monaten Dezember bis März (Südsommer) fallen am Kap nur geringe Niederschläge, da es sich um ein Winterregengebiet handelt. Hinzu kommt im Allgemeinen eine weit überdurchschnittliche Transparenz der Atmosphäre, auch in dichter besiedelten Regionen, durch den nahezu immer vorhandenen Wind (Kap der Winde!), der allerdings bei hohen Windgeschwindigkeiten das Seeing negativ beeinflussen kann. Trotz der vorhandenen Nachthimmelshelligkeit in dichter besiedelten Gebieten kann man in vielen Nächten mit guten bis sehr guten Bedingungen für die Astrofotografie rechnen, da die hohe Lufttransparenz das
Abb. 3: NGC 3576 und NGC 3603
As t r o f o t o g r a f i e 49
Rückstreulicht relativ klein hält. Nimmt man eine Autofahrt von 2 bis 4 Stunden in Kauf, kann man Beobachtungsorte erreichen, z.B. in den Zederbergen oder der Großen Karoo (Halbwüste auf dem zentralafrikanischen Hochland), die in keiner Weise denen in Namibia nachstehen. So befindet sich z.B. das südafrikanische Observatorium u. a. mit dem South African Large Telescope (11m-Spiegel) in der Nähe von Sutherland, ca. 300 km entfernt von Kapstadt. Preiswerte Unterkünfte findet man vor allem auf Farmen oder in B+B (Bed and Breakfast). Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass Südafrika im Vergleich zu Namibia bzgl. der astronomischen Infrastruktur noch unterentwickelt ist. Man muss somit seine gesamte Ausrüstung mitnehmen und kann nirgends auf vorhandene astronomische Installationen zurückgreifen.
VdS-Journal Nr. 25
50 As t r o f o t o g r a f i e
Abb. 4: IC 2944
Auch in der Umgebung des HelderbergObservatoriums nimmt die Bautätigkeit zu, so dass man mit zunehmender ,,Verschmutzung" durch künstliche Lichtquellen rechnen muss: Tiefschwarze Nächte gehören auch hier der Vergangenheit an. Glücklicherweise lässt sich diese Beeinträchtigung der DeepSky-Fotografie durch entsprechende Filter, längere Belichtungszeiten und digitale Nachbearbeitung in gewissen Grenzen ausgleichen. Ich jedenfalls halte die Vorteile eines Observatoriums im eigenen Haus in Vorortwohnlage gegenüber erstklassigen Deep-Sky-Bedingungen für überwiegend. Der Komfort, nach 15 Minuten Rüstzeit mit Aufnahmen beginnen zu können, der nur mit einer fest installierten Teleskopanlage erreicht werden kann, ist für mich das entscheidende Kriterium.
Astroaufnahmen Im Folgenden stelle ich eine kleine Auswahl von Südhimmelobjekten vor, die mich besonders faszinieren und auch die Möglichkeiten von modernen DSLRKameras in Verbindung mit digitaler Bildverarbeitung zeigen. Dabei habe ich vor allem Nebel und Galaxien ausgewählt.
VdS-Journal Nr. 25
Abb. 5: Omega Centauri
Eta-Carinae-Nebel (NGC 3372) Dieser gewaltige Emissionsnebel (Abb. 1) mit einer Ausdehnung von mehreren Grad ist für mich das beeindruckendste Deep-Sky-Objekt schlechthin. Er liegt im hellsten Teil der Milchstraße im Sternbild Carina, westlich des Kreuz des Südens. Der stark veränderliche Riesenstern Eta Carinae, einer der wahrscheinlichsten Supernova-Kandidaten, hat mit seinen
Ausbrüchen die Struktur der ausgedehnten Gas- und Staubformation geschaffen. NGC 3372 unter einem dunklen Himmel in einem Fernglas zu betrachten, ist ein unvergessliches Erlebnis, da aufgrund seiner großen Flächenhelligkeit nahezu alle Strukturen auch visuell gut wahrgenommen werden können. Die Aufnahme wurde mit dem TMB 80 und der modifizierten EOS 30D unter Benutzung eines
UHC-Filters gemacht. Damit kommen die Nebelstrukturen kontrastreicher zur Geltung. Gesamtbelichtung 55 min.
Eta-Carinae-Nebel: Zentraler Teil Abb. 2 zeigt den zentralen Bereich um Eta Carinae mit dem Schlüssellochnebel und diversen Offenen Sternhaufen junger leuchtkräftiger Sterne. Deutlich ist die aufgeblähte Ausdehnung des Sterns innerhalb des Homunculus-Nebels wahrzunehmen. Eta Carinae befindet sich in der Endphase der Entwicklung. Aufnahme mit LX 200 GPS 10" und EOS 30D, Gesamtbelichtung 50 min.
NGC 3576 und NGC 3603 in Carina Nicht weit vom Eta-Carinae-Nebel entfernt befinden sich im dichtesten Teil der CarinaMilchstraße, in deutlich unterschiedlicher Entfernung, zwei der leuchtkräftigsten Galaktischen Nebel (Abb. 3). Besonders spektakulär wirkt NGC 3576 (rechts im Bild): Die intensiven Winde der heißen, jungen Sterne bilden hier kugelförmige Stoßfronten, die v. a. im H-Licht deutlich zu unterscheiden sind. Die LX-200-
Abb. 6: Feuerradgalaxie
M 83
Abb. 7: NGC 4945
A S T R O F O T O G R A F I E 51
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52 a s t r o f o t o g r a f i e
Abb. 8: Region um Antares und Rho Ophiuchi
Aufnahmen mittels LPS- und H-Filter wurden zu einem HRGB-Komposit kombiniert. Gesamtbelichtungszeit über 4 Stunden.
IC 2944, der ,,Running Chicken Nebula" in Centaurus Ein weiterer herrlicher, weniger bekannter Emissionsnebel befindet sich im Centaurus um den Stern Lambda Centauri (Abb. 4). Auch hier ist ein riesiges Sternentstehungsgebiet eingebettet, dessen junge leuchtkräftige Sterne das Wasserstoffgas zum Leuchten anregen. Das Bild entstand mit TMB 80 und LPSFilter mit einer Belichtung von nahezu 2,5 Stunden.
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NGC 5139: Omega Centauri Bei keinem Besuch des Südhimmels darf der hellste und größte aller Kugelsternhaufen fehlen. Omega Centauri mit seinen Millionen Sternen (Abb. 5) ist ein Erlebnis mit jedem Instrument. Die Aufnahme mit LX 200 und EOS 30D zeigt deutlich die alte Sternpopulation II: gelbrötliche Riesensterne und weiß-bläuliche BHB-Sterne. Gesamtbelichtung 1 h 40 min.
M 83: Südliche Feuerradgalaxie in Hydra Dies ist für mich eine der schönsten Galaxien, die mit mittleren Teleskopen erreichbar ist (Abb. 6, Entfernung ca. 12 Mio. Lj). Mit ihren ausgeprägten Spiralarmen und Staubbändern, den deut-
lich erkennbaren Sternentstehungsgebieten ist M 83 ein Paradebeispiel einer Spiralgalaxie wie unsere Milchstraße. Wahrscheinlich würde diese auch ein ähnliches Bild geben, wenn wir sie so ,,faceon" sehen könnten. Aufnahme mit LX 200 und EOS 30D, Gesamtbelichtung 2 h 15 min.
NGC 4945: Galaxie in Centaurus Diese große Galaxie (Abb. 7) steht ,,edgeon" im dichtesten Teil der CentaurusMilchstraße. Bei der visuellen Beobachtung stören eher die dicht stehenden Sterne, in der Fotografie lässt sich das jedoch ausbalancieren, so dass ein harmonischer Eindruck entsteht. Auch hier fasziniert die komplexe Struktur der dunklen und hellen Bänder um das zentrale Staubband herum. Aufnahme mit LX 200 und EOS 30D, Gesamtbelichtung 3 h 10 min.
Das Zentrum des Skorpions Zum Abschluss noch eine Aufnahme des wahrscheinlich farbenprächtigsten Gebietes des Himmels überhaupt (Abb. 8). Es ist die Region um Antares (unten im Bild) und Rho Ophiuchi (oben), die man von der Südhalbkugel aufgrund der großen Horizonthöhe sehr gut fotografieren kann. In diesem aus drei Aufnahmeserien (jeweils 100 min belichtet) zusammengesetzten Mosaik ist eine Vielzahl interessanter Objekte zu finden. Neben den herrlichen Emissions-, Reflexions- und Dunkelnebeln kann man drei Kugelsternhaufen erkennen: M 4, NGC 6144 und M 80, der kompakteste aller Kugelsternhaufen. Die Aufnahme wurde mit TMB 80 und EOS 30D erstellt. Ich überlasse es dem interessierten Leser, die Katalogbezeichnungen der erkennbaren Nebel ausfindig zu machen.
Weitere Aufnahmen sind auf meiner Webseite www.astro-cabinet.de zu finden.
Referenzen
[1] http://www.mlunsold.com [2] http://www.neatimage.com [3] http://www.josefschaefer.info/Kabelseite.
htm
A S T R O F O T O G R A F I E 53
Die Farben der Sterne:
Die Kugelsternhaufen M 92 und M 71 als Musterbeispiele
von Peter Riepe und Harald Tomsik
- Teil 1 -
Schaut man sich Aufnahmen von Kugelsternhaufen im Internet an, so ist die Wiedergabe der Sternfarben oft stark differierend. Der Hauptgrund dürfte darin liegen, dass physikalisch sinnvolle Kriterien zur Festlegung der Sternfarben nicht allgemein bekannt sind.
Ebenso wie die Farbentwicklung im konventionellen Fotolabor sehr engen Toleranzen unterliegt, darf auch bei der Herstellung digitaler Farbaufnahmen niemals lässig gearbeitet werden. Es ist unverständlich, wenn sich jemand zunächst für teures Geld eine Spitzenoptik und eine Hochleistungs-CCD-Kamera kauft, danach aber die Grundsätze astronomischer Bildherstellung und -bearbeitung missachtet. Schon der Einsteiger in die digitale Astrofotografie sollte sich zwei Fragen stellen:
1. Welche Farben haben die Sterne eigentlich?
2. Wie setze ich diese Sternfarben in der Bildbearbeitung korrekt um?
Subjektive Eindrücke dürfen keinesfalls zählen, z.B. ,,So weißbläulich macht der Sternhaufen Mel 15 im Gasnebel IC 1805 auf mich den ästhetischsten Eindruck" oder ,,Wir haben M 13 nach einigem Probieren im selben Farbton hinbekommen wie Jack Newton auf seiner Homepage". Wie schief die Amerikaner mit ihrem Farbempfinden teilweise liegen, zeigt ein Bericht zum Offenen Sternhaufen h/ Persei, in dem gelbliche Sterne vorhanden sind, blaue Sterne aber durchweg weiß wiedergegeben wurden [1]. Die Redaktion lobte die Farbechtheit - unglaublich! Sollte sich ein Astrofotograf als ,,freischaffender Künstler" fühlen, der mit lockerer und individueller Farbgebung sein eigenes Weltall schafft, könnte er gleich zu Leinwand, Pinsel, Ölfarben und Palette als Arbeitsmittel greifen! Was in der objektiven Fotografie allein zählen sollte, sind astrophysikalische Fakten. Beteigeuze darf nicht weiß wiedergegeben werden und Rigel nicht gelb, denn die Farben der Sterne sind durch deren Oberflächentemperatur festgelegt (Tab. 1). Dies gilt für alle Sterne, egal ob Mitglieder
Abb. 1: M 92, Südostquadrant. 18 Sterne sind mit den Originalnummern von [2] markiert (siehe Text). Daten: siehe Abb. 2 im Artikel über G2-Stern-Kalibration auf Seite 59.
eines Kugelsternhaufens oder Sterne in unserer galaktischen Nachbarschaft. Das von uns gewählte und uns schlüssig erscheinende Vorgehen hält sich an folgenden Grundsatz: Die Sternfarben einer Astroaufnahme werden so kalibriert, dass ein sonnenähnlicher Stern vom
Spektraltyp G2 auf dem endgültigen Bild weiß erscheint. Dann werden bei der RGBFotografie auch alle anderen Sternfarben physikalisch korrekt wiedergegeben. Was dahinter steckt, erläutert unser Artikel zur Farbkalibration in dieser Ausgabe des VdS-Journals.
Abb. 2: Die 18 Sterne aus Tab. 2 ergeben ein Schema. Die orangefarbenen bis weißgelben formen die rote Linie, die weißen bis blauen bilden die blaue Linie.
Abb. 3: Das Farbenhelligkeitsdiagramm für den Großteil der in [2] untersuchten Sterne.
VdS-Journal Nr. 25
54 A S T R O F O T O G R A F I E
Die Sterne ordnen sich klar auf zwei ,,Linien" an (Abb. 2). Orangefarbene, gelbe und gelbweiße Sterne liegen auf der rot eingezeichneten Linie, die man als Roten-Riesen-Ast bezeichnet (Red Giant Branch = RGB). Er hat außer den Buchstaben nichts mit den gleichnamigen Farbkanälen zu tun. Der RGB setzt sich stetig im Unterriesenast fort (Subgiant Branch = SGB). Dessen Sterne sind gelbweiß bis weiß, wobei wirklich weiße SGB-Sterne im Vergleich zu mittelhellen RGB-Sternen schon um 4 mag schwächer sind. Helle weiße bis blaue Sterne bilden die blau eingezeichnete Linie, den so genannten Horizontalast (Horizontal Branch = HB). Der HB endet im abwärts gerichteten blauen Horizontalast (Blue Horizontal Branch = BHB). Sachkundige Sternfreunde werden schon erkannt haben, dass es sich um eine Minimalform des Farbenhelligkeitsdiagrammes (FHD) handelt. In Abb. 3 haben wir das FHD für den Großteil der Buonanno-Sterne erstellt.
Abb. 4: Kugelsternhaufen M 71, Newton 1120 mm / 5000 mm, OES MegaTEK mit R-, Gund B-Farbfiltern (Astronomik II), Belichtungszeit 20 x 20 s pro Farbkanal. Bild: Harald Tomsik, Peter Riepe.
Abb. 1 zeigt den Südost-Quadranten des Kugelsternhaufens M 92, aufgenommen am 1,12-m-Newton der Sternwarte Melle und kalibriert an einem G2-Stern. Dort haben wir 18 Sterne mit den Originalbezeichnungen von R. Buonanno et al. markiert. Die italienischen Astronomen hatten vor etwa 25 Jahren am 1,52-mTeleskop der Universität von Bologna 605 Sterne des Kugelsternhaufens M 92 präzise astrometriert und in B und V fotometriert [2]. Ihre 1983 publizierten Ergebnisse lieferten neue Einsichten zur Verteilung der Sternpopulationen in M 92.
In Tab. 2 haben wir diese 18 Sterne entsprechend ihrer scheinbaren blauen (B) und visuellen Helligkeiten (V) nach Messungen von [2] angeordnet. Von oben nach unten nehmen diese beiden Helligkeiten parallel ab. Die hellsten Sterne - orange bis gelblichweiß gemäß Abb. 1 - befinden sich im Teil a der Tabelle. Weiße bis blaue Sterne mit weiterhin stetig abnehmender Helligkeit liegen im anschließenden Teil b der Tabelle. Aus den Daten lässt sich nun ein Diagramm erstellen, in dem V gegen die Differenz von B und V aufgetragen wird. B - V ist der so genannte ,,Farbindex".
Die blauen BHB-Sterne dürfen nicht mit den blauen Sternen vom Spektraltyp O verwechselt werden, die in Sternentstehungsgebieten das umgebende Gas zur Emission der roten H-Linie anregen. O-Sterne sind sehr jung und auch sehr massereich. Sie wandeln den Wasserstoff ihrer Kernzone verschwenderisch in Helium um und enden nach wenigen Dutzend Millionen Jahren als Supernovae. HB- und BHB-Sterne dagegen sind etliche Milliarden Jahre alt und kommen in alten Sternansammlungen wie Kugelsternhaufen oder auch sphäroiden Zwerggalaxien vor. Sie verfügen nur über ein bis zwei Sonnenmassen und haben das Stadium der Roten Riesen bereits durchlaufen. Danach wurden sie wieder heißer und blauer und befinden sich momentan in der Horizontalast-Phase, in der sie ihr zentrales Helium zu schwereren Elementen fusionieren.
Was leiten wir aus Abb. 1 für die Astrofotografie ab? Zunächst sind die hellsten Sterne ohne Zweifel orange bis gelb. Weiterhin gibt es eine große Zahl blauer, deutlich schwächerer Sterne. Die schwächsten Sterne im Bild sind überwiegend weißlich, in entsprechenden Graustufen. Offensichtlich gibt es in M 92 unter den wirklich hellen Sternen kaum weiße! Einer der wenigen im gezeigten Ausschnitt trägt die Nr. 556. Dem gehen wir nun auf den Grund.
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Stern
Beteigeuze Aldebaran Sonne Procyon Wega Spica Menkib
Bayer
Ori Tau CMi Lyr Vir Per
Farbe
rotorange gelborange weiß weißlich bläulich blau blau
Spektraltyp
M2 K5 G2 F5 A0 B1 O7
TO (Kelvin)
3600 4400 5800 6600 10000 25000 35000
Tab. 1: Farbe, Spektraltyp und Oberflächentemperatur TO einiger bekannter Sterne
A S T R O F O T O G R A F I E 55
Hier soll nun keine Vorlesung über astro-
physikalische Grundlagen erfolgen. Aber
erst mit den genannten Fakten wird deut-
lich, was der Astrofotograf bei seinen
Kugelsternhaufenbildern beachten sollte:
a) Stellen Sie sich vor, Ihre Optik wäre
auf die 14. Größenklasse begrenzt. Gemäß
Abb. 3 würde dann eine Fotografie von
M 92 ausschließlich die RGB-Sterne zei-
gen, also nur Sterne der Farben orange bis
weißgelb. Daher wäre es völlig falsch, wenn
die Sternfarben bei der Bildbearbeitung so
,,hingefummelt" würden, dass M 92 hinter-
her weiß erscheint.
b) Als nächstes soll eine bis 16,5 mag
reichende Optik eingesetzt werden. Mit
ihr können nun auch alle HB- und BHB-
Sterne erfasst werden. Grundsätzlich besit-
zen alte Kugelsternhaufen wie M 2, M 3,
M 5, M 10, M 12, M 13, M 15, M 92 außer
den hellsten orangefarbenen und gelben
Riesen sehr viele blaue HB- und BHB-
Sterne. Sie sind etwa 2 mag schwächer als
die durchschnittlichen RGB-Sterne und
müssen nach der Bildbearbeitung deutlich
und in großer Zahl hervortreten. Jüngere
Kugelsternhaufen wie NGC 6304, M 71
und andere besitzen unter Umständen
noch gar keinen blauen Horizontalast
oder sind gerade dabei, einen solchen
zu entwickeln [3]. Abb. 4 zeigt eine
Aufnahme von M 71. Er ist ca. 20%
jünger als M 12 [4]. Man bemerkt sofort,
dass in M 71 nur extrem wenige blaue
HB- und BHB-Sterne vorkommen. Der
Ausprägungsgrad des HB/BHB kennzeich-
net den Entwicklungszustand und damit
das Alter eines Kugelsternhaufens, und
der Astrofotograf kann das fotografisch
nachvollziehen.
c) Eine Optik mit einer Reichweite bis
18 mag zeigt in M 92 über die genann-
ten Sterne hinaus noch die schwachen
und schwächsten SGB-Sterne. Diese
sind in der Regel weiß und erscheinen
bei ihrer Lichtschwäche in dunkleren
Grauabstufungen.
d) Bei der 19. Größenklasse (in unserer
Abb. 3 nicht eingezeichnet) knickt der
SGB von der Hauptreihe ab. Die Sterne
auf dieser Hauptreihe (Main Sequence
= MS) sind sämtlich sehr massearm, alt
und unentwickelt. Sie fusionieren immer
noch - wie in ihrem ,,Baby-Alter" - den
zentralen Wasserstoff zu Helium. Wenn
Ihre Optik Sterne von 19 mag und schwä-
cher abbildet, können Sie die hellsten
Hauptreihensterne in M 92 aufnehmen.
Deren Farben sichtbar zu machen, dürfte
jedoch wegen der schwachen Sternsignale
schwer fallen.
(wird fortgesetzt)
1
2
3
Stern Nr.
B (mag)
V (mag)
a) Orangefarbene, gelbe bis gelblich weiße Sterne
518
13,46
12,13
17 III
13,77
12,58
550
13,93
12,87
454
14,03
13,00
474
14,66
13,85
497
14,98
14,20
544
15,33
14,56
531
15,88
15,12
526
16,28
15,56
537
17,46
16,76
523
17,86
17,18
4
5
B - V (mag) Farbe
1,33
orange
1,19
1,06
1,03
0,81
0,78
gelb
0,77
0,76
0,72
0,70
0,68
weiß
b) Weiße bis blaue Sterne
469
15,09
556
15,28
565
15,34
505
15,37
459
15,55
529
15,81
535
16,23
14,46 14,79 15,13 15,24 15,58 15,84 16,34
0,63 0,49 0,21 0,13 -0,03 -0,03 -0,11
weiß hellblau
blau
Tab. 2: Helle Sterne in M 92 nach [2], siehe Text.
Literatur:
[1] K. Janes: The Perseus Double Cluster; Sky & Telescope 112, Nov. 2006, 26-27
[2] R. Buonanno et al.: Positions, magnitudes, and colors for stars in the globular cluster M 92; A&A Suppl. Series 53, 1-12 (1983)
[3] G. Piotto et al.: HST color-magnitude dia-
grams of 74 galactic globular clusters in the HST F439W and F555W bands; A&A 391, 945-965 (2002) [4] Rosenberg A., Saviane I., Piotto G., Aparicio A.: Galactic globular cluster relative ages; AJ 118, 2306-2320 (11/1999)
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,,Mass Segregation" in M5 -
Anhäufung massereicher Sterne im Zentrum von Kugelsternhaufen
von Hans-Günter Diederich
Astrophysikalischer Effekt Den Begriff ,,mass segregation" könnte man vielleicht mit ,,Aufteilung nach Größe der Masse" übersetzen. Damit bezeichnen die Fachastronomen den Effekt, dass sich die massereichen Sterne eines Kugelsternhaufens langsam in Richtung auf dessen Zentrum hin bewegen und sich dort im Laufe der Zeit ansammeln. Beobachten lässt sich folgendes: im Zentrum eines Kugelsternhaufens ist der Anteil der massereichen Sterne höher als weiter außen.
Durch Simulation der dynamischen Entwicklung eines Kugelsternhaufens (KH) konnte dieser Effekt inzwischen verstanden werden. Der hieran interessierte Sternfreund möge bitte im Internet nach Erläuterungen und Literatur suchen [1]. Ich dachte jedenfalls zunächst nicht daran, ,,mass segregation" zum Thema eines Beobachtungs- oder Auswertungsprojekts zu machen.
Deepsky Treffen Auf dem DST2007 in Bebra berichtete Peter Riepe, dass es sich bei den helleren Sternen in einem KH um massereiche Rote Riesen handelt, die sich im HertzsprungRussell-Diagramm (HRD) auf dem Asymptotischen Riesenast aufhalten. Die zweithellste Population besteht dagegen aus blauen, masseärmeren Sternen. Diese befinden sich im HRD auf dem ,,Blauen Horizontalast" (Blue Horizontal Branch, BHB).
Abb. 1: Vergleich von rot- und von blaugefilteter Aufnahme von M5 (oben blau, unten rot)
Farbfilter Durch diesen Vortrag motiviert entstanden von M5 vier Bildserien mit Bessel-Filtern I, R, V und B. Beim Vergleich dieser unterschiedlich gefilterten Aufnahmen fiel mir etwas auf: Ich hatte den Eindruck, dass die blauen schwachen Sterne viel breiter verteilt und im Zentrum deutlich schwächer konzentriert seien als die Roten Riesen. War das vielleicht ,,mass segregation" (Abb. 1)?
Helligkeitsprofil Wie könnte die Auswertung fortgesetzt werden, um den Effekt noch deutlicher darzustellen? Es bot sich das Werkzeug ,,Helligkeitsprofil" im CCDBildbearbeitungsprogramm an. Die Profile wurden mittig durch M5 hindurch gezogen und deren Helligkeitsverläufe mit Geradenstücken angenähert (Abb. 2 und 3).
Abb. 2: Helligkeitsprofil M5 (blaues Bild)
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Abb. 3: Helligkeitsprofil M5 (rotes Bild)
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Profil
Blau Rot (,,blau"/ ,,rot")
von - bis (px)
140 - 400 140 - 340
1,30
Breite (px)
260 200
FWHM (px)
53 45
1,17
Tab. 1: Durchmesser von M5 für das ,,rote" und ,,blaue" Bild, nach zwei Methoden bestimmt, sowie das Verhältnis von ,,blauer" zu ,,roter" Bildbreite (FWHM = Full Width at Half Maximum, d. h. die Profilbreite auf Höhe der halben maximalen Helligkeit).
In Tab. 1 ist die Breite des Profils (der Durchmesser von M5) für beide Bilder (nach zwei Methoden bestimmt) und das Verhältnis von ,,blauer" zu ,,roter" Breite aufgeführt. Beide Werte zeigen: M5 ist im blauen Bild größer als im roten, die blauen Sterne zeigen also eine breitere Verteilung als die roten.
Histogramm Der Verlauf in Helligkeitsprofilen wird naturgemäß von der Helligkeit der hellen Sterne beherrscht. Dieser Effekt sollte trotz der farblichen Trennung beider Sternpopulationen eliminiert werden. Gewünscht war ein Diagramm, in welchem die Sternanzahldichte über der Entfernung zum Mittelpunkt des KH aufgetragen ist.
Hierfür wurden im Mehrfarbenbild die Koordinaten von 166 ,,blauen" und 241 ,,roten" Sternen erfasst. Als Koordinaten dienten die Pixelkoordinaten aus der Informationszeile des Bildbearbeitungsprogramms. Sie wur-
den auf ein Diktiergerät gesprochen und die einzelnen vermessenen Sterne sofort durchgestrichen.
Aus diesen Koordinaten bestimmte die Tabellenkalkulation (TK) die Entfernungen zum Mittelpunkt des KH und präsentierte das Ergebnis als Histogramm. Zur Verdeutlichung wurden in dieses dann noch manuell einige Geradenstücke eingezeichnet (Abb. 4).
Auswertung Dieses Histogramm könnte wie folgt interpretiert werden: Die massereichen, hellen Roten Riesen konzentrieren sich stärker im Zentrum von M5, als es die weniger massereichen, schwächeren Sterne des ,,Blauen Horizontalastes" tun, ein Hinweis auf den Effekt der ,,mass segregation" (also der Anhäufung massereicher Sterne im Zentrum von M5).
Eine ähnliche Auswertung könnte auch in ungefilterten Aufnahmen erfolgen. Statt
Abb. 4: Die Anzahldichte der Sterne in M5 in Abhängigkeit von ihrer Entfernung zum Mittelpunkt
der Farbe würde dann die Helligkeit der Sterne als Kriterium zur Unterscheidung der unterschiedlichen Sternpopulationen dienen. Eine solche Auswertung ließe sich auch mit fremden Bildern durchzuführen.
Ausblick
Es gibt eine Reihe astrophysikalischer
Effekte (,,mass segregation" wurde eben
vorgestellt), welche uns Amateuren
nicht geläufig sind, über die sich aber
dennoch Informationen in unseren
Aufnahmen befinden. Durch genaues
Hinschauen und Auswerten mit CCD-
Bildbearbeitungsprogramm
und
Tabellenkalkulation lassen sich diese ver-
borgenen Informationen auch von uns fin-
den und präsentieren.
Literaturhinweis
[1] http://en.wikipedia.org/wiki/Mass_ segregation (24.08.2007)
Farbkalibration einer CCD-Aufnahme mit Hilfe von G-Sternen
von Harald Tomsik und Peter Riepe
- Teil 1 -
Zum Erstellen eines Farbbildes mit Hilfe einer CCD-Kamera werden üblicherweise drei monochromatische Bilder hintereinander durch einen Rot-, Grün- und Blaufilter aufgenommen und anschließend mit einem Bildbearbeitungsprogramm wie beispielsweise GIMP zu einem RGB-Farbbild kombiniert. Schon durch die Bedingungen der nächtlichen Aufnahme ergeben sich teils gewollt aber auch teils unbemerkt viele
Einflüsse auf die Intensitäten in den einzelnen Farbkanälen, die beim Zusammensetzen zu berücksichtigen sind. Dieser Aufsatz stellt einen möglichen Weg vor, wie mit Hilfe eines G-Sterns im Bildfeld trotz dieser zum Teil schwer quantifizierbaren Einflussfaktoren eine sinnvolle und standardisierte Farbkalibration durchgeführt werden kann, jenseits eines geschmacksabhängigen Drehens an Farbreglern. Kommt ein Urlaubsfotograf heutzutage von seiner Reise zurück, hat er in
der Regel Hunderte von Rohbildern im Gepäck, die dann auf einen preiswerten Datenträger kopiert und in den nächsten Tagen an die Mitreisenden mit dem entschuldigenden Hinweis verteilt werden, die endgültige Bildbearbeitung werde demnächst folgen. Wenn es nicht nur bei diesem vagen Versprechen bleibt, werden allenfalls Flecken und rote Augen entfernt, unter Zuhilfenahme des Helligkeitshistogramms die nicht genutzten dunklen und hellen Abstufungen eliminiert
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(Tonwertkorrektur), durch Schieberegler auf den Farbachsen Cyan-Rot, MagentaGrün und Gelb-Blau ein Farbstich entfernt (Farbkorrektur), die Farbsättigung verändert sowie ein Schärfungsfilter angewendet - und das möglichst rasch, denn die Anzahl der zu bearbeitenden Bilder ist ja groß. Nur die Frage, ob der eingeschlagene Verarbeitungsweg einer inneren Logik gehorcht und das Ergebnis somit reproduzierbar (vom Geschmack des Bearbeiters unabhängig) und valide (dem visuellen Eindruck während der Aufnahme entsprechend) ist, wird wohl zu verneinen sein.
Bei einer Aufnahme eines einzigen weit entfernten Himmelsobjekts hingegen wird sich nach eingehender Planung die Belichtungszeit über Stunden bis mehrere Nächte erstrecken. Daher darf auch die Nachbearbeitung durchaus mit ähnlichem Aufwand und Bedacht vorgenommen werden. Unstrittiges Ziel wird dabei sein, den Himmelshintergrund in einem neutralen Dunkelgrau darzustellen, was bedeutet, dass die Intensitäten im Ergebnisbild dort niedrig und in allen Farbkanälen etwa gleich sein sollen, z.B. um 15 ADU (analog-digitale Unit) im 8-bit-Format. Kontroverser wird hingegen das anzustrebende Kalibrationsergebnis (z.B. Weißabgleich) im Bereich größerer Helligkeitsintensitäten sein.
Bei der am häufigsten genutzen Vorgehensweise zur Farbkalibration wird unter Verwendung von Tageslicht dasjenige Verhältnis zwischen den drei Belichtungszeiten der Rot-, Grün- und Blauaufnahmen bestimmt, für das die erzielten Intensitäten identisch sind und ihrer Mischung einen neutralen Grauton bis hin zum Weiß ergeben. Dieses einmal bestimmte Belichtungszeitverhältnis gilt dann für Aufnahmen mit identischem Filtersatz und identischer Optik. Andere Elemente im Strahlengang haben sicherlich abweichende wellenlängenabhängige Transmissionswerte. Keine Berücksichtigung erfahren zusätzlich noch folgende Effekte: Während der Aufnahme ändert sich die Horizonthöhe und somit die durchstrahlte absorbierende Luftmasse. Bei Annährerung an den Horizont wird daher ein größerer Anteil kurzwelligen blauen Lichtes gestreut und das die Optik erreichende Licht wird röter. Eine ähnliche Wirkung können ein vermehrter Staubgehalt der Atmosphäre, ein zu- oder abnehmender Wasserdampfgehalt oder sogar unbemerkt gebliebene durch-
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Abb. 1: Am Beispiel des Grünkanals (s. Text) werden die Auswirkungen der einzelnen Kalibrationsschritte auf seine Gradationskurve aufgezeigt. Die Gradationsgerade 1 zeigt den ursprünglichen Zusammenhang zwischen der gesammelten Photonenzahl und den Signalen [ADU] der CCD-Kamera. Nach Helligkeitskorrektur des G-Sterns in diesem Kanal (um 1 mag aufgehellt) weist die Gradationsgerade 2 eine um den Kalibrationsfaktor 2,512 größere Steigung auf. Nach Abzug von 10 ADU in allen Pixeln zur Hintergrundangleichung (im Beispiel des Grünkanals von 25 ADU auf 15 ADU) erhält der Grünkanal mit der resultierenden Gradationsgeraden 3 seine endgültige Ausprägung.
ziehende Cirruswolken entfalten. Somit liefert die Farbkalibration mittels vorbestimmtem Belichtungszeitverhältnis sicherlich eine vernünftige erste Annäherung an den Farbeindruck, den ein hypothetisches supernormal empflindliches menschliches Auge unter idealen Bedingungen im Zenit erzielen würde. Dennoch soll im Folgenden ein Verfahren beschrieben werden, das bei vertretbarem Aufwand automatisch auch die gerade benannten und bisher unkorrigierten Einflussfaktoren berücksichtigt: Die Farbkalibration mit Hilfe eines im Bildfeld befindlichen G-Sterns, idealerweise eines G2-Sterns.
Hierbei wird mit Hilfe der großen astronomischen Portale wie Aladin oder Simbad im Aufnahmefeld ein G-Stern identifiziert. Die Intensität dieses Sterns wird in den drei zu kalibrierenden Farbauszügen mittels (Apertur-) Fotometrie vermessen, das Intensitätsverhältnis des G-Sterns in den 3 Kanälen hieraus abgeleitet und der Grün- sowie der Blaukanal im Falle von schwächeren (höheren) Intensitäten durch Multiplikation so aufgesteilt (abgeflacht), dass eine anschließend nochmals
durchgeführte Fotometrie des G-Sterns jetzt identische Helligkeiten in allen drei Farbkanälen ergibt. Abschließend werden in einem geeigneten Areal die Hintergrundshelligkeiten gemessen und durch Addition oder Subtraktion einer Konstanten für jedes Bild auf die gewünschte gemeinsame Hintergrundintensität angehoben oder abgesenkt.
In den nachfolgenden Warum-Abschnitten wird diese Vorgehensweise inhaltlich begründet. Wer diese theoretischen Überlegungen nicht so spannend findet, kann auch gleich zu dem einfach einzuhaltenden "Kochrezept" übergehen, das im Absatz "Algorithmus G-SternFarbkalibration" im nächsten Heft vorgestellt wird.
Warum Kalibration an einem G-Stern? Der Gedanke, die Farbe eines G-Sterns als weiß zu definieren, ist nicht neu. Richard Berry und James Burnell beschreiben in ihrem exzellenten Buch, wie Korrekturfaktoren an einem Standard-GStern gewonnen werden und dann u.a. unter Berücksichtigung der luftmassen-
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abhängigen Farbextinktion weiter gerechnet werden kann [1]. Diese Definition erscheint sinnvoll, da unser eigenes auf dem Planeten Erde evolutionär optimiertes biologisches Rezeptor-Verarbeitungssystem Auge-Hirn gewohnt ist, eine ausreichende Intensität eines G-Sterns als weiß zu empfinden: die Sonne direkt im Zenit oder ihr Streulicht mittags auf einem "weißen" Blatt Papier. Es hätte in den vergangen 100.000 Jahren auch keinen erkennbaren Selektionsvorteil gehabt, einen unserer biologischen Farbkanäle mit einem über die Intensität des Sonnenlichtes hinausgehenden Empfindlichkeitsbereich auszustatten. Denn helleres Licht als Sonnenlicht gab es nicht und bei einem geringeren Dynamikbereich wäre ein Feind oder Beutetier im Blendlicht schwer zu erkennen gewesen. Man kann sogar spekulieren,
dass bei einer Entwicklung von Homo sapiens in einer Umlaufbahn der roten Beteigeuze oder des blauen Rigel der jeweilige Zentralstern als weiß und das Licht eines G-Sterns seinerseits als blaubzw. rot-stichig empfunden würde.
Die Vorteile der Verwendung eines G-Sterns aus dem Aufnahmefeld sind ebenfalls naheliegend: Das Licht dieses Sterns unterliegt all den oben beschriebenen und während der Aufnahmedauer auch noch wechselnden Einflussfaktoren wie Luftdruck, Temperatur und Horizonthöhe (sie bestimmen die durchstrahlte Luftmasse), Wasserdampf- und Staubgehalt sowie Wolkendurchzug. Und eine Darstellung dieses G-Sterns in weißer Farbe korrigiert das gesamte Bild für diese Faktoren wie auch zusätzlich für die wellenlän-
genabhängige Quanteneffizienz des CCDChips sowie für die Transmissionskurven von Teleskop, optischen Korrektoren und Filtern, ohne alle diese Einflussgrößen zuvor einzeln quantifizieren zu müssen. Für Amateure anwendbar wird dieses Verfahren durch die Nutzung der großen astronomischen Datenbanken im Internet. Auch wenn die konkrete Präsentation dieser Daten vielleicht sogar kurzfristig Änderungen unterworfen sein mag, soll im Rahmen des unten gerafft dargestellten Algorithmus ein im Juli 2007 gangbarer Weg zur Identifikation eines G-Sterns mit Hilfe von Aladin und Simbad vorgestellt werden.
Warum (Apertur-) Fotometrie? Bei der aperturfotometrischen Helligkeitsmessung eines Sterns werden im
Abb. 2: Kugelsternhaufen M 92, kalibriert an einem G2-Stern. Newton 1120 mm / 5000 mm, OES MegaTEK mit R-, G- und B-Farbfiltern (Astronomik II), Belichtungszeit 10 x 40 s pro Farbkanal. Bild: Harald Tomsik, Peter Riepe.
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inneren Kreis (Apertur) um den Stern alle Helligkeiten aufsummiert. Im äußeren Ring (Annulus) wird möglichst unter Herausrechnen von hellen Objekten (störenden Sternen) der typische Wert eines Pixels mit Hintergrundhelligkeit ermittelt. Die gemessene Sternhelligkeit in der Apertur ist dann abhängig von der Differenz zwischen der Summe aller Helligkeiten in der Apertur und der anzunehmenden Summe für Hinterundhelligkeiten ebenfalls in der Apertur (Summe der Sternpixel - Summe der korrespondierenden Hintergrundpixel). Mit diesem Verfahren gehen alle Pixel des G-Sterns in die Farbkalibration ein. Bei einer alternativ denkbaren Beschränkung nur auf das jeweils hellste Pixel des G-Sterns in jedem Kanal ergäben sich dagegen zu große Signalschwankungen, resultierend aus zufälligen Abweichungen von der glockenförmige Intensitätsverteilungskurve des Sterns wie auch aus unterschiedlichen Intensitätshöhen infolge differenter Abbildungsschärfe (unterschiedliche FWHM der PSF) in jedem Kanal.
Warum multiplikative Angleichung der G-Stern-Intensitäten? Bei der Aperturfotometrie erhält man zunächst ,,instrumentelle" Magnituden. Das sind physikalische Größen mit der Einheit mag (Magnitude), die jedoch noch nicht in ein gängiges Helligkeitssystem wie UBVRI-Fotometrie eingehängt sind - und für unsere Zwecke auch nicht aufgenommen werden brauchen. Vielmehr interessieren uns die aus diesen instrumentellen Magnituden bereits ableitbaren Intensitätsverhhältnisse. Wichtig ist, dass bei der Anwendung der Software für die Aperturfotometrie in allen drei Farbkanälen dieselben ausreichenden Abmessungen für die Apertur genommen werden und jeweils identische Werte für Himmelshintergrund und Belichtungszeit gewählt werden auch wenn tatsächlich unterschiedliche Belichtungzeiten vorlagen.
Angenommen, der bereits identifizierte G-Stern habe im Rotkanal die instrumentelle Magnitude 15,0 mag (oder allgemein: G-SternRot), im Grünkanal 16,0 mag (G-SternGrün) und im Blaukanal 17,0 mag (G-SternBlau). Daraus folgt, dass der G-Stern bei den zu kalibrierenden Aufnahmen im Grünkanal um 1 mag und somit um den Faktor 2,512 [allgemein: 2,512(G-SternGrün - G-SternRot)] schwächer ist als im Rotkanal und im Blaukanal um 2 mag und somit um den Fakor 2,5122
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= 6,310 [allgemein: 2,512(G-SternBlau G-SternRot)] schwächer als im Rotkanal.
Um jetzt den G-Stern in allen Farbkanälen auf dieselbe Helligkeit (in diesem Beispiel 15,0 mag) zu bringen, werden die beiden schwächeren Farbauszüge (hier Grünund Blaukanal) mit ihrem jeweiligen Kalibrationsfaktor (2,512 bzw. 6,310) multipliziert. Da alle Pixel eines Bildes mit demselben Kalibrationsfaktor multipliziert werden, werden sowohl die Sternpixel in der Apertur als auch die dazugehörigen Hintergrundpixel im Annulus um diesen Faktor angehoben. Für die in der Aperturfotometrie ermittelten Differenz im Beispiel des Grünkanals gilt dann:
Sternpixel * 2,512 - Hintergrundpixel * 2,512 = (Sternpixel - Hintergrundpixel) * 2,512.
Somit wurde auch die ursprüngliche Helligkeitsdifferenz (Sternpixel Hintergrundpixel) um den Faktor 2,512 vergrößert und die aus einer Aperturfotometrie abzuleitende neue Helligkeit nach dem Multiplikationsschritt um 1 mag = Faktor 2,512 angehoben (von 16,0 mag auf die Zielmagnitude des Rotkanals von 15,0 mag). Daher hat dieser G-Stern jetzt in jedem Farbkanal dieselbe Magnitude (= Helligkeit über Hintergrund), wie es ein weiß darzustellender Stern ja auch aufweisen muss.
Die Bedeutung dieses Vorgehens kann man auch wie folgt beschreiben: In Abb. 1 wird die Beziehung zwischen der gesammelten Lichtintensität pro Pixel und dem von der CCD-Kamera ausgegebenen Signal in ADU als gut bekannte Gradationskurve dargestellt, die wegen der Linearität einer CCD-Kamera jetzt eine Gerade sein muss (Gradationsgerade 1). Allgemein ist eine Gerade, also auch eine durch diese Kalibration neu festzulegende Gradationgerade, eindeutig festgelegt, wenn ihre Steigung bekannt ist sowie ein beliebiger Punkt auf der Geraden. Die originäre Steigung dieser Geraden wurde bereits durch die Multiplikation mit dem Kalibratonsfaktor festgelegt (Gradationsgerade 2 in Abb. 1). Um auszuwählen, welche von all den noch denkbaren Kurven der parallelen Kurvenschar mit der so festgelegten Steigung die richtige ist, muss im Folgenden nur noch ein auf dieser gesuchten Geraden liegender Punkt definiert werden. Hierzu eignet sich die Intensität des Bildhintergrundes.
Warum erfolgt zum Abschluss eine additive Hintergrundangleichung? In den drei durch Multiplikation mit den Kalibrationsfaktoren bereits vorbereiteten Farbkanälen kann das Mittel der Aperturfotometrie jetzt benutzt werden, um über eine Vielzahl von Pixeln im Annulus an einer geeigneten gemeinsamen Bildstelle den jeweils repräsentativen Hintergrundwert zu ermitteln. Es werden sich dabei drei unterschiedliche Intensitätswerte ergeben, z.B. 15 ADU im Rotkanal (allgemein: HintergrundRot), 25 ADU im Grünkanal (HintergrundGrün) und 12 ADU im Blaukanal (HintergrundBlau). Wird eine Intensität des Himmelshintergrundes von 15 ADU für die finale Bilddarstellung gewünscht (HintergrundSoll), so kann das durch Addition eines jeweils spezifischen Hintergrundsummanden in diesem gesamten Farbkanal erzielt werden: 0 im Rotkanal (HintergrundSoll - HintergrundRot), -10 im Grünkanal (HintergrundSoll HintergrundGrün) und +3 im Blaukanal (HintergrundSoll - HintergrundBlau).
Das intuitiv zunächst Überraschende dabei ist, dass die bereits durch Multiplikation mit den Kalibrationsfaktoren erzielte Angleichung der instrumentellen Magnituden des bekannten G-Sterns in den drei Farbkanälen nicht gestört wird! Da nämlich der Hintergrundsummand im Bild zu allen Pixeln addiert wird, bleibt die nach Multiplikation mit dem Kalibrationsfaktor erzielte Differenz zwischen der Summe der Pixelhelligkeiten des Sterns in der Apertur und der Summe der Hintergrundhelligkeiten unverändert, wie anschießend am Beispiel des Grünkanals aufgezeigt: (Sternpixel * 2,512 + Hintergrundsummand) - (Hintergrundpixel * 2,512 + Hintergrundsummand) = Sternpixel * 2,512 - Hintergrundpixel * 2,512 = (Sternpixel - Hintergrundpixel) * 2,512.
Nach Festlegung der Steigungen der Gradationsgeraden und Verbringen der gewünschten Hintergrundhelligkeit auf die Gradationsgeraden in jedem Farbkanal (für das Beispiel Grünkanal siehe Gradationsgerade 3 in Abb. 1) ist die Kalibration somit abgeschlossen.
Literatur [1] R. Berry, J. Burnell, The Handbook
of Astronomical Image Processing, Willmann-Bell Inc., 1. Auflage 2000.
