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BEITRAG
1 Editorial (Melchert Sven)
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0 INHALTSVERZEICHNIS (Beitrag)
BEITRAG
4 Einführung ins Schwerpunktthema Kleinplaneten (Lehmann Gerhard)
5 Asteroidenbedrohung - was tun? (Koschny Detlef)
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0 Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie! (Beitrag)
BEITRAG
8 TOTAS - Ein Amateur-Asteroiden-Suchprojekt mit dem Ein-Meter-Teleskop auf Teneriffa (Busch Matthias)
12 Schülerinnen und Schüler suchen Asteroiden - mit dem Pan-STARRS-Teleskop auf Hawaii (Liefke Carolin)
14 Kleinplaneten-Entdeckungen in Deutschland (Schwab Erwin)
18 Asteroidensuche 2015 und eine Begegnung ganz anderer Art (Apitzsch Rolf)
22 Kleinplanetenbeobachtung in Drebach (Lehmann Gerhard)
24 Zur richtigen Zeit am falschen Ort, oder: Was ist ein "Roving Observer"? (Emmerich Mark, Melchert Sven)
27 Astrometrie mit "Astrometrica" - Teil 1: Einrichtung des Programms und erste Schritte (Liefke Carolin)
32 Uuml;ber Sternkataloge in der Kleinplaneten-Astronomie (Kretlow Mike)
34 Lichtkurven-Analyse mit Python (Kretlow Mike)
39 Kosmische Begegnungen Spezial - Rückblick, Technik, Ausblick (Hohmann Klaus, Ries Wolfgang)
44 Zwergplaneten (Knöfel Andre)
48 Projekt Pluto (Paech W., Hofmann F., Schmadel L. D.)
50 Der Kleinplanet (400309) Ralfhofner (Fiedler Martin)
51 Vorstellung als neuer FG-Leiter Amateurteleskope/Selbstbau (Berger Andreas)
52 Bau einer Sternzeituhr mit dem Nanotracker und einer drehbaren Sternkarte (Hirschmann Peter)
53 Fangspiegelschutz für Gitterrohr-Dobson-Teleskope (Suntinger Bernhard)
54 HEUREKA - mein fotografisches Newton-Teleskop mit einem Öffnungsverhältnis 1:2,3 (Hase Frank)
56 Eine über Umwege generierte und mit Amateurmitteln erstellte Lichtkurve der Nova Delphini 2013 (Zilch Thorsten, Schieder Hermann, Wenzel Klaus)
61 MBM 53-55, ein ausgedehntes Nebelfeld im Pegasus (Riepe Peter, Binnewies Stefan)
64 Reduc: Doppelsterne vermessen mit Lucky Imaging und Speckle-Interferometrie (Jahns Helmut)
64 VirtualBox in der Version 5 (Jahns Helmut)
65 Helicon Filter (Jahns Helmut)
65 Programmierlogbuch (Jahns Helmut)
66 Gravity from the Ground Up: An Introductory Guide to Gravity and General Relativity (Rohe Klaus)
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0 Inserentenverzeichnis (Beitrag)
BEITRAG
68 M45 - die Plejaden in einer Gegenüberstellung (Binnewies Stefan, Leich Jens)
70 Beobachtung einmal anders - Sternassoziation Perseus OB2 (Hay Christopher, Merting Rene)
73 Skyguide 2016 - 3 (Herbst) (Zebahl Robert, Merting Rene)
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0 Impressum (Beitrag)
BEITRAG
76 Heinrich Friedrich Ludwig Matthiessen - ein Leben für die Wissenschaft (Pfitzner Elvira)
76 Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie (Steinicke Wolfgang)
79 Rezension: Pierre Leich: Abschlussbericht zum Simon-Marius-Jubiläum 2014 (Steinicke Wolfgang)
80 Von Kometen und Katastrophen: Zur Frühgeschichte der Impakttheorien (Maiwald Marc Oliver)
82 Teleskopium Newtonianum XXVII pedum - oder wie baue ich ein historisches Teleskop (Leue Hans-Joachim)
86 Wie kann man Kinder und Jugendliche nachhaltig für die Astronomie begeistern? - Ihre Beiträge sind gefragt! (Liefke Carolin)
87 Mit ASI und DMK Asteroideneinschläge simulieren (Liefke Carolin)
89 Die Reiff-Preise 2015 (Liefke Carolin)
91 Komet Catalina - Eigenheiten der Lichtkurve (Pilz Uwe, Lehmann Thomas)
93 Die Astronomietage 2017 und 2018 (Melchert Sven)
94 Der Merkur-Transit am 9. Mai 2016 (Celnik Werner E., Riepe Peter)
100 Neues aus der Fachgruppe Sonne (Reinsch Klaus)
100 Die totale Sonnenfinsternis am 09.03.2016 in Indonesien (Strickling Wolfgang)
104 Ein Bericht zur Sonnenfinsternis am 09.03.2016 in Woleai, Mikronesien (Seybold Eckart)
107 Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 4. Quartal 2016 (Riedel Eberhard)
110 Goldilocks Variable - ein Mira-Stern im Hantelnebel M 27 (Breitenstein Paul , Beer Fabian, Bröring Lukas, Wortmann Marco)
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0 Wir begrüßen neue Mitglieder (Beitrag)
BEITRAG
116 Spenden an die Vereinigung der Sternfreunde e.V. (Keßler Thomas)
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0 IMPRESSION (Beitrag)
BEITRAG
117 Das war’n noch Zeiten, Folge 26 (Völker Peter)
121 34. BoHeTa - Im Zeichen von Kometen und dem Erfahrungsaustausch mit Profi-Astronomen (Detken Kai-Oliver)
122 Launch-Event der Lisa-Pathfinder-Mission - ein Erlebnisbericht (Duczmal-Schulze Antje)
125 Sterne funkeln für jeden (Henkel Claudia)
126 Der Astronomie-Workshop 2016 am Attersee (Riepe Peter)
128 Neuer Treffpunkt für Amateurastronomen: Ostwestfälischer Astrostammtisch (OwAS) (Schneider Oliver)
129 BAV-Regionaltreffen im Mai 2016 in Hartha (Hübscher Joachim, Pagel Lienhard)
130 Himmelsvorschau Oktober-Dezember 2016 (Celnik Werner E.)
133 Die totale Sonnenfinsternis in Indonesien am 9. März 2016 (Flach-Wilken Bernd)
134 Eine Reise zur ältesten Sternwarte Argentiniens und Erinnerungen an mein erstes selbstgebautes Teleskop in San Juan (Dölling Rolando)
139 Zu "Astrophobie als Bildungsnotstand eines Lehrers" / VdS-Journal Nr. 56 von Georg Woede (Eversberg Thomas)
140 Lichtphänomene - Farbspiele am Himmel, von Claudia Hinz und Wolfgang Hinz (Schmidt Elmar)
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0 Fachgruppen-Redakteure (Beitrag)
BEITRAG
142 Volkssternwarten - Verbreitung und Institutionalisierung populärer Astronomie in Deutschland 1888 - 1935, von Benjamin Mirwald (Steinicke Wolfgang)
143 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen Oktober-Dezember 2016 (Celnik Werner E.)
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0 Fachgruppen-Verantwortliche (Beitrag)
0 Autorenverzeichnis (Beitrag)
Textinhalt des Journals 59
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Kleinplaneten
Unser Schwerpunktthema:
Die Kleinplaneten
von Gerhard Lehmann
Liebe Sternfreunde, wie doch die Zeit vergeht! Es ist schon zehn Jahre her, dass im VdS-Journal die Kleinplaneten das Schwerpunktthema waren. Nun ist es wieder soweit.
In diesen Jahren hat sich
viel getan: Von den in
der Fachgruppe ,,Kleine
Planeten" vertretenen 70
Amateur- und Vereins-
sternwarten sind insge-
samt ca. 230.000 Posi-
tionen von ca. 36.500
Kleinkörpern (Abb. 1),
also Kleinplaneten und
Kometen, dem ,,Minor
Planet Center" (MPC)
erfolgreich gemeldet
worden. Aber die Zah-
len allein sind nicht entscheidend. Von Be-
1 Gemeldete Positionen von Kleinkörpern, also Kleinplaneten und Kometen, in den letzten zehn Jahren
deutung ist, was hinter
aus der Fachgruppe ,,Kleine Planeten" der VdS
diesen Zahlen steht: Es
ist unser Hobby, was uns
von den Berufsastrono-
men unterscheidet und uns beobachten Strichspuren in seinen lange belichteten Wenn ich jetzt Ihr Interesse geweckt
lässt, wofür wir uns entscheiden. Wir Fotografien des Sternenhimmels. Auch habe, dann lesen Sie bitte die folgen-
suchen Erholung und Entspannung vom die Zwergplaneten, allen voran der Plu- den Seiten umso aufmerksamer. Wir als
oft harten beruflichen Alltag und erfreu- to, sind immer noch eine Beobachtung Fachgruppe ,,Kleine Planeten" würden
en uns am himmlischen Geschehen.
wert. Manchmal erinnert man mit ei- uns über eine Beobachtung der Kleinkör-
nem Kleinplaneten auch an einen lieben per im Sonnensystem freuen.
Auf den folgenden Seiten spannen wir Sternfreund.
den Bogen von den Berufsastronomen
zu den Amateurastronomen. Längst
schon hilft uns das Internet, gemein-
sam die Kleinkörper im Sonnensystem zu beobachten. Schülerinnen und Schü-
Einladung zur
ler astrometrieren mit ihren Lehrern die Aufnahmen von Profis. Die Entdeckung
Kleinplanetentagung in Leiden
von Kleinplaneten in Deutschland ist ein
hartes Geschäft, aber mit viel Fleiß immer noch möglich. Ohne Software wäre das heutige Vermessen der Kleinkörper
Die Fachgruppe ,,Kleine Planeten" der VdS lädt recht herzlich am
10. und 11. Juni 2017 zur 20. Kleinplanetentagung
in die Sternwarte Leiden in den Niederlanden ein.
allerdings unmöglich. Aber auch die Fehler in den heutigen Sternkatalogen gilt es zu beachten. Schwierig, aber von sehr großem Wert ist das Erzielen einer
Die älteste Universitätsternwarte der Welt hatte viele Direktoren von Weltruf, wie z. B. Frederik Kaiser, Willem de Sitter, Ejnar Hertzsprung und Jan Hendrik
Oort. Weitere Informationen unter www.kleinplanetenseite.de und im nächsten VdS-Journal.
Lichtkurve. Mancher ärgert sich über
VdS-Journal Nr. 59
Kleinplaneten
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Asteroidenbedrohung - was tun?
von Detlef Koschny
Einleitung Von den über 600.000 bekannten Asteroiden sind fast 14.000 als ,,Near-Earth Objects" klassifiziert, also als Erdbahnkreuzer oder kurz NEOs. Etwas mehr als 500 dieser Objekte haben eine zumeist winzige Chance, die Erde zu treffen. Während ich diesen Artikel schreibe, ist das Objekt mit der höchsten Einschlagswahrscheinlichkeit der Asteroid mit der Bezeichnung 2010 RF12. Die Chance, dass er die Erde trifft, liegt bei immerhin sechs Prozent. Allerdings würde das erst im Jahr 2095 passieren, und das Objekt ist nur etwa zehn Meter groß. Viel kleiner also als das Objekt, das im Februar 2013 über Chelyabinsk herunterkam. Andererseits wurde im Oktober 2015 ein etwa 600 Meter großer Asteroid, 2015 TB145, nur drei Wochen vor seiner nächsten Annäherung an die Erde entdeckt. Er flog in 1,2-facher Mondentfernung sicher an der Erde vorbei. Was aber, wenn er eine Chance gehabt hätte, auf die Erde selber zu treffen? Sind wir darauf vorbereitet?
Internationale Arbeitsgruppen Die Antwort ist ,,fast ja". Das Thema Asteroidenbedrohung wird seit 1999 bei den Vereinten Nationen diskutiert. Das sogenannte ,,Action Team 14 on NearEarth Objects" wurde nach der ,,UniSpace 1999"-Konferenz etabliert. Es beschäftigte sich mit der Frage, was man bei einer Bedrohung durch einen Asteroideneinschlag tun sollte. Ich war seit 2008 dabei, dem Jahr in dem das Action Team seine Bestandsaufnahme von vorhandenen Aktivitäten beendete. Nun war es die Aufgabe des Action Teams, eine Struktur zu finden, wie man im Fall einer Bedrohung durch einen Asteroideneinschlag vorgehen sollte.
Das Ergebnis wurde 2013 in der Vollversammlung der Vereinten Nationen abgesegnet. Es gibt jetzt zwei Gruppen die sich mit der Thematik beschäftigen. Das sogenannte International Asteroid Warning Network (IAWN - sprich Eiuaan) [1] und die Space Mission Planning Advisory Group (SMPAG - sprich Seympeydsch) [2]. Das ist in der Abbildung 1 gezeigt.
Was tun diese Gruppen nun? Die IAWN ist ein Netzwerk (daher das ,,N") von allen Personen/Gruppen, die NEOs beobachten, ihre Bahnen berechnen, die Effekte bei einem Einschlag berechnen, und eine Einschlagswarnung produzieren. Jeder der NEOs beobachtet ist also eigentlich Teil der IAWN - das trifft sicher auch für einige der Leser zu. Das Endergebnis der Arbeit der IAWN ist es, Einschlagswarnungen zu produzieren. Auch der Einschlagsort und die Effekte des Einschlags werden von der IAWN generiert. Um offiziell dabei zu sein, kann man einen ,,Letter of Intent" ausfüllen der auf der Internetseite der IAWN zu finden ist (www.iawn.net). Da kann man auch als Amateur mitmachen!
Die zweite Gruppe, SMPAG, besteht aus offiziellen Vertretern von Raumfahrtagenturen. Die diskutieren, was man als
Raumfahrtbehörde bei einer Bedrohung unternehmen kann. Studien zu Abwehrmissionen wie Don Quijote oder AIDA (Asteroid Impact Deflection Assessment) tragen zu der Arbeit bei.
Beide Gruppen berichten dem ,,Scientific and Technical Subcommittee" von UNCOPUOS (Committee for Peaceful Uses of Outer Space), einmal im Jahr im Februar, wenn sich das Subkommittee in Wien trifft. Sollte eine Einschlagswarnung zu einem anderen Zeitpunkt auftreten, informiert IAWN das Office for Outer Space Affairs (OOSA). Die haben diplomatische Kontakte zu allen Mitgliedsstaaten und können Einschlagswarnungen verteilen.
Nationale Aktivitäten Die Vereinigten Staaten haben bereits seit einigen Jahren eine Prozedur wie sie mit einer Asteroidenbedrohung innerhalb
Hinweis
Nachdem wir unser Schwerpunktthema für das Journal 60 ,,Amateurastronomie international" abgeschlossen haben, möchten wir gerne auf unsere zukünftigen Schwerpunktthemen hinweisen:
,,Sonnenfinsternisse" in Journal Nr. 61 Redaktionsschluss: 01.11.2016 Redakteur: Martin Hörenz, redaktion-sonne@vds-astro.de
,,Künstliche Satelliten" in Journal Nr. 62 Redaktionsschluss: 01.02.2017 Redakteur: Helmut Jahns, redaktion-computerastronomie@vds-astro.de
,,Treffen, Messen, Veranstaltungen" in Journal Nr. 63 Redaktionsschluss: 01.05.2017 Redakteur: Sven Melchert, Sven.Melchert@vds-astro.de
Zur Gestaltung unserer Journale benötigen wir Beiträge der Mitglieder. Dies kann sowohl ein wissenschaftlich fundierter Artikel als auch ein einfaches Beobachtungserlebnis sein. Außerdem soll es möglichst regelmäßig eine Galerie von Fotografien und Zeichnungen geben. Wer nicht gerne schreibt, kann also auch auf diese Weise vertreten sein! Wir freuen uns über alle Einsendungen!
Beiträge sollen an die zuständigen Redakteure (siehe auch Liste der VdS-Fachgruppen-Redakteure) oder an die VdS-Geschäftsstelle (Mail/Postadresse) geschickt werden. Siehe auch www.vds-astro.de/fuer-mitglieder/vds-journal.html.
Mit dem Einsenden gibt jeder Autor gleichzeitig sein Einverständnis zum Abdruck im ,,VdS-Journal für Astronomie". Es besteht jedoch keine Veröffentlichungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter Form abzudrucken. Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion
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Kleinplaneten
zugeschnitten sind. SMPAG will auch eine ,,Toolbox" aufstellen, eine Liste aller bereits gebauten Satelliteninstrumente die für die Erforschung von Asteroiden wichtig sein könnten.
Um die Kommunikation zwischen den
Teilnehmern zu gewährleisten, treffen
sich das IAWN Steering Committee und
die SMPAG regelmäßig. Typischerweise
ist das einmal im Jahr der Fall, im Rah-
1 Künstlerische Darstellung der von der ESA studierten Mission ,,Asteroid Impact
men des bereits erwähnten Treffens des Scientific and Technical Subcommittee
Mission" (AIM) bei der Beobachtung des Einschlages von ,,Double-Asteroid
des Committee for Peaceful Uses of Outer
Redirection Test" (DART).
Space (COPUOS) der Vereinten Nationen.
Ein zweites Treffen im Herbst findet dann
immer im Rahmen einer wissenschaftli-
ihres Landes umgehen. Im Falle einer Mehr Details
chen Konferenz statt. Im Jahr 2016 sind
Bedrohung eines anderen Landes - wie Bei einer Bedrohung durch größere Ob- das die gemeinsame Jahrestagung der
zum Beispiel bei dem Asteroiden 2008 jekte wird eine Abwehr nötig. Dann wird DPS (Division of Planetary Science) und
TC3, der vorhergesagt über dem Sudan die SMPAG aktiv. Sie überlegt, was ge- der European Planetary Science Congress
in der Atmosphäre zerbrach - informie- tan werden kann. Die endgültige Ent- (EPSC), im November in Pasadena, Kali-
ren sie das entsprechende Land über das scheidung, ob eine Raumfahrtmission fornien.
US State Department. In Europa sind wir gestartet wird, bleibt aber bei der Raum-
noch nicht ganz so weit, aber fast. Die fahrtbehörde. Die SMPAG wird im Mo- Auch benutzen die Mitglieder das Inter-
Europäische Raumfahrtbehörde ESA ist ment von der Delegation der ESA gelei- net als Kommunikationsplattform (www.
im Rahmen ihres Programms zur Welt- tet. Die Gruppe diskutiert insgesamt elf smpag.net und www.iawn.net). Bis auf
raumlageerfassung (,,Space Situational Aufgaben, um sich auf eine Reaktion der ein paar noch nicht fertig gestellte Doku-
Awareness") zu diesem Thema aktiv. Sie Raumfahrtbehörden vorzubereiten, die in mente ist dort alles frei zugänglich. Von
hat einen sogenannten ,,NEO Informati- einem ,,SMPAG Work Plan" [3] aufgelis- jedem Treffen gibt es eine Zusammen-
on Plan" geschrieben, der regelt, wie As- tet sind. Da geht es zum Beispiel um die fassung, alle Präsentationen können dort
teroidenwarnungen an die Mitgliedslän- Definition von Referenzmissionen, die heruntergeladen werden.
der des Programms verteilt werden. All auf bestimmte Asteroidenbedrohungen
diese lokalen Aktivitäten sollen natürlich
im Rahmen der IAWN auf internationaler Ebene abgeglichen werden.
2 Die Struktur der UN-Arbeitsgruppen zum Thema erdnahe Asteroiden. Quelle: ESA
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Wie lenkt man einen Asteroiden aus seiner Bahn? Noch sind wir noch nicht soweit, dass wir einen Asteroiden aus seiner Bahn lenken könnten. Allerdings wird daran gearbeitet - insbesondere ESA und NASA arbeiten grade an einer Studie namens AIDA (Asteroid Impact Deflection Assessm ent). Die NASA möchte einen Satelliten namens DART (Double-Asteroid Redirection Test) auf das kleinere Objekt des Doppelasteroiden Didymos schießen; die ESA würde einen Beobachtungssatelliten in Position haben, der den Einschlag beobachtet und die Ablenkung des Asteroiden misst (AIM = Asteroid Impact Mission), siehe Abbildung 2 und [4].
Die Energie von DART ist sehr klein, aber sie würde die Umlaufperiode um den größeren Asteroiden um ein paar Sekunden verändern. Nach einigen Tagen kann dies recht genau gemessen werden. Das Geld zum eigentlichen Bau der Mission ist noch nicht vorhanden, es wird aber drüber nachgedacht diese Mission zu finanzieren. Immerhin werden im Moment in Europa zwei parallele Studien zu AIM durchgeführt, jede mit 800.000 Euro budgetiert und weitere sieben Millionen Euro für eine Fortführung der Studien bis 2017 sind bei der ESA bewilligt.
Zusammenfassung Noch sind wir nicht darauf vorbereitet, einen bedrohlichen Asteroiden abzulenken. Aber zumindest werden die Entscheidungswege gerade festgeklopft, sowohl auf großer internationaler Ebene, als auch auf europäischer Ebene.
Wenn morgen eine ernstzunehmende Bedrohung durch einen Asteroiden Realität entstünde, würde davon sofort das Steering Committee der IAWN erfahren. Dieses würde sich sofort zusammentelefonieren und - vorausgesetzt, die Bedrohung ist ernst, das ,,Office for Outer Space Affairs" informieren. Dieses würde die Einschlagswarnung dann an die betroffenen Nationen weiterleiten; die USA tun dasselbe über ihr State Department. In Europa wäre zumindest für die Mitgliedsländer des Programms für Weltraumlageerfassung ein Informationsweg definiert. Was die Raumfahrtbehörden machen, ist, die Katastrophenschutzbehörden zu informieren. Die Katastrophenschutzbehörden leiten dann die entsprechenden Schutzmassnahmen ein (nicht hinter dem Fenster stehen, evakuieren ...). Für die größeren Objekte legt die SMPAG fest, ob und wie eine Satellitenmission durchgeführt wird.
Noch muss allerdings das Hauptaugenmerk auf noch mehr Beobachtungen liegen. Von den Objekten in der Größe des Chelyabinsk-Objektes (ca. 20 Meter) kennen wir erst ein Prozent der Körper, die meisten sind uns noch gar nicht bekannt. Hier können auch Amateure eine Rolle spielen. Für Neuentdeckungen von NEOs braucht man allerdings schon Teleskope, die zumeist größer sind, als das übliche Amateurinstrument: 80 Zentimeter Spiegeldurchmesser und ein sehr guter Himmel sollten es schon sein. Auch die so genannte Follow-Up-Beobachtung ist nach wie vor wichtig. Was hilft die Entdeckung, wenn das Objekt nach zwei Tagen wegen der Bahnunsicherheit bereits wieder verloren ist. Ein Follow-Up geht auch mit kleineren Teleskopen, weil man die Bewegungsrichtung des Objektes kennt und länger belichten kann. Außerdem besteht noch ein großer Bedarf an Messungen der physikalischen Eigenschaften - für Amateure ein lohnendes Gebiet ist z.B. die Vermessung von Lichtkurven. Daraus kann man die Form eines Asteroiden ableiten. Wenn man das gut machen will, ist das allerdings etwas schwieriger als die einfache Positionsmessung eines NEOs. Trotzdem möchte ich jeden ermuntern, es mal zu versuchen.
Internethinweise: [1] International Asteroid Warning Network: www.iawn.net [2] Space Mission Planning Advisory Group: www.smpag.net [3] SMPAG Work Plan: www.cosmos.esa.int/documents/336356/336472/SM-
PAG-PL-001_1_0_Workplan_ 2015-11-10.pdf [4] asteroid impact mission: www.esa.int/aim
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Kleinplaneten
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Kleinplaneten
TOTAS -
Ein Amateur-AsteroidenSuchprojekt mit dem Ein-Meter-Teleskop auf Teneriffa
von Matthias Busch
Die Anfänge Angefangen hat alles auf der Starkenburg-Sternwarte im südhessischen Heppenheim, wo die Asteroiden schon seit den 1980er Jahren ein Steckenpferd sind. Seit 1995 werden diese dort auch via CCDKamera aufgenommen. Zunächst wurden viele Objekte des ,,KSO-ARI"-Surveys (Karl-Schwarzschild-Observatorium Tautenburg, Astronomisches Recheninstitut Heidelberg, Börngen/Schmadel) nachbeobachtet, aber auch erdnahe Objekte von der NEO Confirmation Page des Minor Planet Center. Die ersten eigenen Funde blieben nicht aus - am 1. April 1997 gab es mit der Entdeckung von ,,(14080) Heppenheim" zum ersten Mal Grund zur Freude. In den folgenden Jahren kamen noch über 50 Entdeckungen von ,,611 Starkenburg", wie der IAU-Codename der Sternwarte lautet, dazu.
SOHAS Schon recht bald (ca. 1998) kam die Idee auf, es einmal wie die großen Surveys zu versuchen und eine automatische Suche zu etablieren. Es wurde sogar ein ,,Kometensucher" für den Einsatz auf dem Dach der Sternwarte gebastelt, der aber leider nie fertiggestellt wurde. Auch mit dem großen 0,45-Meter-,,Mühleis"-Teleskop wollten wir Asteroiden suchen. Wir versuchten, unsere CCD-Kamera im ,,TDI-Mode" (Time Delay Integration) zu betreiben, wo die Objekte mit stillstehendem Teleskop belichtet werden, während
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sie über den Chip ziehen. So wird ein beliebig langer Streifen des Himmels abgescannt. Hier machte aber die Auswertung Probleme.
So gingen wir dann doch wieder zum ,,Stare-Mode" mit nachgeführtem Teleskop über. Ich schrieb ein Skript, welches über die ASCOM-Schnittstelle gleichzeitig Kamera, Teleskop und Kuppel steuert. Der ganze Himmel wurde zu diesem
1 Die Kuppel der ,,Optical Ground
Station" in 2.400 Metern Höhe mit dem Blick auf den 3.718 Meter hohen Teide.
Zweck in Regionen von je 5 x 5 Gesichtsfeldern eingeteilt. Sowohl Regionen als auch Felder bekamen jeweils eine Nummer, aus der die Koordinaten berechnet werden können. Diese 25 Felder werden
2 Das 1-Meter-f/4,4-OGS-Teleskop auf seiner schweren englischen Montierung.
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nun per Knopfdruck nur durch Eingabe einer Regionen-Nummer automatisch nacheinander belichtet. Diese Prozedur wiederholt sich dreimal, so dass wir von jedem Gesichtsfeld drei Aufnahmen mit einem schönen zeitlichen Abstand haben. Die Belichtungszeit betrug damals ein oder zwei Minuten, dementsprechend dauerte eine Region dann ca. 1,5 oder 3 Stunden.
Reiner Stoss, schon immer ein Visionär in Richtung Automatisierung, hatte auch schon ein Namen für unser Projekt: ,,SOHAS" (Starkenburg Observatory Heppenheim Asteroid Survey). In Köln hatten wir mit Gido Weselowski einen Mitstreiter, der dort mit den gleichen Skripten und seinem eigenen Teleskop den Himmel abscannte.
Für die Auswertung der Suchregionen schrieb ich eine eigene Software, die mittels der Astrometrie-Komponente ,,PinPoint" die Aufnahmen löst und dann wie als Film blinkend darstellt. Die Objekte musste ich damals allerdings noch selbst suchen und mit Hilfe dieser Software vermessen. Alles wird in einer zentralen Datenbank im Internet gespeichert (Beobachtungsläufe, Nächte, Regionen, Felder, Bilder, Asteroiden, Mover, Positionsmessungen ...). Auf diese Datenbank kann über eine Weboberfläche zugegriffen werden.
Ab in den Süden nach Teneriffa aus SOHAS wird TOTAS Leider kam SOHAS aus verschiedenen Gründen nie so ganz aus der Testphase heraus. Reiner Stoss zog es zu ähnlichen Amateur-Surveys nach Spanien (Mallorca und La Sagra), die mit mehr Manpower und Finanzmitteln sowie vor allem besserem Wetter schneller vorankamen, und das Wetter in Deutschland ist ja auch hinlänglich bekannt. So kam SOHAS in Heppenheim nie wirklich über einige wenige Testnächte hinaus.
Genau zum richtigen Zeitpunkt erhielten dann Rainer Kresken und ich fünf Nächte Beobachtungszeit an der ,,Optical Ground Station" (OGS) in Teneriffa (Abb. 1). Die OGS ist ein Ein-Meter-Teleskop der ESA in einer 13-Meter-Kuppel, das für LaserKommunikation mit Satelliten, aber auch zur Verfolgung von Weltraumschrott auf der geostationären Bahn verwendet wird (Abb. 2). Das Teleskop gehört zum Teide-
3+4
Der Autor beim Befüllen der CCD-Kamera mit flüssigem Stickstoff und im Kontrollraum des OGS-Teleskops.
Observatorium auf Teneriffa und liegt auf 2.400 Meter Meereshöhe. Wir hatten zwar nur 3,5 brauchbare Nächte, diese wiesen aber - wie dort üblich - eine sensationelle Durchsicht auf. Wir suchten uns zum Grenzgrößentest einen Stern, den wir gerade noch erkennen konnten und schlugen anschließend dessen Helligkeit nach: 7,1 mag!
Für diesen Beobachtungsaufenthalt schrieb ich meine Aufnahmesoftware um, so dass sie nicht mehr Teleskop und Kamera live steuerte, sondern eine Datei ausgab, in der die Kommandos für den Betrieb der OGS enthalten waren. Diese
kann man dann im Kontrollraum (Abb. 4) in den Steuerrechner füttern und hat dann wieder Zeit zum Auswerten, während die Suchregion belichtet wird.
Das Blinken und Vermessen mussten wir zunächst noch von Hand machen, da das Anpassen meiner automatischen Auswertungssoftware noch nicht so weit war. Zum Einsatz kam hier das altbewährte ,,Astrometrica". Allerdings liefen so viele Daten vom Teleskop ein, dass wir gar nicht hinterherkamen. Die 13 Regionen lieferten insgesamt 7,6 GB Bildmaterial, wir sprachen schon bald von einem ,,Daten-Tsunami".
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Kleinplaneten
5 TOTAS-Webseite für das Team zum Bestätigen/Verwerfen von automatisch gefundenen bewegten Objekten. Gezeigt wird eine Animation
und auch die vier Einzelbilder in einfacher und doppelter Größe, zentriert auf den Himmel und auf den Asteroiden.
In den dreieinhalb Nächten gingen uns insgesamt 88 bisher unbekannte Brocken ins Netz, die eine neue Designation vom MPC bekamen. Außerdem verfolgten wir viele neu entdeckte Objekte von der NEO Confirmation Page, um deren Bahn zu sichern.
SOHAS musste nun natürlich umbenannt werden - ,,TOTAS" gefiel mir am besten (Teide Observatory Tenerife Asteroid Survey).
2010 begann auch die ESA mit regelmäßigen Asteroidenbeobachtungen in Teneriffa im Rahmen des SSA-NEOProgramms (,,Space Situational Awareness", ,,Near Earth Objects Segment"). Dessen Leiter, Detlef Koschny, ist in der Kleinplanetenszene kein Unbekannter. Alle vier Wochen bei Neumond wird ein Beobachtungsrun mit vier Nächten durchgeführt. Meine automatische Suche und Auswertung kam so gut an, dass ich seitdem immer einen Teil dieser Nächte (meist zwei Suchregionen entsprechend knapp 2,5 Stunden) für TOTAS-Surveys nutzen kann. Die Pläne für die Regionen schicke ich per E-Mail zum Beobachter
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vor Ort, ansonsten wird sich während der Beobachtungsnacht über Skype abgesprochen.
,,Crowd-Clicking" - das TOTAS-Team Inzwischen kann meine Auswertungssoftware auf Knopfdruck automatisch eine komplette Survey-Region auswerten. Sie sucht selbsttätig nach bewegten Objekten (,,Movern") und ordnet sie bereits bekannten Asteroiden zu, sofern Position, Richtung und Geschwindigkeit stimmen. Alle anderen Kandidaten, die sich bewegen, werden auf der TOTASWebseite (Abb. 5) mit kleinen Vorschaubildchen und einem animierten Film einem Team von begeisterten ,,Klickern" präsentiert. Diese entscheiden über Buttons, ob der jeweilige Mover echt ist oder doch nur Hintergrundrauschen. Inzwischen machen wir pro Region vier statt nur drei Durchgänge, um die Fehlerrate zu minimieren. Die endgültige Entscheidung kann die Maschine aber dennoch nicht so gut wie das menschliche Auge. Man braucht noch einen ,,human in the loop". Auf diese Weise kann man also auch so zum Asteroiden-Mitentdecker werden.
Am Anfang war das eine überschaubare vereinsinterne Mannschaft, inzwischen sind über 40 Hobbyastronomen mit von der Partie - nicht nur aus Deutschland, sondern z.B. auch aus Polen, Weißrussland oder Spanien.
Auch stelle ich seit einiger Zeit die kompletten Aufnahmen (Abb. 6) dem Team zum Blinken zur Verfügung. Per Weboberfläche können so auch diejenigen Objekte vermessen werden, die die Software nicht erkennen konnte, weil sie z.B. nur aus drei statt vier Positionen bestehen. Auch viele neue Asteroiden werden auf diese Weise noch entdeckt! Bei beiden Aufgaben haben sich die TOTAS-Mitstreiter inzwischen große Fertigkeiten angeeignet. Die TOTAS-Software habe ich auch einer spanischen Firma vorgestellt, die im Auftrag der ESA zwei sogenannte ,,Test-Bed Telescopes" mit Such- und Auswertesoftware für NEOs und Space Debris entwickelt. Das System ist noch im Test und noch nicht offiziell beendet die Software bewährt sich aber auch dort, wie mir die ESA erzählt. Man kann also auch als Amateur durchaus wichtige Beiträge zur Profi-Astronomie liefern.
Kleinplaneten
11
NEOs Hauptzweck des TOTAS-Surveys innerhalb der ESA-Beobachtungszeit ist die Suche nach NEOs, also erdnahen Objekten. Da freut es uns natürlich immer besonders, wenn wir einen entdecken. Es dauerte auch bis September 2011, bis Rainer Kracht vom Team mit 2011 SF108 den ersten fand. Inzwischen sind es immerhin 14 NEOs geworden, von denen zum Glück keiner der Erde gefährlich nahe kommt.
Kometen Ein Highlight des TOTAS-Projekt war auch die Entdeckung zweier Kometen. Beide Male entdeckte zunächst die Software das Objekt. Als Erstem fiel Rafal Reszelewski im Februar 2014 auf, dass das von ihm bestätigte Objekt einen kurzen Schweif hatte. Im Jahr darauf, also im Februar 2015, bestätigte Jens Rothermel einen Kometen als real und mir fiel auf, dass er eine kleine Koma besaß.
Ich machte in beiden Fällen der IAU den Vorschlag, sie doch nach unserem Team zu benennen. So gibt es jetzt die Kometen P/2014 C1 (TOTAS) und P/2015 C1 (TOTAS-Gibbs). Letzteren fand Alex Gibbs vom Catalina Sky Survey zwar erst 1,5 Tage nach uns, wir meldeten ihn aber zu spät, so dass er jetzt den Doppelnamen trägt.
Beide sind periodische Kometen mit fünf bzw. 17 Jahren Umlaufzeit, deren Bahn bis zum Jupiter bzw. Saturn hinausreicht. Wir qualifizierten uns als Amateure sogar für den ,,Edgar Wilson Award", der jährlich für Kometenentdeckungen vergeben wird - eine tolle Sache für das ganze Team, unter dem der Preis dann auch aufgeteilt wurde.
Comic
6 Ein TOTAS-Bild, wie es dem Team zum Blinken zur Verfügung steht. Zu sehen ist
ein Ausschnitt aus den Plejaden.
Ergebnisse Hier nun noch eine zahlenmäßige Übersicht über die bisherigen Ergebnisse (Stand April 2016): - 405 Suchregionen in 181 Nächten - 345.000 einzelne Positionsmessungen - 99.000 reale ,,Mover" (215.000 als
nicht real verworfen)
- 75.484 verschiedene Asteroiden - 2.233 Entdeckungs-Kandidaten
(Designations) - 14 NEO-Entdeckungen - 2 Kometen-Entdeckungen (!) - 66 Nummerierungen - 11 vergebene Namen
Tabelle 1: Übersicht über alle NEO-Entdeckungen von TOTAS
Nr.
Datum
provisorischer Name
Durchmesser
1.
27.09.2011
2011 SF108
200 - 600 m
2.
03.12.2011
2011 XE1
500 - 1.500 m
3.
16.12.2012
2012 YN1
40 - 120 m
4.
15.01.2013
2013 AS76
40 - 120 m
5.
15.02.2013
2013 CZ133
40 - 120 m
6.
28.05.2014
2014 KQ75
15 - 50 m
7.
02.06.2014
2014 LM9
19 - 60 m
8.
25.07.2014
2014 OP2
3 -9m
9.
29.07.2014
2014 OE338
120 - 370 m
10.
24.08.2014
2014 QN266
9 - 30 m
11.
20.12.2014
2014 YD1
15 - 50 m
12.
18.01.2015
2015 BE4
40 - 120 m
13.
15.06.2015
2015 LM24
40 - 120 m
14.
14.10.2015
2015 TA206
40 - 120 m
VdS-Journal Nr. 59
12
Kleinplaneten
1
Das Pan-STARRS-Teleskop PS1 in seiner Kuppel auf dem Berg Haleakala auf der Insel Maui. Im Hintergrund sieht man in ca. 130 km Entfernung den Mauna Kea. Mit freundlicher Genehmigung vom PS1 Science Consortium. Foto: Rob Ratkowski
Schülerinnen und Schüler suchen Asteroiden - mit dem Pan-STARRSTeleskop auf Hawaii
von Carolin Liefke
Mitte der 1990er Jahre wurden die ersten CCD-Kameras auch für Amateure erschwinglich. Das eröffnete Kleinplanetenbeobachtern vollkommen neue Möglichkeiten und gab dem Feld damals einen nicht unerheblichen Schub. Davon profitierten aber auch die Profis, denn mit der digitalen Aufnahmetechnik ließen sich große Datenmengen nicht nur deutlich günstiger erzeugen, sondern auch mit viel weniger Aufwand verarbeiten als zuvor. So entstanden die ersten Durchmusterungsprojekte, bei denen der Nachthimmel systematisch und flächendeckend nach interessanten Objekten durchforstet wurde.
Das Primärziel aller Suchprogramme, die sich den Kleinplaneten verschrieben haben, ist die Suche nach bislang unbekannten erdnahen Asteroiden, die womöglich durch einen Einschlag eine
Bedrohung für Erde darstellen könnten. ,,Normale" Hauptgürtelobjekte fallen dabei in viel größerer Zahl als ,,Abfallprodukt" ab. Durch die Himmelsdurchmusterungen hat sich die Zahl der pro Jahr entdeckten Asteroiden innerhalb weniger Jahre mehr als verzehnfacht. Der Großteil aller heutzutage entdeckten Kleinplaneten entfällt dabei auf eine Handvoll Teleskope, die nach vorprogrammiertem Schema ein Feld nach dem anderen abscannen. Die Daten werden dann entweder vollautomatisch ausgewertet oder zumindest vorselektiert.
In den USA beinhaltet das Selbstverständnis von Forschungseinrichtungen, die mit öffentlichen Geldern finanziert werden - und dazu zählen letztlich all die Institutionen, die hinter den großen Himmelsdurchmusterungen stehen - meist auch die Verpflichtung zur Bil-
dungs- und Öffentlichkeitsarbeit. An dieser Stelle kommt nun ein Projekt ins Spiel, das vor zehn Jahren von dem texanischen Mathematikprofessor Patrick Miller ins Leben gerufen wurde: Die ,,International Astronomical Search Collaboration" (IASC) lässt Schülerinnen und Schüler aus der ganzen Welt nur wenige Tage alte Originalaufnahmen von Asteroidensuchprogrammen analysieren [1]. Werden die Nachwuchsastronomen fündig und entdecken ein zuvor unbekanntes Objekt, das in den darauffolgenden Jahren den beschwerlichen Weg von der Neuentdeckung bis zur endgültigen Bestätigung und Nummerierung übersteht, treten die Durchmusterungen ihr Namensvorschlagsrecht an sie ab.
Viele Jahre lang erhielt IASC seine Daten in erster Linie von dem amerikanischen Amateurastronomen Robert Holmes, der
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Kleinplaneten
13
zur Verfolgung erdnaher Asteroiden ein 24-Zoll- und ein 32-Zoll-Teleskop einsetzt. Im Jahre 2010 konnte Patrick Miller zusätzlich die Verantwortlichen des 1,8-Meter-Pan-STARRS-Teleskops PS1 auf Hawaii für die Zusammenarbeit mit IASC gewinnen, siehe Abb. 1. PS1 sollte ursprünglich nicht nur nach Asteroiden suchen, sondern zum Beispiel auch nach veränderlichen Sternen oder Gammastrahlenausbrüchen, und zusätzlich eine tief belichtete Gesamtansicht des Nordhimmels in verschiedenen Farbbändern erstellen, um daraus unter anderem Galaxienkataloge zu erstellen [2]. An diesen Aspekten des Pan-STARRS-Programms waren auch die Max-Planck-Institute für Astronomie und Extraterrestrische Physik in Heidelberg und Garching beteiligt, so dass vereinbart wurde, dass vermehrt deutsche Schülergruppen am IASC-Programm teilnehmen sollten.
Was sich hier so einfach liest, ist bei näherem Hinsehen aber alles andere als trivial, denn die allerwenigsten Lehrer geschweige denn ihre Schüler - haben eine Vorstellung davon, worauf sie sich bei der Asteroidensuche einlassen. Im Gegenteil, die meisten haben nicht einmal das notwendige astronomische Hintergrundwissen, zum Beispiel zur Bedeutung von Rektaszension und Deklination. Wie man das in der Astronomie übliche Dateiformat FITS handhabt und aus den Originaldaten dann tatsächlich die für eine Entdeckungsmeldung an das Minor Planet Center notwendigen Positionsmessungen gewinnt, ist für die Teilnehmer an dem Projekt zunächst ein Buch mit sieben Siegeln. Sich in das Ganze einzuarbeiten, bevor es richtig losgehen kann, ist also entscheidend.
Die Arbeit mit echten wissenschaftlichen Daten und der Umgang mit Computerprogrammen, die auch Profiastronomen einsetzen, gehört zum Konzept mit dazu. Die Jugendlichen sollen mit eigenen Augen sehen, wie heutzutage in der Forschung gearbeitet wird und selber Hand anlegen. Das Wissen darum, dass es sich um nur wenige Tage alte Aufnahmen handelt, die ihnen exklusiv zur Verfügung stehen und auf die vor ihnen nie zuvor ein Mensch einen Blick geworfen hat, gibt der Asteroidensuche eine völlig neue Motivation, denn niemand kennt - im Gegensatz zu einem klassischen
2 Das Pan-STARRS-Teleskop PS1 ist mit einer 1,4-Gigapixel-Kamera ausgestattet, deren
60 einzelne Chips ein Gesichtsfeld mit ca. drei Grad Durchmesser abdecken. Jeder Chip ist noch einmal in 64 Segmente mit 600 x 600 Pixeln unterteilt. Für die Schülergruppen werden die riesigen Bilddateien in Quadrate mit 4 x 4 Segmenten unterteilt, was einer Kantenlänge von etwa zehn Bogenminuten entspricht. Das Beispielbild stammt aus der Kampagne vom April 2016, die Grenzgröße liegt bei knapp 22 mag.
Schulversuch - das ,,korrekte" Ergebnis, auch der betreuende Lehrer nicht. Stattdessen wird den Schülern bewusst, dass sie ihre Chancen auf eine Entdeckung schmälern, wenn sie nicht sorgfältig arbeiten, und dass sie schnell sein müssen, weil ihnen sonst andere Himmelsdurchmusterungen die Entdeckungen vor der Nase wegschnappen. Ein Beispiel für einen typischen Datensatz, mit dem die Jugendlichen arbeiten, ist in Abb. 2 gezeigt.
Nicht nur bei der Betreuung der teilnehmenden Gruppen (was für die deutschen Teams meine Aufgabe ist), auch hinter den Kulissen gibt es bei einem solchen Projekt jede Menge zu tun, denn auch bei einer noch so sorgfältigen Einweisung machen die Schüler natürlich Fehler und verwechseln zum Beispiel heiße Pixel oder Reflexe heller Sterne mit echten Objekten oder melden schlichtweg schon bekannte Asteroiden als neue Entdeckung. Die eingereichten Messun-
gen müssen also überprüft werden, was bei zunehmender Teilnehmerzahl immer aufwendiger wird.
Während der ersten Jahre wurden die Aufnahmen für die Schüler, die natürlich nur einen winzig kleinen Bruchteil aller Pan-STARRS-Daten darstellen, noch von Hand vorab ausgewertet. Diese Aufgabe übernahm zunächst der slowakische Amateurastronom Tomas Vorobjov, der als Gegenleistung alle Entdeckungen für sich beanspruchen durfte, die den Schülern durch die Lappen gingen. Zeitweise wurde er dabei auch von namhaften Mitgliedern der FG ,,Kleine Planeten" unterstützt. Mit zunehmender Teilnehmerzahl wurde dieses Verfahren aber letztlich zu aufwendig. Mittlerweile werden die Daten vorher nur noch von der Pan-STARRS-eigenen Automatik MOPS (,,Moving Object Processing System") durchsucht, deren Ergebnisse zusammen mit den restlichen Pan-STARRS-Daten
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Kleinplaneten
beim ,,Minor Planet Center" eingereicht werden. Die Erfahrungen der Vorjahre haben allerdings gezeigt: Ein Großteil der Objekte entgeht diesem Algorithmus, so dass die Schüler später noch zusätzliche Asteroiden finden, die nachgemeldet werden müssen.
Und die Ergebnisse? Von Oktober 2010 bis Mai 2016 haben insgesamt 167 Schülergruppen aus Deutschland im Rahmen von 17 zeitlich begrenzten Kampagnen an dem Projekt teilgenommen und dabei
fast 2100 neue Kandidaten entdeckt. Exakt 230 davon konnten bestätigt werden und haben eine Designation erhalten, einer davon ist sogar ein transneptunisches Objekt. Es gibt auch bereits eine Handvoll Objekte mit Beobachtungen über mehrere Oppositionen hinweg, die kurz vor der Nummerierung stehen. Hier versuchen wir, mit gezielten Nachbeobachtungen ein wenig nachzuhelfen.
Wer Interesse hat, selber mit einer Gruppe an einer solchen Asteroidensuchkampa-
gne teilzunehmen: Einfach melden! Die Teams müssen nicht notwendigerweise aus Schulklassen oder Astronomie-AGs an Schulen bestehen, auch Jugendgruppen von Amateurvereinen haben bereits mehrfach teilgenommen. Geeignet ist das Projekt ab einem Alter von ca. 14 Jahren.
Internet- und Literaturhinweise: [1] http://iasc.hsutx.edu/ [2] Wolfgang Brandner: ,,Die Pan-
STARRS-Durchmusterung". Sterne und Weltraum 1/2013, S. 36
Kleinplaneten-Entdeckungen in Deutschland
von Erwin Schwab
Einleitung Die Ära der Kleinplaneten-Entdeckungen begann mit dem Fund von (1) Ceres durch Giuseppe Piazzi in der Neujahrsnacht 1801 auf der Sternwarte Palermo. Die fünf folgenden Kleinplaneten wurden von deutschem Boden aus entdeckt. Deutschland war eine Hochburg der Planeten-Jäger. Von den weltweit ersten hundert Entdeckungen stammen 23 von deutschen Standorten.
Besonders in der Anfangsphase der visuellen Suche nach neuen Himmelskörpern spielten Amateurastronomen eine entscheidende Rolle. Der praktizierende Arzt Heinrich Wilhelm Matthias Olbers entdeckte (2) Pallas am 28. März 1802 und fast auf den Tag genau fünf Jahre später (4) Vesta am 29. März 1807. In der heutigen Literatur wird Olbers ungern als Amateur bezeichnet, da er durch seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen den einen oder anderen Berufsastronomen in den Schatten stellte.
Der Postbeamte Karl Ludwig Hencke verblüffte durch seine hartnäckige Suche die Fachwelt. Als jeder bereits die Himmelsdurchmusterung aufgegeben hatte, 38 Jahre nach der Entdeckung von (4) Vesta durch Olbers, entdeckte Hencke schließlich doch noch zwei neue Kleinplaneten, und der Rest der Welt wachte daraufhin auf.
Erwähnt sei auch der Künstler Hermann Goldschmidt, der seine Entdeckungen
aber nicht in Deutschland machte. Er wanderte von Frankfurt nach Paris aus. Mit seinen 14 Funden führte er zeitweise sogar die weltweite Statistik an. So wurde (21) Lutetia nicht vom berühmten Pariser Observatorium aus entdeckt, sondern von Goldschmidts bescheidenem Atelier im sechsten Stockwerk oberhalb des Cafe Procope im Stadtteil Quartier Latin [1 bis 4].
Das Zeitalter der fotografischen Entdeckungen Mit dem Ende des 19. Jahrhunderts begann auch das Ende der visuellen Suche nach kleinen Planeten. Die meisten visuellen Funde, 122 an der Zahl, konnte der österreichische Astronom Johann Palisa, der in Pola (Kroatien) und Wien arbeitete, im Zeitraum von 1874-1923 für sich verbuchen.
In Heidelberg beschäftigte sich währenddessen Max Wolf mit der Einführung der fotografischen Positionsbestimmung von kleinen Planeten und löste mit dieser revolutionären Idee eine weltweite Flut von Entdeckungen aus. Fotoplatten und Filmemulsionen hielten als Werkzeug der Astrometrie Einzug. Im Jahre 1891 fand Wolf als erster Astronom einen Kleinplaneten mit fotografischen Methoden. Bereits 1904 überholte er mit seiner 84. Entdeckung den ,,alten" visuellen Beobachter Johann Palisa. Bis zum Jahr 1932 hatte Wolf mit der fotografischen Suche 248 Neufunde angehäuft.
Die Kleinplaneten-Szene Deutschlands des 20. Jahrhunderts wurde von drei professionellen Sternwarten dominiert. Am erfolgreichsten waren die insgesamt 21 Entdecker der Landessternwarte Heidelberg, von denen 821 Kleinplaneten in den Jahren von 1891 bis 1959 gefunden wurden. Gefolgt vom Karl-Schwarzschild-Observatorium in Tautenburg, wo 541 kleine Planeten von sechs Astronomen zwischen 1961 und 1995 entdeckt wurden. An 538 der 541 Tautenburger Funde war Freimut Börngen beteiligt. In Hamburg-Bergedorf hingegen zählte man zwischen 1914 und 1975 insgesamt 104 Funde von 10 Astronomen (siehe Tabelle 1). Alle diese Entdeckungen basierten auf der von Wolf eingeführten fotografischen Methode mit anschließender Auswertung der Fotoplatten am Blinkkomparator und am Koordinatenmesstisch.
In Deutschland ging das Zeitalter der Entdeckungen auf Fotoemulsion exakt am 21.9.1995 zu Ende. Denn an diesem Tag wurden die letzten drei Kleinplaneten (16714) Arndt, (9413) Eichendorff und (14041) Dürrenmatt von Freimut Börngen auf Fotoplatten gefunden.
Das Zeitalter der Entdeckungen mittels Digitalkameras 1970 erfanden die US-Forscher Willard S. Boyle und George E. Smith den CCDSensor und bekamen dafür 2009 den Nobelpreis für Physik. Nach der Erfindung
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Kleinplaneten
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Tabelle 1: Kleinplaneten-Entdeckungen aller Berufs- und Amateurastronomen in Deutschland
# Standort / Sternwarte
Anzahl Funde Zeitraum
Status
Anzahl der Obs. Entdecker code
1 Heidelberg-Königstuhl
821+4 MPIA 1891-2007
2 Bergisch Gladbach
649
1995-2010
3 Tautenburg (Karl-Schwarzschild-Obs.) 541
1961-1995
4 Hamburg-Bergedorf
104
1914-1975
5 Frankfurt (Taunus-Obs.)
99
2006-2010
6 Wildberg
70
2004-2010
7 Drebach
66
1997-2009
8 Heppenheim (Starkenburg-Obs.)
55
1997-2009
9 Düsseldorf-Bilk
24
1852-1890
10 Essen (Walter-Hohmann-Obs.)
13
2002-2003
11 Hormersdorf
10
2004-2005
12 Trebur
8
2002
13 Berlin (1835-1913)
6
1860-1897
14 Bergen-Enkheim
5
2006-2010
Bornheim
5
1997-1999
Radebeul
5
2005-2007
17 Mülheim-Ruhr (Turtle Star-Obs.)
4
2002-2007
Sonneberg
4
1938-1963
19 Solingen
3
1997
Giesing
3
1997-1999
Hoher List
3
1990-2002
22 Potsdam (Inastars-Obs.)
2
2008-2009
Rimbach
2
2007
Berlin (Urania-Obs.)
2
1896-1898
Driesen
2
1845-1847
Bremen
2
1802-1807
Weinheim (Guidestar-Obs.)
2
2009-2010
28 Hagen
1
2010
Herrenberg
1
2006
Sögel
1
2004
Weinheim
1
2002
Bothkamp
1
1882
München
1
1897
Lilienthal
1
1804
Maidbronn
1
2009
professionell Amateur, privat professionell professionell Amateur, Verein Amateur, privat Amateur, Verein Amateur, Verein professionell Amateur, Verein Amateur, privat Amateur, Verein professionell Amateur, privat Amateur, privat Amateur, Verein Amateur, privat professionell Amateur, privat Amateur, privat professionell Amateur, privat Amateur, privat professionell Amateur, privat Amateur, privat Amateur, privat Amateur, Verein Amateur, privat Amateur, privat Amateur, privat professionell professionell professionell Amateur, privat
21+1 MPIA 24
1
621
6
33
10
29
4
B01
1
198
4
113
1 + (15)
611
1
18
1 + (3)
636
1
A35
1
239
4
548
1
A74
1
127
1
A72
2 + (2)
628
3
31
1
592
1
116
1
17
1
B15
1
A87
1
537
1
284
1
283
2
A17
1
B86
1
240
1
A20
1
A23
1
603
1
532
1
---
1
B82
Legende: Anzahl Funde: Heidelberg-Königstuhl 821 + 4 MPIA, d.h. 821 Entdeckungen wurden auf der Landessternwarte (1899-1959) sowie HeidelbergStadt (1891-1898) gemacht, vier auf dem MPI für Astronomie (alle in 2007). Anzahl der Entdecker: z.B. 1 + (3), d.h. insgesamt 4 Entdecker an diesem Standort, wovon (3) ausschließlich bei Team-Entdeckungen beteiligt waren und deshalb in der Liste des ,,Minor Planet Center" der nummerierten Entdeckungen nicht mit ihrem individuellen Namen verzeichnet sind. Stand Februar 2016, Quelle: [5].
des Fernrohres gab es wohl keine andere, welche die Astronomie so sehr revolutionierte. Die Berufsastronomen erkannten schnell die Vorteile der neuen Digitalkamera-Technik und machten sich diese zu Eigen. Für die Amateure hingegen wurden Digitalkameras erst Mitte der 1990er Jahre finanziell erschwinglich.
Aufgrund der wesentlich höheren Lichtausbeute von CCD-Sensoren im Vergleich zur Fotoemulsion stiegen die Entdeckungen von Kleinplaneten weltweit explosionsartig an. Insbesondere in den USA schossen die professionellen Surveys wie Pilze aus dem Boden. In Deutschland hingegen, wo wetterbedingt keine Großteleskope mehr für Himmels-
durchmusterungen betrieben wurden, begannen die Amateurastronomen das Geschehen zu dominieren.
Bis zum Jahre 1995 waren die letzten Entdeckungen eines Amateurastronomen von deutschem Boden aus die des Postbeamten Karl Ludwig Hencke. Von seinem Wohnhaus in Driesen (inzwi-
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Kleinplaneten
1 Deutschlandkarte aller Kleinplaneten-Entdeckungen. Alle Entdeckungen von
Berufs- und Amateurastronomen sind dargestellt.
schen gehört Driesen zu Polen) hatte er (5) Astraea am 8.12.1845 und (6) Hebe am 1.7.1847 entdeckt. Danach gab es in Deutschland für 148 Jahre keine Amateurentdeckung mehr zu feiern.
Das änderte sich, als Digitalkameras für Amateure erschwinglich wurden. Am 27.12.1995 war es der Amateurastronom Wolf Bickel, der die erste Entdeckung mittels einer Digitalkamera von einem Standort in Deutschland machte. Mit seinem selbst geschliffenen 0,6-MeterSpiegel und seiner selbst gebauten Digitalkamera fand er den Kleinplaneten 1995 YS25. Ebenso war dies nach 148 Jahren Pause die erste Amateurentde-
VdS-Journal Nr. 59
ckung in Deutschland. Inzwischen trägt dieser Fund die Nummer (14053) und ist namenlos.
Seit 1995 wurden 1.012 Kleinplaneten mittels Digitalkameras von deutschen Standorten aus entdeckt, davon lediglich sechs von Berufsastronomen (Eric Walter Elst und Felix Hormuth). Im gesamten 195-jährigen Zeitraum zuvor wurden zusammen (visuell und auf Fotoemulsion) 1.510 Entdeckungen in Deutschland gemacht, davon lediglich vier von Amateuren (Olbers und Hencke). Die Digitaltechnik hat also - zumindest in Deutschland - die Situation komplett auf den Kopf gestellt.
In der Tabelle sind alle KleinplanetenEntdeckungen von Berufs- und Amateurastronomen, die je von deutschem Boden aus gemacht wurden, aufgelistet. Die Deutschlandkarten zeigen anschaulich die Verteilung der Entdeckungen auf die einzelnen Standorte. Auf der einen Deutschlandkarte (Abb. 1) sind alle Entdeckungen, also die von Berufs - und Amateurastronomen (entsprechend der Tabelle), dargestellt. Die andere Deutschlandkarte (Abb. 2) zeigt ausschließlich die Entdeckungen der Amateure.
Da - wie bereits erwähnt - außer in Bremen (Olbers) und Driesen (Hencke) die Amateurentdeckungen ansonsten ab 1995 stattfanden, stellt die Karte der Amateurentdeckungen (Abb. 2) bis auf die zwei genannten Standorte, auch den zeitlichen Abschnitt ab 1995 dar. Für die Auswertung wurden ausschließlich nummerierte Kleinplaneten aus den Daten des ,,Minor Planet Center" verwendet (Stand Februar 2016) [5].
Im April 2013 hat der Amateurastronom Wolf Bickel den Berufsastronomen Freimut Börngen überholt und ist seitdem der erfolgreichste deutsche Kleinplaneten-Entdecker [6]. Aber nicht nur private Akteure wie Bickel, sondern auch Vereine begannen, Ende des 20. Jahrhunderts mit Digitalkameras nach kleinen Planeten zu jagen. Auf der Starkenburg-Sternwarte Heppenheim [7] und der Volkssternwarte Drebach wurden 1997 die ersten Funde vermeldet. Rund zehn Jahre später, im Jahr 2006, stieg die Taunus-Sternwarte des Physikalischen Vereins Frankfurt in das Rennen mit ein [8] und rollte das Feld von hinten auf. Mit fast 100 Entdeckungen ist sie jetzt die erfolgreichste von einem Verein geführte Sternwarte Deutschlands. Innerhalb von vier Jahren konnten die Frankfurter fast so viele Entdeckungen verzeichnen, wie seinerzeit die Profis aus Hamburg-Bergedorf in einem Zeitraum von 61 Jahren.
Wo die Reise in Zukunft hingeht, ist nur vage spürbar. Um noch etwas an die Angel zu bekommen, muss man aktuell in der Lage sein, bei 21 Magnituden fischen zu können. Zudem verschiebt sich die Grenzhelligkeit, für Entdeckungen von Kleinplaneten des Hauptgürtels, aufgrund der vielen professionellen Surveys natürlich hin zu immer schwächeren Objekten
2 Deutschlandkarte der von Amateur-
astronomen entdeckten Kleinplaneten. Ausschließlich Entdeckungen von Amateurastronomen sind dargestellt.
und zwar innerhalb eines Zeitraums von 4-5 Jahren um eine ganze Magnitude [9]. Die Blütezeit der Amateurentdeckungen, ausgelöst durch die Erfindung des CCDSensors, flaut merklich ab. Man scheint am Wendepunkt angekommen zu sein. So muss der Durchmesser der eingesetzten Teleskope wieder größer werden, um bei diesem Wettrennen noch entscheidend mitwirken zu können.
Internet- und Literaturhinweise: [1] C. Flammarion, 1869: ,,Études et
lectures sur l'astronomie", Tome 2, p. 274, Bibliothèque nationale de France, 8-V-697 (2) [2] Gaal - Grasmann, 1964: ,,Neue deutsche Biographie", Berlin, Bd. 6,610 [3] Printed by F. Jefferies, 1867: ,,Hermann Goldschmidt, Artist and Astronomer", p. 335, The Gentleman's magazine 223 [4] J. C., 1866-1868: ,,The late Hermann Goldschmidt", The Jewish Messenger, New York [5] www.minorplanetcenter.net/iau/ lists/NumberedMPs.html [6] E. Schwab, 2013: ,,Bickel überholt Börngen - die erfolgreichsten deutschen Kleinplanetenentdecker", VdS-Journal für Astronomie 47, S.52 [7] E. Schwab, 2001: ,,Kleinplanet Heppenheim und Ehrung der Gründer der Starkenburg-Sternwarte" VdS-Journal für Astronomie Sommer 2001, S.149 [8] E. Schwab und R. Kling, 2007: ,,Die erste Asteroidenentdeckung der Taunus-Sternwarte", VdS-Journal für Astronomie 23, S.101 [9] Die zeitliche Verschiebung der Entdeckungsgrenzhelligkeit wurde vom Autor selbst ermittelt.
