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Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 15

NACH REDAKTIONSSCHLUSS
  4 Astronomietag - Lange Nacht der Sterne (Jahn Jost)
  4 Venus wird vom Mond bedeckt (Wolf Manfred)
  5 Venus vor dem Transit (VdS-Redaktion)
  7 Venusdurchgang vor der Sonne - Erste Eindrücke I (Celnik Werner E.)
  7 Venusdurchgang vor der Sonne - Erste Eindrücke II (Diederich H.-G.)
  7 Venusdurchgang vor der Sonne - Erste Eindrücke III (Paulus Rolf)

SPT/VIDEOASTRONOMIE
  16 Schwerpunkt-Themen im VdS-Journal (Celnik Werner E.)
  16 Erste Erfahrungen mit der Videoastronomie (Holl Manfred)
  24 Low-Cost-Astronomie mit Webcam (Bähr Roland)

MARS-RETROSPEKTIVE
  27 Der Marsfotowettbewerb (Lichtblau Christoph)

ASTROFOTOGRAFIE
  32 Fotografische Erfassung großflächiger Emissionsnebel (Bresseler Peter)
  33 Sterne, Protosterne, galaktische Nebel und Galaxien im Infraroten (Diederich H.-G.)
  37 Farbenspiele mit Omega Centauri (Diederich H.-G.)
  40 Nach über 20 Jahren einen Traum erfüllt (Hilverkus Gerhart)
  42 Kleine Zwerge - hohe Berge Zwerggalaxienjagd im Hochgebirge (Celnik Werner E..)

AMATEURTELESKOPE/SELBSTBAU
  47 Drei 10x50-Ferngläser der Oberklasse im Vergleich (Merlitz Holger, Bauer Michael, Schäfer Frank)
  49 ULDOB 1 (Hertli Silvio)
  51 Aktive Optik am Schmidt-Cassegrain (Strickling Wolfgang)
  ATMOSPHäRISCHE ERSCHEINUNGEN
  54 Die perfekten Stürme? Teil 2 (Rieth Ulrich)

CCD-TECHNIK
  58 Die digitale Spiegelreflexkamera Canon 300D (Lehmann Gerhard)

COMPUTERASTRONOMIE
  62 Ein Programm zur Numerischen Integration des Sonnensystems (Jahns Helmut)

DEEP SKY
  66 Neues aus der Fachgruppe Visuelle Deep-Sky-Beobachtung (Bohle Jens)
  67 Die Region um den Nebelkomplex IC 1805/NGC 896 (Glahn Uwe)
  68 Intergalaktische Nachbarschaft (Töpler Rainer)
  70 Deep Sky mit kleiner Optik: Andromedanebel mit Begleitern (Herzog Gerhard)

GESCHICHTE
  72 Die Isaac-Newton-Gruppe auf La Palma (Gera Hans-Dieter)
  72 Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie (Steinicke Wolfgang)
  75 Die Geschichte um den Nebel von 55 And (Wenzel Klaus)
  78 Maximilian Hell und der Venustransit von 1769 (Brüggenthies Wilhelm, Steinicke Wolfgang)

KOMETEN
  82 Komet C/2004 F4 (Bradfield) (Kammerer Andreas)

KLEINE PLANETEN
  85 Amateurentdeckungen von Kleinplaneten (Lehmann Gerhard)
  87 Meine benannten Kleinplaneten (Knöfel Andre)
  89 Recovery eines besonderen Asteroiden (Meyer Erich)
  90 Kleinplanet (11001) Andrewulff (Holl Manfred)

SONNE
  90 Einmal Sonne rot-weiß bitte (Lucius Dirk)
  96 Die ringförmige Sonnenfinsternis vom 31.5.2003 Island (Stähler Rudolf)

SPEKTROSKOPIE
  97 Entwicklung eines Spektralapparates zur Beobachtung und Analyse von Sternspektren (Mester Achim)

JUGENDARBEIT
  100 Alle fünf Elemente auf dem ITV (Hoffmann Susanne)
  100 Die Arbeitsgruppe "Einführung in die Astronomie" (Lunkenheimer Verena, Schrabback Marc)
  101 Raumfahrt: Rocket Science im ASL (Musiol Stefanie)
  101 Logbuch der Raketenpioniere: Mi 6.8.2003 (Springborn Tilman, Opialla Tobias)
  101 Uuml;ber die Eignung von CDs als Raketenleitwerk (Stielike Jan M.)

15
  0 AG-Bericht: Relativitätstheorie (Jugendarbeit)
  0 Zeit (Jugendarbeit)

STERNBEDECKUNGEN
  104 Wo bin ich? Positionsbestimmung mit GPS (Federspiel Martin)

JUGENDARBEIT
  104 AG Physik der Sonne und der Sterne (Rechenberger Ines)
  VERäNDERLICHE
  108 Zur visuellen Beobachtbarkeit des Blazhko-Effektes bei RR-Lyrae-Sternen (Braune Werner)
  110 Der Himmel lebt (Quester Wolfgang)

SERVICE
  112 M wie Messier Journal 15: M 4, M 62, M 80 (Güths Torsten)

ZUM NACHDENKEN
  114 Stern- und Staunstunden (Quester Wolfgang)
  115 Der Anfänger unter den Sternfreunden (Sonnemeyer Jürgen)
  116 Die Betreuung der Einsteiger in der Astronomie (Kemmerer Jürgen)

BEOBACHTERFORUM
  116 Erstaunliche Plejadenbeobachtung (Töpler Rainer)
  118 Visuelle Beobachtungen am 112-cm-Teleskop in Melle (Töpler Rainer)
  121 10 Jahre Messungen und Rechnungen an Doppelsternen (Alzner Andreas)

VDS-NACHRICHTEN
  126 Wir begrüßen neue Mitglieder (VdS-Geschäftsstelle)
  127 VdS Fachgruppentreffen 2004 (Steinicke Wolfgang)
  128 Neuer Mitgliedsbeitrag ab 2005 (Guthier Otto)
  128 VdS-Journal Online (Jahn Jost)
  129 Jubiläen 2004 (VdS-Geschäftsstelle)
  129 Leserbriefe an die Redaktion Journal 15 (VdS-Redaktion)
  130 Ein volkstümlicher Schriftsteller Max Gerstenberger (Beneke Ernst-Jochen)
  131 AKM-Frühjahrsseminar 2004 (Krieg Jürgen)

REZENSION
  138 Buchbesprechung "The New CCD Astronomy" (Ueberschaer Stefan)
  138 Buchbesprechung "Fernrohr-Führerschein in 4 Schritten" (Zellhuber Herbert)

VORSCHAU
  139 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen Journal 15 (Celnik Werner E.)
  140 Vorschau auf astronomische Ereignisse Journal 15 (Celnik Werner E.)
  140 1. Tagung der VdS-FG Geschichte der Astronomie (Steinicke Wolfgang)

EDITORIAL
  1 Editorial Journal 15 (Guthier Otto, Steinicke Wolfgang)

Textinhalt des Journals 15

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144

- Impressum

26

- Erratum

27

Sonnenbeobachtung Seite 90
Kugelsternhaufen M4 Seite 112
Fachgruppentreffen in Kirchheim Seite 127
,,Kometenparade" Seite 132
C/2001 Q4 (NEAT) Seite 134

4 NACH REDAKTIONSSCHLUSS
Astronomietag - Lange Nacht der Sterne
von Jost Jahn
Am 18. September 2004 findet der 2. Astronomietag in Kooperation mit der ersten ,,Langen Nacht der Sterne" des STERN statt.
Schon Ende Juli haben sich fast 150 Veranstalter aus dem ganzem Bundesgebiet (s. Abb.1) zum Astronomietag gemeldet. Sie finden auf unserer Website www.astronomietag.de weitere ständig aktualisierte Informationen.
Wenn Sie als Verein, Gruppe oder auch Einzelperson noch teilnehmen wollen, so melden Sie Ihre Veranstaltung bei uns an. Informationen zum einfachen Procedere finden Sie auf unsere Website oder telefonisch bei unserer Geschäftsstelle. Kein Veranstalter wird verpflichtet gleichzeitig an der ,,Langen Nacht der Sterne" teilzunehmen.
Es macht auf jeden Fall Spaß an einer Veranstaltung teilzunehmen oder sie zu organisieren. Wennn Sie dabei sein wollen, aber keine eigene Veranstaltung in Angriff nehmen wollen, so fragen Sie beim lokalen Veranstalter nach, ob er noch Hilfe benötigt. Dabei lernt man viele neue astronomisch interessierte Leute kennen!
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!
Abb. 1: Karte der Aktivitäten zum Astronomietag 2004. Ist auch Ihr Punkt dabei? (Stand 30. Juni 2004)
Venus wird vom Mond bedeckt
von Manfred Wolf
Am 21. Mai 2004, nur einige Tage vor dem Venustransit, habe ich mit knapper Not die Bedeckung der Venussichel durch den sehr jungen Mond am Taghimmel beobachten können. Ich habe gerade noch die Austrittsphase der Venusbedeckung um 14:39 Uhr MESZ erwischt, als rechtzeitig eine Wolkenlücke daherkam, was sich schwierig gestaltete: Weil die schwache Mondsichel nicht aufzufinden war, konnte ich das Teleskop erst richtig ausrichten, als die Venus hinterm Mond hervortrat. Beim Eintritt regnete es noch in Strömen und das Teleskop war noch nicht aufgebaut. Zum Foto: Beobachtungsgerät war ein Schmidt-Cassegrain-Teleskop Celestron 11 mit 35-mm-Okular und Skyglow-Filter. Mit einer Pentax Digitalkamera mit 2-fach optischem Zoom belichtete ich 1/400 Sekunde.
VdS-Journal Nr. 15

NACH REDAKTIONSSCHLUSS 5

Venus VOR dem Transit
von Manfred Wolf
Abb. 1 (oben): Bildserie der abnehmenden Venussichel vom 16.3. bis zum 31.5.2004, aufgenommen, bearbeitet und zusammengestellt von Gabriele Ackermann. Beobachtungsinstrument war ein APQ 130/1000-mm-Refraktor, ausgestattet mit Flatfield-Konverter und UVIR-CutFilter, Äquivalentbrennweite ca. 4,5 m. Aufnahmegerät war die WebCam Philips ToUcam Pro. Die Aufnahmezeiten: oben links 16.3., 16:54 UT, oben rechts 11.5., 19:04 UT, unten links 17.5., 19:28 UT, unten rechts 31.5.2004, 15:40 UT. Alle Bilder wurden mit Registax 2.1.13.0 verarbeitet.

Für viele Sternfreunde war es spannend, die Entwicklung der immer schmaler werdenden Venussichel bei der Annäherung an die Erde zu verfolgen. Dieser Vorgang passiert zwar recht häufig, erhielt aber durch den bevorstehenden Durchgang vor der Sonne besondere Präsenz. Interessant vielleicht auch, da unser Nachbarplanet Venus ja nicht gerade mit vielen ,,Oberflächendetails" aufwartet. Vielfach gab es Begeisterung bei der Beobachtung, inoffizielle Wettbewerbe, wer die schmalste Sichel ,,erwischt", das beste oder schönste Bild gewinnt. Was bei der Redaktion an Venusphasenbildern eingereicht wurde sei an dieser Stelle gezeigt. Viel Spaß bei der Betrachtung.
Ihre VdS-Redaktion
Abb. 2 (unten): Venus am wolkigen Taghimmel des 23.5.2004, aufgenommen mit einem Schmidt-Cassegrain-Teleskop Celestron 14 bei f/11, 1/125 Sekunde belichtet von Franz Xaver Kohlhauf.

Datum 16.3.2004 11.5.2004 17.5.2004 23.5.2004 31.5.2004 1.6.2004 6.6.2004 6.6.2004

UT 16:54 19:04 19:28 ca. 16 15:40 14:06 16:25 16:44

Elongation Ost 45,51 Grad 34,26 Grad 29,15 Grad 22,83 Grad 12,03 Grad 10,63 Grad 2,66 Grad 2,64 Grad

Venus beleuchtet zu 57,76 % 19,15 % 13,39 % 8,00 % 2,17 % 1,69 % 0,11 % 0,10 %

Winkeldurchmesser 20,63'' 42,89'' 47,17'' 51,35'' 56,01'' 56,40'' 57,68'' 57,69''

Tab. 1: Information über den Stand des Planeten Venus zu den angegebenen Aufnahmezeiten der Abbildungen zu diesem Beitrag, ermittelt mit GUIDE 8.0. (Red.)
VdS-Journal Nr. 15

6 NACH REDAKTIONSSCHLUSS

Abb. 3: Venus am Taghimmel des 1.6.2004 um 14:06 UT, aufgenommen an einem Schmidt-Cassegrain-Teleskop Bresser 220/1880 mm, Äquivalentbrennweite 12,9 m, 1/60 Sekunde ohne Filter belichtet von Werner E. Celnik auf Fujichrome ISO 100 Farbdiafilm, Bildbearbeitung mit Photoshop 7.

Abb. 5: Venus am Taghimmel des 6.6.2004 um 16:44 UT, aufgenommen von Manfred Wolf mit einem Schmidt-Cassegrain-Teleskop Celestron 11 mit 35-mm-Okular und Skyglow-Filter, Aufnahmegerät war eine Pentax Digitalkamera mit 3-fach optischem Zoom, Belichtung 1/400 Sekunde.

Abb. 4: Venus am Taghimmel des 6.6.2004 um 16:25 UT, aufgenommen von Werner E. Celnik an einem Refraktor 80/900 mm, Äquivalentbrennweite 2,3 m, ausgestattet mit IR-Sperrfilter, Aufnahmegerät war die WebCam Philips ToUcam Pro 740. 2 Prozent von 2048 Bildern des Videostroms wurden verwendet und mit GIOTTO 1.3 gemittelt. Bildbearbeitung mit Photoshop 7, Picture Window Pro 2.5 und Neat Image 3.17. Im Okular am Schmidt-Cassegrain-Teleskop bei 45x war der geschlossene Atmosphärenring zeitweise erkennbar! Ist hier das aschgraue Venuslicht erfasst worden?
VdS-Journal Nr. 15

NACH REDAKTIONSSCHLUSS 7

Erste Eindrücke
vom Venusdurchgang vor der Sonne
von Werner E. Celnik, Hans-Günter Diederich, Rolf Paulus, Gabriele Ackermann, Bernd Flach-Wilken, Manfred Holl, Bernd Koch, Franz Xaver Kohlhauf, Erich Kopowski, Christoph Lichtblau, Joachim Lorenz, Tobias Pfaff, Markus Schabacher, Rainer Schalnus, Jürgen Schulz, Rainer Sparenberg, Aygün Völker, Cai-Uso Wohler, Manfred Wolf

Heiß ist es, 32 Grad C im Schatten. Aber der Schatten befindet sich 20 Meter weiter vorn. Also ist Sonnenbrand angesagt. Dummerweise habe ich in der Aufregung um eines der echten ,,Jahrhundertereignisse" meinen Astro-Hut und Sonnencreme vergessen. Ich beobachte mit Otto Guthier zusammen in Heppenheim, denn hier und weiter südlich war ,,Sonne pur" garantiert worden. In der Tat trübt kein Wölkchen den Genuss, einmal live Planetenbewegung zu erleben. ,,Darf ich auch mal durchgucken?" Vorbeikommende Schülerinnen und Schüler sind neugierig, haben zum Teil in der Schule etwas über den Venusdurchgang gehört.
Natürlich dürfen sie... Eine Radfahrerin drängelt sich zwischen unseren Teleskopen hindurch: ,,Was ist denn hier los?!" ruft sie verständnislos. Uns stört das nicht weiter. Wir freuen uns, dass auch die Nachbarn kommen und teilhaben wollen. Toll, den Atmosphärenring der Venus während der Eintrittsphase im Okular, ja, selbst im

Kamerasucher zu sehen. Ein Tropfenphänomen beobachten wir nicht. Der Tenor in der Astro-Gemeinde geht dahin, dass dieses Phänomen um so besser erkennbar wird, je schlechter das Seeing und die Qualität der Instrumente ist. Also ein Auflösungsproblem. Zwischendurch steigt mein Notebook aus, mit dem ich eine WebCam an einem 80-mm-Refraktor betreibe. Es ist einfach zu heiß. Die 6x6Kamera am 220-mm-Schmidt-Cassegrain stört das nicht. Alles in allem: Ein SuperErlebnis! (Werner E. Celnik)
Nach meiner Beobachtung der Venus mit der SoFi-Brille bei ihrem Transit vor der Sonne in meinem Wohnviertel zeigte ich diese auch meinem Hausarzt, dem Bäcker, Apotheker und Gemüsehändler einschließlich aller dort Beschäftigten und zufällig anwesenden Kunden. Alle haben sich gefreut und waren danach begeistert. Vom Türken bekam ich sogar eine dicke, pralle Apfelsine geschenkt. So kann man Mitmenschen glücklich machen. (HansGünter Diederich)
Hier ein Bericht vom Venustransit am 8. Juni 2004 in Wesseling bei Bonn in meinem Garten. Mein Beobachtungsinstrument war ein Rich-Field-Refraktor 102/500 mm. An Vergrößerungen habe ich 50x, 67x und 83x mit den Okularen Vixen LV 10 mm, Baader eudiaskop. 7,5 mm und TS Weitwinkel 6 mm eingesetzt.

Das Teleskop wurde in Stunde nachgeführt. Zur Beobachtung hatte ich einen großen Teil der Nachbarschaft eingeladen. Alle haben sich interessiert gezeigt und 15 Personen sind gekommen. Ich konnte natürlich im Zuge der Unterhaltungen viel astronomisches Grundlagenwissen loswerden. Dieses ist ja auch sehr positiv zu bewerten. Ich habe noch die Kontaktzeiten ermittelt: 1. Kontakt: 07:19:45 Uhr MESZ, 2. Kontakt: 07:39:00 Uhr MESZ, hier konnte ich keinen schwarzen Tropfen erkennen, Mitte des Transits 10:22:00 Uhr MESZ, 3. Kontakt: 13:03:00 Uhr MESZ, kein schwarzer Tropfen erkennbar, 4. Kontakt: 13:22:00 Uhr MESZ. Nach diesem wunderschönen und äußerst spannenden Erlebnis bin ich jetzt noch begeistert. Gut ist, dass wir dieses Schauspiel noch erleben durften. Der Merkurtransit im vorigen Jahr war auch schon spannend, aber der Transit der Venus setzt allem die Krone auf. Die Venusscheibe war ja auch um das Vierfache größer. (Rolf Paulus) Wir wünschen unseren Lesern viel Freude beim Betrachten der nachfolgenden schönen Bilder und bei der Erinnerung an ein beeindruckendes Erlebnis. Gerne erwarten wir für die kommende Ausgabe noch weitere Bildeinsendungen, Beobachtungsund Auswertungsberichte zum Venustransit 2004!
Ihre VdS-Endredaktion

Abb. 1: Venustransit 8.6.2004, 5:32:40 UT, ETX-90-Teleskop mit LV-12-mmOkular, Blau-Filter, DigiCam mit 1,3 Megapixel in Okularprojektion, Bildautor: Markus Schabacher, Wuppertal.

Abb. 2: Venustransit 8.6.2004, dieses Einzelbild entstand an einem 12-ZollNewton-Teleskopp bei voller Öffnung mit einer ToU Cam-Webkamera. Bildautor: Joachim Lorenz, Hormersdorf/ Erzgebirge.
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8 NACH REDAKTIONSSCHLUSS

Abb. 3

Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6

Abb. 7
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Abb. 8

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Abb. 3: Venustransit 8.6.2004, 5:20:22 UT, Refraktor Starfire Apochromat 127/1.100 mm, Effektivbrennweite 4,5 m, Digitalkamera Olympus 5050Z (5 Megapixel) 1/25 Sekunde belichtet, H-Filter Coronado T-Max 40, Ort: Recklinghausen, Bildautoren: Erich Kopowski, Rainer Sparenberg.
Abb. 4: Venustransit 8.6.2004, Bild aus einer Aufnahmeserie zwischen 5:37 und 5:39 UT, Aufnahmeinstrument: Refraktor Astro-Physics Starfire EDFS 130 mm (f/6) mit Baader-Flat-Field-Converter, Canon 10D Digitalkamera, Belichtungszeit 1/1.500 Sekunde, Sonnenfilter: AstroSolar Folie Dichte 3,8. Die Grünebene des Farbbildes ist dargestellt. Der dünne Atmosphärenbogen war beim Eintritt zwischen 5:37 und 5:39 UT als teilweiser bis ganzer Lichtbogen zu beobachten. Bildautoren: Bernd Koch und Rainer Schalnus, Beobachtungsort: Sörth.
Abb. 5: Venustransit 8.6.2004, 5:38 UT, Schmidt-Cassegrain-Teleskop Bresser 220/1.880 mm, Sonnenfilterfolie Dichte 3,8, Effektivbrennweite 12,9 m, 1/125 Sekunde belichtet auf Fujichrome ISO 400 Farbdiafilm (6x6), Bild stark bearbeitet, um den Ring der Venusatmosphäre deutlicher sichtbar zu machen. Ort: Heppenheim, Bildautor: Werner E. Celnik.
Abb. 6: Venustransit 8.6.2004, 5:39:48 UT, Schmidt-Cassegrain-Teleskop Celestron 11 mit 2fach Flat-Field-Corrector und 26,5-mmOkular, Pentax Digitalkamera mit 3fach optischem Zoom, Belichtung 1/800 Sekunde. Bildautor: Manfred Wolf, Köngetried
Abb. 7: Venustransit 8.6.2004, 6:00:04 UT, Schmidt-Cassegrain-Teleskop Celestron 8 mit Baader-Objektiv-Sonnenfilterfolie, exzentrisch abgeblendet auf 8 cm Öffnung, Zeiss-Okularrevolver, hier aufgenommen durch das 40-mm-Huygens-Okular, mit Kamera Sony Cyber-shot DSC-P32 (3,1 Megapixel), ohne Stativ, ohne Halterung, ,,einfach so" aus der Hand mit Autofokus und ohne jegliche Bildbearbeitung. Bei genauem Hinsehen sind sogar die Sonnenflecken zu sehen.... Ort: Berlin, die Bildautorin Aygün Völker beschreibt ihr Bild als ,,Foto einer Anfängerin".
Abb. 8: Venustransit 8.6.2004, 7:15 UT, Schmidt-Cassegrain-Teleskop Bresser 220/1.880 mm, Effektivbrennweite 12,9 m, Sonnenfilterfolie Dichte 3,8, 1/250 Sekunde belichtet auf Fujichrome ISO 400 Farbdiafilm (6x6), Ort: Heppenheim, Bildautor: Werner E. Celnik.
Abb. 9: Venustransit 8.6.2004, 7:37 UT, Schmidt-Cassegrain-Teleskop Bresser 220/1.880 mm, Effektivbrennweite 4,7 m, Sonnenfilter, in einer Stunde wird alles vorbei sein: Gegen 10:20 UT hielt das über einem Schieferdach wabernde Seeingmeer kurz inne und erlaubte es Bernd Flach-Wilken durch seinen uralten 125-mm-AK-Refraktor immerhin andeutungsweise die Sonnengranulation zu erfassen. GIOTTO sortierte aus 256 WebCamBitmaps die 50 besten heraus und zeigt uns die schwarze Venus bei 4 m Aufnahmebrennweite. Ort: Wirges.

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Abb. 10: Venustransit 8.6.2004, 8:22 UT, Schmidt-Cassegrain-Teleskop Celestron 8 (f/10), 1/250 Sekunde belichtet auf Kodak Technical Pan 2415 Schwarzweiß-Film, Vergrößerung auf Color-Papier. Bildautor: Franz Xaver Kohlhauf, Bad Tölz. Abb. 11: Venustransit 8.6.2004, 8:25:27 UT, Refraktor Vixen 80/900 mm, Effektivbrennweite 1,2 m, H-Filter Coronado T-Max 40, Digitalkamera Olympus 5050Z (5 Megapixel), Bildautoren: Erich Kopowski, Rainer Sparenberg, Recklinghausen Abb. 12: Venustransit 8.6.2004, in einer Stunde wird alles vorbei sein: Gegen 10:20 UT hielt das über einem Schieferdach wabernde Seeingmeer kurz inne und erlaubte es Bernd Flach-Wilken durch seinen uralten 125-mm-AK-Refraktor immerhin andeutungsweise die Sonnengranulation zu erfassen. GIOTTO sortierte aus 256 WebCam-Bitmaps die 50 besten heraus und zeigt uns die schwarze Venus bei 4 m Aufnahmebrennweite. Ort: Wirges. Abb. 13: Venustransit 8.6.2004, 10:23:48 UT, Venus am Südwestrand, Bildautor Cai-Uso Wohler schreibt dazu: 10 Bilder gestackt. Die Venus läuft ihrem 3. Kontakt entgegen. Diesen habe ich für die Photosphäre bei 11:03:30 ermittelt. Für die Chromosphäre lag der Zeitpunkt bei 11:05:16 UT. Als Teleksop diente ein Skywatcher Refraktor 70/700 mm mit Coronado Solarmax 60 mm-HFilter, Blockfilter 10 mm und Vixen LV-10-mm-Okular. Das Bild ist mit der Olympus C-2020Z aufgenommen. Ort: Winsen/Luhe. Abb. 14: Venustransit 8.6.2004, Christoph Lichtblau vom Physikalischen Verein Frankfurt/Main belichtete 1/500 Sekunde auf Ektachrome ISO 100 G Farbfilm mit dem abgeblendeten 60-cm-Cassegrain-Teleskop des Vereins. Abb. 15: Venustransit 8.6.2004, 11:00 UT, Refraktor Vixen 102/1.000 mm, Effektivbrennweite 1,3 m, versehen mit einem Herschelkeil, Kamera: Digitalkamera Olympus 4000Z (4 Megapixel), Bildautoren: Erich Kopowski, Rainer Sparenberg, Recklinghausen.
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Abb. 16: Venustransit 8.6.2004, 11:03 UT, Refraktor 90/1.000 mm, Webcam PhilipsToUCam Pro II 740k, bearbeitet mit Registax 1.0.0, Bildautor: Manfred Holl, Einum bei Hildesheim. Abb. 17: Venustransit 8.6.2004, Venus vor H-alpha-Sonne. Einzelbilder eines Videostreams, aufgenommen mit Philips Toucam Pro an einem Refraktor AS 200/3.000 mm, ausgestattet mit mit DayStar-H-Filter (Halbwertsbreite 0,5 Angström), Bildautoren: Tobias Pfaff, Jürgen Schulz, Sternwarte Kirchheim/Thür. Abb. 18: Venustransit 8.6.2004, 11:03:30 UT, Kutter-Schiefspiegler 200/4.000mm, abgeblendet auf 180 mm Öffnung, Brennweite mit Shapley-Linse auf 2,4 m reduziert, AstroSolar Filterfolie Dichte = 3,5, Schott RG 610 Kantenfilter Dicke 2 mm, Effektive Systembrennweite ca. 17 m, WebCam ToUCam PCVC 740 K, 20 Sekunden AVI-Videostrom mit 10 Bildern/Sekunde aufgenommen, 1/5.000 Sekunde Belichtungszeit je Bild, Bildakquisition mit P. Katreniaks K3CCDTools, Bildberechnung mit RegiStax, Korrektur mit Photoshop 6.0. Ca. 30 Sekunden vor Kontakt 3 konnte kein Tropfen-Effekt beobachtet werden. Bildautor: Horst Liebig, Bietigheim-Bissingen. Abb. 19: Venustransit 8.6.2004, 11:03:36 UT, Schmidt-Cassegrain-Teleskop Meade 10 Zoll, Brennweite 2.500 mm, fotografische Sonnenfilterfolie (Baader), Canon EOS 300 D (digitale Spiegelreflexkamera), 1/2.000 Sekunde belichtet bei Einstellung ISO 100, Bildautor: Olaf Haupt, Marktheidenfeld/Spessart. Abb. 20: Venustransit 8.6.2004, Aufnahme zum Zeitpunkt des 3. Kontaktes, Bildautor: Edgar Hirz, Rückeroth. Abb. 21: Venustransit 8.6.2004, 11:04:38 UT, Refraktor Pentax 105/670 mm, mit SM 90, mit Flat-Field-Converter, Kamera Canon D 60, 1/1000s belichtet bei Einstellung ISO 1000, Bildautor: Dirk Lucius, Leer.
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Abb. 22: Venustransit 8.6.2004, Einzelbild mit einem Refraktor AS 110/1.650 mm, ausgestattet mit Herschel-Prisma, Kamera: NikonCoolpix 995 in Okularprojektion, Grün-Auszug, Bildautoren: Tobias Pfaff, Jürgen Schulz, Sternwarte Kirchheim/Thür.
Abb. 23: Venustransit 8.6.2004, der durch die Venusatmosphäre verursachte Lichtsaum um den Planetenrücken wenige Minuten nach dem dritten Kontakt war am besten gegen 11:06-11:07 UT zu erkennen. Leider produzierte Bernd Flach-Wilkens Laptop genau in diesem kritischen Zeitraum einen Programmhänger, so dass die WebCam-Bilder erst ab 11:09 UT nach einem Neustart wieder gespeichert werden konnten. GIOTTO holte aus 256 Files die 50 besten heraus und überlagerte sie. Eine entsprechende Skalierung mit Photoshop lässt den Lichtsaum immerhin noch schwach erkennen. Instrument war ein 125mm-AK-Refraktor bei 4 m Brennweite, ausgestattet mit einem RG 645 Filter und einer IR-geblockten ToUCam.
Abb. 24: Venustransit 8.6.2004, Venus vor H-alpha-Sonne. Einzelbilder eines Videostreams, aufgenommen mit Philips Toucam Pro an einem Refraktor AS 200/3.000 mm, ausgestattet mit mit DayStar-H-Filter (Halbwertsbreite 0,5 Angström), Bildautoren: Tobias Pfaff, Jürgen Schulz, Sternwarte Kirchheim/Thür.
Abb. 25: Venustransit 8.6.2004, 11:21 UT, Refraktor APQ 130/1.000 mm, ausgestattet mit 2fach Barlowlinse, Herschelprisma, Filter: UVIR-Cut- und Grau ND 3, Kamera Canon EOS 300D bei Einstellung 100 ISO, 1/1.000 Sekunde Belichtung, Bildbearbeitung mit Registax 2.1.13.0. Bildautorin: Gabriele Ackermann, Ditzingen.

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Schwerpunkt-Themen im VdS-Journal

Liebe Leserinnen und Leser, eigentlich war für diese Ausgabe des ,,Journals für Astronomie" der Vereinigung der Sternfreunde das Schwerpunktthema Videoastronomie vorgesehen. Die Versammlung der Fachgruppenredakteure und der Endredaktion im vergangenen Jahr hatte dies so festgelegt, in der Erwartung, dass zu diesem doch aktuellen Thema sich eine große Nutzer-Gemeinde mobilisieren lassen würde. Doch dem war wider Erwarten nicht so. Es sind nur wenige, gleichwohl sehr interessante Beiträge eingegangen, die Sie natürlich nun an dieser Stelle finden. Ein Schwerpunktthema lässt sich daraus jedoch nicht gestalten. Doch ist dies nicht aufgehoben. Wir werden dieses Thema zu einem späteren Zeitpunkt erneut ausschreiben. Die Schwerpunktthemen für die kommenden Ausgaben mit der für die Gestaltung federführenden VdS-Fachgruppe und dem zugehörigen Redaktionsschluss sind:

Ausgabe Nr. 16 - I / 2005 17 - II / 2005 18 - III / 2005 19 - I / 2006 20 - II / 2006

SP-Thema Geschichte der Astronomie Astronomische Exkursionen CCD-Technik Lichtverschmutzung Kleinplaneten-Beobachtung

VdS-Fachgruppe Geschichte Astrofotografie CCD-Technik Dark Sky Kleinplaneten

Redaktionsschluss 18.9.2004 29.1.2005 28.5.2005 17.9.2005 28.1.2006

Wenn Sie einen Bild- oder Textbeitrag zu dem einen oder anderen Thema beisteuern möchten, würden wir uns freuen. Bitte nehmen Sie dafür zu dem betreffenden Fachgruppen-Redakteur Kontakt auf. Die Adressen der zuständigen Fachgruppen-Redakteure finden Sie in der Tabelle auf Seite 143 in diesem Heft. Bei Ihrer Terminplanung denken Sie bitte daran, dass der Fachgruppen-Redakteur alle eingehenden Beiträge koordinieren muss. Bitte reichen Sie deshalb Ihren Beitrag möglichst ca. 14 Tage VOR dem Redaktionsschluss ein. Damit erleichtern Sie uns allen die Zusammenstellung des Heftes wesentlich. Danke! Freundliche Grüße, Werner E. Celnik (Red.)

Erste Erfahrungen mit der Videoastronomie
von Manfred Holl

Das Jahr 2003 hatte es für mich wirklich in sich. Den Merkurdurchgang konnte ich, obwohl wir allerbestes Wetter hatten, nicht beobachten, da ich an dem Tag keinen Urlaub bekommen habe. Die Mondfinsternis fand zu nah am Horizont statt, als das ich sie von der Stadt aus hätte beobachten können und die am 8. November fiel den Wolken zum Opfer. Lediglich die Sonnenfinsternis am 31. Mai konnte ich in Meilsdorf bei Hamburg unter mäßig guten Wetterbedingungen beobachten.
Die Vorgeschichte Und dann stand da noch die Marsopposition im Raum. Als größtes Instrument besaß ich zu dem Zeitpunkt nur einen kleinen 80/400-mm-Refraktor, den ich hauptsächlich zur visuellen Sonnenbeobachtung einsetzte und mit dem ich einige mehr oder weniger gelungene Versuche zur Videoastronomie durchgeführt hatte. Ansonsten nannte ich nur noch ein paar Ferngläser mein Eigen. Zwar hätte ich im Prinzip Zugriff auf meh-
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rere Teleskope bei Freunden oder durch Freunde, bzw. im Verein, der Gesellschaft für volkstümliche Astronomie e. V. in Hamburg gehabt. Aber je näher die Opposition kam und je mehr Bilder etwa über die NAAMailingliste verteilt wurden, desto weniger Chancen boten sich mir. Entweder ich hatte keine Zeit, Freunde hatten keine, die einzusetzenden
Abb. 1: Halbmond, aufgenommen am 30.3.2004 mit 90/1.000-mm-Refraktor, 18-mm-Okular und 2fach-Barlowlinse, Sony TRV6E-Videokamera, Nachbearbeitung mit Giotto 1.33 und Photoshop: Tonwertkorrektur und ,,stark scharfzeichnen", Aufnahme und Bearbeitung von Manfred Holl.

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Abb. 2: Mondformation ,,Lange Wand", aufgenommen am 29.3.2004 mit 90/1.000-mmRefraktor, 18-mm-Okular und 2fach-Barlowlinse, Sony TRV6E-Videokamera, Nachbearbeitung mit Registax 1.0.0 und Photoshop: Tonwertkorrektur und ,,stark scharfzeichnen", Aufnahme und Bearbeitung von Manfred Holl.
Abb. 3: Mondkrater ,,Deslandres", aufgenommen am 29.3.2004 mit 90/1.000-mm-Refraktor, 18-mm-Okular und 2fach-Barlowlinse, Sony TRV6E-Videokamera, Nachbearbeitung mit Registax 1.0.0 und Photoshop: Tonwertkorrektur und ,,stark scharfzeichnen", Aufnahme und Bearbeitung von Manfred Holl.

Teleskope waren plötzlich kaputt und Möglichkeiten platzten aus anderen Gründen wenige Stunden vorher. Also dachte ich mir schon, manchmal laut fluchend, dass diese Marsopposition vollkommen an mir vorübergehen würde. Das würde zu der ganzen Reihe der Misserfolge in diesem Jahr passen. Doch im Leben gibt es manchmal unerklärliche Zufälle, denn beim Fluchen und Sehnen war ich erhört worden - von wem auch immer. Am 22. September 2003 klingelte bei mir am Vormittag das Telefon und ein langjähriges Mitglied der Sektion Sonne der GvA rief mich an und teilte mir mit, dass er seinen Refraktor loswerden wolle, da er ihn, auch aus Altersgründen, nicht mehr benutzen könne. Ich war perplex, mit so etwas hatte ich nie und nimmer gerechnet. Ich fragte nach und erfuhr so, dass es sich um einen 90/1.000-mmRefraktor auf einer SP-Montierung von Vixen handelte. Drei Tage später fuhr ich bei ihm vor, nahm das Geschenk entgegen und fuhr, nach einem längeren Klönsnack über alte Vereinszeiten, wieder nach Hause. Am Abend besuchte mich Andre Wulff und auch er begutachtete das gute Stück. Alles schien tadellos in Ordnung zu sein, nur die Montierung wackelte wie ein Lämmerschwanz, da die Inbusschrauben hätten nachgezogen werden müssen, mir aber die passenden Schlüssel fehlten. Als Andre dann wenige Stunden später, so gegen 21 Uhr, wieder ging, lief ich zunächst auf unseren Hinterhof, wo ich dem Refraktor sein ,,First Light" unter meinem Stadthimmel gönnen wollte. Leider ist mein Horizont hier sehr stark durch Bäume und Häuser eingeschränkt, doch für Mond- und Planetenbeobachtungen und deren Videoaufzeichnungen ist der Himmel soweit ganz in Ordnung. Wie es immer so ist, wenn man in der Stadt beobachtet, man erkennt meist nur Teile von Sternbildern, und so war es auch bei mir. Da gerade die Cassiopeia zwischen einigen Bäumen hervorkam, beschloss ich, dort ein wenig herumzuwildern. Die

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Abb. 4: Mare Vaporum, aufgenommen am 29.3.2004 mit 90/1.000-mm-Refraktor, 18-mm-Okular und 2fach-Barlowlinse, Sony TRV6E-Videokamera, Nachbearbeitung mit Registax 1.0.0 und Photoshop: Tonwertkorrektur und ,,stark scharfzeichnen", Aufnahme und Bearbeitung von Manfred Holl.

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Abb. 5: Jupiter am 26.3.2004, aufgenommen mit 90/1.000-mmRefraktor, 22-mm-Okular und 2fach-Barlowlinse, Sony TRV6E-Videokamera, Nachbearbeitung mit Registax 1.0.0 und Photoshop: abwechselnd ,,unscharfe Maske" mit Schwellenwert 0 und Stärke 500, ,,Gaußschem Weichzeichner" und abermaliger ,,unscharfer Maske", Aufnahme und Bearbeitung von Manfred Holl.

Abb. 6: Jupiter mit Schatten von Io am 31.3.2004, aufgenommen mit 90/1.000-mm-Refraktor, 22-mm-Okular und 2fachBarlowlinse, Sony TRV6E-Videokamera, Nachbearbeitung mit Regi-stax 1.0.0 und Photoshop: Tonwertkorrektur und ,,stark scharfzeichnen", Aufnahme und Be-arbeitung von Manfred Holl.

Abb. 7: Saturn am 10.1.2004, aufgenommen am 10-Zoll-Newton von Christian Harder / Fintel, mit Sony TRV6E-Videokamera, Nachbearbeitung mit Registax 1.0.0 und Photoshop: abwechselnd ,,unscharfe Maske" mit Schwellenwert 0 und Stärke 500, ,,Gaußschem Weichzeichner" und abermaliger ,,unscharfer Maske", Aufnahme und Bearbeitung von Manfred Holl.

Stativbeine der Montierung wurden voll ausgezogen und ausgerichtet, so dass die losen Inbusschrauben beim rein visuellen Beobachten nicht allzu sehr störten. Die Montierung wurde auch nur sehr grob auf den Polarstern, den ich an diesem Platz sowieso nicht sehe, ausgerichtet. Zum ersten ,,Spechteln" reichte das vollkommen aus. Mit Hilfe des PC-Programmes Guide 8.0
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hatte ich mir zuvor eine Karte der Region ausgedruckt und wollte nun verschiedene offene Sternhaufen in der Cassiopeia aufsuchen. Erst einmal das Teleskop ausrichten, Deckel ab, 30-mm-Okular in die Steckhülse - und das Staunen ging los. Die Sterne waren nach meinem allerersten Eindruck knallscharf bis zum Rand des Gesichtsfeldes. Dann stolperte ich über den ersten Sternhaufen, es war NGC 436.

Weitere und einige andere Anhäufungen von Sternen folgten. Endlich kamen dann Cassiopeia und Perseus soweit hoch, das ich den Doppel-Sternhaufen h und chi aufs Korn nehmen konnte: eine wahre Pracht, trotz des lichtverseuchten Hamburger Himmels. Bei 66facher Vergrößerung sah ich mir beide Teile des Doppel-Sternhaufens ausgiebig an. Es war ein Genuss nach einer, gesundheitlich bedingten, langen Phase des Nichtbesitzens eines ,,großen" Teleskops mal wieder Objekte mit adäquater Öffnung zu beobachten und nicht lediglich im 80/400er oder im Feldstecher. Nach gut anderthalb Stunden war dann die erste Testbeobachtung beendet, denn mehr sollte es an diesem Abend auch nicht sein, ein Test, der mich jedoch voll zufrieden stellte. Am nächsten Morgen ging es dann erst einmal zu einer bekannten Baumarktkette. Ich griff mir ein gut sortiertes Sortiment und siehe da, der richtige Inbus mit 6 mm Durchmesser war dabei. So konnte ich die das Stativ deutlich stabilisieren und auch bei der SP die Polhöhe von 53 Grad richtig einjustieren. Damit sollte die nächste Beobachtungssession noch besser klappen. Ein paar Wochen später dann fuhr ich mit Andre Wulff an einen Beobachtungsplatz östlich von Hamburg, wo ich den Refraktor erstmalig unter dunklem Himmel testete und den ersten, sehr positiven Eindruck von dem Gerät bestätigte. Neben verschiedenen Deep-Sky-Objekten wie M 31, den Ringnebel in der Leier oder abermals h + chi, beobachtete ich Mars und filmte ihn mit der Videokamera, die mit-

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tels einer zwischenzeitlich beim TeleskopService beschafften Digiklemme in der optischen Achse befestigt wurde. Dabei zeigte die SP-Montierung in Deklination mehr oder weniger deutliche Gleichlaufschwankungen, die später dankenswerter Weise von Andre behoben wurden. Neben der Digiklemme kamen dann Motoren für Rektaszension und Deklination samt Vixen DD-1 Steuergerät, ebenfalls aus dem Hause Ransburg sowie ein Powerpack aus einem Baumarkt hinzu, so dass ich prinzipiell jeder Zeit in der Lage war, Planetenvideos zu erstellen.
Die ersten Videoaufnahmen ließen aus den verschiedensten Gründen leider sehr lange auf sich warten. Die Videokombination konnte ich während eines Astrourlaubes in Kirchheim erstmals testen und nutzen, die geplante Beobachtung der Mondfinsternis am 8./9. 11.2003 scheiterte dann wieder am Wetter und erst am 22. Dezember 2003 war es wieder richtig klar und der Saturn stand so hoch über meinem Nachbarhaus, dass ich ihn bei ganz gutem Seeing erwischen und mit der Videokamera aufnehmen konnte. Bei der Kamera handelt es sich um einen Sony TRV 6E-Camcorder, der über eine Auflösung von 680.000 Pixel (bei ausgeschalteter Antiwackeleinrichtung) verfügt und mit einem Zeiss-Objektiv mit einer Brennweite zwischen 3,3 und 33 mm ausgestattet ist (10fach optischer und 40fach digitaler Zoom). Für den praktischen Gebrauch am Fernrohr ist es empfehlenswert, nicht nur den digitalen Zoom, sondern gleich auch die Antiwackeleinrichtung und die automatische Blendeneinstellung auszuschalten sowie die Aufnahmen über die Fernsteuerung zu starten und zu beenden (um Auslöseerschütterungen zu vermeiden). Außerdem sollte die Vergrößerung nicht bis zum Ende der Markierung hochgefahren werden, da schon ab ca. 5- bis 6fach optischem Zoom das Ergebnis zu digital wirkt. Am 27. Dezember 2003 war es noch einmal klar, aber sehr windig, daher machte ich mir gar nicht erst die Mühe, das Teleskop aufzubauen. In der Folgezeit war das Wetter erst einmal wieder für Wochen astro-untauglich. Am 10. Januar 2004 hatte ich Christian Harder in Fintel besucht und konnte an seinem 10-Zöller mit meinem Camcorder Venus und Saturn aufnehmen. Gespannt war ich vor allem, was die Kamera am Mond leisten würde. Leider musste ich sehr lange darauf warten, den Erdtrabanten vor die Refraktorlinse zu
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bekommen, da es meistens entweder erst dann klar war, wenn ich den Mond von meinem Standort in meinem Hinterhof aus nicht mehr erreichen konnte. Auch war ich auf den Anblick des Jupiters schon sehr gespannt. Während ich am 9. und 19. Februar endlich Saturn filmen konnte, gelangen mir erst über einen Monat später am 26. März die ersten Jupitervideos. Das Wetter, zuvor dauerhaft unbeständig, besserte sich in den kommenden Tagen zusehends und so nahm ich am 29., 30. und 31. März 2004 gleich mehrmals Mond und Jupiter auf. Die Hauptschwierigkeit bei der Videoastronomie ist es, die Kamera, die das vom Okular kommende Bild abfilmt, genau in der optischen Achse des Teleskops zu positionieren. Beim Mond ist das weniger dramatisch, doch einen Planeten wie Jupiter oder Saturn genau in die Mitte des Sucherbildes zu bekommen, ist eine Sache für sich, zumal wenn man nicht mit einer fest aufgestellten Montierung, sondern mobil arbeitet.
Erste Schritte in der Videobearbeitung Auf der NAA-Mailingliste wurde des Öfteren für die Bearbeitung von Astrovideos das Programm GIOTTO von Georg Dittie empfohlen. Andre Wulff gab mir den Tipp, es doch mal mit REGISTAX zu versuchen und Cai-Uso Wohler war von ASTROSTACK begeistert. Was also nehmen? Zunächst wurden GIOTTO und REGISTAX aus dem Internet heruntergeladen. Die ersten Bearbeitungen verliefen weniger erfolgreich, da ich mit GIOTTO am Anfang überhaupt nicht zurecht kam und mir REGISTAX in der Version 1.0.0 anfangs sehr unverständlich vorkam. Auf ASTROSTACK kam ich dann erst sehr viel später. Damit aber waren die Ergebnisse auf Anhieb perfekt, nach meinem damaligen Empfinden. Zuvor müssen die Aufnahmen per Videoschnittkarte in den Rechner ,,gegrabbt" und dort als unkomprimiertes *.avi ohne Ton (!) abgespeichert werden, damit die gängigen Programme das Video auch erkennen und bearbeiten können. Am 22. April 2004 gab traf sich in der Max-Beyer-Sternwarte der Gesellschaft für volkstümliche Astronomie e. V., Hamburg (GvA) in Hamburg-Bergedorf der von Hartwig Lüthen initiierte und geleitete Astrovideokurs. Da sich meine berufliche Situation zu diesem Zeitpunkt etwas entspannt hatte, konnte ich auch mal wieder an Vereinsaktivitäten teilnehmen und das von mir verwendete Programm REGI-

STAX vorstellen, andere berichteten über die Erfahrungen mit GIOTTO (womit ich inzwischen schon besser zurecht kam, aber immer noch nicht gänzlich zufrieden war). Bei Planetenaufnahmen hatte ich bis dahin mit ASTROSTACK und REGISTAX, bei Mondaufnahmen REGISTAX und GIOTTO in der Version 1.3 beta gearbeitet und die Aufnahmen anschließend in PHOTOSHOP einer Tonwertkorrektur und einem leichten oder stärkeren Schärfefilter (je nach dem, was augenscheinlich bessere Ergebnisse brachte) unterzogen. Auf dem Kurs wurde außerdem gezeigt, wie man mit Hilfe der unscharfen Maske in PHOTOSHOP seine Videoergebnisse entscheidend verbessern kann. Dabei wird die Stärke auf 500, der Schwellenwert auf 0 gesetzt und lediglich mit dem Radius experimentiert. Stimmt das Ergebnis, wird im nächsten Schritt genau das Gegenteil gemacht, nämlich der Gaußsche Weichzeichner mit einem Radius um 1,0 herum verwendet. Dann wird abermals die unscharfe Maske genommen und die gleichen Werte noch einmal eingesetzt. Allenfalls muss bei der Stärke ein wenig heruntergeregelt werden, um das Ergebnis nicht zu digital aussehen zu lassen. Dieses Verfahren funktioniert bei Planeten optimal, ist aber bei Mondaufnahmen nur sehr vorsichtig und liebevoll einzusetzen. Hier bringen eher neben der standardmäßigen Tonwertkorrektur vor allem die reinen Schärfefilter mehr. Mit diesen neuen Erkenntnissen arbeitete ich meine ,,alten" Videos auf. Einige der Ergebnisse kann ich nun hier vorstellen. Vor ein paar Wochen nun bezog ich, ebenfalls beim Teleskop-Service, die neue Philips ToUCam Pro II - Webcam. Aber das ist ein Thema für ein späteres VdS-Journal.
Venusdurchgang verkehrt
,,KOS ... guck ma' ... die Sonne geht vor der Venus vorbei!!!"

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Low-Cost-Astronomie mit Webcam
von Roland Bähr

Abb. 1: Aufnahmen von a) Saturn, b) Jupiter mit Mondschatten, c) Mond (Mosaik aus 12 Einzelbildern) mit Webcam und Refraktor 60/900 mm, Aufnahmen und Bearbeitung Roland Bähr.

Vor ca. einem Jahr begann ich mich nach Jahrzehnten wieder etwas ausgiebiger mit Astronomie zu beschäftigten. Damals hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass ich als Folge davon eiskalte Winternächte unter freiem Himmel im Garten

verbringen würde - und das auch noch freiwillig und mit wachsender Begeisterung. Zwar hatte ich schon als Jugendlicher in den siebziger Jahren mit meinem 60-mm-Kaufhausrefraktor den Himmel erkundet, aber bald hatte ich so ziemlich

alles beobachtet, was mir damals bekannt war und wichtig erschien. Ich hätte damals wohl mit Fotografieren anfangen und/oder mir eine bessere Ausrüstung zulegen müssen, was mir aber zu teuer war.
Der Refraktor erwachte erst wieder zu neuem Leben, nachdem ich erfahren hatte, dass mit Hilfe einer Webcam auf einfache Weise brauchbare Fotos durch ein Teleskop möglich sind. Bot sich dadurch doch die Möglichkeit ohne großen finanziellen Aufwand genau dort weiterzumachen, wo ich vor Jahrzehnten aufgehört hatte. Ich legte mir also eine geeignete Webcam zu und klemmte sie hinter den Refraktor (über die Methodik beim Einsatz von Webcams für astronomische Aufnahmen gibt es bereits sehr gute Anleitungen und Erfahrungsberichte). Meine ersten Bilder von Mond und Jupiter zeigten Einzelheiten mindestens so gut wie der Blick durchs Teleskop. Dies animierte mich, meine Ausrüstung zu verbessern. Allerdings immer noch unter strengen low-cost-Aspekten, da ich zunächst ausloten wollte, was mit so einer einfachen Ausrüstung überhaupt machbar ist. Meine bisherigen Erfahrungen bezüglich der drei Anwendungsbereiche für die Webcam
- Mond und Planeten - Deep-Sky-Objekte - Aufnahmen im nahen Infrarotlicht

Abb. 2: Aufnahmen von a) Orionnebel, b) Doppelsternhaufen h + chi Persei und c) Kugelsternhaufen M 13 mit Webcam und Teleobjektiv 1:2,8 / 135 mm, Aufnahmen und Bearbeitung Roland Bähr.
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Abb. 3: Visuelle und IR-Aufnahmen am Beispiel der Plejaden mit Objektiv 1:1,7 / 50 mm. Auf dem IR-Bild (links) sind drei Objekte mit hohen IR-Intensitätsanteilen durch Pfeile markiert, Aufnahmen und Bearbeitung Roland Bähr.

habe im Folgenden zusammengefasst. Dabei sehe ich mich keinesfalls als Experte zu den angeführten Punkten. Zur Methodik gibt es umfangreiche fundiertere Informationen aus dem Umfeld der Amateurastronomie. Mir geht es mit meinem Bericht darum, auf besondere Anwendungsbereiche für Webcams hinzuweisen, Anfänger zu eigenen Beobachtungen zu ermutigen und zu zeigen, dass interessante Amateurastronomie nicht zwangsläufig mit großen und teuren Teleskopen etc. verbunden sein muss.
Sonne, Mond und Planeten Für Aufnahmen von hellen Objekten, die eine hohe Vergrößerung erfordern bzw. erlauben, wie Planeten, Sonnenflecken, Mondkrater oder Doppelsterne, verwende ich einen Refraktor 60/900 mm mit einer einfachen parallaktischen Montierung.
Sternfelder- / Deep-Sky-Aufnahmen Für die Deep-Sky-Aufnahmen mit der Webcam ist der Refraktor 60/900 mm aus folgenden Gründen ungeeignet. Erstens ist mit dem winzigen CCD-Chip nur ein sehr kleiner Himmelsauschnitt erfassbar (ca. 10' x 15' bei 900 mm Brennweite). Zweitens verteilt sich das Licht der Sterne bei dem kleinen Öffnungsverhältnis (f/15) auf viele CCD-Pixel, so dass schwächere Sterne kaum sichtbar werden (Grenzgröße im ,,Live"-Bild ca. 7 mag, auf den sum-

mierten Endbildern ca. 9 - 10 mag). Drittens verschwinden Objekte mit geringen Flächenhelligkeiten (Galaxien, Nebel) völlig im Hintergrundrauschen des CCDChips. Aus diesen Gründen habe ich mir gebrauchte Fotoobjektive mit größeren Öffnungsverhältnissen zugelegt (1:2,8 / 135 mm). Als Adapter für die Webcam habe ich die Anschlussdeckel der Objektive durchbohrt und geeignete Rohrstücke aus Kunststoff oder Holz angeschraubt. Für die Aufnahmen wurde das Teleobjektiv plus Webcam entweder am Refraktortubus oder auf einer einfachen Holzkonstruktion befestigt (die Grenzgröße der Sterne auf den Endbildern liegt bei ca. 10 - 11 mag). Mit dieser Ausrüstung war es mir bereits möglich die hellsten Objekte abzulichten (s. Beispiele in Abb. 2). Darüber hinaus konnte ich Positionsänderungen von Jupitermonden und Planetoiden durch mehreren Aufnahmen in halbstündigem bzw. täglichem Abstand sichtbar machen.
Aufnahmen im nahen Infrarotlicht Bei ersten Tests mit Webcam und Teleskop an terrestrischen Objekten war ich zunächst enttäuscht über die blassen Farben und den geringen Kontrast. Ich staunte auch nicht schlecht, als ich in einer anderen Stellung des Okularauszugs ein zweites scharfes aber ebenso blasses Bild erhielt (hierzu mehr unter www. astropic.de). Der Webcam-Chips ist näm-

lich nicht nur für sichtbares Licht hochempfindlich, sondern auch für einen Teil des infraroten (IR) Lichts. Da das IR-Licht jedoch weniger stark von den Teleskoplinsen gebrochen wird als das sichtbare Licht, liegt der IR-Fokus auch in einer anderen Position als der sichtbare Fokus (das tritt nur bei Linsenoptiken auf). Das brachte mich auf die Idee, Sterne in beiden Lichtbereichen zu fotografieren. Da ein glühendes Objekt wie ein Stern in allen Wellenlängenbereichen Strahlung aussendet und der relative Anteil des IRLichts bei kühlen Objekten größer ist als bei heißen, sollten Sterne mit unterschiedlichen Spektraltypen in visuellen Aufnahmen andere Helligkeitsunterschiede zeigen als auf IR-Bildern. Um das nachzuprüfen, nahm ich von Himmelsausschnitten mit hohen Sterndichten jeweils ein visuelles und ein IR-Bild auf und verglich dann die Helligkeiten der Sterne auf beiden Bildern. Dabei habe ich zwei Methoden angewandt: 1. Ohne Filter gibt jeweils ein Bild im visuellen Fokus und eines im IR-Fokus. Hierbei erhalten Sterne mit hoher IRIntensität im visuellen Fokus einen Hof aus nicht fokussiertem IR-Licht und visuell helle Sterne analog im IR-Fokus einen Hof vom sichtbaren Licht (vgl. Abb. 3). Dabei ist kein Filterwechsel zwischen den Aufnahmen erforderlich. 2. Es erfolgt jeweils ein Bild mit einem IRSperrfilter (z.B. von Baader) und eins mit IR-Durchlassfilter. Als einfacher IRDurchlassfilter eignet sich ein dunkles Stück Farbnegativ- oder Diapositivfilm. Dabei entstehen keine Höfe um die hellen Sterne - aber die Aufnahmen waren etwas aufwendiger (Filteraus- und -einbau). Für meine ersten Untersuchungen sind beide Methoden gleichwertig verwendbar. Ich habe die Sterne auf dem visuellen Bild mit denen auf dem IR-Bild verglichen, nach auffälligen Helligkeitsunterschieden gesucht und die zugehörigen Spektraltypen aus einer Sternkarte (z.B. Guide 8) ermittelt. Besonders auffällige Objekte habe ich versucht mittels der Sternkarte zu identifizieren (soweit möglich) und dazu weitere Informationen recherchiert.
Ergebnisse und Interpretation Die meisten schwächeren Sterne auf dem visuellen Bild sind im IR nicht sichtbar. Dennoch treten einige wenige Sterne auf den IR-Bildern deutlicher hervor. Dies war zu erwarten, da bei den üblichen Oberflächentemperaturen der Sterne das Maximum der Strahlung im sichtbaren
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Licht liegt und nur bei kühlen Sternen ein vergleichbarer oder höherer IR-Anteil zu erwarten ist. Eine gleichhelle Abbildung auf IR-Bild und visuellem Bild muss nicht heißen, dass die echten Strahlungsintensitäten im IR und Visuellen gleich sind. Für die abgebildete Helligkeit spielen nämlich auch Faktoren wie die spektrale Empfindlichkeit des CCD-Chips, die spektrale Durchlässigkeit der Filter sowie Aufnahmeparameter und Bildbearbeitung eine Rolle. Diese Faktoren sind mir zum Teil nicht bekannt bzw. waren nicht immer identisch. Überraschend war allerdings, dass einige wenige Sterne im IR sehr deutlich hervortraten, die auf den visuellen Bildern nicht oder kaum erkennbar waren. Selbst unter Berücksichtigung der Unsicherheiten müsste demnach deren IR-Intensität um ein Vielfaches größer sein als die visuelle. Sollte dies aus einer niedrigen Oberflächentemperatur der Sterne resultieren, so müsste diese unwahrscheinlich niedrig sein. Diese Auffälligkeiten haben mich veranlasst im Internet nach weitern Informationen über diese Objekte zu suchen. Sie befinden sich alle an Positionen von veränderlichen Sternen der Spektraltypen M0 - M7 (irreguläre oder langperiodische Typen - z.B. W Tau, V 1975 Cyg, SY Tau,

BK Tau). Aber selbst wenn man von einer niedrigen Oberflächentemperatur zwischen 2.500 und 3.000 K ausgeht, erscheint deren Infrarotintensität auf meinen Bildern immer noch unbegreiflich hoch. Eine mögliche Erklärung hierfür erhielt ich schließlich durch Hinweise von Experten der BAV und aus der Literatur (z.B. Voigt ,,Abriss der Astronomie", Hoffmeister ,,Veränderliche Sterne"). Demnach sind tatsächlich bei einigen Sternen hohe IR/Visuell-Intensitätsverhältnisse nicht ungewöhnlich. Bei einigen Veränderlichen mit niedrigen Oberflächentemperaturen bilden sich möglicherweise zeitweilig wolkenartige Strukturen (sog. ,,zirkumstellare Hüllen" (Red.)) aus Kohlenstoff, die sichtbares Licht absorbieren, ohne dass sich die gesamte Strahlungsleistung im gleichen Ausmaß verringert. Das dürft eine erhebliche Verschiebung der Strahlungsintensität ins IR bedeuten und somit meine Beobachtungen erklären.
Fazit Mit meinem Bericht will ich auf Bereicherungen für die Hobbyastronomie hinweisen, die sich m. E. durch den Einsatz von Webcams ergeben. Er richtet sich sowohl an Einsteiger in die Astronomie als auch an Amateurastronomen, insbesondere an diejenigen, die vor einer weiteren Intensivierung ihres

Hobbys aufgrund hoher Kosten zurückschrecken. Bereits für wenig mehr als 100 Euro und etwas Bastelei kann mit der systematischen fotografischen Erforschung des Sternenhimmels begonnen werden. Mit der Investition in ein Kaufhausteleskop können darüber hinaus Fotos von Planeten und Mond erzielt werden, für die noch vor der Webcam-Ära ein erheblich größerer Aufwand erforderlich war. Selbst mit diesen einfachen Mitteln können bereits Beobachtungen erfolgen, die tief in die Astronomie hineinführen. Neue astronomische Erkenntnisse werden sich mit solchen Untersuchungen zwar kaum erzielen lassen, jedoch können sie zu einer intensiven Auseinandersetzung mit astronomischen und astrophysikalischen Fragestellungen motivieren. Darüber hinaus erscheint es damit auch möglich echte Forschung zu betreiben. Beispielsweise können durch die systematische Verfolgung der Helligkeitsänderungen von Veränderlichen, sowohl im Visuellen als auch im IR, wissenschaftlich verwertbare Beiträge zur Erforschung veränderlicher Sterne geleistet werden.