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9. ,,Light and Color in Nature" Konferenz vom 25. bis 29. Juni 2007 in Bozeman, Montana, USA
von Claudia Hinz
Im Juni trafen sich die weltweit größten Enthusiasten atmosphärischer Optik zur 9. Internationalen Konferenz ,,Light and Color in Nature". Bei dieser Konferenz, die 1978 in's Leben gerufen wurde und seitdem alle 3-4 Jahre in Amerika und 2004 auch erstmals in Deutschland stattfand, treffen regelmäßig ca. 50 Wissenschaftler und Beobachter optischer Phänomene aus der ganzen Welt zusammen und tauschen die neuesten Beobachtungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse aus.
Der Flug war lang, eng, aber der Blick aus dem Fenster ein Traum. München verabschiedete sich mit einem Zirkumhorizontalbogen über den Alpen und einem so hellen 22 Grad -Ring, dass der ungeschützte Blick in diesen mir Tränen in die Augen trieb. Erst mit Sonnenbrille konnte ich die Pracht kurzzeitig genießen, doch dank Platz an der sonnenabgewandten Seite verschwand der Lichtkreis bald ,,um die Ecke". Unterwegs zogen mich die Küste von Island, das vergletscherte Grönland und Eisschollen vor Neufundland in ihren Bann. Die USA begrüßte uns mit dem ersten Unterhorizontalkreis meines Lebens, leider nur so kurz, dass ein Foto unmöglich war. Das absolute Highlight war jedoch der Überflug über die Rocky
Mountains von Denver nach Bozeman. Auf den Hochplateaus zwischen den weißen Rocky-Gipfeln waren aufgrund der nur geringen Flughöhe (4000-5000 m) detaillierte Gesteinsformationen in den verschiedensten Farben und Formen zu erkennen. Das Adrenalin wurde zudem noch durch heftige Turbulenzen in die Höhe getrieben, so dass wir trotz der langen Reise schließlich völlig wach vom Organisator der Konferenz, Joe Shaw, in Empfang genommen und zu den Unterkünften gebracht wurden.
Die idyllische, ca. 30.000 Einwohner zählende Universitätsstadt Bozeman liegt auf einer Höhe von 1600 m inmitten der Rockys. An der bereits seit 1893 existierenden Montana State University studieren über 12.000 Studenten in verschiedensten Fakultäten. Auf dem riesigen Universitätsgelände waren wir untergebracht und auch die Tagung selbst fand in einem Konferenzraum am Rande des Uni-Geländes statt.
Ein klarer Himmel begrüßte uns am ersten Konferenzmorgen, und so heiter wie das Wetter war auch das Wiedersehen alter und das Kennenlernen neuer Gesichter. Es war ein tolles Gefühl, mit all meinen
Abb. 2: Gruppenfoto, aufgenommen im Yellowstone Nationalpark
Abb. 1: irisierende Wolken
Idolen wie Robert Greenler, Walt Tape, Bill Livingston, Dave Lynch oder Stan Gedzelmann zu fachsimpeln. Ich suchte mir einen Platz neben dem Fotografen Pekka Parviainen in der letzten Reihe und kam somit im Laufe der Woche in den Genuss, unzählige seiner atemberaubenden Videos von Luftspiegelungen, Polarlichtern, Leuchtender Nachtwolken sowie Sonnen- und Mondverzerrungen zu sehen. Die Vorträge waren sehr vielschichtig und abwechslungsreich und neben Berechnungen und theoretischen Abhandlungen von Standartphänomenen wie Regenbögen, Glorien, Luftspiegelungen und Beugungserscheinungen, gab es auch wieder viele interessante Beispiele aus der Kristallographie (u.a. ein Zeitraffer-Video, welches die Entstehung und das Wachsen eines Kristalls dokumentiert), historische Studien und mehrere ungewöhnliche Vorträge wie z.B. Irisieren an einer angelaufenen Flasche aus dem Kühlschrank (S. Gedzelmann) oder von einem, der auszog, um am Fuße des Regenbogens Gold zu suchen und dort ein Dixiklo fand ... (J. Adam).
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Abb. 3: Walt Tape Abb.6: Bill Livingston
Abb. 9: Old Faithful Geysir
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Abb. 4: Les Cowley
Abb. 5: Robert Greenler
Abb. 7: Joe Shaw
Abb. 8: Pekka Parviainen
Ich selbst gab eine Gemeinschaftsarbeit mit Günter Können (NL) über die mögliche Sichtbarkeit von Halos, Koronen und Regenbögen während einer SofiTotalität zum besten und stellte in einem zweiten Vortrag noch ungewöhnliche atmosphärische Erscheinungen vor, die auf Bergen beobachtet wurden (z.B. auf verschiedenen Ebenen abgebildete Kondensstreifenschatten, dreidimensionale und elliptische Halos, ungewöhnliche Farben von Kränzen, orographische und sehr nahe Irisierende Wolken, etc.). Zu den interessantesten Vorträgen für mich gehörte der Talk von M. Riikonen über Algenkoronen. Als Biologiestudent hat er sich intensiv mit der Materie beschäftigt, züchtet nun gezielt verschiedene Algensorten und simuliert durch eine auf die Wasserfläche gerichtete Lichtquelle die verschiedensten Bögen, die je nach Beschaffenheit der Algen und dem Einfallswinkel des Lichtes wie Nebelbögen, Regenbögen, Koronen oder Glorien aussehen. Daneben entstehen sogenannte Quetelet-Ringe, welche kreisförmig die gesamte Wasserfläche ausfüllen können.
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Abb. 10: Panorama des Craters of the Moon National Monument
Außerdem gab es sehr interessante Vorträge über die Interferenzen von Nebelbögen und Glorien, die sich bei kleiner werdenden Tröpfchen immer weiter annähern und bei einer Tröpfchengröße von kleiner 1 Mikrometer schließlich ineinander übergehen, weiterhin über die Sichtbarkeit des tertiären Regenbogens, der zumindest als farbige Aufhellung in einzelnen Tröpfchen mit 40 Grad Sonnenabstand bewiesen ist. Sehr interessant waren auch Experimente zu einzelnen Erscheinungen, z.B. der Simulation von Koronen durch Michael Vollmer. Elmar Schmidt aus Bad Schönborn stellte zudem seine Präzisionsmessungen der Mondhelligkeit bei totalen Verfinsterungen vor, welche von Michael Vollmer mit einem Ringlinsenmodell der Erdatmosphäre theoretisch angepasst wurde.
Ebenfalls zu den Highlights gehörte für mich die praktische Tageslichtbeobachtung von Jupiter und Merkur vor Sonnenuntergang.
Man muss nur genau wissen, wo man suchen muss. Auch Regenbögen konnten live vor Ort untersucht werden, denn fast den ganzen Tag über wurden die Rasen gesprengt. So wurden ,,verwehte" Regenbögen und die Veränderung bei unterschiedlicher Sonnenhöhe ,,simuliert" und Beobachterschatten in den Bogen eingebaut. Eine wahre Spielwiese für jeden ambitionierten (jung gebliebenen) Physiker!
Auch für das Auge gab es zahlreiche Höhepunkte, nicht nur in der abendlichen Pretty Picture Show, sondern auch in verschiedenen Vorträgen. Und nicht zuletzt zeigten auch wieder einige Fotobeispiele, dass Theorie und Praxis noch immer nicht komplett miteinander harmonieren und auf vielen Gebieten noch geforscht werden muss.
Besonders bewegend war der Rückblick
von Dr. Robert Greenler auf sein Leben als Wissenschaftler, über ein halbes Jahrhundert Atmosphärische Optik in Theorie und Praxis und über seine noch heute größtenteils gültigen Simulationen zu Haloerscheinungen, über Höhen und Tiefen seines Lebens und über besondere Erlebnisse. Sein Buch ,,Rainbows, Halos and Glories" ist noch heute DAS Standardwerk eines jeden Beobachters atmosphärischer Phänomene.
Besonders erlebnisreich war der gemeinschaftliche Ausflug in den Yellowstone Nationalpark. Dieser älteste Nationalpark der Welt und größte in den USA ist Teil der Rocky Mountains und liegt auf durchschnittlich etwa 2.440 m Höhe und zu weiten Teilen in der vor rund 640.000 Jahren entstandenen Caldera des YellowstoneSupervulkans. Dieser Park wird vor allem durch die gelben, orangen bis roten Färbungen des Gesteines zu beiden Seiten
Abb. 11: Wasserfall im ,,Grand Canon of the Yellowstone"
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Abb. 12: geothermischer Schlammtopf des Grand Canyon of the Yellowstone sowie zahlreichen geothermischen Quellen wie Geysire und Schlammtöpfe charakterisiert. Aber auch eine artenreiche Tierwelt präsentierte sich unserem geschulten Beobachterauge. Neben Bisons und Elchen sahen wir auch Wölfe sowie Schwarz- und Grizzlybären. Der Himmel stand der reichhaltigen Farbenpracht im Nationalpark nur wenig nach. Regenbogen- und Oppositionseffekte, Irisierende Wolken und die Sonne trübende Rauchwolken durch einen nahen Waldbrand lenkten immer wieder von den irdischen Schönheiten ab. Donnerstag, der 28.07., ging in die meteorologische Geschichte von Bozeman ein.
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Die an diesem Tag gemessene Lufttemperatur von 99 Grad F (37,2 Grad C) war die höchste an einem Junitag, die seit Beginn der Messungen vor über 100 Jahren registriert wurde. Die bisherigen 95 Grad F von 1985 wurden um 4 Grad F überschritten.
Um noch mehr von der Gegend kennenzulernen, verabredete ich mich mit Elmar Schmidt aus Bad Schönborn zu einer Roadtour durch die Weiten Montanas und Idahos. Auf 1400 Kilometern besichtigten wir alte Westernstädte, erfreuten uns am herrlichen Madison Valley, lernten den Earthquake Lake kennen, der durch ein schweres Erdbeben im Jahre 1959 entstand, durch dessen Bergrutsche der Madison River zu einem See angestaut wurde, sahen am entfernten Horizont den 4197 m hohen Grand Teton im Westen
Abb. 13: Luftspiegelungen auf den Straßen von Idaho
Wyomings und verließen schließlich die liebliche Landschaft Montanas. Idaho begrüßte uns mit 43 Grad C und ungewöhnlich starken Luftspiegelungen auf der Straße. Die Landschaft wurde karger, schroffer und steppenartiger. Unser Weg führte über die ,,Atomic City" Arco, der ersten vom unweit entfernten Atomkraftwerk per Atomstrom betriebenen Stadt der Welt. Die Lage dieser entlegenen Ortschaft zeigt, dass man sich wohl seiner Sache nicht unbedingt sicher war. Hinter Arco näherte sich das Landschaftsbild unserem
Abb. 14: gequetschter Mond bei Aufgang
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Abb. 15: einzelne leuchtende Nachwolken über dem Atlantik
eigentlichen Ziel: dem Craters of the Moon National Monument. Dieses Schutzgebiet in der Ebene des Snake Rivers besteht aus einer vulkanischen Landschaft mit mehreren Vulkankegeln und großflächigen Lavaflüssen und erinnert an das Gestein der Mondoberfläche. Im Rahmen des ApolloProgramms nutzten Astronauten das Gebiet auch kurzzeitig zum Training. Wir erreichten das Gebiet am Abend, als das letzte Licht der tiefstehenden Sonne die Felsen in rotes Licht tauchte. Besonders beeindruckend war bei diesem Sonnenstand der Big Butte, ein einzeln stehender glatter Felsbrocken, der sein Aussehen und seine Farbe mit dem Sonnenstand änderte und von uns deshalb den Spitznamen ,,Big Idaho Ayers Rock" verpasst bekam.
Auf dem Rückweg durch herrliche Gegendämmerungsfarben sahen wir in der Ferne ein halbkugelförmiges Leuchten. Erst dachten wir an ein architektonisch ungewöhnliches beleuchtetes Bauwerk und waren dann beide überrascht, als es sich schließlich als völlig plattgedrückter Mond
vom Horizont abhob. Keiner von uns beiden hat bis dato ein derart gequetschtes Mondoval mit einem Stauchungsverhältnis Höhe zu Breite ca. 60% gesehen. Leider waren wir nicht schnell genug fotobereit, um die Erscheinung in ihrer vollen Entfaltung abzulichten.
Ebenso überraschend waren für uns die Luftspiegelungen, die noch immer auf der Straße unsere Sinne täuschten und trotz bereits fortgeschrittener Nacht nicht weniger wurden. Später sorgte auch noch intensives (wenn auch leider sehr fernes) Wetterleuchten dafür, dass uns die Müdigkeit nicht übermannte. Gegen 03.00 Uhr waren wir in Bozeman zurück und somit hatte ich vor Abfahrt zum Flughafen um 06.00 Uhr noch genügend Zeit, zu packen und diese gewaltig schöne und aufregende Woche nochmals gedanklich Revue passieren zu lassen.
Auf dem Rückflug wurde nochmals volles atmosphärisches Programm geboten: Halos, verzerrter Sonnenuntergang, herr-
licher Erdschatten, schwaches Polarlicht, Leuchtende Nachtwolken, verzerrter Sonnenaufgang und schließlich Unmengen von Hydrometeoren (und 16 Grad C) beim Landeanflug über München. Die nächste Konferenz wird wahrscheinlich im Jahr 2010 abgehalten. Details werden auf der Webseite: http://www.optics. montana.edu/l&c07_agenda.html bekannt gegeben, auf welcher auch mehrere Links zu Fotos und die komplette Agenda der Tagung von Bozeman zu finden sind.
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Das Selbstbauprojekt Universal Timer
Ein Non-Profit Elektronik-Selbstbauprojekt mit Open-Source-Code auf RISC-Prozessor-Basis zur Fernsteuerung von Spiegelreflexkameras.
von Thomas Tuchan
Nach langem Ärger mit der original Canon TC-80N3 Fernbedienung ist immer mehr der Wunsch gewachsen, selbst einen Timer zu bauen, der den Anforderungen, vor allem an die Astrofotografie, gerecht wird. Abgesehen von dem horrenden Preis des original Canon Fernauslösers waren die Anzeige und Bedienung zu ,,fummelig". Außerdem konnte die Fernbedienung keine zeitgesteuerten Auslösungen zu einem bestimmten Zeitpunkt machen, wie es zum Beispiel für die Sonnenfinsternisund Mondfinsternisfotografie wünschenswert ist. Aus dieser Notwendigkeit heraus entstehend, war es nur eine Frage der Zeit, bis sich einige Bastler an dieses Thema heranwagten. So entstand ein Gemeinschaftsprojekt an dem im wesentlichen 3 Hobbybastler beteiligt waren.
Funktionsfähig und teilweise getestet ist der Timer an folgenden Kameras:
- Canon EOS 1, 1N HS, 1N RS, 1D, 1Ds, 1D Mark II, 1D Mark II N, 1Ds Mark II, 1V, 3 , 5D, D30, D60, D200, 10D, 20D, 20Da, 30D (N3-Stecker)
- Canon EOS 10 (QD), 30, 30 V, 33, 33V, 50 (QD), 50 E (QD), 100 (QD), 300, 300 V, 300 X, 300D, 350D, 400D, IX, IX 7 (2,5mm StereoKlinkenstecker)
Und sogar an den Hasselbladmodellen 503 Cxi und 503 CW jeweils mit Hasselblad Winder CW (für Timeranschluss erforderlich).
Er müsste rein theoretisch auch noch an folgenden Kameras funktionieren, die ebenfalls eine ähnlichen Fernauslöser benutzen:
- Alle Canon-Kameras mit elektrischem Fernauslöser, also auch die ,,analogen" Modelle
- Pentax *ist D, *ist DL, *ist Ds, *ist DL2, *ist DS2, K10D, K100D, K110D
- Samsung GX-1S, GX-1L, GX-10 - Nikon D70s und D80 - Panasonic Lumix-DMC-FZ20, DMC-
FZ30, DMC-FZ50, DMC-L1
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Abb. 1
Der Timer funktioniert prinzipiell an allen Kameras mit elektrischen Fernauslösern und 3 Kontakten mit Fokus- und Auslösesignal nach Masse, beziehungsweise mit 2 Kontakten bei Kameras mit manuellem Fokus.
Folgende Funktionalitäten wurden in den Timer implementiert:
- bis zu 9 programmierbare Belichtungsprogramme, die hintereinander ablaufen
- programmierbare Wartezeit bis zur ersten Aufnahme (0-9999 s)
- Spiegelvorauslösezeit einstellbar (0-29 s, länger geht nicht, dann klappt der Spiegel automatisch zurück)
- programmierbarer Auslösetimer (Belichtungszeit 0-9999 s)
- programmierbarer Pausentimer (0-9999 s)
- Anzahl der Bilder pro Programm (0-9999)
- zeitgesteuerte Aufnahmen bis zu 238 Zeitpunkte, bis zu 364 Tage im Voraus programmierbar
- Helligkeit des Displays ist regelbar (8 Stufen) mit Auf- und Abblendfunktion
- Helligkeit erhöht sich beim Drücken
einer Taste automatisch und bleibt ein paar Sekunden in dieser Helligkeit (Dimmerfunktion) - Kontrast des Displays ist in 16 Stufen regelbar - man kann einstellen, ob mit oder ohne Spiegelvorauslösung fotografiert wird - zusätzliche manuelle Auslösung mit Feststelltaste und ohne Feststelltaste - vollkommen frei und unabhängig einstellbare Zeiten - alle Zeiten in Sekunden bzw. im Uhrzeitformat - Zeiten im Display während des automatischen Ablaufes (Countdown) eines Programmes - Info im Display über die gerade ausgeführte Funktion - 2-zeiliges LCD (je 16 Zeichen, Zeichenhöhe 5,7mm) - 5 Tasten Bedienung (links, rechts, + , - , ENTER) - äußerst geringer Stromverbrauch - spritzwassergeschützt und feuchteunempfindlich - in nicht zu kleinem Gehäuse mit Ausschnitt fürs Display - langlebige Standard Lithium-Batterie im Mignon-Format - ,,Batterie Leer" Anzeige mit
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Vorwarnung - alle einstellbaren Werte lassen sich
dauerhaft im Speicher des Prozessors ablegen - wenn beim Einschalten die ENTERTaste festgehalten wird, geht die Helligkeit auf Maximalwerte und bleibt so bis zum Ausschalten - Beschleunigung der Werteeingabe nach jeweils ca. 5 Sekunden bei gedrückt gehaltenen Tasten - nach einer einstellbaren Zeit ohne Aktivität geht der Timer in einen Stromsparmodus (Standby-Modus) - Plausibilitätsüberprüfung der Eingabewerte, zum Beispiel kann die zweite Auslösezeit bei der zeitgesteuerten Auslösung nie vor der ersten liegen - Kingrate Werte-Berechnung zu Korrektur der Refraktion (nur in der optionalen 32k Version)
Die Funktion des Timers beruht auf einem stromsparenden und programmierbaren RISC-Prozessors in CMOS-Technik der Firma Atmel. Dazu wurde ein Programm geschrieben und eine professionelle Platine gefertigt. Außer dem Prozessor und dem Display sind nur noch wenige elektronische Bauteile erforderlich. Als Stromversorgung kommt eine langlebige 3,6 Volt Lithium-Mignon-Zelle zur Anwendung. Die Lebensdauer der Batterie ist im ausgeschalteten Zustand (Stromverbrauch ca. 100 µA) und im Standby-Modus (Stomverbrauch 350 µA) mehrere Jahre, im aktiven Zustand (Stomverbrauch ist abhängig von der Displayhelligkeit) mehrere Wochen. Der komplette Aufbau des Timers und
eine Online-Dokumentation ist auf der Homepage verfügbar: http://www.sternhimmel.ueber-ulm.de/ timer00.htm
Benötigt werden außer den Bauelementen eigentlich nur ein kleiner Lötkolben (ca. 30 Watt), etwas Elektroniklot (ca. 1 bis 1,5 mm Stärke) und jede Menge Geduld und Zeit. Das Schwierigste wird sein, die Fassung für den Prozessor auf der Lötseite der Platine zu verlöten. Ansonsten sind es normale Lötarbeiten, die Jeder, der schon mal einen Lötkolben in der Hand hatte, ohne Probleme bewerkstelligt. Bitte kein Säuerungsmittel oder Flußmittel verwenden. Das Elektroniklot reicht vollkommen aus!
Fehlt eigentlich nur noch das Programm für den Prozessor. Es ist ebenfalls auf der Internetseite in verschiedenen Versionen verfügbar. Dazu braucht man keine Entwicklungsumgebung und keinen zusätzlichen Compiler. Es stehen die HEX- und BIN-Files und das EEPROMImage ebenfalls zum Download bereit, so das mit fast jedem beliebigen Progger das Programm in den Prozessor geschrieben werden kann. Hierzu gibt es im Internet viele Freeware-Programme. Von Zeit zu Zeit werden Aktualisierungen und Fehlerbereinigungen auf der Homepage angeboten. Das Programm ist gut strukturiert und in verschiedene Untermenues unterteilt. Mit etwas Basic-Erfahrung ist es jedem Nachbauer leicht möglich, seinen eigenen individuell gestalteten Timer zu programmieren.
Nach dem Einlegen der Batterie mel-
det sich der Timer mit dem Namen und führt einen internen Selbsttest durch, bei dem auch in regelmäßigen Abständen die Spannung der Batterie überprüft wird. Bei einer fast aufgebrauchten Batterie gibt der Timer eine Warnmeldung aus. Selbst jetzt sind noch mehrere Stunden Betrieb mit dem Timer möglich. Es sollte aber bei nächster Gelegenheit die Batterie ausgetauscht werden. Ist die Batterie aufgebraucht, so verweigert der Timer seinen Dienst, bis die Batterie gewechselt wurde.
Nach dem Selbsttest befindet sich der Timer im Hauptmenü und ist bereit zur Werte- und Parametereingabe. Es gibt mehrere Untermenues, in denen allgemeine Einstellungen, wie die Uhrzeit, Datum, die Koordinaten des Standortes und andere Einstellungen gemacht werden können. Die Einstellung der Zeiten und Zeitpunkte der Auslösungen befinden sich wie die eigentlichen Belichtungsprogramme in weiteren Untermenues.
Die Belichtungsprogramme laufen automatisch und ohne jegliches Zutun des Benutzers ab. Nach Abgleich der Kamera mit dem Timer und dem Start des jeweiligen Belichtungsprogrammes steuert der Timer die Kamera vollkommen autonom bis das komplette Programm abgearbeitet worden ist. Danach führt der Timer wieder einen Selbsttest durch und ist bereit für eine neue Werteeingabe oder einen erneuten Programmstart. Die Werte können dauerhaft im Speicher des Prozessors abgelegt werden, so dass sie nicht jedes Mal neu programmiert werden müssen.
Optional ist noch eine Version des Prozessors
Abb. 2
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mit größerem Speicher (32k anstatt 16k) verfügbar, der pinkompatibel ist. In diesem Prozessor kann dann zusätzlich die Berechnung der Kingrate-Korrekturwerte erfolgen, die zur Nachführung nach dem Prinzip von E. S. King nötig sind. Damit kann die Refraktion der Atmosphäre bei sehr gut eingenordeten Montierungen ausgeglichen werden. Die Werte werden in periodischen Abständen automatisch neu errechnet und sind für fast alle Punkte auf der Erde möglich. Mit diesem Prozessor erhöht sich zusätzlich auch die Anzahl der zeitgesteuerten Aufnahmen von 99 auf bis zu 238 Zeitpunkten.
Der Timer wurde primär zur Astrofotografie und für die Langzeitbelichtung entwickelt. Er ist aber auch für Langzeitaufnahmen über mehrere Tage (Zeitrafferaufnahmen) in der Natur- oder Tierfotografie verwendbar. Die dunkle, schwarze Anzeige lässt sich jederzeit gegen eine normale helle Variante austauschen, die unter Tags ohne
Beleuchtung lesbar ist. Der Hersteller bietet viele verschiedene Farbvarianten an. Einzig die Beleuchtungsfarbe blau und weiß kann nicht verwendet werden, da diese Beleuchtungseinheiten eine etwas höhere Betriebsspannung benötigen. Nachts ist ein ,,negatives" Display, also farbige Schrift (bevorzugt rot) auf dunklem Hintergrund sinnvoll, um die Adaption des Auges nicht zu stören. Unter Tags empfiehlt sich eine ,,positive" mit schwarzer Schrift auf beleuchtetem Hintergrund, die auch ohne Beleuchtung bestens abgelesen werden kann.
Der Timer wurde an Canon EOS 20D, 20Da, 300D und den oben genannten Hasselblads ausgiebig getestet. Da die original CanonAuslöser auch für andere Modelle verwendet werden können, funktioniert der Timer wohl an allen Canon-Kameras, die diesen Fernauslöser benutzen. Weitere KameraModelle der Hersteller Pentax, Nikon, Samsung, Olympus, Panasonic benutzen
ebenfalls einen ähnlichen Fernauslöser, so dass der Timer auch damit verwendet werden kann und funktionieren sollte.
Wir wünschen allen Nachbauern mit diesem Timer viel Spaß und natürlich jede Menge guter (Astro)-Aufnahmen. Platine, Gehäuse, programmierte Prozessoren und Bauteile können gerne angefragt werden.
Thomas Tuchan New Millenium Observatory Der Sternhimmel über Ulm http://www.sternhimmel-ueber-ulm.de contact@sternhimmel-ueber-ulm.de
Peter Lembken http://www.sternenguck.de peter@sternenguck.de
Markus Schweizer http://markus.edv-lehmann.ch m.schweizer@aaremail.ch
Superschnelle Sterne
mit der Videokamera erwischt
von Manfred Mrotzek
Natürlich handelt es sich hier nicht um die Beweisfotos für eine Geschwindigkeitsübertretung. Dafür sind die Sterne einfach viel zu weit entfernt, als dass man mit irgendwelchen bisher entwickelten Methoden eine Eigenbewegung nachweisen könnte. Es handelt sich vielmehr um ein Projekt, sehr exotische und lichtschwache Sterne mit Hilfe einer integrierenden Videokamera und einem durchschnittlichen Amateurteleskop abzulichten.
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Abb. 1: [BGK2006] HV1. Aufgenommen am 15.04.07 mit einem 9,25" SchmidtCassegrainTeleskop, f/6 (Brennweite: 1410 mm). Belichtung: 26 Minuten netto
Im Frühjahr 2006 erreichte mich per e-mail ein Newsletter der Zeitschrift interstellarum, in dem von der Entdeckung zweier weiterer superschneller Sterne berichtet wurde, die so schnell sind, dass sie unsere Milchstraße verlassen werden und zum Teil die Milchstraße schon weit hinter sich gelassen haben. Ich habe mir mit Hilfe der mitgelieferten Links die Pressemitteilung des Harvard-Smithonian Center for Astrophysics vom 26. Januar 2006 (http://www.cfa.harvard.edu/press/2006/ pr200610.html) und die Originalarbeit der Autoren W.R. Brown, M.J. Geller, S.J. Kenyon und M.J.Kurtz (http://arxiv.org/ PS_cache/astro-ph/pdf/0601/0601580v1. pdf) heruntergeladen. Aus diesem Artikel
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Abb. 2: [BGK2006] HV2. Aufgenommen am 25.03.07 mit einem 9,25" Schmidt-Cassegrain-Teleskop, f/6 (Brennweite: 1410 mm). Belichtung: 24 Minuten netto
Abb. 3: [BGK2006] HV4. Aufgenommen am 20.03.07 mit einem 9,25" Schmidt-Cassegrain-Teleskop, f/6 (Brennweite: 1410 mm). Belichtung: 28 Minuten netto
erfuhr ich, dass bisher nur fünf solcher Sterne nach gezielter Suche entdeckt worden sind. Für alle fünf Sterne waren die wichtigsten Daten tabellarisch aufgelistet.
Die Forscher vermuten auf der Basis von Computersimulationen folgendes Szenario, um die ungeheure Geschwindigkeit der Sterne zu erklären. Zunächst gehen sie davon aus, dass die Sterne als ein Partner eines Doppelsternsystems in der Nähe des galaktischen Zentrums entstanden sind. Das Doppelsternsystem muss dabei dem zentralen Schwarzen Loch so nahe gekommen sein, dass der jeweils andere Partner in das Schwarze Loch gestürzt ist, und sein Begleiter durch den (auch von Raumsonden an Planeten des Sonnensystems ausgenutzten) Swing-By-Effekt vom Schwarzen
Loch enorm beschleunigt und aus der Milchstraße herausgeschleudert wurde. Abschätzungen besagen, dass solch ein Vorgang etwa einmal in 100.000 Jahren passiert.
Die Objekte erregten aus mehreren Gründen mein Interesse: Es sind doch sehr exotische Objekte, die nicht jeder schon einmal fotografiert hat. Etliche von ihnen sind schon viel weiter als die Magellanschen Wolken von uns entfernt. Die Sterne sind blaue Riesen. Blau ist immer gut, da ich meine Deep-Sky Aufnahmen mit der Watec WAT-120N Videokamera mache, deren CCD-Chip für grünes und blaues Licht besonders empfindlich ist.
Die bisher bekannten fünf Sterne sind alle recht lichtschwach mit Helligkeiten ab etwa der 18. Größe. Das konnte ich so gerade noch erreichen, war ich doch aufgrund einer einige Jahre zurückliegenden Recherche der Meinung, dass ich mit meinem Equipment punktförmige Lichtquellen bis etwa 19. Größe erreichen kann. Alle Objekte bis auf eines standen relativ hoch am Nordhimmel, drei der Sterne befanden sich im Sternbild Großer Bär und einer im Krebs. Der fünfte und mit 16,2 mag hellste Stern ist mit einer Deklination von -55 Grad nur von der Südhalbkugel beobachtbar.
In der Pressemitteilung und dem Artikel waren Farbfotos der Objekte und der
Bezeichnungen
[BGK2006] HV1 [BGK2006] HV2 [BGK2006] HV4 [BGK2006] HV5
SDSS J090745.0+024507 US 708 SDSS J091301.0+305120 SDSS J091759.5+672238
Helligkeit
19,8 mag 18,8 mag 18,4 mag 17,9 mag
Geschwindigkeit
709 km/s 717 km/s 548 km/s 638 km/s
Entfernung
352.000 Lj. 61.000 Lj.
240.000 Lj. 176.000 Lj.
Tab. 1: Die Daten wurden dem eingangs erwähnten Artikel von Brown, Geller, Kenyon und Kurtz entnommen.
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Sternbild
Krebs Großer Bär Großer Bär Großer Bär
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Abb. 4: [BGK2006] HV5. Aufgenommen am 20.03.07 mit einem 9,25" Schmidt-CassegrainTeleskop, f/6 (Brennweite: 1410 mm). Belichtung: 30 Minuten netto
Umgebung abgebildet. Ein Maßstab stand leider nicht dabei. Also wollte ich mit Hilfe von Simbad und Aladin die Farbfotos mit dem Bildfeld und der Helligkeit der Sterne auf den POSS-Aufnahmen, insbesondere den blauen POSS-Aufnahmen, vergleichen. Simbad kannte die Bezeichnungen der in der Pressemitteilung SDSS J091301.0+305120 und SDSS J091759.5+672238 genannten Sterne nicht. Nanu? So etwas hatte ich schon öfter beobachtet und wusste, dass Simbad manches Mal etwas eigenartige Katalogbezeichnungen verwendet. Aber die SDSS-Bezeichnungen schienen Rektaszension und Deklination der Objekte zu enthalten.
Im zweiten Versuch wurden in Simbad dann diese Koordinaten eingegeben, und Simbad bot eine Liste der Objekte an, die die Datenbank rund um die angegebene Position kannte. SDSS J091301.0+305120 war schnell identifiziert, und Simbad hatte mal wieder die Initialen der Autorennamen und das Erscheinungsjahr des Artikel mit in die Bezeichnung aufgenommen, die in Simbad damit [BGK2006] HV4 lautete. Das HV steht für Hyper Velocity,
also extreme Geschwindigkeit. Die zugehörige Blauaufnahme des POSS war in Aladin schnell gefunden und ausgedruckt. Da ich den Simbad-gerechten Aufbau der Bezeichner nun kannte, war es einfach, auch für die übrigen vier Sterne die entsprechenden Aufnahmen anzeigen und ausdrucken zu lassen.
Die Blauaufnahmen des POSS sind für mich die Referenz. Was dort abgebildet ist, kann ich mit meinem Equipment knapp erreichen. Wenn die gesuchten Sterne dort deutlich heller als der Untergrund sind, kann ich sie auch gut erreichen. Wenn sich ihre Helligkeit nahe derjenigen des Untergrunds befindet, gelingt es mir nur unter besonders guten Bedingungen, sie abzulichten. Selbst der schwächste der superschnellen Sterne, [BGK2006] HV1, mit 19,8 mag Helligkeit war auf der POSSAufnahme klar zu erkennen. 19,8 mag war eigentlich jenseits dessen, was ich zu erreichen glaubte. Aber die POSS-Aufnahme machte mir Mut und Hoffnung, ihn vielleicht doch zu erwischen.
Mit den Aufnahmen wurde es in 2006
nichts mehr. Das Jahr war schon zu weit fortgeschritten, als dass ich die betreffenden Regionen im Großen Bären und im Krebs noch bei genügend dunklem Himmel erreichen konnte. Und dunkler Himmel war bei der Lichtschwäche der Sterne schon erforderlich, wobei ich unter dunklem Himmel einen für meinen Standort dunklen Himmel meine. Mein Standort ist die Terrasse hinter meinem Haus in einer innenstadtnahen Reihenhaussiedlung in einer norddeutschen Kleinstadt im Speckgürtel Hamburgs. Mein Himmel ist also verglichen mit einem Land- oder Hochgebirgshimmel nicht wirklich dunkel.
Im Frühjahr 2007 war es dann so weit. In der zweiten Märzhälfte gab es ein paar klare Nächte, die ich für dieses Projekt nutzen wollte. Ich startete am 20. März mit den Sternen HV4 und HV5, also den zuletzt entdeckten. Das 9,25" SchmidtCassegrain-Teleskop war ausgekühlt, der G11 Gemini Montierung wurden die Koordinaten eingegeben, und das Teleskop schwenkte exakt auf die angegebene Position. Auf dem Monitorbild war der entsprechende Himmelsausschnitt beim Vergleich mit dem POSS-Bild sofort zu erkennen. Die Aufnahme wurde gestartet und 192 Bilder mit jeweils 10 Sekunden Integrationszeit mit dem Programm Giotto als AVI-Datei abgespeichert. 10 Sekunden ist die maximale Integrationszeit der benutzten Videokamera Watec WAT-120N und 192 Bilder entsprechen 32 Minuten. Bei dieser Belichtungszeit reicht die Nachführgenauigkeit der Montierung selbst bei etwas über zwei Meter Brennweite völlig aus.
Anschließend wurden die Einzelbilder der AVI-Datei mit VirtualDub durchgesehen und die unscharfen oder sonstwie qualitativ minderwertigen Bilder aussortiert. Je nach Qualität des Seeings und des Abstands des Objekts vom Horizont bleiben dann etwa 25 bis 30 Minuten Belichtungszeit übrig. Die Aufnahmen wurden mit Giotto gestackt, mindestens zweimal logarithmisch verstärkt und dann mit Picture Publisher weiterverarbeitet. Zur Glättung des Hintergrund kam NeatImage zum Einsatz, wobei darauf zu achten war, dass die schwachen Sterne nicht zusammen mit dem Rauschen eingeebnet wurden.
Wie erwartet waren die Sterne schwach, aber eindeutig auf den Aufnahmen zu sehen. Das war ein schöner Erfolg. Ein paar
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Tage später nahm ich [BGK2006] HV2 ebenfalls im Großen Bären auf. Mit knapp 19 mag Helligkeit war der Bursche nicht einfach, aber kein wirkliches Problem. Jetzt fehlte nur noch der eine Größenklasse schwächere [BGK2006] HV1, der sich zudem etwas südlicher im Krebs befand. Hierfür waren eine gute Transparenz und gutes Seeing notwendig. Im März wurde es damit nichts mehr, weil inzwischen der zunehmende Mond schon zu sehr störte. Warten auf den April war angesagt.
Mitte April war es tatsächlich wieder klar und transparent. Und die erste Nacht wurde intensiv genutzt - für Aufnahmen von Galaxien! Erst hinterher fiel mir ein, dass ja noch die Aufnahme des letzten superschnellen Sterns fehlte. Ich wollte sie doch alle zusammen in 2007 erwischen. Zum Glück war die folgende Nacht wieder klar, aber leider nicht mehr ganz so
transparent. Egal, einen Versuch war es wert. Im Mai würde ich den Krebs nach Einbruch der Dunkelheit wohl nur mehr bei seinem Untergang und somit unter viel schlechteren Bediungungen erwischen können. Das heißt, wenn es denn im Mai zu Neumond klare Nächte geben sollte. Das Ziel war dank GoTo schnell und problemlos gefunden. Der Fokus wurde noch einmal kontrolliert. Dann nahm Giotto 192 Bilder des Zielgebiets auf. Natürlich war der Stern nicht auf dem Livebild zu sehen, dafür ist er viel zu schwach. Hatte es geklappt? Ich war zu gespannt, das Ergebnis zu erfahren, als dass ich jetzt weitere Aufnahmen machen wollte. Also wurden die Rohbilder ohne vorheriges Aussortieren mit Giotto gestackt und das Ergebnis im Kontrast stark angehoben. Es war nicht eindeutig etwas zu sehen. Nach dem Invertieren des Bilds war aber an der gesuchten Stelle eindeutig ein schwacher
Fleck zu sehen, der sich vom Rauschen des Untergunds unterschied. Glück gehabt!
Ich musste den Kontrast zwar bis zum Rauschen des Untergrunds anheben, aber der Stern war da! Kein schönes Bild, aber ein eindeutiges Ergebnis und ein neuer Rekord. Mit meinem Equipment ist es also möglich, Sterne bis etwa 20. Größenklasse abzulichten. Und das selbst unter nicht optimalen Bedingungen. Ich war sehr zufrieden, hatte ich doch alle vier Sterne, ,,kurz" bevor sie für immer verschwunden waren, noch ablichten können. Die zweite Aufnahme des Abends von der Galaxiengruppe Abell 1367 im Löwen wurde zwar auch sehr schön, aber das war dann nicht mehr ganz so wichtig.
Multilayer - eine Software zur Berechnung dünner optischer Schichten
von Helmut Jahns
- Teil II -
Im ersten Teil dieses Artikels im vorigen VdS-Journal wurden die Transmissionsformel eines Schichtsystems und das Verfahren zur Optimierung vorgestellt. Bislang wurde die konkrete Rechenvorschrift zur Designoptimierung noch offengelassen, was in diesem zweiten Teil des Aufsatzes samt konkretem Beispiel nachgeholt werden soll. Es gibt viele Varianten des Optimierens. Der Optimierungsprozess von Multilayer ist zweiphasig aufgebaut: in der ersten Phase werden Genetische Algorithmen (s. Kasten 2) verwendet, die in der Lage sind, aus einer beliebigenAusgangskonfiguration (heißt: kein Vorwissen erforderlich) ein Zwischenergebnis zu erzeugen, aus welchem mittels Linearer Optimierung das endgültige Design generiert wird. Um eine genauere Vorstellung zu gewinnen, wie man beim Designen eines Schichtsystems vorgeht, wird dies nun anhand eines praktischen Beispiels demonstriert. Einige der wichtigsten Spektrallinien von Kometen sind die des Kohlenstoffmoleküls C2 bei 473 und 516 nm. Um die Beobachtung des Plasmaschweifs und der
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Abb. 3: Transmissionsprofil eines doppelten Bandpassfilters.
Koma zu erleichtern, könnte man also ein Filter konstruieren wollen, welches genau die beiden Linien passieren lässt und alle übrigen Spektralbereiche des sichtbaren Lichtes blockiert. Für jede einzelne dieser Spektrallinien können wir einen Durchlassbereich definieren. Da das Strahlenbündel im
Teleskop nicht parallel, sondern konisch verläuft, mit der Folge einer Verschiebung der Transmissionskurve zu kleineren Wellenlängen [3, 4], sollte eine Aufweitung des Durchlassbereichs eingeplant werden. Man könnte z.B. für die Linie bei 473 nm eine Transmission von 1 zwischen 465 und 475 nm sowie eine Transmission
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Abb. 4: Optimierungsfenster von Multilayer. Im Feld links unten sind die momentanen (und stetig kleiner werdenden) Werte der Kleinsten Quadrate aufgelistet. Auf der rechten Seite können die markanten Punkte des Profils eingesehen werden
von 0 überall außerhalb dieses Bereichs ansetzen. Außerdem kann man sich auf den Bereich des sichtbaren Lichts von 400 bis 700 nm beschränken, d.h. es gibt keine Vorgaben für Infrarot oder das ultraviolette Spektrum. Bei realen Spektren ändert sich die Transmission jedoch niemals sprunghaft von 0 auf 1, sondern besitzt stetige Übergänge, sogenannte Flanken. Man kann die Resultate der Optimierung deutlich verbessern, wenn bei der Vorgabe des Profils diese Flanken von vornherein berücksichtigt werden, z.B. indem man die Transmission am kurzwelligen Ende der Durchlasszone zwischen 455 nm und 465 nm linear von 0 auf 1 anwachsen lässt, was schon eine gute Näherung an die realen Verhältnisse ist. Auf dem anderen Ende des Durchlassbereichs ist mit der fallenden Flanke analog zu verfahren. Das Verfahren ist für die zweite Spektrallinie bei 516 nm genauso anzuwenden. Das Ergebnis ist ein Transmissionsprofil wie in Abb. 3 dargestellt. Wenn die Festlegung des Transmissionsprofils abgeschlossen ist, können wir uns dem Startdesign zuwenden. Zunächst müssen wir die erforderliche Anzahl der Schichten festlegen. Für den größten Teil des sichtbaren Spektralbereichs muss die Transmission von 0.96 (eine unbehandelte Glasoberfläche reflektiert etwa 4%) auf 0 reduziert werden. Dies ist nicht
mit einer derart geringen Zahl von Einzelschichten wie bei Vergütungen (i.d.R. bis zu sechs Schichten), wo die Transmission lediglich von 0.96 auf 1 angehoben werden muss, zu erreichen. Wir setzen daher ein Schichtsystem bestehend aus 60 Einzelschichten an. Dies ist ein Kompromisswert: zum einen wird die erzielbare Übereinstimmung
um so besser, je mehr Schichten beteiligt sind, zum anderen empfiehlt sich eine zu hoch gewählte Schichtanzahl nicht, da in diesem Falle die Absorption zum Tragen kommt. Außerdem wird die Bildqualität durch Vielfachreflexionen und Unebenheiten der Grenzflächen beeinträchtigt. Je mehr Einzelschichten vorhanden sind, desto höher sind die Anforderungen an die Planheit ihrer Grenzflächen. Üblicherweise werden bei solchen Systemen nur zwei Materialien (z.B. MgF2 und TiO2 wegen des maximalen Brechungsindexunterschieds) verwendet, die in wechselnder Folge aufgetragen werden (Wechselschichtsysteme). Als optische Dicke der Einzelschichten wird zu Beginn stets l/4 angenommen. Dieses Startdesign wirkt als hochreflektierender
Es stehen mehrere Varianten der Optimierung zur Verfügung, die sich im Implementationsaufwand und in der Performance voneinander unterscheiden. Eines der einfacheren Verfahren ist das Monte-Carlo-Verfahren, bei dem alle denkbaren Kombinationen von Schichtdicken mittels Pseudozufallsgenerator variiert werden. Grundsätzlich liefert das Monte-Carlo-Verfahren schon ausgesprochen gute Resultate. Einen anderen und zugleich eleganteren Ansatz verfolgen die Genetischen Algorithmen (z.B. [5]). Der Begriff an sich impliziert bereits Analogien zur belebten Natur. Man geht dabei von einer Population einer bestimmten Anzahl von Individuen aus. Jedes Individuum hat gewisse Merkmale (im Tierreich können dies z.B. Schnelligkeit, Ausdauer oder Sehschärfe sein), die zusammengenommen als Fitness bezeichnet werden. Die Fitness entscheidet über die Überlebens- und Fortpflanzungsfähigkeit des Individuums. Über die Fortpflanzung werden leistungsfähige Merkmale bevorzugt weitergegeben. In der Übersetzung für die Optimierungsaufgabe lautet dies wie folgt: ein Design entspricht dem Individuum (wobei eine Population aus z.B. 50 Individuen bestehen kann), während die einzelnen Schichtdicken den Merkmalen des Individuums gleichzusetzen sind. Die Fitness wird der Einfachheit halber als Kehrwert der Merìt-Funktion definiert, d.h. je kleiner die Abweichung zwischen Profil und Momentantransmission, desto größer die Fitness. Entscheidend für das Funktionieren des Algorithmus ist die Fortpflanzung. Sie muss gewährleisten, dass eine möglichst große Anzahl an Kombinationen von Merkmalen durchprobiert wird. Um dies zu erreichen, werden die Merkmale der Nachkommen aus denen ihrer Elternteile zusammengesetzt, ganz analog zur Vererbung. Obendrein werden die Merkmale der Nachkommen einer statistischen Mutation unterzogen, wobei die Mutationswahrscheinlichkeit nach Möglichkeit für jede Problemstellung frei wählbar sein sollte. Die Individuen, die für die Fortpflanzung vorgesehen sind, werden anhand ihrer Fitness ausgewählt. Eine Beschränkung auf Individuen mit kleiner Merìt-Funktion (hohe Fitness) ist nicht ratsam, da die Population ansonsten schnell an Reichhaltigkeit verarmt und vorzeitig der Stagnation verfällt. Sinnvoller ist eine Bevorzugung von Individuen mit kleiner Merìt-Funktion, während man diejenigen mit hoher Merìt-Funktion mit verminderter Wahrscheinlichkeit an der Reproduktion teilnehmen lässt. Genetische Algorithmen bieten den Vorteil, dass sie eine Selektion gewünschter Eigenschaften bereits beinhalten, sodass kein problemspezifisches Optimierungsverfahren mehr entwickelt und programmiert werden muss. Im vorliegenden Programm wird der Genetische Algorithmus durch eine Lineare Optimierung ergänzt, bei der jede Schichtdicke im Design einzeln variiert wird, bis keine Veränderung in der Merìt-Funktion mehr auftritt. Die Lineare Optimierung ist im Vergleich zu den anderen beiden Verfahren eher langsam.
