Direkt zum Inhalt Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 39
BEITRAG
4 Die Draconiden kommen (Fischer Daniel)
5 Die totale Mondfinsternis am 15. Juni 2011 (Celnik Werner E.)
9 Liebe Sternen- und Mondfinsternisfreunde (Schwager Stefan)
12 Das SONNE-Relativzahlnetz (Bulling Andreas)
12 Schwerpunktthema Sonnenaktivität und Polarlichter (Hörenz Martin, Rieth Ulrich, Hinz Wolfgang)
14 Sonnenbeobachtung ohne großen Aufwand (Fritsche Steffen)
16 Sonnenbeobachtung in H-Alpha (Hesse Arno, Hörenz Martin)
18 Was macht eigentlich die Sonnenaktivität (Hörenz Martin)
20 Astronomers do it at night (Hörenz Martin)
21 Hinweise zum Bau eines kompakten Spektrohelioskops (Veio Frederick)
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0 Fotobeiträge Sonne (Beitrag)
BEITRAG
30 Was sind Polarlichter (Rieth Ulrich)
33 Von geomagnetischen Stürmen (Rieth Ulrich)
37 Polarlichtbeobachtung im Internetzeitalter (Rieth Ulrich)
41 Tipps zur Aurora-Fotografie (Rieth Ulrich)
43 Neues vom Simple Aurora Monitor (Hansky Karsten, Langenbach Dirk)
48 Urlaub unter den Polarlichtern von Finnisch-Lappland (Heinrich Manfred, Hamann Anke)
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0 Fotobeiträge Polarlichter (Beitrag)
BEITRAG
54 Buchbesprechung "Polarlichter" (Rieth Ulrich)
56 Ist das FirstScope 76 noch zu retten? Teil 1 (Eckert Ulrich, Stepputat Klaus-Jochen)
58 Neues aus der FG Astrofotografie Journal 39 (Rörig Andreas, Hellweg Mark, Riepe Peter)
60 Neyer Fabian (Astrofotografie im australischen Busch)
60 Astrofotografie im australischen Busch (Neyer Fabian)
64 Kalibrierung mittels Bias-, Dark- und Flatframe Teil 2 (Tomsik Harald)
66 Bearbeitung von DSLR-Astroaufnahmen mit Fitswork (von Eiff Hermann)
70 Regenbögen höherer Ordnung in monochromen Licht (Großmann Michael)
75 Fachgruppe Deep Sky - Neues Journal 39 (Spitzer Daniel)
75 Visuelles Deep-Sky-Beobachtungsprojekt: PN am Winter himmel (Spitzer Daniel)
76 Ich sehe was, was du nicht siehst - ein Resümee (Spitzer Daniel)
76 Visuelles Deep-Sky-Beobachtungsprojekt: Andromeda (Spitzer Daniel)
77 Das war das DST 2011 (Spitzer Daniel)
80 Beobachtungen am Limit (Pilz Uwe)
83 Fachgruppe Geschichte der Astronomie Neues J. 39 (Steinicke Wolfgang)
87 Die Geschichte der Entdeckung und Beobachtung des Kohlenstoffsterns V Aquilae (Steinicke Wolfgang)
89 Astronomisches Sommerlager 2010 (Schwarzbach Laura)
92 Gefahreneinschätzung von Near-Earth-Objects (Hoffmann, Haux, Gschwind, Schubert, Fischer)
94 Kosmische Begegnungen Journal 39 (Ries Wolfgang, Hohmann Klaus)
95 Vom Kleinplaneten Leonisis bis zum Neeffisis (Heinrich Volker, Schwab Erwin)
99 Das Perihel des Kometen 103/P Hartley im Jahr 2010 (Pilz Uwe)
102 Kometen über der Eifel (Geffert Michael)
105 Stürme auf Saturn (Celnik, Bischof, Burkart, Gährken, Koch, Kunz, Winterer)
112 Gipfeltreffen (Heinsius Stephan)
116 ASpekt 11 (Hunger Thomas, Eversberg Thomas, Borchmann Rainer)
118 Messen wie die Profis Teil 1 (Eversberg Thomas, Vollmann Klaus)
120 Freud, Wabash und Sirona (Klös Oliver)
122 Epsilon Aurigae (Walter Frank)
124 VdS-Vorstand aktuell Journal 39 (Melchert Sven)
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0 VdS Mitglieder neu Begrüßung Journal 39 (Beitrag)