Kleinplaneten
17
Anzeige VdS-Journal Nr. 59
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Kleinplaneten
Asteroidensuche 2015 und eine Begegnung ganz anderer Art
von Rolf Apitzsch
Das Jahr 2015 neigte sich dem Ende zu, und eigentlich wollte ich am 28. Dezember mein, in punkto Entdeckungen, erfolgreichstes Jahr mit weiteren drei und in Summe dann 91 Entdeckungen abschließen und den zuletzt entdeckten Asteroiden noch einen ordentlichen Orbit verschaffen. Wie immer belichtete ich Aufnahmen an einer festen Himmelsposition mit je zwei Minuten, solange die Nacht es zuließ. Nur so komme ich mit meinem 35-Zentimeter-Newton f/3,1 durch umfangreiches Stacking (der Aufsummierung vieler Aufnahmen) an die sehr lichtschwachen Objekte jenseits der 21. Größenklasse heran. In dieser Nacht wurden es ganze 170 Aufnahmen. Die einen fast lückenlosen Zeitraum von drei Stunden und 42 Minuten eines 0,5 x 0,5 Grad großen Feldes abdeckten und mir dann eine umfangreiche Auswertung ermöglichten. Im Ergebnis konnte ich
1 Ausschnitt aus zwei Aufnahmen. Objekt links 19,5 mag zu Anfang der Aufnahmeserie
und rechts 17,4 mag, zeitlich in der Mitte der Serie.
von dieser Position in dieser Nacht drei bis dahin unbekannte Objekte vor dem morgendlichen Zubettgehen noch an das ,,Minor Planet Center" [1] melden.
Hier könnte ich aufhören zu erzählen, wenn ich nicht - wie immer - am folgenden Tag die Aufnahmen noch einmal abschließend sichten würde, bevor sie in der Ablage zu meinen bisherigen über
2 Im DSS-Katalog wird an dieser Stelle ein roter Zwergstern geführt.
VdS-Journal Nr. 59
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150.000 Aufnahmen verschwinden. Wie immer blinkte ich also Aufnahmestacks in möglicher Maximalzahl mit verschiedenen Richtungs- und Geschwindigkeitsparametern, um auch die kleinste Bewegung lichtschwacher Objekte auszumachen. Entweder als springenden Punkt oder als winzige Strichspur. In dieser Nacht war der Himmel dunkel genug, um Stacks von jeweils 55 Aufnahmen aufzusummieren, bevor der Himmelshintergrund zu hell erschien. Dabei sah ich auf einigen der Stacks ein helles Objekt, das sich jedoch nicht oder nur unmerklich bewegte. Auf Einzelaufnahmen zu Anfang der Serie war dieses Objekt kaum sichtbar. Klar, das ist ein Artefakt. Ein Hotpixel, welcher für kurze Zeit auf einigen Aufnahmen sichtbar war. Also kein Asteroid, der durch Rotation einen Lichtwechsel erfährt. Damit war die Sache für mich eigentlich erledigt.
Aber wie es eben so ist, ließ mir das keine Ruhe. Also begann ich, die Aufnahmen herauszusuchen, bei denen der Hotpixel vorhanden war. Und das waren erstaunlicherweise doch sehr viele und dazu noch unterschiedlich hell. Das ist untypisch. Also doch kein Hotpixel? Was könnte das sonst sein?
An dieser Himmelsposition steht ein Stern, der auch von ,,Astrometrica" [2] als Referenzstern zur Astrometrie auf diesen Aufnahmen verwendet wurde. Im ,,URAT1-Katalog" mit 19,5 mag auf der Position: RA 4h 21m 22,39s DE +26 Grad 5`, 20,9, (J2000). Aber auch der konsultierte DSS [3] (Digital Sky Survey) zeigte hier nur ein unauffälliges Objekt.
Um diese sich verändernde Helligkeit besser beurteilen zu können, erstellte ich eine Animation und eine erste grobe
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28.07.16 11:54
VdS-Journal Nr. 59
20
Kleinplaneten
3 Die aus 170 Aufnahmen zu je 120 Sekunden mit ,,Astrometrica" erzeugte Lichtkurve.
Lichtkurve. Diese zeigte einen plötzlichen Helligkeitsanstieg und dann eine auslaufende Intensität über mehr als eine Stunde. Die Animation kann auf meiner Homepage [4] angesehen werden.
Jetzt wurde die weitere Untersuchung richtig spannend. Sollte ich da nicht nur das Nachglühen eines GRB (Gamma Ray Burst), sondern gar seinen gesamten Verlauf aufgezeichnet haben? Da ich nur geringe Erfahrungen mit diesen Phänomenen und deren Beobachtung hatte, wandte ich mich an das ,,Gamma-ray Coordination Network" (GCN) [5]. Mit nur geringem Erfolg. Immerhin konnte ich in der aktuellen GRB-Liste keinen in dieser Zeit und diesem Himmelsausschnitt passenden Eintrag finden. Und Hinweise zu einer ,,X-ray source" in der Nähe erwiesen sich auf Grund der zwei Bogenminuten südlicheren Position als unzutreffend. Denn eines stimmte an meinen Messungen auf jeden Fall: Die Position! Bleibt zu vermerken, das Sebastian Otero (Argentinien) vom VSX-Team der ,,American Association of Variable Star Observers" (AAVSO, [6]) ihn im Index of Variable Stars [7] aufgenommen und mich als Entdecker eingetragen hat. Der Stern wird im Katalog geführt als UV Ceti Stern: 2MASS J04212237+2605212. Ein Stern mit unregelmäßigen eruptiven Ausbrüchen.
Und es bleibt zu bemerken, dass dieser Stern offenbar schon einmal im ,,Catalina Sky Survey" auffiel. Drei Messungen vom 21.1.2008 zeigen eine auffälli-
VdS-Journal Nr. 59
ge Helligkeit von bis zu 18 mag. Doch eine Lichtkurve aus der Vergangenheit scheint es nicht zu geben. Deshalb hier in der Abbildung 3 die Lichtkurve der Entdeckung, erzeugt mit ,,Astrometrica".
Am Ende waren es mehr als drei spannende und lehrreiche Tage. Aufregend wie meine erste Asteroidenentdeckung (VdS-Journal 33), der erste NEO (VdSJournal 30), die erste Rotationsperiode eines Asteroiden (VdS-Journal 40) und nun der erste Veränderliche. Ereignisse, die für mich aus der Routine der Beobachtungen herausragen. Die Zusammenarbeit mit den Freunden aus der VdS-Gruppe ,,Veränderliche" war sehr erfrischend und hilfreich.
Auch ,,mein" NEO ,,2009 CV" machte mir dieses Jahr wieder Freude. Im November 2015 hatte er seine 3. Opposition bei 21,7 mag, die ich mit viel Aufwand erreichen konnte. Auf meinen Aufnahmen war er auch tatsächlich zu sehen, ich konnte ihn aber nicht vermessen. Wegen der unbedingt notwendigen, mehrstündigen Aufnahmezeit und der damit verbundenen großen Stacks ist er immer zu nah an einer Strichspur der Nachbarsterne. Aber, da konnten mir die Profis aus Hawaii (Dave Tholen) und von der NASA (Paul Abell) helfen. Da ,,2009 CV" als mögliches Radarziel (Arecibo) gelistet ist und ebenfalls auf der Liste der ,,von Menschen potenziell zu erreichenden Asteroiden" [8] steht, bekam Dave das Subaru-8,2-Meter-Teleskop und konnte mit jeweils 60 Sekunden Belichtung eini-
ge Positionen gewinnen. In den Folgetagen nahm er weitere Positionen mit dem 2-Meter-Spiegel auf, bei denen er jeweils 16 Minuten belichtete, um das auf 24 mag abgefallene Objekt in dieser Opposition abzusichern. Interessant an dieser Stelle: Weder Pan-STARRS noch andere NEO-Suchprogramme haben ihn im Jahr 2015 aufgenommen. Interessant: Weder Pan-STARRS noch andere NEO-Suchprogramme haben ihn im Jahr 2015 aufgenommen. Leider ist er bei dieser Helligkeit dann aber nur auf der Südhalbkugel zu finden. Nach seiner neuesten Beobachtung im Juni 2016 steht seiner Nummerierung nun nichts mehr im Wege.
An dieser Stelle möchte ich allen danken, die mir in diesen aufregenden Tagen mit Rat und Tat zur Seite standen. Besonderen Dank an: Dietmar Bannuscher, Andreas Barchfeld, Ulrich Bastian, Klaus Bernhard, Stefan Hümmerich, Sergei Schmalz und Sebastian Otero.
Internethinweise: [1] MPC: www.minorplanetcenter.net/ [2] Astrometrica: www.astrometrica.at/ [3] DSS: http://skyserver.sdss.
org/dr9/en/tools/chart/navi. aspra=65.34285&dec=26.08924 [4] Observatorium Wildberg: www.astro-wildberg.de/astro/ Variabler.01.d.html [5] GCN: http://gcn.gsfc.nasa.gov/ report_archive.html [6] AAVSO: www.aavso.org/ [7] Index of Variable Stars: www.aavso. org/vsx/index.php?view=detail. top&oid=462824 [8] NHATS: http://neo.jpl.nasa.gov/ cgi-bin/nhats
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Kleinplaneten
Kleinplanetenbeobachtung in Drebach
von Gerhard Lehmann
Wir beobachten mittlerweile seit 1993 Kleinplaneten in Drebach. Begonnen hatte es fotografisch und schon kurz danach mit einer CCD-Kamera. Mussten die ersten Aufnahmen noch mühsam mit einem Koordinatenmessgerät ausgemessen werden, übernahm später der Computer diese Aufgabe - unter unseren wachsamen Augen. Bis Ende 2015 erhielten wir 23.749 anerkannte Positionen von 4.822 Kleinkörpern. Anerkannt wurden diese vom ,,Minor Planet Center" (MPC) in den USA, von deren Servern die Positionen [1] auch wieder heruntergeladen werden können.
Mit einem selbst geschriebenen DelphiProgramm unter Nutzung einer professionellen Diagrammbibliothek (alles mit Lizenz) wurden unsere Beobachtungen analysiert. Abbildung 1 zeigt eine Verteilung unserer Beobachtungen auf die Beobachtungsjahre. Zu erkennen ist die Inbetriebnahme unseres 0,5-MeterCassegrains 1998 in der kleinen Beobachtungskuppel, was zu einer deutlichen Steigerung in der Anzahl der Positionen führte. Das absolute Rekordjahr war aber 2011 mit einem Anteil von 12,72 Prozent von allen gemeldeten Positionen.
1 Positionen pro Beobachtungsjahr in der Sternwarte Drebach
kannt sind auch die Jupiter-Trojaner, welche sich in einer 1:1-Bahnresonanz zum Planeten Jupiter befinden. Die Abbildung 3 zeigt die Abhängigkeit der numerischen Exzentrizität von der großen Bahnhalbachse als Streudiagramm. Sehr
schön sind dort weitere Gruppen im Sonnensystem erkennbar.
Unsere eingangs erwähnten 4.822 Kleinkörper verteilen sich auf 53 Kometen und 4.769 Kleinplaneten. Davon gehören
Besonders gute Beobachtungsnächte gibt es im Frühjahr immer wieder im Monat März und im Herbst im Monat September. Schon seit vielen Jahren nutzt Andre Knöfel als Gastbeobachter vorrangig diese Monate. Im internationalen Jahr der Astronomie 2009 konnten wir unseren 20-Zoll-CDK in Betrieb nehmen, welcher mit einer neuen, einzölligen CCD-Kamera und nach dem zusätzlichen Erwerb eines Fokalreducers die Reichweite unserer Beobachtungen erhöhte. In besonders guten Nächten erreichen wir so die 20 mag und auch noch darüber hinaus.
Kleinplaneten im Sonnensystem bilden Gruppen bzw. sie gehören einem bestimmten Typ an. Den meisten bekannt sind die sogenannten NEO's (englisch near-Earth object), zu denen die Aten-, Apollo- und Amor-Objekte gehören. Be-
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2 Gastbeobachter Andre Knöfel am 20-zölligen CDK der Sternwarte Drebach
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3.616 bzw. ca. 76 Prozent der Hauptgruppe an. Sie kreisen zwischen den Planeten Mars und Jupiter um die Sonne und kommen der Erde dabei nicht nahe. Interessant ist der Rest von 24 Prozent, der zu allen anderen Gruppen im Sonnensystem gehört. Die Verteilung unserer Beobachtungen zeigt als Tortendiagramm die Abbildung 4.
Naturgemäß bewegen sich die meisten von uns beobachteten Kleinplaneten in der Nähe der Ekliptik am Sternenhimmel, also dort, wo auch die großen Planeten beobachtbar sind. In der Abbildung 5 fällt das Sommerloch in den typischen Sommersternbildern sofort auf. Aber eben die Ekliptik ist auch deutlich sichtbar.
Das Salz in der Suppe sind hier immer wieder die Neuentdeckungen von Kleinplaneten.
3 Verteilung der numerischen Exzentrizitäten in Abhängigkeit von der
großen Bahnhalbachse
4 Typen der von der Sternwarte Drebach beobachteten Kleinkörper
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Kleinplaneten
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Verteilung der beobachteten Positionen an der scheinbaren Himmelskugel
In den Anfangsjahren haben wir Beobachtungsvorschläge von sogenannten Tautenburger Kleinplaneten bekommen. Wir sind Herrn Dr. Freimut Börngen vom KSO Tautenburg für diese Vorschläge sehr dankbar. Zu jener Zeit waren in der Oppositionszeit noch helle Kleinplaneten neu entdeckbar. Wir haben nie gezielt gesucht und staunen auch heute noch über unsere Zufallsentdeckungen. Mittlerweile haben wir 136 Kleinplaneten [2] neu entdeckt, von denen aber nicht alle unserer Sternwarte zugesprochen wurden. Dies geschieht erst nach der Nummerierung durch das ,,Minor Planet Center" (MPC), welches die Regeln dafür am 19. Oktober 2010 [3] drastisch verschärft
hat. Die Sternwarte Drebach hat aber immerhin 65 nummerierte Kleinplaneten, wovon mittlerweile 39 auch einen von uns vorgeschlagenen Namen tragen.
Ein besonderer Drebacher Kleinplanet ist 2002 EL6 [4]. In der Nacht vom 9. auf den 10. März 2002 entdeckte ihn Andre Knöfel an unserem 0,5-Meter-Cassegrain. Wie sich bald herausstellte, handelte es sich um einen Apollo-Kleinplaneten. Zu seiner großen Überraschung wurde er sogar als ,,Potentially Hazardous Asteroid" (PHA) eingestuft. Nun, dieser Kleinplanet ist seit dem Februar 2016 nummeriert und bewegt sich jetzt ganz offiziell als (455299) 2002 EL6 um unsere Sonne.
Mit diesem ersten nummerierten NEOKleinplaneten schließt sich der Kreis und wir sind alle schon sehr gespannt, für welchen Namen sich Andre entscheiden wird.
Internethinweise: [1] www.minorplanetcenter.net/iau/
ECS/MPCAT-OBS/MPCAT-OBS. html [2] www.kleinplanetenseite.de/ Entdeckg/drebplan.htm [3] www.minorplanetcenter.net/mpec/ K10/K10U20.html [4] www.minorplanets.de/2002EL6/ index.html
Zur richtigen Zeit am falschen Ort oder:
Was ist ein ,,Roving Observer"?
von Mark Emmerich und Sven Melchert
Seit September 2003 gibt es den ObsCode A17 für unsere kleine Sternwarte in Weinheim an der Bergstraße. Bis heute wurden dort mit einem Celestron 14 über 3000 Kleinplanetenpositionen gemessen. Dennoch zieht es uns auch immer wieder in die Ferne, um einen richtig dunk-
1 So zeigte sich die ,,Uncertainty Map"
des Kleinplaneten in der Software ,,Guide" nach dem Import der 3300 unterschiedlichen Bahnelemente (gelbe Kreuze). Die blauen Rahmen kennzeichnen das Gesichtsfeld der CCD-Kamera SBIG ST-8 XME und deren Nachführchip.
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2 Im ersten Suchgebiet fanden wir ,,XC1AE0F" nahe des rechten Bildfeldrandes. Drei Aufnahmen pro Position sind Pflicht,
um eine Verwechslung mit Bildfehlern auszuschließen.
len Himmel zu genießen. Südwestlich der französischen Alpen bildet sich oft ein ,,magisches", wolkenfreies Dreieck bis hinunter zur Mittelmeerküste. Das Ferienh aus liegt in einer dünn besiedelten Gegend auf dem Plateau d`Albion, in 800 Metern Höhe etwas südlich des Ortes Sault. Typisch für die Gegend ist der starke Nordwind ,,Mistral", der teilweise mit Böen von bis zu 80 Stundenkilometern die Wolken vertreibt. Damit einher geht oft auch ein schlechtes Seeing, welches den Einsatz von langen Brennweiten ausschließt. Daher nutzen wir dort ausschließlich kürzere Brennweiten; beim Aufenthalt im Februar 2016 kam ein Refraktor von Televue mit 127 Millimetern Öffnung und 660 Millimetern Brennweite zum Einsatz.
Mittlerweile hat in unserem Urlaubsdomizil sogar die moderne Technik Einzug gehalten: Es gibt Internet! Und was macht man in diesem Fall als passionierter Kleinplanetenbeobachter? Genau: Man verfolgt gespannt, was sich auf der ,,NEO Confirmation Page" [1] tut, auf der Neuentdeckungen gelistet werden, die der Erde relativ nah kommen können. Manchmal tauchen dort sogar Objekte auf, die in der Reichweite von kleinen Geräten liegen. Die Nacht vom 4. auf den 5. Februar 2016 war eigentlich für weitere Aufnahmen der Galaxie NGC 2403
vorgesehen, doch regelmäßig über den Himmel fegende Wolkenfetzen ließen nicht an lange Belichtungen denken. In einer Stimmung von Frust und Langeweile wanderte der Blick daher wieder einmal auf die NEOCP und fiel dort auf ein neues Objekt der Helligkeit 17,1 mag. Entdeckt hatte es wenige Stunden zuvor der ,,Catalina Sky Survey" (CSS) im Sternbild Jungfrau. Die letzten Beobachtungen des CSS stammten von 13:21 UT mit einem gesamten Bahnbogen von nur 45 Minuten. Und die Wettersituation in Europa legte den Verdacht nahe, dass andere Kleinplanetenbeobachter vermutlich unter Wolken lagen. Nach zwölf Stunden würde sich die Positionsungenauigkeit (die ,,uncertainty region") auf über 10.000 Bogensekunden (rund drei Grad) vergrößert haben. Für Beobachter in den USA sahen die Bedingungen aufgrund der zunehmenden Zeitdifferenz noch deutlich schlechter aus. Für uns in Südfrankreich aber würde das neue Objekt am nächsten Morgen ab 3 Uhr UT in Reichweite kommen ...
Könnten wir trotz unserer bescheidenen Ausrüstung vielleicht einen Beitrag leisten? Hatte die Sache doch einen Haken: Ohne eine beim ,,Minor Planet Center" registrierte Sternwarte kann man eigentlich keine Kleinplanetenmessungen einsenden. Sollten wir daher unsere Beob-
achtungen auf der ,,Minor Planet Mailing List" [2] veröffentlichen, damit andere eine Chance hatten, das Objekt wiederzufinden? Das war schon weit vorgegriffen, denn noch hatten wir ja überhaupt nichts gefunden. Außerdem war ,,XC1AE0F", so die vorläufige Bezeichnung des Eintrags auf der NEOCP, recht schnell am Himmel unterwegs. Je nach zugrunde gelegten Bahnelementen betrug die scheinbare Geschwindigkeit zwischen 15 und 30 Bogensekunden pro Minute. Ein Vorteil der kürzeren Brennweite unseres Instrumentariums wäre das größere Gesichtsfeld: Es beträgt mit dem Televue NP127 und der SBIG ST-8 immerhin 71, x 48, (im Gegensatz zu nur 22, x 15, mit dem C 14). Das steigert die Chancen beim Suchen erheblich.
Doch zurück zur Frage, wie wir im Erfolgsfall die Positionen an das MPC senden könnten. Da erinnerten wir uns dunkel an eine Anleitung des MPC, in der ,,roving observers" (etwa: ,,vagabundierende Beobachter") erwähnt wurden [3]. Demnach ist es grundsätzlich möglich, Kleinplanetenastrometrie von einem beliebigen Standort aus vorzunehmen und unter exakter Angabe des Beobachtungsortes beim MPC einzureichen. Eine auf den ersten Blick recht kompliziert erscheinende Beschreibung des ,,Roving-Observer"-Formates findet sich
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Kleinplaneten
3 Noch genießt er die Abendsonne, später war ,,Action" angesagt: der Refraktor Televue
NP127 auf Montierung Astro-Physics Mach 1.
unter [4]. Zunächst war es aber erst einmal wichtig, herauszufinden, wie unsere Suchstrategie aussehen sollte.
Für Objekte, deren Bahnbogen kürzer als ein Tag ist (sogenannte ,,One-Nighter"), veröffentlicht das MPC neben der ,,Uncertainty Map" auch mögliche Bahnelemente, die zu den bisher beobachteten Positionen passen - im Fall von ,,XC1AE0F" waren das über 3300. Zur Suche wäre es nun hilfreich, wenn man sich all diese möglichen Positionen in einem Planetariumsprogramm anzeigen lassen und damit eine zeitlich variable ,,Uncertainty Map" sehen könnte. Doch geht das für 3300 Bahnelemente gleichzeitig? Zur Steuerung unserer Montierung verwenden wir ,,TheSky 6" von Software Bisque. Das Programm erlaubt es, Bahnelemente in Form der täglich publizierten Datei MPCORB.DAT zu laden, die alle bekannten Kleinplaneten enthält. Leider entspricht das Format der MPCORB.DAT nicht exakt dem der Bahnelemente der ,,One-Nighter", was
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einige Formatierungsarbeiten nach sich zog. (Die Spalten für H und G sind um ein Zeichen zueinander verschoben und in den Spalten 167-194 wird zusätzlich eine Objektbezeichnung erwartet sowie in den Spalten 195-202 das Datum der letzten Beobachtung.)
Auf den ersten Blick war das Laden der Bahnelemente in ,,TheSky" auch erfolgreich. Doch in verschiedenen Vergrößerungsstufen verschoben sich die Positionen darin um mehrere Bogenminuten und es wurden auch nicht immer alle angezeigt. Auch die Berechnung dauerte merklich lange, so dass das Scrollen und Zoomen keine Freude mehr bereitete. Noch blieb Zeit und so versuchten wir unser Glück mit der Software ,,Guide 9". Hier funktionierte das Ganze deutlich besser, sowohl was Verarbeitungsgeschwindigkeit als auch Genauigkeit betraf. Somit hatten wir eine komfortable Möglichkeit gefunden, unsere Suchfelder im Voraus zu planen. Mittlerweile war es 23:30 Uhr. Die Montierung hatten wir für
das genaue Positionieren schon synchronisiert. Sobald das Zielgebiet über das Dach des angrenzenden Geräteschuppens klettern würde, wären wir bereit.
Da tauchte die nächste Frage auf: Wie lange müsste man wohl belichten, um eine ausreichende Tiefe zu erreichen? Die Auflösung unserer Gerätekombination beträgt 2,8 Bogensekunden pro Pixel. Bei einer Objektgeschwindigkeit von 15 Bogensekunden pro Minute konnten wir also ca. elf Sekunden lang belichten, damit sich der Kleinplanet nur eine Pixelbreite weiter bewegt. Für das Suchen genehmigten wir uns noch einen kleinen Zuschlag und einigten uns auf 20 Sekunden für die Einzelaufnahmen. Aus vorhandenen Bildern ließ sich ableiten, dass wir nach fünf Minuten ca. 18,0 mag erreichen konnten, also rund eine Magnitude mehr als die vorhergesagte Helligkeit von ,,XC1AE0F". Einem addierten Summenbild pro Positionsmessung wollten wir zehn Minuten spendieren sicher ist sicher. Um den NEO eindeutig zu identifizieren, waren mindestens drei Positionsnachweise pro Feld notwendig, das würde uns 30 Minuten pro Feld kosten. So könnten wir 4-5 Suchfelder bis Dämmerungsbeginn abarbeiten.
Langsam wurde es kalt - auch im Ferienhäuschen. Im alten Holzofen in der Küche legten wir noch ein paar Scheite nach. Der Platz direkt davor hatte etwas von Weltraum: Unsere dem Ofen zugewandte Seite wurde angenehm warm, 180 Grad dazu blieb die Nase kalt. Die NEOCP offenbarte, dass immer noch niemand nach den Entdeckern das Objekt gefunden hatte. Pünktlich um 1:30 Uhr war der Himmel frei von Wolken. Die Planung sah vor, in der rechten unteren Ecke der Uncertainty Map zu beginnen. Die Nominalposition lag damit etwas außerhalb der Mitte, und dann sollte es mit etwas Überlappung in Richtung NordOst Feld für Feld weitergehen. Um 3:50 Uhr fiel das erste Bild auf die Festplatte. Nachdem die ersten 30 gesammelt waren, begann die Datenreduktion. Um 4:25 Uhr fuhr das Teleskop auf die nächste Position und führte die Belichtungsserie weiter.
Zu zweit hingen wir vor dem Monitor und betrachteten die drei hin und her blinkenden Bilder des ersten Feldes. Die
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Sterne waren zu sehr (!) langen Strichen auseinandergezogen und behinderten die Suche etwas. Dann fiel uns ca. 20 Bogenminuten südwestlich der Nominalposition ein plausibles Objekt auf. Sofort brachen wir die laufende Belichtung ab und positionierten das Teleskop neu auf eine besser zu dieser Position passenden Stelle. Auch die folgende Belichtungsreihe zeigte das Objekt passend zum ersten Feld. Wir mussten die Geschwindigkeit, mit der wir die Einzelaufnahmen mittels der Software ,,Astrometrica" addiert hatten, leicht anpassen, denn ,,XC1AE0F" war noch ein kurzer Strich. Mit 19 Bogensekunden pro Minute passte es besser und wir konnten einige Positionsmessungen vornehmen. Doch wie bringen wir unsere Messungen in das Format eines ,,Roving Observers" ohne Handarbeit in einem Texteditor, denn das erschien uns zu fehleranfällig? Große Erleichterung: Nach entsprechender Voreinstellung speichert ,,Astrometrica" die Messungen automatisch im
richtigen Format ab. Man trägt dazu im Konfigurationsmenü einfach den Observatory-Code 247 ein, darunter noch die genaue Position des Beobachtungsortes. Eine Positionsmessung erzeugt in der Reportdatei von ,,Astrom etrica" dann die vom MPC für den ,,Roving Observer" gewünschten zwei Zeilen. Vielen Dank dafür an Herbert Raab, den Programmierer von ,,Astrometrica"! Per E-Mail machten sich dann sechs Positionsmessungen auf den Weg zum MPC. Kurze Zeit später tauchten unsere Messungen auch auf der NEOCP auf - als erste nach jenen des CSS. Waren wir damit erfolgreich?
Die Nacht ging vorüber, und einige Schlafstunden später fiel der Blick sofort wieder auf die NEOCP. Zwischenzeitlich hatten sich vor unseren Beobachtungen noch fünf weitere des Stationscodes ,,300" (Bisei Spaceguard Center, Japan) platziert, was unsere Zufriedenheit aber nicht schmälern konnte. Einen Tag später, am 6. Februar um 16:37 UT, wurde
,,XC1AE0F" dann in einem MPEC als Objekt 2016 CC30 bezeichnet [5], klassifiziert als PHA mit einer MOID von 0,0311 AE. Unseren Beobachtungen folgten zahlreiche weitere vom Süd- und Nordamerikanischen Kontinent aus. Offenbar hatte unser Experiment als ,,Roving Observer" die Position des Kleinplaneten für Beobachter jenseits des Atlantischen Ozeans zur Weiterverfolgung ausreichend genau bestimmt. Eins steht jedenfalls fest: Das nächste Auto erhält ein Kennzeichen mit der Nummer 247!
Internethinweise: [1] www.minorplanetcenter.net/iau/
NEO/toconfirm_tabular.html [2] https://groups.yahoo.com/neo/
groups/mpml/conversations/topics [3] www.minorplanetcenter.net/iau/
info/Astrometry.html#HowObsCode [4] www.minorplanetcenter.net/iau/
info/RovingObs.html [5] www.minorplanetcenter.net/mpec/
K16/K16C64.html
Astrometrie mit ,,Astrometrica"
- Teil 1: Einrichtung des Programms und erste Schritte
von Carolin Liefke
Zur Auswertung von Kleinplanetenaufnahmen - also in erster Linie für präzise Positionsmessungen, aber durchaus auch zur Fotometrie - kommt seit vielen Jahren das Programm ,,Astrometrica" [1] des österreichischen Amateurastronomen und Softwareentwicklers Herbert Raab zum Einsatz, und zwar sowohl im Amateurbereich wie auch bei Profiastronomen, die auf diesem Gebiet tätig sind. Anhand dieser Artikelserie können Neueinsteiger und Interessierte an der Astrometrie von Asteroiden und Kometen die Software und ihre wichtigsten Funktionen kennenlernen.
Verbesserung des Alignments die genaue Position zu ermitteln, auf die ein Teleskop gerade am Himmel zeigt, oder entsprechenden Routinen innerhalb von Bildbearbeitungsprogrammen wie ,,Regim" oder ,,THELI", die die automatische Ausrichtung und Entzerrung einzelner Aufnahmen ermöglichen, zielt ,,Astro-
metrica" vielmehr darauf ab, für jeden beliebigen Punkt eines Bildes die entsprechenden Himmelskoordinaten explizit angeben zu können. So sollen die Positionen von beweglichen Objekten zum Aufnahmezeitpunkt des Bildes bestimmt werden können. Die Ergebnisse werden direkt in dem Format ausgegeben, die
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,,Astrometrica" ermittelt die sogenannte Plattenlösung astronomischer Aufnahmen, also die Himmelskoordinaten der Bildmitte und die zum Beispiel durch Bildfeldwölbung üblicherweise vom Abstand zur Bildmitte abhängige Pixelskala. Anders als bei Programmen wie ,,PinPoint", ,,Elbrus" oder ,,Astrotortilla" (ein Frontend für ,,Astrometry.net"), bei denen es in erster Linie darum geht, zur
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1 Arbeitsfläche von ,,Astrometrica" mit Menü- und Iconleiste. Einige Funktionen wie die Berechnung der Plattenlösung sind erst nach
dem Laden von einem oder mehreren Bildern verfügbar. Rechts unten werden als zusätzliche Informationen der Referenzsternkatalog, der Grad des Polynoms für die Plattenlösung, der Farbfilter und der Name der aktuell geladenen Konfigurationsdatei angezeigt.
das ,,Minor Planet Center" (MPC) bei solchen Messungen entgegennimmt.
Ist das zu vermessende Objekt zu schwach, um auf Einzelaufnahmen mit hinreichender Genauigkeit vermessen werden zu können oder überhaupt sichtbar zu sein, lassen sich Bilderserien auch unter Berücksichtigung der Eigenbewegung stacken. ,,Astrometrica" verarbeitet nur monochromatische FITS-Dateien bzw. das SBIG-interne Datenformat. DSLR-Bilder und farbige FITS-Datenkuben müssen konvertiert werden, was bei DSLR-Bildern nicht immer gelingt, da die Informationen aus den EXIF-Daten korrekt in einen entsprechenden FITSHeader umgewandelt werden müssen. Bei der Aufnahme der Daten muss der Zeitstempel unbedingt korrekt sein, der Kamerasteuerungsrechner sollte daher am besten mit einem NTP-Server synchronisiert sein. Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, dass ,,Astrometrica" zum Abrufen der aktuellen Bahndaten bereits bekannter Asteroiden und der meisten Sternkataloge Zugriff auf das Internet benötigt, dies muss gegebenenfalls in
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2 Einstellungsbeispiel im Reiter ,,Observing Site" einer Konfigurationsdatei von
,,Astrometrica".
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den Einstellungen restriktiver Firewalls zugelassen werden. Die Nutzung hinter einem Proxy-Server muss gesondert konfiguriert werden.
,,Astrometrica" ist Shareware, das bedeutet in diesem Fall, dass man das Programm nach der Installation 100 Tage lang in vollem Umfang nutzen kann. Nach Ablauf dieses Zeitraums wird eine einmalige Lizenzgebühr von 25 Euro fällig. Beim Start präsentiert sich das Programm zunächst mit einem leeren Arbeitsfeld, wie in Abbildung 1. Die wichtigsten Funktionen können zusätzlich zum Menü direkt über eine IconLeiste aufgerufen werden. Solange kein Bild geladen ist, sind einige Funktionen aber noch grau hinterlegt.
Bevor man zum ersten Mal ein Bild lädt, sollte man zunächst die Konfiguration anpassen. Der türkise Schraubenschlüssel (,,Settings") öffnet die Konfigurationsdatei. Im ersten Reiter ,,Observing Site" trägt man Längen- und Breitengrad (,,Longitude" und ,,Latitude") und Höhe seines Beobachtungsstandortes ein. Bei der Bestimmung der Ortskoordinaten hilft entweder ein GPS-Gerät oder Google Maps: Dort weit in die Karte hineinzoomen und mit der rechten Maustaste an den richtigen Punkt klicken. In der Liste nun ,,Was ist hier?" auswählen, dann werden die Adresse und darunter die Koordinaten angezeigt. Wer später regelmäßig Daten beim MPC einreichen möchte, sollte auch die Felder unter ,,Details" ausfüllen, bei den Einträgen für ,,Observer", ,,Measurer" und ,,Telescope" muss man allerdings penibel auf die korrekte Formatierung achten, da die Messungen automatisch eingelesen und bei Fehlern in diesen Feldern abgewiesen werden. Ein Beispiel ist in Abbildung 2 gezeigt. Details dazu findet man auf den Webseiten des MPC [2].
Im Reiter ,,CCD" gibt man die nominelle Brennweite (,,Focal Length") des Teleskops und die Pixelgröße (Pixel Width und Height) der Kamera an. Ein Positionswinkel (,,Position Angle") von 0 Grad entspricht der Orientierung ,,Norden ist oben" bei einem parallaktisch montierten Teleskop. Je nachdem, mit welchen Filtern beobachtet wurde, kann man für die Fotometrie unterschiedliche Farben auswählen. Allerdings entsprechen die
3 Manuelle Anpassung der Referenzsterne bei der astrometrischen Datenreduktion,
oben die Ausgangslage mit den Standardeinstellungen aus der Konfigurationsdatei, unten das Endergebnis.
Transmissionskurven von RGB-Filtern, wie sie zur Deep-Sky-Fotografie eingesetzt werden, nicht den unter ,,Color Band" zur Wahl stehenden Filtern des Johnson-Systems. Bei der spektralen Empfindlichkeit der meisten CCD-Kameras entspricht eine Luminanzaufnahme einer Kombination aus R und V, üblicherweise wählt man V. Alle weiteren Einstellungen kann man zunächst bei den vorgegebenen Werten belassen und gegebenenfalls später noch anpassen. Es empfiehlt sich, für verschiedene Teleskop-Kamera-Kombinationen unterschiedliche Konfigurationsdateien anzulegen und dann vor Beginn der Auswertung die jeweils passende zu laden. Bevor es nun endlich losgehen kann, sollte man allerdings noch die Datenbank schon be-
kannter Asteroiden mit ihren Bahnparametern herunterladen. Dazu wählt man über das Menü ,,Internet" die Option ,,Download MPCOrb" aus. Die Datenbank muss aktuell gehalten werden, weil ständig neue Asteroiden hinzukommen und neue Messungen die Ungenauigkeiten der Bahnen schon bekannter Kleinplaneten verringern. Außerdem verändern sich die Bahndaten der schon bekannten Asteroiden kontinuierlich, da sie von den größeren Himmelskörpern des Sonnensystems - also den Planeten und ihren Monden - gestört werden. Wenn man mit veralteten Daten arbeitet, werden die Positionen der bekannten Kleinplaneten in den Aufnahmen nicht korrekt vorausberechnet, was schon nach wenigen Wochen zu einem deutlich sichtbaren
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4 Identifizierte Referenzsterne und für den Aufnahmezeitpunkt des Bildes berechnete
Asteroidenpositionen. Die Kästchen der Asteroidenpositionen sind leer, da die erforderliche Grenzgröße in diesem Bild nicht erreicht wird.
Versatz führen kann. Man sollte daher täglich über ,,Update MPCOrb" die neuesten Daten einspielen.
Über ,,Load Images" kann man nun zum ersten Mal ein Bild öffnen. Bei Bedarf übernimmt Astrometrica auch die Kalibration, über ,,Load Dark Frame" und ,,Load Flat Field" kann man die entsprechenden Dateien hinzuladen. Helligkeit und Kontrast stellt Astrometrica für astrometrische Zwecke üblicherweise recht gut automatisch ein. Über ,,Background and Range" kann man das Histogramm aber auch manuell einstellen. Man sollte nun für sich individuell austesten, ob man lieber mit hellen Sternen auf dunklem Hintergrund oder umgekehrt (einzustellen über ,,Invert Image") arbeitet. Normalerweise sind schwache Objekte in der invertierten Darstellung besser zu erkennen.
Jetzt gilt es, das Finetuning der Konfiguration anzugehen. Wählt man das grüne Fadenkreuz (,,Astrometric Data Reduction"), beginnt Astrometrica mit der automatischen Erkennung von Sternen und ihrer Zuordnung zu den Einträgen im Sternkatalog. Gerade bei großen Gesichtsfeldern, tiefer Grenzgröße und/oder dichten Sternfeldern kann das ein Weilchen dauern, hier sollte man nicht die Geduld verlieren. Übrigens: Wenn man in der Zwischenzeit am Computer zu etwas anderem übergeht, meldet Astrometrica ,,Not Responding". Das Program ist dann aber nicht wirklich abgestürzt, einfach abwarten.
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Sind bei der Aufnahme im FITS-Header des Bildes die groben Koordinaten der Bildmitte bereits hinterlegt worden, muss man diese vor Beginn der astrometrischen Datenreduktion nur noch bestätigen, ansonsten ist eine manuelle Eingabe erforderlich. Im Gegensatz zu Astrometry.net benötigt ,,Astrometrica" an dieser Stelle einen relativ guten Ausgangspunkt für die Suche. Dennoch wird dieser erste Versuch der Sternzuordnung normalerweise nicht von Erfolg gekrönt sein, es erscheint eine Fehlermeldung mit dem Titel ,,Reference Star Match Error". Hier wählt man die erste Option ,,Manual Reference Star Match" aus.
Dem Bild werden nun rote Kreise überlagert, die ausgehend von den angegebenen Koordinaten der Bildmitte, dem Positionswinkel und der Pixelskala aus der Konfigurationsdatei, die durch Brennweite und Pixelgröße vorgegeben ist, den Sternpositionen aus dem Katalog entsprechen. Dieses Muster gilt es mit den echten Sternen im Bild möglichst genau in Übereinstimmung zu bringen. Über die Grenzgröße lassen sich dazu mehr oder weniger Sternkreise einblenden. Durch Anpassen der Brennweite verändert man die Skalierung des Kreismusters, über den Positionswinkel wird es gedreht. Die Kreise lassen sich zudem mit den Pfeiltasten verschieben. Dies ist beispielhaft in Abbildung 3 gezeigt.
Je nachdem, wie weit die Vorgaben von den tatsächlichen Werten abweichen, ist es manchmal gar nicht so leicht, das
Sternmuster zu erkennen und passend einzustellen. Wenn es absolut nicht klappen will, kann man sich zum Beispiel von ,,Astrometry.net" helfen lassen. Die schlussendlich ermittelten Werte für die Brennweite und - wenn die Kamera fest montiert ist - auch den Positionswinkel sollte man notieren und anschließend in der Konfigurationsdatei abspeichern. Bei der nächsten Auswertung wird die astrometrische Datenreduktion dann ohne Fehlermeldung durchlaufen und die manuelle Referenzsternsuche nicht mehr erforderlich sein. Eventuell muss man dazu allerdings noch die Toleranz für die Genauigkeit der Ausgangsposition (Wert ,,Pointing" im Reiter ,,CCD" der Konfigurationsdatei) erhöhen.
Sterne, die erfolgreich identifiziert wurden, sind nun von einem grünen Kreis umgeben, Sterne mit großen Abweichungen sind gelb markiert. Sterne, die nicht in die Plattenlösung eingegangen sind, haben einen blauen Kreis. Über das ganze Bildfeld sollte der Großteil der Sterne grün markiert sein, bei zu vielen gelben und blauen Sternen ist die Qualität der Plattenlösung fragwürdig.
Wählt man nun ,,Known Object Overlay", werden die möglichen Positionen bekannter Asteroiden zum Aufnahmezeitpunkt berechnet und als beschriftete rote Kästchen dargestellt, wobei die Kästchen - je nachdem wie aktuell die Werte in der Datenbank sind - auch etwas versetzt sein können. Das ,,Endergebnis" ist in Abbildung 4. gezeigt. Im Normalfall sollten sich so zum Beispiel kosmische Begegnungen eindeutig identifizieren lassen, wobei hierzu aber natürlich oftmals auch eine Planetariumssoftware ausreicht, welche die aktuelle Asteroidendatenbank vollständig nutzt. Die weiteren Teile der Serie werden die astrometrische Auswertung sowie das Stacking von mehreren Aufnahmen behandeln.
Internethinweise: [1] Download und (englische) Informa-
tionen unter www.astrometrica.at, Support erfolgt (auf englisch) über die Yahoo-Group https://groups. yahoo.com/neo/groups/Astrometrica/ info [2] www.minorplanetcenter.net/iau/ info/ObsDetails.html
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Kleinplaneten
Über Sternkataloge in der Kleinplaneten-Astronomie
von Mike Kretlow
In praktisch allen Bereichen der Kleinplaneten-Astronomie spielen Sternkataloge eine Rolle, insbesondere in der Astrometrie. Aber auch bei der Vorhersage und Auswertung von Sternbedeckungen durch Asteroiden sind astrometrische Kataloge von zentraler Bedeutung. Hier schlagen sich Differenzen zwischen verschiedenen Katalogen direkt und meist signifikant auf die Vorhersage eines Ereignisses (z. B. dem Bedeckungspfad auf der Erde) nieder. In der Fotometrie müssen Sternkataloge und deren Besonderheiten in der Regel bzw. je nach Auswerteverfahren ebenfalls angewendet und berücksichtigt werden.
In der Beobachtungsdatei des ,,Minor Planet Centers" (MPC) enthalten die Beobachtungen in Spalte 72 einen Code, der den zur Reduktion der Beobachtung verwendeten Sternkatalog kennzeichnet (sofern er bei der Meldung der Beobachtung angegeben wurde: Zeile ,,NET" im Submit Format) [1]. Mit Hilfe dieser Angabe ist Tabelle 1 entstanden.
ßen Surveys (NEAT, LINEAR, CSS, Pan-STARRS, etc.) den größten Teil der gesamten Beobachtungen stellen, dominieren die dort verwendeten Kataloge auch diese Häufigkeitsverteilung.
Anwendungen Die Astrometrie von Kleinplaneten dient ja nicht in erster Linie dem Selbstzweck. Sie liefert zunächst einmal die Beobachtungen (Messwerte) für die Berechnung der Objektbahnen und deren Katalogisierung. Aber darüber hinaus gibt es speziellere dynamische Fragestellungen, die grundsätzlich einer Bahnverbesserung gleichen, dabei aber weitere Parameter bestimmen. In der Regel beeinflussen Quantität, Qualität (im Sinne von zufälligen wie auch systematischen Fehlern) und Verteilung der astrometrischen Beobachtungen spürbar die erhaltenen Ergebnisse. Die Vorhersage von Sternbedeckungen durch Kleinplaneten, die astrometrische Massenbestimmung von Asteroiden, der Yarkovsky- und der YORP-Effekt sind Beispiele dafür. Grund-
Tabelle 1: Verteilung der verwendeten Sternkataloge
Sternkatalog (Code) UCAC-2 (r) 2MASS (L) USNO-B1.0 (o) UCAC-4 (q) SST-RC4 (R) UCAC-3 (u) USNO-A1.0 (a) USNO-SA2.0 (d) Rest (andere Kataloge) Total:
Anzahl 30.341.794 19.837.830 15.175.195 13.465.535 10.455.067 2.996.782 2.194.066
1.714.734 4.944.400 141.758.509
Anteil 21,40 % 13,99 % 10,70 % 9,50 % 7,38 %
2,11 % 1,55 % 1,21 % 3,50 %
Berücksichtigt wurden alle CCD-Beobachtungen von nummerierten und nicht nummerierten Kleinplaneten (Stand 25.02.2016).
Es ist ersichtlich, dass man rund 90 Prozent aller CCD-Beobachtungen in drei ,,Katalog-Lager" unterteilen kann: die USNO-(A/B)-Kataloge ( 42 %), die UCAC-(2-4)-Kataloge ( 33 %) und den 2MASS-Katalog ( 14 %). Da die gro-
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sätzlich muss man sich in diesem Zusammenhang bewusst machen, dass die hier genannten Kataloge mehr oder weniger gut ein astronomisches Referenzsystem (z.B. FK4, FK5, ICRS) repräsentieren. Die mit einem bestimmten Katalog redu-
zierten astrometrischen Beobachtungen stellen gemessene Koordinaten in diesem Katalogsystem dar, das i. A. seinerseits mit einem astronomischen (fundamentalen) Referenzsystem korrespondiert. Nehmen wir nun den Fall eines über Jahrzehnte beobachteten Kleinplaneten, so haben wir neben all den durch die Beobachtung selbst verursachten Messfehlern weitere systematische Fehler (und zwar sowohl globale als auch lokale) vorliegen, die durch die verwendeten Sternkataloge, dem Wechsel von Referenzsystemen und dergleichen induziert werden. Aus der Sicht eines Bahnrechners ist es hingegen wünschenswert, dass alle vorliegenden astrometrischen Beobachtungen möglichst homogen in Bezug auf zugrunde liegende Referenzsysteme sind, also idealerweise ausnahmslos mit ein und demselben Katalog reduziert wurden. Freilich ist das in der Regel nicht der Fall. Sind die systematischen Differenzen zwischen den einzelnen Sternkatalogen oder zu einem Referenzsystem (z.B. ICRS) bekannt, so können entsprechende Korrekturen an die einzelnen astrometrischen Beobachtungen angebracht werden. Für einige Kataloge liegen solche Korrekturterme vor. Eine weitere Möglichkeit, das Beobachtungsmaterial in dieser Hinsicht etwas zu homogenisieren ist, die Beobachtungen nach Katalogen zu gruppieren und nur solche für seine Berechnungen heranzuziehen, die einem bestimmten Katalog (oder einer Gruppe von Katalogen) angehören. Diese einfache Maßnahme kann bereits eine Verbesserung der Resultate bewirken. Tabelle 2 verdeutlich den Einfluss einer solchen Katalogfilterung auf das Ergebnis einer Massenbestimmung.
Sternkataloge Im Nachfolgenden wird auf einige Sternkataloge eingegangen, die entweder in der Astrometrie häufig vertreten sind bzw. waren (Tabelle 1) und/oder, die in der Vorhersage und Auswertung von Sternbedeckungen durch Kleinplaneten Anwendung finden (bzw. fanden). Diese Betrachtung ist nicht vollzählig und auch
Kleinplaneten
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Tabelle 2: Berechnung der Masse von (9) Metis aus Störungen auf (29818) Aryosorayya
Katalogfilter Keiner A2.0, UCAC2 A2.0, B1.0, UCAC2 Unabhängiges Ergebnis von J. Baer (2008)
Erhaltene Masse in Sonnenmassen
(12 +- 4) .10-12 (5 +- 2) .10-12 (6 +- 2) .10-12 (5,7 +- 1,4) .10-12
nicht pauschal als Wertung zu verstehen. Für weitere Informationen zu Sternkatalogen wird u.a. auf die Webseite des Autors verwiesen [2].
USNO A / B Der USNO-A1.0-Katalog wurde 1996 publiziert und enthält 488.006.860 Objekte bis zu V ~ 20 mag mit einer formalen Positionsgenauigkeit von ca. 250 mas (Millibogensekunden). Er entstand aus der Digitalisierung von Sky-Survey-Platten (POSS, ESO-R etc.). Zwei Jahre später erfolgte mit dem Nachfolger A2.0 u.a. ein Wechsel von einem Guide Star Catalog basierten Bezugssystem zum ,,International Celestial Reference System" (ICRS). Dieser Katalog enthält Positionen und Helligkeiten für 526.230.881 Objekte, jedoch keine Eigenbewegungen.
Der 2003 veröffentlichte Katalog ,,USNOB1.0" enthält Positionen, Eigenbewegungen und Helligkeiten für 1.042.618.261 Objekte mit einer Positionsgenauigkeit von ca. 200 mas (für J2000). Er entstand ebenfalls aus der Digitalisierung von (Schmidt-) Fotoplatten verschiedener Sky Surveys der vorausgegangenen 50 Jahre. Dieser Katalog deckt den gesamten Himmel vollständig bis zu einer Helligkeit von V ~ 21 mag ab. Zu beachten ist, dass die mittlere Epoche der Eigenbewegungen um 1975 liegt und die Eigenbewegungen relativ auf einen Zwischenkatalog (YS4.0) bezogen sind und somit nicht im ICRS vorliegen.
UCAC 2-4 Während die ,,USNO-A/B-Kataloge" aus der Digitalisierung und Vermessung von alten Fotoplatten entstanden (USNO Precision Measuring Machine Project), ist der ,,USNO CCD Astrograph Catalog" (UCAC) ein Produkt eines dedizierten astrometrischen Beobachtungsprogramms. Für die Bestimmung der Eigenbewegungen lie-
ferten jedoch zahlreiche andere Sternkataloge die Positionen der ersten Epoche. ,,UCAC-2" wurde 2004 veröffentlicht und deckte noch nicht den gesamten Himmel ab (-90 Grad bis +40 Grad Deklination). Dieser Katalog enthält 48 Mio. Objekte im Bereich R/V ~ 8-16 mag, deren Positionen und Eigenbewegungen im ICRS mit einer formalen Ungenauigkeit von 20-70 mas vorliegen. Der dann komplette ,,UCAC-3" wurde im Jahre 2009 als Zwischenversion fertig gestellt. Es hat sich bei späteren Untersuchungen herausgestellt, dass er einige Fehler aufweist (insbesondere in den Eigenbewegungen nördlich von -20 Grad Deklination). Die endgültige, vierte Version des UCAC wurde schließlich 2012 veröffentlicht.
,,UCAC-4" enthält über 113 Mio. Objekte des gesamten Himmels im Bereich R/V ~ 8-16 mag, für ca. 105 Mio. davon liegen auch Eigenbewegungen vor. Die Genauigkeit der Positionen (im ICRS) wird mit 15-20 mas im Bereich 10-14 mag angegeben. Neben InstrumentenHelligkeiten findet man hier auch (B, V, g, r, i)-Helligkeiten aus dem ,,APASS"Katalog (,,AAVSO Photometric All-Sky Survey") für über 51 Mio. Sterne. Diese Katalogserie findet sowohl in der Astrometrie von Kleinplaneten als auch in der Berechnung von Sternbedeckungen Anwendung. Von praktischer Bedeutung ist dabei nur noch der ,,UCAC-4".
2MASS Der 2003 veröffentlichte ,,2MASS AllSky Point Source Catalog" enthält 470.992.970 über den gesamten Himmel verteilte Objekte bis zu einer Helligkeit von V ~ 17 mag mit einer Positionsunsicherheit von ca. 70-80 mas. Bezugssystem ist das ICRS (die Anbindung erfolgte über den ,,Tycho-2-Katalog"). Eigenbewegungen sind nicht enthalten, die Beobachtungsepoche liegt aber nahe dem
Jahr 2000. Dieser Katalog wird von ,,Astrometrica" nicht direkt unterstützt.
PPMXL Seit 2010 steht der ,,PPMXL" des Astronomischen Rechen-Institutes (ARI) zur Verfügung. Er entstand aus einer Kombination des ,,2MASS" mit dem ,,USNOB1.0", also zwei tiefreichenden All-Sky Surveys. Da der ,,2MASS" keine Eigenbewegungen enthält, der ,,USNO-B1.0" hingegen nur relative, aber nicht absolute Eigenbewegungen, wurden aus beiden Katalogen neue mittlere Örter und Eigenbewegungen im ICRS berechnet. Der Katalog enthält über 900 Mio. Objekte und deckt den gesamten Himmel vollständig bis V ~ 20 mag ab. Die Positionsgenauigkeit (zur Epoche J2000) liegt bei 80 bis 120 mas, wenn 2MASSPositionen genutzt werden konnten (ca. 410 Mio. Objekte), ansonsten bei 150 bis 300 mas. Im Zuge der Generierung des ,,PPMXL" entstanden auch Korrekturtabellen zum ,,USNO-B1.0". Damit können B1.0-reduzierte Beobachtungen auf das ICRS transformiert werden.
URAT Der ,,USNO Robotic Astrometric Telescope Catalog" (URAT) ist der Nachfolger des erfolgreichen UCAC-Projektes. Zum Einsatz kam derselbe Astrograph wie bei den UCAC-2-4 Katalogen, allerdings wurde die CCD-Kamera gegen eine größere und empfindlichere ersetzt. Das Projekt startete bereits 2006/2007, der Start des Surveys an sich dann im Frühjahr 2012. Seit März 2015 stehen die Daten (18 GB Binärdateien) der ersten Katalogversion, dem ,,URAT-1", öffentlich zur Verfügung [3]. Er wird in ,,Astrometrica" [4] ab Version 4.9.1.420 unterstützt. Der Katalog versucht die (zeitliche) Lücke zwischen ,,UCAC-4" und dem erwarteten Erscheinen eines ersten GAIA-Sternkataloges mit möglichst aktuellen und relativ genauen astrometrischen Örtern zu füllen. Der Katalog deckt im Wesentlichen den nördlichen Himmel ab und enthält Positionen, Eigenbewegungen (im ICRS) und Helligkeiten für rund 228 Mio. Objekte im Bereich R ~ 3 - 18,5 mag. Die formale Unsicherheit der Positionen liegt bei 5-40 mas. Zusammen mit der relativ jungen Beobachtungsepoche und einem recht kleinen systematischen Grundfehler liefert der ,,URAT-1" zur Zeit die beste astrometrische Genauigkeit.
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Kleinplaneten
Wesentliche Eigenschaften des URAT-1-Kataloges:
- Beobachteter Katalog (03/2012 - 06/2014) im ICRS - 228 Mio. Objekte ( R ~ 3-18,5 mag) - 4-fach höhere Sterndichte als bei ,,UCAC-4" - Positionen ca. 5-40 mas genau; Systematischer Fehler 5-10 mas - Eigenbewegungen aus ,,URAT-1" vs ,,2MASS" (mittlere Epoche des ,,2MASS":
~J2000) - Fehler in Eigenbewegungen: ~5-8 mas/yr - 37 Mio. haben APASS-Fotometrie (B,V, g, r, i) - 188 Mio. haben 2MASS-Fotometrie (J, H, K) - Problemfälle wie Doppelsterne sind nicht enthalten, aber nicht-stellare Objekte
(Asteroiden, Galaxien, Quasare etc.) => Achtung bei Sternbedeckungen - Deckt im Wesentlichen nur den Nordhimmel ab (bis Dekl. -15 Grad ) plus Pluto-Feld
(bis Dekl. -25 Grad )
wendung in der CCD-Astrometrie oder bei der Berechnung von Sternbedeckungen zur Verfügung stehen, ist nach dem Kenntnisstand des Autors noch nicht bekannt (gegeben). Zurzeit ist ,,URAT" sicherlich eine sehr gute Wahl um diese Lücke zu füllen.
Abschließend noch der Hinweis an Astrometriker: Wenngleich die Nennung des zur Astrometrie verwendeten Sternkataloges nicht zu den Pflichtangaben des MPC`s zählt (Zeile NET im Header [5]), sollte man sicherstellen, dass diese immer im Header enthalten ist und den Katalog genau spezifizieren (nicht einfach UCAC oder USNO).
Aufgrund der relativ geringen Güte der Eigenbewegungen (als erste Epoche wurden die Positionen aus dem ,,2MASS" herangezogen, also um das Jahr 2000) ist zu erwarten, dass für die Epoche um 2018 die Genauigkeit einer Sternposition von ,,URAT-1" mit der aus dem ,,UCAC4" vergleichbar sein wird. Vorab ist aber eine zweite Version des ,,URAT" angekündigt, welche verbesserte Eigenbewe-
gungen enthalten soll und somit diesen Nachteil kompensiert.
Schlussbetrachtung Nach Planungen der GAIA-Mission werden die gewonnen Daten stufenweise über die kommenden rund sechs Jahre veröffentlicht. Wann und in welcher Form GAIA-basierte Kataloge schlussendlich für die Allgemeinheit zur An-
Internethinweise: [1] www.minorplanetcenter.net/iau/
info/CatalogueCodes.html [2] http://astro.kretlow.de/?Solar-
System---Occultations/About-StarCatalogs [3] http://cdsarc.u-strasbg.fr/viz-bin/ Cat?I/329 [4] www.astrometrica.at [5] www.minorplanetcenter.net/iau/ info/ObsDetails.html
Lichtkurven-Analyse mit Python
von Mike Kretlow
Einleitung Die Erfassung und Auswertung von Asteroiden-Lichtkurven ist ein spannendes und wissenschaftlich wertvolles Betätigungsfeld für Amateure. Betrachtet man den Umfang eines Jahrgangs des ,,Minor Planet Bulletin", dem Hauptpublikationsorgan für Asteroiden-Lichtkurven, dann kann man feststellen, dass dieser sich in den letzten zehn Jahren in etwa verdreifacht hat. Ein Grund dafür mag sein, dass die reine Astrometrie und die Suche nach Kleinplaneten für viele Amateure, insbesondere mit kleineren und mittelgroßen Instrumenten, in der letzten Dekade unattraktiver geworden ist.
In diesem Beitrag wird die Reduktion von Zeitreihen-Fotometrie von Kleinplaneten mit Hilfe freier Open-Source-Software als Alternative zu einigen kommerziell erhältlichen (Closed-Source-) Programmen vorgestellt. Die Motivation dazu ist
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weniger ökonomischer Natur, sondern vielmehr das tiefere Eindringen in die Thematik bei selbst entwickelter Software und bei Open-Source-Produkten, der Spaß am Programmieren und nicht zuletzt die Freiheit, selbst geschriebene Programme (oder Skript-Sammlungen) ganz nach den eigenen Wünschen und Bedürfnissen anpassen zu können (bis hin zur vollautomatischen Auswertung).
Software zur Auswertung Viele Wege führen nach Rom. Das trifft auch auf die Reduktion von CCD-Beobachtungen (Fotometrie) und die nachfolgende Lichtkurven-Analyse zu. Auf die Fotometrie an sich wird im Nachfolgenden nicht im Detail eingegangen. Auf dem Markt existieren mehrere Programme, die eine fotometrische Auswertung von CCD-Aufnahmen ermöglichen. Wenige sind auch in der Lage, dies automatisiert (im Stapelbetrieb) für beweg-
liche Objekte zu tun. Manche erlauben Ringblenden-Fotometrie relativ zu einem (oder ggf. mehreren) Vergleichssternen, andere liefern Messwerte für alle identifizierten Objekte auf einer Aufnahme. Für die Lichtkurven-Analyse ist es nicht zwingend, absolute Helligkeitsmessungen zu verwenden. Wesentliche Ergebnisse wie die ermittelte Rotationsperiode des Kleinplaneten und die maximale Amplitude der gemessenen Lichtkurve sind davon unabhängig. Auch mit dem in der Astrometrie weit verbreiteten Programm ,,Astrometrica" kann die Fotometrie erfolgen. Die erzeugten LogDateien können für die nachfolgende Auswertung genutzt werden. Leider bietet ,,Astrometrica" keinen Kommandozeilen-Modus oder Stapelbetrieb, so dass die Auswertung von Hunderten von Bildern (in kleinen Paketen von jeweils nur einigen Bildern) recht zeitraubend ist. Alternativ dazu kann die frei erhält-
Kleinplaneten
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1 Phasenlichtkurve des Asteroiden
(24445) 2000 PM8, aus drei Beobachtungsnächten mit ,,Peranso" generiert: 2013 Sept. 19 (schwarz), 20 (rot), 25 (blau)
liche Software ,,IRIS" von Christian Buil verwendet werden [1]. ,,IRIS" ist auch in der Lage, einen Asteroiden automatisch auf einer Sequenz von Bildern zu fotometrieren. Beide Programme sind nur für MS-Windows verfügbar, laufen aber auch problemlos auf Linux mit Hilfe der Windows-kompatiblen Laufzeitumgebung ,,Wine" [2]. Selbstverständlich ist die Aufzählung damit nicht vollständig. Diese beiden Programme werden hauptsächlich vom Autor verwendet.
Was die Lichtkurven-Auswertung (mathematisch gesprochen: ZeitreihenAnalyse) betrifft, so findet man im Bereich der Veränderlichen-Beobachtung diverse Programme, die dazu genutzt werden können. Zum Beispiel das kommerzielle Programm ,,Peranso" [3]. Das MS-Windows-Programm implementiert zahlreiche verschiedene Algorithmen zur Perioden-Analyse (die z. T. auch für Asteroiden-Lichtkurven genutzt werden können) und wurde in den letzten Versionen für die Auswertung von Exoplaneten-Transits erweitert. Daneben wurde auch der sog. ,,FALC"-Algorithmus implementiert, der häufig als Referenz für die Auswertung von AsteroidenLichtkurven genannt wird [4]. Abbildung 1 zeigt das Ergebnis einer solchen Auswertung mit ,,Peranso".
