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Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 72

SONSTIGES/VDS
  1 Editorial (Melchert Sven)
  4 Hinweise zur Beitragsrechnung 2020 (GS/AK)
  5 Der Astronomietag 2020 (VdS-Geschäftsstelle)
  5 Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie (VdS-Geschäftsstelle)
  5 Mitgliedsbeiträge und Bezugskosten von "Sterne und Weltraum" (GS/AK)

SPT
  6 Beobachten mit kleiner Öffnung (Eversberg Thomas)
  6 Zum Schwerpunktthema (Pilz Uwe)
  8 Astroscan - ein Fernrohr für jede Gelegenheit (Wolfang Vollmann)
  9 Das 50er-Astrobinokular (Herbert Zellhuber)
  11 Solarigraphie (Pilz Uwe)
  14 Bau einer Lochkamera für Solarigraphie (Pilz Uwe)
  17 Die kleinste mögliche Öffnung - Beobachtung von Sonnenflecken mit bloßem Auge (Steffen Fritsche)
  20 40 Jahre Sonnenbeobachtung mit einem kleinen Refraktor (Andreas Viertel)
  24 Die Sonne mit kleiner Öffnung aus dem Weltraum (Heinz Hilbrecht)

SONSTIGES/VDS
  26 Sommersterne (Burkhard Frankenfeld)

SPT
  28 Mons Rümker - eine persönliche Entdeckungsreise (Robert Zebahl)
  29 Das Galaxienreich des Löwen mit 80 Millimeter (Güths Torsten)
  32 Zeichnungen offener Sternhaufen (Robert Zebahl)

SONSTIGES/VDS
  34 Inserentenverzeichnis (VdS-Geschäftsstelle)

SPT
  34 Beobachtung von Gasnebeln mit dem Fernglas (Pilz Uwe)
  36 Schülerbeobachtungen an einem kleinen Refraktor das Observatoriums Hoher List (Michael Geffert)
  40 Kometenbeobachtungen mit kleinen Fernrohren (Frank Wächter)
  43 Fotografie des relativistischen Jets von M 87 (Stefan Kunz)
  44 Die Perseus-Molekülwolke (Hans-Jürgen Mayer)
  45 Neue CMOS-Technik mit kleiner Öffnung (Kai-Oliver Detken)

KINDERSEITE
  49 Kinderseiten: "Haufenweise Sterne" (Peter Köchling)

AMATEURTELESKOPE/SELBSTBAU
  53 Ein "g‘scheiter" Refraktor 60/700 (Herbert Zellhuber)
  57 Eine Knicksäule für die Montierung ALT-5-ADN (Jürgen Dirrscherl)
  60 Eine einfache und praktische Dobson-Garage (Hermelingmeier Hubert)

SONSTIGES/VDS
  61 Tiefe Belichtung NGC 6946 (Markus Blauensteiner)

ASTROFOTOGRAFIE
  62 DeepSkyCamera-App für Android ("Michael Seeboerger- Weichselbaum")
  67 Zwei auf einen Streich (Manfred Mrotzek)

ASTRONOMISCHE VEREINIGUNGEN
  68 Ein halbes Jahrhundert Volkssternwarte Darmstadt e.V. (Wolfgang Grimm)
  71 Neuntes Norddeutsches Sternwartentreffen in Hermannsburg (Julia Bienert)

SONSTIGES/VDS
  73 Impressum (VdS-Geschäftsstelle)

ASTRONOMISCHE VEREINIGUNGEN
  74 Fünf Monde, ein Ringsystem und eine Rakete (Monika Müller)
  76 Erlebtes rund um den Astronomietag 2019 (Diverse)
  ATMOSPHäRISCHE ERSCHEINUNGEN
  80 Fichten- und Kiefernpollenkoronen 2018 - Beobachtungen und Simulationen, Teil 1 (Alexander Haußmann)
  ASTROPHYSIK & ALGORITHMEN
  82 Azimutale Kartenprojektionen (Pilz Uwe)

DEEP SKY
  85 Beobachtung Planetarischer Nebel mit 10- und 21-Zoll-Teleskopen (Mathias Sawo)
  88 Skyguide 2019 - 4 (Winter) ("Robert Zebahl Rene Merting")

SONSTIGES/VDS
  91 Raumstation vor dem Mond (Tim Lauenstein)

KLEINE PLANETEN
  92 Neues aus der FG Kleine Planeten (Lehmann Gerhard)
  93 Nummerierte Kleinplaneten in der MPCOrb.dat (Lehmann Gerhard)

SONSTIGES/VDS
  94 Mond trifft Jupiter (Manfred Kiau)

KLEINE PLANETEN
  95 Kosmische Begegnungen ("Klaus Hohmann Wolfgang Ries")

KOMETEN
  97 Auffallende Kometen des zweiten Quartals 2019 (Pilz Uwe)
  98 40 Jahre Kometenbeobachtung - 1000 Kometen sind nicht genug (Werner Hasubick)

METEORE
  102 Selbstbau einer automatisierten Meteo(r)-Himmelsüberwachung (Bernhard Suntinger)

PLANETEN
  106 Neue Planetenbilder (Riepe Peter)

RADIOASTRONOMIE
  108 Fotografie der Sonnenfinsternis am 2. Juli 2019 aus dem Mondorbit (Frank Theede)

STERNBEDECKUNGEN
  109 Die Fachgruppe Sternbedeckungen aktuell (Eberhard Bredner)
  110 Unsere erste streifende Sternbedeckung durch den Mond (Robert Zebahl)

NACHRICHTEN
  115 Wir begrüßen neue Mitglieder (Geschäftsstelle)
  116 Die 34. VdS-Tagung und Mitgliederversammlung (Gallus Astrid)
  122 Besuch der Dieterskirchener Sternwarte (Simon Wachter)

VDS-NOSTALGIE
  124 Das war‘n noch Zeiten, Folge 37 (Völker Peter)

VDS VOR ORT
  126 6. Norddeutsche Tagung der Planetenfotografen (NTP) in Bremervörde (Kai-Oliver Detken)

STERNBEDECKUNGEN
  128 Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 1. Quartal 2020 (Riedel Eberhard)

BEOBACHTERFORUM
  132 Astro-Trip zu den Malediven (Wolfram Fischer)
  133 Himmel und Erde (Stefan Binnnewies)
  134 Totale Sonnenfinsternis in Chile (Gabriele und Jörg Ackermann)
  135 Totale Sonnenfinsternis am südameikanischen Strand (Siegfried Bergthal)
  136 Totale Sonnenfinsternis in Argentinien (Kai-Oliver Detken)
  136 Eine informative Astronomie-App (Lutz Clausnitzer)

LESERBRIEF
  140 Endlich … oder: wenn zwei Dinge zusammen erscheinen! (Gerhard Herzog)
  140 Zum Thema Starlink-Satelliten (Robert Walkmann)

SERVICE
  141 Himmelsvorschau Januar - März 2020 (Melchert Sven, Celnik Werner E.)

REZENSION
  141 Vom Urknall bis zum Menschen - eine Kurzfassung (Steinicke Wolfgang)

VORSCHAU
  142 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen Januar bis April 2020 (WEC)

Textinhalt des Journals 72

Der Textinhalt dient zum Durchsuchen, zum Ausschneiden vorn Text und für internetgestützte Übersetzungs-Software. Der Text ist nicht formatiert, Bildunterschriften sind irgendwo im Text eingefügt.
Nach seiten suchen: str-f, dann für gerade Seitennummer z.B. 24 | , für ungerade | 79
Zum Lesen ist das Journal als pdf vorgesehen.



Nach Redaktionsschluss

Mitgliedsbeiträge und Bezugskosten von ,,Sterne und Weltraum"
von Sven Melchert, VdS-Vorsitzender

Die Mitgliederversammlung hat am 19. Oktober 2019 in Neunburg vorm Wald über die Beiträge beraten und beschlossen, dass die Mitgliedsbeiträge ab 2020 um 5 erhöht werden. Ausgenommen davon ist der ermäßigte Mitgliedsbeitrag für Schüler, Studenten und Auszubildende. Im Mitgliedsbeitrag ist der Bezug der Vereinszeitschrift ,,VdS-Journal für Astronomie" weiterhin enthalten.

Die Mitgliedsbeiträge für 2020 betragen:

Normalbeitrag Inland und EU

EUR

für Schüler, Studenten und Auszubildende EUR

für Sternfreunde außerhalb der EU

EUR

einmalige Aufnahmegebühr

EUR

40,00 25,00 45,00 7,00

VdS-Mitglieder können die monatlich erscheinende Zeitschrift ,,Sterne und Weltraum" zu deutlich ermäßigten Bezugs-

kosten über die VdS abonnieren. Mit der Ausgabe 5/2019 hat die Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH die

Preise für die Zeitschrift Sterne und Weltraum erhöht. VdS-Mitglieder zahlen erst ab dem Jahr 2020 etwas mehr: das Abo

Inland kostet statt aktuell 69,40 dann 70,20 , der ermäßigte Abopreis bleibt unverändert:

Abo Inland:

EUR 93,00 für VdS-Mitglieder:

EUR 70,20

Abo Inland ermäßigt:

EUR 69,60 für VdS-Mitglieder:

EUR 57,00

Abo Ausland:

EUR 101,40 für VdS-Mitglieder:

EUR 78,60

Abo Ausland ermäßigt: EUR 78,00 für VdS-Mitglieder:

EUR 65,40

Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie
Nachdem wir unser Schwerpunktthema für das Journal 73 ,,Automatisierte und Remote-Beobachtungen" abgeschlossen haben, möchten wir gerne auf unsere zukünftigen Schwerpunktthemen hinweisen:
,,Merkur und Merkurtransit" in Journal Nr. 74 Redaktionsschluss: 01.02.2020 Redakteur: Sven Melchert, sven.melchert@vds-astro.de
,,Infrarotastronomie" in Journal Nr. 75 Redaktionsschluss: 15.04.2020 Redakteure: Werner Celnik, werner.celnik@vds-astro.de Peter Riepe, redaktion-astrofotografie@vds-astro.de
Zur Gestaltung unserer Journale benötigen wir Beiträge der Mitglieder. Dies kann sowohl ein wissenschaftlich fundierter Artikel als auch ein einfaches Beobachtungserlebnis sein. Außerdem soll es möglichst regelmäßig eine Galerie von Fotografien und Zeichnungen geben. Wer nicht gerne schreibt, kann also auch auf diese Weise vertreten sein! Wir freuen uns über alle Einsendungen!
Beiträge sollen an die zuständigen Redakteure (siehe auch Liste der VdS-Fachgruppen-Redakteure) oder an die VdSGeschäftsstelle (Mail/Postadresse) geschickt werden. Vorher empfehlen wir, als Hilfestellung die Autorenhinweise zu nutzen (siehe www.vds-astro.de/index.php?id=307). Dort finden Sie in der rechten Randspalte auch einen Musterartikel als Vorbild und das Artikeldeckblatt zum Eintragen der wichtigsten Daten.
Mit dem Einsenden gibt jeder Autor gleichzeitig sein Einverständnis zum Abdruck im ,,VdS-Journal für Astronomie" und zur Veröffentlichung auf den Webseiten der VdS. Es besteht jedoch keine Veröffentlichungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter Form abzudrucken. Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion

Hinweise zur Beitragsrechnung
für das Kalenderjahr 2020
von Andreas Klug, VdS-Vorstand
Dieser Ausgabe des Journals ist wieder eine Beitragsrechnung beigefügt. Der Versand des Journals erfolgte in einer Fensterversandtasche, dabei diente das Adressfeld auf der Beitragsrechnung gleichzeitig dem Versand. Wer diese Hinweise liest, hat auch eine Beitragsrechnung erhalten.
Bitte gleichen Sie den Betrag der Beitragsrechnung möglichst umgehend aus. Soweit eine Lastschriftvollmacht vorliegt, ist dies auf der Rechnung vermerkt. Bei Zahlungen geben Sie bitte unbedingt Ihre Mitgliedsnummer an.
Bei SEPA-Überweisungen sind folgende Angaben notwendig: Sparkasse Starkenburg IBAN = DE79 5095 1469 0000 0117 45 BIC/SWIFT-Code = HELADEF1HEP
Sollen die Beiträge ab 2020 eingezogen werden, kann das Lastschriftverfahren vereinbart werden. Setzen Sie sich in diesem Fall bitte mit der Geschäftsstelle in Verbindung. Lastschrifteneinzüge werden dann schon für das Beitragsjahr 2020 ausgeführt.
Um die Beiträge in der Steuererklärung geltend zu machen, bedarf es keiner gesonderten Zuwendungsbestätigung. Bis zu einem Betrag (Beitrag/Spende) von nicht mehr als 200,00 EUR reicht der Zahlungsnachweis in Verbindung mit der auf der Beitragsrechnung abgedruckten Bestätigung.
Bei Fragen im Zusammenhang mit der Beitragszahlung können Sie sich direkt an mich wenden, am besten per E-Mail unter schatz meister@vds-astro.de. Bitte geben Sie dabei eine Telefonnummer an, da sich viele Fragen telefonisch schneller klären lassen.

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Nach Redaktionsschluss

Der Astronomietag 2020

Der Astronomietag findet in diesem Jahr am 28. März statt - wie immer ein Samstag und die Nacht, in der die Uhren auf Sommerzeit umgestellt werden. Passend zum Himmelsanblick lautet das Motto ,,Venus, Mond und die sieben Schwestern". Außerdem ruft der WWF an diesem Abend von 20:30 bis 21:30 Uhr zur weltweiten ,,Earth hour" auf: Vielerorts wird in dieser Stunde die Beleuchtung reduziert.
Was gibt es am Astronomietag zu sehen? Venus erreicht am 24. März ihre größte östliche Elongation von der Sonne. Sie ist strahlender Abendstern und kann bei sehr klarem Himmel bereits am nachmittäglichen Taghimmel aufgesucht werden. Am 27. März zeigt sich Venus exakt halb beleuchtet; das wird für Besucher ein echter ,,Hingucker", die Venus wie einen kleinen Halbmond im Teleskop zu sehen!

ger Vergrößerung zu bestaunen - und den Besuchern zu erläutern, wie es zustande kommt. Auf der hellen Mondsichel sind das Mare Crisium (,,Meer der Gefahren") und das Mare Fecunditatis (,,Meer der Fruchtbarkeit") als dunkle Gebiete auszumachen. Venus und Mond sind bereits in der Dämmerung sichtbar. Die Sonne geht etwa um 19 Uhr unter, gegen 19:30 Uhr machen sich neben Venus und Mond die ersten Sterne bemerkbar. Zu Beginn der Earth hour um 20:30 Uhr ist es astronomisch völlig dunkel. An sehr dunklen Orten ist vielleicht der Lichtkegel des Zodiakallichts zu erkennen. Wenn es dunkel wird, zeigen sich auch die im Motto genannten ,,sieben Schwestern" über Venus und Mond; gemeint ist natürlich der offene Sternhaufen der Plejaden im Sternbild Stier. Nach einem Besuch beim Siebengestirn sollten die benachbarten Hyaden rund um Aldebaran auch einen Blick wert sein.

ßen Hund. Auf dem Rückweg nach oben begegnen wir Prokyon im Kleinen Hund, bevor sich mit Kastor und Pollux das Wintersechseck schließt. Wer dann noch nicht genug von offenen Sternhaufen hat, kann anschließend die Praesepe im Krebs den Besuchern zeigen.
Die anderen hellen Planeten halten sich im Frühjahr am Morgenhimmel auf. Wer die Nacht durchhält oder früh aufsteht, kann Mars, Jupiter und Saturn in enger Nachbarschaft über dem südwestlichen Horizont begrüßen.
Auf unserer Seite www.astronomietag.de können Veranstaltungen eingetragen sowie Plakate und Broschüren bestellt werden.
Klaren Himmel und viel Erfolg zum Astronomietag!

Knapp sieben Grad - eine gute Handbreit - neben Venus schmückt die schmale Sichel des zunehmenden Mondes den abendlichen Himmelsanblick. Das ist eine gute Gelegenheit, um das aschgraue Licht des Mondes im Fernglas oder Fernrohr mit niedri-

Im Süden sind abends noch die Wintersternbilder mit ihren zahlreichen hellen Sternen zu sehen: weit oben funkelt Kapella im Fuhrmann, im Uhrzeigersinn folgt Aldebaran im Stier, darunter prangt Orion und noch etwas tiefer strahlt Sirius im Gro-

PS: Auf Wunsch der Sternwarten und Vereine wird am 24. Oktober ein zweiter Astronomietag stattfinden. Motto: ,,Die lange Nacht der Sterne" - mit Jupiter, Saturn und Mond am Abendhimmel - und Mars zehn Tage nach seiner Opposition als Highlight.

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Beobachten mit kleiner Öffnung

Zum Schwerpunktthema

Fast jeden Amateur erwischt irgendwann das Öffnungsfieber. Ein Instrument löst das nächste ab, jedes ist größer als der Vorgänger. Was dabei übersehen wird, sind die Leistungsfähigkeit und die Einsatzmöglichkeiten kleiner Optiken.
Die weit bekannten Entdeckungen der Vergangenheit sind fast ausnahmslos mit bescheidenen Optiken entstanden. Man denke an die Entdeckung der Jupitermonde (ein Zoll Öffnung), den Planeten Uranus (sechs Zoll Öffnung) und die Messierobjekte (vier Zoll Öffnung). Auch im 20. Jahrhundert wurden Himmelsobjekte mit überraschend kleinen Instrumenten entdeckt. Mein verstorbener Freund Fritz Gerber entdeckte 1964 einen Kometen mit einem 8 x 24-Fernglas!

Aber es geht ja nicht nur um Entdeckungen, sondern vor allem um Beobachtungsfreude und Teilhabe an astronomischen Ereignissen. Kleine Instrumente haben große Vorteile: Sie sind leicht transportabel, schnell aufgebaut und rasch ausgekühlt. Kurz: Sie sind in wenigen Momenten einsatzbereit. Sie sind damit ,,sozialverträglich", die Beobachtungen lassen sich mit einem Berufsalltag leicht vereinbaren.
Es ist technisch viel einfacher und überhaupt bezahlbar, ein kleines Instrument optisch nahezu perfekt zu fertigen. Große Instrumente enthalten in dieser Hinsicht immer Kompromisse: Zentrale Obstruktion, außeraxiale Bildfehler und Unzulänglichkeiten der Kollimation sind nur

einige. Der Blick in einen gut gefertigten kleinen Refraktor hat eine Ästhetik, die aus meiner Sicht von keinem anderen Instrument erreicht wird. Da hindurchzuschauen - das ist Beobachtungsfreude pur!
Das Thema Beobachten mit kleiner Öffnung war als Schwerpunktthema lange fällig. Ich freue mich, dass es so viele Zusendungen gab, die ganz unterschiedliche Gebiete unseres schönen Hobbys abdecken. Ich wünsche euch allen viel Freude bei der Lektüre.
Euer Uwe Pilz

Beobachten mit kleiner Öffnung
- zwei Irrtümer
von Thomas Eversberg

Je größer das Teleskop, desto besser - so hört man es immer wieder. Da wird von 20 cm Öffnung auf 30 cm aufgerüstet, was das Zeug hält, und irgendwann reichen auch 60 cm nicht mehr - ein Teleskop mit 70 cm Öffnung muss her. Habe ich so erlebt!
Dummerweise gibt es eine Untersuchung der Firma ZEISS. Demnach steigen die Kosten eines Profifernrohres mit der dritten bis vierten Potenz der Teleskopöffnung (Apertur). Verdopple ich also dessen Öffnung, muss ich für das größere Gerat etwa 8- bis 16-mal mehr zahlen als für das kleinere Gerät. Und das stimmt leider auch für Amateurfernrohre aus dem Handel. Will man also Licht sammeln oder angeben, wird man zwangsläufig arm. Wer Geld jedoch auch noch für andere Freuden des Lebens übrighaben möchte, sollte prüfen, ob ein größeres Teleskop überhaupt sinnvoll

ist oder ob man nicht mit seinem kleinen Gerät ebenso glücklich werden kann.
Bei diversen Gesprächen werde ich immer wieder mit zwei zentralen Argumenten für große Teleskope konfrontiert. A) Ein größerer Optikdurchmesser liefert ein höheres geometrisches Auflösungsvermögen und B) die optische Empfindlichkeit wächst glücklicherweise mit der Optikfläche, also quadratisch mit dem Durchmesser. Hört sich überzeugend an. Doch andererseits gibt es eben die Untersuchung der Firma ZEISS.
A) Mit einem größeren Teleskop kann man Objekte viel besser auflösen. Regelmäßig erlebe ich, wie Kolleginnen und Kollegen in der Praxis von einer deutlichen Verbesserung der geometrischen Auflösungsqualität berichten, nachdem sie

sich ein größeres und teureres Gerät angeschafft haben. Alles sei viel besser aufgelöst. Das geometrische Auflösungsvermögen einer Optik berechnet sich bei kleinen Winkeln zu
,
mit in Bogenmaß, die Wellenlänge in Metern und D die Teleskopöffnung in Metern. Wählt man nun = 500 Nanometer für grünes Licht, weil es im zentralen Bereich des optischen Spektrums liegt, so liefert ein 5-cm-Teleskop ein Auflösungsvermögen von rund 2,5 Bogensekunden. Für Öffnungen von 10 cm und 20 cm sind das etwa 1,25 und 0,62 Bogensekunden. Leider muss das Sternlicht jedoch durch die Erdatmosphäre und deren Seeing verschlechtert die Leistung aller Optiken. Das wiederum heißt, dass das in unseren Breiten typische Seeing von zwei Bogensekunden die geometrische

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Beobachten mit kleiner Öffnung

Abbildungsqualität ab einer Apertur von fünf bis zehn Zentimetern quasi ,,einfriert". Man kann nicht besser auflösen. Bei kurzzeitig besserer Luftruhe gilt das für etwas größere Aperturen bis etwa 20 Zentimeter, doch besser wird es nicht. Größere Teleskope können die geometrische Abbildungsqualität also prinzipiell nicht verbessern! Solange man keine Videokamera oder adaptiven Optiken einsetzt, die das Seeing eliminieren, ist es hinsichtlich des geometrischen Auflösungsvermögens egal, ob ich ein 20-cm- oder ein 200-cm-Teleskop einsetze.
B) Weil die Fläche einer Optik quadratisch mit ihrem Durchmesser ansteigt, sammelt ein doppelt so großes Teleskop gleich viermal mehr Licht und man sieht viermal schwächere Objekte. Richtig, die Teleskopöffnung ist hinsichtlich der maximal erreichbaren Magnituden entscheidend. In der obigen Aussage ist deren quadratische Skalierung jedoch falsch. Der entscheidende Parameter für die visuelle oder fotografische Empfindlichkeit ist nicht die reine Anzahl detektierter Photonen, sondern der erzielte Bildkontrast (das Signal-zu-Rausch-Verhältnis). Schwache Objekte müssen nicht nur erfasst werden, deren Signal darf darüber hinaus nicht in ,,flauen" Bildern geringen Kontrastes, also in deren Rauschen, untergehen. Voraussetzung für eindeutig identifizierbare Objekte ist ein hoher Kontrast. Und der hängt nicht von der Optikfläche, sondern leider nur von ihrem Durchmesser ab. Die Intensität eines Bildsignals hängt zwar linear von der Anzahl der einfallenden Photonen ab, das Lichtbzw. Photonenrauschen gemäß Photonenstatistik jedoch von der Wurzel aller einfallenden Lichtquanten. Als Konsequenz hängt der Kontrast, also das Verhältnis von Signal und Rauschen, von der Wurzel der Photonenzahl ab und somit von der Wurzel der Optikfläche. Und das wiederum ent-

spricht der Apertur. Die entsprechenden Proportionalitäten lauten daher:
mit der Lichtintensität S, dem Photonenrauschen N, der Photonenanzahl Ne, der Optikfläche A und der Apertur D. Wenn man also seine Apertur (also den Spiegeldurchmesser) verdoppelt, sieht man theoretisch nicht viermal schwächere Objekte, sondern nur zweimal schwächere. Und da sich zwei Magnituden etwa um den Helligkeitsfaktor 2,5 unterscheiden, kommt man zu dem ernüchternden Schluss, dass man für eine Magnitude irgendwas zwischen 15- und 40-mal mehr Geld ausgeben muss.
Das erscheint auf den ersten Blick ziemlich frustrierend, doch glücklicherweise kann man eine kleine Apertur durch längere Belichtungszeiten zwanglos kompensieren. Belichtungszeiten von vielen Stunden und Tagen sind durch die Addition vieler Aufnahmen heutzutage problemlos möglich und werden auch von einigen Amateuren spektakulär umgesetzt. Dabei kommen dann plötzlich Sternspuren von Gezeitenwechselwirkungen bei Galaxien oder schwache Außenbereiche Planetarischer Nebel zum Vorschein. Solche Objekte können mit extremen Belichtungszeiten aufgenommen werden, weil sich ihre sichtbare Struktur geometrisch und optisch in sehr viel größeren Zeitskalen verändert als z.B. die Belichtungszeiten von mehreren Wochen (z.B. zur Kompensation sehr kleiner Aperturen).
Nur wenn man sich zeitlich schnell ändernde Phänomene beobachten möchte, kommt man kaum um größere Teleskope herum. Ich beschäftige mich mit spektralen Veränderungen bei massereichen Sternen im Minutenbereich. Und das bei möglichst hohem Kontrast. In diesem Feld macht eine Vergrößerung der Öffnung einen physika-

1 Jupiter am 16. Juli 2019, 21:47 h UT
(während der Mondfinsternis). Instrument: 130-mm-Newton, f/5, Kamera ASI290MM im L-RGB-Modus. Es wurden 2000 Bilder je Kanal benutzt, die Belichtungszeit betrug je 10 ms. Bildautor: Volker Heinz
lischen Sinn und ich bezahle einen entsprechenden Preis für mein Seelenglück.
Daher ... ... reduziert sich die optische Überlegenheit großer Teleskope im Wesentlichen auf drei Punkte: a) die Qualität ihrer Optiken, b) eine effizientere Nutzung der Beobachtungszeit durch kürzere Belichtungszeiten und c) dem hervorragenden lokalen Seeing beim gleichzeitigen Einsatz adaptiver Techniken. Den ersten Punkt kann man vernachlässigen, weil Amateuroptiken mittlerweile beugungsbegrenzt hergestellt werden können. Außerdem stehen Amateure nicht unter einem Zeitdruck wie die Profis, so dass auch der zweite Punkt untergeordnet ist. Einzig der Einsatz adaptiver Optiken in der Spitzenforschung übertrifft Amateurbeobachtungen, dann jedoch erheblich. Es gibt für den Amateur also eigentlich nur wenige physikalische Gründe, sich mit einem großen Teleskop in extreme Unkosten zu stürzen.

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Beobachten mit kleiner Öffnung

1 Mein Astroscan auf dem Balkon, Bildautor: Wolfgang Vollmann

Astroscan - ein Fernrohr für jede Gelegenheit
von Wolfgang Vollmann

Im April 1986 sah ich im Schaufenster einer Wiener Fotohandlung ein merkwürdiges, rotes Fernrohr, dessen Form mich an eine Wackelpuppe erinnerte. Es war ein sog. Astroscan, ein Newton mit 105 mm Durchmesser und 445 mm Brennweite. Das Besondere war die Tubusform mit der Kugel am Ende, die in einer Halterung eine freie Beweglichkeit des Teleskops in allen Richtungen ermöglichte. Trotz all seiner Beschränkungen ist das Astroscan seither mein bei Weitem am häufigsten benutztes Fernrohr. Innerhalb weniger Sekunden auf einem Tisch, Fensterbrett, Balkongeländer, einer Parkbank, liegend auf einer Matte am Boden oder einfach im Arm gehalten einsatzbereit, begleitet es mich bei meinem Hobby seit 1986.
Seine Montierung ist sehr stabil und trotzdem leicht in alle Richtungen beweglich. Sogar einen Vorüberflug der Internationalen Raumstation ISS konnte ich damit bei 30-facher Vergrößerung verfolgen und sogar deren Form mit den Sonnenzellen-Paneelen dabei erkennen. Gleichzeitig ist die Montierung des Astroscan sehr leicht und bedarf lediglich einer stabilen Unterlage. Zum Anvisieren von Himmelsobjekten ist

ein Blechstück mit Visierlöchern sehr gut geeignet - es kann ja nicht über den Tubus visiert werden. Meistens benutze ich das Astroscan bei geringer Vergrößerung zwischen 15- und 25-fach. Damit bereitet das Auffinden von vielen Objekten kein Problem. Besonders oft benutze ich ein 24-mmWeitwinkelokular, das 19-fache Vergrößerung und ein Gesichtsfeld von drei Grad liefert. Für genauere Inspektionen ist auch ein 7-mm-Weitwinkelokular mit 64-facher Vergrößerung und etwas über einem Grad Feld nützlich. Das ist auch etwa die Obergrenze der Vergrößerung, bei der Montierung und Optik noch gut mithalten können.
Das Astroscan ist ein unkompliziertes Weitwinkelfernrohr. Besonders schön ist damit die Durchmusterung der Milchstraße möglich mit ihren Sternwolken, Sternhaufen, hellen und dunklen Nebeln unter dunklem Himmel. Hellere Kometen, möglichst mit Schweif, sind ebenfalls besonders gute Beobachtungsobjekte. Aber auch den Mond finde ich bei geringer Vergrößerung sehenswert, seien es seine großen Impakt-Strukturen der Maria, das Erdlicht, eine (totale) Mondfinsternis oder die Be-

deckung eines hellen Sterns. Selbst im Planetensystem gibt es mit dem Astroscan viel zu entdecken: die Phasen der Venus und des Merkur, ein paar klitzekleine dunkle Flecke auf Mars und seine Polkappen, die Äquatorstreifen auf Jupiter und seine vier hellen Galileischen Monde, der Ring des Saturns und sein Mond Titan, Uranus und Neptun usw.
Seit vielen Jahren beobachte ich damit auch den Lichtwechsel von veränderlichen Sternen. Das Astroscan erlaubt mir dabei sehr bequem, die Sterne zwischen 6. und 11. Größe zu beobachten. Sogar in IAU-Zirkulare haben es einige Astroscan-Beobachtungen von neu entdeckten Novae geschafft, so z.B. der Nova Cygni 2008 (V2491 Cygni) [1]. Für einige Beobachtungen sind natürlich größere (und damit sperrigere) Fernrohre notwendig. Ich möchte das Astroscan aber nicht missen und werde es auch in der Zukunft weiter verwenden.
Internetlink (Stand Oktober 2019): [1] http://adsabs.harvard.edu/
abs/2008IAUC.8935....2W bzw. www.cbat.eps.harvard.edu/ iauc/08900/08935.html

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Beobachten mit kleiner Öffnung

Das 50er-Astrobinokular
von Herbert Zellhuber

Mit einem gewöhnlichen Feldstecher lassen sich durchaus lohnende Himmelsbeobachtungen durchführen. Was mich daran aber immer stört, ist das Wackeln bei der Freihandbeobachtung. Man kann das Fernglas zwar an ein Fotostativ montieren, aber in Zenitnähe bleibt das lästige Einblickverhalten. Die Lösung wäre ein Instrument mit 90 Grad -Einblick. Allerdings muss auch das Bild aufrecht und seitenrichtig stehen. Übliche Zenitprismen scheiden deshalb aus, man benötigt dazu Dachkantprismen. Als ich solche Prismen auf einem Teleskoptreffen erstehen konnte, war der Entschluss gefasst: Ich baue mir aus 50-mm-Fernglasobjektiven ein kleines Astrobinokular! Das Zoom-Fernglas 8-20x50 benutze ich selten und wenn dann nur mit 8-facher Vergrößerung. Bei höherer Vergrößerung gehört das Fernglas auf ein Stativ und außerdem muss beim Zoomen laufend nachfokussiert werden, damit beide Seiten scharf zu sehen sind. Also schraubte ich die Objektive samt Fassung ab. Prinzipiell könnte ich das Fernglas also wieder verwenden, ich bräuchte nur die Objektive wieder anzuschrauben
Zuerst konstruierte ich die Fassungen für die Okulare und die Prismenhalter. Auf eine aufwändige Fokussiereinrichtung wollte ich verzichten, denn es sollte einfach durch

1 Das selbstgebaute 50er-Astrobinokular mit 90 Grad -Einblick.

Verschieben der Okulare scharf gestellt und mit einer Rändelschraube geklemmt werden. Alle hierfür notwendigen Teile stellte ich mit Hilfe meiner Drehbank mit Fräsaufsatz her. Da etliche Gewinde M2 zu fertigen waren, war Feingefühl beim Gewindeschneiden gefragt! Als die Halterungen fertig waren, wurde der exakte Lichtweg des Objektivs gemessen. Danach konnten die Hauptkörper aus grauem PVC-Kunststoff

hergestellt werden. Um den Augenabstand einstellen zu können, wird das rechte Teil seitlich verschoben und mit einer Rändelschraube geklemmt. Aus fünf Millimeter dicken Aluminiumplatten stellte ich eine azimutale Gabelmontierung her, die auf ein Fotostativ gesetzt wurde. Die Höhenlagerung wird in Teflonklötzchen geführt und mit kleinen Schräubchen kann der Andruck angepasst werden (Abb. 1).

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Journal für Astronomie Nr. 72 | 9

Beobachten mit kleiner Öffnung

2 Zur Aufbewahrung erhielt das Binokular noch ein kleines Köfferchen.

Sehr gespannt war ich auf den ersten Blick durchs Okular. Ob es wohl meinen Erwartungen entsprechen würde? Zuvor musste das Instrument aber noch sauber justiert werden, wobei mir das Chesire-Justierokular eine große Hilfe war. Dann testete ich bei Tag die verschiedenen Okulare. Mit dem 20-mm-Okular hat man eine Austrittspupille von fünf Millimetern. Bei einer Objektivbrennweite von 200 mm ergibt sich eine 10-fache Vergrößerung. Vor der Endmontage schwärzte ich die Innenseiten mit Schultafellack und den Hauptkörper kleidete ich mit schwarzem Tonpapier aus. Dann kam die erste Beobachtungsnacht: Um bei der Beobachtung sitzen zu können, benutzte ich einen einfachen CampingKlappstuhl. Je nach Einblickhöhe wird das Stativ in der Höhe verstellt. Als erstes peilte ich mit den 20-mm-Okularen die Andromedagalaxie an - was ein herrlicher Anblick! Wie viel entspannter ist es, wenn man absolut wackelfrei und ohne den Nacken zu strapazieren beobachten kann. Ein Schwenk zum offenen Doppelsternhaufen h & im Perseus, mit dem großen Sternhaufen Stock 2 begeisterte mich. Wie wohl der Nordamerikanebel im UHC-Filter aussehen würde? Ich schraubte die zwei Filter in die 26-mm-Okulare und ... mich haute es fast um! Waaahnsinn - dieser Anblick!

Der Nordamerikanebel stach förmlich ins Auge! Es war wahrlich ein Genuss, auch entlang der Milchstraße zu beobachten. Und die Plejaden ... Messier 33 ... Kembles Kaskade ... Leider war schon bald Schluss mit der Beobachtungsnacht, denn die Objektive beschlugen langsam aber sicher durch Tau.
Am nächsten Tag bastelte ich mir deshalb noch zwei Taukappen aus 0,35 Millimeter dicker Kunststofffolie, in die ich innen Veloursfolie klebte. Um das Instrument leichter ausrichten zu können, montierte ich noch einen Peiler. Dieser erinnert zwar an die Visiereinrichtung einer Schusswaffe - funktioniert aber recht gut, wenn Kimme und Korn mit einer Rotlichtlampe beleuchtet werden. Mittlerweile ist das 50er-Astrobinokular bei jeder meiner Beobachtungen dabei. Als der Große Wagen im Zenit stand, versuchte ich mich an M 108. Bei 10-facher Vergrößerung konnte ich sie mit M 97 sehen - wenn auch nur schwach. M 109 war ebenfalls schwierig. Ich versuchte deshalb eine höhere Vergrößerung - mit einem 10-mm-Okular erreichte ich immerhin knapp 20-fach ... Ha! Tatsächlich, sie war einwandfrei zu erkennen! Nun versuchte ich mich an den Galaxien in den Sternbildern Löwe und Jungfrau. Mit dieser

Öffnung stechen diese Objekte natürlich nicht direkt ins Auge, aber es sind immerhin mehr oder weniger kleine matschige Fleckchen. Auch die Sommermilchstraße im Sternbild Schütze hat einiges zu bieten. Besonderen Spaß macht es, die Milchstraße entlang zu fahren. Immer wieder begegnen einem bekannte Objekte wie der Lagunennebel, nördlich davon M 20 und M 21. Ein schönes Bild ergibt M 24, die große Sternwolke. Etwas oberhalb davon M 17 und M 16; links und rechts von M 24 die beiden Sternhaufen M 23 und M 25. Auch die Schildwolke mit M 11 und M 26 ist reizend. M 6 und M 7, oberhalb des Skorpionstachels, sind beide leicht zu finden.
Im Sternbild Schütze sind auch noch etliche andere Messier-Objekte, die ich alle mit diesem Gerät beobachten konnte. Das neue Binokular ist beim Beobachten immer mit dabei und ich bin oft erstaunt, welch schöne Beobachtungen mit diesem kleinen Instrument möglich sind. Mittlerweile habe ich auch ein passendes Köfferchen für die Aufbewahrung gefunden: Aus einem Schrott-Container fischte ich einen nagelneuen Schminkkoffer heraus. Das Binokular ist in einer Plastiktüte, daneben haben darin auch noch die Taukappen und zwei Okulare Platz (Abb. 2).

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Beobachten mit kleiner Öffnung

Solarigraphie
- Astronomie mit 0,5 Millimeter Öffnung
von Uwe Pilz

Solarigraphie ist die Aufzeichnung der scheinbaren Sonnenbahn im Jahreslauf mit Hilfe einer Lochkamera. Aufnahmemedium ist Schwarzweiß-Fotopapier (Vergrößerungspapier): also das lichtempfindliche Papier für die klassische SchwarzWeiß-Fotografie, kein Glanzpapier für das Ausdrucken digitaler Fotos. Dieses Material verfärbt sich bei Lichteinwirkung, wie das einfache Fotogramm in Abb. 1 zeigt. Es sind keine Chemikalien notwendig, nur das Papier selbst. In einem weiteren Aufsatz gebe ich Hinweise für den Bau von Kameras.
Die direkte lichtempfindliche Wirkung des Fotopapiers wird für die Aufnahme benutzt. Das Sonnenbild, was eine Lochkamera entwirft, ist hell genug, um eine sichtbare Spur darauf zu hinterlassen. Um den Lauf der Sonne zu verschiedenen Jahreszeiten aufzunehmen, muss viele Wochen lang belichtet werden, am günstigsten ist ein halbes Jahr zwischen zwei Sonnenwenden. Diese lange Belichtungszeit wird auch die Umgebung aufnehmen, nicht nur die Sonne selbst. Für rein astronomische Zwecke ist ein freier Blick zum Himmel sinnvoll, wie in Abb. 2 zu sehen. Ästhetisch sehr ansprechend ist es auch, die Umgebung in das Bild einzubeziehen.

1 Das Blatt lag für einige
Minuten auf einem Stück Fotopapier in der Sonne. Das Papier hat sich violett verfärbt und ein sogenanntes Fotogramm des Blattes hinterlassen.

Die Abb. 3 zeigt, was uns erwartet, wenn wir die Kamera nach einigen Wochen bis Monaten öffnen. Wie schon im Fotogramm zu erkennen: Das Schwarz-Weiß-Fotopapier ergibt ein farbiges Bild! Natürlich nicht in den Originalfarben. Das Fotopapier ist aber nach wie vor lichtempfindlich. Es darf nur kurz und bei sehr gedämpftem Licht betrachtet werden, und sollte ansonsten in einem lichtdichten Behältnis aufbewahrt werden. So ist es jahrelang haltbar.

Nach der Entnahme aus der Kamera ist das Bild zunächst stark gebogen und möglicherweise feucht. Es muss im Dunkeln

2 Ich habe drei Lochkameras mit Heißkleber an den Dachüberhang
meiner Gartenlaube geklebt, wodurch ein freier Blick zum Horizont (hier: Süden) gegeben ist.

Journal für Astronomie Nr. 72 | 11

Beobachten mit kleiner Öffnung

getrocknet und geglättet werden. Danach sollte man unbedingt eine Art ,,Sicherungskopie" anfertigen. Entweder durch Abfotografieren in gedämpften Licht, besser aber durch Einscannen. Das Scannen selbst belichtet das Bild zusätzlich, mehrere ScanVersuche führen zu einer Bildverschlechterung. Ich empfehle, den Scanner in einer Auflösung zu benutzen, in welcher er noch zügig und ohne zwischendrin zu stoppen arbeitet. Eine Vorschau habe ich vermieden, und die Anpassungen dann lieber am elektronischen Bild vorgenommen. Das Bild muss elektronisch horizontal gespiegelt werden, außerdem sollte es in ein Positiv umgewandelt werden. Man kann auch den Kontrast und die Sättigung erhöhen.

3 Solarigramm nach Osten, aufgenommen
in einer ,,Bonbondosenkamera". Das Bild ist seitenverkehrt. Im Bild sind kleine Beschädigungen des Fotopapiers zu erkennen.

Mit solchen Aufnahmen kann man den Sonnenstand im Verlauf der Jahreszeiten gut dokumentieren. Aufnahmen um die Sonnenwenden herum sind sehenswert oder aber ein gesamter Sonnenlauf, der sich über ein halbes Jahr erstreckt (Abb. 4). Es ist gut zu erkennen, dass im Winter ein schärferes Bild erreicht wird, weil der Lichtstrahl einen kürzeren Weg zurücklegt und sich die Beugung am Lochobjektiv weniger stark auswirkt.

4 Die Sonne zwischen zwei Sonnenwenden: Wintersonnenwende (links) und Sommer-
sonnenwende (rechts) wurde mit der hochwertigen Bonbondosenkamera aufgezeichnet, der gesamte Sonnenlauf mit einer primitiven Filmdosenkamera (Inset). Die Artefakte links und rechts oben im Filmdosenbild sind durch interne Reflexe entstanden.
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12 | Journal für Astronomie Nr. 72

Beobachten mit kleiner Öffnung

Ich habe versucht, die Solarigraphien chemisch zu fixieren, mit dem für diese Zwecke verwendeten Thiosulfat. Leider werden die Bilder dadurch sehr blass und sind weniger farbig. Aber sie werden dauerhaft lichtunempfindlich und können z.B. in einer Ausstellung gezeigt werden. Dennoch rate ich davon ab und empfehle für eine Ausstellung Kopien der Solarigraphien anzufertigen. Chemisch entwickelt werden dürfen die Bilder auf gar keinen Fall, das Ergebnis ist ein einheitlich tiefschwarzes Blatt.

Während der gesamten Belichtungszeit von mehreren Monaten muss die Kamera unverrückbar fest an einem Ort stehen. Das geht am einfachsten in der eigenen Wohnumgebung. Man kann Kameras auf die Außen-Fensterbretter kleben. Hierzu eignen sich Heißkleber oder sogenannte Power-Strip-Klebestreifen. Man kann aber auch versuchen, Kameras im öffentlichen Raum zu platzieren: Die Kameras sind billig, so dass man auch einen Verlust in Kauf nehmen kann. In Städten ist es sehr schwer, Orte zu finden, wo die Dosen über Monate unbehelligt stehen können. Sie sollten wirklich kaum zu sehen sein: Nicht nur Sicherheitsfirmen entdecken zylindrische Behälter schnell, auch Geocacher sind eine Gefahr.
Am unproblematischsten sind die sog. Filmdosenkameras zu handhaben. Sie sind sehr klein und leicht und können besser versteckt werden. Die Kamera von Abb. 5 habe ich mit Posterstrips an einer Eisenbahnbrücke befestigt. Diese Kamera hat ein halbes Jahr durchgehalten, einige andere gingen verloren. Es ist eine gute Idee, immer einmal nach unseren Döschen zu schauen. Mitunter findet man eine Kamera irgendwo herumliegen, für die sich schon jemand ,,interessiert" hat. Es ist auch zu erwägen, solche Kameras nicht viele Monate, sondern eventuell nur wenige Wochen oder gar Tage anzubringen. Vielleicht gelingt

5 Solarigraphie im öffentlichen Raum. Auf dem Bild sind interne Reflexionen zu erkennen.

dann sogar ein Solarigramm mit dem Brandenburger Tor oder dem Eifelturm im Bild!
In einem Solarigramm sind die Verschiebung der Auf- und Untergangspunkte sowie der Verlauf der Zenithöhe gut zu erkennen. Ein reizvolles Projekt ist es, Solarigramme verschiedener geografischer Breiten mit

derselben Kamera aufzunehmen. An den Extremstandorten Äquator und Nordpol genügt schon ein einziger Tag, um den dortigen, charakteristischen Sonnenlauf zu erfassen.
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Beobachten mit kleiner Öffnung

Bau einer Lochkamera für die Solarigraphie
von Uwe Pilz

Man kann Solarigraphie-Kameras aus jedem lichtdichten Behältnis herstellen, der Fantasie sind dabei wenig Grenzen gesetzt. Ich beschreibe hier eine ganz einfache Kamera aus einer Filmdose sowie eine aufwendigere Blechbüchsenkamera. Je größer die Kamera und je mehr Sorgfalt auf das Lochobjektiv gelegt wird, desto besser fallen die Ergebnisse aus.

1 Zubehör für eine Filmdosenkamera:
eine schwarze Dose, eine Pinnbrettnadel, eine Kerze und ein Stück Fotopapier

Filmdosen sind meist schwarz, es gibt aber auch transparente. Wir benötigen die lichtdichte Version (Abb. 1), und außerdem einiges, was sich in einem Haushalt leicht auffinden lässt. Das wichtigste Qualitätsmerkmal einer Lochkamera ist das Lochobjektiv. Es gibt Formeln, die in Abhängigkeit der Bildweite die Lochgröße beschreiben, welche die schärfste Abbildung ergibt. Im Falle einer Filmdose liegt die Brennweite bei ca. 40 Millimeter. Es ergibt sich ein Lochdurchmesser von etwa 0,2 Millimeter. Solch kleine Öffnungen sind mit Haushaltsmitteln nur sehr schwer in ordentlicher Qualität herzustellen. Nach meiner Erfahrung ist es wesentlich wichtiger, ein wirklich rundes Objektiv zu haben, als sklavisch die exakte Größe einzuhalten.
Anlass der Unschärfe ist die Beugung am Lochobjektiv, ausgefranste Löcher ergeben deutlich unscharfe Fotos. Für den ersten Schritt empfehle ich Löcher, welche mit einer Pinnwandnadel angefertigt werden. Der Lochdurchmesser beträgt ca. einen Millimeter. Das Loch kann direkt in die Filmdose gestochen werden. Einfach hineinstechen ist jedoch keine gute Idee, weil die Filmdose dann nach innen einen Grat aufweist, welcher die Lochdicke erhöht. Ich habe die Nadel vorher mit einem Teelicht erwärmt, das ging gut. Gelegentlich blieb außen geschmolzenes Material zurück, welches sich aber mit dem Fingernagel leicht entfernen ließ.

In die so vorbereitetete Dose kommt ein Stück Fotopapier der Größe 45x50 mm2 (Abb. 2). Die 45 Millimeter sind durch die Höhe der Dose bestimmt. In der anderen Richtung kann man auch größeres Papier einlegen - dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn man eine Filmdose mit einem hochwertigen Lochobjektiv versieht, wie es für die Blechdosenkamera beschrieben ist. Es wird dann ein größerer horizontaler Bildwinkel aufgenommen. Filmdosen sind wasserdicht, es genügt, den Deckel aufzudrücken und fertig ist die Kamera!
Die Sonnenbahn überstreicht während des Jahreslaufs einen sehr großen vertikalen Winkel. Um davon wirklich alles auf das Bild zu bekommen, ist es besser, das Loch im oberen Drittel der Dose anzu-

2 Bestückte Filmdosenkamera. Nur
noch den Deckel aufdrücken und sie ist gebrauchsfertig.
3 Zubehör für eine Blechdosenkamera:
Neben der Dose werden Alufolie von Teelichten, Schleifpapier, mattes schwarzes Papier und das Fotopapier benötigt. Auf dem schwarzen Papier liegt bereits das fertiggestellte Lochobjektiv.
bringen und nicht im Zentrum. Von der Landschaft wird dann entsprechend weniger wiedergegeben.
Blechdosenkameras baut man am besten aus Kaffeedosen. Die meisten besitzen einen Schnappverschluss-Deckel, welcher eine Gummidichtung hat. Man muss nur aufpassen, dass ein solcher Deckel auch wirklich lichtdicht ist. Nicht alle Kunststoffdeckel erfüllen diese Bedingung. Ich habe eine Bonbondose benutzt (Abb. 3), in welcher das Papier nicht so stark gebogen werden muss. In die Dose wird zunächst ein relativ großes Loch gebohrt. Wie ich schon bei der Filmdosenkamera erwähnte, habe ich dieses Loch im oberen Drittel angebracht. Das Fotopapier kommt dem Loch gegenüber. Da die Blechdose innen glänzt,

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Der Sternenhimmel
-- im Jahreslauf

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-- Im Jahr 2020 sind die Wandelsterne besonders schön zu sehen: Venus als glänzender Morgenund Abendstern. Mars kommt im Herbst in Erdnähe. Und am 21. Dezember ist ein ,,Weihnachtsstern" zu sehen, wenn sich Jupiter und Saturn sehr nah begegnen.

(C) Tjefferson / fotolia

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wird auf die Lochseite ein Bogen schwarzes Papier geklebt, der freilich auch einen Lichtdurchlass benötigt.

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Lochobjektive stelle ich immer aus der Aluminium-Folie her, in denen die Teelichte stecken. In die Alufolie steche ich mit einer Nähnadel ein Loch. Für Kaffeedosenkameras sind 0,4 Millimeter Lochdurchmesser ideal, und dieser lässt sich auch ohne allzu große Mühe erreichen. Beim Durchstechen entsteht ein Grat, der unbedingt mit Schleifpapier entfernt werden muss. Durch dieses Abschleifen wird das Loch ausgefranst und somit optisch minderwertig. Ich beseitige diese Fransen immer durch vorsichtiges Ausreiben mit der Nähnadel. Mit einer starken Lupe, einem Mikroskop oder einem Diaprojektor kann man die Güte der Lochobjektive beurteilen (Abb. 4).
Man kann auch die dünne Verpackungs-Alufolie für Lochobjektive nehmen - der Vorteil ist ein größerer erreichbarer Bildwinkel, der fast an 180 Grad herankommt. Allerdings ist diese Folie sehr fragil, or-

4 Lochobjektiv unter dem Mikroskop. Es ist ein Lineal mit im Bild, welches die
Abschätzung der Lochgröße erlaubt.

dentliche runde Löcher lassen sich nur schwer herstellen. Dennoch spricht auch einiges für diese Lösung: In Abb. 5 ist ein Solarigramm zu sehen, welches mit einem

Teelicht-Objektiv hergestellt wurde. Man erkennt, dass die Dicke des Materials den nutzbaren Bildwinkel begrenzt. Ein kleiner Riss in der Folie ließ ziemlich genau im Sü-

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Beobachten mit kleiner Öffnung

den etwas mehr Raum für die Sonnenbahn. Das Bild ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass Bäume als Bildinhalt schlecht geeignet sind: Sie bewegen sich und treiben aus und werden dadurch unscharf. Mit der dünnen Verpackungsfolie hat man die Sorgen mit dem Bildwinkel nicht, muss sich aber mit Löchern geringerer Abbildungsqualität zufrieden geben.
Das Lochobjektiv wird von außen mit Klebeband an der Kamera befestigt. Es ist empfehlenswert, dabei so wenig Alufolie wie möglich herausschauen zu lassen. Es gibt Berichte, wonach sich Vögel für das glänzende Stück interessieren und hineinhacken. Mir ist das noch nie passiert, aber es lohnt nicht, ein Risiko einzugehen.
6 Beschädigtes Solarigramm aus
einer Getränkedose. Belichtungszeit ein halbes Jahr nach Westen. Das Bild ist seitenverkehrt, wie es aus der Kamera kam.
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5 Solarigramm nach Süden
mit einer Blechdosenkamera. Das Loch war zu eng für den Himmelsausschnitt. Ein kleiner Riss am Rand des Loches führt zu einem Ausschnitt, wo die Sonnenbahn in größerer Höhe abgelichtet wird.