IMPRESSUM

VdS-Journal für Astronomie · Vereinszeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde (VdS) e.V. Hier schreiben Mitglieder für Sternfreunde.

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Grafiken u. Bildbearbeitung: Dr. Werner E. Celnik und die Autoren

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,,VdS-Journal für Astronomie" erscheint

dreimal pro Jahr und ist im

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Beiträge werden erbeten an:

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Redaktionsliste). Redaktionsschluß für die Ausgabe Nr. 16 ist der 18.09.04, für Ausgabe Nr. 17 der 22.01.2005

Mit dem Einsenden gibt der Autor sein Einverständnis zum Abdruck im ,,VdS-Journal für Astronomie". Das Copyright

obliegt den jeweiligen Autoren. Die abgedruckten Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

VdS-Journal Nr. 15

V I D E O A S T R O N O M I E 27

Erratum
Leider sind uns bei der Produktion der letzten Ausgabe unseres Journals zwei kleine aber schwerwiegender Fehler unterlaufen:

1. Im VdS-Journal Nr. 14 (II/2004) fehlt im Beitrag von Bernd Gährken: ,,Protoplanetare Scheiben in M 42" auf Seite 35 ein Teil der Abbildung 1. Hier nun die vollständige Abbildung. Bildunterschrift: ,,Das Zentralgebiet des Orionnebels (links), aufgenommen am 20.2.2003. Verwendet wurden 50 % von 736 Mintronaufnahmen, jeweils 2,56 s belichtet mit 6-Zoll-Newton (f/10). Eine HST-Aufnahme desselben Aufnahmefeldes (Mitte) dient zum Vergleich. Zur

besseren Erkennbarkeit wurden die protoplanetaren Scheiben markiert (rechts)."

Wir bitten unsere Leser und den Autor um Entschuldigung. Die Redaktion

2. Im VdS-Journal Nr. 14 (II/2004) im Beitrag von Armin Meyer: ,,Meyers erster Selbstbau-Dobson" sind auf den Seiten 48 und 49 die Abbildungen 6 und 13 gleich. Hier nun die korrekten Abbildungen. Wir bitten unsere Leser und den Autor um Entschuldigung für dieses Versehen. Die Redaktion

Abb. 6: Oberteil, der ,,Hut"

Abb. 13: Okularhalter

Der Marsfotowettbewerb
von Christoph Lichtblau

So, nun ist es endlich soweit: Hier kommt die Auswertung unseres Marsfotowettbewerbes. ,,Das wird aber endlich Zeit" mögen manche von Ihnen jetzt sagen. Aber die Verzögerung hatte einen Grund. Wegen der geringen Menge an Einsendungen nach dem ersten Aufruf haben wir im letzten Heft erneut um Ihre Aufnahmen gebeten. Doch auch diesmal war die Anzahl der geschickten Fotos oder Zeichnungen bescheiden! Woran es gelegen hat, dass nur so wenige mitgemacht haben, bleibt der Jury ein Rätsel. So hat es zum Beispiel keine einzige CCDAufnahme bis zu uns geschafft! Nun ja, so sei es eben. Doch lassen Sie uns nun zu Ihren Marsbildern kommen.
Wie erwartet sind sie sehr unterschiedlich geworden. Das wunderte uns nicht, denn selbst in unserer Jury gehen die Geschmäcker weit auseinander. Der eine liebt stark geschärfte Aufnahmen und

nimmt dafür gerne Artefakte und Überschwinger in Kauf. Der andere hingegen liebt Aufnahmen, die eher den visuellen Eindruck am Fernrohr wiedergeben. Geschmackssache eben! Interessante Erkenntnisse ergaben sich aus der Auswertung des Anmeldescheins. So hat die weit überwiegende Mehrzahl der Bewerber eine Webcam für ihre Aufnahmen benutzt. Nämlich, wen wundert es, eine PHILLIPS ToUCam. Das herausragende Preis-Leistungsverhältnis spielt hier wohl eine gewisse Rolle. In der Regel wurde meist so vorgegangen, dass ein Videostream in Einzelbilder umgewandelt wurde (50 - 3.500 Rohaufnahmen) von denen ein gewisser Prozentsatz (meist 10 30 %) mit einem Bildadditionsprogramm (Registax oder Giotto) übereinander gelegt wurde. Anschließend wurde das Summenbild mit einem Bildbearbeitungsprogramm (Photoshop oder Corel PhotoPaint) nachbearbeitet (unscharfe Maske, Farbaus-

gleich, ...). Als Aufnahmeinstrumente wurden alle möglichen, vom 80-mm-Refraktor bis zum 24-Zoll-Cassegrain, benutzt. Oft konnte man aus beiliegenden Zeilen entnehmen, wie widrig die Beobachtungsbedingungen waren. So lasen wir von Beobachtungsfenstern von 15 Minuten pro Tag wegen Hauswänden, von Seeingproblemen aus der Großstadt heraus ..., usw. Dies alles jedoch konnte den Enthusiasmus unserer Marsbeobachter nicht trüben - denn so schrieben manche über den Ärger mit der Ehefrau wegen stundenlanger Beobachtung, oder von Nachbarn, die von der Astronomie völlig unberührt waren und sich jetzt ihr eigenes Fernrohr gekauft haben! Das Schönste was von dem ,,Marsfieber" jedoch jetzt noch zu sehen ist, sind Ihre Bilder und Zeichnungen!
VIELEN DANK DAFÜR!
VdS-Journal Nr. 15

28 M A R S - R E T R O S P E K T I V E

AAbbbb.. 11:: SSiieeggeerrzzeeiicchhnnuunngg bbiiss 1199 ccmm EEvveellyynn PPeettkkooww,, aamm 2277..88..22000033,, 11::3300 UUhhrr,, 8800--mmmm--RReeffrraakkttoorr,, 8888ffaacchh,, GGeellbbffiilltteerr

AAbbbb.. 22:: SSiieeggeerrbbiilldd kkoonnvveennttiioonneellllee FFiillmmeemmuullssiioonn,, 3300 ccmm uunndd mmeehhrr FFrraannzz XXaavveerr KKoohhllhhaauuff,, aamm 1155..99..22000033,, 2233::0055 uunndd 2233::2255 UUhhrr MMEESSZZ,, 1144--ZZoollll--CCaasssseeggrraaiinn,, __ SSeekkuunnddee aauuff TTeecchhnniiccaall PPaann

DDaass HHiinntteerrggrruunnddbbiilldd zzeeiiggtt eeiinnee SScchheeiibbee ddeess MMaarrssmmeetteeoorriitteenn SSAAUU 000088,, vvoomm TTyypp SShheerrggoottttiitt,, ggeeffuunnddeenn iinn OOmmaann ((AAbbbbiilldduunngg vvoonn CChhrriissttoopphh LLiicchhttbbllaauu))

AAbbbb.. 33:: SSiieeggeerrzzeeiicchhnnuunngg 2200 bbiiss 3300 ccmm PPeetteerrVVööllkkeerr,, aamm 2200..77..22000033,, 2233::4455 UUTT,, CC88,, 220000ffaacchh,, OOrraannggeeffiilltteerr
VdS-Journal Nr. 15

AAbbbb.. 44:: SSiieeggeerrzzeeiicchhnnuunngg 3300 ccmm uunndd mmeehhrr AAllooiiss JJuullii,, aamm 2255..88..22000033,, 2233::3300 UUTT,, 2244-ZZoollll--CCaasssseeggrraaiinn

M A R S - R E T R O S P E K T I V E 29

AAbbbb.. 55:: FFrraannzz XXaavveerr KKoohhllhhaauuff:: MMaarrss üübbeerr ddeemm GGaarrtteennoobbsseerrvvaattoorriiuumm,, 11::22,,88 // 2288 mmmm OObbjjeekkttiivv,, SStteerrnnffiilltteerr

AAbbbb.. 66:: RRaaiinneerr SSppaarreennbbeerrgg:: 3311..88..22000033,, MMaarrss uunndd GGaarrtteennoobbsseerrvvaattoorriiuumm

AAbbbb.. 77:: SSiieeggeerrbbiilldd WWeebbccaamm bbiiss 1199 ccmm GGaabbrriieelleeAAcckkeerrmmaannnn,, 113300--mmmm--RReeffrraakkttoorr,,TTooUUCCaamm,, RReeggiissttaaxx,, PPhhoottoosshhoopp,, 1100%% vvoonn 11..000000AAuuffnnaahhmmeenn

VdS-Journal Nr. 15

30 M A R S - R E T R O S P E K T I V E

AAbbbb.. 88:: SSiieeggeerrbbiillddWWeebbccaamm 2200--2299 ccmm OOlliivveerr KKllööss uunndd SStteeffaann MMeesssseerr,, aamm 2233..88..22000033,, 2233::0011 UUTT,, 1100--ZZoollll-CCaasssseeggrraaiinn,, SSAACC IIVV UUmmbbaauu,, AAssttrroovviiddeeoo,, IIRRIISS 33..88,, CCoorreell PPhhoottooppaaiinntt
AAbbbb.. 99:: SSiieeggeerrbbiillddWWeebbccaamm 3300 ccmm uunndd mmeehhrr SStteeffaann BBiinnnneewwiieess uunndd DDiieettmmaarr BBööcckkeerr,, 44--ZZoollll--RReeffrraakkttoorr uunndd 2244--ZZoollll-CCaasssseeggrraaiinn,,TTooUUCCaamm,, 1100 %% vvoonn 33..550000 AAuuffnnaahhmmeenn

VdS-Journal Nr. 15

M A R S - R E T R O S P E K T I V E 31
AAbbbb.. 1100:: MMiicchhaaeell SSaauueerr,, aamm 44..88..22000033,, 33 UUhhrr,, 113300-mmmm--NNeewwttoonn,, 330000 EEiinnzzeellbbiillddeerr,, GGiioottttoo,, PPhhoottooppaaiinntt
AAbbbb.. 1111:: RRoommaann RRooggoosszzyynnsskkii,, 77--ZZoollll--MMaakkssuuttoovv,, TTooUUCCaamm,, RReeggiissttaaxx,, GGiioottttoo

AAbbbb.. 1122:: RRuuddoollff PPlloohhbbeerrggeerr,, aamm 2277..99..22000033,, 2200::3300 MMEESSZZ,,TTooUUCCaamm,, 77--ZZoollll--RReeffrraakkttoorr,, 1100 %% aauuss 11..220000AAuuffnnaahhmmeenn,, GGiioottttoo,, PPhhoottoosshhoopp

AAbbbb.. 1133:: HHoorrsstt LLiieebbiigg,, aamm 33..99..22000033,, 220000--mmmm-KKuutttteerr--SScchhiieeffssppiieegglleerr,,TTooUUCCaamm,, KK33 CCCCDD TToooollss,, GGiioottttoo,, PPhhoottoosshhoopp

AAbbbb.. 1144:: AAnnddrreeaass RRootthh,, aamm 2222..55..22000033,,TTooUUCCaamm,, 1122--ZZoollll--CCaasssseeggrraaiinn,, KK33 CCCCDD TToooollss,, PPhhoottoosshhoopp
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32 A S T R O F O T O G R A F I E

Fotografische Erfassung großflächiger Emissionsnebel und HII-Regionen
von Peter Bresseler

Die Ziele der Astrofotografie sind vielschichtig. Manchmal geht es um die Identifizierung eines Extremobjektes, oder um die Herausarbeitung bestimmter Charakteristiken eines Objektes, häufiger um eine möglichst detailgetreue Wiedergabe interessanter Motive. Letzteres Ziel hatte ich in diesem Fall. 2003 ,,verbrachte" ich einige Zeit mit einer Flatfieldcamera (FFC). Zusammen mit einer SXV-H9

656,3 nm passieren und absorbiert fast den gesamten Rest des Spektrums. Die Halbwertsbreite liegt, je nach Hersteller, zwischen 3 und 12 nm. Der Filter bewirkt eine dramatische Kontraststeigerung zwischen Objekten, die in H-alpha strahlen, und dem Himmelshintergrund. Des Weiteren werden das Licht störender künstlicher Beleuchtung (z. B. von Quecksilber- und Natriumdampflampen) sowie

1.040 Pixeln 8,9 mm x 6,7 mm. An der verwendeten FFC 2,7 / 520 mm ergibt sich eine sensitive Fläche von 60' x 44'. Der Chip enthält Antibloominggates, die ein mögliches Überlaufen von Ladung verhindert. Besonders bei sehr hellen Sternen kann es zu einer Pixel-Übersättigung kommen, die mithilfe der Potentialsperren abgefangen wird. Die höchste Quanteneffizienz besitzt der ICX285AL im grünen

Abb. 1: NGC 6995, Aufnahme mit FFC 2,7 / 520 mm und SXV-H9, H-alpha-Filter, Halbwertsbreite 12 nm, GesamtBelichtungsdauer 30 Minuten, Aufnahme von Peter Bresseler

Abb. 2: vdB 142, Aufnahme mit FFC 2,7 / 520 mm und SXV-H9, Halpha-Filter, Halbwertsbreite 12 nm, GesamtBelichtungsdauer 60 Minuten, Aufnahme von Peter Bresseler

CCD-Kamera und einem schmalbandigen H-alpha-Filter entstanden einige tiefe CCD-Aufnahmen. Die ganzheitliche fotografische Erfassung großflächiger Nebel und HII-Regionen ist die Domäne schneller und lichtstarker Optiken. Dazu zählen insbesondere Flatfield-, Schmidtkameras und kurzbrennweitige Refraktoren. HII-Regionen sind dadurch charakterisiert, dass die H-alpha-Linie ihre dominanteste Emissionslinie ist. Mit Hilfe klassischer roter Kantenfilter wie dem Schott RG 610 oder dem RG 645 lassen sich, je nach Standort, entsprechende Nebelfilamente bei konsequenter Ausbelichtung gut abbilden. Mit einer günstigeren Charakteristik setzt hier der H-alpha-Filter an. Im Gegensatz zum roten Kantenfilter ist ein H-alphaFilter ist ein Schmalband-Interferenzfilter. Er lässt primär das H-alpha-Licht von
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das Leuchten des Nachthimmels (Skyglow) unterdrückt. Die Transmissionswerte des H-alphaFilters beträgt bei der H-alpha-Linie über 90 %, die Quantenausbeute moderner CCD-Kameras beträgt in diesem Spektralbereich ca. 50 %. Damit wird schon jedes zweite Photon vom CCD-Chip registriert und in ein verwertbares Signal umgewandelt. Verglichen mit der Empfindlichkeit der Filmemulsion ist die Quantenausbeute damit durchschnittlich um den Faktor 10 höher. Die von mir verwendete SXV-H9 enthält den Sony ICX285AL Exview HAD CCD-Chip. Der Chip gehört zur so genannten Interline Transfer ,,Exview" CCD-Familie, die sich durch Rauscharmut und eine durchschnittliche Quantenausbeute auszeichnen. Die Pixel sind quadratisch und 6,45 Mikrometer groß. Die Chipfläche beträgt bei 1.392 Pixeln x

Spektralbereich, und zwar 65 % bei 540 nm. Das bedeutet, dass ca. zwei Drittel aller eintreffenden Photonen registriert werden und zu einer Umwandlung in Ladungsenergie führen. Die Kombination aus 2,7/520 FFC und SXV-H9 ergibt in Verbindung mit einem 10-nm-H-alpha-Filter einen leistungsstarken Verbund. So entstanden Aufnahmeserien von HII-Objekten, die am PC zu einem Komposit verarbeitet wurden. Die Belichtungszeit lag zwischen 30 und 60 Minuten an meinem durchschnittlichen Himmel von 5,2 - 5,5 mag. Die Belichtungszeit pro Einzelaufnahme lag bei 2 - 3 Minuten. Die Fokussierung wurde dann im hochauflösenden Modus (1 x binning) durchgeführt, wobei nur Sterne 1. bis 6. Größe verwandt wurden. Sterne mit geringerer Helligkeit eignen sich zur Fokussierung

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weniger gut bzw. gar nicht, da durch das schmale Durchlassfenster zu wenige Photonen detektiert werden. Mithilfe des Steuersoftware AstroArt 2.0 erfolgte die Fokussierung fast in Echtzeit. Neben dem hervorragenden Kontrastverhalten macht sich außerdem positiv bemerkbar, dass das kontinuierliche Sternenlicht unterdrückt und somit die Belichtungszeit nicht durch Übersättigung einzelner heller Sterne begrenzt wird. Die Ästhetik der Aufnahme wird dadurch gefördert. Daher gilt aus ästhetischer Sicht, je schmaler das Durchlassfenster, desto günstiger wirkt es sich auf die Güte der Abbildung aus.

Auf der anderen Seite wird der Lichtdurchlass bei Interferenzfiltern im konvergenten Strahlengang vom Einfallswinkel bestimmt. Licht, welches unter einem zu großen Einfallswinkel einfällt, unterliegt einer geänderten Filtercharakteristik und kann ggf. sogar abgeblockt werden. Es kann daraus folgen, dass schmalbandige und steilflankige Filter nicht im konvergenten Strahlengang lichtstarker und kurzbrennweitiger Geräte mit großen Bildwinkeln verwendet werden können. Der hier verwandte H-alpha-Filter mit einer Durchlassbreite von 12 nm stellt allerdings bei meiner Gerätekombination kein Problem dar.

Die Kombination CCD-Kamera und Halpha-Filter eignet sich natürlich auch für andere Teleskoptypen oder Fotoobjektive. Auch letzteres erscheint interessant zur Erfassung großflächiger Strukturen bei einem instrumentell geringeren Aufwand und geringeren Anforderungen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf meine Homepage www.starlightfriend.de verweisen, unter der die hier illustrierten Aufnahmen eingesehen werden können. Unter der E-Mail Peter.Bresseler@ starlightfriend.de stehe ich gerne für Rückfragen zur Verfügung.

Abb. 3: NGC 7000 (Region ,,Mexiko"), Aufnahme mit FFC 2,7 / 520 mm und SXV-H9, H-alpha-Filter, Halbwertsbreite 12 nm, Gesamt-Belichtungsdauer 40 Minuten, Aufnahme von Peter Bresseler

Abb. 4: NGC 6888, Aufnahme mit FFC 2,7 / 520 mm und SXV-H9, H-alpha-Filter, Halbwertsbreite 12 nm, Gesamt-Belichtungsdauer 60 Minuten, Aufnahme von Peter Bresseler

Sterne, Protosterne, galaktische Nebel und Galaxien im Infraroten
von Hans G. Diederich

Viele der von uns genutzten CCDKameras weisen im nahen Infraroten (IR) eine deutliche Restempfindlichkeit auf. Diese wurde bisher weitgehend als störend empfunden und mit IR-Sperrfiltern bekämpft. Galaktische und extragalaktische Objekte lassen sich aber auch ganz gezielt im IR beobachten. Neue Eigenschaften werden so erkennbar, immer wieder gibt es kleine Überraschungen, und bisher durch Staub verborgene Sterne und Protosterne werden erstmals für uns sichtbar. Die Fachastronomie setzt IRTeleskope seit vielen Jahren mit großem

Erfolg ein. Es besteht für uns Amateure also keinerlei Grund, auf die IR-Astronomie zu verzichten.
Infrarot - eine ,,verrückte" Idee? Es gibt eine Reihe von Hinweisen auf die IR-Empfindlichkeit einer CCD-Kamera: Sterne auf Aufnahmen mit Kleinbildobjektiven lassen sich ohne IR-Sperrfilter nicht richtig fokussieren. Manche Objektive weisen rote Markierungen für den im IR geänderten Fokus auf. Aus anfänglichen Fehlern wurde gelernt und fortan immer mit IR-Sperrfilter fotografiert. Zu

Beginn meiner CCD-Zeit fand aber bereits ein IR-Filter (Sperrwellenlänge 780 nm) seinen Weg ins Filterkästchen, ohne aber eingesetzt zu werden.
Chi Cyg - gleißend hell im Minimum Der große Durchbruch zur IR-Astronomie kam mit den Veränderlichen. Nach den ersten Helligkeitsschätzungen wollte ich auch die CCD-Kamera zur Beobachtung von Veränderlichen nutzen. Die VdSFachgruppe ,,Veränderliche" (BAV) rät zur Verwendung eines V-Filters (V wie ,,visuell"), um die Messungen im CCD-Bild mit

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Abb. 1: Der Veränderliche Chi Cygni im Minimum

Infrarotquellen im Flammennebel Die Fachastronomen beobachten im IR, um besonders tief in staubhaltige Wolken (Dunkelwolken, Molekülwolken) hinein zu sehen. Dort befindet sich die Kinderstube der Sterne, ballt sich Staub und Gas zu Protosternen zusammen, die Material aus ihrer Umgebung aufnehmen, dabei wachsen, schließlich die Massegrenzen überschreiten, bei denen Deuterium und danach Wasserstoff im Innern ,,zünden": ein neuer Stern ist geboren. Der Stern wächst weiter. Sein Licht drängt Staub und Gas der Dunkelwolke langsam zurück, erreicht deren Oberfläche und begibt sich auf eine lange Reise. Zu dieser Zeit hat der Stern aber schon ein bestimmtes Alter erreicht, ist also nicht mehr ganz ,,taufrisch". Sehr junge Sterne und ihre Vorstufen, die Protosterne, können folglich nur innerhalb von Dunkelwolken und damit nur im IR beobachtet werden.

Das wollte ich auch einmal probieren. Als Versuchsobjekt wählte ich den bekannten Flammennebel (NGC 2024) im Orion. Insbesondere vermutete ich im zentralen dunklen Streifen IR-Quellen, die im Visuellen nicht, im IR dagegen deutlich sichtbar sein sollten. Ein erster Versuch mit 12-Zoll-SCT und 600 Sekunden Integrationszeit erwies sich als so erfolgreich, dass in den nächsten drei Nächten nichts mehr aufgenommen wurde, was nicht irgend etwas mit IR zu tun hatte. Es war ein Gefühl wie vor einigen Jahren, als ich zum ersten Mal durch ein Teleskop schaute: unbeschreiblich aufregend ...

Abb. 2: Infrarotquellen in NGC 2024 (V- und I-Aufnahmen im Vergleich)

den Schätzungen der visuellen Beobachter vergleichen zu können. Ganz spontan kam der Gedanke auf, neben dem V-Filter auch das IR-Filter einmal auszuprobieren. Wie groß würde der Unterschied zwischen V und IR wohl sein?
Dieser Unterschied wird hier an Chi Cyg demonstriert. Seine Helligkeit schwankt mit einer Periode von 407 Tagen zwischen 6 mag und 12 mag. Zum Zeitpunkt der Aufnahme befand sich Chi Cyg in der Nähe seines Minimums. Im V-Bild (mit VFilter aufgenommen) war Chi Cyg dann auch ziemlich schwach. Mit 15 Minuten Abstand folgte dann die Aufnahme mit dem IR-Filter (Abb. 1). Und jetzt blieb mir
VdS-Journal Nr. 15

die Spucke weg: Mitten im Gesichtsfeld starrte mich ein gleißend helles Monster an. Und das war Chi Cyg im Minimum, der hellste Stern weit und breit!
Chi Cyg ist für diese Erscheinung (als ,,Infrarotexzess" bezeichnet) bekannt. Von seiner Oberfläche strömen Gasmassen ab, die schließlich abkühlen und den Stern als Silikatstaub umgeben. Diese Staubhülle absorbiert einen Teil der sichtbaren Sternstrahlung, erwärmt sich dabei und leuchtet nun im IR. Dies zu wissen und zu verstehen ist eine Seite. Es aber mit den Augen der CCD-Kamera selber zu sehen, das war ,,Abenteuer Infrarot-Astronomie".

In Abbildung 2 sind eine V-gefilterte und eine mit einem Bessel-I-Filter (standardisiertes IR-Filter) gewonnene IR-Aufnahme nebeneinander montiert. Die Integrationszeiten betrugen 1.200 bzw. 3.900 Sekunden (C14, AP-6E). Der Vergleich zeigt im IBild Objekte, deren größere Helligkeit sich nicht durch die längere Integrationszeit im IR erklären lässt. Im unteren Teil ist das IBild kontrastmäßig stark gestreckt dargestellt, um die schwächsten Objekte sichtbar zu machen. Einige sind mit ,,IRS" (infrared source = Infrarot-Quelle) bezeichnet. Im vollständigen Bild konnten mit Hilfe von Simbad und Aladin 50 punktförmige Objekte identifiziert werden, von denen je 11 als IRS bzw. als YSO (young stellar objects - junge stellare Objekte) charakterisiert sind.
Ein Ziel wurde allerdings nicht erreicht: IRS 2 und IRS 2b, direkt hinter dem dun-

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Abb. 3: Infrarotquellen in NGC 2024 (Falschfarbendarstellung)

klen Staubstreifen gelegen, blieben unsichtbar. IRS 2b ist seit kurzem als das Objekt erkannt, welches den Flammennebel ionisiert. Die Extinktion (Auslöschung, Schwächung), welche das Licht dieser beiden IRS im Visuellen erfährt, wird in der Literatur mit 27 bis 31,5 mag angegeben. Selbst im IR waren 3.900 Sekunden einfach zu kurz. Ein Jahr später versuchte ich es erneut. Mit jetzt 7.200 Sekunden gelang es so gerade eben. Für eine wirklich gute Aufnahme wären wohl 30.000 Sekunden erforderlich. IRS 2 und IRS 2b im Flammennebel sind damit trotz ihrer extremen Werte machbare Grenzobjekte der Amateur-IR-Astronomie. Der Fachastronomie können wir im IR nicht nur bei der Auswahl von Objekten folgen, sondern auch deren Methoden anwenden. Eine davon ist die Falschfarbendarstellung, oder kurz das Falschfarbenbild. Hierbei werden das einfarbige V- und das einfarbige I-Bild mittels CCDBildbearbeitungsprogramm zu einem Farbkomposit vereinigt. Das V-Bild wird als Blaubild, das I-Bild als Rotbild genommen. Das erforderliche Grünbild erhalten wir aus der halben Summe von V- und IBild. Die Abbildung 3 zeigt ein solches Falschfarbenbild vom Flammennebel. Alles was dort rötlich bis bräunlich erscheint, emittiert überwiegend bis ausschließlich im IR. Eine solche Darstellung hat den Vorteil, gleichzeitig die Helligkeit

der Objekte und das Verhältnis ihrer V- zur I-Helligkeit im Blick zu haben. Extinktion am Rand der Dunkelwolke B 68 Welche Objekte eignen sich für den IREinsteiger besonders? Sicherlich Dunkelwolken, welche vor einer Flut von Sternen stehen. Die Europäische Südsternwarte
Abb. 4: Extinktion am Rand von B 68

hatte von Barnard 68 (B 68) in Oph ein IRBild veröffentlicht, in dem B 68 kleiner als auf einer ,,normalen" Aufnahme aussah. Dieser Effekt lässt sich wie folgt erklären: Die IR-Strahlung der Sterne hinter dem Rand der Dunkelwolke wird vom Staub weniger behindert, bleibt also noch sichtbar, während das blaue Licht derselben Sterne an den Staubteilchen der Dunkelwolke zur Seite weggestreut wird und nicht mehr zu uns gelangt. Die Verhältnisse sind wie bei einem schönen Sonnenuntergang, das Licht der Sonne ist zuletzt nicht nur erheblich geschwächt sondern auch noch dunkelrot verfärbt. Also treten zwei Effekte zugleich auf: die Anzahl der nachweisbaren Sterne nimmt von außen zum Zentrum der Dunkelwolke hin ab, und das Licht der überhaupt noch sichtbaren Sterne erfährt dabei eine Verfärbung zum IR hin. Die Idee war nun, diese wellenlängenabhängige Auslöschung von Licht in eigenen Aufnahmen nachzuweisen und das Ergebnis möglichst anschaulich darzustellen. Zu diesem Zweck wurden eine V- und eine I-Aufnahme von B 68 mit 1.800 bzw. 2.700 Sekunden Integrationszeit (C14, AP-6E) zu einem Falschfarbenbild kombiniert sowohl die Anzahl der Sterne gezählt als auch deren Farbe bestimmt. Die Auswertung erfolgte in zwei Streifen, die über den Rand von B 68 von außen nach innen gelegt wurden. Diese beiden Streifen sind in der Abbildung 4 eingezeichnet. Für jede
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Abb. 5 (oben): M 83 im Falschfarbenbild

Abb. 6 (links): Sternbildung im Nukleus von M 83

Unterteilung innerhalb der Streifen wurden einerseits die blauen und grünen, andererseits die gelben und roten Sterne gezählt. Das Verhältnis von ,,gelb-rot" zur Gesamtzahl der Sterne in jeder Unterteilung ist für beide Streifen getrennt in kleinen Diagrammen dargestellt. Zu erkennen ist: Der Anteil der rötlichen Sterne nimmt vom Rand her kommend in Richtung zum Zentrum der Dunkelwolke zu. Und genau das sollte gezeigt werden.
Starburst im Nukleus von M 83 Die uns zugänglichen IR-Objekte beschränken sich nicht auf die Milchstraße. Für ein erstes extragalaktisches Projekt eignet sich eine helle Spiralgalaxie in Aufsicht, wie es M 83 eine ist. Sie wird in der Literatur als ,,Starburst"-Galaxie mit einem ,,Starburst"-Nukleus beschrieben. Das war interessant genug, um sie mit einem IR-Sperrfilter und danach mit einem Bessel-I-Filter (C14, AP-6E, Integrationszeit 3.600 s) aufzunehmen.
Im erzeugten Falschfarbenbild (Abb. 5) zeigen die Spiralarme keinen IR-Anteil. Das Zentrum der Galaxie leuchtet dagegen überwiegend und kräftig im IR. Massive Sternbildung findet in oder hinter Gebieten mit hohem Staubgehalt statt. Das meiste Sternenlicht wird vom Staub aufgefangen und im IR re-emittiert. Diese IR-Strahlung gelangt vom Staub unbehindert zu uns. In einer einfarbigen Aufnahme wäre dies nicht aufgefallen.
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In ,,schönen" Aufnahmen von Galaxien werden Zentrum und insbesondere der Nukleus oft stiefmütterlich behandelt. Balken und Spiralarme sprechen das ästhetische Empfinden an, nicht aber ein heller nadelfeiner Punkt im hellen Zentrum. Aber ist hier drinnen wirklich nichts zu entdecken? Das im IR sehr helle Zentrum von M 83 hatte mich neugierig gemacht. Mit allen Tricks der Bildbearbeitung wurde der Nukleus in beiden Teilbildern herauspräpariert und miteinander verglichen. Und wieder einmal war eine Überraschung fällig (Abb. 6): Der Nukleus ist auf seiner rechten unteren Seite von einem Ringsegment erhöhter Sternbildung umgeben. Im IR zeigt sich zunächst ein ähnliches Bild. Bei genauem Hinsehen offenbart sich allerdings ein bedeutsamer Unterschied: der Nukleus ist im IR erheblich heller, während der Ring nur etwas an Helligkeit gewonnen hat. Also befindet sich im Nukleus mehr Staub als in seiner engsten Nachbarschaft. Wer sich nur auf Spiralarme beschränkt, dem entgehen solche Details. Es empfiehlt sich daher, bei der Festlegung der Belichtungszeit jeder einzelnen Aufnahme auch im Zentrum von Galaxien immer unterhalb der Sättigung zu bleiben.
Wie geht es weiter? Die gezeigten Aufnahmen sind ein Ausschnitt aus meinem IR-Projekt. Bei seiner Fortsetzung wurden ohne Absicht im IR besonders auffällige Objekte gefun-

den, die in der Amateurliteratur bisher vollkommen unbeachtet blieben: sehr junge Sterne vom Typ FU Ori und T Tau (welche die Hauptreihe noch nicht erreicht haben), leuchtkräftige IR-Quellen, Objekte jünger als 100.000 Jahre, kompakte HIIRegionen, Protosterne, IR-Reflektionsnebel, ULIRG (,,ultraluminous infrared galaxies") und Objekte mit geheimnisvoll klingenden Namen wie ,,Allen's source", ,,Red Nebula Object" und ,,M82 L". Ein vollkommen neues Universum tut sich auf, in dem viele kleine ,,Entdeckungen" auf uns warten.
Jedem Sternfreund mit CCD-Kamera oder integrierender Videokamera öffnet sich in der IR-Astronomie ein neues Fenster. Selbst ohne Teleskop, nur mit einem Kleinbildobjektiv, lassen sich die ersten Schritte unternehmen. Der Neugier und Experimentierfreude sind keine Grenzen gesetzt.
Die Infrarot-Astronomie ist für mich ein neues, großes Abenteuer. Nie hätte ich gedacht, noch einmal ein solches Staunen und eine solche Begeisterung empfinden zu können wie damals beim ersten Blick durch ein Teleskop...

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Farbenspiele mit Omega Centauri
von Hans G. Diederich

Dieser Aufsatz über den Kugelsternhaufen Cen steht beispielhaft für das Arbeiten mit Filtern und die Anwendung verschiedener Auswertungsmethoden auf CCDAufnahmen von Sternhaufen. Die meisten der vorgestellten Ergebnisse sind die Folge ,,spielerischen" Experimentierens ohne vorherige Planung. Jeder CCDler kann die hier gegebenen Anregungen auf einen offenen Sternhaufen oder Kugelsternhaufen seiner Wahl anwenden und diesen dann eingehend erforschen.
Besonderheiten Omega Centauri ist der größte und hellste Kugelsternhaufen (KH) unserer Milchstraße und leider von Deutschland aus nicht zu beobachten. Er hat eine Ausdehnung von ca. 1 Grad und enthält mehr als eine Million Sterne. Seine eigentliche Besonderheit besteht darin, dass es sich vermutlich gar nicht um einen KH handelt, sondern um den Kern einer Galaxie, die von der Milchstraße eingefangen und der äußeren Sterne beraubt wurde. In Cen existieren drei unterschiedliche Sternpopulationen [1], deren Mittelpunkte nicht deckungsgleich sind. Eine dieser Populationen rotiert sogar. Omega Cen unterscheidet sich in diesen Besonderheiten also erheblich von den anderen KH unserer Galaxis. Im April 2003 ergab sich für mich die erste Möglichkeit, Cen, in geringer Höhe kulminierend, mit zwei CCD-Kameras aufzunehmen. Zur Verfügung stand ein 14-ZollSCT mit Bessel-V- und -I-Filter sowie eine huckepack montierte Kamera für mein 135-mm-Kleinbildobjektiv. Der Filtereinsatz verfolgte das ausschließliche Ziel, im Rahmen eines Infrarot-Projektes auch einmal von einem KH eine IR-Aufnahme zu machen. Bahnbrechende Ergebnisse waren nicht zu erwarten. Und da im Filterrad auch ein V-Filter steckte, lag es nahe, auch diesem Filter zehn Minuten zu spendieren. Spannend wurde es erst viel später zu Hause, beim Vergleich von V- und I-Bild.
135-mm-Kleinbildobjektiv Mit einer Integrationszeit von 600 Sekunden, 135-mm-Kleinbildobjektiv (f/3,5), IR-Sperrfilter und ST-9E CCDKamera entstand die erste Aufnahme (Abb. 1). Omega Cen zeigt sich als gleichmäßig heller flauschiger Sternenball, der

Abb. 1: Omega Centauri mit f = 135 mm
keinerlei Konzentration zur Mitte hin erkennen lässt. Das Helligkeitsprofil weist nicht wie bei vielen anderen KH eine nadelfeine Spitze auf, sondern ist stumpf, fast wie bei einer Gaußkurve (Abb. 2). Rotation Mit einer Integrationszeit von 600 Sekunden mit AP-6E und Bessel-Filtern am C14 entstanden ein V- und ein I-Bild . Diese zeigen, bedingt durch die Größe des KH, nur dessen Zentrum. In der Literatur wird die leicht elongierte Form von Cen erwähnt, die sich durch eine geordnete Bewegung eines Teils seiner Sterne (Rotation) ergibt. Diese Form galt es nachzuweisen. Um von einzelnen hellen Sternen nicht abgelenkt zu werden, wurde das V-Bild durch mehrfache Tiefpassfilterung und extremes HistogrammStrecken so weit bearbeitet, dass sich verschiedene Umrisse einzeichnen ließen.
Abb. 2: Das Helligkeitsprofil von Cen

Und es sind in der Tat Ellipsen (Abb. 3); die (Projektion der) Rotationsachse scheint nord-südlich ausgerichtet zu sein.
Falschfarbenbild Liegen zwei oder mehr Aufnahmen desselben Objekts vor, lohnt sich immer das Blinken der Einzelbilder. So auch hier: Das Blinken von V- und I-Bild ergab einige wenige Sterne, die deutlich ,,pumpten", also auf V- und I-Filter sehr unterschiedlich reagiert hatten. Um dem weiter auf den Grund zu gehen, erstellte ich aus Vund I-Bild ein Farbbild. Das V- wurde zum Blau-, das I- zum Rotbild. Das fehlende Grünbild erzeugte ich aus der Summe der mit jeweils 50 % gewichteten V- und IBilder. Die Farben dieses Bildes geben nicht die richtigen Farben wieder, sind somit ,,falsch". Und daher wird das Ergebnis auch als Falschfarbenbild bezeichnet (Abb. 4). Im Falschfarbenbild fallen verschiedene Sterne auf, die sich über das Durchschnittsniveau herausheben: knallig rote, knallig blaue Sterne und viele schwache, leicht bläuliche Sterne. Mit Hilfe von Aladin-Simbad wurde ein größerer Anteil der besonders auffälligen Sterne identifiziert (darunter Veränderliche wie einige RR-Lyrae-Sterne) und auch einige Arbeiten aus der schier überwältigenden Flut gelesen. Das war Forschung live! Aus Platzgründen möchte ich nur einen einzigen Stern detailliert behandeln. Wer sich richtig austoben will, hat hier und in einigen anderen KH bei Tausenden von gemessenen Sternen sogar die Möglich-
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38 A S T R O F O T O G R A F I E

auf der Hauptreihe

standen die beson-

ders massereichen,

hellen Zwerge, die

ihren Wasser-

stoffvorrat so rasch

verbrannten, dass

sie sich früher als

die masseärmeren

Zwerge rechts

unten zu Roten

Riesen entwickel-

Abb. 3:

ten und die Haupt-

Versuche einer Isophoten-Darstellung von Cen

reihe nach rechts

verließen. Die

massereichsten auf

keit, statistisch tätig zu werden.

der Hauptreihe noch zu beobachtenden

Noch ein Hinweis: Das von Aladin in den Sterne dienen zur Altersbestimmung von

Hintergrund gestellte DSS-Bild ist fast Sternhaufen.

durchgängig schwarz und zur Navigation Dieses Rätsel bewegte die Astronomen seit

daher ungeeignet. Als Ausweg bot sich die Anfang der 50er Jahre. Als Erklärung bie-

Verwendung des J-Bildes aus dem 2MASS tet sich u. a. die folgende Hypothese an: In

an, das durch klicken auf ,,SkyView" gela- der gedrängten Enge der Zentren von KH

den wurde.

kommen sich besonders häufig Sterne so

nahe, dass sie enge Doppelsternsysteme

Blue Straggler - ,,blaue Nachzügler"

bilden und schließlich zu einem einzigen

Die vielen schwachen und bläulichen neuen Stern verschmelzen - oder zwei

Sterne im Zentrum von Cen rumorten in Sterne stoßen zusammen und verschmel-

meinem Kopf. Und dann tauchte der zen sofort. Diese neuen Sterne sind masse-

Begriff: ,,blue straggler" (,,Blaue reicher und heißer als ihre Vorgänger, und

Nachzügler") auf, der sich plötzlich mit sie bevölkern somit Abschnitte der

KH und blauen Sternen verband. Was sind Hauptreihe, die beim Alter des KH eigent-

das nun für Sterne? Laut Level 5 (NED) lich längst verlassen sein müssten.

befinden sie sich auf der Verlängerung der Nun wollte ich auch zumindest einen ,,blue

Hauptreihe im Hertzsprung-Russel-Dia- straggler" auf meinem Falschfarbenbild

gramm (HRD) an einer Stelle, wo es sehen. Leider befinden sich die leicht

eigentlich aufgrund des Alters des KH nachzuweisenden Exemplare alle außer-

keine Sterne mehr geben sollte. Links oben halb des Gesichtsfeldes meiner Aufnah-

men. In der Tabelle 5 aus [2] fanden sich acht Kandidaten im Zentrum von Cen, von denen ich zwei zweifelsfrei nachweisen konnte. In der Abbildung 5 ist NGC 5139 L 3166, wenn auch schwach, zu erkennen. In der Literatur wurden bis heute ca. 700 Sterne dieser Art in etwa 30 Sternhaufen beschrieben. Ungeahnt hatte sich das Tor zu einem ganz neuen, fast grenzenlosen Projekt geöffnet: Die Jagd nach dem ,,blue straggler" für den visuellen Beobachter mit kleinem Teleskop ...
Farbendifferenzbild Angeregt durch Arbeiten, in denen Aufnahmen von M 31 von einem gemeinsamen Referenzbild abgezogen werden, um Veränderliche zu entdecken und deren Lichtkurve aufzeichnen zu können, verfiel ich auf die Idee, das auch einmal auszuprobieren. Und zwar sofort, ohne auf M 31 warten zu müssen. Also nahm ich das Vund das I-Bild und bildete ein Differenzbild. Das Ergebnis war wieder eine der unerwarteten und nicht geplanten Überraschungen. Der Helligkeitsumfang von vorher 9.000 bzw. 3.000 Graustufen schrumpfte im Differenzbild auf 351 Stufen zusammen. Die im Falschfarbenbild roten Sterne sind deutlich schwarz, die blauen weiß. Die farblich im mittleren Bereich liegenden Sterne zeigen sich als kleine Höcker (3DEffekt). Die farblich abweichenden Sterne treten, egal ob schwarz oder weiß, als flache Fleckchen hervor. Es sind jetzt auch solche Sterne als farblich vom Mittel

Abb. 4: Falschfarbenbild von Cen
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Abb. 5: NGC 5139 L3166 - ein ,,blue straggler"

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Abkürzung Bedeutung

2MASS
DSS NED

Two Micron All Sky Survey Digital Sky Survey NASA Extragalactic Database

Abb. 6: Differenzbild
abweichend erkennbar, die im Falschfarbenbild nicht auffallen. Insgesamt sind viel mehr Sterne zu sehen. Die meisten schwachen Sterne sind deutlich bläulich. Ob das einen astrophysikalischen Grund hat? Die Helligkeit im ,,Bild" steht nicht mehr für die Helligkeit der Objekte, sondern ausschließlich für deren Farbe, die Objekthelligkeit steckt jetzt fast ausschließlich im Durchmesser der Sternfleckchen. Das ,,Bild" ist kein Bild mehr, sondern eine Karte. Diese Methode der Differenzbildung scheint dem Falschfarbenbild und dem Blinken deutlich überlegen zu sein.

Was könnte man noch mit Cen anstellen? Nun, alle Sterne photometrieren und ein Farbenhelligkeits-Diagramm erstellen, z. B. automatisch mit dem in [4] beschriebenen Winstarfinder.
Zusammenfassung Omega Cen brachte mir mehr als nur drei schöne Bilder. Ein paar fremde Ideen, Experimentierlust und immer mal wieder eine Recherche im Internet führten zu einer ungeahnten Fülle von überraschenden Ergebnissen. Es lohnt sich also, zumindest mit zwei Filtern Kugelsternhaufen zu beobachten - es müssen auch nicht unbedingt Bessel-Filter sein, RGB-

Filter sollten auch einsetzbar sein [3]. Und es lohnt sich, mit den Möglichkeiten des eigenen CCD-Bildbearbeitungsprogramms zu experimentieren. Es gibt viele Sternhaufen, die sich ebenso untersuchen ließen und nur auf uns warten. Weitere Überraschungen sind nicht ausgeschlossen. Abenteuer Astronomie ...
Literaturhinweise [1] Ferraro, F. R., et al., 2002: ,,Discovery of
an accreted stellar system within the globular cluster {omega} Centauri", Astrophys. J. 573, L95 [2] Lynga, G., 1996: ,,The central field of Centauri", Astron. Astrophys. Suppl. Ser. 115, 297 [3] Quester, W., 2003: ,,CCD-Photometrie mit Filtern", VdS-Journal 11, 104 [4] Stinner, P., Hamman, D., 2003: ,,CCDPhotometrie an offenen Sternhaufen ein schulisches Astronomie-Projekt", VdS-Journal 11, 132

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40 A S T R O F O T O G R A F I E
Abb. 1: Leuchtende Gasnebel im Orion: Barnard´s Loop, die Nebelregion südlich des linken Gürtelsterns und der ,,Kopfnebel" um Lambda Orionis. Der Orionnebel ist nahezu ausgebrannt! Die Aufnahme erfolgte mit einer Contax 645 und Zeiss Planar 1:2,0 / 80 mm bei Blende 4 mit 80 Minuten Belichtungszeit auf Kodak Ektachrome 200 (push +1).

A S T R O F O T O G R A F I E 41
Nach über zwanzig Jahren einen Traum erfüllt
von Gerhard Hilverkus
Abb. 2: Die Wintermilchstraße mit den Sternbildern Einhorn, Orion und Fuhrmann, aufgenommen mit einer Contax 645 und Zeiss Distagon 1:3,5 / 35 mm bei Blende 4 mit 50 Minuten Belichtungszeit auf Kodak Ektachrome 200 (push +1).

Anfang der achtziger Jahre stand die Sternwarte Remscheid, der ich selbst seit 1968 angehöre, noch unter der Leitung von Dr. Hans Schäfer, dem ich sehr viel verdanke, da er immer in der Lage war, Astronomie mit einfachen Mitteln verständlich zu machen. Damals gab es in der Sternwarte eine Ausstellung. Dazu waren auch andere Sternwarten und Amateurgruppen eingeladen, unter anderem die Bochumer Gruppe um Peter Riepe. Die brachten seinerzeit sehr schöne rotgefilter-

te Fotos vom Sternbild Orion mit, wo unter anderem M 42, der Pferdekopfnebel, Barnard´s Loop und der schwache Kopfnebel um Lambda Orionis zu sehen waren. Allerdings waren diese Bilder noch in schwarzweiß mit dem Kodak 103 a-E aufgenommen. Damals keimte in mir der Gedanke, so ein Foto auch einmal herzustellen. Leider hatte ich zu dem Zeitpunkt keine eigene Montierung, so dass es weiter ein Traum blieb. Nach mehrjährigem astronomischem Dornröschenschlaf wur-

de ich dann von Bernd Bleiziffer wieder reaktiviert, kaufte mir eine gebrauchte SP DX Montierung und machte meine ersten Fotoversuche. Für das Jahr 2004 stand im Februar eine Reise in die USA an. Die Montierung wurde flugtauglich verpackt und mitgenommen. Das Ziel der Reise war der Norden von New Mexico. Auf 35 Grad nördlicher Breite und einer Meereshöhe von 2.300 m sind dann die nebenstehenden Aufnahmen entstanden. Ein langer Traum hatte sich erfüllt!
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Kleine Zwerge - hohe Berge von Werner E. Celnik Zwerggalaxienjagd im Hochgebirge
Die VdS-Fachgruppen Astrofotografie und Visuelle Deep-Sky-Beobachtung hatten zur Beobachtung und Fotografie von Zwerggalaxien aufgerufen [1] und ein gemeinsames Fachgruppenprojekt daraus gemacht. Nun sind Galaxien an sich ja schon keine ,,hellen" Objekte. Und jetzt Zwerggalaxien ... Ziel des in diesem Frühjahr auslaufenden Fachgruppenprojektes sind Zwerggalaxien mit Flächenhelligkeiten, die gerade noch von den Amateuren zugänglichen Instru-
Abb. 1: Große Magellansche Wolke, aufgenommen im australischen Outback am 19.11.2001, belichtet 43 Min. auf Ektachrome 200 (6x6) ab 17:32 UT, Objektiv 1:4 / 300 mm (Blende 5,6). Bildautoren: W.E. Celnik, B. FlachWilken, O. Guthier, A. Thomas. Bildbearbeitung W.E. Celnik. Größe des abgebildeten Feldes ca. 9 Grad x 9 Grad .

Abb. 2: Elliptische Zwerggalaxie PGC 3589 (Sculptor Spherical Dwarf) im Sternbild Sculptor, aufgenommen am 26.8.2003 ab 1:25 UT auf Fujichrome 400F 6x6-Farbdiafilm (Push 1), 90 Min. belichtet am Schmidt-Cassegrain-Teleskop 220/1880 mm. Aufnahmeort: Sierra Nevada 3.208 m, Bildautoren: W.E. Celnik, J. Kozok, P. Svejda. Bildbearbeitung W.E. Celnik. Die Horizonthöhe bei der Aufnahme betrug 19 Grad . Größe des abgebildeten Feldes 1,1 Grad x 1,1 Grad . Bildfelddrehung durch nicht ausreichend genaue Einnordung der Montierung.
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Abb. 3: Irreguläre Zwerggalaxie NGC 6822 im Sternbild Schütze, aufgenommen am 25.8.2003 ab 22:16 UT auf Fujichrome 400F 6x6-Farbdiafilm (Push 1), 120 Min. belichtet am Schmidt-Cassegrain-Teleskop 220/1880 mm. Aufnahmeort: Sierra Nevada 3.208 m, Bildautoren: W.E. Celnik, J. Kozok, P. Svejda. Bildbearbeitung W.E. Celnik. Die Horizonthöhe bei der Aufnahme betrug 34 Grad . Größe des abgebildeten Feldes 1,5 Grad x 1,7 Grad . Bildfelddrehung durch nicht ausreichend genaue Einnordung der Montierung.

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Abb. 4: NGC 6822, aufgenommen am 25.8.2003 ab 22:16 UT auf Ektachrome 200 6x6Farbdiafilm, 60 Min. belichtet mit Objektiv 1:4 / 300 mm (Blende 5,6). Aufnahmeort: Sierra Nevada 3.208 m, Bildautoren: W.E. Celnik, J. Kozok, P. Svejda. Bildbearbeitung W.E. Celnik. Die Horizonthöhe bei der Aufnahme betrug 34 Grad . Größe des abgebildeten Feldes 1,5 Grad x 1,7 Grad . Starke Ausschnittsvergrößerung.

menten und Kameras erfasst werden können. Während der Deep-Sky-Tagung 2003 war eine Liste von Zwerggalaxien zusammengestellt worden, die für die Beobachtung mit Amateurinstrumenten in Frage kommen. Flächenhelligkeiten werden angegeben in Größenklassen pro Fläche am Himmel, z. B. 23 mag / Quadratbogensekunde = 23 mag/ ''.
Visuelle Beobachtung So hat die leider nur am Südhimmel sichtbare und leicht erkennbare Große Magellansche Wolke (LMC, PGC 17223) bei einer riesigen Ausdehnung am Himmel von 645' x 550' eine Gesamthelligkeit von 0,9 mag, jedoch eine mittlere Flächenhelligkeit von nur 23,55 mag/ '' (vgl. Abb. 1). Die viel kleinere Sculptor Spherical Dwarf Galaxy (PGC 3589, Rektasz. 01h 00m 09,4s, Dekl. -33 Grad 42' 33'' (2000.0)) ist jedoch nur 40' x 31' groß (immer noch recht ausgedehnt für eine Zwerggalaxie) und zeigt eine Gesamthelligkeit von 10,1 mag bei einer Flächenhelligkeit von 23,70 mag/ '' (vgl. Abb. 2). Da die LMC mit bloßem Auge leicht zu erkennen ist, müsste bei ihrer ähnlichen Flächenhelligkeit auch PGC 3589 zu sehen sein. Und das ist tatsächlich der Fall: In der spanischen Sierra Nevada am Pico Veleta auf 3208 m Höhe habe ich mit mei-

nem 220/1880-mm-Schmidt-CassegrainTeleskop mit einem 2-zölligen 42-mmOkular bei 45x (Austrittspupille 4,8 mm) eine schwache, ca. 25 Bogenminuten große Aufhellung erkennen können, als ich das Instrument leicht hin- und herschwenkte. Deutlich war die Bewegung des Lichtfleckens zu sehen. Die Beobachtung ist vielleicht deshalb bemerkenswert, als die Horizonthöhe des Objektes nur ca. 19 Grad betrug und das eingesetzte Instrument ja nicht gerade eine einem Dobson vergleichbare ,,Licht-
Abb. 5: Elliptische Zwerggalaxie Leo I (UGC 5470) im Sternbild Löwe, aufgenommen am 31.1.2003 ab 23:50 UT auf Ektachrome 200 6x6-Farbdiafilm, 100 Min. belichtet am Schmidt-Cassegrain-Teleskop 220/1880 mm. Aufnahmeort: Gornergrat 3.135 m, Aufnahme und Bildbearbeitung W.E. Celnik. Die Horizonthöhe bei der Aufnahme betrug 54 Grad . Größe des abgebildeten Feldes 59' x 61'.
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Abb. 6: Zwerggalaxie PGC 143 (Typ Balkenspirale) im Sternbild Walfisch, aufgenommen am 27.8.2003 ab 0:10 UT auf Fujichrome 400F 6x6-Farbdiafilm (Push 1), 105 Min. belichtet am Schmidt-Cassegrain-Teleskop 220/1880 mm. Aufnahmeort: Sierra Nevada 3.208 m, Bildautoren: W.E. Celnik, J. Kozok, P. Svejda. Bildbearbeitung W.E. Celnik. Die Horizonthöhe bei der Aufnahme betrug 36 Grad . Größe des abgebildeten Feldes 1,3 Grad x 1,1 Grad . Bildfelddrehung durch nicht ausreichend genaue Einnordung der Montierung.

Abb. 7: PGC 143 im Walfisch vom 31.10.2002, 90 Min. belichtet mit Objektiv 1:4 / 300 mm (Blende 4,5) ab 20:59 UT auf Fujichrome 100F Kleinbild-Farbdiafilm. Aufnahmeort: Gornergrat 3.135 m, Aufnahme und Bildbearbeitung W.E. Celnik. Die Horizonthöhe bei der Aufnahme betrug 29 Grad . Größe des abgebildeten Feldes 1,5 Grad x 1,6 Grad . Starke Ausschnittsvergrößerung.

kanone" ist. Die Zwerggalaxie NGC 6822 (Abb. 3 und 4) im Schützen (Rektasz. 19h 44m 56,2s, Dekl. -14 Grad 47' 51'' (2000.0), Ausdehnung 15,5' x 13,5', Gesamthelligkeit 9,3 mag, Flächenhelligkeit 21,40 mag/ '') konnte im 220/1880-mm-SCT bei 45x, jedoch Horizonthöhe 34 Grad (Sierra Nevada), leicht gesehen werden. Am nördlichen Rand waren sogar einige hellere Knoten zu erkennen, große Sternhaufen und Nebelgebiete in der Zwerggalaxie. Bekannt ist die elliptische Zwerggalaxie Leo I (Rektasz. 10h 08m 27,4s, Dekl. +12 Grad 18' 27'' (2000.0), Ausdehnung 9,8' x 7,4', Gesamthelligkeit 11,2 mag, Flächenhelligkeit 22,4 mag/ ''). Sie befindet sich nur 20,5 Bogenminuten nördlich von Regulus, dem Hauptstern im Löwen. Im 220/1880mm-SCT bei 45x konnte ich auf dem 3135 m hohen Gornergrat / Schweiz bei Horizonthöhe 54 Grad nichts im Okular erkennen. In diesem speziellen Fall wird die Beobachtung durch den dicht dabei stehenden 1,4 mag hellen Stern Regulus gestört (vgl. Abb. 5). Eine gute Dunkeladaption des Auges ist hier schwierig. Die einzige von mir an zwei verschiedenen Standorten beobachtete Zwerggalaxie ist WLM (PGC 143) im Walfisch (Rektasz.
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00h 01m 58,2s, Dekl. -15 Grad 27' 39'' (2000.0), Ausdehnung 11,5' x 4,0', Gesamthelligkeit 11,0 mag, Flächenhelligkeit 20,36 mag/
''). Im 220/1880-mm-SCT bei 45x beobachtete ich auf dem Gornergrat bei Horizonthöhe 29 Grad nur ein sehr schwaches Glimmen im Okular. In der Sierra Nevada / Südspanien in vergleichbarer Meereshöhe dagegen konnte das Objekt in 36 Grad Horizonthöhe beobachtet werden: Hier war die in Nord-Süd ausgerichtete längliche Form der Zwerggalaxie einwandfrei und klar auszumachen (vgl. Abb. 6 und 7). Fazit: Bei der visuellen Beobachtung extrem lichtschwacher Flächenobjekte ist neben der guten Dunkeladaption der Augen, der instrumentellen Ausstattung und einem ideal-dunklen Nachthimmel auch die Horizonthöhe des Objektes von Bedeutung. Denn diese bestimmt die Extinktion in der Erdatmosphäre, die uns entscheidende Zehntel-Größenklassen raubt, die wir für das Erkennen des Objektes vielleicht gerade benötigen. Grundlegende Gedanken zur visuellen Beobachtung flächiger Himmelsobjekte sind in [2] zu finden.
Sierra Nevada Die südspanische Sierra Nevada habe ich

seit 1979 neunmal besucht, mal ganz allein, mal mit mehr oder weniger großen Gruppen von Amateuren. Das Gebiet zwischen Pico Veleta (3398 m) und Pico Mulhacen (3440 m) ist ein faszinierender, ja, meditativer Ort. Über Fahrten in die Sierra Nevada wurde schon mehrfach berichtet, so z. B. in [3, 4]. Leider ist das Gebiet nun Naturschutzgebiet. So wird Zutritt mit Fahrzeugen nur noch in Ausnahmefällen und nur bis zu bestimmten Punkten gewährt, zu wissenschaftlichen Zwecken. Selbst Wanderer benötigen eine Genehmigung. Die Infrastruktur in der ,,Zona alta" ist gleich Null. Im Spätsommer 2003 fuhr ich mit zwei weiteren Beobachtern, Peter Svejda und Jürgen Kozok, wieder in die Sierra Nevada. Da man mit den Jahren mehr Bequemlichkeit schätzen lernt, hatte sich das frühere Zelt zunächst zum kleinen Campingbus und nun zum CaravanAnhänger vergrößert. So sah dann auch unser Antrag auf Genehmigung des Beobachtungsaufenthaltes auf der Passhöhe am Pico Veleta in 3200 m Höhe aus, den wir bereits einige Monate zuvor bei der Naturschutzbehörde in Granada gestellt hatten. Natürlich in spanischer Sprache und mit wissenschaftlichen

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Abb. 8: Fotografische Beobachtung auf dem 3.135 m hohen Gornergrat oberhalb von Zermatt / Schweiz. Die bei den Aufnahmen dieses Beitrages verwendete Ausrüstung umfasst einen Schmidt-Cassegrain (Bresser) 220 / 1880 mm mit anastigmatischer Korrekturoptik und Kameragehäuse, einen Refraktor 80 / 900 mm zur Nachführung und eine weitere Kamera mit Teleobjektiv, alles auf einer Takahashi EM 200B Montierung. Nachführkontrolle per Fadenkreuzokular und Handtaster. Stromversorgung über 7 Ah-Trockenakku. Im Hintergrund das Monte-Rosa-Massiv mit dem zweithöchsten Gipfel der Alpen.