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass mit ,,MPO Canopus/PhotoRed" ein kommerzielles MS-Windows-Programm verfügbar ist, das sich ganz auf die Astrometrie, Fotometrie und insbesondere LichtkurvenAnalyse von Asteroiden konzentriert. Der überwiegende Teil der im ,,Minor Planet Bulletin" publizierten Beiträge zitiert ,,Canopus" als verwendete Auswertesoftware.
Python (und Julia) Die freie Programmiersprache ,,Python" [5] hat in den letzten Jahren in der Wissenschaft und somit auch in der (Amateur- und Profi-) Astronomie beträchtlich an Beliebtheit gewonnen. So existieren
große Paketsammlungen für mathematisch-wissenschaftliche Anwendungen und für die professionelle Visualisierung [6]. Neben ,,Fortran" und spezieller (kommerzieller) Software zur Datenanalyse und zur Lösung mathematischer Probleme wie ,,MATLAB" und ,,IDL", hat sich Python etablieren können - obwohl Python als einfach zu erlernende, allgemeine Skriptsprache und nicht mit Blick auf mathematische Anwendungen entwickelt wurde. Die Schwächen in diesem Bereich (insbesondere auch in punkto Geschwindigkeit) wurden durch später entstandene numerische Pakete ausgeglichen (z.B. ,,NumPy"). Die noch sehr junge Programmiersprache ,,Julia" [7] wurde und wird hingegen mit genau diesem Anspruch entwickelt, nämlich als (High-Performance-) Programmiersprache für das numerische und wissenschaftliche Rechnen. Sie hat das Potenzial, einen vorderen Platz in mathematischwissenschaftlichen Applikationen einzunehmen, aber die Zeit wird zeigen, ob dies gelingen wird. Schließlich hängt die Akzeptanz auch von der Verfügbarkeit von entsprechenden Paketsammlungen (Bibliotheken) ab, um bestimmte mathematische Probleme innerhalb seiner Anwendung lösen zu können, ohne das Rad neu erfinden zu müssen. Andererseits ist es in ,,Julia" bereits nativ sehr einfach möglich, in ,,C" oder ,,Fortran" geschriebene Bibliotheken zu nutzen und auch die Anbindung an Python ist über das Paket ,,PyCall" gegeben. Insofern ist das, was im Nachfolgenden als PythonImplementierung vorgestellt wird, ebenfalls in ,,Julia" möglich, auch wenn sich dieser Beitrag auf ,,Python" beschränkt.
Sowohl ,,Python" als auch ,,Julia" sind für alle drei großen Plattformen (MS-
Windows, Linux/Unix, Mac OS X) frei als Open-Source verfügbar.
Auswerte-Prozess Bevor wir uns mit einer konkreten Implementierung beschäftigen, sollen zunächst einmal die wesentlichen Arbeitsschritte einer solchen Auswertung skizziert werden:
1. Die Fotometrie der CCD-Beobachtungen kann, wie eingangs erwähnt, sowohl mit ,,IRIS", als auch mit ,,Astrometrica" oder einem anderen Programm geschehen, welches vom Beobachter bereits verwendet wird. Letztendlich muss es in der Lage sein, die Messungen in Form einer Textdatei zu erzeugen, etwa in der Form: JD, Magnitude. Ggf. kann dies noch um eine weitere Spalte für die Messunsicherheit (ErrMag) erweitert sein (wie zum Beispiel bei ,,Astrometrica" der Fall). Ob und wie diese Angabe verwertet wird, soll hier nicht weiter diskutiert werden.
2. Messwerte einlesen (JD, mag, ...) 3. Helligkeiten auf Einheitsdistanz
(r = = 1 AE) reduzieren 4. Aus Absolutmessungen Relativwerte
generieren, bezogen auf den Mittelwert der Nacht 5. Korrektur der Lichtlaufzeit 6. Periodensuche 7. Visualisierung (Messungen, PhasenLichtkurve)
Die Schritte 2 bis 7 können in einem einzigen oder in mehreren Skripten implementiert sein. Für die Schritte 3 und 5 wird eine Ephemeride des Asteroiden für den Beobachtungszeitraum benötigt (jedoch nur die Entfernung zur Erde und
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zur Sonne für jeden Beobachtungspunkt). Dies kann z. B. dadurch erfolgen, dass man das Paket ,,PyEphem" [8] verwendet und die Ephemeride in seinem Skript für jeden Beobachtungspunkt direkt berechnet oder aber man generiert sich eine Ephemeride mit anderen Mitteln (z.B. dem Ephemeridenservice des ,,Minor Planet Center"), speichert sie in einer Textdatei ab und nutzt diese in seinem Skript (einlesen und Werte interpolieren).
AsPyLib Das von Jerome Caron entwickelte Paket ,,AsPyLib" [9] ist eine Sammlung von Python-Skripten zur Verarbeitung von FITS-Bildern und zur Fotometrie von veränderlichen Sternen und Asteroiden. Grundsätzlich ist das Paket in seinem Gesamtumfang in der Lage, eine Sequenz von CCD-Aufnahmen im FITS-Format halbautomatisch zu fotometrieren (auch bewegliche Objekte wie Asteroiden) und auszuwerten, bis hin zur Periodensuche und der Visualisierung der Ergebnisse bzw. Messungen (Plots mit Hilfe der matplotlib-Paketsammlung). Dazu bedarf es aber einiger Einarbeitung bzw. Kenntnis-
se in der Feinjustierung diverser Parameter. Es ist keine fertige ,,Plug-and-Play"Lösung. Hat man die Fotometrie aber mit anderen Programmen bereits erledigt, kann man sich einfach der Teilmodule für die reine Periodensuche in eigenen Skripten (bzw. angepassten Versionen der im Paket enthaltenen Beispiele) bedienen.
Im Unterordner ,,06_cdr" findet man Beispielskripte, die zusammen die gesamte Lichtkurven-Analyse einschließlich der Visualisierung bewerkstelligen. Nachdem man sich ein wenig mit diesen Skripten befasst und sie den eigenen Gegebenheiten angepasst und ggf. um weitere Funktionalitäten erweitert hat (z.B. der publikationsreifen Generierung von Grafiken mit Hilfe des Paketes matplotlib), erhält man Resultate ähnlich den Abbildungen 2-5, welche vom Autor zur Publikation im ,,Minor Planet Bulletin" verwendet wurden.
Zunächst wird nach der Periode (Rotationsdauer) des Asteroiden gesucht. Dazu verwenden wir das Skript ,,Lightcur-
ve_searchperiod.py" aus dem Unterordner ,,06_cdr". Neben den Datenpfaden zu den Messungen benötigt das Skript im Wesentlichen Angaben zu dem Periodenbereich der ,,gescannt" werden soll, also z.B. 2-20 h in 0,05-h-Schritten und die Ordnung n der Fourier-Polynome, die gefittet werden sollen (etwa n = 4 oder 6). Das Skript passt der Reihe nach mit Hilfe der Methode der Kleinsten Quadrate für jede vorgegebene Periode eine FourierReihe an die Messwerte an und berechnet den verbleibenden Anpassungsfehler (fit error). Am Ende erhält man eine grafische Darstellung aller Anpassungsfehler (Abb. 2), aus der man die Periode mit dem kleinsten Wert als wahrscheinlichste Periode ermitteln kann. Insbesondere dient diese Darstellung auch dazu, weitere, ebenfalls mögliche Perioden (mit ähnlich kleinen Anpassungsfehlern) zu identifizieren. Das angezeigte Fenster erlaubt u.a. darin zu zoomen und mit dem Cursor Messwerte zu ermitteln. Abschließend kann die Grafik mit dem Speichern-Button in verschiedenen Formaten abgespeichert werden (so wie in den nachfolgenden Abbildungen der Fall).
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2
Periodensuche für den Asteroiden (30) Urania aus Messungen im Januar 2012. Gescannt wurde der Bereich P = 2 h bis P = 20 h in 0,05-h-Schritten. Als wahrscheinlichste Periode ergibt sich hier jene mit dem kleinsten Anpassungsfehler (größter Peak nach unten), also knapp 14 h.
Kleinplaneten
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Mit einem zweiten Skript (Lightcurve_fitperiod.py) erfolgt die Suche nach der Periode analog zum ersten Skript, wobei jene Periode mit dem kleinsten Anpassungsfehler automatisch als Resultat nebst mittlerem Fehler und weiteren Ergebnissen (Amplitude etc.) angezeigt wird:
------ Fit results
Num. harmonics n =
Period (days)
=
Period (hours) =
Amplitude (mag) =
Date of max mag =
Date of min mag =
-----6 0.570489058561 +/- 3.91604178262e-05 13.6917374055 +/- 0.000939850027829 0.194335686818 [ 2455933.75855565] [ 2455933.44509762]
--- Amplitudes (from observations) ---
Peak-to-Peak amplitude = 0.264
Min/Max observation
= -0.121 / 0.143
Mean (05) amplitude
= 0.194 +- 0.114
Dazu erhält man neben der zeitlichen Darstellung der Helligkeitsmessungen (verschiedene Nächte in verschiedenen Farben, Abbildungen 3 und 4) auch die wichtigste Grafik, eine Phasendarstellung der Messungen (Abbildung 5), die üblicherweise in der Publikation der Ergebnisse Verwendung findet.
3
Zeitliche Darstellung der Helligkeitsmessungen am Asteroiden (30) Urania. Alle Messreihen wurden zunächst auf Einheitsdistanz reduziert und anschließend auf einen Mittelwert bezogen. Eine Korrektur der Lichtlaufzeit erfolgte in dieser Darstellung noch nicht.
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Kleinplaneten
4 Vergrößerter Ausschnitt (Zoom) auf die ersten vier Nächte aus Abbildung 3.
5 Phasendarstellung der Helligkeitsmessungen zur Epoche JD = 2455933,22698
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Kleinplaneten
39
Schlussbetrachtung ,,Python" bietet zusammen mit solchen Paketen wie ,,NumPy", ,,SciPy", ,,matplotlib" und ggf. ,,Pandas" fantastische Möglichkeiten, sich mit bescheidenem Programmieraufwand professionelle Werkzeuge zur Auswertung und Verarbeitung fotometrischer Zeitreihendaten zu schaffen. ,,AsPyLib" ist hierfür ein gutes Beispiel. Man kann das Paket und die darin enthaltenen Anwen-
dungsskripte sogleich einsetzen oder als Grundlage für Weiterentwicklungen nutzen.
Internet- und Literaturhinweise: [1] www.astrosurf.com/buil/us/iris/iris.
htm [2] www.winehq.org/ [3] www.peranso.com/
[4] Harris, A. W. et al. (1989): ,,Photoelectric observations of asteroids 3", 24, 60, 261, and 863. Icarus 77, 171-186.
[5] www.python.org/ [6] http://astropy.org/
http://scipy.org/ http://matplotlib.org/ [7] http://julialang.org/ [8] http://rhodesmill.org/pyephem/ [9] www.aspylib.com/
Kosmische Begegnungen Spezial
- Rückblick, Technik, Ausblick
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries
Als Mitglied der Fachgruppe Kleinplaneten freut mich das Schwerpunktthema dieser Ausgabe ganz besonders. Grund genug, diesmal einen etwas ausführlicheren Artikel zu schreiben.
Vor nun über zehn Jahren, im Journal für Astronomie Nr. 20, Ausgabe II/2006, waren die Kleinplaneten ebenfalls Themenschwerpunkt. Damals schrieb ich einen Artikel mit dem Titel ,,Von der Astrofotografie zur Astrometrie", in dem der Beifang von Kleinplaneten auf Astrofotografien beschrieben wurde. Unser langjähriger Fachgruppenleiter Gerhard
Lehmann schlug darauf hin vor, in jeder Ausgabe Fotografien von Deep-SkyObjekten mit Kleinplaneten zu zeigen. Damit waren die ,,Kosmischen Begegnungen" geboren. Der Start war in der Ausgabe Nr. 21 III/2006. Seit Ausgabe Nr. 27 unterstützt mich Klaus Hohmann als Mitautor bei der Erstellung der Rubrik.
Wenn man die Ausgabe Nr. 20 als Initialzündung mitzählt, sind es hiermit 40 Ausgaben, in der Kleinplaneten gemeinsam mit Deep-Sky-Objekten ihren Auftritt in diesem Journal hatten. In den ,,Kosmischen Begegnungen" wurden seit-
her 41 Astrofotos von 18 Astrofotografen bzw. Astrofotografenteams veröffentlicht. Manche Astrofotografen sind bereits mit mehreren Bildern vertreten. Hier die Namen in alphabetischer Reihenfolge: Oliver Aders, Eduard von Bergen, Markus Blauensteiner, Capella-Team (2), Michael Deger, Robin Hegenbarth, Rochus Hess (2), Bernhard Hubl (2), Peter Knappert (2), Bernd Koch, Manfred Konrad (2), Klaus Kosbi, Eckart Meyer, Thilo Nedwidek, Werner Probst, Torben Simm, Manfred Simon und Wilfried Wacker. Herzlichen Dank, dass Ihr uns mit Euren Bildspenden unterstützt habt!
1 Kosmische Begegnung, ein Tool von Klaus Hohmann
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Kleinplaneten
2 Ein Screenshot aus dem Planetariumsprogramm ,,Guide 9" zeigt die kosmische Begegnung von M 30 und den Kleinplaneten (454)
Mathesis und (22569) 1998 HK36.
Leider gab es nicht für alle Ausgaben passende Bilder aus unserer Leserschaft. Daher steuerte Klaus Hohmann zehn Aufnahmen bei und acht Aufnahmen stammen von der Astrokooperation, der ich angehöre. Klaus und ich wären froh, wenn wir in Zukunft weniger eigene Bilder verwenden müssten. Daher nochmals der Appell, uns Ihre Aufnahmen kosmischer Begegnung zur Verfügung zu stellen.
Wie schaut nun ein möglicher Weg zur eigenen kosmischen Begegnung aus? Natürlich kann man einfach Deep-SkyObjekte aufnehmen und erst im Nachhinein schauen, ob sich zufällig ein heller Kleinplanet auf den Aufnahmen befindet. In der Nähe der Ekliptik, wo sich die meisten Kleinplaneten tummeln, wird das relativ oft der Fall sein. Wer sich aber nicht auf den Zufall verlassen will, kann seine kosmische Begegnung auch planen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich über enge Begegnungen von Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten zu informieren. Ein einfacher Weg ist dazu die Homepage von Klaus Hohmann. Er pflegt seit Jahren eine Seite [1], auf der man sich mit Hilfe eines Tools (Abb. 1) aktuelle und zukünftige kosmische Begegnungen mit Kleinplaneten anzeigen lassen kann.
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Der Benutzer kann dort die Helligkeit des Deep-Sky-Objekts und des Kleinplaneten auswählen sowie den Abstand der beiden zueinander, aber auch nach Art des Objekts filtern. Angezeigt wird dann das Datum der kleinsten Distanz zwischen dem Deep-Sky-Objekt und dem Kleinplaneten sowie deren Position. Je kleiner die Optiken und die Brennweite sind, umso heller sollten das Deep-Sky-Objekt und der Kleinplanet sein. Der Vorteil der kleinen Optiken ist deren größeres Gesichtsfeld, so dass auch weiter entfernte kosmische Begegnungen fotografisch erfasst werden können. Im Tool werden nur die prägnantesten, also die engen Begegnungen angezeigt. Daher lohnt es sich auch, in seinem Planetariumsprogramm nachzusehen, ob auch andere kosmischen Begegnungen als die im Tool angeführten, in der gewünschten Nacht stattfinden.
Im Screenshot (Abb. 2) aus dem Programm ,,Guide 9" sieht man die im Tool von Klaus angeführte Begegnung von (454) Mathesis mit dem Kugelsternhaufen M 30. Der Rahmen um den Kugelsternhaufen entspricht meinem Gesichtsfeld bei zwei Metern Brennweite und dem KAF-8300-CCD-Chip meiner Kamera. Mit einem größerem Chip oder einer kürzeren Brennweite wäre es auch möglich, die Begegnung des ca. 16 mag hellen Kleinplaneten (22569)1998 HK36
zu dokumentieren. Diese Begegnung erscheint im Tool nicht, da der Abstand schon relativ groß ist und die Helligkeit des Kleinplaneten auf heller als 15 mag eingestellt wurde.
Auf den Aufnahmen sollten sich die Kleinplaneten als Strichspur zeigen. Dazu müssen sie sich auch dementsprechend schnell bewegen. Die größte scheinbare Bewegung und auch Helligkeit haben die Kleinplaneten um den Zeitpunkt ihrer Opposition herum. Typische Hauptgürtelasteroiden bewegen sich dann mit ca. 30 bis 40 Bogensekunden pro Stunde. Daher sucht man sich Kleinplaneten, die ein oder zwei Stunden vor und nach Mitternacht den Meridian überschreiten. Kleinplaneten, die am Abend oder gegen Morgen kulminieren, haben teilweise eine nur sehr geringe scheinbare Eigenbewegung. Am besten überprüft man die scheinbare Geschwindigkeit vorher mit Hilfe einer Planetariumssoftware oder im Internet, z.B. auf der Ephemeriden-Service-Seite des MPC [2]. Es wäre schade, wenn sich nach einigen Stunden Belichtungszeit herausstellen sollte, dass sich der Kleinplanet nicht oder kaum von einem Stern unterscheiden lässt.
Mit etwas Planung lässt sich also sehr einfach eine passende kosmische Begegnung für das eigene Equipment finden.
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Wenn dann das Wetter mitspielt, steht der Fotografie einer ,,Kosmischen Begegnung" nichts mehr im Wege. Mit Farbkameras können durchgehende Strichspuren der Kleinplaneten aufgenommen werden. Bei monochromen Kameras und der Erstellung eines LRGB-Bildes kann die Stichspur durch die Verwendung einer Filter-Sequenz unterbrochen sein (Abb. 3).
Wenn es möglich ist, belichte ich zum Zeitpunkt der ,,Kosmischen Begegnung" eine durchgehende Luminanz-Serie und RGB für die Farbe in einer anderen Nacht. Manchmal ist das aber nicht möglich und so habe ich ebenfalls Bilder mit den typischen segmentierten Strichspuren bzw. mit den farbigen Stichspuren bei reinen RGB-Aufnahmen (Abb. 4).
Wie viel Zeit in eine kosmische Begegnung investiert wird, ist jedem selbst überlassen. Aber jede Astroaufnahme profitiert von längeren Belichtungszeiten. Das Deep-Sky-Objekt wird schöner dargestellt und auch die Kleinplanetenstrichspur wird länger und damit besser erkennbar.
Wenn die Aufnahmen auf der Festplatte oder auf der Speicherkarte liegen, kann man sich Gedanken über die Bildbearbeitung machen. Die üblicherweise aufgenommenen Einzelbilder müssen zu einem Summenbild gestackt werden. Was als Hilfe für die Entfernung von lästigen Satellitenspuren oder Nachführfehlern gedacht war, erweist sich auch für die meisten Kleinplaneten als tödlich. Die heute üblichen Stackingmethoden wie ,,Sigma combine" oder ,,Median combine" eliminieren die Kleinplaneten, da sie in jedem Einzelbild an eine andere Position weitergewandert sind. Wer seine Bilder aufsummiert oder mittelt, dem bleiben die Kleinplaneten erhalten. Da
3 Eine unterbrochene Strichspur durch eine automatische LRGB-Aufnahme 4 Eine dreifarbige Strichspur durch eine RGB-Aufnahme
ich ebenfalls nicht auf das komfortable ,,Sigma combine" verzichten möchte, werden meine kosmischen Begegnungen einmal ,,Sigma combine" gestackt und einmal aufsummiert. Die Strichspur der
5 Punktlinie des Kleinplaneten (1219)
Britta bei NGC 3593
aufsummierten Bilder kopiere ich dann in das mit ,,Sigma combine" gestackte Bild hinein.
Anstatt eine Strichspur des Asteroiden darzustellen, kombiniert mein Coautor Klaus Hohmann gern die Kleinplanetenbahn zu einer Punktspur (Abb. 5). Dazu werden viele Einzelaufnahmen benö-
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Kleinplaneten
6 Vergleich einer Positiv- und einer Negativdarstellung von schwachen Kleinplaneten
tigt, die so kurz belichtet sind, dass die Kleinplaneten in den Einzelbildern noch punktförmig sind. Hat man z.B. 50 Einzelaufnahmen zu je drei Minuten, kann man jeweils 5 x 3 Minuten auf den KP stacken und aus diesen Teilsummenbil-
dern die Punktspur eines Kleinplaneten zusammenfügen. Der Rest der Bildbearbeitung wird wie für ein normales DeepSky-Foto erledigt. Wem die Kleinplaneten-Strichspur zu klein oder zu schwach erscheint, kann eventuell die Strichspur
vergrößern oder die Spur umranden und selektiv bearbeiten. Benutzer von monochromen CCD-Kameras können auch Negativdarstellungen erstellen (Abb. 6). Die Schwarz-Weiß-Negative schauen im Gegensatz zu den Positiven auch mit einem erhöhten Kontrast noch gut aus. Aber wie vieles in der Bildbearbeitung ist das eine Frage des persönlichen Geschmacks. Damit wäre das Bild zum Einreichen für die ,,Kosmischen Begegnungen" fertig.
Dem einen oder anderen stellt sich die Frage, warum man sich überhaupt mit den kleinen Strichen auf Deep-SkyAufnahmen befassen soll. Im Gegensatz zum Deep-Sky-Objekt erkennt man keine Strukturen und bunt sind die Dinger ja auch nicht. Warum also den Aufwand betreiben, und die Kleinplaneten im Bild erhalten oder gar sichtbar machen? Zum einen gibt es den Objektivitätsgedanken. Wenn ein Teil vom natürlichen Kosmos durch das Gesichtsfeld zieht, dann soll-
7 Der Kleinplanet (175941) 2000 FN27 und Arp 315, aufgenommen mit einer SXV-H9-CCD-Kamera und einem 12-zölligen Newton bei f/5
am 25. Februar 2004
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Tabelle 1: Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Deep-Sky-Objekten und Kleinplaneten
Datum/Uhrzeit
Kleinkörper
mag
27.10.2016/21:00 (5872) Sugano 15,3
07.11.2016/22:00 (4296) van Woerkom 15,0
01.12.2016/22:00 (769) Tatjana 14,0
Objekt Art NGC 772 Gx
M 74 Gx M 45 OC
mag Abstand 13,3 9´ 9,1 6´ 1,6 1´
Abkürzungen: Gx = Galaxie, OC = Offener Sternhaufen
te er auch im fertigen Bild aufscheinen. Da wir Hobbyastronomen nicht zu wissenschaftlich korrekten Aufnahmen verpflichtet sind, steht es natürlich jedem Fotografen frei, bewusst oder aus Unwissenheit die Kleinplaneten zu entfernen.
Für den Großteil der Astrofotografen, die über die Anwesenheit eines Asteroiden auf ihren Bildern Bescheid wissen, stellen sie eine Bereicherung dar. Die Anwesenheit des kleinen Brockens, genau zum richtigen Zeitpunkt, macht die Fotografie des Hauptmotivs zu einem seltenen oder gar einzigartigen Bild. Oft führt das dazu, dass man sich intensiver mit dem Deep-Sky-Objekt und dem Gast im Bild beschäftigt. Ich finde es immer wieder spannend, Recherchen über die Objekte auf der Aufnahme zu betreiben. Mit Hilfe des Internets lassen sich viele Informationen finden. Gerade Kleinplaneten sind eine Quelle an Wissenswertem abseits der nackten physikalischen Fakten. Wer war der Entdecker? Wie verlief sein Leben? Warum wurde der Kleinplanet so benannt? Das Entdecken dieser Informationen finde ich persönlich besonders faszinierend an den kosmischen Begegnungen.
Um die Kontinuität nicht zu unterbrechen, möchte ich auch hier eine kosmische Begegnung vorstellen. Die Aufnahme stammt vom 25. Februar 2004 und ist meine allererste kosmische Begegnung, die ich bewusst aufgenommen habe [3]. Das Frühjahr 2004 war eine aufregende Zeit für mich. Ein paar Tage vorher hatte ich meine ersten Kleinplaneten entdeckt. Sie waren mit Helligkeiten zwischen 19 und 20 mag nicht gerade ,,pretty-picture"-tauglich. Daher suchte ich in meinem Planetariumsprogramm ein Deep-Sky-Objekt, bei dem ein hellerer Brocken seine Strichspur im Gesichtsfeld hinterlässt. Meine Wahl fiel auf das Galaxientrio NGC 2830/31/32, das auch als
Arp 315 bekannt ist. Sie erhielten Besuch von (175941) 2000 FN27, der damals noch nicht nummeriert war. Der Kleinplanet war knapp über 18 mag hell und sollte eine schwache, aber doch sichtbare Strichspur im aufsummierten Bild hinterlassen. So belichtete ich eine Serie von 18 x 3 Minuten. Anschließend stackte ich die Bilder und fand die Strichspur sei ziemlich kurz. Daher legte ich nochmals 11 x 3 Minuten nach. Darum fehlt im Bild (Abb. 7) ein kleines Stück in der Strichspur.
Im Bildfeld tummeln sich einige Galaxien. Die Galaxiengruppe Arp 315 befindet sich im Bild oberhalb des Kleinplaneten. Die Hauptgalaxie ist die elliptische Galaxie NGC 2832 mit 11,8 mag. Sie hat die 6-fache Masse der Milchstraße. Nahe ihres Kerns befindet sich die 13,4 mag helle elliptische Galaxie NGC 2831, welche mit der 0,8-fachen Milchstraßenmasse um einiges leichter ist. Rechts davon befindet sich das dritte Arp-Gruppenmitglied NGC 2830. Diese spiralförmige Balkengalaxie ist 13,9 mag hell und etwas leichter als die Milchstraße. Da die Entfernungen von NGC 2830 mit 220 Mio. Lichtjahren zu NGC 2831 mit 260 Mio. Lichtjahren und weiter zu NGC 2832 mit 300 Mio. Lichtjahren stark ansteigen, handelt es sich bei Arp 315 nicht um eine physikalisch verbundene Gruppe.
Der Kleinplanet (175941) 2000 FN27 wurde am 27. März 2000 vom automatischen Suchprogramm LONEOS entdeckt. LONEOS war das NEO-Suchprogramm des Lowell-Observatoriums, welches von 1993 bis 2008 arbeitete. Der Hauptgürtelasteroid (175941) 2000 FN27 ist ein Nebenprodukt der NEO-Suche und wird der Erde nicht nahe kommen. Er ist ca. fünf Kilometer groß und war zum Zeitpunkt der Aufnahme ca. 180 Mio. Kilometer von der Erde entfernt.
,,Kosmische Begegnungen" finden täglich statt. Die Tabelle 1, die von uns erstellt wurde, enthält eine kleine Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten. Damit soll Ihnen Ihr Weg zum persönlichen Bild einer ,,Kosmischen Begegnung" erleichtert werden. Weitere davon finden Sie wie im Artikel beschrieben auf der Homepage von Klaus Hohmann.
Vielleicht findet der eine oder andere nun auch Gefallen an dieser Art der Astrofotos. Wenn dem so ist, bitte scheuen Sie sich nicht, diese an uns zu schicken. Jedes Bild erzählt seine eigene Geschichte und daher ist es egal, auf welchem Level der Technik es entstanden ist. Falls sich einige mutige Sternfreunde finden, können wir gemeinsam vielleicht noch weitere 40 Ausgaben dieses Journals mit kosmischen Begegnungen bereichern.
Bilder können Sie per Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an ries@ sternwarte-altschwendt.at schicken. Bitte vergessen Sie nicht das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.
Internethinweise: [1] http://astrofotografie.hohmann-edv.
de/aufnahmen/kosmische. begegnungen.php [2] www.minorplanetcenter.net/iau/ MPEph/MPEph.html [3] www.sternwarte-altschwendt.at/ Bild_7_Arp315_KP175941_WRies_ Neg.jpg
Comic
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Zwergplaneten
von Andre Knöfel
Unser Sonnensystem besteht nicht nur aus den Planeten. Es gibt unzählige Objekte von Staubkorngröße bis zu riesigen Felsbrocken mit einigen hundert Kilometern Durchmesser, die ihre Bahnen um die Sonne ziehen oder als Monde um die Planeten kreisen. Sehr verschieden sind die Bezeichnungen für diese Objekte: Die ganz kleinen Krümel werden Meteoroide genannt, die beim Eintritt in die Erdatmosphäre als Sternschnuppen - Meteore - verglühen. Sind sie etwas größer, kann Material den Flug durch die Erdatmosphäre überstehen und als Meteorit zur Erde fallen. Größere Objekte werden als Kleinplaneten oder Asteroiden bezeichnet. Besitzen die Körper einen Staub- oder Gasschweif, kennen wir sie als Kometen. Erst seit 2006 wird für eine bestimmte Gruppe von Objekten der Begriff Zwergplaneten (,,dwarf planets") verwendet. Während der Generalversammlung der Internationalen Astronomischen Union (IAU) am 24. August 2006 in Prag wurde diese neue Gruppe im Zusammenhang mit einer neuen Planetendefinition von Himmelskörpern geschaffen. Gleichzeitig wurde der vormals neunte Planet unseres Sonnensystems - Pluto - als Zwergplanet eingestuft.
1 Diese Aufnahme von (1) Ceres entstand am 19. Februar 2015 aus einer Entfernung
von 46.000 km. Sie zeigt ein fast 300 Kilometer großes Becken südlich des Äquators. Eine Besonderheit ist die Tiefe des Beckens: Es ist zu flach, um dessen Entstehung durch den Einschlag eines anderen Asteroiden zu erklären. Bildquelle: NASA/JPLCaltech/UCLA/MPS/DLR/IDA
2 Krater Occator auf dem Zwergplaneten (1) Ceres in einer Falschfarben-Aufnahme.
Diese Methode ermöglicht es den Wissenschaftlern, das Material auf der CeresOberfläche und im Krater näher zu bestimmen. Die Aufnahme entstand aus einer Entfernung von 4.400 Kilometern. Der Krater Occator hat einen Durchmesser von etwa 90 Kilometern. Bildquelle: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA
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Um zu verstehen, was Zwergplaneten eigentlich sind, muss man sich die Definition der Planeten anschauen. Nach der Definition der IAU sind Planeten Objekte, die sich auf einer Bahn um die Sonne bewegen. Sie müssen über eine ausreichend große Masse verfügen, um durch ihre eigene Gravitation (hydrostatisches Gleichgewicht) eine halbwegs runde Form aufzuweisen. Außerdem dürfen sie selbst keine Sterne sein. All diese Eigenschaften werden auch bei Objekten vorausgesetzt, die den Zwergplaneten zugerechnet werden - mit Ausnahme einer Eigenschaft: Planeten müssen im Laufe ihrer Existenz ihre Bahn von anderen Objekten bereinigt haben, d.h. durch Gravitationseffekte andere Kleinkörper aus der eigenen Bahn geschafft haben. Für Zwergplaneten trifft dies jedoch nicht zu, sie können durchaus noch Material anderer Kleinkörper auf ihrer Bahn haben.
Dies ist allerdings auch der größte Kritikpunkt an dieser Definition, denn auch auf den Bahnen der als Planeten eingestuften Objekte befinden sich noch tausende kleiner Objekte. Bestes Beispiel dafür ist Jupiter, dem auf seiner Bahn um
3 Der Haulani-Krater auf (1) Ceres misst 34 Kilometer im Durchmesser. Diese Falsch-
farbenaufnahme wurde mit den Kameras der Raumsonde Dawn aus einer Entfernung von 1.470 Kilometern aufgenommen. Die Aufnahme zeigt Erdrutsche am Kraterrand. Bildquelle: NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA
die Sonne die zu der Asteroiden-Gruppe der Trojaner gehörenden Kleinplaneten im Abstand von rund 60 Grad auf
den Lagrange-Punkten vorauseilen bzw. nachlaufen. Allerdings ist das Verhältnis der Masse der Planeten zu der Masse der Objekte mit ähnlichem Orbit sehr groß. Dieses Verhältnis wird als planetarische Diskriminante bezeichnet. Bei den acht Planeten sind die Werte für bei weit über 1.000 (Erde bei 1.700.000 bis Neptun bei 24.000), bei den Zwergplaneten ist der Wert kleiner als 1.
Pluto erfüllte nicht die Anforderungen an Planeten, denn es gibt einige Objekte, die sich auf einer recht ähnlichen Bahn wie Pluto um die Sonne bewegen. Seine planetarische Diskriminante beträgt nur 0,077 - daher wurde ihm der Planetenstatus aberkannt. Seitdem trägt er, wie andere Asteroiden auch, zusätzlich eine Nummer: (134340) Pluto.
4 Diese Falschfarben-Aufnahme des
Zwergplaneten Pluto entstand mit der Ralph/MVIC-Farbkamera an Bord der Sonde New Horizons am 14. Juli 2015 aus einer Entfernung von 35.000 Kilometern und dient zur Analyse des Oberflächenmaterials des Zwergplaneten. Bildquelle: NASA/JHUAPL/SwRI
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5 Die Stickstoff-Eisgletscher auf Pluto scheinen auf ihrer Oberfläche kleine Hügel aus
Wassereis zu tragen. Sie haben Durchmesser von wenigen Kilometern. Bildquelle: NASA/JHUAPL/SwRI
Derzeit werden fünf Objekte als Zwergplaneten bezeichnet. Der einzige Zwergplanet, der sich im inneren Bereich des Sonnensystems befindet, ist die am 1. Januar 1801 von Giuseppe Piazzi in Palermo entdeckte (1) Ceres - der erstentdeckte Asteroid überhaupt und das größte Objekt im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter.
Alle anderen Zwergplaneten ziehen auf Bahnen weit hinter Uranus. Nachdem (134340) Pluto in den Augen einiger Astronomen ,,demontiert" wurde, wurde er bei der IAU-Generalversammlung 2008 als Namensgeber einer Untergruppe von Zwergplaneten erwählt, die auf Bahnen, deren große Halbachse größer als die der Neptunbahn ist, um die Sonne ziehen. Sie werden als ,,Plutoiden" bezeichnet. Pluto ist derzeit der größte bekannte Zwergplanet.
Auch die anderen offiziellen Zwergplaneten, (136199) Eris, (136472) Makemake und (136108) Haumea gehören der Untergruppe der Plutoiden an. Nach Pluto ist (136199) Eris der zweitgrößte Zwergplanet und mit einer Masse von 1,67 1022 Kilogramm der massereichste Zwergplanet. Nur etwa 60 Prozent so groß wie Pluto ist (136472) Makemake. Er ist aber derzeit mit einer scheinbaren Helligkeit von 17 mag in der Reichweite vieler Amateurastronomen. Nur Pluto selbst wird mit etwa 13,6 mag noch deutlich heller als die anderen Plutoiden. Erst im
6 Aufnahme des Zwergplaneten
(136199) Eris und seines Mondes Dysnomia am 30. August 2006 mit dem Hubble Space Telescope. Das Keck-Teleskop wurde zwischen dem 20. und 31. August 2006 ebenfalls auf Eris gerichtet. Mit Hilfe der Aufnahmen konnte die genaue Bahn des Eris-Mondes bestimmt werden. Damit war es möglich, die Masse von Eris als massereichstem Zwergplaneten des Sonnensystems zu berechnen. Bildquelle: NASA, ESA, M. Brown (California Institute of Technology)
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Jahr 2008 kam (136108) Haumea zu seinem Status als Zwergplanet und Plutoid. Das Objekt ist durch seine Rotationsperiode von 3 Stunden, 55 Minuten extrem stark abgeplattet. Der Äquatordurchmesser ist nicht einheitlich und variiert zwischen 1900 und 1500 Kilometern. Sein Poldurchmesser beträgt dagegen nur knapp 1000 Kilometer. Das Objekt ist also nicht wirklich rund. Man vermutet, dass diese Form und seine hohe Rotationsperiode durch den Zusammenprall mit einem ähnlich großen Objekt verursacht wurden. Von dieser kosmischen Katastrophe dürften auch seine beiden Monde, Hi'iaka und Namaka zeugen. Trotz seiner außergewöhnlichen, von der Kugelgestalt deutlich abweichenden Form, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass sich das Objekt im hydrostatischen Gleichgewicht befindet. Daher wurde es den Zwergplaneten zugeordnet.
Neben diesen offiziellen Zwergplaneten gibt es eine Reihe von sehr aussichtsreichen Kandidaten, die im Laufe der nächsten Jahre nach eingehender wissenschaftlicher Untersuchung der Gruppe zugeschlagen werden dürften. Dies sind (225088) 2007 OR10, (50000) Quaoar, (90377) Sedna, (307261) 2002 MS4 und (90482) Orcus. Sie besitzen alle einen Durchmesser von etwa 900 bis 1000 Kilometer und eine ausreichende Masse für ein hydrostatisches Gleichgewicht. Daneben gibt es etwa zehn Kleinplaneten, die sich ebenfalls Chancen auf den Status eines Zwergplaneten ausrechnen können.
Zwei der Zwergplaneten, (134340) Pluto und (1) Ceres, waren im vergangenen Jahr Ziel von unbemannten Raumfahrtmissionen. Am 19. Januar 2006 startete die NASA die Sonde New Horizons mit dem Ziel, den damals noch als neunten Planeten bezeichneten Pluto zu untersuchen. Sieben Monate später wurde aus der Planetenmission eine Zwergplaneten-Mission. Deshalb ist es wohl nicht verwunderlich, dass der Leiter der Mission, Alan Stern, einer der größten Kritiker der ,,Demontage" war. Am 14. Juli 2015 flog die Sonde von der Größe eines Konzertflügels vollgepackt mit verschiedenen Kameras und Sensoren in 12.500 Kilometern Entfernung mit einer Geschwindigkeit von 14,5 Kilometern pro Sekunde an Pluto vorbei und übertrug
7 Das Bild des Hubble Space Teleskops zeigt den Zwergplaneten (136472) Makemake
und seinen noch namenlosen Mond, der derzeit die Bezeichnung S/2015 (136472) trägt. Der Mond ist nur 160 Kilometer groß und verschwindet fast im Licht des 1300-mal helleren und 1400 Kilometer großen Zwergplaneten. Bildquelle: NASA, ESA, A. Parker und M. Buie (Southwest Research Institute), W. Grundy (Lowell Observatory) und K. Noll (NASA GSFC)
die ersten Bilder seiner eisigen Oberfläche und auch Aufnahmen seines Mondes Charon zur Erde.
Bereits vier Monate vorher, am 6. März 2015, erreichte die NASA-Raumsonde Dawn die Ceres, nachdem sie bereits vier Jahre zuvor den Kleinplaneten Vesta über ein Jahr lang erforscht hatte. Auf Ceres konnten dabei viele Details entdeckt werden, die für die Forscher völlig überraschend waren. Am bekanntesten dürften die sehr hellen, weißen Flecke auf der Oberfläche, besonders ,,Spot 5" im Krater Occator, sein (vgl. Abb. 2).
Auch wenn weitere direkte Untersuchungen von Zwergplaneten in der nächsten Zukunft nicht geplant sind, stehen doch Besuche anderer einsamer Felsbrocken
im All auf der Agenda der Raumfahrtorganisationen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass diese Objekte keineswegs langweilig sind, sondern immer neue, teilweise unerwartete Oberflächendetails aufweisen. Einige Überlegungen zur Entstehungsgeschichte des Sonnensystems erscheinen durch die Untersuchungsergebnisse plötzlich in einem ganz anderen Licht. Deshalb ist jeder von unbemannten Raumsonden untersuchte Kleinkörper des Sonnensystems, sei es nun ein Zwergplanet, ein Asteroid oder Komet, spannend für die Wissenschaft.
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Projekt Pluto
von W. Paech, F. Hofmann und L. D. Schmadel
Vor einigen Jahren - wahrscheinlich 2006 - zu der Zeit, als die Plutosonde New Horizons gestartet wurde - saßen zwei der Autoren (Paech und Schmadel) bei einem Bier zusammen und irgendwie kam die Idee auf, ob es möglich sei, den Zwergplaneten (134340) Pluto in der heutigen Zeit mit fotografischer Technik auch mit einem sehr kleinen, klassischen 2-Zoll-Teleskop aufnehmen zu können. Clyde William Tombaugh (1906-1997) nahm die Entdeckungsbilder im Januar 1930 noch mit einem 13-Zoll-Teleskop bei einer Zeitdifferenz von sechs Tagen auf.
Die Idee verschwand dann im Laufe der Jahre wieder aus den Köpfen. Anfang 2015, als die astronomische Presse das Thema Pluto und New Horizons wieder aufgriff, kam auch die Idee des ,,Projekt Pluto" wieder auf, als zudem einer der Verfasser einen Namibiaaufenthalt plante. Ein 2-Zoll-Teleskop musste also her. Das Objektiv sollte schon etwas bessere Qualität haben und eben genau zwei Zoll Öffnung haben.
1 Das Zeiss-Objektiv 50/540 mm mit der Skizze der Tubusblenden und dem
Okularauszug im Bastelkeller von Wolfgang Paech
Die Firma Carl Zeiss Jena hatte über Jahrzehnte ein klassisches Bastelobjektiv mit 50 Millimetern Öffnung und 540 Millimetern Brennweite im Programm. Deshalb wurde Kontakt zur Firma Baader Planetarium aufgenommen, die vor Jahren das komplette Zeiss-Astro-Amateurprogramm übernommen hatte. Thomas Baader fand das Projekt so interessant und ,,witzig", dass er tief in den Keller der Firma hinabstieg, tatsächlich fündig wurde und uns ein Zeiss-Jena-Objektiv, 50/540 mm, für das Projekt zur Verfügung stellte. Ein großer Teil dieser Objektive wurden als C-Objektiv verkauft, aber es gab auch einige wenige Exemplare, die als Fraunhofer - also FH 50/540 mm - ausgelegt waren. Das Öffnungsverhältnis liegt bei mäßigen f/10,8.
Das kleine Teleskop ,,Projekt Pluto" wurde im Bastelkeller bei Paech gebaut (Abb. 1). Der Okularauszug stammt aus der Restekiste und ist nicht sonderlich gut. Ein Kippeln des Tubus wurde durch einen sehr strammen Einbau der Zahnstange in
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2 Das fertige ,,Projekt Pluto"-Teleskop in Namibia auf einer CELESTRON-CGEM-Pro-
Montierung. Der Pentaxrefraktor wurde zum Guiding eingesetzt.
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3 Addierte Bilder vom 12. und 13. Juli 2105 mit den markierten Plutopositionen. Bildorientierung: Norden oben, Osten links.
Alle Bilder des Beitrags: W. Paech
den Flansch weitgehend minimiert. Besonderen Wert wurde auf eine ordentliche Blendenauslegung gelegt, um die Abbildung möglichst streulichtfrei zu halten. Das fertige Teleskop wurde noch grob auf Abbildungsqualität getestet, kam in eine gepolsterte Posterhülle und flog im normalen Koffer im Reisegepäck mit nach Namibia. Montiert wurde es dort auf einer transportablen CELESTRON-CGEM-Montierung. Parallel dazu ein Pentax 105, das in diesem Fall als Leitrohr fungierte. Als Aufnahmekamera wurde eine Canon EOS 60 DA eingesetzt (Abb. 2).
In der Nacht vom 10. auf den 11. Juli 2015 wurden Testaufnahmen zur Ermittlung der Abbildungsqualität belichtet. Abgesehen von den erwarteten blauen Streukreisen (in der Bildverarbeitung abgemildert) und länglichen Sternen in den Bildecken zeigte das Objektiv eine recht ordentliche Abbildung.
Pluto stand zur Zeit der Aufnahmen im Sternbild Schütze, nahe den Sternen z1 und z2 mit einer Helligkeit von ca. 14,3
mag (siehe auch SuW 05/2015, Seite 65). Die Verfasser hatten ja nun - im Vergleich zum Entdecker Tombaugh - den entscheidenden Vorteil, über Sternkartensoftware zu wissen, wo Pluto zu finden war. Am Abend des 11. Juli wurden erste Bilder des Plutofeldes aufgenommen. Leider stand Pluto fast deckungsgleich zu einem Stern der Helligkeit 14,86 mag und zudem hatten die fünf Einzelbilder leichte Nachführungsfehler. Deshalb wurden - auch zur Dokumentation der Eigenbewegung - noch einmal Aufnahmen am Abend des 12. und des 13. Juli 2015 aufgenommen. Erstaunlich dabei war, mit welcher Präzision die Planetariumssoftware GUIDE 9.0 die Position von Pluto anzeigt. Die Aufnahmen vom 13. Juli entstanden also nur 24 Stunden vor dem Vorbeiflug von New Horizons am Zwergplaneten Pluto, der zu dieser Zeit einen Abstand von knapp 31,9 AE hatte.
Die Einzelbilder, aufgenommen mit der EOS 60 DA bei 800 ASA und 300 Sekunden Belichtungszeit, zeigen Pluto
eindeutig (die Grenzgröße liegt bei ca. 16 mag). Die Abb. 3 zeigt die überlagerten Bilder der Abende 12. und 13. Juli 2015 mit Markierungen des Pluto.
Es ergab sich, dass schon Einzelbilder bei fünf Minuten Belichtungszeit Pluto ganz eindeutig zeigen. Es muss also nicht immer ein 20-Zöller sein. Auch mit viel kleineren Teleskopen lassen sich erstaunlich gute Ergebnisse erzielen und ein wenig die Wissenschaftsgeschichte nachvollziehen. Ist damit schon die Grenze erreicht oder funktioniert unsere Schnapsidee auch noch mit einem 1-Zöller? Wir werden es in diesem Jahr versuchen.
Die Autoren danken Herrn Thomas Baader für seine Unterstützung.
Internethinweis: [1] Weitere Bilder und Animationen
zum Projekt Pluto finden sich auch unter www.chamaeleon-observatoryonjala.de/de/chamaeleon-observatory/ project-htm/projekt-pluto.htm.
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Der Kleinplanet (400309)
Ralfhofner
von Martin Fiedler
Die Benennung eines Asteroiden ist für mich immer etwas Besonderes, was ich sehr lange und gründlich überlege. So sind im Laufe der Zeit immerhin vier Benennungen von in Radebeul (A72) entdeckten Asteroiden durch das ,,Minor Planet Center" (MPC) akzeptiert worden. Im Jahr 2015 ergab sich dann wieder die Möglichkeit, dem MPC einen Namen vorzuschlagen, denn der Kleinplanet ,,2007 TC185" wurde endlich nummeriert. Diesen hatte ich zusammen mit ,,2007 TA185" und ,,2007 TB185" am 14. Oktober 2007 mit einem 14-Zoll-MaksutowNewton f/4,5 und einer ST-10XME-CCDKamera an der Sternwarte Radebeul entdeckt (siehe Abb. 1).
Diesmal fiel mir die Entscheidung für einen Namen aufgrund eines traurigen
1 Der 14-zöllige Maksutow-Newton der Sternwarte Radebeul
2
Blick auf die Elsterland-Sternwarte
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Kleinplaneten
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Ereignisses recht leicht. Ende 2014 starb unerwartet Ralf Hofner, ein guter Freund und Mentor in Sachen Astronomie. Er war der Gründer des sehr beliebten Herzberger Teleskoptreffens in Südbrandenburg und langjähriger aktiver Amateurastronom. Er hat viele Menschen für die Astronomie begeistert und zusammengeführt. So konnte er im Laufe der Zeit auch Mitstreiter für ein Sternwartenprojekt gewinnen und begründete mit diesen gemeinsam die Elsterland-Sternwarte [1], welche im Jahr 2010 auf dem Gelände des Herzberger Teleskoptreffens fertiggestellt wurde. Drei Jahre später, konnten dort auch die ersten noch unbekannten Kleinplaneten gefunden werden (2013 TT127, 2013 TU127, 2013 TV127, 2013
Laudatio
(400309) Ralfhofner = 2007 TC185
Discovered 2007 Oct. 14 by M. Fiedler at Radebeul. Ralf Hofner (1960-2014) was a German amateur astronomer and founder of one of the biggest European Star Parties, located near Herzberg, Brandenburg. Together with other amateur astronomers he established the Elsterland Observatory, which was completed in 2010.
TW127) und die Elsterland-Sternwarte erhielt den offiziellen Stationscode K59 (siehe Abb. 2).
So war es für mich eine leichte Entscheidung, Ralf Hofner und sein Lebenswerk mit einer Asteroidenbenennung zu würdigen. Im Februar 2016 wurde die Benennung dann vom Minor Planet Center akzeptiert und der Asteroid 400309 trägt nun offiziell seinen Namen [2].
Internethinweise: [1] Elsterland-Sternwarte:
www.elsterland-sternwarte.de/ [2] JPL Small-Body Database Brow-
ser: http://ssd.jpl.nasa.gov/sbdb. cgi?sstr=400309;orb=1
Vorstellung als neuer Fachgruppen-Leiter Amateurteleskope/Selbstbau
von Andreas Berger
Das hat man davon, wenn man zum Astrostammtisch geht: Plötzlich wird man zum Fachgruppenleiter Amateurteleskope/Selbstbau ernannt. ,,Widerstand ist zwecklos", so kam es mir zumindest vor... Spaß beiseite, obwohl, Spaß wollen wir ja schließlich alle haben in der Astronomie. Ich zumindest habe ihn auf jeden Fall, trotz Wolken und durchfrorener Nächte.
Einige werden mich kennen, als Freund oder Kunde. Für die, welche mich noch nicht kennen, stelle ich mich hier kurz vor. Seit rund zwölf Jahren habe ich eine kleine bescheidene Firma, in der ich für Sternwarten und Universitäten Lösungen für ihre mechanischen Probleme finde. Als gelernter Werkzeugmacher ist die Umsetzung mein täglich Brot. Und ich denke, dass ich dies erfolgreich tue. Die Beurteilung überlasse ich aber meinen Freunden und Kunden. Zudem war die Zeit spannend, die ich als Angestellter in den Entwicklungsabteilungen von diversen Firmen verbracht habe. Gut
fünf Jahre in einem Betrieb, welcher Sportwaffen hergestellt hatte, als auch zehn Jahre in der scharfen Branche. Nein, leider keine scharfen Optiken, sondern Haarscheren, die eine Wissenschaft für sich sind. Da ich aus der schärfsten Stadt ,,Solingen" komme, ist das sicherlich nicht sehr verwunderlich. Am meisten habe ich dabei gelernt, wie man mit möglichst geringem Aufwand und Kosten zu einem hochwertigen Produkt gelangt. Und hier habe ich meine Passion gefunden: der Weg, der zum Ziel führt. Es ist für mich immer wieder ein Genuss miterleben zu dürfen, wie man selbst, oder auch andere, gerade durch unkonventionelle Methoden zum persönlichen Ziel kommt und damit quasi eine ,,Skulptur" als Unikat erschafft.
Mich reizt die von Werner Celnik und Peter Riepe an mich herangetragene Aufgabe sehr. Und ich hoffe, dass ich euch allen als FG-Leiter Amateurteleskope/Selbstbau gerecht werde. Auf jeden Fall werde ich mir Mühe geben!
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Amateurteleskope / Selbstbau
Bau einer Sternzeituhr
mit dem Nanotracker und einer drehbaren Sternkarte
von Peter Hirschmann
Lange war ich auf der Suche nach einer Uhr, die immer den aktuellen Sternhimmel anzeigt. Sie selbst zu bauen schien mir zu kompliziert, da ich zu wenig Kenntnis besitze, um ein Uhrwerk so umzubauen, dass es einen Zeiger in 23 h 56 min einmal um 360 Grad dreht. Erst die Gelegenheit, einen gebrauchten Nanotracker zu bekommen, ließ meinen Plan real werden. Der Nanotracker ist klein genug, um hinter einer drehbaren Sternkarte zu verschwinden, und stark genug, diese problemlos anzutreiben.
Der Bau der Uhr ist denkbar einfach. Eine drehbare Sternkarte wird z. B. wie in meinem Fall auf eine Aluschiene geklebt, die ein 1/4-Zoll-Fotogewinde besitzt. Die Schiene wird auf einen kleinen Kugelkopf geschraubt und dieser am
Nanotracker befestigt. Der Kugelkopf ist wichtig, um die Scheibe gegenüber dem Nanotracker drehen zu können. So wird die aktuelle Zeiteinstellung möglich. Um die Scheibe nur in einer Ebene drehen zu können, habe ich zwischen Kugelkopf und Aluschiene noch eine abgesägte 20-ml-Plastikspritze geschraubt. Jetzt lässt sich die Scheibe um ihre Mittelachse drehen, ohne zu verkippen. Die ganze Konstruktion Scheibe-KugelkopfNanotracker habe ich fest an meinem Regal verschraubt. Die Deckscheibe der Sternkarte muss nun fixiert werden, so dass sich die Sternscheibe in Bezug zur Deckscheibe drehen kann. Ich habe dafür ein kleines Loch in die Deckscheibe gebohrt und einen dünnen Draht daran befestigt, der wiederum mit dem Regal verschraubt wurde (Abb. 1 und 2).
Die Stromversorgung des Nanotrackers kann dauerhaft nicht mit Batterien erfolgen, da diese viel zu schnell verbraucht sind. Ich habe deshalb ein kleines Universalnetzgerät gekauft, mit der Möglichkeit für einen USB-Anschluss, und ein USB-Kabel gebastelt, dessen zwei stromführende Anschlüsse mit Batterien in der Steuerbox des Nanotrackers fixiert wurden. Die Voltzahl am Netzgerät muss auf 4,5 V, die Drehrichtung an der Steuerbox auf ,,Südhimmel" und die Geschwindigkeit natürlich auf 1x gestellt werden (Abb. 3 und 4).
Seit ca. 2 Wochen läuft nun meine Sternzeituhr problemlos und sehr genau. Der Nanotracker bleibt kalt, nur die Steuerbox wird lauwarm.
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VdS-Journal Nr. 59
Amateurteleskope / Selbstbau
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Fangspiegelschutz für GitterrohrDobson-Teleskope
von Bernhard Suntinger
Um ein Gitterrohr-Dobson-Teleskop zu einem entfernten Beobachtungsort zu transportieren oder über einen längeren Zeitraum zu lagern, ist es wichtig, dass alle optischen Komponenten (Hauptspiegel, Fangspiegel sowie Okulare) gut geschützt sind. Kauft man ein solches Teleskop, sind die erforderlichen Schutzabdeckungen meist bereits im Lieferumfang enthalten. Jedoch trifft das nicht immer für den Fangspiegel zu - ein lästiges Problem, das sich schnell lösen lässt ...
Welchen Schutz soll eine Abdeckung bieten? Diese soll vor Verschmutzung der Optik und mechanischen Belastungen (durch den Transport, Aufbau etc.) schützen.
behandeln. Man kann die scharfkantigen Stellen auch mit einem Isolier- oder TIXOBand abkleben, damit die Beschichtung der Fangspiegelstreben nicht beschädigt werden kann.
Gebrauch Für den Schutz des Fangspiegels die Dose öffnen, mit der offenen Seite nach außen den Fangspiegel abdecken (der Dosenboden bedeckt den Spiegel) und nach Einführung der Streben in die Schlitze der Dose diese mit dem Deckel verschrauben.
1 Sägeschnitte in der Dose mit Abklebung
Auf ans Basteln Kosten ca. 2 ; Zeitaufwand ca. 1 Std. Man benötigt: - eine verschraubbare Kunststoffdose
(für kleine Fangspiegel wird man in der Gewürz-, Kakao- oder Getränkeabteilung fündig; große Fangspiegel kann man gut mit leeren Muskelprotein-Dosen schützen; Tipp: optimal sind transparente Gefäße) - ein Lineal - einen Stift, der auf Kunststoff schreibt - eine Allzwecksäge, ausgestattet mit einem feinzahnigen Sägeband (die Breite soll mindestens jener der Fangspiegelstreben entsprechen) - feinkörniges Schleifpapier - Klebeband (optional) Am oberen Rand der Dose werden die vier Sägepositionen angezeichnet. Wie tief diese eingeschnitten werden sollen, hängt von der Höhe der Fangspiegelstreben ab. Diese Höhe mit einem Lineal abmessen. Den Schraubverschluss auf die Dose aufschrauben und von dessen unterer Kante die vorhin gemessene Länge zuzüglich ca. 1 mm anzeichnen. Für saubere, gerade Schlitze sollten die Sägebereiche komplett vorgezeichnet werden, dann wird gesägt.
2 Aufsetzen des
Fangspiegelschutzes
Die Sägestellen können ausgefranst und gratig sein. Darum empfiehlt es sich, diese mit einem Schleifpapier nachzu-
3 Fertiger Schutz
am Teleskop
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Astrofotografie
Heureka - mein fotografisches Newton-
Teleskop mit einem Öffnungsverhältnis von 1:2,3
von Frank Hase
Die Fotografie von Sternhaufen, Gasnebeln und Galaxien ist ein reizvolles Betätigungsfeld, dem sich zahllose Sternfreunde verschrieben haben. Ein Newtonteleskop in Kombination mit einem Komakorrektor ist dann meist das Instrument der Wahl, um die Schaustücke des gestirnten Himmels festzuhalten - insbesondere, wenn der finanzielle Aufwand überschaubar bleiben soll. Ein solches System erreicht Öffnungsverhältnisse (Verhältnis von Optikdurchmesser D zu Brennweite f) im Bereich von 1:5 bis 1:4. Das Öffnungsverhältnis ist demnach der Kehrwert der Blendenzahl. Wie jedem Fotografen bekannt, bestimmt dieses Öffnungsverhältnis und nicht der Durchmesser der Optik die Bildhelligkeit und somit die erforderliche Belichtungszeit für die Detektion flächenhafter Objekte wie Gasnebel oder Galaxien. Der Durchmesser der Optik bestimmt bei fest gedachtem Öffnungsverhältnis nur den Bildmaßstab und bei gegebener Belichtungszeit die Grenzgröße, also die Helligkeit der schwächsten noch detektierbaren Sternpünktchen.
Ich verwende seit vielen Jahren für meine bescheidene Balkon-Astrofotografie ein Newton-Teleskop mit 200-mm-Öffnung und einem Öffnungsverhältnis von 1:4. Als Detektor dient entweder eine kleine ungekühlte CCD-Kamera (Meade DSIIII, S/W-Version, Sensorgröße 8,8 mm x 6,7 mm), manchmal auch digitale Kameras mit Sensorformat APS-C (22,2 mm x 14,8 mm). Doch stets würde ich mir ein schnelleres System wünschen (also ein größeres Öffnungsverhältnis, 1:2 ist größer als 1:4). Auf dem Balkon bin ich oft schon bei 800 mm durch die Luftunruhe begrenzt, die Nachführung läuft auch nicht immer perfekt, die Einsatzmöglichkeit engerer Filter zur Kontrastanhebung schließlich ist bei 1:4 und ungekühlter Kamera noch sehr begrenzt. Was tun? Ich habe in der Vergangenheit verschiedentlich mit günstigen zweilinsigen Telek ompressoren, wie sie auf dem Amateurmarkt verfügbar sind, experimentiert und befand diese an meinem Newton
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1 Die Meade CCD-Kamera mit adaptiertem
Speed Booster und RCC-Komakorrektor, zwischen Kompressor und Korrektor ist ein UV-IR-Cut-Filter eingebaut.
bei 1:4 als unbrauchbar. Im Prinzip ließe sich auch an einen Eigenbau denken, der eine verkleinerte Zwischenabbildung einführt, aber das würde dann zu einer unangenehm sperrigen und schweren Einheit aus Newtonkorrektor, Feldlinse und einem zusätzlichen fotografischen Objektiv führen. Schließlich gibt es seit einiger Zeit Newtonsysteme mit Fokalreduktoren am Markt, aber diese sind nicht eben erschwinglich.
Eine aufregende Entwicklung für uns Astrofotografen ist deshalb das Aufkommen von Telekompressoren auf dem fotografischen Verbrauchermarkt. Dies ist dem Umstand zu verdanken, dass Fotografen ihre alten Vollformatobjektive an Kameras mit kleinerem Auflagemaß und APS-C-Format oder noch kleinerer Sensorgröße nutzen wollen. Das Auflagemaß gibt den Abstand zwischen der Objektivfassung und dem Sensor an und beträgt beispielsweise beim E-Bajonett von Sony 18 mm, beim Micro-Four-Thirds-Standard 19,62 mm (Angaben nach Wikipedia). Das größere Auflagemaß des Objektivs (bei M42 sind es 45,46 mm) gibt genug Raum, um einen Telekompressor einzufügen,
der meist vierlinsig ausgeführt ist. Selbst die kostengünstigsten dieser Systeme sind weit besser korrigiert als die für die Astrofotografie bestimmten Telekompressoren im gleichen Preissegment, die ich in der Vergangenheit getestet habe. Inzwischen haben viele Hersteller nochmal dazugelernt und bieten verbesserte Ausführungen mit Sondergläsern an, die eine ganz erstaunliche Bilddefinition erreichen (so z.B. der Zhongyi Lens Turbo II). Der Verkürzungsfaktor beträgt in der Regel 0,72. Man gewinnt damit etwa eine Blendenstufe. Den stärksten Verkürzungsfaktor bietet meines Wissens derzeit der von Metabones entwickelte sechslinsige BMPCC T Speed Booster mit einem Kompressionsfaktor von 0,58. Damit wird aus meinem Newton mit dem Öffnungsverhältnis 1:4 ein System mit 1:2,3! Bitte beachten Sie unbedingt: Diese Ausführung des Speed Boosters ist nicht an normale NEX-Kameras adaptierbar und leuchtet nur kleine Sensoren aus - er ist allerdings genau das Richtige für die Adaption meiner DSI-III-Kamera. Auch die Kompressoren mit 0,72-facher Verkürzung zeigen in der Kombination mit einem 2-zölligen Komakorrektor schon deutliche Vignettierung in den
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äußersten Bildecken des APS-C-Formats. Die Preise für die günstigeren Kompressoren liegen im Bereich 80 bis 150 Euro, der oben erwähnte Speed Booster mit der Kompression von 0,58 ist leider deutlich teurer, mit einigem Glück lässt er sich für 400 bis 500 Euro finden.