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Abb. 5: Transmissionskurve des doppelten Bandpassfilters nach der Optimierung. Die Transmission kommt gut mit der Profilvorgabe aus Abb. 3 zur Deckung.
Spiegel (Reflektivität von 0,99999; zum Vergleich Aluminium: ca. 0,90 bei 550 nm); solche Spiegel werden für gewöhnlich in der Lasertechnik eingesetzt, z.B. als Resonatorspiegel.
Das Ergebnis der Optimierung ist in Abbildung 5 dargestellt. Während der Berechnung wurde einmal die Mutationsrate erhöht sowie gegen Ende die Lineare Optimierung aktiviert (s. Kasten S. 73: Genetische Algorithmen). Die Rechenzeit betrug etwa eine Dreiviertelstunde auf einem 1,8-GHz-Prozessor. Das optimierte Design stellt offenbar eine gute Annäherung an das Transmissionsprofil dar. Über die Wahl des Transmissionsprofils (z.B. steilere Flanken) lässt sich wahrscheinlich eine noch bessere Übereinstimmung erreichen. Bei komplizierteren Profilen kann man zunächst mit einem vereinfachten Profil ein temporäres Design berechnen lassen und mit dem Resultat als neues Startdesign eine weitere Optimierung starten, wobei man das nächst komplizierte Transmissionsprofil definiert. Diese Schritte sind dann fortzusetzen, bis man beim endgültigen Profil angelangt ist. Bei einem 3-Band-Passfilter könnte man z.B. mit dem vorgestellten 2-Band-Passfilter beginnen.
Die Software wurde mit dem Microsoft Visual Studio 6.0 in C++ für Windows geschrieben und kann von der Homepage der VdSFachgruppe Computer-Astronomie [6]
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kostenfrei heruntergeladen werden. Bei der Entwicklung wurde der Schwerpunkt auf eine eingängige Benutzerführung gelegt, vor allem bei der Eingabe der Schichtdaten und des Transmissionsprofils. Es steht eine Hilfe samt Einstiegsbeispielen zur Verfügung, so dass eigenen Experimenten des interessierten Lesers nichts im Wege stehen dürfte.
Ausblick Die Optik dünner Schichten umfasst noch weitere Gebiete, die von der vorliegenden Software nicht abgebildet wird: Absorptionsfreiheit - Die hohe Transparenz der Schichtma-
terialien rechtfertigt allerdings oftmals diese Annahme. Möchte man Absorption mit einbeziehen, so wird der (reelle) Brechungsindex um einen imaginären Absorptionskoeffizienten (n + ik) erweitert. Man rechnet mit dem gewohnten Formelwerk komplex weiter und kann sich darauf verlassen, letzt-
Abb. 6: Designfenster von Multilayer. Im Feld auf der rechten Seite kann das optimierte Design eingesehen werden..
endlich ein rein reellwertiges Ergebnis zu bekommen. Dispersion - Der Brechungsindex eines Materials hängt von der Wellenlänge des Lichts ab (daher die Aufspaltung des Lichts in ein Spektrum bei einem Prisma). Der Brechungsindex ist umso geringer, je größer die Wellenlänge ist. Inhomogenitäten in der Schicht - Dünne optische Schichten werden in Bedampfungsverfahren aufgetragen. Je nach Güte des Beschichtungsprozesses variiert die Packungsdichte der Moleküle mehr oder weniger stark und somit auch der Brechungsindex über die Schichttiefe. Reflexion von der Rückseite - Auch von der (unbeschichteten) Rückseite des Glaskörpers rührt eine Reflexion her, die bei der Berechnung der Transmission gesondert berücksichtigt werden muss. Polarisation des Lichtes - Diese Punkte werden von Multilayer, welches primär zu Demonstrationszwecken entwickelt wurde, nicht abgedeckt und bleiben der Profisoftware (z.B. [7]) vorbehalten.
Literatur
[3] F. und L. Pedrotti. Optik - eine Einführung, Prentice Hall [1996]
[4] H. Jahns, Im Lambda-Viertel-Takt zu besseren Bildern, SuW 04/2007
[5] D. Louis. Das C/C++-Kompendium, Markt&Technik Verlag [2000]
[6] Download: http://www.computer-astronomie.de/download/download/Multilayer.zip
[7] M. Dieckmann, SPEKTRUM (Software), Laser Zentrum Hannover
C O M P U T E R A S T R O N O M I E 75
Wie hell ist SN 2006jc ?
Die Helligkeit einer Supernova mit der Tabellenkalkulation bestimmen
von Hans G. Diederich
Einleitung Am Beispiel der SN 2006jc in UGC 4904 möchte ich zeigen, wie in der eigenen CCD-Aufnahme das Verhältnis der Helligkeit von SN 2006jc zur Helligkeit ihrer Muttergalaxie UGC 4904 bestimmt werden kann. Dies geschieht mit einer Tabellenkalkulation, in welche das Bild als .fit Datei zuvor importiert wurde. Das Beispiel lässt bereits erahnen, wie weitergehende Auswertungen mit einer Anwendung möglich werden, die auf jedem PC installiert ist, bisher aber von uns Sternfreunden eher zögerlich für die Bildauswertung eingesetzt wird.
Jede Bildbearbeitung ist eine Tabellenkalkulation Zur effektvollen Präsentation eines Helligkeitsprofils oder einer Lichtkurve haben wir uns vielleicht bereits einer Tabellenkalkulation (TK) bedient. Viele Sternfreunde dürften allerdings Hemmungen verspüren, ihre eigene Deepsky-Aufnahme (als .fit Datei) unmittelbar in einer TK zu untersuchen.
Ein Bildbearbeitungsprogramm ist aber nichts anderes als eine TK: den Pixel der Bildbearbeitung entsprechen die Zellen einer TK. In der Bilddatei steht für jedes Pixel ein Helligkeitswert, so auch in der TK. In der Bildbearbeitung sehen wir aber das Pixel als ein Flächenelement mit einer bestimmten Helligkeit und keine Zahl in einem Kasten wie bei der TK.
Dieser Unterschied in der Ansicht auf dem Desktop ist aber nur eine Frage der Darstellung der Zahlenwerte. Wählen wir in der TK eine wertabhängige (also eine bedingte) Formatierung für den Hintergrund der Zellen, so zeigen uns auch die Zellen einer TK den Eindruck eines Bildes mit unterschiedlichen Grauwerten. Die vielleicht störenden Zahlen lassen sich auch noch durch eine entsprechende Vordergrund-Formatierung zum Verschwinden bringen.
Vielleicht meint jemand, in der TK könnten wir mit den Werten der Zellen rechnen (das stimmt), in der Bildbearbeitung dagegen nicht (dies stimmt nicht). Was ist die
Abb. 1 Ausschnitt von UGC 4904 mit SN 2006jc in einer Tabellenkalkulation
Kombination von Teilbildern zum endgültigen Summenbild anderes als eine Summierung von Zahlenwerten? Was ist die Reduzierung mit einem Darkframe anderes als eine Subtraktion? Alle Bildbearbeitungsfunktionen bis hin zur Tiefpassfilterung und Schärfung sind Rechenoperationen.
Bildbearbeitung und Tabellenkalkulation sind zwar hochspezialisierteAnwendungen, aber beide können mit Bildern rechnen und beide können für unsere Augen sichtbare Bilder darstellen. Ist man so weit vorgedrungen, dürfte der Gedanke, mit einer TK an seinen Bildern ,,herumzurechnen", an Schrecken verloren haben.
Wie kommt das Bild in die Tabellenkalkulation ? Der TK fehlt ein Importfilter für das .fit Format. Daher nutzen wir ein kostenfrei von der NASA herunter zu ladendes Programm. Bei ,,fv dem interaktiven FITS Datei Editor" handelt es sich um eine Anwendung, von der hier als einzige Funktion das Anzeigen der .fits Datei in Tabellenform genutzt wird [1], [2]. Dieser Editor ist auch in einer unter Windows lauffähigen Version erhältlich und nur ca. 12 MB groß.
Der als .fit Datei in ,,fv" geladene Bildausschnitt (die maximale Spaltenzahl der TK sollte nicht überschritten werden) wird als Tabelle angezeigt und darauf als ASCII Datei mit der Erweiterung .txt oder .csv gespeichert. Und diese Datei lässt sich von der TK öffnen. Und damit befindet sich unser Bildausschnitt bereits in der TK.
Bildauswertung in der Tabellenkalkulation Jetzt lassen sich die Zahlenwerte der Galaxie mit Supernova und die Zahlenwerte der Supernova als Spaltenoder/und Zeilensumme bequem aufaddieren. Beide Summen stehen für die integrierte Helligkeit beider Objekte und können jetzt ins Verhältnis gesetzt werden, zum Beispiel wie in meiner CCD Aufnahme vom 22.11.2006: Helligkeit der Galaxie (mit SN): 3,16E+15 minus Helligkeit der SN: 1,82E+14
Helligkeit der Galaxie (ohne SN): 2,98E+15 Verhältnis Helligkeit SN / Helligkeit Galaxie: 6,11E 02 = 6,1 %
Die Helligkeit der SN 2006jc betrug am 22.11.2006 ca. 6 Prozent der Helligkeit der Muttergalaxie UGC 4904.
Dieses einfache Berechnung liefert als Ergebnis die Antwort auf eine Frage, die wir gewöhnlich nicht stellen. Alle erforderlichen Informationen befinden sich in der eigenen CCD Aufnahme.
Viele weitere Auswertungen der eigenen Deepsky-Aufnahmen sind denkbar und möglich. Mit diesem Aufsatz sollte ein allererster Schritt hierzu gewiesen werden.
Literaturverzeichnis:
[1] http://heasarc.gsfc.nasa.gov/lheasoft/
ftools/fv/fv_download.html (04.09.07)
[2] http://heasarc.gsfc.nasa.gov/lheasoft/
ftools/fv/
(04.09.07)
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Neues aus der Fachgruppe Deep Sky
Liebe Sternfreunde,
wie gewohnt hier ein kurzer Report aus der FG. Das VdS-Journal konzentriert sich schwerpunktmäßig auf bestimmte Themen. Im sog. Schwerpunktthema sollen bestimmte Bereiche der Amateurastronomie näher betrachtet werden. Vor einiger Zeit war das Thema Planetarische Nebel in Kooperation mit der Fachgruppe Astrofotografie erarbeitet worden. Berichte dazu erschienen in den letzten Journalen und werden auch noch zukünftig zu finden sein. Für das Heft Nummer 27 soll das Thema ,,Deep Sky visuell" schwerpunktmäßig im Journal behandelt werden. Dazu möchte ich alle Beobachter aufrufen, aktiv mitzuarbeiten und Beiträge einzusenden. Ob Kurzbericht oder längere Abhandlung (Limit 10.000 Zeichen) - alles ist willkommen. Selbstverständlich auch Zeichnungen mit kurzem Kommentar. Ich würde mich freuen, möglichst viele Beiträge zu erhalten. Selbstverständlich stehe ich auch für diesbzgl. Fragen zur Verfügung! Hier noch ein kurzer Hinweis auf die Neugestaltung der VdS-Webseite auf der wir mit unserem Fachbereich vertreten sind.
Ihr und Euer Jens Bohle
Die Umlaufbewegung des Doppelsterns Xi Bootis Doppelstern-Astrometrie mit der Webcam
von Wolfgang Vollmann
Abb. 1: Grafik zum Positionswinkel von Florent Losse (http://www.astrosurf. com/hfosaf/uk/doeasy1.htm). Der Positionswinkel gibt die Richtung vom Hauptstern zum Begleiter an. Norden = 0 Grad , Osten = 90 Grad , Süden = 180 Grad , Westen = 270 Grad . Er geht also gegen den Uhrzeigersinn (im umkehrenden astronomischen Fernrohr). Gestirne driften bei ausgeschalteter Nachführung von 90 Grad (Osten) nach 270 Grad (Westen).
Xi Bootis ( Boo) ist ein sehr hübsches Doppelsternsystem am Frühlingshimmel, 8 Grad östlich des hellen Arktur im Bärenhüter. Die Doppelsternnatur kann schon mit einem sehr kleinen Fernrohr bei 50-facher Vergrösserung erkannt werden: 4,8 und 7,0 mag sind die beiden Komponenten hell und stehen in 6 Bogensekunden Abstand.
Xi Boo wurde von Friedrich Wilhelm Herschel im Jahre 1780 entdeckt - eine gute Beschreibung hat J. S. Schlimmer verfasst [1]. Die beiden Sterne sind etwas unterschiedlich gefärbt, der Begleiter ist deutlich röter (Spektraltyp K5 V) als der Hauptstern (Spektraltyp G8 V). Schon nach wenigen Jahren beobachteten die Astronomen Änderungen der Winkeldistanz und der Richtung vom Hauptstern zum Begleiter (dem Positionswinkel). Das deutete auf eine relativ rasche Umlaufbewegung der beiden Sterne hin und Xi Bootis hat heute eine gut bestimmte Bahn. Die Umlaufzeit der beiden Sterne beträgt 151,9 Jahre, am nächsten kommen sich die beiden Sterne wieder im Jahr 2060 (das ,,Periastron"). Siehe dazu die Bahnelemente im Sixth Catalog of Orbits of Visual Binary Stars von William I. Hartkopf und Brian D. Mason [2].
Warum sind die beiden Sterne trotz der relativ kurzen Umlaufzeit schon gut in
Abb. 2: Grafik zur Distanz von Florent Losse
einem kleinen Fernrohr trennbar? Xi Bootis ist einer der nächsten Sterne, nur 22 Lichtjahre gibt der Katalog der nahen Sterne des Astronomischen RechenInstituts an [3]. Die Winkeldistanz von derzeit 6 Bogensekunden entspricht also einer projizierten Distanz der beiden Sterne von etwa 40 Astronomischen Einheiten; das ist etwas mehr als die Entfernung SonneNeptun.
Messungen des Doppelsterns Xi Bootis Wie schon im Jahr 2005 habe ich auch 2006 und heuer den Doppelstern Xi Boo nach Distanz und Positionswinkel vermessen. 2006 versuchte ich es mit der CCD-Kamera im Fokus meines Refraktors 130/1040 mm, 2005 und 2007 benutzte ich eine 3x-Barlowlinse und eine Webcam (Philips ToUCam) für die Messungen. Die Ergebnisse zeigen eindeutig die Umlaufbewegung des Doppelsterns: Pro
VdS-Journal Nr. 25
is D E E P S K Y 77 Die Zeitschrift für praktische Astronomie
stellarum
Das neue Jahrbuch
für 2008 ist da!
Abb. 3: Xi Bootis, Anblick im umkehrenden Fernrohr (Norden unten, Osten rechts). Refraktor 130/1040mm, 3x-Barlowlinse, Webcam.
Jahr nimmt der Positionswinkel derzeit um etwa ein Grad ab! Die Ergebnisse sind sowohl mit der CCD-Kamera als auch mit der Webcam recht präzise (Tab. 1) und zeigen, dass Doppelsternmessungen auch mit recht einfacher Ausrüstung leicht möglich sind! Es macht mir Freude den Doppelsternen auf diese Art bei ihrer Umlaufbewegung ,,zuzusehen". Weitere Beobachtungen sind auf meiner Homepage zu finden [5]
Doppelstern-Astrometrie mit der Webcam Die Technik meiner Doppelsternmessungen mit der CCD-Kamera habe ich im VdS Journal schon beschrieben [6]. Die Webcam ist eine StandardPhilips ToUCam Pro II mit 11/4" Adapter und IR-Sperrfilter. Ich montiere sie mit einer 3x-Barlowlinse und mache mehrere kurze Filme (AVIs) des Doppelsterns mit der Software die der Kamera beliegt (Vrecord). Die ersten etwa 300 Bilder (ca. eine Minute Video) lasse ich den Doppelstern etwa in der Bildmitte. Danach fahre ich mit dem Schnellgang meiner Fernrohrsteuerung (Montierung Vixen SP-DX mit SD-1 Steuerung) den Doppelstern an den Ostrand des Gesichtsfeldes. Einige Sekunden später schalte ich die Nachführung aus
und lasse den Doppelstern durch das Gesichtsfeld driften - das gibt bei Vermessung der Bilder am Ost- und am Westrand des Gesichtsfelds eine auf 0,1 Grad genaue Ost-West-Richtung und damit die genaue Verdrehung der Kamera gegen die Ost-West-Richtung. Dann wird die Aufnahme gestoppt. Weitere Videos in der gleichen oder weiteren Nächten folgen.
Zur Auswertung später am PC summiere ich je 100 Bilder mit Registax auf [7]. Dabei werden nur die besten und am wenigsten durch die Luftunruhe beeinflussten Bilder von der Software automatisch gewählt. Meistens bleiben 10 bis 20 Bilder pro Summenbild übrig. Die Summenbilder vermesse ich nach Pixelabstand und Richtung (Positionswinkel) mit dem Programm AIP4WIN von Berry und Burnell [8]. Den Pixelabstand habe ich durch viele Doppelsternmessungen im Bogensekundenmaß geeicht - bei meiner Konfiguration beträgt er 0,32 Bogensekunden pro Pixel. Damit ist die Sterndistanz in Bogensekunden ermittelt. Der Positionswinkel wird dann aus der Richtung auf dem Bild und dem genauen Verdrehungswinkel der Kamera gegen Ost-West berechnet - dazu habe ich mir ein einfaches Excel-Rechenblatt
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VdS-Journal Nr. 25
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erstellt - das kann ich bei Bedarf gerne per E-Mail zusenden.
Die Webcam hat den Vorteil, sofort am Bildschirm Bilder zu liefern und durch die rasche Bildfolge von 5 Bildern pro Sekunde entstehen viele Einzelbilder in kurzer Zeit - damit werde ich ein wenig unabhängiger von der Luftunruhe. Die Astronomen haben diese Technik ,,Lucky Imaging" genannt! Auch die Driftbilder zur Bestimmung der Kameraverdrehung sind damit sehr gut möglich. Ein weiterer Vorteil sind die geringen Anschaffungskosten (ca. 100 Euro mit Okularadapter und IR-Sperrfilter).
Nachteile der Webcam sind die kurze Belichtungszeit und damit die Beschränkung auf hellere Sterne als ca. 9 mag mit 3x-Barlowlinse. Ausserdem entstehen große Datenmengen durch die Videos - pro Minute entstehen fast 60 Megabyte und einige Gigabyte pro Beobachtungsabend sind schnell beisammen! Trotzdem ist die Webcam ein nahezu ideales Werkzeug für Doppelsternmessungen - ein ,,WebcamMikrometer"!
Literatur:
[1] J.S. Schlimmer: Doppelsterne im Bootes. http://www.epsilon-lyrae.de/Doppelsterne/ Galerie/Bootes.html
[2] W. I. Hartkopf, Brian D.Mason: Sixth Catalog of Orbits of Visual Binary Stars http://ad.usno.navy.mil/wds/orb6.html
[3] Astronomisches Rechen-Institut Heidelberg: ARI Database for Nearby Stars. http:// www.ari.uni-heidelberg.de/aricns/
[4] Brian Workman: Binary Star Calculator. Daten aus [2], Rechenblatt für Excel. Download unter http://www.saguaroastro. org/content/downloads.htm
[5] Doppelsterne mit im kleinen Fernrohr erkennbarer Bahnbewegung. http://home. pages.at/vollmann/dsbahn.htm
Abb. 4: Umlaufbahn des Doppelsterns Xi Bootis = STF1888AB = WDS 14514+1906. Diagramm erstellt mit dem Binary Star Calculator von Brian Workman [4]. Norden ist unten, Osten rechts, wie im umkehrenden astronomischen Fernrohr. Die Kreise stellen die Lage des Begleiters relativ zum Hauptstern (im Zentrum des Koordinatenkreuzes) dar. Sie sind von 10 zu 10 Jahren gezeichnet, die Jahre um die Gegenwart habe ich beschriftet. Ein Teilstrich auf den Achsen enstpricht einer Bogensekunde. Rote Quadrate zeigen meine Messungen des Doppelsterns in den Jahren 2005 bis 2007.
[6] Wolfgang Vollmann: STF2486 - Doppelstern-Astrometrie mit der CCDKamera. VdS Journal 22
[7] Cor Berrevoets: Registax 4. Download unter http://www.astronomie.be/registax/
[8] Richard Berry, Jim Burnell: Handbook of Astronomical Image Processing. Willmann-Bell. Enthält das Programm AIP4WIN
Messung Datum 2005 Mai 12 2006 Jun. 1 2007 Apr.14
Termin 2005,361 2006,416 2007,284
Dist" 6,29 6,46 6,17
PW Grad 313,0 311,9 311,2
Meth Webcam CCD Webcam
Videos/Imgs 3 18
Ephemeride Dist" 6,35 6,29
Tab. 1: Dist" = Distanz in Bogensekunden, PW = Positionswinkel B-R = Differenz Beobachtung (Messung) minus Rechnung (Ephemeride) Methode: Webcam mit 3x Barlowlinse, CCD im Primärfokus Videos: Anzahl Videos zu je ca. 500 Einzelbildern bei der Webcam Imgs: Anzahl Einzelbilder mit der CCD Kamera
B-R PW Grad 313,0 312,0
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Dist" -0,06 +0,17
PW Grad 0,0 -0,1
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Astro auf La Palma: Astropalma
von Jens Bohle
Wegen ihres für astronomische Beobachtungen günstigen Klimas und des außerordentlich dunklen Himmels ist die Kanareninsel La Palma ein bevorzugtes Reiseziel von Amateurastronomen. So reizte es auch mich, diese für Amateure und Profis interessante Insel zu besuchen. In seltensten Fällen kann Amateurastronomie direkt vor der Haustür betrieben werden - dies gilt insbesondere für die visuelle Deep-Sky-Beobachtung, da hier nur dunkle Standorte die Beobachtung schwächerer Himmelsobjekte überhaupt erst möglich machen. Selbst hier zu Hause in Ostwestfalen muss ich mindestens 45 Minuten Fahrt zum Beobachtungsplatz einplanen, um einen brauchbaren Himmel vorzufinden. Wirklich dunkle Plätze erfordern aber weitaus mehr Fahrzeit. In den letzten Jahren sind regelmäßige Touren in die alpinen Regionen Österreichs fester Bestandteil meiner amateurastronomischen Aktivitäten geworden. Durch Kontakt zu Michael Fritz, der einigen Lesern vielleicht als Autor in der Zeitschrift Sterne und Weltraum bekannt sein dürfte, wurde meine Aufmerksamkeit auf ein anderes astronomisches Ziel gerichtet: Die Kanareninsel La Palma. Michael lebt jedes Jahr mehrere Monate auf der Insel und seine dort gewonnenen Beobachtungsergebnisse als erfahrener Deep-Sky-Beobachter machten mich neugierig, wie gut der Himmel über der Kanareninsel ist. Für mich sollte die Reise auch den direkten Vergleich zur Himmelsqualität in den Alpen zei-
gen, da ich exakt einen Monat zuvor, im September, dort zur Beobachtung verweilte. Der auffälligste Unterschied zu alpinen Beobachtungsplätzen offenbarte sich schon wenige Minuten nach der Landung in Santa Cruz: die sommerliche Temperatur. Dies sollte schon ein Hinweis auf angenehme Beobachtungsnächte sein. Da der Urlaub nicht nur astronomisch geprägt sein sollte und mein Quartier im sonnigen Südwesten gelegen war, ist ein Mietwagen fast schon unumgänglich. Nur so lassen sich auch die vielen Sehenswürdigkeiten der kleinen aber feinen Insel erkunden. Mein astronomisches Equipment war recht bescheiden und beschränkte sich auf einen azimutal montierten 80 mm-Refraktor. Flugreisen haben halt den Nachteil, dass die Wahl des Instrumentariums meist eher bescheiden ausfällt. Mein 50 cm-Teleskop konnte als
Abb. 1: Joan Genebriera rechts und der Autor
Handgepäck kaum durchgehen. Doch hier kann Abhilfe geschaffen werden, indem vor Ort größere Teleskope angemietet werden. Eine ausgezeichnete Möglichkeit bietet die auf 735 m gelegene Feriensternwarte ,,Astropalma" [1], die ich zusammen mit Michael Fritz [2] besuchen durfte. Der Besitzer ist Joan Genebriera, der auf seinem Grundstück eine kleines ,,Astroparadies" geschaffen hat. Die sehr interessanten Gespräche mit ihm zeigten mir, dass Joan ein begeisterter Amateurastronom ist, der im Bereich Astrofotografie und zudem auch bei der Konstruktion von Teleskopen und astronomischen Zubehör viel Erfahrung und Geschick zeigt. Zur Sternwarte gehört eine sehr gut bestückte Bibliothek mit Internetanschluss die eine sorgfältige Beobachtungsplanung ermöglicht - Literatur muss das Fluggepäck also
Abb. 2: Ein Blick in die Werkstatt
Abb. 3: Die gut ausgestattete Bibliothek nebst PC mit Internetzugang
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Abb. 4: Das Gelände von ,,Astropalma" (Bild: Jürgen Mensing)
nicht belasten. Ein Highlight ist die gut ausgestatte Werkstatt, die keine Wünsche offen lässt. Jeder, der während eines Astrourlaubs einmal eine Reparatur seines Teleskops oder Montierung durchführen musste, wird allein diese Möglichkeit sehr schätzen. Für den Besucher stehen mehrere Geräte zur Verfügung. Vom 400 mm-Cassegrain über Refraktoren (z.B. 120 mm-Apo) bis zu 150 mm-Maksutov und 200 mmSchmidt-Cassegrain-Telekop ist genügend Auswahl vorhanden. Die Unterkunft kann in nächster Umgebung in den zahlreich vorhandenen Ferienwohnungen erfolgen. Nur wenige Minuten sind es von dort aus zur Sternwarte.
Doch nun zum wichtigsten Punkt: die Himmelsqualität. Diese hat mich während meines Aufenthaltes angenehm überrascht und war im direkten Vergleich zum Himmel am gut 1000 m höher gelegenen Standort in Kärnten in punkto Seeing und Transparent besser. Am deutlichsten fiel mir der Unterschied am Südhorizont auf, dessen Himmelsqualität dem Alpenhimmel klar vorzuziehen ist. Die Anreisezeit incl. Anfahrt und Flug ist für mich ähnlich anzusetzen wie eine Fahrt in die Alpen, wo ich ca. 11 bis 12
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Stunden einplanen muss. Die Kombination aus Unterkunft, Himmelsqualität und Feriensternwarte und einer wunderschönen Natur wird meine zukünftigen Astroexkursionen gen La Palma zur Gewohnheit werden lassen.
Literatur [1] http://www.astropalma.com/ [2] M. Fritz: Eine Feriensternwarte auf La
Palma, Sterne und Weltraum 8/2006, S. 91
Abb. 5: Der 40 cm-Cassegrain und sein stolzer Besitzer (Bild: Jürgen Mensing)
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Buchprojekt: ,,Wie sieht das Objekt im Fernrohr aus?" - Auswertungsverfahren und Diskussion
von Christoph Lohuis und Frank Hauswald
Intention des Projektes ,,Wie sieht das Objekt im Fernrohr aus?" ist wohl die häufigst gestellte Frage in der Amateurastronomie. Erstaunlicherweise gibt es nach unserem derzeitigen Kenntnisstand keine deutsch- oder englischsprachige Literatur zu dieser Thematik. Durch unser nicht kommerzielles Buchprojekt von Amateuren für Amateure soll diese Lücke geschlossen werden. Dem Interessierten wird die Möglichkeit geboten, sich einen ersten Eindruck vom Aussehen der Objekte im Kontext definierter Bedingungen zu verschaffen. Aus der Vielzahl mög-
Abb. 1: Geplante Matrix zur Darstellung der Objekte
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Mond und Planeten! Sehr hilfreich ist hier die schnelle Reaktion der Kamera auf veränderte Einstellungen: Wenn von 1/50 sec. auf 10 sec. umgestellt wird, erscheint das erste lang-belichtete Bild auch wirklich nach 10 Sekunden - kein mi-
nutenlanges Warten, bis die volle Empfindlichkeit erreicht ist!
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82 D E E P S K Y
licher Faktoren finden im Rahmen des Projektes die Kriterien ,,Teleskopöffnung" und ,,Beobachtungsbedingung" Berücksichtigung.
Definition der Parameter Derzeitige Vorüberlegungen tendieren in die Richtung, die Kriterien ,,Teleskopöffnung" sowie ,,Beobachtungsbedingung" in jeweils drei Unterkategorien zu differenzieren (Abb. 1). Bei der Beobachtung des gegenwärtigen Teleskopmarktes sowie unter Berücksichtigung praktischer Erfahrungen erscheint die Einteilung zur Apertur sinnvoll:
a) < 8 Zoll b) 8 Zoll bis 10 Zoll c) 12 Zoll bis 16 Zoll
Die Einstufung der Beobachtungsbedingung kann mittels unterschiedlicher Methoden erfolgen. Wir haben uns auf das ,,faintest star"-Verfahren verständigt, wobei als Referenz Sterne in Ursa Minor gelten. Im Hinblick auf die Tatsache, dass die Bestimmung der Helligkeit gewisse Toleranzen erlaubt (siehe Einteilung), erscheint uns dieses Verfahren praktikabel. Hierbei kann die Katalogisierung folgendermaßen aussehen:
a) 4,5 mag bis 5,4 mag [(Vor-)Stadt] b) 5,5 mag bis 6,4 mag [ländlicher
Bereich] c) gleich/besser als 6,5 mag [Alpen,
Wüsten] Diese Magnitudeneinteilung erlaubt somit alle relevanten Standorte zu katalogisieren.
Darstellung der Ergebnisse - die gemittelte Abbildung Ziel ist es, aus dem gesammelten Recherchematerial aller Messierobjekte zu den definierten Parametern eine ,,gemittelte" Abbildung zu erstellen, die dem tatsächlichen Anblick im Fernrohr am nächsten kommt. Nur so ist es uns möglich, das Problem der Subjektivität auf ein Minimum zu reduzieren. Somit wird nicht die individuelle Dokumentation publiziert, sondern der gemittelte Wert aus allen Recherchen (Zeichnung und Textmaterial) zu einem Objekt. Bezüglich der grafischen Realisierung werden derzeit verschiedene Verfahren getestet. Aktuell stehen weitere Fragen zur Diskussion, welche bereits im Vorfeld gelöst werden müssen:
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1. Die Vergrößerung Sind die beschriebenen Parameter für ein Objekt definiert, tangieren weitere Faktoren die Beobachtung und Darstellung. In der Praxis werden Objekte mit unterschiedlichen Vergrößerungen beobachtet. Hierbei zeigt der Gesamtanblick des Orionnebels naturgemäß andere Details als eine hohe Ausschnittsvergrößerung. Daraus resultiert die Fragestellung: Soll die gemittelte Abbildung den Eindruck bei einer Vergrößerung oder unterschiedlichen Vergrößerungen darstellen?
Wird eine Vergrößerung zu Grunde gelegt, würde diese eine ,,objekttypische" sein, d.h. ein flächiges Objekt würde mit geringer und ein kleiner Planetarischer Nebel mit hoher Vergrößerung dargestellt.
Bereits an dieser Stelle soll Erwähnung finden, dass sich lohnende Objekte wie M 31, M 33 oder M 42 (u.a.) mit Sonderseiten im Buch gewürdigt werden sollen. Hierbei werden Detailbeobachtungen, unterschiedliche Vergrößerungen, Filtereinsatz oder auch extragalaktische Objekte berücksichtigt.
2. Himmelshintergrund und Abbildungshintergrund Neben der Wiedergabe von beobachtbaren Details ist die Darstellung von Kontrastunterschieden ein elementarer Aspekt. Es ist allgemein bekannt, dass der Himmelshintergrund (respektive Himmelsvordergrund) durch Modifikation von Faktoren (zum Beispiel Vergrößerung) beeinflusst wird. Auch an dieser Stelle müssen im Hinblick auf die Erstellung eines Buches Kompromisse gefunden werden. Der im Buch abgedruckte Himmelshintergrund wird von uns standardisiert. Die Übertragung des Objektes auf diesen Standardhintergrund erfolgt an der Vermessung von Kontrastunterschieden an der Originalzeichnung. Wir legen mathematisch das oder die Kontrastverhältnis(se) in einer Zeichnung fest, mitteln diese mit anderen Zeichnungen und übertragen dieses gemittelte Verhältnis auf die Abbildung.
Schlussplädoyer Analog zu statistischen Erhebungen macht eine Mittelung nur Sinn, wenn auf ein ausreichend großes Datenmaterial zurück gegriffen werden kann. Daher der Aufruf an euch (Sie), sich an diesem - in dieser Form noch nicht praktizierten Projekt - zu beteiligen! An dieser Stelle seien
auch noch einige Worte zu konstruktiven Gesprächen in der Vergangenheit erlaubt. Immer wieder sahen wir uns mit der Frage konfrontiert, warum kein Fortschreiten des Projektes zu erkennen ist. Der Fortschritt ist deutlich zu erkennen, aber nicht in der Publikation von Zeichnungen, z.B. in Form einer Galerie. Wie sich aus diesem Artikel ergibt, ist das Projekt nicht als ,,Zeichenbuch" zu verstehen, sondern als eine mathematische Auswertung einer Vielzahl von Zeichnungen und Textdokumenten. Hierbei besteht die Möglichkeit, individuelle Einflüsse zu reduzieren und eine möglichst genaue Abbildung der Realität darzustellen. Es soll aber nicht verschwiegen werden, dass auf Grund des Umfanges eines solchen Projektes, die Veröffentlichung des Buches noch in der Zukunft liegt.
Somit nochmals unser Aufruf, sich an diesem Projekt zu beteiligen! Die Zusendung von Zeichnungen ist hierbei nicht immer notwendig. Bereits veröffentlichte Dokumente zum Beispiel auf Internetseiten können ebenfalls zum Projekt beitragen. Auch über eine Rückmeldung, der an dieser Stelle zur Diskussion gestellten Fragestellungen, würden wir uns sehr freuen.
Weitere Informationen zum Projekt sind auf der Internetseite des Astronomischen Vereins der Grafschaft Bentheim e.V. (Sternwarte Neuenhaus) unter www. avgb.de in Erfahrung zu bringen. Auf der BoHeTa 2007 werden wir zu diesem Projekt einen kleinen Vortrag halten und für Fragen zur Verfügung stehen.
Kontakt: Lohuis, Christoph E-Mail: Lohuis@T-Online.de Telefon: 0 59 41 - 99 09 04 oder 01 72 - 23 76 569 (Astronomischer Verein der Grafschaft Bentheim e.V.)
Hauswald, Frank E-Mail: frank.hauswald@gmx.net Telefon: 0 59 22 - 26 46 (Astronomischer Verein der Grafschaft Bentheim e.V.)
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Neues aus der Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie"
von Wolfgang Steinicke
Wie jedes Jahr ist, wenn diese Zeilen erscheinen, unsere Tagung bereits Vergangenheit. Ich bin aber sicher, sie war wieder ein besonderes Erlebnis. Tagungsort war die Sternwarte auf dem Heidelberger Königsstuhl, gegründet von Max Wolf. Im nächsten Journal wird es hierzu einen ausführlichen Bericht geben - und vielleicht auch schon Beiträge aus dem Vortragsprogramm. Schauen Sie auch auf unsere Webseite: http://geschichte.fg-vds.de. Wo die Tagung 2008 stattfinden wird, werde ich rechtzeitig mitteilen.
Auf den folgenden Seiten lesen sie fünf interessante Beiträge. So erinnert uns Olaf Fritz an den Start von ,,Sputnik 1" vor 50 Jahren. Von ihm stammt außerdem ein Rückblick auf das Leben und Werk von Nikolaus Kopernikus. Mechthild Meinike berichtet in ihrem Beitrag über den Himmelsglobus der Marienbibliothek in Halle. Schließlich geht es bei Volker Witt um ,,Ein Deckenfresko aus dem 15. Jahrhundert als Himmelsglobus" - lassen Sie sich überraschen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen unserer Artikel. Vielleicht erscheint auch demnächst Ihr Beitrag in dieser Rubrik?
Vor 50 Jahren:
Der erste künstliche Satellit im All
von Olaf Fritz
Am 4. Oktober 1957 wurde der erste künstliche Satellit (Sputnik 1) vom sowjetischen Weltraumbahnhof Baikonur/ Kasachstan aus gestartet. Mit Hilfe einer modifizierten Interkontinentalrakete des Typs R-7, die federführend vom sowjetischen Ingenieur und Konstrukteur Sergei Pawlowitsch Koroljow entwickelt wurde, gelang es der damaligen UdSSR (Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken) als erste Nation der Welt das Tor zu den Sternen aufzustoßen.
Sputnik 1 war von kugelförmiger Gestalt, silberfarbig und mit vier Antennen ausgestattet (Abb. 1). Er wog etwas über 80 kg und besaß einen Durchmesser von etwa 60 cm. Im Inneren des Satelliten befanden sich mehrere Messgeräte, wie zum Beispiel: ein Instrument zur Messung der Kosmischen Strahlung sowie für die Messung der Dichte und Temperatur der Erdatmosphäre. Ferner waren zwei Kurzwellensender an Bord.
Sputnik 1 sammelte insgesamt 21 Tage lang Daten im All und sendete diese zur Erde. Für eine Erdumkreisung benötige der erste künstliche Himmelskörper, auf seiner elliptischen Umlaufbahn, knapp 96 Minuten. Nach fast zwei Monaten im All verglühte Sputnik 1 beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre.
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Abb. 1: Sputnik 1, der erste künstliche Erdsatellit
Literatur
- Meyers Grosses Handlexikon. Einträge ,,Sputnik/Raumfahrt", 18., neu bearb. Aufl., Mannheim u.a. 1996, S. 715 und S. 838
- Microsoft Encarta '99 Enzyklopädie (CD-ROM), Einträge ,,Sputnik/ Weltraumforschung", Redmond/ Washington (USA) 1998
- P. Pletschacher, E. Deissinger. Von Peenemünde zum Mond. Die abenteuerliche Geschichte der bemannten Raumfahrt; in: P.M. - Das historische Ereignis: Mondlandung, Nr. 10/1996, S. 4-13
- Wikipedia, Eintrag ,,Sputnik 1", http:// de.wikipedia.og/wiki/Sputnik_1
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Ein Deckenfresko aus dem 15. Jahrhundert als Himmelskarte
von Volker Witt
In der Alten Sakristei der Basilika San Lorenzo zu Florenz ist ein Deckenfresko aus der Renaissance erhalten, das den Himmel über der Stadt auf den Tag genau wiedergibt.
Die Alte Sakristei von San Lorenzo in Florenz wird allgemein als der erste Zentralbau der Renaissance angesehen. Als Architekt dieser Grabkapelle der Medici wie auch der Basilika San Lorenzo gilt Filippo Brunelleschi (1377 - 1446), der vor allem durch den Entwurf der Kuppel des Florentiner Doms Berühmtheit erlangte. In astronomischer Hinsicht ist die zwischen 1422 und 1428 erbaute Sakristei von San Lorenzo deswegen bemerkenswert, weil das Deckengemälde ihrer Kuppel eine überraschend realistische und exakte Himmelsansicht zeigt, die sogar auf den Tag genau datiert werden kann. Die Ausführung des Freskos, das die gesamte Kuppel ausfüllt und einen Durchmesser von 4 Metern hat, wird dem Künstler Giuliano d´Arrigo - genannt Pesello - zugeschrieben (Abb.1).
Abb.1: Das Deckenfresko in der Alten Sakristei von San Lorenzo zeigt den nördlichen Sternhimmel und wird auf die Zeit nach 1442 datiert.
IMPRESSUM
VdS-Journal für Astronomie · Vereinszeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde (VdS) e.V. Hier schreiben Mitglieder für Sternfreunde.
Herausgeber: Vereinigung der Sternfreunde (VdS) e.V.
Geschäftsstelle: Am Tonwerk 6, D-64646 Heppenheim Tel: 0 62 52 / 78 71 54 Fax: 0 62 52 / 78 72 20 E-Mail: vds-astro@t-online.de www.vds-astro.de
Redaktion:
Dr. Werner E. Celnik, Otto Guthier, Wolfgang Steinicke, Dietmar Bannuscher, Sven Melchert, Redaktionelle Mitarbeit der VdS-Fachgruppen-Redakteure und VdS-Mitglieder
Mitarbeit: Ruth Lulay, Eva Garbe
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Layout:
Bettina Gessinger, Dipl. Designerin
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Otto Guthier c/o VdS-Geschäftsstelle
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,,VdS-Journal für Astronomie" erscheint dreimal pro Jahr und ist im Mitgliedsbeitrag von 30,- (Europa) und 35,(außereurop. Länder), bzw. ermäßigt 20,- pro Jahr enthalten
Beiträge werden erbeten an: VdS-Geschäftsstelle, Am Tonwerk 6, D-64646 Heppenheim und an die Redakteure der VdS-Fachgruppen (siehe Redaktionsliste). Redaktionsschluss für die Ausgabe Nr. 26 ist der 26.01.2008, für die Ausgabe Nr. 27 der 24.05.2008 Mit dem Einsenden gibt der Autor sein Einverständnis zum Abdruck im ,,VdS-Journal für Astronomie". Es besteht keine Veröffentlichungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter Form zu veröffentlichen. Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die abgedruckten Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
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Abb.2: Die Präzision der Sternkarte lässt vermuten, dass der Schöpfer des Gemäldes professionelle Hilfe - vermutlich durch den Astronomen Toscanelli - in Anspruch genommen hat.
Abb.3: Durch die Stellung von Sonne, Mond und den Planeten konnte man zurückrechnen, dass das Fresko die Himmelskonstellation über Florenz am 4. Juli 1442 zeigt.
Ein Freskenmaler und sein astronomischer Experte Die Himmelsansicht ist wegen der genauen Positionen von Sternen und Sternbildern von unglaublicher Präzision, wie man sie eigentlich nur von gedruckten Sternkarten kennt. Man vermutet, dass sich der ausführende Maler der Hilfe und des Ratschlags des Florentiner Astronomen Paolo dal Pozzo Toscanelli (1397-1482) bedient hat. Toscanelli, der mit Brunelleschi zusammenarbeitete und übrigens auch mit Regiomontanus befreundet war, wurde vor allem durch den Meridian bekannt, den er im Jahre 1475 im Dom zu Florenz anlegen ließ. Mit Hilfe dieses Meridians wollte Toscanelli feststellen, ob sich die Schiefe der Ekliptik im Laufe der Zeit verändern würde. Die heute noch im Dom zu sehende Meridianlinie - sie ,,funktioniert" nur in den Tagen um die Sommersonnenwende - stammt allerdings aus späterer Zeit, sie wurde im Jahre 1755 von Leonardo Ximenes (1716 - 1786) errichtet. Der Sternenhimmel an der Kuppel der Sakristei von San Lorenzo erinnert an die Darstellungen, wie man sie von alten Himmelsgloben oder etwa von Johann Bayers Uranometria kennt. Der sichtbare Ausschnitt zeigt nicht nur die ekliptiknahen Sternbilder Leo, Cancer, Gemini, Taurus etc. (Abb. 2), sondern reicht im Prinzip vom Himmelsnordpol bis weit unter den Himmelsäquator. Zwischen den Sternbildern Cancer und Gemini leuch-
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tet unübersehbar die Sonne - natürlich genau auf der markant eingezeichneten Ekliptik (Abb.3). Damit sehen wir also den Tageshimmel ,,irgendwann" im Zeitraum Juni - Juli. Weitere Indizien für eine Datierung liefern Venus (östlich vom Sternbild Cancer) und der abnehmende Mond im Taurus (Abb. 2). Die Experten fanden darüberhinaus auch noch die Planeten Jupiter und Merkur und konnten damit den Zeitpunkt dieser Himmelsansicht exakt auf den 4. Juli 1442 datieren.
Spekulationen über das Datum Um die Frage, warum gerade dieses Datum eine solche Bedeutung haben soll, ist viel gerätselt worden. Eine weit verbreitete Hypothese stellt mit dem Datum einen Bezug zur Ankunft von Rene von Anjou her, mit dem die einflussreiche Florentiner Familie Pazzi befreundet war und der als vormaliger König von Neapel für ihre politischen Pläne dienlich sein konnte. Die Hypothese stützt sich auf ein etwas später in der Pazzi-Kapelle angelegtes Gemälde des Sternenhimmels, das dem von San Lorenzo sehr ähnlich ist. Die Pazzi-Kapelle befindet sich im Klosterhof der berühmten Kirche Santa Croce und wurde auch von Brunelleschi entworfen. Der mächtige Clan der Pazzi lag in ständiger Rivalität mit den herrschenden Medici, ja verübte sogar einige Jahre später auf Lorenzo den Prächtigen (,,il
Magnifico") einen Anschlag, um die Vorherrschaft der Medici zu brechen. Diese Tat ging als Verschwörung der Pazzi in die Geschichte ein. Da lässt es sich erklären, dass der kämpferischen Familie die Einflussnahme des politischen Bundesgenossen aus dem Hause Anjou ein hochwillkommener Anlass war, um dieses Datum durch eine Darstellung der aktuellen Himmelskonstellation für die Ewigkeit festzuhalten.
Literatur:
- A.Warburg: Die astronomische Himmelsdarstellung im Gewölbe der alten Sakristei von San Lorenzo, in ,,Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz", II, 1912 - 1917, S.34 ff.
- I. Lapi Ballerini: Il ,,Cielo" di San Lorenzo, in ,,La Linea del Sole, le grandi meridiane fiorentine", S. 29 ff., Istituto e Museo di Storia della Scienza, Florenz, 2007.
