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Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 51

BEITRAG
  1 Editorial (Melchert Sven)
  4 Astronomietag 2014: Weltraumwüsten und Wolkenjagd (Weis Alexander)
  5 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen (Celnik Werner E.)
  6 Was ist ein "Großer Komet"? (Krause Stefan)
  7 Wie oft beschert uns das Sonnensystem einen Großen Kometen? (Pilz Uwe)
  10 Bahnbestimmung des Kometen ISON (Wischnewski Erik)
  14 Kometenjagd auf über 2000 Meter (Geiss Alexander)
  16 Der Komet C/2012 S1 (ISON) - Beobachtungen vor dem Perihel (Pilz Uwe)
  24 Das Schweifereignis am 21. November - ein erstes Zeichen der beginnenden Auflösung? (Pilz Uwe)
  28 Komet ISON - eine fotografische Entdeckungsreise (Jäger Michael)
  30 Komet ISON und der Große Komet von 1680 (Krause Stefan)
  34 Komet ISON - die letzten Tage (Pilz Uwe)
  38 ISON - die letzte Klappe (Celnik Werner E.)
  43 Komet ISON und seine Freunde - Mein persönliches Kometenjahr 2013 (Müller Andre)
  46 Die Schweifveränderungen des Kometen C/2013 R1 (Lovejoy) im Dezember 2013 - ein dynamisches Geschehen (Pilz Uwe)
  53 C/2013 R1 (Lovejoy) - Kometenjagd mit meiner Spiegelreflexkamera (Sittig-Kramer Andrea)
  56 Auf der Jagd nach eisigen Schmutzbällen (Detken Kai-Oliver)
  59 Kometenfotografie - einmal anders (Simon Manfred)
  60 Jahrhundert-Kometen (Krause Stefan)
  63 Lovejoy - ein fotografisches Experiment (Celnik Werner E.)

51
  0 Fotogalerie mit Aufnahmen der Kometen ISON und Lovejoy (Beitrag)

BEITRAG
  72 Fernglasbeobachten ohne zu schielen (Güths Torsten)
  73 Gedanken zu einer stabilen Montierung (Ganser Hilmar, Zellhuber Herbert)
  74 Neues aus der FG Astrofotografie - 10 Jahre Astrofoto der Woche (Riepe Peter)
  77 Neues aus der FG Astrofotografie - Stand der Mailingliste der VdS-Fachgruppe Astrofotografie (Recker Antonius)
  79 Die Morphologie des Systems NGC 5194/95 (Riepe Peter, Binnewies Stefan, Kerschhuber Günter)
  84 Helles Polarlicht über Europa (Jonas Carsten)
  87 Der Kugelsternhaufen Messier 53 (Blauensteiner Markus)
  87 Computer-Ecke (Jahns Helmut, Rohe Klaus)
  89 H-II-Regionen im Schwan (Schocke Mark)
  89 Sh2-216 - ein interessanter Planetarischer Nebel und eine Knacknuss noch dazu (Weis Christian)
  92 Geistesgegenwärtig ein Bild gemacht (Klügl Sven)
  93 Simon Marius - der "fränkische Galilei" und seine "Welt des Jupiter" (Pellengahr Hans-Georg)
  93 Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie (Steinicke Wolfgang)
  98 Leserbrief (Leich Pierre)
  99 Fotometrie - der Beginn der Astrophysik (Lehmann Peter B.)
  102 John Goodricke (1764 - 1786) (Holl Manfred)
  103 Astronomische Uhren im Ostseeraum (Binnewies Stefan)
  109 Die Entdeckung des Neptun (Reinert Caroline)
  112 Zukunftsromane damals und heute (Beneke Ernst-Jochen)
  114 ETHOS 1, ein neuer Planetarischer Nebel (Binewies Stefan, Pöpsel Josef, Schedler Johannes)
  116 Ein Radioteleskop in Bischofsheim an der Rhön (Herentrey Bastian,Gunzl Daniel,Passenberg Felix, Steinkohl Nikolaj, Lamprecht Steffen, Geppert Vincent)
  117 Man nehme... - Ein Kochrezept für Elemente (Anton Markus, Ziegler Paul, Meier Jonathan, Seiler Toni, Wiedmann Kai, Härer Lucia, Kipp Adrien)
  119 Numerik in der Himmelsmechanik - ein Einblick (Stürmer Julian, Ugur Noyan, Seehausen Cedric, Haux Johannes)
  120 Neues aus der Fachgruppe Kleine Planeten (Lehmann Gerhard)
  121 Kosmische Begegnungen (Hohmann Klaus, Ries Wolfgang)
  122 Spektroskopie - ein Uuml;berblick (Sablowski Daniel)
  126 Die Auswertung spektroskopischer CCD-Aufnahmen (Schanne Lothar)
  129 Nova Delphini 2013 - Ein Glücksfall spektroskopisch dokumentiert (Hunger Thomas, Förster Jan-David, Waldschläer Ulrich, Hansen Torsten, Bähr Roland, Stober Berthold)
  131 EasyFiber - Erfahrungsbericht zur Fiber-Einkopplung in den Spektrografen (Hold Siegfried)
  135 Die neue Watec-Kamera 910HX-RC (Bredner Eberhard H. R.)
  136 Visuelle Beobachtung von drei hellen Novae im Frühjahr 2014 (Wenzel Klaus)
  138 Veränderlichenbeobachter-Treffen 2014 in Hartha (Bannuscher Dietmar)
  140 Neues aus dem Vorstand (Bergthal Siegfried)
  141 Das war’n noch Zeiten (Zusammenstellung Vöker Peter)

51
  0 Wir begrüßen neue Mitglieder (Beitrag)

BEITRAG
  144 Das Deep-Sky-Treffen 2014 (Riepe Peter)

51
  0 Der Tag der Astronomie am 5. April 2014 (Beitrag)
  0 Messelberg-Sternwarte Donzdorf (Beitrag)
  0 Walter-Hohmann-Sternwarte Essen e.V. (Beitrag)
  0 Allgäuer Volkssternwarte Ottobeuren e.V. (Beitrag)
  0 Starkenburg-Sternwarte in Heppenheim (Beitrag)

BEITRAG
  152 Bildungspolitische Argumente für das Schulfach Astronomie im Licht bundesweiter Erfahrungen (Clausnitzer Lutz)

51
  0 Himmelsvorschau Oktober-Dezember 2014 (Beitrag)

BEITRAG
  156 Eine neue App erklärt die Astronomie am realen Sternenhimmel (Clausnitzer Lutz)
  158 Zur Kultur des VdS-Journals (Eversberg Thomas)

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2

Inhalt

SCHWERPUNKTTHEMA Kometen
6

Deep Sky Sh2-216 - eine ,,Knacknuss"
89

1 Editorial
2 Inhaltsverzeichnis
Nach Redaktionsschluss
4 Astronomietag 2014: Weltraumwüsten und
Wolkenjagd
5 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen
Schwerpunktthema: Kometen
6 Was ist ein ,,Großer Komet"? 7 Wie oft beschert uns das Sonnensystem einen
Großen Kometen?
10 Bahnbestimmung des Kometen ISON 14 Kometenjagd auf über 2000 Meter 16 Der Komet C/2012 S1 (ISON) - Beobachtungen vor
dem Perihel
24 Das Schweifereignis am 21. November
- ein erstes Zeichen der beginnenden Auflösung?
28 Komet ISON - eine fotografische Entdeckungsreise 30 Komet ISON und der Große Komet von 1680 34 Komet ISON - die letzten Tage 38 ISON - die letzte Klappe 43 Komet ISON und seine Freunde - Mein persönliches
Kometenjahr 2013
46 Die Schweifveränderungen des Kometen C/2013 R1
(Lovejoy) im Dezember 2013 - ein dynamisches Geschehen
53 C/2013 R1 (Lovejoy) - Kometenjagd mit meiner
Spiegelreflexkamera
56 Auf der Jagd nach eisigen Schmutzbällen 59 Kometenfotografie - einmal anders 60 Jahrhundert-Kometen 63 Lovejoy - ein fotografisches Experiment

65 Fotogalerie mit Aufnahmen der Kometen ISON
und Lovejoy

Fachgruppenbeiträge Amateurteleskope/Selbstbau
72 Fernglasbeobachten ohne zu schielen 73 Gedanken zu einer stabilen Montierung
Astrofotografie
74 Neues aus der FG Astrofotografie - 10 Jahre Astrofoto
der Woche
77 Neues aus der FG Astrofotografie - Stand der
Mailingliste der VdS-Fachgruppe Astrofotografie
79 Die Morphologie des Systems NGC 5194/95 84 Helles Polarlicht über Europa
Computerastronomie
87 Computer-Ecke
Deep Sky
89 Sh2-216 - ein interessanter Planetarischer Nebel
und eine Knacknuss noch dazu

93 93
98 99 102 103 109 112

Geschichte Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie Simon Marius - der ,,fränkische Galilei" und seine ,,Welt des Jupiter"
Leserbrief Fotometrie - der Beginn der Astrophysik John Goodricke (1764 - 1786) Astronomische Uhren im Ostseeraum Die Entdeckung des Neptun Zukunftsromane damals und heute

Inhalt

3

Geschichte
Astronomische Uhren im Ostseeraum
103

116 117 119

Jugendarbeit Ein Radioteleskop in Bischofsheim an der Rhön Man nehme ... - Ein Kochrezept für Elemente Numerik in der Himmelsmechanik - ein Einblick

Kleine Planeten
120 Neues aus der Fachgruppe Kleine Planeten 121 Kosmische Begegnungen

122 126 129
131

Spektroskopie Spektroskopie - ein Überblick Die Auswertung spektroskopischer CCD-Aufnahmen Nova Delphini 2013 - Ein Glücksfall spektroskopisch dokumentiert EasyFiber - Erfahrungsbericht zur Fiber-Einkopplung in den Spektrografen

Sternbedeckungen
135 Die neue Watec-Kamera 910HX-RC
Veränderliche
136 Visuelle Beobachtung von drei hellen Novae
im Frühjahr 2014
138 Veränderlichenbeobachter-Treffen 2014 in Hartha
VdS-Nachrichten
140 Neues aus dem Vorstand 141 Wir begrüßen neue Mitglieder
VdS-Nostalgie
141 Das war'n noch Zeiten
VdS vor Ort / TagungsberichtE
144 Das Deep-Sky-Treffen 2014 147 Der Tag der Astronomie am 5. April 2014

VdS vor Ort Der Tag der Astronomie 2014
147

Jugendarbeit Ein Kochrezept für Elemente
117

150 150 151 151

VdS vor Ort / Podium
Messelberg-Sternwarte Donzdorf Walter-Hohmann-Sternwarte Essen e.V. Starkenburg-Sternwarte in Heppenheim Allgäuer Volkssternwarte Ottobeuren e.V.

152

Zum Nachdenken
Bildungspolitische Argumente für das Schulfach Astronomie im Licht bundesweiter Erfahrungen

Service
153 Himmelsvorschau Oktober-Dezember 2014
Beobachterforum
156 Eine neue App erklärt die Astronomie am realen
Sternenhimmel

Leserbriefe

87 89 92 114

Impression
Der Kugelsternhaufen Messier 53 H-II-Regionen im Schwan Geistesgegenwärtig ein Bild gemacht ETHOS 1, ein neuer Planetarischer Nebel

Hinweise

4

Nach Redaktionsschluss

Astronomietag 2014:
Weltraumwüsten und Wolkenjagd
von Alexander Weis

Bei 400 km Autobahnfahrt aus dem Norden der Republik Richtung Südwesten am späten Nachmittag des Astronomietags präsentierte das Wetter alle Facetten, die an diesem Tag zum Thema dazu gehörten: Starkregen, dichte Wolken, Wolkenlücken und klaren Himmel. Wann und wo, das war die große Frage, und während der eine oder andere Veranstalter zur besten Zeit Beobachtungen an Instrumenten anbieten konnten, blieben andernorts Kuppeln und Schiebedächer geschlossen. Dass sich der Astronomietag aber deutlicher vom Wetter lösen kann, als das noch vor einigen Jahren der Fall war, zeigte sich an den Rückmeldungen, die uns knapp die Hälfte der Veranstalter in der Nachfolge der Veranstaltung bei einer Umfrage zusendeten. Während ein paar Beobachtungsangebote auf freiem Feld wetterbedingt ausfallen mussten, stießen andere Angebote auf große Resonanz oder meldeten gar Besucherrekorde, obgleich die Witterung vor Ort für Beobachtungen mit Teleskopen nicht mitspielte. Zu verdanken war das Interesse in diesen Fällen dann meist dem beworbenen Programm neben den Beobachtungsangeboten.
,,Weltraumwüsten" war diesmal das zentrale Thema für den Astronomietag, standen an diesem Abend doch unter anderem der Mond, Mars und die Monde des Gasriesen Jupiter am Himmel. Angespielt wurde damit aber auch auf die KometenMission Rosetta mit dem Lander Philae, die etwa im Rahmen von Vorträgen thematisiert werden konnte und zugleich das Plakat zum Astronomietag zierte. Viele Rückmeldungen zum Plakat hoben dessen Wirkung besonders positiv hervor. Das Motto war dagegen vereinzelt als zu nahe an Raumfahrt orientiert kritisiert worden. Viele andere zeigten sich wiederum begeistert, die thematische Schere derart im Sinne des Publikums zu erweitern. Es ist sicher schwer etwas zu finden, was allen in gleichem Maße zusagt. Das Motto des Astronomietags mit den lokal gegebenen Möglichkeiten aufzugreifen, ist auch ein Faktor, der die Resonanz beim Publikum mitbestimmen

1 Der Astronomietag 2014 von oben um 22:30 Uhr MEZ: Der Westen und Norden
unter klarem Himmel, deutliche Lücken auch andernorts - aber eben nicht überall. (Quelle: sat24.com)
Astronomietag 2015: Schattenspiele am 21. März
Nachdem im deutschsprachigen Raum lange Zeit keine Finsternis mehr zu beobachten war, endet diese Durststrecke im kommenden Jahr. Die hierzulande partiell zu beobachtende Sonnenfinsternis am 20. März, einem Freitag, wird mit Sicherheit die Aufmerksamkeit von Medien und Öffentlichkeit auf sich ziehen. Wir wollen diese Aufmerksamkeit nutzen, um auf das Thema Amateurastronomie abzuleiten. Wir sind uns dabei wohl bewusst, dass auch dieser Termin diskutiert werden kann, einige Sternfreunde sind auf Finsternisexpedition, andere werden personell nicht zwei Tage die Kuppeln öffnen können, andere fürchten, dass der Astronomietag im allgemeinen Presserummel untergehen könnte.
Der Astronomietag wird diesmal im Prinzip zwei Tage umfassen, mit dem Hauptaugenmerk auf Schulen am Tag der Finsternis am 20. März (Finsternismitte ist am Vormittag). Am Samstag, den 21. März, bietet sich im Verbund ein Blick auf Bilder der Totalität, Erläuterungen speziell zum Thema Finsternisse und eine Sonnenfinsternis von außen an. Denn am Abend des 21. März wird der Mond Io von der Erde aus gesehen vor der Scheibe des Jupiter entlangziehen und seinen Schatten auf den Gasriesen werfen. Für das Thema Schulen werden wir noch Vorschläge für Beobachtungsmöglichkeiten entwickeln, die möglichst einfach einer Vielzahl von Schülern zugleich zugänglich ist, und versuchen, insbesondere die Lehrer als Multiplikatoren anzusprechen. In den Schulen kann dann auch für den Besuch einer Veranstaltung am Samstag geworben werden. Vorschläge für weitere Ideen nehmen wir gerne auch seitens der Veranstalter entgegen und werden diese im Vorfeld mitteilen. Mailadresse dazu ist astronomietag@vds-astro.de

Vorschau

5

kann. Dem Astronomietag ein Motto zu geben, darin stimmen die Meinungen großteils überein, ist richtig und sinnvoll.

müssen. Wir haben uns daher entschlossen, die eingesendeten Beiträge auf der Website www.astronomietag.de im Sinne eines Rückblicks auf die Veranstaltung wiederzugeben und damit auch Werbung für kommende Veranstaltungen zu machen. Wir möchten uns bei allen, die an diesem Tag Zeit und Mühe eingesetzt haben, um den eigenen Verein, aber auch

das Thema Amateurastronomie als solches in das Bewusstsein der Öffentlichkeit zu tragen, sehr herzlich bedanken. Der Astronomietag soll auch 2015 ein Vehikel sein, aus dessen Anlass sich die amateurastronomische Szene mit ihren Aktivitäten in einen überregionalen Zusammenhang stellen kann und wird.

Vorschau auf astronomische Veranstaltungen
Oktober-Dezember 2014
zusammengestellt von Werner E. Celnik aus vorliegenden Informationen (Angaben wie immer ohne Gewähr) Aktuelle Informationen im Terminkalender der VdS unter www.vds-astro.de

Oktober 2014
So. 28.09.2014 - So. 01.03.2015 Ausstellung ,,Sternenhell - Die Alb bei Nacht" In Zusammenarbeit mit dem Projekt Sternenpark Schwäbische Alb, Fotografien der Nachtlandschaft und des Sternenhimmels Ort: Naturschutzzentrum Schopflocher Alb. Info: www.naturschutz.landbw.de/servlet/is/69679
Fr. 10.10. - So. 12.10.2014 Herbst-Workshop Ort: Wien, Hotel Sofienalpe, Info: Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie, www.waa.at
Sa. 11.10. - So. 12.10.2014 25. BAV-Tagung 2014 BAV-Tagung und Mitgliederversammlung, Ort: Nürnberg, Treffen der schon angereisten Teilnehmer bereits am Freitag, Tagung u. MV am Samstag, Info: www.bav-astro.de
Sa. 18.10.2014 11. Praktischer astronomischer Samstag (PaS) Ort: Sternwarte Neuenhaus (Grafschaft Bentheim), 13-18 Uhr, Kontakt: Christoph Lohuis, Info: www.avgb.de
Fr. 31.10. - So. 2.11.2014 11. Tagung der VdS-Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie" Vorträge u. Führungen (Mathematisch-Physikalischer Salon, Observatorium), Ort: Dresden, Lohrmann-Observatorium (Beyer-Bau), GeorgeBähr-Straße 1, Anmeldung zur Tagung u. Vortragsangebote: Dr. Wolfgang Steinicke, Gottenheimerstr. 18, 79224 Umkirch, Tel. 07665-51863, steinicke-zehnle@t-online.de, Info: http://geschichte.fg-vds.de

November 2014
Sa. 08.11.2014 33. Bochumer Herbsttagung der Amateurastronomen (BoHeTa) Vorträge und Verleihung des Reiff-Preises für Amateur- und Schulastronomie Ort: Ruhr-Universität Bochum, Hörsaal HMA10, Beginn 10 Uhr, Vortragsanmeldungen an: Peter Riepe, fg-astrofotografie@ vds-astro.de, www.boheta.de
Fr. 14.11. - So. 16.11.2014 33. Planeten- und Kometentagung, Jahrestagung der VdS-Fachgruppe Planeten. Workshops zur Beobachtung, Auswertung u. Sichtbarkeiten der Planeten, ihrer Monde u. aktueller Kometen sowie digitale Bildverarbeitung. Ort: Burg Rothenfels bei Würzburg, Vorschläge zu Referaten sind willkommen, Info: www.planetentagung.de
Sa. 29.11.2014 19. HATT - Ausstellung für Amateurastronomen Astronomischer Gebraucht- u. Neuwarenmarkt mit Vortragsprogramm Ort: Realschule Grünstraße, Hattingen. 10-16 Uhr, Kontakt: Volkssternwarte Hattingen e.V., c/o Ingo B. Schmidt, 0201-8336082, 0176-52131326, ingo.schmidt@sternwartehattingen.de, Info: www.sternwarte-hattingen.de
Dezember 2014
Fr. 26.12.2014 - Do. 01.01.2015 Second ESO Astronomy Camp for Secondary School Students Für Schüler im Alter von 16 bis 18 Jahren. Vorträge, Workshops und Beobachtungen am Observatorium Aosta. Veranstalter: Europäische Südsternwarte (ESO) u. Sterrenlab in Saint Barthelemy, Italien, Kontakt: Cristina Olivotto, Sterrenlab, cristina@sterrenlab.com u. Oana Sandu, ESO, osandu@partner.eso.org. Info: http://sterrenlab.com/camps/ eso-astronomy-camp-2014


6

Kometen

Was ist ein ,,Großer Komet"?
von Stefan Krause

Helle, auffällige Schweifsterne werden oft als ,,Große Kometen" bezeichnet, ohne dass näher erläutert wird, was darunter genau zu verstehen ist. In der Literatur scheint dieser Begriff erstmals im Zusammenhang mit dem hellen Sungrazer C/1843 D1 in größerem Umfang verwendet worden zu sein. Dies geschah wohl aus der Verlegenheit heraus, dass es keinen benennbaren Entdecker gab - der Schweifstern wurde Anfang Februar 1843 von zahlreichen Laien fast zeitgleich gesichtet. Die überaus imposante Erscheinung führte dann zu der Hilfsbezeichnung ,,Großer Komet". Daneben wurden auch ,,Großer Märzkomet" oder ,,Tageslichtkomet" verwendet. Im weiteren Verlauf des 19. und auch im 20. Jahrhundert wurden weitere helle Schweifsterne von vielen Personen gleichzeitig entdeckt und gingen mit informellen Namen wie ,,Großer Südkomet" oder ,,Großer Januarkomet" in die Annalen ein. Später erlangten dann auch rückwirkend bedeutende historische Schweifsterne die Bezeichnung ,,Großer Komet". Selbst Objekte, welche offiziell einen Entdeckernamen tragen wie C/1858 L1 (Donati), C/1861 J1 (Tebbutt), C/1975 V1 (West) oder C/1995 O1 (Hale-Bopp), erhielten inoffiziell diesen Beinamen.
Eine ,,offizielle" Definition, was ein Großer Komet ist, existiert jedoch nicht. Laut Wikipedia handelt es sich dabei um eine Erscheinung, die auch einem zufälligen Betrachter des Nachthimmels auffällt. Kelly Beattie schlug kürzlich eine ähnliche Definition vor:
,,A ,great` comet is one bright and obvious enough to catch the naked-eye attention of a casual skywatcher who didn`t know about it beforehand."
Diese simple Definition, trifft es eigentlich ganz gut, auch wenn zum Beispiel der Bewohner eines engen Tales u. U. gar nicht die Möglichkeit hat, solch eine Zufallsbeobachtung zu machen - viele helle Kometen sind im Optimum ihrer Entwicklung nur horizontnah in der Dämmerung zu sehen. Auch die Lichtverschmutzung in Großstädten ist ein Faktor. Komet Hyakutake (C/1996 B2) konnte unter der

1 C/1843 D1 war vielleicht der erste Schweifstern, welcher explizit und weit verbreitet
als ,,Großer Komet" bezeichnet wurde. Er war der bislang imposanteste Vertreter der Kreutz-Gruppe und gehört zu den eindrucksvollsten Kometenerscheinungen der Geschichte. Sein Schweif hatte eine Ausdehnung von etwa 300 Millionen Kilometer. Am irdischen Himmel erreichte er eine Länge von bis zu 70 Grad. Bildnachweis: Chambers (1909, Plate XIV).

Lichtglocke eines Ballungsraums anders als Hale-Bopp (C/1995 O1) durchaus einem zufälligen Beobachter entgehen. Wer jedoch beide Schweifsterne unter einem einigermaßen dunklen Himmel sah, wird bestätigen, dass Hyakutake wesentlich eindrucksvoller erschien als Hale-Bopp. Noch im 19. Jahrhundert war es freilich so, dass mangels störenden Kunstlichts Städter Kometen genauso gut beobachten konnten wie Landbewohner. Wir sollten o. g. Definition also den Zusatz ,,unter einem einigermaßen streulichtfreien Himmel" hinzufügen. Nun gab es in der Geschichte auch beachtliche Kometen, die nur am Taghimmel oder in der hellen Dämmerung sichtbar waren. Als extremes Beispiel sei C/1927 X1 (Skjellerup-Maristany) genannt, einer der hellsten jemals beobachteten Schweifsterne, der sich aber aufgrund seiner Bahngeometrie nicht aus der Dämmerung lösen konnte. In seinem Fall musste ein Beobachter schon genau in die passende Himmelsrichtung (und dies in einem engen täglichen Zeitfenster) schauen, um den Kometen ohne

Vorwissen über seine Existenz zu finden. Wenn wir solche Fälle auch berücksichtigen, kommen wir zu einer vielleicht ganz brauchbaren Definition:
,,Ein Großer Komet ist ein Schweifstern, der selbst einem völlig ahnungslosen Laien mit bloßem Auge unter einem einigermaßen streulichtfreien Himmel beim Blick in die richtige Himmelsregion sofort auffällt."
Internet- und Literaturhinweise: [1] George F. Chambers, (1909):
The Story of the Comets; 256 S., Clarendon Press, Oxford. [2] Großer Komet: de.wikipedia.org/ wiki/Gro%C3%9Fer_Komet [3] Comets Mailing List: groups.yahoo. com/neo/groups/comets-ml/ conversations/topics/21184

Kometen

7

Wie oft beschert uns das Sonnensystem
einen Großen Kometen?
von Uwe Pilz

Motivation Mitte der 1970er-Jahre erwachte mein Interesse für die Astronomie. Ich lieh mir das Fernglas meiner Großeltern und gelegentlich auch das kleine Fernrohr unserer Schule und beobachtete die leicht zugänglichen Objekte Sonne, Mond und die Planeten sowie die helleren Sternhaufen. Attraktiv - weil aus der Stadt schwer erreichbar - erschienen mir die feinen Nebelobjekte, vor allem die Galaxien. Noch mehr reizten mich die Kometen, deren Erscheinen meist unvorhersehbar ist. Ich wartete sehnsüchtig auf einen ,,Großen Kometen". ,,West" hatte ich gerade verpasst. Mein Astronomielehrer sagte mir, dass ich darauf etwa zehn Jahre warten müsse. Das waren ja schöne Aussichten! Es sollten in Wirklichkeit zehn Jahre vergehen, ehe ich überhaupt einen Kometen zu Gesicht bekam, und noch einmal zehn Jahre bis zu einer wirklich eindrucksvollen Erscheinung. Auch heute bewegt viele Menschen die Frage, wie oft denn ein auffallender Schweifstern am Himmel erscheint. Ich versuche, auf Basis des Archivs unserer Fachgruppe eine Antwort darauf zu geben. Dieses Archiv umfasst mittlerweile etwa mehr als drei Jahrzehnte an Messdaten und Kometenfotografien.
Ein Großer Komet - was ist das? Es existiert keine lexikonartige Definition dieses Begriffs. Einige Kometenexperten haben versucht, diese Frage für sich bzw. aus dem eigenen Erfahrungsschatz zu beantworten. John Bortle spricht von einem ,,Großen Kometen", wenn dieser mindestens 0 mag erreicht [1]. Mark Kidger definiert zwar nicht den ,,Großen Kometen", sondern beschränkt sich auf ,,Helle Kometen". Auch ihm genügt eine einfache Helligkeitsgrenze, in seinem Fall 3,5 mag [2].
Dies greift m. E. zu kurz: Einerseits werden helle Kometen eingeschlossen, welche von Sonnenteleskopen entdeckt werden und von der Erde aus gar nicht sichtbar sind. Andererseits werden Kometen mit gewaltigem Schweif ausgeschlossen, wenn sie diese Helligkeitsmar-

ke verfehlen, möglicherweise nur knapp. Ohne Berücksichtigung der ,,SOHO-Kometen" gab es seit Beginn des 19. Jahrhunderts gemäß Bortle zwanzig ,,Große Kometen".
Donald Yeomans [3] definiert sechs Kriterien für einen großen Kometen:
1) Der Komet besitzt einen großen Kern. 2) Die aktive Oberfläche ist groß. 3) Das Perihel liegt in Sonnennähe. 4) Der Komet passiert die Erde in
geringer Entfernung.

5) Die Sichtbarkeitsbedingungen sind gut.
6) Der Komet ist genügend lange sichtbar.
Diese Kriterien beschreiben recht gut die ,,Zutaten" für einen ,,Großen Kometen". Leider bieten sie aber keine Entscheidungshilfe.
Als Alternative biete ich an, dass man sich an der Wirkung orientiert, die ein solcher Himmelskörper auf Nicht-Astronomen hat. Ein Großer Komet sollte am

Hinweis
Beiträge sollen an die zuständigen Redakteure (siehe auch Liste der VdS-Fachgruppen-Redakteure) oder an die VdS-Geschäftsstelle (Mail/Postadresse) geschickt werden.

8

Kometen

1 Hyakutake war ein ,,Großer Komet". Selbst mit einfachen
fotografischen Mitteln konnte er in seiner ganzen Pracht wiedergegeben werden: Uwe Wohlrab belichtete am 28. März 1996 fünf Minuten lang mit einem 80-mm-Objektiv bei f/2,8 auf hypersensibilisierten TP 2415.

2 Auch ,,sehr helle Kometen" lassen sich mit einer einfachen
Ausrüstung ablichten: Für den Kometen Halley genügte Manfred Späthe am 11. März 1986 ein 50-mm-Normalobjektiv. Die Belichtungszeit betrug 16 Minuten auf TriX-Schwarzweißfilm.

Himmel auffallen, d. h., er sollte die Aufmerksamkeit auch eines unvorbereiteten Betrachters auf sich ziehen und Erstaunen hervorrufen. Dies ist sicherlich kein mathematisch eindeutiges Kriterium, beschreibt aber besser, was sich die Allgemeinheit unter einem ,,Großen Kometen" vorstellt. Verändert wird diese Klassifikation jedoch durch die zunehmende Lichtverschmutzung: Komet Hyakutake war gewiss eindrucksvoll - unter dunklem Himmel, so dass ich einen vernünftigen Landhimmel gern als zusätzliche Voraussetzung hinzunehme.
Man kann den Kreis etwas weiter ziehen und auf ähnliche Weise ,,wirklich helle Kometen" definieren. Diese sollten zumindest auffällig sein, wenn man den Himmel betrachtet. Das bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass sie auf den

ersten Blick ins Auge springen müssen. Man kann dann die Bedingungen noch etwas zurückschrauben und von ,,gut sichtbaren Kometen" sprechen. Diese müssen mit dem freien Auge einfach auffindbar sein, wenn man die Himmelsgegend (z. B. das Sternbild kennt). Hier ist das ,,Kidger-Kriterium" sicherlich anwendbar, 3,5 mag ist ein guter Wert.
Große, helle und gut sichtbare Kometen im Archiv der Fachgruppe Auf Basis der Fachgruppenbeobachtungen habe ich alle helleren Kometen seit 1980 zusammengestellt. Komet Lovejoy von 2011 konnte von der Nordhalbkugel aus nicht beobachtet werden. Ich habe ihn dennoch in die Tabelle hinzugenommen.

Ich habe (ein wenig nach eigenem Ermessen) die Kometen in die drei oben beschriebenen Klassen eingeteilt. Für die ,,Großen Kometen" ist die Sache recht eindeutig: Im betrachteten Zeitraum verdienen nur Hale-Bopp, Hyakutake und McNaught von 2006 dieses Prädikat. Alle drei erfüllen übrigens das BortleKriterium. Über Lovejoy kann man streiten, aber auf der Nordhalbkugel war er ohnehin nicht sichtbar.
Die Klasse der ,,sehr hellen (aber nicht Großen) Kometen" ist erstaunlich dünn besetzt. Komet Halley rutscht gerade noch in diese Gruppe bzw. man kann über seine Zugehörigkeit unterschiedlicher Meinung sein. Es handelt sich im Verlauf von über drei Jahrzehnten um vier Kometen. ,,Gut sichtbar" waren weitere sechs Schweifsterne.

Kometen

9

Fazit Die Analyse bestätigt die Faustregel, dass im Schnitt alle zehn Jahre ein ,,Großer Komet" zu sehen ist. Es wird aber auch bestätigt, dass die Verteilung ungleichförmig ist - Hyakutake und Hale-Bopp folgten rasch aufeinander. Innerhalb dieser zehn Jahre kann man auf einen weiteren sehr hellen Kometen hoffen. Für das freie Auge ,,gut sichtbare" Kometen finden sich öfter, im Schnitt zwei je Jahrzehnt. Insgesamt sind damit pro Jahrzehnt vier bedeutende Schweifsterne zu erwarten.
Internet- und Literaturangaben: [1] J. Bortle: The bright comet chronicles;
www.icq.eps.harvard.edu/bortle.html [1998] [2] M. R. Kidger: The frequency of appearance of
bright naked eye comets since 1750; Earth, moon and planets 66, 231-8 (1994). [3] D. K. Yeomans: Comets: A Chronological History of Observation, Science, Myth, and Folklore; New York, John Wiley (1991)

3 ,,Gut sichtbare Kometen" lassen sich mit mäßigem Aufwand
vernünftig ablichten: Stefan Beck fotografierte 153P/IkeyaZhang am 31. März 2001 mit einem 150-mm-Teleobjektiv auf Kodak-E200-Farbfilm.

Bezeichnung 1P C/1989 W1 C/1989 X1 C/1990 K1 C/1996 B2 C/1995 O1 153P C/2002 V1 C/2001 Q4 C/2004 Q2 C/2006 P1 17P C/2011 W3 C/2011 L4

Große, sehr helle und gut sichtbare Kometen im Beobachtungsarchiv der Fachgruppe Kometen

Name Halley

mmax

Beobachtet am

Von

2,0

6.4.1986

Michael Mushard

Aarseth-Brewington

3,5

19.+21.12.1989

Erwin Filimon, Volker Kasten

Austin

3,0

8.4.1990

Maik Meyer

Levy

3,0

12.-14.9.1990 Rudolf Conrad

Hyakutake

-0,8

24.3.1996

Frans von Loo

Hale-Bopp

-1,5

27.+30.3.1997

Frans von Loo

Ikeya-Zhang

2,8

9.+31.3.2002

Volker Kasten, David Bender

NEAT

2,0

13.2.2003

Jan Gensler

NEAT

2,6

8.5.2004

Volker Kasten

Machholz

3,3

8.1.2005

Silvio Klausnitzer

McNaught

-5,0

14.1.2007

Michael Jäger

Holmes

1,9

31.10.2007

Uwe Pilz

Lovejoy

(0)

19.12.2011

Jose Guilherme de S. Aguiar

PanSTARRS

1,2

15.3.2013

Werner Hasubick

G/H/S H S S S G G S S S S G H H H

Tabelle 1: Groß = G, sehr hell = H, gut sichtbar = S


10

Kometen

Bahnbestimmung des Kometen ISON
von Erik Wischnewski

Um die Bahnen von Kometen zu bestimmen, genügt es, Aufnahmen zu besitzen, die nur den Kopf abbilden. Hübsche Schweife sind überflüssig, ja es kann sogar stören, wenn die damit verbundene, große Koma des Kometenkopfes eine genaue Positionsbestimmung verhindert. Trotzdem war der Komet ISON für mich insofern ein spannendes Objekt, als dass ich erwartete, ihn über viele Monate hinweg astrometrieren zu können. Daraus wurde nun nichts. Und das gleich in zweifacher Hinsicht. Zum einen wurde der Beobachtungszeitraum durch die finale Auflösung von ISON deutlich abgekürzt, zum anderen war auch die Helligkeitsentwicklung so bescheiden, dass ich ihn in meinem Kleinstadtgarten nur am

11. November 2013 fotografisch abbilden konnte. Zu wenig für eine Bahnbestimmung, die mindestens drei gute Beobachtungen benötigt.
Doch wozu hat man Astrofreunde? Carsten Jonas aus Gettorf war erfolgreicher als ich. Er quälte sich einige Male morgens aus dem Bett und wurde dafür mit einigen Bildern belohnt. Bereitwillig stellte er mir diese zur astrometrischen Vermessung zur Verfügung. Somit lagen mir mehrere Positionen im Zeitraum zwischen dem 17.09.2013 und 11.11.2013 vor.
Die verwendeten Aufnahmesysteme waren folgende: [a] Canon EOS 60Da, EF 200 mm f/2,8L

[b] Canon EOS 60Da, EF 15-85 mm, bei 35 mm f/4,5
[c] Canon EOS 50Da, EF 135 mm f/2,0L [d] Canon EOS 50Da, C11 Hyperstar
560 mm f/2
Für die Positionsbestimmung wurden die rechtwinkligen x- und y-Koordinaten mit Fitswork bestimmt. Dazu klickt man den Referenzstern bzw. den Kometenkopf an und Fitswork ermittelt eine Punktspreizfunktion (PSF). Während für fotometrische Zwecke der Fluss, also die Amplitude interessiert, benötigt man für die Positionsbestimmung den x- und yWert der Symmetrieachse. Diese Angaben macht Fitswork ganz freiwillig und ergänzt diese um die Halbwertsbreite

1
Positionen von ISON aus Tabelle 1. Obwohl die berechneten Fehlerabschätzungen deutlich größer sind als die Positionsveränderungen am 17.09. und 11.11.2013, laufen doch die Positionen zu den verschiedenen Uhrzeiten in der Bewegungsrichtung des Kometen von links oben nach rechts unten.

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12

Kometen

Positionen von ISON auf Basis der von Carsten Jonas und Erik Wischnewski mit den Instrumenten a-d gemachten Aufnahmen.

Datum 17.09.2013 17.09.2013 17.09.2013 17.09.2013 02.10.2013 03.10.2013 25.10.2013 11.11.2013 11.11.2013 11.11.2013

UT geoz. 02:42:19 02:53:46 03:07:25 03:26:13 03:47:36 03:51:44 03:22:04 03:55:46 04:06:34 04:20:40

J.D. helioz. 2456552.6184 2456552.6264 2456552.6359 2456552.6489 2456567.6638 2456568.6667 2456590.6454 2456607.6677 2456607.6752 2456607.6850

Beob. CJ CJ CJ CJ CJ CJ CJ EW CJ EW

Instr. c c c c d d d a d b

Rektaszension 09h 07m 54s 09h 07m 53s 09h 07m 55s 09h 07m 57s 09h 37m 04s 09h 39m 15s 10h 42m 11s 12h 17m 48s 12h 17m 51s 12h 17m 56s

+-0,3s +-0,3s +-0,5s +-0,4s +-0,9s +-0,7s +-0,6s +-0,6s +-1,0s +-2,0s

Deklination 20 Grad 02' 54" 20 Grad 02' 57" 20 Grad 02' 46" 20 Grad 02' 41" 17 Grad 22' 41" 17 Grad 10' 05" 10 Grad 10' 26" -2 Grad 19' 07" -2 Grad 19' 37" -2 Grad 20' 14"

+-62" +-65" +-71" +-61" +-26" +-24" +-15" +-52" +-20" +-103"

Tabelle 1: Carsten Jonas = CJ, Erik Wischnewski =EW, Instrumente: [a]...[d]. Die Angaben gelten für das Äquinoktium J2000.0. Die Uhrzeit ist UT geozentrisch, das J.D. ist heliozentrisch. Die grün hinterlegten Positionen wurden für die erste Näherung der Bahnbestimmung verwendet.

(FWHM). Letztere kann zur Abschätzung des Positionsfehlers verwendet werden. Die Positionsbestimmung erfolgt nach einem Verfahren, das Oliver Montenbruck und Thomas Pfleger in ihrem Buch [1] beschreiben. Dabei werden Plattenkonstanten bestimmt. Um die Genauigkeit zu verbessern, wurde die Refraktion berücksichtigt. Das war im Falle von ISON besonders wichtig, da er immer horizontnah aufgenommen wurde. Ferner wurde auch das Äquinoktium umgerechnet, da die Koordinaten der drei Referenzsterne das Äquinoktium J2000.0 besitzen und die Aufnahmen im Jahre 2013 gemacht wurden [2].
Insgesamt konnte ISON an fünf Tagen beobachtet werden, wobei am 17.09.2013 und 11.11.2013 mehrere Positionsbestimmungen möglich waren.
Für die Bahnbestimmung ist es erforderlich, die Uhrzeit von geozentrischer in heliozentrische Zeit umzurechnen. Dies begründet sich dadurch, dass Erde und Komet die Sonne umlaufen und diese das Massenzentrum für die Bahnbestimmung ist. Die Bahnbestimmung selbst erfolgt nach der Methode von Lambert-Olbers [3]. Hierbei muss auch die Laufzeit des Lichts vom Kometen zur Erde berücksichtigt werden. Man spricht hier von Planeten-Aberration und verwendet die retardierte Zeit [2].
Bei der Bestimmung der Bahnelemente beginnt man bei der Hypothesenrechnung mit einer ersten Näherung aus drei Beobachtungen. Es ist sehr entscheidend, welche drei ausgewählt werden. Sie sollten weit genug auseinanderliegen und die

Abstände zwischen der ersten und zwei- zumindest von Parabelbahnen. In ei-

ten sowie der zweiten und dritten Beob- nem VHS-Kursus im Jahre 1981 wurde

achtung von gleicher Größenordnung die Bahnbestimmung sogar erfolgreich

sein. Da bieten sich mehrere Alternativen mit Taschenrechnern durchgeführt. Man

an, insbesondere, wenn man bedenkt, muss halt etwas mehr tippen, aber es

dass vom 17.09.2013 und 11.11.2013 je- funktioniert auch damit. Und das Beste

weils mehrere Positionen vorliegen.

daran ist, man muss nicht einmal auf den

nächsten Kometen warten. Die meisten

Tatsächlich streuen die berechneten haben genügend Bilder früherer Kometen

Bahnelemente je nach Auswahl der drei im Archiv. Viel Erfolg!

Beobachtungen für die erste Näherung.

Einige Tripel ergeben Bahnelemente, die Literaturhinweise:

deutlich von denen der IAU abweichen, [1] Oliver Montenbruck und Thomas

mehrere liegen eng bei den IAU-Daten.

Pfleger: Astronomie mit dem

In der Tabelle 2 werden die Bahnelemente

Personal Computer

veröffentlicht, die sich aufgrund der Be- [2] Erik Wischnewski: ,,Astronomie in

obachtung vom 03.10.2013, 25.10.2013

Theorie und Praxis"; 6. Auflage,

und 11.11.2013 03:55:46 ergeben (in Ta-

Eigenverlag 2013

belle 1 grün hinterlegt).

[3] Barbara Wischnewski: Bestimmung

von Kometen; GvA Hamburg 1979

Die übrigen Positionen wurden im Rah-

(nicht mehr erhältlich, aber be-

men einer Ausgleichsrechnung zur Ver-

schrieben in Astronomie in Theorie

besserung der Bahnelemente verwen-

und Praxis)

det. Tatsächlich brachte dies aber keine [4] IAU: Observations and Orbits of

Verbesserung mehr. Ebenso schlug der

Comets. MPEC 2013-Y32

Versuch fehl, parabelnahe Elemente zu

berechnen. Nichts-

destotrotz liegen die

so ermittelten Bahn-

Bahnelemente von ISON

elemente sehr nahe bei den offiziellen Elementen der IAU.

Bahnelement Exzentrizität e Periheldistanz q

Wischnewski 1 0,0125

IAU 1,000001 0,012446

Dieses Beispiel demonstriert, wie relativ leicht man auch als Amateur mit ein-

Bahnneigung i Aufsteigender Knoten Abstand Perihel-Knoten Periheldurchgang T

62,262 295,632 345,542 2456625,329

62,405 295,651 345,539 2456625,381

fachen mathema-

tischen

Mitteln Tabelle 2: Bahnelemente von ISON, berechnet auf Basis der Po-

die Bahnelemen- sitionen vom 03.10.2013, 25.10.2013 und 11.11.2013 03:55:46 (in

te von Kometen Tabelle 1 grün hinterlegt). Zum Vergleich sind die letzten Elemente

bestimmen kann, der IAU, veröffentlicht in MPEC 2013-Y32 [4] angegeben.

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14

Kometen

Kometenjagd auf über 2000 Meter
von Alexander Geiss

Nun war ich endlich unterwegs. Auf dem Rücksitz ruhte angeschnallt der Tubus meines f/7-Sechszöllers, die Montierung lag im Kofferraum. Kleidung, Proviant, Karten - das Auto war gepackt mit meiner Ausrüstung, die ich mir zusammengestellt hatte. Und ich war nun tatsächlich auf Beobachtungsfahrt in die Berge. Am kommenden Morgen würde ich eine erste Sichtung nach dem Perihel machen. Vor Wochen schon hatte ich mir diesen 29.11.2013 nach dem Perihel von CI2012 S1 (ISON) freigehalten, um dem im November häufigen Schlechtwetter entgehen und einen Ort mit klarem Himmel, vorzugsweise auf der Südseite der Alpen, erreichen zu können. Fünf Tage zuvor hatte ich die Astronomiefreunde Ingolstadt kontaktiert und Uwe Pilz, den Ansprechpartner der FG Kometen, der meine Nachricht gleich an seinen WebVerteiler streute. Leider fand sich kein Mitstreiter für ein solches perihelnahes Unternehmen, aber ich hatte drei neue Bekannte bekommen. Wir mailten und telefonierten über die schwierige Aufgabe, den Kometen bei so geringem Winkelabstand zu orten und das Risiko, seine Augen dauerhaft zu schädigen. Nachdem einer mit dem Berg Plose bei Brixen in Südtirol gute Erfahrung gemacht hatte, war das mein Ziel. Auch die Wetterprognosen für diesen Ort waren positiv. Und als nur Stunden vor Abfahrt mich Zweifel beschlichen, bestärkte mich meine liebe Familie, diese Fahrt doch zu machen. Also war ich gegen 21 Uhr losgefahren.
Bis hinter München brauchte ich immer wieder den Scheibenwischer. Bald nach der Grenze zu Österreich fiel mir dann der Sternenhimmel auf. Ich freute mich, dass ich aufs richtige Pferd gesetzt hatte: Am Wetter würde es jedenfalls nicht scheitern. Aber in der Dunkelheit zu einem mir unbekannten Beobachtungsplatz zu finden? Immerhin lag ich gut in der Zeit, als ich schließlich den Weg gefunden hatte, der hinauf zur Plose führte. Ich legte meine restlichen Kleidungsschichten an und

1 Immer wieder eine ,,Kontrolle" mit dem 6x42-Feldstecher: An der Doppelspitze
hinter mir müsste ISON aufgehen ...

setzte die Fahrt nach oben in den Schnee fort. Wie die unzähligen Kurven, ließ ich schließlich auch ein Schild hinter mir, welches das Passieren der 2000-Höhenmeter-Marke anzeigte. Bald darauf war der verschneite Weg zu Ende.
Er führte nicht bis zu einem guten Beobachtungsplatz, das hatte ich wohl doch falsch interpretiert. Ich parkte um Viertel nach vier Uhr auf einem steilen und verschneiten Weg auf der Talseite der oberen Seilbahnstation. Als ich mir einen geeigneten Platz für meinen Parallaktiker auf der anderen Seite des Gebäudes suchen wollte, stellte ich fest, dass der Himmel wirklich atemberaubend schön war - da, ein schneller Meteor - und dass die erreichte Terrasse nicht nur ordentlich viele Ablegemöglichkeiten für diverses Zubehör aufwies, sondern auch noch einen sich nach Osten erhebenden stattlichen Hang!
Hinauf bei strammem Wind und an einer arbeitenden Schneekanone vorbei, stapfte ich im Licht meiner Stirnlampe durch den verharschten Schnee und kam schließlich auf den flacheren Teil einer Skipiste. Hier erwischte mich kein Schnee mehr und das sollte nun mein Beobachtungsplatz sein. Leider waren in

der Nachbarschaft im Osten etwas höhere Gipfel. Noch 65 Minuten waren es bis Beginn der astronomischen Dämmerung und dass ich mein Teleskop nicht aufstellen konnte, nahm ich relativ gefasst auf, weil meine Montierung bei diesem Wind ohnehin etwas wackelig gewesen wäre. Weniger angenehm war, dass ich hier keine Ablagemöglichkeiten hatte und so mit dem Boden Vorlieb nehmen musste. Ein weiterer Grund, weniger Material vom Auto herzuholen. Und das war auch gut so, denn erst einmal musste ich ja wieder zurück und den Hang hinunter! Aber was macht man nicht alles für einen großen Kometen? Eigentlich hätte sich ja ein Schweif im Osten erheben müssen. Nun begann ich, an diesem großen Kometen zu zweifeln. Ich fand meine Spuren nicht und rutschte halb kontrolliert ein Stück abwärts, weil Laufen hier nicht möglich war.
Zwei Atlanten, meine Buchbeleuchtung, ein Fotostativ mit Kleinbildkamera und mein 6x42-Fernglas waren in dieser Höhe erstaunlich schwer und so musste ich bei meinem erneuten Aufstieg unverhofft rasten. Ich wollte keinesfalls das Gleichgewicht verlieren - lieber auf Nummer sicher gehen, um diese Zeit, in diesem Gelände, bei diesem Wetter ...


Kometen

15

Meine Finger waren schon klamm, als ich meine Sachen ablegte. Hier würde ich nun den Aufgang von ISON erwarten. Doch von einem Schweif, der hoch in den Himmel aufragen müsste, war auch mit Fernglas noch nichts zu sehen. Ich hatte mir in meine Sternkarte die Position von ISON und der Sonne eingetragen und versuchte nun herauszufinden, an welcher Stelle des mir gegenüberliegenden Bergkammes der Komet aufgehen würde.
Oh, wie schwierig das Blättern bei Kälte und Wind war: Fäustlinge ausziehen, dabei den zweiten Satz Handschuhe ohne Fingerkuppen anbehalten, niederhocken, umblättern, aufstehen. Zuhause ist das kein Problem. Die Grenzgröße wollte ich nun doch nicht mehr bestimmen, aber sie war besser als die 6,1 mag, die ich in Ochsenfeld vor meiner Haustüre letzten Monat bestimmt hatte.
Lovejoy aber war ein guter Bekannter. Ihn hatte ich schon mehrfach beobachtet und ich fand ihn schnell südlich von Eta UMa: mit einem konzentrierten Schweif von etwa zwei Grad bei direktem Anblick und von vielleicht 30´ Durchmesser. An eine Zeichnung des Eindrucks war in dieser Situation leider nicht zu denken, ein Objekt für das unbewaffnete Auge war er nicht.
Als immer noch war kein Schweif von ISON am Osthorizont zu sehen war, wollte ich die Kamera ein paar Bilder machen lassen. Jetzt - um zehn vor fünf - war ich von der astronomischen Dämmerung überrascht worden. Nun machte sich doch Enttäuschung breit, denn einen Schweif hatte ich schon erwartet. Vielleicht würde sich der Schweif beim Stacken durch einen Freund zeigen. Die Aufgangsposition hatte ich auf etwa zwei Grad eingrenzen können. Aber wo blieb denn der Schweif? Kurz fielen mir die Augen zu.
Das Läuten der Weckerfunktion meines Handys erinnerte mich um 6 Uhr daran, dass ich ja noch gar nicht geschlafen hatte. Der erwartete Jahrhundertkomet war das schon mal nicht.

Immer heller wurde der Himmel. Ein Schneemobil fuhr weiter oben die Piste hinauf. Hoffentlich hatten der Fahrer und seine Kollegen mich nicht eingeparkt, immerhin stand ich am Rand in einer Sackgasse der Seilbahnstation. Das machte mir etwas Sorgen, schließlich wollte ich nicht bis zum Abend bleiben. Hinter mir senkte sich der Erdschattenbogen und kündigte den bevorstehenden Sonnenaufgang an. Bald war Saturns Scheibchen kaum noch zu sehen und der erste Gipfel zeigte schon ein blasses Rosa: Das Alpenglühen hatte eingesetzt - welch ein Anblick! Selbst wenn ISON bei seiner Sonnenpassage verdampft war, hatte sich die Fahrt gelohnt!
Aber meine Finger und Zehen waren kalt und schmerzten schon eine ganze Zeit. Dieses gleichmäßige Gefühl der Kälte wertete ich aber positiv, denn in einer kälteren Wetterlage hätte man sich ja schließlich auch Erfrierungen zuziehen können. Der Schneemobilfahrer kam nun wieder bergabwärts - vielleicht hielt er mich für einen Fotografen und war ,,Verrückten" wie mir schon häufiger begegnet.
Immer wieder suchte ich den Horizont ab. Nun bestätigte der helle Schimmer den Aufgangspunkt unseres Tagsterns, wo ich schon die Sonne bereits vermutet hatte. Und dennoch: Nichts war von ISON zu sehen!
Nun meldete sich wieder mein Handy und ich freute mich, meine Frau zu hören. Kurz schoss mir durch den Kopf, dass sie sich ja auch Sorgen machen könnte. Ich erzählte kurz von den schönen Erlebnissen und dass ich den Kometen noch nicht gesehen hatte. Sie wiederum hatte in den Nachrichten von dem vermutlichen Auflösen des Kometen gehört. Das fühlte sich wie eine Bestätigung an und tat nun fast gar nicht mehr weh. Nach dem kurzen Gespräch suchte ich fast schon aus Gewohnheit und fand schließlich einen hellen Saum an der Bergkante, der langsam breiter wurde - das war noch nicht die Sonnenscheibe, sondern eine Beugung. Nun musste ich extrem aufpassen! Nur ein paar Augenblicke später gleißte

schon das direkte Licht ins Fernglas. Ich schwenkte wieder nach oben und blieb auch beim letzten Versuch erfolglos. Nun war es kurz nach 8 Uhr.
Nur wenig enttäuscht packte ich meine Sachen zusammen und freute mich, als ich die Fäustlinge wieder anziehen konnte. Der Schneemobilfahrer kam nun wieder den Berg hinauf. Ich winkte ihm und er kam herbei. Er wusste nichts von dem Kometen, konnte mir aber sagen, dass jemand hinter meinem Auto stand - natürlich wusste er, welches Fahrzeug meines war! Gerne hätte ich ihn durch mein Teleskop schauen lassen, wenn bei meinem Parkplatz Sonne gewesen wäre. Bei Tageslicht fand ich meine ersten Spuren und konnte mich nun sicher an den Abstieg machen. Die Temperaturanzeige der Seilbahnstation meldete angenehme -4 Grad C und ich freute mich über die doch insgesamt guten Bedingungen und über den Erfolg, sagen zu können, dass die Helligkeit von ISON doch mindestens stark hinter den Erwartungen zurückgeblieben war. Und über die vielen schönen Beobachtungen da oben.
Mit meinen Winterreifen konnte ich tatsächlich aufwärts ohne Probleme Ausparken und trat mit einer kleinen Brotzeit im Magen die Heimreise an, von der ich auch noch schöne Fotos machte. Nördlich von Innsbruck zeigten Wolken die im Norden unveränderte Wetterlage an und so nutzte ich die bevorzugte Alpenwetterlage auf dem nächsten Parkplatz zur Bestimmung der H-alpha-Relativzahl, bevor ich wieder ins wolkenverhangene Bayern eintauchte.
Das Radio meldete nichts vom großen Kometen und so war ich auf die Medienberichte im Internet gespannt. Ich hatte das gute Gefühl, dass ich es versucht hatte, aber ISON sich vielleicht aufgelöst haben könnte. Und ihn nicht gesehen zu haben, war schließlich auch eine Beobachtung und eine Erkenntnis. Und es hatte noch so vieles Anderes zu sehen gegeben: Meine Beobachtungsfahrt nach Südtirol hatte sich also in vielerlei Hinsicht gelohnt.

2 Vor Sonnenaufgang:
der Erdschattenbogen!

16

Kometen

Der Komet C/2012 S1 (ISON)
- Beobachtungen vor dem Perihel
von Uwe Pilz

Am 21. September 2012 entdeckten der Russe Artyom Novichonok und der Weißrusse Vitali Nevski auf einer Aufnahme des International Scientific Optical Network (ISON) im Sternbild Krebs ein 18,5 mag helles asteroidales Objekt. Sie konnten die kometare Natur mit dieser Aufnahme nicht sicher nachweisen und meldeten die Entdeckung daher als stellar. Für solche Fälle ist vorgesehen, dass der Komet den Namen des Überwachungsvorhabens - im konkreten Falle also ISON - erhält.
Rasch fand sich der Komet auf zwei älteren Aufnahmen, so dass eine recht genaue Bahnbestimmung möglich war. Sie ergab, dass der Komet der Sonne im November 2013 sehr nahe kommen würde. Ab diesem Moment begannen die Spekulationen über einen ,,Großen Kometen". Die ersten Helligkeitsbestimmungen schienen auch in diese Richtung zu zielen, es wurde eine Maximalhelligkeit jenseits von -10 mag errechnet (Abb. 1).

Alle Beobachter warteten gespannt auf den September, als ISON am Morgenhimmel erwartet wurde. Thomas Lehmann bestimmte Mitte August elektronisch 13,7 mag, ich selbst visuell Anfang September 11,8 mag. Das wich noch nicht deutlich von den Prognosen ab. In jener Periode entstand das Foto von Waldemar Skorupa (Abb. 4). In den kommenden Wochen hätte sich der Komet kräftig entwickeln müssen. Tatsächlich erlebten wir eine nur zögerliche Zunahme der Aktivität, Anfang Oktober lag die Helligkeit bei 11 mag, Mitte Oktober bei 10,5 mag, Ende Oktober bei 10 mag. Zu erwarten gewesen wäre 8-7 mag.
Roland Fichtl wies mit seiner Aufnahme vom 2. Oktober eine gut kondensierte Koma nach (Abb. 5), auf dem einen Tag später aufgenommenen Bild in Abb. 6 von Stefan Beck lässt sich die Helligkeit

des Kometen gut anhand der benachbarten Galaxien einschätzen. Die hellste rechts unterhalb ist NGC 2943 mit 12,7 mag. Mitte Oktober gelang Franz Xaver Kohlhauf eine sehr stimmungsvolle Aufnahme: Der Komet gemeinsam mit Mars und Regulus über dem morgendlichen Osthorizont (Abb. 7). Jeder, der den Kometen seinerzeit beobachtete, wird sich an diese Konstellation erinnern.
Im Laufe des Novembers stieg die Helligkeit des Kometen kontinuierlich an und entwickelte sich zügig, aber weit unterhalb der Prognosen. Gleichzeitig wurden die Beobachtungsbedingungen zunehmend schlechter. Die letzten visuellen Bestimmung gelangen Wolfgang Vollmann am 17. und Werner Hasubick am 18. November. Beide sahen ISON im Fernglas bei 5,7 bis 5,8 mag.

Da der Komet bei seiner Entdeckung mit ca. 18 mag bereits recht hell war, lag er in der Reichweite gut ausgestatteter Amateure. Eine der ersten Aufnahmen unserer Fachgruppe stammt von Norbert Mrozek, der den Anfang Oktober noch sehr unscheinbaren Schweifstern mit einem 20-Zöller ablichten konnte (Abb. 2). Im Februar 2013 konnte ich den Kometen visuell vermessen: Mit 32 Zentimeter Öffnung bestimmte ich 15 mag. ISON war im Winter 2013 fast stellar, was seine Sichtung erleichterte. Insgesamt erhielt ich in dieser ersten Beobachtungsperiode zwölf Helligkeitsbestimmungen von drei Beobachtern, ergänzt durch einige fotografische Helligkeitsmessungen. Im Mai bestimmte Gerhard Scheerle ihn mit 14 mag - viel getan hatte sich nicht. Der Komet konnte im Laufe des Frühlings als unscheinbares Objekt beobachtet und fotografiert werden, bis er im Mai der Sonne zu nahe kam. Aus dieser Zeit stammt auch das Bild von Uwe Wohlrab (Abb. 3). Der Vergleich mit den benachbarten Galaxien zeigt, wie schwach der Komet war.