Nicht alle Blechdosen sind wasserdicht. Kaffeedosen sind es, meine Bonbondose habe ich mit Klebeband gesichert. Preisgünstig und leicht zu beschaffen sind Getränkedosen. Ich habe es nie geschafft, diese wirklich wasserdicht zu bekommen. Versucht habe ich das Aufkleben eines schwarzen Plastikdeckels mit Heißkleber oder schwarzem Klebeband. Manch anderen ist dies jedoch gelungen, so dass auch diese Variante einen Versuch wert ist. Das Fotopapier hält zwar Nässe aus, aber nicht monatelang. Abb. 6 zeigt ein stark beschädigtes Solarigramm aus einer Getränkedose. Die hellen Streifen im Bildzentrum sind übrigens keine Sonnenbahnen, sondern die Oberleitungen einer Eisenbahnstrecke.

Beobachten mit kleiner Öffnung

Die kleinste mögliche Öffnung
- Beobachtung von Sonnenflecken mit bloßem Auge
von Steffen Fritsche

Als ich vom Schwerpunktthema ,,Beobachten mit kleiner Öffnung" hörte, kam mir gleich das A-Netz der Fachgruppe Sonne der VdS in den Sinn. Was sollte eine kleinere Öffnung haben als das freie Auge selbst! Im A-Netz werden Beobachtungen von Sonnenflecken mit freiem Auge mit Hilfe eines geeigneten Schutzfilters gesammelt und ausgewertet. Man kann die bekannten SoFi-Brillen verwenden, einen vorhandenen Sonnenfilter für das Objektiv oder auch Schweißerschutzgläser mit mindestens DIN Schutzstufe 14 oder höher mit einseitiger Verspiegelung. Weitere Hilfsmittel werden nicht eingesetzt! Seit 1984 arbeiten Beobachter in diesem Netz zusammen, das weniger Aufwand nicht erfordern könnte. Ich habe meine Sonnenfilter gut verteilt zu Hause, im Auto, am Arbeitsplatz und in der Fototasche. Auch wenn ich es nicht schaffe, die Sonne mit meinem Fernrohr zu beobachten - ein Blick nur mit Filter geht immer! Bereits 2011 und 2013 wurde im VdS-Journal für Astronomie vom A-Netz berichtet ([2] und [3]). 21 Beobachter arbeiten derzeit zusammen und ermöglichen eine meist lückenlose Beobachtung der Sonne mit bloßem Auge. Dabei gibt jeder Beobachter für den entsprechenden Tag an, wie viele Flecken er (unter Zuhilfenahme des Filters) erkennen konnte. Diese Zahl wird ,,A" (für Auge) genannt. Wichtig sind nicht nur die Tage, an denen Flecken erkannt werden konnten, sondern auch die fleckenfreien Tage. Zum einen spielen sie eine wichtige Rolle bei der Ermittlung des Mittelwertes der AZahl für jeden Tag eines Jahres, zum anderen lässt sich die Sonnenaktivität auch an der Zahl der fleckenfreien Tage verfolgen.

Beobachtungsergebnisse Abbildung 1 zeigt die Ergebnisse des ANetzes seit 1984. Die breite Kurve entsteht durch Glättung der Monatsmittel nach der P-17-Methode (siehe [1]). Da im April und Mai 2019 jeweils ein Fleck einige Tage lang mit bloßem Auge sichtbar war, steigt dieses P-17-Mittel gerade wieder leicht an. Es wird auch dann noch steigen, wenn bis Ende 2021 keine Sonnenflecken mit bloßem Auge sichtbar sein sollten. Dieser Fall ist als

Prognose in Abb.1 gestrichelt dargestellt. Daher ergeben sich zwei mögliche Szenarien. Entweder ist das Minimum bereits im Sommer 2018 eingetreten, dann sollten in den nächsten Monaten wieder vermehrt Flecken mit bloßem Auge sichtbar werden. Gerade die Anstiege nach den vergangenen drei Minima verliefen immer recht steil. Da aktuell aber kaum Flecken des neuen Zyklus mit umgekehrter Polarität aufgetreten sind, halte ich diesen Fall für unwahrscheinlich.

1 Die Monatsmittel und das gleitende P-17-Mittel des A-Netzes von 1984 bis 2019.

Die Beobachter senden ihre Ergebnisse zur Auswertung am besten per E-Mail oder tragen die Werte selbst im Onlineformular auf der Webseite der Fachgruppe SONNE ein [4]. Man findet das Onlineformular unter Dateneingabe/A-Netz.

2 Vergleich der P-17-Mittel von Relativzahlnetz SONNE und A-Netz.

Journal für Astronomie Nr. 72 | 17

Beobachten mit kleiner Öffnung
3 Direkter Vergleich der Monatsmittel von SONNE und A-Netz.
Vermutlich wird die Aktivität weiter sehr niedrig ausfallen und das Minimum nicht vor dem Jahreswechsel 2019/20 eintreten. Das dürfte dazu führen, dass mit bloßem Auge weiterhin kaum Flecken sichtbar sein werden. Aber wie lange und wie tief wird das Minimum ausfallen? Das lässt sich auch mit bloßem Auge verfolgen, wenn man etwas Ausdauer für regelmäßige Beobachtungen hat und sich auch von einer fleckenfreien Sonne nicht entmutigen lässt.
5 Tagesmittel im A-Netz in Abhängigkeit der effektiven Fleckenfläche des größten
sichtbaren Flecks.
18 | Journal für Astronomie Nr. 72

Vergleicht man die Ergebnisse der Beobachtungen der Wolf 'schen Relativzahl des SONNE-Netzes mit denen des A-Netzes (Abb. 2), erkennt man die hervorragende Übereinstimmung. Da die Werte im A-Netz sehr klein sind, wurden sie einfach mit dem Faktor 100 multipliziert. Auch Abb. 3 stützt diese Übereinstimmung. Im direkten Vergleich der Monatsmittel beider Netze zeigt sich, dass auch bei kleinen Relativzahlen durchaus Sonnenflecken mit bloßem Auge sichtbar werden. Wie zu erwarten, gilt aber: Je höher das Monats-
4 Bestimmung der Fleckenfläche
mit ,,Sunmap 1.3".
mittel der Wolf 'schen Relativzahl, desto höher ist auch das Monatsmittel im A-Netz. Wegen dieser sehr guten Übereinstimmung sind auch Profiastronomen an unseren Ergebnissen interessiert. Es geht vor allem um die Rekonstruktion der Sonnenaktivität in vergangenen Jahrhunderten aus alten Sonnenbeobachtungen mit dem bloßem Auge. Bereits auf zwei Sonnetagungen konnten wir uns direkt mit Prof. R. Neuhäuser und M. Geymeier vom Astrophysikalischen Institut der Uni Jena darüber austauschen.

Beobachten mit kleiner Öffnung

6 Sonne am 10.05.2019
um 12:10 Uhr UT, OmniXLT127 mit Baader-Astrosolarfolie (fotografisch) und Canon EOS 700da, 26 x 1/4000 s, ISO 100. Bildautor: S. Fritsche, Köditz.

Aber wann werden Sonnenflecken für das bloße Auge eigentlich sichtbar? Dieser Frage wurde schon mehrfach nachgegangen, unter anderem in [1] und [5]. Danach liegt die Sichtbarkeitsgrenze im Mittel bei 30,,. Sie dürfte aber von vielen Faktoren abhängen, z.B. Wetterbedingungen, Visus des Beobachters, verwendeter Schutzfilter, Fläche und Form der Umbra und Penumbra usw.
Ich habe mit den Ergebnissen das A-Netzes versucht abzuschätzen, welche Fleckenfläche notwendig ist, damit der Fleck mit bloßem Auge sichtbar wird. Dazu verwendete ich die Software ,,Sunmap 1.3" von Ralph Pagenkopp [6] und wertete meine eigenen Sonnenaufnahmen seit dem Jahr 2017 aus (Abb. 4). Mit Sunmap lässt sich nicht nur die Position der Sonnenflecken bestimmen, sondern auch die Fleckenfläche in MH (Millionstel Hemisphäre). Nähere Angaben zu dieser Einheit findet man in [1]. Da die Software die perspektivische Verkürzung der Flecken in der Nähe des Sonnenrandes berücksichtigt, rechnete ich diese wieder heraus. Für die Sichtbarkeit des Flecks ist die scheinbare Fläche aus Richtung des Beobachters entscheidend. Abbildung 5 zeigt das Tagesmittel des A-Netzes in Abhängigkeit

dieser effektiven Fleckenfläche des größten sichtbaren Sonnenflecks. Es zeigt sich, dass die Fläche eines Sonnenflecks größer als 175 MH sein muss, damit er zumindest für einen Teil der Beobachter sichtbar ist.
Als Beispiel möchte ich genauer auf den Fleck eingehen, der am 10.05.2019 sichtbar war (Abb. 6). Mit Sunmap bestimmte ich die Fläche zu etwa 300 MH, nach der Korrektur wegen der perspektivischen Verkürzung ergaben sich effektiv noch 250 MH. An diesem Tag haben insgesamt 13 Beobachter die Sonne mit bloßem Auge angesehen und ihr Ergebnis an das A-Netz eingesendet. Sieben Beobachter erkannten den Fleck und meldeten A = 1. Sechs Beobachtern blieb der Fleck verborgen. Damit ergab sich ein Tagesmittel von 0,5 und der Fleck war relativ gut sichtbar, obwohl er in der Nähe der Sichtbarkeitsgrenze lag.
Die Beobachtungen im Rahmen des A-Netzes erfordern keinen großen Aufwand und lassen sich in jeder freien Minute schnell durchführen. Man benötigt nur ein geeignetes Schutzfilter. Wenn man dann regelmäßig beobachtet und auch bei nur selten sichtbaren Sonnenflecken im Minimum

dran bleibt, lassen sich in der Gruppe durch Mittelwertbildung erstaunliche Ergebnisse erzielen. Bei Interesse oder wenn Sie Fragen haben, so wenden Sie sich bitte an den Autor, am besten per E-Mail: a-netz@vds-sonne. de. Weitere Informationen findet man im Internet unter [4].
Literaturhinweise und Internetlinks (Stand 30.07.2019): [1] Reinsch, K.; Beck, R.; Hilbrecht, H.;
Völker, P., 1999: Die SONNE beobachten, Verlag Sterne und Weltraum, Heidelberg [2] Fritsche, S., 2011: Sonnenbeobachtung ohne großen Aufwand - das A-Netz, VdS-Journal für Astronomie 39, S. 14 [3] Fritsche, S., 2013: Sonnenbeobachtung mit bloßem Auge - das A-Netz, VdS-Journal für Astronomie 47, S. 7 [4] Website der Fachgruppe Sonne: www.vds-sonne.de [5] Keller, H. U. und Bulling, A., 1994: Der Heilbronner Sehtest, SONNE 71, S. 210- 213 [6] http://ralfpagenkopp.de/sunmap.html

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Beobachten mit kleiner Öffnung

40 Jahre Sonnenbeobachtung mit einem kleinen Refraktor
von Andreas Viertel

Mein allererstes Teleskop war 1977 die Zeiss-Jena-Basteloptik 50/540. In einem dickwandigen und mit Innenblenden ausgestatteten Plasterohr untergebracht (Abb. 1), zeigte es mir nach jahrelanger Beobachtung mit Ferngläsern die Objekte des Sonnensystems viel detailreicher. Ich wollte damit nicht nur spazieren schauen, sondern etwas Sinnvolles machen. Die Sonnenbeobachtung bot sich da förmlich an. Tagsüber findet sich immer mal eine Gelegenheit und man muss nicht am nächsten Tag unausgeschlafen zur Arbeit. Zum Gerät wurde noch Zubehör angeschafft: Zenitprisma, bessere Okulare (alle Zeiss Orthos), Objektivsonnenfilter, Eigenbau-Herschelkeil, T-Montierung mit Stativ. Damals war Zeiss das Normale, heute ist es ein Privileg!

Am 16.9.1978 begann ich mit dieser Ausrüstung meine möglichst täglichen Sonnenbeobachtungen im Weißlicht. Das mache ich auch heute noch mit dem gleichen Instrum entarium. Konstanz bei Teleskop, Okular und Dämpfungsmethode sind wichtig, wenn man eine Beobachtungsreihe sinnvoll auswerten möchte. Mittlerweile haben sich bei mir fast 7000 Beobachtungstage mit kleinen Sonnenzeichnungen angesammelt. Das sind zwei Körbe Papier! Erste Schritte zur Digitalisierung sind eingeleitet. Im Laufe der Zeit kamen zum kleinen Refraktor immer größere Instrumente hinzu. Warum aber das Festhalten am 50/540 für die Sonnenfleckenstatistik? Das Instrument hat mehrere Vorteile: - schneller Auf- und Abbau, Nutzung grö-
ßerer Wolkenlücken - das Teleskop muss selbst im Winter kaum
austemperieren - keine Überforderung durch zu viele De-
tails, ohne aber zu wenig zu zeigen - Transportabilität (hat jede Urlaubsreise
mitgemacht, lag manchmal wochenlang im Kofferraum) - wenig empfindlich gegen unruhige Luft

1 Teleskop aus der sog. Zeiss-Basteloptik 50/540

Natürlich zeigt das Teleskop weniger Details als größere Instrumente, aber jeder ernsthaft Interessierte weiß, dass es nicht auf eine möglichst genaue Übereinstimmung mit der internationalen Relativzahl ankommt, sondern auf die Konstanz des Korrekturfaktors zu dieser! Die Sonnenfleckenrelativzahl bestimmte ich nach der altbekannten Formel
R = k * (10 * g + f) Dabei ist g die Anzahl der Gruppen und f die Anzahl der Flecken. Will man seine Beobachtungen mit denen anderer Beobachter vergleichen, kommt der Korrekturfaktor k hinzu. Das lohnt sich aber nur für längere Beobachtungsreihen, für die tägliche Beobachtung macht es keinen Sinn.
Eine Auswertung nach täglichen Relativzahlen ergäbe eine wild gezackte Kurve, deshalb addiert man die Beobachtungen eines Monats und dividiert sie durch die Anzahl der Beobachtungstage. Das ist ein

Monatsmittel. Selbst diese ergäben bei der Auswertung noch viel zu wilde Zacken. Man muss also weiter mitteln.
International üblich ist ein 13-MonatsMittel, bei dem der erste und letzte Monat nur mit halbem Gewicht eingehen. So erhält man den Mittelwert für den siebenten Monat. Man ist also immer ein halbes Jahr hinter den aktuellen Werten zurück. Die Fachgruppe Sonne verwendet eine kompliziertere Mittelung über 17 Monate mit gleitender Gewichtung. Ich selbst habe auf Anregung des Meteorologen Franz Baur immer 9-er-Mittel verwendet, das sind ziemlich genau zehn Sonnenrotationen. Das 13-er-Mittel beinhaltet 14,5 Sonnenrotationen. Abb. 2 zeigt die Relativzahlen nach meinen Beobachtungen mit einem 9-er-Mittel. Sie zeigt die typischen Minima und Maxima mit ihren Eigenheiten. Etwas Besonderes ist der Anstieg im Jahr 1988, dem steilsten seit 300 Jahren!

20 | Journal für Astronomie Nr. 72

Beobachten mit kleiner Öffnung

2 Sonnenaktivität aus eigenen Beobachtungen 3 Sonnenaktivität, getrennt für die Nord- und Südhemisphäre

4 Flecken eines frischen Zyklus` entstehen in höheren heliographischen Breiten.

Eine separate Auswertung der SonnenNord- bzw. Südhemisphäre zeigt Abbildung 3. Man sieht sehr deutlich, dass die beiden Hemisphären im Verlaufe eines Zyklus fast immer unterschiedliche Aktivitäten zeigen. Doppelmaxima kommen z.B. durch die zeitverzögerten Maxima beider Hemisphä-

ren zustande. Auf meinen Zeichnungen kann ich auch Fleckenpositionen auf 2-3 Grad genau bestimmen. Allgemein bekannt ist, dass die ersten Flecken eines neuen Zyklus in höheren heliografischen Breiten (ca. 25 Grad -35 Grad ) entstehen als die letzten eines Zyklus (ca. 8 Grad -12 Grad ). Diese Entstehungsherde

wandern im Verlaufe eines Zyklus immer mehr in Richtung Äquator. Dadurch kann man gut die ersten Gruppen eines neuen Zyklus von denen des alten unterscheiden. Diese Wanderungskurve zeigt Abbildung 4.

Journal für Astronomie Nr. 72 | 21

Beobachten mit kleiner Öffnung

Ist man einmal so weit, kann man auch ein sogenanntes Schmetterlingsdiagramm erstellen. Dieses zeigt Abbildung 5 nach meinen Beobachtungen. Ein Millimeter waagerecht entspricht einer Sonnenrotation, ein Millimeter senkrecht einem Grad heliozentrischer Breite, und ein Punkt ist eine beobachtete Fleckengruppe. Kein Zyklus gleicht dem anderen! Mittels eines Fadenkreuz-Okulares und der Durchlaufmethode habe ich Hunderte Fleckendurchmesser und Gruppenausdehnungen gemessen, die längste Gruppe war 1991 eine mit 270.000 Kilometern, ein Einzelfleck des Jahres 1989 wurde mit über 85.000 Kilometer Durchmesser bestimmt.

In meinem angehäuften Beobachtungsmaterial steckt aber noch viel mehr. So konnte ich die Stellung der drei beobachteten Zyklen im ca. 80- bis 100-jährigen Gleißberg-Zyklus nachweisen. Im unmittelbar bevorstehenden Minimum des Gleißberg-Zyklus sollten beide Hemisphären etwa gleich aktiv sein, die nördlichen Gruppen aber etwas äquatornäher stehen. Außerdem sollte die Asymmetrie des Zyklus abnehmen. Der Anstieg zum Maximum erfolgt bekanntermaßen steiler als der Abstieg ins Minimum. Beides stimmt und ich kann dies mit meinen Beobachtungen bestätigen.

Meine Werte:

Zyklus
22 23 24

Asymmetrie des Maximums bei Phase 0,33 0,36 0,39 (vorläufig)

Zwei der drei Scheineffekte nach Gleißberg traten auch in meinen Beobachtungen deutlich heraus: 1. Auf der Osthemisphäre der Sonne ent-
stehen mehr Gruppen als auf der Westhemisphäre. Die Verhältnisse zeigt Tabelle 1. In den letzten 37 Jahren trat nach meinen Beobachtungen dieser Effekt nur in drei Jahren nicht auf, wobei das Jahr 1996 grenzwertig ist! 2. Am Ostrand kommen mehr Gruppen zum Vorschein, als am Westrand verschwinden. 3. Die Anzahl der Flecken und ihre Flächensumme sind auf der Osthemisphäre größer als auf der Westhemisphäre. Diesen Effekt habe ich noch nicht genauer untersucht. Ein guter Indikator für die Fleckenfläche wäre der CV-Wert nach Kjell Inge Malde [1]. Es gibt also noch einiges zu tun!
Was ich anderen Beobachtern ans Herz legen möchte: - Eine Gruppenzuordnung ohne genaue
Kenntnis der Himmelsrichtungen auf der Sonne ist so gut wie unmöglich. - Beobachtet man mit Zenitspiegel, muss man das bei der Auswertung berücksichtigen bzw. mit angeben! - Um eine Weißlichtaufnahme bzw. Zeichnung mit einem etwa zeitgleichen HaBild zu vergleichen, müssen beide auch gleich orientiert sein. Die Details in Ha weichen oftmals derart von denen im Weißlicht ab, dass man einen Vergleich nur mit genauer Kenntnis der Himmelsrichtungen anstellen kann. Norden sollte möglichst oben sein, Osten links. Alle

5 Schmetterlingsdiagramm aus eigenen
Beobachtungen
SDO- bzw. SOHO-Aufnahmen sind so orientiert.
Fazit: - Mein kleinstes Fernrohr hat die meiste
Arbeit geleistet (ohne dass ich die anderen Geräte missen möchte). - Neuentdeckungen auf der Sonne finden kaum statt, aber es gibt immer mal wieder Überraschendes und Beeindruckendes. - Die Verfolgung der Sonnenfleckenaktivität aus eigener Anschauung verschafft viel tiefere Einsichten in die Materie als nur gelegentlich Sonnenbilder anzusehen. - Sonnenbeobachtung ist am Tage möglich und passt besser zum menschlichen Biorhythmus. - Sonnenbeobachtung ist gesundheitlich unbedenklich.
Ich habe mein rechtes Auge insgesamt ca. 1500 Stunden der Sonne hinter Baaderfolie ND 5 (ca. 5%), Zeiss Objektivfilter (ca. 30%) und einem Eigenbau-Polarisationshelioskop ähnlich einem Herschelkeil (65%) ausgesetzt. Beim Augenarzt kommt es auf 80-100 % Sehschärfe und eine ganz geringe, im Alltag nur bei nächtlichen Autofahrten im Regen bemerkbare Linsentrübung, wie bei älteren Menschen nicht unüblich. Mein linkes Auge, mit dem ich nie die Sonne beobachtete, hat seinen Dienst vor einem Jahr ganz aufgegeben.

22 | Journal für Astronomie Nr. 72

Beobachten mit kleiner Öffnung

Tabelle 1

Beobachtete Entstehung von Fleckengruppen, getrennt nach Ost- und Westhemisphäre

n ist die Anzahl der Tage, an denen die Sonne beobachtet werden konnte.

Jahr

Ost

1981

37

1982

6

1983

17

1984

10

1985

10

1986

3

1987

19

1988

42

1989

143

1990

178

1991

94

1992

44

1993

38

1994

28

1995

13

1996

2

1997

17

1998

60

1999

55

2000

67

2001

48

2002

38

2003

49

2004

18

2005

19

2006

10

2007

7

2008

0

2009

2

2010

10

2011

48

2012

45

2013

28

2014

34

2015

29

2016

19

2017

8

Ost (%)

West

61,7

23

54,5

5

53,1

15

62,5

6

43,5

13

60,0

2

50,0

19

40,0

63

57,2

107

63,1

104

56,3

73

53,7

38

52,7

34

52,8

25

86,7

2

40,0

3

58,6

12

83,3

12

56,1

43

50,8

65

48,0

52

59,4

26

55,7

39

52,9

16

55,9

15

76,9

3

77,8

2

0

1

100

0

52,6

9

57,1

36

57,0

34

59,6

19

54,0

29

67,4

14

63,3

11

80,0

2

West (%)

n

38,3

99

45,5

51

46,9

75

37,5

100

56,3

135

40,0

105

50,0

176

60,0

173

42,8

204

36,9

192

43,7

207

46,3

186

47,2

247

47,2

233

13,3

169

60,0

166

41,4

228

16,7

248

43,9

208

49,2

213

52,0

182

40,6

148

44,3

190

47,1

191

44,1

205

23,1

222

22,2

179

100

171

0

189

47,4

165

42,9

234

43,0

236

40,4

156

46,0

229

32,6

213

36,7

187

20,0

157

Bedauerlich ist, dass die Sonnenbeobachtung im Weißlicht in den letzten Jahren gegenüber der Ha-Beobachtung stark ins Hintertreffen geraten ist. Man kann mit ihr eben keine schnellen Erfolge oder Aufmerksamkeit erreichen.

Aber sie erzieht zu Kontinuität und Systematik bei der Beobachtung. Sie ist das richtige für Leute wie mich, die ohne den täglichen Einsatz ihres Fernrohres nicht leben können!

Internethinweis (Stand: 15.11.2018): [1] CV - CLASSIFICATION VALUES
after Malde, the ultimate measure of Solar activity: www.cv-helios. net/cv_eng_1.html

Journal für Astronomie Nr. 72 | 23

Beobachten mit kleiner Öffnung

Die Sonne mit kleiner Öffnung
- aus dem Weltraum
von Heinz Hilbrecht

Sonnenbeobachter können gratis und in Echtzeit ein Weltraumteleskop mit kleiner Öffnung nutzen. Das ,,Solar Dynamics Observatory" (SDO) der NASA beobachtet seit 2010 mit Vierzöllern die komplette Sonne (Abb. 1). Für jeden erfassten Spektralbereich gibt es alle 10 bis 12 Sekunden ein Bild. Das sind rund 1,5 Terabyte an Daten, jeden Tag. Diese Bilder stehen via Internet öffentlich und frei (fast) in Echtzeit zur Verfügung. Sonnenbeobachter brauchen also kein eigenes Teleskop, wenn knappes Geld, fehlender Platz oder schlechte Beobachtungsbedingungen das verhindern (Abb. 2). So kommt die Sonne übrigens auch in die Schulen - mit vielen Möglichkeiten für Physik zum Selbermachen.

1 Das Solar Dynamics Observatory befindet sich in einem geosynchronen Orbit, mit perma-
nentem Blick auf die Sonne und Verbindung zur eigenen Bodenstation in den USA. Bild: NASA.

Für Amateurastronomen besonders interessant sind die Bilder des ,,Helioseismic and Magnetic Imagers" (HMI). Er zeigt die komplette Sonnenscheibe in einem Spektralbereich, der sie wie im ,,Weißlicht" im ganz normalen Teleskop erscheinen lässt. Die Auflösung beträgt 0,8 Bogensekunden pro Pixel bei 4096 Pixeln Kantenlänge der Bilder. Dazu erhält man im gleichen ZehnSekunden-Takt das Magnetogramm der ganzen Sonnenscheibe. Bilder im nahen Ultraviolett sind perfekt für Fackelgebiete. [1, 2, 3, 4]
Wozu brauchen Amateure dieses Observatorium? Im Prinzip für alles, was man mit dem eigenen Vierzöller auch tun kann - nur ohne Luftunruhe. Die Vergleichbarkeit mit Amateurgeräten ist eine große Stärke von SDO. Selten stört eine Sonnenfinsternis oder ein Wartungsintervall. Im Prinzip laufen die Teleskope 24 Stunden täglich, 365 Tage im Jahr.
In der Fachgruppe Sonne wird SDO intensiv genutzt, auch während der täglichen Beobachtung neben dem eigenen Teleskop. Schon bei der Bestimmung der Relativzahl

(Zählung der Sonnenflecken) ist die Unterscheidung von nahe beieinander stehenden Fleckengruppen nicht immer leicht. Gruppen werden aber mit dem Faktor zehn gewichtet, sie richtig zu erkennen ist also wichtig. Hier hilft das Magnetogramm entscheidend und bringt physikalische Gewissheit in die Klassifikation. Außerdem liefert das Magnetogramm einen wirklich tiefen Blick ins Teleskop, denn Sonnenflecken sind die sichtbaren Effekte der Magnetfelder in den aktiven Gebieten.
Sehr empfehlenswert sind die SDO-Bilder auch zum Training, wenn jemand ein wirklich guter Sonnenbeobachter werden will. Neben dem irdischen Teleskop kann jeder Computer, jedes Handy mit Internet-Verbindung das Vergleichsbild aus dem Weltraum liefern. Was sehe ich eigentlich in meinem Teleskop, was würde ich ohne Luftunruhe sehen? Dieser Abgleich schärft den Blick für die Wahrnehmung von Strukturen ungemein. Wir sehen mehr und sicherer mit dem eigenen Teleskop, wenn wir mit SDO unsere Wahrnehmung ,,kalibrieren".

Amateurastronomen können ihre eigenen Beobachtungen mit SDO auch hinterfragen: ,,Was sehe ich im Teleskop und was kann ich im Nachhinein mit dem SDOBild bestätigen?" Das ist eine spannende Schule für Beobachter, die einen gewissen Anspruch an sich haben und kritisch sein wollen.
Die Bilder aus dem Weltraum sind nicht durch Seeing gestört. Für die Arbeit am eigenen Teleskop liefert SDO deshalb eine wertvolle Referenz. Aus diesem Grund kann unsere Standardsoftware für Positionsbestimmungen auf der Sonne - ,,SunMap" programmiert von Ralf Pagenkopp (Hamburg) - auch SDO-HMI-Bilder vermessen [5].
Wir haben eigene Positionsfotos mit Ergebnissen aus SDO-Bildern verglichen [1]. Positionsfotos sind Doppelbelichtungen, die einzelnen Bilder sind nicht gestackt. Sonnenflecken sehen darauf aus wie in den schlimmsten Zeiten der Analog-Fotografie: völlig unscharfe Flecken, innen etwas dunkler. Sie wecken keinerlei Vertrauen in

24 | Journal für Astronomie Nr. 72

Beobachten mit kleiner Öffnung

ihren Wert für die Positionsbestimmung. Allerdings stellt sich heraus, dass die Luftunruhe sich an die physikalischen Regeln hält. Sie lässt Sonnenflecken in alle Richtungen wackeln und folgt dabei einer statistischen Verteilungsfunktion. Das dunkle Zentrum im verwaschenen Fleckenbild entspricht dem Schwerpunkt des Sonnenflecks, den wir vermessen wollen. Der Unterschied zwischen Positionsmessungen an SDO-Bildern und an Doppelbelichtungen mit einem kleinen Amateurteleskop liegt im Mittel bei 0,3 Grad in Länge und Breite auf der Sonne. Das ist ein sehr gutes Ergebnis. Der maximale Unterschied liegt bei 0,8 Grad auf der Sonne. Diese Genauigkeit mit einfach ,,abgeschossenen" Routine-Fotos lässt Positionsbestimmungen auf der Sonne zur Routine werden. Den Beweis hat der Vergleich mit SDO gebracht [6].

2 SDO hat auch den Merkurtransit am 9. Mai 2016 vollständig verfolgt. Den nächsten,
am 11. November 2019, konnten europäische Beobachter nur unvollständig und mit November-Wetterchancen sehen. Mit dem Weltraumteleskop ist das alles kein Problem. Bild: NASA/SDO/HMI.

Schulen brauchen für die Sonne keine Schulsternwarte, sondern Internet und SDO. Konkrete Messungen der Positionen, der Helligkeitsverläufe und Kontraste auf der Sonne liefern eine Physik zum Anfassen und zum Selbermachen. Software, Bilder

und professionelle Bildverarbeitung sind gratis und schülertauglich [6, 7].
Die FG Sonne denkt auch an die nachträgliche Auswertung der SDO-Bilder. Seit 2010 liegen dort nämlich die Daten des praktisch

kompletten Sonnenfleckenzyklus 24 vor. Wer sich für das Mitmachen interessiert, ist herzlich eingeladen. Es braucht nur einen Internet-Anschluss, das tägliche Einzelbild von SDO belegt im Jpeg-Format nur 2,5 Megabyte. Die Vorschläge und Kontak-

3 Der Autor an seinem Beobachtungs-
platz. Der Vierzöller auf der betonierten Säule ist bei durchschnittlichen Luftbedingungen für die Sonne ideal. Der rollbare Computerarbeitsplatz war einmal ein kleiner Küchentisch. Der Kasten und die Blende oben schützen vor der Sonne und verbessern den Kontrast auf dem Bildschirm. Das Magnetogramm von SDO kommt per WLAN. Unten ist Platz für den Okularkasten. Bildautor: Heinz Hilbrecht.
Journal für Astronomie Nr. 72 | 25

Beobachten mit kleiner Öffnung

te stehen auf der Webseite der Fachgruppe Sonne im Menü ,,SDO-Projekt" [8]. Für Diskussion, Planung und Fragen treffen wir uns im Internet-Forum, Unter-Forum ,,Sonne": forum.vdsastro.de .
Literatur- und Internethinweise (Stand: 31.07.2019): [1] Information zum SDO: www.nasa.
gov/pdf/417176main_SDO_Guide_ CMR.pdf [2] Echtzeit-Bilder vom SDO: sdo.gsfc. nasa.gov/data/ [3] Archivierte Bilder im jpeg-Format: sdo.gsfc.nasa.gov/assets/img/ browse/ [4] Videos vom Helioviewer: www.helioviewer.org/

[5] Die Software SunMap: http:// ralfpagenkopp.de/sunmap.html
[6] K.-P. Daub. H. Hilbrecht, 2017: ,,Positionsbestimmungen mit SunMap: Anwendungen und Genauigkeit", SONNE 140, Jg. 41, S. 19 (www.vds-sonne. de/Archiv/Sonne/so140.pdf)
[7] Die Software ImageJ/AstroImageJ ist gratis, erfüllt professionelle Standards und läuft auf allen Plattformen: imagej.nih.gov/ij/download.html und www.astro.louisville.edu/software/ astroimagej/
[8] Webseite der FG Sonne mit Informationen und Links für Beobachter: www.vds-sonne.de

Sommersterne

Bitte schenken Sie uns einige Minuten Ihrer wertvollen Zeit.
Unsere Frage: Wie stark hängt die Ermittlung der Relativzahl für die Sonnenaktivität vom einzelnen Beobachter ab? Auf der Webseite der FG Sonne - www.vds-sonne. de, Menü Themengebiete - SDO Projekt - finden Sie ein Sonnenbild von SDO. Dazu eine kurze Anleitung zur Bestimmung der Relativzahl und ein Web-Formular, damit Sie uns Ihre Ergebnisse gleich schicken können. Bitte machen Sie mit. Das Ergebnis könnte viele Fragen beantworten. Wir werden im VdS-Journal darüber berichten.
Impression

Die Milchstraße vom Schützen bis zum Adler über Ostwestfalen-Lippe; Kamera: Sony Alpha 6000, Objektiv Samyang f = 12 mm, Blende 2,4 und ISO 1600, Einzelaufnahme von 13 Sekunden Belichtungszeit, Bildautor: Burkhard Frankenfeld.
26 | Journal für Astronomie Nr. 72

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Beobachten mit kleiner Öffnung

Mons Rümker
- eine persönliche Entdeckungsreise
von Robert Zebahl

Am Abend des 17. Februar 2019 stand ich auf einem Gehweg in Leipzig und erkundete mit Freude den Mond. Ich nutzte für meine Beobachtung einen Zeiss-Telementor (63/840 mm) bei Vergrößerungen zwischen 65-fach und 93-fach. Neben Vallis Schröteri fiel mir inmitten des Ozeans der Stürme (Oceanus Procellarum) eine Struktur auf, welche mein Interesse weckte. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht genau, um was es sich handelte. Lediglich der Name, Mons Rümker, war mir bekannt. Dennoch zückte ich meinen Bleistift und begann zu zeichnen. Nachdem ich die Zeichnung fertiggestellt hatte, war ich doch recht überrascht davon, was ich alles zu Papier gebracht hatte, denn ein kurzer Blick durch das Okular zeigte weit weniger Details. Ich verbrachte an diesem Abend insgesamt fast eine Stunde auf dem Mond und ging danach zufrieden nach Hause.

Mons Rümker, ein Vulkanberg weitab von markanten Kratern auf der westlichen Seite des Mondes, ist ein Bergmassiv, welches bis zu 1100 Meter über die Mondebene herausragt und eine Ausdehnung von fast 70 Kilometer erreicht. Er wurde nach dem deutschen Astronomen Karl Rümker (17881862) benannt. Es handelt sich dabei nicht nur um einen einzelnen Berg, sondern auch um gut 30 kleinere Dome. Besonders in lavaüberfluteten Mondgebieten treten solche Dome auf, welche vulkanischen Ursprungs und mit irdischen Schildvulkanen vergleichbar sind. Da es sich meist um Erhebungen von vergleichsweise geringer Höhe handelt, ist die visuelle Beobachtung etwas schwieriger, da sie sich nur mit wenig Kontrast zeigen. Es empfiehlt sich daher, in der Nähe des Terminators zu beobachten.

1 Mons Rümker, gezeichnet am 63-mm-Refraktor, V = 93-fach.

Doch selbst mit so kleiner Öffnung offenbart uns der Mond ein Stück seiner Entstehungsgeschichte und zeigt, dass er vor langer Zeit ein sehr aktiver Begleiter der Erde war.

28 | Journal für Astronomie Nr. 72

Beobachten mit kleiner Öffnung

Das Galaxienreich des Löwen mit 80 Millimeter
von Torsten Güths

Die gern von Sternfreunden verbreitete Einstellung, dass eine Öffnung von 80 Millimeter nicht für Deep-Sky Beobachtungen taugt, ist widersprüchlich. Zum einen streben zwar viele nach Teleskopen mit großen Öffnungen jenseits von 20 Zentimeter, die detaillierte Sichtungen einer Vielzahl von Objekten zulassen, zum anderen werden Ferngläser schon mit Öffnungen von 50 Millimeter als für die Astronomie tauglich angeboten.
Letztlich ist die Deep-Sky-Beobachtung abhängig von der Dunkelheit und Transparenz des Himmels sowie der verwendeten Objektivöffnung, Vergrößerung und der Qualität des Instruments. Die Übergänge sind hier fließend und es wächst mit zunehmender Öffnung und Himmelsqualität die Anzahl erkennbarer Objekte und bei vielen davon lassen sich mit größerer Öffnung auch mehr Strukturen erkennen. Eine pauschale Angabe von Grenzen für die DeepSky-Eignung, wie den Durchmesser einer Optik oder die Dunkelheit eines Beobachtungsstandorts, ist daher nicht sinnvoll.

Ursprünglich wollte ich auch den Zugewinn an Details durch die Beobachtung in einer weniger lichtverschmutzten Gegend (Taunus) beschreiben, doch waren in den zwei Nächten, in denen diese Beschreibungen entstanden, die Bedingungen dort derart, dass der Taunus zwar deutlich dunkler, die Atmosphäre jedoch weniger transparent war, so dass die Eindrücke durch das Teleskop einen nur geringen Zugewinn erbrachten.
So wirkten die Angaben des SQM-L in dieser zweiten Nacht zwar optimistisch: 20,7 mag/arcsec2 in Richtung des Löwen und

21,1 mag/arcsec2 im Zenit, die schlechtere Transparenz blockte das Licht der fernen Galaxien jedoch ab.
Beginnen möchte ich mit den hellsten Klassikern im östlichen Teil des Löwen, den Messiergalaxien M 65 und M 66. Sie befinden sich östlich einer kleinen Dreierkette von Sternen, die mit 5,3 bis 6,8 mag Helligkeit im 6x30-Sucher gut sichtbar sind. Die auffallendere von beiden ist M 66, die mit ihrem helleren ovalen Zentrum und einem 9,8 mag hellen Vordergrundstern am Rand sowie drei weiteren Sternen von rund 11 mag Helligkeit auch für ein 80-Millime-

Für die im Folgenden beschriebenen Beobachtungen wurde ein einfacher achromatischer Refraktor mit 80 Millimeter Öffnung und 600 Millimeter Brennweite verwendet. Als Okulare kamen Plössl (28 mm/15 mm) und auch Televue Nagler (16 mm/11 mm/ 7 mm) zum Einsatz.

Ich führte meine Beobachtungen am 28. und 30. April 2019 durch. Zum einen vom heimischen Balkon (in der Nähe von zwei Kleinstädten) aus, zum anderen aus dem Taunus. In der ersten Nacht auf dem Balkon ermittelte das SQM-L in Richtung des halbhoch stehenden Sternbild Löwen 20,2 mag/ arcsec2 und im Zenit 20,6 mag/arcsec2. Leider hellt im Süden die 35 Kilometer entfernte Großstadt Frankfurt am Main den Himmel stark auf. Der Eindruck entspricht ungefähr Bortle 5. [1]

1 Das Löwentriplett im 80-mm-Fernrohr bei 55-facher Vergrößerung
(Norden ist oben, Westen ist links). Sterne bis 11,3 mag sind erreichbar.

Journal für Astronomie Nr. 72 | 29

Beobachten mit kleiner Öffnung

lerdings war unter diesen Sichtbedingungen NGC 3810 erst mit höheren Vergrößerungen ab 50-fach erkennbar. Das Objekt bleibt jedoch eine strukturlose und sehr lichtschwache Aufhellung ohne Zentrum.

Ungefähr halbwegs zwischen Regulus und Theta Leonis stoßen wir auf einen mit 5,5 mag gerade so mit bloßen Augen sichtbaren Stern, von dem 1,5 Grad südlich die Gruppe M 105 mit NGC 3384 und NGC 3389 liegt. Die 37 Millionen Lichtjahre weit entfernte M 105 bildet mit der 10 mag hellen NGC 3384 ein hübsches Nebelpärchen ein halbes Grad östlich des 7 mag hellen Sterns SAO 99280. Auch in der Realität liegen diese beiden Galaxien beieinander. Leider blieb die doppelt so weit entfernte und 11,9 mag lichtschwache NGC 3389 im 80-Millimeter-Fernrohr unsichtbar.

2 Vier Galaxien gleichzeitig im Sichtfeld bei 38-facher Vergrößerung im Weitwinkelokular
(Norden ist oben, Westen ist links).

ter-Fernrohr eine attraktive Erscheinung darstellt. M 65 ist ebenfalls gut erkennbar, besitzt allerdings ein weniger ausgeprägtes Zentrum. Beide Galaxien sind längliche Objekte und befinden sich in gut 30 Millionen Lichtjahren Entfernung von uns. Die Helligkeit für M 66 beträgt 8,9 mag und für M 65 9,3 mag.
M 65 und M 66 bilden mit der 0,5 Grad nördlicher gelegenen NGC 3628 das LeoTriplett. Die zwar immerhin 9,6 mag helle, aber stärker ausgedehnte Edge-On (Kantenlage) Galaxie NGC 3628 ist sehr lichtschwach und war bei 21-facher Vergrößerung unter diesen Bedingungen nicht erkennbar. Erst ab 40-facher Vergrößerung zeigte sie sich als geisterhafte Aufhellung, die bei 55-fach eine deutlich längliche Form annahm.

Obwohl sie mit 9,6 mag nicht so viel lichtschwächer als M 65/66 ist, verteilt sich ihr Licht auf eine größere Fläche, was die Sichtbarkeit erschwert (Abb. 1).
NGC 3593 liegt nur 20 Bogenminuten westlich des mittleren Sterns der SternenDreierkette und benötigte schon 55-fache Vergrößerung für eine Sichtung. Sie bildet eine kleine Raute mit drei weiteren Sternen, ist rund 11 mag hell und 24 Millionen Lichtjahre entfernt.
Die rund 10,6 mag helle und nur ein bis zwei Bogenminuten durchmessende Galaxie NGC 3810 befindet sich 80 Bogenminuten östlich eines kleinen Dreiecks aus 6,5 mag hellen Sternen, das sich wiederum 4,5 Grad südöstlich des Löwentripletts aufhält. Im 28-Millimeter-Plössl sind das Dreieck und die Galaxie im gleichen Sichtfeld. Al-

Bewegen wir das Teleskop ein knappes Grad südlich des Sterns SAO 99280, so treffen wir auf die Galaxie M 96, die uns als rundliches Nebelchen mit zentraler Aufhellung aus 36 Millionen Lichtjahren entgegenglimmt.
M 95 befindet sich nur weitere 40 Bogenminuten westlich, ist weniger leicht erkennbar als M 96 und ohne zentrale Aufhellung im 80-Millimeter-Refraktor bei 55-facher Vergrößerung.
In einem 16-Millimeter-Nagler erscheinen bei 38-fach alle vier Galaxien in einem Sichtfeld. Ein wunderschöner Anblick von Licht aus vielen Millionen Lichtjahren Distanz (Abb. 2)!
Abschließen möchte ich mit dem bekannten Doppelstern Algieba (Gamma Leonis), der aus zwei Komponenten besteht, die 2,2 und 3,5 mag hell sind und ihr Licht aus rund 125 Lichtjahren Distanz zu uns schicken. Derzeit sind die Sterne 4,7 Bogensekunden getrennt. Ihre Umlaufzeit beträgt

30 | Journal für Astronomie Nr. 72

Beobachten mit kleiner Öffnung

Tabelle 1
Objekt
NGC 3190 NGC 3193 NGC 3227 NGC 3593 NGC 3810 NGC 3628 NGC 3623 NGC 3627 NGC 3351 NGC 3368 NGC 3379 NGC 3384

MessierNr.
M 65 M 66 M 95 M 96 M 105

Tabelle der Objekte

Größe [Bogenminuten]

Helligkeit [mag]

Flächenhelligkeit [mag/Quadratbogensekunde]

4,1 x 1,6

11,2

13,0

2,5 x 2,5

10,9

12,7

6,9 x 5,4

10,3

14,1

5,3 x 2,2

10,9

13,4

3,8 x 2,6

10,8

13,1

14 x 4

9,5

13,7

8,7 x 2,2

9,3

12,4

8,2 x 3,9

8,9

12,5

7,8 x 4,6

9,7

13,5

6,9 x 4,6

9,2

12,9

3,9 x 3,9

9,3

12,1

5,5 x 2,9

9,9

12,8

Sichtbarkeit im Text beschrieben
mittel ,,übersehen" schwierig schwierig schwierig schwierig leicht leicht mittel mittel leicht leicht

rund 500 Jahre. Ab 55-facher Vergrößerung war Algieba als schönes gelbliches Sternenpaar trennbar. Bei 85-fach waren zwei Airyscheibchen durch eine deutliche Lücke getrennt. Algieba führt uns auch zu den nächsten Galaxien.
NGC 3227 liegt nur 50 Bogenminuten östlich von Algieba, 10,4 mag in 48 Millionen Lichtjahren Entfernung. Idealerweise sollte eine Vergrößerung so hoch sein, dass man Algieba aus dem Gesichtsfeld bekommt, damit sein helles Licht nicht mehr blendet oder eine Streuung im Okular erzeugt.
Hickson 44 ist eine kleine Gruppe bestehend aus vier Galaxien in rund 50-60 Millionen Lichtjahren Entfernung und liegt leicht aufspürbar halbwegs zwischen Algieba und Zeta Leonis südlich zweier im Sucher sichtbarer Sterne von 7,6 mag Helligkeit.
Erkannt habe ich davon nur die 11,9 mag schwache NGC 3190, aber nicht die in etwa gleich helle NGC 3193.

Da ich für dieses Objekt keine Karte verwendete (,,Ich kenne ja dieses Objekt in größeren Instrumenten ..."), allerdings nicht die Beobachtung im aufrechten und seitenverkehrten Bild des lichtschwächeren Refraktors gewohnt war, habe ich fälschlicherweise NGC 3193 bei dem 7,6 mag hellen Stern SAO 81276 gesucht anstatt beim 9,6 mag hellen SAO 81279. Somit übersah ich sie vermutlich. Das möge den geneigten Leser aber motivieren, es selbst mit einem kleinen Instrument zu versuchen - allerdings mit einer besseren Vorbereitung, als ich es tat.
Viel Spaß bei der Tour durch das Galaxienreich des Löwen!
Literaturhinweise: [1] Sky & Telescope, Januar 2001 [2] Galaxienhelligkeiten entnommen aus:
The Deep Sky Field Guide to Uranometria 2000.0, Willmann-Bell Inc., 1993 [3] Sternhelligkeiten entnommen aus der Software ,,The Sky IV"


Beobachten mit kleiner Öffnung

Zeichnungen offener Sternhaufen
von Robert Zebahl

1 M 45, Plejaden, gezeichnet am 55-mm-Refraktor, V = 25x
32 | Journal für Astronomie Nr. 72

Offene Sternhaufen sind neben Galaxien und Gasnebeln ein beliebtes Ziel und vor allem für Stadtbeobachter oder Besitzer kleinerer Teleskope sehr empfehlenswerte Beobachtungsobjekte. Natürlich gibt es auch hier einige herausfordernde Ziele, doch finden sich über das Jahr hinweg genügend helle Sternhaufen, die man ausgiebig am Okular studieren kann. Auch wenn die Brillanz unter einem aufgehellten Himmel etwas leidet, lohnt sich ein Blick immer. Als ich mit dem Zeichnen von DeepskyObjekten begonnen hatte, standen irgendwann auch Sternhaufen auf meiner Liste. Rein technisch betrachtet ist das Zeichnen von offenen Sternhaufen recht einfach: Man muss einfach verschieden starke Punkte auf das Papier bringen. Die größte Schwierigkeit besteht nur darin, die richtigen Positionen der Sterne zueinander zu zeichnen. Ich empfehle, mit helleren Sternen anzufangen, die in größerem Abstand zueinander stehen. Ein gut gespitzter Bleistift mit einer schönen, runden Mine ist hilfreich, damit die Sterne auch halbwegs rund bleiben.
Mein erster Blick auf den Doppelsternhaufen im Perseus (NGC 869 und NGC 884) aus Leipzig heraus (Bortle 6, Grenzgröße ca. 5 mag) durch einen kleinen Refraktor mit 55 Millimeter Öffnung zeigte bereits so viele, feine Sterne, dass ich mich bis heute scheute, diesen zu zeichnen. Unter einem dunklen Landhimmel mit größerer Öffnung wird es nicht einfacher. Ich suchte also gezielt nach Sternhaufen, welche mit kleiner Öffnung unter einem Vorstadthimmel recht einfach zu zeichnen waren. Ich habe mich unter anderem den Objekten M 44, M 45 sowie M 36 zugewandt. Beobachtet habe ich diese Sternhaufen unter vorstädtischen Bedingungen (Bortle 6) in Leipzig.
2 M 36, gezeichnet am
63-mm-Refraktor, V = 42x

Beobachten mit kleiner Öffnung

M 45 (Plejaden) ist der vierte offene Sternhaufen, den ich gezeichnet habe, und er beschäftigte mich knapp eine Stunde. Man mag denken, dass unter städtischem Himmel bei einer Teleskopöffnung von 55 Millimeter nicht so viele Sterne zu sehen sind. Doch ein Blick auf die fertige Zeichnung zeigte mir, dass genaues Beobachten weit mehr zeigt, als auf den ersten Blick durchs Teleskop zu sehen ist (Abb. 1). Genau das ist der Vorteil des Zeichnens: Man beobachtet ein Objekt viel konzentrierter und länger.

Durch die vergleichsweise geringe Winkelausdehnung von M 36 nutzte ich hierfür einen Zeiss-Telementor I (63/840-mmRefraktor). Zuerst waren nur recht wenige mittelhelle Sterne sichtbar. Nach längerer Beobachtung traten dann auch einige schwache Sterne hervor (Abb. 2).

Für M 44 (Praesepe, Abb. 3) wählte ich diesmal eine andere Zeichentechnik. Anstatt mit Bleistift auf weißem Papier zu zeichnen, nutzte ich einen weißen Buntstift (FaberCastell, Polychromos) auf schwarzem Fotokarton. Allerdings ist das Weiß nicht übermäßig kräftig, sodass am Computer beim Invertieren der Bilddatei die Sterne eher grau erscheinen. Ich habe hier nachträglich die Helligkeit angepasst. Aus diesem Grund zeichne ich vorzugsweise mit einem Bleistift, da der Kontrast zum Hintergrund besser ist. Ähnlich wie M 45 ist auch dieser Sternhaufen in seiner scheinbaren Ausdehnung recht groß und eine geringe Vergrößerung von großem Vorteil. Ich nutzte daher einen ED-Refraktor (70/400 mm) bei 10-facher Vergrößerung. Das erreichbare Gesichtsfeld liegt in meinem Fall bei über 6 Grad am Himmel. Besonders gut gefällt mir an diesem Sternhaufen, dass einige seiner Mitglieder kleine, aber markante Zweier- oder Dreiergruppen bilden. Das sieht man visuell deutlicher als auf meiner Zeichnung. Die Anzahl sichtbarer Sterne war ausreichend,

3 M 44, Praesepe, gezeichnet am 70-mm-Refraktor, V = 10x
um auch an diesem Objekt eine Stunde zu verweilen. Die Sterne von M 44 zeigen übrigens recht unterschiedliche Farben, die bei genauem Hinschauen auffallen. Das zeichnerisch festzuhalten, ist allerdings aufwendig.
Kleine Teleskope, insbesondere Refraktoren, eignen sich hervorragend, um hellere, offene Sternhaufen auch unter weniger dunklem Himmel genauer zu beobachten. Wer diese auch noch zeichnet, kann damit ganze Abende füllen.