Bei der Berechnung eines Telekompressors muss der Designer Mutmaßungen anstellen hinsichtlich des verwendeten vorgeschalteten optischen Systems. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass unterschiedliche Komakorrektor-Telekompressor-Kombinationen recht unterschiedliche Ergebnisse liefern. Grundsätzlich sollte man das Ganze derart kombinieren, dass der empfohlene Arbeitsabstand des Korrektors in etwa eingehalten wird. Der Abstand, der noch mit Zwischenringen überbrückt werden muss, ergibt sich demnach als Differenz des Arbeitsabstandes des Korrektors und des Auflagemaßes des Objektivsystems, für den der Telekompressor bestimmt ist. Ich habe verschiedene Kombinationen ausprobiert und stelle Ihnen im Folgenden zwei gute Kombinationen vor.
Die Abbildung 1 zeigt die Meade-Kamera mit adaptiertem Speed Booster und Korrektor (RCC-Komakorrektor von Baader). Zwischen Kompressor und Korrektor ist noch ein UV-IR-Cut-Filter eingebaut, denn die CCD-Kamera verfügt nicht über einen Sperrfilter. Die kleinen Teflon-
2 M 65, M 66 und NGC 3628 im Löwen, aufgenommen mit einem Newton-Teleskop
von 200 mm Öffnung (D:f = 1:4) und dem Speed-Booster-Telekompressor. Der Kompressionsfaktor von 0,58 ergibt ein effektives Öffnungsverhältnis von 1:2,3.
schrauben erlauben es, die Kamera leicht zu verkippen. Dieser Freiheitsgrad wird benötigt, um den Sensor genau senk-
recht zur Bildebene zu justieren. Anstelle des UV-IR-Cut-Filters könnte hier auch ein engerer Filter eingesetzt werden. Die Einbauposition vor dem Kompressor bietet den Vorteil, dass der Filter sich noch im Strahlengang für 1:4 befindet, was vorteilhaft ist für den Betrieb von engbandigen Interferenzfiltern, deren spektrale Transmission vom Einfallswinkel abhängt. Beim Zusammenbau ist schließlich zu beachten, dass das hintere Linsenelement des Speed Boosters heraussteht und dicht vor die Kamera zu liegen kommt, deshalb aufpassen - nicht zerkratzen!
3 Sony-NEX-Kamera mit dem 0,72-fachen Kompressor von Viltrox und einem
vierlinsigen Komakorrektor (Design Pal Gyulai)
Die Abbildung 2 zeigt ein Bildergebnis mit dieser Anordnung: die Galaxiengruppe um M 65, M 66 und NGC 3628 im Löwen. 100 Einzelbilder mit je 8 s Belichtungszeit wurden mit IRIS überlagert und mit Fitswork nachbearbeitet. Eine schwache Randabschattung (0,1 Blendenstufen in den Ecken) wurde korrigiert. Die Schärfe ist im ganzen Feld sehr gut.
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Astrofotografie
4 M 35, aufgenommen mit der in Abb. 3 gezeigten Anordnung und einem
Newton-Teleskop mit 200 mm Öffnung (1:4). Es wurde keine Korrektur der Randvignette vorgenommen. Die Belichtungszeit betrug 30 s bei ISO 400.
5 M 1, aufgenommen mit einer Anordnung ähnlich der in Abb. 3 gezeigten,
allerdings nicht mit dem Telekompressor von Viltrox, sondern dem Zhongyi Lens Turbo II. Die Randausleuchtung ist deutlich besser. Es wurde keine Korrektur der Randvignettierung vorgenommen. Die Belichtungszeit betrug 30 s bei ISO 400.
Die Abbildung 3 zeigt eine Kamera des Typs Sony NEX mit dem 0,72-fachen Kompressor von Viltrox und einem vierlinsigen Komakorrektor (Design Pal Gyulai). Die Abbildung 4 zeigt ein damit gewonnenes Bild von M 35. Die Schärfe im Feld ist gut, im Randbereich sind schwache blaue Schweife erkennbar, die Ecken sind vollständig vignettiert (es wurde keine Korrektur vorgenommen). Im Innenbereich ist die Schärfe sehr gut und die Ausleuchtung ist gleichmäßig, so dass sehr gute Ergebnisse auch in Kombination mit CCD-Kameras mit klei-
nerem Chip erzielbar sein sollten. Der oben erwähnte Kompressor von Zhongyi ist beim Einsatz mit dem APS-C-Format überlegen, er leuchtet bis in die Ecken aus - leider scheint mein Exemplar nicht ganz sauber zentriert, eine Ecke ist etwas unscharf. Die Abbildung 5 zeigt eine Aufnahme von M 1, die mit diesem Kompressor in Kombination mit dem vierlinsigen Komakorrektor erzielt wurde.
Ich hoffe, ich habe Sie mit meinem Beitrag zum eigenen Experimentieren angeregt! Die Kompressoren erreichen bei
geringerer Eingangslichtstärke natürlich noch bessere optische Leistung, insofern ist die Verwendung an fotografischen Refraktoren ebenfalls ein interessantes Thema, das untersucht werden sollte (man benötigt dann freilich auch keinen Komakorrektor). Ich wünsche Ihnen für die Zukunft einen helleren Himmel - heller aber natürlich nur aufgrund des künftigen Einsatzes eines Telekompressors an Ihrem Teleskop, nicht wegen der fortschreitenden gedankenlosen Aufhellung des bedrohten Nachthimmels durch immer mehr Kunstlicht.
Eine über Umwege generierte und mit Amateurmitteln erstellte Lichtkurve der
Nova Delphini 2013
von Thorsten Zilch, Hermann Schieder und Klaus Wenzel
Dank heutiger schneller Kommunikationsmedien hatte sich die Information einer hellen Nova im Sternbild Delfin (Delphinus) im Jahr 2013 sehr schnell herumgesprochen. Der Ausbruch wurde vom Japaner Koichi Itagaki am 14.08.2013 bei etwa 6,5 mag bemerkt. Die Nova entwickelte sich in den Folgetagen bis zu einer Maximalhelligkeit von etwa 4,3 mag. Durch die weltweite Vernetzung konnte daher das Objekt selbst von vielen Ama-
teuren unmittelbar beobachtet werden. Das Objekt erhielt kurze Zeit später die beiden weiteren gültigen Bezeichnungen ,,PNV J20233073+2046041" bzw. ,,V339 Delphini" (Abb. 1).
Ich (T. Z.) hatte mir vorgenommen, diese Nova mit einer CCD-Kamera unter möglichst konstanten Aufnahmebedingungen (gleiche Optik, Kamera und Belichtungszeit) über die kommenden Wochen
zu verfolgen. Bis dato hatte ich mich mit der Fotometrie noch nicht besonders beschäftigt, wollte aber von diesem Ereignis einmal eine Lichtkurve erstellen. Gesagt, getan: Die ersten Bilder, welche die Intensitäten der Nova als ,,Messwerte" beinhalteten, wurden zusammengetragen und eine erste Ernüchterung machte sich breit. Die Dichte meiner Messpunkte war nicht besonders groß - nur wenige Messpunkte über einen Zeitraum von etwa zwei Mo-
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1 Nova 2013 Del am 17.08.2013. Mit Hilfe einer Überblendungstechnik mit der Fotoplatte des Palomar Sky Surveys (POSS II) konnte der
Vorgängerstern eindeutig identifiziert werden. Optik: 8-Zoll-Newton (Skywatcher), Kamera: SBIG ST-8300M, Belichtungszeit: 6 x 5 min (Bildautor: Hermann Schieder)
naten lagen vor. Ich war also noch ganz weit entfernt von einer Lichtkurve. Auf der VdS-Mailingliste der Fachgruppe Astrofotografie beobachtete ich zu dieser Zeit das hektische Treiben. Viele Bilder wurden diskutiert, doch die Lücken in meiner Messkurve blieben trotzdem. Am 13.10.2013 kam dann Hermann Schieder ins Spiel. Er präsentierte ein animiertes GIF-Bild der Nova über einen Zeitraum von etwa zwei Monaten. Das war mein Mann! Mein Wunsch war schnell getippt und der Kontakt zu Hermann schnell hergestellt. Die Antwort von Hermann ließ auch nicht lange auf sich warten - der passende Projektpartner schien gefunden.
Als ich die Bilder von Hermann und mir ausgemessen hatte, machte sich die zweite Ernüchterung breit: Zwischen den beiden Messverläufen lagen teilweise Helligkeitsdifferenzen von bis zu 1,5 mag vor. Von einer Messung konnte man hier nicht sprechen - ,,schlecht geschätzt" hätte die Sache treffender umschrieben. Was letztlich zu dieser Ungenauigkeit führte, konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht geklärt werden, das Projekt wurde zunächst ohne Absprache und böse Absichten von uns beiden eingestellt.
Etwa zwei Jahre später hatte ich über das TBG-Projekt die Möglichkeit, an einer weiteren Nova ,,professionellere" Fotometrie im Johnson-Filtersystem zu betreiben. Ganz klar, dies ging nur mit fachmännischer Unterstützung. Aber die Hintergründe hatte ich dadurch viel besser verstanden und mir hieraus eine Methode erarbeitet, mit deren Hilfe von
mehreren Vergleichssternen im Bild und deren korrekten Helligkeiten auf die Helligkeit der Nova geschlossen werden konnte. Mit diesen Erkenntnissen habe ich mich erneut der damaligen Nova Delphini 2013 zugewendet, und das gesamte Thema erneut aufgegriffen.
Während meiner fachmännischen Einarbeitung in Sachen Fotometrie bei Pizza und Bier hatte ich zudem erfahren, dass eine große Vergleichbarkeit mit den scheinbaren Helligkeiten des JohnsonV-Filters vorliegt, sofern eine Galaxie im Luminanz-Kanal fotografiert wurde. Mit diesem Ansatz habe ich im Anschluss die jeweiligen relevanten V-Helligkeiten meiner insgesamt vier Referenzsterne herausgesucht und diese dann zur vergleichenden Fotometrie genutzt. Das Resultat war, dass die Messergebnisse nun viel näher beieinander lagen. Das war endlich ein sichtbarer Erfolg!
Beim Durchforsten alter E-Mails bin ich hinsichtlich dieser Nova noch auf einen weiteren Hinweis gestoßen: Klaus Wenzel hatte damals die Nova ebenfalls beobachtet, allerdings visuell. Wie vergleichbar ist eigentlich die gemessene CCD-Helligkeit mit der visuell geschätzten Helligkeit? Freundlicherweise stellte mir Klaus Wenzel seine Zusammenstellung der visuellen Schätzungen für diesen Bericht ebenfalls zur Verfügung. Die Zusammenfassung unserer Ergebnisse zeigt die Abbildung 2. Die Abweichung von etwa zwei Magnituden zu Beginn der Nova konnte letztlich mit Hilfe der Rohbilder eindeutig erklärt werden. Hier-
bei zeigte sich, dass die ersten Bilder von Hermann eine übersteuerte Nova beinhalteten. Der für die Fotometrie nicht erlaubte übersteuerte Bereich hat somit zu fehlerhaften Ergebnissen geführt. Ansonsten bestätigt die Überlagerung unserer Ergebnisse das wellenhaft abfallende Helligkeitsprofil dieser Nova sehr eindeutig und zuverlässig. Eine Abweichung von bis zu einer halben Größenklasse ist nicht untypisch, vergleicht man hierzu die internationalen Messungen der AAVSO (,,American Association of Variable Star Observers") zu diesem Nova-Ereignis (Abb. 3).
Der breite ,,Buckel" in der abfallenden Lichtkurve (Mitte September) ist typisch für einen von drei möglichen Helligkeitsabfällen bei einer Nova. Neben einem gleichmäßigen Abfall kann auch ein tiefes Minimum aufgrund hoher Staubbildung beobachtet werden. Als dritte Variante kann (wie in diesem Fall) der Helligkeitsabfall einer quasiperiodischen Schwankung unterliegen. In diesem Zusammenhang empfehle ich gern den Artikel von Klaus Wenzel [1], der neben der damals aktuellen Nova Delphini 2013 auch interessante historische Details zu zwei weiteren Novae bereitstellt. Weiterhin empfehle ich die freie Software ,,Fitsmag 3.0" von Ottmar Nickel [2] als lobenswerte Alternative zu den aktuellen kommerziell vorliegenden Produkten hinsichtlich Fotometrie. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön dafür. Und wen das Thema jetzt interessiert, der kann sich noch weitere Artikel zur Nova Delphini 2013 im VdS-Journal für Astronomie anschauen [3-6].
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Astrofotografie
2 Ermittelter Verlauf der scheinbaren Helligkeit aus den Beobachtungen von drei Amateuren
3 Ermittelter Verlauf der scheinbaren Helligkeit aus internationalen Beobachtungen der AAVSO
Dieses Beispiel zeigt sehr schön, wie sich über die Mailingliste der VdS-Fachgruppe Astrofotografie Kontakte knüpfen lassen und durch die Zusammenschaltung von Amateur-Aktivitäten sowie deren anfallenden Messdaten ein letztlich ,,rundes" Bild dieser stellaren Explosion erstellt werden konnte.
Literaturhinweise und Weblinks: [1] K. Wenzel, 2014: ,,Drei >>Neue Ster-
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ne<< am Abendhimmel, eine aktuelle und zwei historische Novae", Sterne u. Weltraum, Okt. 2014, 72 [2] freie Fotometriesoftware Fitsmag 3.0 von Ottmar Nickel, Stand 2016: www.staff.uni-mainz.de/nickel/ fitsmag.html [3] D. Bannuscher, 2014: ,,Die bemerkenswerte Nova Delphini 2013"; VdS-Journal für Astronomie 48, 73 [4] E. Wischnewski, 2014: ,,Fotome-
trie und Spektroskopie der Nova Delphini 2013", VdS-Journal für Astronomie 50, 93 [5] K. Wenzel, 2014: ,,Visuelle Beobachtung von drei hellen Novae im Frühjahr 2014", VdS-Journal für Astronomie 51, 136 [6] T. Hunger, 2014: ,,Nova Delphini 2013 - ein Glücksfall spektroskopisch dokumentiert", VdS-Journal für Astronomie 51, 129
Astrofotografie
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MBM 53-55, ein ausgedehntes
Nebelfeld im Pegasus
von Peter Riepe und Stefan Binnewies
Die Milchstraße ist voll von interstellarer Materie. Am häufigsten kommt sie in der galaktischen Ebene vor - als leuchtende Emissions- und Reflexionsnebel, stets in Verbindung mit dunklen Staubwolken. Nicht zu vergessen sind die riesigen Molekülwolken. Sie bilden das primäre Reservoir für neue Sterne und sind nur radioastronomisch nachweisbar, nicht optisch. Interstellare Materie kommt aber auch außerhalb der Milchstraßenebene vor, allerdings in viel geringerer Dichte. Eine solche ausgedehnte Materiewolke mit der Katalogbezeichnung MBM 53-55 stellen wir jetzt einmal näher vor. Um es vorweg zu nehmen: Hierbei handelt es sich um ein Gemisch aus Molekülwolken, neutralem Wasserstoff und Staub.
Zwischen den beiden Sternen und Pegasi liegt ein kaum beachtetes und scheinbar wenig spektakuläres Himmelsareal. Erst lang belichtete Aufnahmen enthüllen, dass sich dort eine Fülle lichtschwacher Nebel verbirgt (Abb. 1). Der darüber hinausreichende Pegasus-PiscesKomplex ist eines der ausgedehntesten Gebiete unauffälliger interstellarer Materie oberhalb der galaktischen Ebene. Sie leuchtet nicht aus sich heraus, vielmehr werden ihre Staubanteile durch die zahllosen Sterne der Milchstraße angestrahlt. So wird dieser Komplex als ausgedehnte Reflexionsnebelzone im visuellen Spektralbereich sichtbar. Verschiedene Astrofotografen haben sich in der letzten Zeit vermehrt mit derart lichtschwachen
1 Linke Seite: Der Nebelkomplex
MBM 53-55 nördlich von Peg (Markab). Norden oben, Osten links, Bildfeld 8,2 Grad x 5,1 Grad . Belichtung am 12. und 17.10.2015 über insgesamt 8 Stunden (LRGB, pro Kanal 120 Minuten) mit einer CCD-Kamera SBIG STL-11000M und einem Canon200-mm-Objektiv, Anfangsblende 2,8, abgeblendet auf Blende 3,5. Aufnahmeort war die kroatische Insel Lastovo. Bildautoren: Stefan Binnewies, Tobias Binnewies.
galaktischen Reflexionsnebeln befasst. Deshalb präsentieren wir nicht nur neues Bildmaterial, sondern liefern auch astronomische Informationen darüber, was in solchen Gebieten vor sich geht.
In den 1970er Jahren erkannten die Astronomen, dass molekulare Materie eine große Rolle für die Sternentstehung spielt. Molekülwolken sind stets mit Staub und Gasnebeln assoziiert. Inzwischen wurden zahlreiche Verbindungen gefunden, die in solchen Molekülwolken vorkommen. So lässt sich z.B. CO (die einfachste Verbindung aus Kohlenstoff und Sauerstoff) bei 2,6 mm Wellenlänge in Emission nachweisen. Das gelingt aber nur mit Hilfe geeigneter Radioteleskope. Mustergültig war der Katalog von 130 Molekülwolken, den eine Astronomengruppe um Marc Kutner 1980 herausgab [1]. Fünf Jahre später erschien eine Untersuchung von Loris Magnani, Leo Blitz und Lee Mundy (ab hier MBM). Sie hatten 57 neue Molekülwolken bei hohen galaktischen Breiten von 25 Grad und mehr gefunden und bezeichneten das Phänomen deshalb als ,,high latitude molecular clouds" [2]. Diese Molekülwolken bilden eine ausgedehnte Schicht etwa 100 Parsec über der Milchstraßenebene. Zwischen und Pegasi werden sie als MBM 53-55 katalogisiert. Jüngste Messungen haben eine Entfernung von nur etwa 200 bis 250 Parsec ergeben [3]. Es handelt es sich also um Materiewolken, die der Sonne sehr nahe stehen. Eine Neuauflage der Untersuchung von Molekülwolken hoher galaktischer Breite mit informativer tabellarischer Übersicht folgte 1996 [4].
Molekülwolken gehen auch stets mit Wasserstoff einher, meist mit neutralem H I [5]. Dieses Gas emittiert Strahlung, die jedoch nichts mit ionisiertem Wasserstoff (H) zu tun hat. H I kann nur radioastronomisch bei 21 cm Wellenlänge nachgewiesen werden und liegt oft in filamentförmigen bis bogenförmigen Strukturen vor. Der auch bei MBM 53-55 nachgewiesene Wasserstoffbogen (Abb. 2 a links) dehnt sich mit 18 km/s aus und könnte durch eine Supernova-Explosion verursacht worden sein.
Molekülwolken sind aber auch mit Staub vermischt. So treten im Gebiet MBM 5355 etwa 70 % der Molekülwolken zusammen mit Staub auf [2]. Angeleuchteter Staub bildet nicht nur Reflexionsnebel im visuellen Spektralbereich. Wird er durch Sterne erwärmt, so emittiert er Strahlung im fernen Infrarot (Abb. 2 b rechts). Derartige Staubwolken werden als ,,galaktischer Zirrus" bezeichnet und besitzen eine eindeutige Filamentstruktur [6]. Bei Temperaturen um 18 Kelvin kann der galaktische Zirrus bei 25 bis 240 m Wellenlänge leicht mit Hilfe des IRAS-Satelliten nachgewiesen werden [7]. Man kennt den galaktischen Zirrus auch von anderen Himmelsgegenden, so z.B. die ,,Ursa Major Clouds" im Großen Bären, das ,,Polaris Flare" in der Polarsternumgebung oder die ,,Draco Clouds".
Die dichten Staubwolken der galaktischen Ebene bilden Verdichtungen und Globulen. Darin können neue Sterne geringer bis sehr großer Masse entstehen, sogar massive Sternhaufen. Anders verhält es sich in den Molekülwolken ho-
Tabelle 1: Himmelskoordinaten des Nebelfeldes im Pegasus
Wolke
MBM 53 MBM 54 MBM 55
äquator. Koordinaten (J2000)
Rektasz.
Dekl.
23h 08m
+22 Grad 56'
23h 09m
+18 Grad 29'
23h 08m s
+15 Grad 05''
galakt. Koordinaten (J2000)
Länge
Breite
93,9647 Grad
-34,06 Grad
91,6314 Grad
-38,10 Grad
89,1900 Grad
-40,94 Grad
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Astrofotografie
her galaktischer Breite. Auch dort wurde nach Sternentstehung geforscht, aber es gibt - wenn überhaupt - nur wenige einzelne neu gebildete Sterne geringer Masse. Sie haben noch nicht das Hauptreihenstadium erreicht, befinden sich also noch nicht im stabilen Gleichgewicht, in welchem Wasserstoff zu Helium fusioniert wird. Diese unscheinbaren Sterne sind zum Teil T-Tauri-Sterne. Sie verraten sich durch eine H-Emission im Spektrum [8] und auch durch Röntgen-Emission. Die geringe Sternbildung erklärt sich dadurch, dass die interstellare Materie in den transparenten Molekülwolken hoher galaktischer Breite einfach nicht dicht genug ist. Der Astronom spricht daher auch von ,,translucent clouds" (durchscheinende Wolken). Man kann durch sie nach außen hindurchschauen und bemerkt auch nahezu ungestört extragalaktische Objekte (Abb. 3), so die 62 Millionen Lichtjahre entfernte Spiralgalaxie NGC 7497 in den hellsten
Nebelbereichen von MBM 54. Von dort ein Stückchen weiter nach Nordosten findet sich auch eine irreguläre Zwerggalaxie, UGCA 436, die mit 80 Millionen Lichtjahren noch weiter entfernt ist.
Die Fotografie der das Licht unserer Galaxie reflektierenden, aber selbst nicht leuchtenden Materiewolken bedarf eines dunklen Himmels und langer Belichtungszeiten. Der dunkle Himmel ist dabei zusätzlich zu den unten angeführten technischen Maßnahmen wichtig, damit sich das äußerst schwache Signal dieser großflächigen Nebelschwaden irgendwann im Rahmen der Belichtungszeit genügend sicher von dem nur wenige hundertstel Magnituden dunkleren Himmelshintergrund abhebt. Letztendlich entscheidet sich aufgrund statistischer Gesetze, wann das Objektsignal aus dem kombinierten Rauschsignal von Aufnahmeelektronik, Ausleseprozess und Himmelshintergrund hervortritt. Dieses
Verhältnis - ein Quotient also - wird als Signal/Rausch-Verhältnis bezeichnet (ab hier kurz SNR = signal to noise ratio). Schwächste Grenzsterne beispielsweise werden verlässlich mit einem SNR 2 erkannt, d.h. wenn das Signal des Sterns mindestens doppelt so groß ist wie das Rauschsignal des Hintergrundes. Bei Flächenobjekten wie Reflexionsnebeln sollte das SNR noch etwas höher sein, um auch noch Strukturen differenzieren zu können. So werden Nebel typischerweise zunächst nur im Luminanzkanal darstellbar, weiterhin dann auch noch in den einzelnen Farbkanälen. Dabei erhält man eine Verdoppelung des SNR bei einer Vervierfachung der Belichtungszeit, oder aber bei einer doppelt so großen Blende (z.B. Blende 4 statt Blende 8), womit die Lichtstärke auf das Vierfache steigt. Außerdem verdoppelt sich das SNR bei Anwendung des Zweifach-Binnings (was aber die Ortsauflösung halbiert) und nicht zuletzt beim Wechsel des Stand-
2 Verteilung des Kohlenmonoxids CO, integriert über alle gemessenen Geschwindigkeiten und dargestellt in galaktischen Koordinaten
(nach [9]). Links: Die feinstrukturierten weißen CO-Isophoten sind den dunklen Isophoten des neutralen Wasserstoffs (H I) überlagert. Rechts: CO-Verteilung der grauen Staubverteilung überlagert (IRAS). Eindeutig sind im galaktischen Zirrus Staub, CO und H I miteinander assoziiert. Das Bild deckt sich mit sauber mit Abb. 1, der bogenförmige Hockeystock ist auch als Reflexionsnebel erkennbar. Zu berücksichtigen ist, dass die galaktischen Koordinaten gegenüber den äquatorialen Koordinaten leicht im Uhrzeigersinn verkippt sind.
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Amateurteleskope / Selbstbau
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3 MBM 54 mit der Galaxie NGC 7497, Norden oben, Osten links, Bildfeld 1,8 Grad x 1,4 Grad .
Belichtung am 15., 16. und 17.10.2012 über insgesamt 9 Stunden (L: 18 x 900 s, RGB: je 6 x 900 s) mit einer CCD-Kamera SBIG STL-11000M an einer Lichtenknecker12-Zoll-Flatfield-Camera (Brennweite 940 mm, Blende 3,2). Aufnahmeort war das Skinakas-Observatorium auf der griechischen Insel Kreta. Bildautoren: Makis Palaiologou, Stefan Binnewies.
ortes unter einen um 1,5 mag/Quadratbogensekunde dunkleren Himmel, wenn dann bei viermal längerer Belichtungszeit ein doppelt so hohes SNR herauszuholen ist.
Fazit: Bei beiden hier präsentierten Abbildungen wurde versucht, die oben genannten Parameter möglichst auszureizen. Nur auf das Binning wurde zu Gunsten der Auflösung verzichtet. Deshalb können die Bilder hier recht groß abgedruckt werden. Die feinen Verästelungen der Nebel kommen teils farbig zur Geltung und unterstreichen damit die passende Namensgebung als ,,galaktischer Zirrus", im Gegensatz zu dem von Steve Mandel geprägten Begriff ,,integrated flux nebulae", der im englischen Sprachgebrauch auftaucht.
Literaturhinweise: [1] M. L. Kutner et al., 1980: ,,Molecu-
lar Clouds associated with Reflection Nebulae. I. A Survey of Carbon Monoxide Emission", Astrophys. J. 237, 734 [2] L. Magnani, L. Blitz, L. Mundy, 1985: ,,Molecular gas at high galactic latitudes", Astrophys. J. 295, 402 [3] E. F. Schlafly et al., 2014: ,,A large catalog of accurate distances to molecular clouds from PS1 photometry", Astrophys. J. 786, 29 [4] L. Magnani, D. Hartmann, B. G. Speck, 1996: ,,A Catalog of Molecular Gas at High Galactic Latitudes", Astrophys. J. Suppl. Ser. 106, 447
[5] B.-Y. Gir, L. Blitz, L. Magnani, 1994: ,,The association of highlatitude molecular clouds with H I gas", Astrophys. J. 434, 162
[6] D. Bazell, F. X. Desert, 1988: ,,Fractal structure of interstellar cirrus", Astrophys. J. 333, 353
[7] F. Verter, L. J. Rickard, 1998: ,,Infrared properties of molecular cirrus. I. Photometry of extended sources on IRAS image products", Astron. J. 115, 745
[8] J. Z. Li, J. Y. Hu, W. P. Chen, 2000: ,,New discovery of weakline T Tauri stars in high-Galactic latitude molecular clouds", Astron. Astrophys. 356, 157
[9] H. Yamamoto et al., 2003: ,,HighLatitude Molecular Clouds in an H I Filament toward the MBM 53, 54, and 55 Complex: Existence of an H2 Cloud with Low CO Intensity", Astrophys. J. 592, 217
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Computerastronomie
+ + + + + + + + + + Computer-Ecke + + + + + + + + + +
Software
Reduc: Doppelsterne vermessen mit
Lucky Imaging und Speckle-Interferometrie
von Helmut Jahns
Es gibt einige Gebiete, bei denen Astroamateure die Profiastronomen unterstützen können, z.B. dann, wenn ihre Messungen zu langwierig sind, als dass man für sie ausreichende Beobachtungszeit an Profiteleskopen genehmigt bekommt. An dieser Stelle können Astroamateure einspringen und durch eigene Messungen dazu beitragen, die Datenbasis der ,,Profis" zu verbreitern. Ein Fallbeispiel ist die Vermessung von Doppelsternen.
Reduc ist eine Software, die mit Fokus auf die Vermessung von Doppelsternen geschrieben wurde, aber auch für andere Zwecke eingesetzt werden kann. Die Bilder werden aus FITS-Dateien gelesen. Der Anwender kann entscheiden, ob er mit den Bildern ein Lucky Imaging oder eine Autokorrelation (Speckle-Interferometrie, bevorzugt bei engen Doppelsternen) ausführen möchte. Beide Verfahren ermöglichen die Bestimmung des Abstandes zueinander und des Positionswinkels der beiden Komponenten.
Reduc ist eine kostenfreie WindowsSoftware. Es gibt keine Download-Möglichkeit. Um die Software zu bekommen, kann der Programmautor kontaktiert werden: www.astrosurf.com/hfosaf/uk/ tdownload.htm
Literaturhinweise: [1] K. L. Bath, 2011: ,,Speckle-Inter-
ferometrie", Sterne u. Weltraum 11/2011, 88 [2] M. Haas, 1991: ,,Speckle-Interferometrie, Teil 1: Grundlagen und Rekonstruktionsmethoden", Sterne u. Weltraum 1/1991, 12
1 Oberfläche von Reduc. Links sind die Bilddateien aufgelistet, die als Input für den
Bearbeitungsprozess dienen. Sie können einzeln (de-)selektiert oder einem Lucky Imaging unter prozentualer Vorgabe zugeführt werden.
Software
VirtualBox in der Version 5
von Helmut Jahns
Vor der Virtualisierungssoftware VirtualBox liegt seit einiger Zeit die Version 5 vor. Mit einer solchen Software lässt sich ein kompletter virtueller PC (Gastsystem) als Anwendung in einem realen PC (Wirtsystem) simulieren. Anwendungsfälle für solche Programme sind mehrere denkbar, z B. kann man einen virtuellen PC benutzen, um gefahrlos Anwendungen auszuprobieren, ohne das eigentliche System durch häufigeres Installieren und Deinstallieren in Mitleidenschaft zu ziehen. Da solche virtuellen Maschinen als Datei im Wirtsystem abgelegt sind, lassen sie sich relativ einfach wieder löschen oder mit Hilfe des Tools in den vorherigen Zustand zurückversetzen. Noch interessanter ist die Installation eines fremden Betriebssystems: Es ist ohne Weiteres möglich, Linux oder ein anderes OS als Gastsystem zu installieren. Programme wie MIDAS, DAOPHOT oder Theli werden damit auch Windows-Nutzern leichter zugänglich, und zwar ohne ein zweites Betriebssystem neben Windows installieren zu müssen und somit nur durch Rechnerneustart zwischen ihnen wechseln zu können. Der Austausch von Daten zwischen Gast und Wirt erfolgt unkompliziert über ein gemeinsam genutztes Verzeichnis im Dateibaum des Wirtsystems.
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Neu mit der Version 5 von VirtualBox ist die Trennung von Benutzeroberfläche und virtueller Maschine (VM). Die Benutzeroberfläche kann somit ohne Ausschalten der VM geschlossen werden. Des Weiteren werden Festplattenverschlüsselung und USB 3 unterstützt. Für das Gastbetriebssystem muss der Benutzer ein Installationsmedium besitzen. VirtualBox ist für Privatanwender kostenfrei.
Computerastronomie
65
Programmierlogbuch
von Helmut Jahns
Beginnend mit der Ausgabe 57 dieses Journals wurde das Refaktorieren einer Software vorgestellt (zur Erinnerung: mit Refaktorieren wird das schrittweise Umstellen des Quelltextes zur Codequalitätssteigerung bezeichnet), am Beispiel eigener Erfahrungen mit einem selbstgeschriebenen Programm namens Integrator Pro zur Berechnung der Positionen von Himmelskörpern des Planetensystems durch numerische Integration. Es wurden einige Aspekte zur Qualität von Programmcode beschrieben, sei es, weil der zu refaktorierende Code die entsprechenden ,,Fehler" enthielt oder weil sich beim Refaktorieren diese Gedanken geradezu aufdrängten. In dieser Ausgabe des Journals wollen wir diese kleine Reihe mit einer Auswahl weiterer Betrachtungen zur Codequalität abschließen.
Trennung der Benutzeroberfläche von der eigentlichen Programmlogik Größere Softwareprojekte (etwa ab acht Modulen bzw. Klassen) profitieren von klaren Strukturen. In der Softwareentwicklung ist das Schichtenmodell weit verbreitet, wobei jeder Schicht bestimmte Funktionalitäten entsprechen. Was damit genau gemeint ist, lässt sich am besten anhand eines Beispiels verdeutlichen.
Ein Software-Design könnte in drei Schichten unterteilt sein (Abb. 1): - In der obersten Schicht ist die Funktio
nalität der Benutzeroberfläche (GUI: Graphical User Interface) angesiedelt; sie beinhaltet nur Code zum Anzeigen und Auslesen von Daten (Fenster, Einund Ausgabefelder, Schaltflächen etc.). - In der mittleren Schicht ist die eigentliche Programmlogik untergebracht. - Die untere Schicht enthält die Datenzugriffe (Datenbank, Dateien, Kommunikationsschnittstellen).
den Logikschichten aktualisiert werden muss (z.B. um Datenänderungen anzeigen zu können). Wenn direkte Zugriffe ,,nach oben" nicht erlaubt sind, wie soll man dann damit umgehen? Eine gute Lösung ist die Hinterlegung eines Funktions- oder Objektzeigers bei der unteren Schicht (Registrierung eines Callbacks), um einen Aufruf aus der tieferliegenden Schicht zu ermöglichen.
Ob man nun wirklich drei Schichten anlegt, ist bei kleineren Projekten u.U. gar nicht erforderlich. Zumindest die Funktionalität der Benutzeroberfläche kann von der restlichen Programmlogik getrennt werden, wobei die Klassen der Benutzeroberfläche eher schlank gehalten werden sollten, indem die zugrundeliegende Logik in funktionalen Klassen implementiert wird (2-Schichten-Modell). Im konkreten Beispiel Integrator Pro möchte ich mir für die in der Programmiersprache C++ geschriebene Integrationssoftware die Möglichkeit offenhalten, sie auch für andere Zielsysteme übersetzen zu können (portieren). Die Software wurde mit dem inzwischen exotischen Borland C++ Builder erstellt, der nur für Windows verfügbar ist. Zum Portieren wäre die von Borland gelieferte Klassenbibliothek für die Benutzeroberfläche durch etwas anderes zu ersetzen, z.B. durch die Bibliothek Qt, mit der für Windows, Linux, Apple und diverse Smartphone-Betriebssysteme compiliert werden kann. Je schlanker der GUI-Anteil ist, desto geringer fällt der Aufwand des Portierens aus.
Ebenso soll weitgehend von Standards Gebrauch gemacht werden. Dazu ein Bei-
Jedes Modul oder jede Klasse kann i. d. R. einer dieser Schichten zugeordnet werden. Ein Merkmal dieser Schichtung ist, dass die oberen Schichten nur auf Funktionen der nächst tieferliegenden Schicht zugreifen können, während der Zugriff von ,,unten" nach ,,oben" nicht erlaubt ist! Jetzt gibt es Fälle, bei denen die GUI durch Ereignisse aus darunter liegen-
1 Das Schichtenmodell in der
Software-Entwicklung
Software
Helicon Filter
von Helmut Jahns Helicon Filter ist eine Software zum Reduzieren oder vollständigen Entfernen von Rauschen in Bildern. Ziel ist es, auch jenen Benutzern, die in Sachen Bildbearbeitung über wenig Erfahrung verfügen, ein einfach zu bedienendes Tool in die Hand zu geben.
Die Software läuft unter Windows. Die aktuelleren Versionen sind kostenpflichtig; es ist jedoch eine ältere kostenfreie Variante im Netz verfügbar (Suchbegriffe: Helicon Filter free).
spiel: Integrator Pro ist multithreaded geschrieben, d.h., das Programm teilt sich in mehrere Befehlsstränge auf, die auf mehreren Cores parallel ablaufen können. Die Integration wird in jedem Fall in einem separaten Befehlsstrang abgearbeitet, der von Benutzeraktionen getrennt ist, d.h., während der Integration kann das Programm grundsätzlich weiterbedient werden, um z.B. die langwierige Integration bei einem Konfigurationsfehler abbrechen zu können. Borland lieferte eigene Klassen für das Multithreading, jedoch bietet auch der Ansi-C++-Standard eine Schnittstelle an. Im Rahmen des Refaktorierens wird weitgehend auf die Verwendung von Standards umgeschwenkt - so auch beim Multithreading.
Unvollständige Ausschöpfung der technischen Möglichkeiten Heutige Programmiersprachen und Codebibliotheken sind sehr leistungsfähig und umfangreich ausgestattet, und als Programmierer wird man nicht selten von dieser Vielfalt an Möglichkeiten erschlagen. Oft werden diese Möglichkeiten gar nicht im vollen Umfang ausgenutzt! Hierdurch entstehen mitunter umständliche und zeitraubende Eigenentwicklungen, für die die Umgebung eigentlich weit elegantere Lösungen bereithält. Was genau damit gemeint ist, kann wieder
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Computerastronomie
anhand von Beispielen verdeutlicht werden: - Einsatz von Operatorüberladung oder
Streams bei objektorientierten Sprachen anstelle von reinen Methoden (Funktions-)aufrufen. - Erstellung von statischen Methoden (Funktionen), um das Instanziieren einer Klasse zu vermeiden, nur um eine ihrer Methoden nutzen zu können. - Einsatz von Containerklassen wie z.B. Listen für dynamische Datenstrukturen anstatt statische Arrays selbst zu dynamisieren. - Verwendung von vorhandenen Klassenbibliotheken zum Zugriff auf Dateien (z.B. INI oder XML) anstatt diese Zugriffe selbst ,,zu Fuß" zu programmieren.
Die Liste ließe sich noch nahezu beliebig fortsetzen. Die eingehende Beschäftigung mit der Programmierumgebung lohnt sich unbedingt!
Kommentare Während in den Anfangsjahren der Informatik kaum kommentiert wurde, ging noch in den 90er-Jahren die Faustformel um, dass wenigstens genauso viel Kommentar wie Code vorhanden sein sollten. Von diesem Überschwang ist man inzwischen auch wieder abgekommen, aber was ist dann ein guter Kommentar? Kommentare sollten nicht wiedergeben, was die Kommandos ohnehin schon aussagen (sprechende Variablen- und Funktionsnamen sollten heute Standard sein) oder die Programmiersprache erklären; vielmehr sollten Kommentare den über-
Bücherkiste
Gravity from the Ground Up:
An Introductory Guide to Gravity and General Relativity
von Klaus Rohe
Wer nach der Meldung am 11.02.2016 über den direkten Nachweis von Gravitationswellen das Bedürfnis verspürt, sich näher mit dem Thema Gravitation auseinanderzusetzen, dem sei das Buch von Bernhard Schutz ,,Gravity from the Ground Up: An Introductory Guide to Gravity and General Relativity" empfohlen. Es ist 2003 bei Cambridge University Press erschienen, also nicht mehr ganz jung, aber trotzdem noch sehr aktuell.
Es behandelt auf 462 Seiten alle Aspekte der Gravitation in 27 Kapiteln. Dies geht von den Wirkungen der Gravitation auf der Erde (Fallgesetze), Gezeitenkräften, Aufbau von Planetenatmosphären, Bahnen von Satelliten und Raumsonden, Aufbau des Planetensystems über die Rolle der Gravitation bei der Bildung und Entwicklung von Sternen, Einführung in Einsteins Relativitätstheorien bis hin zu Schwarzen Löchern, Gravitationswellen und Kosmologie. In dem Kapitel über Gravitationswellen wird auch der LIGODetektor besprochen, mit dem der am Anfang genannte direkte Nachweis gelang. Der Autor ist Experte auf dem Gebiet der Gravitationswellen und arbeitete
zu diesem Thema am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (www.aei.mpg. de/1589550/Director_Emeritus_B_F_ Schutz).
An dem Buch gefällt mir besonders, dass der Stoff quantitativ mit den Mitteln der Mathematik aus der Sekundarstufe I erarbeitet wird. In jedem Kapitel gibt es Aufgaben, das sind entweder Berechnungen, Herleitungen von Formeln oder kleine Programmierprojekte. Am Ende des Buches befindet sich ein umfangreiches und informatives Glossar.
Zu dem Buch gibt es eine Webseite www. gravityfromthegroundup.org/, auf der sich Ergänzungsinformationen, die Lösung der Aufgaben als pdf-Dokument und die Lösung der Programmierprojekte mit der Programmiersprache Java befinden. Zum Ausführen der Java-Programme benötigt man allerdings eine spezielle Entwicklungs- und Ablaufumgebung, genannt ,,Triana", die an der University of Cardiff entwickelt wurde, an welcher der Autor auch tätig war. Sie kann von der Webseite www.trianacode.org/ heruntergeladen werden.
VdS-Journal Nr. 59
geordneten Sinn einer Funktion oder Codeabschnitts erklären.
Fazit Das Refaktorieren des Integrationsprogramms wird mich noch auf einige Monate beschäftigen, zumal ich mir nur sehr begrenzt Zeit hierfür abzweigen kann. Natürlich darf man dabei nicht über das Ziel hinausschießen und das Programmierprojekt unter einem Berg von Formalien ersticken lassen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Quelltext sich dabei ganz von allein in eine natürliche Struktur einfügt. Codeaufräumen macht einfach Spaß! Man arbeitet kontinuierlich Schritt für Schritt an der Steigerung der Codequalität und bringt so das Programm wieder in die Gegenwart zurück.
Inserentenverzeichnis
astronomie.de, Neunkirchen
7
Astro-Shop, Hamburg
U2
Astroshop.de nimax GmbH,
21
Landsberg
Baader Planetarium,
U4
Mammendorf
Bresser GmbH, Rhede
31
e.Media GmbH, München
79
euro EMC, Postau
51
Ferienhausvermietung Liane Zemlin, 71 www.sternenpark-havelland.de
Gerd Neumann jr., Hamburg
73
Koring, Marokko
17
Kosmos Verlag, Stuttgart
19
Optical Vision Ltd., UK
U3
Optische Geräte Wolfgang Lille,
27
Heinbockel
Spektrum der Wissenschaft Ver-
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lagsgesellschaft mbH, Heidelberg 67
Uwe Laux, Weimar
19
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Deep Sky
M 45 - die Plejaden in einer Gegenüberstellung
von Stefan Binnewies und Jens Leich
Die Plejaden sind ein häufiger Gast in astronomischen Veröffentlichungen, ein Thema bei Profi- und Amateurastronomen. Die vergleichende Gegenüberstellung (aus dem Altgriechischen: Synopse = zusammen sehen) von Foto und Zeichnung ist aber bei den Profis seit mehr als 100 Jahren ,,kalter Kaffee". Dafür werden heute deren Dissertationen bei Plagiatsvorwurf ihren fraglichen Quellen gegenübergestellt ..., eine ganz aktuelle Form der Synopse, und das war wiederum vor 100 Jahren noch kein Thema.
Unsere Gegenüberstellung hat nun nicht den Zweck, die visuelle Beobachtung und die Astrofotografie gegeneinander auszuspielen, denn wir meinen, wenn es den jeweiligen Beobachtern nur Spaß gemacht hat, ist in gleichem Maße und in beiden Fällen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung gelungen.
Visuelle Beobachter berichten dann manchmal von einem ,,erhabenen Gefühl, den Objekten aus den Tiefen des Alls direkt und unmittelbar gegenübertreten zu können". Astrofotografen klagen dagegen eher über ein zu kurzes USB-Kabel. Beiden ist die Lichtverschmutzung ein Graus, beide stört der Tau auf der Optik oder der Brille, der eine klagt über die feuchte Zeichenmappe, der andere über klamme Finger. Astrofotografen sind dabei genauso dankbar für eine klare Nacht wie es die visuellen Beobachter sind, für beide sind Kälte und Dunkelheit die treuesten Begleiter ihres Hobbys. Und während der visuelle Beobachter ein aus flüchtigen Augenblicken destilliertes Gesamterlebnis mit nach Hause trägt, freut sich der Astrofotograf schon auf die Bildbearbeitung. Natürlich hat auch er nach durchwachter Nacht ein intensives Naturerlebnis auf der Habenseite, die Augen ruhen ja nicht nur auf dem Monitor, von den Ohren und der Nase ganz zu schweigen.
So sind die Autoren dieser Zeilen beide visuell und fotografisch aktiv und wir sind uns ganz sicher: Das Erleben einer
Nacht unter den Sternen ist für den visuellen Beobachter und den Astrofotografen gleich intensiv. Es hängt weniger von der Tätigkeit, sondern vielmehr von der Art und Weise des Erlebens, von der Empfindsamkeit, Offenheit und Wachsamkeit des Einzelnen ab. Und Astrofotografen wie visuelle Beobachter können hinterher ein Foto oder eine Zeichnung präsentieren und in der Beschäftigung damit die Nacht nachwirken lassen.
Eine astrofotografisch taugliche Ausrüstung kostet ab 2.000 EUR aufwärts, visuelle Beobachtungen sind schon mit einem Einsatz von etwa 500 EUR möglich. Die Astrofotografie verzeiht keine Fehler (Fokussierung, Nachführung, Belichtungszeit, Bildbearbeitung), die Zeichnung am Teleskop erfordert aber ebenso höchste Konzentration, und Talent sowie Geschmack und Ehrlichkeit schaden beiden nicht.
Nun haben wir bisher den Artikel missbraucht, um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen visuellen Beobachtern und den Astrofotografen zu beschreiben - lassen wir jetzt die Bildergebnisse sprechen: Die Zeichnung (Abb. 1) und die für die visuelle Beobachtung typisch epische Beschreibung der Beobachtung erstellte Jens Leich, das Astrofoto (Abb. 2) mit kurzer Angabe der wesentlichen Belichtungsdaten stammt von Stefan Binnewies und Makis Palaiologou.
Die visuelle Beobachtung Das Wetter in den letzten Wochen des Jahres 2015 glänzte leider nicht mit zahlreichen klaren Nächten, aber dank der stets einsatzbereiten Gartensternwarte reichten auch schon Wolkenlücken, um einen Blick auf die Sterne zu erhaschen. So nutzte ich ,,zwischen den Jahren" drei Abende, um die Plejaden zu zeichnen. Kein leichtes Unterfangen, denn zweimal vereitelten mir immer wieder Wolken einen ungetrübten Blick. Erst der dritte Anlauf ergab einen brauchbaren Abend ohne Störungen. Die Qualität des Himmels war nicht überragend, aber doch
so gut, dass auch schwächere Sterne als nadelfeine Punkte zu beobachten waren, zudem störte kein Mondlicht. Bis zum dritten Abend beobachtete und zeichnete ich M 45 bei rund 32-facher Vergrößerung. Beobachtungsinstrument war ein apochromatischer Refraktor mit einer Öffnung von 130 mm und einer Brennweite von 838 mm. Im Gesichtsfeld meines Weitwinkelokulars von 26 mm Brennweite und ca. 68 Grad scheinbarem Gesichtsfeld konnte ich am äußeren Rand von M 45 nicht mehr sonderlich viele Sterne erkennen, so dass ich am Ende eine andere Vergrößerung und damit einen etwas begrenzteren Ausschnitt um M 45 wählte. Mit einem Okular der Brennweite 18,2 mm und ähnlich großem scheinbarem Gesichtsfeld waren die Hauptsterne aber noch ausreichend präsent, ohne dass sie im Gesichtsfeld zu sehr an den Rand gedrängt erschienen. Bei 46-facher Vergrößerung und bequemer Sitzhaltung entstand die in der Abbildung 1 dargestellte Zeichnung. Dazu nutzte ich ein mit mattweißem Zeichenpapier bestücktes Klemmbrett (Format DIN A5), welches sich auch längere Zeit bequem in der Hand halten lässt. Im Licht einer regulierbaren LED-Rotlicht-Klemmlampe, die am Zeichenbrett befestigt wurde, begann ich mit einem sehr weichen Bleistift der Härte 6B einen Stern nach dem anderen zu fixieren. Mit einer weichen Mine des Bleistifts ist es einfacher, die verschieden hellen Sterne recht genau abzubilden. Nachdem die Hauptsterne der Plejaden in Helligkeit und Position zueinander gezeichnet waren, begann ich im Uhrzeigersinn bestimmte Muster zwischen den Hauptsternen zu ermitteln (wie Ketten, Dreiecke usw.) und sie in Position, relativer Lage und Helligkeit zueinander zu dokumentieren. Mit zunehmender Beobachtungszeit bei der Mustersuche blitzte hier und da noch ein schwaches Sternchen auf, welches ich aber erst einzeichnete, nachdem ich es auch mehrfach sicher gesehen hatte. Die äußeren sowie die instrumentellen Bedingungen ließen ein eventuelles Erkennen der auf lang belichteten Aufnahmen sichtba-
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Deep-Sky
1 Oben: Zeichnung der Plejaden von Jens Leich.
Daten im Text.
2 Unten: Plejadenaufnahme, Daten im Text.
Bildautoren: Stefan Binnewies und Makis Palaiologou
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ren Plejadennebel nicht zu. Bisher habe ich diese visuell auch noch nie bewusst wahrgenommen. Dies wäre sicherlich unter bestem Himmel eine gewisse Herausforderung. Nach rund einer halben Stunde hatte ich das virtuelle Ziffernblatt im Okular abgearbeitet und die Zeichnung der Plejaden vollendet. Die Rohzeichnung wurde lediglich eingescannt, nach Norden orientiert und invertiert. Eine in Photoshop einkopierte Maske si-
muliert dabei den Blick durch das Okular. Abschließend wurde die Zeichnung mit den Namen der Hauptsterne sowie den Beobachtungsdetails zu Ausrüstung, Datum und Uhrzeit versehen.
Zur Astroaufnahme Die Plejaden sind 444 Lichtjahre (Stand 2014) von der Erde entfernt, am Himmel messen sie etwa 2 Grad . Die Abbildung 2 besitzt ein Gesichtsfeld von 115' x 90' und
zeigt den Offenen Sternhaufen in einer Belichtung aus dem September 2012 vom Skinakas-Observatorium auf der Insel Kreta. Die Aufnahme erfolgte durch eine Flatfield-Kamera (Lichtenknecker), Öffnung 32 cm, Brennweite 940 mm. Das LRGB-Bild (Gesamtbelichtungszeit 84 Minuten) wurde mit einer CCD-Kamera SBIG STL-11000M ohne Binning aufgenommen.
Beobachtung einmal anders -
Sternassoziation Perseus OB2
von Christopher Hay und Rene Merting
Die Assoziation Per OB2 (Rektasz. 03h 45m, Dekl. 33 Grad 00, (2000.0)), auch Zeta-Persei-Assoziation genannt, liegt im Verhältnis zu den bisher vorgestellten OBAssoziationen recht nah zu uns, in nur 900 Lichtjahren Entfernung im lokalen Orion-Arm der Galaxis. Wir schauen hier direkt ,,nach hinten" in unseren OrionArm hinein. Durch diese Nähe ergibt sich eine Ausdehnung am Himmel von 10 Grad x 10 Grad . Daraus resultiert auch ein perspektivischer Effekt, nämlich ein erheblicher südlicher Winkelabstand der Assoziation zum galaktischen Äquator und somit zur Milchstraße.
Läge die Assoziation im selben räumlichen Abstand zum galaktischen Äquator im dahinterliegenden 6.000 Lichtjahre entfernten Perseus-Arm, hätte Per OB2 einen Winkelabstand zum galaktischen Äquator von nur wenigen Grad und die Lage dieser Assoziation an unserem Himmel wäre mitten in der Milchstraße (Abb. 1).
1 Schema unserer Galaxis
Die 6 Millionen Jahre alte Assoziation Per OB2 ist ein Teil des Lindblad-Rings. Dieser Ring aus ionisiertem Gas ist die Hülle einer älteren Superblase, an deren Rand auch die Sternbildung in den Assoziationen Ori OB1 und Sco OB2 ausgelöst wurde. Innerhalb des Lindblad-Rings liegen die Sterne von Gould's Belt, darunter die meisten der mit bloßem Auge sichtbaren Sterne im Orion (Ori OB1) und im Kopf des Skorpions (Sco OB2).
Supernovae und Sternwinde in Per OB2 treiben jetzt die expandierende Hülle ei-
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ner neuen Superblase in das interstellare Medium. x Per (Menkib), ein aus der Mitte von Per OB2 nach Norden ,,entlaufener" Stern, beleuchtet und ionisiert ein nördliches Segment dieser neuen Hülle - dieses beleuchtete Segment der PerOB2-Hülle ist der Kalifornien-Nebel NGC 1499.
Während der entlaufene x Per am nördlichen Rand von Per OB2 liegt, liegen die anderen mit bloßem Auge sichtbaren Mitgliedssterne im zentralen Bereich der
Assoziation: der Überriese z Per (Atik), der Riese o Per, 40 Per (einer der massereichsten Hauptreihensterne in der Assoziation) und 42 Per. Die massereiche Röntgenquelle X Per (ein Gamma-Cassiopeiae-Veränderlicher, Schwankungsbreite zwischen 6 bis 7 mag, 1 Grad südlich von z Per) ist ebenfalls Mitglied der Assoziation.
Aus der Mitte der Assoziation nach Westen erstreckt sich in einem 5 Grad langen und 1,5 Grad breiten Band die Perseus-Molekülwolke, welche viele Dunkelnebel enthält
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- für den visuellen Beobachter interessante Objekte sind von Ost nach West Barnard 5, IC 348, Barnard 4, Barnard 1, NGC 1333 sowie Barnard 202 bis 206, die einen Ring von kompakten Dunkelnebeln (dense cores) mit Sternbildung im Innern bilden.
Die 20 Grad am Himmel messende Per-OB2Superhülle ist nur etwa ein Drittel so groß wie jene von Ori OB1 und visuell längst nicht so markant. Die Szene gewinnt jedoch an Dramatik, wenn wir uns vor Augen führen, dass am nördlichen Rand der Stern x Per den Kalifornien-Nebel zum Leuchten bringt, während der südöstliche Rand der Hülle in die Rückseite (von uns aus betrachtet) der Taurus-Dunkelwolken stößt und zugleich am südwestlichen Rand der Perseus-Molekülwolke turbulente Ketten von Dunkelwolken neue Sterne hervorbringen.
Beobachtung der visuell interessanten Objekte
(von Nordost nach Südwest):
NGC 1499 Per, Rektasz. 04h 03m 18s, Dekl. +49 Grad 31' 12'' (jeweils Äquinoktium 2000.0), ab 4 Zoll Öffnung, Helligkeit 6 mag, Galaktischer Nebel (GN), vgl. Abb. 2 Der Kalifornien-Nebel! Verantwortlich
für diesen Emissionsnebel ist, wie eingangs schon beschrieben, der 40' südlich stehende 40.000 Grad heiße und 50 Sonnenmassen schwere Runaway-Star Menkib, der vor 1 Mio. Jahren seinen Geburtsort im Zentrum der Perseus-OB2Assoziation mit 60 km/s verlassen hat. Nun ionisiert er den dichteren Teil einer großen Molekülwolke und hat so eine 60 Lichtjahre große HII-Region sichtbar gemacht.
Zum Beobachten sind eine möglichst große AP (Austrittspupille), guter Himmel und ein Hb-Filter wichtig. Mit 4 Zoll Öffnung zeigt sich eine diffuse Nebelwolke. Mit 8 Zoll sind erste Details möglich, beide Kanten erscheinen dann bereits heller. Mit 12 Zoll sowie Hb-Filter zeigt sich ein detailliert gegliedertes Objekt mit zahlreichen Schattierungen. Ohne Filter und mit niedriger Vergrößerung erscheint ein 6 Bogenminuten großer dunkler Fleck im zentralen Nordteil. Im Übrigen ist der Nebel ein ideales Objekt für field sweeping (Okularfeld-Bewegung).
B5 Per, Rektasz. 03h 48m, Dekl. +32 Grad 54' (2000.0), ab 8 Zoll Öffnung, Dunkelnebel (DN) Der Dunkelnebel Barnard 5 ist ein isolierter ,,Außenlieger" der Perseus-Molekülwolke im Herzen der Per-OB2-Asso
ziation. Im Inneren des Nebels findet Sternbildung auf geringem Niveau statt. B 5 wird als Bok-Globule klassifiziert, das heißt als kompakter und isolierter Dunkelnebel. Das legt eine gute Beobachtbarkeit nahe. Auf Fotos ist der Nebel tatsächlich sehr markant, jedoch erschwert die geringe Sterndichte in der Umgebung die visuelle Beobachtung.
Mit 8 Zoll wird B 5 zugänglich und dann ist darauf zu achten, dass das Sehfeld mindestens 1,5 Grad beträgt, denn die Beobachtung von Dunkelnebeln lebt von der Abgrenzung zur Umgebung!
IC 348 Per, Rektasz. 03h 44m 34s, Dekl. +32 Grad 09' 48'' (2000.0), ab 4 Zoll, Helligkeit 8,5 mag, Offener Sternhaufen (OS) Ein sehr junger OS, dessen jüngste Mitglieder direkt am Ende ihrer Geburtsphase stehen. Der Haufen begrenzt die Perseus-Molekülwolke nach Norden und ist der einzige schon fertig entwickelte OS in der Per-OB2-Assoziation. Schaut man mit 8 Zoll und geringer Vergrößerung auf den Sternhaufen, so entsteht der Eindruck eines flächigen Glühens. Tatsächlich wird der Haufen vom Reflexionsnebel IC 1985 umhüllt. So ist es nicht verwunderlich, dass Dreyer IC 348 zunächst als ,,Reflexionsnebel/Sternhaufen" katalogisierte. Dieses Glühen macht
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den Kontrast zum direkt südlich angrenzenden Dunkelnebel Barnard 4 sehr reizvoll.
B 4 Per, Rektasz. 03h 44m, Dekl. +31 Grad 47' (2000.0), ab 4 Zoll, DN Barnard 4 bildet den östlichen Rand der Perseus-Molekülwolke. Hier findet noch keine Sternbildung statt, was darauf hinweist, dass dies der jüngste Teil der Molekülwolke sein dürfte. B 4 ist relativ gut von seiner Umgebung abgegrenzt und somit schon mit Groß-Fernglas ein dankbares Objekt.
B 1 Per, Rektasz. 03h 33m 16s, Dekl. +31 Grad 07' 51'' (2000.0), ab 4 Zoll, DN Barnard 1 liegt im Zentrum der PerseusMolekülwolke am südwestlichen Rand der Per-OB2-Assoziation im lokalen Orion-Arm der Galaxis. Im Inneren des Nebels findet eine recht aktive Sternbildung
statt, teilweise durch Strahlung des massereichen Sterns 40 Persei beeinflusst. B 1 ist visuell weniger gut von seiner Umgebung abgesetzt als sein Kompagnon B 4 in der Perseus-Molekülwolke. Ein Groß-FG mit möglichst viel Öffnung ist das Instrument der Wahl.
NGC 1333 Per, Rektasz. 03h 28m 55s, Dekl. +31 Grad 22' 12'' (2000.0), ab 8 Zoll, Helligkeit 6 mag, GN Der Reflexionsnebel ist einer der aktivsten Sternentstehungsorte innerhalb von 1.500 Lichtjahren Abstand zu uns. Er umhüllt einen extrem jungen Sternhaufen und ist auf Fotografien mit einigen kleinen rötlichen Nebeln umgeben (Herbig-Haro-Objekte).
Beobachtungen mit kleinen Öffnungen sind lohnend, wenn der Himmel dunkel und transparent genug ist. Mit 8 Zoll wird eine diffuse Aufhellung um den
zentralen Stern erkennbar. Mit 12 Zoll wirkt der Nebel nicht viel heller, der Kontrast zum umgebenden fast sternlosen Dunkelnebelfeld ist jedoch auffällig. Mit indirektem Sehen vergrößert sich der Nebel deutlich.
2
Sternkarte mit den genannten Objekten, Quelle: Cartes du Ciel
54
55 56
N E
0 30'
VdS-Journal Nr. 59
50 49
NGC1499
Perseus
40 B 5 42
IC 348
B 4
B 1
NGC 1333
240'
Deep Sky
73
Skyguide 2016 - 3 (Herbst)
von Robert Zebahl und Rene Merting
Unser Skyguide soll in erster Linie Anregungen für eigene Beobachtungen geben und wird dabei jährlich für jede Jahreszeit 5 Objekte kurz beschreiben. Es werden dabei sowohl leichte als auch schwierige Objekte ausgewählt, welche nach Schwierigkeitsgrad sortiert sind. Wie schwer ein Objekt letztlich ist, hängt natürlich von verschiedenen Faktoren ab, vor allem der Himmelsqualität, der Teleskop-Öffnung und der persönlichen Erfahrung.
Zu jedem Objekt werden die wichtigsten Informationen in Kurzform und gegebenenfalls ein DSS-Bild (Digitized Sky Survey) angegeben. Des Weiteren ist eine Karte, erstellt mit der freien Software Cartes du Ciel (Skychart), für die grobe Orientierung vorhanden, welche Sterne bis zu einer Größenklasse von ca. 8,0 mag zeigt. Telradkreise (0,5 Grad ; 2,0 Grad ; 4,0 Grad ) auf der Karte markieren die Position des Objekts. Im Allgemeinen empfehle ich
aber, eigene Aufsuchkarten zu erstellen. Die visuelle Beschreibung des Objekts basiert weitestgehend auf eigenen Beobachtungen und soll lediglich als Anhaltspunkt dienen.