1 Helligkeitsvorhersage von ISON anhand von Helligkeitsmessungen, welche im
September und Oktober 2012 bestimmt wurden (rote Kurve). Bei diesen Werten handelt es sich um elektronisch gemessene Werte. Die anderen Punkte wurden visuell bestimmt und zeigen seinen tatsächlichen Helligkeitsverlauf.

Kometen

17

2
10. Oktober 2012, 3:17 Uhr UT. Instrument: 20-Zoll-Deltagraf, f/3,0, 15 x 120 s auf STL-16803CCD-Kamera (Bildautor: Norbert Mrozek)

3
5. Mai 2013, 21:05 Uhr UT. Instrument: 25-cm-Deltagraf, f/3,4, 10 x 60 s auf RicohGXR-A12-CMOS-Kamera bei ISO 1600 (Bildautor: Uwe Wohlrab)


4
5. September 2013, 0:58 Uhr UT, 8-Zoll-Astrograf, f/2,8 auf FLI-CCD-Kamera (Bildautor: Waldemar Skorupa)
5
2. Oktober 2013, 3:28 Uhr UT. Instrument: 10-Zoll-Astrograf, f/3,6, 6 x 180 s auf SBIG-8300M-CCD-Kamera (Bildautor: Roland Fichtl)
6
3. Oktober 2013, 3:29 Uhr UT. Instrument: 200-mm-Newton, f/2,9, 21 x 30 s auf CCD-Kamera ATIK 314L+ (Bildautor: Stefan Beck)

Kometen

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7 14. Oktober 2013, 2:20 Uhr UT. Instrument: 8-Zoll-SCT,
f/6,2, 629 s auf EOS-600-CMOS-Kamera bei ISO 6400 (Bildautor: Franz Xaver Kohlhauf)

Wolfgang Vollmann schreibt zu den Sichtungen aus dieser Zeit: 14. November: Sehr tief unterhalb von Gamma Vir. Im 105-mmNewton bei 19-fach als heller ,,Stern" mit etwas Nebelhülle, durch Dunst kein Schweifansatz erkennbar. Der Kometenkopf ist sehr stark kondensiert und m1 = 6,1 mag geschätzt. Für den Schweif müsste man sicher aus dem Donautal in die Berge und es braucht einen dunkleren Himmel.
17. November: Gestern, am 16., hat mir der Nebel den Kometen verdeckt. Deshalb schaute ich heute von der Hohen Wand. Aber auch dort war am Horizont noch Nebel und Komet ISON (C/2012 S1) stand schon sehr tief, nicht weit von Spica. In elf Tagen erreicht der Komet seine Sonnennähe (Perihel). Im Fernglas 10x50 war der Komet durch den dünnen Nebel zwar zu sehen, aber nicht sehr auffällig. Die Helligkeit des Kopfs schätzte ich auf m1 = 5,8 mag.
Zu dieser Helligkeit trug ein Helligkeitsausbruch am 14. November bei, doch allgemein hatte sich ISON nur zögerlich entwickelt. Dieser kleine Ausbruch um 1,5 mag gab der Beobachtergemeinde wieder etwas Hoffnung. Somit hatte der Komet den nominellen Wert für die Freisichtigkeit überschritten. Allerdings war sein Bahnverlauf für den mitteleuropäischen Himmel dazu nicht geeignet. Mir ist nur eine einzige Sichtung mit dem freien Auge bekannt: Nicolas Biver bestimmte ihn am 14. November vom spanischen Hochland aus zu 6,2 mag.
8 31. Oktober 2013, 2:20 Uhr UT. 20-Zoll-Newton, f/5, 30 x 30 s
auf Canon-EOS-500d-CMOS-Kamera (Bildautor: Volker Wickert)


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9 12. November 2013, 4:06 Uhr UT. 8-Zoll-Astrograf, f/2,8, 7 x 200 s auf FLI-ML8300-CCD-Kamera (Bildautor: David Bender)
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11 18. November 2013, 4:48 Uhr UT.
Teleobjektiv 3,2/90 EOS-60Da-CCDKamera, ISO 1600. (Bildautor: Georg Klingersberger)
12 21. November 2013, 2:45 Uhr UT.
12-Zoll-Astrograf, f/3,6, 540 s auf FLI-ML-8300-CCD-Kamera (Bildautor: Gerald Rhemann)

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13 Oben: 22. November 2013, 5:20 Uhr UT. Teleobjektiv
3,5/200, 7 s auf Canon 5D (Bildautor: Thorsten Böckel)

14 Unten: 24. November 2013, 6:21 Uhr UT. Teleobjektiv 4,5/200, 10 s
auf Canon-5D-MkII-CMOS-Kamera. (Bildautor: Werner E. Celnik)


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15 24. November 2013, 6:33 Uhr UT. Teleobjektiv 5,6/300, 3 s auf Canon-1100DE-CMOS-
Kamera, ISO 800 (Bildautor: Hermann Koberger)

Für die Fotografen begann nun eine spannende Zeit. Unter guten atmosphärischen Bedingungen ließ sich der Komet mit vielen Einzelheiten darstellen. Die Abbildungen 8 bis 11 geben davon Kunde: Bemerkenswert an Abb. 11 ist die Konjunktion mit Spica.
Ab dem 20. November wurde die Beobachtung auch fotografisch sehr schwierig. Hervorzuheben ist die detailreiche Aufnahme von Gerald Rhemann, welche er von Namibia aus machte (Abb. 12). Die Schweifstrahlen sind in einer Auflösung wiedergegeben, welche atemberaubend ist. Einen Tag später gelang Thorsten Böckel eine Aufnahme vom Ätna aus, die in der Zusammenschau der Lichter von Catania, den horizontnahen Wolken, Saturn und dem Kometen einen eigenen Reiz hat (Abb. 13).
Die letzten Fotos im Archiv unserer Fachgruppe stammen vom 24. November und sind wenige Minuten nacheinander aufgenommen. Sowohl Werner Celnik als auch Hermann Koberger gelang der Nachweis des Kometen von Teneriffa

aus. Vom selben Tag habe ich noch eine einzige Aufnahme gefunden, die Jose Chambo um 5:52 Uhr UT aufnahm - eine halbe Stunde früher. Die letzte Aufnahme gelang Bruce Gary am 25.11.2013 um 13:30 Uhr UT in Arizona.

Damit haben wir als Fachgruppe mit die letzten erdgebundenen Aufnahmen von ISON gemacht!
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Das Schweifereignis am 21. November -
ein erstes Zeichen der beginnenden Auflösung?
von Uwe Pilz

Kometen entwickeln sowohl einen Gasals auch einen Staubschweif. Diese beiden Schweife sind unterschiedlich ausgeprägt - ISON war besonders gasreich und damit staubarm. Der hier dominierende Gasschweif leuchtet, weil die Gasteilchen durch die Sonnenstrahlung aktiviert werden, und beim Deaktivieren die aufgenommene Energie in Form von Lichtstrahlung abgeben. Dies ist derselbe Effekt wie das leuchtende Gas in Leuchtstoff- und Energiesparlampen, allerdings sorgt eine innen auf dem Glas aufgebrachte Schicht hier für spektral gleichmäßiges Licht.

Angeregte Gasteilchen sind elektrisch geladen und werden durch das Magnetfeld der Sonne beeinflusst. Wenn das Magnetfeld eine starke Änderung erfährt, dann wird dies im Schweif sichtbar, meist in Form eines Abknickens oder eines scheinbar rauchartigen Wehens im Schweif. Typische Beispiele sind der Schweifabriss von 45P/Honda-MrkosPajdusakova von Anfang Oktober 2011 (Abb. 1) oder der Knick im Schweif von Halleys Komet am 11. April 1986 (Abb. 2).
Solche auffallenden Ereignisse sind übrigens nicht sonderlich häufig.

2 Rechte Seite: Schweif-Teilablösung
von 1P/Halley am 11. April 1986. Instrument: 6-Zoll-Flatfieldkamera, f/3,5, 30 min auf TP 2415 hyp. (Bildautoren: Bernd Flach-Wilken, Otto Guthier)
Komet ISON wurde bei der Annäherung an sein Perihel weltweit intensiv - natürlich auch von unserer Fachgruppe - beobachtet. Am 21. November erkannte man eine seltsame Aufhellung in seinem Schweif. Da der Komet engmaschig fo-

1 Schweifablösung bei Komet 45P/Honda-Mrkos-Pajdusakova am 1. Oktober 2011. Instrument: 10-Zoll-Astrograf, f/3,8, 14 min auf Sigma-
6303-CCD-Kamera (Bildautor: Michael Jäger)

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3 Linke Seite, oben: C/2012 S1 (ISON)
am 21. November 2013, 2:45 Uhr UT: Keine auffallenden Schweifstrukturen. Instrument: 12-Zoll-Astrograf, f/3,6, 9 min auf FLI-ML-8300-Kamera (Bildautor: Gerald Rhemann)

5 C/2012 S1 (ISON) am 22. November 2013, 6:35 Uhr UT: Schweifereignis ist nicht
mehr nachweisbar. Instrument: 60-mm-Newton, f/3,5, 30 s auf Canon 1100DE mit 800 ASA (Bildautor: Hermann Koberger)

4 Linke Seite, unten: C/2012 S1 (ISON)
am 21. November 2013, 6:51 Uhr UT: Schweifereignis ist nachweisbar. Instrument: 60-mm-Newton, f/3,5, 30 s auf Canon 1100DE mit 800 ASA (Bildautor: Hermann Koberger)

tografiert wurde, konnte das Auftreten dieser Erscheinung bis auf wenige Stunden genau eingegrenzt werden. Die Aufnahme von Gerald Rhemann um 2:45 UT (Abb. 3) lässt noch keinen Hinweis erkennen, während auf dem Foto von Hermann Koberger, aufgenommen um 6:51 UT (Abb. 4), eine ungewöhnliche bogenförmige Aufhellung zu erkennen ist, die einem Hufabdruck ähnelt. Auch auf anderen Fotos von Autoren außerhalb unserer Fachgruppe war dies erkennbar. Es ist also keinesfalls ein Artefakt.
Die Schweiferscheinung lässt sich nur schwer durch die Auswirkung des solaren Magnetfeldes erklären. Dagegen spricht insbesondere, dass der Bogen inmitten des ansonsten völlig unbeeinflussten Schweifs steht - auf eine solche

Weise können Feldlinien nicht verlaufen. Denkbar wäre jedoch, dass sich ein Stück vom Kern gelöst hat und eine verstärkte Gasfreisetzung außerhalb der Koma provozierte. Das wäre ein Hinweis auf den beginnenden Zerfall des Kerns.
Die Beobachtungsbedingungen wurden nach diesem Ereignis wieder rasch schlechter. Detailreiche Bilder sind noch vom nächsten Tag, dem 22. November, in unserem Archiv zu finden: Wiederum gelang es Hermann Koberger, den Kometen von Teneriffa aus abzulichten. Dort zeigt sich kein Hinweis auf die Schweifstruktur, was für eine kurzlebige Erscheinung spricht (Abb. 5).

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Komet ISON
- eine fotografische Entdeckungsreise
von Michael Jäger

Seit Kohoutek vor 40 Jahren gab es keinen Kometen, bei dem Prognosen und Erscheinungsbild weiter auseinanderlagen als bei ISON. Bald nach seiner Entdeckung medial zum Jahrhundert-Kometen hochstilisiert, war die Erwartungshaltung entsprechend hoch. Doch ISON täuschte die meisten Experten und enttäuschte damit die Beobachter. Die Gründe dafür sind weitgehend bekannt. Der Kern des Kometen war schlicht zu klein, um die extrem nahe Sonnenpassage zu überleben. Ich will nicht darauf eingehen, warum ISON lange Zeit falsch eingeschätzt wurde - selbst wenige Tage vor dem Perihel herrschte mehrheitlich die Meinung vor, dass zumindest ein Teil des Kometen die Sonnenpassage überstehen sollte. Als langjähriger Kometenbeobachter möchte ich aber beschreiben, was ISON bei mir ausgelöst hat und wie ich am Ende doch wenigstens zu einigen interessanten ISON-Fotos kam.
Kurz nach der Entdeckung des Kometen am 21. September 2012 machte ISONs ungewöhnliche Kometenbahn die Runde. Die ersten Informationen auf der Comets Mailing List zum sonnennahen Perihel machten natürlich auch mich neugierig. Bereits am 24.9. konnte ich den 18 mag hellen Kometen mit einem 10-ZollNewton als fast punktförmiges Objekt fotografieren. Weil sich der Komet damals noch jenseits der 6-AE-Marke befand, war er vorerst nicht weiter spannend. Dafür begannen die Vorbereitungen für die Begegnung mit diesem Schweifstern. Denn besonders nach dem Perihel waren günstige Beobachtungsumstände für Europa gegeben. Die prognostizierten Schweiflängen jenseits der 20/30-GradMarke in den ersten Dezember-Wochen 2013 hielt auch ich für möglich. Viele Kometenbeobachter hatten zu diesem Zeitpunkt noch den Kometen Lovejoy C/2011 W3 in Erinnerung, der als MiniKomet die sonnennahe Perihelpassage überstand und nach dem Perihel auf der Südhalbkugel als kopfloser Superkomet sichtbar war. Warum sollte sich ISON nicht ähnlich verhalten? Das dachte

1 22. November 2013, 5:15 Uhr UT. Instrument: Apo 80/400, auf Moravian-G3-11002-
CCD-Kamera

nicht nur ich, denn ISONs Kern sollte größer als der von Lovejoy sein.
Im Zuge der Vorbereitungen dachte ich mir, ich müsse etwas an meinem Equipment verändern. Für Felder mit einer Größe von maximal acht Grad bin ich seit Jahren gerüstet. Aber 20 bis 30 Grad? In den folgenden Monaten startete ich daher fotografische Tests mit Brennweiten von 50 bis 180 Millimetern und CCD-Kameras, um zu eruieren, wie weit große Felder bei relativ geringer Auflösung sinnvolle Ergebnisse liefern. Man will ja möglichst viele Schweifstrukturen erfassen. Letztlich kam ich zum Schluss, dass Aufnahmen unter 180 Millimeter Brennweite zu wenige Kometenstrukturen liefern und es im Bedarfsfall besser ist, mit Mosaikaufnahmen große Bildfelder zu erzeugen.
Daher kam bei ISON folgendes Equipment zum Einsatz: - Ein Leica-Apo 180/3,4 und die Sigma-
6303-CCD-Kamera (mit KAF-6303Chip) ergaben ein 8x6-Grad-Feld. - Detailaufnahmen lieferte der 8-Zoll/ 2,8-ASA-Astrograf mit einer FLI-

8300-CCD-Kamera. - Etwas mehr Feld ergab die Kombi-
nation Esprit-Apo 80/400 und Moravian-G3-11002-CCD-Kamera (5x3-Grad-Feld).
Während ich so mein astronomisches Equipment für ISON austestete, begann im Sommer 2013 langsam das große Zittern. ISON zeigte im Frühjahr bereits Ermüdungserscheinungen und wollte nicht so recht heller werden. Auch die Beobachtungen ab August, als der Komet wieder am Morgenhimmel sichtbar wurde, wollten mich nicht richtig froh machen. Ein kleiner Schweifkomet, der im Laufe der Wochen langsam heller wurde, aber sein Erscheinungsbild nicht änderte, nahmen auch mir die letzten Hoffnungen auf einen Jahrhundertkometen. Aber er wird sich doch wenigstens wie ein hellerer Komet verhalten? Doch ISON ließ sich auch damit lange Zeit. Im Oktober entwickelte er langsam eine grünliche Gaskoma, sein gerader Schweif wurde bis Monatsende ein halbes Grad lang.
Etwas Bewegung ins Erscheinungsbild des Kometen kam erst rund drei Wo-

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chen vor dem Perihel. Bei etwa 0,8 AE Sonnenabstand begann sich ein zweiter Schweif zu entwickeln. Trotzdem war der Komet Anfang November alles andere als spektakulär: Verglichen mit vielen anderen hellen Kometen war er eine matte Erscheinung. Leider war das Wetter in Österreich zu diesem Zeitpunkt nicht stabil. Ausgerechnet der große Helligkeitsausbruch (2-3 mag) um den 14./15. November war wegen einer dicken Wolkendecke nicht beobachtbar. ISON befand sich zu diesem Zeitpunkt keine 40 Grad von der Sonne entfernt, war aber immerhin plötzlich 5 mag hell. ,,Ist das das Ende, oder wird der Komet doch was?" Diese Gedanken beschäftigten alle Kometenbeobachter.
Am Morgen des 16.11. wollte ich es genau wissen. Einen Tag vor Vollmond konnte ich zwischen Hochnebelschwaden den Kometen vom Gebirge aus fotografieren. ISONs eher blasser Schweif war auf mehrere Grad angewachsen. Allerdings war der Ausbruch bereits vorüber, die international fotografierten, spektakulären Strukturen vom 15.11. begannen, bereits zu verblassen. Trotzdem betrug einen Tag später, am 17.11., der Schweif des Kometen auf Teleaufnahmen bereits 8 Grad. Bei Vollmond stand ISON keine 15 Grad über dem Horizont, und war auch nicht freisichtig.
Irgendwie kam es mir so vor, als ob er sein nahes Ende signalisierte. In meinem

2 22. November 2013, 5:05 bis 5:15 Uhr UT: Instrument: Teleobjektiv 180/3,4
abgeblendet zu 4,0 auf Sigma-6303-CCD-Kamera. Der nachgewiesene Schweif ist 8 Grad lang.

Bildarchiv gab es Dutzende von Kometen, die fotografisch eindrucksvoller waren. Anstatt weiter zuzulegen, berichteten internationale Beobachter in den Folgetagen von einer Stagnation in der Helligkeitsentwicklung von ISON. Doch am 21. November wollten ihn einige bei 3-4 mag Helligkeit gesehen haben.
Also beschloss ich einen allerletzten Anlauf. Am Morgen des 22. November ging ISON keine 90 Minuten vor Sonnenaufgang auf. Die Wetterprognose versprach über dem Hochnebel ein wolkenfreies Fenster. Obwohl ich bereits früh zu einem beruflichen Termin fahren musste, packte ich mein Astroequipment ein, um auf die Ebenfaldhöhe bei Wien (1000 Meter Seehöhe) zu fahren. Über der Nebelgrenze präsentierte sich tatsächlich der perfekte Himmel bis zum Horizont. Vor dem Kometen trat zunächst Merkur - bereits in der Dämmerung - freisichtig über den Horizont.
Sowohl mit dem Apo als auch dem Teleobjektiv begann ich, um sechs Uhr MEZ den Horizont - wo der Komet stehen sollte - zu fotografieren (Abb. 1+2). Um 6.05 Uhr tauchte der Komet auf den ersten Aufnahmen auf. Bei oberflächlicher Betrachtung waren sofort zumindest

zwei Grad Schweif zu erkennen. Nach 15 Minuten brach ich die Aufnahmeserie ab, da die Dämmerung zu weit fortgeschritten war. Den etwa 3 mag hellen Kometen konnte ich die ganze Zeit über freisichtig nicht erkennen. Nach einigen Flats folgte der Abbau der Geräte. Danach zwängte ich mich bei null Grad in meinen Anzug und auf ging es zur Arbeit.
Damit der Herausforderungen nicht genug. Die Verarbeitung der Aufnahmen sollte Wochen dauern. Das Problem waren die heftigen Gradienten, die bei Aufnahmen in der Dämmerung entstehen. Erst durch den Einsatz des digitalen Larson-Sekanina-Filters gelang es mir, die Bilder über das ganze Feld so weit zu glätten, dass eine Weiterverarbeitung sinnvoll wurde. Letztendlich präsentierte sich der Komet auf seiner letzten Aufnahme mit mehreren Strahlen und einem knapp 8 Grad langen Schweif.
Mein persönliches Fazit lautet: ISON war weder ein Jahrhundertkomet und mit Ausnahme der Phase zwischen dem 14. und 22. November auch alles andere als spektakulär. Trotzdem hat es Spaß gemacht, gerade diesen Schweifstern bis in die helle Dämmerung hinein zu verfolgen.

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Komet ISON und der Große Komet von 1680
von Stefan Krause

C/1680 V1 (Kirch) - der Große Komet des Jahres 1680 C/1680 V1 wurde am 14.11.1680 eher zufällig von dem deutschen Hobby-Astronomen Gottfried Kirch bei teleskopischen Beobachtungen bemerkt. Es war der erste Komet überhaupt, der nicht mit bloßem Auge, sondern mit optischen Hilfsmitteln entdeckt wurde. Im Laufe der folgenden zwei Wochen wurde das Objekt am Morgenhimmel allmählich immer heller und entwickelte einen eindrucksvollen Schweif, dessen Länge Ende November über 30 Grad betrug. Komet Kirch erreichte seinen geringsten Erdabstand am 1.12.1680 mit 0,42 AE. Als er am 18.12.1680 in weniger als einer Million Kilometer Entfernung von der Sonne sein Perihel durchlief, konnte dies auf den Philippinen sogar am Taghimmel beobachtet werden. Die Helligkeit des Kometen erreichte an diesem Tag wohl -10 mag. Lediglich einige Sungrazer der Kreutz-Gruppe wie C/1843 D1 (Tageslichtkomet) oder C/1882 R1 (Großer Septemberkomet) wurden noch etwas heller. Nach ihrer Sonnenpassage waren die Letztgenannten zwar eindrucksvolle Objekte am Nachthimmel, aber nicht zu vergleichen mit C/1680 V1 [1, 2, 3].
Dieser entwickelte sich nach dem Perihel zu einer der imposantesten Kometenerscheinungen der letzten tausend Jahre. Komet Kirch stieg binnen weniger Tage am Abendhimmel steil nach Norden. Um die Weihnachtszeit 1680 erreichte sein Schweif eine Länge von 90 Grad, überspannte also den halben Himmel (Abb. 1, 2, 4). Am 5.1.1681 näherte er sich der Erde noch einmal bis auf 0,49 AE an. Bis weit in den Januar hinein stand er als auffälliges Objekt am Himmel und entfaltete eine ungeheure Wirkung auf die Öffentlichkeit. Eine Flut von Traktaten und Einblattdrucken erschienen, zumeist beflügelt von der grassierenden Kometenfurcht. C/1680 V1 wurde als Zeichen des nahenden Weltenendes, zumindest aber als Mahnung Gottes angesehen; in den Kirchen wurden Bußgottesdienste abgehalten.

1 Der Schweif von Komet Kirch (C/1680 V1) überspannte zur Weihnachtszeit des Jahres
1680 den halben Himmel und verbreitete dadurch in einer vom Aberglauben geprägten Epoche Angst und Schrecken. Zahlreiche mehr oder weniger realistische Abbildungen - unser Beispiel stammt aus Augsburg - dokumentieren die spektakuläre Himmelserscheinung. Die Abbildung entspricht hinsichtlich der Position von Mond und Komet dem 22.12.1680; allerdings ist die Mondsichel verkehrt herum gezeichnet und der Schweif des Kometen ragte steiler nach oben. Bildnachweis: Abraham Bach der Ältere, nach 1680.

Ausgerechnet der Komet, der den Aberglauben zur höchsten Blüte führte, läutete auch dessen Ende ein. Zahlreiche Astronomen beobachteten den gewaltigen Schweifstern mit großer Sorgfalt. Unabhängig voneinander kamen Georg Samuel Dörffel in Sachsen und Isaac Newton in England zu der Schlussfolgerung, dass sich C/1680 V1 auf einer parabolischen Bahn um die Sonne bewegt (Abb. 3). Zwar hatten schon Johannes Hevelius und Giovanni Borelli gleiches von dem hellen Kometen der Jahreswende 1664/65 (C/1664 W1) vermutet, doch allgemein herrschte noch Johannes Keplers Auffassung vor, dass sich Schweifsterne auf geradlinigen Bahnen bewegen. Die Kurve, welche Komet Kirch vor aller Augen um die Sonne zog, war jedoch eine klare Widerlegung der Kepler`schen Theorie.
Auch Edmond Halley hatte den Schweifstern beobachtet, ebenso wie zwei Jahre später einen weiteren, weniger licht-

starken. Erst in den 1690er Jahren fand der viel beschäftigte Gelehrte die Muße, seine Aufzeichnungen auszuwerten. Er verglich sie mit Berichten über ältere Kometenerscheinungen und kam zu dem Schluss, dass es sich bei den Schweifsternen von 1456, 1531, 1607 und 1682 um ein und dasselbe Objekt gehandelt hatte, welches in etwa 76 Jahren auf einer stark elliptischen Bahn um die Sonne kreist [4, 5]. Er wagte die Vorhersage, dass der gleiche Komet im Jahr 1758 wieder erscheinen würde - und behielt Recht. Zu Ehren Halleys erhielt dieser Schweifstern den Namen des großen Astronomen. Für Komet Kirch gab Halley eine Umlaufzeit von 575 Jahren an, u. a. weil in diesem Abstand für die Jahre 44 v. Chr., 531 und 1106 sehr helle, auffällige Schweifsterne in den Chroniken verzeichnet waren.
Kometen, die auf vorhersagbaren Ellipsenbahnen um die Sonne kreisen, vertragen sich kaum mit der Vorstellung einer

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,,Zuchtrute Gottes". Ein gewisser William Whiston rechnete allerdings die 575-Jahres-Periode weiter zurück und gelangte so ins Jahr 2346 v. Chr. Dieses Datum lag nahe bei dem von ihm und anderen angenommen Termin der biblischen Sintflut. Folglich, so schloss Whiston messerscharf, hatte der auffällige Himmelskörper die Katastrophe ausgelöst. Natürlich wusste der durchaus gebildete Mann weder, dass Kometen kosmische Winzlinge sind, noch dass die Umlaufzeit von C/1680 V1 wesentlich länger (nach modernen Berechnungen gut 9300 Jahre) ist, als von Halley angegeben. Die letzte Wiederkehr von Komet Kirch hätte also noch vor der Erschaffung des Universums stattgefunden, welche nach damaliger Auffassung höchstens 6000 Jahre zurücklag.
ISON und Kirch - Verwandt oder nicht? Bereits wenige Tage nach der Entdeckung von Komet C/2012 S1 (ISON) fiel auf, dass seine Bahn derjenigen von Komet Kirch sehr ähnlich war; lediglich die Ausrichtung der großen Halbachse unterschied sich merklich (Abb. 5). Die Wahrscheinlichkeit, dass dies purer Zufall ist, wurde als so gering eingeschätzt, dass eine Verwandtschaft der beiden Schweifsterne fast zwingend gegeben sein musste. Dass ISON mit Kirch identisch ist, konnte aufgrund der Umlaufzeit des Letzteren allerdings sofort ausgeschlossen werden. Jedoch ist C/1680 V1 der Sonne bereits in grauer Vorzeit mindestens einmal begegnet, wobei sich sein Kern geteilt haben könnte. Kirch und ISON wären somit Fragmente eines einstigen größeren Kometen. Dass zwischen den Periheldaten der beiden Tochterkometen 333 Jahre liegen, ließe sich mit dem Impuls erklären, den sie bei ihrer Trennung erhalten haben. So ist man sich fast sicher, dass die Kometen C/1882 R1 (Großer Septemberkomet) und C/1965 S1 (Ikeya-Seki) durch Teilung eines gemeinsamen Vorläufers im frühen

2 Komet Kirch über Nürnberg in einem Einblattdruck von Johann Jakob Schollenberger
(1680). Im Unterschied zu dem Augsburger Druck (Abb. 1.) ist hier die Mondsichel einigermaßen korrekt ausgerichtet, etwa so, wie sie Weihnachten 1680 am Abendhimmel zu sehen war.

12. Jh. entstanden sind. Schon minimale Unterschiede in der Exzentrizität der Ellipsenbahnen können zu Unterschieden von Jahrzehnten oder Jahrhunderten in der Umlaufzeit führen. Im Fall von Kirch/ ISON läge die Aufspaltung des Mutterkometen noch viel weiter zurück, u. U. Zehntausende von Jahren, was auch die abweichenden Ausrichtungen der langen Halbachsen ihrer Bahnen erklären könnte. Jedenfalls bezweifelte bis Februar 2013 kaum jemand, dass ISON und Kirch Fragmente eines gemeinsamen Vorläufers sind.
Je mehr präzise astrometrische Daten von Komet ISON vorlagen, umso genauer konnte seine Bahn berechnet werden. Dadurch wurde im Frühjahr 2013 immer mehr zur Gewissheit, dass deren Exzentrizität bei 1 liegt, sich also mathematisch nicht sicher von einer offenen Hyperbelbahn unterscheiden lässt [6].

Dies wiederum lässt nur einen Schluss zu: ISON kommt auf direktem Weg aus der Oortschen Wolke, d. h. seine Umlaufzeit beträgt Hunderttausende oder sogar einige Millionen Jahre. Auch der durch Beobachtungen gut belegte hohe Anteil leicht flüchtiger Gase in seinem Kern sprach für einen Erstbesuch im inneren Sonnensystem. Damit schien nun klar, dass die Ähnlichkeit von ISONs und Kirchs Bahnelementen doch nur ein Zufall ist, unwahrscheinlich wie ein hoher Lottogewinn, aber eben im Bereich des Möglichen.
Aber ist eine Verwandtschaft der Kometen ISON und Kirch tatsächlich unwahrscheinlicher als eine zufällige Ähnlichkeit der Bahnen? Schauen wir uns noch einmal Komet Kirch an. Seine Umlaufzeit wurde zu gut 9300 Jahren berechnet, wobei die meisten der zugrundeliegenden Positionsbestimmungen nach

3 Darstellung der von Isaac Newton
berechneten Parabelbahn für den Großen Kometen von 1680. Bildnachweis: Benjamin Motte (1729), The Mathematical Principles of Philosophy, S. 358


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Kometen

4 Komet Kirch (C/1680 V1) über Rotterdam, gemalt von Lieve Verschuier. Einige der
Beobachter benutzen Jakobsstäbe, wohl zur Vermessung des Kometenschweifs. Die eingezeichneten Sterne entsprechen keinen realen Sternbildern, so dass sich nicht feststellen lässt, an welchem Tag sich dieser Anblick bot.

dem Periheldurchgang gemacht wurden, als der Schweifstern am dunklen Nachthimmel stand und man genügend Vergleichssterne sehen konnte. Gemessen an heutigen Methoden waren diese astrometrischen Daten recht unpräzise [7]. Entsprechend sind auch alle damit angestellten Bahnberechnungen für Kirch mit gewissen Ungenauigkeiten behaftet. Selbst wenn diese sich bei der Berechnung der Bahnexzentrizität nur auf hintere Nachkommastellen auswirken, kann dadurch bei einer extremen Ellipsenbahn die berechnete von der tatsächlichen Umlaufzeit um Zehntausende von Jahren abweichen. Dies bedeutet, dass die Orbitalperiode von Komet Kirch statt 9300 Jahren z. B. auch 93.000 Jahre betragen könnte. Berechnet wurde zudem mehr oder weniger die Umlaufzeit des Kometen, wie sie jetzt, nach dem Periheldurchgang vom 18.12.1680, ist. Davor kann sie auch wesentlich länger gewesen sein. Es ist keineswegs auszuschließen, dass C/1680 V1 wie ISON ein Erstbesucher

aus der Oortschen Wolke war. Es gibt genügend Beispiele für drastische Änderungen der Umlaufzeit langperiodischer

Kometen nach ihrem Besuch im inneren Sonnensystem. Verantwortlich dafür sind sowohl die Schwerkraft der großen Planeten als auch nichtgravitative Einflüsse durch die Ausgasungsprozesse des Kometenkerns. So gelangte C/1956 R1 (Arend-Roland) nach der Perihelpassage auf eine Hyperbelbahn, wurde also aus dem Sonnensystem hinauskatapultiert. Bei Komet Kohoutek (C/1973 E1) halbierte sich die Umlaufzeit von ca. 150.000 auf etwa 75.000 Jahre, bei Hyakutake (C/1996 B2) stieg sie von etwa 17.000 auf ca. 70.000 Jahre an.
Wenn Komet Kirch genau wie ISON ein Erstbesucher im inneren Sonnensystem war, ist dies an sich noch kein Beleg für einen gemeinsamen Ursprungskörper. Ganz im Gegenteil, denn eine Kernteilung tritt doch, so steht es in einschlägigen Lehrbüchern, durch die Hitze und Schwerkraftwirkung der Sonne ein. Dies ist allerdings nur bedingt zutreffend. In den letzten Jahren durchgeführte Studien zum kaskadierenden Zerfall von Kometenkernen belegen, dass solche Prozesse überall entlang der Bahn eines Schweifsterns geschehen können [8]. Nach dem ,,Rubble-Pile-Modell" (Abb. 6)

5 Bahnen der Kometen Kirch (Sym-
bole) und ISON (Linie) durch das innere Sonnensystem. Eingezeichnet sind die Positionen der Planeten am 1.12.2013. Erstellt mit RedShift 4.

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sind Kometenkerne extrem fragile Gebilde, deren Untereinheiten u. U. nur durch die eigene sehr geringe Schwerkraft zusammen gehalten werden und durchaus spontan auseinanderdriften können [9]. Es spricht daher überhaupt nichts dagegen, dass die Kometen Kirch und ISON durch den Zerfall eines gemeinsamen Mutterkometen irgendwann auf seinem Weg von der Oortschen Wolke zur Sonne entstanden sind.
Als Argument gegen eine Verwandtschaft von ISON und Kirch kann man ergänzend anführen, dass C/1680 V1 bei seiner noch engeren Perihelpassage anders als C/2012 S1 nicht zerfallen ist. Dies könnte durchaus an einem gänzlich anderen Aufbau des Kometenkerns liegen. Genauso gut ist es aber möglich, dass der Kern von Komet Kirch wesentlich größer war als derjenige von ISON und daher Hitze und Schwerkraftwirkung der Sonne überstand.
Letztlich lässt sich nicht abschließend klären, ob ISON und Kirch miteinander verwandt sind. Der Ausschluss dieser Möglichkeit aufgrund der berechneten Umlaufzeiten beider Schweifsterne scheint aber etwas kurz gegriffen.
Internet- und Literaturangaben: [1] Stefan Krause, 2013: Die Top Ten
der Kometen. Sterne und Weltraum 2013 (12), 48-57 [2] D. Seargent, 2009: The Greatest Comets in History. 260 S., Springer Science & Business Media, New York [3] K. Wurm, 1955: Die Kometen, Springer-Verlag [4] E. Halley, 1705: A Synopsis of the

6 Das Rubble-Pile-Modell eines Kometenkerns nach [9]

Astronomy of Comets. John Senex [5] G. Tammann, P. Veron, 1985:

Weitere Informationen zum Thema: Stefan Krause, 2013: Komet ISON - ein Jahrhundert-Komet? 140 S., Books on Demand
Das Infoportal zu den Schweifsternen, www.kometen.info (14.4.2014)
NASA Comet ISON Observing Campaign, www.ISONcampaign.org/potw-jul22 (22.6.2013)

Vergleich der Kometen Kirch und ISON:

Entdeckung: Perihel: Erdnähe: Neigung zur Erdbahn: Umlaufzeit um die Sonne: Mit bloßem Auge sichtbar: Maximale Helligkeit: Maximale Schweiflänge:

Kirch 14.11.1680 18.12.1680, 0,006 AE 01.12.1680, 0,42 AE 61 Grad etwa 9300 Jahre 20.11.1680 - 15.02.1681 -10 mag 90 Grad

ISON 21.09.2012 28.11.2013, 0,012 AE 27.12.2013, 0,43 AE - vorher Auflösung 62 Grad einige 106-107 Jahre 14. - 23.11.2013 -2,5 mag 8 Grad


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Kometen

Komet ISON - die letzten Tage
von Uwe Pilz
Komet ISON hat die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt und so müssen wir weiter auf einen Großen Kometen warten. Dieser Aufsatz gibt einen Überblick über ,,ISONs letzte Tage".

Letzte erdgebundene Beobachtungen Sowohl von unserer Fachgruppe als auch international wurde die Annäherung des Kometen an die Sonne intensiv verfolgt. Zwischen dem 8. November und seinem Perihel am 28. November um 19 Uhr UT gelangen unserer Fachgruppe 39 Beobachtungen, zwei davon ohne Erfolg. Die internationale Beobachtergemeinde fügte 84 Beobachtungen hinzu, davon ebenfalls zwei ohne Erfolg.
Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Helligkeit des Kometen. Vom 8. November bis zum 13. November stieg die Helligkeit mit einem Aktivitätsparameter

1
Helligkeitsentwicklung vor dem Perihel auf Basis von Amateurbeobachtungen. Abgesehen vom Ausbruch am 14. November verlief die Helligkeitsentwicklung zu zögerlich.

2 ISON am 28. November 2013 im Bildfeld von LASCO-C3.
Unten links im Bild steht Antares.

3 Komet C/2002 V1 (NEAT) im Bildfeld von LASCO-C3. Gleichzeitig
ist ein koronaler Massenauswurf sichtbar.

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von nur 2,2 an, das liegt nur wenig über inaktiven Körpern wie Asteroiden (diese haben n=2). Für einen aktiven Kometen in Sonnennähe ist das viel zu wenig hier wird der ,,Standardwert" von n=4 meist deutlich überschritten. Am 14. November gab es einen Helligkeitsausbruch um 1,5 Größenklassen. Dies wurde durch Aufnahmen mit dem 60-cm-Teleskop ,,TRAPPIST" am La-Silla-Observatorium in Chile nachgewiesen. Die Wissenschaftler fanden eine Versechsfachung der Gasproduktion und eine Verdoppelung der Staubproduktion des Kometen. Höchstwahrscheinlich handelt es sich bei diesem Ausbruch um ein Zeichen seines beginnenden Zerfalls: Ein abgelöstes Stück könnte ,,frisches" Kometenmaterial freigelegt haben.
Nach diesem Ausbruch stieg die Helligkeit des Kometen weiterhin langsam. Ich bestimmte aus den Messwerten n=2,8. Selbst, wenn man annimmt, dass die letzten Messungen die Helligkeit des Kometen unterschätzen, war der Komet noch sehr weit von n=4 entfernt.
Beobachtungen mit Weltraumteleskopen Am 27. November wurde ISON im C3Weitwinkelinstrument des LASCO-Koronografen der SOHO-Sonde sichtbar. Dieses Instrument bildet etwa acht Grad der Sonnenumgebung ab. Im Bildfeld war zufälligerweise Antares, der später zur Helligkeitsabschätzung diente (Abb. 2). Der Komet zeigte einen mehrere Grad langen, deutlich sichtbaren Schweif. Dies wurde von der Astronomengemeinde als ein Zeichen für eine vielversprechende Entwicklung genommen. Ein Vergleich mit LASCO-Bildern anderer Kometen zeigt den Trugschluss. C/2002 V1 (NEAT) war kein wirklich großer Komet. Dennoch ist er in ähnlicher Sonnenentfernung viel prominenter als es ISON am 28. November war (Abb. 3).
In dem LASCO-C2-Instrument, welches etwa drei Grad der Sonnenumgebung aufzeichnet, ließ sich der Zerfall von
4 a+b
ISON am 28. November 2013, kurz vor dem Periheldurchgang (16:11 Uhr UT) und kurz danach (20:30 Uhr UT). Nach dem Perihel ist der Komet zerfallen.

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5 ISON nach der Sonnenpassage im LASCO-C3-Instrument. Der abgelöste alte Schweif
ist als zarte Andeutung noch sichtbar, ein kräftiger neuer Schweif bildet sich nicht mehr heraus. Der Komet ist zerfallen.

ISON direkt verfolgen. Vor der größten Annäherung an die Sonne war ein deutlich sichtbarer Schweifstern vorhanden. Nach dem Periheldurchgang tauchte hinter der Blende des Instrumentes nur noch ein matter Hauch davon auf (Abb. 4 a+b).
Nach dem Perihel: Amateurbeobachtungen Viele Amateure versuchten sich visuell oder fotografisch an der Suche nach dem Rest von ISON (Abb. 5). Beim Kometen C/2010 X1 (Elenin), den dasselbe Schicksal der Auflösung ereilte, gelang das im Oktober 2011, sowohl visuell als auch fotografisch (Abb. 6). Für ISON existieren zwei visuelle Beobachtungen, die sich teilweise widersprechen. Piotr Guzik schrieb über seine Beobachtung vom 6. Dezember, 6:36 UT:
,,Ich entschied mich, mit einem 10x50und einem 15x70-Fernglas zu beobachten. An dem Platz, wo ich den Kometen suchte, konnte ich nichts finden.
6 Rest des Kometen C/2010 X1 am 24.
Oktober 2011, 2:45 Uhr UT. Instrument: 130-mm-f/6,4-Refraktor, 1200 s auf SBIG ST-10XME. Bildautor: Josef Müller


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7 Versuch der Aufzeichnung des ISON-Restes am 8. Dezember 2013, 5:20 Uhr UT. Instrument: 88-mm-f/4,5-Refraktor, 8 Minuten auf
Canon 6D (3200 ASA) (Bildautoren: Norbert Mrozek und Waldemar Skorupa). Die Katalogposition von ISON ist mit einem gelben Kreuz markiert. Das Inset rechts oben zeigt einen kontrastverstärkten Ausschnitt.

Stattdessen bemerkte ich einen vagen, schlecht definierten Fleck etwas oberhalb des 6-mag-Sterns HIP 79643. [Wahrscheinlich ein Fehler des Autors, es handelt sich um HIP 79463=SAO 141031, 6,2 mag.] Er war mit 15 Bogenminuten ziemlich groß. Ich bestimmte die Helligkeit zu etwa 7,5 mag. Als ich nach Hause kam, stellte ich fest, dass das beobachtete Objekt einige Bogenminuten abseits der berechneten ISON-Position lag."
Der Text wurde von mir ins Deutsche übersetzt. Ich habe in der Karte nachgesehen - gemäß Piotrs Beobachtung lag der beobachtete Rest zwölf Bogenminuten südsüdwestlich der berechneten Position. Er läge damit etwas im Bahnverlauf ,,zurück", was plausibel wäre.
Jose Gonzales beobachtete fast genau 24 Stunden später mit einem 20-cmSchmidt-Cassegrain-Teleskop: ,,Der Ko-

metenrest zeigt sich in Form eines elliptischen Gebietes mit einem etwas höheren Kondensationsgrad und zehn Bogenminuten Länge. Das Zentrum liegt 20 Bogenminuten entfernt, bezogen auf die berechnete Position. Zwei schwache Schweifansätze waren sichtbar, der besser definierte 0,3 Grad lang in PW=310 Grad und der andere kürzer und in Richtung PW=180 Grad."
Die Übersetzung stammt wieder von mir. Ich habe wieder in der Karte nachgesehen: Die bestimmte Position liegt 17 Bogenminuten nördlich der Katalogposition: Das bedeutet, dass sich der Kometenrest schneller bewegte, als es der intakte Komet getan hätte.
Die Katalogposition von ISON ist in Abb. 7 mit einem gelben Kreuz markiert. Das Inset rechts oben zeigt einen kontrastver-stärkten Ausschnitt.

Weitere Sichtungen sind nicht bekannt. Da sich diese beiden Beobachtungen widersprechen, ist unsicher, ob überhaupt jemand etwas gesehen hat. Auch die Fotografen waren nicht erfolgreich. Als Beispiel mag die Aufnahme von Norbert Mrozek und Waldemar Skorupa (Abb. 7) dienen: Ich habe die Katalogposition markiert. Selbst im kontrastverstärkten Ausschnitt ist kein Kometenrest zu sehen.

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ISON - die letzte Klappe
von Werner E. Celnik

,,Was willst du denn schon im November auf den Kanaren, die Show geht doch erst ab 1. Dezember los ...?" So die Frage eines Freundes nach meiner Mitteilung, bereits vor dem Perihel des Kometen ISON, das er am 28.11.2013 durchlief, auf Beobachtungstour nach Teneriffa gehen zu wollen.
Nun ja, meine Argumente dafür waren rein praktisch-statistischer Natur. Spätestens seit Kohoutek 1973 weiß man, dass Kometen sich nicht unbedingt an Voraussagen von Astronomen halten, dass sie häufig Überraschungen bereithalten - negative wie positive: Vorher unscheinbare Kometen blühen nach ihrem Periheldurchgang mit dem damit verbundenen Wärmestoß durch die Sonne buchstäblich auf, werden sogar am Taghimmel sichtbar, wie z. B. C/1965 S1 (Ikeya-Seki) oder zuletzt C/2006 P1 (McNaught) im Januar 2007. Beide Kometen präsentierten zudem am Himmel über der Südhalbkugel der Erde einen extrem langen, prächtigen Schweif. Andere Kometen sind bereits in großer Sonnenentfernung außergewöhnlich hell und versprechen bei weiterer Annäherung einen ansehnlichen Helligkeitszuwachs (sofern sie sich natürlich an die durchschnittlichen Erfahrungswerte halten). Und wenn dazu das Perihel bei einer äußerst geringen Sonnendistanz liegt, besteht berechtigterweise die Hoffnung, dass der Komet erstens ein Taghimmelkomet wird und zweitens nach dem Periheldurchgang einen ausgeprägten Schweif ausbildet. Doch die Helligkeit bleibt dann zuweilen weit hinter den Erwartungen zurück.

Nun, auch wenn ISON nach seiner bereits großen Helligkeit zum Entdeckungszeitpunkt sich bei seiner Annäherung an die Sonne zwar zum schönen Feldstecherobjekt, jedoch nicht gerade spektakulär entwickelte, bestand wegen seiner in den letzten Tagen sehr schnellen Sonnenannäherung die Möglichkeit eines plötzlichen Helligkeitsausbruches bereits vor dem Periheldurchgang.
Dass sich ein spektakulärer Schweif wohl erst einige Tage nach dem Perihel ausbilden würde, war dann natürlich zu erwarten. Nur waren dafür die geografischen Bedingungen in nördlichen Breiten eher geeignet als südlichere: Je weiter nördlich, umso höher würde der Komet am Himmel stehen. Daher meine Entscheidung, bereits vor dem Periheldurchgang einige Tage auf Teneriffa zu verbringen und die vermeintliche große ,,Show" dann wieder in Mitteleuropa zu sehen. Aber es sollte ja ganz anders kommen.
Organisatorisch war das alles nicht so ganz einfach. Zunächst brauchte ich eine kleine Reisemontierung, die fürs Fluggepäck taugen, aber auch einige Minuten motorische Nachführung meiner DSLR auf den Sternhimmel ermöglichen sollte. Hier half mir mein Freund Eberhard Bredner, der mir seine ultra-leichte MiniMontierung (Abb. 1) zur Verfügung stellte, die als Gegengewicht zum gebraucht günstig erworbenen Refraktor 80 mm/ 400 mm die DSLR mit Zoom-Objektiv 100-400 mm akzeptierte.

1 Ultraleichte Reisemontierung mit
Refraktor 80 mm/400 mm und DSLR mit Teleobjektiv 100-400 mm
Teuer sollte die 10-tägige Reise nicht werden, also musste ein Billig-Flug gebucht werden. Doch mit zwei Gepäckstücken gegen Aufpreis und mit FensterplatzReservierung wuchsen die anfänglichen


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110 Euro Werbepreis-Flugkosten des Billig-Fliegers schnell auf 280 Euro an. Jetzt noch Hotel (20 Euro/ Nacht) und Mietwagen (ein Kleinwagen für 20 Euro/ Tag ohne Kilometer-Begrenzung und mit Vollkasko ohne SB). Kosten für Essen und Benzin waren noch einzukalkulieren.
Hotel ok, aber wozu einen Mietwagen? Zwei Gründe dafür: Bis auf eine (luxuriös-teure!) Ausnahme liegen alle Hotels unterhalb der etwa 2.000-2.200 Meter hoch gelegenen und von einem Kraterwall halb umgebenen Caldera, von deren Hochebene aus sich der Vulkankegel des Teide auf 3.718 Meter über NN erhebt. Und im Höhenintervall zwischen 1.400 und 2.000 Metern befindet sich die lokale Wetterzone der Passatwolken, die den ,,Nebelwald" auf Teneriffa mit Feuchtigkeit versorgen. Die Wahrscheinlichkeit, hier in Horizontnähe klaren Himmel zu haben, ist recht gering. Beobachtet werden sollte demnach in möglichst großer Höhe oberhalb von 2.000 Metern, mit freier Sicht zum Südosthorizont vor dem Periheldurchgang am Morgenhimmel und an einem anderen Punkt auf der Insel mit freier Sicht zum Südwesthorizont für die Tage nach dem Perihel. Mobilität war daher unerlässlich. Außerdem war ich zuvor noch nie auf Teneriffa und wollte natürlich auch die vulkanische Landschaft der Insel kennenlernen.
Trotz Leichtbau-Montierung, abgespeckter Fotoausrüstung und abgezählter Wäscheteile kamen an Transportgewicht (ohne das, was man alles am Körper

3 Nächtlicher Blick vom Beobachtungspunkt auf die ca. 80 km entfernte Insel
Gran Canaria Richtung Südost. Am oberen Bildrand: Spica.
4 Komet ISON über Gran Canaria am 24.11.2013, Aufnahme von 06:22 bis 06:38 Uhr
UT bei 200 mm Brennweite und Blende 4,5, 20 x 10 s belichtet bei ISO 1600. Östlich von ISON der 6,3-mag-Stern SAO 158860, westlich der Stern SAO 158822 (7,2 mag) und sehr schwach oberhalb des Kometen die beiden Sterne TYC 6162 1480 (8,3 mag) und HIP 72202 (8,1 mag). Erkennbare Schweiflänge ca. 1 Grad .

2 Blick vom Beobachtungspunkt auf den Teleskoppark Izana und
den Teide während der Abenddämmerung


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5 Licht ist alles: Die Nachbarinsel Gomera ,,schwebt im Raum",
Blick nach Westen zu Sonnenuntergang.

verstauen kann und das beim Einchecken nicht mitgewogen wird) über 40 Kilogramm zusammen. Allein, was so ein Laptop zur Steuerung der WebCam wiegt ... Aber irgendwie ging es. In der ,,Holzklasse" (nicht-verstellbare Sitze!) in gut vier Stunden nach Teneriffa. Von minus 2 Grad C zuhause am Niederrhein nach plus 23 Grad C an der Südküste Teneriffas - Wärmeschock! Mietwagen abholen, kurzer Aufenthalt im Hotel auf 1.400 Metern Höhe, und dann sofort rauf in die Berge ...
Richtung Südwest gab es mehrere geeignete Beobachtungspunkte, direkt an der viel befahrenen Straße TF-21. Der Südosthorizont ist schwerer zugänglich. Bester Standort ist hier der Teleskoppark auf dem Bergrücken Izana in 2.350 Metern Höhe (Abb. 2). Von hier aus gesehen geht die November-Ekliptik genau hinter der etwa 80 Kilometer entfernten Nachbarinsel Gran Canaria (Abb. 3) auf. Wenn denn das Wetter mitspielt, das im November auch auf den Kanarischen Inseln oftmals recht launisch ist.

Protokoll: Nacht 1: oben klar, aber zu hundemüde, um über die halbe Insel nach Izana (einfache Strecke 45 Kilometer, verwinkelte Bergstraßen) zu fahren.
Nacht 2: vor Ort auf Izana, aber am Morgen plötzlich ,,clouded out".
Nacht 3: 23./24.11., die Nacht der Nächte! Vier Tage vor dem Perihel von ISON. Absolut klar bis zur Insel unter dem mathematischen Horizont! Ich erwarte einen zumindest mit dem bloßen Auge erkennbaren Schweif und einen prächtigen Anblick im Feldstecher. Der mit - 0,7 mag sehr helle Merkur steht bereits hoch, da geht der +0,3 mag helle Saturn direkt am Meereshorizont auf. Der visuelle Doppelstern Librae steht etwas rechts davon, der schwächere Begleiter hat 5,8 mag. Jetzt müsste der Kopf von ISON eigentlich da sein - aber die Enttäuschung wird immer größer: Nichts ist zu sehen. Die kleine Montierung läuft, die Serienaufnahme bei 200 Millimeter Brennweite und einigen Sekunden Belichtung auch.

Erst nach der Übertragung der Bilder auf den Laptop und schneller Bildbearbeitung steht fest: ISON ist drauf (Abb. 4). Aber wie. Die Umgebungssterne am Horizont reichen bis +8,3 mag (!) herunter. So klar war die Atmosphäre. Der Vergleich des Kometenkopfes mit den Nachbarsternen bei gleicher Zenitdistanz (90,9 Grad wegen der Kimmtiefe) zeigt: ISON besitzt in einer Pixelblende von zwei Bogenminuten nur eine Helligkeit von +6,0 mag (+/-0,3 mag). Immerhin ist ein relativ breiter Schweif von etwa 60 Bogenminuten Länge, direkt in antisolarer Richtung, auszumachen. Wie sollen denn in nur vier Tagen die avisierten -7 bis -10 mag Helligkeit bei größter Sonnennähe erreicht werden? Skepsis!
Protokoll: Nacht 4: 24./25.11., komplett bewölkt. Meine Freunde Hans Gerhard Weber und Otto Guthier treffen ebenfalls auf Teneriffa ein. Wir wollen nun zusammen beobachten.
Nacht 5: 25./26.11., zwei Tage vor dem Perihel, eine sehr klare Nacht. Einige Zirren und zigarrenförmige Wolken am Südosthorizont. Dazwischen viel klarer

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Himmel. Aber wo ist ISON? - Er ist weg. Sterne bis 6,5 mag sind in der horizontnahen Dämmerung identifizierbar. Aber kein ISON. Er muss schwächer sein als 6,5 mag.
Tagsüber der Blick auf die Homepage von SOHO [1]: ISON ist im Bildfeld der Kamera LASCO C3. Er wird kurzzeitig hell, schwächt sich bis zum Zeitpunkt des Perihels jedoch ab. Danach ein nochmaliger Helligkeitsanstieg mit breit gefächertem Schweif. Dann das Ende. Kopf und Schweif werden schwächer, bis ISON am 29.11. aus dem Bildfeld der Sonde wieder hinauswandert. Das war das Ende von ISON: Verbrannt, in Nichts aufgelöst.
So ist es wahrscheinlich, dass meine Aufnahmen am 24.11. mit die letzten waren, die terrestrisch vom Kometen gewonnen werden konnten. Zwar gibt es noch einen Beobachter in Südspanien [2] und einen anderen ebenfalls auf Teneriffa [2], die am selben Tage den Kometen ebenfalls ablichten konnten, jedoch einige Minuten früher. Die allerletzte Aufnahme allerdings gelang Bruce Gary am 25.11.2013 in Arizona.

Teneriffa und der Fotograf Die Vulkaninsel ist für den leidenschaftlichen Landschaftsfotografen ein absolutes Muss! Bei einem Temperaturgefälle von bis zu 25 Grad Celsius zwischen Küste und Caldera (jetzt im November) kommt man durch verschiedene Klimazonen, subtropisch und feucht an der Küste, kühl und feucht auf halber Höhe (der Nebelwald) und kalt und trocken in der Caldera. Der Gipfel des Teide besitzt Hochgebirgsklima. Des Nachts muss man auf 2.000 Metern Höhe wegen plötzlich auftretenden Glatteises auf der Straße sehr aufpassen! Kommt man von der Straße ab, wird man unter Umständen zwischen den Lavafelsen nicht so schnell gefunden.
Für den Fotografen bedeutet Licht fast alles. Vor allem in den kurzen Stunden bei tiefstehender Sonne und in der kurzen Dämmerung gibt es tolle Lichteffekte am Himmel und in der Landschaft zu beobachten: der in tiefrotes Sonnenlicht getauchte Vulkankegel, von Nebelschwaden gebremste Sonnenstrahlen zwischen verbrannten Bäumen oder Lavafelsen, Dämmerungsstrahlen oder der Schatten des Vulkans auf der Erdatmosphäre. Über

dem Meer hängende, hohe und niedrige Wolken behindern den Blick auf die Nachbarinseln oder geben sie eben frei - zuweilen ein fremdartiger, gespenstischer Anblick, wenn der Horizont sich auflöst, Himmel und Meer verschmelzen und die Inseln wie Alien-Raumschiffe in den Wolken schweben (Abb. 5).
Internethinweise: [1] http://sohodata.nascom.nasa.gov/
cgi-bin/soho_movie_theater [2] http://kometen.fg-vds.de/
pix/2012S1.htm

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Komet ISON und seine Freunde
- Mein persönliches Kometenjahr 2013
von Andre Müller

Kometen haben mich schon immer fasziniert. Vielleicht auch, weil kurz nach meinem Einstieg in die Astronomie 1995, C/1996 B2 (Hyakutake) und C/1995 O1 (Hale-Bopp) eine äußerst beeindruckende Show am Himmel ablieferten. So konnte ich bis März 2013 insgesamt 14 verschiedene Kometen mit meiner vergleichsweise bescheidenen Ausrüstung, einem 114er-Newton-Teleskop und einem 20x80-Feldstecher, beobachten. Mit zwei Ansagen (PanSTARRS und ISON) und drei weiteren Überraschungen (Lovejoy, Encke und LINEAR) ist diese Zahl im Jahr 2013 um mehr als ein Drittel angestiegen.
C/2011 L4 (PanSTARRS) machte im März 2013 den Auftakt. Bei nur mäßigen Be-

dingungen war er am Himmel über Aachen gerade so mit dem bloßen Auge sichtbar. Fotografisch mit einer DSLR und einem 135-mm-Objektiv war PanSTARRS ein sehr dankbares Objekt (Abb. 1). Gerade auch bei seinem scheinbaren Vorbeiflug an der Andromeda-Galaxie M 31 Anfang April.
Noch bevor PanSTARRS 2013 sichtbar wurde, kam Ende 2012 schon die Vorhersage, dass der gerade entdeckte Komet C/2012 S1 (ISON) Ende 2013 ein echter Kracher werden könnte. Es entwickelte sich ein regelrechter Hype um den sogenannten ,,Jahrhundertkometen". Aber wie wir mittlerweile wissen, kam alles ganz anders. Im Herbst 2013 verfolgte

ich dann aufmerksam die Berichterstattung über ISON und musste wetterbedingt recht lange ausharren, bevor ich den Kometen das erste Mal zu Gesicht bekommen sollte. Es war der Morgen des 29. Oktober, als ich ihn - bei nicht ganz optimalen Bedingungen - aus unserer Einfahrt beobachten konnte. Während der Komet grenzwertig war und eigentlich nur fotografisch bei 200 mm/ 2,8 so richtig zur Geltung kam, konnte ich am gleichen Morgen noch den Kometen C/2012 X1 (LINEAR) beobachten, welcher - ähnlich wie 17P/Holmes 2007 - durch einen Ausbruch auf dem Kometen um mehrere Größenklassen heller, und damit für mich und mein Equipment erreichbar wurde. Der Morgen war dann

1 Linke Seite: Komet C/2011 L4
(PanSTARRS), 1. April 2013, 19:41 Uhr UT. Instrument: Teleobjektiv 135 mm, f/5,6, 450 s auf Nikon D90, ISO 800

2 Vergleich der Kometen 2P/Encke (links oben), C/2012 S1 (ISON) (rechts oben), C/2012
X1 (LINEAR) (links unten), C/2013 R1 (Lovejoy) (rechts unten), 31. Oktober 2013, 3:00 Uhr UT - 4:27 Uhr UT. Instrument: Teleobjektiv 200 mm, f/5,6, insgesamt je 810 s auf Nikon D90, ISO 800, 1600 und 3200 (je 9 Aufnahmen). Identischer Maßstab

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3 Oben: Komet C/2013 R1 (Lovejoy), 3. Dezember 2013,
4:06 Uhr UT - 5:32 Uhr UT. Instrument: Teleobjektiv 200 mm, f/5,6, 4320 s auf Nikon D90, ISO 800

4 Unten: Komet C/2013 R1 (Lovejoy), 12. Dezember 2013,
4:31 Uhr UT - 5:22 Uhr UT. Instrument: Teleobjektiv 200 mm, f/5,6, 2100 s auf Nikon D90, ISO 800


Kometen

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rund, als ich in der Morgendämmerung auch noch 2P/Encke inmitten des VirgoGalaxienhaufens ausmachen konnte. Drei Kometen in einer Nacht war für mich eine Premiere! Einen Kometen hatte ich allerdings noch vergessen. Von dem erst wenige Wochen zuvor entdeckten Kometen C/2013 R1 (Lovejoy) hatte ich zwar schon gehört und gelesen, hatte ihn bei meiner Vorbereitung aber vollkommen vergessen. Da das Wetter sich weiter stabilisierte und vor allem der Mond immer später aufging, konnte ich zwei Tage später, am 31. Oktober, einen weiteren Versuch starten, um diesmal das Quartett voll zu machen. Hierfür beobachtete ich nicht aus der Vorstadt, sondern fuhr einige Kilometer in die Voreifel hinaus, wo ich einen freien und dunklen Horizont in Richtung Südosten hatte und auch rechtzeitig für den Arbeitsalltag wieder zu Hause sein konnte. An diesem Morgen schaffte ich es tatsächlich, neben ISON, Encke und Linear auch noch Lovejoy zu sichten bzw. auf meinen CCD-Chip zu bannen (Abb. 2).