Beobachten mit kleiner Öffnung

Beobachtung von Gasnebeln mit dem Fernglas
von Uwe Pilz

Viele der Gasnebel, die heute zum normalen Repertoire auf Teleskoptreffen gehören, galten vor 50 Jahren noch als visuell unbeobachtbar. Dies trifft vor allem für die Emissionsnebel zu, welche erst durch den Einsatz von Linienfiltern erheblich an Kontrast gewinnen. Außerdem wird für Gasnebel meist eine große Öffnung empfohlen. In diesem Beitrag habe ich meine Beobachtungen von Gasnebeln mit Ferngläsern zusammengetragen. Auf den Einsatz von Interferenzfiltern konnte ich hier jedoch auch nicht immer verzichten. In dieser Zusammenstellung war es für mich überraschend, welche Details mit bescheidenem Instrumentarium erreichbar sind.
Der am einfachsten zu sehende Gasnebel ist der Orionnebel. Schon mit freiem Auge ist er gut erkennbar. Er ist hell und kontrastreich und offenbart auch ohne Filtereinsatz ein großes Maß an Einzelheiten (Abb. 1). Das Trapez ist mit 10-facher Vergrößerung nicht auflösbar, aber der Dunkelnebel des Fischmauls hebt sich kontrastreich ab. Auch M 43 ist deutlich zu sehen.

sein. Das ist aber problematisch, da man den Gasnebel nicht von der Sternenwolke unterscheiden kann. Mit einem [OIII]-Filter vor dem Auge kann ich ihn jedoch identifizieren. In einem kleinen Fernglas sieht das viel besser aus. Auch ohne Nebelfilter ist der kontrastreiche ,,Golf von Mexiko" auffallend. Als Aufsuchhilfe kann man das bekannte orionähnliche Sternmuster benutzen, das im Fernglas leicht gefunden werden kann. Die Ostseite des Nebels ist weit weniger scharf konturiert und läuft allmählich aus. Bei genauem Hinsehen ist sogar ein kleiner Teil des Pelikannebels erkennbar (Abb. 4).
Vor Erfindung der Nebelfilter galt der Cirrusnebel als sehr schwer beobachtbar. Auch mit dem Fernglas habe ich ihn ohne Filter nicht finden können. Mein 7x50-Glas ist gummiarmiert, und ich kann Nebelfilter vor die Objektive stecken - sie fallen auch nicht heraus. Wobei ich nicht probiert habe, was passiert, wenn man die Objektive nach unten hält und schüttelt. So präpariert, konnte ich den Cirrusnebel leicht erkennen

(Abb. 5). Im Gegensatz zu den meisten Teleskopen sieht man im Fernglas den Komplex als Ganzes. Sogar Pickerings Dreiecksfetzen konnte ich ansatzweise erkennen.
Den riesigen Californianebel empfinde ich als den am schwersten sichtbaren großen Gasnebel. Er ist so ausgedehnt, dass er selbst im Fernglas weite Teile des Gesichtsfeldes einnimmt und sich kaum vom Hintergrund trennt - trotz des Einsatzes von Nebelfiltern (Abb. 6). An meinem alten Dekarem hatte ich diese mit Klebeband vor den Objektiven befestigt. So präpariert, kann man den Nebel aber von einem normalen ländlichen Beobachtungsplatz auffinden.
Auf der Suche nach einem Standort für das Herzberger Teleskoptreffen habe ich vor vielen Jahren einmal einen spätherbstlichen Beobachtungsabend auf dem Flugplatz Lönnewitz miterlebt. Unter dem dortigen sehr dunklen Himmel gelang mir die Sichtung des Californianebels ohne Filter, nur mit einem 10x50-Fernglas. Das ist mir bislang nicht wieder geglückt.

Ganz erstaunlich war meine Beobachtung des nahegelegenen Flammennebels NGC 2024. Zuerst sah ich von ihm in meinem 7-cm-Fernglas nur einen schwachen Hauch, bei längerem Hinsehen traten jedoch die Dunkelstrukturen deutlich hervor, welche den Nebel durchziehen (Abb. 2). Jeden Winter sehe ich mir diesen Nebel im Fernglas an.
Ebenfalls am Winterhimmel steht der Supernova-Rest M 1, der Krebsnebel. In mittleren Instrumenten ist dieser oft enttäuschend, da sich seine innere Struktur kaum offenbart. In meinem 16x70-Fernglas ist er leicht zu entdecken, allerdings bleibt er ein strukturloser Klecks (Abb. 3).
Den Reigen der leicht beobachtbaren Nebel beschließt der Nordamerikanebel. Er soll schon mit dem freien Auge sichtbar

INSERENTEN

101 APM Telescopes, Rehlingen 59 astronomie.de, Neunkirchen U2 Vesting e. K., Fachhandel für Astronomie, Hamburg U4 Baader Planetarium, Mammendorf 9 Gerd Neumann jr. Entwicklung und Herstellung feinmechanischer & optischer Instrumente 13 Sahara Sky, Fritz G. Koring, Marokko 12 Kiripotib Astrofarm, Windhoek, Namibia 15 Kosmos Verlag, Stuttgart
107 Nimax GmbH, Landsberg U3 Optical Vision Limited, UK 52 Optische Geräte Wolfgang Lille, Heinbockel 27 Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg 49 Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg 75 Verein zur Förderung der Raumfahrt VFR e.V., München Space 2019

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Beobachten mit kleiner Öffnung

1 Orionnebel im 10x50-Fernglas

2 Flammennebel im 16x70-Fernglas

3 Krebsnebel im 16x70-Fernglas

4 Nordamerikanebel im 10x50-Fernglas

5 Cirrusnebel im 7x50-Fernglas mit Nebelfiltern

6 Californianebel im 10x50-Fernglas mit Nebelfiltern

Beobachten mit kleiner Öffnung

Schülerbeobachtungen an einem kleinen Refraktor des Observatoriums Hoher List
von Michael Geffert
Sternwarten besitzen neben ihren für die aktuelle Forschung bedeutenden Teleskopen auch noch kleinere Geräte, für die es heute oft schwierig ist, wissenschaftliche Projekte zu definieren. Deswegen muss man sich vom Zwang lösen, mit solchen Geräten unbedingt noch Beiträge zur aktuellen Wissenschaft leisten zu wollen. Dann lassen sich im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit oder Ausbildung geeignete Aufgaben für solche Geräte finden. Die kleineren - z.T. historischen - Instrumente am Observatorium Hoher List der Sternwarte der Universität Bonn (heute Argelander-Institut der Universität Bonn) erhielten eine neue Bedeutung durch die Beobachtungspraktika für Studenten, die ab 1984 zuerst nur sporadisch und ab 1986 regelmäßig zweimal im Jahr abgehalten werden. Das Observatorium Hoher List besitzt mit vier kleineren Teleskopen, der Übernachtungsmöglichkeit für 12 Personen sowie technischem Personal optimale Voraussetzungen für Praktika, die allerdings bisher nur während zwei Wochen pro Jahr genutzt wurden und damit nur einen Bruchteil der Kapazitäten der Sternwarte ausfüllten.

Schülerarbeit Die Idee zu einer umfangreicheren Nutzung der gesamten Beobachtungsstation führte im Jahre 2005 zu einem ersten Konzept, bei dem die zusätzliche Nutzung der kleineren Teleskope des Observatoriums für Schülerarbeiten ein wichtiger Bestandteil war. Eines dieser kleineren Teleskope war ein Schmidt-Teleskop mit 34 Zentimeter Öffnung, das seit 1954 am Observatorium Hoher List betrieben wurde (Abb. 1).

Mit ihm hatte z.B. Frau Seitter die Spektren des legendären Bonner Spektral Atlas aufgenommen. Eine Modernisierung und Umrüstung auf CCD-Beobachtungen erschien den Verantwortlichen wegen anderer Prioritäten für die Werkstatt (Automatisierung des 1-m-Teleskops, Shutterbau für auswärtige Großteleskope) nicht möglich. Aus diesem Grunde wurde 2011 der Beschluss gefasst, das Teleskop an einen

2 Das Schmidt-Teleskop am Observato-
rium Hoher List mit Leitrohr (links) und dem aufmontierten Lichtenknecker-Refraktor (rechts).
Liebhaber abzugeben, was ab 2012 auch in die Tat umgesetzt wurde. In der Zeit zwischen 2005 und 2010 aber konnte mit der Installation eines (D = 15 cm, f = 150 cm) Refraktors der Firma Lichtenknecker (Abb. 2) mit einer SBIG-ST-7-Kamera an die Stelle eines der beiden Leitrohre ein einfach zu bedienendes Teleskop für Schülerarbeit zur Verfügung gestellt werden.

1 Kuppel des Schmidt-Teleskops am Observatorium Hoher List. In dieser Kuppel befand
sich von 2005 bis 2010 der Lichtenknecker-Refraktor.

Die Beobachtungen sollten vor allem eine einfache astronomische Auswertung ermöglichen. Von 2005 bis 2010 wurden am Observatorium Hoher List mit diesem Gerät regelmäßig Beobachtungen durchgeführt. Das gesammelte Beobachtungsmaterial diente als Grundlage für Schülerpraktika, die in den Jahren 2005 bis 2018 am Argelander-Institut der Universität Bonn stattfanden. Insgesamt haben wäh-

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Beobachten mit kleiner Öffnung

rend dieser Jahre dort mehr als 150 Jugendliche ihr Praktikum absolviert und teilweise mit diesem Material gearbeitet oder sogar selbst mitbeobachtet. In diesem Artikel sollen drei kleinere Beobachtungsprojekte kurz umrissen werden, weil sie exemplarisch den Wert eines solchen Teleskops für Ausbildungszwecke demonstrieren.

Technische Einzelheiten Die Aufnahmen am LichtenkneckerRefraktor hatten bei Verwendung der SBIG ST-7-Kamera ein Feld von 10' x 15'. Um eine bessere Reichweite zu erzielen, verzichteten wir auf die Verwendung von Filtern. Die Bilddefinition erschien aber trotzdem für die meisten Zwecke ausreichend. Für die Reduktion der Aufnahmen wurde das Programm ,,Astroart 4.0" verwendet. Nach unseren Erfahrungen können Schülerinnen und Schüler sich kurzfristig in die Auswertung von CCD-Aufnahmen einarbeiten und dann einfache Operationen wie Flatfielding, Aufsummieren von Einzelaufnahmen bis zu Positions- und Helligkeitsmessungen selbstständig durchführen. Vergleiche unterschiedlicher Aufnahmen eines Sternfeldes zeigten, dass eine Positionsgenauigkeit von 0,1" pro Einzelaufnahme möglich ist. Von besonderem Interesse sind Helligkeitsänderungen z.B. bei veränderlichen Sternen, da sie ein dynamischeres Bild des Sternhimmels vermitteln. Hier lassen sich selbst bei Sternen der Helligkeiten um 15 mag Genauigkeiten von wenigen Hundertstel mag erreichen. Allerdings kann man wegen der mangelnden Filter nur relative Helligkeitsänderungen nachweisen.
Kometen Da es keine weiteren Interessenten für die Beobachtung mit diesem Teleskop gab, konnte man dieses auch spontan nutzen. Damit war es möglich, auf aktuelle Ereignisse zu reagieren. Ein Beispiel war der Helligkeitsausbruch des Kometen 17P/

3 Falschfarbenaufnahme des Kometen 17P/Holmes. Dieses Gesamtbild entstand aus
120 Einzelaufnahmen mit jeweils 30 Sekunden Belichtungszeit.

4 Die gleiche Aufnahme, die auch Abbildung 3 zugrundeliegt, in einer anderen
Farbdarstellung. Hier sind Ansätze eines Schweifes zu erkennen.

Holmes, der Ende Oktober 2007 aufgenommen werden konnte. Die Beobachtungen von Kometen verliefen immer so, dass man von einem Objekt zunächst Serien mit kurzen Belichtungszeiten z.B. mit 30 Sekunden herstellte. Mit dem Programm ,,Astroart" war es dann möglich, diese einzelnen Belichtungen zu einem Gesamtbild zusammensetzen. Das Programm gestattet

es auch, die Einzelaufnahmen an Hand des Kometenkopfes zu positionieren. Damit entsteht ein verbessertes Bild des Kometen, während die Sterne als Striche erscheinen (Abb. 3 und Abb. 4). Die Falschfarbendarstellung wurde gewählt, um Einzelheiten der inneren und äußeren Struktur in einem Bild darzustellen. In fünf Jahren konnten insgesamt etwa 15 Kometen mit dieser Te-


Beobachten mit kleiner Öffnung

leskop-Kamera-Kombination aufgenommen werden. Für einige Kometen wurden sogar Positionen bestimmt und an das Minor Planet Center in Cambridge/USA geschickt. Bei Youtube existiert inzwischen auch ein Video, in dem Kometenbilder und kleine Filmanimationen aus dieser Zeit zu sehen sind [1].

5 Aufnahme des sonnennahen
Sterns SO 0253+1652 vom August 2005.

Beobachtung eines sonnennahen Sterns Seit der ersten Bestimmung einer Sternentfernung gelten Nachbarsterne unserer Sonne als besonders interessante Forschungsobjekte. Aufgrund der Möglichkeit, ihre Entfernung genau abzuleiten, können physikalische Parameter wie z.B. ihre Leuchtkraft sehr präzise ermittelt werden. Da die Entfernungsbestimmung solcher Sterne aufwändig ist, erfolgte bei der Suche nach diesen Objekten zunächst eine Vorauswahl nach hohen Eigenbewegungen. Eine hohe Eigenbewegung bedeutet entweder ein dynamisch ungewöhnliches Objekt - oder eben einen nahen Stern.

Im Jahre 2003 wurde bei der Suche nach erdnahen Asteroiden als Nebenprodukt im Sternbild Widder ein Stern (SO 0253+1652) mit einer Eigenbewegung von mehr als 4" pro Jahr entdeckt [2]. Die nachfolgende erste Parallaxenmessung ergab einen Wert von 0,46", was einer Entfernung von 7,5 Lichtjahren entspricht. Damit schien dieses Objekt der drittnächste Stern von der Sonne aus zu sein und eine Bestimmung von Eigenbewegung und Parallaxe auch mit einfachen Mitteln möglich. Auch wenn sich bald an der geringen Entfernung Zweifel ergaben, war für uns dieses Objekt wegen seiner Aktualität für Jugendliche interessant. Deswegen entstanden in den Jahren 2005 bis 2008 mit dem LichtenkneckerRefraktor am Observatorium Hoher List etliche Aufnahmen dieses Objekts (Abb. 5 und Abb. 6). Die hohe Eigenbewegung

6 Aufnahme des sonnennahen Sterns SO 0253+1652 vom September 2008. Durch
Vergleich mit Abbildung 5 lässt sich der Stern an Hand seiner Positionsverschiebung gut erkennen. Es ist der helle Stern links unterhalb der Mitte des Bildes.

des Objekts konnte mit Messungen einiger Aufnahmen gut reproduziert werden. Sie ist durch Vergleich der Abbildungen mit freiem Auge gut zu erkennen. In Facharbeiten für Schüler bestätigte sich auch die neu bestimmte, größere Entfernung des Objekts. Das umfangreiche Beobachtungsmaterial erlaubte auch, einer möglichen Variabilität des Objektes nachzugehen. Bei der Auswertung des Materials zeigte sich bisher aber keine Helligkeitsänderung des Objekts, die größer als 0,03 mag war. Das Objekt ist also kein variabler Stern.

RR-Lyrae-Sterne Kugelsternhaufen sind auch für kleinere Teleskope reizvolle Objekte. Sie sind aber nicht nur wegen ihres Aussehens interessant, sondern bieten auch für elementares astronomisches Arbeiten gute Möglichkeiten. Abbildung 7 zeigt eine Aufnahme des Kugelsternhaufens M 15, ein Objekt, das man mit einem Fernglas selber als nebliges Fleckchen aufsuchen kann. Für Heranwachsende ist es spannend, von der Beobachtung mit einem Fernglas zu der Beobachtung mit einem Teleskop überzugehen. Außerdem lassen sich leicht Helligkeitsän-

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Beobachten mit kleiner Öffnung

derungen von RR-Lyrae-Sternen aufspüren (Abb. 8 und Abb. 9). Diese Sterne haben den Vorteil, dass man ihre Helligkeitsänderung schon während einer Nacht nachweisen kann. Auf diese Weise ist es möglich, innerhalb kürzester Zeit eine Lichtkurve zu erstellen. Ein besonders lohnendes Objekt ist der Kugelsternhaufen M 3, da er etliche RR-Lyrae-Sterne besitzt.

Ausblick Kleinere Teleskope bieten zahlreiche Möglichkeiten - nicht nur für die Öffentlichkeitsarbeit, sondern auch für erstes astronomisches Arbeiten. Dieser Artikel präsentiert nur einen kleinen Ausschnitt der Arbeiten, die an solchen Geräten möglich sind. Trotz unserer guten Erfahrungen und trotz eines weiteren Konzepts im Jahre 2010 war es damals nicht möglich, Schulprojekte als ein zukünftiges Arbeitsgebiet des Observatoriums zu etablieren. Zu entfernt von den Aufgaben einer Universitätssternwarte schienen manchem solche Aktivitäten. Vielleicht ist es mit diesem Artikel aber doch möglich, Betreiber von ähnlichen Geräten zu motivieren, den Kontakt zu Schulen zu suchen. Denn die oft professionell arbeitenden Amateurastronomen haben gute Möglichkeiten, um Jugendliche mit beobachtender Astronomie in Kontakt zu bringen. So könnte man zum Beispiel im Rahmen eines kleinen Projektes mit der Astrogruppe einer Schule zusammenarbeiten. Letztlich profitieren von solchen Aktivitäten alle Beteiligten.

7 Aufnahme des Kugelsternhaufens M 15 aus der Nacht vom 17. auf den 18. August 2005.
Das Bild wurde aus etwa 100 Einzelaufnahmen mit je 60 Sekunden zusammengesetzt.

8 Ausschnitt einer Aufnahme des Kugel-
sternhaufens M 15 in der Nacht vom 17. auf den 18. August 2005 um 22:13 Uhr MESZ

9 Ausschnitt einer Aufnahme des Kugel-
sternhaufens M 15 in der Nacht vom 17. auf den 18. August 2005 um 23:17 Uhr MESZ

Internet- und Literaturhinweise: [1] www.youtube.com/watch?v=
qZiPbX5hphI (Stand: Juli 2019) [2] B. J. Teegarden, S. H. Pravdo,
M. Hicks, S. B. Shaklan, K. Covey, O. Fraser, S. L. Hawley, T. McGlynn, I. N. Reid (2003): "Discovery of a New Nearby Star", Astrophysical Journal, 589, L51-L53

Danke!
Wir danken dem Projekt ,,Zukunft durch Innovation" (ZdI) für finanzielle Unterstützung, ohne die dieses Projekt nicht möglich gewesen wäre. Den Mitgliedern der Werkstatt des Observatoriums sei für mechanische Arbeiten zur Installation des Refraktors und der Kamera gedankt.


Beobachten mit kleiner Öffnung

Kometenbeobachtung mit kleinen Fernrohren
von Frank Wächter

1 C/2014 Q2 (Lovejoy), 10. Januar 2015,
18:40 Uhr UT. Instrument: 66-mm-Refraktor, f/4,8, 240 Sekunden mit NIKON D5100, ISO 1250, Bildautor: Frank Wächter.

Es ist unbestritten, dass der Anblick eines helleren Kometen durch ein richtig großes Fernrohr, mit vielen aufgelösten Details in Kern- und Schweifregion, ein unvergessliches Erlebnis ist. Ich erinnere da an die Enveloppen von Hale-Bopp! In diesem Zusammenhang möchte ich aber erst einmal klären, was für mich persönlich kleine und große Fernrohre sind: Groß beginnt bei mir so ab sechs bis acht Zoll Öffnung. Bei mir ist also alles klein, was weniger als sechs Zoll Öffnung hat.
Seit dem großen Rummel um die Wiederkehr des berühmten Kometen Halley 1986 bin ich mit dem Kometenvirus infiziert. Ging es anfangs eher darum, diese Dinger am Himmel überhaupt zu finden und im Okular zu betrachten, rückte später zunehmend auch deren Fotografie in den Mittelpunkt meines Interesses.
Viele Beobachter kennen das leidige Problem bei der Kometenbeobachtung: Das Zeitfenster für eine sinnvolle Beobachtung ist generell recht klein, eine monatelange Präsenz von Kometen am Himmel eher die große Ausnahme. Während man bei Deep-Sky-Objekten meist ganz entspannt sagen kann ,,Egal, warte ich eben auf die nächste Neumondperiode", ist das bei Ko-

meten komplett anders. Gerade hellere Objekte standen in den letzten Jahren tief am Abend- oder Morgenhimmel und die Dämmerung sowie die unvermeidliche Extinktion in Horizontnähe taten ihr Übriges. In solchen Situationen schrumpft das Beobachtungsfenster auch schon mal auf eine halbe Stunde. Dazu kommt das von allen so geschätzte mitteleuropäische Wetter einschließlich der unvermeidlichen Cirren aus den allgegenwärtigen Kondensstreifen.
Für Kometen, die niedriger als 30 Grad hoch stehen, bietet unser Wohngrundstück im Elbtal nahe Dresden keine günstigen Voraussetzungen. Will heißen, wir müssen mit Sack und Pack hinaus in das Umland fahren. Also das ganze Gerassel in das Auto packen (und nach dem Beobachten wieder ausladen). In dieser Situation kommt dann die angeborene Faulheit zum Tragen, man nimmt dementsprechend so wenig wie nötig und möglich mit. Als Standardausrüstung hat sich bei uns im Laufe der Zeit die Montierung Vixen GP auf einem daran angepassten Telementor-Stativ, ein frisch gefüllter Batteriepack und die simple DD1Steuerung von Vixen erwiesen. Alles ist unkompliziert und schnell aufzubauen, an der Zuverlässigkeit des Equipments besteht auch nach über 20 Jahren häufigen Betriebs

keinerlei Zweifel. Zum Einsatz kommt meist ein altehrwürdiger Vixen ED 81/625, auf der Gegengewichtsseite kann soweit erforderlich ein ED 66/400 oder Apo 72/400 montiert werden. Zum Aufsuchen der ersehnten Kometen haben wir meist noch diverse Ferngläser (10x50, 16x70) dabei und natürlich eine aktuelle Aufsuchkarte.
Vor jedem Versuch, die Kometen der Begierde zu fotografieren, steht fast immer erst einmal die visuelle Beobachtung! Wir möchten den wirklichen Anblick des Kometen genießen und uns einen Eindruck von seiner Erscheinung machen. Der 81-mm-Vixen mit einem 32-mm-Übersichtsokular und einer Austrittspupille von reichlich vier Millimeter macht dabei immer eine gute Figur.
Dann geht es an das Fotografieren: Je nach scheinbarer Ausdehnung des Kometen kommen nun Brennweiten von 400 bis 625 Millimeter zum Einsatz, im Bedarfsfall mit Reducer- oder Barlowelement. Üblicherweise kann ich die Montierung ohne Nachführkontrolle laufen lassen - ein Vorteil kleiner Fernrohre mit kurzen Brennweiten. Je nach Genauigkeit der Aufstellung der Montierung lassen sich bis zu 2,5 Minuten Belichtungszeit bei den kurzen Brennwei-

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Beobachten mit kleiner Öffnung

ten und bis zu 1,5 Minuten bei den längeren Brennweiten realisieren, ohne dass die Ausschussrate zu groß wird. Sind längere Belichtungszeiten erforderlich, wird eines der beiden Fernrohre in klassischer Manier mit einem beleuchteten Fadenkreuzokular bestückt und die Korrektur dann über die Steuerungstasten der Handsteuerbox vorgenommen. Das ist etwas unbequem und altmodisch, geht aber schnell und funktioniert eigentlich immer. Wenn alles glatt läuft, ist einschließlich des Aufbaus, nach einer Stunde die Beobachtung in Sack und Tüten.
Ein weiterer Vorteil der eingesetzten kleinen Fernrohre ist, dass kein lästiges Justieren der Optiken vor dem Beobachten notwendig ist und dass die Auskühlzeiten meist kurz genug sind, um unmittelbar nach dem Aufbau mit dem Beobachten beginnen zu können.
Ich kann mich noch gut an eine Beobachtung des (sehr schönen) Kometen Lovejoy C/2014 Q2 (Abb. 1) zu Beginn seiner Sichtbarkeitsperiode im Januar 2015 erinnern: Einige kurze Sichtungen in Wolkenlücken am Abendhimmel ließen auf einen eindrucksvollen Kometen hoffen. Leider spielte, wie so oft, das Wetter nicht wie gewünscht mit. Am 10.01.2015 kam dann die Ansage von meiner Frau Sabine: ,,Also, wenn wir Glück haben, kommen in der nächsten halben Stunde zwei größere Wolkenlücken auf uns zu. Rausfahren lohnt sicher nicht, eigentlich müssten die genau

2 C/2011 L4 (Panstarrs), 16.03.2013. Instrument: Nikkor 18-105, f = 18 mm, 30 Sekunden
mit Nikon D90; Bildautor: Frank Wächter.

hier im Elbtal durchziehen! Wenn Du in zehn Minuten wenigstens die Montierung zum Einnorden draußen hättest ..."
Nun ja, das lässt man sich nicht zweimal sagen, und in zehn Minuten stand die GP im Garten und ich wartete auf die Sichtbarkeit des Polarsterns. Die Wolkenlücke kam auch (leider kleiner als erwartet), es reichte aber irgendwie gerade so zum Ausrichten der Montierung. ,,Wieviel Zeit ist jetzt bis zur nächsten Lücke?" ,,Die könnte wieder so in zehn Minuten hier sein, vielleicht sogar etwas eher. Und dann hätten wir mit etwas Glück 15 bis 20 Minuten Zeit, die zweite Lücke ist wahrscheinlich etwas größer, danach dürfte es das dann aber für heute gewesen sein." Also schnell noch den ED 66/400 geschnappt, Nikon D5100 dran, Infrarotauslöser aktiviert, das Ganze auf die Montierung gesetzt, Nachführelektrik angestöpselt und in Betrieb genommen. ,,Wie viel Zeit ist noch?" ,,Die Lücke müsste gleich hier reinziehen!"
In der Zwischenzeit versuchte ich noch schnell, in vereinzelten Miniwolkenlücken die Kamera sauber an den aufblinkenden Sternen zu fokussieren und bereits in Richtung des Kometenstandortes zu positionieren. Kurze Zeit später riss die Wolkendecke tatsächlich auf. Kontrollblick durch das 10x50, ja, das müsste er sein. Abtauchen

zur Astrogymnastik unter das Fernrohr - der Komet stand ziemlich hoch im Nordwesten. Schnell Kamera dahin ausrichten und eine Testaufnahme. Aha, er ist im Bild, aber noch nicht schön im Zentrum, noch ein bisschen korrigieren. ,,Mach hin, ganz im Norden kommen schon wieder Wolken!" Dann galt es, für weitere Testaufnahmen war keine Zeit mehr, jede Aufnahme musste jetzt sitzen. Wir konnten dann die Aufnahmeserie starten, so viele Aufnahmen wie möglich, ISO 1250 und immer 30 Sekunden einschließlich des nervtötenden Dunkelbildabzuges. Nach jedem Bild ein banger Blick auf die näherkommende Wolkenwand: Reicht es noch für eine Aufnahme? Nach reichlich zehn Minuten war Schluss, es zog wieder zu. Doch wir hatten den Kometen im Kasten, selbst der Schweif war bereits auf dem Display der Nikon schön zu erkennen! Zwischendurch reichte die Zeit sogar für ein abwechselndes Betrachten des Kometen im Fernglas, mit Schweifansatz visuell! Wir waren glücklich über die gelungene Beobachtung. Vom ersten Alarmgeschrei meiner Frau bis zum letzten Dunkelbild waren keine 30 Minuten vergangen, mit größerem Equipment hätten wir mit ziemlicher Sicherheit keine Chance gehabt. Weniger ist also manchmal mehr. Beim Abbau der Technik fing es dann übrigens schon wieder zu schneien und zu graupeln an.

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Beobachten mit kleiner Öffnung

hainer Berge bei Görlitz. Zum Glück war die Autobahn am Sonnabendnachmittag ziemlich leer und so starteten wir den Versuchsballon. Nervig, wenn im Rückspiegel auch nach 30 Minuten Fahrzeit immer noch eine kompakte Cirruswand von 10 Grad Höhe als Motivationskiller hinterherlächelt. Erst in der Region Bautzen hatten wir dann das Gefühl, dass unser kleiner Skoda Fabia eben doch schneller war als der Wolkensudel.

Am Rande der Königshainer Berge fanden wir dann einen schönen Beobachtungsplatz mit freier Sicht nach Westen. Im Schnee bei -8 Grad C erfolgte der Aufbau der Technik. Eine Ausrichtung der Montierung grob per Kompass musste reichen. Wenn die fortschreitende Dunkelheit längere Belichtungszeiten erlauben würde, war das Objekt der Begierde ohnehin längst untergegangen.

3 C/2011 L4 (Panstarrs), 16.03.2013. Instrument: 81-mm-Refraktor, f/7,7, mit Nikon D5100;
Bildautor: Frank Wächter.

Ähnlich knapp war das Beobachtungsfenster für den Kometen C/2011 L4 (Panstarrs) im März 2013 (Abb. 2). Der Komet versprach eine eindrucksvolle Erscheinung am westlichen Abendhimmel zu werden, trotz seiner Horizontnähe. Am 16.03.2013 schienen die meteorologischen Bedingungen günstig, den ganzen Tag über tiefblauer Himmel. Das Astrozeugs wanderte schon gen Auto, weil wegen der tiefen Erscheinung eine Beobachtung aus dem heimischen Garten heraus ausgeschlossen war. Am späten Nachmittag zeigten sich erste dichtere Cirren genau im Westen. Eigent-

lich war nur ein Kurztrip aus dem Elbtal heraus an einen Standort mit freier Horizontsicht nach Westen vorgesehen. Die im Internet zu Rate gezogene Wolkenprognose zeigte mit Beginn des Sichtbarkeitszeitraumes aber im Westen bereits 100% Bedeckung bis 15 Grad Höhe - also keine Chance, da etwas zu sehen. Die Alternative: Auf der Autobahn schnurstracks gen Osten. Zuggeschwindigkeit der Cirren und erhoffte Auflösung am östlichen Rand des Wolkenfeldes mit untergehender Sonne boten eine ausreichende Sichtbarkeitsmöglichkeit von 30 bis 40 Minuten in Höhe der Königs-

Der Vixen ED 81/625 auf der GP, die Spiegelreflex daran, ein zweites Stativ ebenfalls mit einer Spiegelreflex für Stimmungsaufnahmen und zwei 10x50-Ferngläser standen in Windeseile bereit. Während ich am Sirius mit dem 81iger-Vixen und der Nikon D5100 noch den richtigen Fokuspunkt einstellte, kam von meiner Frau schon das beruhigende: ,,Ich hab ihn schon, schööön!" Und tatsächlich, der Komet stand tief am Westhimmel in der rötlichvioletten Dämmerungszone und, Gott sei Dank, noch blutdrucksenkend entfernt von der bedrohlichen Wolkenwand. Gelblichweiß, mit konzentrierter Koma einschließlich hellem Kern und schönem Schweifansatz war er ein wirklich attraktiver Komet. Bei rasch zunehmender Dunkelheit konnten wir ganz entspannt die ersten Aufnahmen anfertigen. Zwischendurch war immer genügend Zeit, um den Anblick im Fernglas zu genießen. Nachdem die Fotos auf der Speicherkarte waren, blieben sogar noch einige Minuten, um den Kometen im Vixen

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Beobachten mit kleiner Öffnung

visuell zu betrachten: Breit aufgefächerter Staubschweif, Strukturen in Kernnähe, einfach toll! Bevor der Komet dann schließlich doch in die Wolkenbank eintauchte, gönnte er uns zum Abschied sogar noch eine Sichtung mit freiem Auge. Froh über unseren Entschluss, die Fahrt gen Osten angetreten zu haben sowie glücklich und dankbar über das Schauspiel, welches uns der Komet geboten hatte, packen wir mit eiskalten Fin-

gern unsere bewährte kleine Ausrüstung wieder ein.
Zusammenfassend können wir sagen: Die meisten Kometenbeobachtungen haben wir tatsächlich mit den kleinen Teleskopen durchgeführt. Enttäuscht wurden wir dabei selten. Sicher: Manchmal hätten wir gern mehr Öffnung zur Verfügung gehabt, aber Geschwindigkeit, Robustheit und unkom-

plizierte Handhabung schlagen Öffnung eben meistens. Was nützen acht Zoll Öffnung, wenn nach rumpeliger Autofahrt und knappem Zeitfenster nicht mehr genügend Zeit für eine saubere Justage des Spiegels bleibt und uns nach der ersten Probeaufnahme vom Kameradisplay nicht nur ein großer Komet, sondern noch viele Dutzend ganz kleine ,,Kometen" hämisch angrinsen ...

Fotografie des relativistischen Jets von M 87
von Stefan Kunz
Im Zentrum des aktiven Galaxienkerns vom M 87 befindet sich ein sogenanntes supermassives Schwarzes Loch, dessen Masse auf zwei Milliarden Sonnenmassen geschätzt wird. Dessen Schatten konnte Anfang April erstmals mittels eines Verbundes von Radioteleskopen aufgenommen werden. Das Schwarze Loch erzeugt einen Jet von 5000 Lichtjahren Länge. Die Aufnahmen dieses Jets wurden mit dem Hubble-Space-Telescope aufgenommen.

Mir gelang nun die Abbildung dieses Jets mit einem Teleskop von nur zwölf Zentimeter Öffnung und 900 Millimeter Brennweite (Takahashi TSA 120). Von Vorteil war der sehr dunkle Himmel beim Forsthaus Todtenrode im Harz. Ich habe das Rohbild der Kamera einmal vermessen, um zu zeigen, wie winzig die Details bei 900 Millimeter Brennweite sind: M 87 hat nur 0,6 Millimeter und der Jet gar nur 0,08 Millimeter Ausdehnung auf dem Kamerachip. Trotzdem ist der Jet nach der Bildbearbeitung mit dem Programm ,,Fitswork" gut zu erkennen. Erstaunlich, was heutige Amateurkameras leisten.

1 Galaxie M 87 mit Jet, 29. März 2019, 21 Uhr UT. Instrument: 120-mm-Refraktor, f/7,5,
65 Minuten mit Nikon D810. Südlich von M 87 sind UGC 7652 und UGC 7652B zu sehen. Im Ostsüdosten stehen LEDA 139931 und 139932. Alle diese Galaxien haben Magnituden von etwa 17.

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Die Perseus-Molekülwolke
- ein lohnendes fotografisches Objekt für kurzbrennweitige Teleobjektive
von Hans Jürgen Mayer

Etwa auf halbem Weg zwischen den Plejaden und dem Kaliforniennebel liegt die Perseus-Molekülwolke, eine Kinderstube hunderter junger Sterne. Sie ist die bei Weitem aktivste Sternentstehungsregion in der unmittelbaren Nachbarschaft unserer Sonne. In weniger als 1000 Lichtjahren Entfernung konzentriert sich das Geburtsgeschehen dabei vornehmlich auf zwei Bereiche in der Wolke: die auffällige, äußerst aktive Sternentstehungsregion NGC 1333 inmitten des westlichen Teils (im Bild rechts) und den in einen ausgedehnten Reflexionsnebel gehüllten offenen Sternhaufen IC 348 am östlichen Rand der Wolke. Hier ist die Sternentstehung allerdings bereits weitgehend abgeschlossen.
Die gesamte Struktur erstreckt sich über einen Bereich von ca. 1,5 Grad x 5 Grad am Himmel, ideal für eine Brennweite von 200 Millimeter und eine Digitalkamera mit APS-

C-Sensor. Dies ergibt gerade ein Bildfeld von etwa 4 Grad x 6 Grad . So entstand die Aufnahme auch mit dem unter Astrofotografen beliebten Canon EF 200 mm/2,8 bei Blende 3,5, entsprechend einer effektiven Öffnung von knapp sechs Zentimeter.
Im Rahmen der Deep-Sky-Fotografie ist das Öffnungsverhältnis häufig die wesentlichere Größe im Vergleich zur absoluten Öffnung der Optik, entscheidet sie bei gegebener Belichtungszeit doch über die Grenzhelligkeit der schwächsten noch abgebildeten, flächenartigen Objekte. Deshalb lassen sich auch mit kleinen Optiken sehr tiefe Aufnahmen erzielen. Die erreichbare Grenzgröße bei der Abbildung von Sternen (punktartige Objekte) wächst allerdings doch mit dem absoluten Durchmesser des Objektivs. Zwar wird die Größe des Beugungsscheibchens ebenfalls nur durch das Öffnungsverhältnis bestimmt,

1 Die Aufnahmen für das Bild entstanden
in den Jahren 2016/17 in Silbertal/Montafon auf ca. 1400 m Höhe. Kamera war eine astromodifizierte Canon EOS 1100D. Belichtet wurden insgesamt knapp 24 Stunden (jeweils in 10-minütigen Einzelaufnahmen). Für die Bildbearbeitungen kamen die Programme ,,Theli" [1,2] und ,,Photoshop" zum Einsatz.
mit wachsender Öffnung bei gleichem Öffnungsverhältnis wird aber immer mehr Licht auf gleicher Fläche konzentriert.
Literaturhinweise: [1] M. Schirmer (2013): ,,THELI GUI Con-
venient reduction of optical, near- and mid-infrared imaging data", Astrophys. J. Suppl. 209, 21 [2] T. Erben, M. Schirmer, J. Dietrich et al. (2005): ,,GaBoDS: The GarchingBonn Deep Survey. IV. Methods for the image reduction of multi-chip cameras demonstrated on data from the ESO Wide-Field Imager", Astronomische Nachrichten 326, 432

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Beobachten mit kleiner Öffnung

Neue CMOS-Technik mit kleiner Öffnung
Oder: was heute alles mit kleinem Gerät möglich ist
von Kai-Oliver Detken

Die Entwicklung der CCD- und CMOSKameras schreitet unaufhörlich voran und eröffnete Hobbyastronomen in der Vergangenheit bereits einige neue Möglichkeiten. So hatte die Digitalisierung der Spiegelreflexkameras einen enormen Einfluss auf die Qualität der Bilder und die darauffolgende Bildverarbeitung. Die Webcam- bzw. CCDTechnik mit ,,Lucky Imaging" brachte für die Planetenfotografen ebenfalls einen großen Sprung nach vorne. Aber auch die Fotochips selbst wurden immer leistungsfähiger und deren Pixel immer kleiner. So lassen sich heute bereits mit modernen CCDoder CMOS-Kameras mit vergleichsweiser geringer Brennweite und kleiner Öffnung erstaunliche Resultate erzielen, die früher nur großen Observatorien vorbehalten waren.

Belieben einen Original White Balance (OWB)-Filter für Tag- und einen CLS-Filter für Nachtaufnahmen einsetzen kann. Alle Kameraobjektive können damit ganz normal verwendet werden.
Trotz der immer besseren CMOS-Chips in den DSLR-Kameras kommt irgendwann der Wunsch auf, sich eine gekühlte AstroKamera zu gönnen. Der Vorteil liegt dabei auf der Hand: Der Chip kann kontinuierlich auf eine festgelegte Temperatur heruntergekühlt werden, wodurch das Rauschen minimiert wird. Auch kann man Dunkelbilder am Tag anlegen, ohne wertvolle Belichtungszeit in der Nacht zu verlieren. So

lässt sich bequem eine ganze Bibliothek anfertigen, die für verschiedene Aufnahmezeiten erstellt werden kann. Zusätzlich ist die Lichtempfindlichkeit bei den gekühlten CMOS-Kameras noch höher, abhängig vom verwendeten Typ, so dass sich oftmals im Live-View-Bild des Monitors bereits das Fotoobjekt erkennen und positionieren lässt. Hinzu kommt, dass oftmals auch größere Fotochips mit kleineren Pixeln angeboten werden als bei den CCD-Derivaten. Da sie auf kurzbelichte Aufnahmen spezialisiert sind, steigt damit allerdings auch die Datenmenge rapide an. Durch die kleineren Pixel kommt man aber auch mit kleineren Brennweiten näher an das

Die Entwicklung der Kameratechnik hat bereits bei DSLR-Kameras Erstaunliches hervorgebracht. Sie lassen sich heute ohne Probleme für die Astrofotografie verwenden, obwohl sie im Normalfall ohne geregelte Kühlung auskommen müssen. Das Rauschverhalten hat sich aber, speziell bei den Vollformatkameras, so stark verbessert, dass mittels entsprechender Dunkelbilder (Darkframes) und dem Einsatz von Dithering (leichtes Versetzen der Kamera bei jeder Aufnahme) die Bilder einen Detailgrad erreicht haben, der früher nur mit CCD-Technik möglich gewesen wäre. Farb-CMOS-Chips ermöglichen zudem die direkte Bildverwertung, ohne das aufwendige L-RGB-Verfahren monochromer CCD-Kameras verwenden zu müssen.

Durch den Ausbau des Infrarot-Sperrfilters sind DSLR-Kameras zusätzlich auch für HII-Gebiete sehr empfindlich und können für Wasserstoffregionen sehr gut verwendet werden. Für die Nutzung der Kamera am Tage bietet sich das Clip-Filtersystem von Astronomik [1] an, wodurch man nach

1 C11-HyperStar (280/2800 mm, Montierung: iOptron CEM60) mit Kamera ASI 183MCpro
und Tauschutzkappe

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Beobachten mit kleiner Öffnung

Objekt heran. Und durch die höhere Lichtempfindlichkeit muss auch die Öffnung des Teleskops nicht überdimensioniert werden.
Bei der Kamera-Auswahl ist auf jeden Fall zu beachten, dass man kein Over- oder Undersampling erhält. Im erstgenannten Fall würde sich ein Stern auf viele Pixel verteilen (der Stern wirkt verwaschen) und im zweitgenannten Fall würde ein Stern nur auf einem einzelnen Pixel abgebildet werden (der Stern wirkt eckig). Die Kamera sollte daher zu dem Teleskop bzw. dessen Brennweite sowie zu den Seeing-Bedingungen passen. Um das Optimum herauszufinden, bietet sich der ,,CCD Suitability Calculator" [2] im Internet an, in den man bequem seine technischen Randdaten eingeben kann. Im Falle eines C11-HyperStars mit 560 Millimeter Brennweite und eines TS Photoline 130-mm-Triplett-APO mit 910 Millimeter

2 Pferdekopfnebel B 33. Instrument C11-HyperStar, f = 560 mm, 2 h belichtet mit ASI 071MC
und IDAS-Nebelfilter LPS-P2-48

Brennweite fand ich heraus, dass eine Pixelgröße von 4,78 Mikrometer universell an beiden Teleskopen eingesetzt werden kann. Aber auch die Hälfte der Pixelgröße von 2,4 Mikrometer lässt sich mit beiden Varianten verwenden, auch wenn die geringere Brennweite von 560 Millimeter wesentlich besser bei mittlerem und gutem Seeing und einer Auflösung von 0,88 "/Pixel passt.

besitzt und mit einem zweistufigen Kühlsystem ausgestattet ist (inkl. Anti-Tauheizung gegen Vereisung des Chips), bietet die ASI 183MCpro mit dem neuen Exmor-RSensor von Sony einen Back-IlluminatedTyp mit einer sehr hohen Quanteneffizienz (84 %). Das Rauschverhalten ist bei beiden Kameras sehr gut und wesentlich besser als bei jeder ungekühlten DSLR-Kamera.

Daher wurden die beiden gekühlten FarbCMOS-Kameras ASI 071MCpro (4,78 µm) und ASI 183MCpro (2,4 µm) von ZW Optical am C11-HyperStar einem ausgiebigem Test unterworfen. Abbildung 1 zeigt das Equipment am C11-HyperStar mit Tauschutzkappe. Während die ASI 071MCpro einen Front-Illuminated-Sensor von Sony

Abbildungen 2 und 3 zeigen ganz gut die unterschiedlichen Bildergebnisse beider Kameras am Beispiel des Pferdekopfnebels B 33 mit seiner Umgebung, dem Emissionsnebel IC 434 und dem Flammennebel NGC 2024. In beiden Fällen kam am gleichen Teleskop die gleiche Brennweite zum Einsatz. Durch die kleinen Pixel von 2,4 Mikrometer

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Beobachten mit kleiner Öffnung

Größe kommt man mit der ASI 183MCpro aber noch näher an das Deep-Sky-Objekt heran. Das kann man noch deutlicher an der Galaxie M 51 im Sternbild Jagdhunde in Abbildung 4 ausmachen. Hier lassen sich sehr detailliert Strukturen und die Wechselwirkung mit der Nachbargalaxie NGC 5195 erkennen. Was früher nur mit wesentlicher größerer Brennweite möglich war, ist

3 Pferdekopfnebel B 33. Instrument: C11-HyperStar, f = 560 mm, 2,5 h belichtet mit ASI
183MCpro und IDAS-Nebelfilter LPS-P2-48

nun bereits durch die Kamera-Entwicklung auch bei kleinerem Equipment machbar.
Wenn man beide Kameras miteinander vergleicht, besitzen beide Typen ihre Vorund Nachteile. Die ASI 071MCpro bietet

das Gesichtsfeld einer DSLR-Halbformatkamera, eine Anti-Tau-Heizung, eine kräftigere Farbdarstellung und eine geringere Vignettierung. Hinzu kommt, dass kein Verstärkerglühen auszumachen ist, was für saubere Dunkelbilder sorgt. Nachtei-

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Beobachten mit kleiner Öffnung

4 Whirlpool-Galaxie M 51. Instrument:
C11-HyperStar, f = 560 mm, 2 h belichtet mit ASI 183MCpro und IDAS-Nebelfilter LPS-P2-48

lig ist nur das etwas größere Gewicht und der höhere Kaufpreis. Sie kann durch ihre Pixelgröße von 4,78 Mikrometer an vielen Optiken, auch mit größerer Brennweite, gut eingesetzt werden. Die ASI 183MCpro ist hingegen noch lichtempfindlicher, besitzt ein geringes Rauschen und bietet mit einer Sensorgröße von 1" ebenfalls ein recht großes Gesichtsfeld. Die Vignettierung ist bei ihr auffälliger, kann jedoch durch Flatframes kompensiert werden. Allerdings besitzt sie ein ausgeprägtes Verstärkerglühen, welches sich besonders bei Belichtungen von mehreren Minuten bemerkbar macht und nicht immer komplett kompensiert werden kann. Dies scheint am Back-Illuminated-Sensor zu liegen, denn auch andere Kameras dieses Typs weisen ähnliche Erscheinungen auf. Hinzu kommt bei der Einstellung Gain = 0 ein manchmal auftretender Banding-Effekt und eine mattere Farbwiedergabe. Die kleine Pixelgröße von 2,4 Mikrometer macht die Kamera aber be-

sonders für Detailaufnahmen interessant. Die aufgezählten Nachteile können durch die richtigen Einstellungen und eine entsprechende Bildverarbeitung kompensiert werden. Sie spielt ihre Vorteile bei kurzen Belichtungszeiten aus und kann auch bei Videoaufnahmen von Planeten überzeugen. Daher haben beide Kameras an der gleichen Optik durchaus ihre Berechtigung.
Resümee: Der Fortschritt der Kamerachips macht es möglich, auch mit kleinerer Brennweite und geringerer Öffnung weiter in den Nachthimmel vorzudringen. Was früher nur größerem Equipment oder Sternwarten vorbehalten war, kann nun mit geringerem Aufwand erreicht werden. Durch die CMOS-Kameras, die auf Kurzbelichtungszeiten spezialisiert sind, werden zudem auch nicht mehr die gleichen Anforderungen an die Montierung gestellt. Es können also wesentlich mehr Aufnahmen im gleichen Zeitraum erstellt werden,

was der Bildqualität zu Gute kommt. Es ist daher spannend zu verfolgen, wie sich die Kameratechnik in Zukunft noch weiter entwickeln wird.
Internethinweise (Stand: 20.5.2019): [1] Astronomik, Clip-Filter-System für
Canon-EOS-Kameras, www.astronomik.com/de/clipfilter-system.html [2] CCD Suitability, astronomy.tools/ calculators/ccd_suitability

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UNSPLASH / MANUEL WILL (https://unsplash.com/photos/gd3t5Dtbwkw)

KINDERSEITEN
Haufenweise Sterne
von Peter Köchling

Wenn Du nachts zum Sternenhimmel schaust, so scheinen die Sterne ziemlich durcheinander zu stehen. An manchen Stellen gibt es nur wenig Sterne. Aber in den Sternbildern der Milchstraße siehst du viele Sterne dicht zusammen. An einigen Stellen stehen gleich mehrere Sterne eng in Gruppen beieinander. Solche Gruppen von Sternen nennt man auch Sternhaufen. Es scheint, als ob jemand die Sterne wie einen Sandhaufen zusammengelegt hätte.

Der schönste Haufen des Herbst- und Winterhimmels ist das Siebengestirn im Sternbild Stier. Mit bloßen Augen erkennt man rund sieben kleine Sterne. Die alten Griechen nannten diesen Sternhaufen auch ,,Plejaden". Er ist von der Erde aus etwa 450 Lichtjahre (Lj) entfernt. Was ein Lj ist, erfährst Du im Kasten ,,Entfernungen im Weltall". Wer die Plejaden mit einem großen Objektiv oder Teleskop fotografiert, kann viel mehr Sterne auf dem Foto sehen als mit bloßem Auge (Abb. 1). Über 500 Sterne sind nachweisbar. Der wissenschaftliche Name für die Plejaden lautet M 45. Was dahinter steckt, liest du im Kasten ,,Sternenkataloge".

1 Die Plejaden M 45 im Stier

Viele Sternhaufen am Himmel sind so weit weg und damit für uns so klein und dunkel, dass einzelne Sterne mit dem Auge nicht mehr zu sehen sind. Dennoch erscheinen sie am Himmel in ihrer Gesamtheit als nebliger Fleck. So ist im Frühling im Sternbild Krebs der Sternhaufen M 44, die ,,Krippe", mit bloßen Augen gut sichtbar (Abb. 2). M 44 ist rund 580 Lj von uns weg.

2 M 44, die ,,Krippe" im Krebs

Entfernungen im Weltall
Von der Erde bis zu den Sternen ist es so weit, dass eine Entfernungsangabe in Kilometern unsere Vorstellungskraft weit übersteigt. Um die Zahlenwerte übersichtlich zu halten, verwenden die Astronomen das Lichtjahr (Lj). Darunter versteht man keine Zeitspanne, sondern eine Strecke. Info für dich: In einer Sekunde legt ein Lichtstrahl im All 300.000 km zurück, das wäre 7,5-mal um die Erde. Im selben Zeitraum schafft das Auto deiner Eltern auf der Autobahn etwa 33 Meter. Jetzt stelle dir vor, der Lichtstrahl würde nicht nur eine Sekunde weit hinaus ins All laufen, sondern ein Jahr lang. Die dann zurückgelegte Strecke wird als Lichtjahr bezeichnet, was rund 9,5 Billionen Kilometern entspricht.
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KINDERSEITEN

3 Der doppelte Sternhaufen h/ Persei 4 M 67, auch im Krebs

Zwischen den Sternbildern Perseus und Cassiopeia sind von Mitteleuropa aus zwei Sternhaufen dicht nebeneinander als schwache Flecken zu sehen. Die beiden Sternhaufen heißen h/ Persei. Das sind Buchstaben, einer aus dem griechischen Alphabet. Das angehängte lateinische Wort ,,Persei" bedeutet ,,aus dem Perseus". Abb. 3 zeigt diesen rund 7.300 Lj entfernten doppelten Sternhaufen h/ Persei.
Manche Sternhaufen erscheinen am Himmel so groß, dass sie gar nicht ganz in das Blickfeld des Fernrohres passen, so zum Beispiel M 44 und M 45. Die Sternhaufen M 67 (2.700 Lj entfernt, Abb. 4) und NGC 1245 (Entfernung 8.200 Lj, Abb. 5) passen aber gut ins Blickfeld, weil sie viel weiter entfernt sind als M 44 oder M 45 und daher viel kleiner wirken.
Bisher habe ich Euch nur so genannte ,,offene Sternhaufen" erklärt. In ihnen sind die Sterne recht locker angeordnet. Es gibt dann noch die Kugelsternhaufen. Ihre Sterne stehen dicht gedrängt zusammen und konzentrieren sich zum Zentrum immer stärker. Ein bekannter Kugelsternhaufen ist der rund 25.000 Lj entfernte M 13 im Sternbild Herkules mit rund 100.000 Sternen (Abb. 6). Stell dir jetzt vor, unsere Erde stünde mitten in einem solchen Kugelsternhaufen. Dann wäre der Nachthimmel für dich fast so hell wie der Tag und du könntest außer den hellen Nachbarsternen des Kugelsternhaufens fast nichts anderes am Nachthimmel sehen.