Argumenten, die die Notwendigkeit großer Höhe und freier Horizontsicht zur Beobachtung und Fotografie schwacher Zwerggalaxien begründeten. Mit Hinweis auf das Fachgruppenprojekt. Nun, der Antrag wurde nach einigem Hin und Her einige Tage vor Reiseantritt positiv beschieden. Am Parkeingang erhielten wir letztendlich den eigentlichen Ausweis, der uns den Aufenthalt am vereinbarten Ort, und nur dort, gestattete. Vom Standort bis zu unserem alten Beobachtungsplatz aus dem Jahr 1983 [3] waren 200 Schritte zu gehen, was erträglich war. Dort stellten wir windgeschützt unsere Instrumente auf.
Gornergrat Auf dem 3135 m hohen Gornergrat oberhalb des schweizerischen Zermatt gibt es mehr Infrastruktur: ein 3-Sterne-Hotel, rustikal aber bequem. Und gutes Essen hat's dort ... Umrahmt von Gletschern und zahlreichen Viertausendern. Die besten Beobachtungsmöglichkeiten bieten sich aufgrund der Wetterlage in den Wintermonaten. Dann kann es nachts jedoch recht ,,kühl" werden, so dass geeignete Vorkehrungen getroffen werden müssen, was die Kleidung und die technische Ausrüstung angeht. Liegt Schnee auf der Plattform, muss vor dem Aufstellen der Instrumente zunächst ein Stellplatz frei geschaufelt werden. Zwischendurch kann man sich im Hotel ausruhen und stärken ... Die Instrumente bleiben auch tagsüber stehen, dann natürlich gut abgedeckt. Die nächtliche Stille dort finde ich berührend, zuweilen überwältigend. Auch in größeren Gruppen spricht niemand laut. Irgendwie will wohl

Abb. 9: Das schwächste aufgenommene Objekt: Die elliptische Zwerggalaxie Cetus Spherical Dwarf (WHI B0023-11) im Sternbild Walfisch (Rektasz. 00h 26m 11,0s, Dekl. -11 Grad 02' 40'' (2000.0)), aufgenommen am 25.10.2003 ab 22:10 UT auf Fujichrome 400F 6x6-Farbdiafilm (Push 1), 90 Min. belichtet am Schmidt-Cassegrain-Teleskop 220/1880 mm. Aufnahmeort: Gornergrat 3.135 m, Aufnahme und Bildbearbeitung W.E. Celnik. Die Horizonthöhe bei der Aufnahme betrug 33 Grad . Größe des abgebildeten Feldes 28' x 27'. Die Gesamthelligkeit dieser Galaxie beträgt 14,4 mag, die Flächenhelligkeit wird vom Autor geschätzt auf 24,5 bis 25 mag/ ''. Die Galaxie selbst ist die kleine Aufhellung zwischen den beiden waagrecht angeordneten Sternen in Bildmitte. Aufnahme nicht exakt fokussiert.

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Abb. 10: Hier muss die Genehmigung für den Zugang zum Naturschutzgebiet Sierra Nevada im Vorfeld beantragt werden ...
niemand den umgebenden Frieden stören. Ab und zu ein leises Poltern, wenn irgendwo auf einem fernen Berghang eine Lawine abgeht. Dass der Sternhimmel fantastisch ist, muss eigentlich nicht erwähnt werden.

die Aufnahme der Zwerggalaxie Leo I mit einem Ohr an der Schneewand und mit weit über die Montierung gebeugtem Oberkörper nachgeführt, um in dem engen Schneeloch mit dem einen Auge so eben den Okulareinblick erreichen zu können ... In der Sierra Nevada ist es mir trotz aller Erfahrung diesmal nicht gelungen, eine hundertprozentige Polaufstellung hin zu bekommen, so dass alle lang belichteten Aufnahmen Bildfelddrehung zeigen. Immerhin, die Zielobjekte wurden abgelichtet. Die Abbildungen 4 und 7 zeigen, dass auch ohne Einsatz eines Teleskops Zwerggalaxien aufgenommen werden können - mit Teleobjektiven. Deren Brennweite sollte jedoch so groß wie möglich gewählt werden. Ich bin gespannt, was die anderen am Fachgruppenprojekt beteiligten Beobachter und Fotografen mit ihrer Ausrüstung erreicht haben.

Danksagung Ohne die Unterstützung der Verwaltung des Nationalparks Sierra Nevada (Parque Nacional de Sierra Nevada) wären die Beobachtungen so nicht möglich gewesen. Vielen Dank dafür!
Literaturhinweise [1] Riepe, P., Steinicke, W., 2002: ,,Projekt
Zwerggalaxien angelaufen", VdS-Journal 9 (II-2002), 26 [2] Steinicke, W., - VdS-Fachgruppe Visuelle Deep-Sky-Beobachtung (Hrsg.), 2004: ,,Praxishandbuch Deep Sky", Kosmos Verlag, ISBN 3-440-09779-X [3] Celnik, W.E., Riepe, P., Weber, H.G., 1984: ,,Astrophotographie in der Sierra Nevada", SuW 23, (1/1984), 37 [4] Celnik, W.E., Brinkmann, B., Celnik, E., Svejda, P., 1996: ,,Sierra Nevada visuell", interstellarum 8, 24

Fotografie Mein 220/1880-mm-Schmidt-Cassegrain von Bresser hat wegen Astigmatismus eine Korrekturoptik erhalten und leistet seitdem optisch Befriedigendes. Er ist auf einer Takahashi EM-200B-Montierung montiert (Abb. 8) und kann mit Kleinbild- und 6x6Kameragehäusen bestückt werden. Rechts daneben das Leitfernrohr, ein mit 6-mmFadenkreuzokular versehener 80/900-mmRefraktor. Linker Seite werden je nach Bedarf eine oder zwei 6x6-Kameras mit unterschiedlichen Objektiven zwischen 30 und 350 mm Brennweite montiert. Die Bewegung der von einem Trockenakku (12 V, 7 Ah) gespeisten Motoren wird per Hand am Steuergerät und dem Auge am Fadenkreuzokular kontrolliert. Dies ist bei Belichtungszeiten von bis zu zwei Stunden harte Arbeit und eine Konzentrationsleistung, auch wenn ich zwischendurch mal zu den Sternen aufschauen kann.

Abb. 11: Die Identifikation muss am Parkeingang vorgelegt werden, um den eigentlichen Zutrittsausweis zu erhalten ...

Als Filmmaterial setze ich bei lichtstarken Objektiven gerne feinkörnige Filme ein (Fujichrome Velvia ISO 50, Provia 100F), sonst den bewährten Ektachrome 200 (für Sternfelder und Nebel) und den einmal gepushten Fujichrome 400F zur Galaxienfotografie am SCT. Ich entwickle die Filme nicht vor Ort, sondern vergebe dies als 2-Stunden-Auftrag an ein gutes Fachlabor zuhause.

Nicht jede Aufnahme gelingt, selbst wenn die Bedingungen ideal sind. Manche gelingen trotz widrigster Umstände. So habe ich
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Walpurgisnacht ,,Jungs... ich glaube nicht, dass in dieser Nacht der Brocken
für astronomische Beobachtungen geeignet ist!!!"

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Drei 10x50-Ferngläser der Oberklasse im Vergleich
von Holger Merlitz, Michael Bauer und Frank Schäfer

Ferngläser haben für astronomische Beobachtungen einige Vorzüge. Man kann binokular ein großes Sehfeld am Sternhimmel übersehen und so die Milchstraße mit ihren Sternwolken und Dunkelregionen auf eine andere, faszinierende Art kennenlernen. Kometen oder Konstellationen von Mond und Planeten bieten ein reizvolles Bild, und man kann ein Fernglas neben dem Teleskop zur Orientierung nutzen. Noch ein Punkt spricht für ein Fernglas: die binokulare Taschensternwarte ist schnell einsatzbereit, unkompliziert in der Handhabung und man kann sie auf Reisen immer dabei haben. Ferngläser mit sehr guter Optik bieten darüber hinaus den Vorteil eines kontrastreichen Bildes und unter einem dunklen Himmel werden Objekte sichtbar, die man so einer kleinen Optik nicht zugetraut hätte. Für freihändige Nutzung stellen Ferngläser mit 10facher Vergrößerung eine sinnvolle Obergrenze dar. Ein 10x50 mit 5 mm Austrittspupille dunkelt den Himmelshintergrund etwas ab, so dass man das Fernglas auch gut unter einem leicht aufgehellten Himmel einsetzen kann. Für den Vergleich haben wir uns drei Kandidaten ausgesucht: zwei Porromodelle von Fujinon und Docter-Optik und ein Dachkantfernglas von Leica. Dabei stellt sich natürlich die Frage: Muss man den nicht unerheblichen Preis für ein Top-Dachkantglas zahlen oder kommt man für deutlich weniger Geld mit einem Porro-Fernglas nicht in den gleichen Genuss? Für die Nutzung am Tag liegen die Vorteile der Dachkantgläser auf der Hand. Eine solide Abdichtung mit Innenfokussierung, die kompakte Bauweise und die kürzere Naheinstellgrenze wären hier zu nennen. Wer ein Fernglas für Tagbeobachtung und Astronomie sucht, der sollte die Vorteile im Auge behalten. Geht es allein um die Himmelsbeobachtung, so kann man ein Porroglas genauso gut einsetzen.
Die Testkandidaten im Detail Das Docter-Optik Nobilem hat mit 6,7 Grad das weiteste Sehfeld, aber nur marginal weiter als beim Leica Ultravid mit 6,6 Grad und dicht gefolgt vom Fujinon FMTR-SX mit 6,5 Grad . Das Sehfeld des Leica lässt sich

Abb. 1: Die Testgläser stehen Modell: Docter-Optik Nobilem, Fujinon FMTR-SX und Leica Ultravid
am besten überschauen. Das liegt u. a. daran, dass sich die Okularmuscheln individueller einstellen lassen als die stülpbaren Gummis der anderen Kandidaten. Ansonsten ist der Einblick ohne Brille bei allen drei Ferngläsern unproblematisch. Beim Leica fällt auf, dass die Fokussierung wenig Spielraum jenseits von Unendlich hat. Bei fehlsichtigen Benutzern könnte das zu Problemen führen, wenn ohne Brille beobachtet werden soll. Für Brillenträger eignen sich nur das Ultravid und das Fujinon, beim Nobilem läßt sich das Sehfeld mit Brille nicht mehr voll erfassen. Bei der Randschärfe liegt das Fujinon klar vorn. Am Sterntest zeigt es über ca. 90 % des Sehfelds (auf den Radius bezogen) eine sehr gute Schärfe. Beim Leica schleicht sich schon ab ca. 80 % eine leichte Unschärfe ein, und beim Docter leiden die Sterne schon ab ca. 70 %. Die Schärfe im zentralen Bereich ist bei allen Ferngläsern ohne Tadel. Beobachtet man in der Dämmerung, so spielt die Anfälligkeit für diffuses Streulicht eine wichtige Rolle. Das Streulicht entsteht, wenn Lichtquellen außerhalb des Sehfelds die Innenwände der Objektivtuben beleuchten. In der Beziehung schneidet das Nobilem mit seiner effektiven Innenbeschichtung sehr gut ab. Ähnlich gut verhält sich das Leica mit einer wirksamen Streulichtunterdrückung durch Innenblenden. Das Fujinon ist diesbezüglich etwas empfindlicher. Auch Geisterbilder von hellen Lichtquellen kön-

nen den Spaß beim Beobachten trüben. Wichtig ist das, wenn man den Mond, Sternbedeckungen durch den Mond oder Objekte in kurzer Distanz zu selbigem beobachtet. Hier ist das Fujinon im Vorteil. Eine Straßenlaterne in der Nacht oder der Mond zeigen nur einen sehr schwachen Reflex. Das Leica verhält sich ähnlich, bei einer hellen Lichtquelle erkennt man aber zwei sich kreuzende Balken - offenbar ein Beugungseffekt an der Dachkante. Am Mond war dieser Effekt nicht sichtbar. Das Nobilem zeigt etwas auffälligere Reflexe, diese stören aber nur bei sehr hellen Lichtquellen. Die Unterdrückung solcher Reflexe ist i. a. ein Indikator für die Qualität der Vergütung, und die ist bei Fujinon und Leica auf sehr hohem Niveau. Das Docter hält in der Disziplin einen kleinen Abstand, dafür verringern dessen verkittete Prismen Lichtverluste durch Reflexion an den Glasoberflächen.
Mechanik und Handhabung Alle drei Ferngläser sind mit einer Gummierung versehen. Fujinon und Nobilem wiegen ca. 1,4 kg, das Ultravid ist mit ca. 1 kg deutlich leichter. Das Fujinon und das Leica sind druckwasserdicht und stickstoffgefüllt, während das Docter spritzwasserfest ist. Die robuste Mechanik, eine etwas harte aber sehr sauber verarbeitete Gummierung und die optimale Gängigkeit der Dioptrieneinstellung zeichnen das Fujinon aus. Ultravid und insbesondere das Nobilem sind etwas zu

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Abb. 2: Die Stativadapter für die drei Kandidaten

leichtgängig in der Knickbrücke, ansonsten aber solide gefertigt. Beim Leica stört die etwas ,,holprige" Fokussierung. Beim Nobilem läuft der Fokussiertrieb leichter, dafür kann er sich verstellen, wenn man das Glas beim Beobachten im Gesicht abstützt. Die Okulare des Fujinon sind so groß, dass Leute mit engem Augenabstand Probleme mit der Nase bekommen könnten. Bei kaltem Wetter fällt auf, dass die Okulare des Nobilem besonders schnell beschlagen. Sicher spielt hier die Austrittspupillen-Schnittweite eine Rolle. Das Leica verhält sich etwas besser und das Fujinon ist sehr resistent gegen ein Beschlagen der Okulare. Die dicke Gummierung des Nobilem, so hässlich sie auch sein mag, hat einen Vorteil: die Hände bleiben auch bei Minusgraden noch relativ warm. Beim Fujinon bekommt man kalte Pfoten. Die Objektivschutzdeckel des Nobilem sind zu lose, dies ist beim Fujinon besser gelöst. Das Leica hat keinen Objektivschutz und das Nobilem kommt leider ohne Köcher. Für alle drei Ferngläser sind Stativadapter erhältlich. Beim Fujinon und Nobilem werden die Adapter direkt in die Mittelachse geschraubt bzw. an einer Verlängerung derselben befestigt. Beim Ultravid benötigt man eine spezielle Lösung. Von der Stabilität sind die Stativbefestigungen der beiden Porrogläser die bessere Lösung. Der uns zur Verfügung stehende ICS Fernglasadapter für das Ultravid wird mit Klettband fixiert, ist umständlicher in der Handhabung und man muss das Klettband schon stramm anziehen, damit das Fernglas einigermaßen fest mit dem Stativ verbunden ist.
Welches ist das beste Astroglas? Diese Frage können und wollen wir gar nicht beantworten. Nun kann sich der geneigte Leser natürlich fragen, wozu
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schreiben die dann einen Bericht? Die Auswahl eines Fernglases ist immer eine individuelle Angelegenheit. Neben der optischen Leistung spielen Einblickverhalten, Gewicht, Handling und natürlich der Preis eine wichtige Rolle. Und wenn drei Leute einen Bericht schreiben, dann gibt es auch drei Meinungen. So überlassen wir es dem Leser, aus dem Artikel das für ihn Wesentliche mitzunehmen. Das Fujinon zeigt dank ausgezeichneter Resistenz gegen Geisterbilder den besten Kontrast. Das aschgraue Mondlicht hebt sich auch bei Halbmond klar vom Himmelshintergrund ab. Das Leica kommt knapp dahinter, beim Nobilem sorgen einige diffuse Mehrfachbilder für einen leichten Verlust an Kontrast. Befindet sich der Mond knapp außerhalb vom Sehfeld, so kommt es beim Fujinon zu auffälligen Reflexen. Für die Praxis spielt das nur dann eine Rolle, wenn man in der entsprechenden Distanz zum Mond ein Objekt beobachten will. Mit Blick auf Deep-Sky ist das Fujinon wegen seiner ausgezeichneten Randschärfe der klare Favorit. Im Vergleich dazu ist die Randunschärfe beim Leica beinahe als auffällig zu bezeichnen und das Nobilem schneidet nochmal ein Stück schwächer ab. Bei freihändiger Nutzung schaut man vorwiegend im Bildzentrum und so kann man mit der Randunschärfe der beiden anderen Ferngläser gut leben. Packt man sein Fernglas auf ein Stativ, dann kann das Auge in aller Ruhe durch das gesamte Sehfeld schweifen. Und spätestens in dem Moment ist das Fujinon die bessere Wahl. Beim Erkennen schwächster Sterne, bei der Sichtbarkeit von Details im Orionnebel und beim Auffinden von M 81 / 82, M 33, M 51 oder M 101 schneiden alle Ferngläser gleichermaßen gut ab. Für das Fujinon spricht neben der ausgezeichneten

Randschärfe noch der Einsatz von Nebelfiltern. Die Charakteristik der Fujinon Filter entspricht in etwa einem breitbandigen Nebelfilter. Die Stärke einer Kombination von Fernglas und Nebelfilter dürfte bei schwachen, ausgedehnten Gasnebeln liegen. Im Testzeitraum waren Traumobjekte wie Nordamerika- oder Cirrusnebel leider nicht sichtbar und so können wir nicht sagen, ob sich die Anschaffung lohnt.
Fazit Alle drei Ferngläser eignen sich hervorragend für astronomische Beobachtungen. Die größten Unterschiede finden sich bei der Randschärfe und es gibt kleinere Differenzen in der Resistenz gegen Streulicht und Reflexe. Mittenschärfe und Grenzgröße sind auf demselben hohen Niveau. Wer ein reines Astroglas sucht, wird wohl zum Fujinon greifen. Soll das Fernglas auch tagsüber und in der Dämmerung genutzt werden, dann sind das Leica und Docter mit ihrem Mitteltrieb bequemer zu handhaben. Welches Fernglas besser in der Hand liegt, das kann man nicht pauschal beantworten. Hier hilft nur Ausprobieren. Beim Docter Nobilem gäbe es noch einiges zu verbessern. Mit echten Brillenträgerokularen und verbesserter Randschärfe könnte das Fernglas ein echter Renner werden. Nur sollte man bei der Gelegenheit die Gummierung etwas ansprechender gestalten. Klar erkennbar war auch: man braucht kein Dachkantglas für 1.500 Euro, um ein Top-Fernglas für die Astronomie zu bekommen. Ein sehr gutes Porroglas für den halben Preis tut es genauso und der Geldbeutel wird geschont.
Danksagung Zum Schluss möchten wir uns noch bei Intercon-Spacetec für die freundliche Bereitstellung der Testgläser bedanken.

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,,ULDOB_1" (,,BirkenTAL")
von Silvio Hertli

Abb. 1: Der Aufbau des Teleskops geht auch mit leichten Handschuhen innerhalb einer Minute von statten und bedarf keinerlei Werkzeug: UT hinstellen, dass bei den Anschlägen die Buchstaben A, B, C, D lesbar sind.

Abb. 2: Die Stangen mit Bezeichnungen A-D entsprechend in die Anschläge stellen ...

Der ,,ULDOB_1" ist mein erstes richtiges ATM-Projekt - abgesehen vom ,,Kartondobson" vom Astromedia-Verlag, welchen ich erfolgreich aufgebaut und zu einem Gitterrohr-Tubus umgebaut habe. Kurz nachdem ich mir im Januar 2003 als Erstgerät einen Astroscan (ein feines Richfield-Reisegerät) zugelegt hatte, wollte ich einen Gitterrohr-Dobson, der mir an Planeten auch hohe Vergrößerungen gewinnbringend eröffnet. Bei den Marktpreisen und Lieferzeiten der fertigen Gitterrohr-Geräte kann einem Einsteiger schon mal schwindlig werden und unter 10 Zoll wird der Markt an Gitterdobsons sowieso dünn. Also beschloss ich, mein Reisegerät selber zu bauen. Er sollte finanziell tragbar sein (auch dann, wenn das ganze Projekt in die Hose gehen sollte), sollte physisch tragbar sein (also nicht über 10 kg), musste ohne Werkzeug aufund abbaubar sein, und das Wichtigste: Dieser Dobson sollte mir am Himmel richtig viel Spaß bereiten. Ich beschloss aber, das Schleifen der Spiegel doch den ,,Profis" zu überlassen und suchte daher ein fertiges Spiegelset. Nach längerer, schwieriger Suche im Internet habe ich bei Baader-Planetarium dann komplette Optiksets des Fabrikates TAL (wird dort unter dem Handelsnamen

,,Siberia" angeboten) zu akzeptablen Preisen gefunden. Aus einem der kleineren Sets sollte also mein erster EigenbauDobson 110 / 809 mm entstehen. Ich hatte nicht viel Werkzeug für den Bau zur Verfügung, also habe ich das Teleskop so geplant, dass ich sämtliche Einzelteile mit einer Laubsäge, einer Bohrmaschine und einem Schleifklotz in Form bringen konnte. Dem entsprechend hatte ich auch eine lange Fertigungszeit von ca. 60 Stunden. Das Birkensperrholz habe ich in den Reststücke-Kisten von verschiedenen Baumärkten gekauft, auch die Alustangen stammen vom Baumarkt. Der verwendete Okularauszug, ein 1,25''-Celestron-Auszug mit 60 mm Hub, habe ich bei der Schnäppchenseite von Baader gefunden und für 12 Euro mit dem Spiegelset mitbestellt. Der Batteriehalter und der Schalter für die Spiegelbelüftung stammen aus einem Elektronikladen (ähnliche gibts bei Conrad), der Lüfter ist aus einem PCShop. Er ist ursprünglich für die Kühlung von PC-Harddisks konstruiert, also auf 12 V Betriebsspannung ausgelegt und kostet etwa 20 Euro. Mit einer handelsüblichen 9-V-Batterie läuft er leise und vibrationsfrei eine Woche lang täglich mehrere Stunden. Das Oberteil (OT) besteht aus 4 mm

Birkensperrholz, das Streulicht wird durch drei Blenden im Strahlengang abgefangen. Im Unterteil (UT) habe ich verschiedene Materialstärken verbaut: 4 mm, 6,5 mm und 9 mm Birkensperrholz, die beiden Höhenräder sind seitlich aufgeklebt. Auch hier wird das Streulicht von drei Blenden abgefangen. Das Brett im Inneren, auf welchem die Hauptspiegelhalterung geschraubt ist, ist 9 mm dick; genauso wie die Rückplatte, in welche der Lüfter und die Batterie integriert ist. Sie darf (auch wenn sie leer ist) während des Beobachtens nicht entfernt werden, denn sie ist integraler Bestandteil der Tubus-Balance. Auch die Höhenräder mit 190 mm Durchmesser bestehen aus 9 mm dickem Birkensperrholz. Als Lauffläche habe ich Kantenumleimer verwendet. Die Höhenräder laufen in vier Teflonpads (für Stuhlbeine auf Parkett). Die Stangen sind aus natureloxiertem Vierkant-Alurohr 10 mm x 10 mm mit 1 mm Wandstärke, je 550 mm lang. Die fest ins OT und UT verleimten Anschläge sind 40 mm tief und aus dem selben Material mit Innenquerschnitt 13 mm x 13 mm. Die Rockerbox habe ich aus 9 mm Birkensperrholz gefertigt, das Grundbrett besteht aus 18 mm Multiplex. Obwohl ich mittlerweile auch einen großen Dobson habe (12'', f/5),
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Abb. 3: ... und das OT über die vier Stangen stülpen. Auf dieser Seite sind die Stangen mit 1 - 4 bezeichnet. Dann wird der (noch) wackelige Tubus mit den sechs Gummibändern verspannt: zuerst werden die beiden senkrechten (langen) Gummibänder einhängt, welche OT und UT zusammen ziehen ...

Abb. 4: ... dann die vier Gummibänder, welche jeweils zwei Stangen gegeneinander verkanten. Durch das Verkanten der Stangen in den Anschlägen richtet sich der Tubus aus, nun stehen UT und OT in der optischen Achse. Das System ist erstaunlicherweise ziemlich justierkonstant.

Abb. 5: Der fertig aufgebaute ,,ULDOB_1"

benutze ich meinen kleinen Eigenbau immer wieder gerne zum ,,Spontanspechteln". Das lichtdichte TubusAbdecktuch und die Verwendung eines sicheren Objektiv-Sonnenfilters (BaaderFolie) machen dieses Teleskop auch nütz-
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lich zur Sonnenbeobachtung an abgelegenen Stellen. Durch die Einblickhöhe von ca. 50 - 95 cm (0 - 90 Grad ) ist der ULDOB_1 ideal für bequeme Beobachtung im Sitzen mit einem Klapphocker.

Abb. 6: Das zerlegte Teleskop findet bequem und sicher in seiner Rockerbox Platz. Es ist dann nur ein einziges zu tragendes Teil, kompakt und mit seinen 5 kg Masse echt tragefreundlich!

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Aktive Optik am Schmidt-Cassegrain
von Wolfgang Strickling

Abb. 1: Aufnahme von Sternabbildungen, links 3 mm intrafokal, Mitte: Fokus, rechts: 3 mm extrafokal

Ein Schmidt-Cassegrain-Teleskop ist wegen seines guten Preis-LeistungsVerhältnisses und der kompakten Bauform ein unter Astroamateuren gerne benutztes Instrument. Im Widerspruch zu anders lautenden Testberichten perfekter Optiken habe ich jedoch selten ein auch nur annähernd beugungsbegrenztes Gerät dieser Bauart gesehen. Speziell Optiken mit großer Öffnung zeigen in der Regel selbst bei optimaler Justierung mehr oder weniger starke Abbildungsfehler, die Beobachtungen mit höheren Vergrößerungen selten

zum Genuss werden lassen. Bezüglich Bildschärfe und Kontrast stehen diese Geräte deutlich kleineren und billigeren Fernrohren leider oft nach. Da mein Gerät auch nach Einsendung zum Generalvertreter keine perfekte Abbildung lieferte, entschloss ich mich, die sphärisch überkorrigierte Optik per Hand zu optimieren. Ich dachte zuerst daran, die Schmidtplatte oder den Fangspiegel meines Teleskops zu retuschieren. Überlegungen zu Aufwand und Kosten (Materialien, erforderliche Neuvergütung bzw. Neuver-

spiegelung) und der unsichere Erfolg eines derartigen Eingriffs ließen mich diesen Gedanken jedoch wieder verwerfen. Statt dessen wollte ich zuerst probieren, die Optik nach Art der ,,aktiven Optik" von modernen Großteleskopen gezielt zu verformen und zu verspannen. Solche Maßnahmen sind reversibel, und bei ausbleibendem Erfolg kann man den Originalzustand problemlos wieder herstellen. Voraussetzung zur Erkennung und letztlich zur Behebung der Restfehler sind eine absolut genaue Justierung der Optik, die

Abb. 2: Rändelschrauben zur schnellen Fokussierung. Das Foto ist noch vor dem Einbau der aktiven Optik entstanden. Mittlerweile wird die Fangspiegelbox von 21 Zugangsöffnungen für die aktiven Schrauben geziert.

Abb. 3: Der Fangspiegel auf seiner Originalplatte
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Abb. 4: Die auf den Fangspiegel aufgeklebten Lagerplatten

Abb. 5: Der Fangspiegel ist auf der Justierplatte montiert.

am besten am Stern durchzuführen ist. Eine hervorragende Anleitung, sich den Sterntest anzueignen und optische Fehler zu erkennen, ist H. R. Suiters Buch ,,Star testing astronomical telescopes" [1]. Eine Anleitung zur Justierung eines SchmidtCassegrains findet sich auf meinen Internetseiten [2]. Die beiden optischen Hauptfehler, die nach erfolgreicher Justierung meist noch verbleiben sind meist Astigmatismus und / oder sphärische Aberration. Erstere äußert sich in strichförmigen Sternabbildungen, deren Orientierung sich bei der Fokussierung um 90 Grad ändert. Bei leicht unscharfer Fokussierung betrachtet (Abb. 1) verzerrt Astigmatismus den Sternring zu einer Ellipse, während sphärische Aberration das intra- und extrafokale Bild deutlich unterschiedlich aussehen lässt. Eine perfekte Optik zeigt den defokussierten Stern als kreisrunden Ring, der intra- wie extrafokal identisch aussieht. Die Abb. 1 zeigt beide Fehler im gleichen Bild vereint. Das verwendete Teleskop ist sphärisch überkorrigiert, d. h., seine Brennweite ist am Rand ein wenig zu lang und in der Mitte an der optischen Achse zu kurz. Deshalb sehen die Bilder intrafokal (links) und extrafokal (rechts) deutlich unterschiedlich aus, mit unterschiedlich großem Fangspiegelschatten. Übrigens ist der Ring, den man im unscharfen Sternbild in Spiegeltelskopen sieht, nicht zu verwechseln mit einem Beugungsring! Ersterer ist nur ein Abbild der Eintrittspupille, dagegen sind
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Beugungsringe optimal nur bei scharfem Bild, guter Optik und sehr ruhiger Luft zu sehen. Sie sind extrem klein, mit einem Abstand in der Größe der Fernrohrauflösung, also beim 8-Zöller 0,6 Bogensekunden. Um die erforderliche Justierung schnell und bequem zu erledigen, empfiehlt es sich, die kleinem Imbusschrauben gegen entsprechende Rändelschrauben auszuwechseln bzw. Rändel mit Zweikomponentenkleber aufzukleben (s. Abb. 2). Mit etwas Übung ist die Justierung damit in wenigen Sekunden erledigt.
Bau und Justage der aktiven Optik Die Erfahrung zeigt, dass viele Instrumente schon verspannt ausgeliefert werden und deshalb optische Fehler zeigen. So kam mir die Idee, meine Optik gezielt zu verspannen und dadurch die Fehler zu korrigieren. Die erforderlichen Verformungen der Spiegel liegen im Bereich unter einem Mikrometer und sollten sich einfach bewerkstelligen lassen. Der Hauptspiegel scheidet allerdings aus. Er läuft an den Rändern zwar recht dünn aus, ist aber im Zentrum ein so dicker Glasklotz, dass der dort kaum zu verformen wäre. Der Fangspiegel jedoch ist eine nur ca. 14 mm starke Glasplatte, die über einer 2 mm dicken Korkschicht auf eine 8 mm Aluminiumplatte geklebt ist (s. Abb. 3). Die Aluplatte trägt in der Mitte eine Vertiefung, in der sie auf einem Dorn in der runden Fangspiegelbox ruht. Sie hat drei Gewindebohrungen zur Aufnahme der

Justierschrauben. Wie oben zu sehen ist, krankt mein Instrument nicht nur an sphärischer Überkorrektur, sondern auch an Astigmatismus. Während Astigmatismus theoretisch durch eine einfache Verbiegung der Spiegelfläche über eine mittige Kante zu korrigieren wäre, müsste die sphärische Aberration durch ein Aufwölben oder Einziehen des Randes und/oder des Zentrums reduziert werden. Um die erforderlichen Freiheitsgrade zu bekommen, habe ich den Fangspiegel von der Korkplatte getrennt und sieben etwa dreieckige Lagerplatten an dessen Rückseite mit Epoxidkleber aufgeklebt (Abb. 4). Die Lagerplatten haben eine zentrale Gewindebohrung M3 für eine Zugschraube und je drei Auflageflächen für Druckschrauben. So kann jede Platte individuell verstellt und gekippt werden. Der so modifizierte Fangspiegel wird auf die entsprechend vorbereitete Aluplatte montiert (Abb. 5). Dabei halten je drei M3Madenschrauben den Spiegel auf Abstand, während die M3-Flachkopfschrauben den Spiegel halten. Optimal wären Flachkopfschrauben mit dem selben Innensechskant wie die Madenschrauben. Die Schrauben sind über Bohrungen der Fangspiegelbox von außen zugänglich. Um zu verhindern, dass Fangspiegel, Hauptspiegel und Schmidtplatte später zueinander verdreht montiert werden, sollte man ihre Lage zueinander markieren. Sonst kann es passieren, dass die werksseitige Fangspiegelretusche das Bild nachher verschlechtert statt verbessert!

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Abb. 6 (oben): Detailansicht der Fangspiegelzelle
Abb. 7 (rechts): Durch Astigmatismus verzerrtes intrafokales Bild

Bei diesen Arbeitsgängen empfiehlt es sich, die empfindliche optische Oberfläche des Fangspiegels mit einem Polster aus Fließpapier und Pappe zu schützen und dieses erst vor der Endmontage wieder zu entfernen. Zur Montage werden die Madenschrauben so eingestellt, dass sie die Lagerplatten des Fangspiegels auf etwa 1 mm Abstand zur Aluplatte halten (Abb. 6). Alle Schrauben werden nur so fest angezogen, dass der Spiegel gerade nicht mehr locker sitzt. Dann kann er mit den drei Justierschrauben wieder in seine Box in der Schmidtplatte verschraubt werden und die gesamte Einheit im Tubus befestigt werden. Dabei ist, wie erwähnt, die ursprüngliche Orientierung einzuhalten und eine Verdrehung unbedingt zu vermeiden! Am Stern wird das Teleskop zunächst wie gewohnt justiert. Wenn der Fangspiegel nur locker eingebaut worden ist, sollten die vorherigen Optikfehler noch unverändert sichtbar sein. Jetzt kann man sich an die Korrektur der Optik machen. Zur Korrektur des Astigmatismus habe ich das Teleskop intrafokal ein wenig unscharf gestellt (Fokusknopf von der Schärfeposition in Richtung ,,unendlich" drehen, Abb. 7). In der Ebene der langen Ellipsenachse A-B des Sternscheibchens muss der Spiegelrand nach innen in Richtung Hauptspiegel gebogen werden. An den gegenüberliegenden Spiegelrändern (C-D) kann durch symmetrisches Lockern der Madenschrauben und Anziehen der Zugschrauben die erforderliche Durch-

biegung mit nur geringem Druck der Schrauben problemlos erreicht werden. So wird die zu lange Brennweite in der Ebene A-B verkürzt, während senkrecht dazu (CD) die Brennweite des Systems verlängert werden muss. Ziel ist eine kreisrunder Unschärfekreis. Im übrigen sollte im Verlauf der Aktivierung der Optik eine Verschlechterung der Spiegeljustierung ständig kontrolliert und ggf. korrigiert werden. Für die Korrektur der sphärischen Aberration ist es sinnvoll, über eine Zonenmaske die Brennweiten des optischen Systems am Rand, im Zentrum und in der Mittelzone zu vermessen. Mein Gerät hatte seinen größten Fehler (zu kurze Brennweite) im Zentrum, während die Randzone einigermaßen in Ordnung war. Durch ordentlichen Druck der Madenschrauben der zentralen Platte konnte die Fangspiegelmitte etwas vorgewölbt werden und damit die Überkorrektur beseitigt und sogar ins Gegenteil verkehrt werden. Ebenso sollte es möglich sein, ,,Dellen" oder ,,Hügel" der Oberfläche, wie ich sie bei einigen Geräten gesehen habe, zu beseitigen. Zumindest konnten solche Fehler durch einseitiges zu starkes Anziehen einzelner Schrauben erzeugt werden. Sicher lassen sich nicht alle Fehler auf diese Weise komplett beseitigen. Bei meinem Gerät habe ich jedoch eine deutliche Verbesserung der Bildqualität erreichen können. Insgesamt ist die Aktivierung der Optik zwar eine etwas

zeitraubende Angelegenheit, die durchaus einige Abende verschlingen kann. Wenn die Optik jedoch einmal perfektioniert worden ist, reicht die normale Justierung zum Erreichen einer optimalen Abbildung vollkommen aus. Als unerlässlich erachte ich die Lektüre von H. Suiters Werk ,,Star testing astronomical telescopes"[1]. Schließlich muss man sich recht genau in seine Optik ,,hineindenken" können und sollte gut vorausahnen können, welchen Effekt die Manipulation der Optik haben wird. Im Prinzip kann man den Astigmatismus auch tagsüber am künstlichen Stern prüfen. Für die sphärische Aberration ist jedoch eine Lichtquelle im ,,unendlichen" erforderlich, denn auch ein perfektes System wird auf kurze Einstelldistanzen eine sphärische Überkorrektur zeigen! Zubehör wie Zenitspiegel oder -prismen und Fokalreducer sollte man vor solchen Manipulationen entweder entfernen oder zumindest vorher testen, denn auch solche Zusatzgeräte können natürlich das optische System beeinflussen.
Literatur und Internetlinks: [1] H. Suiter: Star testing astronomical
telescopes, Willman-Bell [2] Justierung von Schmidt-Cassegrain-
Teleskopen http://dr.strickling.bei.t-online.de/sc_just.htm Dr. Wolfgang Strickling, Drususstr. 15, 45721 Haltern Dr.Strickling@gmx.de
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Die perfekten Stürme?
- Außergewöhnliche solare und geomagnetische Aktivität im Oktober und November 2003!
von Ulrich Rieth
- Teil 2 -

In den Tagen nach den Polarlichtstürmen

vom Oktober 2003 war das Thema

Sonnenaktivität weltweit in den Medien

präsent. Allerdings war die Sonne zunächst

ruhig als die großen Fleckengruppen von

der Sonnenscheibe verschwanden. Gerade

als 486 den Rand erreicht hatte und sich

die Corona oberhalb der Fleckengruppe in

Aufnahmen der SOHO/EIT-Kamera im

extremen UV-Bereich besonders ein-

drucksvoll gegen den dunklen Hintergrund

des Weltraums abzeichnete, brach in die-

sen Strukturen die Hölle los.

Am Abend des 4. November gegen 20:30

Uhr stieg der Röntgenfluss am GOES

Satelliten sehr stark an und erreichte 5

Minuten später bei einer Stärke von M8 ein

vorläufiges Maximum. Bereits zu diesem

Zeitpunkt leuchtete der gesamte Westrand

der Sonne in H-alpha-Aufnahmen [11] hell

auf. Weitere 5 Minuten später schnellte der

Röntgenfluss extrem in die Höhe und

erreichte von 20:47 bis 20:58 Uhr so hohe

Werte, dass die Messgeräte des GOES Abb. 1:

Satelliten gesättigt waren. Nach einer spä- SOHO/EIT-Aufnahme des X28-Flares vom 4.11.2003 im extremen UV Licht bei

teren Auswertung neuseeländischer 19,5 nm

Forscher erreichte der Flare um 20:50 Uhr

einen maximalen Fluss der Stärke X45 letten Licht und mittels des Satelliten tig. Bei einem Ausgangspunkt in der Mitte

[12]. Damit ist dies der stärkste beobachte- RHESSI [13] auch im sehr kurzwelligen der Sonnenscheibe hätte es mit hoher

te Ausbruch seit Beginn der Satelliten Gammastrahlenbereich beobachtet wer- Wahrscheinlichkeit einen weiteren geoma-

gestützten Messungen im Jahre 1976. den.Der koronale Massenauswurf, der in gnetischen Sturm gegeben, dessen denkba-

Neben der gewaltigen Emission im Verbindung mit diesem Flare beobachtet re Folgeerscheinungen lokale Stromaus-

Röntgenbereich konnte der Flare auch im wurde, war mit einer Geschwindigkeit von fälle, Totalverlust von Satelliten sowie die

gesamten Radiofrequenzband, im ultravio- über 2.300 km/s ebenfalls rekordverdäch- damit verbundenen wirtschaftlichen

Schäden gewesen wären. Eine Aufstellung

der Schäden, die im Zusammenhang mit

den gesamten Ereignissen von Oktober

und November 2003 stehen, gibt es auf den

Webseiten der Weltraumwetterwarte

Greifswald [14].

Nach diesem letzten ,,Warnschuss" kehrte

auf der sichtbaren Sonnenscheibe erstmal

Ruhe ein. In den Aufnahmen des LASCO

Instrumentes konnte man aber in der

Folgezeit weitere Massenauswürfe sehen,

die ihren Ursprung auf der Rückseite der

Sonne in den bekannten aktiven Regionen

Abb. 2:

haben mussten.

Diagramm der Gesamtstärke (Bt) und der Stärke der Nord-Süd-Komponente (Bz)

So war es auch nicht verwunderlich, dass

des interplanetaren Magnetfeldes aus den Daten des ACE-Satelliten vom 19.-

alle drei Fleckengruppen in der zweiten

21.11.2003

Novemberdekade wieder von der Erde aus

VdS-Journal Nr. 15

A T M O S P H Ä R I S C H E E R S C H E I N U N G E N 55

Abb. 3: Auftragung der Tage mit geomagnetischen Stürmen der Stärke G4 im Kontext mit den jeweiligen Sonnenfleckenzyklen zwischen 1932 und 2003
Abb. 4: Auftragung der geomagnetischen Stürme der Stärke G5 im Kontext mit den jeweiligen Sonnenfleckenzyklen zwischen 1932 und 2003

beobachtet werden konnten. Die Aktivität war zwar nicht mehr so hoch wie noch im Oktober, aber am 18.11. zwischen 9 und 10 Uhr hatte die ehemalige Fleckengruppe 484 endlich ihren Auftritt. In Verbindung mit zwei Röntgenflares der Stärke M3 wurden genau aus der Sonnenmitte zwei haloförmige koronale Massenauswürfe exakt in Richtung Erde geschleudert. Hierbei hatte die zweite Plasmawolke mit 1.175 km/s eine deutlich höhere Geschwindigkeit [15] als ihre Vorgängerin, weshalb sich beide auf dem Weg zur Erde zu einem so genannten ,,KannibalenCME" vereinten. Die meisten beobachteten ,,Kannibalen" in den Jahren 2000 bis 2002 zeichneten sich durch eine destruktiv interferierende Wirkungen ihrer Einzelkomponenten aus, so dass bei Ankunft an der Erde nicht viel an geomagnetischer Aktivität resultierte. Diesmal addierten sich jedoch die Magnetfeldkomponenten in der ,,wirksamen" Weise, was aber im voraus nicht feststellbar war. Am Morgen des 20.11. traf die Schockfront des Kannibalen-CME um 8:28 Uhr am Satelliten ACE ein und erreichte rund 35 Minuten später die Magnetosphäre der Erde. Der jetzt beginnende geomagnetische Sturm erreichte zunächst ,,nur" durchschnittliche Werte, da die Nord-Süd-Komponente (Bz) des interplanetaren Magnetfeldes mit -20 bis +10 nT eher die üblichen Werte für Plasmawolken mit ,,Reisezeiten" von rund 48 Stunden aufwies. Mit der Sonnenwindgeschwindigkeit von etwa 700 km/s und dichte zwischen 5 und 10 Protonen/cm3 war auch nicht mehr zu erwarten und so erschien ein Kp-Wert von 6 (Skala 0 bis 9)

56 A T M O S P H Ä R I S C H E E R S C H E I N U N G E N

konnte, denn auch das IMF war weiterhin

mit -40 nT extrem südwärts ausgerichtet.

Bereits in der Dämmerung konnten dann

auch erste Polarlichter über Deutschland

und der Schweiz gesichtet werden.

Aufgrund der weiterhin extremen Werte

steigerte sich der Sturm immer weiter und

erreichte in der Spitze sogar lokale K-

Werte von 9. Der offiziell ermittelte Kp-

Wert, der sich aus mehreren über den

Globus verteilten Stationen zusammen-

setzt, kam insgesamt bei einem maximalen

Wert von 9- zu liegen, was wiederum in

einen geomagnetischen Sturm der

Kategorie G4 (G1 bis G5) übertragen wer-

den kann. Über Europa und dem Westen

der USA erreichte das Aurora Oval zwi-

schen 22 und 24 Uhr seine maximale

Ausdehnung nach Süden. Das südlichste

Ende des Ovals, wo man mit großer

Sicherheit noch Polarlicht beobachten

kann, lag irgendwo über Norditalien.

Sichtungen von roter Aurora aus Athen,

Madrid, Antalya und von der Insel

Abb. 5:

Teneriffa mit entsprechenden Höhen-

Das Polarlicht vom 20. November 2003 fotografiert um 20:40 Uhr in Chemnitz von angaben über dem Nordhorizont passen

Wolfgang Hinz mit einer Canon EOS 500 und Pleng 8-mm-Fischaugen-Objektiv.

mit dieser Lage sehr gut zusammen. Damit

Die Aufnahme wurde 30 Sekunden auf AGFA CT Precisa 100 Farbdiafilm belichtet. handelte es sich bei diesem Ereignis um

das am weitesten nach Süden beobachtba-

zu Beginn des Sturms völlig normal.

Als Resultat dieser kontinuierlichen Phase re Polarlicht im aktuellen Fleckenzyklus.

Was aber ab 12 Uhr beobachtet werden mit extrem südlichem IMF stieg die Stärke Nach Mitternacht konnte man dann sehr

konnte, war alles andere als normal, es war des geomagnetischen Sturmes immer wei- eindrucksvoll sehen, dass bei diesen ver-

wohl ein Musterbeispiel für die magneti- ter an. Als kurz vor 18 Uhr auch die Dichte gleichsweise geringen Sonnenwindge-

sche Blase eines CME. Die Stärke des einen deutlichen Sprung zu höheren schwindigkeiten das IMF eine extrem

interplanetaren Magnetfeldes (Bt) stieg Werten zeigte war praktisch klar, dass die- dominante Rolle spielt. Während bei den

kontinuierlich an und erreichte in der ses Ereignis mit den großen Stürmen im Rekordgeschwindigkeiten von Ende Okto-

Spitze einen Wert von 56 nT. Gleichzeitig Fleckenzyklus 23 problemlos mithalten ber selbst 6 Stunden mit nördlichem IMF

richtete sich das IMF extrem nach Süden

aus, was zu einer maximalen Wechsel-

wirkung zwischen interplanetarem und

irdischem Magnetfeld führte. Im Maxi-

mum betrug der Wert der Bz-Komponente

-56 nT, was mehr als das 11fache des

Normalen darstellte.

Durch diese extrem ,,günstige" Ausricht-

ung wurde auf der Tagseite der Erde das

Magnetfeld bis weit hinter den geosta-

tionären Orbit erodiert. Hiermit wurden

die Satelliten in dieser Umlaufbahn dem

direkten Einfluss des Sonnenwindes aus-

gesetzt. Im Vergleich zum Ereignis vom

Oktober handelte es sich diesmal um ein

echtes ,,Abtragen" des Erdmagnetfeldes,

während damals der brutale Druck des

Sonnenwindes (Geschwindigkeit zwischen

1.300 - 1.900 km/s bei hohen Teilchen-

dichten) die Magnetosphäre schlichtweg

eingedrückt hatte. Diesmal war die Abb. 6:

Teilchendichte mit Werten von größtenteils Das Polarlicht vom 20. November 2003 fotografiert um 19:30 Uhr in Chemnitz von

unter 10 p/cm3 und die Geschwindigkeit Uwe Tändler mit einer Praktica MTL 3 und Flektogon-20-mm-Objektiv bei Blende

von rund 600 km/s noch eher mäßig.

4. Die Aufnahme wurde 90 Sekunden auf Fujicolor C 200 belichtet.

VdS-Journal Nr. 15

A T M O S P H Ä R I S C H E E R S C H E I N U N G E N 57

Abb. 7: Das Polarlicht vom 20. November 2003 fotografiert um 23:00 Uhr im Olympiapark in München von Rainer Timm mit einer Nikon F4 und Nikon-20-mm-Objektiv bei Blende 2,8. Die Aufnahme wurde 5 Sekunden auf Fuji Provia 400F Farbdiafilm belichtet.

durch die Wucht des Sonnenwindes überbrückt werden konnten und das Schauspiel einfach weiter lief, führte der Umschwung des IMF in die Nordrichtung diesmal zum sofortigen Abklingen der Aktivität und das Polarlicht endete schneller als es begonnen hatte. Auch die Sonnenaktivität ging nach diesen turbulenten Wochen recht schnell wieder auf ein normales Maß für die Position im Sonnenfleckenzyklus zurück und in der Beobachterszene kehrte damit wieder Ruhe ein. Aber war diese Phase extremer solarer und geomagnetischer Aktivität im abnehmenden Sonnenzyklus wirklich so außergewöhnlich? Hierzu muss man sich einfach nur die stärkeren geomagnetischen Stürme (Klasse G4 und G5) der Vergangenheit ansehen. Trägt man die entsprechenden Ereignisse

zusammen mit den Sonnenfleckenzyklen auf, so kann man sehr gut eine Anhäufung der Aktivität in den Flanken der Sonnenzyklen erkennen, mit einem deutlichen Trend zur abfallenden Flanke. Somit wird schnell klar, warum die aktive Phase von Oktober und November 2003 für die Experten nicht wirklich überraschend kam. Dennoch waren diese geomagnetischen Stürme etwas Besonderes. Schaut man sich die Liste der 10 stärksten geomagnetischen Stürme seit 1957 nach dem so genannten Dst-Index (Disturbance Storm Index) [16] an, so findet man alle 3 Ereignisse wieder, darunter den Sturm vom 20.11. auf Platz 2. Der Dst-Index gibt hierbei eine deutlich bessere Einschätzung der Stärke des Sturms wieder, da er direkt

die globalen Effekte eines Ereignisses anhand der Wirkungen eines Ringstromsystems beschreibt. Dieses Ringstromsystem erzeugt ein Magnetfeld, welches das Erdmagnetfeld besonders in der Nähe des Äquators abschwächt. Die negativen Messwerte des Dst-Index lassen daher eine direkte Aussage über die Stärke eines Ereignisses zu. Schaut man abschließend nochmals zum in Teil 1 erwähnten Supersturm von 1859 zurück, so relativieren sich die aktuellen Ereignisse deutlich. Der für diesen Sturm ermittelte Dst-Index lag mit -1.760 nT [1] nochmals fast um einen Faktor 4 höher als bei den aktuellen Ereignissen. Zusammenfassend lässt sich am Ende über die stürmische Phase der Sonne von Ende 2003 sagen, dass sie zwar besonders stark war, aber nicht zu einer besonders überraschenden Zeit stattgefunden hat. Weiter kann man den geomagnetischen Sturm vom 20. November 2003 ruhig als ,,Perfekten Sturm" der Gegenwart bezeichnen.
Literaturhinweise: [11] http://www.spacew.com/sunnow [12] Thomson, N.R., Roger, C.J., Dowden, R.L.,
2004: ,,Ionosphere gives size of greatest solar flare", Geophys. Res. Lett., 31(6), L06803 [13] http://hesperia.gsfc.nasa.gov/hessi/ [14] http://www.physik.uni-greifswald.de/ ~sterne/Sternwarte/ html/FinalAusfalleOktNov2003.html [15] http://lasco-www.nrl.navy.mil/mail/halo_ mail/225.html [16] Schlegel, K., 2003: ,,Charakterisierung geomagnetischer Stürme: ,,Der DstIndex", Meteoros 6, 176, November 2003

58 C C D - T E C H N I K

Die digitale Spiegelreflexkamera Canon 300D
von Gerhard Lehmann

Der Preisverfall bei den digitalen Kompaktkameras in den vergangenen Jahren war unübersehbar. Voll gestopft mit Elektronik, versehen mit einer Automatik, ist es für Otto-Normalbürger kein Problem mehr, ordentliche Bilder anzufertigen. Der größte Vorteil gegenüber einer analogen Kompaktkamera ist, dass die Qualität des Bildes sofort beurteilt werden kann. Feinheiten sind aber, wie der Autor oft genug erkennen musste, erst in einer vergrößerten Darstellung auf einem Computerbildschirm erkennbar. Beeindruckend, wie die Zahl der Bildpunkte, der so genannten Pixel, bei den Kompaktkameras zunahm. Ein Problem haben sie aber alle - das Objektiv ist fest mit der Kamera verbunden und kann nicht entfernt werden.

Abb. 1: Canon 300D (Pressefoto der Firma Canon)
Was also tun? Eine digitale Spiegelreflexkamera musste her. Aber der Preis war eine große Hürde. Die Firma Canon [1] brachte nun auf der Funkausstellung 2003 in Berlin eine bezahlbare heraus. Die Kamera wird im Kit mit einem Canon EF-S 18-55 mm F/3,5-5,6 Objektiv angeboten. Dies ist durchaus nicht üblich, denn
Typ Sensorgröße Pixelanzahl Pixelgröße Empfindlichkeit Farbtiefe
Tab. 1: Technische Daten zum Chip

oft wird nur der Kamerakörper verkauft. Der Akku einschließlich Ladegerät gehört dazu. Software wird mitgeliefert. Negativ fällt auf, dass der Kamera kein Speichermedium beiliegt. Eine unschöne Praxis, nicht nur bei der Firma Canon, ist, dass keine Kameratasche mitgeliefert wird. Das freut den Zubehörhersteller und ärgert den Käufer. Was nicht enttäuscht, ist der in der Kamera eingebaute Chip. Mit einer Pixelanzahl von ca. 6,3 Mio. können problemlos Vergrößerungen von 20 cm x 30 cm bestellt werden. Solche von 30 cm x 45 cm sollten auch möglich sein. Die Kamera verfügt über einen CanonBajonett-Anschluss. Fremdobjektive können über einen Adapter angeschlossen werden. Ein solcher für das M42-Gewinde der älteren Praktica-Objektive hat den Autor beim Fachhändler ca. 50 gekostet. Hier lohnt die Suche im Internet. Das Beispiel zeigt aber auch, woran wirklich verdient wird.
CMOS 22,7 mm x 15,1 mm 3.072 x 2.048 Pixel (ca. 6,30 Mio.) 7,4 mm x 7,4 mm ISO 100/200/400/800/1600 36 Bit im RAW-Format

Abb. 2: Erdmond am 12.10.2003 bei einem Mondalter von 16,7 Tagen mit 180/1600-mm-Refraktor plus Brennweitenverkürzer

Abb. 3: Erdmond am 17.10.2003 bei einem Mondalter von 21,7 Tagen mit 180/1600-mm-Refraktor plus Brennweitenverkürzer

VdS-Journal Nr. 15

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Abb. 4: Mondfinsternis am 9.11.2003 mit 180/1600-mm-Refraktor plus Brennweitenverkürzer

Sucher Objektive Anschluss Bildwinkel Verschlusstyp Verschlusszeiten

Spiegelreflex-Pentaspiegelsucher Canon EF- und EF-S-Objektive Canon-EOS (Adapter auf Praktica) ca. 0,63x elektronischer Schlitzverschluss 30 s - 1/4.000 s und B

Tab. 2: Fotografische Eigenschaften der Kamera

Canon benutzt. Bei ausgeschaltetem kameraeigenem TFT-LCD-Farbmonitor versorgte dieser Akku während der Mondfinsternis am 9. November 2003 die Kamera zuverlässig mit elektrischer Energie. Es wurden ca. 100 Aufnahmen angefertigt und über USB 1.1 zum Notebook übertragen. Das Kameragehäuse hat eine Masse von 560 g. Das im Kit mitgelierte Canon EF-S 18-55 mm F/3,5-5,6 Objektiv hat eine Masse von 190 g. Damit ist die Kamera insgesamt ein Leichtgewicht. Verständlich, denn das Gehäuse ist aus Kunststoff und nicht wie bei der Canon-10D aus Magnesium. Das Gehäuse selbst ist anfällig gegen ,,Schweiß" und liegt, da die Oberfläche sehr glatt ist, weniger gut in der Hand. Hier hat die Firma Canon gespart. Wer mehr will, muss auch mehr ,,berappen". Nun zu einigen astronomischen Erfahrungen. Der Mond bietet sich ganz von selbst an. Die ersten Versuche erfolgten an einem 180/1600-mm-Refraktor der Sternwarte Drebach (Abb. 2 und 3). Links in den Bildern ist jeweils eine Gesamtaufnahme des Mondes zu sehen. Diese Aufnahme war nur möglich, weil die Brennweite des 180/1600-mm-Refraktors mit einer Shapley-Linse reduziert wurde. Die Bilder bestehen aus 3.072 x 2.048 Pixeln. Die volle Auflösung zeigt jeweils der rechte

Da der Chip kleiner als das 24 mm x 36 mm - Kleinbildformat ist, ergibt sich auch ein kleinerer Bildwinkel. Fälschlicherweise wird gern von einer Brennweitenverlängerung gesprochen. Im Fall der Canon 300D ergibt sich ein Faktor von 1,6. Dies ist aber ein Marketing-Märchen, denn ein elektronischer Chip kann eine Brennweite nicht verlängern. Der Bildwinkel bzw. das nutzbare Bildfeld ist kleiner! Die Kamera benutzt Speicherkarten vom Typ CompactFlash I/II, es kann aber auch ein Microdrive der Firma IBM benutzt werden. Eine USB1.1-Schnittstelle ist eingebaut. Somit kann auch ein Notebook zum Steuern der Kamera, aber auch zum Speichern der Bilder benutzt werden. Warum nicht gleich USB 2.0 benutzt wurde, wird wohl das Geheimnis von Canon bleiben. Zur Stromversorgung wird ein Lithium-Ionen-Akku BP-511 von
VdS-Journal Nr. 15

Abb. 5: Polarlicht über Drebach mit Objektiv 2,8 / 16 mm

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Abb. 6: Orionnebel am 180/1600-mm-Refraktor plus Brennweitenverkürzer

Ausschnitt. Dieser wurde mit einer ,,unscharfen Maske" leicht geschärft. Ein Höhepunkt war die Verfolgung der Mondfinsternis am 9. November 2003 (Abb. 4). Da auf eine 128-MByteSpeicherkarte nur ca. 35 - 40 Aufnahmen passen, war das Kameragehäuse mit einem Notebook verbunden. Völlig unerwartet war im November 2003 ein Polarlicht zu beobachten (Abb. 5). Eine echte Bewährungsprobe für die Canon 300D. An der Kamera wurde ein russisches MC Zenitar M2,8/16-mm-Objektiv benutzt. Bei Verwendung an einer Kleinbildkamera hat es über die Bilddiagonale die Eigenschaft eines FischaugenObjektives. Hier wirkt es als extremes Weitwinkel. Im Vergleich zu einer astronomischen CCD-Kamera, wie z. B. einer ST6 der Firma SBIG, ist der Chip der Canon 300D nicht gekühlt. Naturgemäß nimmt dadurch das thermische Rauschen mit der Belichtungszeit zu. Ein Dunkelbild fertigt die Canon 300D nicht automatisch an. Ein solches kann aber manuell angefertigt werden und dann mit einem Bildverarbeitungsprogramm benutzt werden. Für den Orionnebel (Abb. 6) wurden drei Einzelaufnahmen zu je 30 Sekunden Belichtungszeit verwendet. Für das erste Bild war die Kamera auf ISO 200, für das zweite Bild auf 400 und letztendlich für das dritte Bild auf ISO 800 eingestellt. Diese einzelnen Bilder wurden mittels der Maskentechnik aufaddiert. Dadurch ist das Zentrum des Nebels nicht ausgebrannt. Zum Schluss wurde das Rauschen mit dem Programm ,,Neat Image" [2] unterdrückt.

Objektiv 2,8 / 200 mm
4 / 300 mm 63 / 840 mm 180 / 1600 mm

Bildfeld 48,6 Grad x 37,1 Grad 4,3 Grad x 2,9 Grad 1,5 Grad x 1,0 Grad 0,81 Grad x 0,54 Grad

Auflösung 1,27' 0,08' 1,8" 0,95"

Tab. 3: Bildfeld und Auflösung an verschiedenen Objektiven

Die neue digitale Spiegelreflexkamera Canon 300D überrascht. Sie stellt in der Hand eines engagierten Amateurastronomen ein mächtiges Werkzeug dar. In wenigen Jahren werden die dann noch empfindlicheren und mit größeren Chips ausgerüsteten Kameras die analogen

Modelle verdrängt haben. Ein Anfang ist gemacht.
Literaturhinweise / Internet-Links [1] Canon 300D: http://www.canon.de/pro/fot/
slr/geh/eos300d [2] Neat Image: http://www.neatimage.com

62 C O M P U T E R A S T R O N O M I E

Ein Programm zur Numerischen Integration des Sonnensystems
von Helmut Jahns

Die Berechnung der Positionen von Himmelskörpern, auch Ephemeridenrechnung genannt, ist eine der klassischen Problemstellungen der rechnenden Astronomie. Die Astronomen beherrschen diese Kunst schon mehrere Jahrhunderte. Die Positionen eines Himmelskörpers zu verschiedenen Zeitpunkten werden aus einem Satz konstanter Basisdaten, den so genannten Bahnelementen, mit einem raffinierten Algorithmus errechnet. Dabei wird angenommen, dass der Planet (oder Komet, oder Kleinplanet) völlig ungestört auf seiner Bahn um unser Zentralgestirn läuft. Aber das ist in unserem Sonnensystem genau genommen nicht der Fall. Vielmehr werden die Bahnen von Himmelskörpern durch die Schwerkraftwirkung aller Planeten beeinflusst, so dass man schnell an die Grenzen der klassischen Ephemeridenrechnung stößt. Bahnelemente haben daher eine Gültigkeitsepoche, und darauf beruhende Positionsberechnungen sind nur in einem engen Zeitintervall von wenigen Jahren um die Epoche herum zuverlässig genug für eine erfolgreiche Beobachtung. Möchte man z. B. die Wiederkehr eines Kometen nach einem kompletten Bahnumlauf oder die Ephemeride eines Asteroiden nach einer nahen Jupiterpassage berechnen, so muss man die Bahnstörungen der Planeten einbeziehen. Da es kein geschlossenes Formelwerk für diese Problemstellung gibt, müssen die Positionen (zeit-)schrittweise unter Berücksichtigung aller bekannten Kräfte berechnet werden. Dieses Verfahren wird als Numerische Integration bezeichnet (s. Kasten 1). Heutzutage ist die Positionsberechnung Sache von Ephemeridentools und Planetariumsprogrammen, wobei die meisten von ihnen nur die klassische Ephemeridenrechnung benutzen. Dieser Mangel an entsprechender Software war für mich Grund genug, selbst ein solches Tool nach meinen eigenen Vorstellungen zu schreiben. Es gibt verschiedene Verfahren zur Numerischen Integration, wobei jedes von ihnen ein Kompromiss zwischen Genauigkeit, Rechengeschwindigkeit und Programmieraufwand darstellt. Ich habe mich auf zwei Integrationsverfahren beschränkt: dem relativ schnellen Runge-Kutta-
VdS-Journal Nr. 15

Abb. 1: Prinzip der Numerischen Integration

Verfahren 4. Ordnung [2] und dem genaueren Bulirsch-StoerVerfahren (s. Kasten 2: Extrapolationsverfahren) [1]. Ausgangsbasis für die Numerische Integration sind orthogonale (kartesische) Koordinaten der beteiligten Himmelskörper. Meist hat man jedoch nur ihre Bahnelemente vorliegen (z.B. große Halbachse, Exzentrizität, Bahnneigung, etc.), die erst in kartesische Koordinaten umgerechnet werden müssen. Die Bahndaten der Asteroiden sollen am besten aus einer Datei in einem Standardformat geladen werden können, das im Netz verfügbar ist. Ich habe mich für Astorb.dat entschieden. Darüber hinaus muss das Programm die Möglichkeit bieten, Bahnelemente oder Koordinaten über ein Dialogfenster selbst zu editieren und abzuspeichern.
Wenn schon eine Engine zur Numerischen Integration vorhanden ist, so kann man sie auch für mehr als die Generierung von Ephemeriden verwenden. Ein weiterer solcher Anwendungsfall ist z. B. die Simulation der dynamischen Entwicklung unseres Planetensystems. Die Fragestellung lautet nun: Wie entwickeln sich die Bahnen der Planeten oder Asteroiden über längere Zeiträume, sagen wir 100.000 Jahre? Um dies zu untersuchen wurde das Programm mit einer Option zum Aufzeichnen der

Bahnelemente versehen. Das Resultat sind meist oszillierende Kurven (s. Abb. 4). Sie lassen sich optional einer Frequenzanalyse unterziehen. Die Bahnelemente müssen nicht notwendigerweise über die Zeit aufgetragen werden, sondern können mit anderen Bahnelementen des gleichen Himmelskörpers kombiniert werden. Solche Darstellungen werden Phasenraumdiagramme genannt (s. Abb. 5). Obendrein können auch Surfaces-ofSection-Diagramme (SOS) [4] erstellt werden. Es ist interessant zu untersuchen, wie die dynamische Entwicklung von Testteilchen

Abb. 2: Bei Extrapolationsalgorithmen wird die Position eines Himmelskörpers dadurch angenähert, indem man einen Zeitschritt h wiederholt durch eine immer größer werdende Zahl n teilt, entsprechend viele Integrationsschritte ausführt und einen Grenzübergang nach unendlich ausführt.