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Der Himmelsglobus der Marienbibliothek
von Mechthild Meinike
Mit dem Geld aus einer Spende kaufte im Jahr 1552 der Oberpfarrer der Marktkirche in Halle an der Saale Sebastian Boetius einige Bücher auf der Leipziger Messe. Diese Bücher bildeten den Grundstock für die Marienbibliothek ,,Unser lieben Frauen". In der Folgezeit wuchs die Bibliothek zu einer historisch-wissenschaftlichen evangelischen Kirchenbibliothek mit einem Bestand von mehr als 30.000 Büchern. Besonders hervorzuheben sind 435 Drucke aus der Zeit vor 1500, sogenannte Inkunabeln und eine große Zahl Handschriften und Urkunden aus dem 13. bis 18. Jahrhundert. Wertvolle Bibelausgaben und eine Musikaliensammlung finden sich ebenso wie theologische Schriften und seltene Drucke aus der Medizin, Physik und Geographie. Ebenfalls im Bestand befindet sich eine bedeutende Sammlung von ca. 500 Kleinschriften zu Astrologie und Astronomie sowie Kalendarien. Eine alte Rechnung aus dem Jahr 1651 gibt darüber Auskunft, dass für die Marienbibliothek ein Himmelsglobus angeschafft wurde. Zusammen mit einem Erdglobus wurde der Himmelsglobus vom damaligen Bibliothekar Johann Caesar für 22 Taler, 15 Groschen und 10 Pfennige erworben. Der Erdglobus gilt als verschollen. Die Zeit ging an dem Himmelsglobus nicht spurlos vorüber. Vor 3 Jahren war nur noch ein stark beschädigter Globuskörper mit Papierfragmenten und ein gebrochenes Gestell übrig. Zwischen 2003-2004 konnte der Freundeskreis der Marienbibliothek eine Rekonstruktion des Globus veranlassen. Leider gelang diese nicht mehr vollständig, sodass einige Informationen unwiederbringlich verloren sind. Es stellten sich vor allem die Fragen, aus welcher Zeit der Globus tatsächlich stammt und wer ihn fertigte. Eine umfangreiche Recherche und eine astronomiehistorische Untersuchung begann.
Abb. 1 und 2: Der rekonstruierte Himmelsglobus der Marienbibliothek
baren Polachse und einem skalierten Meridiankreis (0 Grad bis 90 Grad ) aus Messing in einem Eichenholzgestell gehalten. Am Meridiankreis ist ein bewegliches Lineal (0 Grad bis 90 Grad ) zum Ablesen der Gestirnshöhe über dem Horizont angebracht. Die Skalen weisen eine 1 Grad -Einteilung auf, die 5 Grad und 10 Grad -Einteilungen sind hervorgehoben. Es gibt keinen Stundenwinkel. Der breite Holzring des Gestells markiert den Horizont. Im Originalzustand war der
Holzring durch eine Papierauflage mit kalendarischen Skalierungen beklebt. Für deren Rekonstruktion war zu wenig Papier erhalten.
Der Himmelsglobus zeigt den Himmel so, wie ihn ein Beobachter außerhalb der Fixsternsphäre beobachten würde. Also würde ein fiktiver Beobachter vom Mittelpunkt im Inneren des Globus den Himmel korrekt sehen. Der Himmelsglobus
Der Globuskörper misst 23 cm im Durchmesser und ist zweischichtig ausgeführt. Er besteht im Wesentlichen aus Pappmache und Gips. Die Darstellungen des Himmels sind Kupferstichdrucke auf zwölf Papiersegmenten, die auf den nördlichen und südlichen Pol der Ekliptik hin zentriert sind. Die Segmente überstreichen am Äquator 30 Grad . Rote Farbreste weisen auf eine frühere Coloration des Papieres hin. Der Globus wird von einer verstell-
Abb. 3: Ausschnitt vom Himmelsglobus, Sternbild Löwe
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Abb. 4: Text-Kartusche mit Namenszug
der Marienbibliothek zeigt sich so in alter Tradition - auch bezüglich der sehr kunstvollen und detailreichen Zeichnungen der Sternbilder und mit zwei Text-Kartuschen. Eine sogenannte Widmungsvignette fehlt auf dem Himmelsglobus der Marienbibliothek auf Grund der nicht zu restaurierenden Zerstörungen. Der Rest einer Kartusche befindet sich in der Nähe des Himmelssüdpols über dem Sternbild Schwertfisch (Dorado), also nördlich davon. Erkennbar ist, dass es sich hierbei um einen Ausschnitt einer Legende zu Sternhelligkeiten handeln muss. Die Legendenliste wird durch die Kategorie ,,Nebulosae" - nebelartige - mit einem kleinen kreisförmigen Symbol ergänzt. Auf dem Himmelsglobus sind alle wichtigen Großkreise des Himmels zu sehen. Die Milchstraße ist schemenhaft erkennbar, ihr Verlauf lässt sich durch begrenzende Linien und den Schriftzug ,,Via Lactea" verfolgen.
Die Sternbilder sind in lateinischer Sprache gekennzeichnet, es werden aber auch eine Vielzahl von Sternbildteilen separat bezeichnet, z. B. ,,Caput Medusa" - das Haupt der Medusa im Sternbild Perseus. Bei einigen Sternbilder sind auch die griechischen Namen in lateinischer Umschrift mit vermerkt.
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Die Sternbilder des Tierkreises sind auch mit ihren Symbolen markiert. Auf einige wenige besondere Details soll an dieser Stelle verwiesen werden. Zu sehen sind auf dem Globus die klassischen Sternbilder des Ptolemäus. Außerdem kommen die Sternbilder Haar der Berenike und das heute nicht mehr gebräuchliche Sternbild Antinous (zwischen Adler und Steinbock) hinzu. Das Sternbild Antinous wurde erstmals von dem holländischen Kartographen Gerhard Mercator um 1551 auf einem Himmelsglobus dargestellt. Bei Ptolemäus ist diese Figur Bestandteil des Sternbildes Adler. Im Sternkatalog von Tycho Brahe von 1602 ist Antinous ein separates Sternbild. Auf dem Globus wird das Sternbild Haar der Berenike gezeigt. Erst 1551 wird es von Gerhard Mercator zu einem eigenen Sternbild ernannt. Tycho Brahe nahm das Sternbild ebenfalls 1602 in seinen Sternkatalog auf. Der Bärenhüter wird mit zwei angeleinten Jagdhunden dargestellt. Bisher war dies in der Literatur erst bei Hevelius um 1673 der Fall [1]. Sehr auffällig ist die Darstellung des Sternbildes Pegasus. Das geflügelte Pferd ist zeichnerisch mit dem wenig bekannten Sternbild Füllen verbunden. Beide Pferdeköpfe sind zeichnerisch mit einer Vielzahl von Linien verbunden. Es entsteht der Eindruck von einem sich bewegenden Tier - eine Art
gezeichneter Daumenkinoeffekt. Das Sternbild Andromeda ist nur mit einer Fessel an der rechten Hand der Andromeda zu sehen. Im Sternatlas ,,Uranometria" von Johann Bayer von 1603 hat die Andromeda beide Hände in Fesseln angekettet [2]. Die Betrachtung der Sternbilder wird dadurch erschwert, dass zwei Papiersegmente auf dem Globus vollständig fehlen. Südlich des Sternbildes Widder fehlt ein weiteres etwa halbes Segment. Dadurch sind wichtige Informationen verloren. Vom Himmelsjäger Orion z. B. ist nur noch der nach oben gehaltene Arm mit Keule sichtbar. Am südlichen Himmel sind die Sternbilder erkennbar, die von Frederick de Houtman und dem Navigator Pieter Dirkszoon Keyser beschrieben wurden [3]. Erstmals sind die Sternbilder des tiefen südlichen Himmels 1598 auf einem Himmelsglobus des Niederländer Plancius zu finden.
Zwei weitere Positionen sind mit einem kurzen Text in lateinischer Sprache erläutert. Dabei handelt es sich zum Einen um die Sichtung der Supernova in der Cassiopeia im Jahr 1572 und zum Anderen um die Beobachtung der Nova im Sternbild Schwan, eines ,,neuen" Sterns im Jahre 1600. Auf dem Globus ist in der Nähe des Schwanenschwanzes eine ,,Nova Stella" gekennzeichnet. Heute wird dieser Stern als Nova Cygni oder P Cygni bezeichnet. Als deren Entdecker gilt der niederländische Kartograph und Verleger Willem Janszoon Blaeu. Er nannte sich erst 1621 ,,Blaeu", um sich von seinem Konkurrenten Johannes Janßonius (Jan Janszoon van Arnhem) abzugrenzen. Umfangreiche Recherchen führten zu der Erkenntnis, dass es sich bei der Darstellung der Nova Cygni um die Früheste auf einem Himmelsglobus handelt. Ein weiterer Anhaltpunkt für die Eingrenzung der Entstehungszeit des Globus ist die Kepler-Supernova von 1604 im Sternbild Schlangenträger. Leider fehlt hier für eine Aussage das entscheidende Stückchen Papier auf dem Himmelsglobus.
Eine große Text-Kartusche unterhalb des Sternbildes des Großen Bären über dem Sternbild Zwillinge weist aus, dass der Sternenhimmel auf dem Globus ausdrücklich ,,gegenüber anderen Globen" auf das Jahr 1600 angepasst wurde. Es besteht theoretisch die Möglichkeit, dass der Globus vor- oder rückwärts datiert angefertigt wurde. Heute werden Sternkarten im Allgemeinen alle 25 Jahre erneuert,
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um die Wirkungen der Präzession der Erdachse und der Eigenbewegung der Sterne berücksichtigen zu können. In Positionsvermessungen und Rechnungen wurde diese Angabe überprüft. Der Globus wurde für die Epoche 1600 angefertigt. Weiterhin ist in der großen Kartusche der Hinweis zu lesen, dass für den Globus die Beobachtungen und Messungen der Gestirnspositionen des Tycho Brahe Verwendung fanden. In der Kartusche ist zu lesen ,,...meines einstigen Lehrers" (mei quondam praeceptoris). Es ist bekannt, dass Blaeu Schüler von Tycho Brahe war. Blaeu ging im Alter von 23 Jahren nach Dänemark und arbeitet dort in der Zeit von 1595 bis Mai 1596 am Observatorium ,,Uraniborg" des Tycho Brahe auf der Insel Hven [4]. Globen von Willem Janszoon Blaeu späterer Zeit besitzen eine Kartusche, welche das Portrait von Brahe zeigen. Außerdem bezieht sich Blaeu im Text der großen Kartusche ausdrücklich auf die Beobachtungen der südlichen Sternbilder durch Frederick de Houtman. Der Vermerk der wichtigen und neuen Beobachtungen durch Tycho Brahe und de Houtman sowie die Fixierung der Nova Cygni ermöglichen einen ersten Anhaltspunkt zur Entstehungszeit des Himmelsglobus der Marienbibliothek. Die astronomiehistorischen Fakten lie-
fern die Indizien für eine zeitliche Eingrenzung zwischen 1600-1602 für die Entstehung des Himmelsglobus. Die letzte Zeile der großen Kartusche zeigt nur in Vergrößerung einen schwer lesbaren zweiteiligen Namenzug und eine Ortsangabe. Im mittleren Teil des Namenszuges ist ,,Auctore Giulielmus...Janss(ß?)..." gerade noch zu erkennen. Die Ortsangabe lässt sich als ,,... Alcmari..." oder ,,Alcmarians" interpretieren. Es gibt mehrere unterschiedliche Schreibweisen des Namens von Willem Janszoon Blaeu, der 1571 in Alkmaar in den Niederlanden geboren wurde. Die auf dem Himmelsglobus zu findende Schreibweise lässt sich in eine frühe Schaffensperiode von Blaeu einordnen. Nach weiterführenden Recherchen im Scheepvaartmuseum Amsterdam, im Mathematisch-Physikalischen Salon in Dresden und bei der Coronelli-Gesellschaft für Globen- und Instrumentenkunde in Wien stellte sich heraus, dass es sich um einen Globus der ersten Auflage aus dem Jahr 1602 handelt. Von dieser ersten Auflage aus dem Jahr 1602 war bisher nur sehr wenig bekannt. In der Schrift ,,Globi Neerlandici" wird ein Globus beschrieben, welcher 1986 auf einer Auktion im Hotel Drouot in Paris versteigert wurde und der aus der Auflage des Jahres 1602 stammt. Der momentane Aufenthaltsort des Globus
ist nicht bekannt [5]. Damit bekommt der Himmelsglobus der Marienbibliothek einen einzigartigen Stellenwert. Es ist der einzige Globus der Auflage von 1602 von Willem Janszoon Blaeu, der öffentlich zugänglich ist.
Literatur:
[1] Ridpath, Ian: Die großen Sternbilder, Patmos-Verlag Düsseldorf, 2004, S. 172173
[2] Bayer, Johann: Uranometria, Singnatur O 3.32.2, Marienbibliothek
[3] Cornelius, Geoffrey: Was Sternbilder erzählen, Kosmos-Verlag Stuttgart, 1997, S. 126, 136, 146-147
[4] Dolz, Wolfram: Erd- und Himmelsgloben Sammlungskatalog, Staatlicher Mathematisch-Physikalischer Salon, Dresden, Zwinger, 1999, S. 24
[5] van der Kogt, Peter: Globi Neerlandici, The production of globes in the Low Contries, HES Publishers, Utrecht, 1993 S. 162, S. 167-168, S. 503-505
Prof. Ludwig Schupmann - Der Traum vom farbfehlerfreien
Linsenteleskop
von Peter Köchling
Spiegel- oder Linsenteleskop? Diese Frage stellt sich ein jeder Hobbyastronom irgendwann. Und diese Frage zieht sich auch durch die Geschichte der Teleskopentwicklung. Während sich die Entwicklung des Linsenfernrohrs seit dem 17. Jahrhundert zunächst auf optische Güte und größere Öffnungen konzentrierte, erkannte Isaac Newton (1643-1727) die Natur des Lichtes und seiner Farben und den darin begründeten Farbfehler von Linsen, Prismen und anderen lichtbrechenden optischen Medien. Dieser Farbfehler erschwerte die Beobachtung gerade bei großen Vergrößerungen. Seine Erfindung des Spiegelteleskops, welches dem Farbfehler nicht unterworfen ist, stellte die Linsenfernrohre einige Jahre in den Schatten. Erst die Kombination
Abb. 1: Professor Ludwig Schupmann (18511920) Architekt und Erfinder des Medial-Fernrohrs. (Quelle: [3])
einer Bikonvexlinse aus Kronglas und einer Konkavlinse aus Flintglas mit unterschiedlichen Brechungsindizes verhalf zum achromatischen, d.h. Farbfehler korrigierenden Objektiv, perfektioniert durch Joseph Fraunhofer (1787-1826). Doch mit zunehmendem Objektivdurchmesser stieß auch die Arbeit Frauenhofers an seine Grenzen. Das sekundäre Spektrum der zweilinsigen Objektive, bei dem die einzelnen Wellenlängen des Lichtes nicht in einem Brennpunkt zu vereinigen sind, begrenzte eine sinnvolle und technisch machbare Optik Ende des 19. Jahrhunderts auf etwa 1 m Öffnung. Doch das achromatische LinsenFernrohr, das als erstes den Anspruch der ,,Vollkommenheit" erhebt, wurde von einem Amateurastronomen entwickelt.
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Das so einfache wie geniale Prinzip des Schupmannschen Medial-Fernrohrs verbindet die Vorzüge des Linsenfernrohrs und des Spiegelfernrohrs. Leider sind die Erfindung und sein Schöpfer in den Irren und Wirren der Geschichte etwas in Vergessenheit geraten, so dass ich im Namen der Astronomischen Arbeitgemeinschaft Geseke Professor Ludwig Schupmann und sein Medial an dieser Stelle zu würdigen versuche.
Der Schöpfer Ludwig Schupmann wurde 1851 als Sohn eines Arztes in Geseke in Westfalen geboren [3]. Sein Vater, Dr. med. Adolf Schupmann, der selbst astronomisch interessiert war und leidenschaftlicher Sammler von Sonnenuhren und Fernrohren war, legte ihm das Interesse an der ,,Königin der Wissenschaften" in die Wiege. So hatte Ludwig als Junge den Wunsch Astronom zu werden. Doch redete ihm seine kluge Mutter diese Pläne aus, denn ,,die Erforschung des Alls ist eigentlich viel zu erhaben, als dass man sie zum Brotberuf machen sollte." So studierte er Architektur und übernahm 1889 eine Professur an der Königlich Technischen Hochschule zu Aachen. Seine herausragenden Leistungen im Bereich der Architektur sind u.a. Entwürfe für die Berliner Museumsinsel und dem Reichstag und der so genannte SchupmannKandelaber. Bei letzterem handelt es sich um eine Straßenbeleuchtung, die noch heute den ,,Pariser Platz" in Berlin erleuchtet. Ein Exemplar dieser Leuchte ist seit einigen Jahren auch in seiner Heimatstadt Geseke zu bewundern.
Die Erfindung Die Idee zur Entwicklung eines achromatischen Fernrohrs kam ihm bei der Beobachtung der Planeten und des lästigen Farbsaums an ihren Rändern. Bisherige Fraunhofer-Teleskope, die diesen Farbfehler etwas korrigierten, waren aufgrund der Flintglas-Linsen für größere Öffnungen unerschwinglich teuer. So suchte er nach einer kostengünstigen und optisch vollkommenen Korrekturvorrichtung und fand diese im Medial-Fernrohr, welches er 1898 patentieren ließ und 1899 in dem Buch ,,Die Medial-Fernrohre" im Teubner Verlag veröffentlichte (Patentschrift in [3] nachzulesen). Während andere Refraktoren die Farbfehler-Korrektur fast vollständig dem Objektiv überlassen und somit auf mehrere Objektivlinsen angewiesen sind, kommt das Medialfernrohr nur mit
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Abb. 2: Skizze des Landstuhler Medials aus dem Jahre 1913. Die Korrekturvorrichtung besteht aus einem schwach konvexen Prisma, einer Konkavlinse d und einer verspiegelten Linse S. (Quelle: [1])
einer Objektivlinse aus und vollführt die Korrektur nahe am Brennpunkt. Aber lassen wir an dieser Stelle den Erfinder selbst sprechen (entnommen aus [1]): ,,Fig.1 zeigt das Landstuhler Instrument in den Hauptlinien; in Fig. 2 ist in den richtigen Größenverhältnissen und Radien das optische System in größerem Maßstabe gezeichnet. Das Licht durchsetzt das einlinsige Objektiv O und gelangt dann zu dem schwach konvexen, total reflektierenden Prisma; nach Passieren der beiden Linsen d und S erreicht es, an der belegten Hinterseite von S zurückgeworfen, das Okular. Das Prisma ist so gekrümmt, daß Objektiv und Spiegel in konjugierten Punkten stehen; so ist die Sinusbedingung des ganzen Systems erfüllt, da das Objektiv für sich der Sinusbedingung genügt, und zur Aufhebung des sekundären Spektrums ist weiter nichts nötig, als daß alle Linsen aus der selben Glasart (gewöhnliches Crown) hergestellt werden. Gewöhnliche Okulare werden zur Beobachtung verwendet. Bei diesem Landstuhler Typus ergibt sich die Größe des Spiegeldurchmessers ungefähr zu 1/5,4 des Objektivdurchmessers." Kurz gesagt, die einzelnen Farben des Lichts, die durch das Objektiv unterschiedlich stark gebrochen werden und auseinander laufen, werden durch die Korrekturlinsen wieder zusammengeführt.
Dieser hier beschrieben Landstuhler Typ wurde auf Betreiben des Amateurastronom Phillip Fauth (1867 - 1941) von Ludwig Schupmann 1913 entwickelt, welcher für Fauth zur Kartographisierung des Mondes unerlässlich war. Das Medial hatte eine Öffnung von 385 mm bei einer Brennweite von 3850 mm. Andere Medial-Konstruktionen hatten an Stelle der Kronglas-Linsen d und S eine konkave Flintglaslinse, wodurch aber immerhin das sekundäre Spektrum um den Faktor 2,6 gegenüber damaliger Refraktoren aus einer Flint-Kronglas Kombination abgeschwächt wurde. Rechnungen für den Landstuhler Typ ergaben sogar eine Verbesserung um den Faktor 20. Bemerkenswert ist bei dem Medial, dass es mit nur einem Glastyp auskommt und somit viel früher hätte entwickelt werden können, ohne die unterschiedlichen Brechungsindizes von Gläsern zu kennen. Der große Optiker Ernst Abbe (1840-1905) soll bei Vorlage des Schupmannschen Medials gesagt haben: ,,Auf diese Idee hätte ich eigentlich auch kommen müssen."
Die Vor- und Nachteile des Schupmann-Medials Neben den geringen Kosten, die Ludwig Schupmann einst dazu bewogen haben, dieses Fernrohr zu entwickeln, ergaben sich weitere Vorteile. Nicht nur dass das sekundäre Spektrum verschwindet, nein, auch der Farbfehler der Atmosphäre bei horizontnahen Objekten kann durch leichtes Verstellen des Prismas ausgeglichen werden. Durch eine Blende hinter dem Prisma lassen sich sogar einzelne Wellenlängenbereiche ausblenden, sodass kontinuierliche Beobachtungen des Farbspektrums eines Planeten beispielsweise möglich sind. Auch die kürzere Baulänge und der bequeme horizontale Einblick, der sonst nur mit einem Zenitspiegel gegeben ist, werden positiv bewertet. Allerdings weist das Medial ein kleineres Bildfeld und ein Verlust an Helligkeit gegenüber vergleichbaren Refraktoren gleicher Öffnung auf. Eventuelle Materialbiegungen des Tubus wirken sich sehr negativ auf das Bild aus, was aber durch verstellen des Prismas wieder behoben werden kann.
Ende oder Renaissance des Schupmann-Medials? So genial die Erfindung Schupmanns auch war, kam sie doch zu spät. Kleine optische Werkstätten, mit denen Schupmann bisher zusammengearbeitet hatte, wurden durch Großfabriken vom Markt verdrängt. Ein
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Interesse an dem Schupmann-Medial hatte die Industrie nicht, so dass es bei einigen wenigen von Amateurastronomen betrieben Medialen blieb. Nach dem Ableben von Professor Ludwig Schupmann im Jahre 1920 verfolgten Phillip Fauth und Anton Kutter (1903 -1985) die Entwicklung des Schupmann-Medials weiter. Fauths Bestreben, einen Mondkrater nach Ludwig Schupmann zu benennen, hatte keinen Erfolg. Stattdessen heißt der vorgesehene Krater heute ,,Hell B" (30,2 Süd 5,6 West).
Eine Gruppe von Amateuren des ,,Schupmann-Clubs" in den USA arbeitet an der Weiterentwicklung des Medials. 1995 wurde in Springfield, Vermont, ein 13 Zoll f10 Schupmann Medial-Teleskop für das McGregor Observatorium fertig gestellt. Neben den deutlich geringeren Kosten gegenüber anderen Refraktortypen zeigt sich eine hohe Kontrastabbildung. Es wird für visuelle Beobachtung und CCDPhotografie eingesetzt.
Literaturhinweise [1] Das Medial-Fernrohr zu Landstuhl, L.
Schupmann, Astronomische Nachrichten Band 196. Nr. 4686. [2] Das Medialfernrohr - Die Geschichte einer Erfindung, Hans Oberndorfer, SuW 12/1990 [3] Professor Ludwig Schupmann - Architekt und Erfinder, Verein für Heimatkunde e.V. Geseke
Erinnerungen an das ASL und ein Projekt aus der Planetenforschung für die astronomische
Jugendarbeit
von Iris Fleischer
11.August 1999: über 100 jungeAstronomen haben ihre Teleskope auf einer Wiese aufgebaut und beobachten gemeinsam die totale Sonnensinsternis. Sie sind Teilnehmer an Europas größtem SonnenfinsternisJugendlager ,,Violau99". Gegen Ende des Camps kommt die Idee auf, regelmäßig im Sommer eine astronomische Ferienfreizeit zu organisieren. Ein Jahr später findet das ,,Jugend-Astrocamp Mühlhausen" statt, seitdem jedes Jahr im Sommer das ,,Astronomische Sommerlager" (ASL) mit etwa 50 Teilnehmern. Bis zum Jahr 2003 war ich im Organisationsteam des ASL dabei, unter anderem um eine astrono-
mische Arbeitsgruppe zu leiten oder das Rahmenprogramm zu gestalten.
Die astronomischen Arbeitsgruppen - der wichtigste Programmpunkt im ASL - haben natürlich einen besonderen Eindruck hinterlassen. Als Teilnehmer wie auch als Leiter hatten wir die Möglichkeit, ohne jeglichen Notendruck den Spaß an der Wissenschaft auszukosten und uns intensiv mit aktueller Forschung zu beschäftigen, die uns auf eigene Faust als Schüler oder Studenten im Grundstudium nicht so einfach zugänglich gewesen wäre. Besonders faszinierend war immer die Auswertung
echter Daten, etwa die Analyse von selbst aufgenommenen Spektren, die Suche nach Supernovae mit der ,,Hands on Universe"Software oder die Bestimmung der Entfernung der Supernova 1987A nach einem Schülerprojekt von Prof. Lotze aus Jena.
Im ASL waren regelmäßig Forscher zu Gast, um Vorträge zu vielfältigen Themen zu halten. Sie berichteten über die Erforschung des Sonnensystems, veranschaulichten die Eigenschaften von Gravitationslinsen mit Experimenten oder gaben in einem ,,Crash-Kurs" eine
Mitgliedsbeiträge und Bezugskosten
von ,,Sterne und Weltraum" und ,,Astronomie Heute"
von Otto Guthier, VdS-Vorstand
Auf der Mitgliederversammlung am 3. November 2007 wurde von den Mitgliedern beschlossen, dass die Beiträge für das Jahr 2008 unverändert bleiben. Damit können wir den Mitgliedsbeitrag im fünften Jahr in Folge konstant halten.
Die Mitgliedsbeiträge für 2008 betragen demnach:
für Erwachsene für Schüler, Studenten und Auszubildende für Sternfreunde außerhalb der EU einmalige Aufnahmegebühr
EUR 30,00 EUR 20,00 EUR 35,00 EUR 7,00
Im Mitgliedsbeitrag ist der Bezug der Vereinszeitschrift ,,VdS-Journal für Astronomie" enthalten. Alle weiteren Leistungen der VdS sind ebenso im Mitgliedsbeitrag inbegriffen. VdS-Mitglieder können die Zeitschrift ,,Sterne und Weltraum" und ,,Astronomie Heute" zu deutlich ermäßigten Bezugskosten über die VdS abonnieren.
Preiserhöhungen bei Abos von ,,Sterne und Weltraum"
und ,,Astronomie Heute"
Am 14. Juni 2007 teilte uns der Spektrum-Verlag mit, dass sich die Preise
für die beiden astronomischen Monatszeitschriften ,,Sterne und Weltraum"
und ,,Astronomie Heute" zum 1. August für die Abonnenten und im freien
Verkauf erhöhen werden.
Wir möchten unsere Mitglieder, die über die VdS ein Abonnement dieser
Zeitschriften abgeschlossen haben, darüber informieren, dass es uns gelun-
gen ist, die alten Preise bis zum 31.Dezember stabil zu halten.
Zum 1. Januar 2008 ist mit nachfolgenden Kosten für die Zeitschriften zu
rechnen:
Sterne und Weltraum ,,SuW"
Abo Inland:
85,20 EUR; für VdS-Mitglieder
66,00 EUR
Abo ermäßigt: 64,00 EUR; für VdS-Mitglieder
53,00 EUR
Astronomie Heute ,,AH"
Abo Inland:
56,00 EUR, für VdS-Mitglieder
50,00 EUR
Abo ermäßigt: 50,00 EUR, für VdS-Mitglieder
50,00 EUR
Kombiangebot:
Bei Abo von beiden Zeitschriften wird ,,AH" zum Preis von 44,00 EUR
berechnet.
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Einführung in die Relativitätstheorie. Auch erfahrene Amateurastronomen kamen immer wieder zu Besuch. Oft gaben sie Einführungen in die professionelle Planung und Durchführung von Beobachtungen und brachten ihre Teleskope zu den obligatorischen Beobachtungsnächten im ASL mit. Bei der Vorbereitung und Auswertung eigener Beobachtungen bot sich immer wieder Gelegenheit, verschiedene astronomische Computerprogramme kennenzulernen. Oft standen astronomische Geräte von Sponsoren zur Verfügung, die ausgiebig getestet werden konnten. Das eigene Wissen über Beobachtungsobjekte und -techniken konnte im Austausch mit anderen Teilnehmern in lockerer Atmosphäre erweitert werden.
In einer Gruppe astronomiebegeisterter Jugendlicher im ASL ließen auch etwas ausgefallene Ideen nie lang auf sich warten. Kosmologievorlesungen nachts um drei aus dem ,,Harrison" [1] durften auf keinen
Fall fehlen. In einem Sonderworkshop testeten wir verschiedene Methoden, Nachkommastellen von Pi auswendig zu lernen und ein Grillabend mit Lagerfeuer endete mit der Berechnung von Wurzel 17 - mangels Bleistift und Papier mit Hilfe von Stöcken auf einem Stück des Bolzplatzes. Nach solchen Aktionen waren regelmäßig noch genug Ideen übrig, um die Campzeitung des folgenden Tages zu füllen.
Durch all diese Erlebnisse, Erfahrungen und im ASL geknüpften Kontakte wurden viele Teilnehmer zu einem naturwissenschaftlichen Studium motiviert. Wie viele andere zog es mich in die Physik.
Mittlerweile, fast acht Jahre nach dem ersten Camp, haben viele der Teilnehmer von damals ihr Studium abgeschlossen. Vor kurzem habe ich mit meiner Promotion begonnen und bin in der Planetenforschung gelandet: ich beschäftige mich mit der
Auswertung von Mössbauer-Spektren, die mit den beiden Mars-Exploration-Rovern Spirit und Opportunity aufgenommen wurden.
Einige der im ASL geknüpften Kontakte sind bis heute erhalten geblieben und mit ihnen auch mein Interesse an der astronomischen Jugendarbeit. Deshalb möchte ich dazu beitragen, auf dem Mars aufgenommene Daten astronomisch interessierten Jugendlichen zugänglich zu machen und im Folgenden ein Projekt vorstellen, das Schülern die Auswertung einiger Mössbauerspektren vom Mars nahe bringen soll.
Literaturangaben:
[1] E. R. Harrison: Kosmologie. Die Wissenschaft vom Universum. Verlag Darmstädter Blätter 1990.
Mössbauerspektroskopie mit den Mars-Exploration-Rovern
von Iris Fleischer
Die beiden Mars-Exploration-Rover Spirit und Oppportunity erkunden seit Januar 2004 die Marsoberfläche. Das miniaturisierte Mössbauer-Spektrometer ,,MIMOS II" befindet sich am robotischen Arm der Rover, zusammen mit einem Mikroskop (,,Microscopic Imager", kurz MI), einem Gerät zum Abschleifen von Gesteinsoberflächen (,,Rock Abrasion Tool", kurz RAT) und einem zur Elementanalyse verwendeten Spektrometer (,,Alpha Particle X-ray Spectrometer", kurz APXS). Seit der Landung wurden mehrere hundert Messungen an Boden- und
VdS-Journal Nr. 25
Abb. 1
Gesteinsproben durchgeführt. Die Rolle des Mössbauerspektrometer ist dabei der Nachweis von Eisenmineralen [2], [3].
Das entwickelte Projekt soll interessierten Jugendlichen die Möglichkeit geben, selbst mit ,,echten" Daten vom Mars zu arbeiten. Es soll ihnen näher bringen, wie Mössbauerspektren ausgewertet werden und welche Information über eine Probe man aus ihnen gewinnen kann.
Dazu werden einige ausgewählte Spektren betrachtet, die an der Landestelle von Spirit aufgenommen wurden. Die Spektren werden nach einer vereinfachten Methode lediglich mit Hilfe von Lineal und Bleistift ausgewertet. Zum einen werden damit die Eisenminerale charakterisiert, die in der Probe enthalten sind. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf die Entstehung des vorhandenen Gesteins und stattfindende Verwitterungsprozesse ziehen - beispiels-
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weise lässt sich durch den Nachweis von Mineralen wie Olivin und Pyroxen ein vulkanischer Ursprung belegen und der Nachweis des Minerals Goethit ist ein Hinweis auf die Einwirkung von Wasser in der Vergangenheit. Zum anderen wird die Verteilung des Eisens auf verschiedene Minerale bestimmt. Aus dem Anteil der Minerale Hämatit, Goethit und weiteren Eisenoxiden ergibt sich auch der Verwitterungsgrad der Proben. Das Projekt ist mit Schülern ab der 8. Klasse durchführbar. Ein pdf-Dokument kann auf der folgenden Webseite heruntergeladen werden: http://www.vega-astro.de/ download/lehrertipps/mössbauer.pdf. Zu Hintergrundinformationen, Anregungen und Fragen können sich Interessierte gern an mich wenden. Aktuelle Informationen zur Mars-Exploration-Rover-Mission gibt es auf www.marsrovers.nasa.gov, zum Mössbauer-Spektrometer MIMOS II auf http://www.ak-klingelhoefer.chemie.unimainz.de.
Literaturangaben:
[1] Science Vol. 305, ,,Spirit at Gusev Crater", S. 737-900.
Abb. 2
[2] Science vol. 306, ,,Opportunity at Meridiani Planum", S. 1633-1844.
Dank VEGA von der Profi- zur HobbyAstronomie
von Ingo von Borstel
Sonnenfinsternis 1999: Ich war beim ASL, dem Astronomischen Sommerlager der VdS. Damals hieß es zwar noch nicht so (siehe ,,Geschichte des Jugendreferats", VdS-J, III 2004), aber es war aus meiner Sicht fantastisch! Es bot eine Vielzahl Themen mit denen ich mich befassen konnte - und am wichtigsten: wir haben sie gesehen, die Sonnenfinsternis. Das Teleskop, mit dem ich beobachtete hatte ich mir zusammen mit einem Freund für die Campdauer aus der VdS-Sternwarte Kirchheim ausgeliehen. Gut, dass es so viele Leute gibt, die sich mit dem Aufbau
Abb. 1: Die Teleskopgarage beim ASL. In Klingenthal waren die Geräte tags im Schuppen und überwiegend nachts draußen. Allen Eigentümern dieser Geräte danke für die Einführung.
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und der Handhabung auskennen - sonst hätte ich sicher nicht so viel Spaß daran gehabt. Seitdem hatte sich in meinem Hinterkopf ein wenig der Gedanke festgesetzt, dass es doch auch sehr schön wäre, wenn selbst so tolle Astro-Aufnahmen wie in den gängigen Zeitschriften hinzubekommen.
Vormals in meiner Schule hatten leider so wenig Leute mein Interesse für Astronomie geteilt, so dass die einzige kleine Astronomie-AG bereits nach einem Jahr eingestellt wurde. Erst als ich nach der Schule das Physikstudium aufnahm, hörte ich vom ,,International Astronomical Youth Camp`` (IAYC). Mich begeisterte die Möglichkeit, meinem inzwischen nicht-nur-Hobby im Kreise von gleichaltrigen Leuten frönen, die ebenso von Astronomie besessenen waren.
Getragen von dieser Begeisterung avancierte ich im ASL 2004 bis 2006 zum
Programmgestalter des Camps und half nun meinerseits jungen Leuten, diese Leidenschaft zu teilen. Diesmal lieh ich ein Teleskop von meiner Arbeitsstelle, dem Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik der TU Braunschweig. In den zwei Wochen des Camps fand ich endlich die Zeit und - mindestens so wichtig - Gleichgesinnte, die nachts ihre Teleskope in Betrieb nahmen.
Zugegeben, ,,mein" Teleskop war eines ,,für Dummies": mit Auto-Goto, was mich von der äußerst mühseligen Aufgabe befreite, die interessanten Objekte selbst suchen zu müssen. So hinterließ es ständig das Gefühl, mit der Goto-Steuerung zu mogeln. Doch wenn die Ausrichtung nicht wirklich 100-prozentig war und ich nachkorrigieren musste, brauchte ich dafür deutlich länger als die Leute um mich herum mit ihren manuell bedienten Teleskopen. Darum beneide ich die wahren Spechtelmeister immer noch: am
Nachthimmel etwas in kurzer(!) Zeit zu finden - insbesondere Objekte, die dem bloßen Auge verborgen bleiben.
Die Mühe lohnte sich: letzten Sommer gelang mir tatsächlich mein erstes, eigenes Astrofoto. Die Qualität der Fotos ist zwar gemessen am Potenzial des Equipments nicht berauschend, aber für einen ersten Versuch finde ich das Ergebnis akzeptabel. Geschafft habe ich es nur, weil mir als Beobachtungsdilettant auf diesem Camp von allen Seiten kompetente Hilfe durch Teilnehmer zu Teil wurde, die sich schon deutlich länger mit der praktischen Seite dieser ältesten der Naturwissenschaften auseinandersetzten.
In dem Sinne möchte ich noch einmal allen Teilnehmern und Leitern des ASL 2006, aber auch der vorhergehenden Camps, für die unvergessliche Zeit danken.
Raumfahrt und Astronomie live in Berlin
von Sanne M. Hoffmann
Abb. 1: Die Gruppe zu Besuch beim DLR in Adlershof. Foto: Steffen Janke
Vom 28.7. bis 04.August 2007 fand das erste Berliner SpaceCamp statt. Im Freizeit- und Erholungszentrum (FEZ) in der Wuhlheide fanden sich 22 Teilnehmende ein: zuerst wurden Druckwasserraketen gebaut und
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gestartet, dann unterzog sich die gesamte Mannschaft einem Gesundheitscheck durch Mediziner der TU Berlin. Nachdem so die Weltraumtauglichkeit diagnostiert wurde, begann das Astronauten-
training: Im Pilotentrainingszentrum der Lufthansa saßen Teilnehmer im Flugsimulator-Cockpit, besuchte die Archenhold-Sternwarte mit ihrem Kleinplanetarium zwecks Sternbilder-Lernen
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und im SchoolLab des DLR wurde am Minifallturm das Wesen der Gravitation untersucht.
Weil jeder zivile Weltraumflug einen erheblichen wissenschaftlichen Missionsanteil hat, wurden in unserem eigenen Weltraumlabor Experimente zum Wirkungsgrad von Brennstoff- und Solarzellen, Dichtebestimmungen und Vakuum durchgeführt sowie die Temperatur von Sonnenflecken vermessen.
Nach einwöchigem Training wurde schließlich die Crew für die Bodenstation und für das Raumschiff getrennt und eine virtuelle Space Mission durchgespielt.
Dass uns zwischendurch ein Klingone besuchte, glaubt uns ja wahrscheinlich sowieso niemand, aber für den Besuch des ersten Deutschen im All, Dr. Sigmund Jähn, haben wir Beweisfotos
Abb. 2: Aus der Hand eines echten Kosmonauten erhalten am letzten Abend alle Teilnehmenden ein Zeugnis. (Sigmund Jähn und eine Teilnehmerin) Foto: Steffen Janke
vor unserer Sojuskapsel mit vielen echten Kosmonautenunterschriften. Er überreichte allen Teilnehmenden ein Abschlusszeugnis.
Wegen der großen Nachfrage konnte das SpaceCamp in der Folgewoche umgehend wiederholt werden. Wenn nächstes Jahr der Andrang ebenso groß ist, empfehlen wir rechtzeitige Anmeldung!
Nähere Infos gibt`s im Internet: www.fezorbitall.de
Mein Weg zur Astrometrie von Kleinplaneten
von Richard Gierlinger
Die meisten Amateure können sich schwer vorstellen, was am Beobachten von ,,langweiligen Lichtpunkten" interessant sein soll. Professionelle Astronomen anderer Fachrichtungen geben den Kleinplaneten auch schon mal die wenig schmeichelhafte Bezeichnung ,,Ungeziefer des Himmels". Also alles eher wenig einladende Argumente, sich mit diesen Objekten zu beschäftigen. Lediglich Carolyn Shoemaker sagte, dass man, wenn man einmal damit angefangen hat, nicht mehr aufhören kann [1]. Und dabei kann ich Ihr nachträglich nur voll und ganz zustimmen.
Der erste Kontakt Am Anfang des Jahres 2000 kontaktierte mich der Sternfreund Dr. Bressler aus Seewalchen/Österreich. Ich sollte für Ihn seine Selbstbaumontierung, welche einen 25 cm Newton trägt, automatisieren. Das heißt, mit neuen Antrieben in beiden Achsen und entsprechender Hard- und Software ausstatten. Bei einem Besuch in seiner Sternwarte zeigte er mir dann auch, womit er sich beschäftigte: ,,Der Astrometrie von Kleinplaneten!". Bei Ihm bekam ich auch einen kleinen Einblick in die Beobachtungstechnik. Also baute ich Ihm sein Teleskop um. Nun konn-
te er von seinem Beobachterraum aus alle Funktionen des Teleskops und der Kamera steuern. In seiner Bescheidenheit hat er mir aber verschwiegen, dass er vor 2 Jahren einen neuen Kleinplaneten entdeckt hatte [2]. Das habe ich erst nachträglich von jemanden Anderen erfahren. Erwähnenswert ist auch, dass Hr. Bressler zu diesem Zeitpunkt bereits 85 Jahre alt war!
Wie ging es weiter Im selben Jahr vollendete ich auch meine neue Sternwarte mit 3,5 m Kuppel und einem 30 cm Newton. Dass ich inzwischen auch schon infiziert worden bin durch diesen ,,Kleinplanetenvirus", das war mir zu dem Zeitpunkt noch nicht richtig bewusst. Erst mit dem Erwerb einer CCD Kamera kam das ganze wieder zum Vorschein. Ich begann mich nun näher damit zu beschäftigen. Der Download der Vermessungssoftware ,,Astrometrica" [3] war der nächste Schritt. Nun konnte also das Abenteuer beginnen, und die ersten Aufnahmen von Kleinplaneten gewonnen werden. Diese dienten dazu, um beim MPC in Harvard [4] einen Stationscode zu beantragen. Mein Dank an Hr. Herbert Raab, dem Autor der Software Astrometrica, dass er meine vielen Mails mit Geduld
Abb. 1: Die Sternwarte Gaisberg mit geöffnetem Kuppelspalt.
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Abb. 2: 0,6m f/3,3 Newton in der Kuppel der Sternwarte.
ertragen, und kompetent beantwortet hat. So bekam dann meine Sternwarte den Stationscode 241 zugewiesen. Es dauerte nicht lange, und das 30 cm Teleskop wurde durch eine größere Montierung und einen 46 cm Newton ersetzt. Leider hatte ich nicht genug Zeit, um an diesem Standort dieser Leidenschaft öfters nachzugehen. Dazu gesellten sich auch noch familiäre Querelen wegen dem Standort der Sternwarte. Das hat mich dann endgültig dazu bewogen, diese Sternwarte aufzugeben. Dieses Trauerspiel ereignete sich Ende 2003. Danach folgte eine Phase der Neuorientierung. Da ich zu dem Zeitpunkt ohne Sternwarte war, ruhte natürlich auch die Astrometrie.
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Ein Neuanfang Im Jahr 2004 war dann genug Gras über die Sache gewachsen, um den Kopf wieder für neue Projekte frei zu haben. Es musste also wieder eine neue Sternwarte her. Es sollte aber nicht einfach ein Klon der Alten sein. Nein, die ganzen Erfahrungen und Verbesserungswünsche der aufgelassenen Sternwarte sollten bei einem Neubau einfließen. Es folgten Wochen und Monate der Planung. Dann stand das Konzept: Ein gemauerter Bau mit 5,5 m Kuppel. Und als Anfangsteleskop sollte ein 600 mm Newton zum Einsatz kommen. Weiter war die Sternwarte so geplant, dass das Erdgeschoss gleichzeitig ein Beobachterraum ist, der natürlich auch beheizbar ist. Über eine Stiege gelangt man dann in den Kuppelraum. Zudem habe ich die Sternwarte so konzipiert, dass alle Funktionen (Montierungssteuerung, Fokus, Kamera, Kuppeldrehung) vom Beobachterraum aus gesteuert werden können. Die Pläne waren also fertig. Nun musste es aber auch realisiert werden.
Der Bau der neuen Sternwarte Der Rest des Jahres 2004 diente der Anfertigung der Gabelmontierung und des Teleskops. Im Winter 2004/2005 habe ich schon die ersten Teile der neuen Kuppel angefertigt. Dies sollte auch wieder eine Stahlkonstruktion werden, die mit Alublech eingedeckt wird. Weiter sollte die Kuppel auch komplett isoliert werden, da es in der unisolierten 3,5 m Kuppel immer wieder Probleme mit Kondenswasser gab. Parallel dazu wurde ein Grundstück für die Sternwarte gesucht. Ich wurde in der
Bezeichnung
2006 YH13 2006 YA14 2006 YJ13 2006 YG13 2007 AJ12 2007 CX26 2007 CH54 2007 DS = 2002 CH44 2007 DJ49 2007 GX 2007 GZ1 2007 GZ4 2007 GZ31 2007 HN16 2007 HM16
Entdeckungsdatum
22.12.2006 22.12.2006 22.12.2006 22.12.2006 15.01.2007 09.02.2007 09.02.2007 17.02.2007
Entdeckungshelligkeit
21,3 mag 21,3 mag 21,3 mag 21,8 mag 21,8 mag 20,7 mag 21,5 mag 19,5 mag
22.02.2007 08.04.2007 08.04.2007 11.04.2007 14.04.2007 22.04.2007 22.04.2007
19,8 mag 21,2 mag 21,1 mag 20,8 mag 21,1 mag 20,0 mag 21,1 mag
Bemerkung
Hungarian Trojaner
Tab. 1: Neuentdeckungen der Sternwarte Gaisberg, Stand Ende April 2007.