BEITRAG
125 Das war´n noch Zeiten Journal 39 (Völker Peter)
126 Der Sternhimmel Oktober-November-Dezember 2011 (Melchert Sven, Celnik Werner E., Braune Werner)
129 Sonne, Mond und Sterne über Stonehenge Teil 2 (Steinrücken B., Sparenberg R., Bischof W.)
132 Ein Zwei-Drittel-Marathon (Schmidt Werner)
133 Visuelle Annäherungen an einen PN am Beispiel von NGC 6818 II (Schilling Johannes)
138 Ein Bolidenfotograf stellt sich vor (Stojanov Slavko)
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0 Nachlese: Die partielle Sonnenfinsternis vom 4.1.2011 (Beitrag)
BEITRAG
145 M wie Messier Journal 39: M 70, M 85 (Güths Torsten)
147 Buchbesprechung "Fernrohr Führerschein in 4 Schritten" (Güths Torsten)
148 Buchbesprechung "Der teNeues Himmelskalender 2012" (Celnik Werner E.)
149 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen Journal 39 (Celnik Werner E.)
0 Editorial Journal 39 (Guthier Otto)
Textinhalt des Journals 39
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Nach Redaktionsschluss
Die Draconiden kommen - Riesenausbruch oder Riesenflop?
von Daniel Fischer
In den vergangenen zwölf Jahren hat die Prognose von größeren Ausbrüchen bekannter Meteorschauer gewaltige Fortschritte gemacht und ist insbesondere mit den Leonidenstürmen 1999, 2001 und 2002 ,,erwachsen" geworden. Hatte man lange Zeit geglaubt, entscheidend für eine besonders hohe Fallrate sei allein eine Annäherung der Erde an die Bahn des Kometen, der die verantwortlichen Staubteilchen (Meteoroide) in den Weltraum entlässt, so stellte sich das bei genauerem Hinsehen als großer Irrtum heraus. Denn die Meteoroide entfernen sich vom Kometenkern: durch die Anfangsgeschwindigkeit, mit der sie dessen Gasausströmungen mitgerissen haben, und durch den Strahlungsdruck der Sonne, der sie sanft von ihr fort schiebt. Dadurch gelangt die Staubwolke, die ein Komet rund um`s Perihel freigesetzt hat, bald auf eine deutlich andere Bahn als dieser, und Schwerkraftstörungen durch Planeten wirken sich auch anders aus: Diese ,,Dust Trails" müssen als eigenständige dreidimensionale Gebilde betrachtet werden, die durch das Planetensystem wabern. Und nur wenn die Erde durch solch einen Trail hindurch fliegt oder ihn wenigstens streift, geht die Meteorrate steil nach oben. Von einem Sturm spricht man dabei meist ab 1000 Meteoren die Stunde, die ein einzelner Beobachter unter idealen Sichtbedingungen wahrnehmen kann (als Zenitstundenrate oder ZHR die grundlegende Maßeinheit in der Meteorkunde). Der Leoniden-Sturm von 1999, als die ZHR bis auf 5000 stieg, war der erste mit der neuen Methode vorausgesagte große Ausbruch eines ansonsten ziemlich mauen Meteorschauers, der allerdings gleich 10-mal stärker ausfiel als die Prognose gelautet hatte: Die Zeitpunkte der Maxima voraus zu sagen, gelingt in der Regel auf Viertelstunden wenn nicht Minuten genau, aber die Stärke ist und bleibt ein großes Problem.