C O M P U T E R A S T R O N O M I E 63

Numerische Integration
Der einfachste Fall einer Bahnbewegung ist die Bewegung zweier Körper umeinander; für dieses so genannte Zwei-Körper-Problem gibt es eine exakte mathematische Lösung, welche die Positionsberechnung für beliebige Zeiten erlaubt. Sobald ein dritter Körper hinzukommt, wird die Bewegung, von ein paar Spezialfällen abgesehen, derart kompliziert, dass keine geschlossene mathematische Lösung dafür existiert. Wenn keine exakten Berechnungsmethoden mehr anwendbar sind, wird man auf Näherungsverfahren zurückgreifen müssen. Eines dieser Verfahren ist die Numerische Integration. Grundgedanke dieses Verfahrens ist, dass man sich ein schrittweises Vorgehen aneignet: ausgehend von momentanen Positions- und Geschwindigkeitsdaten zum Zeitpunkt t0 werden für alle beteiligten Körper die Beschleunigungen untereinander bestimmt und anschließend anhand der Bewegungsgleichungen die neue Datensätze zu Positionen und Geschwindigkeiten zum Zeitpunkt t0 + h berechnet (h bezeichnet die Schrittweite der Integration). Dieses Verfahren lässt sich mathematisch noch verfeinern, indem zwischen den Zeitpunkten t0 und t0 + h weitere Stützstellen zur Verbesserung der Genauigkeit eingefügt werden (z. B. beim RungeKutta-Verfahren). Grundsätzlich gilt dabei: Je kleiner die Schrittweite h ist, desto besser ist die Näherung und desto größer ist der Rechenaufwand. h sollte jedoch nicht zu klein sein, da sonst Rundungs- und Auslöschungsfehler auftreten können.

im Planetensystem in Abhängigkeit von ihren anfänglichen Bahnelementen verläuft. Ein Modul bietet die Möglichkeit, eine ganze Teilchenschar zu erzeugen, bei

der ein Bahnparameter über alle Testteilchen variiert wird (Exhaustive Search, s. Abb. 7). Dies sei am Beispiel des Asteroiden Chiron demonstriert, welcher

die Sonne zwischen Saturn und Uranus umläuft. In dieser Zone des Sonnensystems gibt es keine weiteren Asteroiden, d. h. Bahnen in dieser Zone des Sonnensystems sind wahrscheinlich instabil. Wieso hält sich Chiron dennoch in dieser instabilen Region auf? Gibt es vielleicht darin ,,Inseln der Stabilität? In einer Simulation wurden 500 Testteilchen in dem Bereich zwischen 13,2 und 14,0 AE für die große Halbachse der Bahn verteilt. Anschließend wurde über 1.000 Jahre integriert. In Abbildung 7 ist zu sehen, dass schon nach dieser recht kurzen Zeit stärkere Variationen in der Halbachse auftreten und die Testteilchen mehr oder weniger aus der Zone entfernt werden. Innerhalb des untersuchten Intervalls gibt es aber auch Bereiche relativer Stabilität. Chiron (Große Halbachse: 13,6024 AE) befindet sich in der Nähe eines solchen Stabilitätsbereichs.
Das Programm wurde mit dem Borland C++ Builder 5.0 Standard geschrieben, läuft unter Windows und kann von der Homepage der Fachgruppe ComputerAstronomie unter http://www.hobby-astro-

Abb. 3: Ein Ausgabefenster mit Ephemeride. Es kann außerdem zu einer Darstellung mit aktuellen Bahnelementen oder kartesischen Koordinaten gewechselt werden.
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Abb. 4: Exzentrizität des Saturn über 200 Jahre, aufgetragen über das Julianische Datum. Die Exzentrizität (ein Maß für die Abflachung der Bahnellipse) erreicht ca. alle 60 Jahre ein besonders hohes Maximum. Dies entspricht genau dem 2,5-fachen der Umlaufzeit des Jupiter, d. h. Saturn steht in einer 2:5-Resonanz zu Jupiter, was als die ,,Große Ungleichung" bezeichnet wird.
Abb. 5: Nicht nur Bahnelemente, sondern auch die Koordinaten selbst lassen sich fortlaufend aufzeichnen. Im Beispiel ist die Bahn des Trojaner-Asteroiden (1173) Anchises über 175 Jahre geplottet. Die Grafik umfasst mehrere Umläufe um den Librationspunkt L4. Für solche Plots kann ein Koordinatensystem gewählt werden, welches mit einem anderen Himmelskörper (hier: Jupiter) synchron rotiert (Korotation).
VdS-Journal Nr. 15

C O M P U T E R A S T R O N O M I E 65

nomie.net/coma/uploads/hj/intpro.zip herunter geladen werden (Freeware). Obwohl das Programm von leistungsstarken Prozessoren profitiert, ist es auch auf weniger aktueller Hardware (z. B. P166) lauffähig. In der Online-Hilfe findet sich ein Kapitel für den schnellen Einstieg in das Programm sowie einige Beispiele.
Literaturhinweise [1] Press et al., 1989: Numerical Recipes
in C, Cambridge University Press [2] Guthmann, 1994: Einführung in die
Himmelsmechanik und Ephemeridenrechnung, BI [3] Montenbruck, Pfleger, 1989: Astronomie mit dem PC, Springer [4] Dvorak, Karch, 1988: Chaos und Himmelsmechanik I, SuW 27 (6/1988), 350

Extrapolationsverfahren nach Bulirsch-Stoer
Eine Klasse der Numerischen Verfahren sind die Extrapolationsverfahren: Wie wir in Kasten 1 schon festgestellt haben, wird die Genauigkeit umso größer, je kleiner die Schrittweite h gewählt wurde. Wie lässt sich nun die Genauigkeit maximieren, ohne dass Rundungsfehler durch zu klein gewählte Schrittweiten Bedeutung gewinnen? Eine Antwort darauf sind Extrapolationsverfahren. Das ihnen zugrunde liegende Prinzip ist folgendes: Man unterteilt die Schrittweite h in n = 2, 4, 6, 8, 12, 16 usw. Teilschritte, führt die Integration n mal mit der Schrittweite h/n aus und speichert das Ergebnis. Dieser Vorgang wird für den gleichen Integrationszeitraum wiederholt, bis n etwa den Wert 100 erreicht hat. Die gespeicherten Ergebnisse bilden eine Zahlenfolge, die sehr schnell gegen einen Wert strebt, der als das Ergebnis einer Integration für die Zeitspanne h mit unendlich kleiner Schrittweite interpretiert wird. Dieser Wert muss dann nur noch aus der Zahlenfolge mittels Extrapolation (in unserem Falle das Abschätzen des Wertes für n _ µ, wenn man die Werte für n < 100 kennt) berechnet werden.

Abb. 6: Umlaufzeit des Kometen Wolf-Harrington über 50 Jahre. Zwei nahe Passagen an Jupiter im Jahre 2007 und 2019 werden zu drastischen Änderungen seiner Umlaufzeit von derzeit etwa 6,5 Jahren auf 6 Jahre, später dann auf 9 Jahre, führen.
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Abb. 7: Plot der Großen Halbachsen von 100 Chiron-ähnlichen Testpartikeln (Beschreibung im Text)

Neues aus der Fachgruppe

,,Visuelle Deep-Sky-Beobachtung"

von Jens Bohle

Dies sind nun meine ersten Zeilen als Leiter der VdS-Fachgruppe Visuelle DeepSky-Beobachtung. Beginnen möchte ich mit einem großen Dankeschön an Wolfgang Steinicke, der die Fachgruppe in den letzten Jahren mit großem Engagement geleitet hat. Als wesentlichen Punkt seiner Arbeit möchte ich die Verwirklichung der Idee ,,Deep-Sky Buch" nennen, denn ohne seine maßgebliche Mitarbeit hätte das Projekt keinen fruchtbaren Boden gefunden. Das wohl umfangreichste Fachgruppenprojekt der letzten Jahre hat nun ein konkretes Ergebnis: das ,,Praxishandbuch Deep Sky" (vgl. separaten Beitrag in diesem Journal). Aber auch weiterhin gibt es für die FG eine Menge zu tun. So etwa die Förderung der fortgeschrittenen Sternfreunde in gleichem Umfang wie die oft gewünschte Förderung der Einsteiger. Ein weiterer Punkt ist die Zusammenarbeit mit anderen Fachgruppen, welche weiterhin Bestandteil unserer Aktivitäten sein wird. So z. B. die bewährte Zusammenarbeit mit der FG Astrofotografie, mit der in diesem Jahr das erste Deep-Sky-Treffen organisiert wurde. Das DST (ehemals Deep-Sky-Tagung)

wurde mit neuem Konzept und neuem Organisationsteam veranstaltet. Ein Teilnehmer plus von über 50 % zum Vorjahr hat gezeigt, dass die neuen Ideen erfolgreich umgesetzt wurden. Einen Bericht zum Treffen finden sie in diesem Heft. Über neue Ideen und Ver- Abb. 1: änderungen inner- Wechsel der FG-Leitung auf dem Deep-Sky-Treffen 2004, halb der Fach- v.l.n.r.: Wolfgang Steinicke, Jens Bohle, Otto Guthier gruppe wird in (Foto J. Müller) den kommenden Ausgaben des VdS-Journals an dieser Magellanschen Wolken mit kleinem Stelle berichtet werden. In diesem Heft Teleskop unter dunklem namibischem haben wir drei Beiträge. Uwe Glahn Himmel näher gerückt. Ebenfalls mit kleiberichtet über die visuelle Beobachtung nem optischen Geschütz hat Gerhard des großen Nebelkomplexes um IC 1805 / Herzog unsere Nachbargalaxie M 31 beobNGC 896, der sonst eher ein Ziel für achtet. Astrofotografen ist. Rainer Töpler ist den

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D E E P S K Y 67

Die Region um den Nebelkomplex

IC 1805 / NGC 896

von Uwe Glahn
Die Nebelregion um die Emissionsnebel IC 1805 und NGC 896 zählt wohl zu den interessantesten Himmelsregionen überhaupt. Die mitten in einem sehr dichten Milchstraßengebiet, unweit der bekannten Doppelsternhaufen h + Per liegenden Nebel bieten nicht zuletzt für Astrofotografen ein mit Sternhaufen und Nebelfilamenten gefülltes Feld. Die große Schwierigkeit für eine visuelle Beobachtung liegt hier jedoch nicht unbedingt in den Teils nur sehr schwachen Nebelausläufern, sondern in der Größe des Komplexes. Beide Nebel haben eine Ausdehnung von zusammen etwa 2 Grad x 2 Grad . Um diesen Komplex also in seiner Gesamtheit beobachten zu können, benötigt man große Gesichtsfelder und eine große Austrittspupille. Da die Öffnung des Teleskops hier eher weniger wichtig ist, eignen sich gerade bei dieser Beobachtung kleine Teleskope oder auch größere Ferngläser sehr gut. Eine weitere, nicht unwichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Beobachtung ist ein dunkler Landhimmel. Nebelfilter können zwar bei Lichtverschmutzung helfen, ersetzen jedoch nicht den dunklen Nachthimmel. Für diese Beobachtung kam ein 20x125Großfernglas zum Einsatz, welches mit einem Gesichtsfeld von 3 Grad und einer Austrittspupille von 6,25 mm ideale Vorraussetzung für die Beobachtung darstellt und bei einem dunklen Himmel überraschend viele Details an diesem doch recht schwierigen Objekt zu zeigen vermochte. Die auffälligsten Formationen im Feld sind die beiden offenen Sternhaufen Melotte 15 (Mel 15) in der Bildmitte und der weiter östlich liegende NGC 1027. Während Mel 15 aus nur wenigen, dafür hellen Vordergrundsternen besteht, fällt NGC 1027 mit seinen etwa 40 sichtbaren und gleichhellen Sternen als ein schöner, wenn auch lockerer

Abb. 1: Zeichnung von IC 1805 / NGC 896, Norden ist oben. (Uwe Glahn)

Haufen auf. Als hellster Nebelschimmer erscheint der recht einfach zu beobachtende NGC 896. Dieser direkt sichtbare, in O-W-Richtung oval gezogene Emissionsnebel besitzt an seiner östlichen Flanke einen abrupten Helligkeitsabfall, der auf einen Dunkelnebel an seiner Kante hindeutet. Unter Verwendung eines mit Nebelfiltern ausgestatteten, größeren Teleskops, könnte der westlich an den Dunkelnebel anschließende, schwächere Nebelteil IC 1795 gesehen werden, der von mir jedoch nicht beobachtet werden konnte. Bei längerer Beobachtung fallen nun auch die schwächeren und größeren Nebelfilamente von IC 1805 auf. Am hellsten hiervon ist ein dreiecksförmiger Nebelteil direkt östlich von Mel 15. Dieses Dreieck teilt den von Mel 15 kommenden Nebelkomplex in einen nördlich und südlich verlaufenden, schmalen Schlauch. Der südliche Schlauch läuft diffus an einer recht auffälligen Sternengruppe aus, wobei der nördliche Teil mit etwa einem halben Grad Länge weiter zu verfolgen ist, bis auch er diffus ausläuft. Ein weiterer, schmaler Ausläufer von IC 1805 startet recht hell

knapp westlich von Mel 15, ohne eine Verbindung zum Sternhaufen zu besitzen und läuft in südliche Richtung dicht an Markarian 6 (Mrk 6) vorbei. Auf Höhe von Mrk 6 läuft dieses Nebelfilament ebenfalls diffus aus und kann nicht weiter verfolgt werden. Mrk 6 selbst ist ein recht auffälliges, kleines Sternenmuster, welches aus etwa 10 hellen Sternen besteht. Dieses, in N-SRichtung etwas länglich verlaufende Gebilde wird als offener Sternhaufen einge-
stuft. Ein weiteres interessantes Objekt ist der offene Sternhaufen Berkeley 65 (Be 65). Dieser Haufen ist etwa 1 Grad südöstlich von Mel 15 zu finden und wurde von mir als nicht aufzulösendes Schimmern im Vordergrund der Milchstraßensterne beobachtet. Tatsächlich besteht Be 65 aus etwa 20 Sternen 10. - 14. Größe. Natürlich ist der Nebelkomplex um IC 1805 und NGC 896 ein recht schwieriges Objekt. Man darf sich nicht von den bekannten Fotos täuschen lassen, die den Nebelkomplex, durch seine Form auch als Herznebel bekannt, komplett abbilden und auch schwächste Ausläufer zeigen. Ziel bei der visuellen Beobachtung soll sein, sich mit dem sehr interessanten Objekt zu befassen. Dann sind auch überraschenderweise Filamente zu beobachten, deren Sichtbarkeit man vorher nicht erwartet hätte. Ich wollte hier ein visuell etwas exotisches Objekt vorstellen und allen denen einen Beobachtungsvorschlag geben, die mit eher kleineren Optiken ausgestattet sind und sich an dieses Objekt noch nicht herangewagt haben. Ich kann nur empfehlen, einfach mal das Teleskop oder das Fernglas auf diese Objekte zu richten und sich in der Beobachtung zu versuchen. Dafür wünsche ich allen viel Spaß und viel Erfolg.

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68 D E E P S K Y Intergalaktische Nachbarschaft
von Rainer Töpler
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Die Magellanschen Wolken zählen als Begleiter unserer Milchstraße sozusagen zu unseren nächsten Nachbarn. Auch wenn sie etwa 150.000 bis 180.000 Lichtjahre entfernt sind, ist es schon mit bloßem Auge und kleinen Teleskopen möglich, unglaublich viele Einzelheiten in ihnen zu entdecken. Nachfolgend sind Beobachtungen beschrieben, die aus Namibia mit freiem Auge und einem 11-cm-Newton-Teleskop entstanden sind. Wahrscheinlich jeder Sternfreund, der sich zum ersten Mal auf die südliche Erdhalbkugel aufmacht, freut sich darauf, die Magellanschen Wolken einmal mit eigenen Augen zu erblicken. Da es auf der nördlichen Himmelshälfte keine vergleichbaren Objekte gibt, weiß man erst einmal nicht, was einen bei diesen Objekten erwartet. Man hat zwar bestimmt schon Fotos von ihnen gesehen, aber wie unsere Nachbargalaxien visuell wirken, muss man auf jeden Fall persönlich feststellen. Wenn Sie die Suche aus einer Stadt heraus starten, können Sie stark enttäuscht werden. Als neblige Objekte werden die Wolken je nach Himmelsaufhellung ganz vom Stadtlicht geschluckt. Schauen Sie von einem dunklen, ländlichen Standort aus, wird das Beobachtungserlebnis ungemein beeindruckend. Zwei große Stücke scheinen sich von der Milchstraße gelöst zu haben und ihre eigenen Wege zu gehen, wobei die große Magellansche Wolke (LMC) bestimmt doppelt so groß wie die kleine (SMC) scheint. Genaue Betrachtungen zeigen bei ersterer schon mit bloßem Auge deutlich einen großen, breiten Balken, der stark knotig differenziert ist. Ein weiter Bogen, der nur bei gutem Himmel deutlich wird, entspringt dem einen Balkenende. Die vielen Knoten sind nicht einfach katalogisierten Objekten zuzuordnen. Am leichtesten gelingt dies noch mit dem berühmten Tarantelnebel, der ohne große Probleme auch freisichtig identifiziert werden kann. Der Blick durchs Fernrohr ist daraufhin

Abb. 5: NGC 346, 11-cm-Newton, V = 79x, (Rainer Töpler)
einfach umwerfend. Nebel reihen sich an Sternhaufen, feine Strukturen wechseln mit schwachen, großen, diffusen Feldern. Sollte man die ganze Wolke mit dem (wenn auch nur kleinen) Teleskop durchforschen wollen, muss man dafür auf jeden Fall mehrere Nächte oder auch Wochen reservieren. Aus diesem Grunde habe ich persönlich auf dieses Unterfangen verzichtet und die LMC nur mit bloßem Auge gezeichnet. Als einziges Schmankerl habe ich mir den Tarantelnebel herausgepickt. Die Zeichnung lässt einen Eindruck aufkommen, was passiert, wenn man sich die ganze LMC in dieser Weise vornimmt. Es brauchte einen ganze Weile, bis der gigantische Nebelkomplex mit seinen filigranen hellen und dunklen Strukturen seinen Weg auf das Papier gefunden hatte. Der Rest der Galaxie - vielleicht ein Projekt für die Zukunft? Nun zu der kleineren Schwester der beiden. Wieder sieht man schon mit bloßem Auge den Balken, der aber eher an einen Kartoffelsack erinnert, so beulig und gefleckt wie er daherkommt. Ebenso wie die große Wolke lässt sie bei dunklem Himmel einen Arm, der sich in eine Richtung erstreckt, erkennen. Katalogisierte Einzelheiten sind aber kaum ohne optische Hilfsmittel auszumachen außer

Abb. 1 (links oben): Die große Magellansche Wolke mit bloßem Auge (Rainer Töpler)
Abb. 2 (rechts oben): Der Tarantelnebel NGC 2070 mit 11-cm-Newton, V = 79x, (Rainer Töpler)
Abb. 3 (links unten): Die kleine Magellansche Wolke mit bloßem Auge, (Rainer Töpler)
Abb. 4 (rechts unten): Die kleine Magellansche Wolke mit 11-cm-Newton, V = 15,7x, (Rainer Töpler)

einem runden, nebligen Fleck östlich der Wolke: 47 Tucanae, der berühmte Kugelhaufen, der natürlich nicht zur SMC selbst gehört aber perspektivisch in ihrer unmittelbaren Nähe logiert. Mit der niedrigsten Vergrößerung meines 11-cm-Newtons, 15,7fach, habe ich es dann gewagt, die Galaxie zu zeichnen und dafür einige Stunden meiner knappen Beobachtungszeit in Namibia ,,vergenossen". Mit höherer Vergrößerung wären bestimmt mehrere Nächte nötig gewesen, alle Details einzufangen. Ganz hell wird jetzt 47 Tucanae. Geht man von ihm in nordwestlicher Richtung den Balken der SMC entlang, kann man schon etliche Einzelobjekte erkennen. NGC 220, 222, 242 sind noch unaufgelöste offene Sternhaufen, das selbe gilt für NGC 330. Der offene Sternhaufen (Offener Haufen = OH) NGC 346 wird von einem recht hellen Gasnebel umgeben. Ob man hier Gas oder Sterne sieht, ist bei dieser Vergrößerung nicht zu entscheiden. Nach den OH NGC 395 und 371, in deren Bereich man schon einige aufgelöste Sterne erkennt, biegt man in den Spiralarm ein und trifft auf den Kugelhaufen NGC 419, der aber bei dieser Vergrößerung nicht als solcher zu erkennen ist. Bewegt man sich weiter in den Arm vor, schwebt man in ein nebliges Feld mit einigen aufgelösten Sternen. Dabei handelt es sich um die OH NGC 456 und 465, welche teilweise von Nebel umgeben sind. Weit außerhalb schimmert noch der Gasnebel NGC 602. Viele Nebelbereiche der Galaxie sind nicht mit Katalognummern überein zu bringen, dies muss man dann mit höherer Vergrößerung bzw. Auflösung bewerkstelligen. Ich selbst habe mir dies für die (hoffentliche) Zukunft aufgespart. Nur ein Objekt habe ich mit höherer Vergrößerung untersucht: Den hellsten Gasnebel der SMC, NGC 346. Von dem Sternhaufen, den er umgeben soll ist auch bei 80facher Vergrößerung nichts zu erkennen, aber der Nebel zeigt deutliche Struktur. Ein bananenförmiger Balken, wird von einem knotigen Bogen umgeben der einen Stern enthält. Ein kleines aber interessantes Detail unserer Nachbargalaxie. Wenn man nordwestlich des Galaxienhauptkörpers den runden, recht hellen nebligen Fleck übersehen hat, sollte man ihn sich auch noch vornehmen. Es ist der helle Kugelhaufen NGC 362. Leider lässt er sich auch mit höherer Vergrößerung nicht richtig in dem kleinen Teleskop auflösen. Er erscheint zwar in den Außenbereichen stark grieselig, Einzelsterne sind aber
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Abb. 6: NGC 362, 11-cm-Newton, V = 79x, (Rainer Töpler)

Abb. 7: 47 Tucanae (NGC 104), 11-cm-Newton, V = 79x, (Rainer Töpler)

kaum zu definieren. Zum Abschluss der ,,Tour de SMC" darf man nicht versäumen 47 Tucanae noch einmal mit höherer Vergrößerung zu besuchen. Ein Fest für die Augen erwartet einen, für welches es auf der Nordhalbkugel kein Äquivalent gibt. Genuss pur bringen scheinbar tausen-

de Sterne, die sich zu einem leuchtenden Feuerball vereinigen. Sollten Sie zum ersten Mal den Südsternhimmel beobachten wollen, nehmen Sie ruhig nur Ihr kleines Teleskop mit. Wie Sie gesehen haben, lassen sich damit fantastische Beobachtungen vornehmen,

weitere helle Objekte für das kleine Teleskop hält der Südsternhimmel zur Genüge bereit. Außerdem bekommen Sie so einen besseren Überblick über die neue Himmelsregion, den ein großes Teleskop durch zu kleine Blickfelder und zu viele Möglichkeiten eher verhindert.

Deep-Sky mit kleiner Optik: Andromedanebel mit Begleitern
von Gerhard Herzog

,,Hallo, mein Name ist ,Photon'. Ich komme gerade aus einer Entfernung von Millionen Lichtjahren zu dir!" Diese Begrüßung wünscht sich, ehrlich gesagt, wohl jeder Amateurastronom (selbst der eingefleischteste Planetiker) wenigstens einmal in seinem Leben. Und gerade die Anfänger unter uns oder diejenigen, welche sich keine Lichteimer mit Öffnungen von weit jenseits der 20-cm-Marke leisten können oder wollen, meinen vielleicht, dass diese Anrede sie wohl niemals betreffen könne. Irrtum! kann ich da nur sagen. Es geht

sogar schon mit dem bloßen Auge, wenn man nicht gerade mitten in der Stadt oder ihrer unmittelbaren Umgebung den Himmel inspiziert. Denn auch bei einem nur mittelprächtig dunklen Himmel ist im Sternbild Andromeda ein diffuser Nebelfleck zu erkennen, der sein Licht immerhin aus einer Entfernung von ca. 2,5 Millionen Lichtjahren zu uns herüber schickt. Es handelt sich dabei um das uns nächst stehende große Milchstraßensystem: den Andromedanebel. Diese Galaxie, die sogar noch etwas größer als unsere Heimatgalaxie ist, lässt

sich vom Pegasusquadrat aus relativ einfach auffinden (die folgenden Angaben beziehen sich auf die Meridianstellung des Sternbilds): Ausgehend vom linken oberen Stern des Pegasus-Quadrats (= And) der Sternenkette über nach And folgend, biegt man bei im rechten Winkel nach oben (Norden) ab und gelangt, der Kette µ And - And folgend, mit kurzem Abstand (etwas nach Westen versetzt) zum angesprochenen Nebelfleck. Von Messier in seinem Katalog, der ihm eigentlich nur als Hilfsmittel bei der Kometensuche dienen sollte, unter der Nr.

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Abb. 1: Zeichnung von M 31 mit Begleitgalaxien M 32 (unten) und M 110 (oben). Bildautor: Gerhard Herzog.

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31 geführt, wurde diese Galaxie erst im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts durch Edwin Hubble endgültig als Objekt außerhalb unserer Milchstrasse identifiziert. Die diesem kleinen Beitrag beigefügte Beobachtungszeichnung (Abb. 1), übrigens im MS-Paint Format ausgeführt, das sich recht gut zur - astronomisch häufig völlig hinreichenden - Schwarz-WeißDarstellung eignet, zeigt die in der Summe der Jahre angefallenen Eindrücke bildlich dargestellt. Die Beobachtungen selbst wurden in der überwiegenden Zahl der Fälle mit einem 114-mm-Newton-Reflektor (1:7,8), einem Kaufhaus-Teleskop der 70ger Jahre, gemacht. Dies wurde von seinem doch sehr stark vibrierenden Dreibein-Holzstativ auf ein schweres Wasserleitungsrohr, mit zusätzlich ca. 25 kg Gusszement am Boden, gesetzt. Eine Kollimierung des Spiegelsystems wurde etwa alle 7-8 Wochen durchgeführt. Gearbeitet wurde meist mit der für dieses Instrument doppelten, sog. förderlichen Vergrößerung (hier mit einem 25-mmOkular). Ich habe beim Zeichnen am Computer

bewusst die Kontraste etwas verstärkt, denn wenn man mit den oben angegebenen optischen Mitteln beobachtet und keinen wirklich guten, das heißt sehr dunklen, Himmel über sich hat, ertrinkt die (dem Kern von M 31 näher stehende) elliptische Begleitgalaxie M 32 ganz leicht in der Lichtsoße des großen Systems. Obwohl auf Fotografien davon nichts zu sehen ist, hatte ich immer wieder den Eindruck, dass der Kern der (ebenfalls elliptischen) Begleitgalaxie NGC 205 (immer mal wieder als M 110 bezeichnet) eine merkwürdige Zweiteilung aufweist. Nochmals: Die Zeichnung stellt eine Aufsummierung von sehr vielen Einzelbeobachtungen dar, der Besitzer eines kleineren Fernrohres sollte sich also nicht wundern, wenn er - insbesondere unter einem nicht optimalen Himmel - nicht gleich jede Einzelheit dieser Zeichnung wieder findet. NGC 205 ist, die weiter vom Kern von M 31 abstehend, immer leichter zu finden als M 32. Man sollte auch die Ausmaße des großen Nebels schon im kleinen Instrument nicht unterschätzen und, da man hiermit nur die hel-

leren Partien von M 31 erfasst, die Suche nach den Begleitern nicht zu nahe an der Position von M 31 beginnen. Meiner Erfahrung nach ist es so, dass die Begleiter in dem Moment sichtbar werden, wenn das Hintergrundleuchten des großen Nebels im Okular gerade zu verschwinden beginnt. Viel Spaß beim Beobachten!
Heim Cinema Anlage
,,Also ehrlich gesagt ... MOS ... Deine Astroaufnahmen sind beschissen!"
,,Aber die Musik. Die ich unterlegt habe ... in Dolby Surround ... SUPER ... oder?!!!"
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Neues aus der Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie"
von Wolfgang Steinicke

Am 23. Oktober 2004 wird die erste Tagung der Fachgruppe ,,Geschichte stattfinden. Tagungsort ist Göttingen. Dort werden uns Räumlichkeiten der Volkshochschule, die nur 200 m vom Hauptbahnhof entfernt liegt, zur Verfügung stehen. Ein Tagungsprogramm wird noch erarbeitet. Referenten mögen sich bitte bei mir melden. Aktuelle Informationen fin-

den sich auf unserer Webseite www.vdsastro.de/fg-geschichte. Die nächste Ausgabe des VdS-Journals (Nr. 16) hat Geschichte der Astronomie als Schwerpunktthema. Hier also nochmals der Aufruf, Beiträge (möglichst bis zum 15.9.) einzusenden. Im vorliegenden Heft finden Sie einen Artikel von Hans-Dieter Gera über die Entstehung der Isaac-Newton-Gruppe auf

La Palma. Etwa weiter zurück liegt ein Ereignis, dass von Wilhelm Brüggenthies und Wolfgang Steinicke behandelt wird: die abenteuerliche Reise des Jesuiten Maximilian Hell nach Vardø zur Beobachtung des Venustransits von 1769. Abgerundet wird die Rubrik durch einen Beitrag von Klaus Wenzel über die Geschichte des Sterns 55 Andromedae.

Die Isaac-Newton-Gruppe auf La Palma
- ein historischer Abriss
von Hans-Dieter Gera
beraubende Serpentinenstrecke den Gipfel des Roque de los Muchachos. Dort genießt man bei gutem Wetter einen herrlichen Anblick auf den Atlantik mit den übrigen Inseln des Archipels und auf die Caldera de Taburiente, den größten Vulkankrater der Erde. Auf dessen nördlichstem Wall stehen die strahlend weißen Kuppeln der Isaac-Newton-Teleskopgruppe (ING, Abb. 1). Bis weit in die zweite Hälfte des vergangenen Jahrhunderts befanden sich

Abb. 1: Die Kuppeln der ING auf La Palma (Aufnahme H.-D. Gera, September 2002)

In diesem Bericht soll es um das bedeutendste Observatorium in Westeuropa gehen, das in diesen Tagen auf eine mehr als zwanzigjährige Geschichte zurückblicken kann. Wer als mitteleuropäischer Urlauber nicht unendlich lange im Flugzeug sitzen will, um in subtropisches Klima zu gelangen, ist mit den Kanarischen Inseln zweifellos am besten bedient. Verabscheut man dann auch noch hohe Touristenkonzentrationen à la Gran Canaria oder Teneriffa, so kann die Wahl nur auf La Palma fallen. Diese zusammen mit El Hierro am westlichsten gelegene Insel des Archipels ist bis heute vom Massentourismus weitgehend verschont geblieben und aufgrund ihrer wunderschönen Landschaften eine gute
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Adresse für Naturfreunde und Amateurastronomen, bietet die Insel doch aufgrund geringer Bevölkerungsdichte und der daraus resultierenden eher spärlichen Fremdbeleuchtung einen exzellenten Nachthimmel. So ergibt sich der ideale Ort für eine Sternwarte, zumal auch eine geeignete Erhebung vorhanden ist, nämlich der 2426 m hohe Roque de los Muchachos im Nordteil der Insel. Somit ist La Palma relativ gesehen die höchste Insel der Erde, denn keine andere hat in Bezug auf ihre Grundfläche einen höheren Berg. Startet man vom Touristenort Los Cancajos im Ostteil der Insel und fährt in nördlicher Richtung an der Hauptstadt Santa Cruz vorbei, erreicht man nach etwa eineinhalbstündiger Fahrt über eine atem-

Abb. 2: Das JKT (Aufnahme Nik Szymanek, Juli 2001)

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Abb. 4: Das WHT (Aufnahme Paul Langford, 1997)

Abb. 3: Das INT (Aufnahme Paul Langford, 1997)
Sternwarten mit Großteleskopen nahezu ausschließlich auf dem amerikanischen Kontinent. 1967 regte Hermann Brück, schottischer Königlicher Astronom, den Bau eines großen Observatoriums in der Alten Welt an. 1969 schließlich wurde das Projekt ,,Northern Hemisphere Observatory (NHO) offiziell unter der Schirmherrschaft von Fred Hoyle gestartet. 1971 veröffentlichte Professor M. F. Walker vom kalifornischen Lick-Observatorium eine Liste mit europäischen Inseln, die für den Standort einer Sternwarte infrage kommen könnten, und La Palma befand sich unter ihnen. So wurde die Insel dann von einer Gruppe internationaler Sonnenbeobachter genauer unter die Lupe genommen, die dann auch nebenbei noch den Ausbruch des Vulkans Teneguia im August 1971 mitbekam. Ende 1971 fand John Alexander vom Royal Greenwich Observatory, der selbst im April dieses Jahres La Palma besucht hatte: ,,The ideal solution may be an international observatory site on the island of La Palma." Im Juli 1972 wurden dann die ersten Testbeobachtungen von der oben erwähn-

ten Sonnenbeobachtergruppe getätigt, denen dann im August die ersten britischen Beobachter folgten. Gerade diese hatten ein besonderes Interesse an einer klimatisch begünstigten Position der geplanten Sternwarte, suchten sie doch für ihr Isaac-NewtonTeleskop (INT), einen Reflektor mit 2,5 Metern Spiegeldurchmesser, einen neuen Standort (Abb. 3). Dieser hat eine recht interessante Geschichte, die daher hier kurz eingeflochten werden soll.

Während der offiziellen Feierlichkeiten zum 300. Geburtstags Isaac Newtons im Juli 1946 (die aufgrund des Krieges erst mit vierjähriger Verzögerung stattfinden konnten) wurde der Bau eines 2,5 mReflektors für das Royal Greenwich Observatory angeregt. Da es aber finanziell nach dem Krieg nicht allzu gut aussah, kam es natürlich sehr zupass, dass eine gewisse McGregor-Stiftung in den USA 1949 einen 98-inch-Rohling spendete, der ursprünglich für die Sternwarte der Universität von Michigan bestimmt war. Zu dieser Zeit zog die Sternwarte gerade von London nach Herstmonceux Castle in der Grafschaft Sussex um. 1973 schien es einen derben Rückschlag für das Projekt NHO zu geben: Die spanische Regierung wollte ihre Genehmigung für den Bau der Sternwarte nicht geben, weil sie gravierende Einschnitte in die

Abb. 5: Die Kuppel des JKT (Aufnahme Nik Szymanek und Ian King, September 2000)

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Abb. 6: Die Kuppel des INT (Aufnahme Rainer Girnstein, 2000)

Großteleskope ist es aus Gewichtsgründen nicht parallaktisch, sondern azimutal montiert. Das Nachführen ist mit Computersteuersystemen kein Problem. Jedoch ist die azimutale Montierung auch eine Hommage an den Namenspaten William Herschel, dessen selbstgebautes 1,2 m-Teleskop seinerzeit ebenfalls azimutal montiert war. 1991 entdeckte das INT einen Quasar mit einer extremen Rotverschiebung, im optischen Bereich das hellste Objekt im Universum überhaupt. 1995 wurden mit dem INT und dem WHT erstmals Braune Zwerge beobachtet. Da an dieser Stelle nicht alle Entdeckungen der ING genannt werden können, sei dem, der komplette

Naturlandschaft befürchtete. Erst 1974 nach starkem internationalem Drängen genehmigte die Administration ein Programm, das die Sichtbedingungen auf La Palma testen sollte. Ende 1975 war dieses abgeschlossen, aber erst 1979 wurde der Bau der Sternwarte endgültig genehmigt. Die spanische Regierung erlaubte Dänemark, England und Schweden auf La Palma zu bauen, allerdings unter der Auflage, 20 Prozent der Beobachtungszeit zu erhalten. Gleichzeitig wurde das INT in Herstmonceux demontiert und für den Transport nach La Palma vorbereitet, außerdem wurde mit dem Bau eines Spiegelteleskops von 1 m Durchmesser begonnen, der nach dem holländischen Astronomen Jakobus Kapteyn benannt wurde. Dieses Jakobus-Kapteyn-Teleskop (JKT) wurde 1981 in Herstmonceux getestet (Abb. 2). Ebenfalls 1979 wurde bei der Firma Owens in Illinois ein Spiegelrohling von 4,2 m bestellt, der später zum King Of The Mountain auf La Palma werden sollte, nämlich dem William-Herschel-Teleskop (WHT, Abb. 4). Im Sommer 1981 begann der Bau der Kuppel des INT (Abb. 6). Der Primärspiegel dieses Teleskops wurde im Dezember 1982 nach La Palma gebracht. Von nun an ging es recht schnell: Im Mai 1983 begann der Bau der Kuppel des WHT (Abb. 7), und im Oktober dieses Jahres wurde das JKT aufgebaut (Abb. 5). Anfang 1984 schließlich bekamen das JKT und das INT nahezu zeitgleich ihr first light. Im März wurden die ersten fotografischen Aufnahmen mit einer speziellen Weitwinkelkamera am JKT gewonnen, und
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Ende Mai trudel-

ten die ersten Astro-

nomen ein, die

Beobachtungspro-

gramme für das

JKT und das INT

beantragt hatten.

Gleichzeitig

kamen am INT

erstmals CCD-

Detektoren zum

Einsatz. Im De- Abb. 7:

zember

1984 Die Kuppel des WHT (Aufnahme Javier Mendez, 1997)

schließlich waren

die Tests des WHT

in Herstmonceux beendet, bis zum und detaillierte Angaben sucht, die

Transport nach La Palma musste es jedoch Homepage der Sternwarte empfohlen:

noch bis April 1986 warten, weil die www.ing.iac.es. Das Arbeitstier des Obser-

Kuppel für das WHT erst zu dieser Zeit vatoriums ist zweifellos das JKT. Bei des-

fertig wurde.

sen Standort war ein absolut ungestörter

Bereits in dieser frühen Phase der Horizont gewünscht, so sollte es etwas

Sternwarte gab es einige Astro-Highlights: höher stehen als die anderen Teleskope. So

So beobachtete das INT Ende 1984 den kam nur ein Platz direkt auf dem Wall des

Quasar Q0055-269, eines der entferntesten Vulkankraters infrage, was dann in der

kosmischen Objekte überhaupt. Im Juni Folge zu einem kleinen Kuriosum führte:

1985 wurde das Roque de Los Muchachos Da es sich bei der Caldera de Taburiente

Observatorium durch den spanischen um einen Nationalpark handelt, war dessen

König Juan Carlos feierlich eingeweiht.

Verwaltung natürlich bemüht, trotz der

1986 fand das INT im Zentrum des Sternwarte möglichst viel von der

Kugelhaufens M 15 ein Objekt mit Ursprünglichkeit und Unberührtheit der

Emissionslinien, das für die vorher ent- Landschaft zu bewahren. Die Sternwarte

deckte Röntgenstrahlung verantwortlich zu befindet sich auf dem nördlichen Wall des

sein schien: Später entpuppte sich das Kraters, und hätte man die Kuppel des JKT

Objekt als Doppelstern. Im Juni 1987 gab auf dessen höchstem Punkt errichtet, wäre

es schließlich first light für das WHT, was es vom Aussichtspunkt La Cumbrecita am

gleichzeitig den Abschluss der Bauarbeiten südlichen Teil des Walls zu sehen gewesen,

nach fast genau 7 Jahren bedeutete. Zu die- was nach Ansicht der Parkverwaltung die

sem Zeitpunkt war das WHT das drittgrößte Skyline des Walles verschandelt hätte. So

Einzelspiegel-Teleskop der Welt. Wie viele wurde die Kuppel etwa 50 Meter tiefer als

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geplant positioniert. Die Öffentlichkeit bekommt das Observatorium für gewöhnlich nur von außen zu sehen, man kann zwar für ein Foto genügend nah an die Kuppeln heran, aber das eigentliche Gelände ist weiträumig gesperrt. Lediglich im Juli oder August gibt es ein oder zwei Tage der offenen Tür. Da ist es dann aber trotzdem wenig erbaulich, wie dem Autor ein deutscher Barbesitzer in Los Cancajos verriet: Aufgrund des

starken Andrangs bekommt man da kaum etwas mit. Selbst an normalen Tagen bei gutem Wetter ist der eher kleine Parkplatz am Aussichtspunkt des Gipfels hoffnungslos überlastet. Und wer sich nach 20 Uhr noch auf dem Gipfel aufhält, steht vor einem geschlossenen Schlagbaum. Vielleicht bekommt er dann ja ein Nachtquartier in den Unterkunftsräumen der Sternwarte... Sämtliche Fotos bis auf die Abb. 1 sowie

alle Daten dieses Artikels wurden der weiter oben erwähnten Homepage des Observatoriums mit freundlicher Genehmigung von Javier Mendez, der für den Inhalt der Homepage verantwortlich ist, entnommen. Herrn Mendez, der außerdem Leiter für Öffentlichkeitsarbeit und Bibliothekar an der Sternwarte ist, sei daher an dieser Stelle für dessen Hilfe herzlich gedankt.

Die Geschichte um den Nebel von 55 Andromedae
von Klaus Wenzel

Abb. 1: Der Stern 55 Andromedae (Aufname W. Düskau)

tigte daraufhin den Stern jeweils in seinem Doppelstern (h 1094) und in seinem Nebelkatalog (h162). Am 18. Dezember 1848 richtete dann Lord Rosse (Abb. 5), der die Herschelnebel beobachtete, in Birr Castle (Zentralirland) seinen 72-Zoll-Leviathan auf 55 Andromeda und notierte: ,,Found Star 7th or 8th mag in place, but saw no nebulous atmosphere" [2]. Lord Rosse konnte die Beobachtung von Herschel also nicht bestätigen, beobachtete aber trotzdem bis etwa 1861 den Stern noch 7 weitere Male mit seinem Riesenteleskop, jedoch jeweils mit dem gleichen negativen Ergebnis. In Kopenhagen versuchte sich derweil Heinrich d'Arrest [3, 4] mit dem 11-ZollRefraktor der neuen Universitätssternwarte an dem Nebel um 55 Andromeda. Erste Beobachtungen führte er bereits

Im Nebelkatalog von 1833, den John Herschel veröffentlichte [1], findet man unter der Nummer h162 folgenden Eintrag: ,,55 Androm. a fine nebulous star with a strong atmosphere losing itself imperceptibly; diam 90". It is also a double star h1094; called nebulosa by Piazzi (Sweep 183)." Durch diesen Eintrag wurde 55 Andromeda (Abb. 1) bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zum Ziel von vielen prominenten Beobachtern in dieser Zeit. Doch die Geschichte um diesen Stern beginnt bereits im ausgehenden 17. Jahrhundert, als John Flamsteed (Abb. 2) am 17. Oktober 1691, im königlichen Observatorium zu Greenwich, diesen Stern beobachtete und als Stern 55 im Sternbild Andromeda katalogisierte. Etwa

100 Jahre später wurde dieser Stern vermutlich von dem Entdecker der Ceres, Giuseppe Piazzi (Abb. 3) in Palermo, beobachtet, zumindest findet sich in seinen Unterlagen ein Hinweis, dass der Stern eine Nebelhülle besitzt. Vermutlich dieser Hinweis, brachte 55 Andromeda auf den Beobachtungsplan von John Herschel (Abb. 4), dem Sohn des berühmten Uranusentdeckers Wilhelm Herschel, der den Stern 1828 (Sweep 183) im Rahmen seiner Nebelbeobachtungen mit dem 18Zöller seines Vaters in Slough beobachtete. Herschel entdeckte nicht nur den 11 mag hellen Begleiter, etwa 1' nördlich, sondern beschrieb auch eine helle Nebelhülle um 55 Andromeda, und bestätigte somit den Hinweis von Piazzi. Herschel berücksich-

Abb. 2: John Flamsteed (1649-1719)
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spectrum apparently similar to that of an ordinary star"). Aufgrund all dieser Beobachtungen, und eventuell auch eigener, die Dreyer vermutlich in den Jahren 1874 bis 1878 in Birr, als Assistent von Lawrence Parsons, dem Sohn und Nachfolger von Lord Rosse, mit dem 72-Zöller durchführte, wurde GC 428 = 55 Andromedae nicht in den neuen New

seiner Beobachtung in Slough unzweifelhaft eine Nebelatmosphäre beschrieb. Doch vielleicht war bei dieser Beobachtung auch nur sein Okular beschlagen. Das ist heute allerdings nicht mehr nachvollziehbar. Nachvollziehen kann man aber eine einfache Beobachtung dieses Sterns, auch mit kleinster Öffnung und sich in die Zeiten der visuellen Pioniere des 19ten Jahrhunderts zurückversetzen, die diesem Stern hartnäckig auf den Fersen blieben.

Abb. 3: Guiseppe Piazzi (1746-1826)
1857 durch, weitere folgten bis 1862. Doch auch er schrieb: ,,Das der Stern 55 Andromedae den im Jahre 1828 eine starke Atmosphäre umgab, von allen Nebel gegenwärtig frei ist, habe ich, seit August 1862 häufig angemerkt. Dieser Fall, ist einer von den wenigen, die in Zukunft besondere Aufmerksamkeit verdienen." D'Arrest konnte Herschels Beobachtung also auch nicht bestätigen. Trotz all dieser negativen Beobachtungen wurde 55 Andromedae im General Calalogue (GC) von 1864 von John Herschel unter der Nr. 428 eingetragen. Im Anhang schrieb Herschel hierzu: ,,Although this star has been eight times examined by Lord Rosse without perceiving any nebulous atmosphere, yet as my observation is corroborative of Piazzi's designation of it as Nebulosa, it is retained for occasional future examination". [5] Eine mögliche Erklärung des Phänomens lieferte 1866 Schjellerup von der Sternwarte Kopenhagen, also ein Kollege von Heinrich d'Arrest. Er vermutete, nicht zuletzt aufgrund der Beobachtungen von d'Arrest, dass Piazzi den Anhang ,,Nebulosa" aufgrund eines Missverständnisses beim Studieren der Unterlagen von Flamsteed hinzufügte, und nicht aufgrund seiner eigenen Beobachtung. Flamsteed beobachtete diesen Stern nämlich in jener Nacht im Jahre 1691 unmittelbar nach dem Andromedanebel [6]. Erste visuelle Spektralbeobachtungen von 55 Andromedae führte schließlich 1864 William Huggins (Abb. 6) mit einem 20cm-Refraktor in seinem Privatobservatorium in Tulse Hill bei London durch [7]. Doch Huggins konnte nur ein völlig normales Sternspektrum beobachten (,,The
VdS-Journal Nr. 15

Abb. 4: John Herschel (1792-1871) Abb. 5: Lord Rosse (1800-1864)
General Catalogue (NGC) von 1888 aufgenommen, lediglich im Anhang findet sich der Hinweis: ,,GC 428 = 55 Andromedae. Omitted in this Catalogue, as the star is undoubtedly not nebulous and was not seen so by Piazzi (whom h quotes). See Schjellerup's note, AN 1613" [8]. Ungeklärt bleibt jedoch die frühe Beobachtung von John Herschel, der bei

Literaturhinweise [1] John Herschel, 1833: Observations of
Nebulae and Clusters of Stars made at Slough, with a Twenty-feet Reflector, between the years 1825 and 1833, Phil. Trans. 123, 359 [2] Earl of Rosse, 1861: On the Construction of Specula of Six-feet Aperture; and a selection from the Observations of Nebulae made with them, Phil. Trans. 151, 125 [3] W. Steinicke, 2003: Der NGC und seine Beobachter: Heinrich Ludwig d'Arrest, Interstellarum 30, 50 [4] H. d'Arrest, 1864: Über einige am Kopenhagener Refractor beobachtete Objecte aus Lord Rosse's List of nebulae not found. , AN Nr. 1500 [5] John Herschel, 1864: Catalogue of Nebulae and Clusters of Stars, Phil. Trans. 154, 1 [6] C. F. Schjellerup, 1866: Ist 55 Fl. Andromedae wirklich nebulosa , AN Nr. 1613 [7] William Huggins, 1864: On the Spectra of some of the Nebulae, Philosophical Transactions 154, 437 [8] J. L. E. Dreyer, 1888: A new General Catalogue of Nebulae and Clusters of Stars, Mem. R.A.S. 49, 381
Abb. 6: William Huggins (1824-1910)

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78 G E S C H I C H T E

Maximilian Hell und der Venustransit von 1769 - Eine abenteuerliche Reise nach Vardø
von Wolfgang Steinicke und Wilhelm Brüggenthies

Abb. 1: Maximilian Hell
Der Venustransit von 2004 ist schon fast Geschichte. Wer nichts gesehen hat, und jung genug ist, bekommt 2012 jedoch eine weitere Chance (in Europa leider nur zum Teil sichtbar). Doch schauen wir nicht in die Zukunft, sondern 4 Transite zurück, ins Jahr 1769, und beleuchten das Schicksal eines Mannes, der viele Strapazen auf sich genommen hat, um dieses seltene Ereignis zu beobachten. Es handelt sich um den Jesuitenpater und ersten Direktor der Wiener Universitätssternwarte Maximilian Hell (Abb. 1) - die Hauptperson in einer Geschichte von Ruhm, tiefem Fall und später Rehabilitierung.

Phänomen beim 2. und 3. Kontakt: der

Schwarze Tropfen. Hierbei klebt die Venus

über einige Minuten am inneren Sonnen-

rand, so dass die Bestimmung der

Kontaktzeiten einigermaßen willkürlich

ist.

Für den Transit am 3. Juni 1769 rüstete

sich erneut eine Armada von Astronomen,

um weltweit die Ein- und Austrittszeiten zu

messen. An 77 Orten verteilten sich 171

Beobachter, viele waren bereits 1761 dabei

gewesen. Die Uhren waren verbessert, der

Engländer John Bevis hatte gar einen

Simulator konstruiert, um die heikle

Messung der Kontaktzeiten zu üben. Der

Franzose Le Gentil versuchte ein zweites

Mal die Kolonie Pondicherry (Ostindien)

zu erreichen, nachdem er das Ereignis von

1761 auf See beobachten musste. Er sollte

diesmal Pech mit dem Wetter haben [2].

Chappe d'Auteroche reiste nach Baja

California und sah einen ungetrübten

Transit, den er mit dem Tod bezahlen mus-

ste, er wurde Opfer einer Typhus-Epide-

mie. Capt. James Cook segelte mit der

Endevour nach Tahiti und erbaute das Fort

Venus. Damit war der südlichste Punkt

markiert. Der nörd-

lichste, die kleine

norwegische Insel

Vardø

(damals

Wardöhuus), war das

Ziel von Maximilian

Hell.

Abb. 2: Hell an der Wiener Sternwarte
folgte Hell den Transit von 1761, zusammen mit Erzherzog Joseph II und dem Pariser Astronomen Cesar Francois Cassini.

Die Lehren aus dem Transit von 1761 Edmund Halley - und vor ihm bereits James Gregory - hatten gezeigt, dass es mit Hilfe eines Venusdurchgangs möglich ist, die Entfernung Erde-Sonne, die Astronomische Einheit (AE), zu bestimmen [1]. Um eine maximale Parallaxe der Venus vor der Sonnenscheibe zu erreichen, ist eine möglichst große Breitendifferenz zwischen den Beobachtungsorten erforderlich. Die Beobachtung des Transits vom 6. Juni 1761, das erste internationale Forschungsprojekt, brachte leider kein klares Ergebnis: Es ergaben sich Werte von 125 bis 155 Millionen km (heute: 1 AE = 149,597870 Millionen km). Die Zeitmessung und damit auch die Bestimmung des Längengrads waren noch zu ungenau. Zudem zeigte sich ein unerwartetes
VdS-Journal Nr. 15

Reisevorbereitung Rudolf Maximilian Hell wurde am 15. Mai 1720 in Schemnitz (Slowakei, damals zu Ungarn gehörig) geboren [3]. 1738 trat er ins Jesuitenkolleg Trentschin ein und wurde bald an die bescheidene Wiener Ordenssternwarte versetzt. 1755 ernannte ihn Kaiserin Maria Theresia zum ersten Direktor der neuen Wiener Universitätssternwarte (Abb. 2). Dort ver-

Abb. 3: Reiseroute durch Skandinavien

G E S C H I C H T E 79

Abb. 4: Hells Observatorium auf Vardø
1767 erhielt Hell eine Einladung von Christian VII, König von Dänemark und Norwegen, den kommenden Transit von der Insel Vardø aus zu beobachten. Nachdem der führende dänische Astronom, Christian Peder Horrebow, für die beschwerliche Mission zu alt schien, suchte man jemanden, der hervorragende Ergebnisse zum Ruhm des Landes versprach. Hell bekam die Erlaubnis von Maria Theresia und Joseph II und wurde beurlaubt. Er wurde von Pater Anton Pilgram vertreten. Die Ordensführung in Rom hatte allerdings ein Problem.

Dänemark und Norwegen erlaubte es Jesuiten nicht, sich dort aufzuhalten. Christian VII machte bei Hell eine Ausnahme, verlangte aber in weltlicher Kleidung zu reisen, auf Kreuz, Rosenkranz, und vor allem jede öffentliche religiöse Betätigung zu verzichten. Papst Clemens XIII stimmte der Mission aber wegen ihrer wissenschaftlichen Bedeutung zu. Als Begleiter wählte Hell den Jesuitennovizen Johann Sajnovic (1733-1785), von 1762-64 Assistent an der Wiener Sternwarte. Beide waren nicht nur astrono-

misch interessiert, sondern wollten auch Natur und Kultur der unbekannten Gegend erforschen. Sajnovic verfasste während der Reise ein umfangreiches Tagebuch in lateinischer Sprache. Es geht, im Vergleich zu Hells Aufzeichnungen, mehr auf die Umstände der Reise sowie Land und Leute ein [4]. Hell wurde von seinen Zeitgenossen als freundlicher Gnom beschrieben, hilfsbereit, fleißig, gewissenhaft und äußerst begabt. Sajnovic neigte dagegen etwas zu Überheblichkeit. Eine ähnliche wissenschaftliche Karriere blieb ihm zeitlebens versagt.
Eine abenteuerliche Expedition Die Reise begann am 28. April 1768. Sie führte durch Böhmen und Sachsen zunächst nach Lübeck, wo Hell und Sajnovic am 26. Mai Christian VII trafen. In Kopenhagen wurden sie mit allen erdenklichen Papieren und Vollmachten ausgestattet. Von dort brachen sie am 2. Juni auf und erreichten 4 Wochen später die Hafenstadt Trondheim (Abb. 3). Hier schloss sich Jens Finne Borchgrevink (1737-1819) an, ein astronomisch versierter Norweger (von Sajnovic als Student bezeichnet). Hell las - trotz Verbot - eine Messe für 155 Katholiken (heimlich hatte er einen kleinen Reisealtar mitgenommen). Am 22. August war das Segelschiff Urania startklar und es begann eine abenteuerliche Schiffsreise entlang der norwegischen Fjordküste. Am Nordkap blies ihnen ein kräftiger Ostwind entgegen und sie mussten oftmals Schutz in kleineren Häfen

Abb. 5: Hells Teleskope und Vardø-Karte an der Wiener Sternwarte (Aufnahme W. Steinicke)

VdS-Journal Nr. 15

80 G E S C H I C H T E

zum 22. Mai 1770. Hell informierte zunächst nur die dänischen Astronomen und lies sich mit dem Berichtschreiben viel Zeit. Die meisten Expeditionsberichte trafen schon vor Ende 1769 in Paris ein, wo Lalande die Auswertung koordinierte. Wo blieben Hells Daten? Das Wetter am Nordkap war schlecht gewesen und seine Beobachtungen waren damit die nördlichsten - und neben Tahiti die wichtigsten! Die Laufzeitdifferenz der Venus relativ zu Cooks Standort betrug 28,5 Minuten. Hells Bericht wurde erst am 8. Februar in Kopenhagen publiziert, und die Verbreitung kostete weitere Zeit (Abb. 8). Ungeduldig schrieb Lalande am 3. April einen scharfen Brief an Hell. Der Franzose äußerte derweil gegenüber Kollegen den

Abb. 6: Ein Lager der Samen auf Vardø (Zeichnung von Hell)

Abb. 7: Gedenktafel am Rathaus von Vardø (Aufnahme R. Rautio)

suchen. Einmal riss der Sturm zwei der drei Anker fort und das Schiff drohte an der felsigen Küste zu zerschellen. Hell schrieb: ,,Gott beschützte uns durch ein wirkliches Wunder, sonst wären wir alle zu Grunde gegangen". Am 11. Oktober trafen sie erschöpft in Vardø ein und wurden von Major Eckleff, dem Kommandanten der kleinen Festung, begrüßt. Dieser rekrutierte sogleich Arbeiter für den Bau eines Observatoriums. Der Winter nahte und Hell beschwerte sich, dass nur drei Stunden am Tag gearbeitet wurde. Das Pensum wurde daraufhin deutlich erhöht und am 14. Dezember stand der Holzbau (Abb. 4). Hell und seine Begleiter machten meteorologische und astronomische Messungen, wobei nur bescheidene Teleskope zur Verfügung standen (Abb. 5). Sajnovic studierte die Sprache der einheimischen Bevölkerung, der Samen (Abb. 6). Er stellte dabei eine starke Verwandtschaft mit dem Ungarischen fest - und begründete die finnisch-ugrische Sprachforschung. Während der Polarnacht praktizierte man das ,,System": Wöchentliche Feste, zu denen reihum eingeladen wurde. Hell spielte dabei öfters auf der Laute. Weihnachten und das Neue Jahr 1769 wurden besonders gefeiert. Ende April kam die Nachricht (die Post von Trondheim dauerte fast 6 Wochen), dass zwei englische Astronomen, Bailey und Dixon, am Nordkap eingetroffen seien. Ab Mitte Mai herrschte Mitternachtssonne. Es schneite noch kräftig, aber das Wetter wurde Anfang Juni besser.
VdS-Journal Nr. 15

Der Transit und die Folgen Am 3. Juni, dem Tag des Venustransits, war der Himmel nur mäßig bewölkt. Der Eintritt um 21:30 Uhr Ortszeit konnte vollständig dokumentiert werden. Hell schrieb: ,,Gott erwies uns die übermäßige Gnade". Einige Gäste durften den Transit auf dem Projektionsschirm betrachten. Der Kommandant hisste die Flagge und die Trompete wurde geblasen. Nach 6,5 Stunden wurde auch der Austritt festgehalten. Hell sandte umgehend Briefe nach Kopenhagen und Wien. Leider verschlechterte sich das Wetter und die Sonnenfinsternis am 4. Juni konnte nicht beobachtet werden. Der 27. Juni war der Tag des Abschieds, Kanonen wurden abgefeuert und Almosen an die Armen verteilt. Eine Gedenktafel erinnert an Hells Aufenthalt (Abb. 7). Man erreichte Trondheim am 30. August und war am 17. Oktober wieder in Kopenhagen. Der Aufenthalt dauerte bis

Abb. 8: Hells offizieller Bericht zum Venustransit

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Abb. 9: Carl Ludwig von Littrow
Verdacht, dass Hell auf andere Ergebnisse warte, um die eigenen Daten zu manipulieren! Hatte er womöglich gar keinen Transit gesehen? Hell war von der Qualität und Bedeutung seiner Daten überzeugt und nahm die Aufregung erstaunlich gelassen. Am 12. August trafen er und Sajnovic, nach 2 Jahren und 24 Tagen, in Wien ein. Die Auswertung aller Beobachtungen lieferte eine AE zwischen 148 und 154 Mill. km, wobei sich mit Hells Daten ein auffallend niedriger Wert ergab (aus heutiger Sicht kam man damit der Wahrheit allerdings recht nahe). So blieb zeitlebens der Verdacht der Manipulation, den Hell durch sein seltsames Verhalten ausgelöst hatte. Maximilian Hell starb am 14. April 1792 in Wien.