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Nachbargemeinde Rainbach fündig. Auf einer Anhöhe von 450 m über Meereshöhe sollte der zukünftige Standort der Sternwarte sein. Dieser Platz war zugleich auch der höchste Punkt in der ganzen Gegend. Also ideale Bedingungen für einen Sternwartenbau. Dieser kleine Berg hatte auch einen Namen, der Gaisberg. Und damit hatte die Sternwarte auch schon einen Namen, Sternwarte Gaisberg. Das Frühjahr 2005 war leider sehr nass und kalt. Das verzögerte den Baubeginn beträchtlich. Anfang April konnte dann endlich der erste ,,Baggerstich" erfolgen. Nun gingen die Arbeiten zügig voran. Parallel dazu habe ich die Kuppel angefertigt. Aus logistischen Gründen baute ich die Kuppel direkt neben der Sternwartenbaustelle im Freien. Das bereitete zwar während der Bauphase oftmals große Probleme wegen der schlechten Witterung. Aber dafür konnte nach Fertigstellung die Kuppel ohne Transportprobleme mit dem Autokran auf die Sternwarte gehievt werden. Dies passierte Anfang September 2005. Zum gleichen Zeitpunkt wurde auch gleich die Montierung eingehoben. Von Außen sah die Sternwarte nun schon fast fertig aus. Im Inneren herrschte aber leider noch das blanke Chaos. Der Innenausbau erfolgte dann im Winter 2005/06. Die vielen Kleinarbeiten haben dann aber wesentlich mehr Zeit benötigt als ursprünglich veranschlagt war.
Probleme mit der Optik Parallel zum Montierungsbau habe ich die 600 mm Optik angefertigt. Als Spiegelträger diente ein Rohling aus BVC der Kanadischen Firma ASM. Nach dem parabolisieren zeigte er eine sehr gute Parabel mit einem P-V Fehler von 1:9,2 Wavefront. Aufgrund dieser sehr erfreulichen Messwerte wurde der Spiegel an die Hamburger Sternwarte zur Belegung mit Aluminium geschickt. Nach einigen Wochen war der Spiegel wieder da. In hoffnungsvoller Erwartung wurde die Optik ins Teleskop integriert. Die erste Beobachtung war aber mehr als ernüchternd. Die Sterne waren alle länglich! Was war da wohl passiert? Darauf habe ich den Spiegel ins Auto gepackt und bin zu Wolfgang Rohr nach Hassfurt [5] gefahren, um ihn testen zu lassen. Dort bestätigte sich leider der Verdacht, dass der Spiegel einen extremen Astigmatismus hat! Aber woher? Die Messungen vor dem Verspiegeln zeigten einen perfekten Spiegel. Nach dem Verspiegeln war er nur noch Schrott. Was war beim
Abb. 3: NGC 4438, 13 aufaddierte je 4 min belichtete Bilder mit dem 0,6 m f/3,3 Newton und einer ST8
Abb. 4: Der in Gaisberg neu entdeckte Trojaner 2007 GZ1 - 21,0 mag (rot markiert) und von links nach rechts der ebenfalls neu entdeckte Kleinplanet 2007 GZ4 - 20,6 mag, sowie der bereits bekannte Kleinplanet 2006 CS63 - 20,3 mag (gelb markiert). Nur 2007 GZ1 erscheint als Punkt, da mehrere Bilder entsprechend seiner Eigenbewegung aufaddiert wurden. Das Bild ist ein Ausschnitt aus dem Original.
Verspiegeln passiert? Ich dachte an eine zu hohe Temperatur beim Verspiegeln. Aber die Temperatur war laut Auskunft der Hamburger Sternwarte lediglich 20 Grad Celsius. Darauf habe ich im Internet etwas nachgeforscht in Punkto BVC. Anscheinend hatten andere Anwender von BVC die gleichen Probleme. Also habe ich die kanadische Firma ASM diesbezüglich kontaktiert. Aber die Firma ASM in Kanada gab es inzwischen in dieser Form nicht mehr, da sie verkauft
wurde. Der Nachfolgefirma war die ganze Angelegenheit ziemlich egal, und auch ein Kontakt zum Vorbesitzer brachte nichts. Nach derzeitigem Wissensstand hatte der Rohling ein Problem mit internen Verspannungen. In der Vakuumkammer haben sich diese dann gelöst, und den Spiegel unbrauchbar gemacht. Die Firma ASM, bzw. die Nachfolgefirma wollte aber für den Materialfehler nicht gerade stehen. Ich kann daher nur jedem Spiegelschleifer dringend von diesem Material abraten!
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Aber was nun tun? Der Spiegel war unbrauchbar, und die Schaffenskraft einen neuen Spiegel anzufertigen war auch nicht mehr vorhanden. Glücklicherweise fand ich während dieser Phase die Firma Alluna Optics [6]. Dieser kleine Betrieb war in der Lage, innerhalb kurzer Zeit eine 600 mm Optik zu einem akzeptablen Preis herzustellen. Also beauftragte ich die Firma Alluna Optics mit der Herstellung. Innerhalb weniger Monate wurde der Spiegel geliefert. Nach dem Einbau zeigte sich, dass die Versprechungen in Punkto Genauigkeit sogar noch übertroffen wurden. Der Firmeninhaber brachte die Optik sogar persönlich vorbei und half bei der Montage und Justage. Nun war die Sternwarte endlich einsatzbereit, und die ersten Beobachtungen bestätigten die hohe Güte der Optik.
Erste Ergebnisse Eine der ersten Arbeiten der Sternwarte war nun die Erlangung eines neuen Stationscodes. Aber diese Arbeiten waren nun schon fast Routine. Ein paar
bereits bekannte Kleinplaneten wurden mit der CCD Kamera aufgenommen und mit Astrometrica vermessen. Innerhalb weniger Tage hatte ich dann den neuen Stationscode B21. Überrascht hat mich auch die Reichweite des neuen Teleskops. Mit der inzwischen erworbenen ST8 konnten Kleinplaneten detektiert werden, die zwischen 21,5 und 22 mag lagen. Mit längeren Belichtungsserien kommt man mit dieser Gerätekombination fast auf 23 mag. Wenn nun das Wetter, Familie und der Beruf es zulässt, wird die Sternwarte vorwiegend für die Kleinplanetenastrometrie verwendet. Und auch die ersten Neuentdeckungen ließen nicht lange auf sich warten. Bisher wurden 15 neue Kleinplaneten entdeckt. Davon waren ein Hungarian (2007 DS, der sich leider als Recovery von 2002 CH44, eines bereits bekannten und wieder verloren gegangen Objektes herausstellte), und ein Trojaner (2007 GZ1) die spektakulärsten Objekte. Um die Ergebnisse der Sternwarte entsprechend publizieren zu können, gibt es eine eigene Homepage dafür [7].
Dank Mein spezieller Dank geht an Ries Wolfgang (Station A44), der mich in der Startphase der Sternwarte Gaisberg mit vielen Insiderinfos in der Aufspürung neuer Kleinplaneten unterstützte. Und herzlichen Dank auch an die vielen Helfer, die mit unzähligen Arbeitsstunden beim Sternwartenbau mitgeholfen haben.
Literaturhinweise und Internetadressen [1] Richard Preston, 2000: ,,Das erste Licht",
Droemersche Verlagsanstalt [2] 1998 CH5: http://www.astronomie.at/
bressler/1998ch5.htm [3] Astrometrica: http://www.astrometrica.at [4] MPC: http://cfa-www.harvard.edu/ [5] Astroservice: http://rohr.aiax.de/ [6] Alluna Optics: http://www.alluna-optics.de/ [7] Homepage: http://www.observatorium.at
NEOs und PHAs - schnelle Kleinplaneten in Erdnähe
von Wolfgang Vollmann
Abb. 1: Meine Balkonsternwarte in Wien Stammersdorf.
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NEOs - near earth objects NEOs - erdnahe Objekte, auch Erdbahnkreuzer genannt, sind Kleinplaneten und Kometen mit einer Periheldistanz kleiner als 1,3 Astronomische Einheiten [1]. Wenn die Bahn eines Kleinkörpers näher als 0,05 AE (ca.7,5 Millionen Kilometer) an die Erdbahn herankommt, wird von einem PHA gesprochen - einem ,,potentiell gefährlichen Asteroiden", sofern die absolute Helligkeit von mehr als 22 mag auf einen Durchmesser des Objekts von 150 Meter oder mehr hindeutet. Derzeit sind 881 (Stand: September 2007) solcher PHAs bekannt. Sie werden auch von den Profiastronomen mit verschiedenen Suchprogrammen, z. B. LINEAR [2], gesucht.
Jedes Jahr werden mehrere solcher Objekte entdeckt und es ist eine lohnende Aufgabe sie mit einem Fernrohr und CCD-Kamera astrometrisch zu vermessen und ihre Bahn zu sichern. Welche NEOs gerade sichtbar sind ist auf der NEO-Seite des Minor Planet Center abrufbar [8].
Astrometrie von NEOs Ich benutze einen Refraktor 130/1040 mm mit 0,5 x Fokal - Reduzierer und eine CCD-Kamera SBIG ST237A auf meiner Dachterrasse am Stadtrand von Wien in Stammersdorf (Stationscode A97) [3, 4, 5]. Damit erreiche ich Kleinplaneten bis etwa 16,5 mag. Da sich solche NEOs oft rasch bewegen (5 Bogensekunden pro Minute oder mehr) mache ich viele Aufnahmen mit recht kurzer Belichtungszeit von 10 Sekunden oder sogar weniger. Der Kleinplanet soll auf dem CCD-Bild noch punktförmig erscheinen, also weniger als 1,5 - 2 Bogensekunden während der Belichtungszeit zurücklegen. Diese Bewegung kann mit dem Ephemeridengenerator MPES des Minor Planet Center vor der Beobachtung berechnet und ausgedruckt werden [6].
Auf den kurz belichteten Einzelbildern ist der Kleinplanet oft gar nicht zu erkennen. Daher addiere ich 10, 20 oder noch mehr Einzelbilder mit dem Astrometrie - Programm Astrometrica [7]. Das Programm zentriert die Bilder auf den
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Kleinplaneten und die Sterne werden als Strichspur abgebildet. Das Verfahren ist schnell und einfach. Es ist viel besser als längere Belichtungszeiten, bei denen auf den Kleinplaneten nachgeführt wird und die Sterne schon im Einzelbild Strichspuren sind, denn diese erlauben keine genaue Vermessung. Die kurz belichteten Aufnahmen benötigen auch keine Korrektur der Nachführung meiner Montierung Vixen SP-DX. Sie läuft gleichmäßig genug um fast nie Strichspuren auf den Einzelbildern bei der Brennweite f = 484 mm zu erzeugen! Die Objekte suche ich übrigens noch immer mit Sucher und ,,Starhopping" auf, also ohne ,,Goto", - mit etwas Übung klappt das gut!
Sehr wichtig ist bei so rasch bewegten Objekten eine möglichst genaue Einstellung der Uhr des PC, der die CCDKamera Aufnahmen steuert und abspeichert. Ich benutze das österreichische Telefon-Zeitsignal 1503 und 1505 (UTC) und erreiche damit eine Einstellung der PC-Uhr auf einige Zehntelsekunden. Noch genauer ist sicher ein Zeitsignal wie es z.B. über Funk oder Internet verbreitet wird - aber ich brauche ja auch noch etwas zum verbessern!
Visuelle Beobachtung von NEOs Gelegentlich werden NEOs auch hell genug um visuell am Fernrohr sichtbar zu sein. Das war z.B. bei 2004 XP14 am Abend des 3. Juli 2006 möglich. Das NEO stand hoch oben im Sternbild Drache. Dort war es klar; in Horizontnähe war es dunstig und es zogen sogar ein paar Wolkenschleier herum. Um 23 Uhr MESZ konnte ich den Kleinplaneten endlich im Okular bewundern! Voraus ging eine etwas umständliche Suche mit der genauen Ephemeride. Wegen der großen Erdnähe war es wichtig den Ort von Wien aus gesehen zu berechnen (Stichwort Horizontalparallaxe [9]). Jedenfalls legte ich mich bei einer Sternfigur ,,auf die Lauer" und konnte bald bei 115facher Vergrößerung einen nicht auf meiner Sternkarte Cartes du Ciel [10] enthaltenen schwächeren Lichtpunkt 12. Größe sehen. Er bewegte sich auch, wenn ich ein paar Sekunden abwartete und mir die Stellung im Vergleich zu den Umgebungssternen merkte. Noch besser war die Bewegung des NEO bei 208x zu sehen: da war es schon beim Zuschauen klar, dass sich das ,,Punkterl" unter den Sternen bewegte!
Genauigkeit der astrometrischen Beobachtungen Interessant ist auch die Genauigkeit der eigenen Beobachtungen zu überprüfen. Das gelingt z.B. mit der NEODys-Seite [5]. Aus allen Beobachtungen wird eine Bahn gerechnet und die astrometrischen Restfehler ,,Residuen" zu den eigenen Beobachtungen angezeigt (Spalten ,,residuals" bei Right Ascension bzw. Declination und der Gesamtfehler ,,res chi"). Natürlich sind die Bahnen nicht vollkommen exakt bekannt - deshalb beobachte ich ja diese Objekte! Aber die Ergebnisse sind im Durchschnitt auf ca. 0,5 Bogensekunden genau, wie meine Beobachtungen der letzten 1 1/2 Jahre zeigen. Ich astrometrierte
Abb. 2: 2007 PF28 am 25. Aug. 2007 um 22:24 UT. 18 Bilder mit je 5s Belichtungszeit, aufsummiert und zentriert auf den Kleinplaneten. Er ist das sternförmige Objekt in der Bildmitte. Die Sterne werden durch die rasche Bewegung des Kleinplaneten von 20 Bogensekunden je Zeitminute zu Strichen auseinander gezogen. Zum Aufnahmezeitpunkt war er 15,5 mag hell und stand in 0,075 AE = 11 Millionen Kilometer Entfernung in Richtung des Sternbilds Füchschen. Negativdarstellung.
12 Objekte in 21 Nächten und gewann 233 Örter [5]. Die Objekte waren bezüglich ihrer scheinbaren Bewegung bunt gemischt. Von relativ langsam mit 2,6 Bogensekunden pro Zeitminute bis zu 96 Bogensekunden pro Minute bei 2007 HA am 17. Apr. 2007! Die Residuen stiegen auch nur wenig mit der Schnelligkeit der Bewegung an.
Kleinplanet 2007 PF28 im August 2007 Am 15. August 2007 entdeckte LINEAR [2] einen neuen erdnahen Kleinplaneten. Für zwei Tage wurde das Objekt auch auf der Sentry Liste der NASA [11] als möglicherweise gefährlich nah kommender Kleinplanet geführt. Die astrometrischen
Abb. 3: 2006 VV2 am 28.März 2007, von 20:44 bis 20:50m UT. 18 Bilder mit je 10s Belichtungszeit, aufsummiert und zentriert auf die Sterne. Der Kleinplanet wird als unterbrochene Strichspur dargestellt. Norden ist oben, Bildfeld etwa 26x20 Bogenminuten. Positivdarstellung.
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Abb. 4: 2006 VV2, aufsummiert und zentriert auf den Kleinplaneten. Der Kleinplanet wird punktförmig, die Sterne als unterbrochene Strichspuren dargestellt. Alle anderen Daten wie bei Bild 3. Positivdarstellung.
Abb. 5: 2007 HA am 17. Apr. 2007, von 19:31 bis 19:34 UT. 18 Einzelaufnahmen mit je 3 Sekunden Belichtungszeit, aufsummiert und zentriert auf den Kleinplaneten. Er ist das sternförmige Objekt nahe der Bildmitte. Die Sterne werden durch die sehr rasche Bewegung des Kleinplaneten von 96 Bogensekunden pro Zeitminute (!) zu Strichspuren auseinander gezogen, nur unterbrochen von der Auslesezeit der CCD-Kamera. Norden ist oben, Bildfeld 30x22 Bogenminuten. Negativdartsellung.
Beobachtungen schlossen jedoch schon bald einen möglichen Zusammenstoß mit der Erde in den nächsten 100 Jahren aus. Dazu hat auch Michael Pietschnig aus Wien (Observatory Code B03) [12] beigetragen, denn er hat noch am 15. August Folgebeobachtungen des Kleinplaneten machen können! Siehe MPEC K07P57 [13].
In den folgenden Tagen wurde 2007 PF28 vom Minor Planet Center (MPC) als PHA = potentially hazardous object geführt, da es näher als 0,05 AE = 7 Millionen Kilometer an die Erde herankommen kann. Um die Bahn zu verbessern, waren astrometrische Beobachtungen erwünscht. So beobachtete ich an den Abenden des 19., 22. und 25. August 2007 den Kleinplaneten. An den ersten beiden Abenden machte ich 10 Sekunden belichtete Einzelaufnahmen, am 25. belichtete ich nur 5 Sekunden da der Kleinplanet durch seine raschere Bewegung sonst schon als Strichspur abgebildet worden wäre. Trotz einer Helligkeit von nur um die 15,5 mag war der Kleinplanet auf den mit Astrometrica zentrierten und addierten Aufnahmen gut zu sehen und zu vermessen - meistens stackte ich 18 Einzelbilder zu einem Summenbild. Michael Pietschnigs und meine
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Beobachtungen schickte ich auch noch durch das Bahnberechnungsprogramm FindOrb von Bill Gray [14]. Diese ,,Wiener Bahn" war sehr nahe an der vom Minor Planet Center derzeit veröffentlichten Bahn! Die Bahn des Kleinplaneten hat einen geringsten Abstand von 0,014 AE von der Erdbahn. Der Kleinplanet kann der Erde also bis auf ,,nur" zwei Millionen Kilometer nahe kommen, das ist etwas mehr als die fünffache Mondentfernung.
Fazit Auch mit relativ kleinen Fernrohren können auch in Stadtnähe wertvolle Beobachtungen zur Unterstützung der Profiastronomie gewonnen werden. Die Beobachtung der erdnahen Kleinplaneten ist für den Amateur ein sehr wertvolles Arbeitsfeld.
Literatur / Links:
[1] Near Earth Object Program: http://neo. jpl.nasa.gov
[2] The LINEAR Program: http://www.ll.mit. edu/LINEAR/
[3] VdS-Journal 24: Kleinplaneten Astrometrie mit einem halben Meter Brennweite.
[4] Homepage: http://home.pages.at/vollmann/kpk.htm
[5] NeoDys: http://newton.dm.unipi.it/cgi-bin/ neodys/neoibo?sites:A97;main
[6] Ephemeris Service: http://www.cfa.harvard.edu/iau/MPEph/MPEph.html
[7] Astrometrica: http://www.astrometrica.at [8] NEAObs: http://scully.cfa.harvard.
edu/~cgi/NEAObs [9] Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/
Horizontalparallaxe [10] Cartes du Ciel:: http://astrosurf.com/
astropc/cartes/index.html [11] Impact Risk: http://neo.jpl.nasa.gov/risk/ [12] NeoDys: http://newton.dm.unipi.it/cgi-bin/
neodys/neoibo?sites:B03;main [13] MPEC 2007-P57: http://www.cfa.harvard.
edu/mpec/K07/K07P57.html [14] FindOrb: http://www.projectpluto.com/
find_orb.htm
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Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries
Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von DeepSky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiter bewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.
Die Bilder für die folgende Fotocollage stellte uns Eckart Meyer von der Kleinplanetenstation A27 ,,Eridanus Observatory" Langelsheim zur Verfügung. Alle Aufnahmen fertigte er mit einer ST7-CCD-Kamera an einem 6 Zoll f/7,5 Starfire Refraktor an. Das Bild 1 zeigt die Begegnung von (619) Triberga und der interessanten Spiralgalaxie M77 vom 27. November 2007. Im Bild 2 vom 14. April 2007 läuft (286) Iclea in 12` Abstand an M98 vorbei. Neben der großen Spirale sind noch einige lichtschwache Galaxien abgebildet. In der gleichen Nacht nahm Eckard Meyer auch die Begegnung von (2476) Andersen mit M58 im Bild 3 auf. Der Kleinplanet (3104) Durer passierte im Bild 4 am 19.02.2007 den Pferdekopfnebel. Bei dem relativ großen Abstand des Nebels zur Ekliptik sind solche Begegnungen relativ selten. Der Krabbennebel im Stier hingegen erhält relativ oft Besuch von Asteroiden. So auch am 15. Januar 2007 von (822) Lalage im Bild 5.
Abb. 1: Kleinplanet (619) Triberga und die Galaxie M77.
Kosmische Begegnungen finden täglich statt. Die nachfolgende Tabelle enthält eine kleine Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-SkyObjekten, die von Klaus Hohmann [1] erstellt wurde. Damit soll Ihnen Ihr Weg zum persönlichen Bild einer kosmischen Begegnung erleichtert werden.
Eine einfache und bequeme Möglichkeit sich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren finden sie auf der Homepage von Co-Autor Klaus Hohmann [1] unter http://astrofotografie.hohmann-edv.de/aufnahmen/kosmische.begegnungen.php. Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von ihm geschriebenen Tool bis zu 20 kosmische Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit verschiedene Parameter wie die Helligkeit
Abb. 2: Kleinplanet (286) Iclea und die Galaxie M98.
Datum/Uhrzeit Kleinplanet
mag Objekt Art mag Distanz
03.02.2008/20:00 09.02.2008/24:00 01.03.2008/24:00 07.03.2008/24:00 01.04.2008/01:00 07.04.2008/24:00 04.05.2008/23:00 06.05.2008/23:00
(477) Italia
14,4
(4700) Carusi
15,5
(415) Palatia
12,8
(109) Felicitas
12,3
(721) Tabora
15
(1004) Belopolskya 15,4
(33) Polyhymnia 13,7
(7) Iris
10,0
NGC2371 PN
NGC3226/7 Gx
M65
Gx
M105
Gx
M66
Gx
NGC 4073 Gx
NGC4958 Gx
M104
Gx
13,0 11´
12,4/11,3 6´
10,1 5´
10,5 0´
9,7
0´
12,4 5´
11,6 12´
9,3
8´
Tab. 1: Abkürzungen: Gx = Galaxie; GC = Kugelsternhaufen; OC = Offener Sternhaufen; N = Diffuser Nebel; SNR = Supernovarest
VdS-Journal Nr. 25
102 K L E I N E P L A N E T E N
Abb. 3: Kleinplanet (2476) Andersen und die Galaxie M58.
Abb. 4: Kleinplanet (3104) Durer und der Pferdekopfnebel.
des Deep Sky-Objektes oder die des Kleinplaneten selbst auswählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden. Wir möchten sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS auffordern, ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals mit ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die maximal 200 KB großen Bilder per Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an diriesw@aon.at. Bitte vergessen Sie nicht das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.
Literatur/Links
[1]: Homepage: http://astrofotografie. hohmann-edv.de/grundlagen/
Abb. 5: Kleinplanet (822) Lalage und der Krabbennebel.
Abb. 6: Internettool von Klaus Hohmann zur Anzeige aktueller kosmischer Begegnungen.
VdS-Journal Nr. 25
K O M E T E N 103
Helle Kometen des Jahres 2008
von Maik Meyer
Wie in den vergangenen Jahren sind im Jahr 2008 nur wenige Kometen so hell vorhergesagt, dass sie mit kleinen oder mittleren Instrumenten beobachtet werden können. Zusätzlich ist natürlich immer mit weiteren Neuentdeckungen zu rechnen. Die folgende Planungsvorschau behandelt die zum Zeitpunkt der Verfassung bekannten kurz- und langperiodischen Kometen, welche im Jahr 2008 heller als etwa 10 mag prognostiziert werden und von Mitteleuropa aus beobachtbar sind.
Diese Kometen sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die zu Grunde gelegten Helligkeiten stellen nur Schätzwerte dar und können häufig um ein bis zwei Größenklassen nach oben oder unten abweichen. Besonders kurzperiodische Kometen zeigen nicht selten Helligkeitsausbrüche, so dass auch nominell schwächere Objekte Überraschungen bieten können. Dynamisch neue Kometen neigen oft zu Helligkeitseinbrüchen, die vorhergesagte Helligkeitswerte unerreichbar werden lassen. Bei den Bahnelementen ist zu beachten, dass diese einer stetigen Änderung unterworfen sind, was besonders für die Beobachtung schwacher Objekte wichtig ist. Die aktuellsten Informationen über die Kometen sind über die Homepage der Fachgruppe Kometen im WWW unter http://kometen.fg-vds.de abrufbar.
Beobachter noch schwächerer Kometen können Positionen und Bahnelemente einer Vielzahl weiterer Objekte beim CBAT unter http://cfa-www.harvard.edu/iau/ Ephemerides/Comets/index.html abrufen. Diese Kometen sollten auf keinen Fall ver-
nachlässigt werden; insbesondere die Fotometrie und Astrometrie stehen hierbei im Vordergrund und nicht selten sind unter diesen Kometen Objekte, welche interessante Eigenheiten aufweisen (Ausbrüche, anomale Lichtkurven, usw.). Über helle, nach Redaktionsschluss entdeckte Kometen kann man sich ebenfalls auf der Homepage der FG Kometen informieren.
Die Kometen in der Einzeldarstellung Der Komet 8P/ Tuttle wurde bereits in der Vorschau für 2007 vorgestellt und wird im Januar 2008 sein Perihel durchlaufen. Während er zu Beginn des neuen Jahres mit etwa 5 mag bequem in ca. 65 Grad Höhe am Abendhimmel platziert sein wird, sinkt er bis Ende Januar nur eine Größenklasse schwächer unter den Horizont in Richtung Südhimmel. Der Komet befindet sich zum
Abb. 1: Sichtbarkeitsdiagramm der helleren Kometen des Jahres 2008. Höhe und Azimut sind in 3-Tages-Abständen für einen Ort auf 50 Grad N bei einer Sonnendepression von 15 Grad angegeben.
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Jahreswechsel nur 0,25 AE von der Erde entfernt und sollte relativ ausgedehnt erscheinen. Am 17.1.1948 entdeckte Carl. A. Wirtanen am Lick Observatorium den Kometen 46P/Wirtanen. Seitdem hat sich sein Perihelabstand von ursprünglich 1,63 AE sukzessive auf den aktuellen Wert von 1,06 AE verringert. Begegnungen mit Jupiter in den Jahren 2042 und 2054 werden in der Zukunft die Periheldistanz auf 1,99 AE erhöhen. Dies ist die 10. beobachtete Wiederkehr, wobei nur die von 1980 nicht beobachtet werden konnte. Der Komet dürfte Anfang des Jahres um die 10 mag aufweisen und dabei am Abendhimmel langsam von 25 Grad Höhe weiter nördlich steigen. In der ersten Februarhälfte wird die Maximalhelligkeit von ca. 9 mag erreicht; weiterhin optimal am Abendhimmel in Höhen von 40 - 45 Grad platziert. Im Verlauf des März fällt die Helligkeit dann wieder unter 10 mag bei unveränderten Beobachtungsbedingungen.
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6P/d'Arrest wurde zwar am 28.6.1851 durch Heinrich Louis d'Arrest in Leipzig entdeckt, konnte allerdings 1991 mit einem von Philippe de la Hire im Jahr 1678 von Paris aus entdeckten Kometen identifiziert werden. Diese Wiederkehr ist damit die 19., die beobachtet werden konnte. Der Komet ist in der Vergangenheit immer wieder Bahnstörungen unterworfen gewesen und mittlerweile ist sein Perihelabstand so weit gestiegen, dass selbst optimale Erscheinungen wie die diesjährige keine so große Helligkeiten mehr zulassen, dass er mit bloßem Auge gesehen werden kann. Im Verlaufe des Juli sollte der Komet mit 10 mag am Nachthimmel in ca. 50 Grad Höhe sichtbar sein. Der Komet erreicht sein Helligkeitsmaximum mit etwa 9 mag in der zweiten Augustwoche, wobei das Perihel fast mit der geringsten Erdnähe von 0,36 AE zusammenfällt. Bis Mitte August bewegt er sich, langsam tiefer sinkend, an den Abendhimmel und wird
Ende des Monats wieder 10 mag erreicht haben, dabei aber aufgrund der geringen Horizontnähe kaum noch visuell beobachtbar sein.
Der deutsche Missionar Leo Boethin (Bangued, Abra, Philippinen) entdeckte den Kometen 85P/Boethin am 4.1.1975 visuell mit einem 20-cm-Reflektor. Der Komet erreichte bei dieser ersten Erscheinung ca. 10 - 11 mag. Bei seiner nächsten Wiederkehr 1985/86 überraschte er durch eine größere Helligkeit als eigentlich erwartet und erreichte Anfang 1986 8 mag. Die Wiederkehr von 1997 wurde aufgrund der ungünstigen geometrischen Sichtbarkeitsverhältnisse nicht beobachtet. Die diesjährige Wiederkehr ist ziemlich günstig. Im September könnte der Komet bereits 10 mag erreicht haben, allerdings zu der Zeit nur um die 15 Grad hoch über dem abendlichen Horizont. In der Folge wird er kontinuierlich heller,
Abb. 2: Komet 46P/Wirtanen am 08.09.2002 um 01:49 UT etwa 10,5 mag hell. Aufnahme mit 25-cm-Schmidtkamera auf TP hyp. von Michael Jäger.
während seine Horizonthöhe nur langsam zunimmt. Im Dezember hat der Komet seine Maximalhelligkeit von vielleicht 7 mag erreicht; ideal am Abendhimmel in 35 Grad Höhe positioniert. Er wird dann weiterhin in den ersten Monaten des Jahres 2009 zu verfolgen sein.
Zwei langperiodische Kometen seien hier noch erwähnt, die zwar nach derzeitiger Abschätzung schwächer als 10 mag bleiben sollen, aber bei denen durchaus die Möglichkeit besteht, heller zu werden. Der Komet C/2006 OF2 (Broughton) wurde durch den australischen Amateur John Broughton (Reedy Creek) am 17.07.2006 entdeckt, wobei zu diesem Zeitpunkt keinerlei kometare Aktivität nachgewiesen werden konnte und damit eine Kleinplanetenbezeichnung vergeben wurde. Die Bahn war allerdings die eines langperiodischen Kometen. Im September 2006 wurde dann das erste Mal eine Koma nachgewiesen und das Objekt damit als Komet klassifiziert. Er könnte ab August 2008 10 mag Helligkeit aufweisen, zu dem Zeitpunkt in 50 Grad Höhe zirkumpolar am Morgenhimmel platziert. Der Komet wird am Morgenhimmel danach in Höhen bis zu 80 Grad beobachtbar sein und die Maximalhelligkeit im November erreichen. C/2007 G1 (LINEAR) könnte nach derzeitigem Kenntnisstand vielleicht 11 mag erreichen. Der Komet wird ab Jahresbeginn 2008 am Morgenhimmel in Höhen von 20 - 30 Grad beobachtbar sein. Im Juni bewegt er sich dann südlicher und ist in der Folge nicht mehr für uns sichtbar. Für beide Kometen empfiehlt es sich, regelmäßig die aktuellen Meldungen über diese Kometen zu verfolgen, um deren aktuelle Helligkeit einschätzen zu können!
Bezeichnung
8P/Tuttle 46P/Wirtanen 6P/d'Arrest 85P/Boethin
Periheldatum
q
2008-01-26
1,03
2008-02-02
1,06
2008-08-15
1,35
2008-12-16
1,15
U
mmax
Monatmax
S
13,6
5
Januar
Januar
5,4
9
Februar
Januar - März
6,5
9
August
Juli - August
11,5
7
Dezember
September - Dezember
Tabelle 1:
Angaben zu den helleren Kometen des Jahres 2008. q = Periheldistanz in AE, U = Umlaufszeit in Jahren, mmax = prognostizierte Maximalhelligkeit 2008 in mag, Monatmax = Monat der erwarteten Maximalhelligkeit 2008, S = Sichtbarkeitszeitraum 2008 bei heller 10 mag.
VdS-Journal Nr. 25
Fazit Das Jahr 2008 bietet für die kleine und mittlere Instrumentenklasse nur wenig lohnenswerte Beobachtungsobjekte. Die Entdeckung weiterer Kometen wird deren Umfang allerdings sicher noch erweitern. Ebenso sind Helligkeitsausbrüche bekannter und nominell schwächerer Kometen immer möglich. Die visuelle und die CCD-Fotometrie der Kometen bleibt weiterhin ein wichtiges und aufgrund der Menge an Objekten lohnendes Betätigungsfeld für Amateure, die auch wissenschaftlich sinnvolle Arbeit leisten wollen. Auch negative Beobachtungen sind nützlich. Die Fachgruppe Kometen sammelt alle Beobachtungen und wertet diese aus. Informationen zur Mitarbeit im Rahmen der Fachgruppe erhält der interessierte Beobachter gegen 1,44
K O M E T E N 105
Abb.: 3 Komet 85P/Boethin am 28.01.1986, 18:50 UT - 18:54 UT und 19:02 UT - 19:06 UT. Komposit aus 2 Schmidtkamera-Aufnahmen von Michael Jäger. in Briefmarken unter der Adresse: VdSFachgruppe Kometen, c/o Maik Meyer, Westerwaldstraße 91, D-65549 Limburg, sowie auf der oben genannten Homepage der Fachgruppe Kometen. Literaturhinweise - Green, D. W. E., Nakano, S.: ICQ Comet
Handbook. - Kinoshita, K.: Comet Orbit Homepage,
http://www9.ocn.ne.jp/~comet/ - Kronk, G. W.: Cometography 1,
Cambridge Univ. Press, 1999. - Kronk, G. W.: Cometography 2,
Cambridge Univ. Press, 2003. - Kronk, G. W.: Cometography 4,
Manuskript, 2007. - Meyer, M.: Catalogue Of Comet
Discoveries. über den Autor. - Nakano, S.: Nakano Notes, http://www.
oaa.gr.jp/~oaacs/nk.htm - Shanklin, J. D.: BAA Comet Section
Homepage (http://ast.cam.ac.uk/~jds) - Yoshida, S.: http://aerith.net.
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106 P L A N E T E N
Aufgang der Venus über dem Mond am 18. Juni 2007
von Detlev Niechoy
Am Tag der Venusbedeckung durch den Mond herrschte wechselseitiges Wetter. Eine Menge Wolken hatten ein Stelldichein und ließen die Beobachtung schwierig erscheinen. Durch die Wolkenlücken ermutigt, wurde dennoch probiert dem Ereignis beiwohnen zu dürfen. Die Beobachtung begann um 15.45 MEZ mit dem Aufbau des Teleskops. Schon nach kurzer Zeit war der Planet Venus eingestellt und im 8x50 Sucher war auch schon die Mondsichel zu sehen. Eine erste Fotografie mit der Digicam durch den Sucher, hier wurde das Kameraobjektiv einfach auf das Okular gehalten, zeigt dass es jeden Moment los gehen wird. Siehe Abbildung 1.
Allerdings zum Zeitpunkt des Beginns kamen rechtzeitig die Wolken, um den Beobachter zu frustrieren. Nun begann das Warten auf das Ende der Bedeckung. Im Okular zeigten sich Wolken und gelegentlich Lücken, in denen man den Mond erkennen konnte.
Gegen 16.36 MEZ hatte das Warten ein Ende. Die Wolken rissen auf und man konnte schon einen kleinen Lichtstreifen am Mondrand erkennen. Jetzt wurde schnell eine Webcam über das Okular des Teleskops gestülpt, um diesen Moment festzuhalten. Beim Betrachten der Bilder nach dem Ereignis fiel auf, dass trotz schlechtem
Seeing und feinem Dunst nicht nur die Venussichel am Mondrand deutlich zu sehen war, sondern dass man auch einzelne Krater und Mare erkennen konnte. Der Eindruck war um so deutlicher, wenn man das Bild invertierte, wie Abbildung 2 dies deutlich zeigt.
Beobachtet wurde mit einem Celestron Ultima mit Zenitprisma und 25mm Okular (82-fach), einer Webcam Viewquest 318 für die Videosequenz und mit einer Digitalkamera Jenoptik 5200z3. Beobachtungsort war der Stadthimmel von Göttingen.
VdS-Journal Nr. 25
Venusbedeckung durch den Mond am 18.06.2007
von Detlev Niechoy
Aufnahmedaten: 18.06.07, Austritt. Aufnahmen mit Canon EOS 350D und 80/910-mmRefraktor, 2x-Telekonverter sowie Minus-Violett-Filter, jeweils 1/320 s belichtet, ISO 800. Bildbearbeitung mit Digital Photo Professional, Neat-Image und Micrografx Picture Publisher. Jan Wilhelm, Sinsheim.
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Abendsichtbarkeit der Venus 2007
von Helmut Gröll
In diesem Jahr hatte ich es zum ersten mal geschafft, unseren Nachbarplaneten Venus während der gesamten Abendsichtbarkeit - zumindest mehr oder weniger - regelmäßig zu beobachten und zu fotografieren. Meinen im letzten Jahr gekauften UV-Filter konnte ich leider nicht einsetzen, da er neben dem Fenster im Ultravioletten auch noch ein Leck im roten Spektralbereich aufweist. Da meine ToUCam 840K obendrein im UV-Bereich sehr unempfindlich ist, gibt es hässliche Doppelbilder, die nicht vernünftig zu bearbeiten sind. Also entschloss ich mich, Venus im Infrarot-Bereich mit einem sogenannten IR-Pass-Filter aufzunehmen. Dieser Filter bietet einen vernünftigen Kontrast zwischen dem teilweise noch hellen Himmel und dem Planeten. Das
Bild wirkt insgesamt auch ruhiger. Als Instrument diente mein 254/1200-Newton auf einer EQ-6-Montierung (Bild 1).
Für die Aufnahmen benutzte ich K3CCDTools 3.4.8. Das Ausrichten und Stacken erfolgte auch direkt in dieser Software oder mit Hilfe von RegiStax 4. Für die Endbearbeitung sorgte PhotoShop 6.
Die Aufnahmen der noch kleinen Venus machte ich bei recht schlechtem Seeing kurz vor dem Untergang in Horizontnähe. Froh war ich dann später über die immer größer werdende und höher stehende Venus, die das Arbeiten doch erheblich vereinfachte. Nach der Dichotomie verschlechterten sich naturgemäß die Bedingungen wieder.
Abb. 1: Der für diese Aufnahmen verwendete 10"-Newton auf der EQ-6.
VdS-Journal Nr. 25
108 P L A N E T E N
Abb. 2: Ein typisches Einzelbild aus den mit der WebCam aufgenommenen AVIs.
Abb. 3: Dieses Bild entstand aus 5 Frames, die ich per Hand aus den 2400 eines AVIs ausgewählt hatte.
Abb. 4: Eine länger belichtete Aufnahme zeigt die übergreifenden Hörnerspitzen.
Ganz besonders glücklich bin ich über die Aufnahme, die ich wenige Stunden nach der unteren Konjunktion am 18. August erstellen konnte. Venus stand nur 8 Grad von der Sonne entfernt und zeigte sich nur zu 0,95 % beleuchtet. Natürlich mußte ich ausgerechnet an diesem Sonntag zur Firma fahren, konnte aber trotzdem diese Chance vorher noch nutzen.
Erwartungsgemäß war das Seeing - besonders aus meinem Garten heraus, der mitten in der Stadt liegt - sehr schlecht. Manche
der 240 s dauernden Filme (AVIs) waren komplett unbrauchbar. Das Bild 2 zeigt ein typisches Einzelbild (Frame) aus so einem AVI. Zum Glück war eines dennoch ,,gelungen". Per Hand konnte ich 5 der 2400 Frames als brauchbar identifizieren, die dann das Bild 3 ergaben.
Ein länger belichtetes Bild zeigt die übergreifenden Hörnerspitzen, die durch die Atmosphäre der Venus erzeugt werden (Bild 4). Sie waren auch visuell gut zu erkennen. Den Eindruck, zumindest
blickweise einen komplett geschlossenen Ring zu sehen, konnte ich fotografisch nicht bestätigen. Hat mich da der Wunsch etwas genarrt? Da die Zeit zum Aufbruch drängte, konnte ich leider keine weiteren Untersuchungen durchführen. Schade!
Aus den Bildern stellte ich dann ein Komposit-Bild zusammen, das nicht nur die Phasen sondern auch die Ausrichtung richtig zeigt. Die Phase dreht sich am Ende nach links, weil Venus unterhalb der Sonne vorbei wanderte (Bild 5).Liste der Bilder:
Abb. 5: Komposit-Bild aus den einzelnen Phasen der Venus
Abb. 5: Komposit-Bild mit den Aufnahmezeiten (optionale Verwendung)
VdS-Journal Nr. 25
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Venus im ultravioletten Licht
von Bernd Gährken
Der erdnächste Planet Venus gilt bei vielen Beobachtern als langweilig. Das strahlend weiße Scheibchen ist in Erdferne winzig und in Erdnähe eine extreme Sichel, so dass die sichtbare Fläche stets gering ist.
Allerdings ist auf der Sichel auch nicht viel zu sehen. Dichte Wolken vernebeln den Blick zur Oberfläche. Versierte Beobachter berichteten zwar immer wieder von leichten Schattierungen, doch mangelte es in der Regel an nachvollziehbaren Beweisen. Die Strukturen im visuellen Bereich blieben jahrzehntelang umstritten. Anders ist dies mit Strukturen im UV-Bereich. Unterhalb von 400 Nanometern Wellenlänge zeigen die Venuswolken starke Kontraste. Erste Aufnahmen gab es schon in den 20er Jahren. Das Thema geriet in Vergessenheit und erlebte erst den 70er Jahren eine Renaissance, als die Mariner- und PioneerSonden die Venus besuchten. Damals wurde klar, dass es sich bei den UV-Strukturen um ein Phänomen der Hochatmosphäre handelt. Die UV-Absorption erfolgt in einem Bereich von 60 bis 80 Kilometern. Die eigentliche Ursache für die UV-Absorption ist bis heute unbekannt. Es werden mehrere Theorien diskutiert. Vermutlich gibt es mehrere Absorber-Substanzen, die in unterschiedlichen Frequenzbereichen wirksam sind. Neben chemischen Effekten bei Schwefel- und Halogenverbindungen [1,2] sollen zusätzlich physikalische Ursachen eine Rolle spielen [3].
Abb. 1: Venus am 15.4. und 16.4.2007 mit dem 80-cm-Spiegelteleskop der Volkssternwarte München, Schüler-UV-Filter und auf SW umgebauter Webcam. Der Anblick des Planeten ändert sich durch die Hyperrotation der Atmosphäre täglich.
Um die Rätsel zu lösen, startete die ESA die Sonde ,,Venus-Express", die 2007 ihren Forschungsbetrieb aufgenommen hat. Parallel gab es einen Aufruf, verstärkt den Planeten von der Erde aus zu fotografieren, um Kontextaufnahmen zu erhalten. Die Sonde selbst beobachtet i. d. R. nur einen kleinen Ausschnitt des Planeten. Erst wenn die Wechselwirkung dieses Ausschnitts mit den restlichen Wolkenstrukturen bekannt ist, lassen sich globale Entwicklungen verstehen. Der Aufruf richtete sich nicht nur an die Profis, sondern auch an die Amateure. Durch die rasante Entwicklung der Videoastronomie in den letzten Jahren [4] wurden bei der erdgebundenen Planetenfotografie neue Maßstäbe gesetzt. Mit Amateurtechnik sind heute Fotos möglich, die noch vor ein paar Jahren selbst mit Profi-Equipment undenkbar gewesen wären.
Abb. 2: Zwei Venuskarten. Oben vom 9., 10., 11. und 12.4.2007, unten vom 13., 14., 15. und 16.4.2007. Das Aussehen des Planeten hat sich in den 4,2 Tagen einer Rotation deutlich geändert.
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Zur Aufnahme von Venusstrukturen werden UV-Filter benötigt, die Wellenlängen größer als 400 nm sperren, und Kameras, die im UV-Bereich empfindlich sind. Bei den Filtern sind der Baader- und der SchülerFilter die meistgenutzten Fabrikate. Der Baader-Filter hat eine hohe Transmission im UV und bietet sich für kleinere Optiken an. Allerdings ist er auch infrarotdurchlässig und produziert Geisterbilder. Durch die Kombination mit einem IR-dämpfenden Filter, wie z. B. dem KG3 von Schott oder dem Blau-Violett-Filter von Baader, lassen sich die Ergebnisse deutlich verbessern. Ein nützliches Hilfsmittel zur Suche der passenden Filterkombination ist die Freeware ,,FiKam" von Günther Müller [5]. Das IR-Fenster des Schüler-UV-Filters aus dem UVBRI-Filtersatz ist wesentlich kleiner, dafür liegt seine Transmission im UV unter 40 %. Da die Venus jedoch ohnehin sehr hell ist, wird dieser Filter von vielen Fotografen bevorzugt.
Bei den Kameras ist die Entscheidung nicht so einfach. Leider sind die populären Farbwebcams von Philips nahezu unbrauchbar. Der darin verbaute CCD-Chip ICX098 ist zwar eigentlich UV-empfindlich, doch die vor den Pixeln angebrachten Farbfilter sperren die interessanten Wellenlängen aus. Für Bastler ist es möglich, den Farbchip durch einen Schwarzweiß-Chip ICX098BL zu ersetzen. Besser ist es jedoch gleich eine SW-Videokamera zu nutzen. Die DMK 21AF04 von Imagine-Source verwendet den gleichen Chip, kann jedoch wegen des FireWire-Anschlusses bis zu 60 Bilder pro Sekunde ohne Kompressionsverluste übertragen. Wer schon eine Mintronoder Watec-Kamera hat, kann auch diese Modelle erfolgreich für UV-Aufnahmen verwenden. Eine preiswerte Alternative ist das Videomodul SK-1004X [6]. Es liefert zwar nur 50 Halbbilder pro Sekunde und ein internes Aufsummieren ist nicht möglich, doch die Empfindlichkeit ist so hoch, dass auch mit kleinen Optiken gute Resultate erreicht werden können.