Denn wieviel Staub der Komet bei jedem Perihel in seine einzelnen Dust Trails entlassen hat, ist praktisch unbekannt, und ihr ,,Füllstand" kann nur aus früheren Begegnungen der Erde mit ihnen berechnet
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1 Logo der Flugzeug-gestützen Be-
obachtungskampagne zum vorhergesagten Draconiden-Schauer am 08.10.2011
werden, falls es früher schon einmal dazu gekommen ist. Nur passiert dies nie zweimal unter exakt denselben Umständen, und die Trails entwickeln sich auch ständig weiter. Die Prognose der Ausbruchsstärken ist damit immer auch eine Kunst, und einige wenige Theoretiker - Profi- wie Amateurastronomen gleichermaßen - haben sich im vergangenen Jahrzehnt einen Namen gemacht, indem sie weitere kleinere Ausbrüche der Leoniden aber auch der Perseiden recht gut getroffen haben. Gravierende Widersprüche zwischen den bewährten Kräften hat es in den letzten - leider gänzlich Meteorsturm-freien - zehn Jahren nicht gegeben. Aber dieses Jahr ist das anders. Am 8. Oktober wird die Erde einem ,,Dust Trail" des Kometen 21P/Giacobini-Zinner aus dem Jahre 1900 moderat nahe kommen, der bei viel zentraleren Durchgängen zu großen Draconiden-Stürmen mit ZHRs über 10.000 in den Jahren 1933 und 1946 geführt hat. Scheinbar aus dem Sternbild Drache kommend, gingen die Sternschnuppen wie ein dichter Regen nieder, eines der ganz großen Schauspiele der Natur. Dieses Jahr sind bereits ab etwa 19:00 MESZ leicht erhöhte Meteorzahlen dank mehrerer älterer Dust Trails aus dem 19. Jahrhundert möglich. Das Hauptinteresse aber gilt dem ,,bewährten" 1900-er Trail, den die Erde gegen 22:00 MESZ berühren wird - oder auch nicht.
Der französische Astronom Jeremie Vaubaillon geht von einer maximalen Zenitstundenrate von diesmal bis zu 600 um 21:57 MESZ aus, und kanadische Astronomen tippten jüngst sogar auf 1000, also schon einen kleinen Meteorsturm. Doch der russische Meteor-Prognostiker (Mikhail Maslov), in der Vergangenheit genau so erfolgreich wie Vaubaillon, sieht die Erde am dichten Kern des 1900-er (wie auch den anderen) Trails in solchem Abstand fliegen, dass nur mit einer maximalen ZHR von 50 um 22:13 MESZ zu rechnen ist - aber eher, wie er dem Autor nach neuesten Abschätzungen mitteilte, nurmehr fünf Meteoren pro Stunde, was kaum mehr wahr zu nehmen wäre: Das liegt um einen Faktor 10 bzw. 100 schwächer als es die Optimisten sehen. Eine solche Diskrepanz gab es in der Ära der Dust-Trail-Modelle noch nie: Beobachtungen in der Nacht vom 8. zum 9. Oktober sind damit besonders wichtig, um das Verständnis der Meteoroidwolken im Raum voran zu bringen. Sie werden aber erschwert: Vor allem wird ein fast voller Mond stören und zumindest visuellen Beobachtern die schwächeren - und damit einen Großteil - der eventuellen Meteore stehlen und die Himmelsüberwachung ziemlich anstrengend gestalten (empfindliche Videokameras kommen mit aufgehelltem Himmel hingegen besser klar). Auch ist die Wetterstatistik im geometrisch eigentlich recht günstigen Mitteleuropa nicht berauschend, weshalb manche Spezialisten schon eine Reise ans Mittelmeer planen. Vaubaillon allerdings geht ganz auf Nummer sicher: Er bereitet eine Beobachtungskampagne mit einem oder sogar mehreren instrumentengespickten Flugzeugen hoch über Nordeuropa vor.