1
Übersichtskarte der hier vorgestellten Objekte, Quelle: Cartes du Ciel
6
4 M 52
NGC7538
NGC 7635
NGC7510
Cassiopeia
Sh2-157
21
30
Cepheus
18
20 25
19
15
M2-51
14
N
E
0 30'
300'
Berkeley 94
Anzeige
74
Deep Sky
NGC 7510 (H 7.44)
Typ:
Offener Sternhaufen
Sternbild:
Cep
Koordinaten (2000.0): 23h 11m, +60 Grad 34'
Helligkeit:
7,9 mag
Winkelausdehnung: 4' x 4'
NGC 7510 ist mit einem Alter von ca. 10 Millionen Jahren ein recht junger Sternhaufen. Er wird durch interstellaren Staub in seiner Helligkeit geschwächt. Dennoch ist er visuell ziemlich hell. Die Besonderheit liegt aber in seiner eher länglichen Form und Kompaktheit. Im kleinen Teleskop von etwa 3 Zoll Öffnung erscheint der Sternhaufen unter städtischen Bedingungen vielmehr als elongierter Nebel. Unter einem dunklen Landhimmel gelingt die Auflösung in Einzelsterne, wobei der Hintergrund neblig bleibt. Auffällig ist dabei ein heller Stern an einem Ende des Sternhaufens. NGC 7510 wird neben diesem Stern von zwei Sternketten geprägt, welche im spitzen Winkel zueinander liegen. Ab 8 Zoll Teleskop-Öffnung können bereits viele schwache Mitglieder beobachtet werden.
2 Offener Sternhaufen NGC 7510, Quelle: DSS
NGC 7538 (H 2.706)
Typ:
Heller Nebel
Sternbild:
Cep
Koordinaten (2000.0): 23h 13m 41s, +61 Grad 31' 30''
Winkelausdehnung: 8' x 7'
Bei NGC 7538 handelt es sich um einen ziemlich hellen Gas- und Staubnebel. Der Emissionsnebel enthält aber auch Reflexionsanteile. Für die visuelle Beobachtung sind Nebelfilter auf jeden Fall hilfreich. Unter ländlichen Bedingungen kann der Nebel mit 8 Zoll Teleskop-Öffnung bei schwacher Vergrößerung und [OIII]Filter direkt als runder, gleichmäßiger Nebel erkannt werden. Bei genauerem Hinsehen und höherer Vergrößerung werden sicher mehr Details erkennbar sein. Bei einer 12-Zoll-Teleskop-Öffnung und 70-facher Vergrößerung mit UHC-Filter ist in jedem Fall die diffuser auslaufende Ostseite schön zu sehen.
3 Nebel NGC 7538, Quelle: DSS
Sh2-157 (LBN 537, Klauennebel)
Typ: Sternbild: Koordinaten (2000.0): Winkelausdehnung:
Heller Nebel Cas 23h 15m 30s, +60 Grad 10' 60' x 50'
Dieser recht große Emissionsnebel liegt an der Grenze zwischen den Sternbildern Cassiopeia und Cepheus und hat wohl seinen Beinamen aufgrund des ungewöhnlichen Aussehens bekommen. Er befindet sich gut 1 Grad südwestlich des berühmten Blasenn ebels NGC 7635. Aufgrund seiner Winkelausdehnung sind kleine Vergrößerungen sehr empfehlenswert. Nebelfilter helfen bei der Sichtung. Bei gutem Landhimmel mit einem 8-Zoll-Dobson bei 37-fach und UHC-Filter wirkt der Nebel sehr groß, diffus, unregelmäßig mit helleren Ausläufern. Inmitten des Nebels befinden sich viele Sternketten. Eine klare Abgrenzung des Nebels zur Umgebung ist schwierig. Ein Hb-Filter zeigt noch weitere Strukturen.
VdS-Journal Nr. 59
4 Nebel Sh2-157, Quelle: DSS
Berkeley 94
Typ:
Offener Sternhaufen
Sternbild:
Cep
Koordinaten (2000.0): 22h 22m 54s, +55 Grad 52' 30''
Helligkeit:
8,7 mag
Winkelausdehnung: 4' x 4'
Der Berkeley-Katalog enthält insgesamt 104 Sternhaufen, wobei die meisten davon erstmalig von der ,,University of California at Berkeley" entdeckt worden sind. Ein recht interessanter Katalog mit visuell eher weniger beachteten Sternhaufen. Berkeley 94 ist dabei ein recht kompakter Sternhaufen, der bereits mit 80 mm Teleskop-Öffnung erfolgreich beobachtet werden kann. Hier konnte ich zumindest eine leicht gebogene Kette von 3 Sternen erkennen, wobei der Hintergrund neblig wirkte. Mit 8 Zoll Teleskop-Öffnung und mittlerer Vergrößerung können neben den 3 helleren Sternen noch viele weitere, schwächere Mitglieder auf engem Raum gesehen werden.
Deep Sky 5 Offener Sternhaufen Berkeley 94, Quelle: DSS
75
Minkowski 2-51 (PK 103+0.1)
Typ: Sternbild: Koordinaten (2000.0): Helligkeit: Winkelausdehnung:
Planetarischer Nebel Cep 22h 16m 03,89s, +57 Grad 28' 33,8'' 13,5 mag 1,2' x 1,2'
Es gibt viele, relativ helle Planetarische Nebel, die den Weg in den New General Catalogue (NGC) gefunden haben und den meisten mehr oder weniger bekannt sind. Abseits des NGC gibt es aber noch etliche Planetarische Nebel, deren Besuch sich lohnt. So auch Minkowski 2-51, der ca. 0,5 Grad vom recht hellen Offenen Sternhaufen NGC 7234 entfernt ist. Trotz der angegebenen visuellen Gesamthelligkeit von etwa 13,5 mag lässt sich der Nebel mit 8 Zoll Teleskop-Öffnung unter Landhimmel erstaunlich gut beobachten. Ein Nebelfilter hilft, wobei der Nebel auch ohne Filter bei mittleren Vergrößerungen um die 80-fach schon recht gut als kleine, runde Aufhellung zu sehen ist. Der Rand des Nebels erschien dabei eher diffus auslaufend. Bei 150-fach konnte ich manchmal sogar eine stellare Aufhellung inmitten des Nebels erkennen. Vermutlich ist das der 13,3 mag helle Stern nordöstlich des Zentrums.
6 Planetarischer Nebel Minkowski 2-51, Quelle: DSS
IMPRESSUM
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Bezug: ,,VdS-Journal für Astronomie" erscheint viermal pro Jahr und ist im Mitglieds-beitrag von 35,- E (Europa) und 40,- E (außereurop. Länder) bzw. ermäßigt 25,- E pro Jahr enthalten
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VdS-Journal Nr. 59
76
Geschichte
Heinrich Friedrich Ludwig Matthiessen - ein Leben für die Wissenschaft
von Elvira Pfitzner
Entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des Physikalischen Instituts der Universität Rostock hatte der Physiker, Mathematiker und Astronom H. F. L. Matthiessen (Abb. 1). Theoretische Kenntnisse und vor allem praktische Erfahrungen auf mehreren Gebieten ermöglichten es dem Forscher, hervorragende Ergebnisse zu erzielen. Durch zahlreiche Vorträge und Aufsätze in Fachzeitschriften und anderen Publikationen sorgte auch er für die Popularisierung der Astronomie und Physik in der Öffentlichkeit.
In der Nähe des kleinen Städtchens Eutin in Schleswig Holstein, in Fissau, wurde Heinrich Friedrich Ludwig Matthiessen am 22.9.1830 geboren. Sein Vater Christian Matthiessen war Lehrer in Eutin. Am dortigen Gymnasium schloss L. Matthiessen seine Schulbildung mit dem Abitur ab.
Seine Interessen waren vor allem Mathematik, Physik und Astronomie. Erstere und Naturwissenschaften studierte der junge Mann an der Universität in Kiel. Am dortigen Physikalischen Institut wurde L. Matthiessen anschließend Assistent
und vervollkommnete seine Ausbildung. Im Jahre 1857 erwarb er den Grad ,,Doktor der Philosophie" und habilitierte sich im gleichen Jahr.
Zunächst wurde Matthiessen 1857 Privatdozent in Kiel. Danach, im Jahre 1859, Physik- und Mathematiklehrer in Jever. In diesen Jahren befasste sich Matthiessen mit Astronomie, beobachtete und war besonders daran interessiert, die Ursachen der Erscheinungen zu ergründen. So erschien im Kieler Vereinsblatt von 1864 ein Beitrag über die Kenntnis der sogenannten Sternschnuppen von ihm. Neue Wirkungsstätte für die nächsten 9 Jahre von 1864 bis 1873 wurde das Gymnasium in Husum an der Westküste Schleswig-Holsteins, vor den Nordfriesischen Inseln gelegen. Diese hübsche kleine Stadt wurde durch Theodor Storm (18171889), dem Dichter von ,,Der Schimmelreiter" und ,,Immensee" bekannt. In der Zeit von 1866-1880 wohnte Storm hier.
H. F. L. Matthiessen, der junge Wissens chaftler, inzwischen Professor und Subrektor an der anspruchsvollen Bildungsstätte, hatte durch seine Arbeiten
auch international auf sich aufmerksam gemacht. Wen wundert es, dass er den weiten Himmel über dem Meer beobachtete, ihm noch unbekannte Phänomene zu ergründen suchte und so auch Voraussetzungen für spätere Arbeiten schuf. Dazu gehören die Berichte über Regenbögen und Blitzentladungen. Die altehrwürdige Hansestadt Rostock wurde ab 1874 Lebens- und Wirkungsstätte von L. Matthiessen. Als ordentlicher Professor für Physik begann er hier seine Tätigkeit. Auch wurde er der erste Direktor des Physikalischen Instituts. Bis zum Jahre 1905 lehrte er an der Universität vor allem Physik und Mathematik.1885/86 war er Rektor der Uni und ab 1888 auch Leiter des astronomisch-meteoronomischen Observatoriums der Akademie. Kurz nach dem Wechsel in den Ruhestand verstarb L. Matthiessen am 14.11.1906 in Rostock [1].
Interessant sind die Themen seiner Veröffentlichungen von Meteoren und Feuerkugeln über Phänomene des Gewitters, Schichten der Atmosphäre, Strahlenbrechung bis Ringnebeln. Dazu beschäftigte sich L. Matthiessen vor allem mit Physik. Fächerübergreifend ging er an die Lösungen der Problemstellungen heran.
Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie
Die Vorbereitungen für unsere 13. Tagung laufen. Sie wird vom 28. bis 30. Oktober in Regensburg stattfinden. In diesem Heft lesen Sie folgende Beiträge: Hans-Joachim Leue berichtet in ,,Telescopium Newtonianum XXVII pedum" über die Aufsehen erregende Errichtung eines Nachbaus des 27-füßigen Teleskops von Johann Hieronymus Schroeter aus dem Jahre 1793. Er wurde im November 2015 in Lilienthal eingeweiht. Oliver Maiwald skizziert in ,,Von Kometen und Katastrophen" (Teil 1) die Frühgeschichte der Impakttheorien. Elvira Pfitzner liefert im 6. Teil ihrer Reihe über (eher unbekannte) Astronomen aus dem Rostocker Raum ein Portrait von Heinrich Friedrich Ludwig Mathiessen. Abschließend gibt es noch eine Rezension des Abschlussberichts von Pierre Leich zum ,,Simon-Marius-Jubiläum 2014". Des Weiteren in der Rubrik ,,Rezensionen" auch noch eine Besprechung des bemerkenswerten Buchs von Benjamin Mirwald zum Thema ,,Volkssternwarten - Verbreitung und Institutionalisierung populärer Astronomie in Deutschland 1888-1935". Versorgen Sie mich auch weiterhin mit interessanten Artikeln. Informationen zur Fachgruppe finden Sie wie gewohnt auf unserer Webseite http:// geschichte.fg-vds.de.
Wolfgang Steinicke
VdS-Journal Nr. 59
In den Astronomischen Nachrichten Nr. 21, 1845-46, S. 320-342, ist eine wunderbare Arbeit von L. Matthiessen aus dem Jahre 1870 abgedruckt: ,,Beobachtungen und Positionsbestimmungen des Meteores vom 27. September 1870" von Herrn Dr. Ludwig Matthiessen in Husum." Zunächst sammelte er alle Angaben der Sichtung des Feuerballes, bestimmte deren scheinbare Positionen und Höhen über der Erdoberfläche bis zum Absturz in der Ostsee. Daraus errechnete er die wahren Örter der Feuerkugel und bestimmte deren Bahn, welche er bis zum möglichen Ursprung außerhalb unseres Sonnensystems rechnerisch bis zum Sternbild Altar am südlichen Sternhimmel verfolgte [2][3].
L. Matthiessens Untersuchungen zur Elektrizität in der Atmosphäre in Form von Blitzentladungen, deren Besonderheiten und Folgen für die Städte und
Geschichte
77
Dörfer, verstärkten den Bau und Einsatz von Blitzableitern an vorwiegend hohen Gebäuden. Grundlage waren Berichte über Blitzeinschläge, eigene Beobachtungen und Anleitungen zum Bau von Blitzableitern sowie wohl seine Versuche mit der Influenzmaschine [4].
Besonders aufschlussreich ist: ,,Berichte über Blitzeinschläge in der Provinz Schleswig-Holstein von Dr. Leonhard Weber. Kiel 1882", welches der Verfasser an L. Matthiessen schickte. Aus einem dieser Berichte, Seite 16: Hier wird der Einschlag in die Kirche St. Annen, Kreis Norddithmarschen beschrieben. Am 12. Juli 1881 gegen 11.00 Uhr: Der Blitz kam ohne Regen bei bewölktem Himmel, das Gewitter aus SW bei völliger Windstille. Die Kirche war mit einem in der Herstellung begriffenen noch unvollendeten Blitzableiter versehen. Nur vom Turm bis zum Dachfirst war er fertig. Die Spitze bestand aus vergoldetem Kupferkonus mit aufgesetzter Silberkuppe. Der Blitz schmolz die Spitze bis auf einen Durchmesser von 4 mm an, eine schneckenförmige Schmelzungsfigur bildend, deren Windungen linksläufig, d.h. von der Spitze nach der Basis gerechnet umgekehrt wie der Uhrzeiger verliefen.
Der übrige Teil der Silberkappe war mit kleinen runden 0,1 - 3 mm Durchmesser messenden, in der Mitte kaum merklich erhöhten unregelmäßigen und vereinzelten Schmelzungsflecken bedeckt. Soweit der Blitzableiter vorhanden war, folgte ihm der Blitz ohne bemerkbare Spuren. Am unteren, noch unfertigem Ende fuhr der Blitz in einen Träger des Turmes, zersplitterte diesen, ging sodann in die Gipsdecke, in welcher er sich in den Drähten verteilte. Darauf in die Orgel und von hier mittels der eisernen Säulen in die Erde. Die diesen Weg bezeichnenden Spuren waren folgende, Zersplitterung eines Balkens; Durchbrechung und teilweise Herunterwerfen der Gipsdecke; Umherwerfen der auf der Orgel liegenden Noten; Versagen einiger Stimmen der Orgel; Zersplitterung des Orgelgehäuses; Schwärzung der Goldleisten an der Orgel; Bildung zweier schwarzer Punkte, von denen je einer sich neben den beiden Säulen befand, wo der Blitz von der Orgel aus das Holz durchschlug um auf die Säulen zu kommen.
1 Bildnis H. F. L. Matthiessen,
UA Rostock, Professorenbilder
Zu jener Zeit waren Verhalten, Bewegung und Spuren dieser natürlichen Entladungen noch nicht restlos erforscht worden. Auch zum Aufbau und zur Materie des Blitzkanals stellten sich viele Fragen. In einem Sonderdruck aus einer Arbeit, die L. Matthiessen 1890 verfasste, schreibt er dazu: ,,Man darf annehmen, dass sich in der Axe des Funkenzylinders ein Strom strahlender Materie (Crookes) bewege, der die Luft im Zylindermantel seitwärts momentan comprimiert und zum Glühen veranlaßt." [5]
Im Nachlass des Astronomen L. Matthiessen befinden sich viele kleine Schriften verschiedener Autoren zu Messinstrumenten und fotografischen Möglichkeiten. Auch der Hinweis, dass er mit Friedrich Simon Archenhold (1861-1939) bekannt war. Vom Gründer der Treptower Sternwarte, die später nach dem Berliner Astronomen benannt wurde, bekam L. Matthiessen ein Foto des ,,Photographischen Apparates" der Königlichen Sternwarte zu Berlin. Auch mit dem Bau des Auges der Wirbeltiere beschäftigte sich L. Matthiessen, wie aus einem Sonderdruck hervorgeht. [5]. Diesem folgte ein Jahr später ein weiterer Beitrag über dasselbe Thema: ,,Die neueren Fortschritte in unserer Kenntnis von dem optischen Baue des Auges der Wirbeltiere". Er wurde in einer Festschrift zum 70. Geburtstag von H. von Helmholtz, gedruckt, Hamburg und Leipzig: Leopold Voss. 1891. Aber die Themenvielfalt L. Matthiessens ist mit diesem Beitrag noch lange
nicht erschöpft, siehe [1]. Während seiner Tätigkeit in Rostock berechnete und bestimmte der Physiker Vergrößerungen von Lupen, Mikroskopen und Fernrohren, Theodolithen und Nivellierinstrumenten. Dabei wurden irdische Gegenstände durch die Instrumente beobachtet und mit unvergrößertem natürlichem Bild verglichen. Die Änderungen bei verschiedenen Entfernungen notiert, um Gesetzmäßigkeiten zu zeigen. Arbeiten mit dem Mikroskop betrafen auch Dinge wie die Federn eines Kolibris, die Schuppen des Zanders, Flügel von Mücke und Stubenfliege wie auch verschiedene Hölzer im Längsschnitt und andere Objekte. Des Weiteren untersuchte L. Matthiessen besonders die Lichtbrechung in festen und flüssigen Körpern. ,,Publikationen des astronomisch-meteoronomischen Observatoriums zu Rostock", so heißt eine Schriftenreihe, in welcher Dr. L. Matthiessen seine Forschungsergebnisse mitteilt und welche beim Schriftentausch weltweit bekannt gemacht werden. Jahrgang 1903 enthält maßgebliche Arbeiten über: Brechung von Strahlenfächern im Hauptnormalabschnitt (Meridian), Seite 4, Brechung von Strahlenfächern im Nebennormalschnitte (sagittal), S. 10, Vom Minimum der Ablenkung der austretenden Strahlen zweiter Art, Seite 12, Über secundäre Regenbogen, welche durch Spiegelung der Sonne im Meeresspiegel entstehen, Seite 14.
Neben den Texten sind einige zeichnerische, farbige Darstellungen zum besseren Verständnis eingefügt worden. Im zweiten Jahrgang von 1904 sind Beiträge über das Klima von Schwerin und der Temperaturkalender von Wustrow (1853-1902) enthalten. Auch wird von den Meteorologischen Stationen von Schwerin, Rostock, Wustrow und Kirchdorf berichtet. Im dritten Jahrgang von 1905 schreibt L. Matthiessen über seine Forschungen zu kosmischen Ringnebeln und die Saturnringe. Zum letzten Thema meint er, ,,Abgeplattete Ringe scheinen nur unter den kosmischen zu existieren. Dabei ändert sich offenbar immer das Potential." [6]
Dass L. Matthiessen auch Mathematiker war, darauf weist seine Veröffentlichung ,,Grundzüge der antiken und modernen Algebra der litteralen Gleichungen. Leipzig: B. G. Teubner 1878" hin. [1]
VdS-Journal Nr. 59
78
Geschichte
2 Hofgebäude, Foto: Dr. Mönnig, 1885
Das 1833/34 erbaute kleine Hofgebäude (Abb. 2), welches zuerst das chemische Labor und das physikalische Kabinett beherbergte, danach 1844 Anatomisches Institut wurde, bekam im Jahre 1878 die Physik. Nur zwei Jahre später zog Rostock nach und hatte endlich 1880 auch ein Physikalisches Institut, geleitet von L. Matthiessen. Alles für die Wasser- und Stromversorgung wurde im Kellerraum untergebracht und installiert - so eine elektrische Blockstation zur Stromerzeugung und Umformer für 65 Volt Gleichstrom sowie weitere Maschinen. Im Erdgeschoss befanden sich Arbeitszimmer, die Werkstatt und das Auditorium mit Schalttafeln zur Verteilung der Maschinenströme und Akkus. Auch eine Starkstromleitung in die Aula des Hauptgebäudes kam von hier. Experimentierplätze und Seminarräume sowie eine Dunkelkammer und ein Labor fanden in den Räumen der ersten Etage ihren Platz. Auf dem Dach befand sich ein kleiner Aufbau mit eingezäunter Beobachtungsfläche für die Astronomie und die Meteorologie. Bestens geeignet für Messungen von Meridiandurchgängen der Gestirne [1].
Eine Laborordnung, die L. Matthiessen erarbeitete, sorgte für einen reibungslosen Arbeitsverlauf beim Lehrpersonal und den Studenten, welche auch das physikalische Praktikum hier absolvierten. Dafür hat der Professor extra ,,Aufgaben für die Praktikanten des physikalischen Laboratoriums der Universität Rostock" in einer Sammlung 1885 zusammengestellt. Alles ist in Themenbereiche gegliedert, wie folgende Übersicht kurz zeigen soll.
VdS-Journal Nr. 59
- Gravitation und Luftdruck mit Barometer und Höhenmessung
- Optik mit Spektrometer, Sextant, Höhenmessung der Sonne, Spektralanalyse, Wellenlängen und Polarisation des Lichtes
- Wärmelehre mit verschiedenen Thermometern, Wärmestrahlung, Abhängigkeit von der Entfernung, Oberflächen und Temperatur [7]
Das Jahr 1888 brachte noch mehr Aufgaben für den umsichtigen Gelehrten, ihm wurden das Fachgebiet Astronomie und die Aufsicht über die astronomischen Instrumente zusätzlich übertragen. Hermann Karsten (1809-1877), mit dem L. Matthiessen viele Jahre lang zusammen gearbeitet hatte, war verstorben und dessen Nachfolger hatten Rostock verlassen, folglich kümmerte sich L. Matthiessen auch noch um das mathematische Kabinett.
Das Wirken in der Öffentlichkeit war für L. Matthiessen selbstverständlich. Am 21. November 1882 wurde die ,,Naturforschende und Medizinische Gesellschaft zu Rostock" gegründet. Einer der Mitbegründer war Prof. Dr. L. Matthiessen. Mitglieder waren vor allem Dozenten der Medizinischen und Philosophischen Fakultät, promovierte oder examinierte Assistenten, Ärzte, Apotheker, Lehrer, die sich acht bis neun Mal im Jahr zu ihren Beratungen trafen. Als Gäste durften Ingenieure, Landwirte, Kaufleute und Studenten teilnehmen [8]. In den Statuten wird unter anderem festgehalten: ,,Die Gesellschaft hat zum Zweck
gegenseitige Belehrung und Förderung neuer Forschungen im gesamten Gebiet der Naturkunde. Im Falle der Auflösung der Gesellschaft soll etwa übrig bleibendes Vermögen der Universitätsbibliothek zur Anschaffung naturwissenschaftlicher Schriften anheimfallen". Zu den Zusammenkünften trafen sich die Mitglieder im Physikalischen Institut oder im Zoologischen Institut, je nach dem Thema des Vortrags. So sprachen - genannt seien zwei Beispiele - L. Matthiessen im Physikalischen Institut ,,Über die elektrischen Kathodenstrahlen nach Röntgen" sowie Dr. Otto Staude (1857-1928) über ,,Das Experiment in der Mathematik" im Zoologischen Institut. Zu den Treffen wurde empfohlen, ein Perspektiv mitzubringen. Es deutet darauf hin, dass am Schluss bei klarem Himmel astronomische Beobachtungen vorgesehen waren.
Einzelne Beiträge aus dem Jahresband der Gesellschaft wurden auch in der Rostocker Zeitung abgedruckt. Ein Schriftentausch mit ähnlichen Gesellschaften in Deutschland und Europa sorgte für gegenseitigen Informationszuwachs. Diese Gesellschaft mit leicht verändertem Namen arbeitete vom Ersten Weltkrieg (1914-1918) bis in die Zwanzigerjahre des Zwanzigsten Jahrhunderts [9].
Der vielseitige Wissenschaftler wurde 1862 Mitglied der mathematischen Gesellschaft in Jena, 1883 Ehrendoktor der medizinischen Fakultät der Universität Zürich sowie 1885 Mitglied der Akademie der Naturforscher ,,Leopoldina" in Halle/Saale [1].
Literaturhinweise: [1] R. Mahnke, 1991: ,,Ludwig
Matthiessen - erster ordentlicher Professor der Physik an der Universität Rostock", in: Beiträge zur Geschichte der Universität Rostock, Rostock, Heft 17, 19 [2] L. Matthiessen, 1870: ,,Beobachtungen und Positionsbestimmungen des Meteors vom 27. September 1870", in Astronomische Nachrichten, Nr. 1845-1846, Band 77, 320 [3] UA Rostock, Personalakte Prof. H. F. L. Matthiessen [4] UA Rostock, Nachlass Matthiessen 7, Forschungen zu Blitzen und Blitzableitern 1874-1901
[5] H. F. L. Matthiessen, 1890: ,,Zur Kenntnis der Constitution des elektrischen Funkens", in : Zeitschrift für den physikalischen und chemischen Unterricht. Heft 6, Berlin, UA Rostock, Nachlass L. Matthiessen
[6] H. F. L. Matthiessen: Publikationen des astronomisch-meteoronomischen Observatoriums zu Rostock, Jahrgänge 1903-1905. Rostock, UB Rostock, Sign.: MK - 7920 (1)-(3), (1), S. 3-14; (2); (3), S.10.
[7] H. F. L. Matthiessen, 1895: ,,Aufgaben für die Praktikanten des physikalischen Laboratoriums der Universität Rostock", Rostock, UB Rostock, Sign.: MK-7975 39
[8] ,,Fünfzig Jahre Naturforschende und Medizinische Gesellschaft zu Rostock", Rostock 1932. UB Rostock, Sondersammlungen, Sign.: MK - 10665 (10) 10
[9] StA Rostock, Naturforschende Gesellschaft zu Rostock, Sign.: 1.3.1. 76, Vereine
Rezension:
Pierre Leich: Abschlussbericht zum Simon-Marius-Jubiläum 2014
Schriftreihe der Nürnberger Astronomischen Gesellschaft, Heft 6/2015, 23 Seiten
2014 war das Jahr des Simon Marius (siehe die Beiträge in Heft 50 und 51). Vor genau 400 Jahren hat der Gunzenhausener Astronom seine bedeutenden JupiterBeobachtungen publiziert. Das Werk ,,Mundus Iolialis" enthält die unabhängige Entdeckung der vier großen Jupitermonde, die später die ,,Galileischen" genannt wurden. Obwohl Galilei seine Ergebnisse früher publizierte, werden Marius astronomische Beiträge heute als zeitgleich und gleichwertig betrachtet. Leider war sein Ruf zur damaligen Zeit durch Galileis Plagiatsbehauptung beschädigt. Unstreitig ist dagegen die teleskopische Entdeckung des Andromedanebels am 5. Dezember 1612.
Die Nürnberger Astronomische Gesellschaft e.V. (NAA) und die Simon Marius Gesellschaft e.V. nahmen das Jubiläum zum Anlass, den (im Vergleich zu Galilei) eher unbekannten markgräflichen Hofmathematiker in großem Rahmen zu würdigen: 2014 wurde zum ,,Marius-Jahr". Unter der Leitung von Pierre Leich reihte sich eine beachtliche Zahl von Veranstaltungen aneinander. Von den umfangreichen Aktivitäten berichtet die vorliegende Schrift.
60 Veranstaltungen wurden zu Ehren von Simon Marius (1573-1624) durchgeführt; insgesamt 66 Kooperationspartner waren beteiligt. Im Zentrum steht eine umfangreiche Internetpräsentation: das in vielen Sprachen erstellte ,,Marius-Portal" (www. simon-marius.net). Zahlreiche Publikationen sind 2014 über Marius und seine Zeit erschienen. Die zentrale Tagung ,,Simon Marius und seine Zeit" fand unter Beteiligung namhafter Wissenschaftler in Nürnberg statt. Ein weiterer Höhepunkt: Der Asteroid 7984 wurde von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) auf den Namen ,,Marius" getauft.
Der ,,Abschlussbericht" ist ein beeindruckendes Dokument, das allen astronomisch und historisch Interessierten zu empfehlen ist. Es schildert die wesentlichen Details der ,,Jahresveranstaltung" - von der Planung, Durchführung bis zum Resümee. Man merkt, welch enorme Arbeit in dem Projekt steckt. Es ist nachhaltig - insbesondere durch das ,,Marius-Portal" - und Simon Marius dürfte nun endlich den Platz in der Wissenschaftsgeschichte gefunden haben, der ihm schon lange gebührt.
Dr. Wolfgang Steinicke
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80
Geschichte
Von Kometen und Katastrophen: Zur Frühgeschichte der Impakttheorien
- Teil 1: Vom Ende des 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts
von Marc Oliver Maiwald
Vorbemerkung: Es handelt sich bei dem vorliegenden Artikel um die populäre Zusammenfassung einer umfangreicheren Arbeit, deren Veröffentlichung in Vorbereitung ist. Daher wurde hier auf alle Belege und Literaturangaben verzichtet.
In heutigen Rekonstruktionen der Geschichte der Erde und des Lebens spielen die Einschläge kosmischer Körper eine große Rolle, etwa bei der Frage nach der Entstehung des Mondes oder der Ursache der großen Massenaussterben wie dem der Dinosaurier. Die Grundlage dieser Impakttheorien sind mathematisch-physikalische Simulationen von Impakten, die Ergebnisse der Sonnensystemforschung seit den 1960er-Jahren und - im Falle des Dinosauriersterbens - geochemische Untersuchungen. Theorien, die Katastrophen in der Erdgeschichte auf die Begegnung der Erde mit einem Kometen zurückführen, gab es aber schon seit dem Ende des 17. Jh. Freilich beruhten sie auf ganz anderen Grundlagen und sollten andere Fragestellungen als die heutigen beantworten.
Ihre Entstehung verdanken die kometarischen Katastrophentheorien der Frage nach den Ursachen der Sintflut. Die galt am Ende des 17. Jh. als das nach der Genesis wichtigste Ereignis der Erdgeschichte. Die meisten Gelehrten versuchten damals, biblische Tradition und christlichen Glauben mit den Ergebnissen der Naturwissenschaften in Übereinstimmung zu bringen. So wurden Rekonstruktionen der Erdgeschichte nicht nur am ,,Zeugnis der Natur", sondern auch am ,,Zeugnis der Schrift" orientiert. Andererseits sollte aber auch das göttliche Wirken soweit wie möglich im Rahmen der Naturgesetze erfolgen - etwa indem die Wassermassen der Sintflut aus natürlichen Quellen entspringen sollten. Ähnliches galt für Astronomie und Physik. Neue Beobachtungen und Theorien wie die Newtonsche Gravitationstheorie
VdS-Journal Nr. 59
sollten das Bild der Natur als ein von Gott zum Wohle der Menschen sinnvoll geordnetes System bestätigen (Physikotheologie).
Die Sintflut war für die Gelehrten aber nicht nur ein attraktives Erklärungsmodell, weil sie durch die biblische (und antike) literarische Tradition bestätigt wurde. Am Ende des 17. Jh. wurde das aus der biblischen Überlieferung hergeleitete Erdalter von etwa 6.000 Jahren noch weitgehend akzeptiert. Aktuell wirksame Kräfte wie die Erosion wirkten zu langsam oder waren, wie Erdbeben und Vulkanausbrüche, räumlich zu begrenzt, um in dieser Zeit das Erscheinungsbild der Erdoberfläche zu formen. Also blieben zur Erklärung nur Katastrophen wie eben die Sintflut. Es herrschte ein einfaches Bild der Erdgeschichte mit den zwei Großereignissen der Genesis und der Sintflut; seither sollte sich die Erdoberfläche nur wenig verändert haben. So galten die - noch wenig erforschten - Gebirge als Aufschwemmungen oder ausgewaschene Ruinen der Sintflut.
Vor allem bot die Sintflut eine plausible Erklärung für eines der wichtigsten Probleme der Erdwissenschaften, nämlich das der geografischen Verbreitung der Fossilien. Wer diese als frühere Lebewesen betrachtete, musste erklären, wieso man die Reste von Meerestieren auf hohen Bergen oder die von Tropentieren in nördlichen Breiten fand. Die Verschwemmung durch eine weltumspannende Flut war zweifellos eine plausible Erklärung. Und die horizontale Aufeinanderfolge verschiedener Gesteinsarten und Fossilien konnte damit erklärt werden, dass sie sich nach Dichte sortiert aus den Wassermassen der Sintflut abgelagert hätten.
Heute soll mit Impakttheorien dagegen das Aussterben von Tierarten erklärt werden. Wir werden sehen, dass das auch für einige Theorien des späten 17. Jh. galt; doch die meisten Gelehrten der
damaligen Zeit lehnten die Vorstellung eines Aussterbens von Tierarten ab. Sie teilten die Vorstellung einer umfassenden, hierarchischen ,,Kette des Seins", in der im Rahmen der göttlichen Weltordnung alle Lebewesen ihren Platz hatten und die nicht unterbrochen werden sollte. Allenfalls menschliches Eingreifen konnte Tierarten aussterben lassen. Fanden sich fossil überlieferte Tierarten nicht rezent, nahm man an, dass sie einfach noch nicht entdeckt seien.
Der Schlüsselstellung der Sintflut entsprechend wurden ihre natürlichen Ursachen intensiv diskutiert, insbesondere im Ursprungsland der Physikotheologie, Großbritannien. Robert Hooke (16351703) mutmaßte, dass eine veränderte Lage der Erdachse auch die Lage der Ozeane verändert haben könnte. Edmond Halley (1656-1742) wandte, gestützt auf den Vergleich älterer und neuerer astronomischer Beobachtungen ein, dass die normalen Veränderungen in der Lage der Erdachse zu langsam seien, um eine plötzliche Flut zu erklären - doch der ,,unvorhergesehene Stoß eines vorbeiziehenden Körpers, wie eines Kometen oder Ähnlichem" könnte eine rasche Verlagerung der Erdachse und der Ozeane bewirken. Damit stellte er 1686 die erste Impakttheorie auf.
Voraussetzung dafür war die neue Theorie der Kometen von Isaac Newton (1643-1727). Newton war es mit seiner neuen Gravitationstheorie gelungen, den Kometen einen Platz unter den Körpern des Sonnensystems zuzuweisen, nämlich in parabelähnlichen Bahnen um die Sonne. Er schrieb ihnen Massen in ähnlicher Größenordnung wie den Planeten zu. Indem er zeigte, dass auch sie den Naturgesetzen gehorchten, entzog er dem alten Aberglauben, dass sie göttliche Unglücksboten seien, den Boden. Aber auch für Newton und Halley kam den Kometen eine Rolle in einem durch Gott sinnvoll geordneten Kosmos zu
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- die durchaus unheilvoll sein konnte. Einerseits waren sie Teil der geordneten Natur, den allgemeinen Naturgesetzen unterliegend - andererseits brachten sie spontane Veränderungen in das statische System der Planeten.
Einige Jahre später kam Halley noch einmal ausführlicher auf die Ursache der Sintflut zurück. Dabei ging er - untypisch für diese Zeit - recht frei mit dem Bibeltext um. So vermerkte er ohne jeden weiteren Kommentar, dass seine Theorie nicht mit der Erzählung von Noahs Arche übereinstimmte. Auch in dieser Fassung seiner Theorie ging er von einer Verlagerung der Erdachse aus und deutete das bei gleicher geografischer Breite im Vergleich zu Europa kältere Klima Nordamerikas als Indiz für dessen frühere polnahe Lage. Hauptursache der geologischen Veränderungen war seiner Meinung nach, dass sich die Wassermassen des Ozeans auf die Einschlagstelle gestürzt und dabei Meerestiere auf das Festland geschwemmt hätten; sogar die Gebirge deutete Halley als Aufschwemmungen der Sintflut. In Depressionen wie dem kaspischen Meer sah er die Spuren von Impakten.
Halley distanzierte sich jedoch später auf Intervention Newtons von dieser Sintfluttheorie, da so gewaltige Katastrophen während der Existenz der Menschheit nicht vorgekommen seien. Er hielt jedoch daran fest, dass es solche Katastrophen in der Vorzeit gegeben habe. Er vermutete, dass ein Kometeneinschlag vielleicht schon einmal eine ganze Schöpfung vor der heutigen vernichtet und das Erscheinungsbild der Erdoberfläche geprägt habe. Sinn solcher Katastrophen in der Weltordnung war für Halley, eine unfruchtbar gewordene Erdoberfläche zu regenerieren und damit für eine neue Schöpfung vorzubereiten. Diese Überlegungen ähnelten unveröffentlichten Spekulationen Newtons, nach denen Kometeneinschläge in die Sonne deren Hitze soweit gesteigert hätten, dass alles Leben auf der Erde ausgelöscht und in der Folge neu geschaffen worden sei - als Beleg verwies Newton auf das geringe Alter der menschlichen Zivilisation.
Newton wie Halley implizierten hier sowohl eine mögliche Vernichtung allen Lebens und damit ein massenhaftes Aus-
sterben als auch eine längere und komplexere Erdgeschichte, im Widerspruch zum wissenschaftlichen Mainstream ihrer Zeit. Doch weder diskutierten sie diese Theorie ausführlicher noch versuchten sie, sie anhand des Fossilbefundes zu belegen. Bei Newton - und damit indirekt auch bei Halleys revidierter These - waren diese Überlegungen wohl eher durch theologische Spekulationen als durch Beobachtungen in der Natur motiviert.
Zum wissenschaftlichen Durchbruch - und großer öffentlicher Popularität - verhalf den kometarischen Katastrophentheorien aber nicht Halley, sondern William Whiston (1667-1752) im Jahr 1696. Anders als Halley hielt sich Whiston bei seiner Rekonstruktion der Sintflut sehr eng an die biblische Überlieferung und entsprach damit mehr dem Zeitgeist. Auch er argumentierte ganz auf der Basis der Newtonschen Gravitations- und Kometentheorie.
Für Whiston stand die ganze Geschichte der Erde im Zeichen der Kometen. Der Erdball selber war für ihn ein Komet, den Gott auf eine kreisförmige Bahn umgelenkt hatte - danach hätten dann die in der Genesis geschilderten Ereignisse eingesetzt. Auch der Weltbrand am Ende der Zeit wird durch einen Kometen hervorgerufen werden.
Seinen Ruhm verdankte Whiston der Erklärung der Sintflut durch den nahen Vorübergang eines Kometen an der Erde. Dieser ließ aus seinem Schweif Wasser auf die Erde regnen (der 40-tägige Regen) und durch seine Gravitationskraft die Erdkruste zerbrechen und ,,Wasser der Tiefe" aufsteigen. Ganz im physikotheologischen Geist der Epoche brachte Whiston bis ins Detail den biblischen Bericht mit seiner Sintfluttheorie in Übereinstimmung und löste die Probleme der zeitgenössischen Erdwissenschaften. 1714 glaubte er sogar, den Sintflutkometen als eine frühere Erscheinung des Großen Kometen von 1680 identifizieren zu können.
Nach Deutschland gelangte Whistons Theorie bereits um 1700, doch erst als in den 1740er-Jahren, begünstigt durch einige große Kometenerscheinungen, eine neue Kometenfurcht auch weitere Bevölkerungskreise ergriff, erlangte sie
dort größere Bekanntheit. Ihr wichtigster Anhänger war der Pfarrer Johann Heyn (1709-1746). Auch für die deutschen Whistonianer bestand ein untrennbarer Zusammenhang der kometarischen Sintfluttheorie mit Newtons Gravitationsund Kometentheorie. Umgekehrt zweifelten daher Kritiker dieser Sintfluttheorie, wie der Astronom und Theologe Johann Bernhard Wiedeburg (1687-1766) oder Christian Gottlieb Guttmann, auch an der Theorie der allgemeinen Massenanziehung und der Newtonschen Kometentheorie.
Zu den letzten Vertretern der Whistonschen Tradition gehörte der protestantische Theologe Friedrich Wilhelm Sack (1703-1786). 1786 wollte er, wie Whiston, den biblischen Sintflutbericht naturwissenschaftlich erklären, kehrte jedoch in expliziter Abgrenzung von diesem zu einem (im Detail bizarren) Kollisionsmodell zurück. Es ist als Kuriosum erwähnenswert, weil Sack postulierte, dass eine Kollision nahe des Südpols die Kontinente nach Norden verschoben und so das Übergewicht der Landmassen im Norden verursacht habe - die Antarktis war damals noch nicht bekannt. Von der Fachwelt wurde diese frühe Theorie der Kontinentalverschiebung freilich ignoriert.
Wie wir sahen, entstanden die frühen Impakttheorien zur Erklärung der Sintflut im Rahmen einer göttlichen Weltordnung. Die Sintflut sollte vor allem die geografische Verteilung der Fossilien erklären. Auf der Basis der Newtonschen Gravitations- und Kometentheorie erschienen Kometen als geeignete Agenten der Veränderungen in einem ansonsten statischen System.
Um die Mitte des 18. Jh. begann die Physikotheologie außer Mode zu kommen. Die gefühlte Bedrohung durch Kometen blieb jedoch bestehen; denn da immer mehr Kometen bekannt wurden, die in die Nähe der Erde kamen, konnte ein Zusammenstoß auch einfach durch statistische Wahrscheinlichkeit erfolgen. Auch in den Erdwissenschaften nahm der Einfluss der biblischen Tradition ab. Im zweiten Teil dieser Arbeit wollen wir sehen, wie sich diese Änderungen auf die kometarischen Katastrophentheorien auswirkten.
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Geschichte
Telescopium Newtonianum XXVII pedum - oder wie baue ich ein historisches Teleskop
von Hans-Joachim Leue
Mit einer großen Feier ist am 28. November 2015 im Borgfelder Landhaus in Lilienthal der Nachbau des 27-füßigen Teleskops von Johann Hieronymus Schroeter aus dem Jahre 1793 eingeweiht worden, exakt 222 Jahre nach Schroeters First Light am größten Teleskop seiner Sternwarte (Abb. 14).
Vor ca. 160 geladenen Gästen hielt Dr. Thomas Reiter, Direktor der ESA für bemannte Raumfahrt und Missionsbetrieb, den Festvortrag. Einige Fachastronomen und Historiker waren erschienen; als Vertreter der volkstümlichen Astronomie überbrachte Dr. Andreas Hänel vom Planetarium Osnabrück die Grüße des Vorstandes der Vereinigung der Sternfreunde, VdS.
Mit dem Nachbau ging nicht nur der Wunsch von Dieter Gerdes in Erfüllung. Er hatte als Vorsitzender des Heimatvereins mit zahlreichen Veröffentlichungen der Schroeter-Beobachtungen und Beschreibungen von Teleskopen aus den Jahren von 1784 bis 1816 den Oberamtmann und auch als Amateurastronomen bezeichneten Himmelsbeobachter wieder ins Blick-
1 Schroeter-Zeichnung 1793
feld der Öffentlichkeit gerückt. Er plante, das Flaggschiff der Lilienthaler Sternwarte im Amtsgarten wieder aufzubauen. Die Gründer der AVL, Astronomische Vereinigung Lilienthal e.V.: L. Pezsa, K.-D. Uhden und H.-J. Leue haben das Vorhaben in die Satzung des Vereins geschrieben und es als Verpflichtung aufgenommen, sich für den Wiederaufbau einsetzen zu wollen.
Das zuerst angedachte Science Center mit Planetarium und der Rekonstruktion der beiden Observatorien ,,Uranienlust" und ,,Urania-Tempel" aus den Jahren 1784 und 1795 mit einem Gesamtvolumen von 6,5 Millionen Euro sowie die mehrfachen Umplanungen und Verkleinerungen scheiterten über den Zeitraum von nahezu 15 Jahren an der Einwerbung der Eigenmittel zu staatlichen För-
2 Sternwartenanlage Rekonstruktion - Dr.-Ing. F. Lühning
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3 Modell des 27-Füßers - Dr.-Ing. F. Lühning
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derungsprogrammen. Inzwischen war für die geschäftsmäßige Abwicklung des Vorhabens eine Stiftungsgesellschaft gegründet worden, die TLF, Telescopium Lilienthal Foundation gGbmH.
Im Jahre 2014 ergab sich schließlich über eine Investmentgruppe die Möglichkeit, zumindest das 27-füßige Teleskop auf ihrem Grundstück im Dreieck zwischen Wörpe und Wümme am Ortseingang Lilienthals in Anbindung mit dem Restaurantbetrieb nachbauen zu können.
Außer der Bührmann A+I GmbH, einem ungenannten Spender aus Lilienthal, beteiligte sich neben vielen kleineren Spenden auch die Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kunst mit einem größeren Betrag. Prof. Dr. Jan Philipp Reemtsma, geschäftsführender Vorstand der Stiftung, ist ein Verehrer des Dichters Arno Schmidt, der in den 50er-Jahren einen Roman mit dem Arbeitstitel ,,Lilienthal 1801 - oder Die Astronomen" geplant hatte.
Nach einigen Monaten Vorplanung zu Anfang 2015 wurde im Mai der Bauzeitenplan konkretisiert und auf ca. 4,5 Monate festgeschrieben, mit dem Einweihungstermin zum 28. November 2015. Es galt, in dieser Zeit die Zeichnungen zu erstellen, sowohl das Turm-Gebäude und die Holzkonstruktion, das Fahrwerk, den Tubus mit der Optik sowie die Feinbewegung in Azimut und Höhe zu entwerfen und zu fertigen. Das Instrument musste sowohl in den äußeren Abmaßen als auch in der Funktion dem Original von 1793 nachgebaut werden!
4 Prinzip der Tubus-Führung nach Herschel - Dr.-Ing. F. Lühning
Als Vorlagen dienten die historische Zeichnung von Schroeter aus dem Jahre 1793 (Abb. 1) zusammen mit der in den ,,Aphroditographischen Fragmenten zur genaueren Kenntnis des Planeten Venus" veröffentlichten ,,Beschreibung des Lilienthalischen 27füßigen Telescops, mit practischen Bemerkungen und Beobachtungen über die Größe der Schöpfung" aus dem Jahre 1796.
Dr. Felix Lühning - Archenhold-Sternwarte Berlin - hatte im
Jahre 2000 zur AG-Tagung in Bremen und Lilienthal Zeichnungen angefertigt, die ihm als Vorlagen für den Bau von maßstabsgetreuen Modellen der Sternwartenanlage (Abb. 2) und des 27-füßigen Teleskops dienten. (Abb. 3). Die Bauart des Instrumentes entspricht einer von Wilhelm Herschel konzipierten Kon-
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Azimutalspindel mit Scharnier
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7-füßiges Teleskop von J. G. F. Schrader 1793 - Nachbau Leue. Foto: J. Stracke, AVL
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Geschichte
7 Die Sohle wird gegossen
8 Die Tubus-Versiegelung
9 Der Turm im Rohbau
10 Das Fahrwerk kommt aus Bayern
11 Richtfest am 16. Oktober 2015, Foto: Fa. Lütken OHZ.
12 Der Tubus wird eingehängt
struktion eines altazimutal montierten Newton-Teleskops. Schroeter hatte im Jahre 1787 mit den von Herschel gekauften Fernrohrteilen ein 7-füßiges Teleskop gebaut und es als Vorbild für die von ihm modifizierte Bauart des 27-Füßers genommen.
Die sog. Montierung ist eine gabelartige, horizontal liegende Holzkonstruktion, die sich um die Mittelachse eines Fachwerkturmes (3,5 x 3,5 m2) von ca. 7
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Meter Höhe drehen kann. Auf ihr befindet sich die Beobachterplattform mit der Feinbewegung des Teleskops. Sie wird am Tubusende über ein vertikales Ständerwerk von einem Fahrwerk abgestützt; der Durchmesser des Spurkreises beträgt 22 Meter. Die Höhenverstellung des Rohres mit der Optik geschieht über einen Flaschenzug, der über eine Seilwinde einen Rahmen bewegt, in dem sich über eine Rolle der Tubus in Längsrichtung verschieben kann. Der Rahmen läuft mit
4 Rollen in beidseitigen Führungsschienen (Abb. 4).
In Okularnähe ist der Tubus (Gewicht 500 kg) über ein Scharnier drehbar aufgehängt und mit der Azimutspindel verbunden (Abb. 5).
Zur Spindelentlastung wird der Tubus beidseitig über an Seilen befestigte Gewichtskästen angehoben. Am Tubusende geschieht eine Entlastung über ein am
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Vertikalständer auf- und ablaufendes Gegengewicht.
Zur Kompensation der Erddrehung (Feinbewegung) wird das Teleskop über Zahnund Spindeltriebe auf der Plattform vom Beobachter mit der Hand bewegt. Der Okulareinblick ist seitlich; von der bei Schroeter auch praktizierten FrontviewBeobachtung wurde abgesehen.
Die Beobachterplattform erreicht man über eine Treppe vom Turm-Zwischenboden aus. Schroeter hatte vier Luken in der Plattform, um das Gerät bei der Neupositionierung nicht komplett zurückfahren zu müssen. Der Aufgang wurde hier durch eine mitdrehende Wendeltruppe mit nur einer Luke ersetzt.
Der Autor erstellte zusammen mit einem Tischler im Jahre 2001 einen funktionsfähigen Nachbau eines 7-füßigen Teleskops von J. G. F. Schrader aus dem Jahr 1792 und ist deshalb mit der Funktion des Fernrohrtyps vertraut. Das Gerät, im Besitz des Astrophysikalischen Instituts der Uni Jena, konnte zur AG-Tagung 2000 für ein Jahr nach Lilienthal ausgeliehen werden und ist das einzig noch verbliebene Instrument aus dem sog. Lilienthaler Fernrohrbau (Abb. 6).
Diese kleineren Herschel-Teleskope benötigen eine in sich geschachtelte zweifache Vertikalverstellung, um den Tubus nahezu in den Zenit zu bekommen. Schroeter lässt den Tubus beim 27-Füßer ,,durchhängen", wobei der Okulareinblick dann fast in gleicher Höhe bleibt. Er benutzt den Vertikaltrieb lediglich für die Höhenverstellung während der Beobachtung.
Der 27-Füßer wurde konstruktiv und sicherheitstechnisch dem heutigen Stand der Technik angepasst, wobei die historisch überlieferte Handhabung grundsätzlich beibehalten wurde. Das Fernrohr musste wegen des Publikumsverkehrs auch behördlichen Prüfungen standhalten.
Es konnte kein Replikat entstehen, weil das den finanziellen Rahmen gesprengt hätte und zu wenig Detail-Informationen vorhanden waren. Das heißt, es kamen gängige Fertigungstechniken, gängige Materialen und z.T. auch Fertigprodukte zur Anwendung. Der Spiegel - bei
13 Der Spiegel wird eingesetzt
Schroeter aus einer eigens entwickelten Bronzelegierung hergestellt - wurde als Glasspiegel von der Fa. Astro Optik Martini geschliffen. Er misst 50,5 cm im Durchmesser bei einer Brennweite von 7,75 m. Folgende Änderungen wurden vorgenommen: Das Fahrwerk wird motorisch bewegt, um die bei Schroeter mit einer Glocke abrufbare Hilfskraft zum Weiterbewegen des tonnenschweren Teleskops über den Eingriff in eines der Speichenräder zu ersetzen. Das Vertikalhubgetriebe wurde mit zwei parallelen Zahnstangen bestückt, welche die Tubuslast auf die Azimutspindel gleichmäßiger verteilen. Die Azimutspindel wird durch zwei Linearführungen unterstützt. Und die zur Sicherung und Unterstützung des TubusGegengewichtes am Vertikalständer befindliche zweite Seilwinde wurde mit auf die Plattform gesetzt.
14 Einweihung am 28. November 2015
Die Planung und Überwachung lagen in den Händen von Klaus-Dieter Uhden (Management), Hans-Joachim Leue (Technische Leitung) und Helmut Minkus (CAD-Zeichnungen). Zwischenzeitlich musste einem Hersteller, der einen Großteil der Mechanik und den Tubus fertigen sollte, gekündigt werden, weil er sich sowohl mental als auch zeitlich hoffnungslos verkalkuliert hatte und zum Risiko für das gesamte Projekt wurde! In den Sommermonaten konnten am Spiegel die empfindlichen optischen Tests nicht durchgeführt werden, so dass er erst in der Woche vor dem Einweihungstermin in den Tubus eingebaut wurde (Abb. 13). Die Bildergalerie zeigt den Fortschritt bei den Bauarbeiten: vom Gießen der Sohle (Abb. 7) bis zum First Light am 15.03.2016 (Abb. 15).
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Jugendarbeit
(Nicht gekennzeichnete Fotos sind vom Autor.)
Das 27-füßige Teleskop war das größte Fernrohr auf dem europäischen Festland und galt als Symbol für Wissenschaft, Forschung und Technologie der Zeit. Ziel ist es, diese astronomische Vergangenheit zu würdigen und zu zeigen, wie und mit welcher Technik vor mehr als 200 Jahren astronomische Beobachtungen durchgeführt wurden und zu welchen Ergebnissen und Erkenntnissen die Astronomen der Zeit kommen konnten.
Details sind der Homepage www. telescopium-lilienthal.de zu entnehmen. Seit April ist das Instrument für Besucher zugänglich. Die Anmeldung kann über die Rubrik Besichtigung erfolgen.
15 First Light am 15.03.2016
Wie kann man Kinder und Jugendliche nachhaltig für die Astronomie begeistern?
- Ihre Beiträge sind gefragt!
von Carolin Liefke
Amateurastronomie hat heutzutage unglaublich viel zu bieten: Ein leistungsfähiges Teleskop mit hinreichend großer Öffnung und in guter Qualität bekommt man bereits für relativ wenig Geld. Moderne Kameras und digitale Bildbearbeitung erlauben es dem Astrofotografen, mit steiler Lernkurve Bilder zu machen, die man vor 25 Jahren nicht mal mit professionellen Großteleskopen hinbekommen hätte. Gleichzeitig steht dem Selbstbauer das notwendige Material zur Verfügung, um große Dobsons zu bauen, die dem visuellen Beobachter immer tiefere Blicke in den Kosmos ermöglichen. Der wissenschaftlich Interessierte kann an unserem Hobby ebenso viel Freude haben wie der Genussbeobachter oder der Tüftler und Bastler.
Dennoch haben viele Vereine und Volkssternwarten ernsthafte Nachwuchssorgen, und das nicht erst seit gestern. Der Altersdurchschnitt der Mitglieder bzw. derjenigen, die länger dabeibleiben und sich engagieren, wird immer höher und höher, und das betrifft letztlich genauso auch die VdS. Gleichzeitig ist das generelle Interesse an der Astronomie bei Kindern und Jugendlichen ungebrochen, aber die wenigsten machen die Astro-
nomie auch langfristig zu ihrem Hobby. Woran liegt das? Und was kann man dagegen tun?
Es wird ja viel geredet über ,,die Jugend von heute", die gerüchteweise ohne Smartphone nicht mehr leben kann und ihre Freizeit ausschließlich in der virtuellen Welt sozialer Netzwerke verbringt. Hinzu kommt: Im kontinuierlichen Strom der Neuigkeiten im Internet wechselt unsere Aufmerksamkeit innerhalb kürzester Zeit von der schönen Astro-Aufnahme zum nächsten banalen Youtube-Video oder irgendwelchen Promi-News. Die
Schönheit des nächtlichen Sternhimmels mit eigenen Augen zu genießen (ein echtes Naturerlebnis, das gleichzeitig Inbegriff der Zeitlosigkeit ist), scheint dazu nicht zu passen, ebenso wenig wie Geduld und Wissbegierde, die nötig sind, um die mitunter recht komplexe Teleskoptechnik wirklich zu meistern und sich die dazugehörigen astronomischen Grundlagen anzueignen. Gleiches gilt für das gesellige Miteinander in einem astronomischen Verein oder das Ehrenamt an einer Volkssternwarte.
Ganz so einfach ist das aber natürlich nicht, denn es gibt sie nach wie vor: junge Leute, die sich genau dafür interessieren - vor allem aber auch diejenigen, denen erst bewusst gemacht werden muss, dass sie sich dafür interessieren könnten, weil sie keine Vorstellung davon haben, was die Amateurastronomie alles zu bieten hat - und die gilt es zu erreichen.
Dass offenbar auch die astronomische Jugendarbeit mit der Zeit gehen muss, ist dabei nur ein Aspekt - wer beispielsweise ausschließlich auf der Nutzung der drehbaren Sternkarte beharrt und Apps zur Orientierung am Sternhimmel fürs Handy komplett ignoriert, wird beim astro-
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nomischen Nachwuchs zwangsläufig als Ewiggestriger dastehen. Dennoch muss man auch heutzutage keine große Show aufbieten, um das Interesse von Kindern und Jugendlichen zu wecken, oft sind es gerade die kleinen, einfachen Dinge, die begeistern und faszinieren. Ein typisches Beispiel begegnete mir auf der AME 2010: Die Astronomische Vereinigung Rottweil hatte ein Demonstrationsmodell zum Kontrast auf der Mondoberfläche bei verschiedenen Mondphasen dabei, bei der eine schwenkbare Lampe über der
mit Gips modellierten Kraterlandschaft die unterschiedlichen Sonnenstände simulierte - eine schöne Idee, die sich leicht nachbauen ließe, idealerweise von Kindern und Jugendlichen selber.
Um Bastelprojekte wie dieses zum Beispiel im Rahmen einer Jugendgruppe anzugehen, hilft es aber natürlich ungemein zu wissen, welche Ideen andere schon erfolgreich umgesetzt haben. Statt selber das Rad neu zu erfinden, sollte man auf den Erfahrungsschatz ande-
rer mit zurückgreifen können. Und hier kommt diese Rubrik im VdS-Journal für Astronomie ins Spiel, die ab sofort regelmäßig Ideen und Anregungen für die astronomische Nachwuchsarbeit bieten wird, die zum Nachmachen anregen sollen. Das heißt umgekehrt aber auch: Teilen Sie Ihr Wissen mit uns und berichten Sie hier, mit welchen Aktivitäten Sie Kinder und Jugendliche an die Astronomie heranführen - Ihre Kollegen werden es Ihnen danken!
Mit ASI und DMK Asteroideneinschläge simulieren
von Carolin Liefke
Beim Thema Asteroiden werden Kinder und Jugendliche - ebenso wie unbeteiligte Erwachsene - wohl kaum unmittelbar an das systematische Beobachten von Kleinplaneten und die Möglichkeit denken, damit selbst wichtige Beiträge zur Erfassung zum Beispiel potenziell gefährlicher erdnaher Asteroiden leisten zu können. Viel präsenter sind dagegen Asteroideneinschläge, sei es als Ursache für das Aussterben der Dinosaurier oder als Stoff für Hollywoodverfilmungen à la Deep Impact und Armageddon. Wer sich näher für Astronomie interessiert, hat zudem mit dem Mond ein dankbares Beobachtungsobjekt, das einem schon mit einem kleinen Teleskop die Krater, die bei solchen Impaktereignissen entstehen, eindrucksvoll vor Augen führt.
Warum also nicht einfach mal der Entstehung von Einschlagskratern mit einem kleinen Experiment nachspüren? Der grundlegende Aufbau ist schnell gemacht: Benötigt wird eine Schale oder ein Backblech, das mit Mehl aufgefüllt wird. Als Deckschicht streut man (am besten mit einem feinen Sieb) Kakaopulver gleichmäßig darüber, so dass das Ganze eine gewisse Ähnlichkeit mit Tiramisu bekommt. Als Einschlagkörper können kleine Steinchen, Murmeln oder Metallkügelchen (zum Beispiel aus einem ausgedienten Kugellager) dienen, die man aus etwa einem bis eineinhalb Metern Höhe einfach in die Schale fallen lässt.
1 Strahlenkrater, wie sie sich in einer mit Mehl gefüllten Schale mit einer Kakao-
Deckschicht nach dem ,,Einschlag" von Murmeln ausbilden. Die Ähnlichkeit mit bekannten Strahlenkratern auf dem Mond wie Tycho ist deutlich zu erkennen.
Das Ergebnis sind eindrucksvolle Strahlensysteme, wie wir sie im großen Maßstab von markanten Mondkratern wie Tycho kennen (vgl. Abb. 1). Helles Material von unterhalb der Deckschicht ist offensichtlich beim Auftreffen des Einschlagkörpers verdrängt und zur Seite geschleudert worden. Schon Kinder im Kindergartenalter können so nachvollziehen, dass bei der Kraterbildung nicht einfach nur ein Loch in den Boden gedrückt wird. Außerdem zeigt sich: Größere Einschlagkörper machen größere Krater, und wenn man denselben Körper
aus größerer Höhe fallen lässt, wird mehr helles Mehl ausgeworfen als zuvor.
Von einem echten Einschlagskrater unterscheidet sich unser kleines Kratermodell allerdings dadurch, dass der Einschlagkörper vollkommen unversehrt darin liegt, während sich in der Mitte von Mondkratern allenfalls deutlich kleinere Zentralberge ausbilden, die aber gar nicht aus Material des Ursprungskörpers bestehen. Hier gilt es nun, die Versuche in Gedanken weiterzuführen: Was könnte passieren, wenn die Auftreff
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Wandelt man das Ursprungsexperiment ab und verwendet beispielsweise eine schwere Boule-Kugel aus Metall, die man in einen Sandkasten fallen lässt, kann man die Druckwelle verfolgen, die nach dem Auftreffen der Kugel durch den Sand läuft. Die Abbildung 2 zeigt eine entsprechende Bildsequenz. Ebenso lässt sich dokumentieren, wie in einem kurzen Moment des freien Falls Tröpfchen, die beim Auftreffen auf eine Wasseroberfläche gebildet werden, eine exakte Kugelform annehmen.