Sternenkataloge
Vor über 200 Jahren hat der französische Astronom Charles Messier (im deutschen ,,Messjeh" gesprochen) viele neblige Objekte am Sternhimmel beobachtet, sie in einem Katalog erfasst und veröffentlicht. Die Katalogobjekte hat Messier durchnummeriert und ein M für seinen Namen davorgesetzt: M 1, M 2, M 3 und so weiter. Insgesamt sind 103 Objekte im ,,Messier-Katalog" erfasst. Der Sternhaufen Krippe hat die Katalognummer M 44, die Plejaden die Nummer M 45. Der Kugelsternhaufen im Herkules ist als M 13 bekannt. Irgendwann hatte man aber so viele Objekte am Himmel entdeckt, dass der Katalog von Charles Messier nicht mehr ausreichte. Also erstellten Astronomen vor über hundert Jahren einen neuen Katalog mit dem englischen Namen ,,New General Catalogue" (NGC). Er umfasst mehrere Tausend Sternhaufen, Nebel und Galaxien.

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KINDERSEITEN

Lange Zeit rätselten die Astronomen, warum Sterne nicht nur einzeln vorkommen, sondern auch in Sternhaufen zusammenstehen. Heute weiß man, dass alle Sterne eines Haufens etwa gleichzeitig dort entstanden sind und durch starke Anziehungskräfte (Gravitation) zusammenhalten. Daher sind alle Haufensterne auch gleich alt. Es gibt junge und alte Sternhaufen. Zudem wandern alle Sternhaufen mit ihren Sternen ganz langsam über den Himmel. Ein Sternhaufen ist also mit einer großen Familie vergleichbar, alle Geschwister wurden am selben Ort geboren.
Mit einem Teleskop erkennst Du in einem Sternhaufen viele Einzelsterne, die sich deutlich voneinander unterscheiden. Die hier gezeigten Bilder sind so stark vergrößert, dass der Vollmond dreimal ins Bild passt. Ich fotografierte diese Sternhaufen mit einer Spiegelreflexkamera Canon EOS 60D durch mein Teleskop - es ist ein Celestron 11 mit sehr lichtstarker Optik. Mit diesem Teleskop hole ich die Himmelsobjekte stark vergrößert heran und sammle mehr als 1000-mal soviel Licht wie mit dem bloßen Auge. Während einer mehrstündigen Belichtung lassen sich dadurch auch sehr lichtschwache Sterne fotografieren.

5 NGC 1245 im Perseus

6 Kugelsternhaufen M 13

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Amateurteleskope / Selbstbau

Ein ,,g'scheiter" Refraktor 60/700
von Herbert Zellhuber

Mittlerweile sind fast 20 Jahre vergangen, seit ich von einem älteren Herrn einen Kaufhaus-Refraktor 60/700 geschenkt bekam [1]. Er kam mit dem Gerät nicht zurecht und meinte, ich solle mir irgendwann ein ,,g'scheites" Fernrohr daraus bauen. Dieses Projekt habe ich dann letzten Winter in Angriff genommen. Bei der Planung stellte ich erfreut fest, dass sämtliches Material (vorwiegend Aluminium und Edelstahl) für die Herstellung in meinem Materiallager vorhanden war. Erste Überlegungen, das Instrument aus Messing anzufertigen, ließ ich also fallen. Mir fehlt für dieses Material auch die günstige Bezugsquelle.

Bei der Planung wurde berücksichtigt, dass auch mein vorhandenes Zubehör weiterhin benutzt werden kann (Bild 1). Vor allem musste das Instrument einen 2-Zoll-Okularauszug haben. Da ich beim Refraktor 80/500 [2] schon gute Erfahrungen mit einem Auszug mit Friktionstrieb gemacht hatte, wollte ich auch hier einen solchen wieder anbauen. Die vorhandene primitive Objektivfassung wollte ich aber keinesfalls weiter verwenden. Dort werden die Linsen nur durch einen ausgestanzten 0,5 mm dicken Kunststoffring auf Abstand gehalten. Außerdem haben die Glaslinsen in der Fassung seitlich ca. einen halben Millimeter Spiel. Die Linsen sind nur durch einen Gewindering gehalten und müssen beim Einbau etwas Spiel haben, um Verspannungen zu vermeiden. Deshalb wollte ich die Objektivfassung unbedingt neu herstellen. Als Vorbild diente mir ein 80-mm-Objektiv mit 500 mm Brennweite von Zeiss. Dabei werden die beiden Glaslinsen von drei dünnen Blechen auf Abstand gehalten. Probehalber nahm ich 0,15 mm starkes Kupferblech (Bild 2). Da ich mit der Abbildungsleistung zufrieden bin, lasse ich es vorerst dabei. Der Federring (Bild 3) wird von einem Gewindering (Bild 4) angepresst.

1 Dieses Zubehör muss auch am Refraktor 60/700 verwendet werden können: Porroprisma
und Binokularansatz für 1,25-Zoll-Okulare, Zenitspiegel und Dachkantprismen für 2- und 1,25-Zoll-Okulare.

2 Zwischen den Glaslinsen sind die
drei dünnen Kupferbleche eingelegt. Die Fassung wird von unten eingefädelt. Dazu braucht man etwas Geduld und eine ruhige Hand. Bei mir jedenfalls waren mehrere Versuche nötig ...

3 Beim Anpressen der Schenkel an
einen Uhrenmessschieber kann man das Federverhalten des Federringes abschätzen.

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Amateurteleskope / Selbstbau

4 In der Objektivfassung sind die Glaslinsen schon eingebaut. Ein Hilfswerkzeug hält
den Federring in seiner Position, damit sich dieser beim Anziehen des Gewinderings nicht mitdrehen kann. Der Gewindering hat zwei kleine Nuten, dort wird ein abgewinkeltes Blech angesetzt und es kann somit sehr gefühlvoll angezogen werden.

Selbstbaumikroskop verwendet. Falls nötig, kann man den Raum zwischen Objektiv und Okularauszug mit Pappe oder Tüchern abdecken, dann wird der Kontrast besser. Nun baute ich das Zubehör an und ermittelte die erforderliche Tubuslänge. Der Binokularansatz und das Porroprisma haben einen relativ langen Lichtweg. Möchte ich alles Zubehör verwenden, so hätte ich einen Okularauszug mit mindestens 150 mm Verstellweg bauen müssen. Das war mir zu lang und ich entschloss mich, ein schon vorhandenes Okularauszugsrohr mit 80 mm Verfahrweg und einen Tubus-Zwischenring mit ebenfalls 80 mm zu verwenden. Ist der Binokularansatz oder das Porroprisma angebaut, ist kein Zwischenring nötig. Ich entschloss mich für eine Schraubverbindung mit Gewinde M 65x1.

Das Objektiv wurde dann in die optische Bank eingesetzt (Bild 5). Die Aluminiumplatten nehmen die optischen Kompo-

nenten auf und können auf 12-mm-Rundstangen beliebig verschoben werden. Der Okularauszug wird gewöhnlich für mein

Als Stativ verwende ich das von meinem MUM-Astrobino 80/500 [3]. Die Kurzgabelmontierung kann schnell und einfach

5 In der optischen Bank wurde das vorhandene Zubehör eingebaut (hier das 30-mm-Okular mit 2-Zoll-Dachkantprisma).
So konnte ich ohne große Umstände die nötige Tubuslänge ermitteln.
54 | Journal für Astronomie Nr. 72

Amateurteleskope / Selbstbau

durch eine Zentralmutter mit Federring angebaut werden (Bild 6). Sowohl die Höhen- als auch die Seitenlager sind jeweils drei Teflonlager. Der Tubus ist in einer Vierkantwiege geklemmt. Nach dem Lösen der oberen Rändelschraube, an der ein Klemmstück angebaut ist, kann der Tubus verschoben, verdreht und entsprechend austariert werden.

Der Binokularansatz (Bild 7) und das 2-Zoll-Zubehör sind relativ schwer. Ab einer gewissen Schräglage des Fernrohrs entsteht ein Kippmoment, das sich mit den Teflonlagern nicht mehr ausgleichen lässt. Deshalb baute ich noch eine mit einer Rändelmutter einstellbare Bremse an (Bild 8). An den beiden Aluminiumleisten sind kleine Messingklötzchen eingesetzt, die das Edelstahl-Höhenlager je nach Anpresskraft schwergängig machen oder klemmen lassen.
Bei einem 2-Zoll-Okular mit 40 mm Brennweite und dem Dachkantprisma hat man eine Vergrößerung von 17,5-fach. Die Austrittspupille beträgt dabei 3,4 mm bei einem Gesichtsfeld von fast 4 Grad . Da das 2-Zoll-Dachkantprisma seitenrichtige und aufrechte Bilder liefert, kann man es als Spektiv verwenden. Bei der astronomischen Beobachtung nehme ich allerdings den Zenitspiegel, da meine Aufsuchkarten entsprechend ausgelegt sind. Der Binokularansatz kann natürlich auch mit den Dachkantprismen kombiniert werden. Dann hat man ein Spektiv und kann noch dazu mit beiden Augen beobachten! Mit 26-mm-Okularen habe ich eine 27-fache Vergrößerung bei knapp 2 Grad Gesichtsfeld. Mit dem Porroprisma ist das Instrument als geradsichtiges Spektiv verwendbar (Bild 9). Natürlich lässt sich das Fernrohr auch als Teleobjektiv verwenden (Bild 10). Bei einer Blende von 11,6 hat es sowohl eine gute Randschärfe als auch genügend Schärfentiefe.

7 Der Autor bei der Sonnenbeobachtung mit
dem Binokularansatz. Vor dem Objektiv ist eine Sonnenfilterfolie, die in einer selbst gebastelten Fassung aus Pappe eingebaut ist.

6 Oben: Die Kurzgabelmontierung kann
schnell mit Hilfe der Zentralmutter und dem Federring ans Dreibein angebaut werden. Der Anpressdruck der Teflonlager wird durch entsprechendes Anziehen der Zentralmutter eingestellt.
Durch die vielseitige Verwendbarkeit (astronomisch, terrestrisch und fotografisch) ist es ein ,,g'scheites" Fernrohr geworden. Natürlich bleibt durch die relativ kleine Öffnung bei der Deep-Sky-Beobachtung die Anzahl der beobachtbaren Objekte begrenzt. Trotzdem würde man es oft nicht für möglich halten, was von einem erfahrenen Beobachter mit guten Aufsuchkarten und einem dunklen Himmel gesehen werden kann.
Die Planung und Fertigung des Fernrohrs haben schon Spaß gemacht, wenn auch manches nicht gleich auf Anhieb zur Zu-

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Amateurteleskope / Selbstbau

friedenheit funktioniert hat. Vor allem waren die Drehmaschine und die Fräse im Einsatz. Nur die Oberflächenbehandlung der Aluminiumteile war reine Handarbeit. Zuerst wurde die Oberfläche durch kreisende Bewegungen mit feinem Schmirgelpapier bearbeitet. Danach nahm ich Stahlwolle, ebenfalls wieder mit kreisenden Bewegungen. Sollte die Oberfläche nach einigen Jahren des Gebrauchs mal an einigen Stellen, z.B. durch Kratzer, unansehnlich werden, nehme ich eben noch einmal Schmirgelpapier und Stahlwolle zur Hand.

Literaturhinweise: [1] H. Zellhuber: ,,Wie gut sind Kaufhaus-
teleskope?"; VdS-Journal I/2002 (S. 33) [2] H. Zellhuber: ,,Der Bau eines Refraktors 80/500 und erste Beobachtungseindrücke"; interstellarum 2 (Feb. 1995) [3] H. Zellhuber: ,,Das MUM-Astrobino 80/500"; Sterne und Weltraum 10/1999 (S. 884)

8 Hier ist das 30-mm-Okular mit dem 2-Zoll-Zenitspiegel angebaut. Beim schräg gestellten
Fernrohr entsteht ein Kippmoment. Mit einer stufenlos einstellbaren Bremse kann das Höhenlager geklemmt werden.

9 Mit dem Porroprisma ist das Instrument als geradsichtiges Spektiv verwendbar.
Das 20-mm-Okular liefert eine 35-fache Vergrößerung.

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1 0 Der Refraktor 60/700 als Teleobjektiv mit angebauter
digitaler Spiegelreflexkamera.

Amateurteleskope / Selbstbau

Eine Knicksäule für die Montierung ALT-5-ADN
von Jürgen Dirscherl

Der Montierung eines Teleskops kommt gerade bei der Astrofotografie eine überragende Bedeutung zu. Für lange Belichtungszeiten sind parallaktische Montierungen vorteilhaft, da keine Bildfelddrehung auftritt (genauer gesagt, hängt die verbleibende Bildfelddrehung von der Genauigkeit der Ausrichtung der Rektaszensionsachse auf den Himmelspol ab). Gerade für lang gebaute Teleskoptuben hat sich die Deutsche Montierung aufgrund ihrer Kompaktheit und Stabilität sehr bewährt. Für die Präzision ist es vorteilhaft, wenn die Lager einer Achse möglichst weit auseinander liegen. Für die lang belichtete Astrofotografie ist eine hohe Präzision der Achsenlagerung sowie des Nachführungsgetriebes wichtig. Ein großer Nachteil der Deutschen Montierung ist, dass der Tubus (vor allem ein langer Tubus wie bei einem Refraktor) bei Ausrichtung des Teleskops in Zenitnähe oder nördlich davon an die Montierung oder an die Säule, auf der die Montierung angebracht ist, anschlagen kann. Dies führt nicht nur dazu, dass zenitnahe Himmelsareale teilweise gar nicht zugänglich sind, sondern auch, dass beim Meridiandurchgang das Teleskop meist auf die andere Seite umgeschwenkt werden muss. Bei visuellen Beobachtungen ist dies noch zu verschmerzen, bei fotografischen Aufnahmen jedoch sehr störend. Für das Umschwenken muss mitunter die gesamte Verkabelung gelöst und ggf. sogar das Leitrohr für die Nachführung umgebaut werden. Bis alles wieder eingerichtet ist, ist viel wertvolle Belichtungszeit verloren.
Mit diesem Problem sahen wir uns auch an der Johann-Kern-Sternwarte Wertheim konfrontiert. Neben dem von Johann Kern gebauten, schon historisch zu nennenden 24-zölligen Newton-Teleskop (ca. 610 mm Öffnung und 3050 mm Brennweite) auf einer englischen Montierung verfügt die Sternwarte auch über einen apochromati-

1 Knicksäule mit ALT-5 und Refraktor (Astrophysics Starfire)

schen Refraktor (Astrophysics Starfire) mit Öffnung 152 mm und 1370 mm Brennweite auf einer ALT-5-ADN-Montierung (im Folgetext nur noch Alt-5 genannt, Abb. 1). Dieser Aufbau ist für die Astrofotografie mit dem Refraktor selbst oder mit einem parallel montierten Astrografen (ein für die Fotografie ausgelegtes Teleskop) hervorragend geeignet. Der Refraktor kann in diesem Fall als Leitrohr für die Nachführung dienen. Die ALT-5 war aus Stabilitätsgründen auf einem stählernen Dreibein aufgebaut. Sowohl die Montierung selbst als auch das Dreibein beschränkten den Schwenkbereich des Refraktors erheblich. Wie oben geschildert waren zenitnahe Bereiche des Himmels kaum zugänglich, und

bei fotografischem Einsatz war bei steil stehenden Objekten noch vor dem Meridiandurchgang ein sehr umständliches Umschwenken nötig. Darüber hinaus war es nicht möglich, einen größeren Astrographen anstelle der Gegengewichtsstange zu montieren, da dieser den Schwenkbereich auch von der anderen Seite beschränkt hätte (außer vielleicht für sehr flach stehende Objekte).
Zur Lösung des Problems machten wir uns auf die Suche nach einem Anbieter von Knicksäulen für die ALT-5. Bei Knicksäulen folgt der obere Teil der Säule (direkt unterhalb der Montierung) der Verlängerung der Rektaszensionsachse, so dass der Bereich

Journal für Astronomie Nr. 72 | 57

Amateurteleskope / Selbstbau

2 Detailansicht des oberen Aufbaus der Knicks äule aus Nordwes-
ten. Die Krafteinleitung durch die Halteplatte der Montierung (links oben im Bild) wird zuerst über eine Strebe und weiter unten über ein keilförmiges Schweißteil direkt in die Säule abgeleitet.

3 Detailansicht des oberen Aufbaus der Knicksäule von
Süden. Das Klemmrad der Rekt aszensionsachse ist weiterhin gut zugänglich.

unter der Montierung frei für das Durchschwenken des Teleskops wird. Erst außerhalb der ,,Reichweite" des Tubus knickt die Säule zurück, um im Schwerpunkt der gesamten Anordnung die Bodenverankerung zu erreichen. Knicksäulen stellen erhebliche Anforderungen an den mechanischen Aufbau, da der Knick in der Säule für die Steifigkeit sehr nachteilig ist. Die Suche nach Knicksäulen für ALT-5 im Internet blieb leider erfolglos. Auch der Hersteller (Astronomische Instrumente Eckhard Alt) selbst konnte uns hier nicht weiterhelfen. Daher machte sich der Autor selbst an die Konstruktion einer solchen Säule.
Als Hauptproblem stellte sich dabei der geometrische Aufbau der Montierung heraus. Die ALT-5 ist bekannt für ihre hervorragende mechanische Verarbeitung, Steifigkeit und Nachführgenauigkeit. Der groß dimensionierte Rektaszensionsantrieb ist in einem entsprechend voluminösen Metallgehäuse am unteren Ende der Montierung angebracht. Dort steht er jedoch dem oberen Teil der Knicksäule, der ja in der Verlängerung der Rektaszensionsachse die Kräfte aufnehmen soll, im Weg. Ein weiteres Problem ist die weit nach unten geführte Halteplatte der Montierung, die deutlich von der Rektaszensionsachse absteht. Dennoch gelang es, mit computerunterstütztem Zeichnen (CAD) einen ersten Entwurf

zu konstruieren, beruhend auf passend dimensionierten Stahlrohren, und groß genug, um das Rektaszensionsantriebsgehäuse zu umschließen. Für das Tragen der Montierung selbst war eine 30 mm starke Stahlplatte geplant. Mit diesem ersten Entwurf wandten wir uns an einen bekannten Anbieter von Knicksäulen, die Firma JDAstronomie. Herr Runschke (an dieser Stelle nochmals Dank für die Arbeiten) ging sofort auf unsere Anfrage ein und begann unseren Entwurf zu überarbeiten, und zwar insbesondere in Bezug auf Herstellbarkeit und Kostensenkung. Dazu konstruierte er einen Aufbau aus Stahlplatten zum ,,Umschließen" der ALT-5, so dass auf die übergroßen Metallrohre sowie auf die aufwendige 30-mm-Stahlplatte verzichtet werden konnte. In enger Abstimmung mit dem Autor arbeitete Herr Runschke einen allseits zufriedenstellenden CAD-Entwurf aus und führte Finite-Elemente-Berechnungen der zu erwartenden Durchbiegungen der Säule unter Last durch.
Nach weiteren Optimierungen ging die Säule in Bau, wurde mit Korrosionsschutz versehen und nach Wertheim geliefert. Aufstellung und Inbetriebnahme verliefen problemlos. Die Säule wurde zur Schwingungsdämpfung mit gereinigtem und getrocknetem Spezialsand gefüllt. Um das Ziel eines völlig freien Durchschwenkens

des Refraktors zu erreichen, musste der Tubus mit Hilfe eines Abstandhalters um 70 mm weiter nach außen versetzt werden. Eine weitere Herausforderung war der Wunsch nach einer Montagemöglichkeit eines Astrog raphen auf der gegenüberliegenden Seite der Deklinationsachse, also anstelle der Gegengewichtsstange. Einziger ,,Angriffspunkt" dafür ist an der ALT-5 ein M16-Außengewinde. Doch auch hierfür wurde eine Lösung (mit massiven Drehund Frästeilen aus Edelstahl) gefunden. Damit ist nun das freie Durchschwenken sowohl des Refraktors als auch eines gegenüberliegend montierten Astrographen möglich und damit unterbrechungsfreie Aufnahmesequenzen praktisch in alle Himmelsrichtungen.
Abbildung 1 zeigt den Gesamtaufbau der Knicksäule mit montiertem Refraktor. Die Knicksäule ist unten auf eine 20 mm dicke Stahlplatte mit großzügigen, kreisförmigen Langlöchern für die Bodenverschraubung und Gewinden für Stehbolzen geschweißt. Die Säule ist über Betondübel mit dem vom Gebäude getrennten Betonfundament verschraubt. Die Säule selbst besteht aus Stahlrohren (Außendurchmesser 193,7 mm, Wandstärke 6,3 mm). Der Knickwinkel beträgt 100 Grad und ist für den geografischen Standort in Wertheim (~ 50 Grad nördl. Breite) optimiert. Der obere Aufbau aus ver-

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Amateurteleskope / Selbstbau

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4 Knicksäule mit zwei Teleskopen gegenüberliegend auf der
Deklinationsachse montiert. Dank der Knicksäule lassen sich die Teleskope völlig frei in alle Richtungen schwenken.

schraubten Stahlplatten (alle 20 mm stark) umschließt die Montierung und stützt die Halteplatte der Montierung seitlich und nach unten ab. Die Stahlplatten wurden lasergeschnitten und anschließend auf exaktes Maß gefräst.
Dieser obere Aufbau ist in Abbildung 2 im Detail mit Blickrichtung aus Nordwesten gezeigt. Die Krafteinwirkung über die Halteplatte der Montierung wird direkt nach unten auf die Stahlrohre der Knicksäule abgeleitet. Der Aufbau ist in diesem Bereich durch eine keilförmige Gestaltung für möglichst geringe Breite optimiert, um den Schwenkbereich der Teleskope wenig einzuschränken, oder anders gesagt, um die Teleskope so wenig wie möglich nach außen versetzen zu müssen, was der Stabilität zu Gute kommt. Für den groß dimensionierten Rektaszensionsmotor (rechteckiger Kasten mittig) ist eine spezielle Aussparung im Aufbau nötig. Die Motoranschlüsse daran sind frei zugänglich.

Abbildung 3 zeigt den oberen Aufbau aus Süden. Rückseitig ist das Klemmrad für die Rektaszensionsachse weiterhin gut zugänglich. In der Mitte des Stahlplattenaufbaus ist die Einfüllöffnung für Sand in die Säule zu erkennen. In Abbildung 4 ist an die Knicksäule ein Astrograph (privates 250-mm-Newtonteleskop mit 1000 mm Brennweite) anstelle der Gegengewichtsstange montiert. Die Anordnung mit dem Refraktor auf der einen und dem Newtonteleskop auf der anderen Seite der ALT-5 ist nahezu perfekt ausbalanciert. Die neue Säule erlaubt völlig freies Durchschwenken beider Teleskope in praktisch alle Richtungen und damit unterbrechungsfreie Aufnahmen auch über den Meridiandurchgang - selbst für zenit- oder sogar polnahe Ziele. Die Säule konnte ihre hervorragende Stabilität bereits in ersten Testaufnahmen am Mond und am Zwergplaneten Eris (siehe: http://www.sternwarte-wertheim. de) unter Beweis stellen. Für die Aufnahme der Strichspur von Eris wurden über fast fünf Stunden hinweg ununterbrochen Aufnahmen erstellt, was ohne Knicksäule nicht möglich gewesen wäre.

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Amateurteleskope / Selbstbau

Eine einfache und praktische Dobson-Garage
von Hubert Hermelingmeier

Ich beobachte seit vielen, vielen Jahren von meiner Sternwarte aus mit einem Refraktor von 150 mm Öffnung und 2.300 mm Brennweite und einem weiteren Refraktor von 100 mm Öffnung und 600 mm Brennweite. Mit dem 150-mm-Refraktor beobachte ich sehr viel die Objekte des Sonnensystems. Für dieses Teleskop habe ich auch ein H-Filtersystem (auf 75 mm Öffnung reduziert). Der 100-mm-Refraktor wurde vorrangig als Reiseteleskop konzipiert. In Verbindung mit einem Binokularansatz ist es auch ein tolles Großfeldinstrument. Beide Teleskope befinden sich in meiner Dachsternwarte [1]. Meine letzte größere Investition war ein 14-zölliger Martini-Dobson (Newton-Spiegelteleskop). Dieses Teleskop wird überwiegend im Garten für die Deep-Sky-Beobachtung und für Exkursionen mit anderen Sternfreunden eingesetzt. Es ist in der Größe eine gute Ergänzung zu meinem 150-mm-Refraktor. Der Dobson hat keinen Platz mehr in meiner Sternwarte, daher musste eine andere Lösung für die Unterbringung gefunden werden.

1 Das Dobson-Teleskop unter der an der
Decke aufgehängten Schutzhaube.

2 Der Dobson wird nach vorn geneigt und
mit dem Rollwagen unter der Schutzhaube weggezogen.

3 Seitenansicht der abgesenkten Plattform
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Amateurteleskope / Selbstbau

Als Schutz vor Staub und Feuchtigkeit habe ich die Haube eines Heizpilzes (Gasheizung für den Außenbereich) darüber gestülpt. So fand es seinen Platz im Gartenhaus bei den Fahrrädern. Während der Beobachtung hatte ich für die Schutzhaube nie einen sauberen Platz, wo ich sie ablegen konnte. Das war ziemlich lästig. Ich habe dann die Haube an einem Holzlatten-Gerüst befestigt und an vier einfachen Ketten an die Decke des Gartenhauses gehängt (Abb. 1). Das Dobson-Teleskop steht außerdem jetzt auch auf einer absenkbaren, fahrbaren Plattform. Für den Beobachtungsstuhl ist darüber hinaus auch noch ausreichend Platz. Die Haube

lässt sich bequem öffnen, das Teleskop nach vorne klappen und einfach herausziehen. Die Handhabung ist jetzt deutlich einfacher und die Schutzhülle bleibt sauber (Abb. 2). Die Plattform besteht aus Holz. Die Komponenten habe ich mir im Baumarkt passend zuschneiden lassen, sodass nur noch der Zusammenbau und der Anstrich von mir vorgenommen werden mussten. Die Rollen sind seitlich an der Plattform befestigt und können hochgeklappt werden (Abb. 3). Die Plattform steht dann bei der Beobachtung nicht mehr auf den Rollen, sondern auf drei flachen Kunststoff-Füßen. Die Rockerbox des Dobson-Teleskops steht so auf der

Plattform, dass die Rockerboxfüße über den Kunststofffüßen der Plattform stehen. Dadurch erreicht das System einen guten und festen Stand.
Die Beobachtung mit dem Dobson macht jetzt viel mehr Freude, weil die Aufbauzeit deutlich kürzer ist. Die ,,Dobson-Garage" hat sich bisher bestens bewährt. Selbst rasche Temperaturwechsel im Winter mit hoher Luftfeuchtigkeit sind kein Problem.
Internetlink (Stand August 2019): [1] www.privatsternwarte.net

Tiefe Belichtung

Impression

Die ,,Feuerwerksgalaxie" NGC 6946 am 06.08.2019, Aufnahmeort: Verclause (Südfrankreich), Lacerta-Newton 250 mm/1000 mm, Kamera: Starlight Xpress Trius 694, Belichtungszeit: L 46 x 10 min, RGB je 25 x 10 min, gesamt 20 h. Bildautor: Markus Blauensteiner.
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Astrofotografie

DeepSkyCamera-App für Android
Astrofotografie mit dem Smartphone (Teil 1)
von Michael Seeboerger-Weichselbaum

Als Mitglied der Astronomischen Gesellschaft Orion Bad Homburg habe ich mit einer Android-App für Astrofotografie begonnen. Hier beschreibe ich den aktuellen Stand der App auch einmal für das VdS-Journal für Astronomie. Im Teil 1 werden die Hard- und Software-Grundlagen vorgestellt, Teil 2 geht auf die astrofotografischen Techniken und die Diskussion der Bildergebnisse ein.

Bei Smartphones denkt man zwar an gute Bilder für den täglichen Gebrauch. Aber Astrofotografie? Nebel? Galaxien? Sternhaufen? Eine sehr schwierige Disziplin! Auf den ersten Blick scheint alles gegen ein Smartphone zu sprechen: keine Wechselobjektive, keine vernünftige Anbringung am Teleskop, kleine Sensoren (in der Regel mit Diagonalen von maximal 6 mm) und ebenso kleine Pixel (oft zwischen 0,8 und 2 m) bei 12 bis 50 Megapixeln. Und wie ist die Linse vor dem Sensor ausgestattet? Oft sieht es nach Plastik aus, und es drängt sich der Vergleich zu den chinesischen Farbwerfern auf. Immerhin werben Huawei bei vielen Modellen mit Leica-Linsen und Nokia mit Zeiss-Glas. Können die Smartphones auch etwas in der Astrofotografie leisten? Kurz gesagt: ja, und zwar eine ganze Menge, wie die Bilder in diesem Beitrag zeigen. Seit Android 5.0 (2014 von Google eingeführt) ist es für uns Astrofotografen besonders interessant: - Einfacheres Ansprechen des Kamerasen-
sors über die so genannte Camera2API. - Fokus, Belichtungszeit, ISO, Weißab-
gleich und Farbtemperatur - alles individuell einstellbar, wenn es das Telefon unterstützt. - Aufnahmen können im RAW-Format gespeichert werden (bei vielen Modellen auch RAW10 und RAW12, das die jeweilige Bittiefe angibt). JPEG ist selbstverständlich.
Viele aktuelle Telefone unterstützen diese Funktionen - dazu gehören nicht nur Flagschiffmodelle wie Huawei P 30 Pro und Huawei Mate 20 Pro, sondern auch klei-

1 Oberfläche der DeepSkyCamera-App im
Nachtmodus
nere Modelle wie LG G und V, Huawei P 9/10/20/30 Lite, OnePlus ab 3, Xiaomi (ab Mi 8, Pocophone und Redmi Note 7), Honor, Google Pixel, HTC und Sony. Samsung ist hier etwas spezieller, dazu später mehr. Selbst die in den Telefonen enthaltenen Kamera-Apps sind schon leistungsfähig, insbesondere von Huawei P20 Pro, P30 Pro, Mate 20 Pro und Google Pixel. Diese Ka-

mera-Apps sind gut für Einzelbilder, aber in der Astrofotografie brauchen wir eine Vielzahl von Bildern, die gestackt und prozessiert werden müssen. Es fehlte bisher ein Aufnahmeprogramm, bei dem man viele Bilder timergesteuert aufnehmen und für die Astrofotografie nutzen kann.
Es geht los Als ich Anfang 2018 mit der App DeepSkyCamera für Android [1] angefangen hatte, war ich selbst erstaunt, dass es noch keine Astrofotografie-App im Google-Playstore gab. Nach ungefähr einem Monat Entwicklungszeit hatte ich eine erste rudimentäre Fassung der DeepSkyCamera-App fertig programmiert und stellte sie im Playstore ein [2]. Im gleichen Monat konnte ich erste Tests durchführen. Und - es haute mich glatt um. Die ersten Ergebnisse waren fantastisch und ich arbeitete weiter an der App. Nach einem Jahr stehen wir bei der Version 1.2.8.
Wer schon Astrofotografie macht, ist in der App gleich heimisch. In der Oberfläche kann man vor einer Aufnahmeserie das Format wählen (RAW, RAW+JPEG oder nur JPEG) sowie den Aufnahmetyp (Lights, Darks, Bias, Flats). Als nächstes wählt man die Anzahl der Bilder aus (Default ist 100) und die Belichtungszeit. Viele Telefone bieten hier als maximale Belichtungszeit um die 30 Sekunden an. Einige (z.B. die Huawei P Lite) kommen auf maximal 8 Sekunden. Für die Astrofotografie empfiehlt es sich auf die maximal mögliche Belichtungszeit zu gehen und das Maximum auszureizen. Es gibt Telefone, die schaffen sogar 48 Sekunden (OnePlus 5T). Dann wählt man den ISO-Wert aus. Hier haben meine Tests ergeben, dass man für die Aufnahmen nicht über ISO 800 gehen sollte - dies liegt hauptsächlich an der Lichtverschmutzung, die sich stark auswirkt, da die Optik des Smartphones eine Art Weitwinkel ist und oftmals

62 | Journal für Astronomie Nr. 72

Astrofotografie

eine große Blende besitzt (oft zwischen 1,5 und 2,5). Das wäre es auch fast - theoretisch könnte man jetzt die Serie mit einem Klick auf ,,Start" beginnen. Vorher sollte man aber noch vier weitere Dinge durchführen: - Die aufgenommenen Bilder werden in
einem Standardpfad auf dem Telefon gespeichert (Android/data/de.seebi.deepskycamera/files/Pictures). Dieser kann im Menü der App ,,Einstellungen" geändert werden, z.B. nach DCIM, wo auch die eingebaute Kamera-App die Bilder ablegt. - Ebenfalls im Menü ,,Einstellungen" ist eine Verzögerung vor dem ersten Bild einstellbar. Dies empfiehlt sich unbedingt, da ansonsten direkt beim Klick auf ,,Start" der Aufnahmeprozess beginnt und durch das Anklicken das Telefon verrutschen könnte. Ich stelle immer 10 Sekunden Verzögerung ein. - Im Menü ,,Einstellungen" kann man die App auf Nachtmodus umschalten (schwarzer Hintergrund, rote Schrift). Dies ist sehr zu empfehlen, da der Tagmodus sehr grell ist und man dadurch in der Nacht stark geblendet wird. - Auf der Startseite ist die Pause zwischen den Aufnahmen einstellbar. Es sollte unbedingt eine Pause eingebaut werden (Default: 5 Sekunden), damit die App genügend Zeit hat, die Daten aus dem Sensor zu lesen und diese als RAW und JPEG zu speichern. Einige Telefone (OnePlus, Xiaomi) brauchen eine längere Pause. Ist die Pause zu kurz, werden die Bilddateien nicht geschrieben, da der Sensor schon mit der nächsten Aufnahme beschäftigt ist. Sollten keine Bilder gespeichert worden sein, muss man die Pausenzeit einfach verlängern und ausprobieren. - Manuelles Fokussieren geschieht auf der Startseite der App: Mit den Fingern einen hellen Stern heranzoomen und den Schieberegler auf der rechten Seite solange bewegen, bis der Fokus passt.

2 Mond mit Xiaomi Pocophone F1 durchs Okular (Explore Scientific 6,7 mm am
Takahashi FS 60), 300 DNG-Dateien, ISO 100, Belichtungszeit 1/300 s. Prozessiert mit PIPP, AutoStakkert, Registax und Photoshop.

Jetzt kann`s losgehen - mit einem Klick auf Start beginnt die Aufnahmeserie. Auf der Startseite der App wird unten der Status angezeigt sowie das geplante Ende der Aufnahmen. Zwischen den einzelnen Aufnahmen sowie am Ende der Bilderserie gibt es ein akustisches Signal, das optional ausgeschaltet werden kann.

Darks, Bias, Flats Der gestandene Astrofotograf braucht natürlich Dark-Frames und Bias-Frames, um das Rauschen zu reduzieren. Flat-Frames werden benötigt, um die Vignettierung herauszurechnen. Die Linsen der Smartphones vignettieren sehr stark. Flecken auf dem Sensor sind vernachlässigbar, da die Telefone ja keine Wechselobjektive besitzen.
Darks werden wie bekannt aufgenommen: gleiche Belichtungszeit und ISO. Da ein Smartphone keinen Objektivdeckel besitzt, verpacke ich es in eine Handytasche und lege es im Keller in einen Koffer. Die App

3 Sonne und Sonnenfleck NOAA 12738
mit Lichtbrücke, Aufnahme mit Xiaomi Pocop hone F1 in Okularprojektion (ExploreScientif ic-6,7-mm-Okular am Takahashi FS 60). 300 DNG-Dateien, ISO 100, Belichtungszeit 1/2000 s. Prozessiert mit PIPP, AutoStakkert, Registax und Photoshop.

Journal für Astronomie Nr. 72 | 63

Astrofotografie

4 Orion und Stier, aufgenommen mit einem LG G6, 129 Frames à 33 s, ISO 800, Gesamtbelichtungszeit 60 min. Prozessiert mit Sequator.

nimmt so die Darks auf. Auf der Startseite kann man auch den Aufnahmetyp ,,Darks" auswählen - dies ist eigentlich nur für den Dateinamen bestimmt, damit man später die einzelnen Aufnahmen auseinanderhalten kann.
Die Bias-Frames werden nach dem gleichen Muster angefertigt. Für die FlatFrames braucht man eine Flatfieldfolie oder Flatfieldbox. Einfach das Telefon auf die Flatfieldbox legen, als Belichtungszeit ,,Auto" auswählen und die gleiche Anzahl an Frames wie die Lights auswählen. Es sieht zwar etwas lustig aus, wenn ein kleines Smartphone auf einer Flatfieldbox liegt, aber es funktioniert!
Auf zum fröhlichen Prozessieren Die RAW-Bilder liegen im so genannten DNG-Format (Digital Negative, von Adobe

1997 spezifiziert) vor, das im Endeffekt ein Unterformat von TIFF ist, ohne die zahllosen Sonderformate von TIFF zu besitzen. Die DNG-Bilder (Lights, Darks, Bias, Flats) werden vom Telefon per USB herunter kopiert. Mit einem klassischen Stacking-Programm (DSS, StarTools, PixInsight) kann man dann die Aufnahmen wie die ,,normalen" Bilder aus der Astrocam stacken und anschließend prozessieren (Photoshop, Lightroom ...).
Nach zahllosen Tests scheint der Stacker ,,Sequator" [3] vom chinesischen Entwickler Yi-Ruei Wu am besten geeignet zu sein. Dieser ist nicht nur schnell, sondern kann auch von sich aus die Lichtverschmutzung herausrechnen - alle Fotos hier im Beitrag sind zwar mit verschiedenen Smartphones erstellt worden, aber alle wurden mit Sequator und Photoshop bearbeitet.

Auf welchen Smartphones läuft die App? Die App läuft auf sehr, sehr vielen Telefonen, u.a. auf Huawei, LG, Honor, HTC, OnePlus, Google. Es gibt aber Telefone, auf denen kann die App nicht richtig genutzt werden, weil das Telefon beispielsweise keine manuelle Belichtungszeit unterstützt (z.B. Nokia 1, Nokia 3). Diese so genannten Legacy-Devices bieten nur eine Grundausstattung an (JPEG, Auto-ISO, Auto-Belichtungszeit). Da kann ich zunächst auch als Entwickler nichts mehr machen. Auf der begleitenden Webseite und in der App pflege ich eine Kompatibilitätsliste [4].
Der größte Problemfall ist Samsung. Die eingebaute Kamera-App bietet maximal 10 Sekunden Belichtungszeit an. Leider will Samsung seinen Kamerasensor Drittentwicklern nicht öffnen und verschleiert

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Astrofotografie

5 Plejaden und Hyaden, LG G6, Dezember 2018. 120 Frames à 33 s, ISO 800, Gesamtbelichtungszeit 60 min. Prozessiert mit Sequator.

den Zugriff auf den Sensor. Generell läuft die App unter Samsung-Smartphones. Nur unter S6, S7, S8, Note 5 und ein paar Tablets kann die App die maximale Belichtungszeit von 10 Sekunden anbieten. Mit S9 und Note 9 hat Samsung den Zugriff auf den Kamerasensor erneut verändert - ich konnte dies noch nicht lösen. Ich arbeite hart daran, auch auf S9, Note 9 und S10 die 10 Sekunden Belichtungszeit anzubieten, kann aber noch nicht sagen, mit welcher Version dies umgesetzt wird. Ein ähnliches Problem besteht auch auf Nokia 6, 7 und 8 sowie den Asus Zenfones. Im Endeffekt muss die App an alle diese Telefone (und noch weitere) kontinuierlich angepasst werden. Dadurch, dass immer wieder neue Modelle auf dem Markt erscheinen mit neuen Besonderheiten und Features, ist der Entwicklungsaufwand natürlich enorm, aber meiner Meinung nach lohnt es sich.

Wo geht die Reise hin? Die aktuelle Version 1.2.8 bietet schon fast alles, was der Astrofotograf benötigt. Es wird noch weitere Updates geben, eine Fassung auch immer kostenlos. Ich plane zusätzlich eine Pro-Version mit weiteren Funktionen: Live-Stacking der Aufnahmen, Upload der Aufnahmen in die eigene Cloud (Dropbox, Google Drive ...) oder auf den eigenen HTTPS-Webserver, Dithering und Zusammenarbeit mit PHDGuiding, eine eingebaute Zeitrafferfunktion, die automatisch Videos erstellt. Eine Startrails-Funktion steht auch auf der Feature-Liste, die auch animierbar sein soll. Das Aufzeichnen von RAW-Videos ist auf der Agenda, damit auch das Lucky-Imaging in der App möglich wird.
Derzeit gibt es knapp 4000 Beta-Tester, die mir viele Anregungen und Erweiterungen vorgeschlagen haben. Diese werden auf je-

den Fall auf ihre Kosten kommen und können sich auf tolle Updates der App freuen. Die Zukunft hat mal wieder begonnen.
Internetlinks (Stand Juli 2019): [1] Die App DeepSkyCamera für Android,
www.deepskycamera.de/ [2] Google-Playstore, https://play.
google.com/store/apps/details? id=de.seebi.deepskycamera [3] Der Stacker ,,Sequator", https:sites. google.com/site/sequatorglobal/ [4] Kompatibilitätsliste, www. deepskycamera.de/smartphones.php
6 Nächste Seite: Sternstrichspuren vom
31.03.2019 mit Honor View 10, 1100 Bilder à 15 s und ISO 1600, 15 s Pause zwischen den Bildern.

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Astrofotografie

Astrofotografie

Zwei auf einen Streich
von Manfred Mrotzek

Die Geschichte zu diesem Bild begann recht unspektakulär. Am 13.04.2019 fand ein amerikanisches Supernovasuchprogramm die Supernova SN2019dod in der Galaxie LEDA 46980. Acht Tage später war der Himmel über Buxtehude zwar wolkenfrei, aber dunstig, und der aufgehende Mond tat ein Übriges zur Himmelsaufhellung. Um solche Nächte überhaupt nutzen zu können, versuche ich dann helle Supernovae nachzuweisen. LEDA 46980 und ihr Umfeld im Sternbild Jagdhunde machen zwar nicht viel her, aber die Galaxie stand in einer für mich günstigen Position. SN2019dod stand nordöstlich vom hellsten Teil der Galaxienscheibe und weit genug entfernt, um leicht erkennbar zu sein. So weit, so gut. Die Daten für den Nachweis der Supernova hatte ich in einer guten halben Stunde ,,im Kasten". SN2019dod war live auf den Einzelbildern zu erkennen. Die Aufnahme wurde rasch bearbeitet (Abb. 1), der Ausschnitt mit LEDA 46980 auf meine Webseite geladen und David Bishop, der die Webseite Latest Supernovae [1] betreut, der Link zum Bild mitgeteilt.

Ein Vierteljahr später wollte ich das Foto auf meiner Webseite [2] noch mit ein bisschen ergänzendem Text und Erklärungen präsentieren. Dazu recherchierte ich auf der Internetseite Latest Supernovae die Daten zu SN2019dod und entdeckte zu meiner Überraschung, dass es mit SN2019bvs noch eine zweite Supernova in LEDA 46980 geben sollte, die am 16.03.2019 durch ein anderes amerikanisches Supernovasuchprogramm gefunden worden war. Mein erster Gedanke war: eine Doppelentdeckung ein und derselben Supernova. Doch weit gefehlt! Bei der Überprüfung meiner Theorie zeigten die Aufsuchkarten des Transient Name Servers (TNS) [3] der Supernova Working Group der IAU, dass sich SN2019bvs ganz woanders als SN2019dod befand, nämlich südlich des Galaxienkerns.

1 Ausschnitt aus der auf LEDA 46980 zentrierten Aufnahme vom 21.04.2019 um 23:51 Uhr
MESZ, Refraktor TEC 140 mit Riccardi-Reducer, f = 750 mm (f/5,4), Kamera: Atik 460EX, Gesamtbelichtungszeit 36 min (Einzelbilder: 180 Sekunden).

Und tatsächlich war dort auch auf meiner Aufnahme ein Stern sichtbar, der mir zuvor entgangen war, weil ich nur auf SN2019dod geachtet hatte (Abb. 2). Es leuchteten in der Tat zwei Supernovae zur selben Zeit in einer Galaxie! Ein so seltenes Ereignis hatte ich erst einmal zu Beginn des Jahres 2008 in NGC 2770 erlebt.
Beide Supernovae waren vom Typ II, bei dem ein massereicher Stern einen Kernkollaps erleidet und seine Hülle mit hoher

Geschwindigkeit ins All schleudert. Zurück bleibt in der Regel ein Neutronenstern, manchmal aber auch ein stellares Schwarzes Loch, wenn die Masse des verbleibenden Kerns zu groß ist und auch der Neutronenstern implodiert.
Das 1,2-m-Samuel-Oschin-Schmidt-Teleskop auf dem Mount Palomar, mit dem in den fünfziger und neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Fotoplatten für die Himmelsdurchmusterungen POSS I und

Journal für Astronomie Nr. 72 | 67

Astronomische Vereinigungen

2 Vergrößerte Darstellung
von LEDA 46980

POSS II belichtet wurden, ist heute mit einer CCD-Kamera ausgerüstet und wird für die Suche nach Supernovae und ihrer Überwachung genutzt [4]. Zehn Tage nach meiner Aufnahme wurden mit diesem Teleskop die Helligkeiten mit 18,9 mag für SN2019bvs und mit 18,4 mag für SN2019dod gemessen [5]. Andere Aufnahmen der beiden Supernovae in LEDA 46980 habe ich nicht im Internet gefunden. Die Heimatgalaxie der Supernovae, LEDA 46980, ist eine etwa

450 Millionen Lichtjahre entfernte Spiralgalaxie. Mein Equipment und das bei mir typischerweise herrschende Seeing reichen nicht aus, um die Spiralarme aufzulösen.
Ich fragte mich natürlich, warum ich den Hinweis auf SN2019bvs nicht eher entdeckt hatte, weil ich mich normalerweise auf der Webseite Latest Supernovae über die aktuell sichtbaren Supernovae informiere. In diesem Fall hatte ich aber die Webseite des TNS konsultiert und dort ein paar Tage zuvor SN2019dod entdeckt. Das Datenformat des TNS sieht leider keine Hinweise auf weitere Supernovae in den betroffenen Galaxien vor.

Quellen (Stand August 2019): [1] Webseite Latest Supernovae,
www.rochesterastronomy.org/ supernova.html [2] LEDA 46980 auf der Webseite des Autors, www.astro-photos.net/CCD/ CCD2/LEDA46980_ccd.html [3] Transient Name Server, https:// wis-tns.weizmann.ac.il/search [4] E. C. Belm et al. 2019: ,,The Zwicky Transient Facility: System Overview, Performance, and First Results", draft Version, https://arxiv.org/ pdf/1902.01932.pdf [5] Lasair Transits and Variables, Universitäten Edinburgh und Belfast, https://lasair.roe.ac.uk/object/ ZTF19aaqdkrm/

Ein halbes Jahrhundert Volkssternwarte Darmstadt e.V.
von Wolfgang Grimm

Es war einmal vor gar nicht langer Zeit (nach galaktischen Maßstäben), in einer kleinen Großstadt auf dem 3. Planeten einer ganz normalen Sonne, dass sich etwa ein Dutzend der Einwohner zusammenschlossen mit dem Ziel, der Allgemeinheit eine Möglichkeit zur besseren Beobachtung der Planeten und Sterne zu errichten. Also wurde dafür ein Verein gegründet, der den Namen ,,Volkssternwarte Darmstadt e.V." erhielt. Am 28.04.1969 erfolgte der Eintrag ins Vereinsregister. Einige Jahre später wurde auf der Ludwigshöhe, einer Anhöhe oberhalb Darmstadts, die Sternwarte gebaut.
Seit der Vereinsgründung ist ein halbes Jahrhundert vergangen und vom 3. bis 5. Mai 2019 wurde dieses Jubiläum mit vielen verschiedenen Angeboten für Interessenten aus Darmstadt und Umgebung gefeiert. Dabei

wurden die beiden Tage des 4. und 5. Mai als ,,Tage der offenen Sternwarte" betitelt.
Bereits im Laufe des 3. Mai 2019 wurde eine der Hauptattraktionen für die folgenden Tage angeliefert: ein im Maßstab 3:2 erfolgter Nachbau der Apollo-13-Raumkapsel mit ihrem Kommando- und Servicemodul. Dieser wurde auf einem Platz gegenüber der Sternwarte aufgestellt. Da man in das Kommandomodul der Kapsel klettern konnte, wurde diese in den beiden folgenden Tagen eine der Hauptattraktionen für kleine und auch große Kinder.
Am Abend des 3. Mai startete die Veranstaltungsreihe mit einer akademischen Feier, zu der Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft eingeladen waren. Die Vereinsmitglieder zeigten den Gästen

die Räumlichkeiten sowie das Instrumentarium der Sternwarte und informierten über die Aktivitäten des Vereins.
Nach Grußworten des 1. Vorsitzenden Bernhard Schlesier, der Stadträtin Iris Behr in Vertretung des Oberbürgermeisters, ebenfalls von Professor Karlheinz Langanke von der Technischen Universität Darmstadt (TU) und der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) sowie Dr. Rolando Dölling von der Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) wurde den Besuchern ein Gastvortrag durch die Astrophysikerin Dr. Ilka Petermann geboten.
An beiden Tagen konnten alle Tätigkeitsbereiche der Sternwarte präsentiert werden. Natürlich waren die Teleskope auf der Beobachtungsplattform eine der Hauptattrak-

68 | Journal für Astronomie Nr. 72

Astronomische Vereinigungen

1 Luftbild der Sternwarte. Das Gebäude beinhaltet zwei Bereiche: links die Teleskop-Plattform, wobei das Dach nach hinten abgeschoben ist,
und der Turm mit Kuppel, rechts unter der freien Plattform der Vortragssaal mit Nebenräumen (Bibliothek, Toiletten, kleine Aufenthaltsräume, Werkstatt). Auf der Plattform befindet sich ein Newton-Teleskop mit 35 cm Öffnung und 160 cm Brennweite (vorne rechts), einige kleinere Refraktoren (links daneben) sowie weitere Fernrohre zum Teil von Vereinsmitgliedern. In der Kuppel befindet sich ein Nemec-Faltrefraktor mit 20 cm Öffnung und 4 m Brennweite.

tionen. Es wurde die Funktionsweise der verschiedenen Fernrohrtypen erläutert sowie deren bevorzugte Einsatzbereiche. Natürlich gab es die üblichen Fragen zu Vergrößerung, Auflösung, Sichtbarkeit von Objekten usw., die soweit wie möglich beantwortet wurden. Leider war das Wetter an beiden Tagen meist nicht dazu geeignet, die Plattform komplett zu öffnen und die dortigen Teleskope für Beobachtungen einzusetzen - mit Ausnahme einiger entfernter Baumwipfel.

Dazu fanden viele verschiedene Aktionen für die Besucher aus Darmstadt und Umgebung statt. Im Vortragssaal wurden mehrmals am Tag Vorträge zu astronomischen Themen angeboten. Ein Teil der Berichte war explizit für Kinder ausgelegt. Außerdem wurden für Kinder weitere Aktionen wie Malen, Basteln von drehbaren Sternkarten usw. angeboten. Neben der Apollo-Kapsel fand auch eine Rakete mit Wasserantrieb viel Zuspruch.

Ebenfalls speziell für Kinder wurde an beiden Tagen eine ,,Sternwartenrallye" angeboten: Dies war ein Fragebogen mit 10 Fragen rund um Raumfahrt, Astronomie und Sternwarte wie z.B. ,,Wie hieß der letzte Besucher auf dem Mond?" oder ,,In welchem Jahr wurde der Verein gegründet?" Die Antworten waren auf Info-Tafeln in der Sternwarte zu finden. Für richtige Antworten konnten zahlreiche Preise wie z.B. mit einem 3D-Drucker erzeugte Modelle des Mondes sowie astronomische Literatur gewonnen werden. Am Sonntagabend wurden dann noch vier Sonderpreise verlost, darunter ein nagelneues Dobson-Teleskop, das von der Firma Teleskop-Technica aus Frankfurt gespendet wurde.