Für die Aufnahmen am 80-cm-Spiegel der Volkssternwarte München wurde der Schüler-UV-Filter mit einer auf Schwarzweiß umgebauten Philips ToUCam740 verwendet. Erste Experimente gab es im Februar 2007. Das Venusscheibchen hatte zu dieser Zeit weniger als 12 Bogensekunden Durchmesser. Dennoch gelang es erste großflächige dunkle Flecken sichtbar zu machen. Im März
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Abb. 3: Vergleich der Änderungen in der Folgerotation. Zwei Venuskarten vom 13., 14., 15. und 16.4.2007 und vom 17., 19. und 20.4.2007.
konnte die Aufnahmequalität deutlich gesteigert werden. Das Scheibchen war mit 13 Bogensekunden immer noch winzig, doch das Seeing war deutlich besser. Es zeigte sich, dass beim Seeing etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang ein regelmäßiges lokales Optimum entsteht, das mit Sonnenuntergang verschwindet. Der UV-Filter sorgt zudem für eine Beruhigung des venustypischen Farbflackerns. In diesem engen Spektralbereich sind differenzielle Brechungseffekte kaum zu spüren.
Der Planet bietet jeden Tag einen anderen Anblick (Abb. 1). Dies liegt daran, dass die Rotation der oberen Atmosphäre von der Rotation der Oberfläche entkoppelt ist. Während die Oberfläche in 243 Tagen rotiert, bewegt sich die Hochatmosphäre in nur 4,2 Tagen um den Planeten. Die Ursache dieser Hyperrotation konnte bisher nicht geklärt werden. Da der Beleuchtungsgrad im März und April 2007 über 70 % gelegen hat, war es möglich, innerhalb von 4 Tagen eine komplette Wolkenrotation zu beobachten. Dabei zeigte die Venusatmosphäre
eine extreme Dynamik. Durch die hohen Temperaturen in Sonnennähe gibt es viel raschere Veränderungen als auf der Erde. Die Atmosphären von Mars und Jupiter sind gegenüber der Venusatmosphäre vergleichsweise statisch. Jeden Abend zeigte die Venus im UV ein komplett anderes Gesicht. Die Veränderungen sind dabei nicht nur rotationsbedingt, sondern auch beim selben Zentralmeridian deutlich spürbar.
Im Frühjahr 2007 gab es mehrere stabile Schönwetterperioden. Mehrfach war es möglich, Gesamtkarten zu erstellen und Vergleiche durchzuführen. Vom 9.4. bis zum 17.4. gelang es, eine lückenlose Reihe von Venusfotos zu erstellen, mit der Freeware JUPOS wurden Karten generiert, die 2 komplette Rotationen umfassen [7]. Zwischen den einzelnen Tagessegmenten sind durchlaufende Strukturen zu sehen. Der Anschluss ist jedoch nicht nahtlos, da innerhalb von 24 Stunden schon deutliche Veränderungen stattfinden. Nach 4,2 Tagen sind die Änderungen so groß, dass
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kaum noch Ähnlichkeiten zu identifizieren sind (Abb. 2). Als mögliche Ursache wird eine differenzielle Rotation diskutiert. Einige Experten vermuten am Äquator eine Umdrehungszeit von nur 3 Tagen, die zum Pol auf etwa 5 Tage ansteigen soll. Versuche, zwischen den Karten durch Morphing eine derartige differenzielle Rotation zu simulieren, blieben jedoch ohne klares Ergebnis. Auffällig sind die äquatornahen Streifen, die in einem liegenden V zusammenlaufen. Ähnliche Formen finden sich auch auf den Pioneer-Bildern der 70er Jahre. Die V-Form wäre mit den von ,,Venus-Express" nachgewiesenen polwärts gerichteten Winden gut zu erklären. Am Äquator ist die Sonneneinstrahlung am stärksten. Hier steigt die Atmosphäre auf. Von dort bewegen sich die Gasmassen zu den Polen. In höheren Breiten kühlt sich die Atmosphäre ab und sinkt wieder nach unten. Für die Erde wurden derartige kreisende Zellen von John Hadley im 18. Jahrhundert beschrieben und für die Entstehung der unterschiedlichen Klimazonen verantwortlich gemacht. Die irdischen Strömungsmuster sind relativ stabil, doch auf der langsam rotierenden Venus könnten durch nachtseitige Auskühlung die Bewegungen gelegentlich abreißen. Auf der Tagseite müssten sie dann nahe der Spitze des V neu aufgebaut werden. Eine alternative Erklärung wären Windmuster, die den irdischen Passatwinden gleichen. Sie bewegen sich durch die Coriolis-Kraft entgegen der atmosphärischen Hyperrotation. Dafür spricht, dass auf den Bildern vom April 2007 die Spitze des V stets gegen die Rotation ausgerichtet war.
Die Venus ist auch im IR nicht völlig strukturlos. Mit einem RG1000-Filter konnten schwache Muster nachgewiesen werden. Der Kontrast ist jedoch mindestens um den Faktor 20 geringer als im UV, so dass eine extreme Bildverarbeitung nötig ist. Zwischen den IR- und UV-Strukturen ist keine Ähnlichkeit zu sehen. In Polnähe scheint es sogar eine Antikorrelation zu geben. Die IR-Strukturen kommen aus tieferen Wolkenschichten. Die Rotation der UV- und IR-Strukturen sollte sich daher voneinander unterscheiden.
Nicht nur auf der Tagseite sondern auch auf der Nachtseite gibt es Strukturen zu entdecken. Knapp oberhalb von 1000 nm Wellenlänge zeigt die Venusatmosphäre ein schwaches thermisches Glimmen. Dem französischen Amateur Christophe Pellier
Abb. 4: Zeitgleiche Aufnahme der Venus im UV und IR, links mit RG 1000, rechts mit Schüler-UV-Filter.
gelangen 2004 einige Aufnahmen durch einen RG1000-Filter, bei denen auf der dunklen Seite Details sichtbar sind. Diese Strukturen blieben im Verlauf mehrerer Tage unverändert. Dies wird als Indiz dafür gedeutet, dass es bei etwa 1050 nm ein Fenster bis zur Oberfläche geben könnte.
Die üblichen CCD-Chips haben bei 1000 nm leider nur noch etwa 2 % ihrer Empfindlichkeit. Das Signal-zu-RauschVerhältnis der ungekühlten Webcam ist in diesem Fall wohl einfach zu gering. Eine gekühlte CCD-Kamera wäre vorteilhaft. Bei ersten Experimenten mit einer Watec war der IR-Glow auf der dunklen Seite schon zu erkennen. Es wird jedoch eine schmale Sichel und zugleich ein dunkler Himmel benötigt. Die Sonne sollte mindestens 14 Grad unter dem Horizont stehen. Beleuchtungsgrade zwischen 15% und 20% scheinen optimal zu sein. Für einen Erfolg sind ein extrem transparenter Himmel und eine streulichtarme Optik eine unbedingte Voraussetzung.
Es ist schon erstaunlich, dass grade der erdnächste Planet noch so viele Geheimnisse birgt. Die Grenzen der astronomischen Forschung sind nicht immer Lichtjahre entfernt, sondern finden sich auch direkt vor der kosmischen Haustür. Aus Sicht der Profis sind dabei Amateurbeiträge durchaus willkommen. Dies zeigte sich bei der letzten ,,Europlanet-Konferenz" in Potsdam [8], auf der die aktuellen Venusbilder der deutschen Amateure präsentiert werden konnten [9-11].
Literaturhinweise (WWW-Links gültig für 10.9.2007)
[1] G. T. Sill: ,,The composition of ultraviolett dark markings on Venus", http://ams. allenpress.com/archive/1520-0469/32/6/ pdf/i1520-0469-32-6-1201.pdf
[2] J.B. Pollack: ,,Distribution and source of the UV absorption in Venus` atmosphere", http://pubs.giss.nasa.gov/abstracts/1980/ Pollack_etal.html
[3] L. W. Esposito: ,,Polarization studies of the Venus UV contrasts", http://pubs. giss.nasa.gov/docs/1982/1982_Esposito_ Travis.pdf
[4] ,,Die VdS-Medaille 2004 für Georg Dittie", http://www.vds-astro.de/vdsleistungen/02_medaille.htm
[5] ,,Freeware FiKam von Günther Müller", http://www.gmastro.de/softw_fikam.html
[6] S. Kowollik: ,,Test des Videomoduls SK-1004X", http://silvia-kowollik.de/ astro/video/SK-1004X.htm
[7] Anleitung zu JUPOS, Step by Step, http://www.kk-system.co.jp/Alpo/Latest/ WinJUPOS/winjuposcuide_english.html
[8] ,,Europlanet-Konferenz 2007", SpaceDaily, http://www.sciencedaily.com/ releases/2007/08/070824120456.htm
[9] B. Gährken, ,,Homepage des Autors mit Venusbildern, Karten und Animationen", http://www.astrode.de/VENUS07.HTM
[10] ,,Venus-Poster zur Europlanet-Konferenz 2007", http://www.astrode.de/europlanetposter4.jpg
[11] ,,Abstract zum Europlanet-Poster", http://www.astrode.de/eurohandout.pdf
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Venus im UV und Feinstrukturen der Sonnenoberfläche im Infraroten Licht
von Gabriele und Jörg Ackermann
Abb. 1: Sonne im weißen Licht. Instrument: Zeiss APQ 130/1000, Herschelprisma, Baader Solar Continuum Filter, 4-fach Barlour-Linse, FireWire Kamera DMK21AF04. 14.07.2007, 12.00 MESZ
Abb. 2: Venus im UV-Licht. Instrument: Zeiss Meniscas MAK 180/1800, Baader U-Filter, Baader Flatfield Konverter, FireWire Kamera DMK21AF04. Oben links: 30.04.2007, 19.44 MESZ Oben rechts: 01.05.2007, 19.36 MESZ Unten links: 02.05.2007, 19.47 MESZ Unten rechts: 16.06.2007, 19.22 MESZ
Abb. 3: Venus im Licht > 1 um. Instrument: Zeiss APQ 130/1000, Baader Flatfield Konverter, Schott RG 1000 Filter, FireWire Kamera DMK21AF04. Links: 13.08.2007, 18.18 MESZ Mitte: 18.08.2007, 13.25 MESZ (untere Konjunktion) Rechts: 25.08.2007, 11.24 MESZ
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Das Treffen der Sonnenbeobachter in Rosenheim vom 17. bis 20. Mai 2007
von Michael Delfs, Steffen Fritsche, Elmar Junker
Am verregneten Nachmittag des 17. Mai 2007, dem Himmelfahrtstag, begann die 31. SONNE-Tagung, die Jubiläumstagung ,,30 Jahre Mitteilungsblatt SONNE" mit der Redaktionssitzung.
Um 17 Uhr wurde die Tagung an der Fachhochschule Rosenheim von den Organisatoren Klaus Reinsch und Elmar Junker eröffnet. Fast alle 50 Teilnehmer waren schon anwesend, als anschließend Klaus Reinsch einen Überblick über die Sonne als faszinierendem Stern verschaffte und anschließend - nach Verteilung von 3D-Brillen - erste Bilder der STEREOSonnenmission präsentierte. Elmar Junker stellte dann die Sonnenbeobachtung durch Amateure vor und zeigte, warum man dabei sein und mitmachen sollte. Zur Abrundung des ersten Tagungstages wurde dann noch das Video ,,25 Jahre SONNE" von Peter Völker mit einer anschließenden kurzen Diashow von Michael Delfs vorgeführt, die die letzten fünf SONNE-Tagungen Revue passieren ließ. Nach den Vorträgen konnte aufgrund des kühlen und feuchten Wetters das gemeinsame, leckere Abendessen im ,,Schützenhaus" leider nicht im Biergarten eingenommen werden. Das gemütliche Beisammensein musste ebenfalls drinnen stattfinden.
Der Freitag begann mit besserem Wetter und ab 8 Uhr mit einer Gelegenheit zur Sonnenbeobachtung an den Instrumenten der Dachsternwarte auf der Fachhochschule (http://www.fh-rosenheim. de/sternwarte.html). Danach starteten zwei parallele Workshops, die ,,Einführung in die Sonnenbeobachtung" durch Wolfgang Lille (,,Geräte und Zubehör") und Michael Delfs (,,Beobachtungspraxis"), sowie die ,,Bildverarbeitung in Theorie und Praxis" durch Klaus Reinsch (,,Grundlagen der Bildverarbeitung"). Nach einer Pause ging es in Workshops weiter: Einerseits die ,,Einführung in die Sonnenbeobachtung" mit Beiträgen von Steffen Fritsche (,,Relativzahlbestimmung für Anfänger"), Elmar Junker (,,Positionsbestimmung von Sonnenflecken") und Wolfgang Lille
Abb. 1: Prof. Harald Lesch bei seinem Vortrag
(,,Wie nehme ich ein gelungenes Sonnenfoto auf?"), andererseits die ,,Bildverarbeitung" durch Michael Delfs (,,Bildbearbeitung mit GIOTTO") und Klaus Reinsch (,,Anwendungsbeispiele zur Bildverarbeitung und -analyse mit ImageJ"), wobei an zahlreichen PCs auch selbst geübt werden konnte. Nach dem Mittagessen in der Mensa der Fachhochschule ging es dann mit Bus und Zahnradbahn zum 1800 m hoch gelegenen Wendelstein-Observatorium. Jedem, der noch nicht dort war, kann ein Besuch unbedingt empfohlen werden. Dort wurden die Tagungsteilnehmer bei prächtigem Wetter in zwei Gruppen herumgeführt und konnten noch zusätzlich durch ein kleines, separat aufgestelltes Teleskop mit Coronado-Filter einen Blick auf die Sonne in H-Alpha werfen, denn das Wetter wurde im Laufe der Tagung immer besser. Trotz Fleckenminimums zeigte sich sogar eine kleinere komplexe Fleckengruppe. Professionell wird die Sonne auf dem Wendelstein schon seit über 10 Jahren nicht mehr beobachtet, da sich die Bedingungen insbesondere für die Koronabeobachtung sehr stark verschlechtert haben und nur noch ganz selten Beobachtungen zulassen würden. Es finden auf dem Wendelstein darum nur noch Nachtbeobachtungen statt. Durch die fachkundige Führung war viel über die Arbeit der Astronomen auf dem Wendelstein und den bald anstehenden
Austausch des Teleskops zu erfahren (Infos: www. wendelstein-observatorium.de).
Nach der Rückkehr nach Rosenheim begann um 18 Uhr der Fachvortrag im Audimax der Fachhochschule mit der Begrüßung durch den FH-Präsidenten, Prof. Dr. Alfred Leidig. Aufgrund der Popularität des Fachreferenten Prof. Dr. Lesch von der Uni München, waren im Audimax nicht nur alle 300 Sitzplätze belegt, sondern es standen und saßen dort noch 200 weitere Menschen. Weitere 250 Astronomie-Enthusiasten aus dem Landkreis Rosenheim folgten der Vorlesung ,,Was hat das Universum mit mir zu tun?" auf einer Großbildleinwand im Foyer der Fachhochschule. Diese Menge an Menschen veranlasste den FH-Präsidenten zu der Feststellung, dass er das Audimax noch nie so voll gesehen habe. Der 90minütige Vortrag von Prof. Dr. Harald Lesch war tiefgründig, schlug die Brücke von der Philosophie zur Astronomie und zurück, war anschaulich und ausführlich in seiner gewohnt lockeren Art. Zahlreiche Fragen nach Ende des Vortrages zeigten das starke Interesse an astronomischen und auch philosophischen Themen und Herr Lesch ging auf alle Fragen ein. Gegen 21 Uhr fanden sich die Tagungsteilnehmer und der Fachreferent Herr Lesch im Gasthof Höhensteiger zum Abendessen ein - für einen Biergartenaufenthalt war es leider immer noch zu kühl - und gönnten sich dann im Verlauf des Abends noch ein schönes Video von Anke Hamann und Manfred Heinrich mit eindrucksvollen, musikalisch untermalten Aufnahmen der Sonne in H-Alpha und Weißlicht aus dem vergangenen Jahr.
Am Samstag konnte bei strahlendem Sonnenschein ab 8 Uhr wieder auf der Dachsternwarte der Fachhochschule beobachtet werden, bevor eine Stunde später Andreas Bulling das SONNERelativzahlnetz vorstellte, Steffen Fritsche über das A-Netz zur Beobachtung der Sonne mit bloßem Auge und ohne optische Hilfsmittel sprach und Friedrich Smit über ,,Beobachtung langlebiger Flecken im Minimum und Bestimmung der kar-
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tesischen Koordinaten" referierte. In der Kaffeepause wurde in der Dachsternwarte ausgiebig die Sonne mit verschiedenen, teilweise selbst mitgebrachten Instrumenten beobachtet und gefachsimpelt. Besonderes Interesse fand dabei die Sichtbarkeit der Venus am strahlend blauen Himmel ohne Hilfsmittel links unterhalb der Mondsichel. Nach der Pause berichtete Dr. Walter Kraul anekdotenreich aus den Anfängen des Wendelsteinsobservatoriums 1952, die er selbst miterlebt hat. Ab 12 Uhr schließlich zeigte Wolfgang Lille seine besten Sonnenfotos im Weißlicht und H-Alpha aus den letzten Zyklen.
Von einem Mittagessen im Biergarten der Mensa gestärkt, wurde anschließend das Thema ,,Sonne im Schulunterricht" behandelt. Kurt Hopf stellte elementare und multimediale Arbeitshilfen für den Schulunterricht vor und Steffen Fritsche konnte von seinen Erfahrungen und Hoffnungen beim Thema Sonne im Unterricht an Gymnasien erzählen. Kurt Hopf verschaffte dann einen Überblick über das Projekt GribS des Bayerischen Bildungspaktes (GribS steht für ,,Grundschulen zur individuellen Förderung bayerischer Schülerinnen und Schüler") und Vadim Burwitz von der ESO in Garching stellte einen von ihm und Kollegen entwickelten Reflektionsgitterspektrographen mit Namen DADOS für den Einsatz in der Schule oder Volkssternwarte vor. Dieses sehr handliche Gerät hat alle Eigenschaften eines professionellen Spektrographen und ermöglicht bei helleren Objekten eine direkte Beobachtung mit einem Okular, in jedem Fall aber hat es eine Anschlussmöglichkeit für CCD, Webcam und Digitalkamera für eine Spektroskopie lichtschwacher Objekte. DADOS soll bei der Firma Baader angeboten werden und ist auch für Volkssternwarten geeignet. Elmar Junker zeigte dann Projektthemen für Facharbeiten und ,,Jugend forscht" mit anschließender Diskussion und Erfahrungsaustausch auf.
In der abschließenden Plenumsdiskussion wurden der Verlauf der Tagung sowie die Zukunft der Amateursonnenbeobachtung behandelt. Kurt Hopf stellte dabei heraus, dass mit dieser Tagung Geschichte geschrieben worden sei, da hier zum ersten Mal Amateurastronomen eine Lehrerfortbildung veranstaltet haben. Allgemein wurde der Tagungsverlauf sehr positiv bewertet. Der Fluss an Informationen und Eindrücken war so umfangreich, dass bei manchen
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Abb. 2: Gruppenfoto der Tagungsteilnehmer
eine Übersättigung eintrat. Der Weg der Lehrerfortbildung soll jedoch auch in Zukunft beschritten werden, um vielleicht über diesen Weg auch wieder Schülerinnen und Schüler für die Sonnenbeobachtung gewinnen zu können. Jeder ist herzlich eingeladen, sich an der Organisation, der Durchführung und den Vorträgen der nächsten Sonne-Tagung zu beteiligen. Um 18 Uhr schließlich begann der zweite Fachvortrag. Dr. Bruno Leibundgut von der ESO in Garching sprach über ,,Die Zukunft der Sonne und des Universums - Beobachtungsergebnisse mit den modernsten Teleskopen der Welt" vor rund 150 Zuhörern im Audimax der Fachhochschule. Dieser 70minütige Vortrag brachte auch für bewanderte Zuhörer sehr viel Neues und Aktuelles. Fragen, die sich dem Zuhörer im Laufe des Vortrages stellten, beantwortete der Vortrag meist von selbst. Ab 20 Uhr nahmen die verbliebenen Tagungsteilnehmer im Biergarten des Gasthofes Höhensteiger zum Abendessen Platz. Von dort konnten dann an diesem sehr klaren Abend zum Dessert noch außer Mond und Venus auch der Merkur beobachtet werden. Zahlreiche Versuche, das Schauspiel zu fotografieren, führten zu abenteuerlichsten Verrenkungen beim Aufstützen und Auflegen der Kameras. Ein kleines SONNEnquiz sorgte später noch für glückliche Gewinner von Büchern und Tagungsshirts. Die gemütliche Runde im Gastraum endete kurz nach Mitternacht.
Vielen Dank dem ganzen Organisationsteam für diese tolle Tagung. Wir freuen uns
auf ein Wiedersehen nächstes Jahr in Bochum: Termin: 1. bis 4. Mai 2008; Ort: Planetarium und Stadtarchiv Bochum - Amateursonnenbeobachtung (Flecken,
Fackeln, Protuberanzen, Flares, Finsternisses u.v.a.m.) - Instrumente zur Sonnenbeobachtung - Grundlagen und Praxis der Bildverarbeitung - Jugend-forscht Arbeiten; Facharbeiten in der Oberstufe - Anregungen zur Gestaltung des Physikund Astronomieunterrichts (anerkannte Lehrerfortbildung) - Exkursion - Fachvortrag Freitagabend
Die Veranstaltung kann als Lehrerfortbildungsseminar anerkannt und bescheinigt werden. Das Bundesland NordrheinWestfalen stellt es den jeweiligen Schulleitern frei, Lehrer daran teilnehmen zu lassen, in Bayern wird die Veranstaltung über die regionalen Fortbildungsprogramme der MBs freigegeben.
Kontakt und Information für die Tagung 2008: Michael Delfs Waldsassener Str.23 12279 Berlin e-mail: Sonnentagung2008@arcor.de
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Sonnenbeobachtungen in den Jahren 2004 bis 2006
von Klaus Kosbi
Auch wenn die Sonne innerhalb ihres 11jährigen Zyklus gerade auf ihr Fleckenminimum zusteuert, ist ein Blick auf die Sonne immer wieder eine lohnende Beschäftigung. Beobachtet man die Sonne über mehrere Tage hinweg, so wird man schnell das Wandern der Flecken, die häufig in Gruppen auftreten, über die Sonnenoberfläche bemerken. Diese Wanderung wird durch die Eigenrotation der Sonne hervorgerufen, die sich - von der Erde aus gesehen - in 27,3 Tagen einmal um sich selbst dreht. Diese Flecken bleiben aber nicht fix an der Sonnenoberfläche, sondern entstehen und vergehen fortwährend, getrieben durch komplexe magneto-hydrodynamische Vorgänge im Sonneninneren. Um die Aktivität der Sonne auf eine einfache Maßzahl zu reduzieren, hat Rudolf Wolf, ein Züricher Sonnenbeobachter des 19. Jh., die sog. Sonnenflecken-Relativzahl (abgekürzt mit R) eingeführt. Diese berechnet sich einfach aus der Anzahl der beobachteten Fleckengruppen G und den darin enthaltenen Einzelflecken F durch
R = 10*G + F Diese Rechnung trägt der Feststellung Rechnung, dass die Sonnenaktivität vorrangig durch das Erscheinen zahlreicher Sonnenfleckengruppen bestimmt wird. Daher ist deren Anzahl höher gewichtet als die Anzahl der Einzelflecken. Der Faktor 10 ist dabei willkürlich gewählt worden. Mittlerweile haben sich auch andere Verfahren zur Bestimmung der Sonnenaktivität im Weißlicht durchgesetzt (z.B. eine Maßzahl, welche die Fläche der auftretenden Sonnenflecken bewertet), aber die klassische Wolfsche Relativzahl ist gerade auch in Amateurkreisen sehr beliebt und in internationalen Beobachternetzen gut vergleichbar. Die ,,offizielle" Relativzahl wird in Brüssel beim ,,Solar Influences Data Analysis Center (früher: Sunspot Index Data Center SIDC)" ermittelt. Die Beobachtungen werden dabei nach wie vor auf das ,,Standard"Teleskop von Rudolf Wolf mit 8 cm Öffnung und 110 cm Brennweite reduziert. Benutzt man ein größeres Teleskop, so wird die ermittelte Relativzahl größer, bei einem kleineren Gerät kleiner ausfallen als die offizielle.
Abb. 1a + b: Historische Photographie von Rudolf Wolf (1816-1893), dem ,,Erfinder" der Sonnenflecken-Relativzahl, der auch erstmals den Zusammenhang zwischen dem 11jährigen Fleckenzyklus und dem irdischen Magnetfeld nachwies. Rechts die Kuppel des Königlichen Observatorium in Brüssel, das die heutigen Sonnenteleskope (s. Inlay) beherbergt (,,http://www.aip.de/image_archive/Belgium. Brussels.html).
Ein Reiz der eigenen Sonnenbeobachtung besteht nun unter anderem darin, dieser offiziellen Sonnenfleckenrelativzahl so nah wie möglich zu kommen.
Beobachtungsgeräte Zur Sonnenbeobachtung benutze ich
einen Fraunhofer-Refraktor mit 10 cm Öffnung und einem Meter Brennweite. Zur Abschirmung der intensiven Sonnenstrahlung wird ein Glassonnenfilter mit einer Transmission von 1/100.000stel (d.h. ND5) eingesetzt. Ich verwende bei der Sonnenbeobachtung gern ein ZoomOkular mit 8-24 mm Brennweite, womit sehr leicht die optimale Vergrößerung zur jeweils herrschenden Luftunruhe gewählt werden kann, ohne ständig die Okulare wechseln zu müssen.
Abb. 2: Das für die Sonnenbeobachtung eingesetzte Equipment
Photos der Sonne mache ich mit einer umgebauten Digitalkamera, an der ich das Objektiv ausgebaut habe. Als Aufnahmeobjektiv dient ein kleiner Refraktor mit 6 cm Öffnung und 400 mm Brennweite. Bei dieser Brennweite wird der CCD-Chip der verwendeten Digitalkamera von der Sonne gerade maximal formatfüllend ausgeleuchtet (s. SuW 1/2005, S. 68-70). Um auch - zumindest grobe - Positionsbestimmungen von Sonnenflecken (also
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Beobachtungsbedingungen wie Luftunruhe und Durchsicht der Atmosphäre) 1,32 mal so viele Flecken. Das entspricht ziemlich genau dem 1,25fach besseren Auflösungsvermögen eines 10 cm Objektivs gegenüber einem solchen mit 8 cm (gleiche optische Qualität vorausgesetzt). Insgesamt folgen meine Beobachtungen aber recht gut der offiziellen Kurve.
Die gemessene Sonnenflecken-Relativzahl
zeigt viele Maxima, die fast in gleichem
relativem Abstand zueinander auftreten.
Betrachtet man dazu noch die Zeit-Skala,
so stellt man schnell fest, dass die Sonne
im Jahre 2005 Flecken im wesentlichen
auf einer Halbkugel hervorgebracht hat (in
Ost-West-Richtung betrachtet), wodurch
sich das ständige Auf und Ab über eine
Abb. 3:
Sonnenrotation erklärt.
Die Sonnenflecken-Relativzahl im Jahre 2005 nach eigenen Messungen und die offi-
ziellen SIDC-Werte
Vom Tag ,,meines" Sonnenfleckenmaxi-
mums 2005, dem 10. Juni, ist neben-
deren Längen- und Breitengrade auf der
Sonnenoberfläche) durchführen zu kön-
nen, orientiere ich die Kamera vor jeder
Aufnahme so, dass die Sonne auf dem
Display möglichst exakt entlang einer
Pixelzeile läuft, wenn die Nachführung
des Teleskops abgeschaltet ist. Damit ist
auf den Aufnahmen die O-W-Richtung
(am Himmel) festgelegt. Diese Prozedur
ist notwendig, da ich nicht über eine fest
aufgestellte Montierung verfüge, sondern
wie die meisten anderen Sternegucker
auch vor jeder Beobachtung mein Fernrohr
ins Freie transportieren muss. Natürlich
muss auch vor dem CCD-Chip ein
Sonnenfilter angebracht sein. Hier hat sich
die Verwendung eines ansonsten besser
unbenutzt gelassenen Okular-Sonnenfilters
bewährt, der die Sonne tief grün färbt Abb. 4:
und dessen optische Qualität für diese Die Sonne am 10.06.2005, aufgenommen mit einem einfachen 6 cm Refraktor und
Anwendung absolut ausreichend ist. Die einer ebenso einfachen Digitalkamera. Herausvergrößert sind rechts oben ein Fleck
kontrastreichsten Photos der Sonne entste- mit einer Lichtbrücke und rechts unten eine Fleckengruppe, die von einem hellen
hen mit diesem Filter, wenn die Kamera im Fackelgebiet umgeben ist.
Schwarzweiss-Modus betrieben wird.
die Zeit (gemessen in der fortlaufenden stehend eine Photographie durch das 6
Beobachtungen
Tageszählung des sog. Julianischen cm Teleskop gezeigt. Die Aufnahme ent-
Über das gesamte Jahr 2005 hatte ich Datums) aufgetragen. Dabei entspricht der hält weitere Details wie eine Lichtbrücke
Gelegenheit, an 101 Tagen die Sonne zu Abstand zweier Zahlen an der x-Achse in einem der Hauptflecken und eine am
beobachten. Das geschieht meist morgens etwa dem Zeitraum einer Sonnenrotation. Westrand verschwindende Fleckengruppe
bevor ich zur Arbeit gehe - Gleitzeit sei Die Datenreihen beginnen am 7. Januar ist von einem (helle Strukturen) einge-
Dank! - im Sommer aber auch häufig und enden am 12. Dezember. Blau sind schlossen.
am Abend. Meiner Erfahrung nach ist meine eigenen Daten dargestellt und rot
die Beobachtung am Abend oft weniger die SIDC-Daten. Wie erwartet sieht mein Betrachtet man den Zeitraum von 2004-
günstig, da die aufgeheizte Erdatmosphäre Fernrohr im Mittel mehr Flecken als der 2006, in dem ich mit etwa 100 Tagen pro
dann turbulenter ist als morgens.
(heutzutage nur noch gedachte) kleinere Jahr einigermaßen systematisch die Sonne
Refraktor von Rudolf Wolf, auf den ja beobachtet habe und korrigiert die am hei-
In der Graphik sind die Ergebnisse der die SIDC-Daten bezogen werden. Und mischen Fernrohr ermittelte Relativzahl,
Bestimmung der Relativzahl R gegen zwar sehe ich (ohne Berücksichtigung der so zeigt sich, dass Eigenbeobachtung
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und SIDC nur selten sehr große Abweichungen voneinander zeigen. Der Korrelationskoeffizient schwankt in den Jahren zwischen 0,63 und 0,82.
Interessanterweise ist es mir nicht gelungen, eine deutlich bessere Korrelation durch Einbeziehung der bei jeder Beobachtung mitprotokollierten atmosphärischen Randbedingungen (Luftunruhe und Durchsicht) zu erzielen als es mit dem oben erwähnten konstanten Faktor gelungen ist. Zu diesem Thema würde ich mich sehr über einen Artikel im VdS-Journal freuen.
Insgesamt lässt sich gut die Abnahme der Relativzahl über die Jahre beobachten. Es bleibt nun zu hoffen, dass es spätestens im Jahre 2008 wieder interessanter wird auf der Sonne.
Schluss Ich hoffe, die dargestellten Ergebnisse meiner Sonnenbeobachtungen aus dem Jahre 2004-2006 wecken bei dem einen oder anderen Leser auch die Lust, sich mit dem lebensspendenden Gasball in der Mitte unseres Planetensystems auseinander zu setzen. Wenn man bei der Beobachtung der Sonne die absolut notwendigen Vorsichtsmaßnahmen trifft, kann man mit relativ bescheidenem Aufwand nicht nur sehr schnell auswertbare Ergebnisse erhalten, sondern hat auch dieses tolle Gefühl zu wissen, was da oben los ist. Und wenn man Sonnenbeobachtung (selbst wenn nur sporadisch) über viele Jahre betreibt, ist es möglich, den 11jährigen Sonnenfleckenzyklus zu erfahren, was einem ein ganz anderes, unvertrautes Zeitgefühl empfinden lässt. Welches andere periodische Ereignis dieser Dauer lässt sich so eindrucksvoll nachvollziehen? Hier wird dem Interessierten eine Möglichkeit aufgetan, ein wenig von der Großartigkeit astronomischer Zeitskalen zu erleben, auch wenn 11 Jahre noch immer sehr wenig sind im Vergleich zu zahlreichen anderen Prozessen im Universum. Um dies zu erleben braucht man aber zum Equipment noch ein Weiteres: Geduld...
Links zum weiteren Studium der Sonne: www.sidc.be Info-Seiten des SIDC www.vds-sonne.de Seiten für Sonnen-Amateure im deutschsprachigen Raum
Abb. 5: Die Sonnenflecken-Relativzahl in den Jahren 2004-2006 nach eigenen Messungen und die offiziellen SIDC-Werte
Die Sonne beobachten
800 Seiten voller Informationen rund um die Sonnenbeobachtung. Geschrieben von 27 erfahrenen Hobbysonnenbeobachtern für die Praxis.
Inhaltsverzeichnis: 1. Instrumente und Hilfsmittel 2. Spezialgeräte zur Sonnenbeobachtung 3. Visuelle Beobachtung 4. Fotografie, CCD-, Film- und
Videoaufnahmen 5. Sonnenflecken 6. Sonnenfleckenstatistik 7. Positionsbestimmung 8. Sonnenfackeln 9. Photosphärische Granulation 10. Sonnenbeobachtung im H-Alpha-Licht 11. Sonnenbeobachtung im Radiobereich 12. Sonnenfinsternisse
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Sonnenbeobachtung im H-alpha-Licht, wie und womit?
von Wolfgang Lille
- Teil 2 -
Wie kann man die neuen H-alpha Systeme noch ausbauen? Wenn das Seeing nicht so gut ist, kann man Objektivseitig die Fernrohröffnung bzw. den Rotfilter IR/AR mit einem Lochdeckel auf halbe Öffnung reduzieren. Oder etwas aufwendiger, indem man eine Irisblende vormontiert (Abb. 1).
Wenn man die Fernrohröffnung halbiert hat, kann man auch gleich okularseitig
Abb. 1: Objektivrotfilter mit aufmontierter Irisblende 120/60 mm.
welchen Filter ich vor dem Okular bzw. vor der Kamera verwende.
Für H-alpha einen RG 645 Rotfilter, für die Sonnenflecken einen Solar-Kontinuum Filter zusammen mit einem 1/100 Graufilter.
Und dann geht es auch mit einem Kalziumfilter! Aber zur Sicherheit für das Auge nicht mehr visuell, sondern nur fotografisch mit Kontrolle am PC oder Laptop.
Was gibt es noch? Man wechselt zum Beispiel den Zenitspiegel gegen ein Fotobino oder einen Strahlenteiler aus. Mein verwendetes Leitz-Bino hat einige Besonderheiten. Der Augenabstand wird zwar mit einer Schiebebrücke verstellt, aber diese ist ,,gewölbt" gelagert und so bleibt der einmal eingestellte Fokus erhalten.
Der Kameraadapter kann über eine Schiebehülse mit den Okularen homofokal eingestellt werden.
Abb. 2: Lille 30/30 H-alpha mit vormontierter 1:3 Telezentrik, Fotobino mit angesetztem KB Digitalgehäuse
z.B. die 1:4 Telezentrik gegen eine 1:2 Telezentrik austauschen. Jetzt halbiert sich auch die Äquivalentbrennweite auf die Hälfte und meistens ist dann auch mit den kleineren H-alpha-Systemen die Gesamtsonne zu sehen.
Eine neue Variante, die ich zur Zeit erprobe, ist das Objektiv-Rotfilter IR/AR gegen einen Objektiv-Neutralfilter IR/AR auszutauschen. Dadurch kann ich in verschiedenen Wellenlängen beobachten, je nachdem
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Abb. 3: H-alphaAusrüstung im Okularauszug. Mit Strahlenteiler 90/10 %, auf dem Kontrollokular aufmontierte Digitalkamera und hinter dem Strahlenteiler das KB Digitalgehäuse.
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Abb. 4: Gesamtansicht: ,,Alt"-Montierung mit Glockensäule, 6"/1:10 FH Refraktor mit 150 mm Rotfilter IR/ AR und großes H-alpha-System mit Okularauszug.
Und dann noch etwas Besonderes: Mit einem seitlichen Schieber lassen sich zwei unterschiedliche Bauernfeindprismen in den Strahlengang einschieben.
Einmal mit 100 % Licht in die Okulare. Oder einmal mit ca. 20 % für die Okulare und ca. 80 % für die Kamera! Nach der Bildeinstellung an den Okularen wird das Fotoprisma reingeschoben und auch die
Abb. 5: 09.06.2007, 6"/1:15 Faltrefraktor mit Zeiss ,,B" Objektiv, 2fach Telezentrik und Lille 30/30 H-alpha System 1/200 sec. Canon D20a (Aufnahme: W. Lille/J. Barth).
20 % Licht sind noch hell genug, das Seeing zu beobachten und einen guten Augenblick abzuwarten und dann die Kamera auszulösen (Abb. 2)!
Ein Nachteil bleibt aber noch. Der freie Durchlass beträgt nur 15 mm und der Kamera-Chip wird deshalb nicht voll ausgeleuchtet. Aber ein vormontierter Telekonverter kann da Abhilfe schaffen.
Oder man nimmt einen großen 40 mm x 40 mm Strahlenteiler (90 % zu 10 %).
Das Kontroll-Okular kann aber auch zum Fotografieren verwendet werden, z.B. mit einer Filmkamera, die am Okular befestigt wird (Abb. 3 und Abb. 4).
Trotz geringer Sonnenaktivität gab es auch diesen Sommer auf der Sonnenoberfläche einiges zu sehen (Abb. 5) und ab 2008 kann es nur noch mehr werden.
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V0696 Mon (HR2142) und Aqr im H-Licht - spektroskopisch gesehen
von Ernst Pollmann
Abb. 1: Selbstbau-Spektrograph an der Lichtenknecker FFC in der STW der VdS-Köln
ren zu einer noch komplexeren Dynamik, die nach wie vor im Fokus der wissenschaftlichen Forschung steht.
Allgemein berichten Linienprofilformen über die Verteilung der Rotationsgeschwindigkeit in photosphärennahen Zonen des Zentralsterns sowie über die Rotationsgeschwindigkeit und die Temperaturschichtung in der Scheibe. Die Spektroskopie mit mittlerer Auflösung (R=/=10000...20000), die heutzutage durch ambitionierte Amateure leicht erreicht werden kann, erlaubt das Studium genau dieser dynamischen Effekte auf das zeitliche Verhalten der Emissionslinienprofile.
Beobachtungsausstattung Mein selbstgebauter spaltloser Spektrograph ist mit einem Reflexionsgitter (1800 Linien/mm, 50x50mm2, Blazewellenlänge 500 nm, Effizienz bei 650 nm 50%), einem Kollimator f=135 mm (f/2,8) und einer Kamera f=200 mm (f/4,5) ausgestattet. Die Dispersion bei H beträgt 27 Å/mm (= 0,245 Å/Pixel). Dies führt bei einem typischen Seeing von etwa 2" zu einer Auflösung von R ~ 14000. Das Gitter ist auf 650 nm (H) fest eingestellt. Zur
Einstellung des Sterns ist im Strahlengang des Kollimators zum Gitter ein kleines Feldsucherteleskop mit Klappspiegel eingebaut. Als CCD-Kamera wird eine NOVA402 der Fa. Astro-Elektronik Fischer benutzt. Abb. 1 zeigt den fest am 20 cm Schmidt-Cassegrain Teleskop (FlatField-Camera der Fa. Lichtenknecker) angeflanschten Spektrographen in der Arbeitssternwarte der VdS-Köln in Odenthal-Scheuren.
HR2142 - ein Doppelsternssystem mit Emissionslinien HR2142 (HD41335, VO696 Mon) ist ein in den letzten 50 Jahren häufig studierter Be-Stern. Seine projizierte Rotationsgeschwindigkeit ist sehr hoch (350-400 km/s). Die auffälligste Eigenschaft seines Spektrums sind die Balmer-Linien in Emission, die eine zentrale Einsenkung zeigen. Seit der Entdeckung periodischer Linienprofilvariationen wird HR2142 als Doppelsternsystem mit einer Umlaufzeit von 80,86 Tagen betrachtet. Dies drückt sich durch periodische V/R-Veränderungen in der H-Linie aus. Ursache dafür scheint ein zusätzlicher Materiefluss in die Scheibe zu sein, der zu erhöhter Emission führt.
Einleitung In diesem Aufsatz berichte ich über zwei typische Objekte meiner Programmsterne, die der Klasse der relativ jungen B-Sterne angehören. Es handelt sich dabei um Sterne, in denen einige Spektrallinien des Wasserstoffs im sichtbaren Bereich als Emissionslinien in Erscheinung treten. Hervorgerufen werden diese Emissionen in einer hüllenartigen Scheibe aus Wasserstoffgas, die den eigentlichen Stern umgibt. Gespeist werden diese Scheiben durch einen zeitabhängigen und variablen Masseverlust des Zentralsterns. Dieser Massenverlust führt in Verbindung mit der Rotation des Zentralsterns und der Scheibenrotation zu interessanten Effekten in der Evolution der Emissionslinienprofile. Die spektrale Besonderheit klassifiziert diese Sterne als sogenannte Be-Sterne. Zusätzliche Begleiter des Zentralsterns füh-
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Abb. 2: Die H-Emission von HR2142 zeigen Änderungen in der violetten (V) und roten (R) Komponente. (Beobachtungszeiträume: 09/2003-04/2004,09/2004-04/2005,10/200504/2006)
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Abb. 3: Phasenbezogene Variabilität V/R-Verhältnisses der H-Linie
Aufgrund der Komplexität der azimutalen Verteilung des Scheibenmaterials werden tomographische Studien durch das V/RVerhältnis als wichtig erachtet. Deshalb haben Astronomen der Landessternwarte Heidelberg eine Zusammenarbeit mit den Amateurastronomen vorgeschlagen,
da diese kontinuierliche LinienprofilBeobachtungen durchführen können, die an Großobservatorien so nicht möglich sind.
Generell hängt die Stärke der zentralen Einsenkung vom Winkel zwischen der Sichtlinie und der Bahnebene des
Doppelsystems ab. Große Winkel manifestieren sich in einer starken Einsenkung, weil das einfallende Gas die Sichtlinie schneidet. Mit Spektrographen einer Dispersion von wenigstens 35 Å/mm und einer Auflösung von R ~ 12000 können die V/R-Variationen verfolgt werden.
Abhängig von der Phase erkennt man eine rot- bzw. blauseitige Verschiebung des Emissionsmaximums als V/R-Variation (Abb. 2). Die zentrale Einsenkung entwickelt sich um die Phase 0,0 (oder 1,0), wenn das Gebiet des in die Scheibe einfallenden Gases vor dem Be-Primärstern steht. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich der Begleiter zwischen Beobachter und Be-Stern. Abb. 3 zeigt die phasenbezogene Auftragung des V/R-Verhältnisses aus drei Beobachtungsperioden. Die Fehlerbalken ergeben sich aus Messungen an Standardsternen.
Das V/R-Verhältnis während der Beobachtungsperiode 2003/2004 hat sein Maximum von 1,07 bei der Phase 0,85, 1,22 bei 0,93 (2004/2005) und 1,16 bei
Abb. 4: Evolution der H-Linie. Die Spektren sind gegeneinander zur besseren Darstellung mit einem Offset versehen.
Abb. 5: Evolution der HeI6678-Linie. Die Spektren sind gegeneinander zur besseren Darstellung mit einem Offset versehen.
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0,9 (2005/2006). Zusätzlich erkennbar ist ein bemerkenswerter Wechsel im V/RVerhältnis zwischen Phase 0,5 und 0,6. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich der Begleiter hinter dem Zentralstern. Während der gesamten Beobachtungsperiode variierte die Äquivalentbreite der H-Linie zwischen 24-36 Å. Eine Korrelation zwischen diesen Änderungen und dem V/RVerhalten konnte aber nicht festgestellt werden.
Aqr - Aufbau einer Be-Sternscheibe im HeI6678-Licht Die Erweiterung meines Monitorings auf die Heliumlinie (HeI) bei 6678 Å ist darin begründet, dass im Rahmen der eigentlichen H-Überwachung (H: = 6563 Å) die HeI-Linie innerhalb des festeingestellten Spektralbereichs von etwa = 6450-6750 Å liegt. Damit hatte sich die simultane Auswertung der HeI-Linie geradezu aufdrängt. Außerdem manifestieren sich in dieser Linie quasi-photosphärische Aktivitäten nahe der Sternoberfläche, die in dem Übergangsbereich zwischen Photosphäre und Scheibe interessante dynamische Prozesse durch Veränderungen im Linienprofil und der Linienstärke zu Tage treten lassen.
Abb. 4 zeigt zunächst das Zeitverhalten der H-Emission und Abb. 5 das der HeI6678-Linienkombination von Oktober 2004 bis Ende November 2005. In der Zeit von Oktober bis Dezember 2004, in der die H-Emission nur in einer relativ geringen Ausprägung mit einer Äquivalentbreite von etwa 4-5 Å beobachtet werden konnte,
war die HeI6678-Linie vermutlich deshalb nicht zu sehen, weil ihr photosphärisches Profil (Absorptionslinie im Spektrum des Zentralsterns) mit Emissionsanteilen aus der Scheibe gerade so aufgefüllt war, dass sie nicht vom benachbarten Kontinuum unterscheidbar war.
Weiterhin ist zu bedenken, dass für die H-Emission wesentlich niedrigere Anregungstemperaturen erforderlich sind. Außerdem entsteht sie in den weit ausgedehnten Regionen der Sternhülle. Die Helium-Emission dagegen wird relativ nahe der stellaren Oberfläche produziert.