Ein pikantes Nachspiel 1835 befasste sich Carl Ludwig von Littrow (1811-1877, Abb. 9), Sohn des Direktors der Wiener Sternwarte, Joseph Johann von Littrow, mit Hells Aufzeichnungen aus Vardø und kam zu einem vernichtenden Urteil. Er konstatierte eine grobe Fälschung, denn viele Eintragungen, insbesondere die kritischen Kontaktzeiten, waren offenbar von Hell ausgewischt und später mit neuer, andersfarbiger Tinte überschrieben worden. Littrows Bericht verursachte einen wissenschaftlichen Skandal, Hells einstmals guter Ruf war endgültig dahin! Simon Newcomb (Abb. 10), Direktor des U.S. Naval Observatory in Washington, und Koordinator der Venustransite von 1874 und 1882, begab sich 1883 nach Wien um Hells Eintragungen und Littrows Befunde zu überprüfen. In einer meisterhaften Detektivarbeit fand er heraus, dass die Zahlen überschrieben wurden, bevor die Tinte trocken war. Außerdem wurde dieselbe Tinte verwendet. Er schloss daraus, dass Hell die Ziffern noch während der Aufzeichnung überschrieben hatte, wahrscheinlich um die bedeutenden Werte besser lesbar zu machen. Littrows Farbunterschied erwies sich als besonders pikant: Newcomb erfuhr von Direktor Edmund Weiss, dass Littrow farbenblind war! Eine umfangreiche Publikation [5] brachte die volle Rehabilitation Hells und Littrow (mittlerweile verstorben) geriet zur Lachnummer. Newcomb schrieb: Für ein halbes Jahrhundert war die astronomische Welt Opfer der inkorrekten Darstellung eines farbenblinden Mannes zu Tinten-

Abb. 10: Simon Newcomb
flecken in einem Manuskript.
Literaturhinweise [1] Halley, E., 1716: Phil. Trans. 29, 454 [2] Sawyer-Hogg., H., 1951: Le Gentil and the
Transits of Venus, 1761 and 1769, J. Roy. Astr. Soc. Can. 45, 37, 89, 127, 173 [3] Weyss, N., 1986: Maximilian Hell und sein Fernseher vor 200 Jahren, Maria Enzendorfer Kulturnachrichten, 11/1986, S. 4 [4] Kragemo, H., 1997: Pater Hells Vardöhus Expedition, Festschrift zur 650-Jahrfeier der Festung Vardø (Übersetzung A. Bamesreiter) [5] Newcomb, S., 1883: On Hell's alleged Falsification of his Observations of the Transit of Venus in 1769, Mon. Not. Roy. Astr. Soc. 43, 371

82 K O M E T E N
Komet C/2004 F4 (Bradfield)
von Andreas Kammerer

Abb. 1: C/2004 F4 (Bradfield), aufgenommen von der Sonnensonde SOHO. Von links nach rechts: 2004 April 16,70 UT, 17,20 UT (4 Stunden nach Periheldurchgang), 18,54 UT, 19,50 UT und 20,16 UT. Mit freundlicher Genehmigung ESA/NASA.

Abb. 2: C/2004 F4 (Bradfield) am 22.4.2004 um 3:50 UT, rund 70 Minuten vor Sonnenaufgang ganz tief am Horizont und nur 14 Grad von der Sonne entfernt. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war der Himmel hellblau. 1:3,3/180mm-Tele und SXV-H9 CCD-Kamera, 10x4 Sekunden! LRGB-Aufnahme von Michael Jäger und Gerald Rhemann
VdS-Journal Nr. 15

Am 23. März 2004 fand der berühmte australische Kometenjäger W. A. Bradfield (mittlerweile 76 Jahre alt!) einen grob 7 bis 8 mag schwachen Kometen im Zuge seiner Suche nach Sungrazer-Kometen im Sternbild Walfisch. Der Komet, den er auch am folgenden Tag nochmals auffinden konnte und der den 18. von ihm entdeckten Komet darstellt (wobei alle nur seinen Namen alleine tragen), befand sich nur knapp über dem durch die Dämmerung aufgehellten Horizont.
Weitere Bestätigungen gelangen zunächst aufgrund der schlechten Beobachtungsumstände sowie dem schwierig zu identifizierenden Sternenumfeld nicht. Die nächste Beobachtung gelang dann - wiederum Bradfield - erst am 8. April. Einen Tag später konnten R.H. McNaught und T.M. Smith den Kometen mit einem 12x20Fernglas bestätigen; sie schätzten die Helligkeit der 0,5' kleinen, stark kondensierten, blauen Koma auf grob 5 mag; zudem machten sie schemenhaft einen etwa senkrecht zum Horizont stehenden, 2' kurzen Schweif aus. Schließlich gelang T. Lovejoy am 11. April eine CCD-Aufnahme, die eine grob geschätzt 3,5 mag

K O M E T E N 83

Abb. 3: C/2004 F4 (Bradfield), Vergleich zweier Bilder mit einer 200mm-Schmidtkamera mit 300 mm Brennweite vom 28.4. um 2:53 UT (links) und 30.4.2004 um 2:39 UT. Beide Aufnahmen sind Mosaike aus jeweils zwei Feldern mit einer Gesamtbelichtungszeit von 6 Minuten. Aufnahmen von Michael Jäger und Gerald Rhemann

Abb. 4: C/2004 F4 (Bradfield) am 30.4.2004 um 3:00 UT aufgenommen mit Normalobjektiv 1:2,8 / 50 mm mit Grünfilter und SXV-H9 CCD-Kamera, 5x60 Sekunden. Der Schweif ragt über das Bildfeld hinaus und war damit länger als 9 Grad. Aufnahme von Michael Jäger und Gerald Rhemann

Abb. 5: Visuelle Beobachtungen zeigen, dass die Helligkeit des Kometen C/2004 F4 (Bradfield) nach dem Perihel rasch abnahm und am Ende der ersten Maiwoche bereits unter 7 mag gefallen war. Grafik von Heinz Kerner

helle Koma und einen 0,5 Grad langen Schweif zeigte. Aufgrund der extrem schlechten Sichtbedingungen konnte die Bahn bis zum 13. April nur grob bestimmt werden (IAUC 8319/20). Erst als der Komet dann ab dem 15. April für vier Tage im SOHOGesichtsfeld sichtbar wurde, konnten die Bahnelemente verbessert werden (was aber nur in überraschend geringfügigem Maße erforderlich war). Demnach passierte der Komet sein Perihel am 17. April in nur 0,17 AE Sonnendistanz. Zunächst war angenommen worden, dass die Maximalhelligkeit bei 2 mag liegen würde, doch wiesen die SOHO-Aufnahmen eher auf eine Helligkeit zwischen 0 mag und 1 mag hin, womit die absolute Helligkeit auch oberhalb der magischen Grenze zu liegen kommt, unterhalb welcher ein Auseinanderbrechen wahrscheinlich ist. Interessant an diesem Kometen ist, dass er
VdS-Journal Nr. 15

84 K O M E T E N

Abb. 6: C/2004 F4 Bradfield, aufgenommen am 13.5.2004 um 2:16 UT von Waldemar Skorupa, er belichtete 4x3 Minuten mit einer Digitalkamera EOS 10D bei Einstellung ISO 1600 an einem 100/450-mm-Newton-Teleskop. Der Beobachtungsort lag in Südfrankreich.

Abb. 7: C/2004 F4 (Bradfield) am 19.5.2004, von 0:39 bis 0:49 UT in der beginnenden Morgendämmerung aufgenommen von Uwe Wohlrab und Marcus Richert. Sie verwendeten einen Deltagraphen 1:3,3 / 830 mm und belichteten 10 Minuten auf NPH 400 Farbnegativfilm. Beobachtungsort war in der Nähe von Hohenlobbesee im Fläming.

wahrscheinlich kurz vor der Entdeckung einen Helligkeitsausbruch durchgemacht hat (bzw. seine Aktivität regelrecht explodierte), da er erstens in den Wochen vor der Entdeckung günstig am Abendhimmel stand und zweitens in den SWAN-Aufnahmen erst ab etwa Mitte März ausgemacht werden kann. Die Entwicklung nach dem Perihel wird somit von großem Interesse sein.

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Abb. 8: C/2004 F4 (Bradfield) in den frühen Morgenstunden des 25.4.2004 um ca. 4:15 Uhr, aufgenommen von Andre Walczak mit einem Objektiv 1:2,8 / 180 mm (Blende 4,0), 15 Sekunden belichtet auf Ektachrome 200 Farbdiafilm. Beobachtungsort: Schöppinger Berg / Münsterland.
Abb. 9: Christian Harder fertigte diese Zeichnung des Kometen Bradfield auf dem ITV am 18.5.2004 um 0:30 UT an. Er beobachtete an einem 16-Zoll-Newton-Teleskop bei 73x. Wie er mitteilt, wurde der eingezeichnete Gegenschweif durch Beobachtung an einem 24-Zöller visuell bestätigt.

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Amateurentdeckungen von Kleinplaneten
von Gerhard Lehmann

Wird eine CCD-Kamera regelmäßig zur Astrometrie eingesetzt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eines Tages auch ein neuer, bis dahin unbekannter Kleinplanet entdeckt wird.

Die erste Nacht Die Freude ist groß, wenn sich durch den Vergleich von zwei zeitlich aufeinander folgenden Aufnahmen aus einer Beobachtungsnacht ein vermeintlich neuer Kleinplanet zeigt. Doch bei aller Aufregung gilt es einen klaren Kopf zu behalten. In jedem Fall müssen noch in derselben Nacht weitere Aufnahmen angefertigt werden. Nur so kann ein ,,Hot Spot" oder ein Lichtreflex auf den CCD-Aufnahmen ausgeschlossen werden. Jetzt wird es Zeit für die Astrometrie. Viele Kleinplanetenbeobachter benutzen dazu das Programm Astrometrica [1] von Herbert Raab. Mit den damit erhaltenen Positionen wird mit dem Minor Planet Checker [2] geprüft, ob es sich um einen schon bekannten Kleinplaneten handelt. Ergibt die Prüfung, dass sich an der ermittelten Position kein Objekt befindet, muss die nächste Nacht abgewartet werden.

Abb. 1: Kleinplanetenstationen in Mitteleuropa

Die zweite Nacht In Abhängigkeit von seiner Eigenbewegung wird sich der neue Kleinplanet an einer anderen Position befinden. Oft verhindert das mitteleuropäische Wetter eine Beobachtung in der nachfolgenden Nacht. Hier hilft der New Object Ephemeriden Generator [3]. Er verlangt mindestens zwei Positionen in der vom Minor Planet Center[4], kurz MPC, vorgeschriebenen Form [5]. Dieser Service des MPC liefert eine Ephemeride, mit der dann am Sternenhimmel gesucht werden kann. Die Freude ist groß, wenn sich der Kleinplanet wiederum auf den Aufnahmen zeigt. Ergibt die erneute Überprüfung mit dem Minor Planet Checker [2], dass er noch nicht bekannt ist, müssen die Positionen aus den jetzt zwei Nächten dem MPC per Mail (mpc@cfa.harvard.edu) so schnell wie möglich gemeldet werden. Zuvor muss eine eigene vorläufige Bezeichnung für den vermeintlich neuen Kleinplaneten gewählt werden. Hinweise auch hierzu unter [5]. Es kann wenige Minuten dauern, aber manchmal auch 48 Stunden, bis eine Antwort eintrifft. Auch wenn die

Aufregung, zumindest bei den ersten Entdeckungen, groß ist, sollte diese Wartezeit sportlich genommen werden. Nicht immer hat man Glück. Aber wenn dann die erlösende Mail mit einer provisorischen Bezeichnung eintrifft und man in dieser keine solche Klammer ( findet [6], dann hat man einen neuen, bisher noch unbekannten Kleinplaneten, gefunden!
Die nächsten Nächte Für eine Ephemeride zur Beobachtung des neuen Kleinplaneten kann jetzt der Minor Planet Ephemeriden Service [7] genutzt werden. Noch existieren keine Bahnelemente, denn es liegen nur Positionen aus zwei Nächten vor. Wird der neue Kleinplanet in einer dritten Nacht beobachtet, rechnet das MPC daraus die ersten Bahnelemente. Der Kleinplanet wird dann Teil der Datei MPCOrb.DAT [8], die von vielen Sternprogrammen, z.B. Guide [9] oder EasySky [10], genutzt wird. In den folgenden Nächten muss der neue Kleinplanet regelmäßig beobachtet werden, damit sich das beobachtete Bahnstück vergrößert. Mit jeder Beobachtung verbes-

sern sich seine Bahnelemente. Spielverderber ist oft das mitteleuropäische Wetter. Hier hilft die Kleinplanetenszene in Mitteleuropa. Von den hier bekannten 52 Kleinplanetenstationen (siehe Abbildung 1) sind 38, oder 73 %, Mitglied der FG Kleine Planeten der VdS. Oft hilft auch ein Beobachtungsaufruf auf der deutschen Kleinplanetenmailingliste [11] weiter.
Die nächsten Oppositionen Hat der Kleinplanet eine provisorische Bezeichnung erhalten und liegen Bahnelemente vor, heißt das noch nicht, dass man für immer als Entdecker gilt. In einigen Fällen kommt es zu einer Identifizierung mit früheren provisorisch bezeichneten Kleinplaneten. In diesen Fällen handelte es sich also in Wirklichkeit um eine Wiederentdeckung. Es kann sein, dass man das Recht des späteren Namensvorschlags verliert. Trotzdem hat man einen wichtigen Beitrag zur Bahnsicherung geleistet. Natürlich hat man das Ziel, dass man seinen Kleinplaneten nicht verliert. Dazu müssen Positionen aus mehreren Oppo-
VdS-Journal Nr. 15

86 K L E I N P L A N E T E N

Abb. 2: Neu entdeckte Kleinplaneten
sitionen vorliegen. Liegen Beobachtungen aus mehreren vor, kann er nummeriert werden. Dann hat der Entdecker das Recht, einen Namen [6] vorzuschlagen. Spätestens jetzt kann gefeiert werden, denn einen Kleinplaneten zu entdecken und zu verfolgen, wie er nummeriert und anschließend benannt wird, ist immer wieder etwas ganz Besonderes!

Ausblick Seit einigen Jahren wird vom Autor eine kleine Statistik der neu- und wiederentdeckten Kleinplaneten [12] geführt. Darin sind seit 1993 ca. 800 verzeichnet (siehe Abb. 2). Es sind 195 Kleinplaneten aus der FG Kleine Planeten der VdS nummeriert. Mittlerweile wurden 61, oder 31 %, der Namensvorschläge akzeptiert. Eine Auswahl davon zeigt Abb. 3. Auch wenn die großen Surveys wie LINEAR oder Spacewatch den Kleinplanetenhimmel abgrasen, gelingen immer wieder Neuentdeckungen durch Amateurastronomen! Nur Mut, wenn Sie glauben einen neuen Kleinplaneten entdeckt zu haben. Die FG Kleine Planeten der VdS hilft Ihnen jederzeit weiter.

Literaturhinweise / Internet-Links
[1] Astrometrica: http://www.astrometrica.at/ [2] Minor Planet Checker: http://scully.har-
vard.edu/~cgi/CheckMP [3] New Object Ephemeriden Generator:
http://cfa-www.harvard.edu/iau/MPEph/ NewObjEphems.html [4] Minor Planet Center: http://cfa-www. harvard.edu/cfa/ps/mpc.html [5] MPC-Fomrat: http://www.kleinplanetenseite.de/Aufsatz/mpcform.htm [6] Guide to Minor Body Astrometry: http://cfa-www.harvard.edu/iau/info/ Astrometry.html [7] Minor Planet Ephemeriden Service: http://cfa-www.harvard.edu/iau/MPEph/ MPEph.html [8] MPCOrb: ftp://cfa-ftp.harvard.edu/pub/ MPCORB/MPCORB.ZIP [9] Programm Guide: http://www.projectpluto.com/ [10] Programm EasySky: http://www.easysky.de/ [11] Kleinplanetenmailingliste: http:// groups.yahoo.com/group/kleinplaneten/ [12] Kleinplanetenseite: http://www.kleinplanetenseite.de

Abb. 3: Auswahl benannter Kleinplaneten der FG ,,Kleine Planeten" der VdS
VdS-Journal Nr. 15

K L E I N P L A N E T E N 87

Meine benannten Kleinplaneten
von Andre Knöfel

Abb. 1: Wilhelm Bölsche
Beschäftigt man sich aktiv mit der Beobachtung von Kleinplaneten, bleibt es meist nicht aus - entsprechende Ausrüstung vorausgesetzt - dass man früher oder später einmal einen noch nicht bekannten Kleinplaneten entdeckt. Wenn durch Folgebeobachtungen oder auch durch die Suche auf alten Aufnahmen in Archiven weitere Positionen gewonnen werden können und danach die Bahn des Neulings recht genau bekannt ist, wird vom Minor Planet Center [1] der International Astronomical Union in Cambrigde/MA diesem Kleinplaneten eine entgültige Nummer gegeben. In diesem Augenblick ist der Entdecker berechtigt, dem Committee for Small Body Nomenclature [2] einen Namen für diesen Kleinplaneten vorzuschlagen. Was bewegt nun einen Entdecker eines Kleinplaneten einen bestimmten Namen vorzuschlagen? Die Motive sind sehr vielfältig und sehr individuell, so dass nur der Entdecker selbst dazu Aussagen machen kann. Deshalb möchte ich in diesem Beitrag auf die Namen eingehen, die ich bis jetzt für ,,meine" sechs Kleinplaneten vergeben durfte.
(17821) Bölsche Warum benennt man einen Kleinplaneten nach Wilhelm Bölsche? Nun, das ist eine lange Geschichte, die im Jahre 1976 in einem kleinen Antiquariat in Berlin-

Laudatien
(17821) Wilhelm Bölsche 1998 FC127. Discovered 1998 Mar. 31 by A. Knöfel and J. Kandler at Drebach. Wilhelm Bölsche (1861-1939) was a naturalist, poet and writer. With his book Das Liebesleben in der Natur, he is considered the father of modern popular-science books in Germany. Bölsche, a protagonist of Darwinism, wrote popular biographies on Darwin and Haeckel.
(20512) Rothenberg 1999 RW32. Discovered 1999 Sept. 10 by A. Knöfel at Drebach. Eckehard Rothenberg (1938- ) is technical director of the Archenhold Observatory in Berlin-Treptow and in the past leader of a youth study group there. Many of the group's former members (including the discoverer) are today active amateur and professional astronomers and owe him for a considerable share of their knowledge.
(20518) Rendtel 1999 RC36. Discovered 1999 Sept. 12 by A. Knöfel at Drebach. Jürgen Rendtel (1954- ) is a solar physicist to the Astrophysical Institute in Potsdam and a keen amateur astronomer who has organized a study group for meteor observers in Germany (Arbeitskreis Meteore) in 1975. He has also been president of the International Meteor Organization since its foundation in 1988.
(20522) Yogeshwar 1999 RK40. Discovered 1999 Sept. 13 by A. Knöfel at Drebach. Ranga Yogeshwar (1959- ), a physicist and scientific journalist, works as editor and presenter of excellent German public science television programs. His work is a most valuable contribution to the scientific education of the television audience.
(21686) Koschny 1999 RB36. Discovered 1999 Sept. 11 by A. Knöfel at Drebach. Aerospace engineer Detlef Koschny (1962- ) is a member of the Rosetta Project Scientists' Team of the European Space Research and Technology Center of the European Space Agency. He is also an active amateur astronomer and works on the subject of groundbased observations of meteors with intensified video cameras.
(38268) Zenkert 1999 RV32. Discovered 1999 Sept. 9 by A. Knöfel at Drebach. Arnold Zenkert (1923- ) was the director of the planetarium and of the Bruno H. Bürgel Memorial Plaza in Potsdam. Interested in historical sundials at churches and buildings, he serves on the sundial committee of the German Society for Chronometry.

Pankow begann. Als Schüler interessierte ich mich sehr für Naturwissenschaften, vor allem aber für die Astronomie. In meinem Stamm-Antiquariat fand ich ein Buch von Wilhelm Bölsche mit dem Titel Von Sonnen und Sonnenstäubchen. Für ein paar Mark wechselte es in meinen Besitz. Bölsche war allerdings zu diesem Zeitpunkt für mich schon kein Unbekannter mehr, da ich bereits die uralten Kosmos-Hefte in der Bibliothek meines Vaters verschlungen hatte. Nun hatte ich

allerdings ein richtiges Buch von ihm und ich war fasziniert, wie er es schaffte, allein durch seine Sprache bildreich auch komplizierte Sachverhalte darzustellen. Erstaunt war ich, dass heute eigentlich kaum noch jemand Wilhelm Bölsche kennt. [3] Wilhelm Bölsche wurde 1861 in Köln geboren und ging nach seinem Studium nach Berlin. Dort wurde er bald zur Zentralfigur des Friedrichshagener Dichterkreises. Als Verfasser von ,,Das
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Abb 2: Eckehard Rothenberg (Quelle: F.-M. Arndt)
Liebesleben in der Natur" (1898) gilt Bölsche als der Schöpfer des modernen deutschsprachigen Sachbuches. Er war außerdem der Initiator von Deutschlands erster Volkshochschule und gab wichtige Impulse für die Lebensreformbewegung. In Dutzenden von Büchern und Kosmos Bänden popularisierte der Freidenker und Evolutionär das Wissen seiner Zeit, vor allem die Lehren Darwins und Haeckels. Bölsche starb 1939 in Schreiberhau/ Szklarska Poreba (Riesengebirge). Nach ihm sind ein Berggrat im Riesengebirge, eine Schule und einige Straßen in Deutschland benannt. Als ich nun meinen ersten Kleinplaneten entdeckte, reifte schon recht früh in mir der Entschluss, ihn nach Bölsche [4] zu benennen. Den Kleinplaneten entdeckte ich 1998 an der Volkssternwarte in Drebach - kurios: Er war auf der allerersten Aufnahme, die ich jemals von Kleinplaneten machte, zu finden ...
(20512) Rothenberg Im Laufe des Lebens wird man durch viele Personen geprägt - durch Eltern, Lehrer und Freunde. Auf astronomischem Gebiet war es bei mir Eckehard Rothenberg. Im Jahre 1974 wollte ich als 11-jähriger unbedingt zu einer astronomischen Arbeitsgemeinschaft, da mich die Leidenschaft zur Astronomie gepackt hatte. Ich meldete mich bei der Archenhold-Sternwarte in Berlin-Treptow und bekam einen Brief von Eckehard Rothenberg, dem technischen Direktor der Sternwarte, der mich zur Arbeitsgemeinschaft Jugend-Urania einlud. In zahlreichen Versuchen, Übungen und Lektionen führte uns Eckehard Rothenberg in die Tiefen der Astronomie ein. Von ihm lernten wir Beobachtungsresultate zu interpretieren und über Zusammenhänge nach-
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zudenken. Ich behaupte, dass ich mich ohne ihn als Mentor niemals so intensiv mit der Astronomie beschäftigt hätte. Viele der damaligen Mitglieder sind heute engagierte Amateurastronomen oder Mitarbeiter an Sternwarten. Mit der Namensgebung wollte ich ihm, sicher auch mit Zustimmung anderer ehemaliger Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft, für seine Mühe mit uns danken.
Abb. 3: Ranga Yogeshwar (Quelle:WDR)
(20518) Rendtel Jürgen Rendtel lernte ich erstmalig im Jahre 1978 während einer amateurastronomischen Tagung in Berlin kennen. Er leitete damals die gerade neu gegründete Arbeitsgruppe Meteore. Seitdem habe ich mit ihm viele Reisen und Beobachtungen, teilweise unter abenteuerlichen Bedingungen, erlebt. Von Meteorbeobachtungen in Kalifornien, in Südosteuropa bis in die Mongolei, von der Sonnenfinsternis 1981 in Sibirien bis 1999 in Bulgarien reichten die Aktionen. Er ist Mitarbeiter am Astrophysikalischen Institut in Potsdam. Als Amateurastronom beschäftigt er sich seit vielen Jahrzehnten mit Meteoren. Er ist Präsident der International Meteor Organization [6].
(20522) Yogeshwar Schaut man sich die Medienlandschaft, besonders das Fernsehen an, dann werden zum Thema Naturwissenschaften Sendungen in sehr unterschiedlicher Qualität geboten. Einen guten Ruf haben Sendungen aus dem Hause des Westdeutschen

Rundfunks (WDR). Eine regelmäßige Sendung ist z.B. Quarks & Co. [7], die von Ranga Yogeshwar moderiert wird. Aber er ist nicht nur Moderator und teilweise Autor dieser Sendungen. Als Leiter der Programmgruppe Wissenschaft beim WDR ist er auch am Zustandekommen anderer wissenschaftlicher Sendungen dieses Senders beteiligt. Ranga Yogeshwar wurde 1959 in Luxemburg geboren. Er besuchte die Schule in Indien und Luxemburg. Nach dem Abitur am Lycee Classique in Diekirch studierte er Physik an der RWTH Aachen in der Fachrichtung Experimentelle Elementarteilchenphysik und Astrophysik. Seit 1983 ist Ranga Yogeshwar journalistisch tätig. Für das Engagement Ranga Yogeshwars, Wissenschaft im Fernsehen für die breite Bevölkerung verständlich und trotzdem exakt zu vermitteln, kam mir die Idee, ihn an den gestirnten Himmel zu bringen. Wie er mir später mitteilte, zu seiner großen Freude und Überraschung.
(21686) Koschny Auch mit Detlef Koschny verbinden mich einige gemeinsame Expeditionen und Beobachtungsaktionen auf dem Gebiet der
Abb. 4: Detlef Koschny
Meteorastronomie. Mit speziellen Kameras führten wir zusammen mit einem VHFRadar ein Experiment im Harz durch. Die gleichen Kameras waren zu den Leoniden in Spanien und Australien unterwegs. Detlef Koschny ist Mitarbeiter des Wissenschaftlerteams für planetare Missionen,

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wie z.B. Rosetta im ESTEC der ESA [8] in Noordwijk/Niederlande. Er arbeitet an der Analyse von Daten zum Thema Staub im Sonnensystem, sowie an der Auswertung von Videobeobachtungen von Meteoren.
(38268) Zenkert Arnold Zenkert ist der langjährige Leiter der Bruno-H.-Bürgel-Gedenkstätte im Astronomischen Zentrum in Potsdam und Bürgel-Biograph. Er ist ein hervorragender Kenner von historischen Sonnenuhren in Deutschland. Vielen Schülern, vor allem in den neuen Bundesländern, ist er als der Autor der Drehbaren Sternkarte bekannt,

die auch liebevoll als Kreisel-Zenkert bezeichnet wird. Sie wird bereits seit Jahrzehnten vom Verlag für Lehrmittel Pössneck herausgegeben. Grund genug, ihn mit seinem Kleinplaneten zu ehren.
Ausblick Das Kleinplanetenglück kann man nicht erzwingen. Wenn Sie aber einmal einen Kleinplaneten entdecken sollten, helfen Ihnen diese Zeilen vielleicht bei der Wahl eines Namenvorschlages. Vielleicht haben Sie auch das Glück, auf der allerersten Kleinplanetenaufnahme einen neuen zu entdecken.

Internet-Links
[1] http://cfawww.harvard.edu/cfa/ps/mpc.html
[2] http://www.ss.astro.umd.edu/IAU/ csbn/ [3] http://www.niederelbe.de/boelsche/
lexikon.htm [4] http://www.niederelbe.de/boelsche/
planet.htm [5] http://www-gsss.stsci.edu/Dss/dss_home.
HTM [6] http://www.imo.net [7] http://www.quarks.de [8] http://www.rssd.esa.int/SB-general

Recovery eines besonderen Asteroiden oder der Kleinplanet 2003 CP20

von Erich Meyer

Am 11. Februar 2003 entdeckte das automatisch arbeitende 1,0-m-Teleskop f/2,15 vom Lincoln Laboratory ETS, New Mexico, ein Objekt, 2003 CP20, das sich bald als Sensation herausstellen sollte. In der Veröffentlichung (MPEC 2003-C63 vom 13.2.2003 [1]) merkte Brian Marsden u. a. an: ,,This is the first object (apart from Mercury and Venus) with a confirmed aphelion distance Q of less than 1 AU (indeed, less than the earth's perihelion distance of 0.983 AU). According to the above orbital elements, the object was discovered near its maximum possible elongation from the sun of 76 deg. The minimum possible distance from the earth is currently 0.19 AU (but passages within 0.05 AU of Venus are occurring)". Es ist also das erste entdeckte Objekt, dessen Bahn immer innerhalb der Erdbahn liegt und gehört daher zur Klasse der IEO (Inner Earth Object). Nach der ersten Erscheinung stand 2003CP20 nun im März am Abendhimmel zur recovery (Wiederentdeckung) an. Ich wollte weltweit unbedingt diese recovery abräumen und wagte am 14. März einen Versuch. Die Voraussetzungen dafür waren aber denkbar schlecht, weil zu diesem Zeitpunkt dieses IEO zur Sonne eine Elongation von lediglich 27 Winkelgrad hatte und dadurch das Objekt günstigenfalls 8 Grad über dem Horizont stand. Auf meinen gewonnenen Aufnahmen war leider kein bewegtes Objekt zu sehen. Dennoch wagte ich am 17. März bei sehr guten Wetterbedingungen einen neuerlichen Versuch. Ich kombinierte wieder

Abb. 1: 2003 CP20 am 17.März 2004
jeweils 5 Aufnahmen zu je 20 Sekunden Belichtung (längere Belichtungen waren wegen des hellen Himmels nicht möglich). Diesmal hatte ich Glück, ein lichtschwaches Pünktchen bewegte sich beim Vergleich der Aufnahmen zufolge der raschen Eigenbewegung hin und her. Nun untersuchte ich die Aufnahmenserie vom 14. März. Und auch hier fand ich nun endlich diesen hoch exotischen Kleinplaneten mit einer Helligkeit von +17,7 mag. Einer Veröffentlichung stand nun nichts mehr im Wege, nachdem Reiner Stoss von der Sternwarte Heppenheim die errechneten Positionen kritisch geprüft hatte. Das Datenpaket war rasch an das MPC gemailt, die Veröffentlichung erfolgte umgehend, siehe MPEC 2004-F23.

Abb. 2: Summenbild aus 8 x 20 Sekunden, mit Astrometrica addiert
Internet-Links [1] MPEC 2003-C63: http://cfa-www.harvard.
edu/iau/mpec/K03/K03C63.html [2] MPEC 2003-C63: http://cfa-www.harvard.
edu/iau/mpec/K04/K04F23.html

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Kleinplanet (11001) Andrewulff
von Manfred Holl

Seinen Namen am Himmel verewigt zu wissen, diese besondere Ehre ist bisher, vor allem in deutschsprachigen Raum, nur wenigen Sternfreunden und Amateurastronomen zuteil geworden. Seit Oktober 2003 hört nun der am 16. Juni 1979 von Hans-Emil Schuster, einem in Hamburg im Ruhestand lebenden Fachastronomen, entdeckte Kleinplanet 1979 MF auf den offiziellen Namen (11001) Andrewulff. Die dazu gehörige Nachricht des Minor Planet Center in Cambridge im US-Bundesstaat Maassachusetts (MPC) lautet:
Discoverd 1979 June 16 by H.-E. Schuster at the European Southern Observatory. German amateur astronomer Andre Wulff (b. 1958) has been involved for many years with observing comets and minor planets. He also serves on the board of directors of the Gesellschaft für volkstümliche Astronomie, beiing coeditor of its quarterly journal ,,Der Sternkieker" and responsable for running the society's observatory.

Der Kleinplanet weist eine Größe von nur 8 km auf und läuft auf einer Bahn um die Sonne, die rund 6 Grad gegenüber der Ekliptik geneigt ist, während der Abstand zur Sonne von 2,2 bis 2,5 AE reicht. Seine absolute Helligkeit beträgt 14,6 mag, visuell wird er kaum heller als 16 mag. Andre Wulff, Vorstandsmitglied der Hamburger Gesellschaft für volkstümliche Astronomie e.V. (GvA), interessierte sich von Kindesbeinen an für die Astronomie und hier besonders für Kometen und Kleinplaneten, einem Arbeitsgebiet, dem er bis heute treu geblieben ist. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit als Mitarbeiter bei interstellarum, STERNZEIT, den SuW-Specials und Co-Redakteur des Sternkiekers, der Vereinszeitschrift der GvA, engagiert er sich vor allem für den astronomischen Nachwuchs und ist einer der Betreuer des ,,Seh-Stern"Projektes, einer Kooperation zwischen der Hamburger Sternwarte und der Hamburger Bildungsbehörde.

Hauptberuflich ist er in der IT-Branche tätig und hat schon viele Astroprogramme (u. a. CCD Works for Windows) geschrieben oder war an der Übersetzung etwa der Guide-Handbücher beteiligt. Im Namen der Redaktion wünschen wir Andre noch viele klare Nächte für die Beobachtung und Fotografie von Kometen und vor allem seines Kleinplaneten. Wer von den Leserinnen und Lesern schafft es den Felsbrocken im kommenden Herbst (wenn er wieder sichtbar wird) abzulichten? Er steht dann mit einer visuellen Helligkeit von 20 mag in den Zwillingen.
Auch wir gratulieren Andre herzlich! (die Redaktionsmitglieder)
Die aktuelle Ephemeride ist erhältlich von: http://cfa-www.harvard.edu/iau/MPEph/ MPEph.html

Einmal Sonne rot-weiß bitte!
von Dirk Lucius
20.1.2004, 14:25 MEZ Eine etwas größere Wolkenlücke gibt die nicht hoch stehende Sonne frei. Schnell nun den Refraktor mit dem Coronado Halpha-Filter aus der Terrassentür herausschleppen, denn das Stück blauen Himmels verspricht vielleicht 15 Minuten Beobachtungszeit. Das reicht nicht ganz, um schöne, korrekt belichtete Fotos von dem vorgestern beobachteten Filament zu machen. Eine kleine Bilderserie ist auf dem Chip und wartet dann auf meine geringen Fertigkeiten in der Bildbearbeitung. Beim Betrachten der Rohbilder gehen dann die Gedanken auf Reisen - in den Oktober letzten Jahres.
23.10.2003, 14:15 MESZ ,,Sonne: Solarmax 90", so steht es im Beobachtungsbuch. Große Freude über die erste Sichtung mehrerer Bögen (loops) [1] direkt am Sonnenrand. Detailaufnahmen
Abb.1: 23.10.2003, 14:33 MESZ, Pentax 105 SDP mit Coronado Solarmax 90, Aufnahme Dirk Lucius
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Abb. 2: 26.10.2003, 15:35 MEZ, Pentax 75 SDHF mit Herschelkeil und Flatfield Converter, Aufnahme Dirk Lucius

mit dem 105-SDP-Pentax. Soweit das Beobachtungsbuch. Eines der digitalen Fotos sieht man in Abbildung 1. Nachbearbeitet nach den Hinweisen von Eva Seidenfaden [2]: Änderung der Gradationskurve, Tonwertkorrektur sowie in Helligkeit und Kontrast. Leider fehlen mir noch die Kenntnisse Protuberanz und Sonnenoberfläche à la Jack Newton [3] gut im bearbeiteten Bild darzustellen. Welche Rolle die gerade auftauchende EGruppe, die sich schnell zu einer imposanten F-Gruppe entwickelte, in den weiteren Tagen spielen sollte, war noch nicht zu ahnen.

vieler Koralleninseln. Noch faszinierender offenbaren sich beide Fleckengruppen im H-alpha-Licht. Das Atoll 488 zeigte in seiner Ringstruktur verstärkte Flareaktivität, dem auch die noch größere Gruppe 10486, die bis zum 29. Oktober auf 2,6 Promille der sichtbaren Sonnenoberfläche anstieg, in keiner Weise nachstand (Abb. 4 und 5).
28.10.2003, 13:30 MEZ Fasziniert von der Flareaktivität in der

Gruppe 486 ging es erst einmal ins Internet: www.meteoros.de/polar ist seit längerem die aktuelle Infoseite für die Sonnenaktivitäten und Polarlicht-Erscheinungen. Dort wird u. a. auch die Flarestärke im Röntgenlicht angezeigt. Eingeteilt werden die Flares in C-, M- und XKlasse-Flares, wobei die Stärke von C nach X um jeweils eine Zehnerpotenz zunimmt. Ziffern von 1 bis 9 werden den Buchstaben hinzugefügt, um innerhalb der C-, M- oder X-Klasse-Flares noch feiner zu differenzieren [4]. In Zeiten um das Sonnenfleckenmaximum sind M-KlasseFlares nicht selten und auch X-KlasseFlares erscheinen. Was aber dort zu lesen war, erstaunte mich sehr: MEGA-Flare. Der nächste Klick aktivierte das Polarlicht-Forum für die aktuellsten News: Es war um 12:10 MEZ ein X17(!) Flare in der 486 Gruppe, die fast genau in der Mitte der Sonnenscheiben stand, aufgetreten! Ein schneller Klick auf die SOHO Homepage zeigte das wahre Ausmaß des Flares: Der SOHO Sensor im UV-Licht war durch das Flare übersättigt [6]. Und auch der SOHO Coronograph zur Beobachtung der näheren Sonnenumgebung beeindruckte mit einem intensiv hellen Auswurf von Sonnenmaterie [6]. In diesem Moment meldete sich Axel Book - Amateurastronom und Amateur-

26.10.2003, 15:10 MEZ Wochenende und besseres Wetter! Eine Überraschung beim ersten Blick durch den Pentax 75 SDHF mit dem Herschelkeil: Die in der Sonnenflecknomenklatur nunmehr mit der Nummer 10486 (kurz 486 genannt) bezeichnete Randgruppe vom 23. Oktober hatte sich deutlich vergrößert! Ein kurzer Blick durch die SoFi-Brille zeigte sie neben der Gruppe 10484. Zwei Gruppen mit bloßem Auge - und das bei nachlassender Sonnenaktivität! Was der Anblick im Weißlicht (Abb. 2) versprach, übertraf die Beobachtung im roten Halpha Bereich. Besonders Fleck 486 zeigte wunderschöne Strukturen (Abb. 3)!

27.10.2003, 13:45 MEZ 10486 hat einen neuen, stattlichen und in seiner Form auffälligen Nachbarn bekommen: 10488. Unwillkürlich fällt mir der Name Atoll ein - erinnert der Umriss der Gruppe doch an die typische runde Form

Abb. 3: 26.10.2003, 14:53 MEZ, Pentax 105 SDP mit Coronado Solarmax 90, Aufnahme Dirk Lucius
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Abb. 4: 27.10.2003, 14:46 MEZ, Pentax 105 SDP mit Coronado Solarmax 90, Aufnahme Dirk Lucius
funker - aus dem benachbarten Ihrhove und berichtete von einem totalen Ausfall der Kurzwellenbänder im Amateurfunkbereich. Ein kurzer Blick auf die Uhr machte mir klar, dass das Flare sich gerade vor 80 Minuten ereignet hatte. So schnell hatte ich den Pentaxrefraktor mit dem Solarmax noch nie in Position gebracht, um dann einen überwältigen Anblick zu genießen: 10486 war immer noch von langen weißen, sich deutlich von dem rosarot des normalen H-Alpha-Bildes abhebenden Schläuchen durchzogen (Abb. 6). Im Polarlichtforum gab es sogar Beobachtungsberichte über Sichtungen des Flares im Weißlicht! Kaum vorstellbar, welche Energien da wirkten: Beim Verlassen der Sonne erreichte die ausströmende Materie etwas über 2.000 km/s! Noch einige Male klickte der Auslöser. Erst gegen 16 Uhr, als das Flare immer schwächer geworden war, schaffte ich es das Auge vom Okular zu nehmen. Das war bis zu diesem Zeitpunkt das gewaltigste Erlebnis in 20 Jahren Sonnenbeobachtung!
29.10.2003, 21:48 MEZ Die Sonne überraschte wieder mit einem X10-Flare aus der Gruppe 486, das die Sonne mit 1.900 km/s verlassen hatte. (Abb. 12). Tagsüber waren wegen des sich verschlechternden Wetters keine Sonnenbeobachtungen möglich. Doch gegen
Abb. 6: 28.10.2003, 13:48 MEZ, Pentax 105 SDP mit Coronado Solarmax 90, Aufnahme Dirk Lucius
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Abend fing es an von Westen her aufzuklaren und der zweite Teil der Sonnenfleckenshow setzte sich in den oberen Schichten der Erdatmosphäre fort, denn in nur 19 Stunden hatte die Sonnenmaterie des X17-Flares die Entfernung Erde-Sonne zurückgelegt! Obwohl die Schockfront schon am Morgen die Erde erreicht hatte, begann trotzdem am Abend das Polarlicht am Himmel zu glühen. Um 18:54 MEZ konnten die ersten Anzeichen des Polarlichtes erfolgreich auf dem Chip der D60 von Canon identifiziert werden. Bis 23:18 MEZ füllte ein Bild nach dem anderen den Speicher der Digitalkamera. Leider war die effektive Brennweite durch die Größe des Chips nur auf ca. 40 mm
Abb. 5 (unten): 27.10.2003, 14:00 MEZ, Pentax 75 SDHF mit Herschelkeil und Flatfield Converter, Aufnahme Dirk Lucius

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Abb. 7: 29.10.2003, 20:42 MEZ, Canon D60 bei ISO 800, 30 Sekunden, Brennweite ca. 40 mm, Aufnahme Dirk Lucius

Abb. 8: 29.10.2003, 23:13 MEZ, Canon D60 bei ISO 800, 30 Sekunden, Brennweite ca. 40 mm, Aufnahme Dirk Lucius
begrenzt, so dass schöne Weitwinkelfotos ausbleiben mussten. Beeindruckend war trotzdem die intensive grüne und deutlich vom Nachthimmel getrennte Färbung des am Nordhorizont liegenden Polarlichtbandes (Abb. 7). Es gab aber nur zweimal schwache rötliche Beamer, die bis zum Zenit reichten und erst ab 23 Uhr färbte sich der Osthorizont etwas rötlich ein (Abb. 8). Im Vergleich zur Intensität des Flares war ich von der Polarlichtshow doch etwas enttäuscht. Die Polarlichter vom April 2000 bzw. 2001 waren da doch etwas eindrucksvoller. Möglicherweise lag das an der Richtung des interplanetaren Magnetfeldes (nordwärts). Trotzdem war die Freude groß, nach den erfolgreichen Beobachtungen auf der Sonne in den Tagen zuvor die Wirkung der großen Sonnenaktivität so deutlich vor Augen geführt zu bekommen. Schließlich wurde mir auch bewusst, dass das Wetterglück doch eine entscheidende Rolle gespielt hatte, denn ein Foto [5] aus der Satellitenperspektive auf das Polarlicht zeigt zwar schön die hohe Intensität des Polarlichtes besonders über Südnorwegen aber auch, dass nur wenige Teile Deutsch-
Abb. 9: 30.10.2003, 23:58 MEZ, Canon D60 bei ISO 800, 30 Sekunden, Brennweite ca. 40 mm, Aufnahme Dirk Lucius
Abb. 10: 31.10.2003, 0:15 MEZ, Canon D60 bei ISO 800, 30 Sekunden, Brennweite ca. 40 mm, Aufnahme Dirk Lucius
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sogar die Sterne bis hin zur 2. Größenklasse verblassten! So wurden neben der Digicam noch schnell ein 1:3,5 / 17 mm Weitwinkel mit einem schon sehr betagten, aber tiefgekühlten Scotchchrome sowie ein 1:3,5 / 30 mm Mittelformatobjektiv, das fast 180 Grad Bildwinkel bringt, aufgebaut.

Abb. 11: 31.10.2003, 2:10 MEZ, Canon D60 bei ISO 800, 30 Sekunden, Brennweite ca. 40 mm, Aufnahme Dirk Lucius

31.10.2003, 2:00 MEZ Deutliche Ausbreitung der Aurora in Richtung Süden, ohne Größe und Intensität merklich zu ändern, bis sogar Teile des Orion vom Polarlicht eingenommen wurden. Grünliche Strukturen erschienen sogar südlich des Orion bzw. nahe Sirius (Abb. 11)!

lands wolkenfrei waren (Abb. 13). Die Polarlichter vom 29.10.2003 bildeten also einen schönen Abschluss der Sonnenaktivität im Oktober - aber da war ja noch das X10-Flare, das sich während der Polarlichtshow auf der Sonne ereignet hatte.
Der rot-grüne Nachschlag in zwei Portionen 30.10.2003, 19:00 MEZ Schlechtes Wetter, leichter Nieselregen an - und das in Erwartung des nächsten Sonnensturms ausgehend vom X10-Flare des 29. Oktober! Im Polarlichtforum liefen immer mehr begeisterte Sichtungen des neuen Polarlichtes ein; der Kp-Wert stand wieder am Ende seiner Skala auf 9, aber nur zögerlich klarte der Himmel über Leer auf.
30.10.2003, 23:50 MEZ In größeren Wolkenlücken erste Anzeichen des Polarlichtes: Grünliche Vorhänge waren schemenhaft zu erkennen, die sich auf den Digitalbildern etwas deutlicher abzeichneten (Abb. 9). Die in Richtung Nordosten gemachten Bilder hatten schon teilweise einen leichten Rotstich neben den immer noch grünlichen Strukturen. Innerhalb von sechs Minuten (0:02 bis 0:08 MEZ) wurde aus dem leichten, visuell kaum wahrnehmbaren Rotstich der Himmelsregion im Nordosten eine intensive rot leuchtende Fläche, ca. 35 bis 40 Grad breit und fast bis in den Zenit reichend.
31.10.2003, 0:14 MEZ Weitere Steigerung sowohl in der Intensität
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der Rot- und nun

auch Grüntöne als

auch in der

Strukturierung des

Polarlichtes:

Senkrechte

Streifen innerhalb

der Aurora waren

jetzt deutlicher

auszumachen.

(Abb. 10). Leider

zeigt das Foto auch

das Ende der

Beobachtung an,

denn

schnell

schloss sich von

Süden her wieder

die Wolkenlücke.

Aber die 25 Minu-

ten waren weitaus

eindrucksvoller als

das Ereignis vom

Tag zuvor.

Abb. 12: 29.10.2003, 20:48 UT, Die Sonne im UV Teleskop EIT: Ausbruch des X10-Flares

31.10.2003, 1:10 MEZ Neue Wolkenlücke von Süden, die dann ab 1:20 MEZ eine bis dahin noch nicht erlebte Polarlichtshow brachte. Wieder ausgehend vom Osten wurde das Polarlicht in Größe und Intensität so dominierend, dass es sich mit den nun im Nordwesten in ebenso beeindruckender Weise erschienen Polarlichtern über den Zenit hinaus zu einem Polarlicht vereinigte. Von Osten liefen fast in Zenithöhe bis in den Westen graugrüne Schläuche. Die Digitalkamera konnte mit ihrem ca. 40 mm Brennweite den Umfang dieses Polarlichtes nicht mehr erfassen - der Bildschirm zeigte ein nur mehr oder weniger strukturiertes Rot -

31.10.2003, 2:15 MEZ Langsames Verblassen des Polarlichtes und nur noch ein paar rote Beamer im Norden. Insgesamt waren die Strukturen - besonders im Nordosten und Nordwesten - weniger deutlich, dafür aber in ihrer Größe und Höhe über dem Horizont eindrucksvoll. Spätere Bildvergleiche ließen die Vermutung aufkommen, dass sich über Leer eine Polarlichtkrone entwickelt hatte. Zwei Phasen dieses Polarlichtes (20:51 - 21:05 und 22:12 - 22:28), wie die Berichte im Polarlichtforum z. B. von Ulrich Rieth zeigten, ereigneten sich hinter den Wolken, jedoch war die 3. Phase (1:23 - 1:39) zu beobachten. Möglicherweise gab es mit

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Abb. 13: 29.10.2003. 22:00 UT, Aurora aus dem All gesehen

den Erscheinungen am Südhimmel (Orion, Sirius) auch eine 4. Phase (2:00 - 2:18). Die Bedeutung dieses Polarlichtes wurde mir erst später bewusst: Zwei X-KlasseFlares in zwei Tagen; dies war alles ziemlich rekordverdächtig wie auch die hohen

und höchsten Kp-Werte über mehrere Tage, zwei Sonnenstürme der höchsten Kategorie (G5), die hohen Sonnenwindgeschwindigkeiten (1.200 km/s), die manche Skala an ihr Limit brachten, und natürlich die sich über den ganzen Himmel

erstreckenden Polarlichter. Am 4.11.2003 gab es das X-28-Rekordflare aus Gruppe 486 - wegen der Sonnenrandlage ohne Auswirkungen für die Erde. Als jedoch 486 wieder nach der Passage auf der Sonnenrückseite als Gruppe 508 auftauchte, sorgte ein weiteres Flare für ebenso imposante Polarlichter am 20/21.11.2003.
Literaturhinweise uns Internet-Links [1] Rainer Beck et al., 1982: Handbuch für
Sonnenbeobachter, Berlin, S. 508 [2] Eva Seidenfaden, 2002: Einstieg in die
digitale Sonnenfotografie, SuW 41 (11/2002), 74 [3] www.jack-newton.com [4] Iain Nicolson, 1982: Die Sonne, Freiburg, 66 [5] www.af.mil oder www.saevert.de/bilder/031029sat.jpg Die Polarlichtseite von Thomas Saevert ist besonders zu beachten - bietet sie doch zu den in Deutschland beobachteten Polarlichtern die wichtigsten Daten und wunderschöne Fotos! [6] vgl. VdS Journal 14, 56

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Die ringförmige Sonnenfinsternis vom 31.5.2003 in Island - ein Reisebericht
von Rudolf Stähler

Island war schon lange eines unserer Reiseziele, ohne dass wir dies verwirklichen konnten. Erst nach Anlage eines separaten Sparbuches realisierten wir unser Vorhaben. Zusammen mit meiner Frau buchten wir eine Rundreise auf der Ringstraße um Island. Die Reise kombinierten wir mit dem Termin der Sonnenfinsternis am 31.5.2003, ohne vorher unseren genauen Aufenthaltsort zu kennen.

Sternhaufen gesucht!

Unser Autor Rudolph Stähler sucht

Aufnahmen des offenen Sternhaufens

IC 4665 im Sternbild Ophiuchus, zum

Vergleich mit den Sternhaufen IC

4756 und NGC 6633. Wer von unseren

Lesern kann ihm helfen?

Red.

Die ringförmige Sonnenfinsternis umfasste ganz Island. Daher könnte man meinen, die Standortfrage spiele keine Rolle. Dies war, wie wir aus dem Kosmos Himmelsjahr 2003 und dem VdS-Journal Nr. 11 entnehmen konnten, leider nicht so. Da die Sonne nur knapp drei Grad über dem Horizont stehen würde, war freie Sicht bis auf Meereshöhe erforderlich. Am Abend des 29.5. übernachteten wir in Akureyri. Im Gästehaus lagen Prospekte aus für den morgendlichen Bustransfer zur Beobachtung der ringförmigen Sonnenfinsternis nach Olafsfjardar Muli. Die Fahrten waren vollständig ausgebucht. Am Abend des 30.5. übernachteten wir in Radaskrida, südlich von Husavik. Damit wir die Sonne am Morgen des 31.5. überhaupt zu Gesicht bekommen würden, beschlossen wir, über Husavik hinaus nach Norden zu fahren. Am 31.5., um zwei Uhr morgens, wurden wir vom Wecker geweckt; draußen war es bereits hell: Sonnenaufgang war um 2:20 Uhr Ortszeit. Wir fuhren nach Norden in Richtung Husavik, durch den Ort und weiter nördlich auf den Höhenrücken. Dort sahen wir die Sonne knapp über dem Horizont. Mehrere Fahrzeuge fuhren weiter nördlich, während wir, drei Fahrzeugen folgend, den Höhenrücken hinauffuhren, um bessere Sicht zu haben. Auf halber
VdS-Journal Nr. 15

Höhe stellten wir

unsere Wagen ab,

die Sicht war sehr

gut und bald stan-

den andere Fahr-

zeuge neben uns.

Ich legte die

Kameras, Filter

und Folienbrillen

bereit. Noch hatte

der Mond den öst-

lichen Sonnenrand

nicht erreicht. Es

pfiff ein eisiger

Wind um unseren

Wagen, und da trat

auch schon der

Mond vor die

Sonnenscheibe.

Der Anblick der

langsam in die

dunkelrote Sonnen- Abb. 1:

scheibe hinein In einer kurzen Wolkenlücke erwischte Rudolf Stähler die

rückenden, schwar- ringförmige Sonnenfinsternis am 31.5.2003. Aufnahme mit

zen Mondscheibe Retina III mit Objektiv 1:2 / 50 mm (Blende 4) mit

war phantastisch Sonnenfilterfolie 1/60 Sekunde belichtet auf Kodak

und der Farbkon- Farbdiafilm. Standort: nördlich von Husavik / Island.

trast beeindruckend.

Leider dauerte

diese gute Sicht nur kurze Zeit, dann schob verankert. Fans der Sonnenfinsternis war-

sich ein schmales Wolkenband von Osten teten mit immer längeren Gesichtern dar-

her immer mehr über Sonne und Mond. auf, doch noch etwas von der Ringphase zu

Alles lag plötzlich unter Schleiern. Ich sehen. Wir fuhren weiter nordwärts. In den

erinnerte mich an eine Aussage im VdS- Talmulden verschwand der schwammige

Journal Nr. 11 ... dass aufgrund der gerin- Sonnenfleck und tauchte an höher gelege-

gen Höhe der Sonne über dem Horizont nen Stellen wieder auf. Ich blickte beim

eine ordentliche Portion Glück erforderlich Fahren dauernd auf die Uhr. Jetzt hatte eine

ist, um die Finsternis vollständig ohne Weiterfahrt keinen Sinn mehr, der Wagen

störende Wolken oder Dunst beobachten zu wurde in einer Einfahrt zu einem Gehöft

können.

geparkt.

Bald war gar nichts mehr zu sehen, außer Meine Frau setzte sich die Folienbrille auf

einem hellen schwammigen Fleck. Was und sah zur schwammig leuchtenden

sollten wir tun, hier auf Besserung warten? Sonne. Ich kramte nach Kamera und

Die Zeit rückte unaufhaltsam auf den Objektiv. Ein Blick auf die Uhr sagte mir,

Punkt der Ringphase zu. Man müsste dass die Ringphase längst begonnen hatte.

irgendwie den Sichtwinkel verändern und Also war es nichts mit der Sicht auf einen

unter das Wolkenband kommen. Also ent- leuchtenden Sonnenring.

schloss ich mich, den Höhenrücken zu ver- Da sagte meine Frau plötzlich Ich seh'

lassen und auf der Küstenstraße weiter etwas, die Wolken lichten sich!. Schnell

nordwärts zu fahren.

setzte auch ich die Folienbrille auf, und da

Die Abfahrt vom Hügel gestaltete sich sah ich den Sonnenring, in der Mitte der

schwieriger als erwartet. An der Küsten- schwarze Mond. Am oberen Rand hob sich

straße standen zahlreiche Fahrzeuge. der Wolkenschleier vollends. Der Mond

Kameras auf Stativen, mit Felsbrocken fest stand bereits im Zentrum der Sonne. Der

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Abstand zu den Rändern war etwa gleich groß, viel größer als ich erwartet hatte. Ganz langsam bewegte sich das schwarze Etwas zum westlichen Sonnenrand. Und wieder leichte Schleierwolken. Ehe alles vorbei war, sprang ich aus dem Auto, die Kamera in der Hand. Ein Starker Wind erfasste mich, so legte ich die Kamera auf das Autodach, um wenigstens etwas Halt zu bekommen. Schnell drei Fotos ohne

Teleobjektiv, ob das überhaupt etwas bringt? Aber für mehr reichte die Zeit nicht. Noch ein Blick durch die Folienbrille, der Mond hatte den westlichen Sonnenrand erreicht. Und nun schob sich wieder ein dichtes Wolkenband vor das gesamte Schauspiel. Wir warteten noch eine Weile vergebens, die Wolken wurden immer dichter, und wir entschlossen uns zur Rückfahrt ins Gästehaus.

Dort fragte uns gleich die Wirtin, ob wir die Sonnenfinsternis gesehen hätten. Ja, aber nur ganz kurz, war unsere Antwort. Sie hätte es auch gesehen, im Fernsehen. Im Nordwesten Islands wäre die beste Sicht gewesen. Ja, dort waren wir leider nicht, denn die Prognosen hatten dem Nordosten Islands bessere Chancen gegeben.

Entwicklung eines Spektralapparates zur

Beobachtung und Analyse von Sternspektren

von Achim Mester

lichst effektiv kombinieren zu können.

Mein Ziel war die Verbesserung der

Aufnahmeroutine des o. g. Objektiv-

prismenspektrographen. Dort störte mich,

dass das Objektiv nicht auf das fotografier-

te Objekt, sondern ca. 20 Grad daneben zeigt,

da das Prisma vor dem Objektiv das Licht

um eben diesen Winkel ablenkt. Da ich

nicht zur selben Zeit ein Objekt beobach-

ten und fotografieren konnte, bedurfte es

zeit- und nervenintensiver Einstellungs-

prozeduren, bis das gewünschte Objekt auf

dem kleinen CCD-Chip aufzufinden war.

Außerdem störte mich, dass das mit dem

Abb. 1:

Prisma gewonnene Spektrum als Rohbild

Optischer Aufbau: Meade 10-Zoll-Schmidt-Cassegrain-Teleskop mit Eigenbau-

wenig aussagekräftig war, da die Abstände

Spektralansatz und CCD-Kamera, Aufnahme von Achim Mester

zwischen abgebildeten Absorptionslinien

nicht proportional zu den Wellenlängen-

Auf der Suche nach einem geeigneten Arbeit aufbauend ,,meine" Spektroskopie abständen waren. Ein Prisma bricht kurz-

Thema für eine Facharbeit in der Schule weiterzuentwickeln, denn auch diese welliges Licht sehr viel stärker als lang-

entschied ich mich für das breite Feld der Arbeit konnte ich

Astrospektroskopie. Für die Astronomie wieder in der

im Allgemeinen sprachen mein grundsätz- Schule zur Bewer-

liches Interesse und das mir zur Verfügung tung abgeben -

stehende Material. Die Entscheidung für diesmal für mein

die Spektroskopie im Speziellen ist schwer Abitur.

zu erklären. Bei meiner Recherche fiel mir

dieses Thema auf, weil ich mich noch nie- Planung

mals damit beschäftigt hatte und spontan Da die Arbeit in

von den Möglichkeiten fasziniert war. Ich einem knappen

hatte mich schon oft gefragt, wie man an Jahr fertig werden

Informationen von Sternen in unvorstellba- musste, wollte ich

rer Entfernung gelangt und hätte nicht möglichst syste-

gedacht, dass dies auf Amateurbasis in aus- matisch an die

reichender Qualität möglich ist. Für diese Aufgabe herange-

Facharbeit konstruierte ich einen so hen. Zunächst

genannten Objektivprismenspektrogra- untersuchte ich das

phen. Bei einem solchen Gerät genügt es, mir zur Verfügung

vor eine mit Objektiv bestückte CCD- stehenden Material

Kamera ein Prisma zu setzen. Trotz des und recherchierte Abb. 2:

recht einfachen Aufbaus erhält man durch- in Internet und Beobachtung mit Spektralapparat und Computer unter frei-

aus beeindruckende Aufnahmen.