2 Apollo-13-Nachbau vor der Kuppel der Sternwarte

Am Abend des Samstags stand dann das Highlight des öffentlichen Festprogramms auf dem Zeitplan. Die Sternwarte wurde durch den Besuch des Generaldirektors der Europäischen Weltraumorganisation ESA, Dr. Johann-Dietrich ,,Jan" Wörner geehrt. Im vollen Vortragssaal nahm er die Zuhörer dann unter dem Titel ,,Sonne, Mond und Sterne: Space 4.0" mit auf eine Reise zu den zahlreichen Handlungsfeldern der ESA. Für seinen

3 Erklärung der verschiedenen Fernrohre

Journal für Astronomie Nr. 72 | 69

Astronomische Vereinigungen

4 Die jungen Besucher erhalten speziell auf sie abgestimmte
Erläuterungen.

5 ESA-Generaldirektor Johann-Dietrich Wörner (rechts)

6 Die Star-Wars-Charaktere mit ihren Fans

7 Darth Vader ist gerade aus Apollo 13 gestiegen

sehr informativen und lebendigen Vortrag erhielt er lang anhaltenden Beifall.
Für Unterstützung der Vereinsmitglieder sorgten Charaktere aus den Star-Wars-Filmen. Dies waren Mitglieder der German Garrison der 501st Legion bzw. der German Base Yavin. Die Sternenkrieger kamen mit perfekten Kostümen und Requisiten und sorgten so bei manchem Besucher kurzzeitig für Verwirrung. Es wurden sicher Hunderte Fotos von kleinen und großen Kindern mit Darth Vader, Luke Skywalker, Prinzessin Leia und all ihren Begleitern geschossen.
Große Aufmerksamkeit erzeugte auch die Sammlung von Meteoriten unterschiedlicher Größe, Herkunft und Zusammensetzung. Die meisten ausgestellten Meteoriten sind nur einige Zentimeter groß. Besonde-

ren Eindruck machte jedoch ein rund 160 kg schwerer Eisenmeteorit, der 1947 im Sikhote-Alin-Gebirge in Ostsibirien auf die Erde gefallen war und danach benannt wurde. Er wurde als Leihgabe eines Unterstützers des Vereins für die Veranstaltung zur Verfügung gestellt.
Auch für das leibliche Wohl der Besucher war gesorgt. So wurde die Cafeteria der Sternwarte an beiden Tagen stark frequentiert. Für die insgesamt ca. 800 Besucherinnen und Besucher gab es neben Kaffee und Kuchen auch herzhafte Eintöpfe, Wurst und Kartoffelsalat - zum Glück hatten wir genügend vorbereitet!
Den fast vierzig aktiven Vereinsmitgliedern hat es an allen drei Tagen viel Spaß gemacht, ihre Begeisterung für die Astronomie an die vielen Gäste weiterzugeben. Einige Besu-

cher sind dann, wie auch erhofft, spontan dem Verein beigetreten, worüber wir uns sehr freuen! Zum Schluss: Autorenschaft für alle Bilder hat die Volkssternwarte Darmstadt.
8 Besucher vor dem Sikhote-Alin-
Eisenmeteoriten

70 | Journal für Astronomie Nr. 72

Astronomische Vereinigungen

Neuntes Norddeutsches Sternwartentreffen in Hermannsburg
von Julia Bienert

Am Samstag, dem 1.6.2019, konnte der Verein Sternwarte Südheide über 50 Besucher aus ganz Norddeutschland in der Aula des Christian-Gymnasiums in Hermannsburg zum neunten Norddeutschen Sternwartentreffen (NST) begrüßen [1, 3]. Die jährlichen Treffen der Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) dienen astronomischen Vereinen zur Vernetzung und zum Austausch rund um die Vereins- und Öffentlichkeitsarbeit.

,,Wir brauchen in Deutschland Jugendliche, die motiviert sind, naturwissenschaftliche Berufe zu ergreifen. Sternwarten können dazu einen wichtigen Beitrag leisten", betonte Andre Bock, Vorsitzender des Niedersächsischen Kultusausschusses bei der Eröffnung der Veranstaltung. Das kann aber nur gelingen, wenn die Vereine, Kommunen und Schulen zusammenarbeiten. Wie die Gemeinde Südheide da mit gutem Beispiel voranging, beschrieb ihr Bürgermeister Axel Flader in seinen Grußworten zu Beginn, denn auch die Sternwarte in Hermannsburg konnte erst durch die gemeinsamen Bestrebungen vieler engagierter Akteure realisiert werden.

1 Auf solchen Fishbowl-Aufnahmen wie im Vortrag erkennt man Regionen ungeschickter
künstlicher Beleuchtung schnell. Foto: Julia Bienert

Ein zentraler Impuls kam dabei auch von der Radioastronomie-AG des ChristianGymnasiums, woran Michael Zilk, Schulleiter des Gymnasiums, erinnerte. Er fühle sich geehrt, dass das Treffen hier stattfinden könne und sei gespannt auf die Veranstaltung. Der Verein Sternwarte Südheide hatte die Treffen der Fachgruppe Astronomische Vereinigungen Region Nord der VdS bereits im letzten Jahr in Bremen kennenlernen dürfen und war dieses Jahr nun mit freundlicher Unterstützung durch das ChristianGymnasium selbst Gastgeber.
Neben einer guten Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen ist auch eine Vernetzung der Sternwarten und Vereine

2 Thomas Biedermann erklärt den Besuchern die Steuerung des vollbeweglichen 4-m-
Radioteleskops. Foto: Michael Schomann

untereinander wichtig. Zur Orientierung stellte Michael Schomann von den Sternfreunden Braunschweig-Hondelage deshalb zu Beginn zunächst die Struktur der VdS-Fachgruppe ,,Astronomische Vereinigungen" vor und gab einen Überblick über die aktuellen Ereignisse und Veranstaltungen in den fünf Regionalgruppen.

Besonderes Augenmerk legte er dabei auch auf die Jugendarbeit, denn in Zukunft soll es neben einer zuständigen Person für Jugendarbeit auch einen Jugendstellvertreter für jede Region geben. Im Anschluss daran stellten Vertreter der verschiedenen Vereine Projekte und Neuigkeiten aus ihrer aktuellen Arbeit vor.

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Astronomische Vereinigungen

3 Petra Petersens Vortrag über die
Mondlandung wurde durch Frank Pfeifers selbstgebaute Raketenmodelle noch bereichert. Foto: Ulrich Aulenberg

So berichteten zum Beispiel die Vortragenden aus Lübeck und Langwedel vom erfreulichen Wiederaufbau bzw. gelungenen Umzug ihrer Sternwarten. Beide mussten jüngst umziehen, da die jeweiligen Gebäude abgerissen wurden. Für den Arbeitskreis Sternfreunde Lübeck e.V. sah es dabei zunächst düster aus, da sich die Finanzierung schwierig gestaltete. Durch das Engagement des Vereins und die Zusagen großzügiger Förderer wird die Sternwarte 2020 allerdings wieder aufgebaut werden können. Standort der ,,Sternwarte Lübeck 2.0", wie Oliver Paulien mit Vorfreude in seinem Vortrag beschrieb, wird dabei erneut das Gelände einer Schule sein. Einen kürzeren Umzug trat stattdessen die Sternwarte Langwedel an: Vom Dach eines Schulgebäudes ging es zum nahegelegenen Sportplatz. Zuvor waren die Teleskope in Holzhütten mit rollbarem Dach untergebracht, die allerdings nicht zum neuen Standort mitgenommen werden konnten. Mithilfe vieler tatkräftiger Helfer konnten am neuen Standort zwei Teleskopkuppeln errichtet werden, welche von nun an die Instrumente beherbergen.
Die Besonderheiten einer barrierefreien Sternwarte stellte Utz Schmidtko von der Sternwarte St. Andreasberg in seinem Vortrag vor. Er beschrieb dabei nicht nur, wie Menschen mit den verschiedensten Beeinträchtigungen ein Zugang zum Sternenhimmel ermöglicht werden kann, sondern warb auch für ein ,,Zentrum der Astronomie" in Norddeutschland. Ein Beispiel dafür, wie neue astronomische Ver-

eine aus kleinen Runden motivierter und engagierter Mitstreiter entstehen können, lieferte Ute Katrin Niemann vom 2018 neu gegründeten Astronomischen Verein Wilhelmshaven-Friesland in ihrem Vortrag. Sie beschrieb dabei den Weg zur Gründung des Vereins und die ersten Schritte in puncto Öffentlichkeitsarbeit. Ganz konkrete praktische Tipps zur Ausrichtung langer Vorträge gab Bodo Hübner von der Sternwarte Tornesch in seiner Präsentation. Er berichtete aber auch von den brandschutzbedingten Einschränkungen, denen die Sternwarte Tornesch im Moment bedauerlicherweise unterliegt.
Auch unter den besten strukturellen Bedingungen kann man allerdings nur dann beobachten, wenn die Umgebung es auch zulässt. Dr. Andreas Hänel erklärte daher in seinem Vortrag, wie sich die International Dark Sky Association (IDA) durch die Vergabe von Zertifikaten für den Schutz des Nachthimmels einsetzt. Voraussetzung für eine Zertifizierung eines Naturparks als ,,Dark-Sky-Park" ist u.a., dass die nächtliche Beleuchtung sensibel geregelt ist und so z.B. ihre Helligkeit unter einem festgelegten Grenzwert bleibt. Die Kriterien werden allerdings nach dem Prinzip der Selbstverpflichtung umgesetzt, so dass engagierte Vertreter vor Ort eine weitere Bedingung sind. Diese nehmen dann nicht nur regelmäßig Messungen der nächtlichen Helligkeit vor, sondern betreiben auch Öffentlichkeitsarbeit zu den Themen ,,Astronomie" und ,,Lichtverschmutzung". Dr. Hänel beschrieb aber auch, wie bereits

jeder Einzelne mit einfachen Maßnahmen wie der Installation von Bewegungsmeldern, Zeitschaltuhren und Abschirmungen in positiver Weise dazu beitragen kann, die Lichtverschmutzung zu reduzieren. Denn zu helle künstliche Beleuchtung stört nicht nur beim ,,Sternegucken", sondern hat auch negative Auswirkungen auf die Tierwelt.
Ein besonderes Highlight war auch der Vortrag von Andrea Sittig-Kramer aus Uelzen, die von ihrem Mitflug bei SOFIA - dem ,,Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie" berichtete. Dabei handelt es sich um eine modifizierte Boeing 747, in der sich Teleskope für den Einsatz im optischen und im infraroten Messbereich befinden. Durch ein Auswahlverfahren hatte sie sich zuvor zusammen mit drei weiteren Lehrkräften für einen Mitflug in den USA qualifiziert. Die Begeisterung, mit der Frau Sittig-Kramer von ihren Erlebnissen berichtete, ist nicht nur bei ihr spürbar. So wurde die Lehrerin von ihren Schülern schon damit begrüßt, ob ,,es stimme, dass sie zum Mond geflogen sei". ,,Das natürlich nicht, aber so kommt man gut ins Gespräch", berichtete sie lachend. Der zweite Fachvortrag des Tages widmete sich dem Jubiläum der Mondlandung. Angefangen von der Entstehung unseres Erdtrabanten, über den Sputnik-Satelliten hin zu der Reihe der Apollo-Missionen zeichnete die Vortragende Petra Petersen darin sehr detailreich den Weg der Menschheit zum Mond nach.
Im Anschluss an die Vorträge konnten die Besucher vor dem gemeinsamen abschließenden Abendessen dann noch die Sternwarte in Hermannsburg besichtigen. Die optische Beobachtungsstation, die zuvor in Langwedel stand, ist dort nun seit 2017 im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen im Einsatz. Auch das vollbewegliche 4-mRadioteleskop und seine Messmöglichkei-

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Astronomische Vereinigungen

4 Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
des neunten Norddeutschen Sternwartentreffens in Hermannsburg. Foto: Karl Engeldinger

ten begeisterten die Besucher. Seitdem das Radioastronomie-Projekt der Fachgruppe Nord im letzten Jahr in Bremen vom Verantwortlichen Thomas Biedermann vorgestellt worden war, hat sich einiges getan: Letzte Fehler in der Steuerung wurden behoben und die Software zur Positionierung und zur Aufnahme von Messungen so grundlegend erweitert, dass nach dem ,,First Wave" im April 2018 inzwischen umfangreichere Messungen im 1,42-GHzBereich stattfinden konnten. Da ein Radioteleskop im Gegensatz zu einem optischen Teleskop immer nur ein ,,Pixel" auf einmal aufnehmen kann, sind neben Rasterkarten des Himmels vor allem Spektren der Radiostrahlung einzelner Himmelskörper interessant, also Intensitätsverteilungen über verschiedene Wellenlängen. Mit dem 4-mRadioteleskop konnten nicht nur Messungen der Radiostrahlung der Sonne und des Mondes (Reflexion), sondern auch eine aufwendigere spektrale Untersuchung der Milchstraße durchgeführt werden.
Letztere war das Jugend-forscht-Projekt eines Schülers des Christian-Gymnasiums, Philip Pohl, denn der Verein Sternwarte Südheide hat es sich zum Ziel gesetzt, mit seiner Einrichtung zur optischen Astronomie und zur Radioastronomie interessierte Jugendliche bei ihren Projekten zu unterstützen. Über einen Zeitraum von 5 Monaten hatte der 16-Jährige unter der Betreuung von Thomas Biedermann 64 Spektren von Quellen in vier verschiedenen Spiralarmen unserer Heimatgalaxie aufgenommen und jeweils die darin sichtbare Dopplerverschiebung der HI-Linie (1,42 GHz) ausgewertet. Auf diese Weise konnte er nicht nur die Rotation der Milchstraße nachweisen, sondern auch die Richtung der Bewegung der einzelnen Arme identifizieren und sogar den Einfluss der Bewegung der Erde um die Sonne auf die Messergebnisse nachweisen (siehe auch Link ,,Radioastronomie

in der Südheide" [4]). Für diese Leistung erzielte der 16-Jährige den Regionalsieg beim letzten Jugend-forscht-Wettbewerb und konnte sich auf dem anschließenden Landeswettbewerb sogar für einen zweiten Platz und einen Sonderpreis qualifizieren. Das nächste NST, das bereits das zehnte Treffen sein wird, findet im Sommer 2020 in Tornesch statt [2].

Internetquellen (Stand Oktober 2019): [1] Weitere Informationen zum NST
2019: http://sternwarte-suedheide. de/veranstaltungen/2019/06/01/ NST-2019-report/ [2] Weitere Berichte: https://astronomienord.de/tagungen/nst/ [3] Sternwarte Südheide e.V.: www.sternwarte-suedheide.de [4] Radioastronomie in der Südheide: www.biedermann-weesen.de/RA/ index.htm

IMPRESSUM
VDS-JOURNAL FÜR ASTRONOMIE Vereinszeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) Hier schreiben Sternfreunde für Sternfreunde.
Herausgeber: Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) Geschäftsstelle: Postfach 1169 | 64629 Heppenheim | GERMANY Telefon: +496252 787154 | Fax: +496252 787220 service@vds-astro.de | www.vds-astro.de Redaktion: Dietmar Bannuscher, Dr. Werner E. Celnik, Otto Guthier, Sven Melchert, Peter Riepe. Redaktionelle Mitarbeit der VdS-Fachgruppen-Redakteure und VdS-Mitglieder Bearbeitung von Bildern und Grafiken: Dr. Werner E. Celnik und die Autoren Gestaltung/Layout: Bettina Gessinger, Dipl. Designerin Anzeigen: Kullmann & Matic GbR, anzeigen@vds-astro.de Litho und Druck: Kullmann & Matic GbR, Stuttgart Vertrieb: Werner Teutsch GmbH, Laudenbach Bezug: ,,VdS-Journal für Astronomie" erscheint viermal pro Jahr und ist im Mitgliedsbeitrag von 40,- E (EU) und 45,- E (außerhalb der EU) bzw. ermäßigt 25,- E pro Jahr enthalten. Beiträge: Beiträge für die Rubriken der VdS-Fachgruppen werden erbeten an die Redakteure der Fachgruppen (Adressen siehe am Ende des Heftes und unter www.vds-astro.de). Andere Beiträge senden Sie bitte an die VdS-Geschäftsstelle, Postfach 1169, 64629 Heppenheim, E-Mail: service@vds-astro.de.

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Astronomische Vereinigungen

Fünf Monde, ein Ringsystem und eine Rakete
von Monika Müller (Vorsitzende des Fördervereins)

Der Förderverein der Schulsternwarte Zwickau nahm das 50-jährige Jubiläum der erstmaligen Mondlandung von Menschen zum Anlass, eine Mondparty zu feiern. Wir wählten dazu bewusst den Starttag von Apollo 11 im Jahr 1969 aus. Passend zum Jubiläum wollte sich auch der Erdmond in der Nacht vom 16.7. zum 17.7.2019 mit einer partiellen Mondfinsternis ins rechte Licht rücken.

Es war ein Wagnis, einen Dienstag in den sächsischen Schulferien als öffentlichen Beobachtungsabend anzubieten, da wir nicht einschätzen konnten, wie viele Menschen sich mitten in der Woche spät abends zur Sternwarte aufmachen würden. Zum Glück war uns der ,,Wettergott" wohlgesonnen und ließ zur rechten Zeit für einige Stunden die Wolken verschwinden, d.h. bis 15 Uhr dicke Suppe. Ab da gab es eine langsame Wolkenauflösung und ab 18 Uhr bis Mitternacht fast wolkenfreien Himmel, danach recht schnell wieder aufziehende Bewölkung. Besser hätte man es nicht bestellen können. So konnten wir ca. 60 Besucher begrüßen und auch die örtliche Presse war vertreten.

1 Monika Müller (Vereinsvors.) zeigt im Vortrag die Hasselbladkamera der Astronauten
und zwei der damit gemachten Fotos. Bild: Jürgen Müller.

Um 21:30 Uhr gab es einen Vortrag zum Thema Raumfahrt. Angefangen von Dädalus und seinem tief gefallenen Sohn Ikarus über Jules Verne bis hin zu Sergej Koroljow, Wernher von Braun und Elon Musk wurde ein Bogen von der bisherigen bis zur zukünftigen Raumfahrt gespannt. Besondere Würdigung erfuhren dabei neben den deutschen Astronauten natürlich die Apollo-Missionen der NASA. Danach war es dunkel genug, um sich den Beobachtungen zu widmen. Der sich immer weiter verfinsternde Erdmond konnte durch ein neu angeschafftes Fernglas APM Semi Bino 100x90 Grad betrachtet werden. Im Dobson-Teleskop Skywatcher Skyliner 300P SynScan 12'' GoTo konnte Jupiter mit

2 Links unten: vormittäglicher Test des neuen Fernglases durch Monika Müller. Dahinter
die Beobachtungskuppel (Standort der beiden ortsfesten Teleskope RC-Spiegelteleskop und APO-Refraktor auf einer EQ8-Montierung) mit dem neuen Gerätehaus für bewegliche Beobachtungsgeräte. Bild: Jürgen Müller.

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3 Oben: Aufbau der Beobachtungsgeräte am 16.7.19
gegen 21 Uhr, Blick nach Zwickau.

Das aktuelle Raumfahrtjahr mit Chronik 2019

4 Oben rechts: Der verfinsterte Mond am 16.7.19 um 23:42 Uhr
MESZ, HDR-Bild aus 10 unterschiedlich belichteten Einzelaufnahmen am 140-mm-APO-Refraktor. Bild: Matthias Hillmann.

seinen Wolkenbildern sowie seinen vier Galileischen Monden bestaunt werden. Und unser größtes Instrument, das Ritchey-Chretien-Teleskop mit einem Spiegeldurchmesser von 350 mm, hatte Saturn mit seinem Ringsystem im Visier. Wartezeiten an den Teleskopen wurden durch Erklären und Betrachten des sommerlichen Sternen-

himmels überbrückt. Zur maximalen Verfinsterung des Erdmondes gegen 23:30 Uhr trat auch der rötliche Schein zu Tage. Gegen 24 Uhr verließen die letzten Besucher die Sternwarte und wir als Förderverein konnten ein positives Resümee ziehen. Alle Fotos von Mitgliedern des Fördervereins.

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Astronomische Vereinigungen
Erlebtes rund um den Astronomietag 2019
Der bundesweite Astronomietag ist mittlerweile fest etabliert. Und so fanden am 30. März 2019 wieder zahlreiche Veranstaltungen statt. Vier Sternwarten schreiben hier, was sich an ihrem Astronomietag ereignete. Lesen Sie selbst - vielleicht gibt es ja einige neue Anregungen, was Sie Ihren Gästen zum Astronomietag 2020 darbieten können.

1. Möge die Nacht mit uns sein
- AT 2019 in Essen
von Claudia Henkel

1 Die 501. German Garrison im Grugapark.
Bild: Jörg Henkel

Das Motto des diesjährigen Astronomietages war der Walter-Hohmann-Sternwarte e. V. (WHS) in Essen Befehl. Mit Hilfe der dunklen Seite der Macht standen Darth Vader und seine Storm-Trooper der WHS zur Seite (Abb. 1), um auf das Problem der Lichtverschmutzung aufmerksam zu machen.

che Auskünfte, um das Verständnis für unseren Heimatstern zu festigen. Auch über das Thema Lichtverschmutzung wurde mit interessierten Besuchern diskutiert.

Eröffnet wurde die Veranstaltung vom Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen, der sich als Star-Wars-Fan und astronomisch Interessierter outete. Inmitten von Darth Vader und Storm-Troopern (Abb.

Doch nicht nur 25 Mitglieder der legendären 501. German Garrison, des weltweit größten Star-Wars-Kostümclubs, sorgten für einen regen Besucherzulauf im Essener Grugapark. Trotz des kalten Wetters kamen 2.000 Besucher mehr als an einem normalen Sonntag. Hier wurden, unterstützt von Astronomie.de, mit den Kindern Mondkrater im Modell hergestellt, gemalt und schließlich gab es noch ein Gewinnspiel der WHS, das regen Zulauf fand.

Einige Teleskope der WHS waren aufgestellt worden, damit Interessierte gefahrlos die Sonne beobachten konnten. Unsere Vereinsmitglieder gaben dazu gern fachli-

2 Obere Reihe von links nach rechts: Frau Ihlenfeld vom Grugapark, Oberbürgermeister
Thomas Kufen, Helmut Metz, Udo Siepmann. Unten links neben Darth Vader die 1. Vorsitzende der WHS, Claudia Henkel. Bild: Jörg Henkel

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Astronomische Vereinigungen

2) überbrachte das Stadtoberhaupt seine Glückwünsche: ,,Der Blick in den Sternenhimmel ist ein Blick in die Geschichte unserer Lebenswelt", so Thomas Kufen. ,,Seit 50 Jahren gewährt die Walter-HomannSternwarte Essen ihren Mitgliedern einen Blick in das Universum. Herzlichen Glückwunsch zum 50-jährigen Jubiläum!"

Seit mehreren Jahrzehnten kooperieren WHS und Grugapark zusammen. So hat die WHS eine Sonnenuhr im Grugapark installiert und aktualisiert regelmäßig einen Info-Kasten mit astronomischen Neuigkeiten. Außerdem beteiligt sie sich an Veranstaltungen der Stadt Essen, in diesem Jahr auch zum ersten Mal als Partner der Ferien-

aktion des Grugaparks. In den Osterferien erklärten Jörg Henkel und Mareike Apolte den an der Ferienaktion teilnehmenden Kindern nicht nur, wie ein Teleskop funktioniert, sondern auch Kindgerechtes rund um das Thema Astronomie. Die 31 Kinder zwischen 6 und 12 Jahren waren jedenfalls begeistert.

2. Erfolgreicher Astronomietag 2019
in Göttingen am Hainberg-Observatorium
von Matthias Elsen

Die Amateurastronomische Vereinigung Göttingen zählte am 30.03.2019 gut 100 Astronomiebegeisterte in beiden Gebäuden des Hainberg-Observatoriums (Abb. 3 und 4). Der Astronomietag begann auf dem Göttinger Hainberg um 10:00 Uhr morgens mit der Beobachtung der Venus im 250-mm-Refraktor (f = 4130 mm) bis in den frühen Nachmittag. Gleichzeitig wurde mit kleineren Geräten die Sonne im Weißlicht und in H beobachtet (Abb. 5). Im Sonnenturm konnten die dortigen Besucher Spektrallinien des Sonnenspektrums per 40-Zoll-Monitor mit eigenen Augen wahrnehmen. Die Sonne präsentierte sich am Astronomietag allerdings als ein ,,blankes" Bild und ohne jedwede sichtbare Aktivität.

3 Der Göttinger Sonnenturm morgens um etwa 10:30 Uhr, kurz nach Start
unserer Veranstaltung.

In den Abendstunden wurde im Astrographengebäude der 250-mm-Refraktor auf den galaxienreichen Frühlingshimmel ausgerichtet. Zur Besucherlenkung kam auch die Dachterrasse des Hauses zum Einsatz. Erst um 23:45 Uhr schlossen wir das Astrographengebäude - insgesamt eine sehr gelungene Veranstaltung. Alle Bilder von Matthias Elsen.

4 Astrographengebäude mit Besuchern
und geöffneter Kuppel.

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Astronomische Vereinigungen

5 Die Presse besucht uns auf der Terrasse des Astrographengebäudes.

3. Astronomietag 2019 in München
von Benjamin Mirwald

Die Münchner Volkssternwarte beging den Astronomietag 2019 als ihren ,,Tag der offenen Tür". Fast 1000 Gäste nutzten das schöne Wetter tagsüber zur Sonnenbeobachtung (Abb. 6) und versuchten in den Abendstunden, Details auf dem Planeten Mars zu erspähen. Die Besucher wurden im Planetarium mit Astro-Apps, Vorträgen und Filmen erfreut und stärkten sich gern am angebotenen Imbiss.

Das Besondere an diesem Tag war jedoch, womit bereits in den vergangenen Jahren beobachtet werden konnte: In den ausnahmsweise geöffneten Werkstätten führte die Selbstbaugruppe vor, wie Spiegel geschliffen werden (Abb. 7) und daraus Teleskope entstehen. Dieser klassische Bereich der Amateurastronomie findet derzeit verstärktes Interesse - auch bei Jüngeren.

Mit Andreas Hänels Präsentation zur Lichtverschmutzung wurden die Interessierten im Foyer darauf aufmerksam gemacht, dass die Nacht künftig wieder mit uns sein möge ...

6 Sonnenbeobachtung auf dem Sternwartendach.
Bild: Sternwarte München
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7 Beim Spiegelschleifen in unserer Werkstatt.
Bild: Sternwarte München

Astronomische Vereinigungen

4. Astronomietag 2019
der Sternfreunde Waghäusel
von Wolfgang Stegmüller

Unsere Veranstaltung zum Astronomietag 2019 begann um 15:00 Uhr. Zwei Teleskope hatten wir auf die Sonne gerichtet, eines für die Weißlicht-Beobachtung und eines für die H-Beobachtung. Leider war auf der Sonne ganz wenig los. Es waren weder Sonnenflecken noch Protuberanzen oder Fackelgebiete erkennbar. Um 16:00 Uhr startete eine Serie von Vorträgen. Ernst Schröter referierte über das Thema: ,,Der Erdtrabant - Wissenswertes über den Mond". Der Vortragsraum war zum Bersten voll besetzt. Sein hervorragender Vortrag wurde von den Anwesenden begierig aufgenommen.

Um 17.00 Uhr folgte eine Führung unseres Ehrenvorsitzenden Rudolf Woll durch die Vereinsräume, von denen jeder ein anderes Thema zur Astronomie belegt. Unmittelbar nach der Führung folgte sein Vortrag: ,,Wie lange bleibt die Erde noch bewohnbar?" Rudolf Woll thematisierte darin die Entwicklungsstadien unserer Sonne, die in den nächsten Milliarden Jahren zwar noch konstant strahlt, die sich dann aber zum Roten Riesen ausdehnt, bis irgendwann kein Leben auf der Erde mehr möglich sein wird.

8 Sonnenbeobachtung in Waghäusel.

Nach einer kurzen Pause füllte sich der Vortragsraum um 20:00 Uhr wieder. Unser Jungmitglied Sven Werchner hatte einen Vortrag mit dem Thema: ,,Exoplaneten - finden und untersuchen" vorbereitet. Mit seinen Ausführungen entführte er die Zuhörer im voll besetzten Raum in die Tiefen des Weltalls zu fernen Sonnensystemen.
Nach dem Ende der Vortragsreihe lud der klare Nachthimmel zur Beobachtung ein. Markus Villhauer hatte sein privates 10-Zoll-SC-Teleskop mit Goto-Steuerung aufgebaut. Damit begann ein Streifzug über den Sternenhimmel, im Laufe dessen er Gasnebel, Offene Sternhaufen, Doppelsterne, Kugelsternhaufen und Galaxien im

9 Sven Werschner beim Vortrag über Exoplaneten.

Okular präsentierte. Unsere immer noch zahlreichen Gäste betrachteten alle dargebotenen Objekte interessiert und stellten viele Fragen dazu. Erst kurz vor Mitternacht, als es allmählich empfindlich kühl wurde, lichtete sich die Menge an Besuchern. Schließlich bauten wir gemeinsam

ab und blickten auf einen anstrengenden, aber überaus erfolgreichen Astronomietag 2019 zurück. Beide Bilder: Wolfgang Stegmüller.

Journal für Astronomie Nr. 72 | 79

Atmosphärische Erscheinungen

Fichten- und Kiefernpollenkoronen 2018
- Beobachtungen und Simulationen, Teil 1
von Alexander Haußmann

Typische Beugungsphänomene in der Atmosphärischen Optik sind Kränze (auch Höfe oder Koronen genannt) um Sonne und Mond sowie Irisierende Wolken (siehe VdS-Journal Nr. 41, 44 und 45). Seltener und nur saisonal auftretend können auch Baumpollen besonders geformte farbige Ringe entstehen lassen - die sogenannten Pollenkoronen. Besonders intensiv traten sie Ende April und Anfang Mai 2018 durch Fichten- und Kiefernpollen in Erscheinung. Beide Baumarten zeigten das Phänomen der ,,Angstblüte" bzw. des ,,Mastjahres", d.h. eine starke Pollenproduktion weit über dem Durchschnitt anderer Jahre. Auch im Frühjahr 2019 konnten bereits ausgeprägte Pollenkoronen an Erle, Hasel, Eibe und Birke beobachtet werden, möglicherweise als Folge der außergewöhnlichen Witterungsbedingungen im letzten Jahr.
Faszinierend an der Entdeckungsgeschichte der Pollenkoronen ist, dass sie erst in den späten 1980er-Jahren in Finnland als eigenständige Erscheinungen erkannt worden sind, obwohl Kränze an sich seit babylonischer Zeit überliefert sind. Sie werden durch Beugung an kugelförmigen

Wassertröpfchen oder seltener an zufällig ausgerichteten Eiskristallen verursacht. Man kann auch die noch kleineren unregelmäßigen Vulkanascheteilchen mitzählen, die den Bishopschen Ring entstehen lassen. Der ,,Hof " in den klassischen Bauernregeln kann allerdings sowohl einen Kranz als auch einen Refraktionshalo mit größerem Winkelradius meinen.
In den letzten 30 Jahren sind durch weltweite Beobachtungen Pollenkoronen an einer Vielzahl von Pflanzenarten eindeutig nachgewiesen worden, so an Kiefer, Fichte, Birke, Erle, Hasel, Hainbuche, Walnuss, Hopfen, Eiche und Eibe in Deutschland, sowie an Ginster oder Ratabäumen in Neuseeland, Ashes-Wacholder in Texas, ZedernWacholder auf La Palma, Sicheltannen in Japan und Olivenbäumen in Andalusien. Mitunter waren die Erscheinungen nur sichtbar, wenn die Pollen durch Schütteln am Baum oder Strauch konzentriert freigesetzt wurden.
Die ausgeprägtesten Pollenkoronen in Deutschland stammen von Kiefern. Regional gibt es sehr große Kiefernbestände (z.B.

in Brandenburg) und die charakteristische Pollenform mit den zwei Luftsäcken ermöglicht einen längerdauernden Flug als bei kugelförmigen Pollen. Diese deutlich ,,unrunde" Form ist auch dafür verantwortlich, dass bei Kiefernpollenkoronen die Unterschiede zu normalen Kränzen bei tiefem Sonnenstand besonders deutlich hervortreten: Die Beugungsringe sind nicht mehr kreisförmig und entlang ihres Umfangs gibt es eine ungleiche Helligkeitsverteilung, die typischen ,,Lichtknoten". Ähnliches gilt für Fichtenpollen, diese sind aber deutlich größer und ihre Koronen im Winkelradius dementsprechend kleiner.
Die erste physikalische Theorie der Kränze geht auf Fraunhofer im frühen 19. Jahrhundert zurück. Dabei handelt es sich um eine Näherung, die nur für Vorwärtsstreuung gültig ist, d.h. für Effekte in geringem Winkelabstand zur Lichtquelle, und für nicht zu kleine Partikel (Durchmesser ca. > 10 µm). Unter diesen Bedingungen spielen ihre Zusammensetzung oder Transparenz kaum eine Rolle. Lediglich Größe und Form bzw. die erlaubten Orientierungsmöglichkeiten während des Schwebens oder Fallens sind

1 Kiefernpollenkorona bei einer Sonnenhöhe von 1,8 Grad (06.05.2018, 20:17 Uhr MESZ, Hörlitz). a) Originalbild, b) Bearbeitung durch
Division durch das Graubild und anschließende starke Kontrastanhebung. Die nachweisbaren Spuren des 5. Ringes sind durch Pfeile markiert. Die Aureole ist bereits komplett verdeckt, die innerste sichtbare Struktur ist der 2. Ring mit den klassischen Lichtknoten.
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Atmosphärische Erscheinungen

2 Fotografierte Fichten- (a-d) und Kiefernpollenkoronen (e-h). Den Farbaufnahmen (a, c, e, g) ist jeweils die Differenz aus Rot- und
Grünkanal (b, d, f, h) gegenübergestellt. a), b): Sonnenhöhe 10,4 Grad (30.04.2018, 19:10 Uhr MESZ, Dresden), c), d): Sonnenhöhe 34,2 Grad (30.04.2018, 16:36 Uhr MESZ, Dresden), e), f): Sonnenhöhe 4,6 Grad (06.05.2018, 19:57 Uhr MESZ, Hörlitz), g), h): Sonnenhöhe 53,9 Grad (05.05.2018, 13:40 Uhr MESZ, Hörlitz).

von Bedeutung. Für Pollenkoronen ist das der passende Erklärungsansatz. Dies wurde bereits in den frühen 1990er-Jahren von E. Tränkle und B. Mielke an der FU Berlin gezeigt.
Danach scheint die Frage der Simulation für kompliziertere Pollenformen, auch im Hinblick auf eine mögliche direkte Gegenüberstellung mit Fotos, nicht weiter verfolgt worden zu sein. Allerdings wurden später die optischen Eigenschaften von Pollenansammlungen in der Luft mittels LIDAR in Alaska, Korea und Japan vermessen. Dabei stellte sich heraus, dass die Pollenansammlungen bis zum Rand der atmosphärischen Grenzschicht in 1,5 - 2 km Höhe reichen können. Grundsätzlich erwartet man die hellsten Pollenkoronen bei tiefem Sonnenstand, da der Lichtweg durch die Pollenschicht dann am längsten ist. Dies trifft jedoch ebenso auf alle anderen Aerosole zu, wodurch sich der Kontrast der Pollenkorona zum diffusen Hintergrund nicht allzu stark steigert. Die Bestimmung einer opti-

malen Sonnenhöhe für beste Sichtbarkeit ist mit qualitativen Argumenten folglich nicht möglich. Auch muss die Pollenansammlung möglichst ,,sortenrein" sein, da sonst nur noch eine wenig auffällige diffuse Aufhellung um die Sonne resultiert - auch bei hoher Pollenkonzentration. Dieser Fall scheint mir für den Gräserpollenflug im Frühsommer nach den klarer abgegrenzten Baumblüten typisch.
Im Jahr 2018 konnte ich am 30. April in Dresden Fichtenpollenkoronen und vom 04.-07. Mai in Dresden und auch Hörlitz bei Senftenberg in der Niederlausitz Kiefernpollenkoronen unter fast idealen Bedingungen bei hohen (> 50 Grad ) und tiefen Sonnenständen (bis zum Sonnenuntergang) visuell und fotografisch beobachten. Eine erste interessante Frage war dabei, wie viele Beugungsringe überhaupt per Auge und Fotoauswertung nachgewiesen werden können. Zählt man die innere, rotumrandete Scheibe (Aureole) wie traditionell üblich als ersten Ring, so waren an den Abenden

des 05. und 06. Mai bei einer Sonnenhöhe von etwa 2 Grad visuell Abschnitte von vier Ringen der Kiefernpollenkorona oberhalb der Sonne direkt sichtbar (,,vierfacher Kranz"). Eine Analyse der Farbinformation der aufgenommenen Digitalfotos zeigt, dass dabei fotografisch auch Strukturen des 5. Ringes nachweisbar waren (Abb. 1), bei höherem oder noch tieferem Sonnenstand jedoch nicht. Ein anderes sehr nützliches Analysewerkzeug ist die Differenzbildung aus Rot- und Grünkanal. Die resultierenden Graustufenbilder ermöglichen eine bessere Beurteilung der bisher wenig untersuchten äußeren Ringe der Pollenkoronen (Abb. 2).
Daraus ergibt sich folgende Struktur der voll ausgeprägten Kiefernpollenkorona bei tiefem Sonnenstand: längsovale Aureole (Ring 1) mit azimutal wenig veränderlicher Lichtverteilung, ovaler Ring 2 mit vertikalen und horizontalen Lichtknoten, Ring 3 mit wieder fast konstanter Helligkeit und Breite entlang des Umfangs, aber etwa achteckiger Form, Ring 4 wieder mit Lichtkno-

Journal für Astronomie Nr. 72 | 81

Astrophysik & Algorithmen

ten, jedoch angeordnet in einem typischen ,,Dreizackmuster" oberhalb und unterhalb der Sonne, sowie einer Fortsetzung dieser Dreierstruktur in Ring 5. Im Gegensatz dazu ist bei Fichtenpollenkoronen bei tiefem Sonnenstand der 3. Ring an den Seiten breiter und besitzt auch dunklere Stellen oberund unterhalb der verbreiterten Segmente, was auf einen systematischen Formunterschied (unabhängig von der unterschiedlichen Größe) im Vergleich zu Kiefernpollen weist.
Fotomaterial für weitere Untersuchungen ist natürlich jederzeit willkommen. Dazu ein paar Hinweise: Aufnahmen sollten im RAW-Modus erfolgen, am besten als Belichtungsreihe startend beim Automa-

tikwert sowie mit 2 und 4 Stufen Unterbelichtung. Der Fokus sollte immer auf Unendlich liegen. Wichtig ist auch, ein Bild je Brennweite (Zoomeinstellung) mit einer klar umrissenen (nicht breitgelaufenen) Sonnenscheibe zur Brennweitenkalibrierung aufzunehmen.
Eine Abdeckung der Sonne hat Vor- und Nachteile. Grundlegend vermeidet man damit eine Kontrastverminderung durch diffuse Überstrahlung, und auch Beugungseffekte an den Blendenlamellen machen keine Probleme mehr. Allerdings ist es dann auch schwieriger, bei einer Vermessung das Ringzentrum zu verorten, auch steht keine Sonnenscheibe als Winkelmaßstab zur Verfügung, Teile der Korona sind ver-

deckt und die Ränder des Schattenobjektes im Bild können Bearbeitungsfilter negativ beeinflussen. Bei unabgedeckter Sonne dagegen kann man wegen Beugungseffekten an der Blende eigentlich nur bei voller Öffnung fotografieren, was dann einen Graufilter (OD 1 bis OD 2) erfordert. Dadurch können wiederum aber leicht Geisterbilder der Sonne durch Reflexionen entstehen. Dass man einen klassischen Sucher dabei nur mit großer Vorsicht benutzen sollte, dürfte allgemein bekannt sein.
Der zweite Teil dieses Artikels wird sich dann detaillierter mit den Computersimulationen beschäftigen und erscheint im nächsten Heft.

Azimutale Kartenprojektionen
von Uwe Pilz

Im ersten Teil meiner kleinen Kartenkunde habe ich Möglichkeiten vorgestellt, Karten mit Hilfe eines zwischengeschalteten Zylinders zu entwerfen. Man kann aber die Erd- oder Himmelskugel auch direkt in eine Ebene bringen. Meist macht man das so, dass man diese Ebene auf einen der Pole auflegt (Abb. 1). Ebenso wie bei den rechteckigen Karten kann man hier auch abstandstreue, winkeltreue und flächentreue Varianten entwerfen. Die Erdkugel mit ihren vertrauten Umrissen eignet sich besser zur Illustration als Sternkarten. Dennoch werden gerade die azimutalen Projektionen häufig für Himmelskarten eingesetzt. Da sich hier automatisch Polarkoordinaten ergeben, passt das gut zu den astronomischen Koordinatensystemen.

1 Prinzip der
azimutalen Projektionen

Orthografisch - die Welt aus der Ferne Eine orthografische Projektion ergibt sich, wenn man einen Globus aus sehr großer

Entfernung betrachtet. Man sieht dann nur eine Seite. Von der Projektionsformel bedeutet es, dass sich der Abstand vom Pol scheinbar verkürzt, je näher man dem

Äquator kommt (Kosinus-Funktion). In meinem kleinen Programm habe ich die Erde durchsichtig gemacht und habe auch die Linien der Rückseite mitgezeichnet, et-

82 | Journal für Astronomie Nr. 72

Astrophysik & Algorithmen

was feiner (Abb. 2). Das heute-Journal vom ZDF lässt eine solche Projektion im Raum schweben - auch hier sind die Ozeane durchsichtig.

Die mittelabstandstreue Azimutalprojektion Diese Projektion ist noch einfacher - die geografische Breite wird einfach als Koordinate aufgetragen. Man kann das bis zum entgegengesetzten Pol ausdehnen, der dann zur Kreislinie entartet. Alle Abstände vom Pol können dann direkt aus dieser Karte entnommen werden. Wenn man die Projektionsfläche an einem anderen Punkt auflegt, bekommt man die Abstandstreue für jeden gewünschten Punkt errechnet. Die Formeln sind dann etwas komplizierter. Sternkarten sind meist nach diesem Prinzip entworfen (Abb. 3).

2 Orthografische Projektion. Vergleichsbild: Lars H. Rohwedder,
mit freundlicher Genehmigung

Die stereografische Projektion ist winkeltreu In einer azimutalen Projektion werden die Breitenkreise immer länger, je weiter man sich vom Pol entfernt, und zwar stärker, als dies ohnehin der Fall ist. Zur Verdeutlichung: Jenseits vom Äquator verkürzen sich die Breitenkreise wieder, in der Projek-
tion werden sie aber dennoch länger.

Ähnlich wie bei der Mercatorprojektion wird die Winkeltreue dadurch erreicht, dass man den Abstand der Breitenkreise im selben Maß vergrößert, wie deren Länge zu groß ist. Das bedeutet, dass Erdteile weitab vom Pol ins Groteske vergrößert werden (Abb. 4). Kleine Ausschnitte jedoch sind sich selbst ähnlich, wie auch bei der Mercatorprojektion. Der entgegengesetzte Pol lässt sich überhaupt nicht darstellen. Die stereografische Projektion eignet sich für Navigationskarten in den Polargebieten - hier kann ja Mercator nicht benutzt werden.

Die Lambertsche Azimutalprojektion ist flächentreu Hier kommt wieder dasselbe Prinzip zur Anwendung wie auch bei der Lambertschen rechteckigen Karte: Um die Flächentreue zu gewährleisten, wird der Abstand der Breitenkreise so verkürzt, dass deren Verlängerung ausgeglichen wird. Flächentreue Karten werden hauptsächlich als Weltkarten eingesetzt. Da sich die Azimutalprojektion hierfür schlecht eignet, wird sie kaum benutzt.

3 Diese drehbare Sternkarte benutzt
mittelabstandstreue Projektion (Hans-Hellmuth Cuno, mit freundlicher Genehmigung)
Journal für Astronomie Nr. 72 | 83

Astrophysik & Algorithmen

def plotN(x,y): penup() goto(x,y) pendown() dot(3) hideturtle()
def plot(x,y): penup() goto(x,y) pendown() dot(2) hideturtle()
: : # Hauptprogramm z=len(k) tracer(0,0) # Bildschirmaktualisierung aus for i in range(z):
l= k[-i][0] f= k[-i][1]
## Orthografisch r=cos(f) x=r*cos(l) y=r*sin(l) if f>0: plotN(350*x,350*y) # dickere Punkte if f<0: plot(350*x,350*y)
## mittelabstandstreue Azimutalprojektion #f=pi/2-f #x=f*cos(l) #y=f*sin(l)
##Stereografisch, winkeltreu ##f=pi/2-f # Südpol #f=f-pi/2 # Nordpol #r=tan(f/2) #x=r*cos(l) #y=r*sin(l)

4 Zur Navigation geeignet: Die stereo-
grafische Projektion. Vergleichsbild: Lars H. Rohwedder, mit freundlicher Genehmigung
Das Python-Programm Das Programm ist bis auf die Projektionsformeln zu denen der vorigen Ausgaben identisch. Modifizieren musste ich die PlotRoutine, da ich für die orthografische Projektion große und kleine Punkte benötige. Das drucke ich mit ab. Die Punkte werden in der vorletzten Zeile gesetzt - außer bei der orthografischen Projektion. Bitte nicht vergessen, diese Zeile auszukommentieren, wenn man eine orthografische Welt haben will. Wie immer stelle ich das Programm ins Forum, natürlich vollständig mit den Koordinaten.

## Lambert, azimutal ##f=pi/2-f # Südpol #f=f-pi/2 # Nordpol #r=atan(f/2) #x=r*cos(l) #y=r*sin(l)
#plot(150*x,150*y) # Auskommentieren für orthografisch update() # Bildschirm anzeigen

84 | Journal für Astronomie Nr. 72

Deep Sky

Beobachtung von Planetarischen Nebeln
mit 10- und 21-Zoll-Teleskopen
von Mathias Sawo

Der Sommer/Herbst 2018 zeichnete sich durch lange und häufige Schönwetterperioden aus. Die Transparenz war meistens gut und das Seeing recht häufig sogar sehr gut. In dieser Zeit beobachtete ich u.a. sehr kleine bis relativ große Planetarische Nebel (PN). In den Bergen der Rhön (Wasserkuppe und Hohe Geba) beobachtete ich mit meinem 10- und 21-Zoll-Teleskop. Die Ergebnisse möchte ich hier anhand von Beschreibungen und meinen dazugehörigen Zeichnungen präsentieren.
IC 2003 (10 Zoll, Wasserkuppe) Dieser helle PN im Perseus blieb aufgrund seiner geringen Größe lange stellar und ich erkannte erst bei 360-fach eine deutliche Scheibe mit ersten Strukturen. Mit 500-fach konnte ich eine Schalenstruktur erfassen. Die südliche Schale war deutlich heller und besser greifbar und enthielt einen helleren Knoten. Die nördliche Seite wurde zum Rand heller und durch eine dunkle Einbuchtung im Westen hatte ich den Eindruck einer offenen Seite, was ich aber nur mit indirekten Blick und nur kurzzeitig halten konnte.
IC 2149 (10 Zoll, Wasserkuppe) Ebenfalls recht hell und sehr klein ist dieser PN, der im Sternbild Fuhrmann zu finden ist. Ich kannte das Objekt schon von einer früheren Beobachtung mit einem 18-ZollTeleskop. Mit 10 Zoll Öffnung konnte ich kaum weniger Details sehen. Bei 210-fach und indirektem Blick war der PN bereits länglich und bei weiterer Vergrößerung auf 360-fach zeigte sich die Form einer Pfeilspitze mit einem länglichen helleren Zentrum und einem deutlichen Zentralstern.
NGC 7008 (21 Zoll, Hohe Geba) Der auch als ,,Fötus-Nebel" bekannte PN gehört zu den schönsten Objekten seiner Art am Nordhimmel und befindet sich im Schwan. Schon mittlere Teleskope zeigen problemlos die gebogene Form, umgeben

von hellen Sternen. Mit 21 Zoll war der Anblick spektakulär und zeigte eine gut definierte Form, die mich an ein Fragezeichen erinnerte, das von einer schwachen Blase umgeben wird. Die Mitte der Form wirkte schlanker und das südliche Ende heller. Der hellste Teil des PN befand sich im nördlichen Bereich, in der Gestalt von zwei linsenförmige Knoten, die gut sichtbar und trennbar waren. Am östlichen Ende konnte ich noch einen abgesetzten schwachen Nebel erkennen. Sehr aufgewertet wurde das Objekt durch drei Sterne im Nebel sowie einen helleren Doppelstern am südöstlichen Ende. Ich habe deshalb auch ohne einen Filter beobachtet.
NGC 6852 (21 Zoll, Hohe Geba) Im Sternbild Adler befindet sich dieser kleine ringförmige PN, der mir erst bei höherer Vergrößerung mehr Details zeigte und zunächst mit 130-fach nur als runde Scheibe zwischen zwei Sternen erschien. Bei 180-fach war die Ringstruktur schon angedeutet. Mit 580-facher Vergrößerung konnte ich noch recht einfach drei unterschiedlich helle Knoten am Rand der Ringform erkennen, einen Filter benötigte ich dafür nicht.
NGC 6751 (21 Zoll, Hohe Geba) Im gleichen Sternbild beobachtete ich diesen PN, der ebenfalls bei höherer Vergrößerung ringförmig erschien, aber deutlich heller war als NGC 6852, dazu kam noch ein deutlicher Zentralstern. Mit 580-fach war der Ringcharakter sehr einfach zu sehen, wobei der nordwestliche Rand besser greifbar war. Dieser Rand wirkte unruhig und ich konnte bei geduldiger Beobachtung und indirektem Blick hellere Knoten wahrnehmen.
NGC 246 (21 Zoll, Wasserkuppe) Der auch als ,,Totenkopfnebel" bekannte PN war für mich eine der schönsten Sichtungen dieser Objektklasse unter heimischem

Himmel. Trotz des niedrigen Standes im Sternbild Walfisch ist er selbst im mittleren Teleskopen und mit [OIII]-Filter als halboffener Ring gut zu sehen, geschmückt mit helleren Sternen. Bei meiner Beobachtung mit meinem 21-Zoll-Teleskop hatte ich dazu noch sehr gute Horizontsicht, wodurch sehr viele Details recht einfach zu sehen waren. Beobachtet habe ich mit einem [OIII]Filter und 130-facher Vergrößerung. Deutlich war damit ein heller hufeisenförmiger und gut begrenzter Rand zu erkennen, der mit helleren Segmenten durchsetzt war. Insgesamt sieben dieser hellen Bereiche waren gut indirekt bis knapp direkt zu erfassen, davon konnte ich am Nordost-Ende eine Verdickung mit drei hellen Knoten erkennen. Ebenfalls recht gut zu sehen waren die zwei runden dunklen ,,Augen", die dem PN seinen Eigennamen gegeben haben. Das schwierigste Detail waren schwache, aufeinander zulaufende Spitzen, welche die zunächst halboffen wirkende östliche Seite geschlossen haben. Neben den drei hellen Sternen im Nebel konnte ich noch einen weiteren schwachen Stern am östlichen Ende erkennen. Enttäuschend war der Anblick dagegen ohne Filter, wodurch der PN nur noch sehr blass und ohne Details erschien.
NGC 1514 (21 Zoll, Hohe Geba) Deutlich schwieriger in Bezug auf Details war meine Beobachtung dieses schönen PN im Sternbild Stier. Er trägt den Eigennamen ,,Chrystal Ball", obwohl er mich, nach abschließender Beobachtung, eher an eine offene Blüte erinnerte. Mit einem Filter waren die Details schlechter zu erkennen und ich habe deswegen ohne Filterung beobachtet. Zunächst hatte ich ein sehr diffuses ungleichmäßiges Schimmern um einen sehr hellen Zentralstern sehen können. Mit 360-facher Vergrößerung musste ich mich etwas länger einsehen, um daraus greifbare Strukturen herausarbeiten zu können. Gut zu sehen war dagegen ein

Journal für Astronomie Nr. 72 | 85

Deep Sky

1 IC 2003

2 IC 2149

3 NGC 7008
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4 NGC 6852

Deep Sky

5 NGC 6751

6 NGC 246

7 NGC 1514

8 Simeiz 22

Journal für Astronomie Nr. 72 | 87

Deep Sky

dunkler Bereich, der den PN in zwei hellere Schalen zerteilte. Die östliche Schale zeigte indirekt eine dunkle Einbuchtung bzw. Trennung. Die westliche Schale war gebogen und das südliche Ende zeigte mit indirektem Blick einen helleren abgesetzt wirkenden Bereich. Weitere Hell-DunkelBereiche waren innerhalb des PN zu sehen, wenn auch kaum greifbar. An den Nord-, West-, Süd- und Ostseiten des PN konnte ich indirekt und mit ,,field sweeping" runde, sehr schwache Ausstülpungen sehen. Der Zentralstern störte mich während der Beobachtung durch seine große Helligkeit und erschwerte mir die Sichtung der schwachen Bereiche.