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Doch das war natürlich noch nichts im Vergleich zur Vorfreude auf ISON. Von den Bildern der ,,südlichen Kometen" der letzten Jahre C/2006 P1 (McNaught) und C/2011 W3 (Lovejoy) inspiriert, suchte ich mir den perfekten Platz, um den mutmaßlich vollmondhellen Kometen über der beleuchteten Skyline von Aachen in Szene zu setzen. Dass das Wetter hier Anfang Dezember normalerweise alles andere als kometenfreundlich ist, habe ich zu dem Zeitpunkt noch ignoriert.

Großes Astronomie-Forum Aktuelles rund um die Astronomie

Während anderen Astronomen in Aachen noch weitere ISON-Sichtungen im November gelangen, hatte ich leider kein Glück mehr. Am Tag des Perihels ver-

Zeitschriften und Buchbesprechungen

folgte ich das Geschehen auf den Rohdaten der SOHO-Sonde, welche mit kurzer

zeitlicher Verzögerung online verfügbar waren. Zusammen mit einem Kollegen verglichen wir ISONs Aussehen mit dem von McNaught, welcher im Jahr 2007

Beobachtungspraxis

ebenfalls durch das Gesichtsfeld von SOHO gewandert war. Dabei wurde uns

schnell klar, dass ISON weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Während ich

McNaught 2007 am Taghimmel eine Hand breit neben der Sonne mit einem

Der Himmel aktuell

20x80-Feldstecher problemlos sehen konnte, bestand für eine Sichtung von ISON

am Taghimmel bzw. in der hellen Dämmerung keine Chance. Das schlechte Wetter

war diesmal nicht alleine schuld. Die Überraschung kam am nächsten Morgen, als klar wurde, dass doch etwas überlebt hatte; aber die Hoffnung auf einen

uvm.

vollmondhellen Kometen über der Skyline von Aachen musste ich nun wohl

endgültig aufgeben. ISON hatte ,,den Ikarus gemacht" und war der Sonne zu nahegekommen. In einem englischsprachigen Blog hieß es, dass ISON es wohl nicht ganz zum ,,Comet of the Century" gebracht hätte, sondern wohl eher nur ein ,,Comet of the Month" war.
Doch die Entschädigung ließ nicht lange auf sich warten. Lovejoy hatte mittlerweile einen beeindruckenden Schweif entwickelt und war auch stadtnah bereits

Mach

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mit dem bloßen Auge sichtbar. Anfang Dezember gelang es mir zweimal, den

Kometen mit meiner D90 und einem 200 mm/2,8-Objektiv einzufangen (Abb.

3+4). Zwar war das Dezemberwetter nicht perfekt und so zogen immer wieder

Nebelschwaden und Rauchschwaden benachbarter Schornsteine durch das Bild,

aber dennoch ist deutlich zu erkennen, dass Lovejoy einer der schönsten und

hellsten Kometen der letzten Jahre am Nordhimmel war.

RZ_Astronomie-de.indd 1

13.03.2012

Mit fünf Kometen, welche alle in Reichweite kleiner Teleskope waren und darunter Lovejoy mit seinem langen Schweif hoch am Nordhimmel war 2013 das bisher beste Kometenjahr, welches ich erleben durfte, und auch 2014 verspricht mit C/2014 E2 (Jacques) und C/2012 K1 (PanSTARRS) zumindest kein ganz schlechtes Jahr zu werden.

Internethinweise: [1] Sternwarte Aachen: www.sternwarte-aachen.de [2] Astronomieseiten des Autors: www.fotowald.de/index-11.html

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Die Schweifveränderungen des Kometen C/2013 R1 (Lovejoy) im Dezember 2013 - ein dynamisches Geschehen
von Uwe Pilz
1 Oben links: 4. Dezember 2013, 3:55 Uhr UT. Instrument: 8-Zoll-Newton,
f/4, 360 s auf Canon-6D-SLR, 6400 ASA. (Bildautor: Norbert Mrozek)
2 Oben rechts: 4. Dezember 2013, 4:16 Uhr UT. Instrument: 8-Zoll-Astro-
graf, f/2,8, 1500 s auf FLI-ML8300-CCD-Kamera (David Bender)
3 Links: 4. Dezember 2013, 4:30 Uhr UT. Instrument: 80-mm-Apochro-
mat, f/5, 480 s auf Moravian-G3-11002-CCD-Kamera, Blaufilter (Bildautor: Michael Jäger)

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4 5. Dezember 2013, 2:51 Uhr UT. Instrument:
8-Zoll-Astrograf, f/3,6, 800 s auf FLI-PL16070-CCD-Kamera (Bildautor: Gerald Rhemann)

5 5. Dezember 2013, 4:12 Uhr UT. Instrument:
8-Zoll-Astrograf, f/3,6, 800 s auf FLI-PL16070-CCD-Kamera (Bildautor: Gerald Rhemann)

Am 4. Dezember entdeckten sowohl David Bender als auch Michael Jäger, dass im Schweif des Kometen Lovejoy ein deutlich sichtbarer Knick zu sehen war. Trotz der Unterschiede in Bildaufnahme und -verarbeitung lässt sich die Veränderung im Verlauf verfolgen - die kleine Serie überdeckt etwas mehr als eine halbe Stunde (Abb. 1-3). Am Morgen des darauffolgenden Tages versuchte Gerald Rhemann, dies mit eigenen Aufnahmen zu belegen. Sein Foto um 2:51 Uhr UT enthielt zwar keinen regelrechten Knick, aber eine Struktur im komafernen Teil des Schweifes (im Bild oben rechts).


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90 Minuten später, um 4:12 Uhr UT, war davon nichts mehr zu sehen (Abb. 5). Man sieht daran deutlich, wie unmittelbar der Plasmaschweif vom solaren Magnetfeld beeinflusst wird. Am nächsten und übernächsten Tag war kaum noch etwas von diesem Ereignis nachweisbar. Als Beleg mag die sehr tiefe Aufnahme von David Bender vom 8. Dezember gelten, welche nur einen ganz schwachen Knick im fernen Schweifausläufer zeigt (Abb. 6).

6 8. Dezember 2013, 4:24 Uhr UT,
Instrument: 8-Zoll-Astrograf, f/2,8, 1200 s auf FLI-ML8300-CCD-Kamera (Bildautor: David Bender)

Am 9. Dezember jedoch begann das Ereignis erst richtig. Der Schweif war kräftig abgeknickt, so dass von einem kontinuierlichen Schweif nicht mehr gesprochen werden konnte - es handelte sich um einen teilweisen Schweifabriss. Dies zeigt die Aufnahme von Norbert Mrozek sehr deutlich (Abb. 7). Aufnahmen der folgenden Tage wiesen hingegen keine deutlichen Anzeichen der Abnormität mehr auf. Auch hier ein Beispiel: Die Aufnahme von Georg Klingersberger am 12. Dezember zeigt einige Verdichtungen im komanahen Teil des Schweifs, sonst nichts (Abb. 8). Wiederum ist der starke Knick/Abriss innerhalb kurzer Zeit verschwunden. Für diesen Tag berichtet Gerhard Scheerle in seiner visuellen Beobachtung von ,,Knoten im Schweif in 0,45 Grad Abstand in PW 0 Grad ". Dies ist auch der einzige visuelle Nachweis unserer Fachgruppe über Unregelmäßigkeiten im Schweif.

7 9. Dezember 2013, 4:16 Uhr UT. Instrument: Teleobjektiv 200 mm f/4,5, 15 min, SLR
(Bildautor: Norbert Mrozek)

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12. Dezember 2013, 4:07 Uhr UT. Instrument: 106-mm-Apochromat, f/3,6, EOS-60-Da-SLR bei ISO 2500 (Bildautor: Georg Klingersberger)


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Linke Seite: 13. Dezember 2013, 4:50 Uhr UT. Instrument: 200-mm-Teleobjektiv, 14 min auf EOS-6D-SLR (Bildautor: Bernhard Hubl)

10 14. Dezember 2013, 66-mm-ED-Refraktor, f/6,7, 25 min auf Nikon-5100-CCD-Kamera bei 1250
ASA (Bildautor: Frank Wächter)
Wiederum einen Tag später, am 13. Dezember, konnte ein leichter Knick gesehen werden. Dies zeigt die Aufnahme von Bernhard Hubl (Abb. 9). Auch einen Tag darauf ist der Knick noch nachweisbar. Am 14. Dezember schließlich belegt das Foto von Frank Wächter die Wirkung des solaren Magnetfeldes (Abb. 10).

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11 Links: 28. Dezember 2013, 4:50 Uhr UT. Instrument:
80-mm-Refraktor, f/5, 2160 s auf Moravian-G3-11002-CCDKamera, Blaufilter (Bildautor: Michael Jäger)
In den nachfolgenden Tagen störte der Mond am Morgenhimmel. Erst am Ende des Monats waren weitere Beobachtungen möglich. Michael Jäger gelang es, mit Hilfe eines Blaufilters den Schweif fotografisch zehn Grad lang zu verfolgen! Dieser lange Schweif stellt einen guten Indikator für das interplanetare Magnetfeld dar - im fernen Schweifteil ist ein deutlicher Knick (Abb. 11). Ich konnte am 30. Dezember einen Blick auf den Kometen werfen und sah mit einem 12-cm-Kometensucher 2,6 Grad Schweif. Dies ist die längste visuelle Schweifdokumentation dieses Kometen. In diesem Teil des Schweifs sah ich zwar einen kernnahen Streamer, aber keinen Knick oder Abriss (Abb. 12). Es wurde mir damit aber deutlich, wie schwach die Schweifkompartimente sind, welche von den Fotografen aufs Bild gebannt werden.


12 Oben: 30. Dezember 2013, 5:00 Uhr UT. 12-cm-Refraktor
bei 15-fach, Swan-Band-Kometenfilter (Bildautor: Uwe Pilz)

Kometen

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C/2013 R1 (Lovejoy)
- Kometenjagd mit meiner Spiegelreflexkamera
von Andrea Sittig-Kramer

Natürlich hat mich in den vergangenen Monaten auch das ,,Kometenfieber" gepackt. Leider waren die Beobachtungsbedingungen in Uelzen, als ISON mit einfachen Mitteln zu beobachten gewesen wäre, alles andere als günstig. Auch konnte ich mein Teleskop aus verschiedenen Gründen nicht nutzen. Daher ging ich mit einer Canon-EOS-550D-Kamera und einem 18-135-mm-Zoomobjektiv auf Kometenjagd nach Lovejoy.
Seit Längerem informierte ich mich in der einschlägigen Fachpresse und im In-

ternet über die jeweils aktuelle Position des Kometen. Zwischen dem 24. und 26. November 2013 herrschten dann endlich günstige Wetterbedingungen für die fotografische und visuelle Beobachtung mit einem 7x56-mm-Fernglas an meinem Standort in Uelzen.
Am 24. November begann ich ab Mitternacht mit Überblickfotos im Bereich Großer Bär und Jagdhunde. Ich zoomte schrittweise auf die recherchierte Position des Kometen heran. Mit dem Fernglas konnte ich ihn zunächst nicht ausfindig

machen. Beim Vergleich meiner Aufnahme von 00:50 Uhr mit einem entsprechenden Ausschnitt aus einer kostenfreien Planetariums-Software vermutete ich im Kamera-Display und am PC den Kometen im Sternbild Jagdhunde, allerdings nur extrem schwach und undeutlich.
Am 25. November waren die Bedingungen deutlich besser. Im Überblickbild um 18:56 Uhr (Abb. 1) konnte ich Lovejoy in der Nähe der auffälligen Dreier-Sternenreihe CVn 19, 20 und 23 ausmachen.

1 Komet C/2013 R1 (Lovejoy) am 25.11.2013 um 18:56 MEZ. Aufgenommen mit Canon EOS 550D und einem Zoomobjektiv
bei 29 mm, f/4 und 5 s Belichtungszeit.

54

Kometen

Im folgenden Bild konnte ich gezielt auf das gesuchte Objekt zoomen, wobei ich mich stets an der genannten DreierSternenreihe orientierte. Die Aufnahme ist aufgrund des hohen ISO-Werts etwas verrauscht, außerdem störte die Aufhellung durch die Stadtlichter. Dennoch be-

stätigte sie mir endgültig, dass ich Lovejoy gefunden hatte.
In derselben Nacht am 26.11.2013 ab ca. 2 Uhr konnte ich Lovejoy bei klarem Himmel auch durch mein Fernglas finden. Ich variierte nun die verschiedenen

Einstellungen der Kamera. Mir gelang eine Reihe schöner Fotos, auf denen auch die grünliche Farbe und der Kometenschweif deutlich zu erkennen sind und ich sogar einen Meteor mit ablichten konnte (Abb. 2).

Kometen 55

2 Komet C/2013 R1 (Lovejoy) am 26.11.2013 um 04:29 MEZ. Aufgenommen mit
Canon EOS 550D und einem Zoomobjektiv bei 135 mm, f/5,6, ISO 1600 und 10 s Belichtungszeit.


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Kometen

Auf der Jagd nach eisigen Schmutzbällen
von Kai-Oliver Detken

Kometen sind faszinierende Himmelsobjekte, die Bewegung in die sonst so starre Himmelslandschaft bringen. Sie sind im Allgemeinen schwer vorhersehbar, sehr schnell unterwegs und meistens relativ lichtschwach. Wenn sie aber mal so richtig aufblühen, liefern sie eine spektakuläre Show am Himmel ab, deren Faszination sich fast niemand entziehen kann. Das war beispielsweise bei Komet HaleBopp im Jahr 1997 der Fall, der damals leider an mir vorbeigegangen ist, da ich

just zu diesem Zeitpunkt eine astronomische Auszeit genommen hatte. Nachdem das sogenannte Kometenjahr (welches leider nicht ganz das gehalten hat, was es versprochen hatte) zu Ende gegangen ist, kann man aus meiner Sicht dennoch ein positives Fazit ziehen. Immerhin konnten zwei Kometen gut beobachtet werden, auch wenn man sich von ihnen einen etwas helleren Zustand erhofft hatte. Allerdings war es bei diesen beiden ,,eisigen Schmutzbällen" nicht immer leicht, sie

fotografisch zu erwischen, weshalb man regelrecht hinter ihnen herjagen durfte.

1 Komet C/2011 L4 (PanSTARRS), 19. April 2013, 22:45 Uhr UT. Instrument: Refraktor 70/420, 84 x 30 s auf Canon-EOS 1000Da

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Beide haben Schwänze und machen genau das, was sie wollen". Er weiß, wovon er spricht, da er in seinem Leben bereits 22 Kometen selbst oder mit der

Hilfe von Eugene Shoemaker und dessen Frau Carolyn entdeckt hat. Alle drei wurden durch die Entdeckung des Kometen Shoemaker-Levy 9 (SL9) schlag-

2 Komet C/2013 R1 (Lovejoy), 02.
Dezember 2013, 06:00 Uhr UT. Instrument: Refraktor 70/240, 60 x 60 s auf Canon-EOS 1000Da

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Kometen

artig bekannt, als dieser im Jahr 1994 spektakulär auf dem Planeten Jupiter einschlug. Die Kollision riss dabei eine so große Lücke in die Wolkenschichten, dass ich diese schon mit meinem kleinen Newton-Kaufhausteleskop bereits erkennen konnte. Kein Wunder, hinterließ SL9 doch dunkle Flecken mit einem Durchmesser von bis zu 12.000 Kilometern in der Atmosphäre des Gasriesen, die über Monate sichtbar waren! Ein Schauspiel der etwas anderen Art, denn SL9 entwickelte nie einen Schweif und hätte ohne den gravitativen Einfluss Jupiters eventuell auch die Erde treffen können [1].
Um Kometen selbst beobachten zu können, kann man sich heute sehr bequem aus dem Internet oder aus Fachzeitschriften bedienen. Hier werden die Bahnelemente und Ephemeriden (Tabellen) der aktuellen Kometen bekannt gegeben. Auf der VdS-Kometenfachgruppenseite [2] existiert ein Infoportal, das über aktuelle Kometenerscheinungen Auskunft gibt. Von hier aus kommt man auch auf andere Kometenportalseiten, die u. a. auch über historische Kometen und deren Grundlagen detailliert berichten. Auf der VdS-Fachgruppenseite gelangt man direkt über die aktuellen Kometen zu deren Ephemeriden, um in Tabellenform ihre aktuelle Position nachlesen zu können. Neben den wichtigen Positionsangaben wird hier auch ihre voraussichtliche Helligkeit, die Entfernung zur Erde und das Sternbild angegeben, in dem sie sich gerade aufhalten. Während die Positionsangaben sehr genau sind, lässt sich die Helligkeit von Kometen leider immer nur schwer abschätzen.
Obwohl Kometen recht schnell durch die Sternbilder huschen, sind sie oftmals über Wochen und Monate beobachtbar. Das ist gerade bei unseren launigen Wetterverhältnissen ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Es gibt aber auch Gegenbeispiele, wenn sich beispielsweise ein Komet sehr stark der Erde nähert. Dann kann es sogar vorkommen, dass er in wenigen Tagen wieder verschwunden ist. Für die visuelle Beobachtung spielt die relativ schnelle Bewegung des Kometen kaum eine Rolle. Für die Fotografie ist die Eigenbewegung problematischer, da auf den Kometen nachgeführt werden muss, und später beim Übereinanderlegen der Bilder entweder der Kometenkern oder

die Sterne punktförmig gehalten werden können. Man sieht die Unterschiede sehr schön in den beiden Abbildungen. Während Abbildung 2 auf den Kometen ausgerichtet wurde, ist dies in der ersten Abbildung auf die Sterne geschehen. Daher ist der Kometenkern in Abbildung 1 auch etwas auseinandergezogen worden, wodurch sich aber der Schweif besser erkennen lässt.
Ein anderes Problem bei der Beobachtung von Kometen ist, dass sie oft sehr sonnennah sind. Daher sind sie entweder gut am Abend kurz nach Sonnenuntergang oder am Morgen vor Sonnenaufgang zu beobachten. Während sich C/2011 L4 (PanSTARRS) am Abendhimmel die Ehre gab, war bei C/2013 R1 (Lovejoy) sehr frühes Aufstehen angesagt. Bei der Beobachtung von PanSTARRS musste man anfangs zudem noch aufs Feld hinaus, da der Komet sehr knapp über dem Horizont stand. Also wurde die AstroTracMontierung mitsamt der Fotoausrüstung geschultert und der Horizont nach dem Kometen abgesucht. Ich hatte an den Vorabenden immer mal wieder mit dem Fernglas oder durch Probeaufnahmen versucht, den Kometen in der Abendröte der untergehenden Sonne zu entdecken - leider ohne Erfolg. Das lag daran, dass ich immer zu weit südwestlich geschaut hatte. Dieses Mal hatte ich freie Horizontsicht und machte eine Probeaufnahmeserie von Süd-Ost bis Nord-West. Und hatte Glück: Ich sah ihn auf einer Aufnahme relativ knapp über einigen Baumwipfeln in der Ferne stehen. Nun musste ich schnell handeln und die Montierung ausrichten, da der Komet sich am Horizont zunehmend ,,aus dem Staub" zu machen drohte. Nach ca. zehn Bildern verschwand der Komet dann auch hinter einer Baumkette am Horizont. Aber ich hatte meine Bilder im Kasten! Anschließend baute ich zufrieden ab und machte mich auf den Rückzug. Einige Wochen später habe ich PanSTARRS dann doch noch aus dem Garten mit 420 Millimetern Brennweite nachgeführt ablichten können (Abb. 1). Allerdings hatte das nicht mehr den gleichen Erlebniswert, wenn auch die Bilder besser gelangen.
Die Aufnahmen von Lovejoy (C/2013 R1) sind wiederum unter ganz anderen Bedingungen entstanden. Man musste sich gegen 5 Uhr morgens bei minus 3 Grad

Celsius aus dem Bett quälen, wobei man zuerst einmal nach dem Wetter Ausschau hielt. War das vielversprechend, musste das Teleskop aufgebaut und ausgerichtet werden, denn ich habe leider keine eigene Sternwarte. Zudem musste noch eine geeignete Stelle im Garten gesucht werden, um eine freie Sicht auf den Kometen zu haben. Bei der ersten Ausrichtung stand dann leider das eigene Haus im Wege. Also musste ich die Ausrichtungsprozedur wiederholen, was man gegen 5 Uhr morgens zugegebenermaßen etwas ungern tut. Vor der Fokussierung habe ich dann mit einem 40-Millimeter-Okular bei 50-facher Vergrößerung Lovejoy visuell durch mein Schmidt-Cassegrain-Teleskop betrachtet und einen großen Kern sowie einen beeindruckenden Schweif gesehen. Der Schweif war visuell sogar eindrucksvoller als er später fotografisch festgehalten werden konnte, was mich wunderte (Abb. 2). Schließlich ist es normalerweise genau anders herum. Dann habe ich meine Aufnahmeserie gestartet und den Kometen bis zum Morgengrauen verfolgt. An einem anderen Morgen hatte ich nicht so viel Glück. Kaum hatte ich alles aufgebaut und eingerichtet, näherte sich eine drohende Wolkenbank. Es gelangen mir nur ein paar Fotos, bevor die Wolken den Kometen endgültig umschlossen. Die Kometenjagd kann manchmal auch sehr frustrierend sein.
Gerade, weil so ein Kometenereignis zeitlich endlich ist und jeder Komet anders aussieht, ist das Fotografieren von Kometen aufregend und spannend. Insbesondere, wenn man dafür auch noch aufs Feld ausweichen muss, um den Kometen buchstäblich zu jagen, wobei einem auch noch das Wetter oder die Umgebung einen Strich durch die Rechnung machen können. Die Aufnahmen entschädigen aber oftmals für den vorher entstandenen Aufwand.
Allerdings sollte man dabei nicht vergessen, die Kometen per Fernglas oder Teleskop auch visuell zu genießen, was bei dem Aufwand für die Astrofotografie leider oftmals in den Hintergrund gerät.
Internet- und Literaturhinweise: [1] D. Fischer, H. Heuseler, 1994: Der
Jupiter Crash. Birkhäuser-Verlag [2] VdS-Kometenfachgruppenseite:
kometen.fg-vds.de

Kometen

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Kometenfotografie - einmal anders
von Manfred Simon

Alle meine Bemühungen, vom groß angekündigten Kometen ISON passable Bilder zu erzielen, scheiterten. Entweder auf seinem Weg zum Zentralgestirn aufgrund des schlechten irdischen Wetters oder danach wegen seiner allzu innigen Annäherung an unsere Sonne. So richteten sich die Hoffnungen für uns HobbyAstronomen voll auf den erst im September 2013 entdeckten Kometen C/2013 R1 Lovejoy. Doch nach dem Studium seiner Ephemeriden kam bei mir auch hier schnell Ernüchterung auf: Vom Standort meiner Montierung südlich unseres Hauses konnte ich ihn nicht erwischen, und das Haus wollte ich ja nicht abreißen.

Doch um nicht ganz leer auszugehen, fand ich dennoch eine Lösung. Über ein nördlich gelegenes Dachliegefenster habe ich eine gute Sicht in Richtung NNO. Sollte ich es mit meinem Fotostativ probieren? Gesagt, getan! Mit der Canon 1000Da und meinem alten 135-Millimeter-Objektiv (noch mit M42-Gewinde), angeschlossen an meinen Laptop, wagte ich es am Morgen des 4. Dezember 2014 im recht knappen Zeitfenster zwischen ausreichender Höhe und nahendem Sonnenaufgang. Mein Bildausschnitt betrug etwa 565 Bogenminuten x 376 Bogenminuten. Da ich wusste, dass Lovejoy im Bild langsam von links unten nach rechts oben wandern würde, stellte ich ihn ins linke untere Drittel. So machte ich zwischen 5:15 Uhr und 5:36 Uhr MEZ bei Blende 2,8 und ISO 1600 insgesamt 135 Aufnahmen von je fünf Sekunden Dauer, mit Zwischenräumen (zum Abspeichern) von vier Sekunden. Dabei unterbrach ich zweimal kurz und rückte ihn vom rechten oberen Drittel des Bildfeldes wieder ein Stück nach links unten. Die Gesamtbelichtung betrug elf Minuten, 15 Sekunden, bei den Aufnahmen stand der Komet 30,9 Grad bis 34,2 Grad hoch.

Doch würde DeepSkyStacker diese Bilder auswerten können, bei dieser Bildfelddrehung und Schubserei? Mit dem Modus ,,Sterne+Komet Stacking", also nicht als Strichspur, sondern Komet und Sterne werden scharf? Er konnte es, auch wenn mein betagter PC ziemlich lange daran

1 Komet C/2013 R1 (Lovejoy), 4.12.2013, 4:15 Uhr UT - 5:36 Uhr UT. Instrument:
Teleobjektiv 135 mm, f/2,8 auf Canon-1000Da-Kamera bei ISO 1600, Gesamtbelichtungszeit 675 s (135 Einzelaufnahmen, zentriert auf die Sterne).

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werkelte, und das bessere Resultat nicht mit den RAW-Aufnahmen, sondern aus den gleichzeitig abgespeicherten jpgBildern erzielt wurde. Das Ergebnis war ein 4000 x 3768 Pixel großes Fitsbild mit 198 MB und vielen Ecken. Ich nordete dieses Bild ein, bearbeitete es mit Fitswork, machte einen passenden Ausschnitt, und war zufrieden (Abb. 1).
Spaßeshalber addierte ich die 135 Bilder auch noch mit Fitswork, jedoch zentriert auf den Kometen (Abb.2). Dieses Bild erhielt von mir wegen der Sterndrehdarstellung und der im nächsten Monat beginnenden Faschingszeit den Namen ,,Lustig ist das Kometenleben".
2
Wie Abbildung 1, jedoch zentriert auf den Kometen.
Jahrhundert-Kometen
von Stefan Krause
Im Zusammenhang mit Komet ISON wurde der Begriff Jahrhundert-Komet geradezu inflationär verwendet. Aber was soll man sich unter einem solchen vorstellen?
Wörtlich genommen, würde man als Jahrhundert-Komet wohl den eindrucksvollsten Schweifstern eines Jahrhunderts bezeichnen, also Objekte wie C/1577 V1 (Großer Komet), C/1680 V1 (Kirch), C/1743 X1 (Klinkenberg), C/1861 J1 (Tebbutt) und C/1910 A1 (Großer Januarkomet), um nur die entsprechenden Exemplare der letzten fünf Jahrhunderte zu berücksichtigen. Logischerweise kann man eine derartige Einstufung auch erst nach Ende eines solchen Zeitraums treffen. Ob C/2006 P1 (McNaught) der eindrucksvollste Komet des 21. Jh. war, werden also erst unsere Nachfahren in 86 Jahren entscheiden. Unter Jahrhundert-Komet könnte man sich aber auch einen Schweifstern vorstellen, der ganz besonders herausragend ist, also viel eindrucksvoller und seltener als die meisten anderen hellen Kometen. Nach dieser Definition, die etwas vage ist, hätte es im 19. Jahrhundert mit C/1843 D1 (Tageslicht-
1 C/1910 A1 (Großer Januarkomet),
der ,,größte" Schweifstern des 20. Jahrhunderts

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komet), C/1861 J1 (Tebbutt) und C/1882 R1 (Großer Septemberkomet) binnen 40 Jahren gleich drei Jahrhundert-Kometen gegeben, im 20. Jahrhundert gar keinen und im noch jungen 21. Jahrhundert mit C/2006 P1 (McNaught) bereits einen.
Allerdings ist der Begriff weder in dem einen noch in dem anderen Sinne jemals verwendet worden, denn es handelt sich hierbei um eine recht neue Kreation der Massenmedien, die erstmals im Jahr 1973 im Zusammenhang mit Komet Kohoutek (C/1973 E1) auftauchte. Bekanntlich entwickelte sich dieser Schweifstern dann zu einem eher nur mittelprächtigen Objekt, ebenso wie der nicht ganz so extrem hoch gepuschte, aber dennoch enttäuschende Komet Austin (C/1989 X1). Als nächster Jahrhundert-Komet wurde C/1995 O1 (Hale-Bopp) in den Medien gehandelt, welcher sich tatsächlich zu einem hellen und auffälligen Schweifstern entwickelte. Als dann mit C/2006 P1 (McNaught) ein Objekt erschien, das wirklich jedem Superlativ entsprach, schwieg die Presse allerdings weitgehend. Auch Hyakutake (C/1996 B2) blieben Jubelorgien erspart, obwohl er letztlich eindrucksvoller als Hale-Bopp am Himmel stand. Dafür wurde mit ISON intensiver als je zuvor ein Jahrhundert-Komet angekündigt.
Die vorstehende Aufzählung macht deutlich, was einen Jahrhundert-Kometen im Mediensinn auszeichnet: Er wird ziemlich lange vor seiner Perihel-Passage entdeckt und verspricht nach Aussagen der Fachwissenschaft sehr hell zu werden. Ohne dass der ominöse Begriff dabei bemüht wurde, hatten daher bereits C/1940 T1 (Cunningham), der sich ähnlich mittelprächtig entwickelte wie Kohoutek, und C/1956 R1 (Arend-Roland), welcher eindrucksvoll auftrat, im Vorfeld eine intensive Medienpropaganda ausgelöst. Überraschungs-Kometen wie C/1957 P1 (Mrkos), C/1996 B2 (Hyakutake) und ganz besonders C/1975 V1 (West) führten dagegen pressetechnisch mehr oder weniger ein Schattendasein. Um einen Jahrhundert-Kometen ,,propagandistisch aufzubauen", benötigen die Medien - und das gilt auch für das Internet - also ausreichend viel Zeit. Die gibt es natürlich in noch weit größerem Ausmaß bei den Erscheinungen von 1P/Halley. Im Jahr 1910 ging der Medienrummel dennoch erst so richtig los, nachdem

2 Kohoutek (C/1973 E1), der erste als Jahrhundert-Komet hochgejubelte Schweifstern
am 11.01.1974. Bildnachweis: NASA

Wissenschaftler ein zusätzliches Stichwort gegeben hatten: Blausäure im Kometenschweif, durch den die Erde ziehen würde, war der Stoff, aus dem EndzeitFantasien erwuchsen.
Als Halley 1986 wiederkehrte, war von vorneherein klar, dass eine bescheidene Vorstellung zu erwarten war. Dafür warf das Thema ,,Raumsonden am Kometen" genügend und diesmal seriösen Stoff für Presse und TV ab. Abgesehen von der im Vorfeld bereits unzweifelhaft feststehenden mäßigen Helligkeitsentwicklung fügt sich Halley nahtlos in die Reihe der Medien-Kometen von Kohoutek, über Hale-Bopp bis ISON ein. In allen vier Fällen erschienen populärwissenschaftliche Bücher zum Thema. Daneben hatten sie einen beträchtlichen Einfluss auf Kunst

und Kultur (Briefmarken, Gedenkmünzen, Musikstücke usw.) und riefen nebenbei allerlei Spökenkieker, Esoteriker, Verschwörungstheoretiker und Sektierer auf den Plan. Diese Schweifsterne weckten aber auch bei vielen Menschen das Interesse an der Astronomie. Und alle - nicht einmal Hale-Bopp - entsprachen, als sie endlich in Erdnähe gelangt waren, letztlich nicht dem, was man sich nach den beiden eingangs gegebenen ,,logischen" Definitionen unter einem JahrhundertKometen mit über den halben Himmel reichendem Schweif vorstellte. Und doch waren sie bezüglich ihrer Wirkung auf die breite Öffentlichkeit herausragende astronomische Ereignisse, allenfalls vergleichbar mit der totalen Sonnenfinsternis vom 11. August 1999.

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Kometen

3 Komet Cunningham (C/1940 R1). Aufgenommen mit dem
24-Zoll-Reflektor des Yerkes Observatory am 02.12.1940 von George van Biesbroeck. Bildnachweis: University of Chicago Photographic Archive, [apf6-02097], Special Collections Research Center, University of Chicago Library

Für die Wissenschaft waren die vier genannten Schweifsterne mit Sicherheit Jahrhundert-Kometen. Natürlich wurden auch an anderen Objekten wegweisende Erkenntnisse gewonnen. Erinnert sei nur an die Entdeckung der WasserstoffKoma bei C/1969 T1 (Tago-Sato-Kosaka), an die Dokumentation der Kernteilungen von C/1975 V1 (West), den Nachweis von Röntgenstrahlung bei C/1996 B2 (Hyakutake), die Entdeckung eines Schweifs aus Eisenatomen bei C/2006 P1 (Mc Naught) oder die intensive Beobachtung der Sonnenpassage und des Zerfalls von C/2011 W3 (Lovejoy). Doch Kohoutek, Halley, Hale-Bopp und ISON hatten für Astronomen - und da geht es ihnen nicht anders als den Medien - den Vorteil einer langen Vorlaufzeit, welche die weltweite, koordinierte Planung von Beobachtungs-Kampagnen erlaubt. Entsprechend ist der wissenschaftliche Output in solchen Fällen besonders hoch. Dies gilt auch für D/1993 F2 (Shoemaker-Levy 9), welcher ein Jahr vor seiner Kollision mit dem Jupiter entdeckt worden war. Dieses Objekt war mit bloßem Auge zu keinem Zeitpunkt sichtbar, fand aber doch - und dies war wiederum den Medien zu verdanken - ein großes Interesse in der breiten Öffentlichkeit. Der nächste wissenschaftliche Jahrhundert-Komet nach ISON ist bereits in Sicht. Es handelt sich um C/2013 A1 (Siding-Spring), welcher im Oktober 2014 dem Planeten Mars bis auf etwa 130.000 Kilometer nahekom-

men wird. Dann wird sich dank der dort stationierten Raumfahrzeuge vielleicht ein astronomischer Jahrhundert-Traum erfüllen: der direkte Blick auf den Kern eines langperiodischen Kometen, der sich seit Anbeginn des Sonnensystems kaum verändert hat.
Internet- und Literaturhinweise: [1] Anonymus (2012): Vorfreude auf
Komet C/2012 S1 (ISON) - wird er so hell wie der Vollmond? Sterne und Weltraum 2012 (11), 17 [2] George F. Chambers (1909): The Story of the Comets. 256 S., Clarendon Press, Oxford [3] Daniel Fischer, Frank Gasparini (2013): Komet ISON - Alles zum Großen Kometen 2013. 64 S., Oculum-Verlag GmbH, Erlangen [4] Daniel Fischer, Holger Heuseler (1994): Der Jupiter Crash. 236 S., Birkhäuser Verlag, Basel [5] Andreas Hänel (1999): Hale-Bopp auf Teneriffa - Die erste Internationale Konferenz über den Kometen Hale-Bopp. Sterne und Weltraum 2/1999, 180-183 [6] Michael J. Hendrie, (2000): Comet Kohoutek 1973f. J. Br. Astron. Assoc. 110 (1), 9-19 [7] Lubos Kohoutek, Rudolf Kippenhahn, Holger Heuseler & Hans Oberndorfer (1973): Der Jahrhundert-Komet Kohoutek. 64 S.,

Deutsche Verlags Anstalt, Stuttgart [8] Stefan Krause (2013): Komet ISON

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Lovejoy - ein fotografisches Experiment
von Werner E. Celnik

Teneriffa, 26. November 2013. Eigentlich steht der Komet ISON auf dem Speiseäh, Beobachtungsplan. Doch während das Drama seinen Lauf nimmt, steht schon längst ein anderer Komet am dunklen Nachthimmel: C/2013 R1 (Lovejoy) stiehlt ISON buchstäblich die Schau. Otto Guthier als visueller Kometensucher beobachtet ihn im Grenzgebiet der Sternbilder Jagdhunde und Großer Bär mit dem 20x70-Feldstecher auf einem Stativ und fertigt begeistert eine Zeichnung an: ,,... da musst du unbedingt mal mit deiner Kamera draufhalten!" Das Problem ist nur: Ich war zuvor in dieser Nacht vor dem Aufbau der kleinen Montierung zwischen Felsen gestürzt und kann mit meinem lädierten Knie die Montierung nicht mehr aufstellen. Also keine Nachführung verfügbar.
Aber es muss auch ohne gehen: Also Kamera bei 400 Millimeter Brennweite auf das Fotostativ, ISO 12.800 einstellen, vier Sekunden Belichtung, und das dann eben 500-mal! Eine 30er-Serie mit dem Timer programmiert, so lange bleibt der Komet im Gesichtsfeld. Dann die Kamera neu ausgerichtet und die nächste Serie geschossen. Manuelles Stacken ist anschießend erforderlich, weil keines der Stacking-Programme den Kometen als Objekt in den Einzelbildern erkennt, die Koma ist wohl doch zu schwach. Ein Einzelbild (Abb. 1) ist zwar recht verrauscht, doch nach dem Drehen und Stacken der Einzelbilder ist auf dem Summenbild eine 14 Bogenminuten große tiefgrüne Koma und ein über das Gesichtsfeld der Kamera hinausreichender Schweif von mehr als 2,4 Grad Länge erkennbar (Abb. 2). Details im Schweif sind jedoch kaum erkennbar, weil a) das Rauschen noch zu hoch ist, b) die Belichtung von vier Sekunden bei 400 Millimetern Brennweite bereits zu Strichspuren führt und c) während des langen Gesamtbelichtungszeitraums von fast einer Stunde sich evtl. vorhandene Schweifstrukturen verwischen.

1 Unbearbeitetes Einzelbild (volles Format, nur etwas heller als im Original dargestellt)
des Kometen C/2013 R1 (Lovejoy), 26.11.2013, 05:12 - 06:09 Uhr UT, Brennweite 400 mm, Blende 5,6, ISO 12.800, Belichtung 4 s
2 C/2013 R1 (Lovejoy), 26.11.2013, 05:12 - 06:09 Uhr UT, Summenbild 500 x 4 s,
Brennweite 400 mm, Blende 5,6, ISO 12.800. Manuelles Stacking

Fazit: Sehr viel Arbeit, jedoch ein Ergebnis, das höchstens im Notfall akzeptabel ist, wenn nur eine stehende Kamera zur Verfügung steht.



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Fotogalerie mit Aufnahmen der Kometen ISON und Lovejoy

1
Linke Seite oben: Komet ISON am 5.11.2013 um 5 Uhr MEZ; 30 Sekunden belichtet mit einem C8 mit Focal-Reducer 3200 ISO und einer Canon 1100D; Bildautor: Georg Neumann
2
Linke Seite unten: Komet ISON am 16.11.2013; 6 x 55 s Luminanz und je 6 x 45 s RGB alles ungebinnt; Teleskop: 80/480 TMB Apo mit 0,8 x Tele Vue Reducer; Kamera: Moravian G2 8300FW; Bildautor: Rochus Hess
3
Rechts: Komet ISON am 17.11.2013; LRGB 10/3/3/3 min; Teleskop: ASA-8"-N-f/3,6-Astrograf; Kamera: FLI PL 16070; Bildautor: Gerald Rhemann


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4 Lovejoy am 26.11.2013, 6:35 Uhr MEZ, 22 s belich-
tet bei ISO 6400, Arbeitsblende 5,3, Brennweite: 46 mm, links im Bild die Deichselsterne des Großen Wagens

5 Komet Lovejoy am 4.12.2013, 6:41 Uhr MEZ, 158 s belichtet bei ISO
800, Arbeitsblende 6,3, Brennweite: 250 mm; beide Fotos entstanden auf Teneriffa, Bildautor: Hans Gerhard Weber

6 Komet Lovejoy; das Bild entstand am 3.12.2013 mit einem 70-mm-Objektiv bei Blende 3,2. Kamera war eine Canon

7 Komet Lovejoy am 10.12.2013, 6:20 Uhr MEZ, 10 s belichtet; Kamera: Canon 60D, f: 60 mm, ISO 3200 8 Lovejoy am 11.12.2013, 6:25 Uhr MEZ, 120 s belichtet; Kamera: Canon 60D, Teleskop:
TEC 140 mit f: 980 mm, ISO 1600. Beide Bilder entstanden in Ammerbuch bei Tübingen; Bildautor: Steffen Mühlhöfer


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9
Linke Seite oben: Komet Lovejoy am 13.12.2013 ab ca. 4 Uhr MEZ; Belichtungszeit 25 x 90 s bei 300 mm effekt. Brennweite; Blende f/4; ISO-Zahl 800; Kamera: Canon EOS 5D Mark 2; Bildautor: Markus Noller
10
Linke Seite unten: Komet Lovejoy tief am östlichen Horizont aus der Lichtglocke des Ruhrgebiets herausgefischt mit Hilfe eines UHC-Filters.
Optik: Newton 200 mm, f = 800 mm, f/4 Kamera: Canon EOS 350D mod. Filter: UHC-S Belichtung: 13 x 120 s bei ISO 800 Bearbeitung: Ausrichtung am Kometen, Mittelung, Beschnitt Aufnahmeort: Rheinberg, 13.12.2013
Der Komet stand tief im Osten, genau dort, wo mein Gartenhimmel am hellsten ist - Richtung nördliches Ruhrgebiet. Im Feldstecher war der Schweif im hellen Hintergrund noch gerade zu erahnen. Ich habe dann mit UHC-Filter belichtet, um dem Himmel noch ein wenig Kontrast abzutrotzen. Der UHC-Filter ist sicher nicht die beste Wahl für Kometen, aber der Zweck heiligt die Mittel. Das Beispiel zeigt, dass man auch unter aufgehelltem Himmel brauchbare Bilder erhalten kann.
Bildautor: Ulrich Teschke

11
Grüner Komet vor grünem Hintergrund Optik: Refraktor 75 mm, f = 500 mm, f/6,7 Kamera: Pentax K5 Belichtung: 52 x 30 s bei ISO 1600 Bearbeitung: Ausrichtung am Kometen, Mittelung, Beschnitt Aufnahmeort: Rheinberg, 13.12.2013, Norden ist rechts Ich habe auch zeitgleich mit dem Refraktor Pentax 75 und der Kamera Pentax K5 ohne Filter fotografiert. Ohne Filter waren die Belichtungszeiten zwar kürzer, die Bilddaten jedoch wesentlich schwieriger zu bearbeiten. Wenn ich die beiden Bilder vergleiche, habe ich nicht den Eindruck, dass mir der UHC-Filter Informationen verschluckt hat. Die Koma ist unter Berücksichtigung der verschiedenen Brennweiten gleich groß. Ich habe sogar den Eindruck, dass der UHC-Filter den Staubschweif deutlicher herausbringt. Bildautor: Ulrich Teschke

70

13 Oben: Komet Lovejoy am 14. Dezember 2013 um 4.20 Uhr UT, LRGB 5/5/5/5 min
Mosaik zwei Felder, ASA-Astrograf-H 8 f/2.8, FLI PL 16070 Bildautor: Gerald Rhemann

12 Linke Seite links: Komet Lovejoy am
13. Dezember 2013 um 3.41 Uhr UT, LRGB 5/5/5/5 min, ASA-AstrografH 8 f/2.8, FLI PL 16070, Mosaik drei Aufnahmen Bildautor: Gerald Rhemann

14 Linke Seite rechts: Komet Lovejoy, aufgenommen am
28.12.2013; 18 x 1 min LRGB; Guiding: TS9 OAG mit Starlight Xpress Lodestar, PHD; Teleskop: Williams Megrez 72; Kamera: Moravian G2 8300 FW bei -20o; Bildbearbeitung: PixInsight, CS5, CCDStack; Bildautor: Bernd Weinzierl


72

Amateurteleskope / Selbstbau

Fernglasbeobachten ohne zu schielen
von Torsten Güths

Astronomische Fernglasbeobachtung hatte mir nie wirklich Spaß gemacht: Stets sah ich Doppelbilder! Nun standen mir zwar nur einfache Geräte zur Verfügung, doch auch Blicke durch gute, teure Binokulare brachten im Allgemeinen nur eine Enttäuschung: Es war nur schwer möglich, wenn überhaupt, ein überlagertes Bild zu sehen.

Ein Augenoptiker brachte es während der Untersuchung für eine neue Brille an den Tag: Ich habe einen leichten Strabismus, d. h., ich schiele! Durch die neue ausgleichende Brille sind dann sogar meine leichten, jedoch häufigen Kopfschmerzen nach einem Arbeitstag am PC verschwunden. Meine Augen haben einen Schielwinkel von rund 6 Grad , wie kann ich diese Fehlstellung nur ausgleichen? Eine Brille zum Beobachten aufziehen mochte ich nicht. Ursprünglich dachte ich, dass bei 6 Grad Fehlstellung die Achsen des Binos um 6 Grad verkippt werden müssten, was zur Folge gehabt hätte, dass die rund 3 Grad messenden realen Sichtfelder sich nie gedeckt hätten! Aus der Traum vom entspannten Binoschauen ...
Trotz des Risikos, Doppelbilder zu erkennen, konnte ich einer Gelegenheit auf dem ATT 2007 nicht widerstehen: Teleskopservice Ransburg bot ein 20x80 für 80 Euro an. Ich tröstete mich, dass ich im Falle von Doppelbildern zwei Einzelteleskope draus gebaut hätte.
Der erste Test in einer Nacht ergab, dass ich auch durch dieses Instrument nur Doppelbilder erkannte! Auf Anfrage beim Teleskopservice nach einer Kompensation der Fehlstellung erwähnte man die Möglichkeit, die Prismen zu verstellen. Doch diese Idee habe ich verworfen, denn wer will schon sein Instrument absichtlich dejustieren!?
Ein Experiment mit einem defektem 10x25-,,Ferngläschen", dessen Optiken aufgrund eines mechanischen Defekts verkippbar waren, brachte mir eine wichtige Erkenntnis: Ein Schielausgleich durch Verkippung der optischen Achsen fiel weitaus geringer aus, als gedacht! Es scheint so zu sein, dass die 6 Grad -Fehl-

1 Die Objektivverbindung mit den verspannten Tuben und dem Kabelbinder
in den entstandenen Schlitzen

stellung der Augen bei zehnfacher Vergrößerung nur durch ein Zehntel dieses Betrags durch die Verstellung der optischen Achsen korrigierbar ist, also 36 Bogenminuten. Somit ergab sich für die Abschätzung des Verkippungswinkels beim 20x80:
Verkippungswinkel = Schielwinkel/ Vergrößerung V
Die beiden Aufhängungspunkte des 20x80 befinden sich in 200 mm Abstand, folglich ergibt sich mit 18 Bogenminuten Verkippungswinkel 1 mm Verstellung an der Objektivverbindungsbrücke.
Das 20x80 weist nun keine sehr solide Mechanik auf, was in meinem Fall von enormem Vorteil ist! Die vordere Verbindung der Objektive konnte ich mit leichtem Kraftaufwand jeweils einen knappen Millimeter aus der Mittelachse auseinanderdrücken. In der Tubusverbindung entstanden zwei Schlitze, in denen jeweils ein Stück Kabelbinder passte (Abb. 1). Diese habe ich hineingeschoben und fertig.
Der Blick durch das modifizierte Fernglas war, wie das Sehen neu entdecken: Keine Doppelbilder mehr und das gesamte Universum der Fernglasbeobachtung eröffnete sich mir!

Die Nachteile meiner Methode sollen nicht verschwiegen werden: a) Die Sichtfelder sind nicht mehr 100 %
deckungsgleich. Man erhält ein übereinandergelagertes ,,Doppelsichtfeld" (Abb. 2). b) Die nicht so gute Randschärfe der Okulare wirkt sich nachteilig aus: Der Bereich der beidäugigen scharfen Abbildung ist kleiner geworden und befindet sich nur in einem Areal von rund 20 Grad Durchmesser in der Mitte (Abb. 2). Da man meistens nur in diese zentrale Region blickt, ist das meines Erachtens
2 Die Gesichtsfelder (gelb und
violett) überlagern sich nicht mehr komplett, und durch Randunschärfen erscheint nur noch der grüne Bereich beidseitig scharf.

Amateurteleskope / Selbstbau

73

zu verschmerzen. Bei der Gelegenheit möchte ich auch auf weitere Eigenschaften des Fernglases hinweisen: Es treten Reflexe an den Okularrändern im Innern auf. Der kontrastmindernde leichte Grauschleier, den man am Tage aufgrund von Reflexionen sehen kann, verringert sich, wenn man die Augen dicht an die Augenmuscheln der Okulare bringt. Die bei kurzbrennweitigen, achromatischen Objektiven unvermeidbaren Farbsäume vermindern sich, wenn man den Augenabstand korrekt einstellt und sich jedes

Auge exakt auf der optischen Achse befindet. Berücksichtigt man diese Umstände, dann ergibt sich meines Erachtens ein ansprechendes Bild für ein so kostengünstiges Großfernglas. Beobachtungen von Deep-Sky-Objekten und auch des Mondes sind ein Genuss!
Vielleicht konnte ich die Hersteller von binokularen Optiken anregen, Geräte auf den Markt zu bringen, die der Benutzer individuell auf seine Augenfehlstellung anpassen kann. Zwar betrifft es nur un-

gefähr 6 % der mitteleuropäischen Bevölkerung [1], doch wären diese vermutlich sehr glücklich!
Literaturhinweise: [1] Leitlinien von BVA und DOG:
,,Leitlinie Nr. 26b nichtparethisches Schielen", http://augeninfo.de/leit/ leit26b.htm

Gedanken zu einer stabilen Montierung
von Hilmar Ganser (Skizzen) und Herbert Zellhuber (Text)

Bei der Durchsicht meiner Unterlagen ist mir etwas in die Hände gefallen, über das ich mir vor 12 Jahren Gedanken gemacht habe. Die Idee war, eine möglichst leichte und trotzdem sehr stabile Montierung zu erreichen. Üblicherweise werden mehr oder weniger große Achsen verwendet, diese entfallen hier. Stattdessen werden zwei möglichst große kranzförmige Rollenlager verwendet. Die Gehäuse der Montierung sind dabei würfelförmig (Abb. 1), Aluminiumguss wäre wohl die erste Wahl. Alternativ könnte man auch miteinander verschraubte Aluminiumplatten nehmen (Abb. 2).

Als Lager bieten sich sogenannte Kreuzrollenlager an (Abb. 3). Diese eignen sich hervorragend für Drehgelenke von Industrierobotern, Messmaschinen und Werkzeugmaschinen. Die Rollen sind dabei kreuzweise versetzt und werden durch Distanzstücke auf Abstand gehalten. Durch die 90 Grad -Anordnung der

1 Oben: Die würfelförmigen Gehäuse-
teile sind innen hohl und so dimensioniert, dass sie eine möglichst hohe Steifigkeit besitzen. Die Montierung hat nur zwei Kreuzrollenlager, auf herkömmliche Achsen kann deshalb verzichtet werden. (Hilmar Ganser)

2 Unten: Alternativ könnte man die
Gehäuse auch aus miteinander verschraubten Aluminiumplatten herstellen. (Hilmar Ganser)


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Astrofotografie

3 Schnittzeichnung von einem Kreuzrollenlager
(THK, Japan)

4 Die verschiedenen Belastungen an einem Kreuzrollenlager
(Herbert Zellhuber)

Rollen können sowohl radiale als auch axiale Kräfte aufgenommen werden. Ein Standardlager mit den Maßen 100 mm x 70 mm x 13 mm ist beispielsweise für eine Radialbelastung von 27 kN ausgelegt. Das ist ein hoher Wert, den man bei astronomischen Instrumenten niemals erreichen wird. Man stelle sich vor, das Lager könnte man mit einem Gewicht von 2.700 kg belasten (Abb. 4). Geht man von einer Gesamtzuladung von 100 kg und einer würfelförmigen Gehäusekante von 120 mm aus, wäre auch die Moment-

belastung noch immer weit unter der Belastungsgrenze.
Der Innen- bzw. Außenring ist bei einem Kreuzrollenlager geteilt, damit Rollen und Distanzstücke befüllt werden können. Sie sind ab einem Durchmesser von ca. 40 mm bis über einen Meter lieferbar. Alternativ zu den Kreuzrollenlagern könnte man auch doppelreihige Schrägkugellager verwenden. Auch diese sind im eingebauten Zustand leicht vorgespannt und laufen deshalb spielfrei.

Allerdings sind diese Lager um einen Faktor 3-4 weniger steif als die Kreuzrollenlager.
Vielleicht will der eine oder andere Sternfreund diese Idee aufgreifen, um sich eine Montierung zu bauen. Ein geschickter Konstrukteur wäre durchaus in der Lage, der idealen Montierung nahezukommen. Das heißt im konkreten Fall, dass eine möglichst steife Montierung bei minimalem Gewicht erreicht wird.

Neues aus der Fachgruppe Astrofotografie
- 10 Jahre Astrofoto der Woche

von Peter Riepe
Im Winter 2004 richtete die FG Astrofotografie zusammen mit Doris Unbehaun von Astronomie.de das ,,Astrofoto der Woche" (AdW) ein. Seitdem hat unsere Rubrik oben rechts auf der Eingangsseite von Astronomie.de einen festen Platz www.astronomie.de, Abb. 1). Unser Ziel ist es - damals wie heute - allen astrofotografisch interessierten Sternfreunden anschauliche, lehrreiche Fotos zu bieten und durch Informationen und Daten zu jedem Bild Ansporn für eigene Aufnahmen zu geben.
Schon damals war aber auch klar, dass Astrofotografie nicht nur eine rein technische Abwicklungsprozedur ist. Früher oder später befasst sich jeder Astrofotograf auch mit den Himmelsobjekten und ihren Eigenschaften, denken wir nur an die Farben der Planetarischen Nebel oder an die Details der Planetenoberflächen.

Genau deshalb werden für jedes AdW auch astronomische Informationen zum Objekt selbst geliefert.

Zwar gab es 2004 schon seit mehr als einem Jahrzehnt CCD-Kameras, aber damals wurde auch noch auf Film fotografiert. Vergleicht man das chemische Farbbild aus 2004 (Abb. 3) mit dem CCD-Bild von heute (Abb. 4), so werden die großen Fortschritte durch die ständig verbesserte CCD-Technik ersichtlich.
Jeder kann sein informatives, technisch sauberes Bildergebnis mit Aufnahmedaten für die Rubrik AdW in digitaler Form einreichen. Nähere Details stehen am AdW-Ende, wo Sie Ihr Bild zur Einsendung hochladen.
Darüber hinaus können Sie auch das AdW-Archiv nutzen. Es lohnt sich! Sie haben mit diesem Archiv die Gelegenheit, astrofotografische Techniken kennenzulernen und viel über astronomische Motive zu erfahren. Außerdem besteht


Astrofotografie

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1 Das Astrofoto der Woche oben rechts auf der Startseite von Astronomie.de

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Astrofotografie

die Möglichkeit, mit den Bildautoren per E-Mail in Kontakt zu treten und sie über ihre Aufnahmen zu befragen.
Noch kurz zum AdW-Team (Abb. 5): Rainer Sparenberg (Mitte) nimmt die Bildeinsendungen entgegen, hält Kontakt zu den Autoren und schickt die geeigneten Bilder weiter an Peter Riepe (links). Der recherchiert zu den Objekten den Stand der astronomischen Forschung und schreibt den AdW-Text. Dann gehen Bild und Text an Mark Hellweg (rechts). Er ist für das Einstellen auf Astronomie.de verantwortlich. Ab und zu - z. B. in Krankheits- oder Vertretungsfällen - wird diese Aufgabe auch von Stefan van Ree, Administrator bei Astronomie.de, übernommen.
2 Von Magnus Zwick stammt das allererste AdW, das im No-
vember 2004 gebracht wurde. Er nahm den Planetarischen Nebel Messier 27 mit einem 200-mm-Newton-Teleksop f/5 und einer CCD-Kamera Starlight HX 516 auf. Das Luminanzbild wurde 3 x 20 Minuten belichtet, pro Farbkanal (RGB) jeweils 1 x 20 Minuten.

3 Heinrich Weiss fotografierte die Nebel um Gamma Cygni.
Dazu setzte er einen 200-mm-Newton f/4 ein und belichtete 45 Minuten auf Kodak Elitechrome 200.


4 Nochmals die Nebel um Gamma Cygni, hier aber von Dirk
Bautzmann mit einer CCD-Kamera SBIG STL-11000 aufgenommen. Teleskop war ein Takahashi FSQ-106ED. Am 15.08.2009 wurde 9 x 5 min (L) und je 4 x 8 min (RGB) belichtet.
5 Das AdW-Team (s. Text)

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Neues aus der Fachgruppe Astrofotografie
- Stand der Mailingliste der VdS-Fachgruppe Astrofotografie
von Antonius Recker

Die Mailingliste für die Fachgruppe Astrofotografie und für alle an der Astrofotografie Interessierten wurde vor 3 Jahren, im März 2011, ins Leben gerufen. Nach einem lebhaften Start, was die Mitgliederanzahl betraf, hat sich die Liste kontinuierlich weiterentwickelt. Im Moment haben wir durchschnittlich einen Neuzugang pro Monat und fast keine Austritte. Der Stand beträgt 119 Mitglieder. Überwiegend sind das Astrofotografen aus Deutschland und Österreich sowie wenige deutschsprachige Mitglieder aus dem Ausland. Die Sprache in der Liste ist Deutsch. Viele Mitglieder sind Fachgruppenmitglieder.

Der Betrieb auf der Liste ist sehr lebhaft. Es werden, auch abhängig von der Wetterlage, ca. zwei bis vier neue Themen täglich eröffnet. Zu den einzelnen Themen gibt es dann etwa drei bis zehn Antworten. Es gab auch schon intensiv diskutierte Themen mit 50 Antworten. Hinzu kommen Informationen für die Fachgruppe Astrofotografie. Die behandelten Themen decken ein weites Spektrum mit Bezug zur Astrofotografie ab. Es werden Bilder gepostet, die von Deep Sky übers Planetensystem und Stimmungsaufnahmen bis zu Tageslichtaufnahmen von Sternwarten und Ausrüstung reichen (s. Abb. 1).
Meist wird auch eine Information über die Natur der aufgenommenen Objekte gegeben oder über Unbekanntes oder neu Entdecktes in den Bildern diskutiert. Es werden auch Themen zu Bildverarbeitung, Software und Hardware, Optik, Kameras, Filter, astronomischen Katalogen und Karten und vieles mehr behandelt. Fragen von Neueinsteigern werden auch gerne beantwortet, und es ist dabei eine positiv unterstützende Einstellung der Antwortenden zu erkennen. Man kann sich also durchaus trauen, an der Liste teilzunehmen, auch wenn man nicht David Malin heißt. Die Diskussionen sind sehr sachlich, hilfreich, kompetent und ermutigend. Dies ist für einen Administrator einer solchen Mailingliste wirklich sehr erfreulich. Manchmal sind schon kontroverse, harte Diskussionen entstan-

1 Werner Probst hat sich auf die Lauer gelegt und den Aufgang des Ostervollmonds
2014 hinter der Burg Hochosterwitz in Kärnten mit einem Apochromaten 80 mm/ 480 mm und einer Canon 5D im Bild festgehalten.

den, die aber immer sachlich und konstruktiv blieben. Es war nicht einmal ein Eingreifen in das Geschehen nötig, wofür ich mich als Administrator bei allen Teilnehmern herzlich bedanke.
Wie man diese E-Mails bekommt, kann man online in der Mailingliste einstellen. Hierzu ist ein googlegroups-Login mit genau der E-Mail-Adresse nötig, mit der man an der Liste teilnimmt. Wer dazu Fragen hat oder Hilfe benötigt, kann sich gerne an mich wenden. Auf Wunsch kann ich auch die Einstellung für die Mitglieder ändern (aber bitte nicht alle 3 Tage eine andere Einstellung).
Wenn jemand an der Mailingliste teilnehmen möchte, ist eine Anmeldung auf der Seite der Fachgruppe http://astrofotografie.fg-vds.de/ erforderlich, da es sich um eine geschlossene Mailingliste handelt. Was in der Liste diskutiert wird, bleibt auch erst einmal in der Liste. Eine Mitgliedschaft in der Fachgruppe Astrofotografie ist nicht Voraussetzung. Die Liste wird auch weiterhin von Andreas Rörig und mir betreut.