Internethinweise: (1) Zentrale Info-Seite: http://www.
leoniden.net/draconiden.htm (2) Vaubaillon: http://www.imcce.fr/en/
ephemerides/phenomenes/meteor/ DATABASE/Draconids/2011/index. php (3) Maslov: http://feraj.narod.ru/Radiants/ Predictions/21p-ids2011eng.html
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Die totale Mondfinsternis am 15. Juni 2011
zusammengestellt von Werner E. Celnik, mit Beiträgen von Jörg Henkel, Manfred Kiau, Peter Knappert, Wilfried Langer, Rudolf Plohberger, Robert Pölzl, Hans Schremmer, Thomas Tuchan, und Thomas Winterer
Mit den modernen Informationsmedien und Aufnahmetechniken vergeht immer weniger Zeit zwischen einem astronomischen Ereignis und dem Eintreffen von Fotografien bei der Redaktion des VdS-Journals für Astronomie. Deshalb hatte unsere Online-Redaktion auch bereits kurzfristig eine Fotostrecke mit zahlreichen Bildern der in Mitteleuropa sichtbaren totalen Mondfinsternis vom 15.06.2011 auf die VdS-Homepage gestellt. Aber unseren Lesern wollen wir die Eindrücke, die unsere Beobachter gewonnen haben, nicht vorenthalten und präsentieren hier einige schöne Aufnahmen, die z.T. technisch perfekt sind und/ oder die stimmungsvollen Eindrücke der in der Abenddämmerung tief am Horizont stattfindenden Verfinsterung wiedergeben.
Diese Verfinsterung des Mondes war eine der seltenen, bei der unser Trabant nahezu mittig durch den Kernschatten der Erde läuft, so betrug die Größe der Finsternis 1,705 (d.h. das 1,705-fache des Monddurchmessers). Leider gab es gleich drei Handicaps, die die Finsternis weit vom Optimalen entfernt hielten: Zum einen ging der Mond in Mitteleuropa
bereits verfinstert auf, so dass nur die zweite Hälfte des Ereignisses beobachtbar war, zweitens stand der Mond mit einer Deklination von mehr als 24 Grad Süd bei Ende der Totalität nur etwa 9 Grad über dem Horizont, drittens war nur sechs Tage später Sommeranfang und damit herrschten helle Nächte. Auch das Wetter spielte nicht komplett mit, vielfach gab es dichte Bewölkung.
Robert Pölzl schreibt: Ich finde, es ist mal ganz was anderes: ,,Energy and Astronomy". Ich war ausgerückt, die Mondfinsternis mit einem passenden Hintergrund / Vordergrund fotografisch einzufangen. Dazu bin ich auch weit gereist. Erstens
1 Jörg Henkel nahm die MoFi am
15.6.2011 um 22:02 Uhr auf. Er verwendete eine DSLR EOS 20D mit einem Tamron Zoom-Objektiv von 18 bis 270 mm bei der Einstellung 59 mm und belichtete 13 s bei ISO 800 auf einem Stativ. Beobachtungsort war VillingenSchwenningen Tannheim (im Schwarzwald, ca. 840 m ü. NN).
2 Robert Pölzl belichtete eine Bildserie des Mondes mit dem Kraftwerk
Mellach im Vordergrund. Bei totaler Finsternis fiel 4 Sekunden lang Licht auf den Chip der Kamera, bei 200 mm Brennweite und Blende 4, Empfindlichkeitseinstellung ISO 800, ohne Nachführung.
3 Thomas und Claudia Winterer nahmen den vollständig verfinsterten
Mond in der Abenddämmerung bei noch blauem Himmel auf, Zeit: 15.06.2011 um 20:29 UT. Technische Details s. Text.