2 Einzelbilder aus einem Video, das das Auftreffen einer Boule-Kugel und die sich
anschließende Ausbreitung der Druckwelle im Sand eines Beachvolleyballfeldes dokumentiert. Aufgenommen mit einer Casio Exilim ZR200 bei 480 fps, das Bildformat beträgt dann maximal 224 x 160 Pixel.
geschwindigkeiten der Einschlagkörper immer größer werden? Irgendwann zerbrechen sie bei der Wucht des Aufpralls, und schließlich kommt es zu gewaltigen Explosionen, bei denen Einschlagkörper und Bodenmaterial aufgeschmolzen und verdampft werden. Aber Vorsicht: Kinder wollen dann natürlich unbedingt ausprobieren, wie weit sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Materialien kommen, und schleudern ihre Steinchen und Kugeln mit möglichst viel Kraft in das Mehl, was sich daraufhin meist großflächig verteilt. Man sollte daher im Vorfeld eine Plane oder abwischbare Tischdecke unterlegen oder das Experiment, wenn möglich, draußen durchführen.
geschwindigkeitsaufnahmen zu machen. An dieser Stelle seien beispielhaft die relativ günstigen Kompaktkameras der Casio-Exilim-ZR-Serie genannt, die Videos mit bis zu 1.000 Bildern pro Sekunde aufnehmen können, wenn auch mit deutlich schlechterer Bildqualität als im Normalbetrieb. Mit der normalen Bildfrequenz abgespielt zeigen solche Videos die Kraterbildung in Zeitlupe.
In solchen Zeitlupenvideos werden dann leicht weitere Phänomene sichtbar.
Astrofotografen, die sich auf Sonne, Mond und Planeten spezialisiert haben, können allerdings nochmal deutlich bessere Aufnahmen im Zeitlupenmodus machen und dabei auf ihre bereits vorhandene Ausrüstung zurückgreifen: Die in der Videoastronomie zum Einsatz kommenden Kameras sind für solche Versuche prädestiniert. Das Einzige, was man dazu noch benötigt, ist ein passendes Objektiv, wobei einige Modelle von ZWO, insbesondere die derzeit gängige ASI120, bereits eins im Lieferumfang hat. Da die meisten übrigen Kameras mit kleinerem Chip von Haus aus über C- bzw. CS-MountAnschlüsse verfügen oder daran adaptiert werden können, erhält man einfache, passende Optiken für Überwachungskameras bereits für ein paar Euro im Elektronikversand. Alternativ lassen sich über den jeweils passenden Adapter auf C-Mount auch Spiegelreflexkameraobjektive anschließen. Manche Kameras mit größe-
Aber wie läuft so ein Einschlag nun eigentlich genau ab? Viel zu schnell jedenfalls, um mit bloßem Auge alle Details erkennen zu können. Abhilfe schaffen Videoaufnahmen, bei denen man die entscheidenden Momente Bild für Bild abspielen kann. Schon mit der Videofunktion einfacher Digitalkameras kommt man so zu beeindruckenden Ergebnissen, die zeigen, wie das helle Mehl beim Auftreffen des Einschlagkörpers ausgeworfen wird. Eine gewisses Maß an Bewegungsunschärfe bleibt aber auch bei den für Videodateien typischen Bildfrequenzen von 25 bis 30 Bildern pro Sekunde bestehen. Eine Ausnahme bilden Kameras, die in der Lage sind, Hoch
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3 Kombinationsmöglichkeiten von Kameras und Objektiven. Von links nach rechts:
ASI120 mit mitgeliefertem CS-Mount-Objektiv, DMK mit altem C-Mount-Objektiv einer 16-mm-Filmkamera, DMK mit C-Mount-Adapter und Spiegelreflexkameraobjektiv, ASI174 mit altem Spiegelreflexkameraobjektiv.
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Impressionen vom ,,Einschlag" einer Metallkugel in Mehl, aufgenommen mit der ASI174 bei 200 fps.
rem Chip wie die beliebte ASI174 haben einen M42-Anschluss, hierzu finden sich auf dem Gebrauchtmarkt passende alte Spiegelreflexkameraoptiken (Abb. 3).
Während ältere, weit verbreitete Kameramodelle wie die DMKs auch nur mit Frameraten von maximal 60 Bildern pro Sekunde aufnehmen können, schaffen die heutigen USB-3.0-Kameras in Kombination mit einer schnellen Festplatte problemlos Datenraten, die mehreren 100 Bildern pro Sekunde entsprechen. Reichen die Lichtverhältnisse dann nicht mehr aus, kann man mit einem Halogenscheinwerfer oder einem kleinen Baustrahler nachhelfen. So erhält man eindrucksvolle Videos, die zeigen, wie im Tiramisu-Modell das helle Mehl zur Seite
geschleudert wird und auf den Kakao herunterregnet. Aber auch mit den älteren Kameras mit kleineren Frameraten lassen sich aufgrund ihrer Lichtempfindlichkeit
sehr gute Videos machen, zwar mit geringerer Zeitauflösung, aber dennoch meist mit deutlich besserer Schärfe als mit normalen Digitalkameras.
Die Reiff-Preise
von Carolin Liefke
Seit 2009 vergibt die Reiff-Stiftung für Amateur- und Schulastronomie jährlich den Reiff-Preis. Mit diesem Förderpreis zeichnet die Stiftung amateur- oder schulastronomische Projekte in den beiden Kategorien ,,Projekte von Arbeitsgruppen in Amateurvereinen und an weiterführenden Schulen" und ,,Astronomie-Projekte für das Kindergarten- und Grundschulalter" mit Geldpreisen von insgesamt 6.500 Euro aus. In der ersten Kategorie werden dabei drei Preise zu je 3.000, 2.000 und 1.000 Euro vergeben, in der zweiten Kategorie ein Preis zu 500 Euro.
2015
Für die Kategorie 1 des Förderpreises waren im Jahr 2015 neun durchweg sehr gute Bewerbungen eingegangen, in erster Linie von Schulen, aber durchaus auch aus dem Amateurbereich. Die Vielfalt und Qualität der vorgestellten Projekte von der sorgfältigen fotografischen Dokumentation des Analemmas durch die Astronomie-AG des Johann-HeinrichPestalozzi-Gymnasiums in Rodewisch bis hin zur Konzeption und Errichtung eines kompletten Planetenwegs durch das Gymnasium Marne, der mittlerwei-
1 Schülerinnen und Schüler des Schulzentrums Munderkingen beim Beobachten
der partiellen Sonnenfinsternis am 20. März 2015
le zu einem touristischen Anziehungspunkt geworden ist - zeigen ebenso wie die unermüdliche Jugendarbeit in Vereinen wie zum Beispiel bei den Astrokids der Sternfreunde Münster, mit welchem Ideenreichtum und mit wie viel Enthusiasmus die Beteiligten zu Werke gingen.
Die Auswahl der Preisträger fiel der Jury daher alles andere als leicht.
Den 3. Preis erhielten die ASTROlinos, die Kinder- und Jugendgruppe der Gesellschaft für astronomische Bildung e.V. in Halle, die von Dirk, Rene und Inga
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Übergabe der Urkunde an Sonja Burgemeister und weitere Mitglieder der VEGA am 28. November 2015 im Haus der Astronomie in Heidelberg
Schlesier sowie Angelique Schuchhardt und Ditmar Erdmann betreut werden. Die ASTROlinos organisieren unter anderem regelmäßig die SternFrageZeit für ALLE, öffentliche Veranstaltungen zu verschiedenen astronomischen Themen, die sich nicht auf die Mitglieder der Gruppe beschränken, sondern sich an alle interessierten Kinder aus Halle und Umgebung wenden. Das Besondere daran: Die SternFrageZeit wird vollständig von den jungen Nachwuchsastronomen selbst durchgeführt. Allerdings müssen die ASTROlinos noch immer unter den Folgen des Saale-Hochwassers im Jahr 2013 leiden: Ihr ,,Zuhause", das Raumflug-Planetarium Sigmund Jähn, musste aufgegeben werden und Teile ihrer Ausrüstung wurden zerstört. Um am neuen Veranstaltungsort an der Universität Halle dennoch möglichst viele Zuschauer erreichen zu können, benötigen die ASTROlinos eine neue Multimediaausstattung, und das Preisgeld wird hierzu einen Beitrag leisten.
Unter den schulischen Bewerbern fielen insbesondere die zahlreichen und aufwendigen Aktivitäten der AstronomieAG des Schulzentrums Munderkingen unter der Leitung von Realschullehrer Rolf Stökler auf, der auch an der Volkssternwarte Laupheim aktiv ist: Neben der Teilnahme am baden-württembergischen NANU-Wettbewerb haben die Schüler dort zum Beispiel astronomische Inhalte in Form eines 45-minütigen ScienceFiction-Films umgesetzt, eigenständiges Verfassen des Drehbuchs, professionell gemachtem Dreh und anschließende Videobearbeitung inklusive. Projekte, wie sie hier durchgeführt wurden, sind ein Paradebeispiel dafür, dass sich Astronomie in der Schule nicht nur an Gymnasiasten als ,,zukünftige Astrophysikstudenten" richten sollte, sondern im Gegenteil vermag, Schülerinnen und Schüler aller
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Schulformen für Naturwissenschaften zu begeistern und zu außergewöhnlichen Leistungen zu motivieren. Das Preisgeld des 2. Preises dient der Anschaffung eines Ha-Teleskops und weiterer Materialien, die es möglich machen, Projekte rund um die Sonne in das Nachmittagsangebot des Schulzentrums einzubetten und zusätzlich auf den Grundschulteil der Schule zu erweitern.
Den 1. Preis gab es nicht für die Leistung einer einzelnen Person oder ein einmalig ablaufendes Projekt: Er geht an die VEGA e.V., die aus der ,,Fachgruppe Jugendarbeit der VdS" hervorgegangen ist und seit nunmehr 15 Jahren jährlich während der Sommerferien an wechselnden Veranstaltungsorten das Astronomische Sommerlager für astronomieinteressierte Jugendliche und Studenten aus ganz Deutschland auf die Beine stellt. Die Protagonisten haben dabei über die Jahre hinweg gewechselt, denn aus den Teil-
nehmern der Vorjahre erwächst immer wieder aufs Neue die nächste Generation von Leitern der zahlreichen während des Camps angebotenen Arbeitsgemeinschaften und Workshops. Für die Teilnehmer sind die zwei Wochen des ASL mit seiner intensiven Atmosphäre eine ganz besondere Zeit, in der zum einen die Astronomie im Vordergrund steht, zum anderen aber auch Freundschaften fürs Leben geschlossen und durchaus wegweisende Entscheidungen für Studium und Berufswahl getroffen werden. Einblicke in die Aktivitäten der Teilnehmer finden sich ja auch immer regelmäßig hier im VdS-Journal für Astronomie. Das Preisgeld ermöglicht es, auch in diesem Jahr die Teilnahmegebühren für das ASL niedrig zu halten und Teilnehmern aus einkommensschwachen Familien eine Ermäßigung zu gewähren.
In der Kategorie 2 gab es insgesamt vier Bewerbungen von Kindergärten,
3 Szene aus dem Musical ,,8ung Planeten, wir kommen!" der Johann-Christian-
Senckenberg-Schule in Runkel während der Uraufführung am 17. Juli 2015
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Grundschulen und aus dem Schülerforschungszentrum Südwürttemberg. Den Preis erhielt der Grundschulteil der Johann-Christian-Senckenberg-Schule im hessischen Runkel, der unter der Federführung von Mirjam Meteling mit fast unvorstellbarem Aufwand das 75-mi-
Jugendn-ütige astronomische Musical ,,8ung arbeit Planeten, wir kommen!" realisiert hat,
in dem drei Kinder als Raumfahrer mit ihren beiden Robotern in wechselnder Besetzung die personifizierten Himmels-
körper unseres Sonnensystems besucht und dabei jede Menge über die Sonne, den Mond und die Planeten gelernt haben. Die beteiligten Lehrkräfte haben im Vorfeld Drehbuch und Liedtexte verfasst, über Monate hinweg mit den Schülerinnen und Schülern Handlung, Gesang und Texte einstudiert und im Rahmen einer Projektwoche mit den Kindern Bühnenbild und Kostüme gestaltet. In zwei fulminanten Aufführungen, an denen alle 170 Grundschüler beteiligt gewesen sind,
konnten die jungen Weltraumreisenden ihren Zuschauern unser Sonnensystem nahebringen.
Auch in diesem Jahr sind die Reiff-Preise erneut ausgeschrieben. Die Jury hofft auf viele Bewerbungen, auch für die Kategorie 2, für die sich bislang noch nie Bewerber aus dem Amateurbereich gefunden haben. Weitere Informationen unter www.reiff-stiftung.de/preis.html
Komet Catalina - Eigenheiten der Lichtkurve
von Uwe Pilz und Thomas Lehmann
Der Komet C/2013 US10 wurde im Herbst 2013 von einem automatischen Suchdienst in einem Sonnenabstand von 8 AE entdeckt. Es ist ungewöhnlich, dass ein Komet in dieser Entfernung schon eine merkliche Gasentwicklung aufweist. Schon wenige Wochen später lagen elektronische Helligkeitsmessungen von Amateuren vor. Solche elektronische Messungen sind zwar für schwache Kometen geeignet, unterschätzen aber die Magnitude heller Kometen und sind deshalb für die Auswertung der gesamten Lichtkurve schlecht geeignet. Meine Betrachtungen zur Lichtkurve stützen sich auf visuelle Helligkeitsmessungen, darin eingeschlossen die aus Kometenfotografien gewonnenen quasi-visuellen Helligkeiten von Thomas Lehmann. Er hat für diese Analysen eine Software entwickelt, welche frei verfügbar ist, und die er in einem Vortrag [1] beschrieben hat. Visuelle Helligkeitswerte sind ab dem Oktober 2014 verfügbar. Catalina war in der Zeit vor dem Perihel nur von der Südhalbkugel aus beobachtbar. Im September wurde der Komet sonnennah und beobachtbar. Seine Helligkeit hatte sich bis dahin auf fast 6 mag erhöht. Interessanterweise gibt es keine Sichtung mit dem bloßen Auge, obwohl die Kometenbeobachter dies stets versuchen: einen Kometen freisichtig zu erreichen.
Nach dem Perihel wurde Catalina am Nordhimmel sichtbar, die Helligkeit betrug immer noch knapp 6 mag. Aus
1 Komet Catalina, 8. Dezember 2015, 05:21 UT, Instrument: 8-Zoll-Newton, f/2,8, 20 min
belichtet mit Moravian-8300-CCD-Kamera (Norbert Mrozek)
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Kometen
2 Lichtkurve von Catalina, basierend auf 642 Beobachtungen, davon
209 Messungen unserer Fachgruppe. Der Abschnitt vor dem Perihel ist mit 304 Messungen stark besetzt.
3 Lichtkurve von Catalina, basierend auf quasi-visuellen
Helligkeiten, gewonnen aus fotografischen Aufnahmen. Der Abschnitt vor dem Perihel ist mit 45 Messungen besetzt.
dieser Zeit stammt das schöne Foto von Norbert Mrozek (Abb. 1). Während einer längeren Phase änderte sich die Helligkeit auf Grund der Bahngeometrie kaum, nach dem Perihel liegen auch freisichtige Messungen vor.
Die Aktivität von Kometen wird durch zwei Werte beschrieben: Die Absolute Helligkeit m1, welche ein Maß für das Ausmaß der aktiven Oberfläche ist und dem Aktivitätsparameter n, welcher angibt, in welchem Maß sich die Helligkeit bei Annäherung an die Sonne verändert. Für Asteroiden ist n=2 wegen des quadratischen Abstandsgesetzes. Kometen weisen eine höhere Aktivität auf, weil zusätzlich zum Beleuchtungseffekt eine mit Sonnennähe steigende Gas- und Staubproduktion erfolgt. Für Kometen, welche der Sonne zum ersten Mal nahekommen, bewegt sich der Aktivitätsparameter zwischen 3 und 4. Um die Aktivität zu präsentieren, benutzt man ein Koordinatensystem, welches die Helligkeit über dem Logarithmus des Sonnenabstandes darstellt. Die Helligkeitsentwicklung lässt sich dann meist durch eine Gerade annähern, deren Anstieg die Aktivität widerspiegelt (Abb. 2).
Vor dem Perihel zeigt die Lichtkurve von Catalina verschiedene Phasen der Hel-
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ligkeitsentwicklung, welche Änderungen des Aktivitätsparameters bei Annäherung an die Sonne nahelegen. Ich habe eine Analyse mit drei Abschnitten ausgeführt, welche in der Abbildung eingetragen wurden. Andreas Kammerer ist vorsichtiger und rät von einer Unterteilung der Lichtkurve ab. Er schreibt in [2]: ,,Dabei belegen die Helligkeitsschätzungen vor dem Perihel eine Entwicklung, die nur mäßig gut mit nur einer Standardformel dargestellt werden kann. Auf der anderen Seite rechtfertigt das Konfidenzband nur marginal eine Unterteilung in mehrere Phasen". Seiichi Yoshida hingegen benutzt sogar vier Abschnitte [3]. Mein Drei-Abschnittsmodell legt Folgendes nahe: - Jenseits vom 3 AE Sonnenabstand
entwickelt sich der Komet mit n=2,9 unterdurchschnittlich. Dies ist ungewöhnlich, da die Aktivität in diesem Bahnabschnitt von flüchtigen Gasen wie CO und CO2 dominiert ist, welche üblicherweise zu einer Aktivität von n>4 führen - Mit Erreichen der Eisgrenze steigt die Aktivität auf ein überhohes Maß an. Dies ist wiederum seltsam, da die Wasserproduktion frischer Kometen Aktivitäten ergibt, für die n=4 schon hoch ist. - Nahe am Perihel liegt die rechnerische
Aktivität unter 2, d.h. unterhalb der von Asteroiden. Dies bedeutet, dass die Gasproduktion bei Sonnenannäherung nachgelassen haben müsste.
Zu ähnlich unplausiblen Resultaten führt Seiichi Yoshidas Analyse.
Thomas Lehmanns Auswertungen der Kometenfotografien berücksichtigen nicht nur seine eigenen Aufnahmen, sondern auch die anderer Beobachter. Seine Berechnungsergebnisse bilden eine gut besetzte Lichtkurve, vor dem Perihel sind es 45 Werte. Der Vorteil seiner Methode besteht darin, dass sie frei von subjektiven Einflüssen ist. Ich habe die Auswertung nur mit diesen Daten wiederholt, und es ergibt sich ein ganz anderes Bild (Abb. 3). Ich habe in diese Grafik die Messungen aller Beobachter eingetragen, Thomas Messungen vor dem Perihel habe ich blau hervorgehoben.
Es zeigt sich: - Jenseits von 2 AE lässt sich eine kräfti-
ge Gasproduktion feststellen, n ist fast 4. Dies ist der Abschnitt, in welchem die CO- und CO2-Produktion einen erheblichen Anteil an der Gasentwicklung hat. - In der Nähe des Perihels sinkt die Produktion auf n=2,5. Dieser Wert liegt
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oberhalb des reinen Beleuchtungseffektes und ist deshalb zumindest plausibel. - Der Abschnitt nach dem Perihel lässt sich durchgängig mit einem Modell gut beschreiben. Die Aktivität ist ähnlich derjenigen vor dem Perihel (etwas höher). Es ergibt sich ein insgesamt schlüssiges Bild.
Wieso jedoch weichen die visuellen Bestimmungen vor dem Perihel so stark von den quasi-visuellen Werten ab? Hierüber kann ich nur mutmaßen. Der Komet stand seinerzeit am Südhimmel. Obwohl viele Messungen vorliegen, stammen diese nur von wenigen Beobachtern. Die besonders hellen, abweichenden Messwerte im August/September 2015 rühren
von nur 4 Beobachtern her, zwei erfahrenen und zwei, welche nur den hellen Abschnitt vermessen haben. Wenn man deren Messungen entfernt, harmoniert die Lichtkurve gut mit den quasi-visuellen Werten.
Ich habe festgestellt, dass es in der Kometenastronomie den ,,Willen" gibt, einen Kometen besonders hell zu sehen. Die rasche Verfügbarkeit von Messwerten über das Internet hat offenbar dazu geführt, dass sich einige Werte-Einsender im Beobachtungseifer gegenseitig hochgeschaukelt haben und unkritisch Werte publizierten. Ich kann nur dazu raten, die Helligkeiten der Vergleichssterne nicht in die Aufsuchkarten zu drucken. Gemessene Werte sollten stets publiziert werden - selbst wenn sie etwas außerhalb dessen
liegen, was die Beobachtergemeinde gerade zu sehen meint. Vielleicht sind es gerade diese Werte, welche dem physikalischen Geschehen nahekommen.
Literaturhinweise und Weblinks: [1] T. Lehmann, 2015: ,,Total Comet
magnitudes from CCD/DSLR photometry", ECC 2015, Präsentation verfügbar unter kometen.fg-vds.de/ publ.htm [2] Fachgruppe Kometen, 2016: ,,C/2013 US10 (Catalina)", kometen.fg-vds.de/koj_2015/ c2013us10/13us_aus.htm (2. Mai 2016) [3] S. Yoshida, 2016: "C/2013 US10 (Catalina)", www.aerith.net/comet/ catalog/2013US10/2013US10.html (2. Mai 2016)
Die Astronomietage 2017 und 2018
von Sven Melchert
Die totale Sonnenfinsternis am 21. August 2017 wirft bereits sprichwörtlich ihre Schatten voraus, für den Astronomietag eignet sich dieser Montag aber nicht. Vielleicht nutzt die ein oder andere Sternwarte trotzdem die Gelegenheit und bietet ein ,,Public viewing" des Ereignisses an; an Live-Übertragungen aus den USA wird es sicher nicht mangeln. Die Finsternis findet zur besten Sendezeit statt: von ca. 18 bis 21 Uhr MESZ. Von Nordwestdeutschland aus oder noch weiter westlich wird man gegen 20:40 MESZ bei Sonnenuntergang sogar eine kleine partielle Sonnenfinsternis sehen können.
Der Astronomietag 2017 Neben der totalen Sonnenfinsternis in den USA bietet das Jahr 2017 kein weiteres herausragendes Himmelsereignis. Der VdS-Vorstand hat daher den Astronomietag 2017 noch einmal auf den ,,klassischen" Termin festgelegt: den letzten Samstag vor der Umstellung auf die Sommerzeit, damit es abends nicht so spät dunkel wird. Der Astronomietag 2017 findet am Samstag, den 25. März 2017 unter dem Motto ,,Schauspiele entlang der Sonnenbahn" statt. Mit der ,,Sonnenbahn" ist natürlich die Ekliptik gemeint, die zu dieser Jahreszeit abends steil zum Horizont steht.
Merkur bietet dann seine einzige Abendsichtbarkeit in diesem Jahr. Er macht sich von 19:30 bis 20 Uhr am Westhimmel bemerkbar. Weniger als 2,5 Grad von Merkur entfernt steht übrigens Uranus, mit 6 mag wird man ihn aber selbst im Teleskop kaum sehen können.
Deutlich höher steht Mars, derzeit im Sternbild Widder. Mit 1,4 mag ist er nicht besonders auffällig, seine Scheibe misst weniger als fünf Bogensekunden. Aber als Überleitung zu den Deep-Sky-Objekten ist der rote Planet einen Besuch wert.
Apropos Deep Sky: der Mond stört in dieser Nacht nicht, er geht erst in den Morgenstunden als schmale Sichel auf. Weiter entlang der Ekliptik sind die Plejaden und Hyaden für Besucher sehenswert, auch M 1 im Stier steht nicht weit von der Ekliptik entfernt. Der Kleinplanet (4) Vesta zieht unweit von Pollux in den Zwillingen seine Bahn; mit 7,5 mag ein leichtes Ziel und dank der Aufnahmen der Raumsonde Dawn ein Thema für Vorträge oder Poster.
Entlang der Ekliptik folgen der offene Sternhaufen Praesepe im Krebs und Regulus im Löwen, doch bieten die sich abends verabschiedenden Wintersternbilder natürlich reichlich andere himmlische Highlights.
Tief im Osten geht Jupiter auf; ihn wird man zu späterer Stunde den Besuchern zeigen. Wenn gegen 2 Uhr Saturn aufgeht, haben die letzten Besucher (hoffentlich) schon den Heimweg angetreten.
Der Astronomietag 2018 In den nächsten Jahren werden sich die Oppositionstermine der Planeten und somit der Astronomietag über den Sommer in den Herbst verschieben. Mars macht den Anfang: er steht im Jahr 2018 am 27. Juli in Opposition. Dies ist die erste Perihel-Opposition von Mars seit dem Jahr 2003 - die Medien werden den Anlass als Sommerlochthema gern aufgreifen. Genau an diesem Abend findet zufällig auch eine totale Mondfinsternis statt, der verfinsterte Vollmond steht nur 5,5 Grad von Mars entfernt. Ob Mars am Tag der Opposition tatsächlich so groß wie der Mond erscheint - das behaupteten einige Blätter bei der Perihel-Opposition 2003 - wird sich somit leicht feststellen lassen. Einziger Haken: der 27. Juli ist ein Freitag, dieser Ausnahme sollten wir mit dem Astronomietag aber ausnahmsweise folgen.
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Amateurteleskope / Selbstbau
Der Merkur-Transit
am 9. Mai 2016
von Werner E. Celnik und Peter Riepe
Endlich wieder einmal ein Merkurtransit nach Mai 2003 und November 2006: Am 9. Mai 2016 zwischen 13:12:20 und 20:40:11 MESZ (= 11:12:20 bis 18:40:11 UT) zog Merkur über die südliche Hälfte der Sonne, in Mitteleuropa vollständig zu beobachten, sofern das Wetter mitspielte. Leider war dies nicht überall der Fall. Im westlichen und südwestlichen Mitteleuropa gab es mehr oder weniger dichte Bewölkung, örtlich sogar Unwetter. Die Luftmassengrenze bewegte sich gerade von Nordwest nach Südost über Deutschland, so dass vor allem in Nord- und Ost-Deutschland sehr gute Beobachtungsbedingungen herrschten.
Zahlreiche Beobachter präsentierten der astronomischen Gemeinde in den Mailinglisten und Foren ihre Ergebnisse, u.a. natürlich auch in der Mailingliste der VdS-Fachgruppe Astrofotografie. Eine erste Auswahl von Transitbildern, die durchaus einen Ein-
1 Serienaufnahme der Eintrittsphase
von Merkur von 11:14:00 bis 11:18:27 UT. Abstand zwischen den Aufnahmen jeweils 16 s. Instrumentierung: Refraktor 150 mm/1.100 mm, eff. Brennweite 3.400 mm, Herschelprisma mit Graufilter ND 2,4, Kamera: DMK21AU618, jedes Bild ist das Ergebnis des Stackings eines Videos mit 900 frames und 15 s Dauer. Ort: Rheinberg. Bildautor: Werner E. Celnik
3 Merkur trat direkt bei einer Protube-
ranz vor die Chromosphäre der Sonne (vgl. dazu auch unser Titelbild). Skywatcher 150 mm und Solarspektrum, ASI120MM, das Bild entstand 15 s vor dem ersten Kontakt im H-Licht, Ort: Kempen, Bildautor: Michael Kunze
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Aufnahme des 2. Kontaktes, um 11:15:37 UT. Ergebnis eines Videos mit Kamera ALCCD5L-IIc an einem Refraktor 100 mm/500 mm mit Glas-Sonnenfilter. Bildautorin: Silvia Kowollik
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Oben: Aufnahme um 11:34 UT mit ,,Solar Continuum Filter", Instrumentierung: Refraktor 180 mm/1.215 mm, Sonnenfilterfolie ND 5, Einzelbild mit Kamera: Canon 40D, ISO 800, 1/1.500 s. Ort: Sternwarte Pelmberg/Hellmonsödt/Österreich. Bildautor: Rudolf Plohberger
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Oben rechts: Aufnahme um 13:38:28 UT mit 75-mm-Refraktor, eff. Öffnung 34 mm, eff. Brennweite 1.000 mm, H-Filter 0,5 Å, Kamera: Celestron Skyris 274M. Ort: Wuppertal. Bildautor: Bernd Koch, Schülerlabor Astronomie des Carl-Fuhlrott-Gymnasiums
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Merkur gegen 15:30 Uhr MESZ vor der Sonne im Lichte der Calciumlinie K bei 393,37 nm Wellenlänge. Coronado Solarmax CaK70, Kamera war eine DMK41, Aufnahmeort: Westoverledingen. Von 700 aufgenommenen Bildern wurden ca. 300 mit Autostakkert gestackt und anschließend mit Photoshop geschärft, dazu leicht im Kontrast gesteigert. Bildautor: Axel Book
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7 Mosaikbild der Sonne aus zwei Bildern (Stacking-Ergebnis aus 1.200 Videoframes)
im H-Licht mit Flugzeug, um 11:31 UT, Instrumentierung: Refraktor Skywatcher ED 80 mm/400 mm, Video-Kamera: ZWO ASI 120 mm, H-Sonnenfilter Coronado Solar Max 60, HWB < 0,7 Å. Ort: ,,Hohe Dirn"/Nationalpark Kalkalpen/Österreich. Bildautor: Rudolf Dobesberger
8 Kombinierte Serienaufnahme von 4 Einzelbildern von 11:13 bis 14:00 UT im Weißlicht
am SC-Teleskop C8 (200 mm/2.000 mm), eff. Brennweite 4.000 mm, Kamera: Canon 650D. Ort: Oberhausen/Ruhr. Bildautor: Jörg Henkel
druck des Gesamtereignisses vermitteln, möchten wir Ihnen nun vorstellen.
Der Transit 2006 war in Europa nicht beobachtbar. Wohl aber der Transit vom 7.5.2003. Darüber haben wir im VdSJournal für Astronomie Nr. 12 (III/2003) auf 11 Seiten ausführlich berichtet. Vor allem in den Dateilaufnahmen und in der Nutzung von H-Sonnenteleskopen wird der Fortschritt in der Technik für Amateur-Astronomen in den letzten 13 Jahren deutlich.
Wir weisen noch darauf hin, dass der Merkurtransit im von der VdS-Fachgruppe Astrofotografie vorgestellten ,,Astrofoto der Woche" (AdW) in der 20. Woche 2016 präsentiert wird (www. astronomie.de/aktuelles-und-neuigkeiten/ astrofoto-der-woche/archiv/). Auch als ,,APOD" taucht das Ereignis mehrfach auf. U. a. sehenswert das Video unter http://apod.nasa.gov/apod/ap160511. html. Hintergrundinfos zu Merkurtransits sind z. B. zu finden unter www. Merkurtransit.de.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Betrachten dieser kurzen Bilderstrecke.
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Aufnahme um 12:02:59 UT, Merkur vor der Sonne im H-Licht, Intes Maksutov Newton MN 76, Kamera DMK 41, Vorfilter DERF 135 mm, H-Filter Solarspectrum SO 1.5 mit Telezentric 4x, Brennweitenreduzierung mit 0,7-fachem Telekompressor, Ort: Oberthürheim. Bildautor: Bernd Eser
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Kombinierte Serienaufnahme vom Merkureintritt bis um 15:08 UT im Weißlicht mit Refraktor 75 mm/ 1.200 mm. Kamera: Canon 6D, Belichtung jeweils 1/4.000 s bei ISO 200. Ort: Bad Salzuflen. Bildautor: Stefan Binnewies
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Aufnahme von Merkur vor der Sonnengranulation um 13:22:19 UT. Celestron C11 bei 2800 mm, Baader-Filterfolie. Kamera Asi 178 MM. Vom AVI (Länge 20 s) wurden 10% der Bilder verwendet. Ort: Kempen. Bildautor: Ralf Kreuels
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Merkur zieht um 14:49 UT an den Sonnenflecken AR12542 und 12543 vorüber, HSonnenfilter. Refraktor TMB 105/650 + Telezentrik 30 mm (Lille), Brennweitenreduzierer TS 2,5-fach, Kamera: TIS DMK 21 AU 618, Ort: Kempen. Bildautor: Manfred Kiau
13 Unten: Merkur unter den Sonnenflecken AR12542 und 12543 um 14:56:10 UT im
Weißlicht, TOA 130 mit Baader Cool-Ceramic-Herschel-Keil, ZWO ASI 174 MMC hinter Baader FFC, Ort: Oberthürheim. Bildautor: Bernd Eser
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14 Dorothee Mester belichtete um 17:01 MESZ
mit einem Tele 70-200 mm plus Telekonverter bei 280 mm durch eine spezielle schwarze Filterfolie, Ort: Kempen
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Noch klarer Himmel bei dieser Aufnahme um 17:15 UT im Weißlicht. Instrumentierung: Refraktor 130 mm/1.000 mm, eff. Brennweite 2.000 mm, Herschelprisma mit Graufilter ND 3, Kamera: Canon 5D, ISO 200, 1/1.600 s. Ort: Zaberfeld-Michelbach. Bildautoren: Gabriele und Jörg Ackermann
15 Oben: Zirruswolken vor der Sonne
im Weißlicht um 15:43 UT bei der Sternwarte Pelmberg / Hellmonsödt / Österreich. Instrumentierung: Refraktor 180 mm / 1.215 mm, Sonnenfilterfolie ND 5, Einzelbild mit Kamera: Canon 40D, ISO 320, 1/2.000 s. Bildautor: Rudolf Plohberger
17 Aufnahme des 3. Kontaktes um
18:36 UT, in einer Wolkenlücke und nur noch ca. 3 Grad über dem Horizont, Sonnenfilterfolie ND 5, Teleobjektiv 1:11/800 mm, Kamera: Canon 5D MkII, ISO 800, 1/125 s. Bildautor: Werner E. Celnik
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Neues aus der Fachgruppe Sonne
von Klaus Reinsch
,,SONNE ist ein Mitteilungsblatt der Amateursonnenbeobachter - herausgegeben von Amateuren für Amateure. Es dient dem überregionalen Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet der Amateursonnenbeobachtung." So steht es seit der ersten Ausgabe im Impressum von SONNE. Bei der Gründung des Mitteilungsblattes vor knapp 40 Jahren war dies ein radikal neuer Ansatz. Zu der Zeit gab es nur die Zeitschriften etablierter Verlage und was darin veröffentlicht wurde, entschieden allein deren Redaktion und Herausgeber. Beiträge von Amateuren wurden nur sehr selten und, wenn überhaupt, mit langer Wartezeit abgedruckt. Mit SONNE wurden erstmals die Voraussetzungen für einen freien Austausch von Ideen, Erfahrungen, Ergebnissen und Problemen in einem größeren Kreis von Amateursonnenbeobachtern und für die engere Vernetzung innerhalb der Fachgruppe geschaffen.
Heutzutage gibt es eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten, die von Amateursonnenbeobachtern für diese Zwecke genutzt werden. SONNE hat längst das Alleinstellungsmerkmal in diesem Bereich verloren. Und so sind die Abonnentenzahlen, aber auch die Anzahl der zur Veröffentlichung eingereichten Beiträge seit Jahren stark rückgängig.
Die SONNE-Redaktion hat daher beschlossen, dass Mitteilungsblatt in der bisherigen Form als gedrucktes Heft auslaufen zu lassen und mit einem Sonderheft SONNE 140 zum 40-jährigen Gründungsjubiläum Anfang 2017 zu beenden. Bis dahin wollen wir gemeinsam neue Ideen reifen lassen, wie der Austausch innerhalb der Fachgruppe Sonne künftig zweckmäßiger erfolgen kann. Es gibt bereits einige Vorschläge dazu (Fortführung von SONNE als Online-Ausgabe, evtl. mit Print-on-Demand-Option, stärkere Nutzung des VdS-Journals für Astronomie, Herausgabe eines Bulletins für die Ergebnisse der SONNE-Beobachternetze u.v.m.).
Es ist uns ein dringendes Anliegen, möglichst viele Sonnenbeobachter auf diesem Weg mitzunehmen, wie auch immer er schließlich aussehen wird. Besonders wichtig ist es uns, auch Ihre Meinungen und Vorschläge zu erfahren. Beteiligen Sie sich an der Diskussion! Schreiben Sie uns, welche Möglichkeiten zum Austausch innerhalb der Fachgruppe Sie in Zukunft nutzen möchten und welche sonstigen Vorschläge Sie zur Zukunft der Kommunikation zwischen den Sonnenbeobachtern haben (E-Mail an Redaktion@VdS-Sonne.de).
Die totale Sonnenfinsternis
am 09.03.2016 in Indonesien
von Wolfgang Strickling
Am 9. März 2016 hat der Mondschatten wieder unsere Erde berührt. Der Kernschatten verlief in diesem Jahr vom Indischen Ozean kommend über Indonesien in den Pazifik. Er streifte dabei das Korallendreieck, eine der artenreichsten Unterwasserparadiese unseres Planeten östlich von Kalimantan (Borneo). Grund genug, einen Astro- mit einem Tauchurlaub zu kombinieren und die lange Reise nach Sulawesi auf sich zu nehmen, schwer bepackt mit Tauch- und Astrogepäck. Ein Risiko jedoch war das Wetter, denn zum Zeitpunkt der Finsternis begann in Indonesien die Regenzeit. Es gab aber einige Stellen an den Westküsten der Inseln, an denen man mit einer geringeren Bewölkung rechnen konnte. So habe ich mich mit einigen Freunden aus unserem Tauchverein an der Westküste Sulawesis in einem Tauchresort einquartiert. Da das Resort einige Kilometer außerhalb der Totalitätszone lag, mussten wir zur Beobachtung der Finsternis einen Ausflug in Richtung Zentrallinie unternehmen. Schon zu Hause habe ich deshalb mit Google Earth einen Platz ausgesucht, der sich bei einer Erkundungstour einige Tage vor der Finsternis als so geeignet herausstellte, dass sich uns am Finsternistag gleich eine größere Anzahl von Hotelgästen angeschlossen hat.
Nach einigen faszinierenden Tauch- und Schnorchelausflügen in die atemberaubende Unterwasserwelt Indonesiens war es
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1 Die partielle Phase um 23:55 Uhr UTC
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Eindrucksvolle Protuberanzen kurz nach dem zweiten Kontakt. 1/500 s, ISO 100, 500 mm, f/8
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Die Korona, 1/8 s, ISO 100, 500 mm, f/8
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Ein kontrastverstärktes HDR-Komposit der Korona, unter Verwendung von 9 Einzelbildern mit Belichtungszeiten zwischen 1/250 s, ISO 100, und 1,0 s, ISO 200. Es waren wunderschöne koronale Streamer sichtbar. Orientierung ist Norden oben, Osten links
Sonne
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102 Sonne
dann soweit: Der Finsternistag war gekommen! Früh um 04:30 Uhr holte uns unser Fahrer ab, und wir fuhren etwa 100 km nach Südwesten zu unserem Beobachtungsplatz, wo die Totalität 2 Minuten und 42 Sekunden dauerte. War es bei der Abfahrt im Hotel noch etwas bewölkt, klarte der Himmel südlich der Stadt Pasangkayu weitgehend auf. Nur dünne Wolken zogen beim ersten Kontakt noch über die Sonne, eine Viertelstunde später war es praktisch vollkommen wolkenlos. Zusammen mit einem befreundeten Fotoamateur hatte ich ein umfangreiches Beobachtungsprogramm
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Sehr schönes Diamantringphänomen beim dritten Kontakt, 00:39:02 Uhr UTC, 1/250 s, ISO 100, 500 mm, f/8
auf die Beine gestellt: Die Sonne und die Korona sollten mit einer nachgeführten Kamera mit 500-mm-Teleobjektiv automatisch fotografiert werden, gesteuert durch ein im Smartphone ablaufendes Skript. Zusätzlich nahm eine Kamera mit einem 180-Grad-Fisheye den Himmel um die Totalität auf, aus den Aufnahmen konnte später eine Videoanimation des Mondschattens erstellt werden. Eine Kamera zeichnete ein Video von den fliegenden Schatten auf. Eine GoPro-Kamera nahm ebenfalls den Mondschatten ins Visier. Für die Dämmerungsfarben stand eine Kamera mit einem 14-mm-
Weitwinkelobjektiv auf einem Stativ zur Verfügung. Daneben maß eine kleine Wetterstation mit Datenlogger kontinuierlich Helligkeit, Temperatur, Luftfeuchte und Windgeschwindigkeit. Da fast alle Kameras automatisch arbeiteten, blieb genug Zeit, die Finsternis zu erleben und mit dem bloßen Auge oder dem Fernglas visuell zu genießen.
An unserem Beobachtungsplatz am Strand hatten wir freien Blick nach Westen auf das Meer, von wo sich der Mondschatten schon Minuten vor dem zweiten Kontakt dunkel abzeichnete. Als drehte jemand an einem Dimmer, nahm die Lichtintensität vor dem zweiten Kontakt langsam, aber stetig ab. Venus wurde schon lange vorher sichtba r. Zum zweiten Kontakt erschien am Nordostrand der Sonne eine wunderschöne Protuberanz, die so groß war, dass sie während der Totalität die ganze Zeit sichtbar blieb. Die Korona zeigte viele schöne Strahlen und Streamer. Auch die asymmetrische Verteilung der Sonnenaktivität war an der Korona sichtbar: Während die ak-
6 Weitwinkelaufnahme während der Totalität. Am Horizont zeichnen sich schöne Dämmerungsfarben ab. 1,6 s, ISO 100,
14-mm-Objektiv, f/6,7
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7 Schattenspiele während der
partiellen Phase
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tivere Nordhälfte noch viele Streamer zeigte, waren auf der Südhälfte nur wenige zu sehen. Stattdessen konnte man die für eine Minimumskorona typischen Polarstrahlen gut erkennen. Nach fast drei Minuten war das Schauspiel leider vorbei, für wenige Sekunden blitzte rosarot leuchtend die Chromosphäre hinter dem Mondrand hervor, dann erschien ein wunderschönes Perlschnurphänomen, bevor die Photosphäre wieder als gleißende Sichel am Himmel stand. Die Fliegenden Schatten waren mit bloßem Auge leider nur sehr schwach zu sehen, auch auf dem Video sind sie nur schwer zu erkennen.
Die Lufttemperatur sank von 32 Grad C eine halbe Stunde nach dem ersten Kontakt auf 27 Grad C drei Minuten nach der Totalität. Zur Maximum der Finsternis habe ich eine Helligkeit von gut 5 Lux messen können, was relativ hell war und sich mit meiner Wahrnehmung deckte. Der Wind wehte den ganzen Morgen über verhältnismäßig schwach, zur Finsternismitte war es praktisch windstill. Ein Finsterniswind konnte definitiv nicht registriert werden.
Im Nachhinein konnten wir unser Glück, die Finsternis unter perfektem Himmel erlebt zu haben, kaum fassen, denn nur wenigen Beobachtergruppen in Indonesien war es vergönnt, das Ereignis ganz ohne Wolken genießen zu können. Als Fazit konnten wir feststellen, dass das faszinierende Land, die freundlichen Menschen, atemberaubend schöne Unterwasserparadiese und nicht zuletzt eine perfekte Sonnenfinsternis uns für die lange Anreise überreichlich belohnt haben!
8 Ein Teil des Equipments, rechts auf der Star-Adventurer-Montierung das 500-mm-
Teleobjektiv f/8 an der Canon 450D, die vom Smartphone gesteuert wird, links eine Wetterstation mit Datenlogger.
Weblinks: [1] Webseite des Autors mit Daten,
weiteren Bildern und Links: www. strickling.net/sofi2016.htm [2] umfassende Linkseite zur Sonnenfinsternis am 09.03.2016: www. sofi2016.de/#links
9 Kombination aus drei Aufnahmen durch ein Polarisationsfilter, 1/30 s, ISO 100,
500 mm f/8. Den Farbkanälen Rot, Grün, Blau wurden Aufnahmen mit jeweils 60 Grad gedrehten Filterstellungen zugeordnet.
VdS-Journal Nr. 59
104 Sonne
Ein Bericht zur Sonnenfinsternis
am 9.3.2016 in Woleai, Mikronesien
von Eckart Seybold
14. November 2012; Sofi, Cairns, Australien: Neben mir steht ein Österreicher mit australischem Pass, einer chinesischen Ehefrau und erzählt mir, dass er 2016 in Mikronesien in der Südsee die nächste Sofi mit über 4 Minuten Totalität für einen Fernsehsender beobachten werde. Ob ich keine Lust auf die Südsee hätte. Ich sage lauwarm ja und hake das Ganze ab.
Bei der Sofi im März 2015 bei den Färöern treffe ich wieder einen Australier, der von der Südsee-Sofi schwärmt. Zuhause dann doch ein erstes Studium der Wetterprognosen. Sie bringt Enttäuschendes: für Indonesien Bewölkung ca. 70 %, Totalität nur etwas mehr als 2 Minuten, das wird wohl nichts. Ein Astrofreund erzählt was von Inseln, die tatsächlich in der Südsee in der Finsterniszone liegen. Dort soll das Wetter besser sein und vor allen die Dauer deutlich länger. Und wie kommt man dahin? Ich erfahre über eine christliche Hilfsorganisation, PMA, dass man eventuell mit einem Versorgungsschiff zu den verschiedenen kleinen Inseln kommen kann. Allerdings gibt's da keinen festen Fahrplan. Aber immerhin noch einen Tipp; ein Amerikaner chartere einen Frachter nur für die Sofi. Das Ganze nimmt konkrete Formen an, das Schiff ist scheinbar gebucht, die Insel der Begierde ist ein Traum. Sie liegt nahezu exakt auf der Zentrallinie, Dauer 4 Minuten 6 Sekunden; ihr Name: Woleai. Der Plan: Man fliegt von Frankfurt nach Taipei, dann über Palau nach Yap. Dort ist dann Ende der Zivilisation. Weiter geht's dann mit dem betagten Frachter. Nach langem Überlegen siegt die Neugier, also es wird fest gebucht.
1 Der Strand von Woleai
zwischen beiden wählen. Ich bleibe bei dem Kleinen.
Am 26.2.2016 geht's in Frankfurt los, elend lang die Reise, aber ohne Probleme. In Taipei verschwindet der zweithöchste Fernsehturm der Welt nach 50 m im Regen, 8 h warten auf den Weiterflug nach Palau. Von der Temperatur her ist
man jetzt in der Südsee; aber nachts um 1 Uhr ist die Insel nicht der große Renner. Am frühen Morgen des 28.2. dann Ankunft in Yap, geschafft.
Auf Yap, der Insel des Steingeldes, ist am 1.3. Nationalfeiertag. Das ist wirklich ein Highlight. Vom Kleinkind bis zu den Großeltern machen alle mit, die
Sechs Wochen vor der Abfahrt dann das KO-Kriterium: Der Frachter steht nicht zur Verfügung, also auch keine Sofi. Dann das Kaninchen aus dem Zylinder, der Amerikaner hat ein neues, kleineres Boot gechartert. Die Zusage muss in einer Woche erfolgen. Mach ich natürlich. Eine Woche vor dem Abflug: Den Frachter gibt's jetzt wieder, man kann jetzt
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2 Ein Astro-T-Shirt für den Inselchef
Sonne 105
Tänzer und Tänzerinnen in den farbenprächtigen Gewändern verstrahlen eine tolle Atmosphäre und eine wundervolle Harmonie.
Am 2. 3. ist die Abfahrt nach Woleai geplant, zuerst wird aber das Schiff besichtigt. Unsere achtköpfige Sofi-Truppe mit Teilnehmern aus Australien, Neuseeland, England, USA, Israel, Deutschland macht große Augen. Das Boot ist noch kleiner, als wir befürchtet hatten. Die Fahrt soll zwei Tage dauern; am Nachmittag geht's los. Innerhalb der Lagune ist es noch ruhig, nach dem Passieren des Riffs beginnt der blanke Horror. Wir haben Gegenwind, Der Nordost-Passat weht mit Stärke 6-8. Die Wellen erreichen nach kurzer Zeit eine Höhe von 3-5 m. Nach einer halben Stunde ist der Erste seekrank, bei Einbruch der Nacht bin ich der Einzige, der nicht Neptun geopfert hat.
Das eigentliche Problem sind für alle die extremen Bewegungen des Schiffes. Man kann sich nicht festhalten, jeder wird auf dem Deck herumgeschleudert. Mich trifft es am Schlimmsten.
Ich fliege zuerst in die Miniküche, von dort an die Reling und zum Schluss mit dem Rücken gegen eine große Kiste. Ergebnis: eine Rippe gebrochen, Blut im Urin, das linke Knie aufgeschlagen. Das sollte später noch dramatische Folgen haben.
Der Kapitän lässt dann am Morgen die Katze aus dem Sack; aus den zwei Tagen werden vier. Alles hängt apathisch rum, von Südseeromantik keine Spur. Dann, am 6.3., taucht am Horizont unser Ziel Woleai auf. In der Lagune hebt sich die Stimmung schlagartig. Ein Traum von Südseeparadies, Ausleger-Kanus erwarten uns, es gibt frische Kokosmilch, die Palmen sind noch majestätischer, schneeweißer Korallensand, Passatwind, türkisfarbenes Wasser in der Lagune, in der Ferne am Riff gewaltige Brecher.
Das Anlandgehen ist nicht so einfach; zuerst muss die Erlaubnis vom Chef der Insel eingeholt werden. Nach seinem OK dürfen wir an Land, es gibt Blumenkränze, eine gegenseitige Vorstellung, Austausch von Geschenken. Die Frauen beschämen uns, jeder erhält einen handgewebten Wickelrock!
3 Der Autor mit Ausrüstung
Die Stechmücken sind auch umsonst. Meine Wunde am Knie scheint eine besondere Anziehungskraft auf sie auszuüben. Nach dem ersten Tag erscheint der erste rote Streifen bis zum Knöchel. Die Insel - bis 1914 deutsche Kolonie, dann von Japan ,,verwaltet" und im 2. Weltkrieg Schauplatz von erbitterten Kämpfen mit über 7.000 Toten - ist voll von Zeugnissen aus dieser Zeit. Flugzeuge, Kanonen, Bunker, alles überwuchert, aber noch gut erkennbar. Am 8.3. geht es auf die Suche nach dem besten Platz. Durch den hohen Sonnenstand von 72 Grad bei der Totalität kann man
4 Noch eine Minute bis zur Totalität
eigentlich überall sein Equipment aufstellen. Plötzlich dicke Wolken, der Himmel wird rabenschwarz, ein tropischer Platzregen. Nach 30 Minuten scheint wieder die Sonne. Unsere Gruppe diskutiert heftig, ob man am Sofi-Tag mit einem Boot im Notfall den Wolken davon fahren soll. Stativ neu aufbauen, Kamera justieren etc. Ich halte davon nichts, zwei schließen sich mir an. Am 9.3. beziehen wir drei unseren Beobachtungsplatz. Außer uns sind es noch etwa 20 Frauen und eine Handvoll Männer, die uns neugierig beäugen, was wir da so treiben. Wir verteilen Sofi-Brillen
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106 Sonne
5 Der Diamantring
6 Eine Protuberanz und die innere Korona
7 Die äußere Korona
und erklären im Sand, wie eine Sofi entsteht. Sie revanchieren sich mit Kokosmilch und geräuchertem Fisch. Es ist eine wunderbare Stimmung, keine Wolke am Himmel, als um 10:10 Uhr der erste Kontakt erfolgt. Nach anfänglichem Zögern kommen die Einheimischen, um durch das Objektiv zu schauen. Welch ein Erstaunen! Der Sonne fehlt ja ein Stück!
Meine Ausstattung: eine EOS 40 D mit einem 500er-Spiegelobjektiv von Minolta, Baader-Folie, das Ganze auf einer Polarie-Montierung und aus Gewichtsgründen ein Carbon-Stativ.
Der Blick geht immer wieder zum Himmel, auf einmal sind Wolken aufgezogen. Noch 20 Minuten bis zum zweiten Kontakt. Der Rest unserer Truppe kommt mit dem Boot angefahren, um uns zum Stellungswechsel zu bewegen. Wir lehnen dankend ab.
Um 11:38 Uhr beginnt die Totalität, wir haben noch 10 Minuten. Jetzt kommt bei den Zuschauern Unruhe auf, es wird merklich dunkler, die Lagune verliert ihre grüne Farbe. Noch fünf Minuten und siehe da, der Passat bläst den Himmel wieder frei!
Noch zwei Minuten; obwohl man es schon zigmal praktiziert hat: es ist jedes Mal eine spannende Angelegenheit. Filter ab, ISO von 160 auf 800, Zeit auf 1/500, hoffentlich klappt es mit dem Diamantring, und, und ... und dann liegt das ganze Zeugs im Sand; ein Mädchen ist über mein Stativ gestolpert.
Ich könnte heulen vor Enttäuschung, ich nehme die Kamera vom Stativ und fotografiere die ganze restliche Finsternis aus der Hand. Jetzt bin ich mehr als dankbar, dass das Zeitalter der Analogfotografie mit Filmwechsel usw. vorbei ist.
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Die Stimmung ist unwirklich schön. Kein Laut, die Wolken sind zurück, lassen aber dem Spektakel am Himmel genügend Raum, die Planeten und ein paar Sterne sieht man, drei Hunde jaulen auf, und alle, auch die routinierten Sofi-Jäger, sind ergriffen. Das Glücksgefühl, so ein Ereignis erleben zu dürfen, ist gewaltig. Dann kommt ein Lichtblitz, der Diamant leuchtet auf der anderen Seite auf und die Menschen brechen in lauten Jubel aus. Die Frauen fassen sich an den Händen und tanzen, ich schaue auf mein Display und juble auch: Die Aufnahmen sind doch was geworden. Als wir wieder am zentralen Platz der Insel eintreffen, erleben wir wieder eine Überraschung: Die Bewohnerinnen haben uns aus der Brotfrucht einen Proviant gebacken, ca. 50 Männer verabschieden uns, tragen unser Material zu unserer Nussschale und verabschieden uns mit Gesängen. Es ist eine völlig andere Welt, aus der wir wieder abreisen.
8 Einheimische beim Sofi-Beobachten
Mich hat die Realität wieder eingefangen, mein Fuß ist jetzt knallrot und dick angeschwollen. Die nächste Möglichkeit einer Behandlung ist das Krankenhaus in Yap.
Jedem graust es vor der Rückfahrt. Aber Neptun hat ein Einsehen. Wir haben Rückenwind, das Schiff reitet auf den Wellen und bereits nach zwei Tagen taucht Yap vor uns auf. Ein Australier und ich werden direkt ins Krankenhaus gebracht, ich werde wegen der Rippen geröntgt und für das Bein gibt es eine Salbe und ,,Painkiller"-Tabletten. Der Weiterflug geht über Guam nach Tokio; ich wollte dort mit einer befreundeten japanischen Familie noch zehn Tage ein bisschen Japan schnuppern. Das Japan-Erlebnis und damit auch meine Fuji-Kindheitsträume enden ganz anders; ich lande als Notfall mit Streptokokken und ähnlichem Geziefer in der Klinik und werde nach elf Tagen mit einem Sonderflug der Lufthansa nach München gebracht.
Sternbedeckungen
107
Streifende Sternbedeckungen durch
den Mond im 4. Quartal 2016
von Eberhard Riedel
Die drei spektakulärsten streifenden Bedeckungen von Sternen durch den Mond im 4. Quartal dieses Jahres sowie ein sehenswertes Ereignis am 4. Januar 2017 sind im Folgenden dargestellt. Bis auf das Januarereignis zieht der Mond immer mit seinem Nordrand am Stern vorbei. Die Landkarten a und b zeigen alle Grenzlinien dieser Ereignisse quer über Deutschland, die der mittlere Mondrand während des Vorbeizuges am Stern beschreibt. Von jedem Punkt in der Nähe dieser Linien ist zum richtigen Zeitpunkt das oft mehrfache Verschwinden und Wiederauftauchen des Sterns bereits in einem kleinen bis mittleren Fernrohr zu verfolgen. Alle Streifungen finden am unbeleuchteten Mondrand statt.
a Karte der Grenzlinien der streifenden Sternbedeckungen im 4. Quartal 2016
Das Highlight ist die Bedeckung des 0,9 mag hellen Aldebaran am Morgen des 13. Dezember, die sowohl bei dunklem Himmel als auch am dunklen Mondrand stattfindet, jedoch wegen der großen Mondphase und einer geringen Horizonthöhe nicht ganz einfach zu beobachten ist.
b Karte der Grenzlinie der streifenden Sternbedeckung im Januar 2017
Allgemeines Grundlage der hier veröffentlichten Profildaten sind Laser-Messungen der japanischen Kaguya-Sonde. Um streifende Sternbedeckungen erfolgreich beobachten zu können, werden eine ganze Reihe präziser Informationen benötigt. Die europäische Sektion der International Occultation Timing Association (IOTA/ ES) stellt diese Daten zur Verfügung. Kernstück ist die Software GRAZPREP des Autors, die sowohl eine komplette und stets aktualisierte Auflistung aller interessanten Ereignisse als auch für jedes Ereignis die genauen Koordinaten der Grenzlinien und viele weitere Informationen liefert. Darüber hinaus kann von jedem Standort aus das Profil des Mondes und die zu erwartende Sternbahn grafisch in verschiedensten Vergrößerungen dargestellt werden, um so den besten Beobachtungsstandort auswählen zu können. Letzterer muss auch unter Berücksichtigung der Höhe optimiert werden, weil diese einen Ein-
fluss auf den Blickwinkel zum Mond hat. Hierzu können höhenkorrigierte Grenzlinien automatisch in eine GoogleEarth-Karte übertragen werden, mit der es dann einfach ist, die besten Beobachtungsstationen festzulegen. Die Software kann kostenlos unter www.grazprep. com heruntergeladen und installiert wer-
den (Password: IOTA/ES). Die zusätzlich benötigten Vorhersagedateien sind direkt vom Autor (e_riedel@msn.com) oder über die IOTA/ES (www.iota-es.de) zu beziehen. Weiterführende Informationen, z.B. über die Meldung der Bedeckungszeiten, sind dort ebenfalls erhältlich.
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Ereignis 1: 20.11.2016
Am 20. November zieht kurz vor Mitternacht der gut zur Hälfte beleuchtete abnehmende Mond am 5,7 mag hellen Stern 18 Leonis vorbei. Das Ereignis läuft zunächst an der Grenze zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz entlang und ist dort wegen zu geringer Höhe über dem Horizont nur schwierig zu verfolgen. Ab dem Eintritt nach Sachsen-Anhalt ist dann bis über das gesamte Land Brandenburg mit 8 bis 11 Grad eine bei dieser Sternhelligkeit ausreichende Horizonthöhe gegeben.
Die Abbildung 1a zeigt zudem (hier für eine Länge von 10 Grad Ost), dass die scheinbare Sternbahn (blauweiß gestrichelte Linie mit Minutenangaben) den Mondrand weitab von Terminator berührt, so dass die Mondhelligkeit bei diesem Ereignis nicht stören wird.
Die Abbildung 1b zeigt eine starke Vergrößerung der engsten Annäherung zwischen Mond und Stern auf 10 Grad Ost, jedoch nicht auf der für das mittlere Mondrandniveau vorausberechneten Streifungslinie, sondern 1.130 m weiter südlich, gemessen senkrecht zur Schattenbewegung des Mondes auf der Erde. In dieser Grafik ist das Mondrandprofil in 12-facher Überhöhung dargestellt, weshalb auch die Krümmung der scheinbaren Sternbahn grafisch erforderlich ist. Auf diese Weise kann besser beurteilt werden, wann und wie viele Bedeckungsereignisse im Einzelnen zu erwarten sind. Tatsächlich können von dieser versetzten Position zwischen 23:54:18 und 23:55:55 MEZ 12 Kontakte verfolgt werden (s. Inset).
Einen Anhalt über die Verlagerung der scheinbaren Sternbahn, wenn man die in der Grafik angegebene geografische Breite verlässt, geben die roten Begrenzungslinien. Diese zeigen in der Abbildung 1b einen Abstand von der Grenzlinie von +- 1.130 m, welcher senkrecht zur Grenzlinie angetragen wird. Hierdurch ist erkennbar, dass es bei einer Positionierung auf der vorausberechneten Zentrallinie (entspricht in der Grafik genau der oberen roten Begrenzungslinie, die den weiß gepunkteten mittleren Mondrand gerade tangiert) nur zu einer einzigen, knapp sekundenlangen Bedeckung des Sterns gekommen wäre. Während der knapp 2 Minuten, in denen bei diesem Ereignis der Mondschatten über Deutschland wandert, kommt es zu keiner nennenswer-
1a Die scheinbare Sternbahn (blauweiß gestrichelte Linie) bei
Beobachtung genau von der vorhergesagten Grenzlinie
1b Streifungssituation von 18 Leonis 1.130 m südlich der
Grenzlinie mit 12-facher Mondhöhendehnung
ten Verschiebung der Streifungsposition am Mondrand. Deshalb kann man davon ausgehen, dass das oben Gesagte annähernd auch für alle anderen Längen der Grenzlinie gilt. 18 Leonis ist nicht als Doppelstern bekannt, weshalb sein Verschwinden am Mondrand jeweils schlagartig erfolgen müsste. Nicht selten wurden bei Sternbedeckungen durch den Mond jedoch enge Doppelsterne entdeckt. Zu beobachten wäre dann ein langsameres oder nur teilweises Verschwinden und Wiederauftauchen des Sternlichtes.