Inserentenverzeichnis

astronomie.de, Neunkirchen

45

Astro-Shop, Hamburg

U2

Astroshop.de nimax GmbH,

11

Landsberg

Baader Planetarium,

U4

Mammendorf

Bresser GmbH, Rhede

83

Gerd Neumann jr.

75

Hamburg

Koring, Marocco

61

Kosmos Verlag, Stuttgart

57

Optical Vision Ltd., UK

U3

Optische Geräte Wolfgang Lille, 23 Heinbockel

Spektrum der Wissenschaft Ver- 13 lagsgesellschaft mbH, Heidelberg 115


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Astrofotografie


Astrofotografie

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Die Morphologie des Systems NGC 5194/95
von Peter Riepe, Stefan Binnewies und Günter Kerschhuber

- Teil 1 -
M 51 wurde im Oktober 1773 von Charles Messier entdeckt. Aber es sollten 72 weitere Jahre vergehen, ehe Lord Rosse 1845 an der ,,Whirlpool"-Galaxie NGC 5194 erstmals die Struktur von Spiralgalaxien erkannte und dokumentierte [1]. Dazu benutzte er das größte Teleskop der damaligen Zeit - den 72-zölligen Reflektor ,,Leviathan" in Birr Castle/Irland. Rosse nahm auch die Begleitgalaxie NGC 5195 wahr und trug sie in seine Zeichnungen ein (Abb. 2). Zu der Zeit besaß jedoch noch niemand eine Vorstellung von Galaxien - weder von ihrem strukturellen Aufbau noch von ihrer Entfernung. Das sollte sich erst 1923/24 ändern: Edwin Hubble erkannte auf Fotografien des Andromedanebels, die am Hooker-Teleskop auf dem Mt. Wilson entstanden waren, die stellare Natur der Galaxien und konnte erste Angaben zu ihrer Entfernung machen. Als dann die Ära des 5-m-Spiegels auf dem Mt. Palomar begann, kam die Galaxienforschung mit Riesenschritten in Gang. Das System NGC 5194/95 blieb ein bevorzugtes Forschungsobjekt, vermutlich weil beide Galaxien offensichtlich ein Paar bilden. Ein wesentlicher Grund dürften aber auch die stark ausgeprägten Spiralarme von NGC 5194 sein. Von 133 Galaxien der Milchstraßenumgebung hat NGC 5194 die markanteste Spiralstruktur [2]. In der Abbildung 1 wird dies ebenso deutlich wie die Doppelnatur des Systems Messier 51.
1
Linke Seite: Porträt der ,,Whirlpool-Galaxie" M 51 im Sternbild Jagdhunde, ferngesteuert aufgenommen von Bad Arolsen in Nordhessen durch das 24-zöllige Teleskop ,,Ganymed", stationiert am Skinakas-Observatorium auf der Insel Kreta. Aufnahme bei f = 4.940 mm mit einer CCD-Kamera SBIG STL-11000M am 28./29. Mai 2008. Luminanz 15 x 10 min und RGB je 3 x 15 min. Bildautoren: Josef Pöpsel und Stefan Binnewies, Bildbearbeitung: Stefan Heutz.

Wissenschaftlicher Forschungsstand Fotografisch gab es bereits frühzeitige Untersuchungen. Bekannte Astronomen wie Fritz Zwicky und auch Stewart Sharpless fertigten mit dem 5-m-Spiegel Komposite aus Film-Negativen und -Positiven in verschiedenen Wellenlängenbereichen an [3, 4]. Zwicky setzte den Kodak 103a-O als blauempfindliches Material ein (B) und Kodak 103a-D plus Gelbfilter Schott GG 11 für die Gelbauszüge (Y). Dadurch konnte er erste Aussagen über die Verteilung blauer und roter Sterne in NGC 5194 mit Hilfe des Farbindex B-Y treffen. Die Ergebnisse zeigten eine klar definierte Spiralstruktur. Sie besteht durchweg aus Sternen der Population I. NGC 5194 wurde als Sc-Spiralgalaxie klassifiziert. Die Entfernung wurde mit Hilfe enthaltener Planetarischer Nebel zu 8,4 Mpc (27,4 Mio. Lj) bestimmt [5]. Der scheinbare Durchmesser von 11' x 7,8' ergibt damit für NGC 5194 einen wahren Durchmesser von 88.000 Lj. Tiefe H-Aufnahmen zeigen, dass die Galaxie viele HII-Regionen besitzt, die sich entlang der blauen Spiralarme anordnen [6]. Dies verwundert nicht, denn HII-Regionen sind immer mit blau leuchtenden Assoziationen oder Sternhaufen verknüpft, die aus jungen, heißen O-Sternen bestehen. Mit dem Weltraumteleskop Hubble wurden kürzlich die Sternhaufen des M 51-Systems fotometriert [7]. Dabei entstand ein Katalog von mehr als 2.200 Exemplaren, die größtenteils entlang der Spiralarme von NGC 5194 angeordnet sind und tatsächlich mehrheitlich einen Farbindex B-V < 0,5 mag aufweisen, d. h., bläulich leuchten.
Im Jahr 1969 erschien ein Katalog von HII-Regionen, basierend auf Fotografien mit dem 193-cm-Teleskop in der Haute Provence [6]. Bei einem Öffnungsverhältnis von 1:1 und unter Verwendung eines H-Filters von nur 0,8 nm Halbwertbreite betrugen die Belichtungszeiten bis zu 7 h, 30 min - damals noch auf spektroskopischen Fotoplatten mit ziemlich grobem Korn. Vor wenigen Jahren konnten viele dieser HII-Regionen

2 M 51 in einer Zeichnung aus dem
Jahr 1850 von Lord Rosse [1].
mit CCD-Kameras am 90-cm-Spiegel des Kitt Peak Observatory im H-Licht neu untersucht und erheblich detailreicher dargestellt werden. Am Keck-Teleskop wurden Daten zu ihrer chemischen Zusammensetzung gewonnen [8]. Untersuchungen der Verteilung des ionisierten Wasserstoffs belegen, dass dieser sich in größeren zusammenhängenden Gebieten an den Spiralarmverlauf hält [9]. Aus ersten, mit dem Weltraumteleskop Herschel gewonnenen Ergebnissen wurden im fernen Infrarot Gebiete sichtbar gemacht, in denen Gas und Staub durch heiße Sterne zur thermischen Emission angeregt werden [10]. Auch hier folgen diese Gebiete klar der Spiralstruktur.
Fabry-Perot-Interferogramme zeigten, dass NGC 5194 ebenso rotiert wie andere Spiralgalaxien auch [6]. Die Rotationsgeschwindigkeit steigt vom Zentrum nach außen zunächst an und erreicht in einem Abstand von 2' ein Maximum von etwa 150 km/s. Noch weiter nach außen zum sichtbaren Rand hin rotiert NGC 5194 jedoch unerwartet langsam, ohne Einhaltung der Kepler`schen Gesetze. Das stützt


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3 Das System M 51 in einer Übersichtsdarstellung, aufgenommen am 21./22. April 2005 in Much (Bergisches Land) von Stefan Binnewies.
Belichtet wurde durch einen 105-mm-Refraktor (Astro-Physics) plus Telekonverter (f = 840 mm) mit einer CCD-Kamera SBIG ST-10XME, Luminanz 21 x 10 min und RGB je 3 x 10 min.

die bekannte Theorie über weit nach außen reichende Dunkle Materie in den Scheibengalaxien.
Der Störenfried NGC 5195 NGC 5195 steht offensichtlich hinter NGC 5194. Das wird in der Abbildung 1 deutlich, wobei dazu drei Fakten ins Auge fallen: (1) Der östliche Spiralarm von NGC 5194 läuft von uns aus gesehen über NGC 5195 hinweg und ist in seiner Spitze blau. Die blaue Farbe deutet auf eine junge Sternpopulation hin.
(2) Dieser Spiralarm verhält sich ungewöhnlich, da er sich in seinem Verlauf östlich des Galaxienkerns dem nächsten, inneren Spiralarm wieder nähert. Nach Norden verläuft er danach nahezu geradlinig weiter und verdeckt schließlich NGC 5195. Dort wird er auf seiner Westseite von ausgedehntem, dichtem Staub flankiert. Schließlich geht er in den mittleren von drei diffusen Gezeitenschweifen über, die sich direkt nördlich von NGC 5195 emporwölben.

(3) Die großen Mengen dunklen Staubes westlich des langen Spiralarms verdecken die Sicht auf NGC 5195 erheblich. Dies veranlasste drei Astronomen, die Staubverteilung zu ermitteln und vom üblichen Erscheinungsbild zu subtrahieren [11]. So konnte die wahre Gestalt von NGC 5195 besser beschrieben werden. Aus dem ,,unverstaubten" Bild ließ sich der Typ SB0 ableiten. Der Balken - eigentlich erst durch den Staub suggeriert - ist in Wirklichkeit jedoch nur sehr unscheinbar. Es gelang auch der Nachweis, dass NGC 5195 keine HII-Regionen aufweist. In der Begleitgalaxie gibt es also keine sehr jungen, massereichen OSterne, die den enthaltenen Wasserstoff ionisieren könnten. Zwar wurden junge Sterne nahe dem Zentrum gefunden, aber das sind vermutlich späte B-Sterne. Ihnen fehlt der nötige energiereiche UVStrahlungsanteil.
Lange Zeit waren sich die Astronomen uneins über die physikalischen Bedingungen, mit denen die Beobachtungsbefunde des Galaxienpaars NGC 5194/95 erklärt werden können. Ist es Zufall, dass

der östliche Spiralarm von NGC 5194 wie eine Brücke zu NGC 5195 hinüberreicht? Oder handelt es sich nur um einen Projektionseffekt? Halton Arp, der durch seine Forschungsarbeiten über pekuliäre (= ,,seltsame") Galaxien bekannt wurde, liebäugelte anfangs mit einer Idee, die auf E. Holmberg zurückgeht. Demnach stellte man sich vor, Begleitgalaxien an den Enden von Spiralarmen seien Auswürfe der Muttergalaxie. Es wurde sogar diskutiert, ob nicht erst derartige Begleiter bei ihrem Auswurf einen Spiralarm entstehen lassen [12]. Arp fand zahlreiche, ähnlich aussehende Galaxienpaare, als bestes Parallelbeispiel führte er NGC 7752/53 auf. Heute wissen wir, dass NGC 5195 vor einigen Hundert Millionen Jahren einen nahen Vorübergang an NGC 5194 vollführt hat, vermutlich war es noch nicht einmal die erste Passage. Dabei erzeugte die Gravitation starke Wechselwirkungsphänomene. Astrophysiker argumentieren, dass erst dieser nahe Vorübergang von NGC 5195 eine innere Dichtewelle in NGC 5194 induziert hat. Dadurch wurde ihre überaus kräftige Spiralstruktur (,,grand design") erzeugt

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4 NGC 5194/95, im Mai 2009 von Günter Kerschhuber auf der Gahberg-Sternwarte aufgenommen. Mit einem Astrografen 250 mm/
950 mm wurde an verschiedenen Tagen 48 x 5 min belichtet.

[2]. Ohne dieses Ereignis hätte NGC 5194 heute nicht das spektakuläre Aussehen, sondern wäre eher eine Sb-Spirale mit schlankeren und stärker gewundenen Armen. Vermutlich wird sich die Spiralstruktur von NGC 5194 aber mit zunehmender Entfernung des Störenfrieds NGC 5195 wieder ,,normalisieren". Derzeit ist und bleibt NGC 5194/95 jedoch das uns am nächsten liegende Galaxienpaar mit einem dermaßen auffälligen Erscheinungsbild. Mit modernen CCD-Kameras kann auch der Amateur-Astronom diese dynamische Situation dokumentieren (Abb. 3 u. 4).
Die äußeren Gezeitenschweife Das System NGC 5194/95 wurde ab den Siebzigerjahren systematisch erforscht. Zunächst beschrieben Burkhead und Honeycutt 1972, dass ein schwacher Ausläufer weit nach Westen gerichtet ist. Dazu nahmen Burkhead und Kalinowski 1974/75 neue Aufnahmen auf. Das geschah am ,,Big Schmidt" unter Verwendung spektroskopischer Platten des Typs IIIa-J, die vor der Belichtung noch durch Backen in 65 Grad C heißem Stickstoff hy-

persensibilisiert worden waren. Bei der Aufnahme wurde M 51 so positioniert, dass Reflexe heller Sterne vermieden wurden. Schließlich untersuchte Burkhead 1978 die Galaxienflächen und die schwachen Ausläufer nochmals [13]. Ein Novum für damalige Verhältnisse war die fotometrische Verarbeitung der fotografischen Platten aus dem Jahr 1974. Das Gebiet um M 51 wurde mikrodensitometrisch gescannt und digitalisiert. Danach konnten die großräumigen Strukturen in Form kalibrierter Konturdarstellungen wiedergegeben werden (Abb. 5). So ließ sich beweisen, wie weit die schwachen Ausläufer nach Nordwesten hinausragen. Unsere Kontrastverstärkungen bestätigen diesen ,,Nordwestschweif" eindeutig (Abb. 6 u. 7). Inzwischen ist der Artikel von Burkhead zwar 36 Jahre alt. Er liest sich aber immer noch sehr spannend und hat nichts an Aktualität eingebüßt. Schon damals wurden Erkenntnisse gewonnen, die noch heute im Interesse der Forschung stehen: - Beide galaktischen Kerne haben eine
komplexe Struktur. - Das Helligkeitsprofil von NGC 5194

zeigt, dass die Ostseite heller ist als die Westseite. - Zwischen beiden Galaxien scheint es eine interne Wechselwirkung zu geben. - NGC 5194 und 5195 bilden ein gemeinsames System und scheinen miteinander verbunden. - Die lichtschwachen Außengebiete von NGC 5194 sind groß und strukturiert. - Die Masse der Außenhülle kommt der Masse beider optischen Galaxien gleich. - Die maximale Ausdehnung des Systems beträgt 40' bzw. 120 kpc (Burkhead legte 10 Mpc Entfernung zugrunde). (wird fortgesetzt)
Literaturhinweise: [1] http://messier.obspm.fr/more/
m051_rosse.html (Stand 2014) [2] R. B. Tully, 1974: "The Kinematics
and Dynamics of M51. III. The Spiral Structure", Astrophys. J. Suppl. Ser. 27, 449 [3] F. Zwicky, 1955: "Some Novel Features of the Whirlpool Nebula as Revealed by Composite Analytical

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Astrofotografie

Photography", Proc. Astron. Soc. Pacific 67, 232 [4] S. Sharpless, O. G. Franz, 1963: "Composite Photography of Galaxies", Proc. Astron. Soc. Pacific 75, 219 [5] J. J. Feldmeier, R. Ciardullo, G. H. Jacoby, 1997: "Planetary nebulae as standard candles. XI. Application to spiral galaxies", Astrophys. J. 479, 231 [6] G. Carranza, R. Crillon, G. Monnet, 1969: : "Étude cinematique de l´hydrogène ionise dans M 51", Astron. Astrophys. 1, 479 [7] N. Hwang, M. G. Lee, 2008: "A catalog of bright star clusters in the interacting galaxy M51", Astron. J. 135, 1567 [8] F. Bresolin, D. R. Garnett, R. C. Kennicutt, 2004: "Abundances of metal-rich H II regions in M51", Astrophys. J. 615, 228 [9] R. B. Tully, 1974: "The Kinematics and Dynamics of M51. I. The Observations", Astrophys. J. Suppl. Ser. 27, 415 [10] M. Nielbock, U. Klaas, 2009: ,,Herschel öffnet sein Auge", Sterne und Weltraum 48, 20 [11] H. A. Thronson, H. Rubin, A. Ksir, 1991: "Where galaxies collide - II. NGC 5195, the M51 system and the luminosity function of H II regions", Month. Not. Roy. Astron. Soc. 252, 550 [12] H. Arp, 1969: "Companion Galaxies on the Ends of Spiral Arms", Astron. Astrophys. 3, 418 [13] M. S. Burkhead, 1978: "A photometric study of M 51 system", Astrophys. J. Suppl. Ser. 38, 147

5 Konturdarstellung der Plattenschwärzung im Gebiet
von M 51 nach [13]. Das Galaxienpaar ist von sehr lichtschwachen Strukturen umgeben, insbesondere fällt der riesige Nordwestschweif ins Auge.
6 Kontrastverstärkte Schwarzweißversion von Abb.
3. Zur besseren Erkennbarkeit schwächster Details wurde die invertierte Darstellung gewählt mit positiver Wiedergabe der hellsten Bereiche.
7 Kontrastverstärkte Schwarzweißversion von Abb. 4.

Quelle: ESA/Hubble

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Astrofotografie

Helles Polarlicht über Europa
von Carsten Jonas

1 Beginn der Beobachtungsphase. Eine deutliche Rotfärbung ist durch den Dunst und die Wolkenlücken zu erkennen, weiter
deuten sich helle Strahlen an. Canon EOS 5 D Mk II, Objektiv 1:1,4/24 mm bei ISO 1600, Belichtungszeit 5 s, 21:15 Uhr MEZ.

2 Nur noch vereinzelte rote Strahlen über dem grünen Bogen. Aufnahmedaten wie Abb. 1, aber bei ISO 2000, 22:04 Uhr MEZ.

Astrofotografie

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3 Zweiter Helligkeitsausbruch mit sich im Wasser spiegelnden Strahlen über dem grünen Bogen. Aufnahmedaten
wie Abb. 2, 22:44 Uhr MEZ.
4 Prägnante rote Strahlen, deren Farben visuell wahrzunehmen waren. Aufnahmedaten wie Abb. 2, 22:53 Uhr MEZ.

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Astrofotografie

Am 25.02.2014 wurde vom Ostrand der Sonne ein X4.9-Flare registriert. Zuerst war es noch unklar, ob auch eine erdgerichtete Komponente dabei gewesen war. Am frühen Abend des 27.02.2014 hatten wir aber die Gewissheit - der Impakt wurde auf der Erde registriert. Effektiv wurde durch den ,,Streifschuss" ein G1 ,,minor storm" (KP 5) ausgelöst. Da jedoch in den vorherigen Tagen bereits kleinere koronale Massenauswürfe die Erde trafen und zudem mehrere Sektorenwechsel verliefen, waren die Auswirkungen auf das irdische Magnetfeld immens!
Ich begab mich um 20:30 Uhr MEZ auf die Suche nach einem geeigneten Beobachtungsplatz. Der zuerst gewählte Standort in Wulfshagen (hier stehen mehrere Windenergieanlagen, die ich mir als Motiv im Bild gewünscht hätte) erwies sich aber als problematisch. Eine gewaltige Lichtglocke ließ keine nordgerichteten Aufnahmen zu und überstrahlte alles.
Schnell entschied ich mich, den altbewährten Platz unterhalb des Leuchtturms Bülk bei Strande (nördlich von Kiel) aufzusuchen. Gegen 21:00 Uhr hatte ich zwei Kameras auf Stativen genau nach Norden ausgerichtet. Zum Fokussieren eignete sich sehr gut Jupiter. War zuerst noch ein leichter Dunst und eine rasch vorbeiziehende Bewölkung etwas störend, klarte es jedoch immer mehr auf. Gegen 21:15 Uhr wurde ich von einem Kollegen angerufen, der sich an der Sternwarte in Kronshagen aufhielt: Der gesamte Himmel sei rot. Stimmte genau, diese Aussage konnte ich bestätigen (Abb. 1). Parallel zu den Aufnahmen hatte ich noch die gesamte Belegschaft unserer Sternwarte und benachbarter Standorte über eine E-Mail-Liste informiert. Das helle Display des Smartphones störte jedoch ziemlich stark die Dunkeladaption meiner Augen. Die starke Rotfärbung des Himmels zeigte noch keine sauberen Strukturen. Es konnten aber bereits helle Strahlen innerhalb eines roten Vorhangs erahnt werden. Der erste Helligkeitsausbruch klang langsam ab, zeitgleich klarte es immer mehr auf. Gegen 21:42 Uhr waren nur noch vereinzelte rote Strahlen zu erkennen.
Um 22:04 Uhr deutete sich dann ein grüner Bogen an (Abb. 2), der langsam vom

Osten ins Bild zog. Auch hier waren vereinzelte rote Strahlen zu erkennen, die immer mehr zunahmen und gegen 22:44 Uhr in die zweite Helligkeitsphase übergingen. Hier zeigten sich wabernde Vorhänge, sehr helle rote Strahlen (die sich sogar im Wasser spiegelten) wanderten am Horizont hin und her. Es traf ein weiterer Mitarbeiter unserer Sternwarte ein, der das Ereignis auf Diafilm aufnahm. Das Polarlicht war durchgehend auch visuell wahrzunehmen, hier war es jetzt sogar möglich, die Farben der Nordlichter schwach mit dem Auge zu erfassen. Bereits zu Beginn war ja schon das Rot - rein visuell - eindeutig zu erkennen gewesen (Abb. 3).
Besonders auffallend waren drei sehr helle Strahlen, die gegen 22:53 Uhr vom Osten her ins Bild wanderten und auch rein visuell einfach prächtig anzusehen waren. Zu diesem Zeitpunkt rief ich einen Kollegen der Sternwarte in Neumünster an, der ebenfalls am Einfelder See Fotos aufgenommen hatte. Er war ebenso beeindruckt, selten tritt die Aurora Borealis in unseren Breiten so deutlich auf (Abb. 4).
Als gegen 23:31 Uhr die Helligkeit stark abnahm und das Nordlicht langsam weiterzog, schob sich auch eine Wolkenfront aus dem Westen ins Bildfeld. Weitere Aufnahmen schienen nicht sinnvoll und vor allem möglich, so dass wir dann auch die Kameras abbauten und den Heimweg antraten. Es folgte dann die ,,lange Nacht der Bildbearbeitung". Im weiteren Verlauf wurden Beobachtungen und Fotografien von vielen Standorten bekannt, nicht nur aus Deutschland. Nach meinen Informationen hat eine Webcam in den Pyrenäen am Pic du Midi das Polarlicht ebenfalls aufgezeichnet, auch aus Österreich wurden sogar visuelle Beobachtungen gemeldet. Die Regionalzeitungen haben das von mir zur Verfügung gestellte Zeitraffervideo ins Netz gestellt. Es kann unter: http://goo.gl/JaVGR2 angesehen werden.
Zur Aufnahme setzte ich eine Canon 5 D Mark II mit Objektiv 1:1,4/24 mm ein, bei ISO 2000 und 5 s Belichtungszeit. Lediglich in der ersten Phase musste ich auf ISO 1600 reduzieren. Durch die kurze Belichtungszeit war es möglich, die sich schnell bewegenden Strahlen relativ scharf abzubilden. Als zweite Ka-

mera kam eine Canon EOS 50 Da mit Objektiv 1:2,8/11-16 mm zum Einsatz, die ich bei 11 mm und voller Öffnung benutzte. Bei ISO 800 und Belichtungszeiten von 15-30 s wurden hiermit die etwas schwächeren Details abgelichtet, die sich nicht so schnell bewegten. Bei den APS-C-Kameras ist das Rauschen aber auch deutlich ausgeprägter, so dass mit der ISO-Wahl eh schnell die Grenze für ein ansehnliches Bild überschritten wird und es daher vernünftiger ist, ein lichtstarkes Objektiv einzusetzen. Mit den angegebenen Kombinationen der Kameras ist es mir bereits bei fast vollem Mond gelungen, Polarlichter abzulichten.

Computerastronomie

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+++ Computer-Ecke +++
zusammengestellt von Helmut Jahns und Klaus Rohe

PHD Guiding: Version 2 Die Autoguiding-Software PHD Guiding liegt seit dem Frühjahr in der Version 2 vor. Laut Seite des Anbieters sind gegenüber den Vorversionen einige Leistungsmerkmale wie z. B. verbesserte Visualisierungstools, Verwendung von Ausstattungsprofilen und Unterstützung für adaptive Optiken hinzugekommen. URL: http://openphdguiding.org/
Eine Codebibliothek für die Matrizenrechnung Im Netz wird eine Codebibliothek zur Matrizenrechnung namens Matrix TCL Pro zum unentgeltlichen Herunterladen angeboten. Diese Library beinhaltet neben den Standardoperationen wie z. B. das Multiplizieren, Invertieren und Berechnen von Determinanten auch das Lösen von linearen Gleichungssystemen. Die Library liegt in Form einer C++Headerdatei vor und kann so in jede C++-Entwicklungsumgebung eingebunden werden. Darüber hinaus ist Democode zur Anschauung vorhanden.
Diese Codebibliothek kann relativ einfach für eigene Programme genutzt werden; die Notwendigkeit zur aufwendigen Implementierung eigener Rechenroutinen für die Matrizenrechnung entfällt somit.
Wer weiterführende Verfahren benötigt, wie zum Beispiel die Eigenwertberechnung oder das Rechnen mit Hermiteschen Matrizen, kann auf eine umfangreichere Variante der Codebibliothek zurückgreifen, für die jedoch ein kleines Entgelt zu entrichten ist.

Julia, eine neue Programmiersprache für technischwissenschaftliche Berechnungen. Julia ist eine neue dynamische Programmiersprache, deren Schwerpunkt auf der Anwendungsentwicklung im wissenschaftlichen und technischen Bereich liegt. Sie wird am MIT in den USA entwickelt und ist als freie Software unter der MIT-Lizenz verfügbar. Sie kann von der Webseite http:// julialang.org/ heruntergeladen werden; eine interaktive Entwicklungsumgebung namens Julia Studio findet sich unter http://forio.com/products/julia-studio/. Die Sprache und Entwicklungsumgebung sind beide für Microsoft Windows, Mac OS und Linux verfügbar.
Ein Ziel von Julia ist die einfache Erlernbarkeit, die durch eine einfach gehaltene Syntax unterstützt wird, die Ähnlichkeiten mit der von MatLab besitzt. Ein weiteres Ziel ist eine hohe Performance von in Julia geschriebenen Programmen, was durch einen leistungsfähigen JIT-Compiler erreicht wird. Ein Performance-Vergleich mit anderen Programmiersprachen ist tabellarisch auf http://julialang.org/ dargestellt; detailliertere Vergleiche findet man unter http://speed. julialang.org/. Bibliotheken anderer Programmiersprachen wie FORTRAN, C oder Python können einfach integriert werden. An der Pennsylvania State University wird aktuell eine Vorlesung über ,,High-Performance Scientific Computing for Astrophysics" (www.personal.psu.edu/~ebf11/teach/ astro585/) auf der Basis von Julia durchgeführt.
Wegen der einfachen Syntax und Erlernbarkeit bietet sich Julia auch für Amateurastronomen an, welche in die Computerastronomie einsteigen möchten oder eine leistungsfähige Alternative zu gängigen Programmiersprachen suchen.

Impression
Der Kugelsternhaufen Messier 53
Im Sternbild Coma Berenices gelegen, fällt M 53 kaum auf. Seine scheinbare Helligkeit von 7,6 mag lässt ihn um 1,8 mag schwächer erscheinen als seinen berühmten Nachbarn M 13. Das liegt an der Entfernung von 58.000 Lj (M 13 dagegen nur 25.000 Lj). Auffallend sind die vielen uralten, blauen Sterne. Sie fusionieren nicht mehr Wasserstoff zu Helium, sondern im Entwicklungsgang bereits Helium zu schwereren Elementen. Markus Blauensteiner hat M 53 in acht Frühlingsnächten aufgenommen und insgesamt 11 Stunden belichtet. Für die Luminanzbilder wurde ein 10-Zoll-Newton f/4 mit einer SBIG ST-2000XM verwendet, für die Farben RGB ein 5-Zoll Newton f/5.

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Computerastronomie

1 Die Oberfläche von Dexter. Mit dem Ziehen der Maus lassen sich die Koordinatenachsen (blaue bzw. rote Linie) definieren. Die Werte-
bereiche der x- und y-Achsen (von/bis) werden über die Eingabefelder vorgegeben. Per Mausklicks lassen sich die interessierenden Messwerte markieren (grüne Kreuze). Dem Ausgabefeld unten können die Messwerte als Zahlenwerte z. B. über die Zwischenablage entnommen werden.

Bücherkiste ,,Stellar Evolution and Nucleosynthesis" von Sean G. Ryan richtet sich an diejenigen Sternfreunde, die sich für die Stellarphysik interessieren. In diesem englischsprachigen Textbuch wird eine viele Teilgebiete umfassende Übersicht über die Physik der Sterne von ihrer Entstehung über ihre Entwicklung und ihren Aufbau bis zu den Prozessen am Ende eines Sternlebens gegeben. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Entstehung der chemischen Elemente gelegt. Das Buch enthält zwar einiges an Formelwerk, jedoch können viele Inhalte des Buches auch ohne ihre Beachtung aufgenommen werden.
Im Netz ,,Rings and Resonances" ist eine Seite der Universität Wisconsin, die speziellen himmelsmechanischen Phänomenen gewidmet wurde. Sie enthält zusammenfassende Erklärungen zu planetaren Ringen und ihrer Struktur, Schäferhundmonden, Lagrange-Punkten, Gezeiteneffekten und gebundenen Rotationen. Ihre URL lautet https://www.uwgb.edu/ dutchs/planets/resonanc.htm

Software: (Mess-)Datenextraktion aus Bildern und PDF-Dateien mit Dexter Manchmal steht man vor dem Problem, aus einer Bild- oder PDF-Datei die Zahlenwerte eines Graphen (z. B. Messpunkte) zu extrahieren. Dies von Hand auszuführen kann nicht nur mühsam werden, sondern birgt auch das Risiko von Ablesefehlern. Im Netz ist auf der Seite der Uni Heidelberg eine sehr praktische und plattformunabhängige Webanwendung namens Dexter verfügbar, welche genau für diese Aufgabe zugeschnitten ist.
Dexter kann unter http://dc.zah.uni-heidelberg.de/sdexter aufgerufen werden. Nach dem Start kann eine Datei (.jpg, .pdf, .gif, .png, .html) hochgeladen werden, in der die Messbzw. Datenpunkte mit der Maus markiert sowie die x- und yAchse möglichst genau nachzeichnet werden können. Nachdem für die beiden Achsen jeweils die Start- und Endwerte eingegeben wurden, können die Messwerte per Mausklick als Zahlenpaare (x, y) in Spalten ausgegeben und abgespeichert oder kopiert werden (s. Abb. 1).
Dexter ist ein Java-Applet und erfordert die Installation einer Java Runtime Environment (Java RTE). Für den Zugriff auf das Applet muss ggf. im Java Control Panel (über Systemsteuerung) die Sicherheitseinstellung angepasst werden, z. B., indem man die Webseite des Tools als Ausnahme hinzufügt.


Deep Sky

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Sh2-216 - ein interessanter Planetarischer
Nebel und eine Knacknuss noch dazu
von Christian Weis

Sh2-216 ist ein Planetarischer Nebel (PN) im Sternbild Perseus. Mit einem scheinbaren Durchmesser von 1,6 Grad handelt es sich um einen der größten PNs am Himmel. Während der Zentralstern (ZS) eine Helligkeit von etwa 12,8 mag aufweist und damit auch im Amateurbereich als einfach zu bezeichnen ist, ist der Nebel selbst aufgrund seiner sehr geringen Flächenhelligkeit (Literaturwert: 22,4 mag/ arcsec2 im Roten) eine harte Nuss.

Entfernung Nach heutigem Kenntnisstand ist Sh2-216 der uns nächstgelegene PN [1]. Verschiedene Untersuchungen wurden durchgeführt. Erwähnt werden sollen hier vor allem die untereinander konsistenten Ergebnisse von Harris et al. [2] mit einer Entfernung von 129 pc (entsprechend 420 Lj) und Pier et al. [3] mit 125 pc (408 Lj). In beiden Fällen wurden die Entfernungen über trigonometrische Parallaxen des Zentralsterns, der sich bei Rektasz. 04h 44m 28s und Dekl. +46 Grad 43' (2000.0) befindet, ermittelt und verfügen daher über nur geringe Unsicherheiten von wenigen Parsec. Die Tabelle 4 in [2] stellt Ergebnisse für Entfernungsmessungen von 16 PNs gegenüber. Dabei fällt vor allem die nach

1 H-Aufnahme von Sh2-216 mit dem 24-Zoll-f/3,5-Burrell-Schmidtteleskop
auf dem Kitt Peak; gekennzeichnet ist die Position des Zentralsterns; aus [1]

Impression
H-II-Regionen im Schwan
Mark Schocke nahm zwischen dem 19. und 27. Juli von Cuxhaven aus die Gegend um den Stern Gamma Cygni auf. Verwendet wurde eine astromodifizierte Canon EOS 550d mit 200-mmTeleobjektiv. Zur qualitativen Verbesserung der Punktabbildung wurde von Blende 2,8 auf 4 abgeblendet. Die Belichtungszeit bei ISO 400 betrug 78 x 10 Minuten, insgesamt also 13 Stunden. Eine tolle Leistung!

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Deep Sky

2 POSS-I-Bild von Sh2-216 bei 645 nm, nur der helle Ostteil des Nebels ist zu erkennen

der kontrovers diskutierten ShklovskyMethode ermittelte Entfernung aus [4] von nur 40 pc (130 Lj) aus dem Rahmen.
Die meisten Sterne in unserer Galaxis enden als Planetarische Nebel. Ein wesentlicher Parameter für das Verständnis der stellaren Evolution in unserer Galaxis ist die Geburtsrate (bzw. Sterberate) von Sternen. Um diese genauer berechnen zu können, ist es wesentlich, die Verteilung von Planetarischen Nebeln zu kennen - und dafür eben auch ihre Entfernung [5]. Man kennt heute über 1.500 PNs in unserer Heimatgalaxie, geht aber von einer deutlich höheren Anzahl (bis zu 40.000) aus. Kennt man nun die Anzahl der PNs pro Raumvolumen, kann man auf die Sterberate von Sternen schließen. Um exakte Entfernungen zu erhalten, sind trigonometrische Parallaxen am geeignetsten. Allerdings ist die Parallaxe des nächstgelegenen PN Sh2-216 mit 8 Millibogensekunden (mas) so klein, dass die notwendige Messtechnik erst seit Kurzem reif genug ist, eine verlässliche Parallaxe zu ermitteln. Zum Vergleich: Die Parallaxe des 11 Lj (3,3 pc) entfernten Sterns 61 Cyg, an dem Bessel im Jahr 1838 erstmals eine trigonometrische Parallaxe bestimmen konnte, beträgt knapp 300 mas, also fast das 40-fache. Ein weiterer Vergleich: Mit meinem 46 cm durchmessenden Teleskop erreiche ich theoretisch eine Auflösung von etwa 450 mas - das ist nicht einmal die Parallaxe von 61 Cyg. Man war also früher auf andere Methoden angewiesen, um ein Gefühl für die Verteilung der PNs zu erhalten. Eine die-

ser Methoden ist die Shklovsky-Methode, deren Grundannahmen darin bestehen, dass die ionisierten Nebelmassen sowie die Elektronendichte und der Füllfaktor gleich sind. Wenngleich diese Annahmen eher unzuverlässig wirken, so muss doch festgehalten werden, dass in allen oben aufgeführten Werken der Nebel Sh2-216 der nächstgelegene PN ist - auch mit der Shklovsy-Methode. Eine gute Übersicht über die Shklovsky-Methode ist in [6] gegeben.
Eigenschaften von Sh2-216 und seinem Zentralstern Viele Daten dieses und des nächsten Unterkapitels stammen aus [1], dessen Lektüre für ein weitergehendes Studium dieses interessanten Objektes sehr empfohlen wird.
Sh2-216 ist einer der ältesten bekannten PNs überhaupt und über 5-mal größer als der zweitgrößte PN. Der Durchmesser bei einem Abstand von 120 pc beträgt 3,4 pc (11 Lj). Das ist der Abstand von unserer Sonne bis zum bereits erwähnten Stern 61 Cyg! Der bekannte Helixnebel (NGC 7293) bringt es im Vergleich auf gerade einmal 1,2 pc (4 Lj), was für einen PN immer noch als riesig zu bezeichnen ist. Es war lange nicht klar, ob Sh2-216 überhaupt ein Planetarischer Nebel ist, da im Zentrum des Nebels kein entsprechender Weißer Zwerg gefunden wurde. Weinberger et. al. geben in [7] vier Möglichkeiten an: 1. Der Zentralstern befindet sich nicht
im geometrischen Zentrum, da der

Nebel durch das Interstellare Medium (ISM) gestört wird (vgl. Abell 35) 2. Der Zentralstern ist zu schwach (es wurden Sterne bis zu 21 mag aufgenommen) 3. Der Zentralstern wird durch einen anderen Stern verdeckt (was als unwahrscheinlich angesehen wird) 4. Sh2-216 ist gar kein Planetarischer Nebel
Die erste Vermutung wurde aufgegriffen und im Jahr 1985 wurden schließlich zwei mögliche Kandidaten entdeckt, von denen einer 1986 als Zentralstern von Sh2-216 identifiziert werden konnte [8]. Die Bewegung des identifizierten Sterns verträgt sich sehr gut mit der Theorie, dass der Nebel durch das ISM deformiert wird. Sh2216 ist also ein Planetarischer Nebel.
Der entdeckte Zentralstern LS V+46 Grad 21 (TYC 3343-1571-1, WD 0439+466) weist eine visuelle Helligkeit von 12,8 mag auf und ist einer der hellsten Weißen Zwerge am gesamten Himmel. Seine Oberflächentemperatur beträgt etwa 80.000 K, die Masse 0,54 Sonnenmassen.
Erscheinungsbild Sh2-216 ist nicht nur groß, sondern auch sehr flächenlichtschwach. Aus diesem Grunde ist nur der etwas hellere Ostteil des Nebels überhaupt auf den Platten des POSS sichtbar (siehe Abb. 2). Besonders im Osten gibt es viele Filamente, die man mit langen Belichtungszeiten sichtbar machen kann. Die zweifach ionisierte Sauerstofflinie [OIII] zeigt keine Auffälligkeiten und konzentriert sich in einer Zone, die sich exzentrisch der geometrischen Mitte befindet. Die Verteilung des einfach ionisierten Schwefels [SII] ist jedoch stärker im Osten des Nebels, während sie in den restlichen Bereichen nur schwach leuchtet. Im Licht des einfach ionisierten Stickstoffs [NII] findet man breitere Strukturen. Die fast parallele Anordnung von wellenförmigen Verdichtungen im Nebel lässt darauf schließen, dass der Nebel mit dem ISM interagiert. Der ,,Staudruck" (ram pressure) im Nebel entspricht dem erwarteten Druck des Magnetfeldes des ISM - ein weiterer Hinweis auf die Interaktion.
Visuelle Beobachtung Die Beobachtung von Sh2-216 ist eine der schwierigsten, die ich in meiner 20-jährigen Beobachterkarriere vermerkt

Deep Sky

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3 Zeichnung von Sh2-216 am 18.8.2012 mit 18 Zoll f/5 und 64x

4 Zeichnung von Sh2-216 am 16.9.2012 mit 18 Zoll f/5 und 45x

habe. Der US-amerikanische Beobachter Jay McNeil bezeichnet den Nebel als ,,first class retinal torture" (wörtlich: ,,erste Klasse Retinafolter").
Um überhaupt eine Chance zu haben, benötigt man einen sehr dunklen Himmel, der praktisch nicht durch künstliches Licht aufgehellt wird, eine Vergrößerung, bei welcher ein Himmelsfeld von etwa 2 Grad Durchmesser sichtbar ist, eine Austrittspupille (AP), welche dem dunkeladaptierten Auge angepasst ist, gute physische Kondition und vor allem eines: Geduld. Die Apertur hingegen scheint zweitrangig zu sein. Im Internet finden sich positive Sichtungen mit 16 und 18 Zoll, aber auch mit 10 Zoll. Ich selbst habe Sh2-216 mit einem inzwischen in die Jahre gekommenen 18-Zoll-f/5-Dobson versucht und muss eingestehen, dass meine Augen leider nicht die besten sind. Beim ersten Versuch kannte ich lediglich die Position des Objektes und versuchte über Starhopping zur fraglichen Himmelsstelle zu gelangen - leider vergeblich. Ich bin mir nicht sicher, ob ich in dieser Nacht die richtige Stelle wirklich eingestellt hatte oder nicht. Nach einer Stunde Suchen vertagte ich. Zum zweiten Versuch nahm ich eine ausgedruckte Zeichnung von Martin Schönball, welche auf seiner Webseite [9] zu finden ist, mit, um die dort eingezeichneten Sterne zu identifizieren. Doch auch diesmal war nichts zu sehen. Irgendwie frustrierend aber gleichsam auch anspornend, es weiterhin zu versuchen. Wenn diesen Planetarischen Nebel schon ,,so viele" Menschen vor mir gesehen haben, wie-

so sollte ich ihn dann nicht sehen - an den Beobachtungsbedingungen im Voralpenland kann es sicher nicht liegen. Ich druckte mir nun eine noch genauere Karte aus.
Dritter Versuch, am 18.8.2012 notierte ich Folgendes (Abb. 3): ,,Nach weit über einer Stunde Beobachtung bin ich recht sicher, das Objekt gesehen zu haben; extrem schwache Aufhellung, am besten ohne Filter, nur sichtbar bei 64x (AP = 7 mm), bei 94x (AP = 4,8 mm) einmal kurz erahnt; Form und ZS sind nicht zu bestimmen; schwarzes Tuch über dem Kopf zur Streulichtunterdrückung, Socke um Dobson sowie viel Geduld notwendig. Der schwächste mit bloßem Auge sichtbare Stern war 6,8 mag schwach."
Wenngleich ich beim dritten Versuch das Objekt gesehen habe, so wagte ich noch einen vierten Versuch bei noch besseren Bedingungen. Am 16.9.2012 war der Himmel nahezu perfekt, das Zodiakallicht war in dieser Nacht zu sehen und der schwächste Stern war 7,0 mag schwach. Meine Notizen sind eindeutig (Abb. 4): ,,Diesmal kein Zweifel mehr, nach recht kurzer Suche ohne Filter bei 64x gesehen, bei 45x trotz zu großer AP besser; Filter helfen nicht wirklich, der PN ist eine schwache, aber sichtbare Aufhellung, ZS nicht bestimmbar."
Literaturhinweise: [1] R. W. Tweedy, M. A. Martos, A.
Noriega-Crespo, 1995: "The closest

planetary nebula, Sh2-216, and its interaction with the interstellar medium", Astrophys. J. 447, 257 [2] H. C. Harris, C. C. Dahn, B. Canzian, H. H. Guetter, S. K. Leggett, S. E. Levine, C. B. Luginbuhl, A. K. B. Monet, D. G. Monet, J. R. Pier, R. C. Stone, T. Tillemann, F. J. Vrba, R. L. Walker, 2007: "Trigonometric parallaxes of central stars of planetary nebulae", Astron. J. 133, 631 [3] J. R. Pier, H. C. Harris, C. C. Dahn, D. G. Monet, 1993: IAU Symp. 155, Planetary Nebulae [4] K. Ishida, R. Weinberger, 1987: "Two senile nearby planetary nebulae and the local PN population", Astron. Astrophys. 178, 227 [5] Y. Terzian, A. Teymourian, 2005: "The life and death of planetary nebulae", The initial mass function 50 years later, 521 [6] S. R. Pottasch, A. A. Zijlstra, 1992: "Shklovsky distances to galactic bulge planetary nebulae", Astron. Astrophys. 256, 251 [7] R. Weinberger, J. Dengel, H. Hartl, F. Sabbadin, 1983: "A newly discovered nearby planetary nebula of old age", Astrophys. J. 265, 249 [8] K. Cudworth, R. J. Reynolds, 1985: "The proper motions of LS V + 46 Grad 21 and AS 84, two "central" star candidates for S216", Publ. Astron. Soc. Pac. 97, 175 [9] www.schoenball.de/astronomie/ zeichnungen/sh2-216.htm (abgerufen am 4.4.2014)

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Impression

,,Geistesgegenwärtig ein Bild gemacht"
von Sven Klügl

Am 31.3.2014 war ich in Frankfurt, Bilder machen auf der Luminale. Da habe ich den Meteor gesehen und instinktiv die Kamera draufgehalten!
Das eine Bild ist von der Osthafenbrücke (bearbeitet, so wie ich es bei solcher Art Bildern zu machen pflege) - die während der Luminale eben mit vielerlei Lichten und Effekten angestrahlt wurde!
Das zweite Bild eben der deutlich grüne Meteor (Leute um mich rum haben das ebenso gesehen und auch gleich gerufen: ,,Der

ist ja grün!"). Bei dem Bild wurde außer der Farbtemperatur kaum etwas geändert!
Am besten stellt Ihr die Bilder so übereinander, dass die MeteorAufnahme über der anderen liegt - beide wurden ja mit 70 mm Brennweite geschossen!
Anm. d. Redaktion: Gerne zeigen wir das spontan geschossene Bild der Meteorspur und montieren es auch gleich korrekt auf das Bild der beleuchteten Brücke. Vielen Dank an Sven Klügl.


Geschichte

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Simon Marius - der ,,fränkische Galilei"
und seine ,,Welt des Jupiter"
von Hans-Georg Pellengahr

1 2 Simon Marius, Mundus Iovialis - Die Welt des Jupiter, Die Entdeckung der Jupitermonde durch den fränkischen Hofmathematiker
und Astronomen Simon Marius im Jahr 1609 - lateinisch u. deutsch, Schrenk-Verlag, Gunzenhausen, 1988 (MI lat.-dt.,1988), Buchcover u. Titel-Doppelseite 14/15 (Abbildungen mit frdl. Genehmigung des Herausgebers u. des Schrenk-Verlages)

Die Entdeckung der Jupitermonde Bei Recherchen zur Entwicklung des Fernrohrs und dessen ersten astronomischen Einsätzen stieß ich 2008 mehr oder weniger zufällig auf den fränkischen Hofmathematiker und Astronomen Simon Marius. Der sollte die Jupitermonde in etwa zeitgleich mit Galilei entdeckt haben? Auf der Homepage des nach ihm benannten Simon-Marius-Gymnasiums in Gunzenhausen erfuhr ich von seinem Hauptwerk, das nach vier Jahren intensiver Beobachtung und Erforschung des Jupitersystems im Jahre 1614, nunmehr also vor 400 Jahren, veröffentlichte ,,Mundus Iovialis", und vor allem von dessen Übertragung ins Deutsche, die der Latein-Leistungskurs 1986/87 der Schule unter der Anleitung des Lateinlehrers OStR Joachim Schlör und mit der naturwissenschaftlichen Begleitung des Physiklehrers OStR Alois Wilder erstellt hat. Vom Schrenk-Verlag in Gunzenhausen erstand ich eines der letzten Exemplare des 1988 als Band 4 der Reihe ,,Fränkische Geschichte" erschienenen Werkes:

eine lateinisch-deutsche Ausgabe (MI lat.-dt., 1988). Dem Faksimiledruck der lateinischen Ausgabe ist darin Seite für

Seite jeweils gegenübergestellt die deutsche Übersetzung. Mit fortschreitender Lektüre offenbarten sich mir der wissen-

Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie
von Wolfgang Steinicke

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Geschichte

3 Nachbau eines Galilei-Fernrohrs und moderner 4-Zoll-Refraktor, Foto des Autors.
Astromedia-Bausatz: Glaslinsen und gestanzter Karton in Leder- und GolddesignNachbildung gem. historischem Vorbild; der einfache Zusammenbau erfordert etwa einen Tag; mittels kleiner Baumarkt-Rohrschellen auf einem Stativ montiert, liefert der historische Nachbau einen recht authentischen Eindruck von der optischen Leistung der ersten Perspicilla.

schaftliche Tiefgang des ,,Mundus Iovialis", aber auch die exzellente Qualität und naturwissenschaftliche Authentizität der Übertragung ins Deutsche (Abb. 1, 2).
Nie zuvor hatte ich mich mit der lateinischen Sprache als Sprache der Wissenschaft beschäftigt. Neugierig geworden schloss sich schon bald die Lektüre von Galileis ,,Sidereus Nuncius" an, darin vor allem: Galileis Aufzeichnungen über seine Beobachtungen der Jupitermonde vom 07.01. bis zum 02.03.1610 Greg. Kal. Die mit Hilfe der ersten Fernrohre erstellten astronomischen Beobachtungsberichte hätten kaum unterschiedlicher ausfallen können. Eine vergleichende Betrachtung von Marius' ,,Mundus Iovialis" und Galileis ,,Sidereus Nuncius" drängte sich mir geradezu auf. Im Herbst 2009 hatte ich im Rahmen eines Volkshochschulkurses vergleichende Mond- und Jupiterbeobachtungen mit dem historischen Nachbau eines frühen Perspicillum

und einem modernen 4-Zoll-Refraktor durchgeführt und dabei einen durchaus realistischen Eindruck von der recht be-
4 Cover ,,Simon Marius, der fränkische
Galilei"

scheidenen optischen Leistung der ersten Perspicilla bekommen.
Aus der historisch nachvollziehenden Beobachtung entstand die Idee, die ersten Observationen des Jupitersystems mit Hilfe eines Planetariumsprogramms nachzustellen und zu analysieren. Rückschlüsse auf die Qualität der von Marius und Galilei benutzten Fernrohre, vor allem aber auf deren unterschiedliche Beobachtungstechniken waren das Ergebnis (Abb. 3).
Dabei wurde visuell nachvollziehbar, weshalb die beiden Astronomen das ein oder andere nicht gesehen haben bzw. nicht sehen konnten. Zudem fand so manche vor vierhundert Jahren am Perspicillum mehr erahnte als gesehene Beobachtung ihre Bestätigung, detailliert nachzulesen in meinem Beitrag ,,Simon Marius - die Erforschung der Welt des Jupiter mit dem Perspicillum 1609-1614" in: Gudrun Wolfschmidt, Simon Marius, der fränkische Galilei, und die Entwicklung des astronomischen Weltbildes, Nuncius Hamburgensis - Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften, Band 16, Hamburg 2012, 72-141 (Abb. 4).
Die Planetariumssimulationen, besonders aber die Jupiterbeobachtungen mit dem historischen Fernrohr, machten nachvollziehbar, wie und warum Simon Marius nach eigener Schilderung ,,mehr als vier volle Jahre zugebracht" hat, ,,unglaubliche Strapazen ... mit Nachtwachen, Beobachten u. Rechnen" auf sich genommen hat, bis er ,,die vielfältigen Bewegungen (der Jupitermonde) erfasst, die Erkenntnisse mit einer passenden Theorie erklärt und aus dieser letztlich die Tafeln erstellt" hatte, ,,aus denen leicht zu jedem beliebigen vorgegebenen Zeitpunkt die Stellung dieser Gestirne zum Jupiter festgestellt und berechnet werden kann." (MI lat.-dt., 1988, S. 24 ff.)
Dass Marius hierbei noch das Weltbild des Tycho Brahe zugrundelegte, welches die vom Mond umkreiste Erde weiterhin im Zentrum sah, die Planeten aber um die Sonne kreisen ließ, schmälert keineswegs seine wissenschaftliche Reputation, denn einen wirklichen Beweis der kopernikanischen Lehre konnte auch Galilei noch nicht antreten.

Geschichte

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Anders als Galilei entwickelte Marius in seinem Forschungsbericht eine Gesamttheorie des Jupitersystems, die weit über die Veröffentlichung Galileis hinausgeht. Marius' wissenschaftliche Kompetenz u. Gründlichkeit, die außerordentliche Präzision seiner Observationen und vor allem seine Fähigkeit, daraus - teilweise im berechtigten Widerspruch zu Galilei - die richtigen Schlüsse zu ziehen, belegt nicht nur die Eigenständigkeit seiner wissenschaftlichen Arbeit, sondern auch deren herausragende Qualität.
So kommt Marius z. B. zu dem Schluss, dass ,,... der von Galilei als plausibel angeführte Grund, weswegen diese Jupitergestirne bald größer, bald kleiner erscheinen, diesem Phänomen nicht gerecht wird."
Hier ist zum besseren Verständnis anzumerken, dass sich die Attribute ,,größer" und ,,kleiner" auf die Helligkeit (magnitudo) und nicht auf die Größe beziehen. Marius greift die These Galileis auf und widerspricht ihr: ,,Denn Galilei meint, dass eine Art von dunstiger Hülle, die dichter als die übrige Luft ist, den mondartigen Himmelskörper umgibt, eine ähnliche Luftschicht, wie sie auch die Erde umgibt. Galilei hält dies für erwiesen und deswegen habe er auch durchaus Grund für die Annahme, dass eine derartige dunstige Luftschicht auch um den Körper des Jupiter liege. Dadurch, dass sie sich dazwischen schiebe, erschienen die Monde kleiner, wenn sie erdfern seien, und größer, wenn sie erdnah seien; dann sei die Luftschicht nämlich dünner."
Marius hält diese Annahmen Galileis nicht für sinnvoll: ,,Denn wenn diese Erwägung wahr wäre, würde den Jupitertrabanten diese erkennbare Schmälerung der Größe nur und stets dann zuteil, wenn sie erdfern sind, und zwar bei der größten Entfernung von der Erde; aber außerhalb dieser Stellung würden sie stets mit der gleichen Größe wahrgenommen, was beides falsch ist. Denn die Beobachtungen beweisen, dass nicht nur in dieser Stellung, sondern auch beim größten Abstand vom Jupiter dasselbe geschieht, besonders aber beim vierten [Mond]. Falls die sichtbare Schmälerung der Größe eines Mondes durch jene dunstige Luftschicht verursacht würde, dann folgte notwendigerweise, dass

5 Ricciolis Mondkarte (Ausschnitt) in ,,Almagestum Novum astronomiam ...", Bologna,
1651, S. 271 ff.
6 Oceanus Procellarum mit den Kratern Kopernikus, Kepler, Marius sowie Galilei und
Galilei A (Bildausschnitt aus einer hochaufgelösten Gesamtaufnahme der westlichen Mondhälfte, 27.06.2008, 01:15 UT, Altitude 30o (altitude of Sun -4o), Mosaik aus 12 Bildern, Bildautoren: Yuri Goryachko, Mikhail Abganan, Konstantin Morozov von ,,Astronominsk", (Minsk, Belarus), http://objectstyle.org/astronominsk/Moon/Moon_en.htm. Rechts eingefügte Vergrößerung: Krater Galilei und Galilei A. Foto: Lunar Orbiter 4, (C) LPI/LOPAM, Lunar and Planetary Institute, Houston, USA / NASA

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Geschichte

7 Marius Krater und Hills, Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) / NASA, Ausschnittsver-
größerung: Marius Hills Pit: LRO 01.03.2010 / NASA / GSFC / Arizona State University

sich eine derartige Luftschicht über den größten Abstand des vierten Trabanten vom Jupiter hinaus ausdehnen müsste. Und wenn diese Luftschicht in einer so großen Entfernung durch ihre Dichte das Licht des vierten so sehr herabsetzen könnte, dass man es kaum wahrnehmen würde, könnte man gewiss aufgrund der Dichte einer derartigen Luftschicht in Jupiternähe den vierten Mond niemals nahe beim Jupiter in Erdferne sehen. Das widerspricht aber meinen Beobachtungen, welche beweisen, dass ich den vierten sehr oft nahe beim Jupiter gesehen und beobachtet habe, und zwar mit offensichtlich unterschiedlicher Größe."
Marius erklärt die Helligkeitsveränderungen stattdessen zutreffend damit, dass die Jupitermonde wie der Erdmond, die Venus, der Merkur, der Mars, der Saturn und der Jupiter selbst von der Sonne beleuchtet werden und dass die der Sonne zugewandte Jupiterhälfte hell, die der Sonne abgewandte Hälfte dunkel ist und dass Jupiter einen Schatten wirft. Die Jupitermonde würden darüber hinaus vom benachbarten Jupiter beleuchtet wie der Erdmond von der Erde. Für die damalige Zeit war dies sicher eine bahnbrechende Erkenntnis, die Marius im Übrigen noch dadurch krönt, dass er am 07./17.02. 1613 Jul./Greg. Kal. die gegenseitige Verfinsterung von Jupitermonden beobachtet hat. Welch erstaunliche Beobachtungsleis-

tung im absoluten Grenzbereich der damaligen Fernrohre, die jedoch durch eine Planetariumssimulation bestätigt werden konnte. Soweit mir bekannt, ist das die einzige derartige Beobachtung aus jener Zeit. Solche Details konnten sich mit dem damals verfügbaren bescheidenen Instrumentarium wohl auch nur jemandem erschließen, der so geduldig und fortlaufend wie Simon Marius beobachtete.
Liest man Marius' Erklärung der Größen-/Helligkeitsveränderungen der Jupitermonde, so kann man sich leicht vorstellen, dass die darin enthaltene gründliche u. schlüssige Widerlegung der diesbezüglichen Thesen Galileis dessen ausgeprägtes Selbstbewusstsein schwer getroffen haben muss. Vielleicht erklärt dies ein wenig dessen wutschnaubenden Plagiatsvorwurf im ,,Saggiatore".
Über Galilei hinausgehend entdeckte Marius auch die Bewegung der Monde in der Breite, senkrecht zu ihrer seitlichen Bewegung. Er erklärt diese zutreffend mit der Neigung der Bahnebenen der Monde gegenüber der Äquatorebene Jupiters: ,,...dass sich diese Jupitertrabanten nicht immer auf einer geraden, durch den Jupiter und parallel zur Ekliptik verlaufenden Linie befinden, sondern bald nach Norden, bald nach Süden hin von dieser Bahn abweichen ..."