Die Rotationsgeschwindigkeit des zirkumstellaren Materials ist nahe der stellaren Oberfläche am größten (ca. 450-500 km/ sec), sie verringert sich aber rasch entsprechend den Keplerschen Gesetzen in Richtung der den Stern umgebenden Hülle. Diese Tatsache war in der Beobachtungsperiode von August bis November 2005 zu beobachten, als die H- wie auch die HeI6678-Emission stärker in Erscheinung traten, die jeweilige Peak-Trennung (= differentielle Rotationsgeschwindigkeit als Dopplerverbreiterung der Linien) in der He6678-Linie mit 475 km/sec (entsprechend Kepler) größer war als bei der H-Linie mit 325 km/sec (zur Erinnerung: H entsteht in den ausgedehnten Scheibenregionen, HeI6678 in der Nähe des Zentralsterns).
Die in den Randgebieten des Zentralsterns erzeugten Linien sind durch den Dopplereffekt zum blauen und roten Ende
des Spektrums hin gegen ihre Nulllage verschoben, da der eine Rand sich auf uns zu und der andere von uns weg bewegt. Dadurch tritt insgesamt eine Verbreiterung der Spektrallinien ein. Sie werden umso breiter, je höher der Betrag der Rotationsgeschwindigkeit ist.
Fazit und Ausblick Die spektroskopische Beobachtung von Be-Sternen ist nach wie vor spannend, da diese von ständigen Veränderungsprozessen im Zentralstern und der ihn umgebenden Scheibe gekennzeichnet sind. Mit den uns Amateurastronomen heutzutage verfügbaren Geräten lassen sich diese Prozesse beobachterisch verfolgen und gleichzeitig wissenschaftlich wertvolle Daten sammeln.
Neues aus der FG Veränderliche (BAV)
von Dietmar Bannuscher
Das traditionelle Jahrestreffen der Veränderlichenbeobachter im Frühjahr in Hartha/Sachsen war wieder einmal ein gelungenes Beisammensein. Eine informative Zusammenfassung lesen Sie in diesem Heft. Anfang September fand ebenfalls mit gutem Erfolg zum vierten Male die BAV-Veränderlichenbeobachter-Woche in der VdS-Sternwarte Kirchheim statt. Ein Erlebnisbericht von Teilnehmern erzählt Ihnen die ganze Geschichte. Gleichzeitig bot das Jahr 2007 bisher auch wirklich herausragende Ereignisse an Veränderlichen Sternen. Mira hatte im Februar ein ,,Jahrhundert"-Maximum, war heller als 2 mag. Dies gab es seit der Überwachung des Sterns bisher nur ein Mal. Mehrere Zwergnovae machten von sich reden, Interaktionen in engsten Doppelsternen mit durchaus unüblichem Verlauf waren zu sehen. Wie so etwas zugehen kann, zeigt der Artikel über Zwergnovae von Markus Schabacher.
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Abb. 1: Aufnahme Mira 21.2.2007, Standort Neuried bei München, 19:00 Uhr, Mond 4 Tage alt. Leica R8 mit Summicron-R, Objektiv 2,0/35, Fuji Provia 400 F, 8 sec. Aufnahme von Dr. Hans-Jörg Zeitler.
Zwergnovae und ihre Folgen
von Markus Schabacher
Im Standard-Katalog der Veränderlichen (General Catalogue of Variable Stars 4th Ed GCVS) gibt es innerhalb der Klasse der UG (U Geminorum) -Sterne 143 Einträge. Man zählt diese zu den kataklysmischen (explosive) Veränderlichen.
Diese Gruppe der Zwergnovae bestehen wie alle Novae jeweils aus zwei Komponenten: Ein Zwerg oder Unterriese der Klasse K - M, der wiederum in seiner nächsten Umgebung sein Roche-Volumen ausfüllt. Der andere Stern ist ein Weißer Zwerg, der von einer Akkretionsscheibe umgeben ist, wodurch die Materie des anderen Sterns auf die Oberfläche des weißen Zwerges spiralförmig hingleitet und mit einer hohen Geschwindigkeit auf dessen Oberfläche auftrifft.
Nach neuesten Erkenntnissen gibt es zwei Zustände des Weißen Zwerges (WZ):
a) Das Magnetfeld des WZ ist sehr stark, dann wird das überfließende Material in den Feldern eingefangen und treibt an die-
sen entlang bis es an den Polen des Zwerges mit Überschallgeschwindigkeit aufschlägt. Es entsteht durch die extreme Abbremsung Röntgen- sowie Synchrotronstrahlung.
b) Das Magnetfeld des Weißen Zwergs ist sehr schwach, dann wird die Materie des anderen Sterns auf einer Akkretionsscheibe entlang zu der Oberfläche des WZ gezogen und prallt letztlich mit Abgabe von Röntgenstrahlung auf die Oberfläche.
Die Umlaufperiode der beiden Komponenten belaufen sich auf 0,05 bis 0,5 Tage. Im Normalfall sind kleine und schnelle Lichtwechsel bekannt. Diese besagten Lichtwechsel (Amplituden) können manchmal aber auch mehrere Größenklassen erreichen, fallen aber dann innerhalb von mehreren Tagen oder Monaten auf ihre Normalhelligkeit zurück. Die Abstände der oben genannten Zyklen können variieren, dabei muss erwähnt werden, je länger diese besagten Abstände sind, desto größer werden auch die Helligkeitsamplituden. Diese
Abb. 1: Eine Aufsuchkarte von DO Dra der AAVSO
Tatsachen charakterisieren die Sterne in weiteren Untergruppen. Soweit die visuellen Kriterien. Andere Unterscheidungen sind natürlich Röntgenstrahlen, die verständlicherweise dann entstehen, wenn das einfallende Material von dem inneren Rand der Akkretionsscheibe mit Überschallgeschwindigkeit auf die Oberfläche des weißen Zwergs trifft und dadurch wiederum abgebremst wird. Im
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Minimum der Helligkeit (Normalzustand) werden breite Wasserstoff- (H) und Helium (He)-Linien im Spektrum gemessen, die im Maximum fast verschwinden. Des weiteren gibt es unter den UG-Sternen auch Bedeckungsveränderliche, welche ihr Lichtwechsel-Spiel der Tatsache verdanken, dass eine Bedeckung des ,,heißen Flecks" entsteht, der sich wiederum durch den Aufprall der angesogenen Materie auf der Akkretionsscheibe bildet.
Die U Geminorum - Veränderlichen scheiden sich wiederum in 3 Untergruppen:
UGSS: SS Cyg-Sterne (SS Cyg, U Gem); bei diesen Sternen wird das Maximum innerhalb 1 - 2 Tagen mit einer Differenz von 2-6 mag erreicht. Sie fallen dann wiederum innerhalb von einigen Tagen wieder auf die Normalhelligkeit zurück. Die Zyklus-Dauer beläuft sich zwischen 10 und einigen 1000 Tagen. Im oben genannten GCVS-Katalog sind von dieser Unterklasse 81 Objekte bekannt.
UGSU: SU UMa-Sterne haben zwei verschiedene Maxima. Einmal so wie die UGSS-Veränderlichen, die anderen Ausbrüche sind um 2 mag heller und dann auch ungefähr fünfmal länger. Bei den Supermaxima-Ausbrüchen gibt es in den Lichtkurven periodische Überlagerungen, deren Schwingungen mit der Umlaufperiode übereinstimmen. Von dieser Untergruppe sind im GCVS 31 Sterne bekannt.
UGZ: Z Camelopardalis-Sterne haben auch periodische Ausbrüche, wobei sie im Gegensatz zu den UGSS-Veränderlichen nicht einen direkten Weg von Maximum zum Minimum beschreiten, sondern manchmal auf halbem Weg mit ihrer Helligkeit ,,stehen" bleiben. Die Zyklen-Längen betragen 10 - 40 Tage. Die Amplituden sind 2 - 5 mag. Diese Unterklasse ist mit 27 gesicherten Sterne im GCVS vertreten.
In meinem Programm befinden sich drei dieser besagten U GeminorumVeränderliche mit der Unterklasse UGSS und einer der Klasse UGZ (Z Cam). Es handelt sich um DO Dra (10,0-15,1 mag B), SS Cyg (7,7 - 12,4 mag V), CH UMa (10,6 - 16,0 mag B) und EM Cyg (11,9 - 14,4 mag P). Wobei ich gestehen muss, dass ich SS Cyg nicht mehr so oft beobachte, da es eine recht gute Abdeckung an Beobachtern gibt, die SS Cyg regelmäßig und ständig beobachten. Da es nicht lange dauert, bis
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Abb. 2: Ein Lichtkurven-Diagramm von SS Cyg
die Maximum-Helligkeit erreicht ist, beobachtet man diese Sterne besser so oft, wie es möglich ist und bleibe dabei, wenn eine Helligkeits-Veränderung entsteht. Bei CH UMa und DO Dra habe ich eine Unzahl von Beobachtungen mit einer negativen Sichtung, da diese Veränderlichen eine extrem tiefe Minimalhelligkeit besitzen. Natürlich ist es dann etwas ganz besonderes, wenn man diese besagten Sterne dann mal sichtet. Nur sollte man bei einer positiven Sichtung jeden Tag, wenn möglich, beobachten, weil diese Objekte, wie schon oben beschrieben, sehr schnell mit ihrer Helligkeit wieder abfallen. DO Dra hatte seinen letzten bekannten Ausbruch laut BAV-Archiv am 5.2.2006 auf 11,2 mag und mit einer Dauer von 4 Tagen. Das Wundervolle an diesem Veränderlichen ist sein dicht belegtes Sternfeld, wo man genügend Vergleichsterne finden kann (Abb. 1). Die Karte von DO Dra ist ein Ausschnitt aus einer Aufsuchkarte der AAVSO, die man frei von deren Homepage herunterladen kann. Die anderen beiden Sterne aus meinem Programm sind mit einer Öffnung von 8" auch im Minimum zu erkennen. Das bedeutet, man hat hier eine größere Möglichkeit, den Ausbruch der Helligkeit so früh wie möglich zu erkennen.
Als Beispiel SS Cyg (Abb. 2): Hierbei ist es trotz der großen MinimumHelligkeit anhand der Schnelligkeit von SS Cyg äußerst schwer, eine komplette Lichtkurve ohne Lücken zu erstellen. Bei den anderen beiden Sternen in meinem
Programm ist es dafür eine Besonderheit, diesen Stern zu sehen, in dessen Feld man vorher keinen gesehen hat, was natürlich zur Folge hat, dass es in einigen Fällen zu einer harten Geduldprobe kommen kann. Wenn man sich diese besagten SternFelder gut einprägt (was durch regelmäßige Beobachtungen automatisch geschieht), ist es eine Leichtigkeit, eine Veränderung festzustellen. Es ist dann natürlich ein großes Ereignis, was man nicht so schnell vergisst. Das besagte Objekt erscheint plötzlich scheinbar wie aus dem Nichts heraus.
Wie schon oben genannt, möchte ich zum Abschluss nochmals darauf hinweisen, dass es im GCVS eine Menge dieser Zwergnovae gibt, die nicht nur für den Großteleskop-Besitzer oder den CCDler zu erreichen sind. Und zudem gibt es diese Kataklysmischen nicht nur in einem kleinen Himmelsbereich, sondern in etlichen Himmelsarealen zu entdecken.
Quellen: - BAV-Einführung in die Beobachtung
Veränderlicher Sterne, Selbstverlag, 2007 - GCVS 4th Ed., Kholopov et al. 1985-88,
Moskau - AAVSO, American Association of Variable
Star Observers, www.aavso.org
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Veränderlichen-Beobachtungswoche an der Sternwarte Kirchheim vom 1. - 9. September 2007
von Thomas Zimmermann und Stephan Bakan
Zum vierten Mal fand in diesem Jahr die Veränderlichen-Beobachtungswoche auf der VdS-Sternwarte Kirchheim in Thüringen statt (http://www.sternwartekirchheim.de). Die Teilnehmer GerdUwe Flechsig, Eyck Rudolph, Rolf Stahr, Stephan Bakan und Thomas Zimmermann erwartete eine interessante und entspannte Beobachtungs- und Urlaubswoche. Alle profitierten von dem Fachwissen und der langjährigen Erfahrung von Gerd-Uwe Flechsig, Eyck Rudolph, Manfred und Kerstin Rätz und dem Engagement und Wissensdurst der ,,Neuen" (Abb. 1). Trotz insgesamt verbesserungsfähigen Wetters konnte das erworbene Wissen doch in einer hervorragend klaren Nacht für Beobachtungen genutzt werden, deren Ergebnisse hier auch präsentiert werden.
Planung, Beobachtung und Auswertung bestimmen natürlich den typischen Ablauf einer Astrobeobachtung. Für die Planung der Beobachtungen wurde hauptsächlich mit den BAV-Materialien gearbeitet. Am wichtigsten sind dabei die BAV-Zirculare mit den Ephemeriden. Aber auch die neue ,,Einführung in die Beobachtung veränderlicher Sterne" enthält eine Fülle wertvoller Informationen in kompakter Form. Für jeden Abend, der einen klaren Himmel versprach, wurden Veränderliche nach dem Zeitpunkt der erwarteten Extrema und ihrer Sichtbarkeit ausgewählt. In der weiteren Planung wurden dann diese Sterne gemäß ihrer minimalen Helligkeiten auf die zur Verfügung stehenden Geräte verteilt. Und davon gab es einige: Neben den Geräten der Teilnehmer (8"-Newton, LXD75 6"-Schmidt-Newton, LX200, 16x70-Feldstecher, sowie mehrere CCD-Kameras) standen für die Beobachtungswoche auch der 250/5000-Lichtenknecker Schiefspiegler, der 300/4500-Cassegrain und der 130/1000-Takahashi-Refraktor der Sternwarte zur Verfügung. Insgesamt also mehr Geräte als Teilnehmer.
Tagsüber wurden viele Themen rund um die Veränderlichen-Beobachtung sowie Teleskop- und CCD-Nutzung behandelt. Die Teilnehmer brachten schon einige Beobachtungserfahrungen mit, und so wurde flexibel auf die noch unklaren
Abb. 1: Rolf Stahr (links), Stephan Bakan und Thomas Zimmermann (rechts) machen sich mit den mitgebrachten Instrumenten vertraut.
Punkte eingegangen, ohne sich an starren Programmpunkten festzuhalten. In den zahlreichen Diskussionen wurden kleine und große Fragen beantwortet und auch Missverständnisse ausgeräumt.
Ergänzt wurden die behandelten Themen durch zwei lehrreiche Vorträge des Ehepaars Rätz, das extra zur Sternwarte kam, um über die Benutzung von AAVSOKarten und das Grundwissen für CCDAufnahmen zu referieren. Zusätzlich zu den Astronomie-Themen konnte Stephan (ein Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg) noch interessante Informationen zur Wetterprognose und Internet-Kartenanalyse beisteuern. Ein nicht zu vernachlässigendes Thema bei der Sternenbeobachtung!
Obwohl die meisten Teilnehmer sich der CCD-Beobachtung verschrieben haben, durfte natürlich die visuelle Schätzung nach Argelander nicht fehlen. Hierzu wurden Dias mit Aufnahmen des Bedeckungsveränderlichen X Tri präsentiert, die dann geschätzt wurden. Das Ergebnis der nachfolgenden, manuellen Auswertung auf Millimeterpapier (nach Pogson und mit der Umklappmethode) war für die ,,Neuen" doch recht überraschend. Obwohl alle auf ihre indivi-
duelle Art geschätzt hatten und auch die Stufen anders gelegt wurden, lagen die ermittelten Minima innerhalb von 2 Minuten! Dieses Ergebnis zeigte uns eindrucksvoll, dass selbst ohne CCD-Kamera die Minimumszeitpunkte mit hoher Genauigkeit geschätzt werden können.
Am Mittwoch zeichnete sich eine klare Nacht ab und alles wurde vorbereitet: Die Sterne wurden ausgewählt, die Geräte wurden aufgebaut und die Kameras scharf geschaltet (Abb. 2). Der RR Lyr-Stern SW And wurde für die visuelle Schätzung mit dem 8"-Newton ausgewählt und die Bedeckungsveränderlichen RT And für den Takahashi mit SBIG402ME, SX Aqr für das LX200 mit SIGMA402 und CM Lac für das LXD75 mit DSIPro. Die Nacht wurde lang und es musste gegen starke Taubildung gekämpft werden. Aber so eine Nacht durfte einfach nicht ungenutzt bleiben.
Die Auswertung am nächsten Morgen - schon beim Frühstück, denn jeder war gespannt - zeigte dann auch, dass es sich gelohnt hatte. Von allen Sternen ergaben sich schöne Lichtkurven (Abb. 3). Nur Stephans Ergebnisse mit der DSIPro zeigen eine sehr stark streuende Lichtkurve, was wohl dem ersten Einsatz ohne vor-
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hergehende Erfahrung zuzuschreiben ist. Die visuellen Schätzungen wurden einfach mit Millimeterpapier, Stift und Kurvenlineal ausgewertet. Die CCDBilder erforderten natürlich Software zur Auswertung. Hauptsächlich wurde das open-source-Programm Muniwin benutzt. Dieses Programm ermittelt automatisch die Helligkeit des Veränderlichen relativ zu einem ausgewählten Vergleichsstern. Zusätzlich erstellt Muniwin von allen Sternen im Bild automatisch die Standardabweichungen der Helligkeiten während der gesamten Bilderserie und zeigt sie in einem Diagramm. Veränderliche zeigen sich dann einfach als Sterne mit großer Standardabweichung. Ein Klick auf einen solchen Datenpunkt zeigt sofort die zugehörige Lichtkurve des Sterns. Damit waren in den am Takahashi aufgenommenen Bildern noch weitere schwache Veränderliche erkennbar, deren Identifizierung sich z. T. sehr schwierig gestaltete - selbst mit InternetDatenbanken wie SIMBAD.
Bei der Recherche über die ausgewerteten Sterne wurde dann deutlich, wie umfangreich die im Internet verfügbaren Informationen sind. Das beginnt bei der Seite der BAV, die ausführlich besprochen wurde, und führt bis hin zu den Datenbanken, die auch von den Profis genutzt werden.
Abb. 2: Beobachtungsabend mit verschiedenen Instrumenten vor der großen Sternwartenkuppel (Gerd-Uwe im Vordergrund, Stephan und Thomas im Hintergrund)
Abb. 3: Die Lichtkurven des Beobachtungsabends: Links oben die visuellen Resultate von Thomas am f/6-Newton, rechts oben Stephans allererstes CCD-Resultat, unten die routinierten Ergebnisse von Gerd-Uwe (links) und von Eyck, der hier hinter den verschiedenen Teleskopen in der Schiebehütte zu sehen ist.
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Anders als bei den zahlreichen Teleskoptreffen, die hauptsächlich als Campingveranstaltung stattfinden, sind die Bedingungen auf der Sternwarte Kirchheim sehr angenehm. Obwohl man auch hier praktisch neben dem Teleskop schläft, muss man auf die Annehmlichkeiten einer Wohnung nicht verzichten. Neben einigen Gästezimmern gibt es eine kleine Küche, ein Bad mit Dusche und einen großen Aufenthaltsraum mit Fernseher, Beamer, Computer mit Internetanschluss und anderen nützliche Gerätschaften mehr. Hier kann hervorragend geplant und ausgewertet, präsentiert und diskutiert werden.
Nicht zu vergessen ist auch der nicht-astronomische Teil dieser Beobachtungswoche.
Tagsüber wurden Ausflüge nach Erfurt, Eisenach, Jena und Weimar unternommen. Dieses von Gerd-Uwe und Eyck hervorragend organisierte Programm reichte vom Besuch der ,,Elisabeth von Thüringen"-Ausstellung auf der Wartburg bis zur speziellen Führung an der Sternwarte Tautenburg durch Dr. Eislöffel. Hier gewährte ein äußerst interessanter Vortrag zum Thema ,,Exoplaneten-Suche" Einblick in die neueste Forschung und nährte den Wunsch einer zukünftigen Zusammenarbeit der BAV-Mitglieder mit den Profis aus Tautenburg. Die Ausrüstung engagierter Amateur-Astronomen mit guten CCD-Kameras erlaubt durchaus die Erstellung von Lichtkurven auch für Exoplaneten, was wichtige Informationen
für die Profis liefern könnte. Die dafür notwendigen Kenntnisse und Verfahren könnten in einem gesonderten Workshop in naher Zukunft vermittelt werden.
Die BAV-Veränderlichen-Beobachtungsund Urlaubswoche hält, was der Name verspricht - Beobachtung veränderlicher Sterne im Kreise Gleichgesinnter, gepaart mit angenehmer Urlaubs- und Ausflugsatmosphäre. Die Teilnehmer könnten sich gut vorstellen, dass sich diese Woche in Zukunft von einer reinen Einsteiger-Veranstaltung zu einem regelmäßigen Beobachtungstreffen für Veränderlichenbeobachter etabliert.
M wie Messier
von Torsten Güths
Der französische Astronom Charles Messier lebte in den Jahren 1730 bis 1817. Er stellte ab 1758 die wohl heute noch bekannteste Auflistung von nicht stellar erscheinenden Himmelsobjekten zusammen. Sein Katalog diente ihm als echte Arbeitsunterlage, um bei der Suche nach Kometen nicht irrtümlich einen der fixen Nebel mit einem neuen Komet zu verwechseln. Nicht alle Objekte hat er selbst entdeckt, er übernahm sie auch von Kollegen. Die heutige Messierliste umfasst 110 Objekte, von denen einige bereits dem unbewaffneten Auge zugänglich sind. Mit einem guten Fernglas wird immerhin schon mindestens die Hälfte sichtbar. Somit eignen sie sich besonders für Astronomieeinsteiger und Anwender kleinerer Fernrohre, für die einige Messierobjekte bereits eine Fülle von Details aufweisen können.
Die Daten und historischen Objektbeschreibungen wurden aus Burnhams ,,Burnhams Celestial Handbook", Kepple / Sanners ,,Nightsky Observing Guide" und dem Internet (Paris Observatorium www. obspm.fr/) entnommen. Im VdS-Journal
wollen wir Sie mit dieser Rubrik anregen, Ihre eigenen Objektbeschreibungen einzureichen! In der Ihnen vorliegenden 23. Folge unserer ,,M"-Serie sind Berichte von Gerd Kohler, Dirk Panczyk, Karl-Peter Julius und Gerhard Scheerle enthalten. Vielen Dank den Zusendern!
Die nächsten Objekte in dieser Rubrik finden Sie in der Liste in Tabelle 1. Bitte schicken Sie Ihre visuellen Beobachtungseindrücke zu diesen Objekten direkt an den Verfasser dieser Rubrik, Stichwort ,,Messierobjekte". Vergessen Sie bitte nicht, die Beobachtungsumstände anzugeben: zumindest die Grenzgröße mit bloßem Auge, die Öffnung Ihrer benutzten Instrumente und die eingesetzten Vergrößerungen. Eine Dateiform wie Microsoft Word (doc, txt, wpd) wäre gut. Der Verfasser behält sich Textanpassungen vor.
Torsten Güths, Am Pfahlgraben 4 D-61239 Ober Mörlen-Langenhain Oder: solaris1000@gmx.de
VDS-J Ausgabe Benötigte Objekte
Einsendeschluss
26
2/2008 M6 Sco, M7 Sco, M8 Sgr
Mitte Januar 2008
27
3/2008 M2 Aqr, M72 Aqr, M73 Aqr
Mitte Mai 2008
28
1/2009 M13 Her, M41 CMa, M79 Lep
Mitte September 2008
29
2/2009 M23 Sgr, M24 Sgr, M25 Sgr
Mitte Januar 2009
30
3/2009 M19 Oph, M68 Hya, M69 Sgr
Mitte Mai 2009
Tab. 1:
Die nächsten Objekte in dieser Rubrik. Bitte senden Sie Ihre Beobachtungen ein!
INSERENTENVERZEICHNIS
APM Telescopes, Saarbrücken
17
Astrocom, Gräfelfing
81
Astro-Shop, Hamburg
U2
51
Astroshop.de nimax GmbH
11
ATT
119
Baader Planetarium
U4
DST
105
Gerd Neumann jr., Hamburg
39
Intercon Spacetec GmbH,
37
Augsburg
Kosmos-Verlag, Stuttgart
21
Dipl. Ing. Liebers
103
Meade Instruments Europe,
45
Borken
OCULUM-Verlag
77
Optische Geräte Wolfgang Lille 55
Spektrum der Wissenschaft
69
Verlagsgesellschaft mbH,
83
Heidelberg
Planeten- und Kometentagung
144
VdS-Journal Nr. 25
128 S E R V I C E
M81, Großer Bär (Ursa Major)
Objekttyp:
Galaxie, Typ SA
Entfernung:
10 Millionen
Lichtjahre
Reale Ausdehnung: 70.000 Lichtjahre
Scheinbare Helligkeit: 6,9 mag
Winkelausdehnung: 24,0` x 13,0`
Koordinaten:
RA: 09h55m
Dekl. 69 Grad 04`
Historisches:
Der Astronom Johan Elert Bode entdeckte
M81 zusammen mit M82 im Dezember
des Jahres 1774. Erst sieben Jahre spä-
ter fügte sie Messier in seine Liste ein.
Er beschrieb M81 als ,,gut sichtbar" in
seinem 3,5-Fuß-Teleskop. Das entspricht
knapp 1,10 m Brennweite.
Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag)
Auge: Unbeobachtbar (?) (G. Scheerle)
Fernglas 8x56: Gut erkennbarer, klar länglicher Nebelfleck 7,2 mag mit der Ausdehnung von etwa 12` x 7`. (G. Scheerle)
10 cm Öffnung: Unter relativ gutem Kölner Großstadthimmel (Grenzgröße: 3,5 - 4,0 mag) ergibt sich bei geringer Vergrößerung (40x) das attraktivste Bild, denn M81 mit M82 erscheinen zusammen im Okular und ihre unterschiedliche Ausrichtung ist erkennbar. M 81 zeigt sich als ovaler Nebelfleck ohne Strukturen, lediglich mit etwas hellerem Zentralbereich. Höhere Vergrößerungen bringen ebenso wie eine größere Öffnung (20 cm) keinen Kontrastgewinn. (K.-P. Julius)
11 cm Öffnung: M 81 ist als eine sehr große und stark konzentrierte Nebelfläche der Gesamthelligkeit 7,0 mag zu sehen (ein anderes Mal habe ich 7,6 mag geschätzt). Die Galaxie wird zum Zentrum hin stetig heller. Das sternenähnlich erscheinende Zentrum ist 0,5` groß, als helles Kerngebiet kann eine Fläche von 5` x 3` bezeichnet werden, die bis zur Gesamtgröße von 12` x 5` reichenden Außengebiete sind sehr schwach, aber erkennbar. Innerhalb der Nebelfläche stehen zwei Sterne 11,4 und 11,6 mag. (G. Scheerle)
VdS-Journal Nr. 25
Abb. 1: Aufgenommen mit einer Starlight Xpress MX7C durch einen 15 cm f6 Newton. Zwölf Aufnahmen zu je fünf Minuten Belichtungsdauer gemittelt und bearbeitet. (Aufnahme: Torsten Güths)
15 cm Öffnung: Die Galaxie hat einen kompakten hellen Kern. Um den Kern ist ein schwacher Nebel zu sehen, der sich in Nord-Süd Richtung erstreckt. Der Nebel läuft gleichmäßig in den Hintergrund aus. Im Süden steht ein Stern im Nebel. Die Vergrößerung war 85x. (G. Kohler)
20 cm Öffnung: Die Galaxie hat einen hellen und kompakten Kern. Um den Kern ist es neblig, rund und etwas schwächer. Der Kern geht weich in dieses Gebiet über. Indirekt ist die Galaxie etwas länglich. Die Vergrößerung war 91x. (G. Kohler)
33 cm Öffnung: Man erkennt einen ovalen, hellen Kern umgeben von einem runden bis ovalen Außenbereich. Sie ist sehr groß und füllt bei 100x nahezu das gesamte Gesichtsfeld aus. Indirekt beobachtet ist die Spiralstruktur andeutungsweise sichtbar. (D. Panczyk)
40 cm Öffnung: M 81 ist als eine sehr helle (7,0 mag), sehr große (12` x 8`) und sehr stark konzentrierte ovale Nebelfläche zu sehen, länglich in PW 150 Grad . Das 4` x 2` große Kerngebiet erscheint sehr hell, der Kern selbst stern-
förmig 12,2 mag. Der Halo ist allgemein sehr schwach, in der Längsachse noch am hellsten (das sind die Spiralarmansätze). Zwei Spiralarme sind erkennbar: der über Süden nach Osten abbiegende Spiralarm ist mäßig gut erkennbar, der über Norden nach Westen abbiegende allenfalls erahnbar. Mehrere Sterne stehen innerhalb der Nebelfläche. Zeichnung vom 15.04.2007. Vom 08.04.1993 bis 19.11.1993 war in M81 die Supernova 1993J zu sehen (10,6 - 15,6 mag). (G. Scheerle)
Fotografie: Mit der analogen Fotografie können wir bereits ab 135 mm Brennweite M81 zusammen mit seinem Nachbarn M82 erfassen. Interessant werden die Aufnahmen ab 500 mm, wenn die Spiralarme deutlich sichtbar werden. Als problematisch zeigt sich der große Helligkeitsumfang vom M81: Die Kernregion ist schnell ausgebrannt, doch verlangen die schwachen Spiralarme die Belichtungszeit, die Ihr Himmel hergibt. Für CCD-Kameras mit Pixel kleiner 10 µm reichen 500 bis 1000 mm und eine längere Serie von fünfminütigen Belichtungen für die Erfassung feiner Strukturen völlig aus.
S E R V I C E 129
M82, Großer Bär (Ursa Major)
Objekttyp:
Galaxie, Typ IO
Entfernung:
11,5 Millionen
Lichtjahre
Reale Ausdehnung: 40.000 Lichtjahre
Scheinbare Helligkeit: 8,4 mag
Winkelausdehnung: 12,0` x 5,6`
Koordinaten:
RA: 09h56m
Dekl. 69 Grad 41`
Historisches:
Der Astronom Johan Elert Bode entdeckte
M82 zusammen mit M81 im Dezember
des Jahres 1774. Erst sieben Jahre spä-
ter fügte Sie Messier in seine Liste ein.
Er beschrieb, dass beide Objekte in
das Sichtfeld seines 3,5-Fuß-Teleskops
passten.
Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag)
Auge: Unbeobachtbar (?) (G. Scheerle)
Fernglas 8x56: Sehr schlanker Nebelstreifen (etwa 12` x 3`) mit der Gesamthelligkeit 8,4 mag. (G. Scheerle)
10 cm Öffnung: Unter relativ gutem Kölner Großstadthimmel (Grenzgröße: 3,5 - 4,0 mag) ergibt sich bei geringer Vergrößerung (40x) das attraktivste Bild, da dann M82 mit M81 zusammen im Okular erscheinen und ihre unterschiedliche Ausrichtung erkennbar ist. M 82 zeigt sich als kleiner und länglich gestreckter Nebelstrich. Höhere Vergrößerungen bringen ebenso wie eine größere Öffnung (20 cm) keinen Kontrastgewinn. (K.-P. Julius)
10 cm Öffnung: Eine spindelförmige und allgemein recht helle Nebelfläche ohne starke Konzentration, mit undeutlich erkennbaren Strukturen. Die Gesamthelligkeit beträgt 8,0 mag (oder 8,4 mag?), die Gesamtgröße 8` x 3` bis 10` x 3`. (G. Scheerle)
15 cm Öffnung: Die Galaxie ist sehr schmal und lang. Das Verhältnis beträgt 1 zu 3, von Ost nach West ausgerichtet. Bei indirekt ist die Galaxie in der Mitte etwas heller. Sonst sieht man nur ein gleichmäßig helles Leuchten. Die Ränder laufen scharf in den
Abb. 2: Aufgenommen mit einer Starlight Xpress MX7C durch einen 15 cm f6 Newton. Zwölf Aufnahmen zu je fünf Minuten Belichtungsdauer gemittelt und bearbeitet. (Aufnahme: Torsten Güths)
Hintergrund aus. Die Vergrößerung betrug 85x. (G. Kohler)
20 cm Öffnung: Sehr hell. Gut zu sehen. Kantenlage und spindelförmig. Der längliche Mittelteil der Galaxie ist gleichmäßig hell, die Randgebiete sind dunkler und gehen sanft in den Hintergrund über. Die Galaxie ist von drei dunklen Bändern durchzogen. Die Vergrößerung betrug 119x. (G. Kohler)
33 cm Öffnung: M82 hat eine langgestreckte Form mit einem helleren Innenbereich. Die Trennung, bzw. die Staubstrukturen sind deutlich sichtbar bei 200x. Sogar eine körnige Struktur ist zu erkennen. Der hellste Teil befindet sich links von der dunklen Trennung. (D. Panczyk)
40 cm Öffnung: M 82 zeigt sich als eine sehr lang in PW 65 Grad gestreckte (12` x 2`) und allgemein helle Nebelfläche mit der Gesamthelligkeit 7,8 mag. Das Kerngebiet (6` x 1`) erscheint sehr hell und zeigt sich wenig weiter konzentriert. Mehrere (vielleicht 5) Staubfilamente erscheinen darin als etwas dunklere Streifen oder
Buchten. Diese Staubfilamente zergliedern den Kernbereich in mehrere Teile. Dort sind auch etwa 6 hellere sternenähnliche Knoten 13,8 bis 14,6 mag zu erkennen.
Fotografie: Mit der analogen Fotografie können wir bereits ab 135 mm Brennweite M82 zusammen mit seinem Nachbarn M81 erfassen. Interessant werden die Aufnahmen ab 750 mm, wenn die flockigen Strukturen beginnen, deutlich sichtbar werden. Wir sollten nicht zu lange belichten. Bei f5 und 400 ASA reichen 10 Minuten aus. Die auf einigen Aufnahmen sichtbaren bizarren Wasserstoffwolken ist mit H-Alpha-Filtern am Besten aufzuzeichnen. Für CCDKameras mit Pixel kleiner 10 µm reichen 500 bis 1000 mm und eine längere Serie von fünfminütigen Belichtungen für die Erfassung feiner Strukturen völlig aus.
VdS-Journal Nr. 25
130 S E R V I C E + E I N S T E I G E R A S T R O N O M I E
M106, Jagdhunde (Canes Venatici)
Objekttyp:
Galaxie, SAB
Entfernung:
35 Millionen
Lichtjahre
Reale Ausdehnung: 200.000
Lichtjahre
Scheinbare Helligkeit: 8,4 mag
Winkelausdehnung: 20,0` x 8,4`
Koordinaten:
RA: 12h19m
Dekl. 47 Grad 18`
Historisches:
M106 wurde im Juli des Jahres 1781 von
Pierre Mechain entdeckt.
Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag)
Auge: Unbeobachtbar (?) (G. Scheerle)
Fernglas 8x56: Auffälliger länglicher Nebelfleck von 8,4 mag Helligkeit. Die Ausdehnung beträgt etwa 6` x 3`. (G. Scheerle)
11 cm Öffnung: Eine prachtvolle Galaxie! Zu sehen ist eine relativ helle, ziemlich langgestreckte (12` x 4`) Nebelfläche mit der Gesamthelligkeit von 8,2 mag. Die innere Kernstruktur ist nicht ganz klar: Das eine Mal glaubte ich einen Stern 12,2 mag im Zentrum zu sehen (Ist das der innerste Galaxienkern oder aber ein ungenau lokalisierter Knoten?), das andere Mal einen Stern 11,8 mag etwa 1` daneben in PW 340 Grad (Ist das der hier besser lokalisierte Knoten?). Am Südende in 6` Abstand vom Zentrum ist aber auf alle Fälle ein Stern 11,6 mag zweifelsfrei zu erkennen. (G. Scheerle)
15 cm Öffnung: Bei 42x sieht man einen hellen Kern mit einer länglichen Hülle. Bei 54x ist die Galaxie deutlich oval und langgezogen mit einem hellen Kern. Bei 85x ist von der Galaxie nur noch der Kern und einige helle Randgebiete zu sehen.
33 cm Öffnung: Sie ist relativ groß und nimmt bei 100x etwa ein halbes Gesichtsfeld ein. Sie besitzt eine ovale Form mit einem hellerer Kern. Der Außenbereich ist lichtschwächer. Strukturen erscheinen schwach angedeutet. (D. Panczyk)
Abb. 3: Aufgenommen mit einer Starlight Xpress MX7C durch einen 15 cm f6 Newton. Sechs Aufnahmen zu je fünf Minuten gemittelt und bearbeitet. (Aufnahme: Torsten Güths)
Fotografie: Mit der analogen Fotografie können wir bereits ab 200 mm Brennweite dieses Objekt erfassen. Interessant werden die Aufnahmen ab 750 mm, wenn die Spiralarme deutlich sichtbar werden. Als problematisch zeigt sich der große Helligkeitsumfang vom M106: Die Kernregion ist schnell ausgebrannt, doch verlangen besonders das ganz schwache äußeren Spiralarmhalo die Belichtungszeit, die Ihr Himmel hergibt. Für CCD Kameras mit Pixel kleiner 10 µm reichen 500 bis 1000 mm und eine längere Serie von fünfminütigen Belichtungen für die Erfassung feiner Strukturen völlig aus.
Einsteigerastronomie
Der Bereich ,,Einsteigerastronomie" in der VdS wird seit April 2007 von Herrn Hans-Jürgen Wulfrath, Finkenweg 5, 74743 Seckach und Herrn Oliver Lubenow, Landrat-Beckmann-Str. 25, 61250 Usingen betreut. Lesen Sie dazu auch die Informationen in ,,VdS-Journal für Astronomie", Heft 23, Seite 142. Sprechen Sie bei Bedarf beide Herren an, sie freuen sich sicherlich auf Ihre Anfrage.
Otto Guthier, VdS-Vorstand
VdS-Journal Nr. 25
E I N S T E I G E R A S T R O N O M I E + B E O B A C H T E R F O R U M 131
Neues aus der Fachgruppe Einsteigerastronomie
von Hans-Jürgen Wulfrath
Wie in den vergangenen VdS-Journalen ja schon angekündigt, befindet sich die Einsteigerbetreuung der VdS derzeit im Neuaufbau. Erste Kontakte wurden geknüpft und auf verschiedenen Treffen haben wir einen groben Plan ausgearbeitet wie es konkret weitergehen soll. Als wichtigster Punkt beim NeuAnfang steht als nächstes ein Treffen der Koordinatoren an. Dabei wollen wir uns mit verschiedenen Stellen - auch innerhalb der VdS koordinieren, Kontakte zu anderen Einsteigerforen (z.B. auf den verschiedenen Internetplatformen) knüpfen und dann mit nächsten VdS-Journal ins neue Jahr starten. Bislang haben sich einige Sternfreunde gemeldet, die auch bereit sind, sich regi-
onal als Ansprechpersonen zu betätigen. Dieser Personenkreis muss aber noch ausgebaut werden. Gedacht ist, dass interessierte Einsteiger (offen ist noch, ob auch nicht-VDS Mitglieder) auf den neuen VdS Internetseiten in geeigneter Form auf diesen Adressenpool zugreifen können. Als Ziel schwebt uns vor, dass wir eine flächendeckende deutschlandweite Betreuung anbieten können - das steht allerdings noch in weiter Ferne. Von vielen Gesprächen wissen wir, dass bei vielen Einsteigern der Wunsch besteht, gezielt Hilfe in der Beobachtungspraxis zu bekommen. Hier bietet sich ja das gemeinsame Beobachten auf den verschiedenen Teleskoptreffen an. Auch wollen wir versuchen, auf den verschiedenen Teleskoptreffen in irgendeiner
Form präsent zu sein. Hier ist aber unsere derzeitige personelle Schlagkraft noch eingeschränkt. Ziel ist es aber, auf den Treffen einen Anlaufpunkt anbieten zu können wo Einsteiger gezielt Rat und Tat einholen können. Sie sehen also - wir sind mitten drin - es geht weiter es gibt aber noch viel zu tun. Zum Schluss noch eine besondere Bitte: Das nächste Heft wird den Schwerpunkt Einsteiger haben - wer dazu noch Beiträge liefern möchte sollte diese bitte schnell an die Redaktion oder an einen von uns (Oliver Lubenow oder Hans-Jürgen Wulfrath) senden
Ägypten 2006 - Eine Sofi-Reise und mehr
von Bernd Schatzmann
Eine kleine Vorrede: Januar 2007. Draußen ein nasses und mildes Grau, das sich Winter nennt. Drinnen Musik von Amr Diab aus Ägypten im CD-Spieler. Sofort sind sie wieder da, die Erinnerungen und Bilder von Wüste, Menschen, Monumenten, ... und der Sonnenfinsternis. Ist es wirklich schon neun Monate her? Über diese Reise muss es noch einen Bericht geben.
Der Tag ist da. Der Tag. 29. März 2006. Eine neblige Morgendämmerung kriecht durch die Fenster des Toyota-Kleinbusses. Unsere Nasen sind kalt, langsam schälen wir uns aus den warmen Schlafsäcken. Wir? Das sind meine Frau und Lebensgefährtin Karin, Nils (18), Jan (16), Marit (13) und meine Wenigkeit. Vorne auf dem Fahrersitz hat Nasr geschlafen, unser Fahrer und Ägyptenführer aus Marsa Matrouh, den wir in Alexandria kennen lernten. Er hat uns von dort über seine Heimatstadt die gut 500 km hier nach As Salloum an die libysche Grenze gefahren. In einer langen Schlange aus Bussen und Autos stehen wir in der Wüste. Wir sind auf der Zentrallinie der Sonnenfinsternis. Wir sind wirklich da! Welcher Weg führte uns hierher?
Rückblende 11. August 1999 Damals währte die Vorfreude für mich sogar über 20 Jahre... Auch damals zu fünft plus einigen Freunden sind wir kurz hinter der französischen Grenze zum Wolkenlotto unterwegs. Auf einem Acker sehen wir sehr schmale Sonnensicheln durch kleine Lücken in der Wolkendecke. Dann kommt der große Dimmer. Farbenspiele in einigen Wolkenlücken, aber die Korona? Komplette Fehlanzeige! Jan, damals 10 Jahre alt, sagt eine halbe Stunde lang gar nichts mehr. Abbau dann im Regen, Autos brauchen Anschub im Matsch - das war sie also, die große Sofi 1999. Seitdem ist klar: 2006 kommt die nächste gute Gelegenheit, und dann: Warum nicht gleich nach Ägypten? Und nun sind wir wirklich hier. Schon der Flug am 25.3. ist für uns bis dahin Nicht-Flieger ein phantastisches Erlebnis: Schneebedeckte Alpen, jugoslawische Inseln, das Mittelmeer und schließlich die auftauchende Küste Nordafrikas. Auch Wolkengebilde faszinieren aus 10.000 m
Abb. 1: Die Sonnenkorona über As Salloum; f = 1000 mm, f/10 Maksutov, ~1/2 sec bel. auf Fujichrome 200.
VdS-Journal Nr. 25
132 B E O B A C H T E R F O R U M
Abb. 2: Der 2. Kontakt; f = 2000 mm, f/20 (mit 2x-Konverter), 1/500 sec, Fujichrome 200.
Höhe, das Meer zeigt im Gegenlicht feinste Wellenriffelung...
Kairo Dann ein Erlebnis der ganz anderen Art. Quirliges Leben ist auf den Straßen bis weit in die Nacht. Temperamentvolle Menschen - draußen natürlich meist Männer - überall. Armut und Reichtum, Buden, schicke Läden und Müll. Auch die ägyptische Art der Kundengewinnung lernen wir kennen, samt einer Einladung mit in einen Parfüm- und Ölladen zu kommen. Aber die nächsten knapp drei Wochen werden uns auch etliche herzliche Begegnungen ohne Geschäftsinteresse bringen. Gleich die erste, schon von zu Hause aus bestellte Unterkunft blasen wir ab - die hygienischen Umstände sind dann doch zu ,,heftig". Doch findet sich im gleichen Gebäude eine brauchbare Alternative. Hierbei, wie überhaupt bei der Vorbereitung und in verschiedensten Situationen ist unser Reisebuch [1] unverzichtbar. Mit großer Erfahrung beschreibt das Autorenpaar Land, Leute und Kultur und gibt detailliert Auskunft zu allen möglichen Reisesituationen, Unterkünften, Verkehrsmitteln, Sehenswürdigkeiten, usw. Nach dieser Lektüre wuchs auch die Gewissheit: Eine Rucksackreise in Ägypten zu fünft ist machbar, ja mehr als das: Immer fand sich eine brauchbare bis sehr gute Unterkunft oder das geeignete Verkehrsmittel.
VdS-Journal Nr. 25
Am nächsten Morgen dann der Weg durch`s Verkehrsgewühl zum Bahnhof. Da fährt mal eben ein Ägypter mit dem Fahrrad an uns vorbei: Auf dem Kopf und einer Hand dabei balancierend ein locker zwei Meter langes Backblech mit jeder Menge Broten. Und angestrengt sieht er auch nicht aus! Dann die Zugfahrt nach
Alexandria Auch dies ist eine quirlige Stadt voller Gegensätze. Chaotisch anmutende Stadtviertel mit Läden, Basaren, Werkstätten jeder Art - in den Häusern und auf der Straße. Draußen vor dem weiten Bogen der Hafenpromenade besuchen wir die schön restaurierte Zitadelle, in ihr sind Steine des legendären Pharos-Leuchtturms verbaut, eines der sieben Weltwunder der Antike. Der Himmel heute ist bedeckt, der einzige solche Tag auf der ganzen Reise. Doch die Finsternis naht, abends verhandeln wir im Hotel mit einem ,,Mann mit Verbindungen" über die Fahrt nach As Salloum. Er empfiehlt uns einen ,,guten verlässlichen Mann". Und so kommt am Morgen des 28.3. Nasr mit seinem Toyota 12-Sitzer-Kleinbus vorgefahren. Abgemacht zum günstigen Festpreis (aber was ist hier nicht günstig für uns reiche Europäer?) ist eine Fahrt über Marsa Matrouh nach As Salloum zur morgigen Finsternis und übermorgen dann weiter
zur Oase Siwa 300 km durch die Wüste. Welche Aussichten!