Ereignis 2: 13.12.2016
Nur die Niedersachsen kommen am Morgen des 13. Dezember in den Genuss der streifenden Bedeckung des 0,9 mag hellen Aldebaran. Das Beobachtungsgebiet ist allerdings wegen der geringen Horizonthöhe des Ereignisses auf das nordwestliche Niedersachsen beschränkt. Wenn der Mondschatten zwischen Cuxhaven und Wilhelmshaven das Festland erreicht, hat der Mond nur noch eine Höhe von 4,6 Grad . Beste Horizontsicht ist also eine zwingende Bedingung. Östlich der Länge 10 Grad Ost dürfte mit weniger als 3,6 Grad Horizonthöhe schon nichts mehr zu machen sein. Der Mondrandausschnitt in der Abbildung 2a zeigt die scheinbare Sternbahn bei der geografischen Länge von 9 Grad Ost und verdeutlicht geometrisch die Nähe des Terminators bei dem gegebenen Beleuchtungsgrad von 99 %. Bereits auf der vorausberechneten Zentrallinie werden mehrere Kontakte zu sehen sein.
Wie sinnvoll es aber auch hier ist, etwas nach Süden auszuweichen, zeigt die Abbildung 2b: Etwa 315 m weiter südlich kön-
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2a Die scheinbare Sternbahn von Aldebaran bei 99 %
beleuchtetem Mond
Spektroskopie
nen zwischen 06:34 und 06:36 MEZ ohne Weiteres 18 Kontakte oder mehr vorkommen. Deren Beobachtung wird jedoch nicht einfach sein. Die Grafik zeigt auch, dass der Abstand der Streifungszone zum Terminator maximal 0,5 Bogensekunden beträgt. Die bei der großen Horizontnähe zu erwartenden Luftunruhen lassen Überstrahlungseffekte durch die enorme Mondhelligkeit entstehen, gegen die es selbst der lichtstarke Aldebaran schwer hat.
Aldebaran ist der Hauptstern eines Mehrfachsternsystems, weshalb es bei dessen Bedeckung immer auch zu Helligkeitsschwankungen kommt. Auch das unvollständige Verschwinden und Wiederauftauchen des Hauptsterns selbst kann Grund für diese Lichtschwankungen sein. Dieses verdeutlicht die Abbildung 2c, die eine Vergrößerung der Abbildung 2b ist und das Mondrandprofil zudem 24-fach gedehnt darstellt. Dadurch ist es möglich, Aldebaran mit seinem Durchmesser darzustellen. Die schwarzen Begrenzungslinien der scheinbaren Sternbahn zeigen die Höhenausdehnung dieses roten Riesensterns, der bei einem Winkeldurchmesser von ca. 0,02 Bogensekunden am Mondrand einen Durchmesser von ca. 36 Metern hat. Die Grafik macht deutlich, dass es so auch zu partiellen Bedeckungen von Aldebaran und damit statt eines völligen Verlöschens zu Helligkeitsschwankungen kommen kann.
2b Streifungssituation von Aldebaran 316 m südlich der
Grenzlinie mit 12-facher Mondhöhendehnung
2c Streifungssituation von Aldebaran 316 m südlich der
Grenzlinie mit 24-facher Mondhöhendehnung und Darstellung des Aldebarandurchmessers
Ereignis 3: 16.12.2016
Diese Streifung ist die anspruchsvollste im 4. Quartal und nur
mit größerer Fernrohröffnung und bei allerbesten atmosphä-
rischen Bedingungen zu sehen. Der Grund hierfür ergibt sich
aus der Abbildung 3a: Der 5,0 mag helle Stern 74 Geminorum
kommt dem Terminator des zu 94 % beleuchteten zunehmen-
den Mondes sehr nahe. Da es bei so großen Mondphasen immer
zu Überstrahlungseffekten der hellen Mondstrukturen kommt,
kann der zu bedeckende Stern sehr leicht in der Mondhellig-
keit untergehen. Dabei ist das Auge am Okular einer elektroni-
schen Aufzeichnung meist überlegen. Die Abbildung 3a zeigt
bei 12-facher Dehnung der Profilhöhen die Streifungssituation
bei einer Beobachtung von der berechneten Grenzlinie bei 10 Grad
östlicher Länge, von wo mindestens ein Verschwinden und ein
Wiederauftauchen zu sehen sein dürften.
3a Die scheinbare Sternbahn von 74 Geminorum bei Beobach-
tung genau von der vorhergesagten Grenzlinie, 12-fache
Was eine Beobachtung in diesem Fall sehr lohnend machen kann,
Mondhöhendehnung
ist eine flache Mondstruktur zum Ende der Bedeckung. In der Ab-
bildung 3a befinden sich die roten Begrenzungslinien in einem Abstand von +- 1.250 m senkrecht zur Grenzlinie. Die südliche verläuft
im Zeitraum von 04:24:10 bis 04:24:18 MEZ auf der Höhe eines
flachen Terrains, an dem viele Kontakte vorkommen können.
Die Abbildung 3b zeigt diese Kontakte, da hier nun die Perspektive von einem Punkt 1.250 m weiter südlich dargestellt ist. Hinzu kommen weitere Kontakte zu Beginn der Streifung.
Das Ereignis ist zwischen Aurich und Bremen bis nördlich von Cel-
le erneut dem Nordwesten Deutschlands vorbehalten. Die Grafik
ist, wie alle anderen, für Meereshöhe gerechnet. Bei deutlich hö-
her gelegenen Beobachtungsstationen muss deren Höhe ebenfalls
in die Berechnung einbezogen werden, um eine genügend genaue 3b Die scheinbare Sternbahn von 74 Geminorum bei Beobach-
Vorhersage zu erhalten (zur Software s. Hauptteil des Beitrags).
tung 1.250 m südlich der Grenzlinie, 12-fache Mondhöhendehnung
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Veränderliche
Ereignis 4: 04.01.2017
Die letzte Streifung ist am Abend des 4. Januar die erste des Jahres 2017 und eine, die auch wieder Süddeutschland berücksichtigt. Auf einer Linie vom Allgäu bis ins Berchtesgadener Land schrammt der stark zerklüftete dunkle Südrand des nur zu 38 % beleuchteten zunehmenden Mondes am 6,4 mag hellen Stern 4 Piscis entlang.
Die Abbildung 4 verrät, dass eine Beobachtung genau auf der berechneten Zentrallinie, hier auf einer Länge von 12 Grad Ost, bereits mehrere Kontakte sichtbar werden lässt. Lediglich der Austritt des Sterns geschieht am hellen Mondrand und wird kaum zu messen sein.
Auch weiter nördlich und südlich der Zentrallinie sind viele Kontakte zu erwarten. Zur Orientierung, welchen Versatz am Mondrand die scheinbare Sternbahn beim Verlassen der Zentrallinie erfährt, dienen die roten Begrenzungslinien, die in diesem Fall in einem Abstand von +- 5.000 m senkrecht zur
4 Streifungssituation von 4 Piscis bei Beobachtung genau von
der vorhergesagten Grenzlinie mit 6-facher Mondhöhendehnung, rote Begrenzungslinien bei +- 5.000 m
Nulllinie verlaufen. Das Profil ist in 6-facher Überhöhung dargestellt. Somit kann bereits aus dieser Grafik die zu erwartende Anzahl der Kontakte zwischen Stern und Mondrand recht gut abgelesen werden.
Goldilocks Variable - ein Mira-Stern im Hantelnebel M 27
von Paul Breitenstein, Fabian Beer, Lukas Bröring und Marco Wortmann
Ziel dieser Arbeit war es, die mittlere Periodendauer von NSV 24959 (Rektasz. 19h 59m 29,73s; Dekl. 22 Grad 45' 13,1'' (2000.0)) auf der Grundlage eigener Messungen und mit Hilfe von Archivdaten möglichst genau vorherzusagen. Außerdem sollte mit Hilfe eigener, sehr engmaschiger Messungen und deren Vergleich mit den Archivdaten abgeschätzt werden, wie stabil die Entwicklung des Mira-Sterns verläuft, und ob ausgeprägtes Sonderverhalten, wie z.B. Oberschwingungen, erkennbar sind.
Die AiM-Projektgruppe beschäftigt sich vornehmlich mit lang- und kurzzeitig veränderlichen Sternen (Supernovae, Mi-
ras und Bedeckungsveränderliche), aber auch mit der Asteroidenjagd und Beobachtungen unserer Sonne. Mitglieder der
AiM-Projektgruppe Die AiM-Projektgruppe (Astronomy and internet in Münster) arbeitet seit 2012 als eine Arbeitsgemeinschaft für die Jahrgangsstufen 8 bis Q2 im Pascal-Gymnasium Münster [2]. Neben eigenen kleinen Geräten hat die Gruppe Zugang zum Roboter-Forschungsteleskop MoNeT (Monitoring Network of Telescopes) [3] auf dem Mt. Locke in Texas/USA und zum Bradford Robotic Telescope (BRT) [4] auf dem Teide auf Teneriffa/ESP.
1 Messdaten von Arne Henden (1997-2000)
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Projektgruppe nahmen 2015 und 2016 mit gutem Erfolg am Wettbewerb ,,Jugend forscht" teil. Sie erreichten einen zweiten Platz im Landeswettbewerb, einen ersten und zwei zweite Plätze im Regionalwettbewerb. Außerdem wurde eine Facharbeit mit dem 2. Preis (400 ) des Hans-Riegel-Fachpreises ausgezeichnet.
Motivation und Geschichte Bei unseren Recherchen zum Hantelnebel M 27 stießen wir auf NSV 24959 (New Catalogue of Suspected Variables). Schon die Entdeckung dieses Mira-Sterns im Jahr 1990 war außergewöhnlich: Dem tschechischen Amateurastronomen Leos Ondra fiel auf, dass auf dem Titelblatt der Maiausgabe des Journals ,,Astronomy" ein Stern mehr zu sehen ist, als auf dem Titelblatt der Herbstausgabe von ,,Deep Sky" [5/6]. Auf beiden Titelblättern ist der Hantelnebel abgebildet. Vergleiche mit anderen Bildern von M 27 bestärkten seine Vermutung über die Helligkeitsschwankungen dieses Sterns. Der Nachweis, dass es sich bei NSV 24959 tatsächlich um einen veränderlichen Stern handelt, gelang 1997 Rudolf Novak vom Nicholas Copernicus Observatory and Planetarium in Brno mit einem 40-cmNewton-Reflektor [7]. Er dokumentierte eine stetige Abnahme der Helligkeit von Mai bis August 1997.
Arne Henden [1] führte zwischen Mai 1997 und September 2000 Helligkeitsmessungen mittels R-Band-Fotometrie mit dem 1,55-m-Reflektor ,,Kaj Strand Telescope der USNO Flagstaff Station (NOFS)" [8] durch, die allerdings relativ grobmaschig blieben. So konnte bei insgesamt fünf Perioden nur ein eindeutiges Helligkeitsmaximum aufgezeichnet werden (s. Abb.1). Die Überlagerungen der Messwerte ergaben eine Periode von ,,ungefähr" 213 Tagen ohne Fehlerangaben [9].
Die meisten späteren Veröffentlichungen übernahmen die von Arne Henden ermittelte Periodendauer von 213 Tagen. Dagegen veröffentlichte die Societe d'Astronomie Populaire de Limoges 2014 eine Periodendauer von 231 +- 10 Tagen [10].
Seit 2014 arbeitet das MoNeT-Nord vollständig robotisch [11]. Dies war für uns der Anlass, seit Juli 2014 jede klare
2 Hantelnebel mit Goldilocks (rot) und Referenzstern (blau) / MoNeT-Nord
3 Referenzstern im Vergleich zu einem Drittstern 2014 (konstante Helligkeit)
Nacht den Hantelnebel mit verschiedenen Filtern aufzunehmen. Als im Februar 2015 wegen einer fehlerhaften Notabschaltung die elektrischen Leitungen der CCD-Kamera abrissen, ermöglichte uns Ed Hand vom BRT, unsere engmaschige Beobachtung mit ihrem BRT fortzusetzen. Damit erhielten wir auch Zugang zu dem umfangreichen Archiv des BRT aus den Jahren 2004 bis heute.
Hinreichend dichte Bilddaten gibt es allerdings erst seit 2007. Als Randnotiz sei noch vermerkt, dass die Britische Lyrikerin Anna Woodford ,,Goldilocks Variable" ein gleichnamiges Gedicht gewidmet hat [12].
MoNeT-Nord-Teleskop und Bradford Robotic Teleskop ,,MoNeT ist ein Teleskopprojekt der Uni-
versität Göttingen [13], der University of Texas at Austin [14] und des South African Astronomical Observatory [15]. Es besteht aus zwei baugleichen 1,2-mRitchey-Chretien-Teleskopen, von denen das erste im Dezember 2005 am McDonald Observatory [16] in Texas und das zweite im September 2008 am South African Astronomical Observatory bei Sutherland (Südafrika) aufgestellt worden ist [17].
Seit 2012 wird das MoNeT-Nord von Schülerinnen und Schülern des PascalGymnasiums in Münster genutzt. Es steht in ca. 1.900 m Höhe auf dem Mt. Locke in Texas/USA, hat eine Brennweite von 8.400 mm bei einer Öffnung von 1.200 mm, so dass sich ein Öffnungsverhältnis von f/7 ergibt. Es wird seit Frühjahr 2014 vollautomatisch gesteuert. Vorher konn-
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te die AiM-Projektgruppe [18] im PascalGymnasium an zuvor angemeldeten Terminen das Teleskop im Remote-Modus über eine systemunabhängige InternetPlattform steuern. Seit Umstellung auf die vollautomatische Steuerung können hier im Gegensatz zum BRT auch Daueraufträge gebucht werden, was für Langzeitmessungen besonders angenehm ist. Bei unseren Beobachtungen kamen R-, V-, B-, IR- und Ha-Filter zum Einsatz. Leider ist MoNeT-Nord seit Februar 2015 defekt.
Das BRT wird ebenfalls vollautomatisch gesteuert. Es steht in 2.400 m Höhe auf der kanarischen Insel Teneriffa in der Nähe des Pico del Teide und wird von der University of Bradford/UK verwaltet. Von angemeldeten Benutzern können Beobachtungsaufträge über eine systemunabhängige Internet-Plattform eingegeben werden. Die Aufträge werden dann automatisch abgearbeitet. Dieser Service kann bei geringen Kosten von jedem genutzt werden, steht aber vor allem Schulen zur Verfügung.
Zur Beobachtung von NSV 24959 haben wir das Hauptteleskop, ein SchmidtCassegrain Celestron C14, genutzt. Es hat eine reduzierte Brennweite von 1.877 mm bei einer Öffnung von 355 mm, so dass sich ein Öffnungsverhältnis von f/5,3 ergibt. Bei unseren Beobachtungen kamen R-, IR- und Ha-Filter zum Einsatz. Ebenso wurden Bilder mit V- und B-Filtern gemacht, aber nicht für diese Arbeit ausgewertet.
Auswertung und Ergebnisse Die Bilder wurden jeweils mit Dark und Bias korrigiert. Auf eine Flatfield-Korrektur wurde verzichtet, da der Helligkeitsvergleich immer nur innerhalb eines Bildes stattfindet und der Vergleichsstern (Rektasz.: 19h 59m 28,73s, Dekl.: 22o 45,
4a-c
MoNeT-Nord-Daten im Vergleich zu A. Henden bei 213,5 Tagen Periodendauer
MoNeT-Nord-Daten im Vergleich zu A. Henden bei 214,0 Tagen Periodendauer
MoNeT-Nord-Daten im Vergleich zu A. Henden bei 214,5 Tagen Periodendauer
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5 Zusammenfassung: MoNeT-Nord, BRT und A. Henden bei einer Periodendauer von 214 Tagen
25,38,, (2000.0-Koordinaten)) sehr dicht bei NSV24959 liegt (siehe Abb. 2).
Außerdem gab es nicht zu allen Bildern geeignete Flats. Die Helligkeit dieses Vergleichssterns blieb innerhalb des Beobachtungszeitraums bezogen auf einen weiteren Vergleichsstern konstant (s. Abb. 3). Die Auswertung und Fehleranalyse fand mit ImageJ [19] unter Verwendung der Astronomy Tools [20] von Rick Hessmann statt. Dabei wird eine Analyse des statistischen Messfehlers anhand der Daten des verwendeten CCD-Chips (gain, readout noise, dark current) gegeben. Die Überlagerung der Messwerte wurde mit Tabellenkalkulation realisiert.
1. MoNeT-Nord Zum Vergleich der Messdaten von Arne Henden (1997-2000) mit unseren Aufnahmen mit dem MoNeT-Nord-Teleskop (Juli 2014 - Februar 2015) haben wir die Daten von Henden um ganzzahlige Perioden zeitlich verschoben. Die Überlagerung (Abb. 4a-c) zeigt eine deutliche Übereinstimmung bei einer mittleren Periodendauer von 214 Tagen. Der Fehler kann dabei nicht größer als 0,5 Tage sein. Einzelne große Fehlerbalken resultieren aus klimatisch bedingten schlechten Aufnahmen.
2. BRT Die eigenen Aufnahmen mit dem BRTTeleskop (Feb. 2015 - Dez. 2015) bestätigen im Wesentlichen dieses Bild (s. Abb. 5). Insbesondere liegt die Auswertung der BRT-Archivdaten (Aug. 2014 - Dez. 2014) sehr genau auf unseren mit MoNeT-Nord gewonnenen Messdaten. Die weiteren Archivaufnahmen zeigen allerdings doch Variationen: So sind die Helligkeitsausbrüche im Frühjahr 2011 und im Frühjahr 2014 außergewöhnlich groß. Außerdem wird das Helligkeitsmaximum 2011 ca. 20 Tage zu spät erreicht. Insgesamt bleiben die Perioden allerdings im Takt.
Diskussion Leider sind die Archivdaten insbesondere vor 2011 relativ lückenhaft (s. Abb. 6). Außerdem konnte um den Jahreswechsel 2012/13 kein Maximum aufgezeichnet werden, da in dieser Jahreszeit eine Beobachtung des Hantelnebels wegen der niedrigen Höhe über dem Horizont mit dem BRT und mit dem MoNeT-Nord kaum möglich ist. Zudem gab es am BRT zwischen September und Dezember 2011 verschiedene Probleme, so dass in diesem Zeitraum keine auswertbaren Bilder vorliegen.
Leider konnten wir unsere Messungen vom MoNeT-Nord mit verschiedenen Filtern nicht fortsetzen, da das BRT eine zuverlässige nächtliche Buchung für spezielle Filter nicht erlaubt. Außerdem ist die Öffnung des BRT für brauchbare Messungen mit B-Filter zu gering. In beiden Fällen wären wir auf MoNeT-Nord angewiesen gewesen, das aber immer noch nicht wieder funktionstüchtig ist.
Das jeweils sehr kurze Maximum und das lange Minimum lassen auf einen MiraStern des Typus schließen. Die dazugehörige genaue Gruppe, die auch die Unterabteilung dieses Typus mit einschließt, deutet auf den Typus 1 hin [21].
Eine weitere Möglichkeit der Interpretation wäre eine Verkürzung der Periodendauer seit 2008 auf durchschnittlich 212 Tage. Zusammen mit dem außergewöhnlichen Verhalten von ,,Goldilocks" 2011 und 2014 könnte dies bedeuten, dass der Stern aktuell in einer Umbruchphase steckt, die es lohnt, weiter beobachtet zu werden.
Danksagung Wir danken Arne Henden, ehemaliger Direktor der AAVSO, der uns seine Mess-
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Veränderliche
6 Überblick über die Henden-, MoNeT-Nord- und BRT-Daten von 1997-2015
werte von NVS24959 aus den Jahren 1997 bis 2000 zur Verfügung gestellt hat, außerdem Ed Hand, der uns den Zugang zum BRT und dessen Archiv geöffnet hat, sowie Rick Hessman und TimOliver Husser vom IAG, die uns das freie Arbeiten mit MoNeT-Nord ermöglichten. Zudem sei Rick Hessman für die schönen Astronomy Tools unter ImageJ gedankt, ohne die eine Auswertung so vieler Bilder für uns nicht möglich gewesen wäre.
Weblinks, Literatur- und Quellenhinweise: [1] American Association of Variable
Star Observers (AAVSO), www.aavso.org [2] Pascal-Gymnasium Münster, www.pascal-gym.de [3] MoNeT, https://monet.unigoettingen.de/ [4] Bradford Robotic Telescope, www.telescope.org/ [5] L. Ondra, 2000: "Goldilocks` Variable", http://leo.astronomy.cz/ gl/gl.html [6] Foreground Star on the Dumbbell Nebula: New Red Variable, L. Ondra, http://adsabs.harvard.
VdS-Journal Nr. 59
edu/abs/1991IBVS.3604....1O [7] R. Novak, T. Apeltauer, 1998:
,,CCD Photometry of Two Variable Stars in M 27 Field", Proceedings of the 20th Stellar Conference of the Czech and Slovak Astronomical Institutes. 5th-7th November 1997. Brno, Czech Republic. Editor J. Dusek, ISBN 80-85882-08-6, p.153; http://adsabs.harvard.edu/ full/1998vsr..conf..153N [8] United States Naval Observatory Flagstaff Station, https:// en.wikipedia.org/wiki/United_ States_Naval_Observatory_ Flagstaff_Station [9] Goldilocks Arne Henden: ,,Variable star in M-27", http://tocobs.org/ m27.htm [10] C. Jacquier, 2014: "L`image du mois de janvier 2014: des Tresses en Or (Goldilocks) pour M27", http://saplimoges.fr/limagedu-mois-de-janvier-2014-destresses-en-or-goldilocks-pour-m27/ [11] MONET/Central, Astronomy and internet, offical homepage, https:// monet.unigoettingen.de/index.php [12] Anna Woodford's Birdhouse: "The Goldilocks Variable", https://
peonymoon.wordpress.com/tag/ anna-woodford-the-goldilocksvariables/ [13] https://de.wikipedia.org/wiki/GeorgAugust-Universität_Göttingen [14] https://de.wikipedia.org/wiki/University_of_Texas_at_Austin [15] https://de.wikipedia.org/wiki/ South_African_Astronomical_ Observatory [16] https://de.wikipedia.org/wiki/ McDonald_Observatory [17] https://de.wikipedia.org/wiki/ MONET-Teleskop [18] Schulübergreifende AG im PascalGymnasium Münster: ,,AiM steht für ,,Astronomy and internet in Münster", http://pascal.nw.lo-net2. de/aim [19] ImageJ, official homepage, http:// imagej.nih.gov/ij/ [20] F. V. Hessman: ,,An Introduction to Astronomical Image Processing with ImageJ", http://www.astro. physik.uni-goettingen.de/~hessman/ ImageJ/Book/index.html [21] vgl. Hoffmeister et al. 1984, S. 69
VdS-Nachrichten
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Wir begrüßen neue Mitglieder
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Delic
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Susok
Susanne
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Paul
Augustin
Klaus
Astronomischer Verein der Grafschaft Bentheim e.V.
Stranzenbach Schnabel Steinhart Niemann
Ralf Edmund Andreas Thomas Ute Katrin
Straße
Aspenstr. 3 Förderstraße 37 Dorfstraße 6 Wilhelmstraße 80 Mühlenfeld 1 Weißdornpfad 30 A Kölner Str. 7 d Alfons-von-Liguori-Str. 2 Rhönweg 7 Rauschgraben 29 Gneisenaustr. 2 LosenbüchelerStr. 16 a Hasencleverstraße 44 Am Bachmannsgraben 34 Albrechtstraße 78 Rue de la Liberation 53 Neckarstraße 13 Beim Soll 3 Lindacher Str.11 Braunfelser Str. 88 Sickingenstraße 56 Saarstraße 14 Niesass 4 1/2 Magdalaer Str. 26 Steinbergstraße 4 Eckdorfer Str. 50 Alte Gfennstr. 37 Johanna-Kirchner-Str. 19 Johann-Strauß-Straße 39/27 Am Lindenhof 23 Fregestr. 9 Emser Str. 42 Fürther Str.12A Hammer Weg 25 Honeickenstraße 3 Nonenstraße 6B Am Berg 6 Am Burgbach 1 Maria-Cl.-Martin-Str. 2 Postteichweg 72 Würzburgerstraße 62 Bülowstraße 122 Benno-Mayer-Str. 4 Bastweg 15 Jahnstraße 3
Zur Talsperre 26 Hainmühlenweg 1 Limbacher Str.107 Weissenmoorstr. 6 a
PLZ
72172 24960 14715 45661 53332 28355 50226 13773 89555 A 6162 41539 42857 42659 41844 12167 LU 245 45663 21614 87069 35606 10553 55283 92526 99441 28790 50321 CH 8600 76189 A 2514 23774 12159 56076 12309 59494 44869 33378 35232 51570 46325 32758 97854 45479 90763 45896 49828
Ort
Sulz Glücksburg Steckhow-Ferchesar Recklinghausen Bornheim Bremen Frechen Hennef Steinheim am Albbuch Mutters Dormagen Remscheid Solingen Wegberg Berlin Mamer Recklinghausen Buxtehude Schierling Solms Berlin Nierstein Oberviechtach Magdala Schwanewede Brühl Dübendorf Karlsruhe Möllersdorf Heiligenhafen Berlin Koblenz Berlin Soest Bochum Rheda-Wiedenbrück Dautphetal Windeck Borken Detmold Steinfeld Mühlheim Fürth Gelsenkirchen Neuenhaus
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Wittern Lübben Schwabach Bockhorn
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VdS-Nachrichten
Spenden an die Vereinigung der Sternfreunde e.V.
von Thomas Keßler, VdS-Schatzmeister
Im Jahr 2015 erhielt unsere Vereinigung wieder zahlreiche Spenden von Mitgliedern. Der Vorstand bedankt sich bei allen Spendern ganz herzlich, auch bei den vielen ungenannten Mitgliedern, die bei der Überweisung der Jahresrechnung den Betrag aufrundeten. Insgesamt erhielt die VdS Spenden in Höhe von 2.046,14 EUR, die teilweise zweckgebunden für bestimmte Projekte verwendet werden. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.
Mitgl. Nr. 10253 11324 12451 12540 13211 13448 13887 13921 14604 14822 15127 15254
Name Dipl.-Ing. Beneke Dr. Fuchs Dipl.-Phys. Quester Fehlmann Hosters Stück Rendelmann Küppers Jonscher Wilhelmi Quaas Dr. Zillessen
Vorname Ernst-Jochen Rainer Wolfgang Wolfgang Peter Günter Holger Stephan Peter Otto Eberhard Volker
Mitgl. Nr. 15982 16245 16851 17748 17779 17898 17994 18175 19141 19677 20243
Name
Vorname
Dr. Schumann
Jörg
Purwin
Rene
Brenner
Frank
Dr. Vogtmann
Thomas
Dipl.-Ing. Sturm Christian
Dipl.-W. Spindler Rolf
Henze
Werner
Reim
Thomas
Brozio
Martin
Straußberger
Klaus
Sternfreunde Dieterskirchen e.V.
Impression
Hohe Wolken mit Eiskristallen bescheren uns gelegentlich farbenprächtige HaloErscheinungen. Auf diesem Bild besonders deutlich ist der bunte Zirkumzenitalbogen. Es sind noch weitere Halo-Merkmale zu sehen: Vergleichen Sie die Aufnahme mit den Simulationen der FG Atmosphärische Phänomene unter www.meteoros.de. Etwas bleibt verborgen: Merkur steht vor der Sonnenscheibe, denn diese Halos zeigten sich zum Ende des Merkurtransits am 9. Mai 2016. Foto: Sven Melchert.
VdS-Nostalgie
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ausgewählt und zusammengestellt von Peter Völker - Folge 26
Was es alles gab in der VdS! In den VdS-Nachrichten vom Oktober 1965 träumt Dr. Wolf-Dietrich Grope, München, uns ein ,,Weltzentrum der Amateur-Astronomie", CODIAC genannt, vor. Seine Skizze zeigt, dass die Überlegungen bis ins Jahr 1962 zurückreichen.
Dieser Beitrag ist ein Faksimile. Er enthält die Abbildung der CODIAC-Frontansicht. Die Abbildungen der Grundrisse der Keller- und Erdgeschosse, des 1. und 2. Stocks sowie der Dachterrasse sind hier aus Platzgründen weggelassen.
Der Autor schreibt am Ende seines Artikels, CODIAC solle nicht als unerfüllbarer Traum erscheinen. Leider ist es einer geblieben.
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VdS-Nostalgie
VdS-Nostalgie
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VdS vor Ort/Tagungsberichte
34. BoHeTa: Im Zeichen von Kometen und
dem Erfahrungsaustausch mit Profi-Astronomen
von Kai-Oliver Detken
Zur 34. Bochumer Herbsttagung am 31.10.2015 luden Peter Riepe (VdS) und Professor R.-J. Dettmar (Astronomisches Institut Ruhr-Universität Bochum) wie gewohnt ein, um abwechslungsreiche Vorträge von Amateuren für Amateure anzubieten. Das ist auch in diesem Jahr wieder hervorragend gelungen. Zusätzlich gab es einen Reiff-Vortrag zur Förderung der Zusammenarbeit von Fach- und Amateurastronomen. In diesem Jahr stand daher, neben den Kometen, speziell die Zusammenarbeit von Amateur- und Profi-Astronomen im Vordergrund. Zudem konnten in den knapp bemessenen Pausen an Stellwänden Ergebnisse von Hobby-Astronomen bewundert und diskutiert werden.
Die 34. BoHeTa begann erst einmal im nicht sichtbaren Spektralbereich mit einem Beitrag von Dr. Helena Relke über die Radioastronomie an der Walter-Hohmann-Sternwarte Essen (www.walterhohmann-sternwarte.de). Die Frage lautete: ,,Kann man als Amateur bei der Materialschlacht großer Radioteleskope (z.B. Effelsberg, ALMA) überhaupt mithalten?" Eindeutige Antwort: ,,Ja!"
Die Sternwarte Essen baute bereits im Jahr 2009 einen einfachen Sternschnuppen-Detektor, um Meteorschauer unabhängig vom Wetter erkennen zu können.
1 Bernd Gährken bei seinem Vortrag
Die Essener Vorsitzende Claudia Henkel stellte das Projekt ,,Sterne funkeln für jeden" vor, ein Programm für Integrative Schulen und Förderschulen, das insbesondere Kinder mit Behinderungen erreichen und für die Astronomie begeistern soll. In diesem Projekt wird auch der Bau von Teleskopen unterstützt. Ein Teleskopbaukasten mit stabiler Holzmontierung - alles in bester Qualität - wurde daher von Harrie Rutten präsentiert. Schulen und Sternwarten können
sich an die Mailadresse schulprojekt@ sternwarte-essen.de wenden, wenn sie an dem Projekt teilnehmen wollen.
Einen Reisebericht über Polarlichter am Vulkan Bàrdarbunga (Island) lieferte Bernd Gährken. Letztes Jahr brach Bàrdarbunga aus, sein Lavaausfluss war der größte in Island seit 1784. Beim Anflug auf Island standen aber erst einmal Polarlichter für Gährken auf dem Programm. Sie wurden aus dem Flugzeug heraus fotografiert - mit Filtern von sieben Nanometern Halbwertsbreite für einen optimalen Kontrast. Besonderes Highlight war, dass die Bilder teilweise in 3D gezeigt wurden, wozu Gährken für alle Tagungsteilnehmer Rot-Grün-Brillen mitgebracht hatte. Auch tolle Polarlichtaufnahmen wurden in 3D gezeigt. Im ,,heute journal" des ZDF wurden die Bilder ebenfalls präsentiert, was für die Teilnehmer einen besonderen Abschluss der Reise bedeutete.
2 Neu entdeckt: ein veränderlicher Nebel bei NGC 1333, linkes Bild: 26.10.2014,
rechtes Bild: 23.12.2014; Fotos: Rainer Spaeni, Christian Rusch
VdS-Journal Nr. 59
Stefan Krause führte das Polarlichtthema weiter fort. Er stellte dabei unter anderem die Magnetfeldstrukturen der Sonne dar. Sonnenwinde sind nicht geschlossene Magnetfeldstrukturen, die auch die
VdS vor Ort/Tagungsberichte
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Erdatmosphäre treffen können, wodurch überhaupt erst Polarlichter entstehen. Unter der Webseite www.polarlichter. info können weitere Infos nachgelesen werden. Abschließend zeigte Krause das bisher einzige Echtzeitvideo eines Polarlichts. Dies wurde mit einer Sony Alpha 7S erfasst, ohne dass die Nachbearbeitung einzelner Fotos notwendig wurde.
Der Komet Lovejoy C/2014 Q2 stand bei Professor Thomas Hebbeker auf der Agenda. Dieser Komet erfreute die Hobby-Astronomen über ein halbes Jahr am Himmel, was auch die große Fotoserie in zwei VdS-Journalen belegt. Da Lovejoy in diesem Jahr ein sehr auffälliges Objekt war, machte sich Hebbeker daran, die Bahnbestimmung einmal selbst vorzunehmen. Die Sternerkennung und Positionsmessung wurden mit dem Programm ,,Astrometrica" vorgenommen. Um die Bahn selbst zu errechnen, wurde das Bahn-Fitprogramm ,,find_o32.exe" (http://www.projectpluto.com) verwendet. Durch die eigenen Berechnungsmethoden konnte hierbei eine hohe Genauigkeit erreicht werden.
Dass man auch neue Entdeckungen in der Hobby-Astronomie machen kann, verdeutlichte Rainer Spaeni in seinem Vortrag über das Objekt NGC 1333. Er ist in der Schweizer Gruppe CERES aktiv, die aus drei begeisterten Hobby-Astronomen besteht. Aufgrund tiefer Bilder wurde ein bisher unbekannter veränderlicher Nebel entdeckt. Daraufhin wurden umfangreiche Recherchen betrieben. Rückmeldung von Lynne Hillenbrand vom CALTECH (www.caltech.edu) in Kalifornien (USA) erbrachte dann die Gewissheit, dass auch andere Astronomen etwas Ähnliches gemessen hatten. Die Entdeckung in der Fachwelt zu veröffentlichen, war dann allerdings ein sehr beschwerlicher Weg, der ein Jahr dauerte. Trotzdem war man am Ende froh, diesen Weg beschritten zu haben (Abb. 2).
Über die Entdeckung eines Sternstroms bei NGC 4725 berichtete Dr. Mathias Straube von den Sternfreunden Ostwestfalen-Lippe. Die Sternwarten der drei Teilnehmer liegen dabei in dicht besiedelten Gebieten. Um eine größere Tiefe der Bilder zu erreichen, wurde eine Sony Alpha 7 selbst(!) modifiziert, so dass sie auch im H-Licht eine ausreichende
3 Ein neuer Sternstrom bei der Galaxie NGC 4725, Belichtung 50 Stunden, Foto:
Team OWL der TBG-Gruppe
Empfindlichkeit besitzt. Durch Kombination unterschiedlicher Belichtungen der drei Hobby-Astronomen schaffte man so eine Gemeinschaftsaufnahme mit 51 Stunden Belichtungszeit. Diese Aufnahmen wurden mit denen der CERES-Gruppe kombiniert, wodurch ca. 100 Stunden (!) Gesamtbelichtungszeit entstanden. Ein Bericht zum vermuteten Sternstrom wurde bei der Zeitschrift Sterne und Weltraum eingereicht, ist aber auch als Fachpublikation im Rahmen der TBG-Gruppe (http:// tbg.vds-astro.de) vorgesehen (Abb. 3).
Dass die TBG-Gruppe der VdS-Fachgruppe Astrofotografie sehr aktiv ist, wurde beim Vortrag von Peter Riepe nochmals deutlich. Die Gruppe von 30 Astrofotografen ist anhand tief belichteter Aufnahmen hauptsächlich auf der Suche nach neuen Zwerggalaxien. Schwierig bleibt bei der Bilduntersuchung zu erkennen, ob sich die vermuteten Kandidaten im Vorder- oder Hintergrund befinden. Dazu sind die im Sloan Digital Sky Survey (SDSS, www.sdss.org) gebotenen Spektren ein gutes Arbeitsmittel. Aus dem SDSS werden auch die Koordinaten ermittelt. Damit erlaubt die NASA Extrag alactic Database (https://ned.ipac. caltech.edu) die Beurteilung, ob eine Galaxie bereits registriert wurde oder neu
ist. Ist die Radialgeschwindigkeit unbekannt, ist der Kandidat ,,heiß", so dass alle ermittelten Parameter zusammengestellt und nach Russland zu Professor I. D. Karachentsev gegeben werden. Inzwischen gibt es bereits eine zweite Publikation über neu entdeckte Zwerggalaxien, auf die man zu Recht stolz sein kann (Abb. 4).
4 Neu entdeckte Zwerggalaxie dwB
bei NGC 672, Belichtung 21 Stunden, Foto: Robert Pölzl/TBG-Gruppe
VdS-Journal Nr. 59
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VdS vor Ort/Tagungsberichte
Kurz vor der Kaffeepause wurden die Reiff-Preise 2015 vorgestellt, dieses Mal von Dr. Carolin Liefke, die dies auch in Zukunft machen wird. Die Reiff-Stiftung fördert Projekte der Amateur- und Schulastronomie (http://reiffstiftung.org/preis. html) und konnte auch dieses Jahr wieder interessante Projekte auszeichnen. Der Reiff-Vortrag, der die Zusammenarbeit von Amateuren und Fachastronomen fördern soll, wurde dieses Jahr von Dr. Harald Krüger vom Max-PlanckInstitut für Sonnensystemforschung in Göttingen gehalten. Er stellte die aktuellen Ergebnisse des Rosetta-Projekts vor und zeigte viele Orbiter-Aufnahmen von der Oberfläche des Kometen 67P/ Churyumov-Gerasimenko mit einer vielfältigen ,,Kometenlandschaft". Der Komet selbst bot am Himmel leider kein Spektakel, da er nur eine visuelle Helligkeit von 14 mag aufwies. Das bisherige Fazit der Mission lautet, dass man zwar viel über die Eigenarten und den Aufbau eines Kometen erfahren, aber nicht alle vorgenommenen Ziele erreichen konnte. So ist z.B. nach wie vor unklar, wie die Grundbausteine des Lebens und das Wasser zur Erde gelangten.
Das Thema Kometen wurde im Nachfolgevortrag von Gerald Rhemann weiter ausgebaut, der seine Kometenfotografie vorstellte. Ein Komet verändert sich täglich. Insbesondere der Schweif ist stetigen Wechselwirkungen ausgesetzt, weshalb man eigentlich in jeder guten Nacht beobachten sollte. Dabei wendet
5 Gerald Rhemann, der bekannte
österreichische Kometenfotograf
Rhemann heute ein 2x2-Binning an, um schwächere Strukturen erfassen zu können. Die Belichtungszeit pro Einzelaufnahme ist allerdings durch die Kometeneigenbewegung limitiert. Rhemann zeigte abschließend seine wirklich schöne Kometenbildsammlung und wies auf den Kometen C/2013 Catalina hin (den wir inzwischen ja schon bewundern konnten).
Einen Astronomie-Vortrag der etwas anderen Art hielten Dr. Burkhard Steinrücken und Wolfgang Bischof, als sie von der Jahrhundertflut vom März 2015 und der Exkursion nach Frankreich berichteten. Es war eine Flut prognostiziert, die nur alle paar Jahrzehnte vorkommt. Der Mont Saint-Michel bot sich hierfür optimal an, da man hier einen maximalen Tidenhub von 13 Metern beobachten kann. Die gemessene Flutwelle war ca. 24 Stundenkilometer schnell und konn-
te dem Publikum von Rainer Sparenberg in eindrucksvollem Zeitraffer vorgeführt werden.
Die visuelle Beobachtung kleiner Planetarischer Nebel (PN) wurde von Daniel Spitzer präsentiert. Es ging um Objekte, die möglichst unbekannt sind und daher meist auch entsprechend klein. Spitzer ist dabei ausschließlich visuell unterwegs und zeichnet die Ergebnisse per Hand. Mit einem UHC-Filter an einem 24-ZollNewton konnte in einer sehr guten Nacht die 824-fache(!) Vergrößerung genutzt werden. Viele PN werden nicht beobachtet, obwohl sie sehr hell sind. Dabei stehen bekannte Objekte bereits im ,,Atlas für Himmelsbeobachter" und sollten daher auch gut zu finden sein.
Im abschließenden Vortrag von Jens Leich wurde über die Spannung am Sonnenrand sowie die solaren Aktivitäten berichtet. Dabei baute Leich verschiedene Bilder unterschiedlicher Hobby-Astronomen mit ein. Es lassen sich bei Beobachtungen oftmals schnelle Änderungen direkt mitverfolgen, was anhand verschiedener Zeitrafferaufnahmen verdeutlicht wurde. Die Sonnenbeobachtung bietet daher interessante Echtzeiteinblicke in unser Sonnensystem.
Die BoHeTa endete mit dem gewohnt gemütlichen Ausklang. Viele Sternfreunde nutzten dies zum ausgiebigen Fachsimpeln. Man war sich einig: Die BoHeTa 2015 war wieder ein voller Erfolg.
Launch-Event der LISA-PathfinderMission - ein Erlebnisbericht
von Antje Duczmal-Schulze
Wie groß war die Freude, als ich beim Lesen der Tageszeitung eine Einladung für Bürger zum Launch-Event der LISAPathfinder-Mission im Albert-EinsteinInstitut in Hannover (AEI) entdeckte. Keine Frage: Sofort meldete ich mich dort an. Natürlich nicht, ohne meinen Sternfreund von der VdS zu kontaktieren, der sich das natürlich auch nicht entgehen lassen wollte.
Der Start war für den 2. Dezember 2015 auf 5:15 Uhr angesetzt. Vor Aufregung
machte ich in dieser Nacht kein Auge zu und stand bereits um 4:30 Uhr vor dem AEI in Hannover. Nach kurzer Zeit war ich in Gesellschaft eines Herrn, der die Information hatte, dass der Start wegen technischer Probleme kurzfristig abgesagt werden musste. Wie wir später erfuhren, gab es ein Zeitfenster von nur einer Sekunde für den Start, welches nicht ausgereicht hatte.
Man könnte nun denken, dass dieser Tag für uns enttäuschend verlaufen war, doch
weit gefehlt! Nur kurze Zeit später bat uns Herr Dr. Benjamin Knispel, Pressereferent vom AEI, in die Räumlichkeiten des Instituts und bot uns ein Alternativprogramm an. Inzwischen hatte sich eine überschaubare Gruppe zuammengefunden, die nun in den Genuss einer Sonderführung kommen sollte, welche nur in dieser Größenordnung möglich war.
Herr Knispel erklärte anschaulich die Ziele der Mission (Abb. 1) und ließ zwei Metallwürfel (Abb. 2, sie dienen als Re-
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VdS vor Ort/Tagungsberichte
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ferenzkörper) herumgehen, jeder mit einem Gewicht von zwei Kilogramm, 46 Millimetern Kantenlänge (siehe Größenverhältnis in Abb. 3 ) und mit einem Abstand innerhalb des Satelliten von ca. 38 Zentimetern. Das dazugehörige Messinstrument ist eine aus Quarzglas gefertigte optische Bank, ausgestattet mit verschiedenen technischen Einheiten. Durch ein Laserinterferometer wird der Abstand der beiden Testmassen bestimmt.
Jeder Teilnehmer der Sonderführung konnte seine Fragen stellen und erhielt von Herrn Knispel gut verständliche Antworten.
Nun ging es hinaus durch frische Morgenluft zu dem Bereich, wo die Cluster arbeiten. Hier werden die Daten der Gravitationswellendetektoren nach Signalen durchsucht. Ein großer Generatorenraum dient zur Kühlung der Anlage - bei Ausfall der Generatoren würde die Temperatur um zehn Grad pro Stunde steigen. Hier befinden sich unter anderem auch die von Herrn Knispel mitentwickelten ,,Einstein@home"-Server. Jeder kann bei der Suche z.B. nach Pulsaren mit seinem Smartphone oder PC über den Bildschirmschoner mithelfen und so die Rechenleistung der Forscher unterstützen. Es winkt sogar ein Zertifikat, wenn der eigene Rechner etwas gefunden hat!
Durch Kellergänge gelangten wir anschließend in den Laborbereich. Hier sei angemerkt, dass das AEI weltweit über die größten Laboratorien zur Interferometrie von LISA verfügt. Diesen Bereich durften wir nur mit Laserschutzbrillen und Schutzkleidung betreten (Abb. 4).
1 Hier erklärt Dr. Knispel Position und Aufgabe der Testmassen. Sie sollen nach
Erreichen des Lagrangepunktes 1 frei schweben, um geringste Veränderungen wahrnehmen zu können.
Plastikklebematten sollten selbst das letzte Staubkörnchen von dem sensiblen Laborbereich fernhalten. Das Labor, in verschiedene Forschungsbereiche unterteilt, gleicht einer recht großen und hohen Halle. Man konnte so den Blick auf manche Doktorarbeit werfen.
Die einzelnen Experimente waren mit Alufolie als Staub- und Fettschutz abgedeckt. Es galt also, nichts anzufassen, um die mühevolle Arbeit der Forscher nicht zu stören. Im Kellerraum, den wir über das Labor erreichten, konnten wir die riesigen Behälter bestaunen, die das Vakuum im Weltraum simulieren sollen. Die Forscher reinigen die Innenwände, mit umfangreichen Schutzmaßnahmen ausgestattet, mit reinem Alkohol, um selbst kleinste Verunreinigungen zu beseitigen, die zu falschen Messdaten der Laser führen könnten.
Wieder oben angelangt, wartete ein leckeres Frühstück auf uns, welches wir in gemütlicher Runde einnahmen und uns für den nächsten Morgen verabredeten: darauf hoffend, dass dann der Start endlich klappte! Diesmal hatte ich meine Kontaktdaten hinterlassen für den Fall, dass der Start erneut abgesagt werden sollte. Doch als glücklicher Sterngucker
2 Die Originalwürfel sind aus einer Gold-Titanlegierung und wiegen
ca. zwei Kilogramm pro Stück.
3 Um zu zeigen, wie klein ein Refe-
renzwürfel ist, haben wir ihn auf einen Trinkbecher gestellt. Seine Außenlänge beträgt 46 Millimeter.
VdS-Journal Nr. 59
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VdS vor Ort/Tagungsberichte
Knispel hielt dann noch einen Vortrag über Isaac Newton und Albert Einstein, der die Fragestellung und Ausgangspunkte beider Physiker zum Thema Gravitation verdeutlichte. Wer Interesse hatte, konnte anschließend noch den Auswertungsraum besichtigen, wo die Messdaten von LISA ab Ende Februar 2016 ausgewertet werden. Und auch der Zeitpunkt des Starts - fast auf den Tag genau 100 Jahre nach Einsteins Vorhersage der Existenz von Gravitationswellen - war besonders. So mancher Forscher, so war außerdem zu hören, wünscht sich, sehr alt zu werden, um vielleicht doch noch das eine oder andere Ergebnis über die unbekannten 96 Prozent der Materie des Universums zu erfahren.
Internethinweis: [1] Website von ,,Einstein@home":
www.einsteinathome.org/de
4 Da der erste Start abgesagt wurde, konnten wir an einer Laborführung im AEI teil-
nehmen. Zu sehen sind Antje Duczmal-Schulze und Joachim Stürck von der VdS in Schutzkleidung und mit Laserschutzbrille. Hier werden gerade Lasertests durchgeführt.
machte es mir nichts aus, noch einmal so früh aufzustehen. So machte ich mich am 3. Dezember wieder auf den Weg nach Hannover - heute sollte es dann auch mit dem Start klappen! Der Vortragsraum füllte sich schnell mit vielen erwartungsvollen Menschen, darunter viele übernächtigte Physikstudenten. Gewappnet mit ausreichend Kaffee lauschten wir gespannt den Interviews und Berichten vom Startkomplex. Auf zwei Leinwänden konnten wir den Start live mitverfolgen (Abb. 5). Als der Countdown sich der Null näherte, wurde es doch sehr still im Raum. Aber alles klappte!
Es war schon ein beeindruckender Anblick, mit welcher Energie die Trägerrakete von der Plattform startete. Anschließend gab es wieder ein leckeres Frühstück für alle, Fernsehaufnahmen vom NDR und nette Gespräche. Herr
VdS-Journal Nr. 59
5 Hier startet der LISA-Pathfinder. Wir sitzen mit ca. 80 Interessierten morgens im
Vortragsraum des AEI, lauschen der Liveübertragung und warten gespannt auf den Start. Anschließend wurde gefeiert!!!
VdS vor Ort/Tagungsberichte
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Sterne funkeln für jeden
von Claudia Henkel
Vor einem Jahr hatte Harrie Rutten aus Arcen (NL), ein langjähriger Freund der Walter-Hohmann-Sternwarte e.V. (WHS) in Essen, zusammen mit seinem belgischen Freund Jean-Pierre Grootaerd, die Idee, behinderten Kindern in Schulen den Zugang zum Sternenhimmel mittels eines Teleskops (D = 80 mm, f = 900 mm) zu ermöglichen. Offizieller Pate des großartigen Projektes in Belgien und den Niederlanden ist der erste belgische Astronaut Dirk Frimout.
Ende April 2015 erklärte sich die Firma Bresser in Rhede bereit, die Teleskope zu spenden. Die Montierung stellte Harrie Ruttens Nachbar ,,CNC-Houttechniek" zur Verfügung. Die Montierung ist ein Bausatz, der aus Holz besteht (Abb. 1) und von den Kindern selbst zusammengebaut werden muss, wodurch motorische Fähigkeiten und logisches Denken gefördert werden. Außerdem erhalten die Schüler noch DVDs, Bücher und Sternkarten und vor allem eine von vielen Astron auten signierte Mondkarte.
Für den obligatorischen Preis von 100 Euro werden Spender gesucht, die entweder eine ganz bestimmte Schule oder auch irgendeine Schule unterstützen möchten. Von diesem Betrag werden die Lieferkosten des Teleskops bzw. die Versandgebühren für Montierung und Zubehör bezahlt. Sollten die Ausgaben niedriger sein als die gespendeten 100 Euro, so wird der Überschuss angespart, bis sich daraus wieder ein Teleskop für eine Schule finanszieren lässt.
1 Der Montierungs-Holzbausatz von ,,CNC-Houttechniek" für das Projekt
,,Sterne funkeln für jeden".
Auf der Astronomiebörse der WalterHohmann-Sternwarte, dem ATT, der jedes Jahr ausgerichtet wird, hatte Harrie Rutten einen Stand und stellte das Projekt ,,Sterne funkeln für jeden" in Deutschland vor. Die Essener Sternwarte war begeistert und übernahm die deutsche Schirmherrschaft des Projekts. Außerdem betreut die WHS teilnehmende Schulen in und um Essen.
Aufgrund der in Deutschland abweichenden Schulsituation (Inklusion) gilt unser Thema nicht nur für behinderte Kinder, sondern für alle Schulen, in de-
2 Das Projekt ,,Sterne funkeln für jeden" an einer lokalen Schule.
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VdS vor Ort/Tagungsberichte
walter-hohmann-sternwarte.de. Erste Sponsoren (sogar aus Neuseeland) haben sich schon gemeldet und verhelfen dem Projekt derzeit zu einem guten Start. Natürlich sind wir aber für jeden weiteren Sponsor dankbar. Paten des Projektes in Deutschland sind kein geringerer als Ranga Yogeshwar und der Astron aut Alexander Gerst (Abb. 3), die es tatkräftig unterstützen. Eine große Kick-off-Veranstaltung, zu der beide ihr Erscheinen bereits zugesagt haben, ist noch für 2016 in Essens Grugapark geplant.
3 Der deutsche Astronaut Alexander Gerst signiert eines der Teleskope von
,,Sterne funkeln für jeden".
nen Kinder Extrabegleitung brauchen und die Interesse an diesem Projekt haben (Abb. 2). Wenn ein Sponsor gefunden ist, erhält die Schule das Teleskop plus Montierung und wird, wie auch in den Niederlanden oder in Belgien, von den lokalen Sternwarten ein Jahr lang betreut. Außer in Essen haben sich schon in Duisburg, Soest, Recklinghausen, Remscheid, Paderborn, Aachen und Bonn Sternwarten bereit erklärt, Schulen an ihren Standorten zu betreuen. Viele andere Sternwarten aus ganz Deutsch-
land haben schon ihr Interesse bekundet, ebenfalls dabei zu sein.
Am 16. April 2016 fand ein weiterer Informationsaustausch der Sternwarten in der Walter-Hohmann-Sternwarte, Wallneyer Str. 159 in Essen, statt. Hier wurde nicht nur dieses gemeinnützige Projekt besprochen, sondern auch ganz allgemein ein Erfahrungsaustausch zwischen den Sternwarten angeregt. Nähere Informationen dazu erhalten Sie auf Anfrage unter der E-Mail-Adresse vorsitzender@
In den Niederlanden und Belgien ist ,,Sterne funkeln für jeden" bereits erfolgreich etabliert. Frankreich, England und Spanien sind gerade dabei, dieses Projekt umzusetzen. Man kann also mit Fug und Recht von einem internationalen Projekt reden.
Internethinweise: [1] Webseite ,,Sterne funkeln für jeden":
www.sterne-funkeln-fuer-jeden.de [2] Beschreibendes PDF der WHS:
www.walter-hohmann-sternwarte. de/aktuell/sterne-funkeln.pdf [3] Belgische Webseite: www.vvs.be/ subsite/sterren-schitteren-vooriedereen/sterne-funkeln-fur-jeden
Der Astronomie-Workshop 2016 am Attersee
von Peter Riepe
Der Astronomische Arbeitskreis Salzkammergut (AAS) veranstaltet seit vielen Jahren zu Maibeginn einen Workshop. Ausgangspunkt war die Astrofotografie, doch in den letzten Jahren rückten auch andere astronomische Aktivitäten stärker ins Bewusstsein - und das ist auch gut so. Der Teilnehmerkreis liegt bei etwa 100 Personen. Ausgetragen wird alles im bestens ausgestatteten Restaurant Bramosen in Weyregg am Attersee.
Bereits am Freitagabend fand ein Erfahrungsaustausch zum Bildbearbeitungsprogramm ,,PixInsight" statt. Am Samstagmorgen begrüßte dann Obmann Erwin Filimon um 9 Uhr die angereisten Gäste aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. Zur Eröffnung folgte
zunächst sein jährlich wiederkehrender Beitrag ,,Was ist neu beim AAS?". Bauliche und technische Veränderungen in der Sternwarte wurden vorgestellt, dazu die mit der Meteorkamera gewonnenen Ergebnisse, so der 2015 über Dänemark niedergegangene Bolide.
Bernhard Hubl berichtete über den Stand des Projekts ,,CCD-Guide 2016", präsentierte einen Rückblick auf ,,Chile 2015" und gab einen Ausblick auf die kommende astrofotografische Veranstaltung ,,CEDIC" vom 10.-12. März 2017 in Linz (Oberösterreich). Christoph Kaltseis stellte das Celestron 14 Edge HD vor und zeigte, dass das Teleskop mit Vollformat-DSLR einem Vergleich mit einer konventionellen Astrokamera durchaus standhält.
Dieter Retzl berichtete über ,,Funktion und Anwendung von optischen Systemen zur Brennweitenveränderung und Bildfeldebnung in der Praxis". Tommy Nawratil stellte die Frage: ,,Eiersterne was nun?". Er zeigte den Besuchern, welche Fehlerquellen in der Astrofotografie lauern und wie man sie beseitigt.
Fabian Neyer legte den Finger in eine der leidigen astrofotografischen Wunden: ,,Bildkalibierung - Die Grundlage tiefer Aufnahmen". Seine extrem lang belichteten Aufnahmen sind bekannt. Er zeigte in seinem Vortrag klar und detailliert, was man als Astrofotograf zu beachten hat. Sehr schön war eine Übersicht zu atmosphärischen Phänomenen. Karl Kaiser stellte zahlreiche ,,Besonderheiten in
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VdS vor Ort/Tagungsberichte
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1 Blick vom Tagungsort auf den Attersee und das Alpenpanorama
2
Die Veranstalter, von links: Erwin Filimon, Bernhard Hubl, Harald Strauß
3 Sonnenbeobachtungen
auf der Terrasse
4 Gemütlicher Abend
5 Die Workshop-Teilnehmer
128
VdS vor Ort/Tagungsberichte
der meteorologischen Optik" vor. Wolf- mann nahm sich die Fokussierung vor Das gemeinsame Mittag- und Abend-
gang Ries behandelte ein Thema, wel- und zeigte, wie man mit Berechnungen essen, aber auch die zwischenzeitlichen
ches gleich zwei Disziplinen näherbrach- und Messungen Astroaufnahmen auf den Kaffeepausen, sorgten immer wieder für
te: ,,Brüder im Geiste - wie das Projekt Schärfepunkt bringt. Johannes Schedler Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme
BAfK Fotografen und Visuelle vereint". ist der Einzige, der im Team ,,Chart32" die und zum Erfahrungsaustausch. Daher
In der VdS war dieses Projekt vor Jahren Vorzüge eines 80-Zentimeter-Teleskops war es fast selbstverständlich, dass der
ein Schlager - mittlerweile ist es leider und seiner idealen Lage in Chile erkannt Ausklang der Veranstaltung lange dau-
Nostalgie. Peter Riepe zeigte anhand ei- hat und der, abgesehen von hervorragen- erte. Wer hierherkam und bei schönstem
nes tiefen Bildes der Zwerggalaxie IC 10 den Bildern, auch eine erfolgreiche Ko- Wetter den Workshop miterlebt hat, wird
von Rainer Sparenberg mit dem Meller operation mit Berufsastronomen bis hin garantiert wiederkommen. Meine Gratu-
1,12-Meter-Newton, was alles an Details in einem so tiefen Bild steckt und wie gefundene Objekte in der Fachliteratur
zu gemeinsamen Publikationen betreibt. In Deutschland wird ein solcher Vortrag wohl leider nie zustandekommen.
lation an die Veranstalter!
VdS vor Ort/Ta-
recherchiert werden. Hartmut Borne-
gungs-
Neuer Treffpunkt für Amateurastronomen:
berichte
Ostwestfälischer Astro-Stammtisch
(OwAS)
von Oliver Schneider
In der heutigen Zeit läuft der Austausch von Erfahrungen, Bildern und anderen Medien im Bereich der Hobby-Astronomie oftmals über das Internet in astronomischen Foren, via E-Mail oder Kurzmitteilungsdiensten. Dadurch ist eine Kommunikation zu jeder Tagesund Nachtzeit über alle Grenzen hinweg möglich - mit allen Vor- und Nachteilen.
Um nun in dem eher ländlich geprägten ostwestfälischen Bereich eine Möglichkeit zum persönlichen Treffen zu schaffen, wurde ein ,,Ostwestfälischer AstroStammtisch", kurz OwAS, ins Leben gerufen und am 21. Mai 2016 zum ersten Mal abgehalten. Dazu war eine Reihe von Sternfreunden in das schöne Lipperland gekommen, um in gemütlicher Runde bei gutbürgerlichem Essen und einem Bierchen unter Gleichgesinnten den Abend zu verbringen (siehe Abbildung 1). Viele der Teilnehmer saßen sich zum ersten Mal persönlich gegenüber, so dass zunächst jeder die Gelegenheit hatte, sich vorzustellen. Dabei wurden die eigene astronomische Ausrüstung und Interessen vorgestellt. Später sprach man dann in freundschaftlicher Atmosphäre beim ,,Astroklön" viele weitere Themen an. Es ging um Montierungen, Kamerasysteme, den öffentlichen Sternwartenbetrieb, die Lichtverschutzung an verschiedenen Standorten und viele andere Themen, die den Hobby-Astronomen interessieren.
Das Treffen lädt alle interessierten Hobby-Astronomen ein, sich persönlich kennenzulernen und Erfahrungen und Fragen in gemütlicher, zwangloser Atmosphäre auszutauschen. Bei Bedarf steht auch ein Beamer mit Notebook zur Verfügung, um eigene astronomische Aufnahmen oder Fragen der Bildbearbeitung zu diskutieren. Das Treffen findet monatlich jeweils donnerstags um Vollmond herum statt.
Termine und Informationen zum Veranstaltungsort finden sich auf der In-
ternetseite der Veranstaltung [1]. Gerne können per E-Mail auch Anfragen an den Initiator des Stammtisches gestellt werden [2].
Internethinweise: [1] Bericht über das erste Treffen des
OwAS: www.balkonsternwarte.de/ OwAS [2] E-Mail-Adresse des Autors: osastro@t-online.de
1 Die Teilnehmer des ersten Ostwestfälischen Astro-Stammtisches
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BAV-Regionaltref fen
im Mai 2016 in Hartha
von Joachim Hübscher und Lienhard Pagel
Auch dieses Jahr fand das Beobachtertreffen wieder in Hartha statt. Seit 1994 ist es das ,,BAV-Treffen", vorher für viele Jahre das ,,Treffen des AKV" (Arbeitskreis Veränderliche Sterne). Besonders erfreulich war, dass auch wieder Teilnehmer aus dem Ausland angereist waren: Gerd-Uwe Flechsig aus den USA, Klaus Bernhard aus Österreich, Anton Paschke aus der Schweiz und Reinhold Auer und Miloslav Zejda aus Tschechien.
Bereits am Freitagabend waren 25 Teilnehmer gekommen und nach dem Abendessen gab es zwei Präsentationen. Erik Wischnewski berichtete über seine Arbeit mit dem Periodensuchprogamm ,,period04", dessen Funktionalität er am PC vorstellte, und am Beispiel von AR Herculis eine Periode für den ,,BlazhkoEffekt" ermittelte. Anschließend führte Lienhard Pagel durch die neue Website der BAV und erläuterte die Gliederung der wesentlichen Menüs und die Gestaltungsmöglichkeiten der neuen Website, an der alle Interessierten mitwirken können. Sofern man sich auf der Website angemeldet hat, kann man sich hierüber für die BAV-Tagungen anmelden, Daten uploaden und Programme downloaden. Zusätzlich wird das User-Menü sichtbar, wo weitere Informationen verfügbar sind. Außerdem wurde gezeigt, wie einfach Seiten editiert werden können. Es gab eine rege Diskussion und Anregungen für Verbesserungen.