Die Benennung der Jupitermonde Galilei widmete seine Entdeckung als ,,Mediceische Gestirne" den Großherzögen der Toskana. Heute werden die vier großen Jupitermonde als ,,Galileische Monde" zusammengefasst. Marius bezeichnete sie als ,,Brandenburgische Gestirne", griff dann aber für deren Einzelbenennung einen Vorschlag Keplers auf: ,,Der Jupiter wird von den Dichtern am meisten wegen unerlaubter Liebesverhältnisse beschuldigt. Am meisten werden aber drei junge Frauen gepriesen, zu welchen Jupiter durch heimliche Liebe erfasst wurde, nämlich Io, die Tochter des Flussgottes Inachus, hierauf Kallisto, die Tochter des Lycaon, und dann Europa, die Tochter des Agenor; allzu heiß liebte er gar auch den wohlgestalteten Knaben Ganymedes, den Sohn des Königs Tros, und zwar so sehr, dass er ihn in der Gestalt eines Adlers auf seinen Schultern in den Himmel gebracht hat; so erzählen es die Dichter in ihren Sagen, vor allem aber Ovid, Buch 10, Geschichte 6. Deswegen scheint es mir passend, den ersten Mond Io zu nennen, den zweiten Europa, den dritten wegen seines herrlichen Glanzes Ganymedes, schließlich den vierten Kallisto". Diese Namen fasst das folgende Distichon zusammen: ,,Io, Europa, der junge Ganymedes und Kallisto haben dem wollüstigen Jupiter allzusehr gefallen."
Die Mondkrater Galilei und Marius Giovanni Battista Riccioli (1598-1671) veröffentlichte 1651 in seinem ,,Almagestum novum astronomiam", Bologna, eine auf Teleskopbeobachtungen seines Assistenten Francesco Maria Grimaldi basierende Mondkarte (Abb. 5). Deren Nomenklatura gilt in weiten Teilen noch heute.
Riccioli benannte einen Krater im Nordwestquadranten des Mondes im Oceanus Procellarum nach Simon Marius. Südwestlich davon erhielt auch Galilei seinen Krater. Beide Formationen sind auf dem Kartenausschnitt in Abbildung 5 zu erkennen. Erstaunlicherweise ist der Krater ,,Galilaeus" in Ricciolis Darstellung mehr als doppelt so groß wie der MariusKrater. Tatsächlich verhält es sich jedoch anders herum (Abb. 6).
,,Marius" hat einen Durchmesser von 41 km und eine Wallhöhe von 1.670 m. Der Galilei-Krater misst hingegen nur 15,5 km,

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seine Wände sind 2.000 m hoch. Beide Formationen liegen westlich der Strahlenkrater ,,Kopernikus" und ,,Kepler" und können mit Amateurequipment beobachtet werden. Wegen ihrer Randlage im Mond-Westbogen und ihres geringeren Durchmessers sind die Galilei-Krater allerdings weniger auffällig als die MariusFormation. So hat der in seiner Heimat heute als ,,fränkischer Galilei" bezeichnete Astronom zumindest auf dem Mond bereits 26 Jahre nach seinem Tode eine ihm gebührende Ehrung erfahren.
400 Jahre Mundus Iovialis - Simon Marius hat ein Internet-Portal Während Galilei die Entdeckung der Jupitermonde binnen zweier Monate und noch ohne tiefergehende Erforschung, nicht zuletzt zur Sicherung seines Prioritätsanspruchs, bereits im März 1610 im ,,Sidereus Nuncius" veröffentlicht hat, beobachtete Simon Marius das Jupitersystem über mehr als vier Jahre, untermauerte seine Erkenntnisse mit einer passenden Theorie und erstellte Tafeln zur Vorausbestimmung der Mondpositionen, bevor er sein ,,Mundus Iovialis" im Jahre 1614 veröffentlichte. Galilei bezichtigte ihn 1623 im ,,Il Saggiatore" des Plagiats, er verstieg sich sogar zu der Behauptung, Marius habe die Jupitermond-Tafeln bei ihm gestohlen, was nicht nur absurd, sondern unredlich war. Warum hätte Marius sich bei Galilei bedienen sollen, verfügte er doch selbst über genauere Daten? Computersimulation haben ergeben, dass diese um max. 0,3 Promille von den heute bekannten Werten abweichen.
Die verschiedentlich anzutreffende Behauptung, Marius' Perspicillum sei dem des Galilei unterlegen gewesen, darf damit als falsch und widerlegt gelten (z. B. bei Josef Klug in: Simon Marius aus Gunzenhausen und Galileo Galilei. Ein Versuch zur Entscheidung der Frage über den wahren Entdecker der Jupitertrabanten und ihrer Perioden." In: Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften II. Klasse XXII, S. 383 - 526, München 1906). Galileis Plagiatsvorwurf erging zweifelsfrei zu Unrecht. Marius hat die Jupitermonde unabhängig von ihm entdeckt und das Jupitersystem im Übrigen sehr viel detaillierter erforscht als sein italienischer Kollege. Dennoch steht Marius' Werk bis heute unter dem

8 Bahn des Kleinplaneten ,,Marius" im Asteroiden-Hauptgürtel

Schatten von Galileis Plagiatsvorwurf. Das unter www.simon-marius.net am 18.02.2014 zum 400. Jahrestag von Marius' Widmung seiner ,,Welt des Jupiter" (am 18.02.1614) online geschaltete Simon-Marius-Portal möge dessen astronomisches Wirken bekannter machen und ihm einen angemessenen Platz in der Geschichte der Astronomie verschaffen.
Marius-Lunar-Base? 1964 benannte die IAU die nördlich und westlich des Marius-Kraters gelegenen Dome (ca. 300 je 200-500 m hohe vulkanische Strukturen) als ,,Marius Hills", auch gibt es dort seither eine immerhin 280 km lange ,,Rima Marius".
Ein deutsch-japanisches Forscherteam um Junichi Haruyama von der jap. Raumfahrtbehörde Jaxa u. Prof. Harald Hiesinger von der Universität Münster haben in dieser Region einen Lava-Tunnel entdeckt (Abb. 7) mit einer Ausdehnung von 65 m x 90 m bei einer Tiefe von 34 m (Geophysical Research Letters, Bd. 36, L21206). Dieser könnte künftigen Astronauten Schutz bieten vor den auf dem Mond auftretenden extremen Temperaturschwankungen von bis zu 300 ºC, vor Meteoriten-Einschlägen und vor der kosmischen und UV-Strahlung.

Die Region um ,,Marius" galt bereits Anfang der Siebzigerjahre als geologisch besonders interessant und war deshalb zunächst sogar als Landeplatz für Apollo 15 (Juli 1971) vorgesehen, die Landung wurde dann aber nahe der Hadley-Rille im Mare Imbrium durchgeführt.
Vielleicht werden die Marius-Hills nun aber demnächst Standort einer dauerhaft besetzten Mondstation werden? Sowohl die NASA als auch ein privates US-Unternehmen namens ,,Rima-Marius-Lunar-Expedition" (www.rimamarius.com) entwickeln entsprechende Pläne.
Kleinplanet wird nach Simon Marius benannt Im März 2014 hat die Internationale Astronomische Union (IAU) einen Kleinplaneten im Asteroiden-Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter nach Simon Marius benannt: Der am 29.09.1980 von der tschechischen Astronomin Zdenka Vavrova entdeckte Asteroid ,,1980" heißt nun ,,(7984) Marius". Er umrundet die Sonne mit einer Geschwindigkeit von 7,57 km/s (27.252 km/h) in 4,27 Jahren und ist von ihr 2,63-mal weiter entfernt als die Erde (Abb. 8).

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Leserbrief
Sehr geehrter Herr Guthier, die Internationale Astronomische Union (IAU) hat einen Kleinplaneten nach dem Ansbacher Hofastronomen Simon Marius benannt. Nach dem ersten Meilenstein mit der Eröffnung des 24-sprachigen Marius-Portals www.simon-marius.de im Februar war nicht zu erwarten, dass dieses große Ziel so rasch erreicht werden könnte. Darin drückt sich eine zunehmende weltweite Anerkennung von Marius aus, der zeitgleich mit Galilei die Jupitermonde entdeckte. Beiliegend finden Sie hierzu eine Pressemitteilung. Sollten Sie die Möglichkeit einer redaktionellen Verwendung oder anderen Verbreitung dieser Nachricht haben, wären wir Ihnen sehr dankbar. Die umfangreiche Berichterstattung ist auf www.simon-marius.net/index.php?lang=de&menu=5&sort=3 nachzuverfolgen.
Mit freundlichen Grüßen Pierre Leich
Nürnberger Astronomische Gesellschaft e.V. | Geschäftsstelle Kuratorium / AG Simon Marius | Singerstraße 26 | 90443 Nürnberg Tel 0911 81026-28 | Fax 0911 81026-12 | leich@nag-ev.de | www.nuernberger-astronomische-gesellschaft.de


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Fotometrie - der Beginn der Astrophysik
von Peter B. Lehmann

- Teil 2 -
1 Norman Pogson, 1829-1891
Des Problems der Größenklassen hatte sich schon N. R. Pogson (1829-1891) in Oxford, nachdem Herschel es auf seine Weise versucht hatte, erneut angenommen, indem er wie Herschel die Helligkeiten des Flamsteed-Katalogs benutzte, um mit einer Definitionsgleichung zwischen Größenklassen und Intensitätsunterschieden diese Frage mathematisch zu lösen. Pogson, der ab 1858 Direktor des Hartwell-Hall-Observatoriums war, entdeckte dort 21 veränderliche Sterne. Sein Hauptverdienst ist aber die in seinem umfangreichen Sternkatalog standardisierte Helligkeitsskala der alten Griechen, wobei er die Größenklassen des Hipparch in ein logarithmisches Verhältnis setzte. Danach ist ein heller Stern der 1. Größe einhundertmal heller als ein Stern der 6. Größe. Die Intensitätsverhältnisse unterscheiden sich also um den Faktor 100. Zwei Jahre später veröffentlichte der Physiker G. Th. Fechner, Leipzig, das nach Vorarbeiten von E. H. Weber von ihm aufgestellte ,,psychophysische Grundgesetz" auch ,,Weber-Fechner`sches Gesetz" genannt. Speziell für die Pogsonsche Definition begründet dieses Gesetz die Tatsache, dass die Größenklassen (Empfindungen) zu den Logarithmen der Strahlungsströme der Sterne (Reize) in gleichem Verhältnis stehen.

Für die astronomische Fachwelt aber stellte sich die Frage, ob diese Gesetzmäßigkeit universell, auch für kleine und große Helligkeitsunterschiede, gültig war, ferner, welcher Proportionalitätsfaktor anzusetzen sei. Ältere Sternhelligkeitsangaben waren außerordentlich ungenau. Ein großer Teil der Astronomen wollte deshalb die klassischen Größenklassen verwerfen und stattdessen nur noch die Intensitätslogarithmen verwenden. Dagegen sprachen aber die geringe Anschaulichkeit der Logarithmen und die dadurch folgende Unbenutzbarkeit früherer Sternkataloge.
2 Ernst Heinrich Weber, 1795-1878
Vier Jahre nach der Preisauslobung der Kaiserlichen Akademie veröffentlichte 1861 der Physiker K. F. Zöllner seine klassische Schrift ,,Grundzüge einer allgemeinen Photometrie des Himmels". Neben wichtigen theoretischen Überlegungen war das Hauptanliegen dieser Arbeit die Konstruktion des nach Zöllner benannten visuellen Sternfotometers. Die messbare Abschwächung eines künstlichen Vergleichssterns wird bei diesem Instrument erstmals durch Polarisation bei Verwendung von zwei Nicol`schen Prismen erreicht. Dies stellte einen beachtlichen Durchbruch der praktischen Sternfotometrie dar. Mit dem Zöllner`schen Fotometer ist auch die Herstellung von Farbgleichheit zwischen Mess- und Vergleichsobjekt möglich.

Dieses Fotometer fand weltweite Verbreitung und hat in teils modifizierte Form wesentlich zur Bestimmung von genaueren Sternhelligkeiten beigetragen. Zöllner selbst hat ,,nur" 226 Sterne vermessen. In kurzer Zeit konnte die Gothaer Firma, die in seinem Auftrag die Instrumente herstellte, 22 Instrumente an Sternwarten in aller Welt ausliefern. Die Einführung der visuellen Messung mit diesen Fotometern brachte einen Genauigkeitsgewinn von etwa einer Größenklasse anstelle der reinen Helligkeitsschätzung.
Erst der Einsatz der lichtelektrischen Zelle im 20. Jahrhundert hatte noch einmal einen vergleichbaren Sprung in der Messung zur Folge. Mit der Verwendung fotometrischer Geräte wurden daher neue, aber nicht mehr so umfassende Durchmusterungen in Angriff genommen. Die unter Pickerings Leitung mit dem Polarisations-Meridianfotometer und Nicol-Prismen des Harvard Observatory durchgeführte Messreihe benutzte den Polarstern und andere polnahe Sterne als Vergleichssterne. Die Arbeiten dauerten von 1879 bis zur Publikation der "Harvard Revised Photometry" 1907 an. Hervorzuheben ist, dass Pickering mit seinem fotometrischen Werk den Begriff der Größenklasse durchsetzte und sich der schon 1856 von N. R. Pogson vorge-
3 Gustav Theodor Fechner, 1801-1887


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4 Johann Karl Friedrich Zöllner,
1834-1882
schlagenen Magnituden-Skala anschloss. Eine Wiederholung der Arbeit von Pickering ist die Oxforder Fotometrie. Die genauesten Sternhelligkeiten leiteten aber Müller und Kempf in der Potsdamer Durchmusterung ab.
Von 1886 bis 1905 wurde diese am Astrophysikalischen Observatorium Potsdam für sämtliche Sterne der BD bis zur Größe 7,5 gemessen. Gleichzeitig wurden von beiden Autoren 144 Fundamentalsterne mit größter Sorgfalt und der höchstmöglichen Genauigkeit bestimmt. Das gesamte Werk wurde 1907 vorgelegt. Durch visuelle fotometrische Messungen sind genauere Resultate nie wieder erzielt worden. Wie schon die Harvard-Fotometrie, schloss sich auch die Potsdamer Durchmusterung an die BD an und verwendete die Pogson`sche Skala.
Mit Einführung der Fotografie in der Astronomie begann die Phase der visuellen Entdeckungen durch die Bearbeitungen der Fotoplatten. Nach dem etwa zwanzigjährigen experimentellen Stadium der Astrofotografie gab es 1873 mit der Einführung der ,,Bromsilber-GelatineTrockenplatten", die nicht nur lichtempfindlicher als die noch unvollkommenen Vorläufer, sondern auch viel leichter zu handhaben und chemisch zu bearbeiten waren, eine enorme Nutzung dieses neune Hilfsmittels durch Astronomen.

Auf die Sternenwelt angewendet wurden sehr bald durch längere Belichtungszeiten verblüffende Resultate erzielt. Was u. a. natürlich auf die visuell nicht mögliche Lichtsammeleigenschaft des menschlichen Auges gegenüber der fotografischen Platte zurückzuführen war. Ausgedehnte Nebel in sehr unterschiedlichen Formen erschienen auf den fotografischen Platten, die auch mit den größten Fernrohren nicht zu entdecken waren. Der Enthusiasmus der Astronomen war grenzenlos, die Astrofotografie würde zukünftig die wahre Netzhaut der Gelehrten sein, äußerte z. B. der Astrophysiker J. P. Janssen.
5 Edward Charles Pickering,
1846-1919
Nach der Vorlage der Arbeiten von Müller und Kempf 1907 setzten lebhafte Debatten über das Problem der Sternentwicklung ein. Der Wert der Helligkeitsmessungen und die visuellen spektroskopischen Untersuchungen, zur Klärung der von Zöllner publizierten Sternentwicklungstheorie, wurden jetzt hinreichend diskutiert (ob die von Zöllner favorisierten Helligkeitsmessungen sowie die Temperaturskala nach Sternfarben ausreichend für eine Beurteilung der Sternentwicklung seien).
Seit 1880 wurde vor allem am Harvard Observatory die Suche nach Variablen betrieben. Neben den Helligkeiten wurden jetzt auch die Spektren und Lichtkurven zur Beurteilung der Veränderlichen hinzugezogen. Pickering, der bei der Bearbeitung des umfangreichen Materials

von Harvard federführend war, schlug 1881 fünf Klassen von Veränderlichen vor, die hauptsächlich nach ihren Prototypen benannt wurden (Algol-Sterne, Delta-Cephei-Sterne, Mira-Ceti-Sterne, Novae und Unregelmäßige Sterne). Dieser erste Klassifikationsversuch wurde später ständig mit den neu dazugekommenen Beobachtungsergebnissen erweitert.
Vor allem die schwierigen visuellen spektroskopischen Untersuchungen sind hervorzuheben. So gelang W. Huggins 1866 die erste Untersuchung eines Novaspektrums. Zu dieser Zeit gab es aber noch keine wissenschaftlich fundierte Theorie über diese Sterne. Die alten Ansichten und Hypothesen Tycho Brahes, es handele sich um Sterngeburten oder einseitig leuchtende Sterne, die dem Beobachter ab und zu nur ihre helle Seite zukehrten, glaubte man schon lange nicht mehr. Huggins Untersuchungen ergaben, dass sich das Novaspektrum aus zwei Einzelspektren, einem normalen Sternspektrum mit Absorptionslinien, dem ein ausgeprägtes Emissionsspektrum überlagert war, zusammensetzte. Huggins deutete das Novaspektrum als eine mit außerordentlicher Gasentwicklung verbundene Sternkatastrophe. Eine Aussicht auf Klärung der komplizierten Zusammenhänge eines Novaausbruchs war aber im 19. Jahrhundert wegen der noch fehlenden Kenntnisse über Energieerzeugung, Aufbau und Entwicklung der Sterne nicht möglich.
6 Paul Friedrich Ferdinand Kempf,
1856-1920

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Viel größere Erfolge brachten 1889 die Untersuchungen der Algol-Sterne durch H. C. Vogel, der durch die periodisch auftretenden Linienverschiebungen von Algol und Spica den Doppelsterncharakter dieser Veränderlichen erkannte. Durch die Entdeckung weiterer spektroskopischer Doppelsterne konnte nun auch durch den Vergleich der Lichtkurven eine ganze Gruppe als Bedeckungsveränderliche zusammengefasst werden. Die Ursache ihres Lichtwechsels war rein optischmechanischer Natur.
Mit Hilfe der Lichtkurven war es jetzt möglich, genau wie bei den physikalischen Doppelsternen, durch Anwendung des 3. Kepler`schen Gesetzes die Summe der Massen der beiden Komponenten zu bestimmen. Aus den Lichtkurven der Algol-Sterne konnten jetzt erste Durchmesser der Sterne des Systems aus dem Verhältnis der Bahnlänge des Begleiters abgeleitet werden. Weitere Parameter für die Systemkonstanten wurden auch aus den Spektren gewonnen.
Ohne Übertreibung ist jetzt festzustellen, dass die Fotometrie in Verbindung mit der Spektroskopie in der Astrophysik angekommen war. Die Astronomen konnten sich jetzt viele kalte Nächte am Fernrohr ersparen. Durch die Sammlung fotografischer Platten, der jetzt einset-

7 Hermann Carl Vogel, 1841-1907
zende fotografische Himmelsüberwachung, war auf einmal ein Engpass in der Bearbeitung der Beobachtungsergebnisse vorhanden. Die vielen neuen Veränderlichen sowie die fotografischen Spektren mussten dringend bearbeitet werden.
Die Erklärung der physisch Veränderlichen war immer noch rätselhaft, sie wurden als seltene Ausnahmen angesehen. Das änderte sich schlagartig bei der Einführung des Hertzsprung-Russell-Diagramms (HRD) in die Astrophysik. Aus der damals bereits bestehenden Deutung des HRD war es ersichtlich, dass die Veränderlichkeit, so wie bereits von Zöllner

1865 vermutet, ein entwicklungsbedingtes Stadium im Leben eines jeden Sterns darstellte.
Bahnbrecher der Astrophysik in Deutschland waren der Physiker K. F. Zöllner (1834-1882), der Astronom K. Schwarzschild (1873-1916) und der dänische Gelehrte E. Hertzsprung (1873-1967), die mit ihren herausragenden Arbeiten den Grundstein der Astrophysik legten.
Literaturhinweise: [1] Karl Friedrich Zöllner, 1865:
,,Photometrische Untersuchungen", Leipzig [2] Paul Guthnick,1921: ,,Physik der Fixsterne", Leipzig/Berlin [3] Otto Struve, 1963: ,,Astronomie", de Gruyter, Berlin [4] Dieter B. Herrmann, 1973: ,,Geschichte der Astronomie", Berlin [5] Karl Schaifers, 1976: ,,Geschwister der Sonne, Methoden und Erkenntnisse der modernen Stellarastronomie", Hamburg [6] Hans Elsässer, 1985: ,,Weltall im Wandel", Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart [7] Ejnar Hertzsprung,1985: ,,Zur Strahlung der Sterne", Geest & Portig

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John Goodricke (1764-1786)

von Manfred Holl

Nur wenig ist in deutsch- und englischsprachigen Quellen über ihn zu finden. Selbst spezielle astronomiehistorische Druckwerke enthalten kaum mehr Information über John Goodricke, als dass er die Periodizität von Algol entdeckt hat und im Internet finden sich oft nur Zeugnisse, die Angaben von anderen Webquellen enthalten oder diese sogar 1:1 kopieren. Daher war die Spurensuche hier besonders anspruchsvoll, aber nicht vollkommen unmöglich. Oft stehen, leider nicht immer nachprüfbar, ,,neue" Informationen in einfachen Nebensätzen und man muss wohl letzten Endes Recherchen direkt vor Ort in Großbritannien betreiben, um letzte Unklarheiten beseitigen zu können.
Am 17. September 1764, vor annähernd 250 Jahren, wurde John Goodricke in Groningen in den Niederlanden als ältester Sohn von Lerina B. Sessler, einer niederländischen Kaufmannstochter, und Henry Goodricke, einem englischen Adligen und Diplomaten geboren. Benannt wurde er nach seinem Großvater Sir John Goodricke (1617-1670), Baron und Eigner eines größeren Landbesitzes in Ribston Hall, Yorkshire. Dieser war Teilnehmer am englischen Bürgerkrieg (1642-1651), wo er auf der Seite der Royalisten stand und 1661 für seine Region Abgeordneter im sog. Cavalier Parliament (1661-1679) war.
In sehr jungen Jahren erkrankte der jüngere John Goodricke an Scharlach, einer hoch ansteckenden Streptokokken-Infektion, die aber nicht erkannt wurde. Als Folge davon wurde John Goodricke taub, was man lange Zeit als eine Art angeborene Schicksalsidiotie bezeichnete, was zwar keinen Sinn ergab, aber wohl den mangelnden medizinischen Kenntnissen im ausgehenden 18. Jahrhundert zuzuschreiben ist. Seine Eltern schickten ihn im Alter von 8 Jahren nach Edinburgh auf eine für gehörlose Kinder spezialisierte Privatschule, die von Thomas Braidwood (1715-1806) geleitet wurde. Im Jahr 1778 galt er mit fast 14 Jahren als lese- und schreibkundig und konnte nahezu perfekt Worte von den Lippen ablesen, so dass ihn seine Eltern an der Warrington-Aka-

demie in Nordengland einschrieben. Hier studierte er Mathematik und Philosophie, wie einer Studie von Linda M. French aus dem Jahr 2012 zu entnehmen ist. Im zweiten Studienjahr beschäftigte er sich dann auch bei dem Theologen William Enfield (1741-1797) mit den Grundlagen der Astronomie. In der Nacht vom 22. auf den 23. November beobachtete er eine totale Mondfinsternis, was ihn dazu anregte, sich mit der Entstehung dieser Naturerscheinungen zu beschäftigen.
Als 18 jähriger kehrte er dann 1782 in das Haus seiner Eltern zurück. Hier traf er auf einen Nachbarn, der sehr stark an Astronomie interessiert war und wohl gerade deshalb die Faszination des 18-jährigen auf sich zog: Edward Pigott (1753-1825). Als Sohn des Astronomen Nathaniel Pigott (1725-1804) war er selber Astronom und hatte sich dem Studium der Jupitermonde verschrieben, in der Normandie nahe Caen den Venustransit vom 3. Juni 1769 beobachtet und vor Johann Elert Bode (1747-1826) und Charles Messier (1730-1817) ein nebelhaftes Objekt im Coma-Berenices-Haufen entdeckt, das später als M 64 bekannt wurde. 1783 entdeckte er zudem den Großen Kometen des gleichen Jahres.
Edward Pigotts Vater hatte sich nahe York eine eigene, gut ausgerüstete Privatsternwarte gebaut, auf der Pigott jr. gemeinsam mit John Goodricke verschiedene Beobachtungen ausführte. Da Edward ein großes Interesse an der Beob-

1
John Goodricke (1764-1786)
achtung Veränderlicher Sterne hatte, übergab er John eine Liste mit Objekten, deren Variabilität bekannt, aber unsicher war. Nach kurzer Einführungszeit begann dieser mit eigenständigen Observationen, die schon nach erstaunlich kurzer Zeit von Erfolg gekrönt waren.
Im November 1782 begann er mit systematischen Beobachtungen des Sterns Beta Persei. Bereits 1596 hatte David Fabricius (1564-1617) hier ein geheimnisvolles ,,Blinken" bemerkt und ihm daraufhin den Namen Algol (Teufelsstern) verliehen. 1667 entdeckte Gemiano Montanari (1633-1687) in Padua seine Periodizität, die später dann durch Maraldi und Kirch bestätigt wurde. Dennoch fand Goodricke bei seiner Suche nach Aufzeichnungen über frühere Beobachtungen höchst unterschiedliche Angaben, was Periodendauer und Helligkeitsunterschied anging. Nach seinen Recherchen differierten diese nicht nur um Stunden, sondern auch um bis zu 1-2 mag. Seine wichtigste Beobachtung machte er am 12. November 1782, wo er schrieb: ,,This night I looked at Beta Persei [Algol], and was much amazed to find its brightness altered -- It now appears to be of about 4th magnitude. I observed it diligently for about an hour -- I hardly believed that it changed its brightness because I never heard of any star varying so quickly in its brightness", JAAVSO, Volume 40, 2012. Danach beobachteten sie den Veränderlichen praktisch in jeder klaren Nacht bis zum 28. Dezember 1782, verpassten


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aber aufgrund der unklaren Periode weitere Minima und versuchten Vergleiche mit der bekannten Periode von Mira im Walfisch anzustellen. Beide Beobachter meldeten ihre Ergebnisse an zwei verschiedene Institutionen und baten um weitere Beobachtungen. John wandte sich an Anthony Shepherd, AstronomieProfessor in Cambridge, der die Bitte an die Royal Astronomical Society weiterleitete und Edward an den Astronomer Royal Nevil Maskelyne (1732-1811) und William Herschel (1738-1822). Bereitwillig überließen diese den beiden Beobachtern ihre Daten.
Goodricke ermittelte daraus einen zeitlichen Abstand von einem Minimum zum nächsten von fast 69 Stunden und in einem gemeinsamen Bericht für die ,,Philosophical Transactions" des Jahres 1783, dass Algol entweder von einem dunklen und daher unsichtbaren Körper (,,large body", den sie als dunklen Planeten interpretierten) umlaufen werde, oder Flecken von außerordentlicher Größe habe, die sein Licht intervallartig abschwächen würden. Zuvor hatte er seine Erkenntnisse im Mai 1783 auch der Royal Society mitgeteilt, die ihm daraufhin die Godfrey-Copley-Medaille verlieh. Heute wissen wir, dass die erste Vermutung richtig war - Goodricke hatte als erster die Klasse der Bedeckungsveränderlichen gefunden, was man freilich erst rund ein Jahrhundert später durch spektroskopische Untersuchungen herausfand.

1784 entdeckte Goodricke zwei weitere Veränderliche: Delta Cephei und Beta Lyrae. Bei Ersterem bestimmte er auch die Periode der Helligkeitsschwankung zu 5 Tagen, 8 Stunden und 45 Minuten, was dem heutigen Wert von 5,36643 Tagen schon sehr nahe kam. Auch bei der Bestimmung der Periodizität von Beta Lyrae war er erstaunlich präzise und alle Beobachtungen wurden nur mit einem Opernglas und einem Perspektiv - einem Einlinser, der heute besser unter dem Namen Spektiv bekannt ist - mit 12-facher Vergrößerung ausgeführt. Die Beobachtung von Delta Cephei war für John Goodricke besonders tragisch, denn er zog sich dabei eine Lungenentzündung zu, an der er wenige Wochen später, am 20. April 1786, in York verstarb, noch nicht einmal 22 Jahre alt. 14 Tage zuvor hatte ihn die Royal Society als Fellow in ihre Reihen übernommen, was er aber nicht mehr erfuhr. Er wurde auf dem Friedhof der Hunsingore Church in Yorkshire im Familiengrab bestattet.
Zwischen Oktober 2005 und März 2006 suchten die beiden Studenten Ellingham Sean und James Valner von der University of York in einem Projekt nach der Position der Sternwarte, von der aus Goodricke seine Beobachtungen ausgeführt hatte. Zumindest die beiden letztgenannten Entdeckungen konnten, wie sie herausgefunden hatten, nicht vom Gelände der Pigottschen Sternwarte aus gemacht worden sein. Eine Stu-

die von Sidney Melmore aus dem Jahr 1949 hatte gezeigt, dass Goodricke wohl vom Treasurer's House (Schatzhaus) aus (heute dem National Trust for Places of Historic Interest or Natural Beauty zugehörig) nahe York beobachtet hat. Sean und Valner lokalisierten den genauen Ort der Entdeckungen am östlichsten Fenster der zweiten Etage des Hauses. Heute ist am Gebäude eine Hinweistafel angebracht. Trotz seines sehr jungen Sterbealters wurden ihm posthum viele Ehrungen zuteil. So wurde das Goodricke College der University of York nach ihm benannt, auf dessen Gelände eine moderne Skulptur mit dem Titel Algol ihm zu Ehren ausgestellt wurde. Zuletzt wurde der Hauptgürtel-Asteroid 3116 Goodricke nach ihm benannt, der am 11. Februar 1983 durch den amerikanischen Astronomen Edward L. G. Bowell an der Anderson Mesa Station entdeckt wurde, der Außenstelle des Lowell Observatory des Flagstaff-Observatoriums in Coconino County im US-Bundesstaat Arizona.
Weblinks: [1] http://de.wikipedia.org/wiki/John_
Goodricke [2] http://en.wikipedia.org/wiki/John_
Goodricke [3] www.goodrick.info/john_goodricke_
born_in_groningen.htm [4] www.goodrick.info/main.htm [5] www.surveyor.in-berlin.de/himmel/
Bios/Goodricke-e.html [6] http://arxiv.org/abs/1204.6241

Astronomische Uhren im Ostseeraum
von Stefan Binnewies

Nicht gerade an den Gestaden der Ostsee, es war in Münster, als ich vor fast 40 Jahren erstmalig einer astronomischen Uhr begegnete. Im ausgehenden Mittelalter entstanden, nötigte mir diese monumentale Uhr in ihrer Verbindung handwerklich-technischen Könnens und künstlerischer Meisterschaft großen Respekt ab. Seitdem begleiten mich die astronomischen Uhren - wo immer eine solche aufgestellt ist und ich in der Nähe bin, statte ich ihr einen Besuch ab. Dabei lassen sich drei Gruppen von Uhren durch die Art ihrer architektonischen Einbindung in oder an ein Gebäude, aber

auch anhand ihrer geografischen Verteilung unterscheiden.
Entlang der Adria finden sich Uhrtürme, so in Venedig, Brescia, Trogir, Split und Dubrovnik. Im südwestlichen Teil Deutschlands und in Teilen der Schweiz dominieren astronomische Uhren an Rathäusern. Beispiele dafür sind Ulm, Tübingen, Heilbronn, Esslingen und Sion. Und im Ostseeraum sind es die in Kirchen alter Hansestädte aufgestellten Uhren, die die dritte Gruppe bilden. Erhalten haben sich diese Uhren in Lund, Danzig, Stendal, Münster, Stralsund, Rostock und in

Bad Doberan. In Lübeck dagegen ist die astronomische Uhr der Neubau einer im letzten Weltkrieg zerstörten Vorgängerin. Diese Einteilung hat allerdings einige Ausreißer, halten sich doch gerade drei besonders bekannte Uhren nicht daran: in Bern befindet sich die astronomische Uhr an einem Turm, in Prag an einer Rathauswand und in Straßburg in der Münsterkirche, gerade so wie es für die ,,Ostsee-Uhren" typisch wäre. Um diese ,,hanseatischen Uhren" soll es nun aber gehen, Lund und Danzig ausgenommen, da ich diese Uhren noch nicht selbst besucht habe.

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Sonnenuhren, Sanduhren, Wasseruhren - Zeitmesser gab es schon seit Jahrtausenden. Neu aber waren in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts mechanische Uhren, Räderuhren, angetrieben mit Gewichten, deren durch das Hochziehen gespeicherte potenzielle Energie mittels einer Hemmung in gleichen Portionen auf das nachgeschaltete Räderwerk abgegeben wird. Damit lassen sich Zeiger- und Scheibendrehungen, aber auch Figurenumläufe realisieren und das mit hoher Genauigkeit. Voraussetzung dafür ist die Kenntnis der zugrundeliegenden astronomischen Zyklen. Nicht notwendig dagegen war das Wissen über das richtige, das heliozentrische Weltbild. Deshalb gehen die Uhren seit Aufgabe der mittelalterlichen geozentrischen Weltsicht auch nicht falsch. Eine weitere Voraussetzung für den genauen Lauf der Uhren war insbesondere das handwerkliche Geschick der Schmiede. Diese mussten Zahnräder mit mehr als 365 Zähnen in möglichst exakter Teilung herstellen können, nach der Erfindung der Hemmung die zweite technische Notwendigkeit für das Aufkommen der großen astronomischen Uhren.
Die Reise beginnt in Münster und geht nach Nordosten, um in Stralsund zu enden. Sechs astronomische Uhren, oder

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Gesamtansicht der astronomischen Uhr in Münster. Die Dreiteilung (von oben nach unten) Figurenumlauf, Uhrscheibe und Kalenderscheibe ist offensichtlich. Aufnahme: Rainer Sparenberg

das, was von ihnen noch übrig ist, möchte ich dabei vorstellen.
Die astronomische Uhr zu Münster in Westfalen In südlichen Chorumgang des St.-Paulus-Doms befindet sich seit 1542 die, abgesehen vom Neubau in Lübeck, jüngste Uhr dieser Reihe. Aber auch diese Uhr ist bereits die Nachfolgerin einer 1534 durch die berühmt berüchtigte Sekte der Wiedertäufer zerstörten älteren Uhr. Fast 8 m hoch, die Nabe des Ziffernblattes in etwa 4 m Höhe, ist sie nach Süden ausgerichtet, ihr auffällig lautes Ticken durchdringt das Kirchenschiff (Abb. 1). Die Münsteraner Uhr verwirrt durch ihr reiches Bildprogramm und die Vielzahl ihrer Zeiger. Die Abbildung 2 offenbart zwei ihrer Besonderheiten: Wie bei allen astronomischen Uhren ist das Ziffernblatt in 24 Stunden unterteilt, oben ist zugleich Süden und unten ist Norden. Abweichend von den anderen Uhren sind aber Osten und Westen vertauscht, Osten rechts und Westen links, stimmig zu

2 Die Uhrscheibe in Münster mit Tierkreisring und Planetenzeigern.
Aufnahme: Stefan Binnewies

den Himmelsrichtungen für den vor der Uhr stehenden Betrachter. Das hat aber zur Folge, dass der Sonnen- oder Stundenzeiger gemäß dem Lauf der Gestirne von Osten nach Westen verkehrt herum über das ebenso entgegen der üblichen Beschriftungsrichtung ausgeführte Ziffernblatt laufen muss. Die zweite, nur in Münster vorhandene Besonderheit, sind die insgesamt sieben Zeiger. Zu den üblichen zwei Zeigern für Sonne und Mond kommen fünf Zeiger für die damals bekannten Planeten hinzu, erkenntlich an den kleinen, weißen und mit Planetennamen versehenen Fähnchen. Am Aufnahmedatum 18.07.2010 passte allerdings die Stellung von Mars und Saturn nicht besonders gut mit der wirklichen Planetenposition überein.
Die astronomische Uhr in St. Marien zu Stendal Unter der Orgelempore an der Westwand des Mittelschiffs befindet sich eine kleine, aber feine astronomische Uhr. Ihr Entstehungsdatum ist nicht genau bekannt, wird aber entsprechend der Baugeschichte der Kirche im zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts vermutet. Die Uhr besteht heute nur noch aus einem Ziffernblatt, 3 m x 3 m groß, und wurde nach Jahrhunderte langem Dornröschenschlaf erst gegen Ende der 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts nach grundlegender Reparatur und Erneuerung wieder in Gang gesetzt (Abb. 3). Eine Besonderheit in Stendal ist der Minutenzeiger. Alle 2 Stunden umrundet er das Ziffernblatt, eine technische Meisterleistung, die erst zu Ende des 17. Jahrhunderts möglich war und auf einen Umbau der Uhr zu dieser Zeit hinweist. Der Sonnenzeiger wandert dagegen ganz langsam über das Ziffernblatt, ein Jahr dauerte eine Umdrehung, beim Mondzeiger sind die 360 Grad schon nach einem siderischen Monat überstrichen. Obwohl die Stendaler Uhr nicht zur ersten Generation der hanseatischen Uhren gehört (im Gegensatz zu Stralsund, Bad Doberan und den frühen, zerstörten Uhren in Lübeck und Münster), finden sich in den Zwickeln des Ziffernblattes die für diese alten Uhren charakteristischen Gelehrten - (Weltweisen-) Darstellungen. Die jüngeren Uhren (Rostock sowie die Neubauten in Lübeck und Münster) zeigen dagegen die vier Evangelisten an gleicher Stelle. Die astronomische Uhr in Stendal bietet die größte Einfachheit und

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Die Uhrscheibe in Stendal mit dem ungewöhnlichen Minutenzeiger. Aufnahme: Stefan Binnewies
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Gesamtansicht des Neubaus der astronomischen Uhr in Lübeck. Dreiteilung der Uhr vergleichbar mit Münster. Aufnahme: Stefan Binnewies

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5 Die Kalenderscheibe mit Finsternis-Icons in Lübeck.
Aufnahme: Stefan Binnewies

von der alten Uhr übernommen und ist in dieser Vollständigkeit sonst nur noch in Münster und Rostock präsent. Insbesondere der Figurenumlauf ist bei diesen drei Uhren spektakulär, selbst heute noch. Um wie viel mehr aber musste so etwas vor 500 Jahren auf den damaligen Betrachter gewirkt haben. In Lübeck laufen aber keine Apostel (wie in Rostock) oder Heilige Drei Könige (wie in Münster) mit dem Mittagsglockenschlag. Hier hat man sich für acht Figuren unterschiedlicher Hautfarben (Indianer, Afrikaner, Eskimo ...) und Berufe (Fischer, Arzt, Missionar ...) entschieden. Neu ist auch die vereinfachte Uhrscheibe ohne den exzentrischen Tierkreisring. Ein solcher Ring erlaubte vormals das Ablesen der Sonnen- und Mondbögen am Tage und in der Nacht und somit auch die Bestimmung der entsprechenden Aufund Untergangszeiten. Diese sogenannte Astrolabiums-Funktion zeigt von den hier besprochenen Uhren in Aktion heute nur noch die Uhr in Münster und die in Stralsund. Verändert hat man auch die Sonnenstellung, die jetzt nicht mehr mit

Übersicht der hier besprochenen Uhren, ein Besuch dort wird trotz der etwas abgelegenen Lage sehr empfohlen.

Die erneuerte astronomische Uhr in der St.-Marien-Kirche zu Lübeck Lübeck war das Haupt der Hanse, seine astronomische Uhr von 1405 das Flagschiff aller Hanse-Uhren. 1942 ging diese Pracht nach einem Luftangriff in Flammen auf. Nach Sicherung der Kirche in den 50er-Jahren musste deshalb ein kompletter Neubau der Uhr erfolgen, der seinen Abschluss 1976 fand. Dieser Neubau war sicher nicht selbstverständlich, in Wismar ist er nach der Kriegszerstörung bis heute ausgeblieben. Aber auch in Münster stand die astronomische Uhr schon vor dem Abriss. Immer war es dem Einsatz einzelner Persönlichkeiten aus dem lokalen Umfeld zu verdanken, die die Rettung, den Neubau oder auch die Instandsetzung nach jahrhundertelangem Stillstand der Uhren bewirkten. Der Lübecker Neubau, noch keine 40 Jahre alt, steht im nördlichen Querhaus der Kirche und erstrahlt, im Gegensatz zu allen anderen astronomischen Uhren, in frischen Farben (Abb. 4). Die Dreiteilung der neuen Uhr (Kalenderscheibe, Uhrscheibe und Figurenaufsatz) wurde

6 Die Uhrscheibe ist das einzige Überbleibsel der astronomischen Uhr von
Bad Doberan. Aufnahme: Rainer Sparenberg

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Gesamtansicht der astronomischen Uhr in Rostock mit typischer Dreiteilung und Balustrade gegen allzu neugierige Betrachter. Aufnahme: Rainer Sparenberg

den astrologischen Tierkreiszeichen, sondern mit den tatsächlichen Sternbildern übereinstimmt, einschließlich des eingefügten Schlangenträgers als dreizehntes Tierkreissternbild. Ungewöhnlich in Lübeck ist auch die gelungene Sonnenund Mondfinsternisangabe bis 2036 im Zentrum der Kalenderscheibe (Abb. 5). Bevor wir Lübeck in Richtung Osten verlassen, noch der Hinweis auf eine zweite monumentale Uhr in der Stadt. Gemeint ist die Kunstuhr im Dom zu Lübeck, ein wunderschönes Werk von 1628 mit einem 12-Stunden-Ziffernblatt und einem Minutenzeiger sowie einem außen liegenden Minutenring, 120 Minuten dauert ein Umlauf. Diese Uhr gehört nicht in den Kanon der ursprünglichen hanseatischen astronomischen Uhren, ein Besuch lohnt sich aber trotzdem.
Die Uhrscheibe in der Münsterkirche von Bad Doberan 4 m hoch und 3,4 m breit ist der Rest der Doberaner astronomischen Uhr, denn nur noch ihre Uhrscheibe ist erhalten. Diese hängt recht hoch im südlichen Seitenschiff der ehemaligen ZisterzienserKirche (Abb. 6). Die Bad Doberaner Uhr gehört zu den ältesten im Ostseeraum, bereits 1390 wird ihre Entstehung vermutet. Bis 1830 hatte sie Bestand, dann wurde sie abgebrochen, nur die Uhrscheibe blieb erhalten. Ins Auge fallen sogleich die in den Zwickeln befindlichen vier Weltweisen, das hellblaue Tagfeld und exzentrisch dazu das dunkle Nachtfeld, beide getrennt durch das mittels einer Schlangenlinie markierte Dämmerungsfeld. Da der übliche Tierkreisring und die Zeiger fehlen, ist im inneren Teil der Uhr besonders gut die charakteristische Bemalung mit Kreisen und Bögen, wie bei einem Astrolabium, zu erkennen. Nur Stralsund und Münster bieten auch noch dieses Merkmal. Unten zeigt die Uhrscheibe zwei rechteckige Durchbrüche, Hinweise auf Türen, durch die vormals wahrscheinlich ein Figurenumlauf geführt wurde.

8 Die Kalenderscheibe mit Kalendermann in Rostock. Aufnahme: Rainer Sparenberg

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9 Die ab 2018 gültige Kalenderscheibe
für die astronomische Uhr in Rostock. Aufnahme: Rainer Sparenberg
Die astronomische Uhr in der Marienkirche zu Rostock Um 1472 entstand die größte Uhr dieser Vorstellungsreihe, etwa 11 m ragt sie im östlichen Chorumgang der Marienkirche auf. Besonders beeindruckend ist die große Uhrscheibe (Abb. 7) ohne Astrolabiums-Bemalung und Tierkreisring, aber mit einem reichen und als Schnitzwerkverblendung aufgesetzten Bildprogramm von 1643. An den beiden seitlichen Pilastern sind ganz oben links die Mathematik und rechts die Astronomie (bereits mit Fernrohr) als Frauengestalten zu erkennen, es folgen in den Zwickeln die vier Evangelisten und als ringförmiger Bilderreigen die 12 Tierkreiszeichen und weiter innen 12 Monatsbilder. Die vier Weltweisen wurden auf die Kalenderscheibe verbannt. Auffällig groß ist der Durchblick auf die Mondphasenscheibe, diese zeigt einen etwa 6 Tage alten Mond, passend zum Aufnahmezeitpunkt am 15.08.2010. Der Stundenzeiger steht
10 Gesamtansicht der astronomischen
Uhr in Stralsund. Die Kalenderscheibe fehlt. Aufnahme: Stefan Binnewies

bei 11:30 Uhr, der Sonnenzeiger im Löwen und der Mondzeiger im Skorpion - astrologisch alles völlig korrekt. Unter der Uhr befindet sich die Kalenderscheibe, wie in Lübeck sichtbar, ohne ein störendes Schutzgitter (Abb. 8). Die Rostocker Scheibe ist vom Durchmesser größer als die in Münster, sie trägt aber nur die Daten für 133 Jahre und endet 2017. Eine neue Scheibe liegt schon bereit, einen Blick darauf gewährt die Abbildung 9. Die Münsteraner können sich mit einer neuen Kalenderscheibe noch bis 2071 Zeit lassen, ihre Scheibe ist sehr viel dichter beschrieben und reicht für jeweils 532 Jahre. Links ganz außen steht vor der Kalenderscheibe der Kalendermann, sein Stab zeigt auf das aktuelle Datum (Abb. 8). Im Zentrum der Scheibe weisen die Zeigefinger zweier Hände auf zwei Stundenangaben, hier 14 und 10,

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die aktuelle Tages- und Nachtlänge, als Ersatz für die sonst fehlende Astrolabiums-Funktion bei dieser gemeinsam mit Münster schönsten astronomischen Uhr in Deutschland.
Die astronomische Uhr in der St.-Nikolai-Kirche zu Stralsund Diese Uhr von 1394 ist die älteste noch weitgehend unverändert erhalten gebliebene astronomische Uhr im Ostseeraum. Eine Kalenderscheibe war möglicherweise geplant, wurde aber nicht ausgeführt, die dafür typische Nische mit Schutzgitter unter der Uhrscheibe ist jedenfalls noch erhalten (Abb. 10). Insgesamt macht die Uhr einen schlichten Eindruck, etwas Zierrat und einige Figuren sind ihr darüber hinaus bei der kriegsbedingten Auslagerung 1942 abhanden gekommen. Standort ist der östliche Chorumgang der Kirche, vergleichbar der Position der Rostocker Uhr, dennoch, im ansonsten reich ausgestatteten und bemalten Kirchenraum kann man sie leicht übersehen.

Das viereckige Blatt der Uhrscheibe misst 4 m x 4 m und in den Zwickeln finden sich die bekannten vier Weltweisen, zwei römische bzw. christliche und zwei arabische Gelehrte. Auffällig ist der exzentrisch angebrachte Tierkreisring, der sich zum Aufnahmezeitpunkt der Abbildung 10 gerade über das schwarze Nachtfeld der Uhrscheibe gelegt hatte und dafür das grünliche Tagfeld mit den Kreisen der Tagesbögen zu den verschiedenen Jahreszeiten frei gab. Die Zeiger der Uhr sind sehr schmal und schmucklos. Der Sonnenzeiger benötigt für einen Umlauf 24 Stunden, der Mondzeiger 24 h 50 m 31,5 s und der Tierkreisring 23 h 56 m 5,9 s, so dass Sonnen- und Mondzeiger auf dem Tierkreisring den astrologisch korrekten Stand von Sonne und Mond anzeigen [1]. Neben der nicht ausgeführten Kalenderscheibe finden sich zwei Tafelbilder unten am Uhrgehäuse. Sie repräsentieren den Morgen und den Abend mit ihren beigefügten Spruchbändern.

Ende der Reise Die kleine Tour zu sechs astronomischen Uhren ist nun beendet. Sie hatte den Zweck, Ihr Interesse an diesen spätmittelalterlichen Wunderwerken zu wecken. Übrigens, eine Aufnahme in die Liste als Weltkulturerbe - ähnlich wie auch für die Bergedorfer Sternwarte in Hamburg vorgesehen - ist für die Rostocker Uhr angedacht worden. Ich konnte hier nur eine grobe Übersicht geben, sehr vieles musste offen bleiben. Wer mehr wissen will, der sei auf das Buch ,,Wunderuhren" von Manfred Schukowski verwiesen. Eine bessere und schöner gestaltete Einführung als dieses Buch gibt es meines Wissens zu diesem Thema nicht.
Literaturhinweis: [1] M. Schukowski, 2006: ,,Wunder-
uhren", Thomas Helms Verlag, Schwerin

Die Entdeckung des Neptun
von Caroline Reinert

,,Diese Geschichte ist zu verrückt um von jemandem, der sich einmal mit ihr beschäftigt hat, vergessen zu werden." So beginnt Benjamin A. Goulds Bericht von 1850 über die Geschehnisse rund um die Entdeckung des achten Planeten im Jahr 1846. Diese geben einen Einblick in die Denkweise und Strukturen der Astronomie zu Beginn und Mitte des 19. Jahrhunderts und zeigen dabei was im institutionellen System der Astronomie des 19. Jahrhunderts Priorität genoss und was gerade nicht.

Die Astronomie im 19. Jahrhundert Aufgrund der sehr guten Positionsbestimmungsmöglichkeiten durch die Kenntnis genauer astronomischer Daten spielte die Astronomie (im Gegensatz zu anderen Bereichen der Naturwissenschaften) bereits vor der industriellen Revolution eine bedeutende Rolle für den Staat, vor allem für dessen koloniale Interessen. So entstanden staatlich geförderte Observatorien in ganz Europa, deren Aufgabe es weniger war, neue astronomische Entdeckungen zu machen, als vielmehr exakte

1 Ölgemälde von Carl Daniel Freydanck ,,Die Neue Sternwarte in Berlin" (1838).
Hier wurde Neptun 1846 entdeckt. Der Standort der Sternwarte war die Lindenstraße in Kreuzberg, bevor sie 1913 nach Babelsberg verlegt wurde. (Quelle: Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam)

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2 Im Jahre 1846 veröffentlichte Sternkarte, die die Position von Neptun (rotes Kreuz)
zum Zeitpunkt seiner Entdeckung zeigt. (Quelle: Royal Astronomical Society)

Vermessungen bereits bekannter Objekte zu tätigen.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde die Astronomie dann mehr und mehr industrialisiert und institutionalisiert. Die großen Observatorien glichen in dieser Zeit daher mehr Fabriken als wissenschaftlichen Laboratorien. Das Königliche Observatorium in Greenwich stellt eines der besten Beispiele dafür dar. Vor allem nach der Berufung von George B. Airy (1801-1895) zum Direktor im Jahr 1835. Seine Grundsätze waren Zweckmäßigkeit und Ordnung, und diese setzte er konsequent um.
Neben den großen Instituten, die sich fast ausschließlich mit der Himmelskartografie beschäftigten, wurde die Astronomie aber auch von einer Reihe enthusiastischer Amateurastronomen, ganz nach Wilhelm Herschels (1738-1822) Vorbild, geprägt. Sie waren inspiriert durch die Entdeckungen des Uranus im vorangegangenen Jahrhundert und der großen Asteroiden Ceres, Pallas, Juno und Vesta zwischen 1801 und 1807. So entstanden in dieser Zeit immer größere Teleskope. Ein prominentes Beispiel ist der ,,Leviathan" von Lord Rosse (1800-1867), ein Spiegelteleskop mit 1,83 m Durchmesser und 16 m Brennweite. Allerdings waren Amateure, denen entsprechend große Teleskope zur Verfügung standen, eher

selten, denn es bedurfte signifikanter Geldmittel, um ein solches Gerät zu bauen und in Betrieb zu nehmen.
Weiterhin prägend für die Astronomie des 19. Jahrhunderts war die Mathematisierung der Naturwissenschaften. Man war bestrebt, die Physik auf eine mathematische Grundlage zu stellen, und mit möglichst wenigen Gesetzen alle Naturphänomene zu beschreiben. Diese analytische Herangehensweise war allerdings vor allem in der Astronomie noch nicht allgemein etabliert.
Das merkwürdige Verhalten von Uranus Die Geschichte der Entdeckung des Neptun ist eng mit der des Uranus durch Herschel 1781 verknüpft. Seit Uranus entdeckt wurde, versuchten viele Astronomen, seinen Orbit zu bestimmen und seine Position am Himmel vorherzusagen. Aufgrund der Tatsache, dass der Planet aber noch nicht lange bekannt war und damit eine schlechte Datenlage aufwies, stellte das ein schwieriges und fehleranfälliges Problem dar. Mit der Zeit standen aber immer mehr Daten zur Planetenposition zur Verfügung. Trotzdem fand man keinen Orbit, der alle Beobachtungen zufriedenstellend erklären konnte. Man suchte also nach Erklärungen für dieses Verhalten von Uranus.

Relevant erschienen den Astronomen die Störungen der Uranusbahn durch Jupiter und Saturn, die bisher einfach noch nicht genau genug bestimmt wurden. Man stellte Berechnungen an, die diese Bahnstörungen einbezogen. Die so vorhergesagten Positionen des Uranus stimmten auch jahrelang mit den tatsächlichen Beobachtungen überein. Aber irgendwann wurden die Abweichungen wieder so groß, dass man sie unmöglich ignorieren konnte.
Sogar die Gültigkeit des Newton`schen Gravitationsgesetzes wurde deswegen diskutiert. Einige glaubten, dass es in irgendeiner Hinsicht unvollständig sei und für große Entfernungen zur Sonne modifiziert werden müsse. Die meisten Astronomen waren aber nach wie vor von seiner Allgemeingültigkeit überzeugt, denn bisher konnten alle anderen Himmelsphänomene mit Hilfe von Newtons Theorie zuverlässig erklärt und vorhergesagt werden.
Die einzige verbleibende Erklärung der Bahnstörungen war ein unbekannter Himmelskörper hinter Uranus. Die früheste schriftliche Aufzeichnung über diese Idee stammt aus einem Brief von dem Geistlichen und Astronomen Thomas J. Hussey of Hayes (1792-1854) an Airy vom 17. November 1834: "[It] suggested to me the possibility of some disturbing body beyond Uranus, not taken into account because unknown."
Adams und LeVerrier John C. Adams (1819-1892), ein Student der Mathematik in Cambridge, wurde 1831 auf das Uranus-Problem aufmerksam. Allerdings war Adams von der Existenz eines störenden äußeren Planeten nicht von Anfang an überzeugt. Erst 1843 schien es für ihn die einzig richtige Lösung zu sein, aufgrund detaillierter Berechnungen. Er konnte nachweisen, dass die Anomalien in der Bewegung des Uranus tatsächlich durch einen äußeren störenden Planeten erklärt werden können.
Für seine Berechnungen nutzte Adams das rein empirische Bode`sche Gesetz, um einen ersten Anhaltspunkt für den Abstand des unbekannten Planeten zur Sonne zu erhalten. Außerdem nahm er einen kreisförmigen Orbit sowie eine Inklination von 0 Grad an, ganz nach Vorbild

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der anderen Planeten im Sonnensystem. Zwei Jahre später, im September 1845, hatte Adams die Orbitelemente des unbekannten Himmelskörpers bestimmt und damit auch seine erwartete Position am Himmel. Seine Ergebnisse teilte er sowohl James Challis (1803-1882), der zu diesem Zeitpunkt Direktor der Sternwarte Cambridge war, als auch Airy in Greenwich mit. Er veröffentlichte sie aber nicht.
Im Juni 1845 bekam der französische Astronom Urbain J. J. LeVerrier (18111877) von François Arago (1786-1853), dem Direktor der Pariser Sternwarte, den Auftrag sich mit dem Problem des Uranus auseinanderzusetzen. Zu diesem Zeitpunkt hatte allerdings keiner der beiden Kenntnis von Adams' Arbeit, denn erst am 3. Oktober 1846 wurde, durch einen Artikel von John Herschel (1792-1871) im ,,London Athenaeum", allgemein bekannt, dass Adams überhaupt vergleichbare Berechnungen angestellt hatte.
Anders als Adams veröffentlichte LeVerrier seine Arbeiten umgehend. Seine erste Arbeit vom November 1845 behandelte die Einflüsse von Jupiter und Saturn auf den Uranus. Es stellte sich heraus, dass die Ablenkung viel zu gering war, um die Bahn des Uranus zu erklären.
Daher kam auch LeVerrier zu dem Schluss, dass die Bahnstörungen durch ein anderes, bisher unbekanntes, Objekt ausgelöst werden müssen. Im Juni 1846 gab er dann erstmals die Koordinaten eines solchen Himmelskörpers an. Sie wichen letztendlich nur etwa 1 Grad von der von Adams berechneten Position ab. Auch LeVerrier legte für den Abstand des Planeten die Bode-Reihe zu Grunde und nahm für die Exzentrizität und die Inklination die gleichen Werte wie Adams an.
Die Reaktion der Astronomen Als Airy Adams' Arbeit erhielt, zeigte er sich skeptisch. Sie schien ihm zu spekulativ. Erst als er im Dezember 1845 LeVerriers Arbeit zum gleichen Thema erhielt, nahm er die Ergebnisse ernst. Gerade die geringe Abweichung der errechneten Positionen veranlasste Airy dazu. Trotzdem war er nicht gewillt, eine Suche nach dem Planeten zu initialisieren. Seiner Meinung nach war das nicht die Aufgabe des Königlichen Observatoriums in Greenwich.

Vermutlich auf Anraten von George Peacock (1791-1858), der 1820 zu den Gründern der Royal Astronomical Society gehörte und ein ehemaliger Professor Airys in Cambridge war, wies Airy dann doch eine Suche nach dem unbekannten Planeten an. Airy beauftragte Challis, denn er hielt das Northumberland-Teleskop in Cambridge, für das Challis verantwortlich war, aufgrund seiner Größe für wesentlich geeigneter als jedes andere Teleskop, einschließlich des Refraktors in Greenwich.
Nun ist anzumerken, dass sowohl in der Arbeit von Adams als auch bei LeVerrier zu lesen ist, dass man den Planeten auch in einfacheren Teleskopen, aufgrund seiner ausgeprägten Scheibe (3 Bogensekunden) und Helligkeit (9 Magnituden), sehen würde. Trotzdem sollte Challis alle Sterne bis hinunter zur 11. Magnitude kartieren und das in einem Gebiet von 10 Grad x 30 Grad um die errechnete Position. Das Feld umfasste insgesamt 3.000 Sterne, die zu beobachten waren, was das Unterfangen zu einer schwierigen und zeitaufwendigen Aufgabe machte. Die Suche begann am 29. Juli 1846.
Auch in Frankreich wollte niemand wirklich Zeit in die Suche nach dem neuen Planeten investieren. Zwar machte sich die Pariser Sternwarte Anfang August 1846 auf die Suche, brach sie aber nach kurzer Zeit wieder ab, als klar wurde welches Ausmaß die Arbeiten annehmen würden, wenn man jeden Stern in der Umgebung der angegebenen Koordinaten kartieren würde.