Simeiz 22 (21 Zoll, Hohe Geba) Dieser PN im Sternbild Cassiopeia ist recht ausgedehnt, wodurch er auch flächenschwach ist. Im Sharpless-Katalog, der viele schwache Nebel enthält, ist er auch als Sh2188 eingetragen. Bei meiner Sichtung mit meinem 21-Zoll-Teleskop hatte ich zum Zeitpunkt der Beobachtung gute Bedingungen. Dunkler und transparenter Himmel ist bei diesem Objekt besonders wichtig, außerdem sollte man einen [OIII]-Filter verwenden. Mit 130-facher Vergrößerung sah ich recht gut einen hellen Bogen. Dieser Bogen wurde in Richtung Norden schmaler und wirkte an diesem Ende mit indirektem Blick aufgefächert. Nach Westen konnte ich

den Bogen noch ein Stück weiter verfolgen, er lief dann diffus in den Himmelshintergrund über. Ich hatte zeitweise den Eindruck, eine zerfaserte Struktur im Bogen zu erkennen, was aber für mich nicht genauer greifbar war. Im Nebelbogen konnte ich dazu noch drei schwache Sterne erkennen. Ohne einen Filter verschwand der Nebel fast völlig und war höchstens nur noch schemenhaft zu erblicken.

Skyguide 2019 - 4 (Winter)
von Robert Zebahl und Rene Merting

Unser Skyguide soll in erster Linie Anregungen für eigene Beobachtungen geben und wird dabei jährlich für jede Jahreszeit 5 Objekte kurz beschreiben. Es werden dabei sowohl leichte als auch schwierige Objekte ausgewählt, welche nach Schwierigkeitsgrad sortiert sind. Wie schwierig ein Objekt letztlich ist, hängt natürlich von verschiedenen Faktoren ab, vor allem von der Him-

melsqualität, der Teleskopöffnung und der persönlichen Erfahrung.
Zu jedem Objekt werden die wichtigsten Informationen in Kurzform und gegebenenfalls ein DSS-Bild (Digitized Sky Survey) angegeben. Des Weiteren ist eine Karte, erstellt mit der freien Software Cartes du Ciel (Skychart), für die grobe Orientierung

vorhanden. Sie zeigt Sterne bis zu einer Größenklasse von ca. 8,0 mag. Telradkreise (0,5 Grad ; 2 Grad ; 4 Grad ) auf der Karte markieren die Position des Objekts. Im Allgemeinen empfehlen wir aber, eigene Aufsuchkarten zu erstellen. Die visuelle Beschreibung des Objekts basiert weitestgehend auf eigenen Beobachtungen und soll lediglich als Anhaltspunkt dienen.

Übersichtskarte der Objekte für Skyguide 2019-4

Karte erstellt mit Cartes du Ciel

88 | Journal für Astronomie Nr. 72

Deep Sky

41 Aur (STF 845)

Typ: Sternbild: Koordinaten (2000.0):
Helligkeit: Winkelabstand: Positionswinkel: Jahr:

Doppelstern Aur 06h 11m 36,59s, +48 Grad 42' 39,6'' 6,16 / 6,86 mag 7,5'' 358 Grad 2017

Der recht helle Doppelstern 41 Aurigae ist leicht zu finden und zeigt zwei Sterne mit relativ geringem Helligkeitsunterschied. Bei einem Winkelabstand von 7,5 Bogensekunden genügt bereits ein kleines Teleskop für die Beobachtung, selbst aus der Stadt heraus. Wer im Besitz eines Großfernglases ist, kann sich ebenfalls an diesem Doppelstern versuchen, wobei ein Stativ dringend empfohlen wird. In einem kleinen Refraktor mit 55 mm Öffnung ist er schon bei 25-facher Vergrößerung trennbar, wobei beide Komponenten noch ziemlich dicht beieinander stehen.

1 Aufsuchkarte für Doppelstern 41 Aur, Karte erstellt mit Cartes du Ciel

theta Aur (37 Aur, STT 545)

Typ: Sternbild: Koordinaten (2000.0):
Helligkeit: Winkelabstand: Positionswinkel: Jahr:

Doppelstern Aur 05h 59m 43,24s, +37 Grad 12' 45,9'' 2,6 / 7,2 mag 4,2'' 305 Grad 2017

Neben Doppelsternen mit ähnlich hellen Komponenten gibt es auch jene, deren Helligkeitsunterschiede sehr groß sind. Unter Doppelsternbeobachtern ist dies oft eine Herausforderung, da die schwächere Komponente

überstrahlt wird oder sogar nur als Aufhellung im Beugungsring der helleren Hauptkomponente liegt. Meist sind hohe Vergrößerungen nötig. Im Fall von theta Aurigae beträgt der Helligkeitsunterschied mehr als 4 Größenklassen, wobei er ein schöner Einstieg in die Beobachtung ungleicher Doppelsterne ist. Der Winkelabstand ist ausreichend groß, sodass er mit etwas Geduld bereits mit einem Teleskop mit 70 mm Öffnung erfolgreich beobachtet werden kann. Bei einer Vergrößerung von 133-fach zeigte sich der Begleiter als kleines, schwaches Sternchen. Die Beobachtung von Doppelsternen, insbesondere von sehr ungleichen Paaren, ist immer einen Blick wert.

Journal für Astronomie Nr. 72 | 89

Deep Sky

NGC 2281 (H 8.71, Broken Heart Cluster)

Typ: Sternbild: Koordinaten (2000.0):
Helligkeit: Winkelausdehnung:

Offener Sternhaufen Aur 06h 48m 17s, +41 Grad 04' 42'' 5,4 mag 15' x 15'

NGC 2281 ist ein etwa 300 Millionen Jahre alter Sternhaufen, welcher laut einem in ,,Sterne und Weltraum" erschienenen Artikel (12.2016, S. 68 f.) bereits seinen zweiten Umlauf um das Milchstraßenzentrum vollbringt und sich bei diesem vermutlich vollständig auflösen wird. Mit einer geschätzten Mitgliederzahl von 30 Sternen ist er eher sternarm, hebt sich aber dennoch gut von seiner Umgebung ab. Die helleren Sterne bilden mit etwas Fantasie eine Herzhälfte, was wohl dem Sternhaufen seinen Beinamen (Gebrochenes Herz) gab. Unter Vorstadtbedingungen zeigt sich der Sternhaufen mit 5 Zoll Teleskopöffnung bei geringer Vergrößerung bereits auffällig.
2 Offener Sternhaufen NGC 2281,
Quelle: DSS, gemeinfrei

IC 2149 (PK 166+10.1)

Typ: Sternbild: Koordinaten (2000.0):
Helligkeit: Winkelausdehnung:

Planetarischer Nebel Aur 05h 56m 23,86s, +46 Grad 06' 17,5'' 10,6 mag 0,2' x 0,1'

IC 2149 ist der hellste Planetarische Nebel im Fuhrmann. Die visuelle Helligkeit von 10,6 mag ergibt bei der angegebenen Winkelausdehnung eine recht hohe Flächenhelligkeit, sodass der Nebel gut aus der Stadt mit mittlerer Teleskopöffnung beobachtet werden kann. Kleine Vergrößerung zeigt den Nebel meist sternförmig. Unter städtischen Bedingungen (Bortle 7) kann bei 8 Zoll Teleskopöffnung und 150-facher Vergrößerung durchaus die leicht ovale Form gesehen werden.

3 Planetarischer Nebel IC 2149,
Quelle: DSS, gemeinfrei

90 | Journal für Astronomie Nr. 72

Deep Sky

NGC 1907 (H 7.39)

Typ: Sternbild: Koordinaten (2000.0): Helligkeit: Winkelausdehnung:

Offener Sternhaufen Aur 05h 28m 05s, +35 Grad 19' 30'' 8,2 mag 7' x 7'

In unmittelbarer Nähe zum bekannten Sternhaufen

Messier 38 findet sich der deutlich schwächere Stern-

haufen NGC 1907, welcher nach Trümpler als II1m

klassifiziert wird. Robert Julius Trümpler (02.10.1886-

10.09.1956), ein aus der Schweiz stammender US-

amerikanischer Astronom, entwickelte ein Schema

zur Klassifizierung Offener Sternhaufen, welches üb-

licherweise aus drei Angaben besteht: Eine römische

Zahl (I-IV) gibt Konzentration und Kontrast zur Um-

gebung an (stark bis schwach), die Ziffer (1-3) gibt die

Helligkeitsunterscheide der Mitglieder untereinander

an (gering bis stark) und ein Buchstabe gibt Auskunft

über die Mitgliederzahl: p (poor, sternarm), m (me-

dium) bzw. r (rich, sternreich). Visuell lässt sich der

Sternhaufen bereits mit einem kleinen 8x40-mm-

Fernglas unter dunklem Landhimmel beobachten, er

zeigt sich als kleine, auffällige Aufhellung.

4 Offener Sternhaufen NGC 1907, Quelle: DSS, gemeinfrei

Raumstation vor dem Mond

Impression
Am 14.09.19 um 21:06:11 Uhr MEZ sauste die ISS in 600 Millisekunden über den Südbereich des Vollmondes. Celestron C6 SchmidtCassegrain (150 mm/1500 mm) mit 0,63-fachem Reducer, ZWO ASI1600MC Pro cooled. Bildautor: Tim Lauenstein, Goppeln.

Journal für Astronomie Nr. 72 | 91

Kleine Planeten

Neues aus der FG Kleine Planeten
von Gerhard Lehmann

Die Nächte werden im Winter wieder länger und vielleicht haben Sie auch Lust, einen Kleinplaneten zu beobachten. Es muss nicht immer die Astrometrie im Vordergrund stehen. Nahe scheinbare Begegnungen mit Deep-Sky-Objekten haben ebenfalls ihren Reiz. Unser FG-Mitglied Wolfgang Ries hat für den Winter solche Ereignisse zusammengestellt und ruft zur Beobachtung auf.

Nicht nur die Nächte werden länger, auch die Zahl der neu entdeckten Kleinplaneten wächst ständig. Dementsprechend vergrößert sich auch die Anzahl der nummerierten Kleinplaneten. Was das für die Datei mit den Bahnelementen vom MPC bedeutet, lesen Sie auf den nächsten Seiten.

Nach der Wende im Herbst 1989 haben Dr. Schmadel (1942 - 2016) vom Astronomischen Recheninstitut Heidelberg und Dr. Börngen vom Karl-Schwartzschild-Observatorium Tautenburg (*1930) gemeinsam Kleinplaneten beobachtet und auch viele neu entdeckt. Eine der Neuentdeckungen haben sie nach Dr. Joachim Ekrutt, dem heutigen Geschäftsführer der Gesellschaft für volkstümliche Astronomie e.V. Hamburg, benannt.
(24713) Ekrutt = 1991 RE4
Discovered 1991 Sept. 12 by L. D. Schmadel and F. Börngen at Tautenburg. Joachim Ekrutt (born 1948) is an enthusiastic German amateur astronomer. A lawyer and tax consultant by profession, Ekrutt published some introductory astronomical booklets, especially ,,Die kleinen Planeten" on minor planets. The name was suggested by the first discoverer.

1 Die Volkssternwarte und das Zeiss-Planetarium Drebach: links die große Beobachtungs-
station mit Refraktoren von 180 mm f/9 bis 100 mm f/10, rechts ein Astrograph f/6,8 (PlaneWave CDK20) noch auf einer Montierung ALT7-ADN, im Hintergrund links ein 20-zölliger RC in einer Baader-Kuppel. Mittig im Hintergrund eine 13-m-Kuppel, unter welcher sich eine 11-mProjektionskuppel für einen Planetariumsprojektor ZKP3 von Carl Zeiss inklusive VELVET-Projektoren für die Ganzkuppelprojektion befindet. Bild: Jens Kandler

In diesem Jahr wird die FG Kleine Planeten ihre 23. Kleinplanetentagung in der Volkssternwarte und dem Zeiss-Planetarium Drebach [1] durchführen. Der seit 1993 bestehende Förderverein der Volkssternwarte Drebach e.V. lädt ebenfalls ein und wird die Tagung tatkräftig unterstützen. Preiswerte Unterkünfte sind im schönen Erzgebirge für alle Teilnehmer reserviert. Seit 2019 gehört die Montanregion Erzgebirge zum

UNESCO-Weltkulturerbe. Weitere Informationen entnehmen Sie bitte der Kleinplanetenseite [2].
Wenn Sie Lust bekommen haben, vielleicht auch einmal Kleinplaneten zu beobachten, dann sind Sie herzlich eingeladen. Als Mitglied in der FG Kleine Planeten werden Sie Gleichgesinnte treffen und von den Erfahrungen der anderen profitieren.

Internethinweise (Stand Oktober 2019): [1] Sternwarte Drebach: www.sternwarte-drebach.de [2] Kleinplanetenseite: www.kleinplanetenseite.de

92 | Journal für Astronomie Nr. 72

Kleine Planeten

Nummerierte Kleinplaneten in der MPCOrb.dat
von Gerhard Lehmann

Einleitung Das Minor Planet Center (MPC) in den USA stellt schon seit vielen, vielen Jahren eine Textdatei namens MPCOrb.dat [1] zur Verfügung, welche die Bahnelemente bekannter Kleinplaneten enthält. In der MPCOrb.dat vom 10. August 2019 finden sich insgesamt 796.359 Kleinplaneten, wovon 541.128 nummeriert sind und der Rest noch provisorisch bezeichnet ist. Die Anzahl der nummerierten Kleinplaneten ist seit 1995 von 6.752 im Jahr 2018 auf 523.824 gestiegen. Das macht in 23 Jahren einen Zuwachs um 517.072 oder eine Steigerung um fast 7.660% [2] aus. Diese Zuwächse, siehe Abb. 1, bereiten Probleme.

1 Verteilung der nummerierten Kleinplaneten auf die Beobachtungsjahre [2].
Bild: Gerhard Lehmann

MPCOrb.dat Wie schon erwähnt, ist MPCOrb.dat eine Textdatei mit 202 Spalten. Es soll jetzt nicht jede dieser Spalten erläutert werden, denn das ist nicht die Aufgabe dieser Zeilen und das MPC hat sie ausführlich im Internet [3] erklärt. Entscheidend ist, dass nur die ersten 5 von 202 Spalten für die Nummer des Kleinplaneten zur Verfügung stehen. Hat der Kleinplanet aber keine Nummer, also nur eine provisorische Bezeichnung, stehen dafür in gepackter Form die ersten 7 von 202 Spalten bereit. Also gehen 2 Spalten nach der Nummerierung verloren! Dies ist historisch so entstanden und vermutlich haben die Programmierer nie gedacht, dass es mehr als 99.999 Kleinplaneten im Sonnensystem gibt. So markiert also der Kleinplanet (99999) 1981 FP, ein Hauptgürtelasteroid, diese ,,magische" Grenze.

Um sie zu überwinden, wird der Kleinplanet (100000) Astronautica, ein Hungariaasteroid, mit A0000 [4] auf den ersten 5 von 202 Spalten verewigt. Dies war im Jahr 2005 der Fall, was der rote Balken in der Abb. 1 verdeutlichen soll. Sind die Großbuchstaben in der ersten Spalte vergeben, beginnt das Spielchen mit den Kleinbuchstaben von

2 Minor Planet Electronic Circular vom 24. Juli 2019 [5],
Bild: Gerhard Lehmann

Journal für Astronomie Nr. 72 | 93

Kleine Planeten

vorn. Durch dieses System können 619.999 nummerierte Kleinplaneten mit ihren Bahnelementen gespeichert werden.
Die letzte Nummerierung von Kleinplaneten wurde zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Zeilen am 18. Mai 2019 vom MPC veröffentlicht, woraus sich die schon eingangs erwähnten 541.128 nummerierten Kleinplaneten ergeben. Es fehlen also nur noch 78.871 zu nummerierende Kleinplaneten, um mit (z9999) die wiederum ,,magische" Grenze von 619.999 zu erreichen. Das wird aller Voraussicht im Jahr 2021 der Fall sein.
Der Leser erkennt, wenn er denn wegen der vielen Zahlen bis hierher weitergelesen hat, das eigentliche Problem. Niemand kann vorhersagen, wie viele Kleinplaneten es denn überhaupt im Sonnensystem gibt. Konsequenterweise müsste ein völlig neues Dateiformat her oder mit anderen Worten, die Textdatei ist veraltet. Aber, viele Plane-

tariumsprogramme und nicht zu vergessen die Programme des MPCs nutzen die MPCOrb.dat in der heutigen Form!
Deshalb hat das MPC am 24. Juli 2019 ein Minor Planet Electronic Circular (M.P.E.C. 2019-O55) [5], siehe Abb. 2, veröffentlicht, welches das Problem nicht löst, aber in die Zukunft verschiebt. Durch die Verwendung einer Tilde kann der Kleinplanet mit der Nummer 600.000 als (~0000) gespeichert werden. In Zukunft sind auch Groß- und Kleinbuchstaben gemischt in den Spalten 2 bis 5 zugelassen. Dadurch wird es möglich sein, den Kleinplaneten mit der Nummer 15.396.335 in codierter Form als (~zzzz) zu verewigen.
Resümee Das MPC hat erneut eine ,,magische" Grenze gesetzt. Wann diese erreicht ist, kann seriös nicht vorher gesagt werden. Spätestens dann muss aber ein neues Format für die Bahnelemente bekannter Kleinplane-

ten her. Eines ist aber sicher: Die Anzahl der neu entdeckten Kleinkörper, also der Kleinplaneten und Kometen, wird sich auch dank neuer Teleskope und Suchstrategien, erhöhen. Nur um wie viel - das weiß niemand!
Internethinweise (Stand Oktober 2019): [1] MPCOrb: www.minorplanetcenter.
net/iau/MPCORB.html [2] MPC Archive Statistics: https://
minorplanetcenter.net/iau/lists/ ArchiveStatistics.html [3] Export Format for Minor-Planet Orbits: https://minorplanetcenter.net/ iau/info/MPOrbitFormat.html [4] Packed Provisional and Permanent Designations: https:// minorplanetcenter.net/iau/info/ PackedDes.html [5] M.P.E.C. 2019-O55: https:// minorplanetcenter.net/mpec/K19/ K19O55.html

Impression

94 | Journal für Astronomie Nr. 72

Mond trifft Jupiter
Der Mond drei Tage nach Neumond mit Jupiter, 31.10.2019 um 17:16 Uhr MEZ. Kamera Canon 7DMII, Objektiv Canon EF 100 - 400 mm L IS II USM bei 400 mm, Blende 5,6 bei 1/40 s Belichtungszeit und ISO 200. Bildautor: Manfred Kiau.

Kleine Planeten

Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries

Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiterbewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.
Das heutige Bild [1] stellte uns Jörg Nirschl aus dem Isartal zur Verfügung. Seit seiner Schulzeit begeistert er sich für die Astronomie und ist dem Hobby nun fast 30 Jahre treu geblieben. Beobachtet wird visuell vom heimischen Garten aus oder auch mit einigen Freunden bei Touren in dunklere Gegenden. Seit ca. 3 Jahren betreibt er auch Astrofotografie. Am 17. November 2018 wollte er eine tiefe Aufnahme der Plejaden machen. Dass es manchmal anders kommen kann, weiß wohl jeder Astrofotograf aus eigener Erfahrung. Jörg montierte also seinen Newton f/5 auf die fixe Säule in

seinem Garten, startete die Aufnahmeserie und fuhr mit seiner Frau noch Besorgungen machen. Bei seiner Rückkehr fand er sein Equipment stromlos vor. Seine Mädels hatten während seiner Abwesenheit die Stromzufuhr gekappt. Aufgeben kam für Jörg nicht in Frage, also wurde nochmals gestartet. Nach Ende der Serie stellte sich aber heraus, dass zwischenzeitlich für einige Bilder das Autoguiding ausgefallen war. Nichtsdestotrotz wurden die restlichen Bilder gestackt, auch wenn die Gesamtbelichtungszeit kürzer als erhofft blieb. Jörg fiel sofort eine kleine, unterbrochene Strichspur auf. Dank CalSKY konnte er den Verursacher feststellen. Es handelt sich um den Kleinplaneten (647) Adelgunde, der dem Siebengestirn einen Besuch abstattete.
Die Plejaden sind seit dem Altertum bei vielen Völkern fester Bestandteil ihrer mythologischen Überlieferungen. So sind sie die sieben Schwestern bei den alten Griechen, Subaru bei den Japanern oder die Gluckhenne in Teilen Deutschlands, bis sie Charles Messier als M 45 in seinen Katalog

1 Der offene Sternhaufen M 45 (Plejaden)
und der Kleinplanet (647) Adelgunde am 17. November 2018. Aufgenommen mit einem 130-mm-Newton f/5 und einer Canon EOS 1200 Da. Bild: Jörg Nirschl
aufnahm und dem nahen offenen Sternhaufen einen wissenschaftlichen Touch verpasste. Der offene Sternhaufen ist ca. 420 Lichtjahre von uns entfernt und beherbergt einige hundert Sterne. Die hellsten konzentrieren sich auf ein Gebiet von ca. 7 Lichtjahren Durchmesser, wobei aber Mitglieder in einem 10-mal so großen Gebiet gefunden wurden. Die bekannten blauen Reflexionsnebel sind keine Überbleibsel der Haufenentstehung, sondern die Plejaden durchqueren gerade den Rand des Taurus-Auriga-Dunkelnebel-Komplexes [2]. Der Zufall beschert uns also einen tollen freisichtigen offenen Sternhaufen, der auf Fotografien in ein wunderbares blaues Nebelgebiet eingebettet ist. Die Aufnahme heute zeigt zusätzlich noch einen kleinen Besucher, der für Jörg das Bild, trotz der Schwierigkeiten, zu etwas Besonderem macht.

Journal für Astronomie Nr. 72 | 95

Kleine Planeten

Tabelle 1

Kosmische Begegnungen

Datum/Uhrzeit
21.01.2020/21:00 22.01.2020/20:00 19.02.2020/21:00 26.02.2020/21:00 28.03.2020/22:00 31.03.2020/22:00

Kleinkörper

mag

(64163) 2001 TB49

15,5

(656) Beagle

14,4

(1796) Riga

15,0

(474) Prudentia

15,3

(1684) Iguassu

15,7

(538) Friederike

15,1

Objekt

Art

mag

NGC 2392

PN

9,1

IC 443

SNR

12

M 48

OC

5,8

NGC 2872/3/4

Gx

11,9/15,4/12,6

M 105

Gx

9,5

M 96

Gx

9,3

Abkürzungen: OC = Offener Sternhaufen, PN = Planetarischer Nebel, Gx = Galaxie, SNR = Supernovaüberrest

Abstand
2´ 1´ 7´ 6´ 5´ 5´

Bei (647) Adelgunde handelt es sich um einen ca. 10 km großen Asteroiden des Hauptgürtels. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war er 13,2 mag hell und ca. 148 Mio. km von der Erde entfernt. Für die Umrundung benötigt dieser Gesteinsasteroid nur ca. 3,82 Jahre, da seine Bahn im inneren Bereich des Hauptgürtels liegt. Das erklärt, warum dieser relativ kleine Brocken sehr hell werden kann.
Entdeckt wurde (647) Adelgunde im Jahr 1907 vom deutschen Astronomen August Kopff in Heidelberg, der als Entdecker sehr erfolgreich war. Er fand einen Kometen und 66 Kleinplaneten. Der Kleinplanet (647) Adelgunde ist einer von 120 Kleinplaneten, für die es keine offizielle Publikation über die Benennung gibt.

statt. Die Tabelle 1 enthält eine kleine Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten, die von uns erstellt wurde. Damit soll Ihnen Ihr Weg zum persönlichen Bild einer kosmischen Begegnung erleichtert werden.
Eine Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren, finden Sie auf der Homepage von Klaus Hohmann [4]. Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit, verschiedene Parameter wie die Helligkeit des Deep-Sky-Objektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selbst auszuwählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden.

Internethinweise (Stand Oktober 2019): [1] Privatsternwarte von Wolfgang Ries:
www.sternwarte-altschwendt.at/ JN_M45-Adelgunde_171118_Joerg_ Nirschl_markiert_2000.jpg [2] R. Stoyan, 2006: ,,Atlas der Messierobjekte", Oculum Verlag [3] Adelgunde von Bayern, https://de. wikipedia.org/wiki/Adelgunde_von_ Bayern [4] Homepage von Klaus Hohmann: http://astrofotografie.hohmann-edv. de/aufnahmen/kosmische. begegnungen.php

Es gibt zwei Deutungen, woher der Name kommt. Die eine bezieht sich auf die zwei Buchstaben AD in seiner provisorischen Bezeichnung nach der Entdeckung, die 1907 AD lautete. Adelgunde fängt auch mit AD an. Die zweite Meinung lautet, dass als Namenpatronin Adelgunde Maria Augusta Therese, Prinzessin von Bayern, diente. Sie war eines von 13 Kindern von König Ludwig III. von Bayern, dem letzten bayrischen König [3]. Vielleicht liegt ja die Wahrheit in der Mitte und August Kopff ließ sich von den zwei Buchstaben seiner provisorischen Designation dazu inspirieren, seinen KP nach der bayrischen Prinzessin zu benennen. Kosmische Begegnungen finden täglich

Wir möchten Sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS bitten, Ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die Bilder per Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an ries@sternwarte-altschwendt.at. Bitte vergessen Sie nicht das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend gebeten, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.

96 | Journal für Astronomie Nr. 72

Kometen

Auffallende Kometen
des zweiten Quartals 2019
von Uwe Pilz

Im zweiten Quartal erlebten wir eine regelrechte Kometenflaute. Zum ersten Mal seit über fünf Jahren fiel es mir schwer, der ,,Kometenecke" von Sterne und Weltraum angemessen Substanz zu geben.
Während des zweiten Quartals war C/2018 R3 (Lemmon) mit mittelgroßen Instrumenten erreichbar. Er zog eine Bahn vom Pegasus über Andromeda-Kassiopeia-Perseus-Giraffe in den Luchs, stets niedrig am Nordhimmel. Die Helligkeit war recht konstant bei 11 mag. Das klingt gar nicht so schlecht, bedingt durch die niedrige Lage war die Sichtung dennoch eine beobachterische Herausforderung. Die Aufnahme von Martin Nischang zeigt einen gasreichen Kometen (Abb. 1).
In den letzten Wochen des Quartals erreichte C/2018 W2 (Africano) beachtliche 12 mag. Seine Helligkeit stieg stärker an als erwartet. Dieser Komet wird sich um den Jahreswechsel 2019/2020 zum Fernglaskometen entwickeln. Im Frühsommer 2019 waren mittelgroße Instrumente für die Sichtung notwendig. Die Aufnahme von Michael Jäger (Abb. 2) zeigt, dass auch dieser Komet gasreich ist.

1 C/2018 R3 (Lemmon), 29. Mai 2019, 23:50 Uhr UT, 12-Zoll-Astrograph (f/3,6), 35 Minuten
mit CCD-Kamera ALCCD12 (Martin Nischang).

2 C/2018 W2 (Africano), 28. Juni 2019, 0:40 Uhr UT, 8-Zoll Astrograph (f/2,0), 83 Minuten mit
CMOS-Kamera ASI-1600 (Michael Jäger).
Journal für Astronomie Nr. 72 | 97

Kometen

40 Jahre Kometenbeobachtung
- 1000 Kometen sind nicht genug
von Werner Hasubick

Am 22.11.2017 war es so weit. In der Volkssternwarte Buchloe nahm ich mit dem 44-cm-Newton eine Serie von 20-Sekunden-Aufnahmen des Kometen C/2015 H2 PanSTARRS auf. Wie sich beim Vermessen der Aufnahmen mit Astrometrica zeigte, wurde der Komet mit 18,8 mag nachgewiesen. Er war damit der 1000. von mir beobachtete Komet. Ein langersehntes Ziel war erreicht [1].

Angefangen hatte alles schon über 40 Jahre vorher. Und es fing gleich mit einem Negativerlebnis an. Ich, der gerade im September 1975 angefangen hatte, sich intensiver mit der Astronomie zu beschäftigen, bekam nichts von der zu erwartenden hellen Erscheinung des Kometen C/1975 V1 West am Morgenhimmel im März 1976 mit! Man kann sich das heute gar nicht mehr vorstellen, dass man damals Informationen über

helle Kometen der Tageszeitung entnehmen musste!
Erst am 5.10.1977 war es dann soweit. Mit meinem 14x100-Feldstecher konnte ich meinen ersten Kometen, C/1977 R1 Kohler, beobachten. Danach folgten weitere Kometen, die vor allem mit dem oben erwähnten Feldstecher (Wachter Gigant) beobachtet wurden. Einer der Meilensteine aus der Anfangszeit war mein erstes Kometenfoto von 2P/Encke in seiner sehr hellen Erscheinung 1980. Inzwischen (Stand November 2018) habe ich mit einer CCD-Beobachtung einige Tage nach dem Apheldurchgang die Dokumentation des 10. Periheldurchgangs begonnen! In den nächsten Jahren wurde hauptsächlich visuell beobachtet, mit dem schon erwähnten Großfeldstecher, einem Celestron 5 und später einem Celestron 8. Später kam auch eine 5,5-Zoll-Schmidtkamera für die fotografische Beobachtung schwächerer Kometen hinzu. Vom Kometen C/1983 H1 IRAS-Araki-Alcock erfuhr ich zwar auch nur aus der Tageszeitung, er war allerdings in großer Erdnähe nicht zu übersehen. Er war mit seiner Geschwindigkeit von 100,,/min der erste Komet, bei dem ich live im Okular die Bewegung sehen konnte. Für die Beobachtung des berühmten Kometen 1P/Halley 1986 wurde sogar eine erste Beobachtungsexkursion nach Teneriffa unternommen. 1992 wurde der Ursprungskomet der Perseiden, 109P/ Swift-Tuttle, wiederentdeckt und konnte einige Male mit der Schmidtkamera auf Film fotografiert werden (Abb. 1).

1 Komet 109P/Swift-Tuttle im Jahr 1992, C5-Schmidtkamera

Ab 1991 wurde auch am 44-cm-Newton der Volkssternwarte Buchloe beobachtet. Dabei konnte der Komet 95P/Chiron, der auch die Kleinplanetennummer 2060 trägt, in Perihelnähe mit 15,2 mag visuell beobachtet werden. 1996 kam es dann zum nächsten Höhepunkt, dem sehr nahen Vorübergang des Kometen C/1996 Hyakutake

98 | Journal für Astronomie Nr. 72

Kometen

an der Erde mit seinem über 70 Grad langem Schweif. Er war bisher der einzige Komet, zu dessen Beobachtung ich ein Fischaugenobjektiv verwendet habe. Schon ein Jahr später folgte mit dem Kometen C/1995 O1 Hale-Bopp der nächste spektakuläre Schweifstern, der monatelang den Nachthimmel dominierte (Abb. 2).
Im Jahr 2001 begann mit einer Aufnahmeserie des Kometen C/2001 J2 Skiff die Ära der astrometrischen CCD-Beobachtung, die das Hauptbeobachtungsgebiet bis heute geblieben ist. 2006 zogen die zwei hellen Bruchstücke B und C des Kometen 73P/ Schwassmann-Wachmann 3 mit sehr ähnlichen Schweifen an der Erde vorbei. Im Jahr 2007 folgten die nächsten Höhepunkte. Zuerst war C/1996 P1 McNaught mit -5 mag mit bloßem Auge 5 Grad neben der Sonne am Tag sichtbar, und zum Abschluss des Jahres gab es noch den spektakulären Ausbruch des Kometen 17P/Holmes mit seiner geisterhaften Koma (Abb. 3). Der letzte große Meilenstein vor dem 1000. Kometen war am 14.5.2013 die Nr. 750, der Komet P/2013 EW90 Tenagra.

2 Komet Hale-Bopp über dem 44-cm-Newton im Jahr 1997, DSLR

Rückblickend habe ich wirklich einige sehr schöne Kometenerscheinungen beobachten können, herausragend waren dabei sicher Hyakutake (nahe Passage, sehr langer Schweif), Hale-Bopp (sehr hell, monatelang auch mit bloßem Auge sichtbarer Schweif), McNaught (sehr hell und nahe der Sonne zu sehen) und Holmes mit seinem fantastischen Ausbruch. Jetzt fehlt mir eigentlich nur noch ein sehr heller Komet der KreutzGruppe in der Sammlung.
Weitere Höhepunkte meiner Kometenbeobachterkarriere neben den hellen Kometen waren die Recoveries (erste Beobachtung eines periodischen Kometen bei seiner Wiederkehr) von 139P/Väisälä-Oterma 2007 und 30P/Reinmuth 2009 und die Precovery (Beobachtung vor der eigentlichen Entdeckung) des Kometen 230P/LINEAR 2009. Ich hatte, wie zwei weitere Beobachter auch, den Kometen (neben einem helleren Kometen, dem eigentlichen Ziel der Aufnahme) fotografiert, aber nicht als neu erkannt.

Die in den letzten Jahren durchgeführte astrometrische Beobachtung aller Kometen heller als 20. Größe nördlich von -27 Grad Deklination lässt sich in mehrere Gruppen einteilen. Da sind die ,,helleren" Kometen (für das genutzte 44-cm-Teleskop mit CCD-Kamera SBIG ST-9XE sind das Kometen heller als 18 mag), die z.T. auch bei Vollmond beobachtet werden können. Zu ihnen zählen die periodischen Kometen. Von ihnen konnten einige schon in fünf Periheldurchgängen beobachtet werden (9P, 21P, 31P, 43P, 67P, 78P, 103P), andere schon in sechs (10P, 19P, 46P). Spitzenreiter ist hier Komet 2P/Encke mit inzwischen 10 beobachteten Erscheinungen. Der in Jupiterentfernung umlaufende Komet 29P/ Schwassmann-Wachmann 1 konnte inzwischen in 20 Oppositionen beobachtet werden, manche Kometen sind während des gesamten Umlaufes für die CCD-Kamera sichtbar (2P, 65P, 74P, 158P). Insgesamt habe ich nun (Stand: 30.4.2019) 338 der 376 nummerierten periodischen Kometen

Journal für Astronomie Nr. 72 | 99

Kometen

Nacht möglich. Begrenzend ist dabei nicht die Anzahl der verfügbaren Kometen, sondern die Summe der Integrationszeiten, die selbst eine lange Winternacht überschreitet. Bei meinem weiter unten erwähnten Marathon mit 51 Kometen am 28. Februar 2009 war ich fast 9 Stunden bei -5 Grad C im Einsatz.

Wenn man alle Beobachtungen betrachtet,

dann habe ich Kometen von 21 mag bis

-5 mag (Intensitätsverhältnis: 1:25 Mil-

lionen) beobachtet, die Belichtungszeiten

lagen zwischen 0,1 Sekunden und 20 Mi-

3 Ausbruchsverlauf des Kometen 17P/Holmes im Sternbild Perseus vom 28.10 bis

nuten und es waren Brennweiten von 16 bis 2000 mm im Einsatz (Film, DSLR und

25.12.2007, DSLR-Komposit mit Aufnahmen von 100 bis 400 mm

CCD). In den langen Jahren der Kometen-

beobachtung sind auch jede Menge an ex-

tremen Sichtungen zusammengekommen.

beobachtet. Einer davon, 85D/Boethin, ein gehöriges Maß an Beharrlichkeit, um Ich habe Kometen dicht neben der Sonne

wurde inzwischen als verschwunden klas- zum Erfolg zu kommen. Bei einem Kome- (5 Grad am Tag, in 22 Grad Elongation bei Nacht),

sifiziert, nachdem er in zwei Periheldurch- ten fuhr ich am frühen Morgen viermal in tief am Südhorizont, 6 Grad neben dem Mond,

gängen nicht mehr aufgefunden wurde. Ich die Sternwarte, bis ich das schwache Objekt bei -22 Grad C und aus 4000 m Höhe beobach-

hatte ihn 1985 visuell beobachtet. Neben in der Milchstraße aufgefunden hatte.

tet. In einer Nacht habe ich 37 Kometen

den hellen Kometen umfasst mein Beob-

beobachtet (14 andere wurden von mir in

achtungsprogramm aber auch viele schwa- Von den vielen beobachtbaren Kometen ist dieser Nacht nicht aufgefunden).

che Kometen, wie Abb. 4 zeigt.

fast jeder auch einmal von der Nordhalbku-

gel aus zu sehen, für die etwa fünf anderen Die Gesamtbilanz meiner nunmehr über

Heutzutage ist es normal, dass Kometen müsste ich ein Remote-Teleskop einsetzen, 41-jährigen Kometenbeobachtertätigkeit

entdeckt werden, wenn sie nur 19. bis 20. was ich bisher noch nicht getan habe. Mit sieht im Augenblick so aus: Visuell habe

Größe haben, danach heißt es manchmal genauer Planung ist heutzutage in langen ich fast 300 Kometen mit über 1700 Hel-

jahrelang warten, bis sie in Sonnennähe Winternächten die Beobachtung von nahe- ligkeitsschätzungen beobachtet, davon 25

heller werden. Um möglichst viele von den zu 100 Kometen bis zur 20. Größe in einer Kometen mit dem bloßen Auge. Astro-

bis zu 55 neuen Kometen jedes Jahr zu be-

obachten, ist schon einiger Aufwand nötig.

So wurde meist in bis zu 45 Nächten pro

Jahr beobachtet (davon ein Drittel am Mor-

genhimmel), um bis zu 170 Kometen pro

Jahr nachzuweisen. Damit war ich immer-

hin zweimal weltweit der Beobachter mit

den meisten beobachteten Kometen pro

Jahr [2], für einen Amateur in Mitteleuropa

doch eher überraschend. Bei unserem Wet-

ter muss man dabei möglichst jede Wolken-

lücke nutzen, was mit den heutigen Wetter-

vorhersagen und Satellitenbildern immer

besser klappt. Manchmal braucht man auch 4 Maximalhelligkeitsverteilung der im Jahr 2017 beobachteten Kometen

100 | Journal für Astronomie Nr. 72

Kometen

metrisch habe ich über 8000 Positionen an das MPC gemeldet. Die Gesamtzahl der beobachteten Kometen beträgt 1071 in 1440 Erscheinungen (Stand: 30.4.2019). Ich war wohl überhaupt der erste Beobachter, der 1000 Kometen beobachtet hat.
Wenn man sich so oft in der Sternwarte aufhält, kann man manchmal auch gänzlich unerwartete Beobachtungen machen. So erlebte ich am Abend des 6.4.2002 den Fall des Neuschwansteinmeteorits mit geschätzten -18 mag mit und in den Morgenstunden des 25.12.2017 konnte ich die spektakuläre Erscheinung anlässlich des Starts einer russischen Interkontinentalrakete live miterleben. Die das Sonnenlicht reflektierende Wolke dehnte sich ähnlich aus wie die Koma des Kometen Holmes im Jahr 2007, nur viel größer und viel schneller. Während der Nacht wusste ich natürlich noch nicht, dass eine Rakete diese Leuchterscheinung verursacht hatte, das erfuhr ich erst aus dem Internet am nächsten Tag.
Da mir die Kometenbeobachtung immer noch viel Spaß macht, beobachtete ich weiterhin visuell (10x50-Feldstecher, 10-cm-

Refraktor, 44-cm-Newton) und gehe mit der CCD-Kamera auf die Jagd. Die Ziele gehen einem natürlich langsam aus, naheliegend wäre vielleicht noch, der erste Beobachter (außer SOHO) zu sein, der 1000 Kometen astrometriert hat (Stand: ca. 940 [3]). Mal sehen, welche Überraschungen die Schweifsterne noch für mich bereithalten.
Abschließend möchte ich mich noch bei meiner Ehefrau Elisabeth für die Unterstützung und die Akzeptanz der vielen Abwesenheiten sowie der Astronomischen Gesellschaft Buchloe für die häufige Nutzung des Hauptinstruments der Volkssternwarte Buchloe bedanken, ohne die die obigen Beobachtungen nicht möglich gewesen wären.
Literatur- und Internethinweise (Stand Oktober 2019):
[1] Hasubick, W (2009): ,,500 Kometen und kein bisschen müde" VdS-Journal 1/2009, 77
[2] Count Obs by Year: minorplanetcenter. net/iau/special/CountObsByYear.txt
[3] Comet Orbit Home Page: jcometobs. web.fc2.com

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Journal für Astronomie Nr. 72 | 101

Meteore

Selbstbau einer automatisierten Meteo(r)Himmelsüberwachung
von Bernhard Suntinger

Der nächtliche Sternenhimmel hält für aufmerksame Beobachter viele Überraschungen bereit. Wer schon einmal unter dunklem Himmel den Blick über einen längeren Zeitraum gen Sternenzelt gerichtet hat, wird dabei die eine oder andere Sternschnuppe entdeckt haben. Meteore gehören zu den schönsten Himmelsereignissen und jeder Mensch erfreut sich an ihrem spontanen Glanz. Als besonders spannend gestaltet sich die Suche nach besonders hellen Meteoren, welche als Feuerkugeln (bzw. Boliden) bezeichnet werden.

Angespornt von der Faszination der Meteorerscheinungen und dem Entdeckungsdrang habe ich mit geringen finanziellen Ausgaben und einfacher Bastelarbeit eine automatisierte Meteor(r)-Station gebaut. Das ,,r" steht in Klammern, da die Meteo(r)-Station im Komplettaufbau nicht nur Meteorereignisse aufzeichnet, sondern auch Wetter- und Himmelsdaten dokumentiert.

Komponenten der Meteo(r)-Station Die Meteo(r)-Station besteht aus zwei Hauptkomponenten, welche auch separat verwendet werden können (Abb. 1).
Hauptkomponente 1: Die Meteor-Videokamera mit lichtstarkem Weitwinkelobjektiv übernimmt die Videoüberwachung des Nachthimmels. Bei der Videokamera handelt es sich um eine äußerst lichtempfindliche CMOS-Monochromkamera des Typs ZWO ASI120MM mit einer Pixelgröße von 3,75 µm und einer Auflösung von 1280 x 960 Pixeln. Die Herstellerfirma ZWO bietet speziell für dieses Kameramodell ein geeignetes Meteor-Objektiv an. Dieses zeichnet sich durch eine große Öffnung (F/1,4) sowie einen verstellbaren Brennweitenbereich zwischen 2,8-12 mm bei einem maximalen Bildfeld von ca. 100 Grad aus.

terweise nur mit einem Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit ausbreiten, widerspricht es unserem physikalischen Verständnis, dass besonders bei hellen Feuerkugeln immer wieder von zeitgleichen Tongeräuschen berichtet wird. Ein zeitgleiches Auftreten würde eine Schallausbreitung mit Lichtgeschwindigkeit bedeuten. Vermutet wird, dass im turbulenten Plasmabereich hinter dem Meteoroiden elektromagnetische Wellen im niederfrequenten Radiowellenbereich (ELF) erzeugt werden. Diese breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit aus und werden durch einen noch nicht verstan-

denen Prozess in direkter Umgebung des Beobachters in hörbare Schallwellen umgewandelt. Wissenschaftlich sind Synchronschall-Ereignisse noch nicht gänzlich verstanden. Die weitere Messdatenerfassung der Meteo-Station dient der Ermittlung der Himmelshelligkeit und der Aufzeichnung von Parametern für die Astrofotografie, die das Bildergebnis beeinflussen.
Die Meteo(r)-Station erfasst folgende Daten: - Video des Meteorereignisses (inkl. Ton-
aufzeichnung) - Summenbild der Meteorspur - Himmelshelligkeit, Mondverlauf und
Mondphase (Abb. 2) - Fotodokumentation der Qualität des
Nachthimmels (Abb. 3) - Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchtigkeit
und Taupunkt (Abb. 4)
Zum Aufbau Die Messeinheiten der Meteo-Station sind in einer Kunststoffbox untergebracht. Damit die visuellen Erfassungseinheiten immer exakt auf denselben Himmelsaus-

Hauptkomponente 2: Die Meteo-Station ergänzt die Videodatenerfassung um die Aufzeichnung eines Audiotons im Frequenzbereich von 20 Hz-18 kHz. Ziel ist die Dokumentation von Tonereignissen im Zusammenhang mit Meteorerscheinungen, z.B. durch den Nachweis von Synchronschall. Darunter versteht man die zeitgleiche visuelle und akustische Wahrnehmung eines Meteors. Da ein Meteor in Dutzenden Kilometern Höhe sein feuriges Finale zum Besten gibt und sich Schallwellen bekann-

1 Die zwei Komponenten der Meteo(r)-Station

102 | Journal für Astronomie Nr. 72

Meteore

schnitt ausgerichtet sind, werden diese mittels Schnellwechselplattformen auf ausgerichteten Stativaufsätzen eingeklipst. Um ein Betauen und Vereisen der Kameraobjektivlinsen und des Schutzglases des SkyQualityMeters zu verhindern, sind diese mit Heizmanschetten umwickelt. Diese besitzen ein USB-Anschlusskabel und werden über ein USB-Ladegerät gespeist.

Die Komponenten der Meteo(r)-Station werden über 2 USB-Verlängerungskabel an einer wassergeschützten Verbindungsdose am Balkon angesteckt (Abb. 5). Von dieser Dose führen zwei USB-Datenleitungen (Länge 10 m) in das Kellerabteil. In diesem befindet sich ein leistungsstarker Computer, der die Echtzeit-Videoanalyse und Messdatenerfassung übernimmt (Abb. 6). Der PC besitzt keinen eigenen Bildschirm, sondern wird über das Heimnetzwerk per Remotebetrieb über einen Laptop gesteuert.

2 Grafische Darstellung der Himmelshelligkeit (NELM - visuelle Grenzgröße) und der
Mondhöhe im zeitlichen Verlauf der Beobachtungsnacht

Meteor-Detektionssoftware Verwendet wird die zuverlässige MeteorDetektionsoftware UFOCaptureHD2. Der Kaufpreis der Software beträgt etwas über 200 . Die Belichtungszeit wurde auf 50 ms eingestellt, wodurch ruckelfreie Videodateien mit einer Bildrate von ca. 20 Bildern pro Sekunde möglich sind. Der Gain-Wert wurde so gewählt, dass der Himmelshintergrund und die Helligkeit der hellsten Sterne und Meteore dem visuellen Eindruck nahekommen. Dadurch erhält man eine gute Vorstellung von der Helligkeit der Leuchterscheinung, auch wenn man diese nicht live beobachten konnte. Der Detektionsbereich wurde per Objektivbrennweitenverstellung auf die örtlichen Beobachtungsgegebenheiten abgestimmt. Um Fehlerkennungen vorzubeugen, wurden im Erkennungsbereich befindliche Häuser mit beleuchteten Fenstern und Wänden sowie durch vorbeifahrende Autos beleuchtete Sträucher und Bäume und Straßenbeleuch-

3 Im Bild sind Mond und Bewölkung vorherrschend. Die Detektion heller Feuerkugeln wird
dadurch aber kaum beeinflusst.

tungen mittels einer virtuellen Maske von der automatischen Detektion ausgenommen. Die Detektionsparameter wurden mittels ,,Trial and Error" so angepasst, dass auch leuchtschwache und besonders kurze Meteorereignisse aufgezeichnet werden, nicht jedoch sich langsam bewegende Sa-

telliten oder blinkende Flugzeuge. Die Aufzeichnung startet 1 Sekunde vor und stoppt 10 Sekunden nach dem Meteorereignis. UFOCapture speichert nicht nur ein unkomprimiertes Video inklusive Ton von der Leuchterscheinung ab, sondern erstellt zusätzlich aus den einzelnen Videoframes

Journal für Astronomie Nr. 72 | 103

Meteore
5 Verbindungsdose mit 2 USB-Anschlüssen
104 | Journal für Astronomie Nr. 72

4 Luftdruck, Temperatur und Taupunkt im
zeitlichen Verlauf der Beobachtungsnacht
ein Summenbild, das die gesamte Ereignisdauer als einzelne Bilddatei wiedergibt. Mit diesen Detektionseinstellungen werden je nach Meteoraktivität pro Beobachtungsnacht ein paar bis zu mehreren Dutzend Meteore aufgezeichnet. Mit den kostenlosen Programmen UFOAnalyzer und UFOOrbit erhält man die Möglichkeit, die Position des Meteors, dessen Geschwindigkeit, Helligkeit, den Radianten, die Ursprungsrichtung und sogar die Zugehörigkeit zu einem Meteorschauer und dessen Orbit im Sonnensystem zu bestimmen.
Beobachtungsalltag Am späten Nachmittag checke ich via Meteoblue-APP-Internetseite den Wetterbericht für die kommende Nacht. Wenn kein Regen und wenig Bewölkung zu erwarten sind, wird die Station kurz nach dem Einbruch der Dämmerung vom Wohnzimmer auf den Balkon getragen, in die Schnellwechselplattformen eingeklipst und die USB-Verlängerungskabel an die Verbindungsdose angeschlossen. Von der 230-Volt-Balkonsteckdose wird ein Verlängerungskabel mit angeschlossenem 2-PortUSB-Ladegerät verlegt und daran die Heizmanschetten angesteckt. Im nächsten Schritt wird via Remotesteuerung auf den Computer im Keller zugegriffen. Es werden die Programme der Meteor-Videokamera, der Allsky-Kamera, des SkyQualityMeters und der Wetterstation gestartet. Um Hotpixeln und belichtungszeitabhängigem Rauschen vorzubeugen, arbeiten die Kameras mit automatischem Dark-Abzug. Die Meteo(r)-Station ist initialisiert und arbeitet von nun an eigenständig. In der Morgendämmerung starte ich erneut die Remoteverbindung und schließe die zuvor aktivierten Programme. Die Messdaten werden
6 Computer für Echtzeit-Videoanalyse
und Messdatenerfassung

Meteore

direkt in der voreingestellten Ordnerstruktur abgespeichert. Ich öffne diese Ordner, begutachte kurz die in der Beobachtungsnacht gewonnenen Daten, scrolle mit dem kostenlosen Programm VirtualDub durch die Meteor-Videofiles und speichere die relevanten Aufzeichnungen in einer ereignisorientierten, nach Datum sortierten Ordnerstruktur auf einer am Remote-PC angesteckten externen Festplatte ab. Abschließend werden die Komponenten der Meteo(r)-Station wieder abgebaut und im Wohnzimmerschrank verstaut. Der Aufbau einschließlich Initialisierung, Datenanalyse und Abbau der Station dauert ca. 8-10 min pro Beobachtungsnacht.
Bei Sichtung einer spektakulären Feuerkugel (Abb. 7 und 8) wird diese über die Website der VdS-Fachgruppe Meteore (www. meteoros.de) gemeldet. Man hat die Möglichkeit, Bild- und Videodaten hochzuladen und per innovativer Plugins weitere Beobachtungsparameter zu übermitteln. Eine Einsendung relevanter Beobachtungsdaten ist unbedingt zu empfehlen, da diese von großem wissenschaftlichen Nutzen und öffentlichem Interesse sind.

7 Feuerkugel am 11.11.2018; 00:57:06 Uhr UTC, in unmittelbarer Nähe des Sternbilds Orion
8 Großansicht der Feuerkugel. Es ist eine
über die Flugstrecke zunehmende Helligkeitssteigerung erkennbar. Kurz vor dem Verglühen sind zwei rasante Helligkeitszunahmen erkennbar. Ursache dafür ist ein spontaner Anstieg der Materialabtragung.

Verwendete Programme und Weblinks (Stand: Oktober 2019): [1] Meteor-Detektionssoftware: UFOCaptureHD2, http://sonotaco.com [2] Fotodokumentation des Nachthimmels: FireCapture, www.firecapture.de/ [3] Aufzeichnungsprogramm für das SkyQualityMeter: SQM Reader Pro 3, http://
knightware.biz [4] Aufzeichnungsprogramm für die Astromi-Wetterstation, www.astromi.ch/ [5] RemoteControl-Software: UltraVNC, www.uvnc.com/ [6] Videoplayer, um Bild für Bild durch die Videodateien zu scrollen:
www.virtualdub.org/ [7] Wetterdienst: Meteoblue, www.meteoblue.com [8] Feuerkugel melden: www.meteoros.de/feuerkugel/ [9] Website des Autors: www.unendlicheweiten.at

Journal für Astronomie Nr. 72 | 105

Planeten

Neue Planetenbilder
zusammengestellt von Peter Riepe

Mit dieser kleinen Bildervorstellung soll gezeigt werden, dass außer den allseits bekannten Planetenfotografen auch engagierte Mitglieder der Fachgruppe Astrofotografie sehenswerte Bilder der Planeten hinbekommen. Meine Anregung: Wenn Sie als Leser ebenfalls Interesse an der Planetenfotografie haben, senden Sie uns doch Ihre Bildergebnisse! Gern stellen wir sie dann hier vor. Auf diese Weise möchten wir die Rubrik Planeten wieder ein wenig mehr beleben.