Der Weg nach As Salloum An einem Laden an der Straße am Mittelmeer wollen wir uns mit Lebensmitteln und Wasser eindecken, aber Nasr winkt ab. Mit den Worten ,,My family" besteht er darauf, für uns Wasser und einige Lebensmittel nebst Süßigkeiten einzukaufen. Wenn das keine herzliche Geste ist! Auch sonst ist die Stimmung schon bald gelöst, auch wenn auf Englisch hier kaum etwas läuft. Dafür mit arabischen Brocken aus dem Reisebuch, mit Händen, Gesicht ... Nach einem Abstecher zur KriegsGedenkstätte El Alamein kommen wir mittags in Marsah Matrouh an. Es ist gerade Schulschluss, viele Kinder sind auf den Straßen. ,,What`s your name" und ,,Welcome to Egypt" hören wir oft. Die Stadt wirkt fast südeuropäisch, mit frisch gestrichenen blau-weißen Bordsteinkanten und sehr müllfrei für hiesige Verhältnisse. Am Strand leuchtet in phantastisch intensivem Türkisblau das Mittelmeer, nein, das ist keine poppige Postkarte, diese Farben sind echt! Abends in den Straßen herrscht arabisch-internationale Stimmung, offensichtlich sind viele Sofi-Reisegruppen unterwegs. Über allem ruft dröhnend vom Turm der Moschee der Muezzin zum Gebet. Nach einer guten arabischen Pizza mit süßem Pfefferminz-Schwarztee geht es dann ab durch die Nacht in Nasrs Bus. Und
Abb. 3: Unter der schwindenden Sonnensichel, ~15 min vor der Totalität; Belichtung wie bei vollem Sonnenlicht (f = 28 mm, f/5,6; 1/1000 sec, Fujichrome 100).
B E O B A C H T E R F O R U M 133
Abb. 4: Die rucksacktaugliche
Ausrüstung: Maksutov 100/1000 mm auf Einweg-Holzhalter.
Abb. 5: Impressionen aus der ,,schwarzen Wüste".
hier sind wir nun. As Salloum, auf dem Wüstenplateau über der Stadt, 29.3.2006, etwa 8 Uhr morgens. Der Tag der Tage Die ägyptischen Ordnungskräfte haben zwei Spuren der hier vierspurigen Straße nach Libyen in einen endlos langen Parkplatz verwandelt. Aus dem Auto hinter uns kommt Mahmoud aus Kairo durchgefroren ans Tageslicht. Mit seinem hervorragenden Englisch finden wir schnell einen
guten Draht zueinander, auch das wärmt. Und der Nebel? Die Sonne scheint schon als Scheibe hindurch und blaue Lücken zeigen: Es sind keine Wolken darüber. Zeit für die letzten Vorbereitungen: Ein Haufen zu Hause vorgefertigter Holzteile muss zusammengeschraubt werden. Heraus kommt ein kompakter Halter (Stativ?) für den im Rucksack vergrabenen 10-cmMaksutov mit 1 m Brennweite (,,RussenTonne"). Danke nochmal meinem Freund Franz, dass ich seine feine Optik mit
auf Reisen nehmen konnte. Meine eigenen Optiken wären entweder zu sperrig oder zu kurzbrennweitig gewesen. Das Holzteil habe ich zu Hause getestet, es hält die 1 m Brennweite auch bei einer Sekunde Belichtungszeit erschütterungsfrei. In Siwa landet es später bei anderen Holzresten, auch Einwegprodukte haben manchmal was. Etwa 500 m querab zur Straße finden wir eine Art Ringwall aus Steinen in der Wüste, offensichtlich ein Überbleibsel militärischer Anlagen. Für uns: Windschutz bei Bedarf, außerdem lässt sich hier das ebenfalls aus dem Rucksack hervorgeholte Fernglas Vixen 20x80L mit Stativ auf den Steinen in angenehme Einblickshöhe bringen. Und oben? Eine brillante Sonne strahlt vom blauen Himmel, letzte Nebelreste verziehen sich am Horizont. Nothing to fear anymore!!! Während Karin und Mahmoud über Gott und die Welt philosophieren und auch sonst die Stimmung weiter steigt, liege ich auf der Isomatte im Wüstenschotter. Ausrichten des Holzständers mit Holzkeilen auf dem Boden, die Optik selbst ist darin auf 61 Grad über dem Horizont (Höhe der verfinsterten Sonne) fest eingestellt. Scharfstellen, 2x-Konverter ein- und ausbauen, Sonnenfilter auf- und absetzen... alles muss gut geübt sein! Mahmoud als Offizier der ägyptischen Armee daraufhin augenzwinkernd: Er sei es gewöhnt, dass Männer vor ihm im Sand herumkriechen ... Derweil kommen am Nordosthorizont drei Hubschrauber heran. Mahmoud weiß zu berichten, dass Präsident Mubarak höchstpersönlich hier mit seinem Volk die Sonnenfinsternis erleben will. Da, die erste Delle ist im Sonnenrand, es passiert tatsächlich!! Die nächste knappe Stunde entschwindet, zunächst unmerklich, das gleißende Sonnenlicht aus der Landschaft. Sonnenschein mit entspannten Augen ohne Sonnenbrille, auch eine neue Erfahrung. Auf einer zweiten Kamera wird die zunehmende Dunkelheit mit konstant belichteten Situationsfotos auf 100er-Diafilm dokumentiert (28-mm-Weitwinkel, f/5,6, 1/1000sec). Gelegentlich kommen weitere SofiEnthusiasten vorbei. Angeregt teilen wir Anblicke der schmaler werdenden Sonnensichel im 20x80-Glas. Vorne natürlich drauf: Zwei Papphalter mit ND5Sonnenfolie, 1/100.000 des Sonnenlichts kommt hindurch. Dann geht es bergab mit dem Rest-Sonnenlicht, immer rapider werden die Farben und der Wüstensand
VdS-Journal Nr. 25
134 B e o b a c h t e r f o r um
Abb. 6: Winterhimmel über der ,,weißen Wüste"; f = 28 mm, f/2,8; 45 sec belichtet auf Fujichrome 400.
Abb. 7: Polsterne über der ,,weißen Wüste"; f = 28 mm, f/6,8; ~15 min auf Fujichrome 400.
in bleierne Halb-Beleuchtung getaucht. Letzte wichtige Anweisungen: ,,Wenn die Sonne weg ist, nehmt sofort die Filter vom großen Fernglas!" Einige Minuten vor der Totalität ist der Himmel unsymmetrisch hell: Tiefes dunkelblau-lila im SW, noch mittleres blau im NO. Da, die strahlende Venus rechts unter der Sonne! Erregte Worte, Aufschreie (klar dokumentiert auf Nils` Ägyptenfilm), es ist, als ob Gott selbst den ganz großen Dimmer betätigt. Im Kamerasucher am Maksutov mit Konverter (Brennweite 2 m) fangen die Sichelspitzen an aufeinander zuzulaufen - jetzt muss der Filter runter! Tatsächlich ist im Sucher die innere Korona schon als Vollkreis zu sehen, die Sichel schwindet dahin, letzte Sonnenstrahlen durch die Mondtäler ... ja, abdrücken mit 1/1000 sec, nochmal und nochmal, dann kommt die strahlend pinke Chromosphäre und einige Protuberanzen zieren den Mondrand. Ein Blick umher, tiefblaue Dämmerung liegt über dem Plateau, orange Dämmerung rings um den Horizont. Ehrfürchtige Ausrufe, gebannte Blicke nach oben: Da steht sie,
VdS-Journal Nr. 25
die pechschwarze Scheibe, umgeben von einer unbeschreiblich intensiv-feinsilbrigen Korona, die mit langen Ausläufern in den dunklen Himmel übergeht. Außer auf Venus und den näher an der Sonne stehenden Merkur achte ich auf keine weiteren Sterne, zu sehr schlägt mich die Szenerie als ganzes in ihren Bann. Ja natürlich, der Konverter muss raus im Dämmerlicht und dann noch eine Belichtungsserie mit 1 m Brennweite fotografiert, und dann: Endlich der Blick durch das Großfernglas! Um die nun riesige schwarze Scheibe ziehen sich phantastisch silbrige Fasern und Bögen in feinsten Abstufungen bis weit in das tiefe Himmelsblau. Schon sind leuchtend pinke Protuberanzen auf der anderen Seite der schwarzen Scheibe zu sehen. Dann schält sich ein brillanter pinker Kranz aus dem Mondrand, die Chromosphäre! Sekunden später extrem gleißende Sonnenstrahlen - hier muss der Blick enden ... knapp vier unglaubliche Minuten sind vorbei. Mit plötzlicher Macht kommt das Tageslicht wieder, der dunkle Himmel entschwindet Richtung NO, ja, ihr dort in
der Türkei habt es noch vor euch - drängt sich ein Gedanke auf. Wir hier stehen noch überwältigt aber glücklich auf unserem Stück Wüste herum. Wirklich fassen können wir es noch nicht. Dann löst sich langsam die Spannung, Zeit für kleine Spielchen: Wer projiziert die schönste Sonnensichel durch ein kleines Loch in der Hand auf den Wüstenboden? Derweil scheint Venus noch eine gute Viertelstunde sofort deutlich sichtbar vom blauen Himmel, auch daran ist zu sehen, dass das Tageslicht noch lange nicht seine normale Helligkeit erreicht hat. Dann geht es langsam zurück zum Bus, Nasr hat inzwischen in Salloum einen undichten Reifen auswechseln lassen und die Finsternis von dort gesehen. Auch er ist beeindruckt. In der Stadt selbst ist viel Volk jeder Art und Herkunft unterwegs, der Ausnahmezustand ist noch zu spüren. In aller Kürze nun noch die wichtigsten auch astronomischen Stationen der Reise. Die nächsten acht Tage führen uns:
Durch die Wüste
be o b a c h t e r f o r um 135
Zunächst zur fantastischen Oase Siwa nach gut vier Stunden Wüstenfahrt von Marsa Matrouh. Siwa ist eine ganz eigene Inselwelt mit zigtausend Dattelpalmen, einer Altstadt aus zerfallenen Lehmbauten und Bewohnern mit eigener Sprache (nicht arabisch). Unvergessliche Eindrücke bleiben von Touren an drei Tagen zu Fuß oder mit geliehenen Rädern. Abends am 31.3.: Die 2 1/4 Tage junge Mondsichel ziert wie ein Schiffchen den Westhorizont, tags zuvor war die noch schmalere Sichel von Schleierwolken verdeckt. Mit Ahmed Mouaref, einem erfahrenen Wüstenführer, den wir in Siwa kennen lernen, geht es in seinem 24 Jahre alten Landcruiser dann zunächst Richtung Osten: 400 km auf Schotterpisten, über Sanddünen, zum Teil auch über erneuerte Straßen. Am Horizont Tafelberge, immer neue und andere Wüstenszenerien, plötzlich mitten in der Öde eine Senke mit Wasser und Schilf. Nein, die Wüste ist alles andere als langweilig! Aus Ahmeds Kassettenradio erklingt orientalische Musik von dem in Ägypten sehr bekannten Sänger Amr Diab (,,Leili Nahary"). Es ist auf dieser Tour, wo sich für uns diese eingangs erwähnte Musik mit den Erlebnissen verbindet. Am nächsten Tag südlich der Oase Bahariya: 150 m hohe vulkanisch anmutende kegelförmige Berge aus schwarzem Gestein stehen in einer öden, gelbbraunen Schotterwüste herum. ,,Schwarze Wüste" nennt sich diese absolut jenseitige Landschaft. Weitere 150 km südlich liegt die ,,Weiße Wüste": Ein etwa 80 qkm großes Gebiet mit Tausenden bis ~10 m hohen Naturskulpturen aus weißem Kalkstein. Es ist unmöglich, sich daran an einem Abend satt zu sehen. Hier verbringen wir die zweite Nacht im Schutz von Ahmeds Landrover mit angebautem hohen Stoffwindschutz. In der ersten Nachthälfte beleuchtet die 5 1/2 Tage alte Mondsichel die Szenerie. Gelegenheit zu einem Nachtspaziergang der unwirklichen Art: Zwischen weißen, oft pilzförmigen Gebilden in silbrigem Mondlicht unter einem wunderbaren Sternhimmel. Ahmed erzählt Geschichten von Reisenden, die sich hier nachts, und nicht nur dann, hoffnungslos verirrt haben und mahnt deshalb zur Vorsicht. Tatsächlich sehen die Felsen im Mondlicht aus der Distanz alle gleich aus und es gibt mehr als eine Schrecksekunde. Aber der Sternhimmel hilft dann die Richtung zum Nachtlager wieder zu finden. Das Kreuz des Südens!
Die letzte Über
nachtung in der
Wüste haben wir
am Rand eines lan-
gen Dünenfeldes
nicht weit von der
Oase Dakhla auf
~25º30` nördlicher
Breite. Tatsächlich,
ich brauche einige
Minuten, um zu
realisieren, dass
das ganze Kreuz
des Südens eben
über dem Horizont
steht! Der berühmte
Kugelhaufen Ome
ga Centauri fällt
mit bloßem Auge
sofort als Fleck auf,
ein richtig dicker
Wattebausch ist
er im 20x80 Glas.
Und später in der
Nacht: Alpha
Centauri, unse-
re Nachbarsonne
erscheint
am
Südhimmel. Ein
Mythos verwandelt
sich in einen ,,nor-
malen" Stern. Nach Abb. 8:
M o n d u n t e r g a n g Grüße aus der ,,weißen Wüste".
noch später in der
Nacht: Phantastische ,,Spaziergänge" hernd zu erfassen. Nach einem Besuch im
durch die südliche Milchstraße im absolut sehenswerten ägyptischen Museum
Schützen, Skorpion und südlich davon im (z.B. die Schätze Tutanchamouns) sind wir
Großfernglas Nebel, Dunkelwolken und dann im quirligen Leben des islamischen
Sternhaufen in glitzernder Vielfalt. Nach Viertels von Kairo unterwegs. Geschichten
allzu kurzem Schlaf erscheint dann am von interessanten Begegnungen, von sehr
Morgenhimmel schräg zum Horizont das lebendigen Menschen, die stolz auf ihre
Zodiakallicht im SO. Mitten darin steht die Arbeit und ihr Können sind, ließen sich
brillant weiße Venus, fast überstrahlt sie das erzählen. So wurden wir z.B. in eine
zarte Leuchten. Die Morgendämmerung Werkstatt eingeladen, in der Schuhe noch
beginnt.
mit der Hand hergestellt werden.
Schließlich, nach einer guten Woche und Es ist fast Vollmond, als wir diesem Land
~1800 km Wüste und Oasen kommen wir am 12. April wieder entschweben.
in Luxor in
Immer weiter entschwinden Straßen,
Dörfer und Plantagen das Nildeltas im
Das klassische Ägypten am Nil
Mittagsdunst, dann kommt das weite
Senkrecht steht abends der nun mehr als Mittelmeer. Und wäre der 11. August 1999
halb volle Mond zwischen den monu- nun sonnig gewesen? Wären wir dann die-
mentalen Säulen des Luxor-Tempels. Das sen Weg gegangen? Das bleibt wohl unge-
Tal der Königsgräber, die riesigen Säulen klärt, macht auch nichts. Ein erstaunliches
des Karnak-Tempels; wie all das damals Land und seine Menschen haben unsere
gebaut werden konnte, bleibt uns unvor- Herzen erreicht.
stellbar.
Das Niltal von Luxor bis Kairo zieht dann Literaturhinweis:
in 11 Stunden Zugfahrt an uns vorbei.
[1] Wil und Sigrid Tondok: Ägypten individu-
Die Pyramiden von Gizeh, nein, ein ganzer
ell, Reise Know-How Verlag, München.
Tag ist nicht zuviel, um sie wenigstens annä-
VdS-Journal Nr. 25
136 B E O B A C H T E R F O R U M
Warum werden bei Sonnenfinsternissen ,,Baily's Beads" beobachtet?
von Konrad Guhl
Einführung Der scheinbare Durchmesser der Sonne (die Bestimmung des linearen Durchmessers ist bei Kenntnis der Entfernung problemlos möglich) ist eine fundamentale Größe in der Astronomie. Erste Durchmesserbestimmungen wurden mit Durchgangsbeobachtungen und aus Messungen am projizierten Sonnenbild ausgeführt. Während Ptolemäus den Wert als konstant mit 31'20" beschreibt, bemerkten arabische Astronomen im 9. und 10. Jahrhundert die erdbahnbedingte Schwankung und bestimmten die Extremwerte zu 31'12" und 33'24" (moderne Werte: 31'30" und 32'02"). Das Interesse am Durchmesser der Sonne führte im 19. Jahrhundert zur Entwicklung eines völlig neuen Instruments, dem Heliometer. Es ermöglichte größere Winkel zu messen als das Fadenmikrometer und war im Gegensatz zu Durchgangsmessungen in allen Positionswinkeln einsetzbar. Kurioserweise erreichte der Instrumententyp des Heliometers seine größte Bekanntheit bei der Messung der Fixsternparallaxe. Im Jahr 1891 veröffentlichte Auwers den bis heute gültigen Wert der Sonnenparallaxe. Damit ist auch der Wert des scheinbaren Sonnendurchmessers festgelegt. Der Wert wurde aus den international koordinierten Beobachtungen von Venusdurchgängen im 19. Jahrhundert ermittelt. Er beträgt 31'59,26" bei einem Abstand Erde - Sonne von 1 AE. Der daraus abgeleitete lineare Durchmesser beträgt 1.392.000 km und der Winkel von 1" entspricht somit einem linearem Maß von ca. 725 km. Die Bedeutung des Wertes angesichts der gegenwärtigen Klimadiskussion zeigt sich, wenn man bedenkt, dass die Sonne als stabiler Stern trotz kontinuierlicher Energieabgabe ihren Radius nur um 0,0001 km pro Jahr verringert. Der Wert des Sonnendurchmessers gilt heute als Konstante, die atmosphärische Szintillation begrenzt eine Verbesserung des Wertes. Wie lange die Sonne bereits diesen Durchmesser eingenommen hat und ob dieser Schwankungen unterliegt, ist unbekannt. Ein Indiz für eine Schrumpfung des Sonnendurchmessers könnte die Tatsache sein, dass aus der Antike keine
Beobachtungen einer
ringförmigen Sonnen-
finsternis überlie-
fert sind. Eine andere
Erklärung für das Fehlen
von Beobachtungen
ringförmiger Sonnen-
finsternisse könnte aber
auch die Überstrahlung
des Ringes auf Grund
des grellen Lichtes
sein. Die erste ringför-
mige Sonnenfinsternis,
die als solche erkannt
wurde, war am 9.
April 1567 und wurde Abb. 1:
in Italien von Clavius Einzelbild eines Videos, T. Schaefer.
beobachtet.
Um die Genauigkeit
des o.g. Wertes zu
genauen Position des Beobachters lässt
verbessern, sind direkte Messungen vom sich der Sonnendurchmesser auf die
Erdboden aus wegen des nicht genau Erdoberfläche projizieren und damit
genug bestimmbaren Sonnenrandes aus geografischen Positionen messen.
(Randverdunkelung,
Luftunruhe, Eine Beobachtung der Beads am West-
Wellenlängenabhängigkeit, u.ä.) kein bzw. Ostrand zu Beginn und Ende der
Fortschritt.
Totalität ist zwar möglich, schließlich ist
Um den Einfluss der Erdatmosphäre aus- das Perlschnurphänomen bei jeder totalen
zuschalten, wurden mit dem Solar Disk Sonnenfinsternis zu sehen, jedoch führt
Sextant (SDS) in einem Ballonexperiment die (geometrische) Libration des Mondes
in den 1990er Jahren genauere Werte dazu, dass jeweils andere Gebiete des
gewonnen. Diese Werte stellen jedoch Mondrandes die Sonnenoberfläche ver-
Einzelmessungen dar, die in ihrer decken. Da der Wert der Libration in der
Systematik nicht wiederholt wurden, da Breite nur im Knoten der Mondbahn nahe
sie nur unter großem technischen Aufwand Null ist, können nur die Beobachtungen
gewonnen werden konnten.
am Nord- bzw. Südrand der Totalitätszone
bei gleichem Mondrandprofil zu verschie-
Durchmesserbestimmung mit ,,Baily's
denen Finsternissen ausgeführt werden.
Beads"
Es ist daher eine Beobachtung nahe des
Bei einer Sonnenfinsternis ist die Randzone Süd- bzw. Nordrandes der Totalitätszone
der Totalität nicht scharf begrenzt, da das unbedingt erforderlich. Das Erlebnis einer
Sonnenlicht noch durch die Täler am Sonnenfinsternis geht dabei durchaus nicht
Mondrand scheint (Perlschnurphänomen). verloren, fällt jedoch etwas kürzer aus.
Bereits der englische Astronom Francis Die notwendigen Expeditionen in die
Baily (1774-1844)* hat anlässlich Randzone totaler Sonnenfinsternisse
der Beobachtung der ringförmigen werden seit 1975 von der International
Sonnenfinsternis vom 15. Mai 1836 über Occultation Timing Association (IOTA)
Schottland auf die Tatsache hingewiesen, und deren 1985 gegründeten europäischen
dass kleinste Lichtpunkte am Mondrand Schwesterorganisation IOTA/ES organi-
sichtbar werden, wenn die Position des siert. Dabei ist es von Vorteil, mehrere
Beobachters einer Totalität um einige hun- Stationen mit senkrechtem Abstand zur
dert Meter falsch ist. Ihm zu Ehren wird die Finsternslinie am Rand der Totalitätszone
Beobachtung des Perlschnurphänomens zu errichten. Die notwendigen Beobachter
in der internationalen Literatur heute sind sowohl Mitglieder der IOTA und
,,Baily`s Beads" genannt. Mit der genauen IOTA/ES aus Nordamerika und Europa
Kenntnis des Mondrandprofils und der als auch lokale Beobachter, die einen
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Beitrag zur Forschung liefern möchten. Die Vorbereitungen und Auswertungen sowie die erschienenen Veröffentlichungen erfolgen in enger Zusammenarbeit mit den Fachastronomen der National Aeronautic and Space Agency (NASA) und des United States Naval Observatory (USNO).
Beobachtungstechnik Zur sicheren Aufzeichnung des Phänomens werden kontinuierliche Registrierungen benötigt, welche die Beads am Sonnenrand sicher zeigen. Die erforderliche Zeitauflösung liegt im Bereich von Zehntelsekunden bis Hundertstelsekunden. Der gegenwärtige Stand der Technik sind Videoaufnahmen mit möglichst nichtregelnden Videokameras oder Web-CamAufnahmen. Zur sicheren Zeitbestimmung der Einzelbilder müssen bei Videoaufnahmen das Zeitsignal vom GPS oder einem Zeitzeichensender (DCF77) in das Videosignal mittels Time-Inserter eingemischt werden. Bei computergesteuerten Aufnahmen mit der Web-Cam muss die Systemzeit des Computers mit der Weltzeit synchronisiert werden. Wegen des geforderten Abbildungsmaßstabs sind Brennweiten von 500 mm oder mehr erforderlich, was eine Nachführung notwendig macht. Wegen des großen Dynamikbereiches der Bildhelligkeit ist der darauf reagierenden Kameraregelung bzw. -reaktion besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Beim Verschwinden bzw. Auftauchen einiger Lichtperlen (Beads) erinnert das Videobild nicht mehr an eine Sonnenaufnahme, sondern kommt der Aufzeichnung einer nächtlichen Sternbedeckung nahe. Da die Position der Beobachtungsstation Grundlage der Beobachtung ist, ist diese per GPS zu bestimmen. Viele dieser Anforderungen (Positionsbestimmung, verfügbares Zeitsignal, schnelle Kameras, Einmischen eines Zeitsignals in ein Videosignal...) erscheinen heute trivial, waren aber in der Vergangenheit große Herausforderungen. Die Entwicklung heute verfügbarer TimeInserter ist u.a. durch die Anforderungen bei Expeditionen zur Beobachtung von Baily`s Beads angetrieben worden. Das Produkt der Beobachtungen sollte also eine Video-Aufzeichnung (oder äquivalent) mit deutlich sichtbar auftauchenden bzw. verschwindenden Beads und eindeutiger Zeitzuordnung sein.
Auswertung der
Messwerte
Das rohe Beob-
achtungsergebnis
ist ein Videoband
bzw. eine Datei eines
Films mit eingeblen-
detem Zeitsignal. Das
Band wird inspiziert
und die verschwin-
denden bzw. auf-
tauchenden Beads
werden mit einer
Computersimulation
verglichen. Eine
Momentaufnahme
aus einem sol-
chen Band zeigt die
Abbildung. Als gän-
giges Simulationspro-
gramm ist der Teil
,,Baily's Beads"
im Programmpaket
,,Winoccult" von D.
Herold zu nennen. Es Abb. 2:
sollten zwei Personen ,,Wüstenstation", A. Gabel
an zwei Computern
(Filmwiedergabe und
Simulation) zusammenarbeiten und die Hier ist eine schöne Querverbindung der
identifizierten Einzelbeobachtungen in verschiedenen Arbeitsgebiete der IOTA/
einer Tabelle notieren.
ES: Der Amateur auf Expedition mit
Während der Simulation zur sicheren kleinem Reiseradius zu einer streifenden
Identifikation der Beads ist es bereits Sternbedeckung sichert den Erfolg des
möglich, erste Resultate zu gewinnen: (oft weit gereisten) Beobachters in der
Wird beispielsweise das Auftauchen einer Randzone der Totalität!
Perle sicher zu einem anderen Zeitpunkt Die ermittelten Einzelwerte pro Station
als simuliert identifiziert, so kann man werden gemittelt. Sollten bestimmte
den vom Band ermittelten Zeitpunkt in Perlen von verschiedenen Stationen beo-
das Computerprogramm eingeben und bachtet sein, so werden diese gewich-
den Radius der Sonne solange verändern tet. Die Addition der Mittelwerte am
bis die Perle zu diesem Zeitpunkt auf- Nord- und Südrand ergeben die Korrektur
taucht. Die eingegebene Veränderung des Sonnendurchmessers. Gegenwärtig
des Sonnenradius wird notiert und ist arbeiten die Mitglieder der IOTA/ES an
ein Einzelwert. Da gegenwärtig mehrere der Auswertung der Expeditionsergebnisse
Beschreibungen des Mondrandes (Watts- von 2005 (Tunesien, Spanien) und 2006
Charts, Moonlimb-Datei oder andere) exi- (Türkei). Die Resultate werden auf dem
stieren, ist es notwendig, die ermittelten jährlich stattfindenden internationalen
Zeitpunkte noch mit anderen Simulationen Symposium ESOP präsentiert und disku-
zu vergleichen. Dies ist z.B. das von tiert.
R. Büchner geschaffene Softwarepaket
SUNBEADS. In der Unsicherheit der
Beschreibung des Mondrandes liegt eine
Hauptfehlerquelle der Methode. Es ist daher
von großer Hilfe, das Mondrandprofil und
dabei besonders die Tiefe der Täler mittels
streifender Sternbedeckungen (vgl. Beitrag
von A. Gabel) genauer zu bestimmen.
Baily beschrieb das Phänomen auch bei der totalen Sonnenfinsternis 1842 in Italien. Baily war Mitarbeiter der ,,Royal Astronomical Society" und entdeckte u.a. den Einfluss des Luftdrucks auf den Gang des Uhrenpendels (1822) und bearbeitete auf Kosten der British Association sämtliche Beobachtungen von La Lande und D'Angelet.
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138 V d S N A C H R I C H T E N
10 Jahre VdS-Journal
von Otto Guthier
Kaum zu glauben, aber wahr, seit zehn Jahren besteht nun das ,,VdS-Journal für Astronomie". Das VdS-Journal ist die Zeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde e.V. und erschien erstmals im Herbst 1997 mit dem Versand an die damaligen 2700 VdSMitglieder.
Dieses Jubiläum fällt mit der Ausgabe Nr. 25, I/2008 zusammen und soll Grund genug sein, einen kleinen geschichtlichen Rückblick zu liefern. Zehn Jahre Redaktionsarbeit wollen wir aber auch nutzen allen Autoren, Fachgruppen-Redakteuren und den Machern im Hintergrund einmal Danke zu sagen. Über das Entstehen und die Herausgabe des VdSJournals wurde bereits mehrfach berichtet (1), (2); weshalb ich mich auf das Wesentliche konzentrieren möchte.
Der Anfang Im März 1995 trafen sich Freunde, Mitglieder und Vorstandsmitglieder zu einem ,,Brainstorming" mit dem Thema ,,VdS 2005" um über ein VdS-Strategiekonzept zu beraten (3). Eines der wesentlichsten Ergebnisse dieser ,,Klausurtagung" war der klare Auftrag an den VdS-Vorstand, über ein Mitteilungsblatt an die Mitglieder nachzudenken und wenn möglich ein solches herauszugeben.
Bereits in den 50-iger und 60-iger Jahren gab es die von den Mitgliedern geschätzten VdS-Nachrichten, die von den damaligen Vorständen herausgegeben wurden und im Jahre 1971 mit der Integration in ,,Sterne und Weltraum" von der ,,VdS-Bühne" verschwanden. Es galt also auf bewährtes Terrain zurück zu blicken und neue Ideen und Möglichkeiten der Umsetzung zu finden. Ein weiteres Ergebnis dieses Treffens bestand auch darin, dass konkrete Ansätze für eine solche Schrift genannt wurden: Das Organ sollte maximal 96 Seiten stark sein und vierteljährlich erscheinen.
Den Verantwortlichen war klar, dass der VdS-Vorstand keineswegs alleine und selbstständig eine neue ,,Zeitschrift" aus der Taufe heben konnte. Vielmehr
mussten diese Gedanken mit den VdS-Fachgruppen diskutiert und gemeinsam eine Lösung gefunden werden. Zudem mangelte es an finanziellen Mitteln. Zu dieser Zeit waren die Mitgliedsbeiträge an das Abonnement von ,,Sterne und Weltraum" gebunden, d.h. es blieb für die eigentlichen VdS-Tätigkeiten nur ein sehr kleiner, begrenzter Betrag für die VdS, der es nicht erlaubte größere Projekte umzusetzen. Dieser finanzielle Spielraum konnte erst durch einen Beschluss auf der Mitgliederversammlung 1997 in München geschaffen werden, der eine Trennung der Beträge für Abonnement und für einen eigenen Mitgliedsbeitrag vorsah.
Im Vorfeld dieser VdS-Tagung fand im März 1997 auf Einladung des VdS-Vorstandes das erste Treffen der VdS-Fachgruppenreferenten auf der StarkenburgSternwarte in Heppenheim statt. Auf der Tagesordnung stand: Herausgabe einer eigenen Mitteilungsschrift. Eine solche Herausgabe konnte nur durch das regelmäßige Mitarbeiten der VdS-Fachgruppen gelingen und sichergestellt werden. Die Fachgruppen verfügen über das geballte ,,Know-How" der VdS, sie stellen den Motor unserer Gemeinschaft dar .
Von diesem Treffen ging eine fruchtbare Dynamik aus. Alle anwesenden Fachgruppenvertreter sagten ihre volle Unterstützung zu, so dass mit den Planungen begonnen werden konnte. Das Layout wurde ehrenamtlich von Jürgen Lamprecht erstellt. Nur die Druckarbeiten wurden vergeben; selbst der Versand erfolgte in ehrenamtlicher Arbeit von der damals neu gegründeten VdSGeschäftsstelle in Heppenheim. Aus Kostengründen bestand nur die Umschlagsseite in Farbe.
Die erste Ausgabe mit dem Titel ,,Journal 1997" umfasste 96 Seiten und wurde aus Anlass der 23. Jahrestagung und Münchner Astrotage, die am 13. und 14. September 1997 im Forum der Technik stattfanden, verschickt. Die erste Ausgabe wurde mit großer Zustimmung und Begeisterung von den Mitgliedern angenommen. Auf der Mitgliederversammlung in München wurde der Vorstand mit der Prüfung einer regelmäßig erscheinenden Mitteilungsschrift beauftragt.
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Die Kreativphase Über die Zielsetzung und zukünftige Aufmachung der VdS-eigenen Schrift wurde nun intensiv diskutiert und beraten.
Als Ziele wurden bereits im Brainstorming genannt:
- Das Journal dient als Kommunikationsmedium der VdS.
- Es sollte das Meinungsforum der Mitglieder darstellen.
- Regelmäßig sollten Berichte von Sternfreunden über ihre Arbeiten erscheinen.
- Die Veröffentlichung von Beobachtungsergebnissen wurde gefordert.
- Berichte und Beiträge mussten über die Arbeit der VdS-Fachgruppen informieren.
- Wechselnde Themen und Schwerpunktthemen sollten veröffentlicht werden.
- Ein Veranstaltungskalender und eine Vorschau auf astronomische Ereignisse sollten die Mitglieder informieren.
- Die Herausgabe sollte maximal vier Mal pro Jahr erfolgen.
Die Steuerung und Gesamtverantwortung oblag dem VdS-Vorstand. Es galt eine Mitgliederzeitschrift zu entwickeln, in der Mitglieder allgemeinverständlich für Sternfreunde schreiben. Das Magazin hatte zum Ziel, eine Plattform für viele Mitglieder zu bilden, die in sinnvoller Ergänzung zu den monatlich erscheinenden Astronomie-Zeitschriften stand. Anders als in professionellen und kommerziellen Zeitschriften gab es beim VdS-Journal für Astronomie keinen ,,Chefredakteur", sondern ein ,,Endredaktionsteam", bestehend aus vier oder fünf Vertretern von Vorstand und Fachgruppen, die den Inhalt der anstehenden Ausgabe des Journals aus den eingereichten Beiträgen zusammen stellte. Über die technische Entstehung und den Werdegang ist bereits an anderer Stelle (4) sehr ausführlich berichtet worden.
Die Umsetzung Nach der Kreativphase im Jahre 1998 erschien Ende dieses Jahres unsere zweite Ausgabe ,,Journal I/1999" mit einem Umfang von 144 Seiten, davon 17 in Farbe! Auch diese Ausgabe wurde ehrenamtlich von Jürgen Lamprecht in´s Bild gesetzt.
Mit der nächsten Ausgabe, die im Herbst 1999 erstmals mit dem Titel ,,Journal für Astronomie" erschien, hatte der VdS-Vorstand einen Profi-Layouter beauftragt. Ab der Ausgabe Nummer vier übernahm Dr. Werner E. Celnik die wichtigen Arbeiten der fachlichen Prüfung der Beiträge, das Scannen und die Bildbearbeitung. Mit den eigentlichen Layoutarbeiten wurde Bettina Gessinger, von Beruf Diplom-Designerin, beauftragt.
Nach der schwierigen Startphase und einer aufwendigen Redaktionsarbeit kehrte mit den folgenden Ausgaben eine gewisse Routine ein: Ab dem Journal 2/2000 erschienen dann alle Beiträge in Farbe. Das starke Mitgliederwachstum und die zur Verfügung stehende Beiträge ermöglichten ab der Ausgabe Nummer 10 (I/2003) ein dreimaliges Erscheinen des Journals mit einem Gesamtumfang von ca. 420-450 Seiten pro Jahr.
Mit der Ausgabe I/2008 - der vorliegenden Nummer 25 - haben 713 verschiedene Autoren auf 3590 Seiten aus nahezu allen Bereichen der Amateur-Astronomie berichtet. Rund 1900 Beiträge sind in diesen 10 Jahren erschienen, die von Sternfreunden für HobbyAstronomen geschrieben und mit mehr als 5000 Aufnahmen bebildert wurden. Viele Beiträge und Aufnahmen wären wohl kaum in einer der monatlich erscheinenden Astrozeitschriften je veröffentlicht worden. Somit bietet das ,,VdS-Journal für Astronomie" vielen Mitgliedern und Sternfreunden eine ganz wichtige Plattform der Kommunikation sowie der Veröffentlichung von Beobachtungsergebnissen. Das VdS-Journal schließt in gewissem Sinne eine Lücke und macht es für viele Hobby-Astronomen unabkömmlich. Eine beachtliche Journalstatistik, die von Jost Jahn und Dietmar Bannuscher angelegt wurde (5), kann auf der Internetseite der VdS abgerufen werden.
Blick in die Zukunft Das ,,VdS-Journal für Astronomie" wird auch in den nächsten Jahren das wichtigste Medium der Kommunikation unter den Mitgliedern, Fachgruppen und dem VdS-Vorstand sein. Als Ergänzung stehen den Vereinsmitgliedern die Internetseite der VdS zur Verfügung. Diese Webseiten der VdS werden in den nächsten Wochen und Monaten weiter entwickelt. Sie dienen der raschen Kommunikation, der Information und der Übertragung von Daten.
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140 V d S N A C H R I C H T E N + R E Z E N S I O N E N
Ob allerdings eine elektronische Version des Journals eines Tages erscheint, steht noch in den ,,Sternen".
Die Mitgliederbefragung zum Thema ,,VdS-Journal" ergab im Jahr 2003 den Wunsch nach einer vierten Ausgabe pro Jahr. Sie wurde von etwa der Hälfte der Mitglieder gewünscht. Über zwei Drittel waren sogar bereit, dafür einen höheren Mitgliedsbeitrag zu zahlen. Über 88 Prozent der Befragten waren mit dem Layout und der Aufmachung unserer Mitgliederzeitschrift zufrieden.
Ziel sollte daher die vierte Ausgabe sein, die aber erst möglich erscheint, wenn gewisse Strukturen bei der Redaktionsarbeit verändert und der finanzielle Rahmen dafür geschaffen werden kann. Vom Vorstand wurden seit 2003 keine Beitragserhöhung vorgenommen, obwohl die Mitgliederversammlungen in den Jahren 2005 und 2007 diesbezügliche Optionenen erteilt hatten. Ein kräftiges Wachstum der Mitgliederzahlen würde die Herausgabe eines vierten Journals pro Jahr beschleunigen.
Den vielen Autoren und im Besonderen den Fachgruppen-Redakteuren möchten wir herzlich für ihre Arbeit danken, ohne die eine Herausgabe unserer Mitgliederzeitschrift nicht möglich gewesen wäre. Allen Beteiligten ein herzliches Dankeschön verbunden mit der Bitte so weiter zu machen!
Im Interesse unserer Mitglieder soll es so weiter gehen, denn bisher gab es noch keine Ausgabe, für die nicht genügend Material von unseren Mitgliedern eingereicht wurde.
In diesem Sinne: weiter so!
Literaturhinweise:
(1) Otto Guthier, 2003 ,,Zehn Ausgaben VdS-Journal - ein Rückblick" VdS-Journal für Astronomie Nr. 10, I/2003,, Seite 127
(2) Otto Guthier, 2006 ,,20 Ausgaben VdS-Journal für Astronomie" VdS-Journal für Astronomie Nr. 20, II/2006, Seite 129
(3) W.E. Celnik, 1997 ,,VdS 2005 - Das Strategiekonzept" VdS-Journal für Astronomie Nr. 1, Seite 310
(4) W.E. Celnik, 2003 ,,Ein Blick hinter die Kulissen - wie entsteht des VdS-Journal" VdS-Journal für Astronomie Nr. 12, Seite 19
(5) J. Jahn, 2005 ,,Eine kleine Journalstatistik" VdS-Journal für Astronomie Nr.18, Seite 138
Ulrich Bastian
Einführung in die Beobachtung Veränderlicher Sterne
ISBN 978-3-00-21163-8; 285 Seiten, 94 Abb., 10 Tabellen, Glanzfolienkaschierung. Dritte, völlig neu bearbeitete und wesentlich erweiterte Auflage, 2006 Eigenverlag der Bundesdeutschen Arbeitsgemeinschaft für Veränderliche Sterne e.V. (BAV, Fachgruppe Veränderliche Sterne der VdS). Zu bestellen bei: BAV, Munsterdamm 90, 12169 Berlin oder zentrale@bav-astro.de. Preis 20.- zuzüglich Versandkosten.
Was lange währt, wird endlich gut. Schätzungsweise 10 Jahre hat die BAV an der völligen Neugestaltung Ihrer
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,,Einführung`` (erste Auflage 1965, zweite Auflage 1983) gearbeitet, um schließlich im März 2007 ein Ergebnis zu präsentieren,
das diese Anstrengung rechtfertigt. Der Aufbau des Buchs, die sachlichen Inhalte der einzelnen Kapitel
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und die Qualität der Darstellung sind durchweg sehr gelungen. Dass es sich um ein Werk von Amateuren handelt, zeigt sich ausschließlich in der eher bescheidenen äußeren Aufmachung und in der strikten Praxisorientierung. Erstere ist kein wirklicher Nachteil für einen Benutzer, und letztere ein ganz klarer Vorteil. Das im Vorwort formulierte Programm ist sehr gut umgesetzt: ,,Das Buch möchte Amateurastronomen, die sich bisher nicht für Veränderliche interessiert haben, zur Beobachtung dieser interessanten Sterne anregen``. Aber das Werk geht darüber hinaus. Es ist auch ein nützliches und praktisches Handbuch für alle, die sich bereits mit dem Thema beschäftigen. Die hauptsächlichen Autoren - Werner Braune, Bela Hassforther und Wolfgang Quester - sind Beobachter mit jahrzehntelanger Erfahrung. Etliche weitere ,,BAVer`` haben im Detail mitgewirkt. Der vierte Hauptautor ist Prof. Edward Geyer, von dem das ausführliche Kapitel 2 über ,,Astrophysikalische Grundlagen für die verschiedenen Veränderlichentypen`` stammt. Das einführende Kapitel 1 ist als Appetitmacher und schneller Überblick
über die Gesamt-Thematik geschrieben. Es zeigt anhand von 10 Lichtkurven, einer Fotoserie und einer Aufsuchekarte das unterschiedliche Verhalten verschiedener Veränderlicher und den ebenso unterschiedlichen Umgang der Amateurbeobachter damit. Einsteiger sollten das bereits erwähnte Kapitel 2 beim ersten Lesen übergehen, um sich sogleich in den Kapiteln 3 und 4 mit der praktischen Anleitung zur visuellen Beobachtung (d.h. Helligkeitsschätzungen mit dem Auge) und den dazu nützlichen Hilfsmitteln zu befassen. Das fünfte Kapitel gibt entgegen seines theoretisch klingenden Titels ,,Aufstellung eines Beobachtungsprogramms`` ganz praktische Tipps, von der Auswahl der Beobachtungs-objekte und -instrumente bis zum Umgang mit dem mitteleuropäischen Klima.
Die Benutzung einer CCD-Kamera zur Veränderlichenbeobachtung wird in Kapitel 6 erklärt, wobei hier neben einführenden Tipps auch die Grundlagen für wissenschaftliche Standardverfahren gelegt werden. Die abschließenden Kapitel 7 und 8 beschreiben die Auswertung der Beobachtungen bis hin zur Veröffentlichung bzw. Sammlung der Ergebnisse in interna-
tionalen Archiven und die Zusammenarbeit mit Fachastronomen. Das Buch wird abgerundet durch einen 45-seitigen, sehr praktischen Tabellen-, Quellen- und Indexteil. Vereinzelte kleine Ungeschicklichkeiten der Darstellung (zum Beispiel in Kapitel 1 die Verwendung der unerklärten Skala ,,JD`` auf der Zeitachse vieler Lichtkurven) und wenige, unbedeutende sachliche Fehler (zum Beispiel in Kapitel 2 die Aussage, die Raumsonde SOHO bilde mit Erde und Sonne ein gleichseitiges Dreieck) ändern nichts daran, dass dieses Werk allen Interessierten uneingeschränkt zur Anschaffung empfohlen werden kann.
Martin Kerner
Bronzezeitliche Astronomie - Die Bronzescheibe von Nebra
Martins Verlag, D 82166 Gräfelfing, 2006 368 Seiten, 24,90 Euro (39,80 CHF)
Bei vielen Dingen haben wir es verlernt zu staunen, weil fast täglich spektakuläre Erfolgsmeldungen aus Naturwissenschaft und Technik einen Gewöhnungseffekt erzeugen und Fortschritt für uns selbstverständlich geworden ist.
Warum sollte man sich daher mit Problemen und der Problematik der relativ jungen Wissenschaftsdisziplin der Paläoastronomie, d.h. mit der Astronomie vorgeschichtlicher und damit schriftloser Kulturen beschäftigen?
Martin Kerner, ehemaliger Leiter der Abteilung Längenmessung und Thermometrie am eidgenossischen Amt für Maß und Gewicht in Bern lässt sich auf das Wagnis ein, die astronomische
Entwicklung innerhalb der Bronzezeit zu rekonstruieren. Im Gegensatz zu anderen Teildisziplinen der Astronomiegeschichte ist die Paläoastronomie jedoch auf ganz andere Quellen angewiesen. Um fundierte Aussagen gewinnen zu können konzentriert sich der Autor stichpunktartig auf die materiellen Hinterlassenschaften der Kulturen vergangener Epochen und streift dabei die Stein-, Bronze- und Eiszeit. Da fast das gesamte frühe astronomische Wissen, ganz gleich in welcher konkreten Form es uns begegnet, Bestandteil eines Kultes ist, nimmt es häufig mythologische Formen an und ist stark symbolhaft. Das ist nur eine der großen Schwierigkeiten der paläoastronomischen Forschung und führt dazu, dass je einfacher ein Symbol
ist, eine sichere Deutung um so schwieriger wird. Trotzdem gelingt es Martin Kerner in einer überzeugenden Weise museale Gegenstände als Kultobjekte zu entlarven und durch exakte Kalkulation nachzuweisen, dass es möglich ist aus den mythischen und symbolhaften Formen der Dinge das frühe astronomische Wissen herauszufiltern.
Wer das Staunen über die Leistungen und das astronomische Wissen dieser frühen Kulturen wieder erlernen will und offen ist, sich auf neue Dankansätze einzulassen, für den ist dieses ungewöhnliche Buch sicher eine Bereicherung.
Holger Filling
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