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143 Jahre nach der Entdeckung: Voyager 2 erkundet den Neptun und prägt unser heutiges Bild des blauen Planeten. (Quelle: NASA)
Trotz eines erneuten Schreibens von LeVerrier, dass sich die Suche aufgrund der Erscheinung des Planeten sehr einfach gestalten würde, zeigte sich keine Reaktion seiner Kollegen. Auch Arago, anfangs extrem enthusiastisch, wies keine offizielle Suche an.
Im Gegensatz zur Reaktion der renommierten Astronomen steht die des prominenten englischen Amateurastronomen William R. Dawes (1799-1868), der Adams' Berechnungen, kurz nachdem Airy sie erhalten hatte, zu sehen bekam und sofort an William Lassell (17991880) schrieb, der in Liverpool gerade das größte Teleskop in ganz England in Betrieb nahm. Er schickte ihm Adams` Daten über Position und Erscheinung des Planeten. Aufgrund unglücklicher Umstände erhielt Lassell den Brief aber nicht.
Die weitere Rolle der Amateurastronomen bleibt leider weitestgehend unklar. Innerhalb der veröffentlichten Korrespondenz bekommt man den Eindruck von interessierten Menschen, die versuchen Impulse und Ideen an die Berufsastronomen weiterzugeben. Allerdings verschwinden sie dann wieder aus dem Blickfeld der Literatur.
Die Entdeckung LeVerrier verlor die Geduld, als seine Kollegen nicht reagierten. Letztlich schrieb er einen Brief nach Deutschland, worin er um die Beobachtung bat. Diesen erhielt Johann G. Galle (1812-1910), der zu diesem Zeitpunkt an der Berliner Sternwarte tätig war. Galle fragte bei Johann

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F. Encke (1791-1865), dem damaligen Direktor der Sternwarte, nach Beobachtungszeit, die er trotz einigen Widerwillens seitens Encke bekam. Damit war die Berliner Sternwarte, neben Cambridge, die einzige in ganz Europa und Amerika, die nach dem vorhergesagten Planeten suchte.
Dank einer sehr genauen Sternkarte von Carl Bremiker (1804-1877) konnten Galle und Heinrich L. d`Arrest (1822-1875, damals Beobachtungsassistent der Sternwarte) tatsächlich den 8 Magnituden hellen Planeten am 23. September 1846, nach nur einer Stunde Beobachtungszeit, ausfindig machen. Und zwar befand er sich in einem Abstand von weniger als 1 Grad von der von LeVerrier errechneten Position.
Am folgenden Tag wurde der Planet nachbeobachtet, um seine Bewegung zu verifizieren und die Ausdehnung seiner Scheibe zu bestimmen. Die Ausdehnung stimmte sehr gut mit LeVerriers Vorher-

sage von etwa 3 Bogensekunden überein. Damit waren die Entdecker des achten Planeten Galle und d`Arrest, auch wenn Zweiterer in der Veröffentlichung von Encke nie erwähnt wird.
Schluss Vor der Vorhersage und der Entdeckung des Neptun hatte man in der Astronomie die Theorien zu den Beobachtungen aufgestellt, nicht umgekehrt. Jetzt hatte man erstmalig theoretische Modelle nicht nur zum Beschreiben bekannter Phänomene genutzt, sondern Neues damit vorausgesagt. Das ist eine wichtige wissenschaftliche Entwicklung hin zu einer mehr physikalisch orientierten Astronomie.
Noch heute findet übrigens die Methode, Planeten indirekt durch ihre gravitativen Einflüsse nachzuweisen, Anwendung. Sie wird genutzt, um Planeten um andere Sterne zu identifizieren. Insofern waren die Arbeiten von Adams und LeVerrrier wegweisend für die Astronomie.

Literaturhinweise: [1] Berichte der Zeitzeugen George
B. Airy, James Challis, John C. Adams und Johann F. Encke, 1846: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, November 1846, 121-153 [2] B. A. Gould, 1850: "Report On The History Of The Discovery Of Neptune" [3] M. Grosser, 1979: "The Discovery Of Neptune" [4] P. Moore, 1996: "The Planet Neptune: An Historical Survey Before Voyager" [5] T. Standage, 2001: ,,Die Akte Neptun. Die abenteuerliche Geschichte der Entdeckung des 8. Planeten"

Zukunftsromane damals und heute

von Ernst-Jochen Beneke

Konrad klopfte gegen das Haus, und das Summen wurde noch stärker. Er kratzte an der Wand und rief: ,,Was sagt ihr dazu? Die Wolkenkratzer sind aus Aluminium!" ,,Kinder, ist das eine praktische Stadt!" meinte der Onkel. ,,Da sollten wir mal unsern Bürgermeister studienhalber herschicken!" Am meisten imponierte ihnen aber Folgendes: Ein Herr, der vor ihnen auf dem Trottoir langfuhr, trat plötzlich aufs Pflaster, zog einen Telefonhörer aus der Manteltasche, sprach eine Nummer hinein und rief: ,,Gertrud, hör mal, ich komme heute eine Stunde später zum Mittagessen. Ich will vorher noch ins Laboratorium. Wiedersehen, Schatz!" Dann steckte er sein Taschentelefon wieder weg, trat aufs laufende Band, las in einem Buch und fuhr seiner Wege. Konrad und dem Pferd standen die Haare zu Berge.
Die Beobachtung einer Begebenheit heute in einem Flughafenterminal? Weit gefehlt! Dieser Text findet sich in der Erzählung ,,Der 35. Mai" und wurde von Erich Kästner 1932 geschrieben. Sicher hat mancher Leser Erich Kästner ge-

schätzt und auch diese Geschichte gelesen, aber die Episode vergessen. War sie eine Erfindung des Berliner Autors aus Dresden oder fand er etwas, was vor ihm schon gedacht, geschrieben und veröffentlicht wurde?
Mit dem UFA-Film ,,Die Frau im Mond" hatte der Regisseur Fritz Lang nach der Buchvorlage mit gleichem Titel von Thea von Harbou Mitte der 20er-Jahre das Lese- und Filmpublikum in Aufregung versetzt. Die Reise zum Mond und den Sonnenstaaten war schon seit dem Altertum ein Liebling der Fantasten und mit den Erfindungen der Neuzeit in Europa und in den USA geriet die Zivilgesellschaft ins Schwärmen. Das Militär war an Neuerungen der Technik höchst interessiert, hielt sich aber bedeckt und zurück. Beginnende Versuche mit Raketen waren erwünscht und wurden geheim gefördert.
Der Autor dieser Zeilen kam 1949 durch das Buch ,,Der Mensch und die Sterne" von Bruno H. Bürgel zur Astronomie, das gerade im Aufbau-Verlag in Berlin

erschienen war. Beim erlaubten Stöbern in der einzigen Buchhandlung im Ort sprang gleich beim Aufschlagen das erste Bild ins Auge: ,,Die Erde am Himmel des Mondes", natürlich schwarzweiß. Aber was für ein Schlüsselerlebnis in einer trüben Zeit und in einer Bildungswüste! Woher weiß man, wie es auf dem Mond aussieht und wie kann man dort unsere Erde sehen?
Zum Glück gab es zuhause den 21-bändigen Brockhaus und die Kosmos-Bändchen von Robert Henseling, dem anderen volkstümlichen Schriftsteller der Sparte Astronomie. Erst viel später eine weitere Entdeckung nach der Lektüre von Hans Dominiks ,,deutscher" Zukunftsromane (wie es damals hieß) wieder ein Buch von Bruno (Hans) Bürgel: ,,Der Stern von Afrika, Ein phantastischer Roman aus dem Jahr 3000". Erschienen 1937 im Deutschen Verlag Berlin.
In einem Antiquariat in Berlin-Neukölln neben anderen Büchern erstanden, aber mit einer handschriftlichen Widmung auf dem Vorsatz: Bruno Hans Bürgel ,,Die

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1 Umschlag des 1937 im Deutschen Verlag erschienenen Romans
von Bruno H. Bürgel: Der Stern von Afrika.

2 Umschlag des 1920 bei Ullstein erschienenen Romans
von Bruno H. Bürgel: Der Stern von Afrika

Menschen sind eine verwegene Gesellschaft! Ich traue ihnen ALLES zu!". Jahre später wieder in einem Antiquariat, wieder Bruno H. Bürgel ,,Der Stern von Afrika", Eine Reise ins Weltall. Erschienen 1920 im Verlag Ullstein/Berlin.
Es ist unglaublich, welche technischen Errungenschaften sich damals am Horizont abzeichneten, und wie selbstverständlich sie von dem Astronomieautor in die Handlung eingebaut werden. Es geht um die Bedrohung der Menschheit durch eine Eiszeit und man erhofft sich durch eine Expedition zum Mond zu erfahren, wie dessen Bewohner in der Vergangenheit sich mit welchen Maßnahmen gerettet haben.
Die afrikanischen Staaten haben sich zu einer Union vereinigt und veranstalten in Nairobi einen Kongress zusammen mit den Vereinigten Staaten von Europa. Es gibt Telefon (,,Fernsprecher"!) mit Anrufbeantworter, Radio, ,,Fernseher"! Das Kongressgebäude, das mit elektrischer S-Bahn, Elektromobil und Flugzeugen (Reisegeschwindigkeit erst 500,

später 800 Stundenkilometer) erreicht wird, verfügt über Aufzüge, Klimaanlagen, Übertragungsanlagen, Projektionen und Filmeinrichtungen, kurz alles, was wir Heutigen als selbstverständlich kennen. Geleitet wird der Kongress von ,,Samuel Machai aus dem großen jüdischen Volksstamme zu Palästina". So las man es 1920, 17 Jahre später nur noch Machai; zwei Jahre zuvor war der Verlag ,,arisiert" worden. Immerhin, der deutsche Leser konnte weiter in die Zukunft blicken.
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts hatte die Technik in Europa und den USA einen immensen Fortschritt erfahren, der zur Bewältigung von Dimensionen zu Wasser, zu Lande und in der Luft bis dato unvorstellbar war. Dem Massenverkehr folgte mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts der Individualverkehr. Die Nutzbarmachung der Elektrizität führte zu Erfindungen nicht nur in bisher gewohnten Bereichen, sondern vor allem in der Nachrichtentechnik und damit Raum und Zeit übergreifend. Wir erleben in unserer Gegenwart eine ähnliche Re-

volution. Was lag also näher als zu fragen, wie bei dieser Entwicklung mit dem Fortschreiten in die Zukunft die Welt in 100 Jahren aussehen möge. So erschien im Jahr 1910 in Berlin ein Buch mit dem Titel ,,Die Welt in hundert Jahren", in dem der Herausgeber Arthur Bremer 22 Aufsätze von Autoren versammelte, die zu den unterschiedlichsten technischen, wissenschaftlichen, medizinischen und gesellschaftlichen Themen eine Voraussage wagten. Und hier wird uns auch klar, woher Bürgel und Kästner ihre Kenntnisse bezogen haben konnten.
Das Buch wurde von Hans Lübbert mit Illustrationen versehen, die dem Geist ihrer Zeit entsprachen. Aber auch der erwähnte Fritz Lang dürfte zu seinem Film ,,Metropolis" manches aus diesen Texten und Bildern als Inspiration gebraucht haben. Der Autor Robert Sloss beschreibt in seinem Aufsatz ,,Das drahtlose Jahrhundert": ,,Sobald die Erwartungen der Sachverständigen auf drahtlosem Gebiet erfüllt sein werden, wird jedermann sein eigenes Taschentelephon haben, durch welches er sich, mit wem er will, ver-

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Geschichte

binden können [...] nicht größer als eine Pillenschachtel [...]". 90 Jahre hat es noch gedauert, dann stimmte die Voraussage. Bei Erscheinen des Buches waren die Pole noch nicht erreicht, Amundson und Scott im Wettlauf im Süden unterwegs. Die Erfindung des Marconi verhalf zwei Jahre später, einen Teil der Passagiere der Titanic zu retten. Die Telegrafie wurde Pflicht in der Schifffahrt. ,,Das Jahrhundert des Radiums" titelt Prof. Dr. Everard Hustler seinen Aufsatz. Er wagt die Voraussage: ,,[...] der einzige Hinderungsgrund, vorläufig schon weltzerstörende Maschinen zu bauen, liegt einzig und allein in den Herstellungsschwierigkeiten des Radiums und den unglaublichen Kosten, die diese erfordern." Natürlich trug die Wiederkehr des Halley`schen Kometen 1910 zu entsprechenden Weltuntergangsszenarien bei, die in Hollywoodfilmen bis in unsere Zeit fröhliche Urstände feiern. Aber nicht alles wird negativ gesehen, wobei die menschlichgesellschaftlichen Fantasien höchst amüsant sind. Im Jahr 2010 brachte der Georg Olms Verlag in Hildesheim eine Reprintausgabe, versehen mit einem Vorwort des Direktors der Leibniz-Bibliothek in Hannover, Prof. Dr. Georg Ruppelt. Das Buch fand sein Publikum oder dieses es, das zeigen die Nachauflagen.

Ermutigt durch diesen Erfolg, legte der Verlag Olms eine Aufsatzsammlung an unter dem Titel ,,2112 - Die Welt in 100 Jahren". Herausgeber ist der Österreicher Ernst A. Grandits. Die zeitgenössischen Autorinnen und Autoren wagen vorsichtige Prognosen aus heutiger Sicht und wir wissen, wie schwer es selbst die Meteorologen noch haben, über eine Woche hinweg in die Zukunft zu sehen. Was erwartet man aber auch von einem Chaos - dass es zum Kosmos wird?
23 Autoren gehen wie die vor Hundert Jahren von der Gegenwart aus und extrapolieren zeitgenössische Entwicklung in die Zukunft. Von uns Heutigen wird aber niemand die Ergebnisse im Jahr 2112 erleben, was auch gut ist im positiven wie im negativen Sinn. Hochaktuelle Themen wie: Bevölkerungswachstum, Ernährung, Genetik, Energiewirtschaft, Umwelt nehmen einen gewichtigen Teil des Buches ein. Da kann es schon konkret sein. Bei Frauen, Kindern, Kultur, Medien und Theater, Sport lagen schon die Autoren vor 100 Jahren weit neben den Entwicklungen. Ereignisse wie Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima waren zu erwarten ebenso wie die in der Raumfahrt mit Challenger und Columbia. Aber das Attentat auf die Twin Towers in New York war so nicht vorhersehbar.

,,Silent Spring" (Der stumme Frühling) von Rachel Carson war 1962 eine nicht ernst genommene Warnung (das war vor 50 Jahren!), die Folgen in den Agrikulturen setzten langsam und nachhaltig ein mit entsprechenden politischen Konsequenzen. Und auch von Dennis Meadows' Bericht des Club of Rome ,,The Limits to Growth" (Die Grenzen des Wachstums) 1972 waren wohl damals vor 40 Jahren noch zu zeitnah.
Als Apollo 8 im Dezember 1968 den Mond umrundete, wurden Fotos gemacht, die zeigen, wie die Erde über der Wüstenoberfläche unseres kosmischen Nachbars am Horizont ,,aufging". Wir wurden gewahr und wissen seitdem, wie zerbrechlich und gefährdet dieser ,,Blaue Planet" ist. Wenn jetzt Astronomen erdähnliche Planeten in entfernten Sternsystemen finden, so ist das eine schöne Bestätigung der Vielfalt der Entwicklungen im Kosmos. Erreichen werden wir Menschen sie nie. Den Mars in unserer Nachbarschaft wird man wohl ansteuern, aber er wird uns nie eine zweite Heimat werden können. Die beiden Bücher mit festem Einband aus dem Olms-Verlag sind im Buchhandel erhältlich und kosten jedes 19,90 Euro. Bürgels Buch muss man antiquarisch oder in einer Bibliothek suchen.
Impression

ETHOS 1, ein neuer Planetarischer Nebel
Erst 2010 wurde dieser PN entdeckt. Er besitzt sowohl zwei nach außen gerichtete, an den Spitzen rot emittierend e Ansae in Jetform als auch einen doppelten Zentralstern. Der Durchmesser seines inneren Scheibchens beträgt nur 19". Zum Thema PN wird es in Heft 52 mehr geben. Aufnahmedaten: 30./31.07.2011 und 27.08.2011, 600-mm-Teleskop (Ganymed) bei f = 4940 mm, CCD-Kamera SBIG STX 16803, Belichtung: 6 x 600 s (L) und je 5 x 600 s (RGB). Alle Aufnahmen ohne Binning, um für das winzige Objekt auch in den Farben die maximale Bildauflösung zu behalten. FWHM-Wert: 1,15". Bildautoren: Stefan Binnewies und Josef Pöpsel, Bildbearbeitung Johannes Schedler.

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Max. der Quadrantiden

Erde im Perihel

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New Year's Day

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Épiphanie

Geschosse im Orion - Explosion vor 500 Jahren

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Mars nahe bei Neptun

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(2) Pallas in Opposition
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ONLINE Fronleichnam Corpus Christi Fête-Dieu
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ANSCHAUEN!

Die Valles Marineris - größtes Canyonsystem im Sonnensystem

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DER NEUE BILDKALENDER
HIMMEL UND ERDE 2015
Sterne und Weltraum präsentiert im Bildkalender »Himmel und Erde« insgesamt 13 herausragende Motive aus der astronomischen Forschung. Sie stammen aus verschiedenen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums: dem sichtbaren Licht, dem Infrarotlicht, dem Mikrowellenund Radiowellenbereich. Vom Valles Marineris auf Mars geht es zu Gas- und Staubnebeln im Milchstraßensystem, von fernen Galaxien bis hin zur Finalen Wand, als die Strahlung nach dem Urknall von der Materie entkoppelte. Zusätzlich bietet der Kalender wichtige Hinweise auf die herausragenden Himmelsereignisse 2015 und erläutert ausführlich auf einer Extraseite alle auf den Monatsblättern abgebildeten Objekte. 14 Seiten; 13 farbige Großfotos; Spiralbindung; Format: 55 x 45,5 cm; 29,95 zzgl. Porto; als Standing Order 27,- inkl. Inlandsversand

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Venus sehr nahe bei Uranus

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Blick auf die finale Wand - Satellit Planck misst die kosmische Hintergrundstrahlung

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Beginn der Sommerzeit

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Maximum der Perseiden
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Mariä Himmelfahrt

L'Assomption de Marie

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Mond bei Saturn
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Der Pferdekopfnebel Barnard 33 im nahen Infrarot

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Telefon: 06221 9126-743 sterne-und-weltraum.de/ kalender2015
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Jugendarbeit

Ein Radioteleskop in Bischofsheim an der Rhön
von Bastian Herentrey, Daniel Gunzl, Felix Passenberg, Nikolaj Steinkohl, Steffen Lamprecht und Vincent Geppert

Auch im Astronomischen Sommerlager (ASL) 2013 wurde wieder eine AG zum Thema Radioastronomie angeboten. Dabei wurden nicht nur die nötigen theoretischen Grundlagen dieses spannenden Teilgebietes der Astronomie, sondern auch ganz praktische Anwendungen behandelt.

Zu Beginn gab es eine Einführung in die Welt der Radioastronomie, deren Prinzipien sowie Unterschiede zur optischen Astronomie. Die Wellenlänge der Radiowellen (1 Millimeter bis 100 Kilometer) ist sehr viel größer als die Wellenlänge des sichtbaren Lichts (etwa 500 Mikrometer), weshalb die Winkelauflösung eines einzelnen Radioteleskops sehr viel kleiner als die eines optischen Teleskops ist.

1 Biquadantenne: Zu erkennen sind die beiden rautenförmigen
Antennenteile sowie das Anschlusskabel in der Mitte.

Entsprechend ist das Bild eines Objekts, das von einem Radioteleskop aufgenommen wurde weniger scharf als ein Bild des gleichen Objekts, das im sichtbaren Licht gemacht wurde.

Um diesen Nachteil auszugleichen, schließen Radioastronomen oft mehrere Radioteleskope zu einem sogenannten Interferometer zusammen. Dieses wirkt wie ein einziges Radioteleskop, dessen Antennendurchmesser der Entfernung der einzelnen Anlagen voneinander entspricht. Damit hängt die Auflösung vor allem vom Abstand der Antennen zueinander ab, der auch bei sehr großen Antennen erheblich größer ist als ein einfacher Antennendurchmesser. So erhält man erheblich schärfere Bilder als zuvor.
Um die technischen Vorgänge hinter radioastronomischen Beobachtungen zu verstehen, wurde den Teilnehmern unter anderem der Umgang mit einem Spektrumanalysator erläutert. Der Spektrumanalysator ist vergleichbar mit dem Oszilloskop. Im Gegensatz zu diesem stellt er aber ein Signal nicht im Zeitbereich, sondern im Frequenzbereich dar. Das entstehende Bild wird dann als Spektrum bezeichnet. Auf diesem Wege gelangten die Teilnehmer auch zu Einblicken in die

2 Digitaloszilloskop und eine Antenne unseres selbst gebauten Interferometers

Elektrotechnik, indem sie einfache Frequenzfilter wie Bandstopp- und Bandpassfilter, Tief- und Hochpassfilter herstellten und testeten.
Mit diesem Wissen ausgestattet bauten die Teilnehmer zwei einfache sogenannte Biquadantennen (s. Abb. 1), die bei ca. 430 MHz arbeiten. Eine der Antennen wurde dann von den Teilnehmern als Sender, die andere als Empfänger verwendet, um ein Antennendiagramm des Empfängers zu erstellen. Ein Antennendiagramm ist die grafische Darstellung der Strahlungscharakteristik einer Antenne. Es beinhaltet Informationen über die Empfindlichkeit der Antenne, unter anderem in Abhängigkeit von der

Einstrahlrichtung und Polarisation der empfangenen Strahlung. Antennendiagramme werden aufgenommen, um die Leistungsfähigkeit einer Antenne einschätzen zu können. Für unser Antennendiagramm wurden die beiden Antennen in einem festen Abstand zueinander aufgestellt und die Empfängerantenne in 5 Grad -Schritten um 360 Grad gedreht.
Auch das Prinzip der Radiointerferometrie konnten die Teilnehmer in einem Experiment selbst erkunden, indem sie aus den beiden selbstgebauten Antennen und einem Digitaloszilloskop ein kleines Interferometer zusammenstellten (s. Abb. 2). Durch eine Positionsänderung einer Test-Strahlungsquelle konnte

Jugendarbeit

117

man das Verhalten des Interferometers beobachten. Obwohl die verwendeten Antennen Strahlung aus allen Richtungen empfangen, konnte durch Kombination mehrerer solcher Messungen mit verschiedenen Abständen zwischen den beiden Antennen die Position einer TestStrahlungsquelle exakt bestimmt werden.

Zuletzt bekamen die Teilnehmer einen kleinen Einblick in die aktuelle Radioastronomie. Hier macht man sich vor allem zunutze, dass Radiowellen weniger stark von intergalaktischen Staub- und Nebelwolken absorbiert werden. Daher kann man über Radiowellen ,,staubige" Bereiche im Universum, wie zum Beispiel das Zentrum der Milchstraße, erforschen, die uns im optischen oder Infrarotbereich verborgen bleiben. Außerdem liegen im Radiowellenbereich einige der wichtigsten spektralen Linien der Astronomie, unter anderem die 21-cm-Linie, die von neutralen Wasserstoffatomen emittiert wird. Mit deren Hilfe kann man etwas über die Verteilung von Wasserstoff und damit der interstellaren Materie (ISM) im Kosmos lernen.

3 Prototyp-Antennen auf dem Gelände des ,,Atacama Large Millimeter Array" (ALMA)
in Chile. (Quelle: ESO)

Große Radio-Observatorien wie LOFAR und ALMA (s. Abb. 3) untersuchen die verschiedensten Objekte: die Sonne und das Zentrum der Milchstraße, aber auch Supernova-Überreste, Radiogalaxien und weit entfernte Quasare. Auch der erste Pulsar wurde 1967 bei einer Untersuchung des Himmels im Radiobereich entdeckt. Wegen der großen Entfernung der astronomischen Objekte, deren Radiowellen wir auf der Erde empfangen,

sind die Signale meist sehr schwach. Daher versucht man in der Radioastronomie die Radiowellen mit möglichst großen Antennen zu bündeln. Hier werden die Signale elektronisch verstärkt und anschließend ausgewertet.

Man nehme ...
- Ein Kochrezept für Elemente
von Markus Anton, Paul Ziegler, Jonathan Meier, Toni Seiler, Kai Wiedmann, Lucia Härer, Adrien Kipp und Marina Brants

Die Welt um uns herum besteht aus den verschiedensten Elementen. Sei es das Wasser in der Badewanne oder unser Mond. Wie aber entstehen all diese Elemente? Antworten darauf liefert die Kosmochemie, mit der wir uns eine Woche im Astronomischen Sommerlager 2013 beschäftigt haben.
Natürlich waren die Prozesse, bei denen die einzelnen Elemente entstehen, ein zentrales Thema unserer Arbeitsgruppe. Die pp-Kette (Proton-Proton-Reaktion) ist hier der grundlegende Prozess (Abb. 1). Dabei wird Wasserstoff in Helium umgewandelt. Dazu fusionieren zunächst zwei Wasserstoffkerne zu einem Deuteriumkern. Ein Positron, ein Elektronneutrino und Energie wird bei dieser Fusion freigesetzt. In der zweiten Phase fusioniert dieser Deuteriumkern mit einem Wasserstoffkern zu sogenanntem Helium-3.

Zusätzlich entsteht Gammastrahlung und weitere Energie. In der letzten Phase fusionieren dann zwei dieser Helium3-Kerne zu einem Helium-4-Kern, wobei außerdem zwei freie Wasserstoffkerne entstehen und natürlich wieder Energie freigesetzt wird. Diese pp-Kette bildet die wichtigste Energiequelle unserer Sonne. Ohne den Strahlungsdruck, der durch den Fusionsprozess entsteht, würde die Sonne unter ihrer eigenen Schwerkraft kollabieren. Durch die Fusion bildet sich aber ein hydrostatisches Gleichgewicht aus Strahlungsdruck und Gravitation.
Befindet sich irgendwann kein Wasserstoff mehr im Kern des Sterns, kann keine Proton-Proton-Reaktion mehr stattfinden. Wegen des fehlenden Strahlungsdrucks wird der Kern durch die Gravitation komprimiert. Dadurch steigen Temperatur und Dichte so lange,

bis die Voraussetzungen für eine weitere Fusionsreaktion gegeben sind. Auf das Wasserstoffbrennen folgt dann, weil der Kern nun reich an Helium ist, das Heliumbrennen (bzw. Drei-Alpha-Prozess), bei dem erst Beryllium und abschließend Kohlenstoff entsteht. Aus diesem entsteht im anschließenden Kohlenstoffbrennen Sauerstoff. Der Sauerstoff fusioniert in der nächsten Phase entweder mit einem Heliumkern zu Neon oder mit einem weiteren Sauerstoffkern zu verschiedenen neuen Kernen, darunter Schwefel (S), Phosphor (P), Silizium (Si) und Magnesium (Mg). Dabei können Gammaquanten, Neutronen, Wasserstoffkerne oder auch Heliumkerne frei werden. Die letzte Fusionsreaktion ist dann das Siliziumbrennen. Bei der Reaktion fusionieren zuerst zwei Siliziumkerne 28Si zu Nickel 56Ni. Durch zwei Beta-Zerfälle, bei denen Positronen und Elektronneutrinos freige-


118

Jugendarbeit

Sternen mit mindestens 8 Sonnenmassen erreicht werden.

Durch die im Kern immer wieder neu beginnende Fusion wird die Temperatur einer Schale um den Sternkern herum höher, so dass zuerst der dort vorhandene Wasserstoff zu fusionieren beginnt. Der Vorgang, der zuvor im Kern stattfand (Erschöpfung des Kernbrennstoffs, Kontraktion, nächste Fusionsstufe) wiederholt sich (vorausgesetzt, der Stern besitzt für die jeweilig nächste Stufe eine genügend große Masse) und es entsteht im Inneren mit der Zeit eine Art ,,Zwiebel" aus aufeinanderfolgenden Brennschalen. Irgendwann ist aber die Vorausetzung für eine Fusionsreaktion nirgendwo mehr gegeben. Dann kollabiert der Stern und explodiert in einer Supernova. Interessant ist, dass das Wasserstoffbrennen in einem Stern bis zu Milliarden von Jahren stabil sein kann, während der Brennstoff im Siliziumbrennen nach einigen Stunden oder wenigen Tagen aufgebraucht ist.

1 Schema der Proton-Proton-Reaktion im Inneren von Sternen, bei der Wasserstoffkerne
zu Heliumkernen fusioniert werden.
setzt werden, entsteht aus Nickel (56Ni) zunächst Cobalt (56Co) und anschließend Eisen (56Fe). Eisen ist das Element mit der größten Kernbindungsenergie. Damit stellt das Siliziumbrennen das Ende der thermonuklearen Brennprozesse dar. Elemente mit größeren Massenzahlen können nicht mehr durch Kernfusion aufgebaut werden.

Letztendlich entstehen also all unsere bekannten Elemente im Inneren massereicher Sterne, die bei ihrem Tod (= keine Fusionsreaktion mehr) in einer Supernova explodieren und ihre Hülle mit den verschiedenen Elementen in den Weltraum schleudern (vgl. Abb. 2). Aus diesem Material können dann neue Sterne, Planeten und sogar Lebewesen entstehen.

Ein neuer Fusionsprozess kann aber immer nur dann einsetzen, wenn der Stern eine genügend große Masse besitzt, um die nötigen Temperaturen und Drücke zu erzeugen. Während die Proton-ProtonReaktion schon bei einer Temperatur von einigen Millionen Kelvin im Kern und einer entsprechend kleinen Masse des Sterns von 0,08 Sonnenmassen stattfinden kann, braucht es für die anderen Reaktionen schon wesentlich größere Temperaturen (und Drücke) und damit auch größere Sternmassen. Für das Siliziumbrennen ist letztendlich eine Temperatur von 3 Milliarden Kelvin nötig. Das kann nur im Inneren von sehr massereichen

2 Der Krebsnebel: Überrest einer Supernova aus dem Jahr 1054, bei der viele der im
Stern entstandenen Elemente in den Weltraum geschleudert wurden. (Quelle: NASA)

Jugendarbeit

119

Numerik in der Himmelsmechanik - ein Einblick
von Julian Stürmer, Noyan Ugur, Cedric Seehausen und Johannes Haux

Zur Betrachtung von Vielkörpersystemen, wie zum Beispiel dem Sonnensystem, sind analytische Methoden unbrauchbar. Deshalb benutzen wir zur Simulation (Lösung von Differentialgleichungen) numerische Lösungsverfahren. Die AG ,,Computersimulation in der Astronomie" hat sich mit zweien dieser Verfahren auseinander gesetzt, dem Euler- sowie dem Runge-Kutta-Verfahren und diese am Beispielsystem Erde-Mond getestet.

Das Euler-Verfahren Das einfachste dieser Verfahren ist das sogenannte Euler-Verfahren. Das zugrundeliegende Prinzip ist einfach: Über ein diskretes Zeitintervall wird die Ableitung unserer Größe als konstant angenommen. Als erstes berechnen wir die Funktion y(t) für verschiedene Stützstellen. Den Abstand zwischen zwei benachbarten Stützstellen wählen wir konstant und bezeichnen ihn mit h. Dann ist

1 Runge-Kutta-Verfahren 4. Ordnung, Beispiel 1: Der Mond kreist um die
Erde und animiert die Erde zu einer Kreisbewegung.

Nun berechnen wir die yi-Werte rekursiv

Dies entspricht der Integration über eine Konstante.
Der Fehler, der durch diese Näherung entsteht, ist natürlich relativ groß. Er wird aber umso kleiner, je kleiner die Schrittweite ist. Für das Euler-Verfahren gilt: Der Fehler geht schneller gegen 0 als h. Man spricht dann von einem Verfahren erster Ordnung.
Runge-Kutta-Verfahren Runge-Kutta-Verfahren sind eigentlich eine Klasse von Verfahren. Mit RungeKutta-Verfahren ist oft das klassische Runge-Kutta-Verfahren 4. Ordnung gemeint. Es folgt folgender Idee: An 4 Stützstellen innerhalb des Intervalls wird ein Näherungswert der Ableitung berechnet. Als erstes nehmen wir wieder den Punkt am Intervallanfang:

2 Runge-Kutta-Verfahren 4. Ordnung, Beispiel 2: Das komplette Sonnen-
system von oben betrachtet.

120

Kleine Planeten

Die zweite Stützstelle liegt in der Intervallmitte:
Als dritte Stützstelle berechnen wir den Wert für die Intervallmitte mithilfe von k2:
Die dritte Stützstelle liegt am Ende des Intervalls und wird mithilfe von k3 berechnet:

Nun bilden wir einen gewichteten Mittelwert und erhalten unseren neuen Funktionswert:
Dieses klassische Runge-Kutta-Verfahren ist von der Ordnung 4. Der Fehler fällt also mit h4.
Beispiel System Erde-Mond Unter Berücksichtigung der gravitativen Wechselwirkungen der beiden Körper untereinander, konnten wir folgendes Er-

gebnis beobachten. Man kann erkennen, wie der Mond um die Erde kreist und die Erde so zu einer Kreisbewegung animiert (Abb. 1).
Beispiel Sonnensystem Hier haben wir noch einmal dasselbe Konzept auf das komplette Sonnensystem angewandt, als Beispiel für ein echtes Vielkörpersystem. Zu erkennen ist das komplette Sonnensystem von oben betrachtet (Abb. 2).

Neues aus der FG Kleine Planeten

von Gerhard Lehmann

Wenn Sie diese Zeilen lesen, dann ist die 17. Kleinplanetentagung der FG Kleine Planeten im Haus der Astronomie in Heidelberg [1] schon wieder Geschichte. Das Bemerkenswerte ist aber, dass es bisher 17 Zusammenkünfte der Kleinplanetenfreunde in jährlicher Folge gegeben hat und noch weitere folgen werden. Schauen Sie bitte auf die Internetseite www. kleinplanetenseite.de, denn dort wird der Ort der 18. Kleinplanetentagung im Jahr 2015 bekannt gegeben.

Wenn Sie jetzt Lust bekommen haben, vielleicht auch einmal Kleinplaneten zu beobachten, dann sind Sie dazu herzlich eingeladen. Als Mitglied in der FG Kleine Planeten werden Sie Gleichgesinnte treffen und von den Erfahrungen der anderen profitieren.

Weblinks: [1] Haus der Astronomie:
www.haus-der-astronomie.de/ [2] www.minorplanetcenter.org/mpec/
K10/K10U20.html [3] www.minorplanetcenter.net/iau/
NEO/toconfirm_tabular.html

Heutige Neuentdeckungen von Kleinplaneten werden dem Beobachter nur noch vorläufig zugeordnet, denn das Minor Planet Center (MPC) in den USA entscheidet erst endgültig über den Entdecker, wenn der Kleinplanet nummeriert wird. Diese neuen Regeln gelten seit dem 19. Oktober 2010 und können im MPEC 2010-U20 [2], nachgelesen werden. Trotzdem macht es nicht wenigen Beobachtern aus der FG (s. Abb.1) große Freude, nach neuen Kleinplaneten zu suchen.

Auf der NEOCP [3] vom MPC finden sich Beobachtungsvorschläge für neu entdeckte Kleinplaneten, welche oft erdnahe Objekte sind. Deren Beobachtung ist dringend erwünscht, weshalb sich viele Sternwarten daran beteiligen. Wer daran interessiert ist, kann seit Anfang dieses Jahres die App ,,NEOCP" von Matthias Buch, Mitglied der Sternwarte Heppenheim, für sein Smartphone nutzen. Es gibt diese App in den jeweiligen App Stores für Android und Windows Phone 8.

1 Neu entdeckte Kleinplaneten durch die Mitglieder der FG Kleine Planeten
(Stand 1. Mai 2014).

Kleine Planeten

121

Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries

Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiter bewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.
Die heutige Aufnahme [1] zeigt die Begegnung des NEOs 2013 BO76 mit unserer großen Schwestergalaxie M 31. Bei 2013 BO76 handelt es sich nicht um einen gewöhnlichen NEO, sondern um einen PHA (Potentially Hazardous

Asteroid), also um einen potenziell gefährlichen Kleinplaneten. Entdeckt wurde er am 17. Jänner 2013 vom Suchprogramm PanSTARRS (Panoramic Survey Telescope And Rapid Response System) [2]. Seine Bahn führte den rund 500 m großen Brocken am 30. Juli 2013 bis auf die 20,5-fache Monddistanz an die Erde heran. Dabei war er mit ca. 40.000 km/h unterwegs.
In den frühen Morgenstunden des 3. August 2013 war 2013 BO76 bereits über 8,8 Mio. km von der Erde entfernt und hinterließ auf CCD-Aufnahmen von M 31 seine Strichspur. Die scheinbare Geschwindigkeit am Himmel lag bei rund 15''/min. Das ist im Vergleich zu Hauptgürtelasteroiden, die sich in Oppositionsnähe

mit ca. 0,6''/min bewegen, sehr schnell. Dementsprechend lang ist die Strichspur, die 2013 BO76 in den 90 Minuten des gestackten CCD-Bildes zurücklegt.
Über M31 brauchen wir nicht viele Worte verlieren. Von der großen Spirale ist in der Aufnahme nur ein kleiner Bereich nördlich des Kerns zu sehen. Das Gesichtsfeld der Aufnahme beträgt ca. ein halbes Grad. Wir hoffen, dass auch in der Druckversion der kontrastverstärkten Negativdarstellung die lange Strichspur noch zu erkennen ist.
Kosmische Begegnungen finden täglich statt. Die Tabelle 1 enthält eine kleine Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-Sky-

1 Der Kleinplanet 2013 BO76 bei der Andromedagalaxie M 31. Belichtet mit einem 18-zölligen Newton f/4,5
und einer ALccd9-CCD-Kamera von der Firma AstroLumina. Bildautor: Wolfgang Ries


122

Spektroskopie

Objekten, die von uns erstellt wurde. Damit soll Ihnen Ihr Weg zum persönlichen Bild einer kosmischen Begegnung erleichtert werden.
Eine Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren, finden Sie auf der Homepage von Klaus Hohmann [3]. Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit, verschiedene Parameter wie die Helligkeit des Deep-Sky-Objektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selbst auszuwählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden.

Interessante Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten im nächsten Quartal

Datum Uhrzeit Kleinplanet mag Objekt Art mag Abstand

19.10.2014 24:00 (2460) Mitlincoln 14,9 NGC 488 Gx 10,4 5´

23.10.2014 24:00 (14362) 1988 MH 15,5 NGC 1058 Gx 11,2 4´

21.11.2014 20:00 (835) Olivia

16,0 M 74

Gx 9,1 1´

26.11.2014 22:00 (619) Triberga

13,4 M 77

Gx 9,7 2´

17.12.2014 24:00 (6273) Kiruna

15,8 NGC 2174 GN 6,9 1´

27.12.2014 24:00 (3754) Kathleen 14,6 NGC 2392 PN 9,1 5´

Tabelle 1: Abkürzungen: Gx = Galaxie, GN = Galaktischer Nebel, PN = Planetarischer Nebel. (Hinweis: NGC 2174 ist der ,,Affenkopfnebel")

,,Kosmische Begegnung" an diriesw@aon. at. Bitte vergessen Sie nicht, das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.

Weblinks: [1] http://astro-kooperation.com/
?attachment_id=1406 [2] http://pan-starrs.ifa.hawaii.edu/ [3] Tabelle: http://astrofotografie.
hohmann-edv.de/aufnahmen/ kosmische.begegnungen.php

Spektroskopie - ein Überblick

von Daniel Sablowski

Da wir auf der Erde nur die von astronomischen Objekten entsandte Strahlung untersuchen können, laufen Messungen immer auf irgendeine Weise darauf hinaus, die Intensitäten in Abhängigkeit einer physikalischen Größe zu messen. So ist die Fotometrie die Messung der zeitlichen oder räumlichen Änderung der durch Filter definierten integralen Intensität. Die Interferometrie kann man als Messung der Intensität in Abhängigkeit einer räumlichen Koordinate auffassen (Abstand der Spiegel im Interferometer oder der Teleskope). Die Spektroskopie misst die Abhängigkeit der Intensität von der Wellenlänge oder einfacher, von der Farbe des Lichts. Von diesen drei genannten Messmethoden sei die Spektroskopie nun in ihren Grundzügen und physikalischen Grundlagen etwas genauer dargelegt.

plausibel, wenn man ein Stück Eisen erwärmt. Ab einer bestimmten Temperatur beginnt es zu glühen, zu leuchten. Dann hat die vom Eisen abgestrahlte Strahlung eine Photonenenergie, welche von unserem Auge verarbeitet werden kann. Alltägliche Gegenstände oder auch der Mensch selbst strahlen im Energiebereich, den man als Infrarotstrahlung bezeichnet, es gehört aber ebenso wie das ,,Licht" zum gleichen Phänomen, nämlich zum elektromagnetischen Spektrum. Radiound Röntgen- wie auch Gammastrahlung sind ebenfalls lediglich Bereiche in diesem Spektrum. Sie unterscheiden sich nur in der transportierten Photonenenergie. Diese Energie ist proportional zur Fre-

quenz der Strahlung und umgekehrt proportional zur Wellenlänge der Strahlung. In einem Regenbogen sehen wir die elektromagnetische Strahlung im Bereich, den wir als Licht bezeichnen, aufgespalten in die Wellenlängen bzw. Farben. Während das Licht mit kurzer Wellenlänge, also höherer Frequenz, vom Auge als blau empfunden wird, gehört das rote Licht zu größeren Wellenlängen und damit zu kleineren Frequenzen und Photonenenergien (Abb. 1). Diesen Bereich bezeichnet man als visuellen Bereich (VIS).
Weiter über den roten Bereich hinaus gelangt man zum erwähnten Infrarot (IR), gefolgt von Mikrowellen (MW), Zenti-

Die elektromagnetische Strahlung Frage: Warum leuchten Sterne? Antwort: Weil sie eine Temperatur besitzen. Alle Körper mit einer Temperatur über dem absoluten Nullpunkt emittieren elektromagnetische Strahlung. Intuitiv wird dies

1 Elektromagnetisches Spektrum

Spektroskopie

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meterwellen (hier liegt die Wellenlänge tatsächlich bei einigen Zentimetern) bis hin zu den Radio- und Kilometerwellen (RW). Hier werden die Photonen also immer energieärmer. Über das blaue Ende hinaus gelangt man in den Bereich der Ultraviolett-Strahlung (UV), hin zum extremen UV (EUV) und über den Röntgenbereich (X-Ray) zur hochenergetischen Gammastrahlung (Gamma).
Atome, Moleküle und Strahlung Was also macht die Spektroskopie, also die Messung der Intensität in Abhängigkeit der Farbe so wichtig für die Astrophysik? Das ist die Tatsache, dass Atome und Moleküle mit der elektromagnetischen Strahlung in Interaktion treten und durch diese Interaktion ihren charakteristischen ,,Fingerabdruck" im elektromagnetischen Spektrum hinterlassen. Der Fingerabdruck im Detail verrät uns, welche Prozesse in der Quelle vorgehen. Atome wie auch Moleküle können nur diskrete Energien aufnehmen und abgeben, also treten diese nicht mit jeder Wellenlänge in Interaktion, sondern picken sich bestimmte heraus. Durchläuft beispielsweise weißes Licht ein Gas aus einer bestimmten Sorte Atomen, so werden ganz bestimmte Energien vom Atom aufgenommen. Genauer: Die Elektronen in der Hülle des Atoms nehmen diese Energie auf und springen auf ein höheres Energieniveau. Diesen angeregten Zustand behalten sie nicht lange und springen wieder zurück, wobei sie den aufgenommenen Energiebetrag wieder abgeben. Da die Abgabe nicht in eine bevorzugte Richtung geschieht, sondern gleichmäßig kugelförmig erfolgt, also als Streuprozess letztlich aufgefasst werden kann, verbleibt im Signal der von der Quelle in unsere Richtung entsandten Strahlung eine effektive Minderung der Intensität. Dies erkennt man in Form einer sogenannten Absorptionslinie im Spektrum, einer dunklen Stelle im sonst gleichmäßigen Kontinuum (Abb. 2).
Da jede Atomsorte, also jedes Element, seine charakteristischen Anregungsenergien besitzt, kann man durch Messung der Linienpositionen im Spektrum, also durch Bestimmung der jeweiligen Energie, auf das Element schließen, welches die Linien verursacht. Damit ist es also möglich, die Bestandteile der Quelle zu identifizieren und deren chemische Zu-

2 Absorption: Dem dargestellten Atom wird ein kontinuierliches Spektrum (links)
angeboten. Da die Elektronen im Bohr`schen Atommodell den Kern nur auf bestimmten Bahnen, durch den jeweiligen Bahnabstand r klassifiziert, umkreisen können, können sie auch nur eine bestimmte Energiemenge aufnehmen. Diese Energiemenge ist gleich der Energiedifferenz der Bahnen, zwischen denen das Elektron wechselt. Je Bahn ist die Anzahl der Elektronen auch begrenzt. Beim Zurückspringen auf eine energieärmere (tiefere) Bahn gibt das jeweilige Elektron zwar die Energie wieder ab, aber diese Energie wird in alle Raumwinkel gleich emittiert (von vielen solchen Abregungsprozessen). Daher kommt nicht die gesamte Intensität beim Beobachter (rechts) an und es verbleiben dunklere Stellen an den entsprechenden Orten (Frequenzen) des Spektrums, die von den Elektronen aufgenommen werden können. Man spricht dann von einem Absorptionsspektrum.
3 Dopplerverschiebung: Die mittlere Linie (schwarz) befindet sich bei der sogenannten
Ruhewellenlänge, also der Position, an der die Linie steht, wenn Beobachter und Quelle keine Relativgeschwindigkeit in der Sichtlinie besitzen. Entfernt sich die Quelle, wird die Linie zu größeren Wellenlängen, also Richtung Rot verschoben (rot). Bei Annäherung wird sie blauverschoben (blau).

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Spektroskopie

4 Dopplerverbreiterung: Bei zunehmender Temperatur wird
die Linie immer breiter. Dies ist hier durch die Kurvenschar dargestellt. Bei rotierender Quelle wird die Linie breiter, je höher die Rotationsgeschwindigkeit ist.

5 Dopplerlinie aus vielen natürlichen Linien: Die Summe aller
schwarzen Profile bildet die Einhüllende. Diese Einhüllende wird als Dopplerprofil bezeichnet, ihre Breite kann als Maß für die im Gas herrschende Temperatur dienen.

sammensetzung zu bestimmen. Über diese Elementanalyse hinaus gibt es noch einige weitere Parameter, welche man aus dem Spektrum gewinnen kann. Dies soll im Folgenden sehr kurz beleuchtet werden.
Aus dem Spektrum ableitbare Größen Der akustische Dopplereffekt ist landläufig bekannt: Ein sich näherndes Fahrzeug tönt höher als ein sich entfernendes. Die Schallwellen werden bei Annäherung komprimiert, die Frequenz also erhöht, und bei Entfernen gestreckt, die Frequenz also reduziert. Obwohl sich elektromagnetische Wellen grundsätzlich von Schallwellen unterscheiden, gibt es auch hier denselben Effekt: den optischen Dopplereffekt.
Bemerkung: Schallwellen sind Dichteschwankungen im Medium wie z. B. der Luft um uns herum. Sie werden zu der Gruppe sogenannter longitudinaler Wellen gezählt, da die Dichteschwankung parallel zur Ausbreitungsrichtung liegt. Licht hingegen benötigt kein Medium, um sich auszubreiten. Die Ausbreitungsrichtung, elektrischer und magnetischer Feldvektor stehen senkrecht zueinander. Daher werden diese Wellen zu den transversalen Wellen gezählt, schwingende Größe senkrecht zur Ausbreitungsrichtung.
Bewegt sich eine Lichtquelle auf uns zu, so werden die Linien im Spektrum zu höheren Frequenzen, also in Richtung des blauen Endes verschoben. Entfernt sich

die Quelle, so wird es zum roten Ende verschoben (Abb. 3). Durch Vergleich mit einer ruhenden Referenzquelle kann also auf die Geschwindigkeit der Lichtquelle auf der Sichtlinie geschlossen werden. Dies erlaubt beispielsweise die Bestimmung von Massen in Doppelsternsystemen. Auf diesen Punkt wird später noch eingegangen, da er von essentieller Wichtigkeit für die Sternphysik ist.
Der Dopplereffekt bewirkt, auch bei ruhenden Quellen, eine Verbreiterung der Linie. Die Atome bewegen sich mit einer mittleren Geschwindigkeit, bestimmt durch die Temperatur des Gases. Da dies ein statistischer Prozess ist, und die Geschwindigkeiten im Dreidimensionalen gleichverteilt sind, kommt es zu einer Verbreiterung der Linie. Damit kann man also auf die Temperatur des Gases schließen. Allerdings wird die Linienbreite auch durch den Druck im Gas beeinflusst. Dieser Effekt ist zugleich komplizierter, da das Wechselwirkungspotenzial zwischen den Atomen eine wesentliche Rolle spielt und bei Überlagerung beider Effekte nur schwer zu trennen ist. Für dünne Gase jedoch ist die Temperatur gut zu bestimmen (Abb. 4).
Bei der Spektroskopie von Sternen, oder allgemeiner, rotierenden Quellen mit Rotationsachsen quer zur Sichtlinie, führt eben diese Rotation ebenfalls zu einer Verbreiterung der Linie durch den Dopplereffekt, da sich eine Sternhälfte auf uns zu und die andere Hälfte von uns weg bewegt. Da jedoch im Teleskop der Stern nur

als unaufgelöste Punktquelle erscheint, ergibt sich in diesem integralen Licht eine Verbreiterung der Linien.
Nun gibt es auch Linien, welche auf die Präsenz eines Magnetfeldes ansprechen. Diese Linien spalten dann in mehrere Komponenten auf. Bei schwachen Magnetfeldern erkennt man nur eine Verbreiterung der entsprechenden Linie und kann sie durch Vergleich mit magnetisch nicht-sensitiven Linien von anderen Verbreiterungsmechanismen (Temperatur- (bzw. Dopplerverbreiterung) und Druckverbreiterung) unterscheiden. Diese Aufspaltung ist proportional zur Wellenlänge im Quadrat und daher gut im Infrarot zu detektieren. Es ist jedoch erforderlich, das Spektrum polarisationsabhängig zu messen, worauf hier nicht weiter eingegangen werden soll.
Evtl. stellt sich der Leser die Frage, wie breit eine Linie ist, wenn keine Linien verbreiternden Effekte präsent sind. Eine Antwort möchte der Autor nicht schuldig bleiben. Dann hat die Linie eine Breite, die als natürliche Linienbreite bezeichnet wird. Sie ergibt sich aus der sogenannten Heisenberg`schen Unschärferelation zwischen Energie des Zustandes und seiner Lebenszeit. Je langlebiger ein Zustand ist, also je länger ein Teilchen im angeregten Zustand verweilt, desto geringer ist die Unschärfe in der Energie, desto schmaler erscheint die Linie. In den meisten Fällen jedoch verhindern die physikalischen Prozesse oder die technischen Einflüsse der Messgeräte eine Messung dieser Breite.

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Bemerkung: Die Heisenberg`sche Unschärferelation gilt für sogenannte Observablen im quantenmechanischen Sinne, also Messgrößen. Oder etwas verständlicher: Manipulierbare physikalische Größen. Da man die Zeit in einem Experiment nicht manipulieren kann (sie läuft kontinuierlich ab), ist die Energie-Zeit-Unschärfe zunächst nicht ohne Weiteres plausibel. Der interessierte Leser sei auf einschlägige Literatur verwiesen.
Bei der Dopplerverbreiterung kann man sich das so vorstellen: Die Geschwindigkeiten der Atome auf dem Sehstrahl sind gleichverteilt und alle ,,absorbieren und re-emittieren mit der natürlichen Linienbreite" (vgl. Abb. 5). Das entstehende Linienprofil ist also eine Überlagerung vieler gleichverteilter natürlich breiter Linien! Diese Linien (schwarz in Abb. 5) haben eine andere Form als die Dopplerlinien, man nennt sie Lorenzprofil. Liegt nun ein dichtes Gas vor, in dem es also viele Stöße zwischen den Teilchen gibt, so wird hierdurch die Lebenszeit im angeregten Zustand verringert. Nach Heisenberg muss dann die Unschärfe in der Energie zunehmen, was sich durch eine breitere Linie bemerkbar macht. Daher kann man darauf schließen, dass bei lorenzförmigen Linien das System durch Stöße dominiert wird. In der Sternphysik liegen beide Effekte oft in ähnlicher Stärke vor und führen daher zu einer Überlagerung der beiden Profile. Das resultierende Profil nennt man Voigtprofil.
Doppelsterne Doppelsternsysteme (genauer: Bedeckungsveränderliche) leisten einen wichtigen Beitrag zur Forschung in der stellaren Astrophysik. Dies liegt daran, dass man durch Kombination fotometrischer und spektroskopischer Messungen die Massen und die Bahn des Systems bestimmen kann. Zusammen bekommt man also Aussagen über die chemische Zusammensetzung, Massen und Bahn der Komponenten des Systems.
Durch die gegenseitige Umkreisung der Komponenten kommen die Komponenten abwechselnd auf uns zu bzw. entfernen sich von uns. Dies führt zu periodischen Dopplerverschiebungen der Spektrallinien. Während die eine Komponente auf uns zu kommt und daher deren Linien

6 Linienvariationen: Oben: sinusförmige Radialgeschwindigkeitskurve für beide
Komponenten (schwarz und blau). Die Bahn ist kreisförmig und liegt mit der Sehlinie in einer Ebene. Beide Komponenten haben gleiche Massen. Unten: Wie oben, jedoch Komponenten unterschiedlicher Massen.

zum Blauen verschoben werden, entfernt sich die andere Komponente und deren Linien werden zum Roten verschoben. Trägt man diese Verschiebungen gegen die Zeit auf, erhält man Kurven, welche die Radialgeschwindigkeiten, also die Geschwindigkeiten der Komponenten auf der Sichtlinie, mit der Zeit darstellen. Eine solche Kurve ist in der Abbildung 6 dargestellt. Es ist nötig, hier noch etwas exakter zu werden. Die Bahnebene, in welcher sich die beiden Komponenten umlaufen, kann noch gegen die Sichtlinie geneigt sein. Man bezeichnet diesen Neigungswinkel als Inklination und gibt ihm den Buchstaben i. Dabei bedeutet ein i = 90 Grad , dass die Bahnebene die Sichtlinie enthält und i = 0 Grad , dass die Bahn senkrecht zur Sichtlinie steht. Für den Fall, dass i = 0 Grad ist, kann man keine Radialgeschwindigkeit messen, da es keine resultierende Amplitude auf der Sichtlinie gibt. Die Bahngeometrie ist also ausschlaggebend für die realen Geschwindigkeiten. Man erhält die Inkli-

nation nicht aus spektroskopischen, sondern aus fotometrischen Messungen von Bedeckungsveränderlichen. Die aus dem Spektrum direkt ableitbare Größe ist daher nicht die Geschwindigkeit, sondern die Geschwindigkeit multipliziert mit dem Sinus des Inklinationswinkels. Ohne Kenntnis der Bahnneigung kann man aber zumindest das Massenverhältnis der Komponenten bestimmen. Es ergibt sich aus der Geschwindigkeitsamplitude der einen Komponente dividiert durch diejenige der anderen. In der Abbildung 6 oben ist also eine sehr vereinfachte Kurve gezeigt: Ohne jegliche Deformationen durch Bahngeometrie und nur für Komponenten gleicher Massen.
In der Theorie des Sternaufbaus und der Sternentwicklung besagt das VogtRussell-Theorem: Die Struktur und die Entwicklung sind durch die Masse und chemische Zusammensetzung eindeutig bestimmt. Dies ist erfüllt, solange Magnetfelder und Rotation vernachlässigbar

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Spektroskopie

sind. Mit Doppelsystemen lassen sich also Sternaufbausimulationen mit den Beobachtungswerten vergleichen. Da der Sternaufbau keinesfalls im Detail verstanden ist und daher auch die Entwicklung nicht und zugleich ein solches Modell selbst im Home-PC gerechnet werden kann, ist es ein interessantes Gebiet, welchem man sich beobachterisch, aber auch theoretisch widmen kann, selbst als Amateur.

Schlussbemerkung Dieser Artikel dient als eine einfache Übersicht der Prinzipien der Spektroskopie auf einem sehr einfachen Level. Die einzelnen angesprochenen Punkte können natürlich beliebig tiefgehend und exakter formuliert und betrachtet werden. Es zeigt sich aber, dass viele Fragen oft auf diese Grundlagen letztlich wieder hinauslaufen und es daher wichtig ist, sich die ,,einfachen" Grundlagen immer

wieder ins Gedächtnis zu rufen. Es ist auch vorstellbar, dass dieser kleine Abriss bei dem einen oder anderen Leser das Interesse geweckt hat, sich näher mit der Spektroskopie zu beschäftigen, denn sie ist natürlich kein Hexenwerk, sondern eine wissenschaftliche Messmethode. In diesem Fall hätte der Artikel seinen Zweck erfüllt.

Die Auswertung spektroskopischer CCD-Aufnahmen (Prinzipien der Datenreduktion)
von Lothar Schanne

- Teil 2 -
Im ersten Teil (Heft 50) wurden die Komponenten in einer Spektrum-CCD-Aufnahme vorgestellt. Neben dem Spektrumstreifen, der eigentlichen Messgröße, gibt es Artefakte, die vor der Extraktion des Spektrums möglichst quantitativ eliminiert werden sollen. Behandelt wurden bisher Bias, Dunkelstrom, Ausleserauschen und Cosmics. Diese Liste ist aber noch nicht vollständig, die fehlenden Komponenten werden nachfolgend diskutiert.
Streulicht Eine unangenehme Störkomponente ist Streulicht. Zum einen wird das Stern-

licht des Objekts an den optischen Flächen des Spektrografen etwas gestreut. Dieses Streulicht ist aber normalerweise so schwach und so gleichmäßig auf dem CCD verteilt, dass es in der Praxis nur wenig Bedeutung hat. Es wird zweckmäßigerweise durch eine Licht absorbierende Innenfläche des Spektrografengehäuses und der mechanischen Komponenten gedämpft (z. B. matter Schwarzlack oder schwarzer Samt). Unberechenbarer sind Lichtlecks im Spektrografengehäuse und an den Verbindungen, wodurch diffuses Licht aus der Umgebung (auch Mondlicht) in den Spektrografen gelangen kann. Das kann zu weißen Schatten auf dem CCD führen. In diesem Fall müssen alle Leckmöglichkeiten mit schwarzem

Tape abgeklebt werden. Hilfreich ist auch ein passend genähter Sack aus lichtdichtem Stoff, der über den Spektrografen gestülpt wird (natürlich darf die Luftkühlung des CCD nicht behindert werden). Beispiele solcher Streulichteffekte sind in der Abbildung 1 erkennbar.
Schmutzef fekte Wie im Falle der Deep-Sky-Fotografie können Schmutzteilchen auf optischen Flächen zu Schatten auf der Spektrumaufnahme führen. Kritisch sind vor allem Staub und Fasern auf dem Deckglas der CCD-Kamera, die sich wenige Millimeter vor dem CCD-Chip befindet. Bei der Spektroskopie kommt noch eine Besonderheit vor: Staubteilchen im Spalt. Sie

1 Links diffuses Streulicht in einer Spektrumaufnahme eines Eigenbau-Echelle-Spektrografen (Schanne), rechts halbkreisförmige
Innenreflexion an einer röhrenförmigen Alu-Linsenfassung eines Eigenbau-Echelle-Spektrografen (Sablowski).