1 Merkursichel, Autor: Jens Leich

2 Jupiter am 18. August 2019 um 19:38
Uhr UT, Autor: Michael Nolle

Bild 1 stammt von Jens Leich aus Marienhagen im Bergischen Land. An seiner Sternwarte nahm er die Sichel des Planeten Merkur am 4. August 2019 um 07:34 Uhr UT auf. Dazu nutzte er einen 130-mm-Apochromaten (Starfire von Astrophysics) mit Flatfield-Korrektor, IR-Pass-Filter und Solarkontinuumfilter. Mit einer Videokamera DMK 21 AU618.AS wurde bei ~ 3000 mm effektiver Brennweite eine Serie von 5402 Monochrombildern erstellt, Belichtungszeit 4,5 ms pro Bild. Etwa 50 der besten Einzelaufnahmen dieser Serie wurden mit AviStack2 gestackt.
Michael Nolle ist auf Malta beheimatet und betreibt von dort aus seine Astrofotografie. Für die Planeten setzt er einen 10-zölligen Meade ACF mit ,,Hyperion"-Barlowlinse (Baader) ein. Als Kamera wird eine ZWO ASI120MM in Kombination mit ZWORGB-Filtern betrieben. Alles sitzt auf einer parallaktischen EQ6-Montierung. Am 18. August 2019 war das Seeing ordentlich, allerdings wurde das Teleskop durch leichten Wind manchmal zum Wackeln gebracht. Auch das Fokussieren bereitete im Blaukanal einige Schwierigkeiten. Um 19:38 Uhr UT stand Jupiter 28 Grad über dem Horizont (Bild 2). Drei Bildserien wurden bei einer effektiven Brennweite von 5,5 Metern gestartet, jedes Video in R, G und B war 90 Sekunden lang mit einer Belichtungszeit von

3 Saturn am 18. August 2019 um 20:38 Uhr
UT, Autor: Michael Nolle
24 ms pro Einzelbild (Software: FireCapture). Dann wurden 50% der Einzelbilder aus jedem Video mit AutoStakkert gestackt und vorgeschärft, anschließend mit WinJupos derotiert und nochmals in Photoshop geschärft. Zum Schluss wurde noch leicht mittels Giotto entrauscht.
Eine Stunde später kam Saturn an die Reihe (Bild 3). Um 20:38 Uhr UT, als der Planet 31 Grad hoch über dem Horizont stand und das Seeing bei nachlassendem Wind recht ordentlich war, gelang Michael Nolle eine gute Fokussierung. Die anschließende Bildserie erfolgte bei einer effektiven Brennweite von 5,8 Metern mit 82 ms Belichtungszeit pro Einzelbild (Software: FireCapture). Jedes der drei RGB-Videos hatte eine Länge von 120 Sekunden. 60% der Einzelbilder aus jedem Video wurden wieder mit AutoStakkert gestackt und vorgeschärft, danach mittels WinJupos derotiert, anschließend kombiniert und weiter geschärft in Photoshop. Am Ende gab es noch eine leichte Entrauschung mit Giotto.

4 Jupiter am 20. August 2019 um 19:39
Uhr UT, Autor: Michael Nolle
Und noch ein Jupiterfoto von Michael Nolle soll gezeigt werden, diesmal am 20. August 2019 um 19:39 Uhr UT aufgenommen (Bild 4). Das Seeing schwankte an diesem Abend doch etwas stärker. Dennoch war geplant, unbedingt Jupiter mit dem Großen Roten Fleck im Bild festzuhalten. Mit der zuvor geschilderten Instrumentierung wurden bei einer Effektivbrennweite von 5,4 Metern wieder drei Videos in R, G und B aufgenommen, jedes von 90 Sekunden Dauer, mit 21 ms Belichtung pro Einzelbild. 35% der Einzelbilder wurden mit dem geschilderten Prozess gestackt und weiter bearbeitet.

106 | Journal für Astronomie Nr. 72

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Radioastronomie
Fotografie der Sonnenfinsternis am 2. Juli 2019 aus dem Mondorbit
von Frank Theede

Die Sonnenfinsternis am 2. Juli 2019 wurde nicht nur von Sonnenfinsternis-Enthusiasten auf der Erde fotografiert, sondern auch Funkamateure und Radioastronomen (Amateure und Profis) aus Europa und Asien waren am Entstehen eines einmaligen, atemberaubenden Fotos (Abb. 1) aus dem Weltall beteiligt: Der chinesische Satellit Longjiang-2 (= DSLWP-B) [1], der u.a. auch für Messungen von Radioquellen aus dem Weltall im Bereich der niederfrequenten Radioastronomie diente, nahm die erdabgewandte Seite des Mondes und den Schatten des Mondes über dem südlichen Pazifischen Ozean und Südamerika auf. Der helle Kreis nordöstlich des Erdschattens ist kein Artefakt der Aufnahme, sondern der Hurrikan Barbara [2]. Der Zeitpunkt der Aufnahme wurde sehr präzise von Daniel Estevez [3] berechnet. Die Befehle zum Auslösen wurden vorab von Wei Ming Chuan vom chinesischen Harbin Institute of Technology (HIT) [4] in die Rechnersysteme des Satelliten übertragen, um die Aufnahmen zum perfekten Zeitpunkt zu ermöglichen. Eine Auslösung per Uplink-Befehl war von Schleswig-Holstein aus zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, da

der Mond nicht sichtbar war und daher keine Funkverbindung zum Satelliten hergestellt werden konnte.
Der Befehl zum Download der Bilddaten wurde am 3. Juli 2019 von Reinhard Kühn [5] aus Sörup bei Flensburg im VHF-Band an den Satelliten übertragen. Seine Sendeanlage (Abb. 2) war fester Bestandteil der Mission durch HIT. Zuerst war daran gedacht, dass Kühn nur in den Zeiten als Uplink-Station sendet, in denen sich der Mond in China unter dem Horizont befindet. Da seine Signale jedoch mit geringeren Fehlerraten als die Signale von HIT bei Longjiang-2 ankamen, wurde Kühn von Wei Ming Chuan gebeten, als Uplink-Bodenstation die Sendeaufgaben ganz zu übernehmen.
Nachdem der Download-Befehl beim Satelliten erfolgreich ankam, sendete dieser die gespeicherten Bilddaten auf UHF an die Bodenstationen. Empfangen wurden die Bilddaten von den Radioteleskopen in Bejing (China) und in Dwingeloo (CAMRAS [6], Niederlande) mit den Operatoren Tammo Jan Dijkema und Paul Boven (Mitarbei-

1 Mondschatten am 2. Juli 2019, Bild:
Harbin Institute of Technology, CAMRAS, DK5LA, mit freundlicher Genehmigung des HIT
ter der ASTRON, Netherlands Institute for Radio Astronomy). Bei ASTRON wurde das Bild auch als ,,Daily Image" publiziert [7]. Die Koordination der Befehle und Bilddaten erfolgte durch Wei Ming Chuan.
Das Foto und seine Geschichte fanden ein großes Echo in den Medien und sind ein beeindruckendes Finale der Longjiang-2-Mission, die am 31. Juli 2019 mit dem geplanten Absturz des Satelliten auf die Mondoberfläche endete.
Internetlinks (Stand August 2019): [1] Information zu Longjiang-2 auf Wiki-
pedia: https://de.wikipedia.org/wiki/ DSLWP-B [2] Webseite NASA, Hurricane Barbara: https://blogs.nasa.gov/hurricanes/ tag/barbara-2019/ [3] Webseite von Daniel Estevez: https:// destevez.net/

108 | Journal für Astronomie Nr. 72

Sternbedeckungen

[4] Harbin Institute of Technology: http:// en.hit.edu.cn/
[5] Informationen und Bilder der Station von Reinhard Kühn: www.qrz.com/ (sehr kompliziert aufgebaut; nach DK5LA suchen, Anmerkung der Redaktion)
[6] Dwingeloo Radiotelescoop, C.A. Muller Radioastronomie Station (CAMRAS): www.camras.nl/ blog/2019/foto-zonsverduisteringvanaf-chinese-maansatelliet/
[7] ASTRON: www.astron.nl/dailyimage/ main.php?date=20190718
2 Antennenanlage von Reinhard Kühn
in Sörup, Bild: Reinhard Kühn

Die Fachgruppe Sternbedeckungen + + + aktuell + + +
von Eberhard H. R. Bredner
Jeder Sternfreund in der Verantwortung bzw. bei der Betreuung einer Fachgruppe wird sich bemühen, seinen Bereich so ansprechend wie möglich darzustellen. Damit werden ,,alte" Mitglieder ermutigt und bestärkt in ihren Beobachtungen, aber vielleicht werden so auch ,,neue" Mitglieder dafür interessiert.

Diese (meine) Aufgabe unterstützt Robert Zebahl mit seinem Beitrag ,,Unsere erste streifende Sternbedeckung durch den Mond" vortrefflich. Lassen Sie sich durch seine Schilderung faszinieren. Dort wird auch eindringlich (Stichwort: vorherige Erkundung) die sorgfältige Planung, die Fixierung auf den Termin (u. U. in der Tiefschlafphase) und die große Abhängigkeit vom Wetter beschrieben.
Dr. Eberhard Riedel hat für das 1. Quartal 2020 wieder einige relativ einfach zu beobachtende streifende Sternbedeckungen zusammengestellt. Wenn eine dieser Linien für Sie erreichbar scheint, so sollten Sie rechtzeitig Kontakt aufnehmen, um einen günstigen Standort für interessante Kontakte zu finden. Für einen Neueinsteiger lohnt sich natürlich auch immer die mögliche Unterstützung durch ,,alte Hasen".
Angaben zum laufenden Wettbewerb BAST (Beobachtung aktueller Sternbedeckungen) finden sich wie immer im Forum der VdS unter: forum.vdsastro.de/viewtopic.php?f=126

Zum Antesten empfehle ich folgende totale Sternbedeckungen:
09. Januar ~ 18 h: Tejat Posterior (My Geminorum) 04. Februar ~ 23 h: 106 Tauri (nördlich Frankfurt auch streifend) 29. Februar ~ 22 h: SAO 93276 04. März ~ 14 h: My Geminorum am Taghimmel (!) 18. März ~ 06 h: 49 Sagittarii 29. März ~ 20 h: Ain (Epsilon Tauri)
Haben Sie den Mut, ein interessantes Teilgebiet der Astronomie kennenzulernen, lassen Sie sich durch die erlebte Dynamik verzaubern wie schon Ptolemäus vor nahezu 2.000 Jahren und beteiligen Sie sich damit an einer der längsten astronomischen Beobachtungsreihen!

Journal für Astronomie Nr. 72 | 109

Sternbedeckungen

Unsere erste streifende Sternbedeckung durch den Mond
von Robert Zebahl

Als ich vor einigen Jahren in die VdS eingetreten bin, lernte ich auch Dr. Eberhard Bredner (VdS-Fachgruppe Sternbedeckungen) kennen, welcher immer wieder begeistert von streifenden Sternbedeckungen durch den Mond berichtete. Seine Begeisterung hinterließ Spuren und nach einiger Zeit beschäftigte ich mich etwas intensiver mit diesem Thema. So experimentierte ich Anfang 2019 mit dem Programm ,,GRAZPREP" [1], mit welchem diese Ereignisse vorhergesagt werden können. Besonders wichtig ist natürlich der Standort. Idealerweise sollte sich der Pfad für unsere Beobachtung in der näheren Umgebung von meinem Wohnort Leipzig befinden. Für das Jahr 2019 gab es einige solcher Ereignisse. Doch am 10.05.2019 stand ein besonderes Ereignis an, von welchem ich nun berichten möchte.
Es war die totale und streifende Sternbedeckung eines weiten Doppelsterns (STT 191) durch den Mond. Sie sollte unsere erste Beobachtung auf diesem Gebiet werden. Da eine Abweichung des Standorts von wenigen 100 m deutlichen Einfluss hat, nahm die Planung dabei einige Stunden in Anspruch. Schlussendlich entschieden wir uns, mitten von Wölkau aus zu beobachten. Uwe hatte am gleichen Tag noch mit dem Fahrrad die Gegend erkundet, was sehr hilfreich war. Die Wettervorhersagen waren durchwachsen, doch wir entschieden uns, es zu versuchen. Und wir wurden für unsere Mühe belohnt. Anfangs ein paar Wolkenfetzen, später ein paar Schleierwolken, die aber die Beobachtung nur geringfügig beeinträchtigten. Teilweise war es sogar klar. Als ich ankam, war Frank schon fleißig am Aufbau des dritten Refraktors. Er war mit seiner Frau und drei achromatischen Refraktoren (80 mm, 100 mm und 127 mm Öffnung) vor Ort. Gegen 21:45 Uhr kam dann auch Uwe, welcher noch einen ,,Kampf " mit seinem Garagentor hatte gewinnen müssen.

Er hatte seinen apochromatischen Refraktor (105/650 mm, TMB) dabei und brachte uns Kaffee mit. Ich selbst beobachtete mit einem ED-Refraktor (102/1.122 mm).
Bei dieser Bedeckung sollten der Stern HD70827 (8,72 mag) vollständig und der Stern HD70826 (7,34 mag) streifend bedeckt werden. Gegen 21:45 Uhr konnten beide Sterne leicht beobachtet werden und man sah, wie sie langsam Richtung Mond wanderten. Beeindruckend fand ich, in welch flachem Winkel dies geschah. Ab hier nutzte ich durchgehend eine Vergrößerung von 125-fach. Gegen 22:30 Uhr war es soweit und der Stern HD70827 näherte sich der sichtbaren, unbeleuchteten Seite des Mondes sehr deutlich. Kurz vor dem Verschwinden des Sterns sah es so aus, als sei der Stern schon inmitten des Mondes. Wenige Augenblicke später verschwand er schlagartig. Das ist immer wieder ein faszinierendes Schauspiel.
Nun blieb nur noch der hellere Stern HD70826 übrig, der sich ebenfalls in einem sehr flachen Winkel dem Mondrand näherte. Der Mond zeigte dabei eine sehr schmale, mehrfach unterbrochene Spitze der Sichel, auf welche der Stern direkt zulief (Abb. 1). Plötzlich verdeckte eine noch im Schatten liegende Erhebung des Mondes den Stern für ca. eine Sekunde. Was für ein spektakulärer Anblick. Als er wieder auftauchte und weiter auf die Spitze zulief,

vergingen ca. zwölf Sekunden. Und wieder verschwand der Stern. Nun wurde es zunehmend schwierig, den Stern von den kleinen, beleuchteten Teilen des Mondes zu unterscheiden. Dennoch konnte ich den Stern immer wieder erkennen. Nach gut einer Minute war das Schauspiel vorbei und der Stern entfernte sich vom Mondrand. Einige Minuten später tauchte auch sein schwächerer Begleiter wieder auf.
Den Berechnungen zufolge sollte es insgesamt zehn Kontakte geben. Diese konnte ich allerdings so nicht nachvollziehen. Dennoch hatten sich unsere Bemühungen ausgezahlt und wir freuen uns schon auf weitere Beobachtungen. Die Freude von Uwe während und kurz nach der Bedeckung war nicht zu überhören. Ich hörte im Hintergrund ,,Das ist stark, das ist stark, das ist stark!" und ähnliche Ausrufe.
An dieser Stelle möchte ich mich bei Herrn Dr. Eberhard Riedel für das Programm GRAZPREP, bei Dr. Eberhard Bredner für seine kurzfristige Unterstützung sowie bei Uwe Pilz bedanken, welcher für uns die Gegend mit dem Fahrrad erkundet hatte.
Internetlink (Stand: Oktober 2019): [1] www.grazprep.com, Password:
IOTA/ES

1 Uwe Pilz hat seinen Eindruck in einer Zeichnung dokumentiert.

110 | Journal für Astronomie Nr. 72

Sternbedeckungen

Streifende Sternbedeckungen durch den Mond
im 1. Quartal 2020
von Eberhard Riedel

Das 1. Quartal des neuen Jahres bietet gleich neun sehenswerte streifende Bedeckungen von Sternen durch den Mond. Die Landkarte zeigt die Grenzlinien dieser Ereignisse quer über Deutschland, die der mittlere nördliche oder südliche Mondrand während des Vorbeizuges am Stern beschreibt. Von jedem Punkt in der Nähe dieser Linien ist zum richtigen Zeitpunkt das oft mehrfache Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns zu verfolgen. Alle Streifungen finden am unbeleuchteten Mondrand statt und sind bereits mit kleineren Fernrohren zu beobachten. Vier dieser Ereignisse sind im Folgenden auch grafisch dargestellt.

Karte mit den Grenzlinien der 9 Streifungsereignisse

Allgemeines Grundlage der hier veröffentlichten Profildaten sind Laser-Messungen des amerikanischen Lunar Reconaissance Orbiters, die in ein dichtes Netz von librationsabhängigen Profilwerten umgerechnet wurden.

Um streifende Sternbedeckungen erfolgreich beobachten zu können, werden eine ganze Reihe präziser Informationen benötigt. Die europäische Sektion der International Occultation Timing Association (IOTA/ES) stellt diese Daten zur Verfügung. Kernstück ist die Software ,,GRAZPREP" des Autors, die sowohl eine komplette und stets aktualisierte Auflistung aller interessanten Ereignisse als auch für jedes Ereignis die genauen Koordinaten der Grenzlinien und viele weitere Informationen liefert. Darüber hinaus kann von jedem Standort aus das Profil des Mondes und die zu erwartende Sternbahn grafisch in verschiedensten Vergrößerungen dargestellt werden, um so den besten Beobachtungsstandort auswählen zu können. Letzterer muss auch unter Berücksichtigung der Höhe optimiert werden, weil diese einen Einfluss auf den Blickwinkel zum Mond hat. Hierzu können höhenkorrigierte Grenzlinien automatisch in eine Google-Earth-Karte übertragen wer-

den, mit der es dann einfach ist, die besten Beobachtungsstationen festzulegen.
Die Software kann kostenlos unter www. grazprep.com heruntergeladen und installiert werden (Password: IOTA/ES). Zusätzlich benötigte Vorhersagedateien sind dort ebenfalls herunterzuladen oder direkt vom Autor (e_riedel@msn.com) oder über die IOTA/ES (www.iota-es.de) zu beziehen. Weiterführende Informationen, z.B. über

die Meldung der Bedeckungszeiten, sind dort ebenfalls erhältlich. Die VdS-Fachgruppe Sternbedeckungen informiert ferner über Beobachtungs- und Aufzeichnungstechniken dieser eindrucksvollen Ereignisse.

Journal für Astronomie Nr. 72 | 111

Sternbedeckungen

Ereignis 1: 04.01.2020

Am frühen Abend des 4. Januar zieht ab 17:40 Uhr MEZ der zu 65% beleuchtete zunehmende Mond mit seinem zerklüfteten Südrand am 6,7 mag hellen Stern SAO 110264 vorbei. Die Streifung ist im südöstlichen Bayern auf einer schmalen Linie vom Allgäu durch Ober- und Niederbayern zu sehen und läuft knapp südlich von München und Landshut vorbei.

Die Abb. 1 zeigt für die Länge 12 Grad Ost, dass die scheinbare Sternbahn (blauweiß gestrichelte Linie mit Minutenangaben) den mittleren Mondrand (weiß gepunktet) in bequemem Abstand vom Terminator (rechter Bildrand) tangential berührt. Bei der Beobachtung von der Zentrallinie aus (hier berechnet für Meereshöhe) verschwindet der Stern bereits zweimal hinter den Mondbergen. Die roten Begrenzungslinien geben den durch die Mondparallaxe verursachten Versatz der scheinbaren Sternbahn an, wenn man sich 3.000 Meter beidseits von der Zentrallinie entfernt (jeweils senkrecht zur Zentrallinie gerechnet). Dadurch wird abschätzbar, wie sich die Anzahl der Kontakte abseits der Zentrallinie verändert. Würde man an dieser Position nur 50 Meter nach Süden ausweichen, wäre in einem Mondtal ein kurzes Erscheinen des Sterns gegen 17:43:55 Uhr MEZ zu erwarten. Würde man hingegen nur

1 Die scheinbare Sternbahn von SAO 110264 (blauweiß gestrichelte Linie) bei
Beobachtung genau von der vorhergesagten Grenzlinie, mit 6-facher Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +- 3 km

50 Meter nach Norden gehen, wäre eine zusätzliche kurze Bedeckung des Sterns um 17:46:40 Uhr MEZ zu sehen. Mehrere Beobachter in verschiedenen Abständen senkrecht zur Streifungslinie hätten alle unterschiedliche Kontaktzeiten und -häufigkeiten. Aus allen Daten ließe sich das Mondrandprofil nachzeichnen.
In dieser Grafik ist das Mondrandprofil in 6-facher Überhöhung dargestellt, weshalb auch die Krümmung der scheinbaren Sternbahn grafisch erforderlich ist. Auf diese Weise kann besser beurteilt werden, wann und wie viele Bedeckungsereignisse im Einzelnen zu erwarten sind.

Einen erheblichen Einfluss auf die zu beobachtenden Kontakte hat auch die Höhe des Beobachtungsortes, für die die aufzusuchende Beobachtungsposition korrigiert werden muss (zur Software s. S. 111).
SAO 110264 ist mit 0,1,, ein sehr enger Doppelstern. Die Komponenten sind mit 7,9 mag gleich hell und stehen im Positionswinkel von 90 Grad , weshalb es zu einer stufenweisen Bedeckung kommt. Jedoch dürfte das zeitversetzte Verschwinden visuell nicht beobachtbar sein.

Ereignis 2: 17.01.2020
Am frühen Morgen des 17. Januar bedeckt der zu 54% beleuchtete abnehmende Mond den 7,0 mag hellen Stern SAO 139322 mit seinem unbeleuchteten Südrand. Die Streifungslinie zieht sich von Bremerhaven über Bispingen, nördlich an Magdeburg vorbei und über Finsterwalde bis nach Görlitz.

Kontakte des Mondrandes mit dem Stern sind wegen des tiefliegenden Mondniveaus aber nur dann zu sehen, wenn man sich mindestens 3 km nordöstlich der vorhergesagten Streifungslinie positioniert.

112 | Journal für Astronomie Nr. 72

Sternbedeckungen

Ereignis 3: 14.02.2020
Das Ereignis am 14. Februar ist erneut den Frühaufstehern vorbehalten, sofern sie auf einer Linie nördlich von Trier, Neustadt an der Weinstraße und Göppingen bzw. südlich von Augsburg und München leben. Dort bedeckt der zu 70% beleuchtete abnehmende Mond den 6,6 mag hellen Stern SAO 139669 mit seinem unbeleuchteten Südrand.

Auch hier sind Kontakte des Mondrandes mit dem Stern wegen des tiefliegenden Mondniveaus aber nur dann zu sehen, wenn man sich mindestens 2 km nordöstlich der vorhergesagten Streifungslinie positioniert.

Ereignis 4: 27.02.2020

Dieses Ereignis in den bequemen Abendstunden des 27. Februar ist auf einem Streifen von Ostfriesland über Bremen, südlich an Hamburg vorbei und über Parchim bis nach Neubrandenburg zu verfolgen.

Der auf dieser Linie bedeckte Stern ist der 7,4 mag helle SAO 109952. Der zunehmende Mond ist nur zu 14% beleuchtet, weshalb bei gleichfalls fernem Terminator die Beobachtung sehr leicht fallen dürfte.

Die Abb. 2 zeigt die Kontaktsituation auf einer Länge von 10 Grad Ost, wenn man ca. 1400 Meter nach Norden ausweicht, wo es ab 19:40 Uhr MEZ innerhalb von zwei Minuten zu 14 Kontakten und mehr kommen kann. Die roten Begrenzungslinien zeigen hier den Versatz der scheinbaren Sternbahn in einem Abstand von +- 3.000 m von der mittleren Streifungslinie an.

2 Die scheinbare Sternbahn von SAO 109952, 6-fache Mondhöhendehnung,
rote Begrenzungslinien bei +-3 km

SAO 109952 ist nicht als Doppelstern bekannt, weshalb sein Verschwinden am Mondrand jeweils schlagartig erfolgen müsste. Nicht selten wurden jedoch bei Sternbedeckungen durch den Mond enge Doppelsterne entdeckt. Zu beobachten wäre dann ein langsameres oder

nur teilweises Verschwinden und Wiederauftauchen des Sternlichtes.

Ereignis 5: 01.03.2020
Am späten Abend des 1. März wird der 6,8 mag helle Stern SAO 93662 vom 40% beleuchteten zunehmenden Mond am Südrand bedeckt. Bereits auf der Zentralline für den mittleren Mondrand wird der Stern mehrfach bedeckt. Allerdings sind die späteren Kontakte wegen der zunehmenden Nähe zum Terminator nicht einfach zu verfolgen.

Ab ca. 22:12 Uhr MEZ kann die Streifung beginnend in Offenburg quer durch Baden-Württemberg und Bayern über Hechingen und Laupheim, Starnberg und Bad Aibling bis Bad Reichenhall verfolgt werden. SAO 93662 ist ebenfalls nicht als Doppelstern bekannt.

Journal für Astronomie Nr. 72 | 113

Sternbedeckungen

Ereignis 6: 03.03.2020
Nur zwei Tage später, am 3. März, kommt eine ganz ähnliche Region wie beim Ereignis 5 in den Genuss einer streifenden Sternbedeckung. Der Stern ist der 6,4 mag helle Stern SAO 77358, der ab 21:50 Uhr MEZ vom 60% beleuchteten zunehmenden Mond am Südrand bedeckt wird. Wie bei Ereignis 5

sind nur die früheren Kontaktzeiten gut zu sehen, da später der helle Terminator stören wird.
Die Linie startet nördlich von Offenburg und verläuft dann südlich von Reutlingen, Ulm und München bis nach Salzburg.

Ereignis 7: 13.03.2020
Am frühen Morgen des 13. März kann ab 4:10 Uhr MEZ im nordwestlichsten Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg die Streifung des 6,2 mag hellen Sterns SAO 158677 am Südrand des zu 83% beleuchteten abnehmenden Mondes be-

obachtet werden. Um Kontakte zu sehen, muss von der berechneten Streifungslinie mindestens um 3 km in östliche Richtung abgewichen werden.

Ereignis 8: 31.03.2020
Die Streifung des hellsten Sterns im 1. Quartal findet in der Nacht vom 30. auf den 31. März, beginnend um 1:03 Uhr MESZ, ebenfalls überwiegend in Mecklenburg-Vorpommern und im nördlichen Brandenburg statt. Schleswig-Holstein wird knapp südlich von Fehmarn bei Heiligenhafen gestreift. Der Stern ist der 4,9 mag helle Omicron Tauri, der Mond ist zu 34% beleuchtet.

Die Abb. 3 zeigt für 12 Grad östl. Länge die Streifung am Nordrand des Mondes nicht weit vom Terminator entfernt. Das Profil ist 12-fach überhöht dargestellt. Die roten Begrenzungslinien zeigen den Versatz der scheinbaren Sternbahn bei einer Abweichung von +/- 1 km.

3 Die scheinbare Sternbahn von Omicron Tauri, 12-fache Mondhöhendehnung,
rote Begrenzungslinien bei +-1 km

Ereignis 9: 31.03.2020
Kurz vor Mitternacht des gleichen Tages startet eine weitere Streifungslinie in Offenburg und zieht quer durch Baden-Württemberg über Ravensburg nach Immenstadt im Allgäu. Ab 23:36 Uhr MESZ streift der inzwischen zu 44% beleuchtete zunehmende Mond den 7,0 mag hellen Stern 12 Geminorum.
Die Abb. 4 ist für eine Länge von 9 Grad Ost gerechnet und zeigt die scheinbare Sternbahn ca. 850 Meter weiter südwestlich der vorhergesagten Linie. Die Profilhöhen sind 12-fach gedehnt und die roten Begrenzungslinien bei +- 1 km dargestellt. Zwischen ca. 23:36:55 und 23:38:33 Uhr MESZ wird mindestens 14-mal das Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns zu sehen sein.

4 Die scheinbare Sternbahn von 12 Geminorum, 12-fache Mondhöhendehnung,
rote Begrenzungslinien bei +- 1 km
Die Grafik ist, wie alle anderen, für Meereshöhe gerechnet. Bei deutlich höher gelegenen Beobachtungsstationen muss deren Höhe unbedingt in die Berechnung einbezogen werden, um eine genügend genaue Vorhersage zu erhalten (zur Software s. S. 111).

114 | Journal für Astronomie Nr. 72

Wir begrüßen neue Mitglieder

Mitgl.-Nr. Name

Vorname

Mitgl.-Nr. Name

21083 21087
21088 21094 21095 21096 21097 21098 21099 21100 21101 21102 21103 21104 21105 21106 21107 21108 21109 21110 21111 21112 21113 21114 21115 21116 21117 21118 21119 21120
21121 21122 21123 21124

Plagmann

Linda

Mecklenburger Agrarkultur e.V. Herrn Dr. Heinrich Graf von Bassewitz

Lerch

Doris

Wisskirchen

Jan

Arndt

Peer

Schlegel

Rolf

Böhm-Schweizer Denise

Pleßamm

Jochen

Schipmann

Thorsten

Wiese

Stefanie

Beckmann

Jan

Komp

Lothar

Grohmann

Thomas

De Haas

Freddy

Fricke

Ulrich

Schreiber

Dirk

Barz

Heinz

Hübel

Bernd

Schröder

Reinhard

Wedekind

Peter

Weiss

Axel

Hallenberger

Andre

Seipelt

Martin

Oertel

Peter

Stephan

Lars

Gehrke

Horst

Held

Johannes

Teunissen

Johan

Pirch

Rolf

Beobachtergruppe der SW Deutsches Museum

Denkel

Gerlinde

Schierloh

Marco

Kolb

Matthias

Meulstee

Jan

21132 21134 21135 21136 21137 21138 21140 21141 21142 21143 21144 21145 21146 21147 21148 21149 21150 21151 21152 21154 21157 21158 21160

Steffen Hürtgen Seng Lindauer Weinhold Runfeldt Klein Meßner Heck Weber Hesse Beck Wojaczek Volpert Füßling Brida Frommeyer Pittet Fröhlingsdorf Behrendt Buntin Brem Drozdzynski

21125 Freund

Sebastian Georg

21126 Demmert

Oliver

21127 Koller

Johannes

21129 Wiedemann

Christoph

21130 Worringer

Friedhelm

21131 Kurreck

Volker

VdS-Nachrichten
Vorname
Gerd Theodor Karl Herta Andre Sven Karl-Heinz Alexander Bernhard Karl Petra Jochen Philipp Maximilian Michael Lutz Marc Stephanie Jean-Francois Stefan Mathias Sebastian Alexander Henry

Journal für Astronomie Nr. 72 | 115

VdS-Nachrichten

Die 34. VdS-Tagung und Mitgliederversammlung
von Astrid Gallus

,,Es war meine erste VdS-Tagung - und ich war begeistert. Es war einfach alles perfekt: die Vorträge, die Stimmung, die Location (sowohl Neunburg als auch die Stadthalle), der Austausch mit anderen, das Wetter. Es war die (zugegeben) nicht gerade triviale Anreise aus dem Norden wert", so schrieb mir Frank Theede aus Kiel, immer noch schwelgend, in der Woche nach der Mitgliederversammlung.

Ja, für die meisten Teilnehmer war es in der Tat eine lange Anfahrt in eine für viele eher unbekannte Gegend Deutschlands, nicht mehr weit von der tschechischen Grenze entfernt. Die freundliche Aufnahme dort sowohl in den Hotels, als auch durch die Dieterskirchener Sternfreunde, die die Tagung bestens organisiert hatten, begleitet von zwei Bürgermeistern, war umso bemerkenswerter. Und es sollte auch in den nächsten Tagen so harmonisch bleiben.

1 Freundlicher Empfang bei der Anmeldung zur VdS-Tagung; Foto: Michael Schomann.

2 Das Foyer mit den Ständen der Fachgruppen; Foto: Michael Schomann.
116 | Journal für Astronomie Nr. 72

3 Sternfreunde im Dialog;
Foto: Michael Schomann.

VdS-Nachrichten

Der Freitagabend vor einer Mitgliederversammlung gehört dem Wiedersehen und dem gemütlichen Austausch, er ist stets sehr beliebt. Dieses Mal jedoch hatten sich bereits 63 Teilnehmer hierfür angemeldet! Mit guter oberfränkischer Bewirtung und einem Grußwort samt Geschenken der zweiten Bürgermeisterin von Neunburg vorm Wald startete also die 34. VdS-Tagung und Mitgliederversammlung in ihr Wochenende.
Die stattliche Schwarzachtalhalle bot neben Ausstellungsplätzen für die Fachgruppen und einem Festsaal für die Vorträge und Ehrungen noch genügend Raum für ein feines Catering für die Teilnehmer, welches in der Tagungsgebühr enthalten war, außerdem noch ein Restaurant für den Abend, so dass alles unter einem Dach vereint war. Das war sehr entspannend für die Teilnehmer, zumal genügend Parkplätze direkt vor

der Halle zur Verfügung standen. Sechs VdS-Fachgruppen (Astronomische Vereinigungen, Astrophysik & Algorithmen, Deep Sky, Kometen, Radioastronomie, Sonne) stellten ihre Tätigkeiten auf Ständen vor und konnten die Tagung zum Anlass nehmen, neue Kontakte zu knüpfen. In zwei Jahren hofft der Vorstand, dass es mindestens doppelt so viele sein werden. Eine bessere Präsentation vor einem fachlich interessierten Publikum ist kaum möglich.
Margit Reichel, zweite Bürgermeisterin von Neunburg, begrüßte die Tagungsteilnehmer am Samstag und freute sich sichtlich,

dass so viele Teilnehmer von sehr weit her ausgerechnet in ihr Neunburg vorm Wald gereist waren, um hier die VdS-Tagung zu erleben.
Sven Melchert eröffnete dann offiziell seine erste VdS-Tagung und Mitgliederversammlung als Vorsitzender und stellte das gut vorbereitete Tagungsprogramm vor. Es gehört bekanntlich zu den vornehmsten Pflichten des Vorstandes, für ein gutes Tagungsprogramm im Rahmen einer Mitgliederversammlung zu sorgen. Und so sah das Programm der 34. VdS-Tagung aus.
Sirko Molau von der Fachgruppe Meteore erzählte von der spannenden Tätigkeit seiner Fachgruppe und stellte mit ,,FRIPON und Allsky6: zwei Feuerkugelkameras im Vergleich" zwei Projekte zur fotografischen Aufzeichnung von Meteoren vor. Zudem zeigten er und sein Kollege Christian Fenn am Fachgruppenstand, wie flächendeckend Meteore und deren Einschläge beobachtet werden müssen, um sich an den genauen Fundort herantasten zu können.

Heinz Hilbrecht von der Fachgruppe Sonne hielt den sehr interessanten Vortrag ,,Polarlichter auf dem Mond beobachten". Später betrachtete man mit ganz anderen Augen die Ausstellungsstücke des Standes der Fachgruppe, der auch von Andreas Zunker betreut wurde und der den ganzen Tag für die vielen Fragen zur Verfügung stand.

4 Der Vorsitzende Sven Melchert eröffnet die VdS-Tagung 2019; Foto: Michael Schomann.

Peter Riepe von der Fachgruppe Astrofotografie zeigte in seinem beeindruckenden Bericht über den ,,Veränderlichen P Cygni

Journal für Astronomie Nr. 72 | 117

VdS-Nachrichten

5 Heinz Hilbrecht und Andreas Zunker vor
ihrem Stand der Fachgruppe Sonne; Foto: Michael Schomann.

Leute auf die VdS von außen), Vorbereitung für ein ,,VdS-Einsteigerbrevier", Konzepte mit ,,Mehrwert" für die Fachgruppen und Mitglieder.

und sein Umfeld", dass Fotos nicht nur der Ästhetik und der heischenden Bewunderung wegen betrachtet werden sollten, sondern dass man aus Astrofotografien auch viel lernen kann. Anhand einer Fotografie des Sternes P Cygni und dessen Umfeld erläuterte er, wie viel Wissenschaft und Erkenntnis in der Analyse eines Bildes steckt.
Rolando Dölling von der Fachgruppe Astronomische Vereinigungen stellte die Ergebnisse des kürzlich in Frankfurt a. M. abgehaltenen ,,Innovationsworkshops Jugendliche in der Astronomie" vor. Dort hatte die FG AV in den Räumen des Physikalischen Vereins einen ganzen Tag lang konzentriert an der Frage gearbeitet, wie Jugendliche für Sternwarten und Astronomie-Vereine gewonnen werden können. Es

gab viele Resultate (die unter anderem auch erstaunten) und an deren Umsetzung die Fachgruppe und der Vorstand gemeinsam gehen werden.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen begann die 34. Mitgliederversammlung, über die es ein ausführliches Protokoll gibt, das unter www.vds-astro.de im Mitgliederbereich den Mitgliedern zur Verfügung steht. Die wichtigsten Ergebnisse seien hier kurz genannt: Der Vorsitzende Sven Melchert berichtete, dass sich der Vorstand in der letzten Amtsperiode zu zwölf Sitzungen und Workshops getroffen hat, in denen etliche neue Pläne angestoßen und auch bereits umgesetzt wurden: Mitgliederumfrage, Studentische Forschung für ein neues Kommunikationskonzept (Blick junger

Schatzmeister Andreas Klug erläuterte seinen Wirtschaftsplan 2018, 2019, 2020 sowie den Kassenbericht für 2017, 2018 und 2019 und legte die Umstellung auf Bilanzierung dar. Der Wirtschaftsplan 2020 und 2021 wurde von ihm in zwei Versionen vorgestellt, um aufzuzeigen, welche Pläne der Vorstand für die Zukunft hat und wie diese finanziert werden sollen. Die Mitgliederversammlung entlastete danach den Vorstand einstimmig (mit Enthaltung der Stimmen der Vorstandsmitglieder) und stimmte einstimmig für die Erhöhung des Mitgliedbeitrages von 35,00 Euro auf 40,00 Euro, wobei die Ermäßigungen für Jugendliche und Studenten hiervon nicht berührt werden, hier bleibt es bei 25,00 Euro (Förderung des Nachwuchses). Diese Zahlen sind nur für Deutschland gültig. Die Auslandsmitgliedschaften erhöhen sich entsprechend.

6 Peter Riepe von der Fachruppe Astrofotografie beim Vortrag
über den Stern P Cygni; Foto: Michael Schomann.
118 | Journal für Astronomie Nr. 72

7 Rolando Dölling berichtet zum Innovationsworkshop Jugend-
liche in der Astronomie; Foto: Michael Schomann.

VdS-Nachrichten

8 David Janusch von den Sternfreunden Dieterskirchen stellt die
Volkssternwarte mit Planetarium vor; Foto: Michael Schomann.

9 Uwe Pilz von der Fachgruppe Astrophysik & Algorithmen zum
Dilemma der Landkartenzeichner; Foto: Michael Schomann.

Der an einer Teilnahme verhinderte Thomas Keßler wurde für seine jahrelange ehrenamtliche Tätigkeit als Schatzmeister zum Ehrenmitglied ernannt. Gerhard Lehmann wurde mit der VdS-Medaille für seine erfolgreiche Arbeit und seinen großen Einsatz in der Fachgruppe ,,Kleine Planeten" geehrt; die anrührende Laudatio hierzu hielt Andreas Viertel. Der Vorstand wurde bis auf Otto Guthier, der nicht mehr kandidierte, einstimmig (mit Enthaltungen der Vorstandsmitglieder) wiedergewählt; Michael Schomann aus Hannover wurde neuer Beisitzer.
Nach der Mitgliederversammlung erfrischten sich die Teilnehmer bei Kaffee und Ku-

chen, bevor es mit dem Nachmittagsprogramm weiterging. Dominik Elsässer führte, wie am Vormittag bereits, gut gelaunt und kundig durch das Programm.
David Janusch von den Sternenfreunden Dieterskirchen präsentierte den Bau und Betrieb des Planetariums und der Sternwarte. Etliche der Anwesenden seufzten über die außerordentliche Unterstützung, die dieser Verein von seinen Förderern erhalten hat. Davon träumen viele Sternfreunde in Deutschland. Die Dieterskirchener Sternfreunde haben mit diesem Vortrag auch einen Weg aufgezeigt, wie man sich seine Wünsche erfüllen kann.

Uwe Pilz von der Fachgruppe Astrophysik & Algorithmen machte in seinem hochinteressanten Vortrag ,,Abstandstreu, winkeltreu oder flächentreu: das Dilemma der Landkartenzeichner" die Zuhörer auf das große Problem der Landkartenzeichner aufmerksam. Er verstand es, ein kompliziertes und trockenes Thema zu einer unterhaltsamen Reise in ein unbekanntes Gebiet umzuwandeln. Man ist stets enttäuscht, wenn sein Vortrag zu einem Ende kommt und hätte gern noch eine Fortsetzung.
Den großen Abendvortrag leitete danach der Bürgermeister Martin Birner von Neunburg vorm Wald mit launigen Worten ein und begrüßte Michael Janssen von der

1 0 Sven Melchert und Dominik Elsässer sprechen den lokalen
Veranstaltern Dank aus; Foto: Michael Schomann.

1 1 Martin Birner, Bürgermeister von Neunburg vorm Wald, begrüßt
die Tagungsteilnehmer; Foto: Torsten Güths.
Journal für Astronomie Nr. 72 | 119

1 2 Dominik Elsässer kündigt den Gastredner Michael Janßen zum Abendvortrag an; Foto: Michael Schomann.

Universität Radboud in Maastricht (NL). Der junge angehende Doktor der Physik gehört zu den über die ganze Welt verteilten Teams, die in weltumspannender Zusammenarbeit das erste Foto eines Schwarzen Loches erstellt haben. Der Titel des Vortrages lautete demzufolge ,,Der Blick in die Abgründe des Universums: Das erste Foto eines Schwarzen Lochs vom Event Horizon Telescope". Michael Janssen erzählte in freier Rede mit Fotos aus erster Hand von diesem Projekt, von dem anfangs die meisten glaubten, dass es niemals zustande käme. Er holte weit aus und begann bei Einstein, erzählte von der Krümmung des

Raums, der Ablenkung des Lichtes, erklärte die Physik eines Schwarzen Loches aus heutiger Sicht, streifte die Quantentheorie und kam dann zu ganz bodenständigen Überlegungen zurück, wie die Idee eines Fotos desselben umgesetzt werden konnte. Dazu mussten die größten Teleskope der Welt an den verschiedensten, weit entlegenen Orten in der Welt koordiniert werden, damit die Winkelgenauigkeit und Präzision bei den Aufnahmen groß genug waren. Die Ergebnisse flossen in die zwei größten Computer in Deutschland und in den USA, damit diese schnell und vor allem unabhängig voneinander rechnen konnten. Die Teams

waren den verschiedenen Teleskopen zugeordnet worden und Michael Janssen zeigte deren Fotos aus aller Welt. Den Gesichtern konnte man ansehen, wie stolz sie waren, bei diesem Projekt mitzuwirken.
Die Auswertung der Messergebnisse fand ebenfalls in den Teams statt, aber unter dem Vorbehalt, dass diese drei Monate lang ohne Kontakt zu den anderen arbeiteten. Es sollte wirklich jedes Team autark und ohne Einfluss von außen zu einem eigenen Ergebnis kommen.
Und tatsächlich war es dann nach drei Mo-

1 3 Michael Janßen in seinem Vortrag zum ersten Foto eines
Schwarzen Lochs; Foto: Michael Schomann.
120 | Journal für Astronomie Nr. 72

1 4 Gerhard Lehmann von der Fachgruppe ,,Kleine Planeten"
(rechts) wird mit der VdS-Medaille geehrt; Foto: Michael Schomann.

1 5 Andreas Viertel bei seiner Laudatio zur Verleihung der
VdS-Medaille an Gerhard Lehmann; Foto. Torsten Güths.

1 6 Sven Melchert dankt Siegfried Roßkopf von den Sternfreunden
Dieterskirchen für seine umfangreiche Unterstützung; Foto: Torsten Güths.

naten soweit, dass alle Teams ihre Ergebnisse offenlegten und dabei zu gleichen Ergebnissen kamen. Damit konnte der Weltöffentlichkeit das erste Foto eines Schwarzen Loches (seines Ereignishorizontes) glaubhaft präsentiert werden.

Mit diesem hervorragenden Vortrag eines außerordentlichen Ereignisses endete die 34. VdS-Tagung, aber die Teilnehmer und der Referent gingen noch lange nicht nach Hause, sondern verbrachten noch einen langen und intensiven Gesprächen gewidmeten Abend beim gemeinsamen Abendessen.

Am nächsten Tag besichtigten zahlreiche Teilnehmer noch die Sternwarte und das Planetarium Dieterskirchen, bevor sie die Heimreise antraten.

1 7 Der neu gewählte Vorstand (v.l.n.r.): Sven Melchert, Dr. Andreas
Klug, Astrid Gallus, Dr. Dominik Elsässer, Torsten Güths, Dr. Carolin Liefke, Michael Schomann; Foto: Michael Schomann.

1 8 Gruppenfoto der Tagungsteilnehmer; Foto: Michael Schomann.

Journal für Astronomie Nr. 72 | 121

VdS-Nachrichten

Besuch der Dieterskirchener Sternwarte
- krönender Abschluss der gelungenen 34. VdS-Tagung
von Simon Wachter

Am Sonntagmorgen folgten noch etliche VdS-Mitglieder der Einladung der Dieterskirchener Sternfreunde zur Besichtigung ihrer Sternwarte und des Planetariums. Wir waren beeindruckt von der Hingabe und Leidenschaft des Vereins, den ganzen Genehmigungs- und Antragsprozess auf sich zu nehmen, um endlich die langersehnte Sternwarte bauen zu dürfen.
Nach der ausführlichen Vorstellung und einer Reise durch die Geschichte des Vereins durch den Vorsitzenden ging es für die eine Gruppe zur Planetariumsvorführung, wo sie Sternbilder und Planeten inklusive einer Reise durch die Galaxis bis fast an den Rand des Universums bewundern durfte. Die andere Gruppe konnte dank des guten Wetters durch die bereitgestellten Geräte die Sonne und den Mond beobachten. Fritz Vahrenhorst erläuterte - wie schon zuvor in seinem Bericht geschehen -, dass es in den letzten Monaten auf unserem Zentralgestirn sehr ruhig zugeht.

1 Die Sternwarte
Dieterskirchen wurde und wird sehr von der Dr.-Heio-und-BritaSteffens-Stiftung unterstützt; Foto: Simon Wachter.

2 Die Sternwarte Dieterskirchen ist mit Teleskopen hervorragend ausgestattet; Foto: Simon Wachter.
122 | Journal für Astronomie Nr. 72

VdS-Nachrichten

3 An der Gegengewichtsachse der Montierung ist ein Refraktor zur
Sonnenbeobachtung im Ha-Licht befestigt; Foto: Simon Wachter.

4 Mit einem Dobson-Teleskop konnte der Mond beobachtet wer-
den; Foto: Simon Wachter.

Folgende Geräte stehen der Sternwarte Dieterskirchen zur Verfügung: - 700-mm-Cassegrain auf Montierung DDM 160 von ASA - 230-mm-Ha-Refraktor von LUNT - CCD-Kamera Microline 50100 der Firma FLI - Spektrograf BACHES von Baader Planetarium Abschließend, bevor es auf die Heimreise ging, ließen es sich einige Mitglieder nicht nehmen, noch eine kleine, aber feine Mahlzeit in einem Restaurant zu sich zu nehmen.

Wir wünschen allen Mitgliedern, Sternfreunden und an der Astronomie Interessierten eine gute Zeit und freuen uns auf das nächste Treffen 2021 in Essen. Bleibt bis dahin gesund und munter, vor allem aber weiterhin neugierig!
Allzeit Clear Skies - eure Mitglieder der Fachgruppe ,,Astronomische Vereinigungen"

5 Die Sternwarte bietet eine fantastische Rundumsicht bis zum
Horizont; Foto: Simon Wachter.

6 Neben einem großzügigen Vortragsraum bietet die Sternwarte
auch ein Kleinplanetarium, das viele Besucher anlockt; Foto: Simon Wachter.
Journal für Astronomie Nr. 72 | 123

VdS-Nostalgie Ausgewählt und zusammengestellt von Peter Völker - Folge 37 ,,Sterne und Weltraum" - Fluch oder Segen?
Das Februarheft 1969 der VdS-Nachrichten stellt auf seiner Titelseite die Modalitäten des neuen Vereinsstatus ,,VdS-Mittelungsblatt" mit oder ohne Bezug von ,,Sterne und Weltraum" dar. Das Bibliographische Institut versprach, die VdS-Hefte zu drucken, sie der Gesamtauflage von ,,Sterne und Weltraum" beizuheften und den Versand zu erledigen. Soviel Gutherzigkeit ohne Gegenleistung, denn das VdS-Heft sollte ja redaktionell unabhängig bleiben ...? Ein schaler Beigeschmack machte sich breit.
124 | Journal für Astronomie Nr. 72

VdS-Nostalgie In den letzten eigenständigen VdS-Nachrichten, März 1969, formulierte Edgar Mädlow auf der Heftrückseite einen Dank an die Druckerei, die die VdS-Druckerzeugnisse bisher betreut hatte. Nicht ohne
Wehmut geschrieben, ist in diesem Beitrag einiges über Vor-VdS-Zeiten zu erfahren. Viel Spaß beim Eintauchen in die Vereinsvergangenheit ...
Journal für Astronomie Nr. 72 | 125

VdS vor Ort / Tagungsberichte

6. Norddeutsche Tagung der Planetenfotografen (NTP) in Bremervörde
Große Herausforderungen bei tiefem Planetenstand
von Kai-Oliver Detken

Im Januar 2019 fand in Bremervörde zum bereits sechsten Mal die Norddeutsche Tagung der Planetenfotografie (NTP) [1] statt. Und obwohl die Planeten in den letzten Jahren alles andere als hoch am Himmel standen, musste der Veranstalter, Dr. Michael Schröder, die Tagung auf 40 Teilnehmer begrenzen (Abb. 1). Es hätten ansonsten noch weitere Sternfreunde den Weg auf sich genommen. Das Interesse an Mond- und Planetenaufnahmen ist also ungebrochen und lockte auch bekannte Hobbyastronomen wie Dr. Mario Weigand, Torsten Edelmann und Rainer Sparenberg nach Bremervörde.