Literatur,

um em Himmel in Miescheid (Eifel) , Aufnahme von Achim

2002/03 bot es sich für mich an, auf dieser meine Geräte mög- Mester

VdS-Journal Nr. 15

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Abb. 3: Spektren der verschiedenen Spektralklassen: Die abgebildeten Spektren stellen einen Querschnitt durch die Harvard Spektraltypen dar. Deutlich ist die Intensitätsverschiebung vom blauen (B) in den roten (M) Spektralbereich zu erkennen. Parallel dazu sieht man die Wasserstoffabsorptionslinien bei den oberen Spektren, die zu den unteren immer schwächer werden und durch mehrere breite Molekülbanden ersetzt werden. Aufnahme von Achim Mester

welligeres. Eine weitere Hoffnung war, das mir zur Verfügung stehende Meade 10Zoll-Schmidt-Cassegrain-Teleskop und dessen deutlich bessere Lichtausbeute nutzen zu können. Aus diesen Überlegungen ergab es sich, ein optisches Gitter hinter das Teleskop zu setzen. Somit zeigt das Teleskop mit all seinen Suchvorrichtungen weiterhin auf das beobachtete Objekt. Den Ablenkungswinkel, den sowohl ein Prisma als auch ein Gitter verursacht, muss ich nun hinter dem Teleskop verarbeiten. Das optische Gitter hier ein Baader Blaze-Transmissionsgitter (207 Linien pro mm) - zerlegt, wie auch ein Prisma, das Licht in seine farblichen Bestandteile. Die zugrunde liegende Physik ist jedoch sehr verschieden. Der Vorteil des Gitters ist, dass die Dispersion (Brechung) linear ist, d. h. dass gleiche Abstände auf dem Bild auch gleichen Wellenlängenabständen entsprechen. Die Rohbilder sehen daher von vorn herein ausgewerteten Vergleichsspektren ähnlich, was das Muster der Absorptionslinien angeht. Der einzige Nachteil dieses Aufbaus gegenüber dem Objektivprismenspektrographen ist, dass das Licht nicht mehr automatisch parallel auf das Gitter trifft. Das Teleskop bündelt das Licht, so dass es erst wieder entbündelt werden
VdS-Journal Nr. 15

muss, bevor es auf das Gitter trifft. Hinter dem Gitter wird das jetzt dispergierte Licht durch ein weiteres optisches Element auf den Chip der SBIG ST7-CCD-Kamera abgebildet.
Mein Spektrograph Für meinen Aufbau bedeutet das, dass ich zwei Linsen, ein Gitter und die knapp 1 kg schwere SBIG ST7-Kamera hinter dem Teleskop anbringen muss. Da sich die Einzellinsen mit meinen Mitteln nicht exakt an berechneter Position einsetzen lassen, entwarf ich eine Holzkonstruktion mit einer Art optischen Bank. Diese sollte ermöglichen, die Linsen und das Gitter während der Beobachtung fein justieren zu können. Die beschriebenen Elemente hintereinander angeordnet bilden einen etwa 40 cm langen Ansatz mit der schweren ST7 am Ende. Das gesamte System wäre instabil und würde leicht zum Schwingen geraten. Da zudem die Gabelmontierung bei einem solchen Ansatz die Bewegungsfreiheit eingeschränkt hätte suchte ich nach anderen Möglichkeiten, den Apparat anzuhängen. Die Beste schien mir, das Licht möglichst früh um 90 Grad abzulenken und meinen Holzkasten auf das Zenitprisma angelegt zu befestigen. In dem Kasten sind die beschriebenen Kompo-

nenten des eigentlichen Spektrographen. Dahinter wird das Licht noch einmal um 90 Grad abgelenkt und trifft auf den CCD-Chip der ST7, die ich auf der PiggybackMontierung des Teleskops sicher befestigen konnte. Wie es im Physikunterricht praktiziert wurde, wollte ich nun die schon erwähnten Linsen auf die Brennweite des Teleskops bzw. den Abstand zum CCD-Chip einstellen. Leider musste ich schon bei den ersten Versuchen feststellen, dass diese Konstruktion nicht praxistauglich ist. Die Linsen sind schwer einzustellen und verrutschen einfach um entscheidende Millimeter, so dass der Spaß beim Beobachten schnell verloren geht. Ich möchte aber festhalten, dass ich auf diese Weise durchaus scharfe Spektren aufgenommen habe - wenn auch nur wenige. Also mussten die Linsen raus und eine neue Lösung her. Nach weiterer Recherche rang ich mich dazu durch, ein handelsübliches 50-mm-Fotoobjektiv zum Abbilden des Spektrums auf den CCD-Chip zu verwenden. Das Objektiv mit M42-Gewinde passt direkt vor die CCD-Kamera und ist darauf ausgelegt, die Schärfe sehr präzise einzustellen. Beobachtungen ergaben, dass das Licht das Teleskop bei Anschlagstellung des Fokussierrades nahezu parallel verlässt. Der Kollimator ist daher nicht mehr notwendig (Abb. 1). Jetzt gelang es mir gleich in der ersten klaren Nacht, einige Sterne zu spektroskopieren. Nur mit Telradfinder eingestellt und ein bisschen feinjustiert ließen sich helle Objekte, wie Wega, Sirius, Aldebaran, Arktur, ... schnell und einfach beobachten. Ein Problem, das ich schon bei meinen ersten Aufnahmen hatte, war, dass ich mehrmals den falschen Spektralbereich fotografierte, da der Kodak KAF0400 CCD-Chip der ST7 weit ins Infrarote sehr empfindlich ist. Dies konnte ich durch den Einbau einer Filterschublade vor der Kamera lösen. Mit entsprechenden Farbfiltern kann man sich nun davon überzeugen den richtigen Bereich des Spektrums zu fotografieren. Um die Aufnahme von Spektren zu vereinfachen, entschloss ich mich, ein spezielles Steuerungsprogramm für den LX200Mikrocontroller des Teleskops zu schreiben. Dieses Programm sollte feste Beobachtungsroutinen automatisieren. Es gibt u. a. Befehle zum präzisen Schwenken des Teleskops um bestimmte Beträge oder zum langsamen Bewegen des Teleskops während der Belichtung, um den

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Apparat weiter zu verbessern: Die Schärfe sollte noch optimiert werden, eine Webcam zur Echtzeit-Beobachtung/Aufzeichnung und evtl. Verbreitung über das Internet könnte eingefügt werden, die Steuerungssoftware um graphische Darstellung der Teleskoppositionen und Objektspeicher erweitert werden ... Im Rahmen dieser Arbeit habe ich die Spektroskopie als einen unerwartet vielseitigen Bereich der Astronomie kennen gelernt, der mir noch einige spannende Beobachtungs- und Experimentiermöglichkeiten bietet.

Abb. 4: Ausgewertetes Spektrum von Wega mit den charakteristischen Wasserstoffabsoptionen sowie den von der Erdatmosphäre hervorgerufenen Sauerstoff-Banden. Aufnahme von Achim Mester

Spektralfaden auf dem Bild zu verbreitern und die Absorptionslinien besser sichtbar zu machen.
Beobachtung Nach ca. 5 Monaten Entwicklung war der Apparat soweit ausgereift, dass ich hoffte, mich voll auf die Beobachtung der zuvor herausgesuchten Objekte konzentrieren zu können (Abb. 2). In zwei Nächten habe ich ca. 14 Sterne verschiedener Spektralklassen im Spektralbereich zwischen H und dem atmosphärischen A-Band aufgenommen (etwa 380 nm bis 780 nm). Nach der Komplexität von Absorptionslinien geordnet und am PC stilistisch eingefärbt ergibt sich eine an die Harvard-Spektralklassifikation angelehnte Spektralsequenz (Abb. 3).
Auswertung Ein Computer ermöglicht noch sehr viel mehr Auswertungsmöglichkeiten, die ich kurz am Beispiel Wega erläutern möchte: Mit einer speziellen Software der Firma OES Fleischmann lässt sich das fotografische Spektrum in eine Tabelle mit Pixelpositionen und Helligkeitswerten umwandeln. Sind diese Daten erst einmal in Microsoft Excel importiert, erhält man sehr schnell ein recht ansehnliches Diagramm, dass das Spektrum des Sterns als Kurve mit einigen signifikanten Merkmalen darstellt. Bei Wega sind diese Erscheinungen auf den dort dominanten Wasserstoff zurückzuführen. Wenn man grob weiß, welchen Wellenlängenbereich man aufgenommen

hat, kann man in Literatur und in Vergleichsspektren nach dem Muster suchen und so die genauen Wellenlängen der einzelnen Absorptionslinien bestimmen. Ich habe so vier Punkte im Spektrum bestimmt und durch diese von Excel mittels Regression ein Polynom zweiten Grades ziehen lassen. Dieses gibt die sog. Dispersionscharakteristik meines Spektrographen wieder. Von jeder noch so feinen Absorption oder Emission kann nun die Wellenlänge aus der Pixelposition berechnet und mit Werten aus der Fachliteratur verglichen werden. Da die chemischen Elemente ein sehr charakteristisches Muster im Spektrum hinterlassen, kann der Aufbau der Hülle eines Sterns, wie z. B. Wega (immerhin ca. 25 Lj. entfernt), eindeutig bestimmt werden. Nach dem Entfernen von Störungen, die u. a. durch die Erdatmosphäre oder durch die wellenlängenspezifische Empfindlichkeit des CCDChip hervorgerufen werden, sowie dem Normieren und Beschriften erhält man ein für jedermann aussagekräftiges Spektraldiagramm (Abb. 4).
Fazit Alles in allem habe ich jetzt einen Apparat der sich in ca. 15 Minuten an ein herkömmliches Meade 10-Zoll-Teleskop anbringen lässt und mit dem sich jedes Objekt über die Computersteuerung (oder bei helleren Objekten auch über den Telrad-Finder) ansteuern und fotografieren lässt. Es gibt noch viele Möglichkeiten den

Literaturhinweise [1] James B. Kaler, 1994: Sterne und ihre
Spektren, Spektrum Akademischer Verlag [2] Günter D. Roth, 1984: Handbuch für
Sternfreunde, Springer-Verlag [3] Bergmann, Schaefer, 1978: Lehrbuch der
Experimentalphysik, Band III - Optik, Walter de Gruyter [4] Lipson, Lipson, Tannhauser, 1997: Optik, Springer Verlag [5] Otto Zimmermann, 1989: Sternspektroskopie in der Schule, SuW 11/1989 [6] An Introduction to Scientific Imaging Charge-Coupled Devices - SITe CCD Technology for Superior Performance, Scientific Imaging Technologies, Inc., 1994
MATRIX-Fan
,,... Und ... hast du ihr angeboten, sie dürfe mal durch unser Teleskop
gucken ... was hat sie gesagt?" ,,Langweilig!"
,,Wir hätten vorher ein feistes Grünfilter einschrauben und ein ordentliches Soundsystem dazustellen sollen!!!"
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Alle fünf Elemente auf dem ITV!

Das Jugendreferat der VdS organisiert die Jüngsten im Verein. In Horden fallen sie auf größeren Veranstaltungen ein wie auf der BoHeTa oder auf dem ITV. Auch dieses Jahr wieder war das berüchtigte Gruppenzelt mit seinen kleineren Gefährten auf der Wiese am Vogelsberg präsent und die jungen Spechtler genossen das Teleskoptreffen, das ausnahmsweise mal seinem ,,Immer Total Verregneten" Ruf zumindest nachts nicht gerecht wurde. Der Komet C/2001 Q4 (NEAT) wurde mit Feldstechern, Teleskopen und dem bloßen Auge ins Visier genommen. Am Samstag wurde entlang des nahen

Bächleins Ohm eine Wanderung zu deren Quelle unternommen. Es waren wohl Physikstudenten, die auf die Idee kamen, dies mit den Worten ,,zur Quelle allen Widerstandes" zu parolisieren. Solche Leute, die nachts bei Bodenfrost im Zelt auf der Erde schlafen und tags darauf zur Burg Ulrichstein ca. 15 km wandern, die sich vom starken Wind Luftmassen um die Ohren hauen lassen, die nur zur Suche nach des Baches Quell den Weg verlassen und sich abends am Lagerfeuer aufwärmen... solche Leute sind dann wirklich mit allen Wassern gewaschen. :-) Tags allen vier irdischen Elementen ins Angesicht

geschaut, ergießet sich nachts der Schimmer des fünften, des himmlischen Elementes über unseren Köpfen. Wenn dieses Heft erscheint, hat das größte VdS-Jugend-Ereignis des Jahres bereits stattgefunden: das Astronomische Sommerlager. Augenblicklich hoffen wir aber noch, dass es auch diesmal ein Erfolg werde. Darum sollen an dieser Stelle noch einmal Berichte des vergangenen Jahres gedruckt werden. Ab August wird es viel Neues geben, aber bis dahin ist noch viel zu tun. Viel Spaß beim Lesen! Susanne M. Hoffmann, VdS-Jugendreferent

Die Arbeitsgruppe ,,Einführung in die Astronomie"
von Verena Lunkenheimer und Marc Schrabback

Abb. 1: Bastelstunde bei EFA

Abb. 2: Präsentationszeit bei EFA

EFA, eigentlich ,,Einführung in die Astronomie, ist der Name für eine AG, die ihre Leiterin mit Fragen überhäuft und ein daraus resultierendes buntes & einzigartige Tafelbild geprägt (typisch Sanne!). Wir lernten, dass das Universum mit dem Urknall anfing, sich anschließend ausdehnte und später sehr viele Galaxien entstanden. Natürlich sprachen wir auch über unser Sonnensystem und begannen eine heftige Diskussion über die Möglichkeit eines Multiversums und ob es anderswo intelligentes Leben gibt. Susanne erzählte uns, wie das Leben eines Sterns abläuft (von der Geburt bis zum Tod), von Weißen
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Zwergen und Roten Riesen. Nach explosivem Tod könne er sich (evtl.) zum Schwarzen Loch entwickeln. Durch die Zeit- und Raumkrümmung in dessen Nähe könnte sich nach den wildesten Ideen der Astrophysiker das Schwarze Loch zu einem Wurmloch verlängern, welches möglicherweise in einem Weißen Loch enden könnte. Da so etwas noch nie beobachtet wurde, befindet sich letzteres dann hypothetisch in einem anderen Universum... was uns dann wieder auf die Multiversumstheorie zurück führt. Auch Praxis kam nicht zu kurz: wir hatten unseren Spaß an der Bastelstunde. Mit den

großzügig von SUNWATCH gespendeten Bastelbögen, konnten wir z. B. KeplerTeleskope, Sonnenteleskope, Galilei-Teleskope, Sternhimmel-Halbkugeln basteln. Natürlich verbrachten wir auch einen Abend in der freien Natur unter sternklarem Himmel. Geschmückt mit den Sagen der Sternbilder zeigte Susanne uns zur Orientierung die markantesten Sternbilder. Eine dieser Sagen führten wir am Präsentationsabend als kleines Theaterstück vor.

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Raumfahrt: Rocket Science im ASL (?)
von Stefanie Musiol

Unter Anleitung von unserem kompetenten Raumfahrtexperten Tilman, beschäftigten wir uns fünf Tage lang mit ganz unterschiedlichen theoretischen Aspekten des Themas. Wir versuchten unter anderem mehrstufige Raketen mit möglichst hoher Nutzlast theoretisch zu konstruieren. Nach einem Crashkurs in Newtonscher Mechanik und Herleitung der Raketengleichung, versuchten wir uns in

der Berechnung mehrstufiger Raketen, Bahnen, Swing-By Manöver und Antriebsarten der Raumflugkörper. Weiterhin dachten wie über eine Reise zum Mond nach und philosophierten darüber, wie man auf der ISS wohl duscht. Wie der Magen bei einem Parabelflug reagiert, konnte Tilman uns aus eigener praktischer Erfahrung berichten. Die realen Bedingungen im Weltraum wurden ebenso be-

sprochen wie der astronomische und physikalische Unsinn im Film Armageddon. Diese Arbeitsgruppe beschäftigte sich augenscheinlich eher mit der Theorie der Raumfahrt, während die praktischen Bastelarbeiten von wenigen der wachen Leute an den Vormittagen durchgeführt wurden.

Über die Eignung von Compact Discs als Raketenleitwerk
von Jan M. Stielike

CDs sind praktisch. Nicht nur zum Speichern von Daten, sondern auch als Tragfläche für Raketen, denn sie verbinden gleich mehrere wichtige Eigenschaften: Sie sind billig, stabil und gleichzeitig elastisch. Man nimmt sich also drei oder vier CDs und schneidet diese mit einer Haushaltssäge zu. Anschließend werden sie mit Zwei-Komponenten- oder Heiß-Kleber am Raketen-Rohr befestigt. Aber nicht alle CDs sind gleich gut geeig-

net, denn das Trägermaterial der CDs kann eine sehr unterschiedliche Stabilität haben. Die Werbe-CDs vieler Internet-Anbieter kosten zwar nichts, gehen dafür aber auch öfter kaputt. Teurer aber auch besser sind die CD-Rohlinge, die man im Laden kaufen kann. Diese halten problemlos mehrere Flüge aus ohne zu brechen.

Abb. 1: Eine Auswahl an CD-Raketenmodellen

Logbuch der Raketenpioniere: Mittwoch 06. 08.2003, Vormittag
von Tilman Springborn und Tobias Opialla

Drei Raketen sollten heute Vormittag in Anwesenheit einiger VIPs gestartet werden. Dies waren 1. Antari - ein kommerzieller Bausatz 2. Veteran - ein schon etwas älteres
Modell, welches schon einige Umbauten auf Grund von Unfällen (Havarie, etc.) hinter sich hatte 3. Tobi Wan I - ein Raketengleiter Der erste Start (Antari) verlief sehr gut. Die Rakete hob gut ab und strebte gen Himmel. Am Gipfelpunkt explodierte dann nach bangem Warten endlich die Ausstoßladung aber, die Münder blieben vor Schreck offen, kein Strömer erschien. Glücklicherweise war die Rakete leicht genug, um eine Taumelbergung durchzuführen. Eine Untersuchung ergab im Nachhinein, dass der Strömer von den

Abb. 1: t + t + steffi + verena bei den startvorbereitungen ...

heißen Gasen verschmort worden war. Deshalb war er verklemmt und wurde nicht ausgestoßen. Reparatur war unbedingt notwendig. Der zweite Start (Veteran) verlief ebenfalls sehr gut. Die Ausstoßladung stieß den Strömer erfolgreich aus. Mehrere Augenpaare verfolgten die Bahn der herabschwebenden Rakete... bis sich Sonne und Rakete in einer Linie befanden. Dann war sie nicht mehr zu sehen. Der Landepunkt bleibt folglich ein ewiges Geheimnis. Der dritte Start war der Raketengleiter. Auch dieser hob sehr gut ab und ging nach Brennschluss und Erreichen des Gipfelpunktes in den Gleitflug über, drehte einige hoch kunstflugartige Loopings und Schrauben. Die letzte Kurve endete leider in der falschen Richtung, nämlich hin zur
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Straße und den Bäume, in welchen er auch verschwand. Auch der Raketengleiter gilt folglich als verschollen. In großer Eile und Aufregung rüstete sich eine kleine todesmutige Expedition mit Schutzkleidung, Fernglas, Funkgerät, Hut, Erste-Hilfe-Set, Zelt, Marschverpflegung (also Gummibärchen) für 3 Tage u. v. a. m. und schwärmte aus. Systematisches Ablaufen der Wiese durch mehrere Personen. Absuchen sämtlicher Bäume mit Hilfe von Ferngläsern, Schlagen von Schneisen in den meterhohen, mit Brombeerranken durchsetzten Brennesseldschungel... Manche Wunde wurde uns in der sengenden Sonne zugefügt. Zwar machten sich auch Dehydrierung und Erschöpfung breit, trotz leichter Halluzinationen ließ man sich nicht entmutigen: Wenn wir die vermissten Objekte nicht bald fänden, könnte jede Hilfe zu spät kommen. Abermals wurden die letzten Kräfte mobilisiert - man trennte sich. Auch durch das Abreißen der Funkverbindung ließen wir uns nicht demoralisieren. So konnten wir schließlich auch die ,,reißenden" Stromschnellen des

Elsava-Bachs überwinden, obwohl wir uns fast vom Ertrinken bedroht wähnten (in diesem, etwa einen halben Meter tiefen Gewässer). Dann tauchte schon das nächste Hindernis auf: Die riesige Steilwand. Doch wir ahnten: Wenn wir hier eine Passage meistern würden, wären wir unserem Ziel etwas näher... Die Veteran blieb verschwunden, keine Spur von ihr zu finden, morgen beim Tagesausflug werden wir im ESOC um Satellitenbilder bitten, um unsere Suche zu optimieren. Der Raketengleiter fand sich in einer Höhe von circa 12 m über der Straße in einem Baum gut verkeilt in den Ästen. Im Moment überlegen wir, ob wir den Baum nicht einfach fällen sollten.
Abb. 2: Start von ,,Langer Marsch"

AG-Bericht: Relativitätstheorie

In dieser AG ging es, wie man wohl erraten kann, um die von Albert Einstein entwickelte Relativitätstheorie. Wir beschäftigten uns aber nicht von Anfang an mit der SRT (spezielle Relativitätstheorie) und der ART (allgemeine Relativitätstheorie), sondern ergründeten erst einmal den historischen Hintergrund und den Weg, der nötig war, um die Theorie zu entwickeln. Hierbei begannen wir mit der Aufarbeitung der Newtonschen Gesetze als Ausgangslage. Wir beschäftigten uns hier zum Beispiel mit dem Gravitationsgesetz und der Trennung von Raum und Zeit nach Newton. Anschließend erfuhren wir etwas über die Auswirkungen der von Maxwell gefunden Gleichungen zur Elektrodynamik, die unter anderem eine elektromagnetische Welle beschreiben. Auf Wunsch einiger Teilnehmer richtete unser AGLeiter Florian auch noch spontan einen Sonder-Workshop zu diesen Gleichungen ein. Doch auch in der ,,regulären" AG diskutierten wir, dass sich Wellen nur in einem Medium ausbreiten können und die Idee des Äthers war entstanden. Dies alles führte historisch zu dem Versuch von Michelson und Morley, in dem diese beiden Herren nachgewiesen haben, dass die Lichtgeschwindigkeit richtungsunabhän-

gig ist. Die Äther-Hypothese wurde durch Massen. Auch spezielle Lösungen

dadurch vor ein großes Problem gestellt. und ihre Bedeutung, wie die von Herrn

Einstein vermochte dieses Problem zu Schwarzschild stellte Florian vor. Wir hat-

lösen, indem er den Äther einfach ab- ten jeden Tag die Gelegenheit, die

schaffte.

Aufgaben von einem für uns erstellten

Von nun an beschäftigten wir uns mit den Übungsbogen zu rechnen. Auf diesem

Aussagen der SRT und den Problemen, die Bogen beschäftigten wir uns zum einen mit

diese Gleichung immer noch aufwirft. Beispielen für eben genau diese Effekte,

Einige Vorgaben Newtons konnten näm- zum anderen aber auch mit den schon ein-

lich nicht sofort von Einstein ersetzt wer- gangs erwähnten Grundlagen, so dass es

den, was dazu führte, dass die Gleichung auch einen Teil über die klassische

sozusagen nur ein Zwischenprodukt war. Gravitation nach den Gesetzen von

Die etwa 10 Jahre später fertig gestellte Newton gab.

ART war das nicht mehr: Sie löste sich Am letzten AG-Tag bereiteten wir vor, was

gänzlich von den Vorgaben Newtons und wir den anderen über unsere AG präsentie-

stellte eine Be-

ziehung zwischen

Raum und Zeit her.

Im Rahmen der

AG beschäftigten

wir uns dann mit

einzelnen Phäno-

menen der Relati-

vitätstheorie, wie

der Längenkon-

traktion, der Zeit-

dilatation, der

Periheldrehung des

Merkur und der Abb. 1:

L i c h t a bl e n k u n g Modell des Michelson-Morley-Versuchs

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ren wollten: Wir bauten ein Modell des schon oben erwähnten Michelson-MorleyVersuchs und stellten es mit einer Erklärung des Aufbaues und der Vorgänge bei diesem Experiment aus. Im Ganzen kann man also sagen, dass wir in dieser einen AG-Woche relativ viel über die Relativitätstheorie und ihre Entstehung

erfahren haben und jetzt wohl eher eine Vorstellung haben, was die Relativitätstheorie eigentlich ist. Ich kann zwar an diesem Punkt nur für mich sprechen, behaupte aber einfach mal, dass wir alle bei diesem kleinen Exkurs in das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert Spaß hatten und niemand, letztlich auch durch die gute und

verständliche Aufbereitung Florians, unter- oder überfordert wurde. Die Erklärungen waren in der Regel recht anschaulich und griffen auf wenig Mathematik zurück. Trotzdem war es natürlich nicht immer ganz einfach, was ja aber auch bei der Thematik nicht zu erwarten wa

Zeit ...
für die gewöhnliche Auffassung ein kontinuierliches Fortschreiten, innerhalb dessen sich alle Veränderungen vollziehen. Bei der wissenschaftlichen Bestimmung des Zeitbegriffs ist zwischen Realzeit und Idealzeit zu unterscheiden. Realzeit ist die bestimmbare (messbare) Zeit oder Dauer (bei Newton: relative Zeit), die in der durch die Wahrnehmung gegebenen Aufeinanderfolge von Veränderungen mitgegeben ist. Idealzeit ist die allen bestimmbaren Zeiten zugrunde liegende Zeit, durch die die Beziehung aller bestimmten (relativen) Zeiten aufeinander allein möglich wird (bei Newton: absolute Zeit); diese ist als solche weder gegeben noch bestimmbar, sondern nur eine als notwendig gedachte, reine Ordnung; bei Kant ist Zeit ,,eine Bedingung a priori" und damit (gleich dem Raum) eine Form der sinnlichen Anschauung.
Physik In der Physik ist die Zeit eine (nach der alltäglichen Erfahrung) nicht beeinflussbare physikalische Größe. Man kennzeichnet die Bewegung von Körpern durch die Angabe ihrer Orte zu verschiedenen Zeitpunkten und betrachtet daher die Zeit als eine zu den drei Raumkoordinaten hinzutretende 4. Koordinate. Die genaue Untersuchung der Zeitmessung an räumlich getrennten Punkten (Gleichzeitigkeit) führte Einstein zu seiner Relativitätstheorie, in der die Bewegung eines Körpers in dem formal eingeführten, Raum und Zeit umfassenden ,,vierdimensionalen Raum" (Raum-Zeit-Kontinuum) untersucht wird. Danach sind Aussagen über die Zeit (Zeitablauf, Gleichzeitigkeit) relativ, sie hängen stets vom Standpunkt des Beobachters und seiner Bewegung relativ zum beobachteten Objekt ab.
Philosophie Zur Einführung stellte unser AG-Leiter Dirk uns am ersten Tag anhand einer Präsentation mit Laptop und Beamer im

Vortragsstil ca. 40 Philosophen von Platon bis Robert Levine vor. Für die darauf folgenden Tage bildeten wir zwei Gruppen, jede las einen Ausschnitt aus einem speziell ausgewählten Buch über die Zeit. Wir besprachen die Bücher gemeinsam und erstellten dann die Präsentation. Exemplarisch sei hier etwas ausgeführt zu dem Buch ,,Die Irrealität der Zeit" von John McTaggart und Ellis McTaggart. Es gab schon immer viele verschiedene Vorstellungen von Zeit; u. a. sogar, dass Zeit gar nicht existiere. Auch McTaggart ist dieser Ansicht und versucht (!) es folgendermaßen zu beweisen: Die Zeit setzt sich aus drei Reihen zusammen: A-Reihe: Unterscheidung von vergangen/gegenwärtig/zukünftig (veränderlich), B-Reihe: Unterscheidung von früher/später (unveränderlich), C-Reihe: Reihenfolge von Ereignissen ohne Richtung, z. B. 1;2;3;4;5 oder 5;4;3;2;1 (unveränderlich). Veränderung ist ohne Zeit nicht möglich und umgekehrt. Genau genommen ist aber die einzige Veränderung, in der ein Ereignis noch das selbe Ereignis bleibt, der Übergang von zukünftig über gegenwärtig nach vergangen, also eine A-Reihe. Für die Zeit ist die A-Reihe daher wesentlich. Auch die C-Reihe ist für die Zeit wesentlich, weil die Ereignisse sonst keine Reihenfolge hätten. Allerdings existieren sie auch ohne Zeit, weshalb man, um die Irrealität der Zeit zu beweisen, nur noch zeigen muss, dass die AReihe irreal ist. Jedes Ereignis hat nur drei Möglichkeiten: es kann entweder zukünftig, gegenwärtig oder vergangen sein. Trotzdem kommt jedes dieser Charakteris-

tika einem jeden Ereignis irgendwann zu. Dadurch entsteht anscheinend ein Widerspruch. Dieser lässt sich aber dadurch auflösen, dass man z. B. sagt: ,,Ein Ereignis war zukünftig, ist gegenwärtig und wird vergangen sein." Allerdings wurde für die Auflösung dieses Widerspruchs eine weitere A-Reihe verwendet, die selbstverständlich auch diesen Widerspruch enthält. Das könnte man so unendlich lange weiterführen. Man braucht also immer eine A-Reihe, um eine andere A-Reihe zu erklären - und damit dreht man sich im Kreis. Daraus lässt sich schließen, dass die A-Reihe irreal ist, was wiederum zur Folge hat, dass auch die Zeit irreal ist. Quod erat demonstrandum. Die C-Reihe dagegen kann trotzdem real sein, da sie nicht direkt von der Zeit abhängt. In diesem Falle wäre die Zeit ein ,,Bild" von zeitlosen Ordnungen. Aber es bleibt immer noch eine Frage offen: Könnte die Zeit nicht doch real sein, indem sie einfach etwas anderes ist als eine A-Reihe? Fazit: McTaggart beweist die ganze Zeit etwas, um am Ende zu dem Schluss zu kommen, dass die Zeit doch real sein könnte. Sein Beweis zuvor ist für jeden Normalsterblichen verdammt verwirrend. Wenn man jedoch einmal weiß, was er will (oder es zumindest annimmt), kommen Texte wie dieser dabei heraus.
Abb. 1: Die AG stellt eine Diskussion zweier historischer Philosophen nach.
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104 J U G E N D A R B E I T + S T E R N B E D E C K U N G E N

AG Physik der Sonne und der Sterne
von Ines Rechenberger

Wer sitzt bei 40 Grad Hitze auf Bierbänken, bewaffnet mit Taschenrechner, Papier und einer unberechenbaren Klapptafel und lässt sich von Ingo den Sonnendurchmesser berechnen? Die AG Physik der Sonne und der Sterne beschränkte sich dieses Jahr auf unsere eigene Sonne, und jeden Nachmittag wurde vier Stunden lang erbarmungslos gerechnet. Wer der Meinung ist, dass sich das ziemlich langweilig anhört, dem muss widersprochen werden. Es ging richtig lustig zu, in Teamwork machte das Ganze ziemlich viel Spaß und wenn mann/frau wirklich einmal nicht mehr weiterwusste, gab es ja immer noch Ingo ,,the brain" von Borstel. Zugegeben, manchmal war es schon etwas mühsam, sich bei den Temperaturen in den Formelwust einzuarbeiten, aber dank Gummifröschen und eiskaltem Früchtetee haben wir es alle überlebt. Wenn die Sonne wirklich einmal zu heiß herunterbrannte, verzogen wir uns in die angenehm kühle Bibliothek und beschäftigten uns dort mit der Energiebilanz bei der Herstellung eines Heliumteilchens aus

vier Wasserstoff-

teilchen im Inneren

der Sonne!

Besonders zur

Geltung kamen

während der AG

auch die Zeichen-

künste der Teil-

nehmer, so erinnert

sich hoffentlich

noch jeder an die

Bierbank, die jetzt

mit geheimnisvol-

len

Formeln

beschriftet die

Wissenschaftler in

10.000 Jahren vor Abb. 1:

unlösbare Rätsel Die AG Physik der Sonne und der Sterne bei der Arbeit

stellen wird...

An den letzten drei Tagen widmeten wir brachten wir einen ganzen Tag damit, über

uns vor allem der Berechnung der Solar- das ASL-Gelände auszuschwärmen und

konstanten. Hieran haben wir alle ein- unsere Instrumente zusammenzusuchen.

drucksvoll zu sehen bekommen, wie Dazu muss gesagt werden, dass Astro-

schwierig die Arbeit der Experimental- nomen nicht gerade Ordnungsfanatiker

physiker sein muss, so ist doch in den sel- sind...

tensten Fällen all das vorhanden, was man Aber schließlich hatten wir alles, was wir

für seine Experimente braucht. So ver- brauchten, und konnten loslegen!

Wo bin ich?
Positionsbestimmung mit GPS und Karte für Amateurastronomen
von Martin Federspiel

Das ist wohl der Alptraum eines Amateurastronomen: Nach langer Reise kann man es kaum erwarten, das große Ereignis zu erleben - sagen wir das Perlschnurphänomen ganz am Rande der Totalitätszone einer Sonnenfinsternis. Doch was ist das? Die Finsternis bleibt partiell, weil der Standort wenige hundert Meter außerhalb der Totalitätszone lag. Auch bei streifenden Sternbedeckungen durch den Mond, Positionsmessungen von besonders erdnahen Kleinplaneten oder künstlichen Satelliten können hundert Meter hin oder her eine entscheidende Rolle spielen. Als Faustregel gilt: Einer Ortsänderung von 100 m auf der Erde entspricht eine Parallaxe von bis zu 0,05'' in Mondentfernung. Deshalb kommt es bei manchen Beobachtungen darauf an, den Standort genau zu kennen. Mit GPS-Satellitennavigation für Jedermann und genauen Karten
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ist das heute kein Problem mehr. Aber Vorsicht: Aus der Vielzahl von Koordinatensystemen, die weltweit verwendet werden, gilt es das richtige auszuwählen.
Die Messung mit einem GPSEmpfänger Das Prinzip der satellitengestützten Navigation mit dem Global Positioning System (GPS) ist schnell erklärt. Zurzeit umkreisen 29 funktionsfähige GPSSatelliten die Erde. Sie haben genauestens überwachte Atomuhren an Bord und ihre Bahnen sind mit sehr hoher Genauigkeit bekannt. Jeder Satellit sendet laufend Signale aus, in denen die genaue Zeit und die momentane Bahn kodiert sind. Je nach Entfernung des Empfängers zu den Satelliten treffen diese Signale unterschiedlich verzögert beim Empfänger ein. Der Empfänger berechnet aus der Laufzeit

der Signale von mindestens vier Satelliten seine räumlichen Koordinaten und die Systemzeit. Das Ergebnis wird in der Regel besser, wenn die Signale von mehr als vier Satelliten in die Auswertung einfließen. Wichtig ist, dass die benutzten Satelliten einigermaßen gleichmäßig am vom Empfänger ,,sichtbaren" Himmel verteilt sind. Die meisten Empfänger zeigen die oft zu optimistisch geschätzte Genauigkeit der Messung an (EPE, estimated position error oder ähnlich). Der GPS-Betreiber gibt eine horizontale Positionsgenauigkeit von besser als 13 m und eine vertikale Positionsgenauigkeit von besser als 22 m für eine Einzelmessung über 95 % einer längeren Messperiode an. In der Praxis lassen sich etwa um einen Faktor zwei bessere Resultate erzielen, wenn mehrere, über einen Zeitraum von Stunden oder Tagen verteilte

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Abb. 1: Gauß-Krüger-Koordinatennetz um zwei Bezugsmeridiane

Messungen gemittelt werden. Es gibt eine Reihe von störenden Einflüssen, die eine GPS-Messung verfälschen können. Der wichtigste Störenfried ist die Erdatmosphäre. Je nach Zustand der Ionosphäre wird die Signallaufzeit verändert und damit das Resultat verfälscht. Diese Störungen werden bei einfachen GPS-Empfängern näherungsweise korrigiert. Der Einfluss atmosphärischer und anderer Störungen auf die GPS-Messung lässt sich durch den Empfang von zusätzlichen Korrektursignalen deutlich verringern (differentielles GPS mit Zusatzgerät über terrestrisches Radiosignal; WAAS [1] bzw. EGNOS [2] mit neueren Empfängern über geostationäre Satelliten). Bei der Auswertung der Satellitensignale wird vom Empfänger zwar auch die GPSSystemzeit und daraus UTC mit sehr großer Genauigkeit ermittelt, aber von den meisten Handempfängern nur ein bis zwei Sekunden verzögert angezeigt. Das ist für einige Anwendungen wie die Beobachtung von Sternbedeckungen leider deutlich zu schlecht.

Koordinatensysteme und Karten Die Form des Erdkörpers lässt sich als Rotationsellipsoid mit den Parametern große Halbachse und Abplattung annähern. In der Vermessungskunde wird der Begriff des Geoids zur Beschreibung des Erdkörpers verwendet. Das Geoid ist der Körper, an dessen Oberfläche das einheitliche Schwerkraftniveau der mittleren Meeresoberfläche der Erde herrscht

noch das Ellipsoid nach Bessel aus dem Jahr 1841 verwendet (Tab. 1). Das derzeit für globale Zwecke am besten angepasste Ellipsoid wurde WGS84 (World Geodetic System 1984) genannt. Die national gebräuchlichen Ellipsoide können sich vom WGS84-System so unterscheiden, dass die Koordinaten eines Punkts auf der Erdoberfläche in verschiedenen Systemen um bis zu einige hundert Meter differieren.

Parameter
große Halbachse a kleine Halbachse b reziproke Abplattung 1/f

Bessel (1841)
6377397,155 m 6356078,963 m 299,1528128

WGS84
6378137,0 m 6356752,3 m 298,257223563

Tab. 1: einige Parameter für das Bessel (1841)-Ellipsoid und für das WGS84-Ellipsoid

(Äquipotentialfläche). Es zeigt sich, dass das Geoid gegenüber einem Ellipsoid Dellen und Ausbuchtungen von der Größenordnung bis 100 m hat. Zunächst entstanden in den verschiedenen Ländern lokale Anpassungen eines Ellipsoids an den Erdkörper, die jedoch global nicht optimal sind. So wird z. B. für die Kartografie in Deutschland auch heute

Die Parameter, die ein geodätisches Bezugssystem vollständig charakterisieren, werden als Datums-Parameter bezeichnet. In der deutschen Geodäsie/ Kartografie wird heute üblicherweise das Potsdam-Datum mit Zentralpunkt Rauenberg verwendet (Tab. 2). Zur Projektion der Ellipsoidoberfläche auf eine ebene Kartenfläche wird in der deut-
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106 S T E R N B E D E C K U N G E N

Magellan-Geräten gibt man die Parameter über das benutzerdefinierte Koordinatensystem und Datum ein (Tab. 3, Tab. 2). Die von den Landesvermessungsämtern herausgegebenen gedruckten topografischen Karten beziehen sich auf das Potsdam-Datum. Das Gauß-Krüger-Koordinatennetz ist mindestens am Rand in regelmäßigen Abständen angerissen (Abb. 2). Bei den digitalen topografischen Karten der TOP-Serien, die auch von den Landesvermessungsämtern herausgegeben werden, kann man das Koordinatensystem wählen (z. B. geografische, UTM- oder Gauß-Krüger-Koordinaten, dazu Potsdam oder WGS84-Datum). Stefan Voser hat Angaben zur nationalen Kartografie einiger anderer europäischer Länder im Internet zusammengestellt [3].

Geografische Koordinaten mit Bezug

zum astronomischen Koordinaten-

system

Wenn ein unmittelbarer Zusammenhang

zwischen Beobachtungsort und dem

Sternhimmel hergestellt wird, etwa bei der

genauen Berechnung der lokalen Sternzeit,

Abb. 2:

dann müssen die Koordinaten des Beob-

Ausschnitt einer topografischen Karte 1:25000 mit durchgezogenem Gauß-Krüger- achtungsorts in dem Koordinatensystem

Koordinatennetz (Rechts- und Hochwerte orange umringt, Abstand der Gitterlinien ausgedrückt werden, dessen Äquatorebene

1.000 m)

und Nullmeridian mit dem astronomischen

Parameter

Wert

Ordinate (Hochwert) gibt den Abstand

Koordinatensystem verträglich sind. In sehr guter Näherung ist das für das

Da (große Halbachse) Df*104 (Abplattung) DX (Offset Mittelpunkt x) DY (Offset Mittelpunkt y) DZ (Offset Mittelpunkt z)

739,845 m 0,10037483 +587 m + 16 m +393 m

vom Äquator entlang des Bezugsmeridians in m wieder. Gauß-Krüger-Koordinaten in Deutschland beziehen sich immer auf das Potsdam-Datum. Die meisten GPS-Handempfänger können

WGS84-System der Fall. GPS-Nutzer können die Ermittlung der geografischen WGS84-Koordinaten einfach dem GPS-Empfänger überlassen. Sie wählen dazu die Optionen geografische

Tab. 2:

Gauß-Krüger-Koordinaten für Deutsch- Koordinaten als Koordinatensystem und

Parameter für die

land direkt anzeigen. Dazu wählt man im WGS84 als Datum. Die so erhaltenen

Datumstransformation Potsdam nach

entsprechenden Menü das Koordina- Koordinaten können aber nicht mehr

WGS84

tensystem German Grid oder ähnlich aus. unmittelbar in eine gedruckte topografi-

Der GPS-Empfänger sollte von sich aus sche Karte mit nationalem Datum übertra-

schen Kartografie eine von C.-F. Gauß und dazu das Potsdam-Datum oder German gen werden.

L. Krüger entwickelte winkeltreue Ab-

bildung verwendet. Auf der Kartenebene wählt man ein rechtwinkliges Koordinatensystem, die so genannten GaußKrüger-Koordinaten oder transversalen Mercator-Koordinaten (Abb. 1, Tab. 3); Nullpunkt der nach Osten positiv gezählten Abszisse (Rechtswert) ist der Bezugs-

Parameter
Projektion Nullpunkt Breite Nullpunkt Länge Skalenfaktor False easting am Längennullpunkt False northing am Breitennullpunkt

Wert
Transversale Mercator-Projektion 0 Grad Bezugsmeridian 3 Grad , 6 Grad , 9 Grad , 12 Grad , 15 Grad Ost 1,0 <n>500000 *) m 0 m

meridian, dem der Wert +500000 m zuge-

Geodätisches Datum

Potsdam/Rauenberg

wiesen wird. Um die Verzerrungen klein

zu halten, gibt es in Deutschland die Tab. 3:

Bezugsmeridiane 3 Grad , 6 Grad , 9 Grad , 12 Grad und 15 Grad Parameter für das deutsche Gauß-Krüger-Koordinatensystem,

Ost, die von 1 bis 5 durchnummeriert wer- *) n = Nr. des Bezugsmeridians, n=1 für 3 Grad Ost, n=2 für 6 Grad Ost usw.

den. Diese Bezugsmeridiankennzahl wird

als erste Ziffer dem Rechtswert vorange- Datum aktivieren. Achtung: GPS-Empfän- Wenn die Koordinaten des Beobachtungs-

stellt; ein Ort auf 9 Grad östlicher Länge hat ger der Firma Magellan zeigen nicht ganz ortes in irgendeinem Koordinatensystem

also den Rechtswert 3500000 m. Die richtige Gauß-Krüger-Koordinaten an. Bei bekannt sind, lassen sie sich durch eine

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Abb. 3: Koordinaten- und Datumstransformation von Gauß-Krüger-Koordinaten (unten) in geografische WGS84-Koordinaten (oben) mit GEOTRANS.

Koordinaten- und Datumstransformation in geografische Koordinaten des WGS84Systems umrechnen. Es sind also in der Regel zwei Schritte nötig: 1.) Die Umrechnung von einem Koordi-
natensystem in ein anderes (z. B. Gauß-Krüger-Koordinaten in geografische Koordinaten) und 2.) die Umrechnung von einem Bezugsdatum (z. B. Potsdam-Datum) in das WGS84-Datum. Beide Rechenschritte lassen sich in guter Näherung mit dem GPS-Empfänger erledigen. Dazu wählt man zunächst das Koordinatensystem und Datum, in dem die Koordinaten gegeben sind, speichert die Koordinaten als Wegpunkt, wechselt dann im GPS-Empfänger zu geografischen

Koordinaten und WGS84-Datum und lässt sich die umgerechneten Koordinaten des Wegpunkts wieder anzeigen. Es gibt auch Computerprogramme, die die Umrechnungen durchführen. Ein sehr nützliches Freeware-Tool ist GEOTRANS [4]. GEOTRANS kann die Koordinatenund Datumtransformation in einem Schritt berechnen. Für Umrechnungen vom oder in das Potsdam-Datum müssen die entsprechenden Transformationsparameter zuvor als neues Datum eingegeben werden (Tab.1, Tab. 2). Abschließend sei noch auf eine Besonderheit bei der Transformation der Höhen hingewiesen. Höhenangaben, die aus einer topografischen Karte abgelesen werden, sind so genannte orthometrische

Höhen. Sie beziehen sich auf einen Höhennullpunkt Normal Null (NN, in etwa Meeresspiegel). Das Nullniveau eines lokal angepassten Ellipsoids wie etwa des Bessel-Ellipsoids weicht vernachlässigbar wenig vom orthometrischen Nullniveau ab. Das globale WGS84Ellipsoid jedoch liegt im deutschen Sprachraum zwischen 30 und 50 m unter dem Geoid; um die tatsächliche Höhe des Beobachtungsorts über dem WGS84Ellipsoid zu erhalten, muss zu seiner orthometrischen Höhe noch die GeoidHöhe an diesem Punkt dazugezählt werden. Die Geoid-Höhe eines Ortes kann z. B. mit GEOTRANS oder auf der Internetseite [5] berechnet werden. Auch die dem Autor bekannten GPSHandempfänger zeigen orthometrische Höhen an. Intern wird zwar die Höhe über dem WGS84-Ellipsoid berechnet, angezeigt wird aber die mit Hilfe eines einfachen Geoid-Modells korrigierte orthometrische Höhe. Das gilt auch dann, wenn ausdrücklich das WGS84-Datum eingestellt ist. Die richtigen Koordinaten des Beobachtungsortes sind damit mit großer Genauigkeit zu ermitteln. Wenn nun auch noch die Berechnungen für den Verlauf der Sonnenfinsternis oder der Sternbedeckung und das Wetter stimmen, steht der erfolgreichen Beobachtung ja nur noch Mr. Murphy im Wege... Eine ausführlichere Fassung dieses Artikels ist auf der Internetseite der IOTA/ES zu finden [6].
Internet-Links [1] WAAS (Wide Area Augmentation System),
siehe z. B. www.kowoma.de/gps/waas_egnos.htm [2] EGNOS: http://www.esa.int/export/esaSA/ GGG63950NDC_ navigation_0.html [3] Internetseite von Stefan Voser mit Informationen zu den Kartengrundlagen einiger Länder: http://www.geocities.com/ mapref/mapref.html [4] GEOTRANS: Freeware-Programm zur Koordinaten- und Datumstransformation; http://earth-info.nima.mil [5] Berechnung von Geoidhöhen relativ zum WGS84-Ellipsoid: http://earthinfo.nima.mil/GandG/egm96/int pt.htm [6] Internetseite der IOTA/ES: http://www.iotaes.de/

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Zur visuellen Beobachtbarkeit des BlazhkoEffektes bei RR-Lyrae-Sternen
- visuell machbar, CCD-Kamera gut für Spezialitäten
von Werner Braune

Abb. 1: Lichtkurve von TT Cancri nach visuellen Beobachtungen von Ralf Meyer

Abb. 2: Phasendiagramm von RW Cancri, berechnet aus den Beobachtungen im Zeitraum März-April 2002. Auffallend sind die unterschiedlichen Maximalhelligkeiten. CCDKamera. Beobachter Josch Hambsch. Aus VdS-Journal Nr. 9.

Bei der Beobachtung von RR-Lyrae-Sternen gilt das Hauptinteresse des Beobachters wie bei anderen Veränderlichen auch die Kontrolle der aktuellen Vorhersage-Elemente, kommen doch auch bei diesen Pulsationsveränderlichen häufig Periodenänderungen vor, die man im Griff haben möchte. Das Ergebnis sind Elemente-Berichtigungen. Unter diesem Gesichtspunkt ist eine visuelle Beobachtung an TT Cancri zu sehen, bei der Ralf Meyer über eine Stunde lang auf den Anstieg der Helligkeit zum zeitlich zu bestimmenden Maximum warten musste, was letztendlich ziemlich gut gelang. Dies und das Vorhandensein des BlazhkoEffektes bei diesem Stern war Anlass, über TT Cancri in SuW 2/2004 und im BAV Rundbrief 1/2004 zur Beobachtung aufzurufen. RR-Lyrae-Sterne pulsieren und verändern so ihre Helligkeit. Bei einigen dieser Sterne gibt es die Grundperiode überlagernde Pulsationen, die als BlazhkoEffekt bezeichnet werden. Seine Auswirkungen zeigen in der Lichtkurve bei der Maximumsbestimmung zeitliche Verschiebungen. Bei einzelnen Sternen führt der Effekt bis hin zu stark schwankenden Helligkeiten. Der Effekt ist auch für den visuell beobachtenden Sternfreund erkennbar. Die visuelle Beobachtung von Ralf Meyer (1998) zeigt neben dem verspäteten
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Anstieg ein typisches Maximum, mit der üblichen Varianz in der möglichen Zeitbestimmung. Eine aktuellere Beobachtung (2002) von Gerold Monninger mit einer CCD-Kamera ST6 hatte danach wegen einer Elemente-Berichtigung kein Zeitfindungsproblem mehr und lieferte natürlich ein deutlicheres Bild des typischen Verlaufs eines RR-Lyrae-Stern-Maximums mit erkennbar eingegrenzter Zeitableitung. Grundsätzliches hierzu zeigt auch Abbildung 2. Die Perioden der RR-Lyrae-Sterne bewegen sich in einem Bereich von 0,25 bis 0,8 Tagen. Längerfristige Periodenänderungen sind üblich. Die Lichtkurven verschiedener RR-Lyrae-Sterne, darunter auch die des Namensgebers sowie TT Cancri schwanken auch mittelfristig aufgrund von überlagerten Pulsationen, die nach dem Entdecker als Blazhko-Effekt bezeichnet werden. Die genaue physikalische Deutung des Effektes ist noch unklar. Bei TT Cancri beträgt die ,,BlazhkoPeriode" 89 Tage, bei RR Lyrae 40,8 Tage. Der visuelle Beobachter kann diesen Effekt als Streuung einzelner beobachteter Maximumszeiten ggü. der Berechnung (BR) bei etwas gleicher Helligkeit erkennen (z. B. bei RR-Lyrae oder auch TT Cancri). Bei anderen RR-Lyrae-Sternen ist dagegen der Effekt so stark ausgeprägt, dass er zu ganz stark schwankenden Helligkeitswerten in seinem Zyklus führt. Als

Beispiel gelten hier RW Cancri oder auch UX Triangulum. Wie die Abbildung zu RW Cancri zeigt, werden zeitweise gerade die Grenzen der visuellen Beobachtung erreicht, die bei einer Amplitude größer als 0,5 mag liegen. Der visuelle Beobachter hat damit das Problem, nicht mehr alle Maxima zu sehen und den Frust nicht zu wissen, ob er nun ein gut beobachtbares Ergebnis erzielt oder nichts Brauchbares. Vorhersagen hierzu gibt es nicht! Es stellt sich nun die Frage, was visuell machbar ist. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, wie die beiden Extremkandidaten einzuschätzen sind. Die Bearbeitung der Periode von RR Lyrae durch Peter Ringe im BAV Rundbrief 1/1985 zeigt in der Abbildung 3a sehr deutlich die starke Streuung der erzielten Maxima um die abgeleitete Grundperiode mit Abweichungen von rd. 0,02 Tagen (ca. 30 Minuten) in beiden Richtungen (+ = Verspätungen, - = Verfrühungen). Die Güte der visuellen Beobachtungsergebnisse dürfte bei etwa 15 Minuten liegen. Ursache für die Streuung ist der Blazhko-Effekt, der in Abbildung 3b in die Darstellung der gleichen Ergebnisse mit der benutzten Periode von 40,8 Tagen einbezogen wurde. Die Amplitude des Blazhko-Effektes (gestrichelte Linie) beträgt etwa 0,035 Tage. Während in der Arbeit über RR Lyrae nichts zu Helligkeitsänderungen der

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Abb. 3: Links: (B-R)-Diagramm von RR Lyrae, rechts: (B-R)-Diagramm von RR Lyrae reduziert auf eine Periode des Blazhko-Effektes

Maxima erwähnt wird, sind die merkbar unterschiedlichen Helligkeiten in einer Perioden-Bearbeitung von XZ Cygni durch Edgar Wunder im BAV Rundbrief 1/1987 besonders herausgestellt. Er teilt in einer Tabelle zu den (B-R)-Werten die Maximalhelligkeiten u. a. zu seinen sechs Ergebnissen mit: 8,7 bis 9,15 mag. Deutlich zu erkennen sind diese Helligkeitsschwankungen durch starke Streuungen der Helligkeitswerte in der reduzierten Gesamtlichtkurve des Autors. Beigegeben ist der Arbeit eine Darstellung aus der Literatur (Veränderliche Sterne, Moskau 1982) mit dem unterschiedlichen Helligkeitsverhaltens von XZ Cygni zu verschiedenen Phasen des BlazhkoEffektes. Diese visuellen Ergebnisse sind als Abbildung 4 beigefügt. Sie lassen einerseits gut erkennen, dass eine Gesamtlichtkurve stark streuen muss, andererseits zeigen sie, was visuell möglich ist. Mit dieser Abbildung sind wir direkt wieder bei Blazhko: Er hat als visueller Beobachter den Effekt erkannt! Also keine Sorgen hinsichtlich der visuellen Beobachtbarkeit. Die BAV-Programme für RR-Lyrae-Sterne (Standard-Programm und 1990) umfassen 87 Sterne. Für diese gibt es Karten und Vorhersagen. Nach einer Zusammenstellung aus der Literatur (Horace A. Smith, 1995) haben davon 18 Sterne den Blazhko-Effekt. Nicht alle Sterne sind bisher gut beobachtet, so dass bei einigen und natürlich der Gesamtschar der RR-LyraeSterne noch viele mit Blazhko-Effekt vorkommen sollten. Das übliche Kennzeichen ist die starke Streuung der (B-R)-Werte zudem stärkere Helligkeitsvariationen in einer Gesamtlichtkurve. Auffällig ist bei den erwähnten Extremkandidaten, dass deren Gesamtamplitude ggü. normalen RR-Lyrae-Sternen mit etwa 1 mag hier mit 1,5 bzw. 1,9 mag stark erhöht ist.

Abb. 4: Lichtkurve von XZ Cygni zu verschiedenen Phasen der Blazhko-Periode

Stern

BAV-

Blazhko-

Typ

Programm Periode / Tage

Grund-

Helligkeiten / mag

periode / Tage

SW And RR RS Boo RR RW Cnc 90 TT Cnc 90 Z CVn 90 XZ Cyg RR DM Cyg RR RW Dra RR XZ Dra RR RR Gem 90 AR Her 90 SZ Hya 90 RR Lyr RR RZ Lyr 90 BH Peg 90 RU Psc 90 UX Tri 90 RV UMa RR

36,8 533
87 89 22,7 57,3 26,0 41,6 76 37 31,6 25,8 40,8 116,7 39,8 28,8? 43,7 90,1

RRab RRab RRab RRab RRab RRab RRab RRab RRab RRab RRab RRab RRab RRab RRab RRc RRab RRab

0,4423 0,3773 0,5472 0,5635 0,6538 0,4666 0,4199 0,4429 0,4765 0,3973 0,4700 0,5372 0,5668 0,5112 0,6409 0,3903 0,4669 0,4681

9,14 - 10,09 9,69 - 10,84 10,7 - 12,6 10,72 - 11,78 11,46 - 12,36 8,9 - 10,16 10,93 - 11,99 11,05 - 12,08 9,59 - 10,65 10,62 - 11,99 10,59 - 11,63 10,44 - 11,84 7,06 - 8,12 10,6 - 12,03 9,99 - 10,79 9,93 - 10,40 11,5 - 13,0 9,81 - 11,30

Allgemeine Bemerkungen: Abhängigkeiten der allgemeinen Periode zu der des Blazhko-Effektes sind nicht erkennbar. Alle Sterne sind RRab-Sterne bis auf RU Psc, dessen Blazhko-Periode zudem unsicher ist. Bei RS Boo ist die Blazhko-Periode mit 533d extrem lang. Im Amplitudenverhalten fallen RW Cnc und UX Tri auf, die 1,9 bzw. 1,5 erzielen, während alle anderen eher bei 1 mag liegen. Auffällig auch hier RU Psc mit nur rd. 0,5 mag.

Tab. 1: RR-Lyrae-Sterne der BAV-Programme mit Blazhko-Effekt, Angaben BAV Circular 2004 nach Horace A. Smith, RR Lyrae stars, 1995

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Der Himmel lebt!
von Wolfgang Quester

Abb. 1: Schematische (B-R)-Verläufe und ihre Ursachen

Planeten und Kometen sorgen für Abwechslung am Firmament, aber warten und hoffen ist die Devise des Beobachters, denn sie zeigen sich nicht immer. Doch der nächtliche Himmel hat andere Wunder bereit: Viele Sterne zeigen erkennbare Änderungen ihrer Helligkeit und ihrer Spektren. Wir nennen sie Veränderliche Sterne und deuten ihre Änderung als Hinweis auf ihre Eigenschaften und ihren Lebenslauf. Auffälligstes Merkmal der Veränderlichen sind ihre Helligkeitsschwankungen. Häufig verlaufen sie periodisch; wie Uhrwerke werden die Sterne heller und schwächer. Aber - interessanter als konstante Bewegungen sind Unregelmäßigkeiten, und so lauern viele Beobachter darauf, dass sich Abweichungen im gleichförmigen Ablauf zeigen. Um Perioden festzustellen, muss man markante Punkte in den Lichtkurven suchen. Üblicherweise sind das Maxima oder Minima. Wenn sie regelmäßig aufeinander folgen, kann man leicht ausrechnen, wann das nächste Maximum oder Minimum beobachtet werden kann. Wenn es zum vorhergesagten Zeitpunkt eintritt, ist die Abweichung des beobachteten vom berechneten Eintreffen gleich Null. Abweichungen werden als B-R, Beobachtung minus Rechnung, bezeichnet. Trifft das Ereignis früher ein als berechnet, ist sein B-R kleiner, bei Verspätung dagegen größer als Null. Werden die B-R über der Zeit aufgetragen, erhält man ein (B-R)Diagramm. Die Reihe seiner Messpunkte
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erlaubt Schlüsse auf Änderungen der Periode. Streuen die Werte zufällig um Null dann ist die Periode konstant. Abb. 1 zeigt schematisch Deutungen von (B-R)Verläufen. Bei Bedeckungsveränderlichen, also Doppelsternen, deren Bahn gerade so liegt, dass sich die Komponenten beim Umlauf voreinander schieben, sollten die gegenseitigen Verfinsterungen eigentlich immer im gleichen zeitlichen Abstand aufeinander folgen. Das ist aber nicht der Regelfall. Es kann sein, dass sich die B-R auf einer Sinuskurve um die Nulllinie schlängeln. Dann ist zu vermuten, dass sich das Bedeckungssystem um einen
dritten Körper bewegt und wir die Auswirkung der sich ändernden Laufzeit des Lichts sehen. Bei elliptischen Umlaufsbahnen kommt es zu Drehungen der Apsidenlinie, also der Linie, die Sternnähe (Periastron) und Sternferne (Apastron) der Bahn des Begleiters verbindet (Abb. 2). Im Sonnensystem ist die Merkurbahn das Beispiel

dafür. Bei Bedeckungsveränderlichen wirkt sich die Drehung in der Lichtkurve aus. Haupt- und Nebenminimum verschieben sich gegeneinander. Zwei Beispiele aus dem BAV-Programm sind PV Cassiopeiae und FT Orionis. Das (B-R)-Diagramm von PV Cas (Abb. 3) zeigt die gegenläufige Bewegung der Kurven für Haupt- und Nebenminimum [1]. Eine Drehung seiner Apsidenlinie dauert 94 Jahre [2]. Die Komponenten eines Doppelsterns können auch sehr verschieden große Massen auf ihren Lebensweg mitbekommen haben. Dann werden sie sich unterschiedlich schnell entwickeln und es kann zu Massenverlust einer Komponente kommen. Die daraus resultierende Änderung des Massenverhältnisses führt zur Periodenänderung. (B-R)-Diagramme kann man für alle periodischen Veränderlichen zeichnen. Nicht immer sind sie so leicht zu deuten wie die obigen Beispiele. Bei vielen Mirasternen ist es eine offene Frage, ob die Schwankungen ihrer B-R durch Periodenänderungen oder durch Aufsummierung von Beobachtungsfehlern verursacht sind. Immer noch rätselhaft sind die B-R des Mirasterns R Aquilae. Seit seiner Entdeckung 1856 verkürzt sich seine Periode von damals 346 Tagen auf jetzt
276 Tage. Die nach unten offe-
Abb. 2: Drehung der Apsidenlinie bei elliptischer Bahn eines Doppelsterns. Nur wenn wir genau entlang der Apsidenlinie schauen, folgen Hauptund Nebenminimum im Abstand einer halben Periode. Der rote Begleiter beschreibt im Laufe der Zeit eine Rosettenbahn.