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vermindern den Lichtdurchsatz und führen zu grauen Streifen auf dem CCD in Richtung der Dispersion (vgl. Abb. 2). Diese Vignettierungen durch Schmutz werden sichtbar in Flataufnahmen, die deshalb unverzichtbarer Bestandteil des nächtlichen Aufnahmeprogramms sind. Geschickterweise positioniert man das Objektbild so auf dem Spalt, dass der Spektrumstreifen keine schmutzbedingten Vignettierungen kreuzt.
Himmelshintergrund In Europa, insbesondere in oder nahe den Großstädten, sind wir mit viel Fremdlicht und damit aufgehelltem Himmel konfrontiert. Die Helligkeit eines dunklen Himmels (in Namibia) entspricht etwa 18 mag/arcsec2. Bei uns sind eher 16 mag/ arcsec2 die Regel.
Dieses Streulicht gelangt ebenfalls auf unseren CCD und bildet einen diffusen Hintergrund. Gasentladungslampen in der Nachbarschaft, insbesondere die gelben Natriumdampflampen, können auch Emissionslinien in unserer Spektrumaufnahme hinterlassen. Glücklicherweise lässt sich der Himmelshintergrund relativ einfach aus den Spektrumaufnahmen eliminieren, in dem parallel zu dem Spektrumstreifen während der Datenreduktion die Intensität des Himmelshintergrunds ausgemessen und in Abzug gebracht wird. Dieser Umstand führt dazu, dass Spektroskopie auch mitten in einer Großstadt ausgeübt werden kann.
Arbeitsprogramm für die nächtlichen spektroskopischen Messungen Damit bei der späteren Datenreduktion keine wichtigen Informationen (Dateien) fehlen, muss man sich vor der Beobachtungsnacht darüber Gedanken machen. In vielen Fällen kann man sich einen Teil der Begleitaufnahmen sparen (z. B., wenn man über eine Bibliothek skalierbarer Dunkelfeldaufnahmen und ein rezentes Masterflat verfügt). Nachfolgend ist das typische Vorgehen skizziert:
Bias: Es wird mit der thermisch equilibrierten CCD-Kamera am Spektrografen ein Bias aufgenommen. Also eine Kurzzeitbelichtung < 1 s ohne Lichteinfall (Der Kameraverschluss wird nicht geöffnet. Um sicher zu gehen, dass kein Licht durch das Teleskop eindringt, kann man zusätzlich auch die Öffnung des Tele-

2 Schmutzteilchen (runde Schatten) im optischen Weg und Staub im Spalt
(graue horizontale Streifen) werden sichtbar in einer Flataufnahme.
3 Vorrichtung zur Aufnahme eines ,,T-Shirt"-Flats.

4 Vorrichtung zur Aufnahme eines ,,Dome"-Flats.


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Spektroskopie

5 Kalibrierspektrumaufnahme einer ThAr-Hohlkathodenlampe.

skops abdecken). Mit diesem Bias wird später das Kalibrierspektrum vom Bias befreit. Wenn das Bias keine Muster zeigt oder eine ungewöhnliche Statistik ist man auch sicher, dass die CCD-Kamera in Ordnung ist.
Darks: Bei der eingestellten Betriebstemperatur des CCD-Chips werden möglichst viele Darks (Dunkelbildaufnahmen) aufgenommen. Sie werden später gemittelt (unter Ausschluss von Aufnahmen mit Cosmics bzw. unter Eliminierung der Cosmics durch die Software). Die Darks können auch nach den Objektbeobachtungen aufgenommen werden. Das hat den Vorteil, dass man die Belichtungszeiten der Objektaufnahmen kennt.
Flats: Die Aufnahme guter Flats durch das Teleskop und den Spektrografen ist ein schwieriges Unterfangen. Nach meinen Erfahrungen müssen Flats perfekt sein oder man sollte es lassen. Schlechte Flats beeinträchtigen das Ergebnis (im Vergleich zu Auswertungen ohne Berücksichtigung der Flats).
,,T-Shirt-Flats" werden folgendermaßen gewonnen: Man überzieht die Öffnung des Teleskops mit einem weißen Tuch (faltenfrei!!) und beleuchtet diesen ,,Diffusor" mit einer starken (150W-)Halogenlampe (Abb. 3). Leuchtstoffröhren, Sparlampen und Gasentladungslampen sind nicht geeignet, weil sie kein kontinuierliches und flaches Spektrum abgeben. Man belichtet mehrere Minuten bis nahe an die Sättigung der Pixel (ca. 80 %). Aber Vorsicht: Es dürfen keine Pixel wirklich gesättigt sein! Alle Pixel müssen im linearen Bereich ihrer Empfindlichkeit sein. Man sollte möglichst viele dieser Flats aufnehmen und sie später mitteln (damit mit den Flats kein relevantes Rauschen in das Ergebnis eingeschleust wird). Die Flats zeigen im allgemeinen Helligkeitsgradienten sowie Schmutzeffekte (Staub). Die Flats müssen genauso wie die Objektaufnahmen vom

Bias und Dunkelstrom befreit werden. Deshalb müssen ausreichend Dunkelaufnahmen (Darks) mit der Belichtungszeit der Flats gemacht werden, um später die Flats korrigieren zu können (Herstellung eines Masterflats).
Anstelle des ,,T-Shirts" kann auch ein weißer Karton ausreichender Größe vor dem Teleskop angebracht und angestrahlt sein (,,Dome-Flat", Abb. 4). Die besten Erfahrungen habe ich mit einer Leuchtfolie der Firma Gerd Neumann gemacht, die in einem passenden Holzrahmen direkt auf die Teleskopöffnung aufgesetzt wird. Sie hat eine gleichmäßige Flächenleuchtdichte und die Sternwarte wird nicht mit Licht geflutet. Die FlatAufnahmebedingungen sind damit sehr gut reproduzierbar.
Mehr zu den Problemen mit Flats ist in [1] zu lesen.
Objektaufnahmen Die Objektaufnahmen sind meist unkritisch. Man ermittelt nach Fokussierung und Halten des Objekts auf einer geeigneten Stelle des Spalts durch Autoguiding über eine oder mehrere Probebelichtungen die optimale Belichtungszeit und zieht eine Aufnahmeserie durch. Wichtig ist, dass kein Pixel innerhalb des Spektrumstreifens überbelichtet wird. Man muss sich im linearen Responsebereich der Pixel halten (max. etwa 70 oder 80 % der Kapazität, Kontrolle nach der ersten Belichtung).
Kalibrieraufnahmen Bei Spaltspektrografen ist die Aufnahme von Kalibrierspektren sinnvoll. Dazu wird das Objektlicht blockiert und statt dessen möglichst über den gleichen optischen Weg das Licht einer Kalibrierlampe eingeblendet. Das sind Gasentladungslampen, die ein Spektrum diskreter schmalbandiger Emissionslinien zeigen (Neon-Glimmlampe, bei hochauflösenden Spektrografen ThAr-Hohlkathoden-

lampen, vgl. Abb. 5). Die Kalibrierspektrumaufnahmen sind sehr gut geeignet, die Abbildungsgüte des Spektrografen zu beurteilen und bei Bedarf zu korrigieren. Man misst die FWHM der Spaltabbildungen (Linien) und minimiert sie durch entsprechende optische Einstellungen am Kollimator und/oder CCD-Objektiv. Ihr Hauptzweck ist aber die Zuordnung einer Wellenlängenskala zu den Pixelspalten. Insgesamt bewährt sich die folgende Vorgehensweise: 1. Aufnahme eines Bias und eines Flats.
Ziel: Funktionstest der CCD-Kamera und Suchen der Pixelzeilen ohne Staubeffekte (zur Positionierung des Spektrumstreifens). Dann kann man sich meistens die Flats sparen. 2. Möglichst gute Fokussierung des Objektsternbilds auf dem Spalt (mit der Spaltbeobachtungskamera kontrolliert). 3. Aufnahme eines Kalibrierspektrums (z. B. Neon) im gewünschten Wellenlängenbereich und Vermessung der FWHM der Neonlinien (Breite des Spaltbildes). Dann Justierung von Kollimator und Kamera so, dass die FWHM minimal wird = optimale Fokussierung des Spektrografen. 4. Beginn der Aufnahmeserie (Objektaufnahmen, vorher und nachher ein Kalibrierspektrum). 5. Am Ende der Beobachtungsnacht Darkserien mit den Belichtungszeiten der Objektaufnahmen bzw. Flats. Wenn Flats gemacht werden, dann bei jedem Wechsel der Gitterstellung (Änderung des Wellenlängenbereiches).
Vorsicht: Falls man keine ,,Fullframes" aufnimmt sondern Bild-Ausschnitte, müssen die Ausschnitte aller verwendeten Aufnahmen (Objektaufnahmen, Kalibrierspektren, Flats, Darks, ...) übereinstimmen! Da heute Speicherplatz kein Problem mehr ist, sollte man generell Fullframes aufnehmen.
In Teil 3 der Artikelserie wird die Vorgehensweise bei der Datenreduktion vorgestellt und ihre Begründung diskutiert.
Literaturhinweis: [1] L. Schanne, 2014: www.
astrospectroscopy.eu/Einsteiger/ Flats/flats.htm, Stand Februar 2014.

Spektroskopie

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Nova Delphini 2013
- Ein Glücksfall spektroskopisch dokumentiert
von Thomas Hunger, Jan-David Förster, Ulrich Waldschläger, Torsten Hansen, Roland Bähr und Berthold Stober

Am 14. August 2013 entdeckte der japanische Astronom Koichi Itagaki einen ,,Neuen Stern", lat. nova stella, im Sternbild Delfin bei einer Helligkeit von 6,8 mag (Nova Del 2013 = PNVJ20233073+2046041 = V339 Del). Ihr Maximum erreichte sie am 16. August 2013 bei einer Helligkeit von 4,3 mag, um danach wieder schwächer zu werden. Die Helligkeit und die Position am Himmel zur besten ,,Sendezeit" während des Ausbruches erlaubte es erstmals Amateuren, umfangreiche spektroskopische Daten auf einem Niveau zu gewinnen, welches vor rund zehn Jahren nur Profis vorbehalten war. Eine koordinierte Datensammlung wurde durch die französischen Sternfreunde von ARAS initiiert. Diese Kampagne fand entsprechende begleitende Unterstützung durch die Fachastronomie, namentlich Steve N. Shore, Universität Pisa. Die entstandene Dokumentation ist sehens- und lesenswert [1]. Auch in der Fachgruppe Spektroskopie der VdS wurde die Nova intensiv beobachtet, dokumentiert und gemeinschaftlich im Internet-Forum diskutiert. In diesem Artikel berichten wir über unsere Beobachtungen dieser Nova.
Das Ereignis Novae entstehen in binären Systemen aus einem Weißen Zwerg und einem (Roten) Riesen [2-5]. Der Riese füllt dabei sein Roche-Volumen aus, was einen Materietransfer zum Weißen Zwerg auslöst. Um

1 Übersichtsspektren geringer Auflösung während des Helligkeitsmaximums (16.8.2013)
und des beginnenden Abstiegs. Die verwendete Normierung erlaubt die qualitative Betrachtung des Kontinuums, welches besonders im Blauen an Intensität verliert. (Meade 12-Zoll-SC, Baader-Blaze-Gitter, Auflösung R ~200, Belichtungszeit 200 x 0,9 s)

den Weißen Zwerg bildet sich eine Akkretionsscheibe, die langsam auf die Oberfläche des Weißen Zwerges hinabfällt.
Erhöht sich nun die Dichte des Materials auf der Oberfläche des Weißen Zwerges, so steigt auch die Temperatur dort kontinuierlich an, bis schließlich WasserstoffFusion auf der Oberfläche des Weißen Zwerges zündet. Dieser Vorgang führt

zu einer enormen Zunahme der Energiedichte, die die Reaktion selbst beschleunigt, die Temperatur weiter erhöht und schließlich über eine Druckerhöhung zu einer explosionsartigen Abstoßung der Hülle führt. Man kann hier also von einer gigantischen Wasserstoffbombe auf der Oberfläche des Weißen Zwerges sprechen. Treffend wird diese Phase auch als ,,Feuerball" bezeichnet. Die fort-

2 Details der P-Cygni-Profile in zwei ausgewählten Spektralbereichen um die Balmerlinien H und H kurz nach dem visuellen Maximum
am 17.8.2013. (8-Zoll-Newton, Littrow-Spektrograf, R ~ 2.000, 40 x 15 s)

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Spektroskopie

3 Spektrale Evolution im Roten. Die Linienstärke von H nimmt kontinuierlich zu. Später
kommen die Emissionen der ,,verbotenen Linien" des Sauerstoffs dazu ([O I]). (Meade LX200 10 Zoll, Czerny-Turner fasergekoppelt, Gitter 300 Linien/mm, R ~ 800, 20 min)
4 Spektren im Violetten während der Übergangsphase zu den Nebelspektren.
Die Emissionslinien werden immer stärker und zeigen Struktur. (Celestron C11, LHiRes III, Spalt 35 µm, R ~ 2.500, 7.000-13.000 s)
5 Hoch aufgelöste Spektren im blaugrünen Spektralbereich. Die Emission bei 4861 Å

schreitende Expansion der sich ablösenden Hülle zusammen mit dem noch aktiv brennenden Weißen Zwerg bestimmt den sichtbaren Verlauf der Nova. Am Ende der Nova und nach Verlöschen des Oberflächenbrennens bleibt ein Spektrum übrig, welches dem der Planetarischen Nebel ähnlich ist.
Die spektroskopische Evolution Die Abbildung 1 zeigt die spektroskopische Entwicklung der Nova während des Maximums und des ersten Abstiegs. In der Feuerball-Phase bis einschließlich des Maximums weist das Spektrum zwei Eigenschaften auf: ein starkes Kontinuum mit blauseitigem Strahlungsmaximum sowie sogenannte P-Cygni-Profile der dominierenden Spektrallinien. Als P-CygniProfile werden Emissionslinien mit einer blauseitig ,,vorgelagerten" Absorption bezeichnet. Der Namensgeber ist P Cyg, ein Stern mit starkem, aber konstantem Sternwind. Eine Nova unterscheidet sich hier deutlich, da es sich um eine ablösende Hülle handelt, die jedoch in diesem Stadium ähnliche spektroskopische Eigenschaften aufweist.
Die Absorptionskomponenten der P-Cygni-Profile entstehen bei Novae auf der Sichtlinie zwischen Betrachter und dem undurchsichtigen ,,Feuerball", dem die kontinuierliche Strahlung im Spektrum entstammt. Dieser innere Bereich ist von einer Hülle frei expandierenden Gases umgeben, welche sich in alle Raumrichtungen mit Geschwindigkeiten von mehreren Tausend Kilometern pro Sekunde ausdehnt und dabei langsam abkühlt. Die Hülle selbst weist dabei eine Dichte- und Temperaturschichtung auf, wobei Dichte und Temperatur nach außen hin abnehmen. Die P-Cygni-Profile entstehen dabei aus einer Überlagerung zweier Effekte [4, 6]. Die Emissionskomponenten der PCygni-Profile sind symmetrisch um die Ruhewellenlänge der emittierten Linien der entsprechenden Atome oder Ionen verteilt. Die Lichtemission entstammt den inneren heißen Bereichen der Hülle, die im Gegensatz zum opaken Kontinuumsstrahler jedoch durchsichtig sind. Da vom Beobachter aus gesehen alle emittierenden Bereiche der Hülle zum Spektrum beitragen, sehen wir solche, die sich mit unterschiedlichen Relativbewegungen auf uns zu- oder von uns wegbewegen. Im Spektrum übersetzen sich diese Radialge-

Spektroskopie

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schwindigkeiten über den Doppler-Effekt in Wellenlängenverschiebungen gegen die Ruhewellenlänge. Die Strahlung durchdringt auf dem Weg zum Beobachter nun weiter außenliegende Hüllenschichten, welche sich auf der direkten Sichtlinie befinden und auf den Betrachter zubewegen. Im Spektrum entstehen dadurch die blauverschobenen Absorptionslinien. Addiert man beide beschriebenen Effekte der Absorption und der Emission, entsteht die charakteristische P-Cygni-Linienform. Details der Profile bei H und H sind in der Abbildung 2 zu sehen. Sie zeigt P-Cygni-Profile kurz nach dem Maximum mit höherer spektraler Auflösung. Neben den Balmerlinien des Wasserstoffs sind Stickstoff (N I) sowie einfach ionisiertes Silizium (Si II) und Eisen (Fe II) nachweisbar. Die Form des Spektrums ändert sich bei einer Nova rasch, wie in der Abbildung 1 deutlich sichtbar ist. Nach dem Helligkeitsmaximum verschwinden die P-Cygni-Profile und reine Emissionslinien treten auf. Die Balmerlinien des Wasserstoffs und die Linien des einfach ionisierten Eisens (Fe II) sind in dieser Phase dominant. Das Kontinuum wird zunehmend schwächer.
Die Abbildung 3 zeigt die zeitliche Entwicklung im roten Spektralbereich. Die P-Cygni-Profile verschwinden wie schon oben diskutiert, asymmetrische Emissionslinien werden sichtbar und nehmen an Intensität zu. Besonders interessant ist das Erscheinen der ,,verbotenen" [O I]-

Linien des atomaren Sauerstoffs. Diese können nur beobachtet werden, wenn die Dichte des strahlenden Mediums ausreichend gering ist. Die angeregten Sauerstoffatome verlieren ihre Energie durch Photonenemission aus den ,,langlebigen" Zuständen und nicht schon vorher durch Stöße zwischen den Teilchen im Gas.
Die Abbildungen 4 und 5 zeigen höher aufgelöste Spektren, welche die zeitliche Entwicklung der Emissionslinien selbst besser darstellen. Die Linienformen zeigen viele Strukturen, deren Analyse Rückschlüsse auf die Struktur der expandierenden Hülle zulässt. Sie sind unter anderem dadurch zu erklären, dass sich im Spektrum die Linien aus den verschiedenen, räumlich getrennten Emissionsgebieten überlagern, die sich mit unterschiedlichen Radialgeschwindigkeiten ausdehnen (auch hier wieder der Doppler-Effekt). Noch komplexer wird die Betrachtung, wenn man bedenkt, dass wir hier nicht von einer homogen abgestoßenen Hülle ausgehen können. So entstehen die komplexen Emissionslinienstrukturen, deren Detailgehalt aber wohl nur Modellierungen der ProfiAstronomen aufschlüsseln können.
Fazit Die Nova Delphini 2013 war ein echter Glücksfall für die Spektroskopiker. Durch ihre enorme Helligkeit konnte das Ereignis auch mit höher auflösenden Spektrografen beobachtet werden, was die enor-

me Vielfalt des Phänomens deutlich gemacht hat. Zu Recht kann behauptet werden, dass diese Nova die in der Astronomiegeschichte bisher beste zeitliche ,,Abdeckung" mit Spektren aufweist - ein Werk der Amateure! Vielleicht stecken in den vielen Spektren noch unentdeckte Erkenntnisse. Es bleibt also spannend. Wir hatten jedenfalls Spaß beim Beobachten und anschließendem Eintauchen in die Welt der Novae.
Literaturhinweise und Weblinks: [1] www.astrosurf.com/aras/novae/

EasyFiber - Erfahrungsbericht zur
Fiber-Einkopplung in den Spektrografen
von Siegfried Hold

Der Wunsch, das Licht mittels einer Faser in den Spektrografen einzukoppeln, be-

stand schon länger. Ist doch das Hantieren mit einer Direktkoppelung von Teles-

kop und Spektrograf alles andere als ,,easy". Immerhin bringt es mein Czerny-Turner-

Spektrograf mit Halterung und Kamera auf etwa 15 kg. Und es waren zusätzliche

Gegengewichte erforderlich, um das System einigermaßen im Schwerpunkt zu halten.

In der Summe ergab dies eine ächzende

und stöhnende, schwer überladene Mon-

tierung. Diese Punkte und die Zugäng-

lichkeit für allgemeine Beobachtungen waren entscheidend für die Anschaffung

1 Mein ursprüngliches Setup be-

einer Fiber-Einkopplung, welche ich von

stehend aus Montierung, Schief-

Daniel Sablowski erworben habe.

spiegler und direkt angekoppeltem

Spektrografen


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Spektroskopie

2 Strahlengang der EasyFiber-Optik mit Focal Reducer [2]

3 Aufnahme mit der Guiderkamera. Zu sehen sind die
direkte Abbildung des Sterns im Teleskopfokus und das Bild des Sterns auf der Faser, beides doppelt wegen der Wirkung des eingebauten Strahlteilers. [3]

4 Das EasyFiber-Gehäuse von unten betrachtet. Zur Justage des Strahlteilers
wird der Deckel durch Lösen der 4 Schrauben entfernt. [4]
5 Die EasyFiber am Teleskop mit geöffnetem Deckel. In der Mitte ist

Beschreibung der EasyFiber EasyFiber [1] ist eine Faserkopplung, die das Sternlicht in ein räumlich vom Teleskop getrenntes Messgerät überführt. Die Kopplung wird teleskopseitig mit einem T2-Innengewinde ausgeliefert und erlaubt damit eine einfache Adaption an das Teleskop. Die Aufnahme der Leitkamera an die Kopplung wird mit einem T2- oder C-Mount-Gewinde ausgeliefert. Die Anpassung des Öffnungsverhältnisses des Teleskops an dasjenige der Fiber kann - wie in meinem Falle - mit einem optionalen Focal-Reducer erfolgen (vgl. rechte Seite unter ,,Einkopplung in den Czerny").
Funktionsweise Die Faserkopplung (Schemata s. Abb. 2 + 6) basiert auf einem Strahlteilersystem, welches auf der Guiderkamera ein Bild direkt vom Stern erzeugt und ein Bild von der Faser mit umliegenden Feld (vgl. Abb. 3). Dadurch lässt sich mit dem direkten Bild nachführen und die Positionierung des Sterns auf der Faserfläche ist jederzeit kontrollierbar.
In der Abbildung 3 ist eine Aufnahme der Leitkamera dargestellt. Das Star Image ist ein direktes Bild des Sterns, welches im Normalfall zur exakten Nachführung verwendet wird. Rechts neben diesem ist das Bild der Faser mit darauf positioniertem Stern gezeigt. Beide Bilder werden durch den in der EasyFiber verbauten Strahlteiler konstruktionsbedingt zweimal erzeugt.
Justage Die Einheit wird vor Auslieferung vom Hersteller justiert. Es kann jedoch sein, dass eine Nachjustage am Teleskop erforderlich wird (nach Transport). Es sind zwei optische Elemente zu justieren: Strahlteiler und Spiegel.
Zunächst bringt man die Kopplung so in den Teleskopfokus, dass das direkte Bild der Sterns scharf auf dem Chip der Leitkamera zu sehen ist. Sollte eine andere Kamera verwendet werden, ist Vorsicht gebo-

Spektroskopie

133

6 Schematischer Aufbau der
EasyFiber-Einheit
8 Innenansicht des
Spektrografen
ten, denn der Chip könnte an anderer Position der optischen Achse liegen. Hier ist sicher zu stellen, dass der Stern neben der Faser exakt im Teleskopfokus liegt. Ist der Stern unscharf, ist die Anschlusshülse zu verdrehen, bis das direkte Bild des Sterns und die Faser auf der Guiderkamera optimal abgebildet sind. Das Bild des Sterns sollte möglichst mittig liegen. Falls nötig ist der Gehäusedeckel (Abb. 4) zu lösen und der Strahlenteiler durch Drehen zu justieren. Vorsicht ist geboten, nur ein wenig darf gedreht werden, ansonsten verschwindet der Stern aus dem Blickfeld der Kamera. Dann wird der eingebaute Spiegel justiert, damit das Bild von der Faser mit Stern scharf abgebildet wird. Hierzu muss die SMA-Faser mit polierter Edelstahlferrule angeschlossen sein. Steht noch keine Kalibriereinrichtung zur Verfügung,

7 Optik zur Anpassung des Öffnungsverhältnisses des Teleskops [5]

ist es hilfreich, die Faser von hinten zu beleuchten (Abb. 13). Die Spiegelfokussierung wird nun an dem Konterring gelöst (vgl. Abb. 4) und der Spiegel fokussiert, bis das Bild scharf ist. Beide Bilder (direktes Sternbild und Faserbild) entstehen zweimal, was anfangs etwas verwirrend ist, weil man nicht genau weiß, welches man fokussieren soll. Aber auch hier gilt ,,Üben macht den Meister".

Einkopplung in den Czerny Das Lichtbündel verlässt die Faser mit f/4,5. Der Spektrograf hat jedoch ein Öffnungsverhältnis von f/6,4. Um das Gitter im Spektrografen optimal auszuleuchten, ist eine Anpassung der ,,f-Zahl" bzw. der effektiven Brennweite des Teleskops notwendig. Umgesetzt wurde dies mit einem Achromaten-Paar, welches von Daniel Sablowski anhand der Daten des Spek-

9 Konisch auseinanderlaufender Spektralstreifen. Die f-Anpassungseinheit ist nicht auf der optischen Achse des Spektrografen.

10 Emissionslinien der Kalibrierlampe mit Koma 11 Emissionslinien der Kalibrierlampe nach Beseitigung der Koma


134

Spektroskopie

12 EasyFiber-Einheit am Teleskop, in der Mitte die Kalibrier-
lichteinspeisung mit blauer Faser

13 Bild von der Guidingkamera, der dunkle Ring um den Faser-
kern ist die Edelstahlferrule, in der die Faser gefasst ist. Durch die Hinterleuchtung der Faser vom Spektrografen aus wird der Faserkern deutlich abgebildet.

trografen berechnet wurde (Abb. 7). Die Anpassung (Faktor 1,42) vergrößert das 50-µm-Lichtbündel am Faserausgang auf etwa 70 µm. Als problematisch ergab sich das Zusammenführen der Brennpunkte von f-Anpassung und Kollimator. An diesem Punkt begann es schwierig zu werden. Wie unten beschrieben, liegt der Brennpunkt des Kollimatorspiegels nicht am Spalt, sondern etwas außerhalb.
Justierung der f-Anpassung und Czerny-Turner-Spektrograf Die genauen Positionen von Faser und Achromaten-Paar sind vorgegeben und entsprechend einzuhalten. Das Zusammenführen der Brennpunkte von f-Anpassung und Kollimatorspiegel des Spektrografen erforderte einige Messungen, um Abbildungsfehler zu erkennen und um sie zuordnen zu können. Also, was passiert, wenn man an der Schraube X dreht.
Der Spektrograf ist symmetrisch aufgebaut, das heißt, beide Hohlspiegel haben den gleichen Abstand zum Gitter. Im Bezug zur direkten Einkopplung ergeben sich abweichende Abstände der optischen Elemente des Spektrografen. In diesem Fall war es notwendig, die Justierung von der Kamera beginnend durchzuführen. Üblich ist es, beginnend vom Spalt das System zu justieren. Für diese Einstellung gibt es einen Trick, der wie folgt funktioniert (Abb. 8). Man nimmt ein kleines Teleskop, einen Sucher zum Beispiel, stellt es mit einem Stern auf ,,unendlich" (ferner Punkt am Horizont), dreht das Gitter so weit, damit man in nullter Ordnung beobachtet. In nullter

Ordnung wirkt das Gitter wie ein Spiegel, deshalb ist diese Methode für beide Spiegel, also Kollimator- und Kameraspiegel anzuwenden. Durch Verschieben des Kamerahohlspiegels ist nun ein Punkt größter Schärfe rasch zu finden (z. B. die Anschlussdrähte des Chips scharf einstellen).
Nach dieser Prozedur geht es an die Feinjustierung der f-Anpassung. Dazu wird in erster Näherung die Einheit so weit verdreht, bis die Abbildung akzeptabel ist. Das muss aber nicht heißen, dass damit die Justage beendet ist. Sieht man genauer hin, gibt es noch 3 Abbildungsfehler zu korrigieren: 1. Der Streifen ist wesentlich breiter als
70 µm. Der Abstand vom Faserende zum Achromaten-Paar (Abb. 7) ist zu überprüfen und ggf. anzupassen. 2. Der Spektralstreifen läuft einseitig konisch auseinander (Abb. 9). Der Fokus ist extrafokal. Verschiebt man die f-Anpassung, in diesem Fall geschieht dies durch Drehen der Gewindehülse, lässt sich dieser Fehler rasch beseitigen. Was noch übrig bleibt, sind etwas ,,weichere" Enden des Streifens. Hierbei handelt es sich um einen Rest-Astigmatismus des Spektrografen. 3. Koma Bei der Koma handelt es sich um einen Abbildungsfehler, der kometenähnliche Effekte verursacht. Die Koma ist durch Verschieben des Kamerahohlspiegels des Spektrografen zu beseitigen (Abb. 10 und 11).

Der Spalt im Strahlengang Natürlich drängt sich die Frage auf, ob es nicht sinnvoll wäre, einen Spalt einzusetzen, um die Auflösung zu verbessern. Natürlich nur für hellere Objekte, denn es passiert nur ein Teil des Lichtes den Spalt. So einfach geht das aber nicht. Durch die Einengung des Strahlenbündels am Spalt entsteht Modenrauschen [6], ein unerwünschter Effekt. Aus diesem Grund scheidet der Spalt zur Erhöhung der Auflösung aus. Um die Auflösung zu verdoppeln, gibt es eine andere Methode, dazu weiter unten.
Um Modenrauschen weitgehend zu verhindern, ist es unumgänglich, die Faser sauber zu verlegen. Das heißt, keine engen Radien, nicht unter 500 mm. Ist Überlänge vorhanden, sollte man diese am besten auf einer Rolle aufwickeln. Ich habe dafür ein Kunststoffrohr mit 1/2 Zoll Durchmesser verwendet, wie man es in jedem Baumarkt bekommt. Das Rohr dient gleichzeitig als Schutz für die Faser. Mit dieser Methode konnte ich sehr gute Ergebnisse erzielen. Modenrauschen durch zu kleine Radien lässt sich auch durch Schütteln der Faser kaum beseitigen. Schütteln ist eine auch von den Profis angewandte Technik zur Modenrauschreduzierung. Auch eine schlechte Justierung der f-Anpassung (Abb. 9) zum Spektrografen verstärkt dieses Rauschen. Passen die beiden Strahlenkegel von Kollimatorspiegel und f-Anpassung nicht zusammen (Vignettierung), dann wirkt sich das ähnlich wie ein Spalt aus. Und das bewirkt, wie oben beschrieben, Modenrauschen. Also, die Faser sauber verlegen, das Sys-

Sternbedeckungen

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tem bestmöglich justieren und penibel auf etwaige Abbildungsfehler achten.
Die Kalibriereinheit Mit der Kalibriereinheit wird das Licht einer Kalibrierlampe (z. B. einer ThAr-Hohlkathodenlampe) und das Flatlicht mit einer 200 µm Faser eingekoppelt (Abb. 12). Dazu wird die bewegliche Hülse einfach bis zum eingestellten Anschlag eingeschoben. Die Faser zum Spektrografen wird nun anstelle des Sternlichts mit Licht aus der Kalibrierfaser beleuchtet. Wird die Spektrografen-Faser noch zusätzlich von hinten, also spektrografenseitig, beleuchtet, ist die exakte Position

ihres Bilds auf der Guider-Kamera zu bestimmen, was die richtige Positionierung eines Sterns fürs Guiden erheblich erleichtert (Abb. 13). Zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Artikels war die Box mit den Kalibrierlicht-Quellen noch im Planungsstadium. Dazu wird in einer späteren Ausgabe berichtet.
Fazit Der Umgang mit einer Fiber-Einkopplung erfordert schon etwas Fingerspitzengefühl. Was aber kein größeres Problem für einen Hobbyastronomen darstellen sollte, ist er doch ohnehin ständig mit kniffligen Problemen konfrontiert. Am

meisten überrascht hat mich die Effizienz des Systems. Ich war mir nicht so sicher, ob genügend Licht durch die Faser und die erforderliche f-Anpassung im Spektrografen ankommt. Aber da wurde ich eines Besseren belehrt!
Quellennachweise: [1] EasyFiber, Bedien- und Justage-
anleitung [2] Daniel Sablowski, priv. Komm. [3] Daniel Sablowski, priv. Komm. [4] Daniel Sablowski, priv. Komm. [5] Daniel Sablowski, priv. Komm. [6] http://spektroskopie.fg-vds.de/pdf/
Grundlagen_LWL.pdf

Die neue Watec-Kamera 910HX-RC
von Eberhard H. R. Bredner

Die Beobachtung von Sternbedeckungen hat eine Tradition jetzt von über 400 Jahren. Auch heute noch ist der Anblick einer z. B. totalen Sternbedeckung am dunklen Mondrand im Okular eines Fernrohres ästhetisch beeindruckend und von der Dynamik unübertroffen. Wo erlebt man das heute noch? Na ja, Sie erinnern sich jetzt sicher an Ihre letzte Sonnenfinsternisbeobachtung.
Hatte die Beobachtung am Mondrand früher auch einen wissenschaftlichen Wert, so gilt das heute nur noch eingeschränkt, die Raumsonden um den Mond haben uns so gute Daten übermittelt, dass wir nur selten dazu Erweiterungen liefern können.
Wenn wir bei Bedeckungsbeobachtungen heute wissenschaftsnahe Ergebnisse erreichen wollen, dann geht das nur mit höchst empfindlichen Videokameras. Noch 1996 konnte ich mit dem bloßen Auge mehr Sterne sehen, als meine Videokamera am gleichen Fernrohr. Dabei versteht es sich von selbst, dass nur Kameras im Bereich von 500 Euro (damals 1.000 DM) einem Amateurastronomen zur Verfügung standen.
Seitdem hat sich viel geändert und heute ,,sehen" die Kameras viel mehr Sterne als der Beobachter mit bloßem Auge. Die letzte Entwicklung dazu von der Firma Watec ist eine Kamera, die vornehmlich im Sicherheitsbereich ihre Anwendung

findet. Wir Astronomen sind da nur eine Randgruppe, aber natürlich höchst interessiert an möglichen Fortschritten.
Seit letztem Jahr gibt es die monochrome (= schwarzweiße) Kamera Watec 910HXRC, seit diesem Frühjahr ein nochmals

empfindlicheres Modell ab Baumuster 1000. Ich berichte hier von ersten Erfahrungen mit meinem Modell Nr. 1127.
Die 910HX (Abb. 1) wird in der Empfindlichkeit angegeben mit 0,000005 Lux oder 0,005 Millilux bei einer Belich-


Peter Riepe schrieb in seiner Einführung in das Schwerpunktthema Videoastronomie: ,,Sicherlich werden Videokameras auch in verschiedenen anderen Fachgruppen mit großem Erfolg eingesetzt. Aber dazu wurde leider kein Material eingereicht." Als Mitglied der Fachgruppe ,,Sternbedeckungen" kann ich den ersten Satz voll bestätigen - siehe den folgenden Beitrag. Den zweiten Satz möchte ich aus meiner Sicht erklären. Wenn Peter Riepe als Verantwortlicher ein Schwerpunktthema übernimmt, dann fühle ich mich nicht angesprochen. Wir von den Bedeckungsbeobachtern haben erstens in der Regel ganz andere Kameras als die Astrofotografen und zweitens sind unsere Kameras immer LIFE am Geschehen. Wir versuchen immer die Belichtungszeiten so kurz wie möglich zu halten, auch wenn das natürlich praktisch nie ,,pretty pictures" werden. Aber aus z. B. 3.000 Bildern mit einem Programm die besten herauszuholen, diese dann zu stacken, und so wirklich schöne Bilder zu gewinnen, ist so weit von unseren Verhältnissen entfernt, dass ich hoffentlich ausreichend erklärt habe, warum wir uns von dem Schwerpunktthema nicht angesprochen fühlten.
Antwort von Peter Riepe: Das Schwerpunktthema hatte nicht von vornherein die Ausrichtung auf ,,pretty pictures". Nachdem aber keine anderen Beiträge eingereicht wurden, blieb nur die Begrenzung auf den Bereich Astrofotografie übrig. Wenn ich also auch künftig weitere Schwerpunkte redaktionell übernehme, heißt das nicht für die anderen Fachgruppen ,,automatisch abschalten".
Eberhard H. R. Bredner, Redakteur Sternbedeckungen


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tungsdauer von 256 Halbbildern oder 5,16 Sekunden Dauer bei einer Öffnung von f/1,4. Die Bilder werden intern aufaddiert und dann ausgegeben. Nun hilft diese Angabe in unserem Falle praktisch nicht weiter. Wir versuchen immer, die Belichtung im Bereich eines Halbbildes zu realisieren, das wäre dann eine angestrebte, zeitliche Auflösung von 20 Millisekunden. Wenn es bei der angegebenen Empfindlichkeit auch bei Einstellung ,,Halbbild = 1/50 Sekunde" möglich ist, einen Stern von 11 mag noch mit einem 20-cm-Spiegel f/3,3 auswertbar abzubilden, wären wir mit der neuen Watec wirklich wieder einen Schritt weiter. Die noch laufende Erprobung soll diesen Wert bestätigen. Weil unsere Beobachtungen sehr oft Exkursionen mit dem Transport der Ausrüstung erfordern, sind viel größere Fernrohre wenig gebräuchlich.
Die Belichtungszeit der 910HX lässt sich auf 1/100.000 Sekunde verringern, das ist hilfreich bei der Justierung unter Tageslichtbedingungen. Sehr gewöhnungsbedürftig ist aber die OSD-Einstellung (On Screen Display) über ein kabelgebundenes Steuerkästchen auf dem angeschlossenen Bildschirm. Hier hilft nur Üben, Üben, Üben, denn unter Umständen verdeckt das Einstellmenü gerade den Ziel-Stern

1 Video-Kamera Watec 910HX-RC mit
Steuerkästchen; deutlich zu sehen ist der gefährdete Anschluss des Steckers zum Steuerkästchen.

2 Ansicht des Einstellmenüs.
Es verdeckt weitgehend die Abbildung der Kamera. Hier auf dem Wege zur Einstellung der Belichtungsdauer (EXPOSURE).

im entscheidenden Augenblick, bedient man die Tasten zu zögerlich (Abb. 2). Das könnte sich als Problem erweisen.
Ein wirklicher Schwachpunkt ist die ,,Steckeranbindung" des Kabels zum Steuerkästchen. Bei Vormodellen gab es solidere Stecker. Jeder Benutzer sollte eine zusätzliche Kabelbefestigung vorsehen, irgendwann ist der kleine Stecker überlastet. Außerdem ist das Kabel für einige Anwendungen (Newton-Teleskope) sehr kurz. Weiterhin sollten sich Neueinsteiger

von Anfang an verdeutlichen, dass der abbildende Chip der Kamera nur eine Größe von etwa 6,8 mm x 4,9 mm hat.
Dies ist ein erster Bericht, Interessenten richten spezielle Fragen bitte an den Autor. Auch die hier nicht vorgestellten weiteren Einstellmöglichkeiten sind sorgfältig abzuklären, haben sie doch teilweise unerwünschte Auswirkungen auf die Darstellung des astronomischen Life-Vorgangs Bedeckung.

Visuelle Beobachtung von drei hellen Novae im Frühjahr 2014
von Klaus Wenzel
Im Frühjahr 2014 waren gleich drei relativ helle klassische Novae am Morgenhimmel zu beobachten. Es handelte sich um die spektakuläre Nova Del 2013 (V339 Del) vom vergangenen Jahr, die immer noch heller als die 12. Größenklasse leuchtet, sowie die zwei Neuentdeckungen Nova Cep 2014 und Nova Cyg 2014.
1 Nova Del 2013 nach einer Remote-
Aufnahme (30 s, V-Filter) am Bradford Robotic Telescope (www. telescope.org) auf Teneriffa während der Plateauphase am 04.12.2013. Die Helligkeit der Nova zum Zeitpunkt der Aufnahme betrug etwa 11 mag.

Veränderliche

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2 Lichtkurve von Nova Del 2013 für den Zeitraum August 2013 bis Mai 2014 nach
visuellen Helligkeitsschätzungen des Autors. Deutlich ist die seit Mitte Oktober anhaltende Plateauphase erkennbar.

Nova Cepheus 2014 Nova Cep 2014 (V962 Cep) wurde am 08. März 2014 mit einer Helligkeit von 11,7 mag von den Japanern Koichi Nishiyama und Fujio Kabashima sowie fast zeitgleich am Hankasalmi-Observatorium in Finnland auf Überwachungsaufnahmen entdeckt. Das Maximum von V962 Cep (die offizielle Bezeichnung) wurde um den 14. März mit etwa 11 mag erreicht. Dann setzte zunächst ein relativ steiler kontinuierlicher Abstieg ein, der Anfang April nach einer kurzen Plateauphase deutlich flacher wurde. Am 21. April schätzte ich die Nova bei mäßigen Beobachtungsbedingungen noch auf 13,8

Die hier abgebildeten Lichtkurven beruhen auf visuellen Beobachtungen, welche in meiner Dachsternwarte in Großostheim-Wenigumstadt meist mit den beiden größeren Newtonteleskopen von 12,5 Zoll (317 mm/1.500 mm) und 16 Zoll (406 mm/1.829 mm) durchgeführt wurden.

Nova Delphini 2013 V339 Del, wie die offizielle Bezeichnung von Nova Del 2013 mittlerweile lautet, wurde am 14. August 2013 durch den bekannten japanischen Nova- und Supernovajäger Koichi Itagaki mit einer Helligkeit von 6,5 mag am YamagataObservatorium in Japan entdeckt und ereichte bereits zwei Tage später ihr Maximum mit einer Helligkeit von 4,3 mag. Dem Maximum folgte ein zügiger Helligkeitsrückgang, wie er für eine schnelle Nova (Typ NA) typisch ist. Außergewöhnlich war jedoch, dass V339 Del Mitte Oktober 2013 mit einer Helligkeit von 10,5 mag in eine Plateauphase eintrat, die Mitte Mai 2014 immer noch nicht beendet war. In diesen 7 Monaten fiel die visuelle Helligkeit nur extrem langsam um etwa 1 Größenklasse auf circa 11,7 mag ab. Die Nova ist also 8 Monate nach dem Ausbruch mit einer Helligkeit von >12 mag immer noch etwa 6 Größenklassen von ihrer Ruhehelligkeit entfernt und auch mit kleineren Teleskopen noch visuell gut erreichbar. Diese außergewöhnlich lange Plateauphase kann allerdings jederzeit zu Ende gehen und die visuellen Beobachtungsmöglichkeiten beenden. Grund genug, Nova Del 2013 weiter engmaschig zu überwachen, um dieses Ereignis nicht zu verpassen.

3 Skizze der Nova Cep 2014 kurz vor dem Maximum nach visuellen Beobachtungen
am 12,5-Zoll-Newton. Bei dem helleren Stern (~11,5 mag) westlich der Nova handelt es sich um GSC 04247-01131.
4 Lichtkurve von Nova Cep 2014 von Anfang März bis Mai 2014 nach visuellen

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mag. Aufgrund des schlechten Wetters gelang eine weitere Sichtung der Nova erst wieder am 10. Mai im 16-Zöller. Bei dieser Beobachtung notierte ich 14,7 mag.

Nova Cygni 2014 Nur drei Wochen nach der Entdeckung von Nova Cep 2014 fanden Koichi Nishiyama und Fujio Kabashima am 31. März 2014 eine weitere helle Nova von 10,9 mag, diesmal im Sternbild Schwan. Nova Cyg 2014 zeigte in den ersten vier Wochen nach dem Ausbruch ein ständiges Auf und Ab in der Lichtkurve. Ein erstes spitzes Maximum konnte um den 10. April mit etwa 9,5 mag beobachtet werden. Dieses Maximum konnte ich leider wegen schlechten Wetters nicht beobachten, es fehlt also in meiner Lichtkurve. Dann folgte ein Helligkeitseinbruch bis zum 14. April mit 11 mag, dem ein weiterer Anstieg mit 10,5 mag am 17. April folgte. Einem erneuten Einbruch am 21. April (10,9 mag) folgte ein Anstieg am 23./24. April auf 10,2 mag. Anfang Mai lag die Helligkeit im Bereich um 10 mag. Bei Redaktionsschluss war noch nicht klar, wohin die weitere Entwicklung dieser außergewöhnlichen Nova führen würde. Auch diese Nova, die beim Erscheinen dieses Heftes hoch am Himmel postiert sein wird, verspricht Spannung pur und sollte weiter so engmaschig wie möglich überwacht werden.

5 Skizze der Nova Cyg 2014 am 12,5-Zoll-Newton. Bei dem hellen Stern (9,9 mag)
südwestlich der Nova handelt es sich um HD 334135.
6 Die visuelle Lichtkurve von Nova Cyg 2014 in den ersten 4 Wochen nach der Entde-
ckung. Leider fehlt aufgrund schlechten Wetters das Maximum von etwa 9,5 mag um den 10. April.

Veränderlichenbeobachter-Tref fen 2014 in Hartha
von Dietmar Bannuscher

Dieses Jahr konnte ich zum ersten Male nach Hartha reisen, ein sehr schönes Erlebnis einer rundum gelungenen Tagung, um meine Endeinschätzung schon einmal vorwegzunehmen.
Pünktlich um 9:30 Uhr begrüßte Thomas Berthold als einer der Hausherren alle Anwesenden auf der schönen Bruno-H.-Bürgel-Sternwarte, gefolgt von Lienhard Pagel, der auch den ersten Vortrag bestritt.
Hierbei analysierte er die Arbeit der BAV, stufte diese als sehr gut und zukunftsfähig ein, auch vor dem Hintergrund der

zunehmenden automatischen Himmelsüberwachungen. Diese seien nicht Konkurrenz, sondern Chance für die BAV. Neben den klassischen Bereichen in der Beobachtung haben sich weitere Felder im Verein etabliert: Exoplaneten-Beobachtung und Datamining. Nach einer Zusammenfassung des Projektes BAVCalina-Remote-Teleskop warb Lienhard Pagel um weitere Beobachter, insgesamt wird das Teleskop zu wenig genutzt.
Joachim Hübscher sprach über die mögliche Gefährdung der systematischen Überwachung Veränderlicher in der BAV.

Mehr Anstrengungen im Bereich Mitgliederwerbung und Beobachterbegeisterung müssten unternommen werden, wenn die BAV auch weiterhin an ihren hohen Stand mit systematischen Beobachtungen von Veränderlichen anknüpfen wolle. Ideen wie stärkeres Werben in astronomischen Medien mit z. B. spannenden Sternen durch die Sektionsleiter/Ansprechpartner, Veränderungen bei der BAV-Website und womöglich über Facebook (und anderes mehr) könnten der BAV neue Beobachter zuführen, die es dann mit weiterer Anleitung für die systematischen Beobachtung zu gewinnen gilt.

Veränderliche

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Als einer der auszog, ,,um das Fürchten zu lernen", offenbarte sich Franz Agerer, welcher in bewundernswerter Weise sein bereits 2012 hergestelltes HMT (horizontal montiertes Teleskop ohne ,,blinden" Bereich am beobachtbaren Himmel) nun vollständig automatisiert präsentierte. Ein langer beschwerlicher Weg führte ihn von der Planung zur Verwirklichung. Unter anderem musste er sämtliche Einbauten nochmals wegen einer Fehlersuche ausbauen, um jede Komponente einzeln geprüft wieder zu installieren. Dazu zählen immerhin zwei Computer, eine 12und zusätzlich eine 24-Volt-Versorgung, Notstromversorgung, die Steuerbox, ein Regensensor und viele weitere Bauteile, die jetzt einwandfrei ,,remote" über einen beliebigen Internetanschluss bedienbar sind (dies wurde bereits am Freitagabend vorgeführt).
Ein weiteres Remote-Teleskop präsentierte Max-Johann Pagel. Unser jüngstes BAVMitglied betreibt ein ETX-80-Teleskop parallaktisch mit einer Canon-EOS-Kamera. Er kann mit Hilfe von zwei getrennt voneinander arbeitenden Laptops (eines davon steuert das Teleskop) aus der Wohnung heraus oder über das Internet sein Fernrohr ,,remote" bedienen und so Beobachtungen tätigen. Er tritt anscheinend in die Fußstapfen seines Großvaters Lienhard Pagel, der selbst auch ein ,,Remoter" ist.
Frank Walter stellte die Möglichkeit vor, mittels der Software ,,Binary Maker 3" Bedeckungssterne zu modellieren bzw. durch deren ermittelte und auch angenommene Werte reale Darstellungen des Sternpaares zu erzeugen. Während mit den (B-R)-Kurven Aussagen über Apsidendrehungen und Mehrkörpersysteme möglich sind, werden für Binary Maker 3 Annahmen über Radien- und Massenverhältnisse, Temperaturvorgaben (an der Oberfläche über den Spektraltyp) und weitere Annahmen (z. B. Sternflecke) benötigt. Dabei dient die eigene gemes-

1 Die Teilnehmer des Veränderlichenbeobachter-Treffens 2014

sene Gesamt-Lichtkurve als Maßstab. Durch Veränderung der Parameter wird die Binary-Maker-Lichtkurve so beeinflusst, dass sie sich der eigenen Lichtkurve angleicht (einige Beispiele wurden gezeigt). Damit sollte dann das Abbild des Bedeckungssystems der Wirklichkeit sehr nahe kommen. Die Anpassung dauert durchaus mehrere Stunden. Frank Walter bitte um Zusendung von Gesamtlichtkurven Bedeckungsveränderlicher, er würde dann gerne die Modellierung des betreffenden Systems übernehmen.
Passend zum Thema berichtet Stefanie Rätz über ihre Beobachtungen am Bedeckungsveränderlichen V536 Ori im Sternhaufen um 25 Ori, den sie im Rahmen ihrer Mitarbeit am YETI-Projekt (Young Exoplanet Transit Initiative) verfolgen konnte. In diesem Projekt werden junge Sternhaufen auf Vorkommen von Exoplaneten untersucht, um herauszufinden, in welchem Alter der Sterne die Planetenbildung abgeschlossen ist. Während der weltweiten Kampagne mit Zusammenarbeit mehrerer Teleskope auf allen Kontinenten, die schon mehrere Jahre andauert und die eine 24-Stunden-Beobachtung an 7 Tagen in der Woche anstrebt, konnte Stefanie Rätz die lange Periode von V536 Ori auf 6,317029 Tage verbessern.
Dass Mirasterne durchaus spannend sein können, zeigte Frank Vohla am Beispiel von U Orionis. Dessen Periode bezeichnet der GCVS mit 363,4 Tagen. Laut seinem (B-R) scheint sich diese Zeit nun auf 375,8 Tage erhöht zu haben, so dass der Stern aufgrund seiner Periode von fast 1 Jahr möglicherweise für die nächsten Jahre bzw. Jahrzehnte nicht mehr im Maximum beobachtbar wäre. In 2014 hatte U Ori allerdings das Maximum deutlich früher als berechnet (nämlich am 29. März), so dass die genannten Annahmen

vielleicht nicht zutreffen werden. Frank Vohla ruft zur Beobachtung des Maximums im Frühjahr 2015 auf.
Mit Michael Bernhard trägt nun bereits der dritte jüngere Redner in Hartha vor, er spricht über ein neues Gebiet beim Datamining: aktive Galaxienkerne und Quasare. Seine Vortragsweise ist kurzweilig und unterhaltsam. Zusammen mit seinem Vater Klaus Bernhard und Stefan Hümmerich (Letzterer konnte nicht anwesend sein) untersuchten sie RöntgenDatenbanken (MACHO) im Hinblick auf schwächere veränderliche Quellen. Während stärkere veränderliche Röntgenquellen eher meist Fleckensterne darstellen, finden sich unter den schwächeren veränderlichen Röntgenquellen Galaxienkerne, Seyfertgalaxien und Quasare als Gegenstücke. Nach der kurzen Erklärung, wie sich die genannten Objekte voneinander unterscheiden, berichtet dann Klaus Bernhard über Sinn und Zweck dieses Projektes: das Helligkeitsverhalten von Galaxienkernen, Quasaren und ähnlichen Gebilden ist bisher kaum dokumentiert. Bei einigen Objekten könnte man halbregelmäßiges Verhalten mutmaßen, weitere Beobachtungen werden es zeigen (s. a. Artikel zum Thema in den BAV Rundbriefen 1- und 2-2014).
Thilo Bauer widmete sich erneut der 3-Farben-Fotometrie mit seiner Neubzw. Weiterentwicklung ,,ArgusPro SE". Dieses Programm kann subpixelgenau viele kurzbelichtete Farbaufnahmen mit DSLR untereinander ausrichten und stapeln, so dass durch die Summe der aufeinander gestapelten kurz belichteten Bilder durchaus Sterne bis zur 21. Größe und darüber hinaus sichtbar sind. Die Bildqualität verbessert sich durch die hochgenaue Ausrichtung, eine Analyse von Sternfeldern oder ganzen Sternhau-

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VdS-Nachrichten

fen ist durch die verwendeten Optiken möglich, in allen drei Farben der DSLR. Eine ursprüngliche Amateurbeobachtung kann in Arbeiten von Profis münden. Dies zeichnete Rainer Gröbel im Vortrag über NSV 25977 nach. Bereits 1992 beobachtete er BD +59 Grad 2602, welcher Bedeckungslichtwechsel zeigte, aber im-

mer wieder asymmetrische Schultern mit Flickering in der Lichtkurve bot. Dieses fand über Uli Bastian den Weg zu den Profis, was dann letztendlich zur NSVNominierung führte. Mittlerweile ist klar, dass NSV 25977 ein SW-Sextantis-Stern ist, mit der etwas ungewöhnlichen Periode von etwa 5,5 Stunden.

Am Ende der Tagung entführte Wolfgang Grimm die Teilnehmer mit eindrucksvollen Bildern nach Namibia und erzählte kurzweilig interessante, bemerkenswerte und amüsante Anekdoten seiner Reise.

VdS-Vorstand aktuell
von Siegfried Bergthal

Vorstand tagt in Heppenheim Am 09. August 2014 traf sich der VdSVorstand zu seiner dritten Vorstandssitzung in diesem Jahr in Heppenheim. Otto Guthier begrüßte die angereisten Teilnehmer um 10.00 Uhr. Die Sitzung endete um 17.00 Uhr.
Mitgliederentwicklung Zum 31. Juli 2014 zählte die VdS e.V. 4083 Mitglieder. Im ersten Halbjahr sind 95 Sternfreunde in die VdS e.V. eingetreten. 7 Mitglieder sind aus der VdS e.V. ausgetreten bzw. an unbekannt verzogen. 13 Mitglieder sind durch Tod ausgeschieden.
Astronomietag 2015 Der nächste Astronomietag findet am 20./ 21. März 2015 statt (Tage der Astronomie) und steht unter dem Motto ,,Astronomische Schattenspiele", da am Freitag, 20. März 2015, eine Partielle Sonnenfinsternis über Deutschland zu sehen sein wird. Einen Rückblick zum Astronomietag 2014 finden Sie auf Seite 4 in diesem Heft.

jetzt schon mit dem VdS-Vorstand Kontakt aufnehmen: service@vds-astro.de
VdS e.V. vor Ort Ab dem Jahr 2015 sollen die Vorstandssitzungen, die deutschlandweit stattfinden, mit einem Besuch einer Mitgliedssternwarte verknüpft werden. Die VdS e.V. möchte zukünftig auch vermehrt an mehreren Astronomie-Veranstaltungen teilnehmen und nimmt Einladungen gerne entgegen: service@vds-astro.de
Mitgliederversammlung 2015 Im Oktober 2015 findet die nächste VdSMitgliederversammlung statt. Der Ort ist noch nicht festgelegt. Vorschläge nimmt der VdS-Vorstand gerne entgegen: service@vds-astro.de

Würzburger Frühjahrstagung 2015 - Ihr Beitrag ist erwünscht! Die von allen Seiten gelobte und gelungene Veranstaltung mit rund 100 Teilnehmern wird im kommenden Jahr am 7. März 2015 wieder am Friedrich-KönigGymnasium in Würzburg stattfinden. Sternfreunde, die die Veranstaltung mit einen Vortrag bereichern wollen, können

VdS-Fachgruppen Am 24. Mai fand das diesjährige Fachgruppentreffen statt. Otto Guthier hat dem VdS-Vorstand über das Fachgruppentreffen berichtet. Hervorgehoben wurde die gute Stimmung und der gute Besuch. Rund 2/3 aller Fachgruppen waren bei dem Treffen vertreten. Robert Zebahl übernimmt die Fachgruppe Deep


Sky. Der VdS-Vorstand wünscht Herrn Zebahl einen guten Start und viel Erfolg.
Die Schweizer Astronomische Gesellschaft sucht die verstärkte Zusammenarbeit mit der VdS e.V. vor allem im Bereich Dark Sky. Erste Gespräche zwischen Herrn Scheuter (SAG) und Herrn Dr. Hänel (Fachgruppe Dark Sky) haben schon stattgefunden.
Kooperation mit Astronomers without Borders Bis zur nächsten Vorstandssitzung wird eine Zusammenarbeit mit AWB von Seiten der VdS e.V. geprüft. Evtl. wird die VdS-Geschäftsstelle die Koordination der Aktivitäten übernehmen.
Vorstandarbeit: Schwerpunkte für 2015 Anfang 2015 wird es ein BrainstormingMeeting geben, in dem über die zukünftigen Schwerpunktthemen diskutiert werden soll. Die Mitgliedssternwarten werden ein weiteres Schwerpunktthema bleiben.
Resolution gegen Lichtverschmutzung An der Resolution gegen Lichtverschmutzung wird immer noch gearbeitet. Bis zur nächsten Vorstandssitzung soll das Schriftstück verfasst sein und verabschiedet werden.
Fragen oder Anregungen? Der VdS-Vorstand hat immer ein offenes Ohr. Schreiben Sie uns Ihre Fragen oder Anregungen: service@vds-astro.de

VdS-Nostalgie

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Wir begrüßen neue Mitglieder

Mitgl.-Nr. Name

Vorname

Straße

20401

Jäger

Ferdinand

Pärrnerweg 20

20402

Wörner

Ernst

Ludwig-Richter-Weg 6

20403

Pokall

Christian

Winnlohstraße 53

20404

ZebahlRobert

Industriestraße 22

20405

Osterhage

Karl-F.

Fehlingsweg 47

20408

Schmitt

Joachim

Düsseldorfer Str. 95

20409

Deutsch

Carsten

Groenwold 34

20412

Sternfreunde Cham

Ahornweg 3

20413

Kurkowiak

Arnd

Münchener Straße 154

20414

Bloeck

Denny

Neiße Straße 23

20415

Dr. Bauer

Jürgen

Sensburger Ring 57

20416

Bolick

Eckhardt

Dechant-Espenbeck-Weg 5

20417Tewes

Malte

Ulrich-Haberland-Str. 14

20418

Vier

Daniel

Friedrich-Ruin-Straße 47

20419

Weiss

Matthias

Lembecker Str. 70

20420

Sauerwald

Andres

Bernhard-Poether-Weg 20

20421

Dr. Schmidt

Uwe

In den Heuwiesen 9

20422

Gehnen

Jörg

Bergstraße 14

20423

Kittel

Martin

Hannensücken 14

20424

Michalides

Axel

Oderstraße 2

20425

Strothjohann

MichaelRheineckerstraße 2

20426

Pätzold

Oliver

Vilstalstraße 83

20427

Meyer

Hans-Joachim

Hundshaupten 45

20429

Steinen

Detlef

Gottfried-Keller-Str. 10

20430

Lüpke

Mark

Brauckweg 4

20432

Göbel

Uwe

Brantropstraße 52

20433

Manger

Simon

Bruehlstraße 14

20434

Lohmeyer

Henning

Elisenweg

20435

Behring

Michaela

Fritz-Brandt-Weg 5

20436

Wasserschaff

GuidoReichenstrinstr. 31

20437

Alexander

Norbert

Breslauer Straße 13

20438

Wagner

Christian

Adlgasser Str. 45

20439

Balg

Karl-Heinz

Assenheimer Str. 26

20440

Professor Engels Wim

Cobbenhagenstraat 9

20441

Grünewald

David

Zur Schönen Aussicht 5

20442

Braun

Josef

Gottfried-Keller-Weg 11

20443

Ziegs

Werner

Am Tannenkopf 8

20444

Astro-Team e. V.