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4 Nachdem der Mond sich erst 4
Minuten zuvor aus den Wolken befreien konnte, gelang Rudolf Plohberger an der Sternwarte Plemberg in Hellmonsödt / Österreich um 20:49 UT diese Aufnahme mit einem 7,1-Zoll-Apo-Refraktor bei f/6,75. Er verwendete eine DSLR Canon 40D und belichtete 6 s bei ISO 800. Zahlreiche schwache Sterne neben dem Mond konnten damit erfasst werden!
5 Kurz vor Ende der Totalität
nahm Wilfried Langer den noch total verfinsterten Vollmond auf, mit einem AP Traveller mit 630 mm Brennweite und einer DSLR EOS 40D bei ISO 800. Die Aufnahmezeit für das 3,2-s-Bild: 15.6.2011 um 20:59 UT.
gibt es nicht Objekte wie Sand am Meer und zweitens ist es sehr schwierig die richtige Position zum Objekt / Mond vorzufinden. Eigentlich hatte ich schon fast aufgegeben, doch bei der Heimreise aus der Südsteiermark ist mir im Augenwinkel das Kraftwerk Mellach ins Auge gestochen. Auch hier war es nicht einfach ... Die Bereiche, die als erstes interessant schienen, waren wie im Dschungel verwachsen. Also stand ich dann im Maisfeld und wartete sehnsüchtig auf den verdunkelten Mond.
Thomas Winterer berichtet über die ,,Mondfinsternis über Bayrisch-Schwaben": Die Wettervorhersagen für die Region um Augsburg zeigten für den nördlichen Landkreis tatsächlich bessere Bedingungen als für den sonst so sonnenverwöhnten Süden. Und so stellten wir nach kurzer Fahrt in Richtung Donauwörth unser Equipment am Rande des Zirgesheimer Segelflugplatzes auf. Wir, das waren meine Frau Claudia, Bernd Eser und Dieter Thornau, der sogar mit seinem Wohnmobil zu uns stieß. Von hier oben aus hatten wir einen weiten Blick über das Lechtal. Während dicke Wolken langsam nach Osten abzogen, wurde das Wetter von Westen her immer besser und erste Sterne waren über uns zu sehen. Die Uhr zeigte kurz nach halb zehn und eigentlich müsste der verfinsterte Mond bereits aufgegangen sein, doch genau in südöstlicher Richtung gaben die Wolken die Sicht noch nicht frei, und wir mussten noch gut eine Stunde warten, bis der tiefrote Mond mit bloßem Auge erkennbar war. Mittlerweile hatten sich einige Besucher um uns geschart, die ebenfalls ganz elektrisiert auf den feuerroten Mond zeigten, der nun immer deutlicher zu sehen war. Die Aufnahmen gestalteten sich zunächst etwas schwierig, da ein direktes Scharfstellen auf den verfinsterten Mond nur sehr schwer möglich war und so musste der helle Antares dafür herhalten. Unsere Ausrüstung bestand aus einer Losmandy
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6 Die Aufnahme von Hans
Schremmer ist ziemlich einfach entstanden: Nur mit Stativ und 400er-Teleobjektiv ohne Nachführung. Die Aufnahme bei der tiefsten Finsternis wurde 1,3 Sekunden bei Blende 5,6 und ISO 1600 belichtet (weil es noch wolkig war).
G11, die unseren selbstgebauten 20-cmNewton (f/6) trug. Den Spiegel hatte ich vor vielen Jahren als Erstlingswerk selbst geschliffen und schon mehrfach erfolgreich für die Mond- und Sonnenfotografie eingesetzt. So auch dieses Mal! Zwei Kameras kamen zum Einsatz: Eine Canon EOS 40D mit 10-20 mm Sigma Weitwinkelobjektiv, die wir mit programmierbarem Auslöser sich selbst überließen. Und eine weitere 40D am Newton, die Claudia und ich manuell auslösten. Die manuellen Belichtungszeiten bei ISO 400 lagen während der Totalität bei 6 Sekunden, damit das Histogramm einigermaßen gesättigte Werte anzeigte. Wegen der zunehmenden Mondhelligkeit wurden die Belichtungszeiten dauernd angepasst, bis wir in der Schlussphase mit ,,schnellen" 1/50 s belichten konnten. Um 0:30 Uhr, eine halbe Stunde vor Austrittsende des Mondes aus dem Kernschatten, machten die wieder aufziehenden Wolken eine Beobachtung unmöglich. Trotz der nicht ganz optimalen Bedingungen haben wir zufrieden stellende Ergebnisse mit nach Hause nehmen dürfen. Dass wir zu den Privilegierten in Deutschland gehörten, wurde uns erst ein paar Tage später bewusst. Nämlich als wir erstaunt feststellten, dass die sonst übliche Bilderflut in den Astronomieforen mehr oder weniger ausblieb.