Am Samstag eröffneten Thomas Berthold als Hausherr und Lienhard Pagel das Treffen offiziell. Die Veranstaltung wurde per Livestream übertragen. Dabei waren sowohl der Bildschirm mit den Präsentationen als auch die Webcam für die externen Teilnehmer sichtbar. Letztere konnten jederzeit Fragen an den Referenten stellen. Im Laufe des Tages gab es bis zu acht externe Teilnehmer und hinterher viel Lob für die meist gute Qualität. Der Livestream wurde von Max-Johann Jürß umsichtig und engagiert gemanagt, wofür er am Ende der Veranstaltung viel Beifall erhielt.
Lienhard Pagel berichtete über aktuelle Projekte der BAV. Dazu gehören die neue Website, mit dem Hinweis ,,Webmaster
wird gesucht", das ,,BAV-Journal", das seit Januar online ist und wo bereits fünf Artikel veröffentlicht wurden. Hier werden weitere Gutachter gesucht. Thema war auch die internationale BAV-Tagung in Hamburg. Das bedeutendste Projekt betrifft die Beobachtungsfelder der BAV im Kontext moderner Surveys, über die bereits mehrfach im ,,BAV-Rundbrief" berichtet wurde. Viele verschiedene Surveys wurden detailliert beschrieben und damit verdeutlicht, wie rasch sich die Größe der beobachteten Himmelsausschnitte vergrößert. Das Thema wird die BAV und alle anderen Veränderlichenbeobachter weltweit weiter beschäftigen.
Joachim Hübscher ergänzte das Thema anschließend aus seiner Sicht: Natürlich werden Liebhaber und Einsteiger weiter beobachten wie bisher. Aber alle Anderen sollten sich darüber im Klaren sein, dass die Surveys Vieles erledigen werden, was bisher den Beobachtern vorbehalten war. Trotzdem ist nicht klar, wann das sein wird. Es ist wichtig, die bisherige Arbeit weiterzuführen und permanent stichprobenartig zu prüfen, ob SurveyDaten bereits in guter Qualität entstehen, so dass die alten Beobachtungsfelder obsolet werden. Zusätzlich werden Pioniere für neue Themen gesucht. Im zweiten Teil des Vortrages erläuterte er, dass es rund 2.500 Maxima und Minima an 700 vorläufig benannten Sternen gibt, bei denen zu prüfen ist, ob sie zwischenzeitlich endgültig benannt wurden.
Frank Walter stellte unter dem Titel ,,Die Zukunft der Lichtenknecker Database of the BAV" die Frage, wie mit der Datenbank weiter zu verfahren ist. Natürlich ist sie von großer Bedeutung und weiterhin zu aktualisieren. 18.200 Minima sind von 2.175 Sternen enthalten. Sollen weitere Sterne aufgenommen werden? Sind 570 Zugriffe auf der Website innerhalb von sechs Monaten viel oder wenig? Soll man eine gemeinsame europäische Lösung forcieren?
Erik Wischnewski berichtete von seinen ersten Erfahrungen mit dem ,,StarAnalyser. Dabei handelt es sich um einen preiswerten spaltlosen Spektrografen. Er wird zwischen Okularauszug und Kamera
eingesetzt und erreicht die erstaunliche Auflösung von rund 15 Ångström. Als Beispiel wurde die Nova V339 Delphini (2013) genutzt und die Ergebnisse passen gut zu Ergebnissen von Profis.
Reinhold Auer beschrieb anschließend Datenbanken der tschechischen Beobachter, allen voran ,,BRNO", ,,Tresca" und ,,Meca". Beeindruckend war dabei, welche vielfältigen Services den Beobachtern zur Verfügung gestellt werden. Zum Beispiel bei der Datenbank ,,Tresca" für Exoplaneten mit der Möglichkeit, einen Transit-Fit durchzuführen. Die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Amateuren ist außerordentlich intensiv. Hier wird eine tolle Zusammenarbeit gelebt, die wir bei uns auch gerne so hätten.
Klaus Bernhard erläuterte seine Arbeit an ACV-Veränderlichen aus den ,,ASAS"und ,,SWASP"-Datenbanken. ACV-Sterne sind chemisch pekuliäre Objekte der oberen Hauptreihe mit anormal starken Absorptionslinien, die auf besondere Element-Konzentrationen (Si, Cr, Sr, Eu) an der Sternoberfläche hinweisen.
Anschließend zeigte Reinhold Auer eindrucksvolle Bilder seiner komplett remote betriebenen privaten Sternwarte.
Frank Vohla sprach an Hand der BAVProgrammsterne über ungewöhnliche Maxima bei ansonsten eher gleichförmig variablen Mirasternen. Recht häufig folgt auf ein sehr helles Maximum ein sehr schwaches Minimum, dem ein schwaches Maximum folgt. Dazu zeigte Frank jahrzehntelange Lichtkurven von mehr als 30 Mirasternen.
Rainer Gröbel referierte über NSV1907, einen Veränderlichen vom Typ SW Sex. Eindrucksvoll waren der Ablauf der Analysen und die sich daraus ergebenden Schlüsse, die zu dieser Typ-Klassifikation führten. Zusätzlich zeigte Rainer am Ende des Referats einige Fotos der GEOSTagung in Frankreich.
Abschließend beschrieb Miloslav Zejda, wie die gute Zusammenarbeit der Physiker und Informatiker an der MasarykovaUniversität zu überzeugenden Lösungen geführt hat, um Daten unterschiedlicher Surveys automatisch zu erfassen. Abends und im Plenum gab es ausreichend Zeit für den Gedankenaustausch und Diskussionen zwischen den Teilnehmern.
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Castor Pollux
ZWILLINGE
Beteigeuze ORION
FUHRMANN Aldebaran
Capella
KASSIOPEIA
KEPHEUS
STIER
PERSEUS Plejaden
Algol
DREIECK WIDDER
ANDRO MEDA
FISCHE Uranus
EIDECHSE
Deneb PEGASUS
Wega
LEIER
SCHWAN
Albireo
FÜCHSCHEN PFEIL
DELFIN FÜLLEN
Atair ADLER
Rigel
Mira WALFISCH
WASSERMANN Neptun
SÜDOST
Sternkarte exakt gültig für 15. Oktober 1 Uhr MESZ
ERIDANUS
Mondphasen im Oktober 2016
BILDHAUER SÜD
FomalhautSÜDL. FISCH
STEINBOCK SÜDWEST
Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de
Neumond 1.10.
Erstes Viertel 9.10.
Vollmond 16.10.
Letztes Viertel 22.10.
Neumond 30.10.
zusammengestellt von Werner E. Celnik und Werner Braune (Veränderliche Sterne), Eberhard Riedel (streifende Sternbedeckungen), Oliver Klös (Sternbedeckungen durch Kleinplaneten).
Planeten im Oktober
Merkur ist Anfang Oktober noch am Morgenhimmel im Osten zu sehen.
Venus steht abends tief am Südwesthimmel, sie ist als Abendstern noch nicht auffällig.
Mars zieht durch den Schützen und ist weiterhin am Abendhimmel tief im Süden vertreten.
Jupiter in der Jungfrau macht sich ab Mitte Oktober wieder am Morgenhimmel bemerkbar.
Saturn verabschiedet sich tief im Südwesten vom Abendhimmel.
Uranus in den Fischen steht am 15.10. in Opposition - beste Beobachtungszeit.
Neptun im Wassermann stand am 2. September in Opposition; noch kann man ihn gut sehen.
Ereignisse im Oktober
01. 01:11 Neumond
01. 20:55 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg
von 8,1 mag
03. 18:30 Mond 4,1 Grad N Venus (-3,9 mag), SW-Horizont, Dämmerung
03. ca. Meteorstrom der Delta Aurigiden, 60 km/s, ca. 5/h
04. 12h Mond erdfern, 29,4'
04. 20:24 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag
05. 3h Kleinplanet (18) Melpomene (8,2 mag) 24' O Galaxie
NGC958 (12,2 mag), Sternbild Walfisch
05. 19:58 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg
von 8,1 mag
05. 20:41 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag
06. 19h Mond 5,0 Grad NO Saturn (0,5 mag)
06. 19:58 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag
07. 19:14 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag
07.
R Cas im Maximum 4,7 mag (o. schwächer)
08. 00:05 Zwergplanet (1) Ceres (7,6 mag) 14,8' N Galaxie
VdS-Journal Nr. 59
NGC859 (13,3 mag), Sternbild Walfisch
08. 19h Mond 6,5 Grad NO Mars (0,1 mag)
09.
Maximum Meteorstrom der Delta-Draconiden, 21 km/s
09. 05:33 Erstes Viertel
09.
max. Libration im Mond-SW, 8,5 Grad
09. 19:14 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg
von 8,1 mag
10. 01:58 Kleinplanet (2524) Budovicium (17,6 mag) bedeckt
TYC 1395-00498-1 (9,2 mag) für 1,3 s, 1,4 Grad S M44,
Pfadverlauf: W- nach O-Deutschland
10. 22h Zwergplanet (1) Ceres (7,6 mag) 1,2' W Galaxiengruppe
PGC8350/58 (15 mag)
11. 6h Merkur (-1,1 mag) 51' N Jupiter (-1,7 mag)
11.
Ende Morgensichtbarkeit Merkur
15. 12h Uranus (5,7 mag, 3,7'', Dist. 2,84 Mrd. km) in Opposi
tion zur Sonne, Sternbild Fische
15. 20:30 Mars (0,2 mag) 1,3 Grad N Sigma Sagittarii (2,0 mag)
16. 5h Mond 3,0 Grad S Uranus (5,7 mag)
16. 05:23 Vollmond
17. 1h Mond erdnah, 33,4'
18. 20:55 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg
von 8,1 mag
18. ab Mond in den Hyaden, ganze Nacht
22h
19. ab Ende Mond bedeckt Stern Gamma Tauri (3,6 mag),
01:19 genaue Zeit abh. v. Standort
19. ab Mond bedeckt Stern Theta2 Tauri (3,4 mag), Austritt ab
04:51 05:48, genaue Zeit abh. v. Standort
19. 5h Mond 1,7 Grad W Aldebaran (Alpha Tauri, 1,0 mag)
19. ab Ende Mond bedeckt Stern Theta1 Tauri (3,8 mag),
05:53 genaue Zeit abh. v. Standort
21. 0-5h Maximum Meteorstrom der Orioniden, ca. 20/h, 65 km/s
21.
Zwergplanet (1) Ceres (7,4 mag, Dist. 284 Mio. km) in
Opposition zur Sonne, Sternbild Walfisch
21. 00:43 Kleinplanet (18) Melpomene (8,0 mag) 40' NW Galaxie
NGC895 (11,7 mag), Sternbild Walfisch
22.
max. Libration im Mond-NO, 9,1 Grad
22. 20:12 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg
von 8,1 mag
22. 20:14 Letztes Viertel
22. 20:41 U Sge Minimum-Mitte 9,2 mag, Dauer gleicher Helligkeit
1,6 Std., Abstieg von 6,6 mag in rd. 5 Std., zum
Schluss ganz schnell
22. 21:10 Beta Persei (Algol) Minimum 3,4 mag, Abstieg von 2,1
mag in rd. 3 Std.
24.
Kleinplanet (18) Melpomene (8,0 mag, Dist. 127 Mio.
km) in Opposition zur Sonne, Sternbild Walfisch
25. 03:22 Mond 1,8 Grad S Regulus (Alpha Leonis, 1,4 mag)
25. ab Mond bedeckt Stern 31 Leonis (4,4 mag), bis ca.
03:32 04:39, genaue Zeit abh. v. Standort
26. ab Mond bedeckt Stern 59 Leonis (5,0 mag), genaue Zeit
06:00 abh. v. Standort
26. ab Kleinplanet (4) Vesta (7,4 mag) ca. 2 Grad O off. Sternhfn.
M44 (3,1 mag), bis ca. 8.12., Sternbild Krebs
26. 19:29 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg
von 8,1 mag
27. 00:30 Kleinplanet (18) Melpomene (8,0 mag) 6,2' NO NGC883
(12,6 mag) und 3,9' O IC219 (13,4 mag), Sternbild
Walfisch
28. 6h Mond 1,9 Grad NW Jupiter (-1,7 mag)
28. 6h Jupiter (-1,7 mag) 1,7 Grad S Gamma Virginis (2,7 mag)
28. 11:21 Jupiter (-1,7 mag) 23' südl. v. Mondsüdpol, Vorsicht:
Sonnennähe!
29. 18h Venus (-4,0 mag) 3,0 Grad S Saturn (0,5 mag)
29. 20:03 Kleinplanet (151) Abundantia (14,2 mag) bedeckt TYC
6924-00434-1 (9,9 mag) für 2,9 s, Sternbild Steinbock,
Pfadverlauf: Österreich
30. 2h Ende der Sommerzeit, Umstellung von MESZ auf MEZ,
Uhr um 3 Uhr MESZ um 1 Std. zurückstellen
30. 18:38 Neumond
31. 20h Mond erdfern, 29,4'
LUCHS
KREBS
Pollux Castor ZWILLINGE
KLEINER HUND
Procyon
Beteigeuze
GIRAFFE Capella
KASSIOPEIA
FUHRMANN
STIER Aldebaran ORION
Algol PERSEUS
ANDROMEDA DREIECK
Plejaden
WIDDER
FISCHE Uranus
E EIDECHS
SCHWAN PEGASUS
Quellen: US Naval Observatory, eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto), Berechnungen der BAV, Berechnungen der IOTA (Steve Preston), Berechnungen der IOTA/ES (Eberhard Riedel [GRAZPREP]), Kosmos Himmelsjahr 2016 (H.U. Keller)
EINHORN
GROSSER HUND Sirius
SÜDOST
Sternkarte exakt gültig für 15. November 0 Uhr MEZ
Rigel HASE
Mondphasen im November 2016
WALFISCH
ERIDANUS CHEMISCHER OFEN
SÜD
Neptun WASSERMANN
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de
Erstes Viertel 7.11.
Vollmond 14.11.
Letztes Viertel 21.11.
Neumond 29.11.
Planeten im November
Merkur entfernt sich Ende November bis auf 18 Grad von der Sonne, taucht aber abends nicht auf.
Venus tritt zögernd als Abendstern auf, durch ihre Position im Schützen weiterhin schwierig.
Mars wechselt in den Steinbock und hält sich hartnäckig am frühen Abendhimmel.
Jupiter wird zum Planet am Morgenhimmel. Er steuert auf Spica in der Jungfrau zu.
Saturn im Schlangenträger zieht sich vollends vom Abendhimmel zurück.
Uranus stand am 15.10. in Opposition, er ist in den Fischen ein leichtes Objekt.
Neptun beendet seine Oppositionsperiode und wird zum Objekt am Abendhimmel.
Ereignisse im November
01.
R Tri im Anstieg zum Maximum am 2.12. mit 5,4 mag
(o. schwächer)
02. 18h Mond 3,2 Grad N Saturn (0,5 mag), 8,2 Grad NW Venus (-4,0),
tief im SW
03. 20:55 RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd. 2 Std. schneller Abstieg
von 6,2 mag
04. 21:10 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg
von 8,1 mag
05. ab Mond bedeckt Stern 43 Sagittarii (4,9 mag),
16:30 genaue Zeit abh. v. Standort
06.
max. Libration im Mond-SW, 8 Grad
06. 18:30 Mond 5,1 Grad NO Mars (0,4 mag)
06. 22:07 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6
mag
07. 20:51 Erstes Viertel
07. 21:24 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag
08. 04:39 Linus, Mond von Kleinplanet (22) Kalliope (10,3 mag) bedeckt TYC 1906-01539-1 (9,9 mag) für 4,5 s, Sternbild Zwillinge, Pfadverlauf: Schweiz, SW- nach ODeutschland
08. 04:40 Kleinplanet (22) Kalliope (10,3 mag) bedeckt TYC 1 906-01539-1 (9,9 mag) für 33,5 s, Sternbild Zwillinge Pfadverlauf: Österreich, Schweiz, SO- nach ODeutschland
08. 20:26 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg von 8,1 mag
08. 20:41 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag
09. 00:30 Kleinplanet (18) Melpomene (8,2 mag) 10' SW Galaxie NGC842 (12,7 mag) und 13' SO Galaxie NGC830 (13,3 mag), Sternbild Walfisch
09. 18h Mond 1,5 Grad N Neptun 09. 20:12 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6
mag 09. 20:26 RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd. 2 Std. schneller Abstieg
von 6,2 mag 10. 19:29 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6
mag 10. 20h Maximum Meteorstrom der Leoniden, 5-10/h, bis 4h
am 11. 12. 19:29 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg
von 8,1 mag 14. 12h Mond erdnah, 33,5' 14. 14:52 Vollmond 14. 19:43 Beta Persei (Algol) Minimum 3,4 mag, Abstieg von 2,1
mag in rd. 3 Std. 15. 19:58 RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd. 2 Std. schneller Abstieg
von 6,2 mag 15. 19h Mond 1,0 Grad O Aldebaran (Alpha Tauri, 1,0 mag) 16. 20:12 HU Tau Minimum-Mitte 6,7 mag, Abstieg von 5,9 mag
in rd. 2 Std., 1,0-Std.-Minimum gleicher Helligkeit
18. 3h Maximum Meteorstrom der Leoniden, ca. 20/h, 70
km/s
18. 21:24 HU Tau Minimum-Mitte 6,7 mag, Abstieg von 5,9 mag
in rd. 2 Std., 1,0-Std.-Minimum gleicher Helligkeit
19.
max. Libration im Mond-NO, 8,7 Grad
20. 23:54 streifende Sternbedeckung durch d. Mond, 18 Leo (5,7
mag), N-Rand, in Sachsen-Anhalt - Brandenburg
21. 6h Mond 2,8 Grad SW Regulus (Alpha Leonis, 1,4 mag)
21. 09:33 Letztes Viertel
21. 19:14 RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd. 2 Std. schneller Abstieg
von 6,2 mag
25. 5h Mond 1,5 Grad NO Jupiter (-1,8 mag)
25. 20:26 RR Lyr Maximum 7,1 mag, schneller Helligkeitsanstieg
von 8,1 mag
26. 6h Mond 7,2 Grad NO Spica (Alpha Virginis, 1,1 mag)
27. 21h Mond erdfern, 29,4'
29. 13:18 Neumond
VdS-Journal Nr. 59
GROSSER BÄR
GIRAFFE
KASSIOPEIA
LÖWKLEIN E ER LÖWE
LUCHS
Capella
KREBS
Castor Pollux
FUHRMANN ZWILLINGE
Regulus
WASSERSCHLANGE
Alphard
KLEINER HUND
Procyon
Beteigeuze
EINHORN
SÜDOST
Sternkarte exakt gültig für 15. Dezember 0 Uhr MEZ
Sirius
GROSSER HUND
Aldebaran ORION
Rigel HASE
SÜD
Mondphasen im Dezember 2016
Algol PERSEUS
ANDROMEDA DREIECK
PEGASUS
Plejaden STIER
WIDDER
FISCHE Uranus
ERIDANUS
WALFISCH
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de
Alle Zeitangaben in MEZ, für Standort bei 10 Grad ö.L. und 50 Grad n.Br. zum Umrechnen in MESZ im Zeitraum 27.03. 2:00 Uhr MEZ bis 30.10. 2:00 MEZ eine Stunde zu den Zeitangaben addieren
Erstes Viertel 7.12.
Vollmond 14.12.
Letztes Viertel 21.12.
Neumond 29.12.
Planeten im Dezember
Merkur erreicht am 11.12. eine größte östliche Elongation und ist abends eine Herausforderung.
Venus nimmt jetzt zunehmend ihre Rolle als Abendstern ernst, sie ist das hellste Objekt.
Mars wandert von Steinbock in den Wassermann, er ist weiterhin abends zu sehen.
Jupiter baut seine Sichtbarkeit am Morgenhimmel aus; er nähert sich Spica.
Saturn steht am 10.12. in Konjunktion mit der Sonne und damit mit ihr am Taghimmel.
Uranus ist abends in den Fischen am besten zu sehen, wenn er den Meridian durchquert.
Neptun geht früher als Uranus durch den Meridian, ihn sollte man zuerst aufsuchen.
Ereignisse im Dezember
02.
R Tri Maxim um 5,4 mag (o. schwächer)
02. 00:30 Kleinplanet (18) Melpomene (8,8 mag) 14,8' O Galaxie
NGC788 (12,1 mag), Sternbild Walfisch
02. 18h Mond 9,9 Grad NW Venus (-4,2 mag)
03. 04:34 Jupitermond Europa und Schatten gleichzeitig vor
Jupiter (-1,8 mag), bis 07:03
03. 18h Mond 5,3 Grad N Venus (-4,2 mag)
03.
Kleinplanet (4) Vesta 2 Grad W M44, Sternbild Krebs,
Beginn Rückläufigkeit
04. 21:24 Beta Persei (Algol) Minimum 3,4 mag, Abstieg von
2,1 mag in rd. 3 Std.
04. 22h Zwergplanet (1) Ceres (8,2 mag) 7,4' NO Galaxie
NGC585 (13,2 mag), Sternbild Walfisch
05. 18:30 Mond 4,0 Grad NO Mars (0,7 mag)
05. 21:38 RW Tau Minimum-Mitte 11,6 mag, rd. 2 Std. schneller
Abstieg von 8,0 mag, 1,3 Std. Minimum gleicher Helligkeit
VdVSd-JSo-uJornuarlnaNlr.N5r.959
06. ab Mond bedeckt Stern SAO 146161 (6,7 mag), Stern-
18:14 bild Wassermann, genaue Zeit abh. v. Standort
06. 20:41 BM Ori (Trapez-Stern!) Minimum 8,7 mag, langsamer
Abstieg von 7,9 mag
07.
max. Libration im Mond-W, 7,1 Grad
07. 04:25 Jupitermond Ganymed vor Jupiter (-1,8 mag), bis 06:57
07. 10:03 Erstes Viertel
09. 03:50 Beginn Jupitermond Io und Schatten gleichzeitig vor
Jupiter (-1,8 mag), bis 07:05
10. 05:08 Jupitermond Europa und Schatten gleichzeitig vor
Jupiter (-1,8 mag), bis 07:40
10.
Saturn in Konjunktion mit der Sonne
10. 19:30 Mars (0,7 mag) 1,4 Grad N Delta Capricorni (2,9 mag)
11. 17h Merkur (-0,5 mag) in größter Elongation Ost (21 Grad ),
kurze Merkursichtbarkeit, tief im SW
11. 21:38 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag
12. 20:55 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag
12. ab Mond bedeckt Stern Gamma Tauri (3,6 mag),
22:49 genaue Zeit abh. v. Standort
13. ab Mond bedeckt Stern Theta1 Tauri (3,8 mag), genaue
03:11 Zeit abh. v. Standort
13. ab Mond bedeckt Stern Theta2 Tauri (3,4 mag), genaue
03:19 Zeit abh. v. Standort
13. ca. Mond bedeckt Aldebaran (Alpha Tauri, 1,0 mag),
06:25 Uhrzeit abh. v. Standort
streifende Bedeckung, N-Rand, in NW-Niedersachsen,
ab ca. 06:34
13. 20:12 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag
13. 21h Maximum Meteorschauer Geminiden, bis 120/h, 35
km/s, bis 6h am 14.
14. 01:06 Vollmond
14. 04:07 Schattendurchgang Jupitermond Ganymed, bis 06:49
14. 17h Merkur Halbphase, 7,3''
14. 19:29 X Tri Minimum 11,3 mag, rd. 1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag
16. 04:24 streifende Sternbedeckung durch d. Mond, 74 Gem
(5,0 mag), N-Rand, in NW-Deutschland
18.
max. Libration im Mond-O, 7,6 Grad
18. 06:30 Mond 7,1 Grad W Regulus (Alpha Leonis, 1,4 mag)
18. 23:30 Mond 3,3 Grad SO Regulus (Alpha Leonis, 1,4 mag)
19. 00:22 Kleinplanet (1183) Jutta (17,3 mag) bedeckt HIP 4445
19. ca. 19. 19:14 21. 02:56 21. 11:44 21. 19:00 21. 24h 22. 06:30 22. 21:10 23. 06:30 23. 20:26 24. 23:03
24. 23:03
25. 7h 25. 21:53 27. 19:58 28. 20:41 29. 07:53 30. 19:43
31. 21h 4.1.17
(9,3 mag) für 3,7 s, Sternbild Fische, Pfadverlauf: NWnach NO-Deutschland Maximum Meteorstrom der Coma-Bereniciden, 5-10/h, 65 km/s BM Ori (Trapez-Stern!) Minimum 8,7 mag, langsamer Abstieg von 7,9 mag Letztes Viertel Wintersonnenwende HU Tau Minimum-Mitte 6,7 mag, Abstieg von 5,9 mag, 1,0-Std. Minimum gleicher Helligkeit Maximum Meteorstrom der Ursiden, 10-20/h, 35 km/s Mond 5,9 Grad NW Jupiter (-1,9 mag) RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd. 2 Std. schneller Abstieg von 6,2 mag Mond 5,4 Grad NO Spica (Alpha Virginis, 1,1 mag) HU Tau Minimum-Mitte 6,7 mag, Abstieg von 5,9 mag, 1,0-Std. Minimum gleicher Helligkeit Linus, Mond von Kleinplanet (22) Kalliope (10,1 mag) bedeckt TYC 2430-01124-1 (9,2 mag) für 2,3 s, Sternbild Fuhrmann, Pfadverlauf: Österreich, S-Deutschland Kleinplanet (22) Kalliope (10,1 mag) bedeckt TYC 243001124-1 (9,2 mag) für 16,9 s, Sternbild Fuhrmann, Pfadverlauf: Schweiz Mond erdfern, 29,4' HU Tau Minimum-Mitte 6,7 mag, Abstieg von 5,9 mag, 1,0-Std. Minimum gleicher Helligkeit Beta Persei (Algol) Minimum 3,4 mag, Abstieg von 2,1 mag in rd. 3 Std. RZ Cas Minimum 7,7 mag, rd. 2 Std. schneller Abstieg von 6,2 mag Neumond RW Tau Minimum-Mitte 11,6 mag, rd. 2 Std. schneller Abstieg von 8,0 mag, 1,3 Std. Minimum gleicher Helligkeit Kleinplanet (4) Vesta (6,7 mag) 11' N Galaxie NGC2557 (13,4 mag) 20h streifende Sternbedeckung durch d. Mond, 4 Psc (6,4 mag), S-Rand, in S-Deutschland
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Die totale Sonnenfinsternis in Indonesien am 9. März 2016
von Bernd Flach-Wilken
Leider spielte das Wetter am 09.03.2016 am Burung Mandi Beach, Belitung, Indonesien nicht so mit, wie es viele Beobachter gerne gehabt hätten.
Zur totalen Sonnenfinsternis gesellten sich mehr oder weniger dichte Wolken, die - obwohl im Detail dramatisch anzusehen - die Beobachter nicht gerade erfreuten. Ich konnte die Szenerie sowohl mit einer Weitwinkeloptik kurz nach dem 3. Kontakt (Abb. 1) einfangen als auch mit einem kleinen 80/540-Millimeter-Refraktor und einer PENTAX K3 - hier mit zwei Sekunden Belichtungszeit bei ASA200 (Abb. 2) - zur Mitte der totalen Phase.
2
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Beobachterforum
Eine Reise zur ältesten Sternwarte Argentiniens und Erinnerungen an mein erstes
selbstgebautes Teleskop in San Juan
von Rolando Dölling
Am 3. August 2015 reiste ich mit meiner Frau an meinen Geburtsort San Juan in Argentinien. Dabei hatte ich geplant, mir einen lang gehegten Wunsch zu erfüllen: Ich wollte das berühmte Observatorio Astronómico de la Universidad Nacional de Córdoba (OAC) besuchen. Vor mehr als 30 Jahren, während meines Studiums der Elektrotechnik, hatten mein Schulfreund Diego Garcia Lambas und ich schon einmal das Observatorium kennengelernt. Er hatte in dieser Zeit Astronomie und auch Physik an der Universität Córdoba studiert. Allerdings hatte ich damals alles mit anderen Augen gesehen als heute. Mich hatte damals mehr die Technik fasziniert, heute interessiert mich auch die Geschichte des Ortes sehr.
Kurz nach unserer Anreise in Córdoba wurde ein Treffen mit Dr. Diego Garcia Lambas bei der selbstgebauten Sternwarte ,,El Gato Griss" [1] von Carlos Colazo in der Stadt Tanti organisiert (Abb. 1). Beim Besuch dieser jungen Sternwarte konnte ich einige Mitglieder der Amateurastronomiegruppe ,,El Gato Griss" kennenlernen, eine sehr lebendige Gruppe von etwa 15 Personen im Alter von 17 bis 85 Jahren. Einer der Gründe des Treffens war der erste telefonische Kontakt (Ferngespräch) mit dem technischen Verantwortlichen der neuen Sternwarte im Norden Argentiniens, Dario Graña (Ort: Tolar Grande, Salta). Seit einiger Zeit gibt es dort Probleme mit der Kommunikation und Ansteuerung von USB-Geräten von einem Zentralrechner. Das Klima und die Umweltbedingungen für Astrofotografie sind dort ideal. Die Himmelsqualität ist eine der besten in der ganzen Welt [2]. Die Minustemperaturen sind dort allerdings auch sehr extrem. Aus diesem Grund wollte ich meine Erfahrungen bei der Verbindung und Ansteuerung von USB-Geräten bei Temperaturen um -20 Grad C mit der Gruppe teilen. Die technische Implementierung und die Details ließ ich ihnen anschließend per Email zukommen. Die Lösung basiert auf einem selbstprogrammierten Mini-Rasberry-Pi-Rechner,
1 Besuch beim Observatorio ,,El Gato
Gris" (Hintergrund) am 15.08.2015 in Tanti, Córdoba, Argentinien. Von links nach rechts: Ing. Carlos Colazo, Dr. Diego Garcia Lambas, Dr.-Ing. Rolando Dölling
der USB-Signale in LAN umwandelt. Sie wird zurzeit vor Ort implementiert. Nach dem Treffen haben wir uns gleich für den nächsten Tag verabredet.
Die Abbildung 2 zeigt eine Orientierungskarte der Städte und Observatorien meines Besuchs in Argentinien. In Begleitung von Dr. Diego Garcia Lambas, seit 2011 Direktor des OAC und seit 1990 auch des IATE (Institut für Astronomía Teórica y Experimental) in Córdoba, machten wir uns auf den
2
Orientierungskarte von Argentinien
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Beobachterforum
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3 Blick auf das Observatorio Astronómico de Córdoba (OAC) während eines ,,Abends der offenen Tür"
Weg zur ältesten Sternwarte Argentiniens. Diese liegt in der Stadt Córdoba. Sie wurde in mehreren Etappen erbaut und 1870 fertiggestellt. Bis heute dient sie fast ununterbrochen Wissenschaft, Forschung und Lehre (Abb. 3).
Die moderne Astronomie Argentiniens verdankt ihren Ursprung dem Wirken von Domingo Faustino Sarmiento - Präsident von Argentinien, Diplomat und Schriftsteller sowie Vater des argentinischen Bildungssystems. Er war in vielen amerikanischen Universitäten bekannt, gut vernetzt und nutzte seine guten Kontakte in Amerika [3]. So lud er im Jahre 1869 den bekannten Astronomen Benjamín Apthorp Gould und alle seine Mitarbeiter nach Argentinien ein. Gould war überaus interessiert, wissenschaftliche Studien am Südhimmel durchzuführen.
So kam er im Jahre 1870 nach Argentinien. Präsident Sarmiento unterstützte ihn maßgeblich beim Aufbau eines astronomischen Observatoriums im Herzen Argentiniens. Lange Zeit jedoch musste Gould auf die Optik aus Europa und weiteres Equipment warten. Am 24. Oktober 1871 wurde das AOC endlich gegründet. Gould war der erste Direktor und seine Mitarbeiter hatten bis dahin nur mittels einer einfachen ,,Theaterbrille" mehr als 7000 Sterne des südlichen Himmels re-
gistriert. Die Publikation ,,Uranometría Argentina" von 1877 war das erste Ergebnis dieser Arbeit. Weitere Werke folgten, wie z.B. die Studie von über 70.000 Sternen des südlichen Sternenhimmels bis zur 10. Größe, niedergelegt im ,,Catalogo de Zonas" von 1884. Dank Gould wurden die ersten Astrofotos der Welt aufgenommen. Damals dienten die am
28-Zentimeter-Refraktor aufgenommenen Glasplatten vor allem der exakten Vermessung von Offenen Sternhaufen und deren Sternen. Das Werk ,,fotografías cordobesas" von 1896 war das erste Werk, welches in großem Stil systematisch Astrometrie an Fotografien durchführte. 1908 wurde dort der erste und bis heute berühmte Südhimmelkata-
4 Observatorio Bosque Alegre, Córdoba Argentina, Kuppeldurchmesser 18 Meter
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Beobachterforum
5 Zufahrt zur ,,Astrophysikalischen Station von Bosque Alegre"
6 Während des Besuchs des 60-Zoll-
Reflektors. Links der Kran zum Transport des Hauptspiegels zur Aluminisierung ins Erdgeschoss, Observatorio Bosque Alegre log, die ,,Córdoba-Durchmusterung", mit mehr als 613.718 Sternen erstellt [4]. Dieser ist heute immer noch eine Referenz für den Südhimmel und andere weltberühmte Sternkataloge. Weitere wichtige Vorhaben, die Dank Gould und Sarmiento realisiert wurden, waren die Gründung
7 Blick auf das Uhrwerk des
60-zölligen Cassegrain-NewtonTeleskops im Observatorio Bosque Alegre VdS-Journal Nr. 59
der ersten nationalen meteorologischen Station Argentiniens (1872) als Teil des AOC und der telegrafische Dienst für die Verbreitung einer exakten Uhrzeit in ganz Argentinien.
Einige Jahre später wurde eine zweite Sternwarte gebaut, das Observatorium Bosque Alegre (,,froher Wald", Abb. 4). Zwischen dem Observatorium Bosque Alegre und dem Observatorium de Córdoba besteht bis heute eine enge Zusammenarbeit [5, 6]. Beide Sternwarten werden von Córdoba aus geleitet. Die zweite Sternwarte wurde im Jahre 1942 eröffnet. Sie liegt 25 Kilometer südlich der Hauptstadt in den ,,Sierras Cordobesas", 1350 Meter hoch in den Bergen Córdobas. Der Arbeitsschwerpunkt liegt bis heute immer noch auf der Astrofotografie und der Astrometrie. Diese Sternwarte war das
Beobachterforum
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zweite Ziel unserer Reise. Das Teleskop in Bosque Alegre ist ein Newton-Reflektor mit einem Cassegrain-Fokus. Es besitzt einen Spiegel mit 1,54 Metern Durchmesser (60 Zoll), der aus den Vereinigten Staaten stammt. Die Firma ,,The Warner & Swasey CO" aus Cleveland Ohio, USA, wurde mit der Entwicklung und der Konstruktion beauftragt. Der Transport in der damaligen Zeit war ein großes Abenteuer, insbesondere weil es für die letzten Kilometer bergauf noch keine befestigte Straße gab (Abb. 5).
Es war für viele Jahrzehnte das größte Teleskop in ganz Südamerika (Abb. 6 und Abb. 7). Der 1,54-Meter-Spiegel wird vor Ort immer wieder neu aluminisiert. Hierfür wird er mit einem speziell entwickelten Kran dem Teleskop entnommen und ins Erdgeschoss befördert. Dort steht die Druckkammer für die Beschichtung des Spiegels (Abb. 8). Der Aluminisierungsprozess ist für die alte, immer noch funktionierende Technik kein Kinderspiel. Sie wird mit Unterstützung verschiedener Experten aus Instituten der Universidad Nacional de Córdoba alle zwei Jahre durchgeführt. Mit dieser Methode blieb die Qualität der Aufnahmen im Laufe der
8 Aluminisierungsraum im Erdgeschoss des Observatorio Bosque Alegre
vielen Jahre fast konstant. Die eingesetzte CCD-Kamera mit 1024 x 1024 Pixeln erreicht ein Feld von 6,5' x 6,5' (bei einer Pixelgröße von 19 x 19 Mikrometern). Mit Hilfe von Ing. Carlos Colaza wurde in den letzten Jahren eine vollständig neue Kalibrierung mit einer neuen Positionierung und Optimierung der Optikjustierung durchgeführt, was die Qualität der Aufnahmen um einiges verbessert hat. Außerdem ist es jetzt möglich, verschiedene
Abläufe der Kalibrierungen und Aufnahmen automatisch durchzuführen. Zum Teleskopequipment gehört heutzutage auch ein Multifunktionsspektrograf (EMF) für unterschiedliche Observationsmodi.
Eine der wichtigsten astronomischen Arbeiten, die in Bosque Alegre durchgeführt wurden, war die Erstellung des ,,Atlas de Galaxias Australes" von Dr. Luis Sersic (1968) [7]. Er hat das OAC von 1982 bis
9 Milchstraße, Aufnahme bei Marayes/San Juan, Argentina, neben der Hauptstraße, daher leichte Störungen durch Autoscheinwerfer.
Canon 60D ohne Sperrfilter, f = 12 mm, f/4, ISO 800, Belichtungszeit 4 x 30 s ohne Nachführung.
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10 6-Zoll-Newton f = 1200 mm (f/8) auf Holzstativ mit einfacher Montierung.
Antrieb: eine 25 Zentimeter lange, mit Teflon überzogene, selbstgedrehte Eisenschraube
11 Hauptspiegelhalterung, links am Teleskoptubus, rechts auf Zwischentubus mit
Dreifach-Feder/Schraube; im Bild: Ing. Günther C. Dölling.
1983 geleitet und in den 1960er-Jahren das Departement für Extragalaktische Astronomie aufgebaut, auf dessen Basis Dr. Garcia das ,,Instituto para Astron omía Teórica y Experimental" (IATE) gründete.
Das OAC bietet Besuchern aus der ganzen Welt wöchentliche Führungen mit Rundgang durch die verschiedenen Räume der Sternwarte. Anschließend wird den Gästen sogar die Möglichkeit einer ausgewählten Beobachtung angeboten. Zur Anlage in Bosque Alegre gehören auch weitere, kleinere Sternwarten. Im November 2012 wurde ein robotisches Remote-Teleskopsystem mit
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einem 16-Zoll-Teleskop von Meade installiert. Es dient der Beobachtung und Astrometrie von Asteroiden. Dr. Garcia erwähnt, dass einige der aktuellen Projekte auf sehr exakten Messungen von Asteroiden und Kometen basieren. Daran arbeiten mehrere Wissenschaftler, Stipendiaten und Studenten des IATE gemeinsam mit anderen renommierten internationalen Instituten. Einige der Ergebnisse des Projekts können unter [8] angeschaut werden. Weiterhin plant das OAC die Installation und Inbetriebnahme einer vollständig automatisierten Remote-Sternwarte im Norden Argentiniens in Tolar Grande, Salta. Dafür wurde bereits
ein 1-Meter-Teleskop (ASA) mit entsprechender Montierung gekauft.
Nach diesen beiden schönen Tagen ging es dann zurück zu meinem Geburtsort San Juan. Auf der Hauptbundesstraße zwischen Córdoba und San Juan machte ich während der Dämmerung einen kurzen Stopp. Hier, im Herzen der Wüste zwischen den Bergen der Sierra de Palo, ciudad de Marayes, nur ca. 45 Kilometer vom Stadtzentrum von San Juan entfernt, war die Milchstraße nicht zu übersehen und zeigte sich in voller Pracht. Abbildung 9 zeigt einen einfachen Schnappschuss. Dort sind trotz der kurzen Belichtungszeit kleine Strukturen in der Milchstraße zu erkennen. Das SQM zeigte entlang der Milchstraße trotz nicht abgeschlossener Dämmerung einen Wert von 21,16 mag/arcsec2!
Zusätzlich habe ich Bilder meines ersten Teleskops eingefügt (Abb. 10). Das Newtonteleskop 150/1200 mm habe ich damals in Argentinien mit meinem Vater zusammengebaut. Es steht noch immer in meinem Elternhaus. Das Stativ sowie die Halterung des Haupt- und Sekundärspiegels bestehen aus Olivenholz (Abb. 11). Diese Holzart ist stabil, hart und feuchtigkeitsunempfindlich, was die 40 Jahre, die hinter ihm liegen, beweisen. Dieses Teleskop konnte ich nach all den Jahren der Stilllegung in diesem Urlaub erneut in Betrieb nehmen. Dafür habe ich den Spiegel komplett ausgebaut und sehr vorsichtig gereinigt. Der Hauptspiegel kann innerhalb des Tubus verschoben werden, um einen ersten groben Fokus zu erzielen. Für die Kollimation habe ich mit Hilfe eines einfachen PräsentationsLaserpointers einen Laserkollimator (Abb. 12) aus einer starken Papprolle und Karton gebaut. Meine Familie und Freunde konnten trotz der einfachen Optik des Teleskops darin viele bekannte Objekte und insbesondere die Saturnringe sowie einen seiner Monde, Titan, mitten in San Juan sehr gut erkennen.
Literatur- und Internethinweise (Stand 2015): [1] Ing. Carlos Colazo, Observatorio ,,El
gato Gris", Código MPC: I19.Tanti, Prov. de Córdoba, Argentina, http:// observatorioelgatogris.blogspot.com.ar/ [2] Dr. Diego Garcia Lambas, Direk-
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tor IATE-Gruppe Observatorio de Córdoba. Lage des neuen Observatorio Tolar Grande: El Ojo del Universo I-III (das Auge des Universums), www.youtube.com/ watch?v=KSJeKmqsmYs [3] Domingo Faustino Sarmiento, Sculpture in Boston, Harvard, http://www.publicartboston.com/ content/domingo-faustino-sarmiento und https://de.wikipedia.org/wiki/ Domingo_Faustino_Sarmiento [4] Santiago Paolantonio, La Córdoba Durchmusterung en imagenes, y el Catalogo de Zonas, https:// historiadelaastronomia.wordpress. com/documentos/durch/ [5] Complejo Astrofisico de Bosque Alegre. Del Observatorio Astronómico de la Universidad de Cordoba, Argentina, http://oac.unc.edu.ar/ inicio/ [6] Observatorio Astronómico de la Universidad Nacional de Córdoba, de la Estación Astrofísica de Bosque
12 Kollimation des Newtons mit Hilfe eines selbstgebauten Laserkollimators aus einem
Präsenter und einem Kartontubus
Alegre y del Instituto de Astronomía Teórica y Experimental (IATE), http://www.digplanet.com/wiki/ Instituto_de_Astronom%C3%ADa_ Te%C3%B3rica_y_Experimental [7] Jose Luis Sersic, Atlas de Galaxias
Australes, http://adsabs.harvard. edu/abs/1968adga.book.....S [8] The International Astronomical Union, IAU, Minor Planet Center, www.minorplanetcenter.net/
Leserbrief
zu ,,Astrophobie als Bildungsnotstand
eines Lehrers"/VdS-Journal Nr. 56 von Georg Woede
Im VdS-Journal Nr. 56 geht Georg Woede auf den Beitrag von Hans Lammersen ,,Bloß kein Schulfach Astronomie" ein. Da Hans Lammersen im Wesentlichen die Argumente meines entsprechenden Leserbriefs im VdS-Journal Nr. 43 abbildet und wir daher einer Meinung sind, möchte ich nicht weiter auf diese Inhalte eingehen. Allerdings freue ich mich, dass mit der vorliegenden Diskussion eine VdS-Mitzeichnung zu einem bundesweiten Astronomieunterricht vereinsintern auf dem Prüfstand steht, da sie von einigen Vereinsmitgliedern wohl nicht geteilt wird.
Aus der Lammersen-Position ,,Astrophobie" und ,,Bildungsnotstand" herauszulesen ist erstaunlich, da Hans Lammersen in seinem Beitrag als Experte die vielfältigen Probleme mit einem Fach ,,Astronomie" beschreibt. Von einer ,,Phobie" kann doch wohl keine Rede sein. Und wird einem Opponenten ,,Bildungsnotstand" vorgeworfen, fehlen wohl gute Argumente.
Im Leserbrief von Georg Woede bin ich jedoch über einen grundsätzlichen Punkt gestolpert. Es ist der besagte ,,Formelkram" sowie der Verweis auf die Fächer Erdkunde und Geografie, in welchen dann z.B. sphärische Geometrie anschaulich dargestellt werden kann (das kann man übrigens auch im Physikunterricht tun). Die Beschreibung der Natur durch Formeln, also mittels algebraischer Methoden ist eine relativ junge Erfindung. Kepler beschrieb seine Entdeckungen rein geometrisch. Und noch Newton bewies sein berühmtes Gesetz mittels geometrischer Betrachtungen. Für den Laien mag das als der einfachere, weil anschaulichere Weg erscheinen. Doch dem ist nicht so! Der Nobelpreisträger Richard Feynman hat in seiner berühmten Vorlesung ,,Die Bewegung der Planeten um die Sonne" (es ist als Buch erschienen) sehr eindrücklich darauf verwiesen, dass der geometrische Beweis zu den Ellipsenbahnen mit elementaren Methoden erbracht werden kann, dieser aber höchst komplex ist. Der algebraische Beweis braucht
ein paar wenige Rechenschritte, während der geometrische Beweis mehrere Seiten beansprucht. Das heißt, wenn man als Lehrer den Weg der rein geometrischen Anschauung gehen möchte, wird man seinen Schülern sphärische Geometrie tatsächlich nur auf dem Globus zeigen können. Für Berechnungen oder gar Beweise wird Georg Woede die Schüler dann in den Physik- und Mathematikunterricht schicken müssen, um dort die algebraische Faszination und Schönheit zu erleben, die seit Gauß und Abel so erfolgreich sind. Wenn es, wie Georg Woede schreibt, Aufgabe der Schule ist, die heranwachsende Generation mit der (technologisierten) Welt vertraut zu machen (und sie zu durchschauen), dann gehört dazu der besagte ,,Formelkram" sowie begeisterte Lehrer. Andernfalls können wir Goethe auch als Comic vermitteln.
Thomas Eversberg
VdS-Journal Nr. 59
140
Rezension
Lichtphänomene - Farbspiele am
von Claudia Hinz und Wolfgang Hinz
1. Auflage Oculum-Verlag, Erlangen, Januar 2016, ISBN 978-3-938469-76-7, Preis: 39,90 , Hardcover, 21 cm x 30 cm, 216 Seiten, durchgehend farbig
Himmel,
von Elmar Schmidt
Amateurastronomen müssen als Himmelsbeobachter häufig auch Auskunft zu Licht- und Farberscheinungen der Lufthülle geben, seien es nun Regenbögen, Nebensonnen, Polarlichter oder auch nur das Himmelsblau und die Dämmerungsfarben. Manche von ihnen hat die Erklärung dieser Phänomene dann ganz in das faszinierende Gebiet der Atmosphärischen Optik hinübergezogen. So ähnlich muss es jedenfalls Claudia und Wolfgang Hinz in den 70er- und 80erJahren des letzten Jahrhunderts ergangen sein. Inzwischen gehört das Ehepaar zu den weltweit anerkannten Experten der Atmosphärenoptik, welche ähnlich wie manche Bereiche der Astronomie in einer fruchtbaren Konkurrenz von Amateur- und Fachwissenschaftlern bearbeitet wird.
Das aus Chemnitz stammende Ehepaar Claudia und Wolfgang Hinz beschäftigt sich schon seit vielen Jahrzehnten mit Meteorologie und Astronomie. Nicht nur theoretisch, sondern auch mit praktischer Wetter- und Himmelsbeobachtung. Da traf es sich gut, dass 1978 im Kulturbund der DDR astronomische Arbeitskreise, u.a. der Arbeitskreis Meteore, gegründet wurden, in der sich Gleichgesinnte auch über die früher sogenannte Meteorologische Optik austauschen konnten. Im Sinne von E. F. F. Chladni [1] zählten übrigens auch die eigentlichen Meteore, also die in der Hochatmosphäre verglühenden Partikel zum Gegenstand dieser Gliederung. Und in genau dieser Zusammensetzung firmierte sich die Beobachtergruppe unmittelbar nach der deutschen Vereinigung im Jahr 1990 als Arbeitskreis Meteore e.V. (AKM). Der AKM stellt gleich zwei Fachgruppen in der VdS, nämlich Meteore und Atmosphärische Erscheinungen, und ist übrigens eine der wenigen gesamtdeutschen Fachvereinigungen, bei deren Gründung der aus der ehemaligen DDR kommende Teil tonangebend war. Als Verein umfasst er zurzeit ca. 85 Mitglieder, die etwa je zur Hälfte aus den neuen und alten Bundesländern
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kommen. Seine Homepage mit einem sehr aktiven Forum wurde zum ersten deutschsprachigen Anlaufpunkt für den Austausch und zur Klärung von Beobachtungen des Gebiets [2].
In der seitdem verstrichenen Zeit stellte sich die Himmelsfotografie so gut wie vollständig auf Digitaltechnik um. Deren Linearität und Dynamik haben im Zusammenspiel mit den umfangreichen Möglichkeiten der Bildverarbeitung auch die Atmosphärische Optik quantitativ und qualitativ um so viele Bilddokumente erweitert, dass die visuellen und chemiefilmbasierten Anstrengungen früherer Jahre vielfach obsolet geworden sind, wobei natürlich die Diskussion, was noch als ,,realistische" oder repräsentative Wiedergabe zu gelten hat, nicht abgeschlossen ist.
Claudia und Wolfgang Hinz vertreten hier eine eher zurückhaltende Position, haben sich dennoch den Neuerungen nicht verschlossen und verfügen daher über eines der breitesten privaten Bildarchive atmosphärenoptischer Erscheinungen [3]. Entgegen kam ihnen dabei, dass sie dienstlich in mehreren Bergwetterwarten tätig waren, auf denen viele Erscheinungen am Himmel spektakuläre Ausprägungen annehmen [4].
Mit ihrem Buch können sie sich somit zu 80 % auf eigenes Bildmaterial stützen, was es in dieser Form noch nicht gegeben hat. Sie haben auch den Spagat hin bekommen, sowohl erfahrene Beobachter zu beeindrucken als auch Neulinge des Gebiets nicht von eigenen Versuchen abzuhalten. Einem jeden Kapitel des Buches sind kurze und verständliche, aber physikalisch bündige Erklärungen vorangestellt, während es jeweils mit Tipps zur Aufnahmetechnik und Bildverarbeitung beschlossen wird. Ansonsten entschieden sich die Autoren mit dem Verlag für eine zu 90 % aus Farbfotografien bestehende Darstellung. Diese gehen in den meisten Fällen über eine volle Buchseite, und
manchmal werden sie sogar im 60 cm breiten Panoramaformat präsentiert.
Die Druckqualität entspricht in etwa der von guten Fotozeitschriften, hätte wohl noch erhöht werden können, allerdings nicht zu dem für einen solchen Bildband sehr günstigen Preis. Um die Anmutung der auch in natura meist weitwinkeligen Erscheinungen zu erhalten, sind die Bildseiten randlos bedruckt. Damit zusammenhängend, wenngleich mitunter ein bisschen lästig, findet man die Legenden durchweg vor und nach den Bildstrecken.
Von den genannten kleinen Mängeln abgesehen, ist das Buch einzigartig in seinem Anspruch, sowohl alltägliche als auch seltene Phänomene vorzustellen. Dabei stammen die meisten Fotos aus Mitteleuropa und widerlegen insofern die Vorstellung, dass viele Erscheinungen an polare oder andere ferne Standorte gebunden seien.
Das Buch beginnt mit Kapiteln über Himmels- und Dämmerungsfarben sowie Licht und Schatten in der Atmosphäre. Dem folgt ein Abschnitt über die sich um den eigenen Schatten erstreckenden Brockengespenster und Glorien. Hier gelangen Claudia Hinz bemerkenswerte Fotodokumente von symmetrischen und asymmetrischen Glorien, dem von ihr in die Fachwelt eingeführten sog. Glorisieren.
Nach dem Abschnitt über Luftspiegelungen darf natürlich ein dem Regenbogen als wohl bekanntestem Himmelsphänomen gewidmetes Kapitel nicht fehlen, das aber selbst Kennern noch Neues bieten wird, darunter Fotos und Erklärungen von anomalen Bögen und Regenbögen höherer Ordnung.
Rezension
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Im Weiteren geht das Buch auf Höfe, Kränze und Irisieren ein, um sich dann in einem 70-seitigen Kapitel den Eiskristallhalos zuzuwenden. Auf diesem Gebiet glänzen die Eheleute Hinz unter anderem mit mehreren arbeitsteilig von 1.0001.200 m hoch gelegenen Standorten in Bayern und Sachsen aus dokumentierten, komplexen Halophänomenen, die man bis dahin nur in den Polargebieten für möglich gehalten hatte.
Das Buch schließt mit einem Überblick zu diffusen Leuchterscheinungen in der Hochatmosphäre wie ,,polaren" Stratosphärenwolken, den einst geheimnisvollen, aber nun jährlich auch in Mitteleuropa breit dokumentierten Leuchtenden Nachtwolken der Mesosphäre, dem Airglow und Polarlichtern. Einst eher randständige Forschungsthemen, hat man inzwischen in ihnen wichtige Indikatoren für solar-terrestrische Beziehungen und erdklimatische Veränderungen erkannt.
Ein dreiseitiges Quellen-, Literatur- und Linkverzeichnis regt zur Vertiefung an. Unter den genannten Werken sei das quasi komplementär angelegte Buch von Vollmer empfohlen, welches zwar nur mit einem mageren Bildteil aufwartet, dafür aber ausführliche theoretische Grundlagen beisteuert [5].
Im Vorwort ihres Buches zitieren Claudia und Wolfgang Hinz zunächst den niederländischen Grandseigneur der Atmosphärenoptik Marcel G. J. Minnaert [6], um das Werk dann ihrem allzu früh verstorbenen Mentor Dr. Eberhard Tränkle (1937-97) zu widmen. Auch hiermit betonen sie die europäische Szene, welche außer in Deutschland vor allem in den Niederlanden, Ungarn, Tschechien und Finnland recht lebendig ist. Nachdem sich der Rezensent in den 70er- und 80erJahren etwas genauer mit atmosphärenoptischen Erscheinungen zu befassen begann, gab es außer älteren klassischen Werken und Monographien [7] [8] [9] lange Zeit fast nur englischsprachiges Schrifttum [10] [11]. Dies hat sich im neuen Jahrtausend geändert, was sich auch in den Beiträgen zu einer inzwischen dreißigjährigen Serie von Fachkonferenzen [12] und in international anerkannten Atmosphärenoptik-Präsenzen widerspiegelt [13] [14]. Das Opus Magnum von Claudia und Wolfgang Hinz ist derweil Pflichtlektüre für jeden Interessenten dieses Gebiets, ein Augenschmaus für Himmelsbeobachter und ein schönes Geschenk für Naturliebhaber.
Literaturhinweise und Web-Links: [1] E. F. F. Chladni: ,,Über den kosmi-
schen Ursprung der Meteorite und Feuerkugeln" (Orig. 1794, vielfach nachgedruckt) [2] www.meteoros.de/ [3] www.glorie.de/ [4] C. Hinz, 2013: ,,Unusual optical phenomena from mountain sites", Vortrag auf der ,,Colour and Light in Nature"-Konferenz am 6.8.2013 in Fairbanks, Alaska [5] M. Vollmer, 2006: ,,Lichtspiele in der Luft", Heidelberg [6] M. G. J. Minnaert, 1992: ,,Licht und Farbe in der Natur", Basel (Nachdruck) [7] J. M. Pernter, F. M. Exner, 1922: ,,Meteorologische Optik", Leipzig [8] A. Wegener, 1926: ,,Theorie der Haupthalos", Archiv der Deutschen Seewarte, Hamburg [9] G. Dietze, 1957: ,,Einführung in die Optik der Atmosphäre", Leipzig [10] R. Greenler, 1980: "Rainbows, Halos, and Glories", Cambridge [11] W. Tape, 1994: "Atmospheric Halos", Washington [12] www.baobabeventos.com/ #!lightandcolor2016/c1re0 [13] www.atoptics.co.uk/ [14] http://blog.meteoros.de
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Rezension
Volkssternwarten - Verbreitung und Institutionalisierung populärer Astronomie in Deutschland 1888-1935, von Benjamin Mirwald
AKA Akademische Verlagsanstalt, Leipzig 2014, 483 Seiten, broschiert, 39 EUR, ISBN 978-3-944913-47-6
von Wolfgang Steinicke
Gleich vorweg, Benjamin Mirwald hat sich bewusst für sein Thema auf den Zeitraum 1888-1933 beschränkt, allein dies beschert uns ein Buch von fast 500 Seiten. Die Einschränkung ist sinnvoll, zeigen sich doch so die Ursprünge einer astronomischen Bildungsbewegung, von der heute viele Amateure profitieren. Die Astronomie war lange Zeit ein universitärer und damit oftmals elitärer Gegenstand. Doch mit dem Aufkommen populärwissenschaftlich orientierter Medien wurde sie allmählich aus ihrem Elfenbeinturm geholt und der breiten Masse zugänglich. Diesen schwierigen, aber letztlich erfolgreichen Weg im Fall von Deutschland auf umfassende Weise zu beschreiben, ist das große Verdienst des Autors.
Die meisten Leser unseres Journals sind Amateure. Sie und damit auch die Vereinigung der Sternfreunde profitieren heute vom Wirken der zunächst wenigen Astronomen, denen die Popularisierung ihres Fachs am Herzen lag, sowie der eifrigen Journalisten, die mit Ausdauer und Sachkenntnis (meist im Selbststudium erworben) wissenschaftliche Ergebnisse zu Papier gebracht haben. Wie selbstverständlich besuchen wir heute Volkssternwarten und Planetarien, hören Vorträge, lesen Artikel und Bücher und werden im Fernsehen mit bunten, geräuschvollen (!) Animationen kosmischer Vorgänge überflutet. Wie hat alles angefangen und wer waren die Pioniere?
Mirwald gibt dazu in seinem bemerkenswerten Buch präzise Antworten. Alle bedeutenden Protagonisten werden mit ihren jeweiligen Wirkungsstätten vorgestellt, darunter Robert Henseling (der Urvater der VdS), Bruno Bürgel, Friedrich Archenhold, Rudolf Brandt, Wilhelm Foerster, Kasimir Graff und Phillip Fauth. Zugegeben, das umfangreiche Werk wirkt in Aufbau und Sprache et-
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was akademisch - es handelt sich um die publizierte Version von Mirwalds Dissertation an der Universität Regensburg -, trotzdem ist es gut lesbar und bietet in drei Kapiteln eine Fülle interessanter Informationen, insbesondere für Amateurastronomen.
In der ausführlichen Einleitung werden Fragestellung, Definitionen und Orientierung der Arbeit erläutert. Das erste Kapitel (,,Perspektiven auf Astronomie") behandelt die Astronomie im 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts. Wissenschaft und aufkeimende Amateurastronomie werden hier gegenübergestellt. Insbesondere Schulen, öffentliche Vorträge, Bücher und Zeitschriften haben zur Verbreitung astronomischen Wissens beigetragen. Ein Abschnitt behandelt das Thema ,,Straßenastronomie" - heute ein wichtiger Bestandteil des jährlichen Astronomietags. Das zweite Kapitel (,,Populäre Astronomie in Volkssternwarten") widmet sich den Institutionen, die sich der öffentlichen Himmelsbeobachtung verschrieben haben. Betreiber sind in der Regel Museen, Schulen und Vereine. Neben vielen deutschen Beispielen, wie etwa Deutsches Museum München, Urania Berlin, Robert-Mayer-Sternwarte Heilbronn, Olbers-Gesellschaft Bremen, Schwäbische Sternwarte Stuttgart oder Physikalischer Verein Frankfurt, wird auch das deutschsprachige Ausland behandelt (Wien, Zürich). Die meisten Institutionen können heute auf eine lange Tradition zurückblicken, es gab aber auch kurzlebige Projekte, wie etwa die ,,Volkssternwarte" auf dem Baden-Badener Merkur.
Das dritte Kapitel (,,Eine neue Perspektive für die Astronomie") stellt die wissenschaftliche Analyse des Themas dar. Es bietet einen vergleichenden Überblick über Publikum, Ausstattung, Inhalt und Bedeutung der Volkssternwarten. In-
teressant ist wieder das Verhältnis zur akademischen Welt. Es gab Konflikte, Widerstände, aber auch Befürworter. Mirwald stellt hier Astronomen vor, die einen engen Kontakt zu Volkssternwarten gepflegt haben, wie etwa Max Wolf und Elis Strömgren. Im letzten Abschnitt geht es um den Einfluss der Volkssternwarten, die Bedeutung neuer Medien (Film) und die Rolle der Frauen in der Populärastronomie. Der Autor arbeitet die Bedingungen und Entwicklungen, die zu unseren heutigen Strukturen geführt haben, klar heraus. Der Charakter als Dissertation zeigt sich auch im Anhang, der ein umfangreiches Quellen- und Literaturverzeichnis enthält.
Fazit: Ein wichtiges und - trotz seines akademischen Ursprungs - allgemeinverständlich geschriebenes Buch zum Thema Populärastronomie in Deutschland, selbst wenn es (formal) nur die Zeit bis 1935 behandelt. Es ist allen Amateuren, Profiastronomen und Historikern wärmstens zu empfehlen. Was früher noch Mut bedeutete, ist heute Notwendigkeit: Fachwissen der Allgemeinheit zugänglich zu machen - schließlich wäre die Forschung ohne unsere Steuergelder nicht möglich.
Wolfgang Steinicke
Vorschau/Hinweise
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