V E R Ä N D E R L I C H E 111

Abb. 3: B-R von PV Cassiopeiae nach lichtelektrischen und CCD-Messungen. Die grünen Punkte zeigen die B-R der Hauptminima, die lila Punkte die der Nebenminima gegen die im Diagramm angegebenen mittleren Elemente. 1992/93 kreuzen sich beide Reihen; das Nebenminimum lag damals mittig zwischen den Hauptminima. Jetzt verspäten sich die Nebenminima gegenüber den Hauptminima.

Abb. 4: Die B-R von R Aquilae. Aufgetragen sind Abweichungen der Maxima aus den Jahren 1946 bis 2001 nach BAV-Beobachtungen.

ne Parabel (Abb. 4) spricht eine deutliche Sprache. Einen ähnlichen, nicht ganz so glatten Verlauf, zeigen die B-R von R Hydrae. Eine ausführliche Bearbeitung der Periode von R Aql findet sich in [3]. Bis hier haben wir nach Abweichungen von periodischem Verhalten gesucht. Man kann das aber auch auf den Kopf stellen

und fragen, ob sich Perioden in unperiodischem Verhalten finden lassen. Bei einigen Zwergnovae ist das tatsächlich der Fall. Zur Erinnerung: Zwergnovae sind Doppelsterne. Ihre Ausbrüche werden durch Massenfluss von einem roten Zwergstern auf einen Weißen Zwerg verursacht. Die Materie vom Roten Zwerg fällt aber nicht

direkt auf den Weißen Zwerg. Sie sammelt sich in einer Akkretionsscheibe um ihn, von der aus sie dem Stern zuströmt. Instabilitäten der Scheibe rufen die Ausbrüche hervor. Es gibt die Klasse der SU-UMa-Sterne. Zwischen ihren normalen Ausbrüchen gibt es ab und zu Superausbrüche, die heller sind und länger dauern. Im Maximum der Superausbrüche beobachtet man ,,Superhumps", Wellen mit einer geringfügig längeren Periode als die bekannte Bahnperiode des Doppelsterns. Das wird als Schwebung zwischen der Bahnbewegung des Doppelsterns und der Präzessionsbewegung einer elliptischen Akkretionsscheibe gedeutet. Es ist ein Glück, dass es viele Sterne mit großen Schwankungen ihrer Helligkeiten gibt. Sie sind besonders leicht zu schätzen. Bei Bedeckungsveränderlichen kommt es auf die Zeiten der Minima an. Bei Mirasternen sollte man möglichst nicht nur ihre hellen Maxima, sondern auch die Minima beobachten. Versuchen Sie es doch einmal und genießen Sie erlebte Astrophysik. Die BAV hilft Ihnen dabei.
Literaturhinweise und Internet-Links [1]Lichtenknecker-Datenbank der BAV für
Minima von Bedeckungsveränderlichen [2] Wolf, M., 1995: MNRAS 277, 995 [3] Greaves, J., Howarth, J. J., 2000: JBAA
110,3; auch im Internet unter: www.britastro.com/vss/00012b.html
VdS-Journal Nr. 15

112 S E R V I C E

M wie Messier
von Torsten Güths
Der französische Astronom Charles Messier lebte in den Jahren 1730 bis 1817. Er stellte ab 1758 die wohl heute noch bekannteste Auflistung von nichtstellar erscheinenden Himmelsobjekten zusammen. Sein Katalog diente ihm als echte Arbeitsunterlage, um bei der Suche nach Kometen nicht irrtümlich einen der fixen Nebel mit einem neuen Komet zu verwechseln. Nicht alle Objekte hat er selbst entdeckt, er übernahm sie auch von Kollegen. Die heutige Messierliste umfasst 110 Objekte, von denen einige bereits dem unbewaffneten Auge zugänglich sind. Mit einem guten Fernglas werden immerhin schon mindestens die Hälfte von ihnen

sichtbar. Somit eignen sie sich besonders für Astronomieeinsteiger und Anwender kleinerer Fernrohre, für die einige Messierobjekte bereits eine Fülle von Details aufweisen können. Die Daten und historischen Objektbeschreibungen wurden aus Burnham`s Celestial Handbook, Kepple / Sanner`s ,,Nightsky Observing Guide und dem Internet (Paris Observatorium http://www. obspm.fr/) entnommen. Im VdS-Journal wollen wir Sie mit dieser Rubrik anregen, ihre eigenen Objektbeschreibungen einzureichen! In der Ihnen vorliegenden zehnten Folge unserer ,,MSerie" sind Berichte von Gerd Kohler, Gerhard Scheerle und Winfried Kräling

enthalten. Vielen Dank den Zusendern! Bitte schicken Sie Ihre Beobachtungseindrücke zu diesen Objekten direkt an den Verfasser dieser Rubrik, Stichwort ,,Messierobjekte", zu! Vergessen Sie bitte nicht, die Beobachtungsumstände anzugeben: zu mindest die Grenzgröße mit bloßem Auge, die Öffnung Ihrer benutzten Instrumente und die eingesetzten Vergrößerungen. Eine Dateiform wie (Word 97 oder älter (doc), txt, wpd) wäre gut. Torsten Güths Am Pfahlgraben 45 D-61239 Ober Mörlen - Langenhain oder: torstengueths@ipfb.net (möglichst maximal 300 KB Dateigröße)

Die nächsten Objekte in dieser Rubrik werden sein:

VdS-J Ausgabe 16 17 18 19 20

1/2005 2/2005 3/2005 1/2006 2/2006

Benötigte Objekte M 46 (Pup), M 47 (Pup), M 93 (Pup) M 61 (Vir), M 99 (Com), M 100 (Com) M 27 (Vul), M 71 (Sag) M 97 (UMa), M 108 (UMa), M 109 (UMa) M 5 (Ser), M 10 (Oph), M 12 (Oph)

Einsendeschluss Mitte September 2004 Januar 2005 Mitte Mai 2005 Mitte September 2005 Januar 2005

M 4, Skorpion (Scorpius)

Objekttyp:

Kugelsternhaufen

Entfernung:

6.500 Lichtjahre

Reale Ausdehnung: 50 Lichtjahre

Scheinbare Helligkeit: 5,8 mag

Winkelausdehnung: 26,3'

Koordinaten:

Rekt.: 16h 23m

Dekl.: -26 Grad 32'

Historisches Dem schweizer Astronomen de Cheseaux wird die Entdeckung dieses Objekts zugeschrieben. Messier führte ihn im Jahre 1764 als viertes Objekt in seine berühmte Nebelliste auf. M 4 zählt zu den uns am nächsten gelegenen Kugelsternhaufen und hat eine Leuchtkraft von 40.000 Sonnen.

Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag):

Auge: Unter besonders günstigen Bedingungen möglicherweise zu sehen. (G. Scheerle)

VdS-Journal Nr. 15

Abb. 1: Kugelsternhaufen M 4 im Sternbild Scorpius, LRGB-Aufnahme am 26.5.2004 von Günter Kerschhuber mit CCD-Kamera Starlight SXV-H9 an einem Intes MK 69 Teleskop bei 900 mm Brennweite, Luminanzkanal belichtet 19x120 Sekunden, Rot: 10x75, Grün: 10x71 und Blau: 10x110 Sekunden. Der Sternhaufen stand nur 15 Grad hoch über dem Horizont des Beobachtungsortes Wolfsegg/Oberösterreich.

S E R V I C E 113

Fernglas 8x56: Eine mit 20' Durchmesser relativ große und mit 6,4 mag ziemlich helle diffuse Fläche ohne Einzelsterne. Auffällig! (G. Scheerle)
11 cm Öffnung: Schöne und große diffuse Fläche, andeutungsweise mit etwa 30 Einzelsternen. (G. Scheerle) Sehr schwach. Bei 22x noch eine gute Helligkeit. Bei 50x gerade noch zu sehen. Beste Vergrößerung ist 50x. (G. Kohler)
15 cm Öffnung: Der Sternhaufen ist bei 85x sehr lichtschwach und daher nicht gut zu sehen. Bei indirektem Sehen wird er sprunghaft größer und heller. Ebenfalls sind so viele Einzelsterne zu sehen. Hat einen nicht so ausgeprägten Kern. Unregelmäßige Form und nicht scharf begrenzt. (G. Kohler)
20 cm Öffnung: Sehr helle und sehr große diffuse Fläche,

sicher mit 10, andeutungsweise mit weiteren 10 Einzelsternen. Sehr schön! (G. Scheerle) Runde Form, mit einigen Stellen ohne Sterne. Bei indirektem Sehen bis in das Zentrum aufgelöst. Es sind mittelhelle Sterne, mit einigen hellen in und um den Haufen. (G. Kohler)
25 cm Öffnung: Der Unterschied der Beobachtungsbedingungen wird deutlich: 35 km nördlich von Frankfurt a. M. sind bei 180x nur wenig Einzelsterne sichtbar, er hängt voll im Licht dieser Stadt! In La Palma steht er 22 Grad nördlicher und wirkt sehr prachtvoll! Es offenbart sich eine für einen Kugelhaufen sehr lockere Struktur.
40 cm Öffnung: Ein wunderschöner kugelförmiger Sternhaufen! In einem runden Gebiet von 14' Durchmesser sind etwa 80 Einzelsterne 9,4 bis 14,2 mag zu erkennen; in der Mitte befindet sich eine 6' große und sehr helle

diffuse Fläche. Die Gesamthelligkeit beträgt 6,4 mag. (G. Scheerle)
Fotografie: Schon ab 135 mm Objektivbrennweite erkennen Sie erste Einzelsterne, womit Sie einen Hinweis auf die wahre Natur dieses Nebelfleckens erhalten. Für den Erhalt eines eindrucksvollen Kugelsternhaufenbilds benötigen Sie schon 1.000 mm Brennweite. Sie sollten für die Abbildung der Randbezirke von M 4 schon Ihre Aufnahme ausbelichten. Das Zentrum erhalten Sie bereits nach einigen Minuten, je nachdem, wie lichtstark Ihre Aufnahmeoptik und empfindlich Ihr Filmmaterial ist. Die Fotografie von M 4 gelingt umso besser, je weiter südlich Ihr Beobachtungsstandort gelegen ist. Er steigt in Deutschland nicht höher als 10 Grad bis 16 Grad über den Horizont. Somit steht er entweder in dichteren Luftschichten und einer Stadtlichtglocke oder für hoch auflösende Aufnahmen ist das Seeing schlecht.

M 62, Schlangenträger (Ophiuchus)

Objekttyp:

Kugelsternhaufen

Entfernung:

20.500 Lichtjahre

Reale Ausdehnung: 84 Lichtjahre

Scheinbare Helligkeit: 6,7 mag

Winkelausdehnung: 14,1'

Koordinaten:

Rekt.: 17h 01m

Dekl.: -30 Grad 07'

Historisches

Am siebten Juni 1771 entdeckte ihn

Charles Messier an der Grenze vom

Schlangenträger zum Skorpion. William

Herschel bemerkte als erster die Natur

vom M 62 als Sternhaufen. Er hat eine

Leuchtkraft von 276.000 Sonnen.

Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag):

Auge: Unbeobachtbar. (G. Scheerle)

Fernglas 8x56: Ein ganz kleiner Nebelfleck, nur 4' groß, 7,0 mag. (G. Scheerle)

11 cm Öffnung: Kleine diffuse Fläche ohne Einzelsterne. (G. Scheerle) Im Astroscan bei 63x wird er nicht aufgelöst. Ein fast stellarer Kern ist erkennbar. (W. Kräling)

20 cm Öffnung:

Eine 6,6 mag helle

und 4' große diffuse

Fläche ohne Einzel-

sterne. (G. Scheerle)

Sehr schwach. Bei

90x gerade noch zu

sehen. Runder

Nebelfleck. Wird

zur Mitte etwas hel-

ler. Nicht aufgelöst.

Mein Himmel ist

hier sehr aufgehellt.

(G. Kohler)

Abb. 2:

Kugelsternhaufen M 62 im Sternbild Ophiuchus, aufgenom-

25 cm Öffnung:

men von Hans Günter Diederich am 7.5.2000, kombiniert

Unter besten Be- aus 4 Einzelbildern zu je 60 Sekunden Belichtung mit einer

dingungen wirkt er CCD-Kamera ST8 (ABG) an einem 12-Zoll-Schmidt-

asymmetrisch, fast Cassegrain-Teleskop. Beobachtungsort: New Mexico.

wie ein Komet. Er

besitzt ein helles

Zentrum. Einzelsterne werden ab 179x ten für die Abbildung der Randbezirke von

sichtbar. (T. Güths)

M 62 schon Ihre Aufnahme ausbelichten.

Das Zentrum erhalten Sie bereits nach

Fotografie:

einigen Minuten, je nachdem, wie licht-

Schon ab 300 mm Objektivbrennweite stark Ihre Aufnahmeoptik und empfindlich

erkennen Sie erste Einzelsterne, die uns Ihr Filmmaterial ist.

einen Hinweis auf die wahre Natur dieses

Nebelfleckens vermitteln. Um ein ein-

drucksvolles Bild dieses Kugelstern-

haufens zu erhalten, benötigen Sie schon

mindestens 1.000mm Brennweite. Sie soll-

VdS-Journal Nr. 15

114 S E R V I C E + Z U M N A C H D E N K E N

M 80, Skorpion (Scorpius)

Objekttyp:

Kugelsternhaufen

Entfernung:

28.000 Lichtjahre

Reale Ausdehnung: 73 Lichtjahre

Scheinbare Helligkeit: 7,3 mag

Winkelausdehnung: 8,9'

Koordinaten:

Rekt: 16h 17m

Dekl.: -22 Grad 59'

Historisches

Messier und sein Kollege Pierre Mechain

entdeckten diesen Nebel innerhalb von

drei Wochen im Januar 1781. William

Herschel beschrieb ihn als reichhaltigsten

und dichtesten Sternenhaufen am

Nachthimmel. Er hat eine Leuchtkraft von

190.000 Sonnen.

Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag):

Auge: Unbeobachtbar. (G. Scheerle)

Fernglas 8x56: Ganz kleiner (nur 4' groß) Nebelfleck. 7,2 mag. (G. Scheerle)

mag) und stark konzentrierte Nebelfläche, deutlich feinkörnig, andeutungsweise mit 6 Einzelsternen 11,8 bis 12,0 mag [diese werden aber nur vorgetäuscht!]. Zwischen zwei Sternen 9,0 und 9,4 mag stehend. (G. Scheerle) Hoch vergrößern (64x), sonst fällt der Kugelsternhaufen nicht so sehr auf. Blasses nebliges Objekt. Runde Form. Der helle Kern ist gut zu sehen. (G. Kohler)
15 cm Öffnung: Lichtschwacher Haufen. Schwer zu sehen. Der Sternhaufen hat ein deutlich helles Zentrum. Einzelsterne kann ich nicht erkennen. Bei 112x ist der Sternhaufen nur ein wenig heller. (G. Kohler)
20 cm Öffnung: Sehr hell (7,8 mag), klein und konzentriert, schwach andeutungsweise körnig. (G. Scheerle) Rund mit guter Helligkeit. Bei 228x ein heller, großer und nicht aufgelöster Kern sichtbar. Um den Kern ist es etwas körnig. (G. Kohler)

lich konzentriert. (W. Kräling) 40 cm Öffnung: Sehr helle diffuse Fläche (4' groß und 7,6 mag hell) mit etwa 20 Einzelsternen 14,0 bis 14,2 mag. (G. Scheerle)
Fotografie: Erst ab 500 mm Objektivbrennweite und ,,normalem" Film (ISO 200-400) erkennen Sie erste Einzelsterne, die uns die wahre Natur dieses Nebelfleckens verraten. Für den Erhalt eines eindrucksvollen Kugelsternhaufenbilds benötigen Sie schon 1.500 mm Brennweite. Die extreme Dichte von M 80 erschwert seine Auflösung. Das Zentrum erhalten Sie bereits nach einigen Minuten, je nachdem, wie lichtstark Ihre Aufnahmeoptik und empfindlich Ihr Filmmaterial ist. Die Fotografie von M 80 gelingt umso besser, je weiter südlich Ihr Beobachtungsstandort gelegen ist. Er steigt in Deutschland nicht höher als 13 Grad bis 19 Grad über den Horizont. Somit steht er entweder in dichteren Luftschichten und einer Stadtlichtglocke oder für hoch auflösende Aufnahmen ist das Seeing schlecht.

11 cm Öffnung: Relativ kleine (nur 4' groß), sehr helle (7,8

35 cm Öffnung: Nicht aufgelöst bei 185x. Erscheint ziem-

Stern- und Staunstunden
von Wolfgang Quester

Helmut Edthaler hat ein wichtiges Thema im VdS-Journal 12 (III / 2003), S. 125 angeschnitten. Selbsterkenntnis sagt mir, dass ich mich nicht gut eigne, um Einsteiger an die Hand zu nehmen. Die Diskussion in VdS-Journal 13 (I / 2004), S. 92 erweitert nun aber das Thema. Wolfgang Kriebel schlägt eine Rubrik ,,Sternund Staunstunden" vor, und dazu kann wahrscheinlich jeder, egal ob Einsteiger oder ,,alter Hase", etwas beitragen. Meine ersten Stern- und Staunstunden erlebte ich auf der alten Wilhelm-FörsterSternwarte in der General-Pape-Straße in Berlin in den 50iger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Damals war Jupiterzeichnen am Fernrohr angesagt. Edgar Mädlow und Hans Schumacher hatten uns Schüler dazu angeregt. Die Details der Planetenoberfläche und ihre rotationsbedingte Wanderung waren erster Anlass zum Staunen. Ein Morgen in den Sommerferien ist mir unvergesslich. Zu dritt oder viert standen

wir nach einer Beobachtungsnacht auf dem baufälligen Turm der Ruine, in der die Sternwarte untergebracht war, und sahen die Sonne aufgehen. Dabei drang es ins Bewusstsein, dass wir uns mit dem Planeten Erde auf einer langen Reise durchs Weltall befinden. Und noch heute erlebe ich Staunstunden, wenn ich nachts aus der Großstadt aufs Land fahre und den Nachthimmel bewundern kann. Aber nicht nur unter freiem Himmel, auch am Computer erlebte ich Stern- und Staunstunden. Bei der Photometrie eines Sternfeldes, das ich während einiger Wochen öfter aufgenommen hatte, war die Helligkeitsdifferenz zwischen zwei Sternen nicht wie erwartet konstant. Prüfung der Aufnahmen und mehrfaches Nachmessen ergab immer dasselbe. Hatte ich etwa... ? Nach einigen Tagen Literaturrecherche war es klar: Ich hatte tatsächlich einen Veränderlichen entdeckt. Heute trägt er die offizielle Bezeichnung V1489 Aquilae.

VdS-Journal Nr. 15

Über eine Staunstunde im Hörsaal bei der Würzburger Frühjahrstagung 2001 möchte ich noch berichten. Im vorangegangenen Winter hatte ich Hubbles veränderlichen Nebel, NGC 2261, mehrmals aufgenommen. Eigentlich, so dachte ich, sollte ich das wiederholen, um die Veränderungen zu dokumentieren. Und nun trat N. Tschierske ans Rednerpult, um genau über solch eine Beobachtungsreihe zu berichten. Er hatte nicht nur die Bewegung der hellen Knoten im Nebel auf seinen Bildern dokumentiert sondern auch vermessen und war dabei auf das Problem der Überlichtgeschwindigkeiten gestoßen. Hut ab, mein Herr! Sie haben es nicht beim Staunen belassen, sondern durch systematisches Arbeiten ein bewundernswertes Ergebnis erzielt. Es fällt mir schwer, alle meine Stern- und Staunstunden zu Papier zu bringen. Einfacher wäre es vielleicht mit Wolfgang Kriebel, er mit seinem Malt Whisky, ich mit einem Rotwein - und anderen Sternfreunden in einer Sommernacht im Freien zu sitzen und gemeinsam solche Stunden Revue passieren zu lassen. Da dürften dann sogar Wolken aufziehen.

Z U M N A C H D E N K E N 115

Der Anfänger unter den Sternfreunden
von Jürgen Sonnemeyer

Schon mehrere Jahrzehnte interessiere ich mich für Astronomie. Immer noch bin ich Anfänger und werde es wohl auch bleiben. An den semiprofessionellen und professionellen Arbeiten anderer Sternfreunde will ich mich nicht messen, ich bekenne mich zum Amateurstatus. Durch die beiden Kometen Hyakutake und Hale-Bopp und die Sonnenfinsternis 1999 wurde meine alte Liebe zur Astronomie wieder erweckt. Von einem Kometen habe ich mir nicht viel versprochen. Nach Hyakutake hatte ich gar nicht Ausschau gehalten. Am 24. März 1996 öffnete ich mein Dachfenster und sah ihn genau vor mir. Phantastisch, ich war begeistert. Hale-Bopp war dann noch viel schöner. Im Frühjahr konnte ich diesen Kometen sogar am sehr dunklen Himmel über den Dünen von Spiekeroog beobachten. Der Anblick mit bloßem Auge und mit einem einfachen 7x42-Fernglas war herrlich. Der Blick durch das einfache Teleskop eines anderen Beobachters war dagegen enttäuschend, die Vergrößerung war viel zu hoch. Ein Fotoversuch ohne Stativ schlug fehl, man sieht den Kometen auf dem Bild, aber es ist kein Vergleich mit dem direkten Anblick. 1999 fuhr ich zur Sonnenfinsternis nach Karlsruhe. Bei der Vorbereitung der Fahrt als Schulausflug stieß ich auf die Vereinigung der Sternfreunde und wurde Mitglied. Meine Fotoversuche waren etwas ausgereifter, die Bildqualität genügt meinen Ansprüchen an eine persönliche Erinnerung. Was habe ich noch unternommen? Mit einigen mehr oder weniger guten Fotos habe ich die scheinbare Drehung des Himmelsgewölbes festgehalten und die verschiedenen Farben der Sterne dokumentiert. Ich habe mich selbst davon überzeugt, das ist einfach anders als aus Büchern gelesen! Leider werden solche Fotos wegen der Lichtverschmutzung immer schlechter. Am 7. Mai 2003 fotografierte ich den Merkurdurchgang. Na ja, auf den Dias ist mit der Lupe ein winziger Punkt zu erkennen. Die Beobachtung mit dem Miniteleskop eines Kollegen lieferte ein immer schlechter werdendes Bild. Die abnehmende Bildqualität des Fernrohrs konnte geklärt werden. Die Filterfassung (Wurstdose!) begann in der Sonnenhitze zu schwitzen :-) . Dies ,,Liveerlebnis" eines

Abb. 1: Protuberanzen bei der SoFi 1999, aufgenommen von Jürgen Sonnemeyer mit einem 300-mm-Teleobjektiv (Ausschnittsvergrößerung).
astronomischen Ereignisses fand ich aber so begeisternd, dass ich mich für die Anschaffung eines 150-mm-NewtonTeleskops für die Schule einsetzte. Das wird vielleicht eine neue Geschichte. Die wesentlichen Erlebnisse vieler Sternfreunde sind subjektiv und somit auch kaum mitteilbar. Es sind, bei aller Anwendung von Technik und wissenschaftlicher Reflexion, emotionale Ereignisse. Dazu wollte ich ein Beispiel liefern. Ich glaube nicht, dass eine Fülle ähnlicher Anfängermitteilungen von

Abb. 2: Kleine Sonnenflecken, eigentlich sollte auf dieser Ausschnittsvergrößerung des Originalbildes der Merkur zu sehen sein, für die gelbe Sonne verwendete Bildautor Jürgen Sonnemeyer einen entsprechenden Sonnenfilter. Ein blauer Filter gefiel ihm nicht so gut, wie er mitteilt. Er setzte ein 300-mm-Tele mit 2fach-Konverter ein.
großem allgemeinem Interesse ist. Als gute Anregung erscheint mir der Vorschlag, eine ,,Fragestelle" für Anfänger einzurichten, vielleicht ein Forum im Internet oder auch im Journal. Evtl. sind auch noch weitere Literaturhinweise sinnvoll.

Abb. 3: Sternspuren vor ,,schlechtem" Himmel, aufgenommen von Jürgen Sonnemeyer.
VdS-Journal Nr. 15

116 Z U M N A C H D E N K E N + B E O B A C H T E R F O R U M

Die Betreuung der Einsteiger in die Astronomie

Die Vereinigung der Sternfreunde war immer schon darauf bedacht, die Astronomie nicht als Disziplin darzustellen, in der sich nur Wissenschaftler tummeln, sondern die unendlichen Weiten des Weltraums auch dem interessierten Anfänger näher zu bringen. Einige Leserbriefe verstärkten noch das Bestreben in diese Richtung, so dass nun durch Einsatz moderner Kommunikationsmöglichkeiten eine Anlaufstelle für Neulinge geschaffen wurde und ich hier gerne der Ansprechpartner bin. Sucht man die Homepage der VdS unter www.vds-astro.de auf und klickt auf ,,Einsteiger", findet man eine Auswahl von Themen, die von mir genau für diese Zielgruppe ausgewählt und aufbereitet wurden, da man unweigerlich auf die dort genannten Gebiete stößt, wenn man sich mit Astronomie beschäftigt. Als Betreuer der Einsteiger beantworte ich umgehend alle Fragen, die die Astro-Debütanten per E-Mail an die VdS richten, · sei es bezüglich des Anschlusses an eine
bestehende Gruppe bzw. Sternwarte in der Nähe des jeweiligen Wohnortes, · sei es ein Tipp zur Auswahl des geeig-

neten Instruments zur Himmelsbeobachtung oder · die Beantwortung von Fragen, die beim Studium eines Fachartikels in einer Astrozeitschrift aufgetreten sind.
Die Fülle der Fragen ist beeindruckend, was wiederum auf vielseitig interessierte Einsteiger hinweist und auf die zahlreichen Möglichkeiten, sich der Astronomie zu nähern. Die Astronomie birgt eine Vielzahl von großartigen Bereichen in sich, von denen jeder einzelne seine eigene Begeisterung hervorruft. Alleine der Blick durch ein Fernglas öffnet Welten, die nach mehr verlangen. Die Ringe des Saturn und der Große Rote Fleck auf Jupiter führen die Neugier weiter zu Nebeln und Sternhaufen. Irgendwann möchte man die Bilder, die man sieht, auch fotografisch festhalten. Und so geht es immer weiter, bis aus dem Neuling von einst ein Astronom geworden ist, der all die Schönheiten denen näher bringen möchte, die davon noch keinen Sternenschimmer haben.

Die Einsteiger-Seite wird von mir regelmäßig um aktuelle Themen ergänzt. Ich heiße jedoch auch herzlich jeden anderen willkommen, der etwas dazu beitragen möchte, die Faszination der Astronomie weiterzugeben. Silvia Kowollik und HansDieter Gera konnten hierfür bereits gewonnen werden. Alle Astronomie-Begeisterten sollen sich hiermit nachdrücklich dazu aufgerufen fühlen, ihr Scherflein dazu beizusteuern.
Spannende und aufschlussreiche Berichte zu aktuellen Himmelsereignissen, wie z.B. Mondfinsternisse oder der Venustransit am 08. Juni 2004, tragen mit Sicherheit dazu bei, aus Laien Einsteiger und aus bereits ,,Hereingeschnupperten" aktive Mitglieder zu machen.
Beiträge und Meinungen sind jederzeit gerne gesehen. Jedes Hobby und jede Wissenschaft lebt vom Mitmachen. Je mehr Aktivität sich entwickelt, desto leichter haben es Einsteiger.

Erstaunliche Plejadenbeobachtung
von Rainer Töpler

Abb. 1: Plejaden mit bloßem Auge
VdS-Journal Nr. 15

Abb. 2: Plejaden mit Newton 110 / 550 mm, V = 15,7x

Anfang Februar unternahmen meine Frau, meine Tochter und ich einen Abendspaziergang um ein wenig den Sternenhimmel zu betrachten. Der Himmel lockte zwar nicht, das Teleskop aufzubauen, da nur ein großes Wolkenloch den Blick auf die Sterne freigab und der noch fast volle Mond sich hinter einer Wolkenwand den Weg über den Horizont suchte. Dieser Umstand versetzte die Landschaft unserer Obstwiesen und Weinberge jedoch in eine wunderbare Stimmung, indem sich ein märchenhaftes Licht über Bäume und Wiesen ergoss. Zwischen den Wolkenfetzen zeichnete sich der Sternenhimmel mit außerordentlicher Klarheit ab und lud ein, Augen und Gedanken zwischen Konstellationen und Sagengestalten alter Mythen umherschweifen zu lassen.
Unweigerlich trafen wir bei unserer Erkundung auf die Plejaden, das so genannte Siebengestirn. Meine Frage: ,,Wie viele Sterne seht ihr dort eigentlich?", ließ nicht lange auf sich warten. Meine Frau versuchte sich vorsichtig mit der Zahl 6-7. Daraufhin kam ein erstauntes ,,Waaas, nur? Ich sehe mindestens 16 Sterne dort!" von meiner Tochter Hannah. Ich war gelinde gesagt, platt. Das hätte ich doch mit allem Optimismus von einer völlig unbedarften Elfjährigen nicht erwartet.
Da sie völlig überzeugt war, von ihrer Aussage, holten wir, wieder zuhause angekommen, gleich die Zeichenmappe mit der roten Beleuchtung hervor und zeichneten jeder für sich nun von unserem Garten aus, was wir an Sternen in den Plejaden entdecken konnten. Auch wenn sich die Beobachtungsbedingungen durch den inzwischen weiter aufgestiegenen Mond etwas verschlechtert hatten, lohnte sich die Mühe sehr. Die Ergebnisse können Sie nebenstehend begutachten. Es ist zu betonen, dass Hannah im Gegensatz zu mir überhaupt kein Vorwissen über die Anordnung der Sterne hatte. Interessant war es auch, sich mit ihr über die Schwierigkeit zu unterhalten, die Positionen der Sterne in dem, für das bloße Auge dichten Sternhaufen, festzulegen. Ich habe die Lehre daraus gezogen, gegenüber unbedarften Menschen die Plejaden nie mit Siebengestirn zu bezeichnen, sondern erst zu fragen, wie viele Sterne sie dort sehen.
In den folgenden Tagen hatten wir noch die Gelegenheit, die Plejaden mit einem 11-cm-Newton bei 15,7facher Vergrößerung und 4 Grad Gesichtsfeld zu bestaunen. Hannah war so begeistert, dass sie es sich nicht nehmen ließ, auch hier eine Zeichnung anzufertigen. Auch diese möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Mir hat es große Freude gemacht, etwas von der Anfangsbegeisterung mit der ich selbst die Astronomie begonnen habe, in meiner Tochter wieder zu finden.

118 B E O B A C H T E R F O R U M
Jupiter
von Edgar Hirz
In der Nacht vom 2.5.2004, 23:30 MESZ, habe ich eine größere Wolkenlücke genutzt, um meine neue Montierung, eine EQ-5, auszuprobieren. Leider war das Seeing nicht besonders gut. Auf dieser Montierung befindet sich ein 6''Maksutov (f/14). Okularseitig habe ich eine Toucam Pro 740 Webcam mit IR Sperrfilter verwendet. Die Aufnahme entstand mit den Einstellungen: · 10 Frames pro Sekunde, Gain 80 % ,
1/50 Sekunde belichtet · ca. 500 Bilder mit Giotto addiert, drei-
eck-geschärft · mit Photoshop Kontrast und Helligkeit
bearbeitet. Der Mond auf dem Bild ist Ganymed. Ich hoffe das Bild gefällt euch.
Visuelle Beobachtungen am 112-cm-Teleskop in Melle
von Rainer Töpler
Für uns Amateurastronomen bleibt es normalerweise ein frommer Wunsch, an einem Teleskop der Meterklasse zu beobachten. Einige Amateure haben mit ungeheuer viel Einsatz ein solches Instrument in Melle im Wiehengebirge konstruiert und gebaut. Peter Riepe als einer der Verantwortlichen lud mich auf der Deep-Sky-Tagung 2003 zu einer visuellen Beobachtungsnacht an diesem Gerät ein. Diesem viel versprechenden Angebot konnte ich in der Nacht vom 13. zum 14. Juni 2003 Folge leisten. Und ich kann es gleich verraten, auch wenn die Anreise aus dem Stuttgarter Raum weit war, hat sie sich in vollem Maße gelohnt. Nach einer Fahrt durch weite, grüne Landschaften, welche die gute Lage der Sternwarte schon andeuteten, wirkte das Sternwartengebäude mitten zwischen Feldern und Wiesen zuerst eigentlich gar nicht sehr eindrucksvoll. Wie bei modernen Profis, ist die Meller Gruppe vom
Abb. 1: NGC 7026 im Gesamtblickfeld des 112cm-Gerätes bei 850x, gezeichnet von P. Riepe.
VdS-Journal Nr. 15

B E O B A C H T E R F O R U M 119

Abb. 2: NGC 7026 als detaillierte Ausschnittszeichnung, ebenfalls 850x. R. Töpler

Abb. 3: PK 64+5.1, Campbell's Star bei 850x als Ausschnitt des Feldes gezeichnet, die rote Färbung ist aus der Beobachtung bei 320x entnommen. R. Töpler

althergebrachten Rundkuppelbau abgewichen und hat eine eher kastenförmige Konstruktion gewählt. Diese hat einige konstruktive Vorteile, sie geht erstaunlich effektiv mit dem vorhandenen Raum um und lässt einen Kuppelspalt von 4 Metern Breite zu. Dadurch fühlt man sich während der Beobachtung am Teleskop nicht vom Sternenhimmel abgeschnitten. Steht man einmal vor dem Gebäude, wirkt der Bau schon wesentlich imposanter, dieser Eindruck verstärkt sich noch im Inneren. In der unteren Etage trifft man erst nur auf den Sockel des Teleskops und einen Vortragsraum. Einige Treppen aufwärts liegt ein Raum, der den unteren Bereich des Teleskops zugänglich macht, und der Steuerraum. Hier residiert ein Computer, über den mittels Sternkartenprogramm die Objekte mit hoher Genauigkeit angefahren werden können. Bei 320facher Vergrößerung war das Zielobjekt immer gut im Blickfeld des Okulars. Eine weitere Treppe führt zum Teleskop empor. Eine wohldurchdachte Gitterrohrkonstruktion beherbergt die 112-cm-Optik (f/3,95) aus russischer

Produktion. Deren Qualität war, soweit das Seeing von ca. 2'' bis 3'' es beurteilen ließ, optimal. Bei den verwendeten hohen Vergrößerungen fielen auch keine deutlichen Randfehler der schnellen Newtonoptik auf. Für den leidgeprüften Dobsonbeobachter ist die hochpräzise Nachführung der parallaktischen Montierung (etwa eine Bogensekunde auf 4 Minuten) eine wahre Wohltat, besonders natürlich bei der Verwendung höchster Vergrößerungen. Ebenso wohltuend die außerordentliche Stabilität, gepaart mit einer hohen Ruhemasse. Einen starken Stoß, der jeden Dobson einmal quer über den Himmel schickt, merkt man höchstens in Form einer Beule am eigenen Körper, nicht aber an einer Bewegung des Teleskops. Mit einem Wort: Es sind alle Bedingungen erfüllt, damit man sich voll und ganz auf die eigentliche Beobachtung konzentrieren kann. Und diese hat es wahrlich in sich! Wer sich das o. a. Datum anschaut, wird sehen, dass es sich um eine Vollmondnacht während der Zeit der ,,weißen Nächte" handelt. Es versteht sich, dass die Eigner des Teleskops nicht die besten Nächte an

fremde Beobachter vergeben, sondern sie selber nutzen. Anders herum ist für meine Spezialität - kleine, flächenhelle Planetarische Nebel - auch kein dunkler Himmel erforderlich. Selbst leichte Zirren konnten die Beobachtung nicht vereiteln. Einstieg war NGC 7026 im Cygnus. Schon der erste Anblick bei 320x zeigte deutliche Details. 850x enthüllte in und um zwei helle parallele Balken eine Vielfalt von Strukturen, die mit Worten nicht zu beschreiben sind. Deswegen machten Peter und ich uns gleich ans Zeichnen. Peters Zeichnung gibt die deutlichen Details wieder, als Zeichenfan habe ich versucht, dort noch tiefer einzudringen. Beide Ergebnisse können nebenstehend verglichen werden. Eher nicht für seinen Detailreichtum, sondern mehr für seine rote Färbung, die in großen Teleskopen sichtbar sein soll, ist PK 64+5.1, Campbell's Hydrogen Star, bekannt. Diese hatte ich mit meinem eigenen 14,5''-Dobson noch nicht gesehen, allerdings ein wunderliches spektrales Verhalten für einen Planetarischen Nebel festgestellt, der diffus rund den hellen
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Abb. 4: NGC 7027 mit dem gesamten Blickfeld bei 850x. P. Riepe.

Zentralstern umgab. Im 112-cm-Newton trauten wir unseren Augen kaum. Zuerst dachten wir an einen Beugungsring um den hellen Stern. In der Tat leuchtete da ein knallroter, etwas unregelmäßiger Ring. Als Mensch, der mit rot und grün manchmal seine Probleme hat, war ich wirklich verblüfft. Es war ein Erlebnis, diesen roten Ring im Teleskop wahrzunehmen, ähnlich verblüffend wie das erste Mal Saturn zu sehen. Die hohe Vergrößerung von 850x ließ die Strukturen des Ringes deutlicher erkennen, nahm aber die Farbe leider ziemlich weg. Erst ein Orangefilter holte sie wieder hervor. Peter war die Sache zu windig zum Zeichnen, auch wenn er mir die gesehenen Details unabhängig bestätigte. In meiner Zeichnung versuchte ich sie so genau wie möglich festzuhalten. Wer selber nach diesem - bei niedriger Vergrößerung fast sternförmigen - Objekt Ausschau halten will, sollte übrigens nicht den Filterblink mit [O III]-Filter anwenden, dieser ist hier völlig wirkungslos. Mehr Erfolg hat man, wenn man den Blink mit H versucht. Der Effekt ist nicht sehr stark, aber vorhanden.

Abb. 5: NGC 7027 ebenfalls bei 850x, aber als Ausschnitt gezeichnet von R. Töpler.
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Abb. 6: Der Autor mit seinen Zeichenunterlagen am Meller Teleskop. Über eine fahrbare Aluminiumbrücke hat man einen leichten Einblick ins Okular. Foto: P. Riepe, Scan: R. Sparenberg

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Letztes Objekt war dann NGC 7027, wieder ein PN im Schwan. Die große Helligkeit und Auflösung, die der Spiegel liefert, ließen wieder ein unglaublich detailreiches Objekt erscheinen. Mit geduldiger Zeichnung ließen sich bei 850x sehr viele Einzelheiten festhalten. Als

Farbe konnten wir ein schmutziges Gelb wahrnehmen. Allzu schnell war die kurze Sommernacht vorüber. Wir beide waren begeistert von den wunderbaren Beobachtungen, die mit dem großen Teleskop selbst unter schlechten Bedingungen möglich sind, und eine

nächste gemeinsame Beobachtung ist schon angedacht. Ein herzlicher Dank geht an das Team in Melle mit aller Hochachtung für dieses außergewöhnliche Instrument mit professionellem Charakter.

10 Jahre Messungen und Rechnungen an Doppelsternen
von Andreas Alzner

Seit 1968 interessiere ich mich für visuelle Doppelsterne, aber erst 1993 begann ich ein Messprogramm, welches nun ins elfte Jahr geht und bislang über 2.700 Messungen an 626 Paaren ergab. 55 % dieser Paare waren zum Zeitpunkt der Beobachtung enger als 1,0'', und für 268 Systeme liegt eine Bahnberechnung vor. War das Ziel zunächst, möglichst viele, enge Doppelsterne des Pulkowaer Kataloges zu messen (Entdeckungen von Otto Struve), so sind es nun alle Paare, die von meiner Sternwarte erreichbar sind, Bahnbewegung zeigen und deren Hauptkomponente nicht schwächer als ca. 8,5 mag ist, sowie eine Auswahl von Neuentdeckungen des Astrometriesatelliten Hipparcos. Außerdem habe ich Bahnen für etwa 20 Paare berechnet, die meisten von ihnen werden im 6. Bahnkatalog von B. Mason und W. I. Hartkopf geführt.
Fernrohre und Methoden Hartnäckig hält sich die Meinung, dass ein kleiner Refraktor an Doppelsternen meist mehr leistet als ein großer Spiegel. Sie zeugt entweder von Praxisferne oder wird von Beobachtern vertreten, die lieber Beugungsringe anschauen als interessante Doppelsterne in Bewegung. 1993 bis 1996 kam ein 360-mm-Newton von Zeiss-Jena zum Einsatz. Die Winkel wurden mit in Okularen aufgespannten Fäden bestimmt, die Abstände mit selbstgebauten Diffraktionsmetern. Der gleiche Optiker, der den Spiegel für den Newton schliff, fertigte mir 1996 einen 325-mm-Cassegrain mit einem Öffnungsverhältnis von 1:19. Der Durchmesser des Fangspiegels beträgt nur 65 mm, was die Beobachtung enger Paare mit großem Helligkeitsunterschied erleichtert, die Öffnung ist mit einer Glasplatte verschlossen. Knappe zwei Jahre benutzte ich

an diesem Instrument, dessen Trennfähigkeit bei ca. 0,40'' liegt, ein englisches Retel-Fadenmikrometer und ein französisches Doppelbildmikrometer (DIM) der Firma Meca Precis, seit 1998 kommt für engere Paare unter 2,0'' fast nur noch letzteres zum Einsatz. Grund: Mit dem DIM sind die Distanzen, vor allem an besagten Paaren unter 2,0'', wesentlich genauer zu messen. Die Funktionsweise des DIM ist z. B. im Handbuch für Sternfreunde beschrieben. Die Version von Meca Precis, deren Konstruktion auf Bernard Lyot zurückgeht, enthält als einziges optisches Element einen Kalkspat-Einkristall. Dies verringert den Lichtverlust gegenüber der Version von Paul Muller. Die Vorteile des DIM neben den genaueren Distanzen sind: Es gibt keine störenden Fäden im Blickfeld, eine Dunkelfeldbeleuchtung entfällt, Unregelmäßigkeiten der Nachführung spielen keine Rolle, und
Abb. 1: 325-mm-Cassegrain mit Doppelbildmikrometer

- sehr wichtig - ebenso beeinträchtigen Bewegungen der Sterne infolge der Luftunruhe bis zu einem gewissen Maße die Messungen nicht (Abb. 1).
Genauigkeit der Messungen Eine Abschätzung der Genauigkeit ist nicht einfach: Erstens gibt es nur eine beschränkte Zahl von Paaren mit genau bekannten Bahnelementen und zweitens sind auch die Speckle-Messungen an Großteleskopen nicht beliebig genau. Das Problem ist die Kalibration der Messungen, wie der Pionier der SpeckleInterferometrie Harold A. McAlister fand. Im Jahre 2002 habe ich meine Messungen mit dem DIM am 325-mm-Cassegrain mit Speckle-Messungen aus dem 4. Katalog von Mason und Hartkopf verglichen. Dieser Vergleich fand in zwei Gruppen statt: A. Vergleich mit Speckle-Messungen mit
Teleskopen < 1 m Öffnung (meist 0,6 m und 0,67 m), 119 Mittelwerte (45 % enger als 1,0'') an 105 Paaren. B. Vergleich mit Speckle-Messungen mit Teleskopen > 1 m Öffnung (meist 2 m und 3,5 m), 63 Mittelwerte (75 % enger als 1,0'') an 50 Paaren. Die betrachteten Paare sind fast alle in Bahnbewegung. Lagen die Epochen meiner Messungen und der Speckle-Messungen zu weit auseinander, wurden letztere mit der besten bekannten Bahn korrigiert, um auf die gleiche Epoche zu kommen. Ergebnis: Bei 1,0'' Abstand und einem Helligkeitsunterschied nicht größer als etwa 1,5 mag beträgt die Genauigkeit eines Mittelwertes von 2 bis 4 Messungen mit dem DIM am 325-mm-Cassegrain ca. 1 Grad im Winkel und ca. 0,03'' im Abstand. Als Beispiel sind meine 29 Einzelmessungen an STF1670 = Gamma Virginis (12h 41,7m / -1 Grad 27' / 3,5 mag / 3,5 mag) von 1997 bis 2004 in der Tabelle 1
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Epoche Winkel Abstand/ Bogensekunden

1997.28 1997.34 1997.37 1997.38 1998.35 1998.35 1998.37 1999.25 1999.32 1999.40 1999.40 2000.26 2000.27 2000.28 2000.30 2001.21 2001.25 2001.31 2002.28 2002.30 2002.36 2002.38 2002.40 2002.46 2003.30 2003.31 2003.31 2003.39 2003.41 2004.25 2004.38

271,5 Grad 271,9 Grad 268,7 Grad 270,9 Grad 269,1 Grad 268,5 Grad 268,7 Grad 264,4 Grad 263,8 Grad 263,9 Grad 263,2 Grad 260,2 Grad 258,5 Grad 257,9 Grad 258,6 Grad 253,2 Grad 254,2 Grad 252,3 Grad 243,3 Grad 244,3 Grad 245,1 Grad 244,3 Grad 242,3 Grad 242,9 Grad 231,7 Grad 231,8 Grad 234,1 Grad 231,4 Grad 231,3 Grad 212,2 Grad 206,1 Grad

1,91 1,86 1,96 1,87 1,73 1,75 1,73 1,58 1,58 1,57 1,53 1,464 1,422 1,429 1,427 1,233 1,280 1,220 1,059 1,057 1,052 1,033 1,012 1,015 0,840 0,819 0,829 0,848 0,795 0,614 0,574

6 Nächte 4 Nächte

Tab. 1: Einzelmessungen an STF1670 = Gamma Virginis (12h 41,7m / -1 Grad 27' / 3,5 mag / 3,5 mag) von 1997 bis 2004

gegeben (vor dem Jahr 2000 reduzierte ich die Distanzen auf zwei Nachkommastellen). In der letzten Mess-Serie konnte das Paar mehrfach bis 930x vergrößert werden. Dieses helle Paar war auch im Frühjahr 2003 extrem leicht zu messen. Die Abbildung 2 zeigt meine Messungen und Bahnstücke der beiden Rechnungen von W. D. Heintz 1990 und S. Soederhjelm 1999, es ist klar, dass die Bewegung seit etwa 2002 durch die neuere Bahn besser wiedergegeben wird (vgl. auch Abb. 3).
Eine typische Beobachtungsnacht am 325-mm-Cassegrain mit Doppelbildmikrometer Das Seeing lässt sich meist erst beim Blick durchs Okular beurteilen. Gute Bedingungen sind zu allen Jahreszeiten möglich. Mit
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Abb. 2: Bahn von Virginis mit Messungen von 1997 bis 2003

Durchmesser gleichen -

glücklicherweise recht selten

-, baue ich gleich wieder ab.

Das Messprogramm richtet

sich nach Objektliste, Seeing

und Transparenz - es geht

vom eben länglichen Paar

von ca. 0,25'' bis 6'' Abstand.

Auch bei sehr guten

Bedingungen sind wenigstens

ein oder zwei leichte Paare

dabei, meist von 1'' bis 3''

Abb. 3:

Abstand. Beobachtet wird

Wenn man die Grafik aus ca. 3,9 m Entfernung

möglichst in der Nähe des

betrachtet, entspricht das etwa dem Anblick von

Meridians. Je nach Seeing,

Virginis mit Doppelbildmikrometer und 325-mm-

Abstand und Helligkeits-

Cassegrain im Mai 2004 bei 930facher

unterschied der Komponen-

Vergrößerung. 1 cm Abstand der Komponenten =

ten benötige ich für ein Paar

0,57''. Verschiedene Einstellungen sind gezeigt:

10 bis 30 Minuten. Etwa 3 bis

Links: richtige Einstellung von Winkel und doppel- 6mal, bei schwierigen Paaren

ter Distanz, Mitte: Abstand 10 % zu groß eingestellt öfter, wird der Winkel einge-

entsprechend 0,06 Bogensekunden,

stellt, ebenso oft der Abstand.

Rechts: Fehleinstellung von 5 Grad im Winkel und Ist der Stern auch bei guten

0,06 Bogensekunden im Abstand.

Bedingungen nicht zu tren-

nen, wird der Abstand

geschätzt. Ist ein an sich auf-

lösbares Paar aufgrund mäßi-

ziemlicher Sicherheit sind trockene, windi- gen Seeings nur als langer, diffuser Keil zu

ge Nächte wenig geeignet, vor allem am sehen, wird es nicht gemessen. Ob

Ende einer längeren Hochdruckperiode; Messungen verworfen werden, wird unmit-

hingegen sind die Verhältnisse nach telbar am Fernrohr entschieden.

Durchzug eines Tiefs oft sehr gut. Die Die Vergrößerung beträgt meist 620x, bei

Vorbereitungen - Beobachtungshütte auf- schwächeren Paaren auch 390x und 490x,

klappen, Strom verlegen, PC anschließen bei guten Bedingungen geht auch 690x;

(nur zur Aufsuche der Paare verwendet), zum Einsatz kommen ausschließlich ortho-

Mikrometer kalibrieren - dauern etwa eine skopische Okulare von Zeiss Jena. Der

halbe Stunde. Nur wenn die Sterne Helligkeitsunterschied wird immer

sprühenden Schneebällen von ca. 2'' geschätzt, nie die Farben - zuviel

B E O B A C H T E R F O R U M 123

Subjektives ist hier im Spiel. Mehr als 10 Paare werden in einer Nacht nicht gemessen, auch wenn das Seeing noch so gut ist.
Nach der Beobachtung werden die Messungen reduziert: - die abgelesenen Winkel werden mit
der Abweichung der 90- bis 270-GradRichtung des Mikrometers von der Laufrichtung der Sterne korrigiert, die am Beobachtungsabend anhand eines hellen Sternes zu Anfang ermittelt worden war, - die abgelesenen Abstände werden mit der Mikrometerkonstanten multipliziert. Diese wurde aus der Messung einer großen Anzahl von weiten und sehr leichten Paaren, die u. a. vom Satelliten Hipparcos gemessen wurden, bestimmt. Meist 2 bis 5 möglichst in einer Saison erhaltenen Einzelmessungen ergeben einen Mittelwert, der veröffentlicht wird. Abweichungen von Bahnen werden als Residuen bezeichnet. Die Definition ist: - Residuum Winkel = gemessener Winkel minus Winkel aus Ephemeride, - Residuum Abstand = gemessener Abstand minus Abstand aus Ephemeride. Eine gute Übereinstimmung liegt nur dann vor, wenn die Bahn genau bekannt ist, mehrere, konsistente Messungen den Mittelwert ergeben haben und aus einer Untersuchung einer größeren Anzahl von Messungen die Qualität verbürgt ist. Man sollte seine Messungen nicht anhand der Ephemeriden von wenigen, hellen Paaren kalibrieren: Erstens sind die Bahnen häufig nicht so genau bekannt und zweitens sind etliche bekannte und helle Paare Mehrfachsysteme mit gestörter oder oszillierender Bewegung. Die Ephemeriden aus dem Internet geben aber fast immer die vereinfachte Bewegung eines Duplex wieder. Beispiele sind UMa, Cnc, Aqr, Lyr CD und Cyg.
Bahnberechnung Eine Bahnberechnung ist der interessanteste Teil der Arbeit und die Krönung eigener und früherer Messungen - letztere können sich über mehr als 170 Jahre erstrecken. Ein kurzer Bahnbogen mit wenig Krümmung, auch wenn sehr genau vermessen, erlaubt beliebig viele Lösungsmöglichkeiten. Daher gilt: Gute visuelle Messungen behalten ihren Wert. Jeder kennt z. B. Schiaparellis Fehlinterpretation seiner Marsbeobachtungen - aber ist auch bekannt, dass seine Doppelsternmessun-

gen auch heute noch für Bahnberechnungen verwendet werden? Berufsastronomen wie C. E. Worley, P. Couteau und W. D. Heintz machten noch in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts viele Tausend visuelle Messungen, meist an Paaren unter 2''. Rechnet man eine Bahn, sollten alle zur Verfügung stehenden Messungen möglichst in einem Least-Squares-Fit genutzt werden. Es ist nicht zu empfehlen, nur die Messungen einiger ausgewählter Beobachter zu verwenden. Wenn keine visuellen Messungen vorliegen, kann man in Rechteckkoordinaten rechnen. Enthält das Beobachtungsmaterial ausschließlich visuelle Messungen (meist mit Fadenmikrometer erzielt mit besserer Genauigkeit in den Winkeln als in den Abständen) oder sind die visuellen Messungen gemischt mit Speckle/fotografisch/CCD, sollte man in Polarkoordinaten rechnen und die Mess-

größen mit entsprechenden Gewichten versehen, hierfür ist Kenntnis der Beobachter und ihrer Instrumente wichtig. Es gilt: Visuelle Messungen können sehr genau sein. Die Winkel von Paaren unter 1'' eines R. G. Aitken am 36-Zoll-LickRefraktor sind z. B. höher einzuschätzen als CCD-Speckle-Interferometrie an ähnlichen Öffnungen. Die Distanzen der Speckle-Messungen an Teleskopen ab etwa 2 m Öffnung sind von einer hervorragenden Genauigkeit, die oft besser als 0,01'' ist. Ich rechne immer zunächst eine provisorische Bahn und optimiere diese dann iterativ in einer Differentialkorrektur im Rahmen eines Least-Squares-Fit (Verfahren von W. D. Heintz, 1967). Der Ausdruck ,,Differentialkorrektur" bedeutet nicht, dass nur kleine Korrekturen angebracht werden können. Wie sicher die erhaltenen Elemente sind, hängt vom
Abb. 4: STT34, Bahn von Baize 1987, P = 173, e = 0,83
Abb. 5: STT34, Bahn von Heintz 1997, P = 416, e = 0,11
VdS-Journal Nr. 15

124 B E O B A C H T E R F O R U M

beobachteten Bahnbogen und der Genauigkeit der Messungen ab. Im folgenden eine Auswahl interessanter Paare in Bewegung:

STT34 (1h 49, 9 m / +80 Grad 53' / 7,8 mag / 8,0 mag) Spektraltyp A0V bei kleiner Helligkeitsdifferenz von etwa 0,2 mag. Erste Messungen 1843, aber in der Folge wenig gemessen und während eines langen, aber wichtigen Zeitraums zwischen 1932 und 1947 überhaupt nicht. Somit ergeben sich zwei Lösungsmöglichkeiten, die die beiden Grafiken in den Abbildungen 4 und 5 zeigen: Entweder gab es um 1935 eine sehr schnelle Annäherung, und die Bahn ist stark exzentrisch (Paul Baize, 1987), oder die Bewegung verlief im fraglichen Zeitraum kontinuierlich, der Hauptstern steht nahe dem Zentrum der beobachteten Ellipse, und die Exzentrizität liegt bei nur etwa 0,1 (W. D. Heintz, 1997). 1996 machte ich eine Messung am 360-mm-Newton: 1996.04 279,5 Grad 0,50'' 1 Nacht Zurzeit nimmt die Distanz zu, und 1999 konnte ich am 325-mm-Cassegrain zwei Messungen bei sehr gutem Seeing erzielen: 1999.83 286,2 Grad 0,52'' 2 Nächte Die wichtige Größe a3/P2 ist bei beiden Bahnen praktisch gleich groß und ergibt mit der von Hipparcos gemessenen trigonometrischen Parallaxe von 0,00511'' +- 0,00112'' eine sehr hohe Gesamtmasse von 13,6 Sonnenmassen, wobei angesichts des Fehlers der Parallaxe und der Unsicherheit der Bahn auch ein Wert von etwa 6 Sonnenmassen möglich ist. Es kann noch viele Jahre dauern, bis über den Fall entschieden wird.