Wilfried Langer schreibt: Bei uns in Pfaffenhofen konnte ich die Mondfinsternis ab 22:30 Uhr zuerst durch Bäume hindurch und ab 22:45 Uhr dann auch frei von jeglichen Sichthindernissen beobachten und fotografieren. Dabei fiel mir auf, dass der verdunkelte Mond während der Dämmerungsphase sehr kontrastarm und unauffällig war. Ab ca. 22:50 Uhr war der verfinsterte Mond sehr schön im Teleskop und im Fernglas zu sehen. Gegen 23:15 Uhr war meine Beobachtungssession dann beendet, denn der Erdtrabant verschwand hinter dem Schornstein eines nahen Heizkraftwerks. Trotz der relativ kurzen Beobachtungsdauer konnten die Totalität und der dritte Kontakt wunderbar beobachtet werden.
Hans Schremmer betreibt ,,Understatement" und schreibt zu seinem Bild: Die Aufnahme ist ziemlich einfach entstanden. Nur mit Stativ und 400er-Teleobjektiv ohne Nachführung. Ich habe sogar den Mond durch das Gesichtsfeld
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wandern lassen, um ein Zeitraffervideo machen zu können. Anbei die Aufnahme mit der tiefsten Finsternis mit 1,3 Sekunden bei Blende 5,6 und ISO 1600 (weil es noch wolkig war). Ich finde meine ,,Handyaufnahmen" nicht so unheimlich scharf und weiß nicht, ob es für einen Abdruck reicht.
Peter Knappert berichtet: War schon eine recht stressige Geschichte. Die GPD2 war nur sehr grob eingescheinert und ich habe dann einfach den Stundenantriebsmotor laufen lassen. Normalerweise mache ich in Waldau im Hochschwarzwald meine Deep-Sky-Aufnahmen, und die Gegend ist bekannt für gutes, stabiles Wetter. Nur am Abend der MoFi hatte es gerade da, wo der Mond aufgehen sollte, eine sehr dichte Bewölkung. Mein Ziel war es, eine 500-700 Meter entfernte Bergkuppe mit Wald, hinter dem der verfinsterte Mond aufgehen sollte, mit dem Mond zusammen abzubilden. Leider war der Mond nicht zu sehen und erst kurz vor Ende der Totalität wurde es klar und die Wolken verzogen sich. Jetzt war natürlich der Vordergrundwald zu tief und der Mond zwar zu sehen, aber zu hoch. Mit dem 70-200er Tele hätte ich das vielleicht noch geschafft, aber nicht mit den 650 mm Brennweite des TMB.
Eilig schaffte ich die Ausrüstung etwa 50 m tiefer, um den Mond noch mit dem Wald zusammen aufnehmen zu können. Die Montierung wurde nur ganz grob nach Norden mit dem Kompass ausgerichtet, um während der Aufnahme nachführen zu können. Es entstanden ein paar Aufnahmen mit jeweils 10, 20 und 30 Sekunden, wobei das Bild mit den 10 Sekunden das beste war. War also recht stressig, aber so ist die Astrofotografie halt manchmal :-)
Manfred Kiau schreibt zu seiner Mondfinsternis-Erlebnis: Am Tag der Finsternis war es stark bewölkt und zunächst sah es gar nicht gut aus. Ein Blick auf die
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Peter Knapperts stimmungsvolle Aufnahme der Mondfinsternis kurz nach Totalitätsende entstand an einem TMB Refraktor mit 105 mm Öffnung und 650 mm Brennweite. Eine GPD2-Montierung, ein Berlebach-Stativ dienten der Stabilität, mit einer Canon 50D belichtete er 1x10 Sekunden bei ISO 400. Beobachtungsort war Waldau, Hochschwarzwald, in 1.180 m Höhe.