Begonnen wurde traditionell mit einer kurzen Vorstellungsrunde. Dabei kam heraus, dass viele Planetenfans ein C14-Teleskop von Celestron ihr Eigen nennen. Einige besitzen auch Sternwarten im Garten oder bauen sogar ihre eigenen Optiken. Auch lassen sich viele Teilnehmer trotz der schlechten Bedingungen für Planeten in Deutschland nicht von ihrem Hobby abbringen und nutzen die Zeit, um sich in der Bildbearbeitung zu verbessern oder weichen in südlichere Gefilde aus. Zusätzlich wurden teilweise weite Anreisen in Kauf genommen, um die Tagung zu besuchen, was für die Qualität der Veranstaltung spricht.
Danach ging es nahtlos zum ersten Vortrag von Dr. Mario Weigand [2] über, der die Methoden der Bildverarbeitung zur Schärfung von Mond- und Planetenaufnahmen analysierte und erläuterte. Dabei wurde allgemein festgestellt, dass die Qualität der Rohaufnahmen die wichtigste Basis ist. Dies wurde exemplarisch anhand einer einzelnen Sonnenprotuberanzaufnahme erkennbar, die wie ein Summenbild aussah (Abb. 2). So ein optimales Seeing ist normalerweise nicht gegeben, weshalb das Sum-

1 Gruppenbild aller Teilnehmer im Veranstaltungsgebäude der D. Schröder KG;
Bild Torsten Lietz.

menbild meistens etwas flau aussieht. Die Schärfung ist daher elementar für ein gutes Ergebnis. Sie darf aber auch nicht übertrieben werden, um Artefakte zu vermeiden.
Um optimale Ergebnisse zu erzielen, soll erst einmal laut Weigand mit einem Weichzeichner gearbeitet werden, da die Differenz vom Originalverlauf und der Weichzeichnung ein steileres Helligkeitsprofil ergibt und der lokale Kontrast erhöht wird. Es ergeben sich dabei kleinere Strukturen bei Photoshop, wenn man einen kleineren Weichzeichner-Radius verwendet. Sehr große Filterradien wirken dagegen eher als allgemeine Kontrastanhebung. Der Hochpassfilter in Photoshop wird hingegen zur Erstellung der Differenzbilder verwendet. Die Kombination des Hochpassfilters mit weichem Licht ergibt laut Erfahrung des Referenten die besten Resultate. Eine andere Bildverarbeitung ermöglicht RegiStax, welches das Bild in sogenannte ,,WaveletFilterbereiche" unterteilt. Die Anwendung

kann auf verschiedenen Schichten vorgenommen werden. Obwohl dieses Programm seit 2012 nicht mehr weiterentwickelt wird, ist es nach wie vor häufig beim Referenten im Einsatz. Dabei wird von ihm die erste Schicht (Layer) anfangs getestet, um die kleinste Struktur zu finden. Die Wavelet-Filter für die höheren Schichten 4-6 werden weitestgehend vermieden.
Ein weiteres Programm zur Bildverarbeitung ist Fitswork, welches ebenfalls zur Schärfung mittels verschiedener Layer verwendet werden kann. Hier ist allerdings auch noch eine andere Funktion sehr interessant, die sich ,,Deconvolution" nennt und mit Gauß-PSF arbeitet. Hierdurch soll die Konvolution ausgeglichen werden, die eine Verschlierung des Bildes durch das Seeing nach einer Verteilungsfunktion (Point Spread Function, PSF) bewirkt. Adaptive Optiken in der Profiastronomie können die PSF eines künstlichen Sterns aufnehmen und umkehren, um das Seeing zu überlis-

126 | Journal für Astronomie Nr. 72

VdS vor Ort / Tagungsberichte

ten. Dies ist für Hobbyastronomen nicht möglich, so dass hier eine blinde Deconvolution durch die Annahme einer gaußförmigen Verschmierung angewandt wird. Das Anpassen an Sampling und Seeing muss dabei durch einfaches Ausprobieren vorgenommen werden. Hierbei sind Filterradien von 0,7 bis 3 Pixeln anzuraten. Letztendlich gibt es aber kein Kochrezept, um die optimalen Filtereinstellungen für Planetenaufnahmen zu finden und vieles hängt auch vom Bildausgangsmaterial ab.

Im Anschluss an den Einführungsvortrag wurde über die atmosphärische Dispersion von Dr. Kai-Oliver Detken [3] referiert (siehe Abb. 3). Dabei wurde auch auf Geschichtliches eingegangen, denn das Grundproblem ist bereits 1869 von Sir George Biddell Airy beobachtet worden. In Cambridge forschte er u.a. an der Lichtbrechung von Linsengläsern und entdeckte den Astigmatismus des Auges. Die sogenannten AiryScheibchen (Beugungsscheibchen) werden heute noch zur Beurteilung der Qualität von Teleskopen genutzt. Er und sein Assistent schlugen damals bereits verschiedene Gegenmaßnahmen zur Eliminierung der atmosphärischen Dispersion vor. Die Umsetzung blieb aber Giovanni Battista Amici vorbehalten, der im 19. Jahrhundert optische Instrumente in herausragender Qualität herstellte. So werden auch heute noch zur Kompensation der atmosphärischen Dispersion Geradsichtprismen nach Amici eingesetzt.
Grundsätzlich entsteht die atmosphärische Dispersion dadurch, dass sich Licht in niedriger Horizonthöhe durch mehrere Luftschichten hindurch seinen Weg zum Beobachter bahnen muss. Dabei wird es je nach Wellenlänge unterschiedlich stark gebrochen und erzeugt eine Farbaufspaltung wie bei einem Prisma. Objekte in Horizontnähe bekommen daher einen Farbrand und

2 Mario Weigand zeigt sein Einzelbild einer Sonnenprotuberanz;
Bild Torsten Lietz.

wirken kontrastloser. Sie sind zusätzlich unschärfer als Objekte, die höher stehen. Daher gestalten sich Beobachtungen oder Fotografien von Objekten in Horizontnähe oftmals schwierig. Zur Kompensation kann ein Atmosphärischer Dispersionskorrektor (ADC) verwendet werden, der zwei Einzelprismen enthält, die gegeneinander verdreht werden können. Es wird dadurch quasi ein negativer Farbfehler erzeugt, mit dem die Dispersion korrigiert wird. Als Nebeneffekt werden auch die Schärfe und der Kontrast gesteigert, was sich auch visuell auswirkt. Allerdings kann man bei fehlerhaften Einstellungen die Negativeffekte auch verstärken und durch die sich ändernde Höhe des Objekts muss immer wieder nachgeregelt werden.
Wie man mit ungekühlten Planetenkameras auch andere Himmelsobjekte mit hoher Auflösung fotografieren kann, berichtete danach Oliver Schneider [4]. Er besitzt eine eigene Gartensternwarte (Abb. 4), ist aber

auch mobil mit einem Takahashi-EpsilonSpiegel und der EQ6-Montierung unterwegs. Er machte für sich einen neuen Denkprozess durch, indem er nicht immer länger belichten, sondern mittels Kurzbelichtungen schneller zum Ergebnis kommen wollte. Ziel ist es, durch kurze Belichtungszeiten der Luftunruhe ein Schnäppchen zu schlagen und die kurze Belichtungszeit durch mehr Einzelaufnahmen zu kompensieren. Dieses Prinzip wird in der Planetenfotografie bereits länger eingesetzt - warum also nicht auch bei Deep-Sky-Objekten? Hinzu kommt, dass Objekte wie beispielweise Planetarische Nebel (PN) so hell sind, dass man diese früher für Planeten gehalten hat (daher auch ihr Name). Man könnte also prinzipiell solche Objekte mit der gleichen Technik aufnehmen. Wie gut das geht, konnte der Referent eindrucksvoll an diversen Bildergebnissen zeigen.

Journal für Astronomie Nr. 72 | 127

VdS vor Ort / Tagungsberichte

Nach seinem ersten Vortrag stellte Oliver Schneider noch einen Reisebericht von Namibia vor. Die Reise fand im Jahr 2017 statt, in der zwei Wochen lang der Sternenhimmel Südafrikas genossen wurde. Da es nur schöne Nächte gab, kam der Schlaf viel zu kurz und es wurden zu viele Aufnahmen gemacht. Dadurch ist der Bezug zu den Bildern etwas verloren gegangen, wie der Referent feststellte. Der Sternenhimmel Namibias ist aber einmalig und das Land für Hobby-Astronomen optimal, da es durch seine dünne Besiedlung kaum unter Lichtverschmutzung leidet. Zudem ist die Luft extrem trocken und es existiert quasi keine Zeitverschiebung zu Mitteleuropa. Während des Urlaubs hatte man sich auf der Farm Hakos [5] niedergelassen, die IAS-Mitgliedern [6] auch die Nutzung größeren Equipments ermöglicht. Andere

3 Erläuterungen zur atmosphärischen Dispersion von Kai-Oliver Detken;
Bild Michael Schomann.

Hobby-Astronomen dürfen diese Gerätschaften nicht verwenden. So konnten in einem Livebild von Saturn die Cassini-Teilung und die Sechseckregion klar erkannt werden, was in unseren Breitengraden so gut wie nie gelingt. Alle Planeten befanden sich im Zenit, das waren optimale Bedingungen.

Zum Abschluss der langen Planetentagung gab es dann noch zum Ausklang ein eindrucksvolles Zeitraffervideo von Rainer Sparenberg [7] zu sehen, der in Island und Norwegen unterwegs war, um Polarlichter aufzunehmen. Damit endete wieder eine sehr informative NTP-Veranstaltung, die von Dr. Michael Schröder und seinem Team hervorragend organisiert worden war.

4 Oliver Schneider zeigt das Equipment seiner eigenen Sternwarte; Bild Torsten Lietz.
128 | Journal für Astronomie Nr. 72

Internethinweise (Stand Oktober 2019): [1] Norddeutsche Tagung der Planeten-
fotografen: www.norddeutschetagung-der-planetenfotografen.de [2] Homepage von Mario Weigand: www.skytrip.de [3] Homepage von Kai-Oliver Detken: www.detken.net [4] Homepage von Oliver Schneider: www.balkonsternwarte.de [5] Astrofarm Hakos in Namibia: www.hakos-astrofarm.com [6] Internationale Amateursternwarte e.V.: www.ias-observatory.org [7] Homepage von Rainer Sparenberg: www.airglow.de

GROSSER BÄR

GIRAFFE

KASSIOPEIA

LÖW IN E E KLE R
LÖWE Regulus

LUCHS

Capella

Castor Pollux
KREBS

FUHRMANN ZWILLINGE

WASSERSCHLANGE Alphard
SÜDOST

KLEINER HUND
Procyon

Beteigeuze

EINHORN
Sirius
GROSSER HUND

Aldebaran ORION
Rigel HASE

Sternkarte exakt

gültig für 15. Januar

22 Uhr MEZ

SÜD

Mondphasen im Januar 2020

Algol PERSEUS

ANDROMEDA DREIECK

Plejaden

WIDDER

STIER

Uranus

PEGASUS FISCHE

ERIDANUS

WALFISCH
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Quellen: US Naval Observatory, eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto), Berechnungen der BAV, Berechnungen der IOTA (Steve Preston), Berechnungen der IOTA/ES (Eberhard Riedel [GRAZPREP]), Homepage der International Meteor Organization (IMO).

Erstes Viertel 3.1.

Vollmond 10.1.

Letztes Viertel 17.1.

Neumond 24.1.

Ereignisse im Januar

02. 3h

Mond erdfern, 29,5'

02. 21:00 Algol ( Persei), Min. 3,4 mag, Abstieg v. 2,1 mag in rd.

03. 05:45

3 Std. Erstes Viertel

03. auf 04. Maximum Meteorschauer der Quadrantiden, 42 km/s,

bis 120/h

04.

Streif. Sternbed. Mond - SAO 110264 (6,8 mag), Linie

Garmisch-Partenkirchen - München - Landshut -

Deggendorf

04. 22:20 R CMa, Min. 6,3 mag, Abstieg von 5,7 mag in rd. 1,5 Std.

05. 9h

Erde im Perihel

05. 23:00 U Cep, Min.-Mitte 9,1 mag, Dauer gleicher Helligkeit

2,3 Std., Abstieg von 6,8 mag in rd. 5 Std., zum Schluss

ganz schnell

07. 20:50 Mond 2,5 Grad N Aldebaran ( Tau, 1,0 mag)

08.

max. Libration Ost

08. 06:30 Mars (1,5 mag, 4,4'') zwischen Sco (2,6 mag) und Sco

(2,3 mag), SO-Hor.

09. ab 17:54 Mond bedeckt Gem (2,9 mag), Zeitpunkt abh. v.

Standort

09. ca. 18:27 (2000) Herschel (14,1 mag) bedeckt Stern TYC 2301-

1008-1 (9,7 mag) für 0,8 s, Hell.-Abnahme 4,4 mag, Pfad

NW- nach O-Deutschld.

09. 23h

(4) Vesta (7,6 mag) 30' SO Stern Cet (4,3 mag), Sternbild

Walfisch

10. 16h 10. 20:21

Merkur in ob. Konjunktion mit der Sonne Vollmond, Halbschattenfinsternis 18:06-22:14, Größe

0,921, Mond-S!

12. 19h

Komet C/2017 T2 (Panstarrs, 9,4 mag?) 45' N Stern Per

(3,7 mag), Sternbild Perseus

13. 16h

Saturn in Konjunktion zur Sonne

13. 21h

Mond erdnah, 32,7'

13. 22h

Mond 6,0 Grad O Regulus ( Leo, 1,4 mag)

17.

Streif. Sternbed. Mond - SAO 139322 (7,0 mag), Linie

Bremerhaven - Soltau - Gardelegen - Finsterwalde -

Görlitz

17. 6h

Mond 6,6 Grad N Spica ( Vir, 1,1 mag)

17. 13:58 Letztes Viertel

18. 06:30 Mars (1,5 mag, 4,6'') 4,8 Grad N Antares ( Sco, 1,1 mag)

20. 06:30 Mond 8,8 Grad NW Antares ( Sco, 1,1 mag)

20. 7h

Mond 7,1 Grad W Mars (1,5 mag, 4,6'')

21.

max. Libration West

21. ca. 21:08 (669) Kypria (15,6 mag) bedeckt Stern HIP 22609

(10,0 mag) für 4,9 s, Hell.-Abnahme 5,6 mag, Pfad O-

Österr., SW- nach NW-Deutschld.

22. 22:40 Algol ( Persei), Min. 3,4 mag, Abstieg v. 2,1 mag in rd.

3 Std.

24. 22:42 Neumond

26. 20h

Komet C/2017 T2 (Panstarrs, 9,2 mag?) zieht in ca. 30'

Abstand nördl. an h+ vorbei, Sternbild Perseus, bis 30.1.

27. 19h

Venus (-4,1 mag, 14,9'') 7,5' SW Neptun (7,9 mag, 2,2'')

28. 18:20 Mond 4,9 Grad SO Venus (-4,1 mag, 15,0'')

29. 22h

Mond erdfern, 29,5'

Journal für Astronomie Nr. 72 | 129

JAGDHUNDE

GROSSER BÄR

GIRAFFE Capella

HAAR DER BERENIKE
JUNGFRAU

KLEINER LÖWE

LÖWE

Regulus

LUCHS Castor
Pollux
KREBS

FUHRMANN

ZWILLINGE

Aldebaran

Procyon

KLEINER HUND

Beteigeuze

ORION

BECHER SÜDOST

SEXTANT

Alphard

EINHORN

RSCHLANGE WASSE

KOMPASS

HINTERDECK

Sirius
GROSSER HUND

Rigel HASE

Sternkarte exakt

gültig für 15. Februar

22 Uhr MEZ

SÜD

Mondphasen im Februar 2020

PERSEUS Algol

ANDROMEDA DREIECK

STIER

WIDDER FISCHE Uranus

WALFISCH
ERIDANUS
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Zusammengestellt von Werner E. Celnik, mit Beiträgen von Dietmar Bannuscher und Wolfgang Quester (Veränderliche Sterne), Eberhard Riedel (streifende Sternbedeckungen), Oliver Klös (Sternbedeckungen durch Kleinplaneten).

Erstes Viertel 2.2.

Vollmond 9.2.

Letztes Viertel 15.2.

Neumond 23.2.

Ereignisse im Februar

01. 20h

(29) Amphitrite (10,7 mag) 37' S Stern Psc (9,1 mag),

Sternbild Fische, vgl. auch Folgetag

02. 02:42 Erstes Viertel

02. 22:30 Cep, Max. 3,48 mag, An- und Abstieg in 5,36 Tagen,

zirkumpolar

03. 24h

Mond 5,2 Grad W Aldebaran ( Tau, 1,0 mag)

04. 23:00 RZ Cas, Min. 7,7 mag, Abstieg von 6,2 in rd. 2 Std.

05.

max. Libration Ost

05. 20h

(29) Amphitrite (10,7 mag) 34' S Galaxie M 74 (3,6 mag),

Sternbild Fische, vgl. auch Folgetag

06. ab 03:16 Mond bedeckt Gem (3,3 mag), Zeitpunkt abh. v. Standort

07. 2h

(6) Hebe (10,7 mag) 15' SO Doppelstern 84 Vir (5,4 mag),

Sternbild Jungfrau

09. 08:33 Vollmond

10.

Mond erdnah, 33,2'

10. 00:29 Mond 3,1 Grad NO Regulus ( Leo, 1,4 mag)

10. 18:30 Merkur (-0,5 mag, 7,1'') in größter östl. Elong., 18 Grad , W-Hor.

10. 19h

Neptun (8,0 mag, 2,2'') 2,3' NW Stern f Aqr (4,2 mag)

11. ca. 23:02 (4) Vesta (8,1 mag) bedeckt HIP 14439 (5,3 mag, Sternbild

Widder) für 28 s, Hell.-Abnahme 2,8 mag, Pfad N-

Deutschld.

12. ca. 22:08 (991) McDonalda (16,6 mag) bedeckt TYC 276-783-1

(9,2 mag) für 3,3 s, Hell.-Abnahme 7,4 mag, Pfad N-

Deutschld.

13. 6h

Mond 8,6 Grad NW Spica ( Vir, 1,1 mag)

14.

Streif. Sternbed. Mond - SAO 139669 (6,6 mag), Linie

nördlich von Prüm - Bernkastel-Kues - Speyer -

Göppingen - Starenberg - Miesbach

15. ca. 21:39 (977) Philippa (14,5 mag) bedeckt TYC 2466-00499-1

(9,4 mag) für 7,7 s, Hell.-Abnahme 5,1 mag, Pfad N-

Deutschld.

15. 23:17 Letztes Viertel

17.

max. Libration West

17. 05:30 Mond 7,0 Grad NO Antares ( Sco, 1,1 mag)

18. 6h

Mond 3,8 Grad W Mars (1,2 mag, 5,2'')

18. 6h

Mars zwischen Gasnebeln M 8 und M 20

19. 06:15 Mond 7,2 Grad W Jupiter (-1,9 mag, 33,4'')

22. ca. 22:44 (3162) Nostalgia (16,0 mag) bedeckt TYC 1314-256-1

(9,5 mag) für 3,3 s, Hell.-Abnahme 6,6 mag, Pfad SW- nach

O-Deutschld.

23. 16:32 Neumond

26. 3h

Merkur in unt. Konjunktion zur Sonne

26. 13h

Mond erdfern, 29,4'

27.

Streif. Sternbed. Mond - SAO 109952 (7,4 mag), Linie

Papenburg - Bremen - Lüneburg - Parchim - Neu-

brandenburg

27. 20:19 Mond 6,1 Grad SO Venus (-4,2 mag, 18,4'')

29. ca. 04:36 (628) Christine (14,3 mag) bedeckt HIP 82815 (8,9 mag)

für 2,5 s, Hell.-Abnahme 5,4 mag, Pfad SW- nach O-

Deutschld.

29. 05:30 Mars (1,1 mag, 5,4'') 21' NO Kugelhfn. M 22

130 | Journal für Astronomie Nr. 72

NÖRDL. KRONE

Gemma

BOOTES

JAGDHUNDE

Arktur

HAAR DER BERENIKE

JUNGFRAU

Spica

SÜDOST

RABE

BECHER

Sternkarte exakt gültig für 15. März 22 Uhr MEZ
Mondphasen im März 2020

GROSSER BÄR

LUCHS

Capella FUHRMANN

Algol PERSEUS
Plejaden

KLEINER LÖWE

Castor Pollux

ZWILLINGE

Aldebaran

STIER

LÖWE

Regulus

KREBS
KLEINER HUND Procyon

Beteigeuze EINHORN

ORION

SEXTANT

Alphard

Rigel

RSCHLANGE WASSE

KOMPASS HINTERDECK

Sirius

HASE

ROSSER G ND HU

SÜDWEST

ANUS ERID

Vereinigung der Sternfreunde e.V.

SÜD

www.sternfreunde.de

Erstes Viertel 2.3.

Vollmond 9.3.

Letztes Viertel 16.3.

Neumond 24.3.

Ereignisse im März

01.

Streif. Sternbed. Mond - SAO 93662 (6,8 mag), Linie

Offenburg - Rosenheim - Bad Reichenhall

02. 19:30 Mond 3,3 Grad NO Aldebaran ( Tau, 1,0 mag)

02. 20:57 Erstes Viertel

03.

Streif. Sternbed. Mond - SAO 77358 (6,4 mag), Linie

Rottenburg am Neckar - Schwabmünchen - Gauting -

Traunstein

04.

max. Libration Ost

05. ca. 03:10 (1568) Aisleen (16,0 mag) bedeckt HIP 47262 (7,6 mag)

für 1,0 s, Hell.-Abnahme 8,0 mag, Pfad Österr., SO- nach

O-Deutschld.

08. 4h

Mond 5,8 Grad NW Regulus ( Leo, 1,4 mag)

08. 13h

Neptun in Konjunktion mit der Sonne

08. 20h

Venus (-4,3 mag, 20,1'') 2,2 Grad N Uranus (5,9 mag, 3,4'')

08. 22h

Komet C/2017 T2 (Panstarrs, 8,7 mag?) ca. 2,5 Grad W

Nebelgebiet um IC 1805, Sternbild Cassiopeia

09. 18:48 Vollmond

10. 7h

Mond erdnah, 33,5'

12. 02:07 Mond 6,1 Grad NO Spica ( Vir, 1,1 mag)

13.

Streif. Sternbed. Mond - SAO 158677 (6,2 mag), Linie

Zingst - Strasburg (Uckermark) - Schwedt/Oder

14. 22:40 (12) Victoria (11,4 mag) zieht durch den Doppelstern

SAO117649 (7,4 mag, Komp.-Abstand 59''), Sternbild

Wasserschlange

15. 04:45 Mond 5,8 Grad N Antares ( Sco, 1,1 mag)

16.

max. Libration West

16. 10:34 17. 2h
18. 5h
19. 05:30 20. 04:50 20. 5h 23. 20h
24. 24. 10:28 24. 16h 28. 28. 20h 29. 02:00
29. ab 20:26
29. 21h 30.
31.
31. 5h

Letztes Viertel (6) Hebe (10,1 mag) 18' SW Galaxie NGC 5248 (10,1 mag), Sternbild Bärenhüter Mond 2,4 Grad SW Mars (0,9 mag, 6,0'') u. 3,8 Grad SW Jupiter (-2,1 mag, 35,6'') Mond 3,8 Grad SO Saturn (0,7 mag, 15,8'') Sonne im Frühlingspunkt, Frühlingstag- und -nachtgleiche Mars (0,9 mag, 6,0'') 43' S Jupiter (-2,1 mag, 35,8'') Venus (-4,4 mag, 23,5'') in größter östl. Elong., 46 Grad , WHimmel Merkur in größter westl. Elong., 28 Grad Neumond Mond erdfern, 29,4' Astronomietag Mond 7,0 Grad S Venus (-4,4 mag, 24,6'') Umstellung von MEZ auf Sommerzeit MESZ, Uhr um 1 Stunde vorstellen Mond bedeckt Tau (3,5 mag), bis ca. 21:32, Zeitpunkt abh. v. Standort Mond 3,2 Grad N Aldebaran ( Tau, 1,0 mag) Streif. Sternbed. Mond - Tau (SAO 77184) (4,9 mag), Linie Heiligenhafen - Kühlungsborn - Feldberger Seenlandschaft - Schöneberg Streif. Sternbed. Mond - 12 Gem (SAO 78225) (7,0 mag), Linie Offenburg - Ravensburg - Bad Hindelang Mars (0,8 mag, 6,4'') 58' S Saturn (0,7 mag, 16,1'')

Journal für Astronomie Nr. 72 | 131

Beobachterforum

Astro-Trip zu den Malediven
von Wolfram Fischer

Wer auf den Malediven Urlaub macht, muss nicht unbedingt nur faul in der Sonne liegen, schnorcheln, essen und schlafen. Eine besondere Attraktion einer Reise in äquatornahe Gefilde bietet der Sternenhimmel, der dort im Jahreslauf beide Hemisphären nahezu komplett präsentiert! Meine Malediven-Reise dauerte vom 2. bis 15. Februar 2019. Es ging zur Insel Angaga im Ari-Atoll, sie hat eine geografische Breite von +3,6 Grad .
Am 04.02. wollte ich die Neumondnacht mit Zeitrafferaufnahmen des südlichen Winterhimmels im Sternbild Schiff nutzen. Ich lief nach dem Abendessen zur recht dunklen, sandigen Südspitze der Insel, wo noch Ebbe herrschte. Orion stand im Zenit, später Sirius etwa 75 Grad hoch im Süden. Ich benutzte das Sky-Watcher-Stativ mit Neiger und kurzen Beinen, rammte es ca. 20 cm tief in den Sand. Die Kamera, eine Canon EOS 600D, schaute

etwa 30 Grad hoch nach Südsüdosten, so dass die Große Magellansche Wolke und auch Canopus mit im Bild waren (s. Abb. 1). Die Milchstraße war prachtvoll mit sehr dunklem Himmelshintergrund! Ich belichtete sie mit einem Tamron-Objektiv 1:3,5 / 17 mm und OWB-Filter bei ISO 1600, Serienaufnahme, Belichtungen je 30 s, Auslösung mit vielen Gummis und einem Plastikstück, das auf den Auslöser drückte. Der Wind war leider zu heftig! Ich belichtete ca. 3 Stunden. Dann kam die Flut bedrohlich nahe. Die Batterie hätte die ganze Nacht auch nicht durchgehalten - und ich auch nicht.
Es war nur für mich wieder einmal erschreckend festzustellen, auch in den folgenden nutzbaren Nächten, dass sich für die astronomischen Möglichkeiten im Grunde fast niemand interessiert. Während ich mich in klaren Nächten in der dunkelsten Ecke der

Insel herumdrückte, um schwache Lichteindrücke zu beobachten, blendeten andere mit ihren LED-Taschenlampen und erfreuten sich daran, die Krabben am Strand aufzuscheuchen. Wenn sie die Lampe einmal ausgemacht hätten, hätten sie eine unfassbare Wintermilchstraße von rund 30 Grad Breite quer über den Himmel bis zum Horizont herab erkennen können. Die Insel war natürlich kräftig beleuchtet, das Meer war aber sehr dunkel, genau wie der Himmelshintergrund. Nur ferne Inseln brachten einen schwachen Lichtschein.
Was ich von dort mitgebracht habe, ist auf meiner Homepage (https://www.astro fotografie-wolfram-fischer.de/index.htm) auf der Startseite unten und unter ,,Aktuelles" zu sehen. Mailadresse des Autors: WF54@astrofotografie-wolfram-fischer.de

1 Wintermilchstraße von Centaurus über Carina und Vela bis Puppis. In der Bildmitte der Eta-Carinae-Nebel, rechts oben der
helle Canopus, rechts am Bildrand die Große Magellansche Wolke. Aufnahmedaten im Text. Bild: Wolfram Fischer
132 | Journal für Astronomie Nr. 72

Beobachterforum
,,Rejoice in the Sun" - Aufnahme der untergehenden Sonne im H-Licht am 15.08.2016 um 19:14 Uhr MESZ, Instrument: PST, Ort: Bad Tölz, Bild: F. X. Kohlhauf

Himmel und Erde

Stefan Binnewies gelang dieser überwältigende Blick vom Nordufer des Hopfensees (Schwaben) zu den Tannheimer Bergen in Tirol. Belichtung vom Abend des 16.03.2019 als dreifaches Panorama mit einem 28-mm-Objektiv (Blende 4) je 5 Sekunden für den Vordergrund und 10 x 12 Sekunden für den Sternenhimmel (Nachführung über eine kleine Reisemontierung) bei Mondlicht. Zum Einsatz kam eine Canon EOS 6D bei ISO 1600. Mars steht am rechten Bildrand unterhalb der Plejaden, der Orion und Sirius haben ihre Kulmination schon hinter sich, und auch die Wintermilchstraße neigt sich bereits nach Westen, während ihr südlicher Fußpunkt ganz am linken Bildrand hinter einem kompakten kleinen Wolkenfeld verborgen bleibt.

Journal für Astronomie Nr. 72 | 133

Beobachterforum

Totale Sonnenfinsternis in Chile
von Gabriele und Jörg Ackermann
Wir konnten bei sehr schönem Wetter die totale Sonnenfinsternis am 2. Juli 2019 im Elqui-Tal (Region Coquimbo) am Ostende des Puclaro-Stausees beobachten. Leider war das Seeing sehr unterschiedlich und die Luftunruhe recht hoch. Zum Glück wurden die Bedingungen während der Totalität besser. Nach Libyen im Jahr 2006 konnten wir zum zweiten Mal die fliegenden Schatten sehr deutlich sehen. Das Schauspiel dauerte ca. 30 Sekunden.

1 Panoramaaufnahme der
totalen Sonnenfinsternis mit Canon EOS 5D Mark I, Canon EF 16-35mm f/2,8 L II USM (bei f = 16 mm) um 16:40 Uhr CLT (chilenische Standardzeit).

134 | Journal für Astronomie Nr. 72

2 Die Sonnenkorona: Auf-
nahme mit einem Refraktor Takahashi FC-76D, Kamera Canon EOS 5D Mark IV. Komposit aus Belichtungszeiten von 1/1250 s bis 0,15 s um 16:40 Uhr CLT.

Beobachterforum

Totale Sonnenfinsternis am südamerikanischen Strand
von Siegfried Bergthal

Da wir Chile überwiegend mit Bussen bereisen wollten, hatten wir das Gewicht unserer Ausrüstung für die Sonnenfinsternis so weit wie möglich reduziert. Am Strand von La Serena trug die Kamera daher ein kleines Holzstativ von Berlebach. Das wurde von den Besuchern leider oft übersehen, immer wieder sind Personen durch das Gesichtsfeld gelaufen - was den Bildern der Finsternis dann ihren eigenen Reiz verliehen hat.
Den Finsternisverlauf konnten wir vom 1. bis zum 4. Kontakt verfolgen. Der Wind am Strand war richtig kalt, und es war nicht einfach, bis zum Ende durchzuhalten - viele Schaulustige sind bereits kurz nach der Totalität wieder gegangen. Auf dem Stativ war eine Sony Alpha 6500 mit einem Zeiss-Objektiv 16 - 70 mm bei 24 mm Brennweite montiert. Die Brennweite wurde erst kurz vor der Finsternis festgelegt, damit die Sonne kurz vor dem

ersten Kontakt bis nach der Finsternis in das Bildfeld passte. Für die partielle Phase war das Objektiv mit Baader-Sonnenfolie abgedeckt. Die Aufnahmen wurden mit manueller Einstellung bei 100 ISO, Blende 8, 1/500 s alle vier Minuten gemacht. Ein Tuch um den Filter verhinderte Spiegelungen an der Filterinnenseite, da das Bajonett für die Sonnenblende nicht lichtdicht ist.
Für die Totalität wurde der Filter natürlich abgenommen, an der Kameraeinstellung nur die Belichtungszeit verändert (auf 0,5 s und 2 s während der Totalität). Das Abnehmen und wieder Aufstecken des Filters musste sehr vorsichtig geschehen, um die Brennweite und die Schärfe nicht zu verändern.
Die Aufnahmen wurden anschließend in Photoshop übereinander gelegt, um den Verlauf der Finsternis zu zeigen.

1 Sonnenfinsternis am Sandstrand: Walburga
und Siegfried Bergthal verfolgten und fotografierten die Sonnenfinsternis von La Serena aus.
2 Verlauf der Finsternis über dem pazifischen
Ozean. Bei 24 mm Brennweite wurde dazu alle vier Minuten eine Aufnahme gemacht.

Journal für Astronomie Nr. 72 | 135

Beobachterforum

Eine informative Astronomie-App
von Lutz Clausnitzer

Die App ,,AudioHimmelsführungen" erklärt das Wichtigste der Astronomie audiovisuell auf besondere Weise: Der Sprecher erläutert die Fakten und Zusammenhänge zwanglos auf sechs Himmelsspaziergängen, die man in natura oder auf dem Display verfolgen kann. Dafür bekam die App 2017 auf der internationalen Erfindermesse iENA in Nürnberg eine Medaille. Nach der einfachen Folge 1 steigt der Schwierigkeitsgrad von Folge zu Folge an, so dass der interessierte Nutzer in den höheren Folgen auch anspruchsvollere Themen zu erschließen vermag. Nutzer bezeichnen die App als sehr informativ.
Die App ,,AudioHimmelsführungen" für iOS und Android ist nicht mit einem Planetariumsprogramm zu verwechseln. Jede Folge widmet sich einem neuen Themenbereich und zugleich auch einem anderen Himmelsgebiet. Wenn man diese Führungen in der gegebenen Reihenfolge hören und als kompakten Astronomie-Kurs nutzen möchte, muss man z. B. die FrühjahrsFolge 2 auch im Herbst hören können. Deshalb erscheint bei dieser Folge stets

1 Grafik der Folge 5. Bei einem Spaziergang am Winterhimmel geht es um die Sternentwick-
lung und die chemische Evolution des Universums. Über extrasolare Planeten spannt sich der Bogen bis zur Astrobiologie, die zu klären versucht, wie die Entstehung des Lebens in die Entwicklung des Universums eingebunden ist.

der abendliche Frühlingshimmel auf dem Display - unabhängig davon, zu welcher Jahreszeit und Uhrzeit man sie hört. Die statischen Sternkarten haben zudem den Vorteil, dass sie von Hand übersichtlicher gestaltet werden können (Abb. 1).

Auf der Supportseite www.lutz-claus nitzer.de/sky/de/de.html steht für jede Folge ein kostenloses Arbeitsblatt zur Verfügung, mit dem man das Gehörte festigen und vertiefen kann.

Totale Sonnenfinsternis in Argentinien
Im Land der Gauchos auf SoFi-Exkursion
von Kai-Oliver Detken

Nachdem vor fast zwei Jahren die amerikanische Sonnenfinsternis ein ganzes Land begeistert hat und Millionen von Besuchern ins Land strömten, konnte Anfang Juli die nächste totale SoFi in Südamerika beobachtet werden. Auch hier wurde mit vielen SoFi-Touristen gerechnet, bei ungleich schlechterer Infrastruktur. Denn Chile und Argentinien hatten im Bereich des Kernschattens zwar Landstraßen, aber wenig Ausweichmöglichkeiten anzubieten. Aufgrund der besser ausgebauten Straßen

1 Observatorien
des Museu de Astronomia (MAST)

136 | Journal für Astronomie Nr. 72

Beobachterforum

2 Kleine und Große Magellansche Wolke, aufgenommen bei San Agustin/Argentinien. Objektiv: Sigma 17-50 mm F2,8 EX DC OS HSM
bei Blende 4, Montierung: Stativ mit AstroTrac TT320X-AG, Brennweite: 35 mm, Fokussierung: Live-View (manuell), Kamera: Canon 700Da (modifiziert), Filter: Klarglasfilter von Astronomik, Dunkelbilder: 11, Belichtung: 22 x 2 min bei ISO 800

und der großen Observatorien bei La Serena entschlossen sich dabei wohl viele Besucher, Chile den Vorzug zu geben. Das La-Silla-Observatorium bot bereits im November 2017 ca. 700 Eintrittskarten mit Führungen für die Sonnenfinsternis an. Die Karten waren aber nach ein paar Wochen ausverkauft und die Webseite konnte nicht mehr aufgerufen werden. Das ließ nichts Gutes erwarten, weshalb wir uns gegen Chile und für Argentinien entschieden.

ten durch Südamerika geplant. Wir wollten in Rio de Janeiro starten, danach zu den großen Iguazú-Wasserfällen weiterfliegen, um dort mit einem brasilianischen Taxi die Grenze nach Argentinien zu überqueren und weiter nach Cordoba zu fliegen. Am Flughafen sollte dann der Mietwagen bereitstehen, mit dem wir in das 500 km

entfernte Dorf San Agustin zur Beobachtung der Sonnenfinsternis fahren wollten. Abschließend sollte es zum Heimflug nach Mendoza gehen, wo der Mietwagen abgegeben werden sollte. Es gab daher mal wieder diverse Möglichkeiten, dass etwas nicht klappen könnte. Aber genau das macht eine SoFi-Reise nun mal auch aus.

Fernreisen zu Sonnenfinsternissen sind meistens dazu prädestiniert, auch Land und Leute kennenzulernen. So war es auch für Südamerika geplant, wofür zwei Wochen einkalkuliert wurden. Als erstes mussten aber die Flüge für zwei AVL-Teilnehmer [1] gesichtet und ausgewählt werden. Da wir in Rio de Janeiro in Brasilien ankommen und von Mendoza in Argentinien wieder zurückfliegen wollten, waren auch Inlandsflüge und ein Mietwagen einzuplanen. Abschließend wurden die Hotels gebucht, die, Gott sei Dank, nicht so schnell ausgebucht waren wie vor zwei Jahren in den USA. Im Vorfeld wurden unterschiedliche Reiserou-

3 Gedenktafel im Ortsmittelpunkt von San Agustin mit den beiden SoFi-Teilnehmern

Journal für Astronomie Nr. 72 | 137

Beobachterforum

4 Sonnenfinsternis in Argentinien in der Totalitätsphase

Am 23. Juni ging es mit einem Nachtflug von Frankfurt nach Rio de Janeiro los. Dort angekommen, genossen wir erst einmal den Strand der Copacabana. Zwischendurch ausruhen oder schlafen war nicht eingeplant, um sich gleich an die Ortszeit gewöhnen zu können. An den insgesamt drei Tagen in Rio wurden natürlich die Wahrzeichen der Stadt besucht. Bei der Jesusstatue Cristo Redentor (Christus der Erlöser) führt eine Zahnradbahn auf den Berg Corcovado, der viel von Urwald umgeben ist. Von dort oben hat man einen sehr schönen Blick über die gesamte Stadt. Am Spätnachmittag fuhren wir hoch, um den Sonnenuntergang zu erleben. Je mehr der Abend hereinbrach, desto mehr Sterne waren zu sehen. So auch das ,,Kreuz des Südens" und der aufstrebende Jupiter über der Jesusstatue, leider aber nicht die Milchstraße - kein Wunder bei der vorhandenen Lichtverschmutzung.
Wir besuchten ebenfalls in Rio de Janeiro das Museu de Astronomia, kurz MAST [2], welches früher auch als Observatorium genutzt wurde, heute aber nur noch für Be-

sucher geöffnet hat (Abb. 1). Das Museum bot eine Ausstellung zu Einstein an. Seine Allgemeine Relativitätstheorie konnte bei der SoFi 1919 in Brasilien erstmals bestätigt werden. So konnte anhand der bei der totalen SoFi vermessenen Abweichungen der Sternpositionen direkt neben der verfinsterten Sonne die Raumkrümmung nachgewiesen werden. Heute ist das sogar mit Amateurmitteln möglich. Am 8. März 1919 starteten von England aus zwei Expeditionen: eine führte auf die Insel Príncipe, die andere nach Sobral in Brasilien. Arthur Eddington, berühmter Wissenschaftler und Sekretär der Royal Astronomical Society, koordinierte beide Teams. Während es auf Príncipe regnete, hatten die Forscher in Brasilien mehr Glück. Ihnen gelangen sieben sehr gute Aufnahmen, die in der Ausstellung zu sehen waren. Es konnte so - je nach Teleskop - eine Abweichung am Sonnenrand zwischen 1,70 bis 1,98 Bogensekunden (Fehler: +- 0,16 bis 0,18 Bogensekunden) festgestellt werden. Dieses Ergebnis zeigte die Richtigkeit der Einsteinschen Theorie. Eine erneute Vermessung mit moderneren Geräten am Royal Greenwich

Observatory ergab 1979 rund 1,9 Bogensekunden, da es immer wieder Zweifler gab [3]. Die Allgemeine Relativitätstheorie wurde 1919 also bestätigt - ausgerechnet von englischen Wissenschaftlern, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg einem deutschen Theoretiker Recht geben mussten.
Neben der Ausstellung konnten auf dem Gelände einige alte Observatorien besichtigt werden, wobei man sich stark an Hamburg-Bergedorf erinnert fühlte. MeridianMessungen und astronomische Forschung im Allgemeinen wurden hier betrieben, bis die Lichtglocke der Stadt dies unmöglich machte. Daher sind die historischen Geräte heute nur noch Ausstellungsstücke. Trotzdem ein interessanter geschichtlicher Anblick, zumal immer wieder Namen deutscher Hersteller wie u.a. Carl Zeiss auftauchten.
Nachdem auch die anderen Zwischenstopps auf unserer Reise durch Südamerika erfolgreich gemeistert wurden, hieß es am 1. Juli, von Cordoba per Mietwagen das argentinische Dorf San Agustin zu erreichen.

138 | Journal für Astronomie Nr. 72

Beobachterforum

Die Fahrt dauerte über fünf Stunden und war anstrengend, auch wegen der Schotterstraße auf den letzten Kilometern. Trotzdem rafften wir uns abends (nach einem Imbiss bei der einzigen Tankstelle im Dorf) noch einmal auf. Schließlich hatten wir bisher nicht die Gelegenheit gehabt, den südlichen Sternenhimmel zu bewundern. Wir mussten dann auch ein gehöriges Stück hinausfahren, um den Lichtern auch hier zu entfliehen. Aber dann zeigte sich uns der wunderschöne Südsternhimmel mit beiden Magellanschen Wolken. Der Versuch, meine AstroTrac-Montierung parallaktisch auszurichten, gelang zuerst nicht. In der Südpolregion gibt es keinen markanten Polarstern, denn Sigma Octantis hat nur die fünfte Größenklasse. Deshalb wandte ich einen Trick an: Aus einer Strichspuraufnahme bestimmte ich die Südpolgegend. Das klappte hervorragend, und so konnte ich mir die beiden Magellanschen Wolken für ein Einzelbild vornehmen (Abb. 2).
Am Tag der Sonnenfinsternis war der Himmel strahlend blau ohne Wolken. Auf einem Fußballfeld wurde morgens bereits für die Sonnenfinsternis aufgebaut. Anscheinend erwartete man viele Besucher. Der Ortskern enthielt nicht viel, aber immerhin bereits eine SoFi-Gedenktafel (Abb. 3). Da sich San Agustin aber nur am Rande der Totalität befand, fuhren wir am frühen Nachmittag lieber 100 km weiter ins Landesinnere zu einem geeigneteren Standort. Auf halber Strecke erkannten wir einen weiteren Treffpunkt für SoFi-Fans. Sonnenteleskope sowie eine Bühne waren aufgebaut und die Polizei regelte den Verkehr. An einer einsamen Landstraße ,,gingen wir vor Anker": ein perfekter Ort mit den Bergen der Anden am Horizont als Hintergrundkulisse.
Die manuelle Fokussierung wurde nun über die Bergkette vorgenommen, da die

5 Untergehende, teilverfinsterte Sonne über den Anden

Sonne leider keinen Sonnenfleck anbot. Parallel bereiteten wir mein Smartphone für eine Zeitrafferaufnahme vor, um die gesamten zwei Minuten mitzuschneiden. Die Sonne wurde nun langsam vom Mond verschlungen, erste Bilder wurden gemacht. Dann begann das Bangen um die Totalitätsaufnahmen. Die Sonnenblende wurde aber rechtzeitig abgenommen, so dass die Perlschnureffekte leicht zu erkennen waren (Abb. 4). Verschiedene Aufnahmeparameter wurden ausprobiert, denn schließlich sind zweieinhalb Minuten wenig Zeit. Die Landschaft tauchte in ein surreales Licht ein. Mitten in der Totalitätsphase fuhr ein Lastwagen an uns vorbei und feuerte uns mit seiner Hupe an. Auch durch das Fernglas sah die Sonne wieder sagenhaft aus: die Korona wurde sichtbar. Ein toller Anblick, der viel zu schnell vorbei war. Nachdem die Sonne hinter den Bergen verschwand (Abb. 5), wurde abgebaut und zurückgefahren. Jetzt waren ein paar Autos mehr unterwegs, die anscheinend alle rechtzeitig zum Copa-America-Halbfinale Argentinien gegen Brasilien zu Hause sein wollten. Beim Abendessen kamen wir im Restaurant mit einer amerikanischen Physikerin ins Gespräch, die auch wegen der SoFi hier war. Eine solche hatte sie erstmals 2017 in den USA gesehen und wollte das noch einmal erleben. Wir verstanden das voll und ganz: SoFi-Erlebnisse haben schließlich Suchtcharakter.

Am nächsten Tag hieß es Abschied nehmen. Es ging mit dem Auto auf die letzte Etappe nach Mendoza. Vorher versuchten wir noch eine Zeitung zu bekommen, um das SoFi-Ereignis nachzulesen. Aber es gab leider nur ein unverkäufliches Exemplar und fast nur Fußballnachrichten vom Spiel des Vortags, das Argentinien verloren hatte: Das ganze Land lag in Trauer. Wir hatten mit Argentinien aber die richtige Wahl getroffen, denn bei La Serena in Chile waren alleine 300.000 Menschen am Strand versammelt gewesen. Da dort auch das Wetter mitspielte, konnte man zwar ebenfalls das SoFi-Ereignis genießen. Bei schlechterem Wetter hätte es aber wahrscheinlich ein Verkehrschaos gegeben.
Internetlinks (Stand Juli 2019): [1] Astronomische Vereinigung Lilienthal
(AVL): www.avl-lilienthal.de [2] Museu de Astronomia (MAST):
http://mast.br/pt-br/ [3] Max-Planck-Gesellschaft: Eine Son-
nenfinsternis erhellt die Physik, 29. Mai 2019. Webseite: www.mpg.de/9236014/ eddington-sonnenfinsternis-1919

Journal für Astronomie Nr. 72 | 139

Beobachterforum
Totale Sonnenfinsternis über La Silla
Auf dem Berg La Silla (,,der Sattel") in den chilenischen Anden thront die bekannte Sternwarte der ESO - auch von dort aus war die totale Sonnenfinsternis am 2. Juli 2019 zu sehen. Markus Pössel vom Haus der Astronomie in Heidelberg hat sie mit einer Canon EOS 70D, Tele-Zoom bei 300 mm Brennweite und Blende 8 bei ISO 100 mit Belichtungszeiten von 1/250 s bis 1 s fotografiert, nachgeführt auf einem ,,Star Adventurer". Die anschließende Bildbearbeitung übernahm Dominik Elsässer mit Photomatix 6 Pro und dem Larson-Sekanina-Filter in Fitswork. Das Bild ist um 90 Grad nach rechts gedreht.
140 | Journal für Astronomie Nr. 72

Rezension

Vom Urknall bis zum Menschen
- Eine Kurzfassung
von Helmut Jarosch, Logos Verlag, Berlin 2019, Paperback, 250 Seiten, ISBN: 978-3-832548674

Ein ungewöhnliches und für einige Leser vielleicht auch verwirrendes Buch. Es versucht, in einer ,,Kurzfassung" die gesamte Entwicklung des Universums ,,Vom Urknall bis zum Menschen" zu präsentieren. Ein ambitioniertes Unterfangen, muss eine solche Gesamtschau doch Gebiete umfassen, die von der Kosmologie, Teilchenphysik, Astronomie, Chemie, Geologie, Biologie und Evolution bis zur Menschheitsgeschichte reichen. Helmut Jarosch - von Hause aus Physiker, längere Zeit Professor für Wirtschaftsinformatik und heute als Wissenschaftsjournalist tätig - kennt sich in den genannten Fachgebieten offenbar hinreichend aus.
Das breit angelegte Thema lässt sich auf 250 Seiten sicher nicht in Form eines klassischen Lehrbuchs bewältigen. Der Autor verzichtet daher konsequent auf jede historische Perspektive, also die Entwicklung von Weltbildern und Theorien aus der Beobachtung von Phänomenen und wissenschaftlichen Experimenten - mit all ihren Irrungen und Wirrungen. Sein Leitfaden ist nicht die Vorstellung von Entdeckern und Entdeckungen, sondern die Beschreibung des Gestaltungsprozesses, also die der Welt zugrundeliegenden Entwicklungsprinzipien. Das bedingt die Annahme einer inneren Logik der kosmischen Evolution mit all ihren Bestandteilen, Prozessen und Gesetzen. Wie lässt sich eine solche, naturgegebene Notwendigkeit begründen und darstellen?
Jaroschs Idee: Er bemüht ein fiktives, zeitloses Wesen (,,Gott"), das sich tiefgründige Gedanken darüber macht, wie eine Welt aus dem Nichts heraus geschaffen werden kann, und diese so zu entwickeln, dass der heutige Zustand resultiert. Die Gestaltung der Natur scheint aus dieser Perspektive erklärbar. Das einzige Problem ist der Mensch: Er hat

offenbar noch nicht alles verstanden - oder ,,Gott" hat ihm noch nicht alles offenbart. Dazu schreibt der Autor im Vorwort: ,,Die Erscheinungen in unserer Welt, für die wir noch keine Erklärung gefunden haben oder deren Erklärung zu kompliziert ist, um sie in der gebotenen Kürze darzulegen, konnte ich auf diese Weise einfach als willkürliche Festlegungen - gewissermaßen als die ,Gebote` - dieses fiktiven ,Gottes` ausgeben." Davon gibt es (oh Wunder) genau zehn!
Der Autor zieht seine interessante Idee konsequent durch und lässt ,,Gott" in der Ich-Form sprechen. Das Buch ist quasi das ,,neueste" Testament. Das erste Kapitel ist überschrieben mit ,,Ich gestalte die Zeit und den Raum" und so geht es munter weiter. In Kapitel 8 (,,Ich setze Elementarteilchen in meine Welt") wird ein schönes Beispiel für noch ausstehende Offenbarungen geboten. Es geht um die (umstrittene) Stringtheorie: ,,Im Interesse der Einfachheit habe ich den Elementarteilchen zunächst einmal keine Dimension zugebilligt. Sie sollten punktförmig sein: ohne Ausdehnung in irgendeiner Dimension. Später würde ich es ja - bei Bedarf - immer noch mit einer Dimension versuchen können. Dann könnten beispielsweise vibrierende Fäden als die fundamentalen Bausteine meiner Welt dienen." Im letzten Kapitel (,,Ich bin stolz auf mein Werk") erfährt der Leser schließlich das zehnte Gebot: ,,Du sollst meine Welt - und insbesondere die Erde - vor Schaden bewahren, sie schützen und zum Guten entwickeln!" Vielleicht halten sich ja außerirdische Intelligenzen daran, wir gehören eher zu den Sündern.
,,Gott" verfolgt bei seinem Werk stets den direkten Weg. So ignoriert er etwa Newtons absoluten Raum, die absolute Zeit und beliebig hohe Geschwindigkeiten. Sein Kos-

mos ist von Beginn an relativistisch und führt ohne Umwege zu allem, was heute angesagt ist: Gravitation, Quantenfelder, Schwarze Löcher, Galaxien, Dunkle Materie/Energie, Expansion, Kernfusion, Periodensystem, Moleküle, Säugetiere, Intelligenz ...
Der verständlich, sachlich und zuweilen humorvoll geschriebene Text ist weitgehend frei gehalten von den üblichen Begriffen und Protagonisten. Diese sind in die vielen Fußnoten verbannt (,,Urknall", ,,ein gewisser Herr Albert Einstein"). Statt Geschwindigkeit ist von ,,Tempo-Potenzial" die Rede; ferner werden die ,,göttliche Zeiteinheit" (1 gZ = 1 Sekunde) und ,,göttliche Längeneinheit" (1 gL = 300.000 km) eingeführt. Das ist sicher gewöhnungsbedürftig.
Die entscheidende Frage ist: Versucht das Buch, die Natur theologisch zu deuten? Reiht es sich ein in die vergeblichen Versuche, Glauben und Wissen zu vereinigen? Dieser Eindruck kann auf den ersten Blick entstehen, ist doch Jaroschs ,,Gott" das kreative Agens in der ganzen Geschichte. Meine Antwort auf beide Fragen lautet jedoch: Nein. Dieser Schöpfer ist zu Recht fiktiv: Er ist nur das Hilfsmittel, um das - sicher diskussionswürdige - ,,logische Weltbild" des Autors zu präsentieren. Dieser gibt sich

Journal für Astronomie Nr. 72 | 141

Vorschau

große Mühe, dem Leser zu erklären, warum sich die Realität auf Prinzipien und Strukturen gründet, die Dinge also genau so ,,erschaffen" wurden und nicht anders. Für mein Empfinden klingt die ,,deterministische" Begründung für die Existenz der Objekte und Prozesse oftmals gewagt. Gerade die Quantenphysik lehrt uns, dass es den

absoluten Zufall gibt (übrigens ein Horrorszenario für einen ,,echten" Gott und seine irdischen Vasallen). Aber bilden Sie sich hierzu selbst eine Meinung. Wissen wird hier ganz bewusst auf eine alternative Art vermittelt - ganz ohne ,,alternative Fakten" zu bemühen. Man erfährt eine Menge aus den oben genannten Fachgebieten. Gerade

diese Gesamtschau mit ihrer interdisziplinären Sicht der Dinge macht die Lektüre lohnenswert. Viele Grafiken und Abbildungen sowie ein Register und ein Literaturverzeichnis runden das Buch ab.
Dr. Wolfgang Steinicke