Abb. 6: STT170, Bahn von Heintz 2000 mit allen Messungen bis 1998
Abb. 7: STT170, Bahn von Hartkopf 2000 (Periastronabschnitt), Messungen von 1975 bis 2003

STT170 (7h 17,6m / + 9 Grad 18' / 7,6 mag / 7,9 mag) Von J. Mädler und Otto Struve 1844 erstmals gemessen, damals im 2. Quadranten mit etwa 0,9'' Abstand. Der Begleiter durchlief einen weiten Bogen und erreichte etwa 1930 eine maximale Distanz von etwa 1,6'' bei sehr langsamer Änderung des Winkels. Danach wurde das Paar stetig enger und erreichte etwa 1983 1,0''. Im Januar 1993 beobachtete ich STT170 zweimal mit dem 360-mm-Newton bei V = 367x und schätzte den Abstand enger als 1,0'', ohne zu wissen, dass G. Popovic bereits 1982 eine provisorische Bahn gerechnet hatte. Danach begann ich eine Mess-Serie, die bis zum Jahre 2003 30 Nächte umfasst. Mittlerweile gibt es zwei neue Bahnen von W. D. Heintz und W. I.
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Hartkopf, und Messungen sind schwierig geworden: 2002 und 2003 war im 325mm-Cassegrain keine eindeutige Trennung mehr möglich. Die beiden Grafiken in den Abbildungen 6 und 7 zeigen einmal die Bahn von Heintz mit allen Messungen bis 1998 (Darstellung aus dem 5. Bahnkatalog von Mason und Hartkopf) sowie einen Ausschnitt der Bahn von Hartkopf mit Messungen aus den letzten Jahren. Es ist zu erwarten, dass das Periastron innerhalb der nächsten 15 Jahre erreicht wird.
STF1280 (8h 55,9 m / +70 Grad 48' / 8,7 mag / 8,9 mag) Zwei rote Zwerge in einer sehr exzentrischen Bahn mit einer Umlaufzeit von etwa 600 Jahren erreichten 1994.5 das Periastron und zeigten Mitte der neunziger

Jahre eine sehr schnelle Bewegung von 30 Grad pro Jahr bei weniger als 0,5'' Abstand. Ich verfolge das Paar seit 1996 und habe es bis 2003 in 34 Nächten gemessen. Die Grafik in Abbildung 8 zeigt die schnelle Winkelgeschwindigkeit um 1996, die folgende rasche Zunahme der Distanz - im Frühjahr 2003 sind 1,5'' schon fast erreicht - sowie alle Speckle-Messungen und visuellen Messungen von W. D. Heintz, R. Argyle und mir.
STT363 (18h 37,4m / +77 Grad 41' / 7,6 mag / 7,8 mag) Zum Zeitpunkt der Entdeckung von Otto Struve 1840 noch weiter als 0,5'', dann über einen langen Zeitraum von 140 Jahren enger als 0,4'' und entsprechend schwierig. Einige Messungen zeigen auffallend große

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Abb. 8: STF1280, großer Ausschnitt mit Periastron, kleiner Ausschnitt: komplette Bahn mit allen Messungen bis 1998

Abb. 9: STT363, Bahn mit Normalorten

Inkonsistenzen. Die beiden Unterriesen vom Spektraltyp F bewegen sich in einer sehr exzentrischen Bahn. 1975 berechnete der jugoslawische Astronom D. J. Zulevic zwei provisorische Bahnen, beide mit zu geringer Exzentrizität. Zum Glück wurde die schnelle Annäherung 1978 - 1985 von McAlister durch Speckle mit 3,8 Metern Öffnung beobachtet. Im Periastron 1986 wären 6 Meter Öffnung für eine Messung notwendig gewesen, danach nahm die Distanz rasch zu. 1993 konnte ich den Stern erstmals im 360-mm-Newton länglich sehen. 2003, 10 Jahre später, ist er im 325-mm-Cassegrain zu trennen, aber noch nicht leicht zu messen. Die drei visuellen Normalorte 1996, 2000 und 2003, enthalten 19 Messungen, 16 sind von mir. 1996 habe ich die Bahn neu berechnet - sie ist in Abbildung 9 mit allen Normalorten dargestellt - aber die Elemente, vor allem Umlaufzeit und große Halbachse, sind noch immer unsicher. Die Hipparcos-Messung von 1991.25: 317 Grad , 0,14'' war mir zum Zeitpunkt der

Rechnung nicht bekannt, allerdings ist der Fehler bei einer Öffnung von nur 0,3 Metern angesichts der geringen Distanz schwer einzuschätzen.
BU151 - Delphini (20h 37,5m / +14 Grad 36' / 4,0 mag / 4,9 mag) Dieses bekannte helle Paar mit einer Umlaufzeit von 26,65 Jahren wurde 1873 von S. W. Burnham mit seinem 6-ZollRefraktor entdeckt; fast 5 Umläufe sind also beobachtet. Im Falle von BU151 lag eine neue Bahn von 1989 vor, die aber systematische Residuen zu vielen früheren visuellen Messungen und sogar zu einigen SpeckleMessungen an Großteleskopen nach 1990 zeigte. Meine neue Bahn von 1998 wurde in den 5. und 6. Bahnkatalog von Mason und Hartkopf aufgenommen und ergibt eine um 3 % kleinere Masse als das Ergebnis von 1989. In der Grafik sieht man links alle Messungen bis etwa 2000 (Darstellung von Mason und Hartkopf). Die blauen, gefüllten Kreise sind Speckle-

Messungen, grüne Kreuze visuelle Messungen. Rechts ist die Bahn mit den Positionen 1990 bis 2016.5 dargestellt (Ephemeride) sowie meine Messungen. 1996 erschien BU151 im 325-mmCassegrain noch als heller Keil, seit 1999 ist er leicht zu trennen und zu messen.
Literaturhinweise und Internet-Links [1] Heintz, W. D., 1967: Acta Astron. 17, 311 [2] Alzner, A., 1998: Astron. Astrophys. Suppl.
Ser. 132, 253 [3] Alzner, A., 1998: Astron. Astrophys. Suppl.
Ser. 132, 237 [4] Argyle, R. W., Alzner, A., Horch, E. P.,
2002: Astron. Astrophys. 384, 171 [5] Alzner, A., 2003: The Webb Society, Double
Star Section, Circular No. 11, 10 [6] Hartkopf, W. I., Mason, B. D., Worley, C.
E.: ,,Sixth Catalog of Visual Binary Stars", Astronomy Department, U.S. Naval Observatory. Regelmäßige Updates: http://ad.usno.navy.mil/ad/wds/hmw5.html
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126 B E O B A C H T E R F O R U M + V d S N A C H R I C H T E N

Abb. 10: BU151, links: Bahn mit allen Messungen bis 1998, rechts: Positionen von 1990 bis 2016 und eigene Messungen

Wir begrüßen neue Mitglieder

von Charlotte Wehking

Nach Postleitzahlen sortiert: (8602) Denis Wallian, F-57500 Saint-Avold, (8575) Francois Scheffen, L4974 Dippach, (8624) Mag. Jörg Hotter, A-2162 Falkenstein, (8635) Tahir Saban, A-2500 Baden bei Wien, (8559) Andreas Schuart, A-4451 Garsten, (8631) Erich Suter, CH-2563 Ipsach, (8689) Stephan Koller, CH-3006 Bern, (8669) Peter Arnold, CH-8917 Oberlunkhofen, (8672) Erik Persson, DK-9000 Aalborg, (8710) Ing. Huub Jacobs, NL-5627 VN Eindhoven, (8711) Wim Ladage, NL-5685 JE Best, (8555) Frank Berger, 01665 Klipphausen, (8541) Rainer Woytaszek, 01705 Freital, (8688) Kay G. Hardelt, 01778 Lauenstein, (8739) Andre Skorna, 03048 Cottbus, (8562) Dietrich Strauch, 03099 Kolkwitz, (8690) Dana Räpricht, 03172 Grabko, (8685) Patrick Gülle, 06537 Kelbra/Kyffhäuser, (8556) Christian Wolfram, 07589 Bocka, (8583) Dr. Kurt Heinze, 07743 Jena, (8537) Dietmar Voerkel, 07749 Jena, (8528) Sternwarte Schneeberg, 08289 Schneeberg, (8678) Andreas Ickelsheimer, 09573 Dittmannsdorf, (8544) Olaf Zimmermann, 10623 Berlin, (8704) Dieter Straßmann, 12357 Berlin, (8700) Dr. Axel Mellinger, 14471 Potsdam, (8682) Matthias Juchert, 14797 Lehnin, (8530) Nikolai Wünsche, 16359 Biesenthal, (8499) Michael Kießling, 21406 Melbeck, (8598) Dr. Christian Münter, 22297 Hamburg, (8642) Dieter Scholze, 24568 Kaltenkirchen, (8620) Wolfgang Reichelt, 26826 Weener, (8730) Peter Götzenich, 27777 Ganderkesee, (8703) Dr. Kurt Schwender, 27798 Hude, (8612) Torsten Damme, 28755 Bremen, (8571) Gert Rosendahl, 30629 Hannover, (8679) Axel Isermann, 30900 Wedemark, (8637) Melanie Gola, 31141 Hildesheim, (8706) Friedhelm Künzel, 31199 Diekholzen, (8694) Scarlett Siedenberg, 31592 Stolzenau, (8613) Ralf Inhoven, 32312 Lübbecke, (8691) Klaus Burmester, 32429 Minden, (8641) Dipl.-Ing. Frank Bewermeyer, 33104 Paderborn, (8643) Alexander Boos, 33175 Bad Lippspringe, (8684) Wolfgang Dzieran, 33175 Bad Lippspringe, (8659) Lars Kesting, 34270 Schauenburg, (8737) Gerald Wetzel, 35321 Laubach, (8644) Dr. Martin Otte, 34414 Warburg, (8557) Jochen Fischer, 35581 Wetzlar, (8614) Roland Rinke, 35794 Mengerskirchen, (8599) Rainer Miltner, 37235 Hess. Lichtenau, (8674) Hans Zimmermann, 38108 Braunschweig, (8560) Karin Müller, 38350 Helmstedt, (8604) Heiko Langhans, 38462 Grafhorst, (8696) Eva Ponick, 38678 Clausthal-Zellerfeld, (8712) Andreas Degener, 40223 Düsseldorf, (8579) W. Fabian Holzapfl, 40479 Düsseldorf, (8503) Dirk Otto, 41366 Schwalmtal, (8563) Klaus Boy, 42109 Wuppertal, ( 8651) Lars Jakob, 42477 Radevormwald, (8708) Friedhelm Mühlsiepen, 42553 Velbert, (8686) Klaus Bock, 42579 Heiligenhaus, (8713) Lothar Gussning, 44139 Dortmund, (8660) Ralf Schachtner, 44579 Castrop-Rauxel, (8632) Steven Mueller, 44623 Herne, (8596) Dorothea Herberg, 44795 Bochum, (8665) Sarah-Kathleen Lechelt-Becker, 44809 Bochum, (8577) Christoph Löser, 44809 Bochum, (8585) Dr. Peter M. Spangenberg, 44892 Bochum, (8654) Bernhard Lebeda, 44892 Bochum, (8546) Gerd Müller, 45891 Gelsenkrichen, (8593) Roland Plaschke, 45896 Gelsenkrichen, (8664) Wolfgang Glogowski, 46244 Bottrop, (8645) Klaus Kalus, 46414 Rhede, (8727) Dirk Fischbach, 47259 Duisburg, (8738) Johannes Jäger, 47589

Uedem, (8728) Stephan Küppers, 47802 Krefeld, (8548) Rita Dönges, 47809 Krefeld, (8595) Werner Bauschmann, 48157 Münster, (8623) Lars Wiefel, 48157 Münster, (8591) Christian Brinkmöller, 48249 Dülmen, (8619) Erwin Kielas, 48329 Havixbeck, (8607) Bernd Ahmann, 48565 Steinfurt, (8527) Thomas Grunge, 49201 Dissen T. W., (8587) Alfred Götting, 49393 Lohne, (8629) Jens Wöhlert, 50127 Bergheim, (8662) Mechthild Hermann, 50226 Frechen, (8564) Alexander Held, 50259 Pulheim, (8565) Hans-Jörg Held, 50259 Pulheim, (8650) Dieter Eckert, 50259 Pulheim, (8647) Gerhard Fingerhuth, 50389 Wesseling, (8636) Dr. Günther Spohr, 50767 Köln, (8572) Wilfried Kohtz, 50829 Köln, (8731) Oliver Zimmermann, 50858 Köln, (8568) Dr. Wolf Stelzner, 50935 Köln, (8584) Stefan König, 51105 Köln, (8721) Andre Neubert, 51145 Köln, (8576) Franz Jürgen Mörsheim, 51469 Bergisch-Gladbach, (8701) Asta Cramer, 51491 Overath, ( 8657) Dipl.-Ing. Ulli Vedder, 51766 Ründeroth, (8588) Roger Neumann, 52072 Aachen, (8720) Hans Schillings, 52078 Aachen, (8652) Mario Diedrich, 52152 Simmerath, (8633) Werner Schmitz, 52382 Niederzier, (8656) Jan Malejka, 52428 Jülich, (8655) Dr. Horst Gonska, 53332 Bornheim, (8547) Stefan Molitor, 53534 Wiesemscheid, (8640) OStR Karl-Heinz Eckendorf, 53562 St. Katharinen, (8531) Daniel Fischer, 53639 Königswinter, (8590) Harald Kavel, 53721 Siegburg, (8705) Michael Luy, 54329 Konz, (8582) Marc Schrabback, 56130 Bad Ems, (8538) Franz Pöpperl, 56754 Brohl, (8592) Harald Bill, 57078 Siegen, (8550) Reiner vom Bruch, 57548 Kirchen, (8540) HansWerner Wiekhusen, 58119 Hagen, (8574) Peter Köchling, 59590 Gesecke, (8735) Gabriele Zech, 60318 Frankfurt, (8615) Oliver Lubenow, 61250 Usingen, (8628) Steffen Behnke, 61276 Weilrod, (8676) Oliver Habighorst, 61449 Steinbach/Ts., (8733) Gerald Stegemann, 63073 Offenbach, (8716) Dipl.-Phys. Volker Windte, 63165 Mühlheim, (8616) Klaus Sperling, 63263 Neu-Isenburg, (8471) Markus Pfeifer, 63776 Mömbris, (8680) Wolfgang Oeser, 63820 Elsenfeld, (8529) Jennifer Suppes, 65203 Wiesbaden, (8675) Dipl.-Ing. Thomas Loose, Oestrich-Winkel, (8681) Oliver Breitfelder, 65527 Niedernhausen, (8666) Frank Schneider, 65719 Hofheim, (8542) Manfred Schlapbach, 65817 Eppstein-Ot., (8677) Vera Dehnke, 66117 Saarbrücken, (8723) Dr. Dr. Gerhard Gampper, 67227 Frankenthal, (8661) Uwe Klünder, 67433 Neustadt, (8670) Prof. Dr. Rüdiger Haberland, 67705 Stelzenberg, (8724) Lothar Zeyer, 68165 Mannheim, (8630) Joachim Keller, 68775 Ketsch, (8567) Dr. Reinhard Kemper, 69123 Heidelberg, (8667) Dr. Roland Bähr, 69151 Neckargemünd(8618) Jürgen Schmidt, 69514 Laudenbach, (8551) Elke Schulz, 70329 Stuttgart, (8695) Horand Gugg, 70794 Filderstadt, (8580) Dipl.-Ing. Christof Schurr, 71336 Waiblingen, (8649) Dipl.-Phys. Matthias Wallrauch, 72072 Tübingen, (8611) Astronomische Vereinigung Tübingen, 72074 Tübingen, (8594) Dr. Martin Bässgen, 72827 Wannweil, (8552) Marilia Coelho De Nardi-Falkenhain, 74906 Bad Rappenau-Bonfeld, (8697) Andreas Bauer, 76189 Karlsruhe, (8648) Rudi Braun, 76199 Karlsruhe, (8626) Dipl.-Psychologe Arnd Ridder, 76829 Landau, (8539) Patrick Metzger, 77977 Rust, (8709) Albrecht Neumann, 78050 Villingen-

VdS-Journal Nr. 15

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Schwenningen, (8581) Isabel Werche, 78199 Bräunlingen, (8638) Evelyn Petkow, 80637 München, (8543) Dipl.-Phys. Clemens Unckell, 81241 München, (8601) Heinz Schroer, 81245 München, (8549) Wolfgang Kellermann, 81247 München, (8586) Eithel Albrecht, 81547 München, (8570) Stephen Strubel, 81549 München, (8646) Angelika Kattner, 82256 Fürstenfeldbruck, (8603) Otto Schäfer, 82256 Fürstenfeldbruck, (8566) Sternwarte Penzberg e. V., 82377 Penzberg, (8608) Michael Nowak, 83022 Rosenheim, (8589) Hans Allendorf, 83620 Feldkirchen-Westerham, (8668) Dipl.-Ing. Martin Kiening, 83646 Bad Tölz, (8561) Ruth Ullmann, 84513 Töging, (8621) Ralf Kauck, 85309 Pörnbach, (8569) Andreas Müller, 85464 Finsing, (8658) Dipl.-Phys. Klaus Rohe, 85625 Glonn, (8617) Ing. Thomas Helmschrott, 86465 Welden, (8726) Jürgen Hilbig, 86807 Buchloe, (8671) Dieter Woellner, 86899 Landsberg am Lech, (8732) Dr. Monika Sprandel, 87459 Pfronten, (8627) Gerhard Seefeldt, 87600 Kaufbeuren, (8693) Manfred Simon, 87600 Kaufbeuren, (8625) Wolfgang

Englert, 87629 Füssen, (8699) Manfred Würzner, 87665 Mauerstetten, (8597) Dipl.-Ing. Hans-Georg Mohr, 88682 Salem, (8639) Hubert Diehlmann, 89584 Ehingen, (8553) Horst Degelmann, 90537 Feucht, (8683) Bernd Lindner, 91247 Artelshofen, (8698) Dr. Ulrike Cutire, 91572 Bechhofen, (8609) Otmar Hofbeck, 92318 Neumarkt, (8722) Wolfgang Pelka, 94315 Straubing, (8634) Jürgen Stümpfl, 94469 Deggendorf, (8673) Sebastian Wolfrum, 95030 Hof, (8558) Rafael Koch, 95448 Bayreuth, (8606) Stefan Ries, 95463 Bindlach, (8610) Hannes Tekloth, 95466 Kirchenpingarten, (8573) Dr. Christopher Kauffmann, 96135 Stegaurach, (8545) Jochen Snoppek, 97080 Würzburg, (8663) Reinhard Nürnberger, 97204 Höchberg, (8605) Johannes Schüßlbauer, 97299 Zell am Main, (8578) Stefan Preisendörfer, 97791 Obersinn, (8717) Matthias Otte, 97980 Bad Mergentheim, (8719) Dipl.-Ing. Rainer Zierlein, 97999 Igersheim, (8554) Hartmut Helbing, 99974 Mühlhausen

VdS-Fachgruppentreffen 2004

Am 12. Juni 2004 fand das diesjährige VdS-Fachgruppentreffen in Rudisleben bei Kirchheim statt. Neben Vertretern des Vorstands (Otto Guthier, Wolfgang Steinicke, Susanne Hoffmann) waren Referenten bzw. Redakteure von 13 Fachgruppen sowie der Leiter der VdS-Sternwarte Kirchheim, Jürgen Schulz, gekommen. Erstmals dabei waren Helmut Jahns (Computerastronomie) und Jens Bohle (Visuelle Deep-Sky-Beobachtung). Erstes Thema war das VdS-Journal. Hier gab es neben viel Lob auch Kritik. Leider treten immer wieder kleinere Fehler im Heft auf, die sich trotz intensiver Kontrollen aber kaum vermeiden lassen. Auch kommt es vor, dass Artikel, die Fachgruppen zugeordnet werden können, von diesen nicht vorab kontrolliert werden, da sie direkt an die Redaktion gesendet werden (meist für die Rubrik ,,Beobachterforum"). Hier wird es Verbesserungen geben. Allen Autoren wird dringend geraten, ihre Artikel über die zuständigen Fachgruppen einzureichen! Dies entlastet auch die Endredaktion. Zur Verbesserung von Bild- und Textlayout gab es nützliche Anregungen. Werner E. Celnik fragte nach, ob seine ,,Astronomische Vorschau" angesichts der vielen Jahrbücher sinnvoll sei. Dies wurde ausdrücklich bejaht. Die Schwerpunktthemen für die nächsten Ausgaben wurden festgelegt. In einem der nächsten Hefte sollen die Leser über ihre Meinung zum Journal befragt werden. Eine wichtige Arbeit zur Konservierung der Journale hat Dietmar Bannuscher geleistet: ein Gesamtinhaltsverzeichnis aller bisher erschienen (14!) Hefte. Jost Jahn hat die Datei mittlerweile für die VdS-Webseite aufbereitet. Geplant ist auch, ältere Journale digital zur Verfügung zu stellen. Ein weiteres Thema war die von Wolfgang Steinicke durchgeführte Fragebogen-

Abb. 1: Gruppenbild auf der Sternwarte Kirchheim

aktion. Zur Vorbereitung des Treffens wurde ein Katalog von 19 Fragen zusammengestellt um den aktuellen Zustand der Fachgruppen und ihr Verhältnis zur VdS zu beleuchten - mit interessanten Resultaten. Ein generelles Problem ist die ,,Mitgliedschaft". Hier gibt es keine eindeutigen Kriterien, entsprechend schwierig ist die Quantifizierung der Größe der Fachgruppen und ihres Anteils an VdSMitgliedern. Die geschätzte Gesamtzahl der Mitglieder aller Fachgruppen liegt bei 600, wobei es Fachgruppen mit 5, aber auch 200 Mitgliedern gibt. Diese Angaben sind aber mit Vorsicht zu genießen. Insbesondere dürfte die Zahl der aktiven FG-Mitglieder erheblich kleiner sein und schätzungsweise nur ca. 10 % betragen. Hier liegt offenbar noch ein erhebliches Potential, sowohl in Bezug auf die Werbung neuer VdS-Mitglieder als auch bei der Steigerung der Attraktivität der Fachgruppen innerhalb der VdS. Alle Fachgruppen sind im Internet vertreten. Viele geben ein eigenes Mitteilungsblatt heraus bzw. veranstalten eine regelmäßige Tagung. Die Identifikation mit der VdS ist bei den meisten Fachgruppen ein wichtiger

Punkt: Sie verstehen sich als Leistung der VdS nach außen und innen. Einige Fachgruppen stehen untereinander in Kontakt und organisieren sogar gemeinsame Projekte. Es wurde natürlich auch über Finanzen gesprochen. Der Vorstand prüft derzeit ob eine pauschale Unterstützung möglich ist, was den Verwaltungsaufwand reduzieren könnte. Ein weiterer Punkt waren die ,,FGPoster" für den VdS-Stand. Hier gibt es bereits einige Beispiele. Diskutiert wurde auch der Astronomietag 2004, der am 18. September stattfinden wird. Die mit dem ,,Stern" erzielte Kooperation (,,Lange Nacht der Sterne") wurde allgemein als große Chance für die VdS begrüßt. Schließlich wurde noch der Termin für das nächste VdS-Fachgruppentreffen festgelegt: Samstag, 11. Juni 2005, 11 Uhr. Abschluss des Treffens bildete der traditionelle Grillabend auf der Sternwarte Kirchheim, organisiert von Jürgen Schultz und Mitarbeitern. Zu Thüringer Rostbratwurst und Bier gab es noch reichlich Bilder und Videos des Venusdurchgangs zu sehen.

Wolfgang Steinicke

VdS-Journal Nr. 15

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Neuer Mitgliedsbeitrag ab 2005
Otto Guthier, Heppenheim
Liebe Mitglieder, Ihre Mitgliedschaft in der Vereinigung der Sternfreunde e.V. kostet Sie seit dem 1.1.2002 ganze 25,00 EUR pro Jahr; der ermäßigte Beitrag für Schüler, Studenten und Azubis beträgt derzeit 18,00 EUR pro Jahr.
Dafür erhalten Sie eine Vielzahl von Leistungen. So etwa der dreimalige Bezug unserer Mitgliederzeitschrift ,,VdS-Journal für Astronomie" mit über 450 Seiten Informationen aus allen Bereichen der Amateur-Astronomie. Ihre VdS bietet darüber hinaus aber wesentlich mehr: So ist im Mitgliedsbeitrag der Bezug von Schnellcircularen bei sporadisch auftretenden Großereignissen am gestirnten Himmel, günstigere Beobachtungsaufenthalte an der VdS-Sternwarte/ Volkssternwarte Kirchheim e.V., die InternetPräsentation der VdS und das umfangreiche Leistungspaket der 18 verschiedenen VdS-Fachgruppen mit eingeschlossen. Außerdem haben Sie einen günstigeren Eintritt bei Tagungen und Treffen der VdS oder der Fachgruppen. Wir bieten eine Palette von VdSProdukten - von der Tasse bis zum Maus-Pad -, die Sie als Mitglied ebenfalls vergünstigt bekommen. Gleiches gilt für Abonnements von ,,Sterne und Weltraum", ,,Astronomie heute" oder ,,Star Observer".
Mit ihrem Mitgliedsbeitrag unterstützen Sie nicht nur die bereits genannten Leistungen, sondern Sie versetzen die VdS in Lage, ihrem satzungsgemäßen Auftrag zur astronomische Volksbildung und Unterstützung der deutschen Amateur-Astronomie nachzukommen. Dies beinhaltet insbesondere die Jugendarbeit und Einsteigerbetreuung, den VdS-Pressedienst und natürlich den deutschen ,,Astronomietag", der in wenigen Tagen, auf Initiative der VdS, zum zweiten Mal stattfinden wird.
Sie werden sich sicherlich fragen, wie dies alles zu diesem, doch recht bescheidenen Beitrag möglich ist. Ganz einfach: Die gesamte Arbeit innerhalb der VdS wird von ehrenamtlich tätigen Aktiven geleistet; auch die Redaktion und Arbeit am Journal geschieht von wenigen Ausnahmen abgesehen - in Selbsthilfe und ohne ein Entgelt.
Das in den letzten Jahren stark erweiterte Angebot und die vielfältigen Leistungen unserer Vereinigung haben aber auch in finanzieller Hinsicht ein Volumen erreicht, das ohne eine Beitragserhöhung für die nächsten zwei Jahre nicht mehr zu bewerkstelligen ist.
Die Mitgliederversammlung am 13. September 2003 in Berlin hat dem Vorstand der VdS eine Option erteilt, bei Bedarf eine Beitragserhöhung in 2005 in Höhe von maximal 5,00 EUR durchzuführen (siehe dazu auch VdSJ Nr. 13, Seite 108). Die Entwicklung in den letzten beiden Jahren zwingt den Vorstand von dieser Option Gebrauch zu machen und die Mitgliedsbeiträge für die nächsten Jahre auf folgende Beträge anzuheben:
· Mitgliedsbeitrag: 30,00 EUR/Jahr (bisher 25,00 EUR) · Reduzierter Mitgliedsbeitrag: 20,00 EUR/Jahr (bisher 18,00 EUR)
Wir bitten um Ihr Verständnis für diese Maßnahme, damit unsere Vereinigung weiterhin arbeitsfähig ist - zu Ihrem Wohl und zum Vorteil der deutschen Amateur-Astronomie.

VdS-Journal Online
von Jost Jahn

Der Vorstand der VdS hat in Absprache mit den Fachgruppen beschlossen, unser VdSJournal mit einer Verzögerung von 3 Ausgaben online in das Internet zu stellen. Als Anfang steht der immer aktuelle Index des Journals. Dieser steht ab sofort unter der Internet-Adresse www.vds-journal.de zur Verfügung. Dietmar Bannuscher hat den Index erstellt und pflegt ihn. Jost Jahn verarbeitet diesen Index automatisiert mit eigenen Programmen und stellt ihn online in das Internet. Sie können auf der Website den Index der einzelnen Journale (auch getrennt nach Text und Bild), der Artikel, der Abbildungen und der Autoren erforschen. Dabei

kann man auf jede Journalausgabe und auf jeden Autor wechselweise klicken, so dass man schnell einen Artikel findet. Mit einer zusätzlichen Volltextsuche ist das Ergebnis fast immer zu erhalten. Eine Autorenstatistik, Infos zu jeder Journalausgabe, Titelbilder und eine Downloadmöglichkeit runden das Angebot ab. Zusätzliche Informationen zu den Autoren (Bild, Homepage, E-Mail, etc.) sind geplant, wobei diese zustimmen müssen. In den nächsten Monaten bis Ende nächsten Jahres sollen dann die Journale mit einem Jahr Verzögerung zunächst als PDF zum Abruf bereitgestellt werden. Anschließend ist geplant die Artikel als

VdS-Journal Nr. 15

Volltext (inklusive Abbildungen) in Form von normalen Webseiten aufzuspielen.
Abb. 1: Webseite www.vds-journal.de

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Leserbriefe an die Redaktion
,,... Ein Lob für das Journal und Euch als Redaktion muss ich noch loswerden. Ein solch vielfältiges Magazin, welches das ganze Spektrum der deutschen Amateurastronomie in voller Tiefe widerspiegelt, ist wirklich einzigartig. Die Kombination von Anfängerartikeln und anspruchsvollen Texten bietet bestimmt jedem VdS-Mitglied lohnende Lektüre. Als eingefleischter visueller Deep-Sky-Beobachter freue ich mich immer wieder über meinen eigenen Tellerrand in die anderen Fachgebiete hinein zu schnuppern und habe auch so schon einige wertvolle Anregungen gefunden. Deswegen mein ganz herzlicher Dank für Euer großes Engagement ..."
Rainer Töpler, Schorndorf

Liebe Sternfreunde, ich stelle mit wachsender Tendenz bei den Aufsätzen von und für Sternfreunde fest, dass aus dem Englischen stammende Ausdrücke nicht mehr (richtig) übersetzt, sondern einfach deutsch geschrieben werden. Einige dieser Wörter haben aber im Deutschen eine abweichende Bedeutung. Für viele englische Wörter gibt es passende deutsche, aber einige Autoren verwenden nur den englischen, eingedeutschten Begriff. Ich halte diese Tendenz für unnötig, störend und vermeidbar. Teilweise verlieren Wörter und Begriffe dadurch an Substanz und Schärfe, die wir gerade bei einem naturwissenschaftlichen Hobby wie die Astronomie gelegentlich benötigen. Einige Beispiele:

englisch
to realize to register definition prominent peculiar quartz

deutsch
erkennen in Deckung bringen Auflösung auffällig seltsam Quarz

falscher Gebrauch realisieren registrieren Definition prominent pekuliär Quartz

dessen Bedeutung
verwirklichen erfassen Begriffsbestimmung

Dann stellt sich mancher Sprachgebrauch auch inhaltlich als falsch heraus, wie z. B. die ,,Gravitationslinse". Hiermit wird häufig die

Mehrfachabbildung eines Quasars (...) bezeichnet. Dabei sind diese Abbildungen das Ergebnis der Wirkung einer Gravitationslinse, nicht

aber die Gravitationslinse selbst, bei der es sich um einen häufig nicht sichtbaren massereichen Galaxienhaufen zwischen Quasar und uns

handelt. Hier sollten wir alle genauer nachdenken, was eigentlich übermittelt werden soll. Ansonsten wird irgendwann einmal egal sein,

was man schreibt, weil eh keiner mir den Text (genau) liest. Und das wäre schade! Clear Sky

Hans-Günter Diederich, Darmstadt

Jubiläen
Der Vorstand der Vereinigung der Sternfreunde e. V. gratuliert folgenden Mitgliedern zu der jetzt 20jährigen, 30jährigen, 40jährigen und 50jährigen Mitgliedschaft in der VdS sehr herzlich und bedankt sich für Ihre Treue.
20jährige Mitgliedschaft (Mitgliedsnummer 3533) Ulrich Bendel, Reichelsheim, (3535) Heinrich Pohlabeln, Rhede, (3536) Roland Schneider, Marktgraitz, (3543) Dr. Sighard Schräbler, Frankfurt, (3544) Klaus Mombächer, Dörpen/Ems, (3546) Dipl.-Ing. Wolfgang Wildmann, Offenbach/Main, (3548) Reinhard Braden, Reiskirchen, (3549) Bernd Scheffold, Weil, (3553) Karl-Ernst Döttling, Haigerloch-Stetten, (3554) Prof. Dr. Ulrich Lotzmann, Dassel, (3559) Ursula Appeltauer, Amberg, (3563) Peter Köster, Buxtehude, (3564) Markus Schütt, Kiel, (3571) Peter Völker, Berlin, (3575) Thomas Lichtleitner, Bochum, (3577) Volkmar Koch, Buchloe, (3581) Bernd Wippich, Gelsenkirchen, (3583) Prof. Dr. Jörg Link, Rockenberg, (3584) Dr.

Gerhard Schwaab, Witten, (3586) Prof. Dr. Matthias Goetz, Oppenheim, (3587) Dipl.Phys. Josef Laufer, Estenfeld, (3589) Michael Beck, Konstanz, (3591) FranzJosef Heimerl, Weiden, (3594) Udo Köster, Meschede-Eversberg, (3595) Hermann Boerjes, Westerstede, (3596) Dipl.-Ing. Jürgen Vogel, Jüchen-Gierath, (3598) Prof. Manfred Cuntz, USAArlington, (3601) Michael Mushardt, Elze/Mehle, (3602) Florian Kerber, München, (3603) Dr. Gunter Dorsch, Memmelsdorf, (3604) Horst Himmelsbach, Pforzheim, (3605) Hans Gahler, Groß-Gerau, (3609) Georg Berchtold, Seeshaupt, (3613) Thomas Ehehalt, Erlenbach, (3616) Dr. Mathias Göken, Möhrendorf, (3624) Helmut Sedlatschek, Erdweg, (3626) Richard Masuhr, Essen, (3631) Adam Renner, Bamberg, (3632) Jürgen Frank, Mehlmeisel, (3634) Walter Münker, Hilchenbach, (3635) Prof. Dr. Gudrun Wolfschmidt, Hamburg, (3639) Michael Grevelhörster, Dülmen/Westf., (3640) Wolfgang Vieser, Miltenberg 1, (3645) Lothar Dorsch, Kemmern, (3649) Günter Jacobs, Buchholz/Nordheide, (3659) Dr. Matthias Dietrich, Eschwege, (3662) Jan-Hendrik Hagemeister, Heikendorf

30jährige Mitgliedschaft

(2264) Dr. Rudolf Dittrich, Heilbronn,

(2265) Kurt Decker, Niedernhausen-

Niederseelbach, (2266) Richard Pranger,

Neumarkt/Opf., (2267) Dr. Matthias

Rauls, Limburgerhof, (2269) Rasmus

Ross, Kiel, (2273) Dietmar Staps, Wies-

baden-Dotzheim, (2275) Robert Wurm,

Kiel, (2276) Winfried Lichtscheidel,

Friedrichshafen, (2278) Dr. Martin

Weigele, Bonn, (2279) Hans-Günther

Kath, Maintal, (2282) Arbeitsgemein-

schaft Volkssternwarte Hagen, Hagen,

(2283) Herbet Mueller, Pellingen, (2285)

Karl-Heinz Seibusch, Sprockhövel, (2300)

Ralph Sommer, Recklinghausen, (2303)

Gerhard Schnerr, Bühl, (2312) Herbert

Freyburger, Brackenheim, (2325) Ramond

Sendelbeck, Nürnberg, (2326)

Vereinigung der Sternfreunde Menden e.

V., Menden, (2333) Dr. Claus Leitherer,

USA-Baltimore, (2335) Erich Bürger,

Kalletal-Hohenhausen,

(2342)

Arbeitsgemeinschaft Walter-Hohmann-

Sternwarte Essen e. V., Essen, (2346) Dir.

Karl Mair, A-St. Johann/Tirol, (2348)

Horst Gers, Meschede, (2351) Freiherr-

von-Stein-Schule, Fulda, (2352) Dr.

Florian Banhart, Essenheim, (2354) Klaus

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130 V d S N A C H R I C H T E N

Büchele, Konstanz, (2356) Michael Möller, Timmendorfer Strand, (2362) Prof. Dr. Thomas Eickhoff, Bingen, (2367) Dr. Günter Grampp, A-Graz, (2372) Herbert Lehmeier, Igensdorf/Stöckach, (2374) Fred Fraunhofer, Triftern, (2378) Volkssternwarte Ennepetal e. V., Ennepetal, (2380) Jürgen Mattes, Datteln, (2384) Dipl.-Phys. Peter Riepe, Bochum, (2385) Michael Krause, Bad Aibling, (2393) Dr. Josef Loserth, Kerken, (2397) Heinz Kerner, Faßberg, (2402) Andreas Kammerer, Ettlingen, (2405) Andreas Schuster, Schweinfurt

40jährige Mitgliedschaft (1179) Klaus Freiburg, Waakirchen, (1182) Ernst Fleischer, Soest, (1185) Dr. Gerd Weigelt, Bonn, (1188) AlbertEinstein-Gymnasium, Ravensburg, (1207) Dr. Ing. Karl-Friedrich Ebert, Kaiserslautern, (1239) Herbert Kuhl, Lahnstein, (1245) Dietrich Titze, Renningen-Malmsheim, (1256) Dipl.-Ing. Karl-Heinz Woelfer, Oberhausen
50jährige Mitgliedschaft (224) Werner Steg, Bergisch-Gladbach Bensberg, (228) Astronomischer Verein

Dortmund e. V., Dortmund, (251) OlbersGesellschaft e. V., Bremen, (253) Dipl.Ing. Ernst-Jochen Beneke, Stuttgart, (270) Wolfgang Sorgenfrey, Offenburg
Ehrenmitglieder (14) Dipl.-Kfm. Günter Dietmar Roth, Icking/Isartal, (16) Edgar Mädlow, Berlin, (55) Hans Oberndorfer, München, (994) Dr. Karl Schaifers, Heidelberg, (8535) Hildegard Plötz, Haar

Ein volkstümlicher Schriftsteller
Max Gerstenberger (30.8.1921 - 28.7.2003)
von Ernst-Jochen Beneke

Fragt man nach den Namen derer, die zur Popularisierung der Astronomie in Deutschland im 20. Jahrhundert beitrugen, so fallen einem für deren erste Hälfte die Namen M. Wilhelm Meyer, Bruno H. Bürgel und Robert Henseling ein. In der zweiten Hälfte ist Max Gerstenberger einer derjenigen, die vielen Menschen die erste Begegnung mit der Welt der Sterne leicht machten. Das war vor allem einer regelmäßig erscheinenden Veröffentlichung zu verdanken, die aufgrund der guten Präsenz des Verlags Franckh-Kosmos in den deutschen Buchhandlungen für eine gehörige Verbreitung seiner Verlagsprodukte aller Art sorgte. Hierzu gehört das ,,Himmelsjahr", das jedes Jahr dem wissbegierigen Laien Auskünfte über die monatlichen Erscheinungen am Sternhimmel gibt. 1940/41 erschien es erstmals in der Nachfolge von Henselings ,,Sternbüchlein" (1910-1953) mit verschiedenen Autoren. Ab 1949 wurde es 33 Mal bis 1981 von Max Gerstenberger im Alleingang bearbeitet. Damit war der Name des Autors auf dem Buchmarkt präsent. Wie er gehörten vor ihm auch Meyer und Henseling zu den Autoren des KosmosVerlags. Von Max Gerstenberger gibt es Buchausgaben mit dem Titel ,,Kometen", ein Kosmos-Bändchen als Beigabe zur Zeitschrift im Jahr 1951, sowie ,,Himmelskunde", 1969 im Fackel-Verlag und ,,Astronomie des Alltags", 1976 im Franckh-Kosmos-Verlag erschienen. 1981/ 82 machte dieser einen einmaligen Versuch
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mit dem ,,Himmelsalmanach". Bekannt war Max Gerstenberger vor allem auch dem Hörerpublikum von Volkshochschulen und Vortragsserien zwischen Flensburg und Füssen, Aachen und Berlin (West). Das war in einer Zeit der DiaLichtbild-Veranstaltungen, bevor das Fernsehen diese verdrängte. Diese Reisen bildeten aber die Existenzgrundlage des Autodidakten, der sich selbst als Schriftsteller verstand. Der gebürtige Ulmer (die Eltern stammten aus Riesa und Leipzig) lebte ab 1928 in Stuttgart in der elterlichen Wohnung Leuschnerstrasse 51, eine Adresse, die ab 1950 für vier Jahrzehnte die Geschäftsstelle des Vereins Schwäbische Sternwarte e.V. beherbergte. Denn in diesem Jahr wurde er Geschäftsführer des Vereins, dem jede Bürokratie zuwider war: ,,Machets net so bürokratisch!" war seine Mahnung. Zur Astronomie kam Max Gerstenberger 1938 beim Besuch des Stuttgarter Planetariums im Hindenburgbau, dem Bahnhof gegenüber gelegen. Hier wurde er gleich als Hilfskraft für die Sternwarte Stuttgart auf der Uhlandshöhe angeheuert. Sein Berufsziel aber war, Maschinenbau zu studieren. Nach der Realschule mit Mittlerer Reife machte er eine dreijährige Feinmechanikerlehre bei der Firma Fein, in der der Vater Werkmeister war. Nach dem Abschluss 1942 wurde er sofort eingezogen und kam zur Lufthansa auf dem Flughafen Echterdingen. Dann schaffte ihn die Wehrmacht in der Flugabwehr der 67. Panzerdivision an die Ostfront, an der er zweimal verwundet wurde. Die Bein-

verletzung 1944, ein ,,Heimatschuss", sorgte für einen Lazarettaufenthalt, der ihn in die Nähe Stuttgarts brachte. So war er 1945 wieder in der Heimat. Max Gerstenberger gehörte zum aktiven Kreis der Mitarbeiter der Sternwarte, der die Wiederherstellung der Sternwarte besorgte, so dass diese schon im Herbst 1947 ihre Kuppel wieder öffnen konnte. In der ,,Stuttgarter Zeitung" versah er über Jahrzehnte die astronomische Berichterstattung und an der Volkshochschule hielt er Dia-Vorträge. In Wort und Schrift vermied er jede Art von Trockenheit, sie wiesen seine besondere Humorigkeit aus. Er war ein heiterer Mensch, beliebt im Kreis der Stuttgarter Sternfreunde, die ihn ,,unser Max" nannten. Ein Beinbruch bei Glatteis im Winter 1981 setzte seiner Beweglichkeit ein Ende. Die Zeiten hatten die Ansprüche sehr verändert. Von 1986 bis zu seinem Lebensende wohnte er in einem modernen Wohnheim, seine Beweglichkeit reduzierte sich mehr und mehr auf die Wohnung. Seine letzte Ruhestätte fand er am 1. August 2003 auf dem Waldfriedhof in Stuttgart.

V d S N A C H R I C H T E N 131

AKM-Frühjahrsseminar 2004
von Jürgen Krieg

In diesem Jahr fand das Seminar des Arbeitskreises Meteore e.V. (AKM) vom 26. bis 28. März in Mühlleithen im Erzgebirge statt. Der Klingenthaler Ortsteil war allerdings am Freitagabend nicht ganz so einfach zu erreichen. Eis und Schnee versuchten das Treffen zu verhindern, was jedoch misslang. Nach dem Abendessen begann das Seminar, zu dem 31 Personen und der Fachreferent angereist waren, mit dem Fachvortrag. Jürgen Hamel von der Archenhold-Sternwarte Berlin berichtete über den Aberglauben in früheren Zeiten. In seinem Vortrag mit dem Titel ,,Meteore, Halos, Polarlichter und Kometen - atmosphärische Erscheinungen als Schreckenszeichen in vergangenen Zeiten" ging er dabei besonders auf die Beobachtungen ein, die auch im AKM die Schwerpunkte bilden.
Der Samstagmorgen begann mit Bilderbuchwetter. Aufgrund der Schneefälle an den vorherigen Tagen und einem wolkenlosen Himmel, war eine perfekte Winterlandschaft vor dem Hotel zu bestaunen. Da das Vortragsprogramm jedoch weitere Höhepunkte versprach, musste der Spaziergang im Schnee auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Kurz nachdem Wolfgang Hamburg mit dem Abspielen seiner Filme über Polarlichtbeobachtungen begonnen hatte, war die Winterlandschaft vergessen. Mit Hilfe seiner MintronKamera hatte er die Polarlichter an Himmelfahrt und im Oktober letzten Jahres in Farbe auf die Festplatte gebannt. Da er nur jedes 30. Bild für die Filme benutzt hatte, konnten die Zuschauer die Polarlichter im Zeitraffer verfolgen. Immer beliebter wird es, Aufnahmen mit CCD-Kameras zu machen. Nicht nur Wolfgang Hamburg zeigte einige Polarlichtaufnahmen, die er mit so einer Kamera gewonnen hatte, sondern auch der nächste Vortragende, Georg Dittie. Er hatte seine Bilder zu einem kurzen Film zusammengefügt und stellte die Ergebnisse seiner Polarlichtbeobachtungen vom Oktober und November 2003 vor. Der zweite Vortragsblock begann mit Andre Knöfel. Er berichtete über den ,,Whole Sky Imager", eine CCD-Kamera mit Fischaugenobjektiv zur Atmosphärenbeobachtung, die am Observatorium Lindenberg des Deutschen Wetterdienstes

eingerichtet wurde. Auf den Fotos, die alle 10 Minuten aufgenommen werden, sind auch Halos zu sehen. Eine weitere denkbare Einsatzmöglichkeit wäre die Beobachtung von Polarlichtern und nachtleuchtenden Wolken.
Bei den beiden folgenden Vorträgen ging es um die Videometeorbeobachtung. Jörg Strunk gab eine mögliche Erklärung dafür, warum man bei einer Mintron-Kamera mit 8-mm-Objektiv mehr Meteore sieht als bei Benutzung eines 6-mm-Objektivs. Seiner Meinung nach könnte die unterschiedliche Ausrichtung am Himmel die Ursache sein. Im folgenden Vortrag berichtete Sirko Molau über Probleme bei der Automatisierung von Meteorbeobachtung mit Kameras. Wetterschutz, störendes Mondlicht (für Bildverstärker), Sonnenlicht und Wolken müssen berücksichtigt werden. Fazit: Die perfekte Lösung für alle Probleme gibt es noch nicht. Nach dem Mittagessen war dann der erste Ausflug geplant. Es ging zur ,,Deutschen Raumfahrtausstellung" im Nachbarort Morgenröthe-Rautenkranz. Im Rahmen einer Führung wurde nicht nur die Geschichte der Raumfahrt wieder lebendig, sondern sie zeigt auch den von den beiden deutschen Staaten geleisteten Beitrag. Dabei steht der Flug von Sigmund Jähn im Vordergrund, ist er doch in diesem Ort geboren.
Nach der Rückkehr und der Mitgliederversammlung ging es mit dem Thema Leonidenbeobachtung weiter. Bernd Gährken hat 2002 mit einer MintronKamera Beobachtungen in der Nähe des Carla Alto/Spanien durchgeführt. Leider war das Wetter mit etwa 50 % Bewölkung nicht optimal. Trotzdem konnte er eindrucksvolle Filmsequenzen mit bis zu 11 Meteoren gleichzeitig vorstellen. Daniel Fischer schloss sich mit einem eher persönlichen Bericht über seine fünf Jahre der Leonidenbeobachtung (1998-2002) an. Noch einmal ging es dann um Videometeore. Sirko Molau zog ein Resümee über fünf Jahre AKM-Videokameranetz. Innerhalb dieses Zeitraums wurde in mehr als 90 % der Nächte beobachtet. Die Datenbank enthält mittlerweile über 106.000 Meteorsichtungen aus dem Zeitraum 1993-2003. Rainer Arlt hat sich diese große Sammlung vorgenommen, um

damit erste Untersuchungen der Ekliptikalmeteorströme anzustellen. Erste Ergebnisse stellte er in einem Vortrag vor. Nach dem Abendessen gab es dann noch einen Vortrag von Jürgen Krieg. Er zeigte Dias von Regenbögen, Halos, Glorien, Blitzen, Polarlichtern und Kometen, die er in den letzten 10 Jahren aufgenommen hat. Den Sonntagmorgen begann Ulrich Sperberg mit einem Vortrag zum Thema Meteoritenfälle in den Jahren 2002 bis 2004. Dabei schilderte er auch, dass es immer wieder vorkommt, dass ein Meteoritenfall nur vorgetäuscht wird. In seinem zweiten Beitrag berichtete er über eine von ihm erstellte Literaturdatenbank. In ihr hat er Literatur über Meteoriten, Meteore und Meteoritenkrater zusammengestellt.
Nach der Kaffeepause begann der zweite Ausflug zum Waldpark Grünwald. Dort ist ein Testmodul der ehemaligen sowjetischen/russischen Raumstation MIR anzuschauen. In einem halbstündigen Vortrag wurden noch einmal die wichtigsten Ereignisse zur Raumstation aufgezählt. Danach konnte man sich das Testmodul in aller Ruhe aus der Nähe ansehen und ein Gefühl dafür bekommen, wie die Kosmonauten an Bord der MIR gelebt und gearbeitet haben. Mit einem gemeinsamen Mittagessen wurde das Seminar dann beendet.
SAMBA = South America Mount Brasilian
Astronomyfactory
,,Da hast du's, MOS ... `ne Montierung aus Südamerika ... das konnte ja nicht gut gehen ... die haben in Rio die Kisten
vertauscht!!!"
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132 I M P R E S S I O N E N Komet C/2002 T7 (LINEAR)
In Europa war der Komet leider nur bis Ende Februar zu beobachten, dann verschwand er Richtung Südhimmel. Dort präsentierte er sich jedoch recht imposant, wie die Aufnahmen unserer Mitglieder zeigen. Die Redaktion
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Abb. 1 (linke Seite, oben links): Komet C/2002 T7 (LINEAR) am 20.2.2004 um 19:26 UT. Aufnahme mit einem Bresser Schmidt-Cassegrain-Teleskop 220 / 1880 mm, Werner E. Celnik belichtete 55 Minuten auf Fujichrome ISO 400 Farbdiafilm (6x6). Die Belichtung endete 2 Grad über dem Horizont. Beobachtungsort Nähe Prüm / Eifel Abb. 2 (linke Seite, oben rechts): Komet C/2002 T7 (LINEAR) am 13.5.2004 um 4:57 OZ, 7 Minuten belichtet mit Schmidt-Kamera 1:1,7 / 300 mm auf Kodak Technical Pan 6415 S/W-Film (hyp.). Beobachtungsort: Farm Amani / Namibia, Bildautor Otto Guthier, Heppenheim Abb. 3 (linke Seite, unten): Mit C/2002 T7 (LINEAR) im Sternbild Canis Major und C/2001 Q4 (NEAT) im Sternbild Lynx gleich zwei helle Kometen auf einem Bild: Stefan Binnewies, Rainer Sparenberg und Volker Robering verwendeten dazu ein Superweitwinkel-Objektiv 1:3,5 / 30 mm (Blende 4,0). Gleichzeitig konnten sie mit der eingesetzten Pentax-67Mittelformatkamera auf Fujichrome ISO 400 Farbdiafilm die Milchstraße, das Zodiakallicht und den Planeten Jupiter im Sternbild Leo festhalten. Datum: 21.5.2004, ab 17:35 UT, Belichtungszeit 40 Minuten, Beobachtungsort: Farm Amani, Namibia. Abb. 4 (oben): Komet C/2002 T7 (LINEAR) bei Sirius und dem offenen Sternhaufen M 41 im Sternbild Canis Major am 22.5.2004 um 19:04 OZ, 11,5 Minuten belichtet mit Schmidt-Kamera 1:1,7 / 300 mm auf Ektachrome 200 Farbdiafilm. Beobachtungsort: Farm Amani / Namibia, Bildautor Otto Guthier, Heppenheim Abb. 5 (rechts): Komet C/2002 T7 (LINEAR) passiert den offenen Sternhaufen M 41 im Sternbild Canis Major am 22.5.2004. Der gezeigte Bildausschnitt beträgt ca. 2,1 Grad x 7 Grad . LRGB Mosaikbild aus 10 Frames, aufgenommen mit einer ST-10 XME CCD-Kamera an einem Pentax SDUF2 Refraktor (Brennweite 400 mm, f/4). Die Farbe steuerte ein Farbdia bei: 20 Minuten belichtet auf Fujichrome ISO 400 bei 300 mm Brennweite. Beobachtungsort: IAS-Sternwarte in Namibia (www.ias-observatory.org), Bildautoren: Andreas Masche und Carsten Jacobs. (Norden ist rechts)

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Komet C/2001 Q4 (NEAT)
Dieser in der Öffentlichkeit leider nicht sehr beachtete Komet, litt unter dem nur mäßigen Wetter in Deutschland, obwohl er eine Maximalhelligkeit von 3,0 mag und eine unter dunklem Himmel visuell erkennbare Schweiflänge von bis zu 7 Grad erreichte (vgl. ,,Schweifstern", Mitteilungsblatt der VdS-Fachgruppe Kometen, Ausgabe 107). Zahlreiche Sternfreunde begaben sich deshalb in südliche Gefilde, wo sich bessere Beobachtungsbedingungen boten. Hier die Aufnahmen und Zeichnungen, die mit mal mehr, mal weniger aufwändiger Ausrüstung erzielt werden konnten. Viel Spaß beim Betrachten! Die Redaktion

Abb. 1 (links): C/2001 Q4 (NEAT) am 12.5.2004 um 18:50 Ortszeit, Otto Guthier aus Heppenheim belichtete 13 Minuten mit einer Schmidt-Kamera 1:1,7 / 300 mm auf Kodak Technical Pan 6415 (hyp.), Beobachtungsort war die Farm Amani / Namibia. (Bildorientierung: Norden rechts)
Abb. 2 (unten): C/2001 Q4 (NEAT) am 14.5.2004 um 20:54 UT, 4 x 2 Minuten belichtet von Waldemar Skorupa mit einer Digitalkamera EOS 10D (Einstellung ISO 1600) an einem 135-mm-Objektiv (Canon-EF) bei Blende 4. Der Beobachtungsort lag in Südfrankreich. (Bildorientierung: Norden rechts unten)

Abb. 3 (oben): C/2001 Q4 (NEAT) am 10.5.2004 um 21:00 UT, Zeichner Christian Harder aus Fintel gelang an diesem Tag die erste Sichtung von Europa aus. Er beobachtete mit einem 10-Zoll-Newton bei V = 68x. Die Details beim ,,False Nucleus" erkannte er bei V = 187x.
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Abb. 4 (oben): C/2001 Q4 (NEAT) am 14.5.2004 um 21:07 UT, Thomas Payer in Essen belichtete mit einer ST6-CCD-Kamera 7 Einzelbilder mit je 40 Sekunden an einem 12,5-Zoll-Newton-Teleskop (f/5,7). Die Bildaddition erfolgte mit Astrometrica. Deutlich erkennbar ist die Schalenstruktur der inneren Koma. (Bildorientierung: Norden rechts)
Abb. 5 (rechts): C/2001 Q4 (NEAT) am 15.5.2004 beim Vorübergang an M 44. Es handelt sich um ein Mosaikbild aus 4 Frames, Bildausschnitt ca. 1,8 Grad x 4 Grad , aufgenommen mit einer ST-10 XME bei 400 mm Brennweite (Pentax SDUF2 Refraktor, 400 mm, f/4). LRGB-Bild, nachgeführt auf den Kometenkern, die Farbkanäle wurden mit Astronomik-Filtern (Typ 2) aufgenommen. Belichtung der einzelnen L-Frames jeweils 2 Minuten, der Farbkanäle jeweils 1 Minute. Beobachtungsort: IAS-Sternwarte in Namibia (www.ias-observatory.org). Bildautor: Andreas Masche. (Bildorientierung: Norden rechts)

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Abb. 6 (oben links): C/2001 Q4 (NEAT) am 15.5.2004, 20:29 bis 20:38 UT, Canon EOS 300D, Einstellung ISO 800, 10x30 Sekunden, APQ 130/1.000 mm, UVIR-Cut Filter, gestacked mit Registax 2.1.13.0 und etwas geschärft. Aufnahme von Gabriele Ackermann, Ditzingen. (Bildorientierung: Norden rechts) Abb. 7 (oben mitte): C/2001 Q4 (NEAT) am 15.5.2004, als er unmittelbar neben M 44 stand. Dazu wurden ca. 40 Einzelbilder mit einer Digitalkamera Canon Eos 300d mit GIOTTO gemittelt sowie kontrastverstärkt. Die Aufnahmebedingungen waren sehr schlecht, knapp über einem 300 Meter entfernten beleuchteten Industriekomplex. Objektiv Pentacon Six 300 mm bei Blende 4. Je Einzelbild 30 Sekunden belichtet. Bildautor: Josef Schäfer, Betzdorf/Sieg. (Bildorientierung: Norden rechts) Abb. 8 (oben rechts): C/2001 Q4 (NEAT) zieht an M 44 (Praesepe) vorbei, Aufnahme am 15.5. 2004 um 21:00 UT mit Kamera Pentax ME, Objektiv 50 mm (Blende 2,4) und 2fachTelekonverter, visuelle Grenzgröße ca. 3,5 mag (mitten in Köln), nachgeführt per ,,Piggy Back" auf einem 114-mmNewton-Teleskop, 3 Minuten belichtet auf Fujichrome ISO 100 Farbdiafilm, Bildautor: Wilfried Kohtz, Köln. (Bildorientierung: Norden oben rechts) Abb. 9 (rechts): C/2001 Q4 (NEAT) am 15.5.2004 um 21:46 (UT?), 90 Sekunden belichtet mit 10-Zoll-Newton-Teleskop (f/4,5) mit einer Digitalkamera Canon EOS 300D (Einstellung ISO 800), Einzelbild ohne Nachbearbeitung (nur Tonwertkorrektur). Bildautor: Klaus Weyer, Solingen. (Bildorientierung: Norden rechts)
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Abb. 10: C/2001 Q4 (NEAT) bei Sternhaufen M 44 am 15.5.2004, Objektiv Carl-Zeiss Jena Sonnar 300 mm (f/4), abgeblendet auf Blende 5,6, 6 Minuten belichtet auf Fujichrome ISO 400 Farbdiafilm, auf den Kometen nachgeführt mit Maksutov 100/1.000 mm (,,Russentonne") und Autoguider SBIG ST4. Aufnahmeort: Haan/Rheinland (diesiger Vorstadthimmel, der Komet stand genau über der Licht- und Dunstglocke von Düsseldorf). Bildautor: Stefan Ueberschaer, Erkrath/Hochdahl. (Bildorientierung: Norden rechts)
Abb. 11: C/2001 Q4 (NEAT) am 16.5.2004, LRGB-Mosaikbild aus 5 Frames (Bildausschnitt ca. 2,1 Grad x 6 Grad ), aufgenommen mit einer ST-10 XME bei 400 mm Brennweite (Pentax SDUF2 Refraktor, 400 mm, f/4), Farbkanäle mit Astronomik Filtern (Typ 2) aufgenommen, Belichtung der einzelnen L-Frames jeweils 2 Minuten, der Farbkanäle jeweils 1 Minute. Beobachtungsort: IAS-Sternwarte in Namibia (www.ias-observatory.org). Bildautor: Andreas Masche. (Bildorientierung: Norden rechts)
Abb. 12: C/2001 Q4 (NEAT) am 16.5.2004, 20:54 bis 21:02 UT und 21:04 bis 21:12 UT. Gesamtbelichtungszeit: 20 x 30 Sekunden, insgesamt 10 Minuten. Aufnahmeoptik: AstroPhysics Starfire EDFS 130 mm (f/6) mit Flat Field Corrector. Canon 10D Digitalkamera, Chipgröße 15,1 mm x 22,7 mm, Aufnahme im Raw-Modus, Einstellung ISO 800, Kalibrierung und Stacking mit der Software ImagesPlus 1.72. Glättung des Hintergrundes mit NeatImage 1.17. Bildautor: Bernd Koch, Sörth/ Westerwald. (Bildorientierung: Norden rechts)

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Ron Wodaski, The New CCD Astronomy
476 Seiten, durchgehend mit S/W-Grafiken und Bildern, New Astronomy Press 2002, ISBN 0-9711237-0-5

Die aktuelle Auswahl an Literatur zum Thema CCD beschäf-
tigt sich primär mit der Kameratechnik oder der anschlies-
senden Bildverarbeitung. Ron Wodaski konzentriert sich dagegen vor allem auf die Bildaufnahme, ohne aber die beiden zuvor genannten Bereiche zu vernachlässigen. Ziel eines jeden Astrofotografen sind gute Aufnahmen. Doch um dabei ein optimales Ergebnis zu erzielen, müssen die erforderlichen Bedingungen geschaffen werden. Neben einer aufeinander abgestimmten Ausrüstung ist aber auch das Können des Astrofotografen von entscheidender Bedeutung. Erste Probleme treten meist beim Fokussieren auf, weshalb der Autor sehr intensiv auf diesen Themenbereich eingeht. Neben der visuellen Beurteilung durch den Amateurastronomen können auch elektro-

nische Hilfsmittel benutzt werden. Einige CCD-Programme bieten spezielle Fokussiertools von der einfachen Analyse des aktuellen Bildes bis hin zur vollautomatischen Scharfeinstellung. Wodaski erklärt dabei nicht nur die Theorie, sondern stellt auch aktuelle Produkte vor. Ein weiteres Kapitel behandelt die während der Aufnahme erforderliche Nachführung, die in der Regel wegen der Ungenauigkeiten in der Hardware ständig korrigiert werden muss. Der Autor untersucht dabei die von den verschiedenen Kameraherstellern angebotenen Autoguider auf ihre Tauglichkeit und gibt dem Leser Hinweise zur Steigerung der Genauigkeit. Die angefertigten CCD-Aufnahmen können durch weitere Korrekturbilder wie Dunkelbilder und Flatfields verbessert werden. Ron Wodaski erklärt die Erfordernis solcher Korrekturbilder und beschreibt sehr detailliert deren Anfertigung und anschließende Verarbeitung im Computer. Für den fortgeschrittenen Astrofotografen wird ferner die Anfertigung von Farbaufnahmen behandelt. Mit entsprechenden Farbfiltern werden die Farbkanäle einzeln aufgenommen, die

nachher softwaremäßig zu einem Farbbild zusammengesetzt werden. Den Abschluss des Buches bildet eine Einführung in die Bildverarbeitung am PC. Objektbezogen gibt der Autor Tipps zur Bildverarbeitung mit CCD- und zu ,,normaler" Bildbearbeitungssoftware. Zusätzlich zum Buch erwirbt der Käufer die Möglichkeit, sich auf der Verlagshomepage diverse Tutorials anzusehen oder an einem Diskussionsforum mit dem Autor teilzunehmen. Ron Wodaski schafft es in seinem Buch, sein kompetentes Wissen leicht verständlich zu vermitteln. Dabei können auch erfahrene Astrofotografen von den vielen praxisnahen Tipps profitieren. Eine weitere Stärke des Buches ist die Verknüpfung von derzeit angebotener Hardware mit aktueller Software, die allerdings teilweise schnell veraltet sein wird. Leider beschränkt sich der Autor bei der Programmauswahl nur auf teure kommerzielle Produkte, obwohl der Freewaremarkt auch einiges zu bieten hat.
Stefan Ueberschaer

Ronald Stoyan, Fernrohr-Führerschein in 4 Schritten
126 Seiten mit 131 Bildern und Grafiken, 42 Tabellen, Oculum-Verlag, ISBN 3-9807540-4-9

Wer den Titel des Buches zum ersten Mal liest, stellt sich vielleicht die Frage: Braucht man jetzt schon für ein Fernrohr einen Führerschein? Nein, das ist natürlich nicht nötig. Aber für einen frisch gebackenen Fernrohrbesitzer ist es ratsam, eine Anleitung für die wichtigsten Schritte am Anfang zu haben. Dafür ist dieses Buch gedacht. Beim ersten Schritt (Fernrohr kennenlernen) wird auf die drei Komponenten Optik, Montierung und Stativ eingegangen. Es beschreibt die üblichen Amateuroptiken und welche Montierung für welche Anforderungen am praktischsten ist. Es wird ebenfalls erwähnt, welches Teleskopzubehör nötig und nützlich ist und welche Okulare man braucht. Es wird auch auf die Sonnenbeobachtung eingegangen und was man dabei unbedingt beachten sollte. Der zweite Schritt (die Fernrohrleistung ein-
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schätzen) erklärt, welche Leistungen bei den verschiedenen Teleskopen und Beobachtungsbedingungen zu erwarten sind. Einige wichtige Tipps zur Justierung und Optikpflege ergänzen dieses Kapitel. In Schritt drei (das Fernrohr benutzen) wird auf die richtige Vorbereitung zum Beobachten, der Beobachtungsplatz, das Aufbauen und Ausrichten des Instruments und verschiedene Tricks zum Aufsuchen der Objekte eingegangen. Auch auf die ,,Kunst", die Beobachtungen durch Zeichnen festzuhalten und das wichtigste zum Einstieg in die Astrofotografie kommt zur Sprache. Der vierte Schritt beinhaltet die Beobachtung von astronomischen Objekten. Man bekommt Tipps zur Mond-, Sonnen-, Planeten- und Kometenbeobachtung. Bei den Deep-Sky-Objekten sind die wichtigsten aufgeführt und zu jedem Objekt ist eine Zeichnung dabei, wie man

diese Objekte in einem kleinen Teleskop sieht. Da das Buch eine Spiralbindung hat, kann es leicht neben dem Teleskop verwendet werden. Im Anhang findet man noch Literaturhinweise. Das Buch ist für Einsteiger geschrieben, die sich erstmals ein Teleskop der unteren bis mittleren Preisklasse anschaffen. Der erfahrene Teleskopbesitzer wird in diesem Buch allerdings nicht viel Neues finden. Herbert Zellhuber

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