Johann-Fleck-Straße 20

20445

Kuehmichel

Franz Josef

Schieferstraße 4

20446

KlotzbücherThomas

Birkenweg 5

20447

Seeger

Joachim

Auf dem Graben 5

20448

Otto

Bastian

Eichsfelder Str. 3

PLZ Ort 34537 Bad-Wildungen 97422 Schweinfurt 45663Recklinghausen 04229 Leipzig 57250 Netphen 51063 Köln 48301 Nottuln 93476 Blaibach 45145 Essen 47829 Krefeld 31141 Hildesheim 46325 Borken 53121 Bonn 48249 Dülmen 46359 Heiden 46238 Bottrop 53639 Königswinter 47443 Moers 22175 Hamburg 42477Radevormwald 53498 Bad Breisig 84186 Vilsheim 91349 Egloffstein 45473 Mülheim 45739 Oer-Erkenschwick 44795 Bochum 97450 Heugrumbach 72762Reutlingen 40593 Düsseldorf 69151 Heidelberg 76366 Weingarten 83334 Inzell 55128 Mainz NL-6271 BM Gulpen 55595 Wallhausen 33100 Paderborn 64732 Bad König 24106 Kiel 35767 Breitscheid 55278 Mommenheim 71111 Waldenbuch 37434 Gieboldehausen

ausgewählt und zusammengestellt von Peter Völker - Folge 23
Herzlichen Glückwunsch zu ,,90 Jahre Sternwarte der Olbers-Gesellschaft"! Die 1920 gegründete Olbers-Gesellschaft konnte im Jahr 1924 ihre Sternwarte einweihen. Aus Anlass des 40. Jubiläums schrieb Dr. Walter Stein im Oktoberheft 1964 der VdS-Nachrichten eine Chronologie, die hier als Faksimile wiedergegeben ist. Sein Artikel beschreibt auf drei weiteren Seiten die damaligen Ziele, Zwecke und Leistungen des Vereins. Diese sind hier aus Platzgründen weggelassen.
Interessant ist ein kleiner Aufruf auf der Rückseite des Heftes unter der Rubrik ,,Geschäftliche Mitteilungen" von Ansgar Korte aus Essen. Auf diese Anzeige meldeten sich zirka ein Dutzend Interessenten. Erst 1969 gaben sie sich den Namen ,,Astronomische Arbeitsgemeinschaft Essen e. V.". Bereits zwei Jahre später wurde der Verein auf Anregung von Heinz Kaminski aus Bochum in ,,Arbeitsgemeinschaft Walter-HohmannSternwarte e. V." umbenannt. Heute ist die ,,Walter-Hohmann-Sternwarte" als Ausrichter der AstronomieMesse ,,Astronomischer Tausch- und Trödel-Treff" (ATT) über die Landesgrenzen hinweg bekannt.

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VdS-Nostalgie


VdS-Nostalgie

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VdS vor Ort / Tagungsberichte

Das Deep-Sky-Treffen 2014
von Peter Riepe

1 Die Teilnehmer des
DST 2014

Vom 11. bis zum 13. April 2014 trafen sich 63 Sternfreunde zum diesjährigen ,,Deep-Sky-Treffen" (DST). Die Organisatoren konnten zu Recht stolz darauf sein, dass es bereits das zehnte DST im Haus Sonnenblick in Bebra/Hessen war. Das Tagungshotel verfügt nicht nur über gut ausgestattete Zimmer und Wellness-Einrichtungen, sondern auch über schöne Aufenthalts- und Vortragsräume sowie über eine vorzügliche Küche. Die Zielsetzung der beliebten Veranstaltung ist und bleibt die Beschäftigung mit den Objekten des ,,tiefen Himmels". Astrofotografische und visuelle Beobachtungsmethoden bilden den Rahmen, und so bot auch das diesjährige Programm interessante Vorträge mit weit gestreuten Themen zu praktischen Arbeiten, aber auch mit wissenswertem astronomischen Hintergrund zu Deep-Sky-Objekten.
Das DST wird als familiäre und freundschaftliche Astro-Zusammenkunft geschätzt. Umso schöner, dass diesmal etwa ein Viertel neue Besucher den Weg nach Bebra fanden. Wer es ermöglichen konnte, reiste fürs gesamte Wochenende an. Die meisten Besucher waren schon am Freitag zum gemeinsamen Abendessen und geselligen Beisammensein vor Ort. Neue Sternfreunde trafen auf erfahrene ,,alte Hasen", man tauschte Erfahrungen aus und diskutierte bei leckerem Essen. Viele DST-Teilnehmer kennen sich bereits seit Langem und freuen sich jedes Jahr aufs Neue über die gemeinsamen Gespräche. Ein Wort an die Freunde von Facebook und Twitter: Wer niemals am

DST teilgenommen hat, verpasst leider den direkten Kontakt zu gleichgesinnten Amateuren in ungezwungener, netter Atmosphäre. Die zurückgezogene Bildschirm-Astronomie kann, darf und wird nie ein vollwertiger Ersatz für persönliche Gespräche sein!
Gerald Willems eröffnete die Samstagsvorträge mit dem Thema ,,Erscheinungsformen von Galaxien". Zahlreiche eigene Aufnahmen dokumentierten, welche Galaxientypen von irregulären Zwergen bis hin zu strukturierten Riesengalaxien vorkommen. Der Referent informierte auch fachkundig über deren Verteilung im Universum.
Oliver Schneider berichtete über das ,,Sky Quality Meter" (SQM), das viele Sternfreunde zur Messung der Himmelshelligkeit an ihrem Standort verwenden. Er stellte seine Internetseite vor, auf der er
3
Gutes Essen - guten Appetit!

2 NGC 3344, Spiralgalaxie im Sternbild
Kleiner Löwe, Teleskop: 14-ZollNewton, Brennweite: 1600 mm, Atik 4000 M, LRGB 7 h, 50 min belichtet (Bildautor: Gerald Willems)

VdS vor Ort / Tagungsberichte

145

eine Eingabemöglichkeit geschaffen hat, um diese Werte anderen Sternfreunden zugänglich zu machen. ,,Cepheus A - ein Blick ins Infrarote lohnt sich", das bewies Manfred Mrotzek. Er zeigte anhand eigener Aufnahmen, dass in diesem Sternentstehungsgebiet mit einem IR-PassFilter kaum bekannte Strukturen sichtbar gemacht werden können. Erläuterungen auf Basis des aktuellen Forschungsstands rundeten das Thema ab. Peter Riepe nahm sich den ,,Sloan Digital Sky Survey" (SDSS) vor und zeigte im ersten Vortragsteil, welche Nutzungsmöglichkeiten dieser digitale Survey gegenüber dem konventionellen Deep Sky Survey bietet. Eine Besonderheit sind die speziellen Thuan-Gunn-Filterungen.
In der Mittagspause bestand beim gemeinsamen Essen wieder Gelegenheit zu ausführlichen Kontakten und Gesprächen.
Nach dem Mittagessen folgte der zweite Teil des SDSS-Vortrags von Peter Riepe: ,,Wie bestimmt man unbekannte Objekte, wie findet man anhand des SDSS die Sterngrenzgröße in eigenen Aufnahmen?" Danach stellte Dr. Harald Tomsik ein anspruchsvolles Thema vor: ,,Galaxien fotometrieren". Galaxienhelligkeiten sind bekanntlich tabelliert, man findet ihre scheinbaren visuellen Helligkeiten in Katalogen und astronomischen Datenbanken. Jedoch werden in der Arbeitsgruppe ,,Tief belichtete Galaxien" die

4 Pausengespräche auf der Terrasse
Galaxienhelligkeiten selbst gemessen. Erklärt wurde, welche konkreten Auswertungsschritte sich hinter dem Begriff ,,Flächenfotometrie" verbergen und wo die Schwierigkeiten stecken.

fotografisches Dualsystem" vor. An der Sternwarte Gahberg im Salzkammergut führt er seine Astrofotografie in einem effizienten Zeitmanagement durch: Ein Aufnahmeteleskop erledigt die Luminanzaufnahmen, das andere simultan die Farbaufnahmen. Die erzielten Bilder waren bemerkenswert.
Karsten Möller stellte das ,,Projekt Dragonfly" vor. Das aus Profi-Astronomen bestehende Dragonfly-Team sucht mittels einer aufwändigen Foto-Einrichtung (acht CCD-Kameras an acht lichtstarken
5 Markus Blauensteiner beim Vortrag


146

VdS vor Ort / Tagungsberichte

6 Gespräche an der Theke

Teleobjektiven) nach extrem lichtschwachen Galaxienbegleitern.
Nach dem gemeinsamen Abendessen referierten Dr. Stefan Binnewies und Rainer Sparenberg über ein ebenso informatives wie unterhaltsames Thema: ,,Immer wieder unterwegs - mobile Astrofotografie". In sehr schönen Bildern und Videos wurde gezeigt, welche Exkursionsorte von Sauerland und Eifel über die Schweizer Alpen bis zu den Kanarischen Inseln in
7 Dank an die Referenten


Frage kommen. Die Bild- und Filmergebnisse waren dann ein idealer Auftakt für das anschließende gemütliche Beisammensein. Bis spät nach Mitternacht wurde in kleinen Gruppen beim Bier gefachsimpelt, Notebooks aufgeklappt, Bilder gezeigt, Verfahren diskutiert. Es war wie immer extrem kurzweilig!
Am Sonntagmorgen wurden die Vorträge fortgesetzt. ,,NGC 2371/72 - Knallbonbon-PN in Bild und Zeichnung" war das Thema von Jens Leich. Der Planetarische Nebel in den Zwillingen gleicht auf Fotos einem eingewickelten Bonbon. Aufnah-
8 Die Organisatoren: Jens Bohle (l.)
und Peter Riepe (r.)

VdS vor Ort / Tagungsberichte

147

men mit einem 130-Millimeter-Refraktor und visuelle Beobachtungen am MellerNewton zeigten Nebeldetails sowie Zentralstern und brachten so zwei Disziplinen zusammen. Informationen aus der Astronomie erläuterten das kuriose Objekt. In einigen Zeichnungen, die aus ganz Europa stammen, wurde ergänzt, was Beobachter mit Teleskopen unterschiedlicher Öffnungen an Details im Planetarischen Nebel wahrnehmen. Anschließend berichtete Peter Riepe über ,,Entdeckungen durch die TBG-Gruppe". Mitglieder der Fachgruppe Astrofotografie konnten im Frühjahr 2013 in einer sehr tiefen Gemeinschaftsaufnahme einen bis dato unbekannten Sternstrom mit drei neuen

Zwerggalaxien um NGC 4631 nachweisen. In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Igor Karachentsev aus Russland entstand ein Fachartikel.
Oliver Schneider präsentierte ,,C11 Hyper Star - erste Ergebnisse". Das HyperStarSystem verkürzt die Brennweite eines Celestron 11 von 2800 auf 560 Millimeter. Was dieses System am Himmel leistet, wie es zu handhaben ist und wo Schwächen und Stärken liegen, wurde anhand eigener Aufnahmen verdeutlicht. Den Abschluss bildete Karsten Möller mit dem Thema ,,Galaktischer Staub - das NASA/IPAC Infrared Science Archive". Die Infrarotbilder dieses Archivs ermög-

lichen einen Abgleich mit interstellaren Staubwolken im Bildfeld eigener Aufnahmen.
Bei der Abschlussbesprechung konnten die Teilnehmer per Fragebogen ihre Wünsche und Anregungen notieren. Alle Redner erhielten ein kleines, süßes Präsent. Die DST-Organisatoren dankten für die Beteiligung, gaben einen Ausblick auf den nächsten DST-Termin (10. - 12. April 2015) und baten um die rechtzeitige Anmeldung von Referaten. Es müssen übrigens nicht immer tiefgehende Vorträge sein - auch Kurzbeiträge zur Praxis aus Beobachtung und Fotografie sind hoch willkommen!

Der Tag der Astronomie am 5. April 2014
Wie in den vergangenen Jahren, nahmen auch 2014 wieder viele astronomische Vereine und Sternwarten an dem von der Vereinigung der Sternfreunde (VdS) ausgerufenen Tag der Astronomie teil. Hier nun drei bebilderte Kurzberichte aus Langwedel, Osnabrück und Zwickau.

Astronomietag in Langwedel Obwohl der Himmel anfangs hochnebelartig bedeckt war, fanden trotzdem rund 30 Interessierte wieder den Weg auf unsere Sternwarte und wurden mit einem bunten Programm unterhalten. Zunächst boten wir ihnen einen nach dem Motto des Tages betitelten Vortrag über ,,Wüstenwelten". Pünktlich nach dem Vortrag bekam der Nebel Lücken und nach einem wunderbaren Sonnenuntergang konnten wir mit den Teleskopen der Sternwarte den Mond und den Jupiter mit seinen vier Galileischen Monden ausgiebig beobachten. Zwischendurch wurden den Besuchern auch die Sternbilder nach Art eines ,,Freiluftplanetariums" erklärt. Gefachsimpelt wurde über verschiedene Apps, die man für die Astronomie nutzen kann. Viele astronomische Fachzeitschriften und andere nützliche Infomaterialien lagen aus und konnten von den Besuchern kostenlos mit nach Hause genommen werden, um damit ihr Wissen zu vertiefen. Zum gemütlichen Abschluss des Abends, als der Himmel sich dann wieder zugezogen hatte, gab es noch eine kurze Diashow mit den fotografischen Highlights des letzten Jahres. Aus unserer Sicht also wieder trotz der mäßigen Witterung ein erfolgreicher Abend!

1 Nachdem der Nebel Lücken
bekommen hatte, wurde der Mond ins Visier genommen.
3 Gespräche zu später
Stunde am ,,ZeitschriftenTisch"

2
Fachsimpeln über die neuesten Apps

148

VdS vor Ort / Tagungsberichte

Tag der Astronomie 2014 in Osnabrück Auch 2014 nahm unsere Astronomische Arbeitsgruppe des Naturwissenschaftlichen Vereins Osnabrück am Tag der Astronomie teil. Einige unserer Mitglieder waren vormittags während des Wochenmarktes auf dem Domvorplatz sogar mit ihren Teleskopen vertreten. Leider war in diesem Jahr, wegen des wolkenverhangenen Himmels und zeitweisem Regen, keine Sonnenbeobachtung (ein Refraktor für Weißlicht, ein PST) möglich. Allerdings entwickelten sich einige Gespräche mit den Passanten. Ab 14 Uhr fand dann im Bereich des Museums am Schölerberg der zweite Teil des Astronomietages statt. Da es sich mittlerweile eingeregnet hatte, gab es auch hier ,,nur" einen theo-

retischen Teil, ohne die ansonsten auf dem Vorplatz des Museums aufgestellten Teleskope. Dennoch konnten die interessierten Museumsbesucher im Bereich des Museumsshops Fragen zur Astronomie loswerden. Hier hatten wir eine ,,AstroEcke" eingerichtet wo es Informationsmaterial (Flyer, Zeitschriften, DVDs ...) gab und wo auch mit den Mitgliedern ,,gefachsimpelt" werden konnte. Außerdem wurden an einigen aufgestellten Teleskopen deren Technik und Funktionsweise erklärt. Somit haben wir auch 2014 unser schönes Hobby in der Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen des Tags der Astronomie präsentieren können. Und trotz des schlechten Wetters am Ende ein positives Fazit gezogen.

4 Besucher des Astronomietages
in Osnabrück am Bücher- und Zeitschriften-Tisch (Bildautor: Carsten Debbe)
5 ,,Teleskop-Beratung" in der Cafeteria des
Museums (Bildautor: Carsten Debbe)
6 Das ,,Fachpersonal" steht
für Fragen zur Verfügung. (Bildautor: Heinz Lotze)

VdS vor Ort / Tagungsberichte

149

7 Aufbau der Teleskope
Astronomietag in Zwickau Trotz ungünstigem Beobachtungswetter - hartnäckiger Hochnebel - fanden sich zirka 70 interessierte Besucher in der Schulsternwarte Zwickau ein und waren mit dem gebotenen Programm recht zufrieden. Es gab Vorführungen im Planetarium zum Sternhimmel, einen Vortrag über die ca. 180 bekannten Monde des Sonnensystems und Fachsimpeleien über Fernrohrtechnik bis hin zur Vorstellung eines Eigenbauteleskopes. Zumindest der Mond konnte dann mit verschiedenen Teleskopen betrachtet werden. Höhepunkt war die Möglichkeit, am großen Spiegelteleskop mittels Steuerung selbst virtuell über die Mondoberfläche spazieren zu können. Kommentar eines ca. zehnjährigen Jungen: ,,Echt cool."

8 Vorführung im
Planetarium

9 Wenigstens
der Mond war durch den Hochnebel beobachtbar.

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VdS vor Ort / Podium podium@vds-astro.de

Mitglieds-Nr. 14168
Messelberg-Sternwarte Donzdorf

Etwa 60 Kilometer östlich von Stuttgart, am Rand der Schwäbischen Alb, liegt die Kleinstadt Donzdorf. Dort wurde vor nunmehr 25 Jahren, im Frühjahr 1989, der erste Bauabschnitt der Messelberg-Sternwarte eingeweiht. Die Sternwarte liegt neben dem Schulzentrum, ist aber eine Privatsternwarte und wird vom Verein der Sternfreunde Donzdorf e.V. betrieben.
Die Sternwarte verfügt über einen Vortragssaal, eine Beobachtungsplattform, eine Beobachtungskuppel sowie einen Vereinsraum und mehrere Nebenräume. Auf der Beobachtungsplattform stehen für Besuchergruppen insgesamt fünf fest installierte Teleskope zur Verfügung, das größte ein 16-Zoll-Spiegelteleskop. Eine Besonderheit ist unser 30-Zentimeter-Schiefspiegler nach Kutter. Neben einigen transportablen Geräten kann auf einer Montierung auf der Beobachtungsplattform auch ein Coronado-Solarmax-Sonnenteleskop eingesetzt werden. Neben den öffentlichen Beobachtungsund Vortragsabenden werden an gesonderten Terminen größere Besuchergruppen betreut. Mehrere Arbeitskreise bieten mit abwechslungsreichen Vortragsveranstaltungen ein Zusatzangebot für Mitglieder und interessierte Besucher.
Auf vier Besonderheiten sind die Donzdorfer Sternfreunde besonders stolz: Eine der Gedenkmedaillen der Sternwarte, die in einer Sonderprägung gefertigt wurden, war mit dem Space

1 Blick auf die Messelberg-Sternwarte Donzdorf
Shuttle Columbia 1997 im Weltall. Seit Dezember 2000 gibt es in Donzdorf und Umgebung einen astronomischen Lehrpfad. Am 22. Juli 2002 entdeckte unser Mitglied Sebastian Hönig als erster deutscher Hobbyastronom seit 1946 auf deutschem Boden wieder einen Kometen. Im Jahr 2004 wurde ein von Sebastian Hönig auf dem Mt. Palomar entdeckter Kleinplanet nach unserem inzwischen verstorbenen Mitbegründer der Sternfreunde, Bruno Funk, benannt: ,,68947 Brunofunk".
Kontakt: www.messelbergsternwarte.de kontakt@messelbergsternwarte.de

Mitglieds-Nr. 12342

Walter-Hohmann-Sternwarte Essen e.V.

Die Anfänge des Vereins reichen zurück in die Mitte der 1960er-Jahre. Ein Freundeskreis astronomisch interessierter Bürger mietete ein Gartengelände in Essen-Heidhausen an und errichtete dort eine Sternwarte. Nach Fertigstellung eines größeren Teleskops gründete sich im Jahr 1969 die ,,Astronomische Arbeitsgemeinschaft Essen". Bald wurde man auf das Vermächtnis des Essener Stadtbaurats Walter Hohmann aufmerksam, der in seiner Freizeit wichtige Beiträge zu den Grundlagen der Raumfahrt geliefert hatte. Im Jahr 1971 gab sich der Verein den Namen ,,Arbeitsgemeinschaft Walter-Hohmann-Sternwarte Essen". Ende der 1970er-Jahre musste der Verein sein Gartengrundstück räumen. Der Verein konnte ein altes städtisches Schulgebäude und ein benachbartes Grundstück in Essen-Schuir pachten. Im Schulgebäude veranstaltet die Walter-Hohmann-Sternwarte (WHS) in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule öffentliche Vorträge zur Astronomie und Raumfahrt. Auf dem Nachbargrundstück errichteten die Mitglieder bis zum Jahr 1990 drei Beobachtungsstationen und ein Kuppelgebäude, welches ein 56-Zentimeter-Nasmyth-Cassegrain-Teleskop beherbergt. Mit dem 30-Zentimeter-NewtonTeleskop in einer der Beobachtungsstationen entdeckten Vereinsmitglieder insgesamt 15 bisher unbekannte Kleinplaneten. Einer von ihnen erhielt im Jahr 2010 den Namen ,,133243

1
Anlage der Walter-HohmannSternwarte Essen e.V.
Essen". Im Jahr 2006 gelang die Verschmelzung der WHS mit dem Verein für Volkstümliche Astronomie (VVA). Der VVA hat sich seit Anfang der 1980er-Jahre durch die Organisation der Astronomiebörse ATT bundesweite Anerkennung erworben. Der gemeinsame Verein baute im Jahr 2009 eine fünfte Beobachtungsstation, welche ein für die Astrofotografie optimiertes 40-Zentimeter-Newton-Teleskop beherbergt.
Jeden Mittwoch ist die Sternwarte ab 20 Uhr besetzt, von Mai bis August auch sonntags von 14 bis 16 Uhr zur Sonnenbeobachtung. Kontakt: www.walter-hohmann-sternwarte.de


VdS vor Ort / Podium podium@vds-astro.de

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Mitglieds-Nr. 12474
Starkenburg-Sternwarte in Heppenheim

Die Starkenburg-Sternwarte liegt über der Stadt Heppenheim (Bergstraße) auf dem Schlossberg, unterhalb der Starkenburg.
Ende der 1950er-Jahre hatten Alfred Sturm und Martin Geffert den astronomischen Arbeitskreis gegründet, aus dem später das Observatorium hervorging. Der Hauptteil der Sternwarte ist von den Vereinsmitgliedern in Eigenregie erbaut worden, mit Kelle und Schippe, Stein für Stein. Im Jahr 1974 vermachte Herr Dr. Dr. Fritz Mühleis seine astronomische Ausrüstung der Starkenburg-Sternwarte, unter anderem das nach ihm benannte Mühleis-Teleskop, ein 45-Zentimeter-Newton-Teleskop. Es steht in einer maßgeschneiderten Kuppel und ist bis heute das Hauptteleskop der Sternwarte. Bis in die 1990er-Jahre hinein lag der Schwerpunkt der Sternwarte auf der Sonnenbeobachtung, der Astrofotografie und der visuellen Beobachtung.
Heute besteht die Sternwarte aus der Kuppel, einer weiteren Beobachtungsplattform mit mehreren kleineren Teleskopen, der Bibliothek und einem Vortragssaal für mehr als 50 Personen. Bei den wöchentlich stattfindenden Dienstagsvorträgen sind oft auch namhafte Referenten aus den nahe gelegenen Forschungsinstituten zu Gast. 1995 begann für die Sternwarte das CCD-Zeitalter. Die neue Technik wurde für die Nachbeobachtung von Kleinplaneten eingesetzt. Im Verlauf dieses

1 Blick auf die Starkenburg-Sternwarte oberhalb Heppenheims
Projekts wurden die ersten Kleinplaneten entdeckt. Schnell wurde die Suche und Beobachtung dieser Objekte der neue Schwerpunkt des Vereins - mittlerweile gibt es mehr als 50 mit dem Mühleis-Teleskop entdeckte Asteroiden.
Amateure der Starkenburg-Sternwarte arbeiten im Rahmen des Projektes TOTAS am OGS-Teleskop der Europäischen Weltraumorganisation ESA mit. Aufgrund der Erfahrung und dem Erfolg überlässt die ESA den Amateurastronomen Beobachtungszeit an ihrem großen Teleskop auf Teneriffa.
Kontakt: www.starkenburg-sternwarte.de

Mitglieds-Nr. 12893
Allgäuer Volkssternwarte Ottobeuren e.V.

Im Jahr 1966 bildete eine kleine Gruppe von Idealisten den Grundstock für den Bau einer Sternwarte in Ottobeuren, die 1968 fertiggestellt wurde.
In Zusammenarbeit mit dem Jugendherbergswerk und mit Hilfe guter Öffentlichkeitsarbeit konnte von Anfang an der Führungsbetrieb mit einem hohen Besucherandrang aufgenommen werden.
Zum 20-jährigen Bestehen wurde ein großer Anbau mit einem Vortragsraum und einem extra Kuppelgebäude auf den Weg gebracht. 1996 wurde ein neues 60-Zentimeter-Teleskop in Betrieb genommen, welches 2006 grundlegend modernisiert wurde und nun auch wissenschaftlich eingesetzt werden kann. Dies konnte 2011 in Zusammenarbeit mit der Europäischen Südsternwarte ESO beim halbjährigen Test des neuen LGS (Laser Guide Star) umgesetzt werden.
Heute verfügt die Sternwarte über ein modernes Instrumentarium, welches aus dem Hauptinstrument mit Zeiss-Optik, einem 150-Millimeter-Refraktor und einem SolarMax-90-II-

1 Die Allgäuer Volkssternwarte in Ottobeuren
Doublestack-Sonnenteleskop besteht. In der Kuppel ist ein Lichtenknecker MPT 300 und ein 130-Millimeter-StarfireRefraktor auf einer Alt 7-AD montiert. Mit knapp 100 Mitgliedern pflegt der Verein enge Kontakte mit Sternfreunden und Sternwarten europaweit.
Kontakt: www.avso.de


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Zum Nachdenken

Bildungspolitische Argumente für das Schulfach Astronomie im Licht bundesweiter Erfahrungen
von Lutz Clausnitzer

Oft wird gefragt, wie man Politik und Kultusverwaltungen von den Vorteilen eines eigenständigen Faches Astronomie überzeugen kann. Hier sind einige Argumente, wie sie die Schulpraxis schreibt:
1. Astronomie verknüpft Kulturen, Epochen und Unterrichtsfächer miteinander, was das Denken in größeren Zusammenhängen und eine vernetzte Allgemeinbildung fördert. Vermittelt man sie innerhalb eines anderen Faches, nimmt sie der Lernende nur als ein Spezialgebiet wahr. So kommt der überfachliche Aspekt, das vielleicht höchste Bildungsgut der Astronomie, nicht zum Tragen.
2. Schüler mit der drehbaren Sternkarte oder durch Himmelsbeobachtungen an den Sternhimmel heranzuführen, gehört nicht zu den natürlichen Aufgaben des Physikunterrichts. Weil ein nachhaltiges Bekanntmachen mit der Astronomie eher über geometrische, kulturgeschichtliche und weltanschauliche Zugänge erfolgt, sind Physiklehrer wenig motiviert, dafür Physik-Unterrichtszeit zu verwenden. Zudem ist ihnen der erforderliche Qualifizierungsaufwand viel zu groß. So liegt es in der Natur der Sache, dass astronomische Inhalte oft nur gestreift oder gar weggelassen werden. Erläuternde Belege:
a) Aus Baden-Württemberg heißt es: ,,Es gibt fast keine astronomiekundigen Lehrer. [...] Entsprechend groß sind die Hemmungen, sich hier sozusagen auf Glatteis zu begeben. Um sich in die Astronomie einzuarbeiten, fehlt es fast allen an Zeit, Mut und Anleitung." [1]
b) Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus räumt für seine Realschulen ein: ,,Laut der zuletzt durchgeführten Lehrplanumfrage wünschen sich viele Lehrerinnen und Lehrer, dass der Bereich Astronomie im neuen Lehrplan nicht mehr berücksichtigt wird." [2]
c) Aus Sachsen, wo man das Fach Astronomie 2007 aufgelöst hat, wird be-

richtet: ,,Wie die Physiklehrer zu der ihnen übergestülpten Aufgabe stehen, zeigt deren Teilnahme an den extra für sie eingerichteten zentralen Astronomie-Fortbildungen. Von den 18 Veranstaltungen, die in den zwei Schuljahren von 2010 bis 2012 landesweit angeboten wurden, fielen zwölf mangels Beteiligung aus." [3]
d) Ein Autor aus Baden-Württemberg kommt zu dem Schluss: ,,In der alten Bundesrepublik wird seit der bemannten Mondlandung unentwegt versucht, die Astronomie über den Physikunterricht in die Schulen zu tragen. Bei dem äußerst mageren Erfolg dieser Strategie muss man sie nach vier Jahrzehnten wohl als gescheitert ansehen." [4]
3. Es ist weder ökonomisch noch möglich, jeden Physiklehrer für einen guten Astronomieunterricht zu gewinnen und zu qualifizieren. Ist die Astronomie reguläres Fach, brauchen nur relativ wenige Lehrer dafür ausgebildet zu werden. Dadurch kann man auf besonders Interessierte zurückgreifen und astronomiebegeisterte Lehrer anderer Fächer einbeziehen. Die Unterrichtsqualität steigt erheblich.
4. Ein systematischer, praxisorientierter und didaktisch ausgereifter Astronomieunterricht übt auf die Mehrzahl der Schüler eine besondere Anziehungskraft aus, was man geschickt nutzen kann, um das Interesse an den MINT-Fächern zu stärken, das Umweltverständnis über die Erde hinaus zu erweitern und die Verbindung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften sichtbar zu machen.
5. Aufgrund ihrer Popularität und langen Geschichte ist die Astronomie prädestiniert, anschaulich zu vermitteln, dass Wissenschaft seit Jahrtausenden ein Prozess ist, der in enger Verbindung zur gesellschaftlichen Entwicklung stattfindet - während die Physik erst 1687 mit dem Gravitationsgesetz in die Astronomie ein-

zog. Auch deshalb bedarf eine naturwissenschaftliche Grundbildung zwingend der Astronomie.
6. Wo die Astronomie kein reguläres Fach ist, kümmern sich Schulverwaltungen und Schulleiter eher selten darum, ob eine Schule über wenigstens eine astronomiekundige Lehrkraft verfügt oder nicht. So fehlen astronomische Inhalte dann vielerorts auch in Projekt- und Kursangeboten.
Um grundlegende astronomische Inhalte kompetent vermitteln und die Astronomie als historisch gewachsene Plattform für werteorientiertes, interdisziplinäres Lernen nutzen zu können, empfiehlt der ,,Offene Brief an Bund und Länder" [4] mit großer Reputation, im letzten Schuljahr der Mittelstufe zwei Wochenstunden Astronomie für alle Schüler und eine flächendeckende Ausbildung von Astronomielehrern.
Internet- und Literaturquellen: [1] Bath, K.-L., Emmendingen: Leser
Internet- und Literaturquellen zur Vertiefung: - L.Clausnitzer: AudioHimmelsfüh-
rungen. App für iOS und Android. In: Apple App Store und Google Play Store, www.oculum.de/ interstellarum/download/ AstronomieSchule.pdf www.ProAstro-Sachsen.de

Castor Pollux

Capella

KASSIOPEIA

KEPHEUS

Deneb

Wega

LEIER

EIDECHSE

ZWILLINGE

FUHRMANN

Beteigeuze ORION

Aldebaran

Rigel

STIER

PERSEUS Plejaden

Algol
DREIECK WIDDER

ANDRO MEDA

FISCHE

Uranus Mira
WALFISCH

SÜDOST
Sternkarte exakt gültig für 15. Oktober 1 Uhr MESZ

ERIDANUS

BILDHAUER

SÜD
Mondphasen im Oktober 2014

PEGASUS

SCHWAN

Albireo

FÜCHSCHEN PFEIL

DELFIN FÜLLEN

Atair ADLER

WASSERMANN

Neptun

FomalhautSÜDL. FISCH

STEINBOCK SÜDWEST

Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Zusammengestellt von Werner E. Celnik und Werner Braune. Alle Zeitangaben in MEZ, für 10 Grad östl. Länge/50 Grad nördl. Breite.

Erstes Viertel 1.10.

Vollmond 8.10.

Planeten im Oktober
Merkur hatte Ende September eine größte östliche Elongation erreicht. Ab Ende Oktober wird man ihn am Morgenhimmel sehen.

Venus hat sich vom Morgenhimmel verabschiedet; am 25. 10. steht sie in oberer Konjunktion mit der Sonne.

Mars eilt nach der Monatsmitte in den Schützen. Noch ist er abends zu sehen. Am 28. 10. steht der zunehmende Mond über ihm.

Jupiter geht bald vor Mitternacht auf, seine Zeit über dem Nachthorizont verlängert sich. Der Riesenplanet läuft vom Krebs in den Löwen.

Saturn ist eine Herausforderung in der abendlichen Dämmerung. Am 25. 10. wird er vom Mond bedeckt, knapp über dem Horizont.

Uranus erreicht am 7. 10. in den Fischen seine diesjährige Opposition. Er ist 5,7 mag hell und damit (fast) mit bloßem Auge zu sehen.

Letztes Viertel 15.10.

Neptun läuft noch rückläufig durch den Wassermann. Er ist ein Objekt der ersten Nachthälfte.

Ereignisse im Oktober

01.

max. Libration im Mond-SW,

8,5 Grad

01. 21:32 Erstes Viertel

06.

Libration im Mond-S 4,4 Grad

06. 10:41 Mond erdnah, Winkeldurchm.

32,53'

07.

Uranus (5,7 mag) in Opposition

zur Sonne, scheinb. Durchm.

3,71'', Sternbild Fische

08. 12:51 Vollmond

09.

Libration im Mond-O 4,6 Grad

12. 06:30 Mond 3,5 Grad W Aldebaran ( Tauri,

1,0 mag)

13. 05:30 Komet C/2012 K1 PANSTARRS

(5,9 mag) 1,3 Grad NW Rho Pup

(2,8 mag)

14.

max. Libration im Mond-NO,

8,8 Grad

15. 21:12 Letztes Viertel

18. 3h Mond 5,7 Grad S Jupiter (-2,0 mag)

18. 07:07 Mond erdfern, Winkeldurchm.

29,87'

Neumond 23.10.

Erstes Viertel 31.10.

19. Libration im Mond-N 5,2 Grad

19. 4h Mond 5,3 Grad S Regulus ( Leonis,

1,4 mag)

19. 20h Komet C/2013 A1 Siding Spring

(8,5 mag) 3' O Mars (0,9 mag),

SW-Horizont

19. 20:58 ß Per (Algol) Minimum 3,4 mag,

Abstieg von 2,1 mag in rd. 3 Std.

21. ab 23h Maximum Sternschnuppen-

schauer Orioniden, ca. 23/h

23.

Libration im Mond-W 3,9 Grad

23. 23:57 Neumond

25.

Venus (-3,9 mag) in oberer Kon-

junktion mit der Sonne, Venus

1 Grad N Sonne

25. 17:45 Mond (Alter 1,8 d) bedeckt

Saturn (0,6 mag), SW-Horizont

26. 03:00 Umstellung auf MEZ: Uhr eine

Stunde zurückstellen

28. 18:15 Mond 6 Grad NO Mars (0,9 mag)

29.

max. Libration im Mond-SW,

7,7 Grad

31. 03:48 Erstes Viertel

LUCHS

KREBS

Pollux Castor ZWILLINGE

KLEINER HUND
Procyon

Beteigeuze

GIRAFFE Capella

KASSIOPEIA

FUHRMANN
STIER Aldebaran ORION

Algol PERSEUS

ANDROMEDA DREIECK

Plejaden

WIDDER

FISCHE

Uranus

E EIDECHS

SCHWAN PEGASUS

EINHORN
GROSSER HUND Sirius
SÜDOST
Sternkarte exakt gültig für 15. November 0 Uhr MEZ

Rigel HASE

Mira

WALFISCH

ERIDANUS
CHEMISCHER OFEN

SÜD
Mondphasen im November 2014

WASSERMANN
SÜDWEST Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Zusammengestellt von Werner E. Celnik und Werner Braune. Alle Zeitangaben in MEZ, für 10 Grad östl. Länge/50 Grad nördl. Breite.

Erstes Viertel 31.10.

Vollmond 6.11.

Planeten im November
Merkur ist in der ersten Novemberwoche gut am Morgenhimmel zu sehen; ab ca. 6 Uhr.
Venus läuft der Sonne voraus und erreicht immer südlichere Deklinationen. Daher bleibt sie auch im November nachts verborgen.
Mars weist hingegen leicht ansteigende Deklinationen auf und kann daher immer noch in der frühen Abenddämmerung gefunden werden.
Jupiter ist das hellste Gestirn in der Nacht. Er geht zunehmend früher vor Mitternacht auf. Am 15. 11. steht der abnehmende Halbmond unter ihm.
Saturn steht Mitte November in Konjunktion mit der Sonne und damit mit ihr am Taghimmel.
Uranus stand Anfang Oktober in Opposition, noch sind die Bedingungen daher günstig. Am 4. 11. zieht der fast volle Mond nah am ihm vorbei.

Letztes Viertel 14.11.

Neptun ist ein Objekt des Abendhimmels, gegen Mitternacht geht er im Südwesten unter.

Ereignisse im November

02. 02.
03. 00:28 05. 06. 23:23 08. 18:00 08. 19:45 08. 21:53
11. 12. 05:30 14. 06:15 14. 16:15

Libration im Mond-S 4,7 Grad Merkur (-0,6 mag) Morgensichtbarkeit, Sonnenabstand 18,7 Grad , O-Horizont Mond erdnah, Winkeldurchm. 32,60' Libration im Mond-O 3,2 Grad Vollmond Komet C/2013 A1 Siding Spring (9,0 mag) 32' O Xi Ser (3,5 mag) Mond 40' N Aldebaran ( Tauri, 1,0 mag) ß Per (Algol) Minimum 3,4 mag, Abstieg von 2,1 mag in rd. 3 Std. max. Libration im Mond-NO, 8,2 Grad Kleinplanet (3) Juno (9,2 mag) 7,9' S Eta Hya (4,3 mag) Mond 7,2 Grad SW Jupiter (-2,1 mag) Letztes Viertel

Neumond 22.11.

Erstes Viertel 29.11.

15.

Kleinplanet (6) Hebe (8,1 mag)

in Opposition zur Sonne, Stern-

bild Eridanus

15.

Libration im Mond-N 5,4 Grad

15. 01:55 Mond erdfern, Winkeldurchm.

29,77'

15. 6h Mond 5,1 Grad SW Regulus

( Leonis, 1,4 mag)

17. ab 23h Maximum Sternschnuppen-

schauer Leoniden, Stärke varia-

bel, Radiant im Sternbild Löwe

19.

Libration im Mond-W 4,1 Grad

19. 6h Mond 6,3 Grad NW Spica

( Virginis, 1,1 mag)

22. 13:32 Neumond

25.

max. Libration im Mond-SW,

7,3 Grad

26. 17:45 Mond 7 Grad NO Mars (1,0 mag)

27. 03:42 Kleinplanet (23) Thalia (9,4

mag) 7,6' S Tau Tauri (4,3 mag)

27. 23:13 Mond erdnah, Winkeldurchm.

32,11'

28.

Libration im Mond-S 5,8 Grad

29. 11:06 Erstes Viertel

GROSSER BÄR

GIRAFFE

KASSIOPEIA

LÖWKLEIN E ER

LUCHS

Capella

LÖWE

Jupiter

KREBS

Castor Pollux

FUHRMANN ZWILLINGE

Regulus
WASSERSCHLANGE

KLEINER HUND
Procyon

Beteigeuze

Aldebaran ORION

Alphard

EINHORN Sirius

Rigel

SÜDOST
Sternkarte exakt gültig für 15. Dezember 0 Uhr MEZ

GROSSER HUND

HASE

SÜD
Mondphasen im Dezember 2014

Algol PERSEUS

ANDROMEDA DREIECK

Plejaden STIER

WIDDER

FISCHE

PEGASUS

Uranus

Mira WALFISCH

ERIDANUS

SÜDWEST
Vereinigung der Sternfreunde e.V. www.sternfreunde.de

Zusammengestellt von Werner E. Celnik und Werner Braune. Alle Zeitangaben in MEZ, für 10 Grad östl. Länge/50 Grad nördl. Breite.

Vollmond 6.12.

Letztes Viertel 14.12.

Neumond 22.12.

Erstes Viertel 28.12.

Planeten im Dezember
Merkur zieht im Dezember wieder mal eine Schleife um die Sonne und taucht erst Anfang Januar 2015 am Abendhimmel auf.
Venus macht sich Ende des Jahres zaghaft am Abendhimmel bemerkbar. Sie wird im kommenden Jahr strahlender Abendstern werden.
Mars fordert den Beobachter der Abenddämmerung heraus. An Heiligabend wird man rechts von ihm die schmale Mondsichel sehen.
Jupiter steht noch lange nicht in Opposition (erst am 6. 2. 2015), dominiert im Löwen aber die späteren Nachtstunden.
Saturn kann sich ab Mitte Dezember schon wieder am Morgenhimmel bemerkbar machen.
Uranus ist ein Beobachtungsziel für die ersten Nachthälfte. Am 2. 12. steht der Mond abermals in nahem Abstand zum grünlichen Planeten.

Neptun sollte man vor Uranus anpeilen, denn er geht gut drei Stunden früher unter.

Ereignisse im Dezember

02.

Libration im Mond-O 3,3 Grad

03.

Kleinplanet (23) Thalia (9,2

mag) in Opposition zur Sonne,

Sternbild Stier

06. 6h Mond 1,0 Grad NW Aldebaran

( Tauri, 1,0 mag)

06. 13:27 Vollmond

08.

max. Libration im Mond-NO,

7,8 Grad

09. ca. 07:14 Mond bedeckt Lambda Gem

(3,6 mag), genaue Zeit abh. v.

Beobachtungsort

12. 00:33 Mond 5,3 Grad S Jupiter (-2,3

mag)

12. 23:02 Mond erdfern, Winkeldurchm.

29,62'

13.

Libration im Mond-N 4,5 Grad

13. 1h Mond 6,6 Grad SO Regulus

( Leonis, 1,4 mag)

13. 2-6h Maximum Sternschnuppen-

schauer Geminiden, max.

120/h, Radiant i. d. Zwillingen

14. 13:51 Letztes Viertel

17.

Libration im Mond-W 5,4 Grad

17. 6h Mond 2,5 Grad NO Spica

( Virginis, 1,1 mag)

19. 7h Mond 7,7 Grad W Saturn (0,5 mag)

21.

max. Libration im Mond-SW,

7,7 Grad

21. 22:07 ß Per (Algol) Minimum 3,4

mag, Abstieg von 2,1 mag in

rd. 3 Std. Weiteres Minimum

am 24. um 18:46

22.

Maximum Sternschnuppen-

schauer Ursiden, max. 10/h,

Radiant im Sternbild Großer

Bär

22. 00:03 Wintersonnenwende, Winter-

anfang

22. 02:36 Neumond

24. 16:43 Mond erdnah, Winkeldurchm.

32,93'

24. 17:45 Mond 9 Grad W Mars (1,1 mag)

25.

Libration im Mond-S 5,8 Grad

28. 19:31 Erstes Viertel

29.

Libration im Mond-O 4,5 Grad

156

Beobachterforum

Eine neue App erklärt die Astronomie am realen Sternenhimmel
von L. Clausnitzer

Der Anteil junger Menschen, die in ihrer Schule, in einem Planetarium, einer Sternwarte oder anderswo kompetent an die Astronomie herangeführt wurden und werden, liegt sicherlich irgendwo im einstelligen Prozentbereich. Noch kleiner ist der Personenkreis, der die Gelegenheit hatte, eine gute, geführte Himmelsbeobachtung zu erleben. Abgesehen vom Manko an Naturerfahrung und Allgemeinbildung fehlt damit auch eine wichtige Säule der Nachwuchsgewinnung von Studierenden der Natur- und Ingenieurwissenschaften, namentlich auch von Physiklehrern. Eine neuartige App soll mehr Menschen an den Sternhimmel locken. Schulen eröffnet sie neue didaktische Wege. Auch für ,,alte Hasen" könnte sie interessant sein.
Das Konzept Die Applikation ,,AudioHimmelsführungen" für Android und iOS vermittelt auf unterhaltsamen Himmelsspaziergängen elementare, allgemein bildende Einblicke in die Astronomie. Idealerweise am Sternhimmel selbst, alternativ auf dem Smartphone- oder Tablet-Display. Sternführungen als Tonkonserven sind nicht neu. 1988 kam die Tonbandkassette ,,Himmelsspaziergang" von Irene Naumczyk und 2002 die CD ,,Die KosmosSternführung" von Hermann-Michael Hahn auf den Markt. Beide erschienen im Frankh-Kosmos-Verlag Stuttgart und beinhalteten für jede Jahreszeit eine 15-minütige Audioführung. Moderne Medien erlauben neue Schritte. Die App ,,AudioHimmelsführungen" bietet die doppelte Hörzeit, dazu Panorama-Sternkarten als Aufsuchhilfen und für schlechtes Wetter. Das Ganze für einen Bruchteil des Preises. Hinzu kommt die schnelle Verfügbarkeit. Schon wenige Minuten, nachdem man die App im Google Play Store oder Apple App Store erworben hat, kann man mit der ersten Führung beginnen. Doch auch das inhaltliche Konzept ist neu:
1. Sternnamen und Fachbegriffe werden so sparsam wie möglich verwendet. Eher rücken grundlegende, interdisziplinäre

Zusammenhänge in den Vordergrund, die nicht selten mit dem Werden, Sein und Vergehen der Menschheit in Verbindung stehen.
2. Mit der Folge 1 wurde eine Führung entwickelt, die in jeder Jahreszeit am echten Sternhimmel gehört werden kann. Sie widmet sich der Blickrichtung Nord. Weil das Smartphone das Datum, die Uhrzeit und die geografische Länge des Beobachtungsplatzes kennt, zeigt es im Display eine Sternkarte, die dem jeweils aktuellen Anblick des Himmels entspricht. Bei allen Karten kann man zwischen stummen und beschrifteten Versionen (Abb. 1) wählen. Auch eine rote Nachtversion steht zur Verfügung.
3. Die Folge 1 und die jahreszeitlichen Führungen 2 (Frühjahr) bis 5 (Winter) sind nach steigendem Schwierigkeitsgrad geordnet und bauen aufeinander auf. Sie sollten auch dann in der vorgegebenen Reihenfolge gehört werden, wenn die eine oder andere zur ,,falschen Jahreszeit" nur auf dem Display verfolgt werden kann. Was in den einzelnen Führungen besprochen wird, kann man in groben Zügen der Tabelle 1 (S. 158) entnehmen.
4. Die Zusatzfolge 6 stellt sich der sachlichen Auseinandersetzung mit der Astrologie. Damit soll Lehrkräften eine heikle, aber nicht ganz unwichtige Aufgabe abgenommen werden. Immerhin bringen die meisten Schüler persönliche Vorstellungen über Astrologie mit in die Schule, ohne je eine Gelegenheit zu bekommen, diese unter sachkundiger Anleitung wissenschaftlich zu hinterfragen.
Die Strategie Die Astronomie ist die älteste Naturwissenschaft. Kulturhistorisch gesehen also die Mutter der Naturwissenschaften. Nach den Erfahrungen des Autors ist es für Menschen jeden Alters überaus reizvoll, nachzuvollziehen, warum der Mensch vor Jahrtausenden ausgerechnet an den entferntesten Objekten seiner Umgebung begann, wissenschaftlich

zu arbeiten. - Warum war es nicht die Anatomie oder Agrarwissenschaft? - Vorstufen des Kalenders, die Astronavigation und die Entwicklung des astronomischen, später naturwissenschaftlichen Weltbildes förderten die Wirtschaft, das geistig-kulturelle Leben und damit die gesellschaftliche Entwicklung überhaupt. Dementsprechend wird der Nutzer der App in den ersten beiden Folgen mit einfachen geometrischen und kulturhistorischen Zusammenhängen ,,abgeholt", in die Beobachtung der Planeten eingeführt und mit kosmischen Entfernungen vertraut gemacht. Wie in der Realität, wo die Astronomie bis zur empirischen Gewinnung der Keplerschen Gesetze gänzlich ohne Physik auskommen musste, werden erst dann zunehmend physikalische und andere naturwissenschaftliche Zusammenhänge einbezogen. So wird in Folge 3 die Entstehungsgeschichte der Astrophysik erzählt und die Kernfusion beschrieben. Die Zahl der Sterne und die Struktur des Weltalls sind Schwerpunktthemen der vierten Führung. Auf der Peripherie des Wintersechsecks wandelnd dringt man in Folge 5 bis zur Sternentwicklung und der Physik der Supernovae II vor, um schließlich einen Blick in die chemische Evolution des Universums und das Aufgabenfeld der Astrobiologie zu werfen.
Dezentrale Himmelsbeobachtungen - Chance für Schulen und Universitäten Sonnenbeobachtungen und Messungen am Schattenstab sind lohnend. Versierte können ein Fernrohr zur sichelförmigen Venus richten, obwohl sie mit bloßem Auge nicht zu sehen ist. Doch die Vielfalt der am Tage möglichen astronomischen Beobachtungen hält sich in Grenzen. Umso willkommener ist der Dezember, der vor der ersten Unterrichtsstunde auch einen Blick zum gestirnten Himmel erlaubt. Ein Beobachtungstermin am Abend ist ergiebiger, aber aufwändiger und problematischer. Im ländlichen Raum muss man schon mal auf weit entfernt wohnende Schüler verzichten.

Beobachterforum

157

In Großstädten sind zwar Beobachtungen am Mond und an den Planeten gut zu realisieren, aber schon das Aufsuchen von Sternbildern wird schwierig, wenn nur die hellsten Sterne zu sehen sind. Hat man dann mit Schülern und Eltern endlich einen Treffpunkt außerhalb der Stadt vereinbart und einen Amateurastronomen gewonnen, um die Klasse in zwei Gruppen teilen zu können, ziehen Wolken auf ...
Fest steht: Eine gute, geführte Himmelsbeobachtung ist eine der attraktivsten und nachhaltigsten Möglichkeiten, junge Menschen über die Astronomie für die MINT-Fächer aufzuschließen oder gar zu begeistern. Lehrerinnen und Lehrer, die ihren Schülern einen astronomischen Zugang zu den Naturwissenschaften ebnen möchten, aber aus unterschiedlichsten Gründen persönlich nicht in der Lage sind, viel dazu beizutragen, können nun junge Menschen beauftragen, den Sternhimmel an einem für sie geeigneten Ort mit ihrem Smartphone selbst zu erkunden. Gern auch mit der ganzen Familie oder in kleinen Schülergruppen. Um dafür die erforderliche Motivation zu erzeugen, muss das Anliegen vorher erläutert und angekündigt werden, dass die Schüler bzw. Studierenden ihre Beobachtungsergebnisse später in den Unterricht einbringen sollen.

1 Sternkarte zur Führung 4 (Grafik: Lutz Clausnitzer und Erwin Raup)

Die App im Unterricht ... Nachdem sich der Lehrer von der unkomplizierten Handhabung der App überzeugt und die Führungen selbst gehört hat, kann er sie im Unterricht frontal vorstellen. Das gelingt am ehesten live, indem er das Smartphone über einen gerätespezifischen HDMI-Adapter an einen Beamer anschließt. So kann er, für alle sichtbar, die App öffnen, die Tabelle 1 erläutern und in eine beliebige Folge hinein hören. Dazu eignen sich z. B. die ersten vier Minuten der Führung 1, wo gegen Ende auf die verschiedenen Kartenversionen hingewiesen wird, was man sogleich durch Verschieben auf dem Display demonstrieren kann.
Anhand der Tabelle 1 kann man planen, an welcher Stelle der vorgesehenen Stundenverteilung sich welche Folge sinnvoll einsetzen lässt. Die inhaltliche Konzeption lehnt sich an den Vorschlag [2] an. Weil man mit der App erhebliche Teile des Aneignungsprozesses aus dem Unterricht auslagern kann, ist sie aber auch dort von besonderem Wert, wo der Astronomie nur wenig Unterrichtszeit eingeräumt werden kann. Auf welche Weise das dezentral Gelernte in den Unterricht eingebunden wird, liegt in der Hand des

Lehrers. Um dessen Vorbereitungszeit zu minimieren, steht in [1] für jede Folge ein Arbeitsblatt zur Verfügung.
... und in Sternwarten und Planetarien Die App kann vielseitig eingesetzt werden. Naturgemäß wird sie im Fach, Kurs oder einer AG Astronomie am leichtesten genutzt werden können. Wenn sie jedoch ein astronomiekundiger Mathematik-, Physik-, Geschichts-, Deutsch- oder Ethiklehrer in den Unterricht einbinden möchte, wird er in den Führungen zahlreiche Anknüpfungspunkte zu seinem Fach finden. Aber auch in Sternwarten und Planetarien kann die App vorgestellt und beispielsweise die jeweils zur Jahreszeit passende Führung vorgespielt werden. Sicherlich kann man so den einen oder anderen Besucher motivieren, zu Hause selbst zu beobachten und weitere Führungen zu hören. Dadurch wird das Interesse an Astronomie gestärkt und die Einrichtung mit neuen Erkenntnissen und Fragen bald wieder besucht. An eigenen Ideen und Erfahrungen zum Einsatz der ,,AudioHimmelsführungen" sind Redaktion und Autor interessiert.

158

Leserbriefe

Internethinweise: [1] Informations- und Material-
seite zur App: www.lutz-clausnitzer.de/ AudioGuideSky/ audioguidesky.html [2] Vorschlag für einen 50- bis 60-stündigen Astronomieunterricht: www.lutz-clausnitzer.de/as/ asunte/asunte.html (oberster Link)

Tabelle 1: Die Beobachtungstabelle vermittelt einen inhaltlichen Überblick und erlaubt zugleich das Starten der Führungen.

Leserbriefe
Ich hatte das Heft 49 schon vor Ostern erhalten. Es ist für mich die interessanteste deutschsprachige Publikation, weil sie mit Beiträgen von Amateuren über ihre speziellen Interessen oder Projekte gemacht ist und insofern ein sehr breites Spektrum abdeckt. Und wenn mal über neu erworbenes Equipment berichtet wird, dann sind es nicht immer dieselben bekannten Tester mit allen Vor- und Nachteilen, die daraus für die Testberichte entstehen.
Mit meinem abgedruckten Beitrag bin ich zufrieden. Die Bilder, die bedingt durch die geringe Pixelzahl des Aufnahmesensors keine riesige Vergrößerung erlauben, hätte ich mir dennoch etwas größer gewünscht, was die Identifikation der Supernovae für den Leser erleichtert hätte. So muss man doch mit der Lupe sehr genau hinsehen. Aber dann geht`s. Manfred Mrotzek, Buxtehude

Bin begeistertes Neu-Mitglied, ab Jänner 2014. Habe das Heft 49 schon mehrmals durchstudiert. Besonders gefällt mir auch der Beitrag von Robert Pölzl. Allein diese Literatur in Form der Prachthefte ist schon den Beitrag als VdS-Mitglied wert. Franz Gruber

Leserbriefe

159




fentlicht diesen Leserbrief nicht. Dies mit dem Hinweis, dass das Thema im ,,verfügbaren Rahmen" ,,ausdiskutiert" sei. Auch hier gilt: Der Leserbrief eines VdSMitglieds darf nicht einfach aus subjektiven Gründen abgewiesen werden. Was heißt ,,ausdiskutiert? Wer entscheidet das nach welchen Kriterien? Was ist angesichts des Internets ein ,,verfügbarer Rahmen" (SuW verweist bei langen Beiträgen auf eigene Webseiten)? Es ist fragwürdig, Beiträge mit solchen Argumenten zu blockieren und katastrophal für einen vereinsinternen Diskurs. Mit solchen Mechanismen hat die FG Spektroskopie bittere Erfahrungen gemacht.
Thomas Eversberg


160

Hinweise

Name
Dr. Bähr Bannuscher Beck Bender Beneke Bergthal Dr. Binnewies Böckel Bohle Braune Dr. Bredner Dr. Celnik Clausnitzer Prof. Dr. Detken Dobesberger Dr. Eversberg Fichtl Flach-Wilken Förster Ganser Geiss Guthier Güths Hansen Herentrey Hess Hohmann Hold Holl Hubl Dr. Hunger Jäger Jahns Jansen Jonas Kerschhuber Klingersberger Klügl Koberger Kohlhauf Krause Lehmann Lehmann Leich Melchert Mrotzek Mühlhöfer Müller Müller Neumann Noller Pellengahr Dr. Pilz Recker Reinert Rhemann Riepe Ries Dipl.-Phys. Rohe Rusche Sablowski Dr. Schanne Simon Sittig-Kramer Skorupa Spitzer Dr. Steinicke Stober Stürmer Teschke Vollmann Wächter Waldschläger Weber Weinzierl Weis Weis Wenzel Wickert Dr. Wischnewski Wohlrab Zellhuber Ziegler

Autorenverzeichnis

VornameStraße

Roland Dietmar Stefan David Ernst-Jochen Siegfried Stefan Thorsten Jens Werner Eberhard H. R. Werner E. Lutz Kai-Oliver Rudolf Thomas Roland Bernd Jan-David Hilmar Alexander Otto Torsten Torsten Bastian Rochus Klaus Siegfried Manfred Bernhard Thomas Michael Helmut Peter Carsten Günther Georg Sven Hermann Franz Xaver Stefan Gerhard Peter B. Pierre Sven Manfred Steffen Andre Josef Georg Markus Hans-Georg Uwe Antonius Caroline Gerald Peter Wolfgang Klaus Sebastian Daniel Lothar Manfred Andrea Waldemar Daniel Wolfgang Berthold Julian Ulrich Wolfgang Frank Ulrich Hans Gerhard Bernd Alexander Christian Klaus Volker Erik Uwe Herbert Paul

Adolf-Kolping-Str. 13 Burgstr. 10 Eschelbachstr. 17 Bräsen 36a Kirchroederstr. 9 Friedhofstr. 13 Kutzbach 10 Kermarstraße 10 Frankenstr. 6 Münchener Str. 26 Ginsterweg 14 Graudenzer Weg 5 An der Siedlung 20 Zu den Stauwiesen 18 Hoheneckerstr. 4 Ringweg 7 Engelhardsberg 74 Bahnhofstr. 55 Elsa-Brändström-Str. 17
Lindenstrasse 15 Am Tonwerk 6 Höhenweg 1 g Reichau 216
Franz-Rothweg 1 Oberes Griesfeld 33 Schulberg 252 Friedrich-Ebert-Damm 12a Brucknerweg 4 Normannenweg 39 Seibererstr. 225 Am Langen Felde 46 Emmastr. 16 An der Parkschule 15 Geisensheim 8 Bittsolweg 19a Ludwigstrasse 3 Seppenrath 15 Max-Höfler-Platz 3 Sandkaule 15 Persterstr. 6h Westendallee 69
Lindenspürstr. 27 Lupinenkamp 4 Wolfsbergstraße 2/1 Eburonenwinkel 24 Lerchenstr. 9 Birkhahnweg 8 Im Vogelsang 14 Overbergstr. 9 a Pöppigstr. 35 Rotdornweg 44 Ringstr. 31 Linzerstraße 372/1/6 Lortzingstr. 5 Altenseng 6 Adolf-Kolping-Str. 10a Trierer Str. 114 Erich-Weinert-Str. 19 Feldbergstraße 62, Wohnung 32 Marschowitzer Str. 60 Kroge 24 Rosenstr. 9 Carossastraße 52 Gottenheimerstr. 18 Nelkenweg 14
Dammaeckergasse 28/D1/20 Mittlere Bergstr. 37 Am Schmeding 39 Am Kasernengelände 6 Tannenstr. 49 Feldrosenweg 2 Hauptstr. 5b c/o Franske Hamoirstr. 8 Giselastr. 4 Heinrich-Heine-Weg 13 Calbesche-Str. 4 Kreuzeckstr. 1

PLZ
69151 56249 71088
6868 30625 78628 53804 82216 32120 10825 59229 47495 02708 28879 A 4523 51545 91346 56422 55124
85111 64646 61231 87737
A 5204 83646 A 8323 22049 A 4542 59519 A 3610 30900 40227 24214 A 4632 A 5023 64646 A 4892 83646 53111
9430 14052
70176 21614 72119 52074 56479 48429 71573 48366 4349 48301 8412 A 1140 44789 A 4721 85625 54411 14478 68163 87600 29525 58285 48161 79224 66907
47495 A 1210
1445 12685 84056 A 8790 50259 CH 9436 63762 45131 24568 39218 82380

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