aktuelle Wetterprognose nach Feierabend ließ jedoch Hoffnung aufkommen: Das Regengebiet zieht ab und aufgelockerte Bewölkung folgt. Die Prognose bestätigte sich und gegen 21 Uhr zeigten sich die ersten, noch kleinen Wolkenlücken. Ich entschloss mich, die Finsternis von meiner Balkonsternwarte in DuisburgBaerl aus zu beobachten und nicht am Beobachtungsabend der Rudolf-RömerSternwarte Duisburg-Rheinhausen teilzunehmen. Ab 22:00 MESZ zog der Himmel fast vollständig frei - leider nur fast, denn in Richtung Südost und somit in Richtung des bereits aufgegangenen und verfinsterten Mondes hingen die letzten Wolkenbänder fest. Nicht zuletzt wegen der Horizontnähe des Mondes verdeckten sie den Blick auf das Finsternisspektakel, so dass meine Partnerin und ich keinen Blick auf den Mond im Kernschatten der Erde erheischen konnten. Nach dem Austritt aus dem Kernschatten war der Mond
8 Später nach Ende der Totalität
nahm Wilfried Langer die partielle Phase des verfinsterten Vollmondes auf, mit einem AP Traveller mit 630 mm Brennweite und einer DSLR EOS 40D bei ISO 800. Das 0,5 s lang belichtete Bild wurde am 15.6.2011 um 23:14 MESZ aufgenommen (man sieht bereits den nahenden Schornstein...).
9 Manfred Kiau nahm den Austritt
des Mondes aus dem Kernschatten in Duisburg auf. Er verwendete einen TMB-Apo-Refraktor 105 mm / 650 mm mit einer Kamera Canon D40 im Primärfokus. Aufnahmezeitpunkte am 15.6.2011 waren 23:31 und 23:42 MESZ.
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10 Thomas Tuchans Zusammenstellung der einzelnen MoFi-Phasen: Belichtung der Totalität durchgehend mit 15 Sekunden
bei ISO 800. An einem Refraktor Pentax 75 SHDF und einer 2x-Barlowlinse auf einer alten Vixen-SP-Montierung. (Genauere Aufnahmedaten auf der Homepage: http://www.sternhimmel-ueber-ulm.de).
jedoch einigermaßen hoch gestiegen, und die Wolken gaben den Blick auf den Erdtrabanten frei. So war uns wenigstens der Anblick des teilverfinsterten Mondes gegönnt.
Thomas Tuchan berichtet: Mondfinsternis 2011 - leider nicht komplett, der Mondaufgang und die totale Phase war fast komplett hinter Wolken. Es zog eine kleine Gewitterzelle durch. Doch dann kurz vor Ende der totalen Phase zeigte sich endlich der Mond. Leider mehr schlecht als recht. Schleierwolken, Dunst oder Nebel versperrten weiterhin die optimale Sicht. Das Fokussieren wurde zur Tortur, genauso wie die Bildbearbeitung. Ich
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habe immer wieder mit Hintergrundrauschen und Farbabrissen in den Bildern zu kämpfen gehabt. Nun ja, man soll nicht meckern, zumindest habe ich ein paar Fotos machen können. Die Mondfinsternis soll angeblich recht dunkel ausgefallen sein. Visuell kam sie mir aber heller vor. Vielleicht lag's an dem langen Warten und dem Wetter. Die nächste ,,brauchbare" Mondfinsternis ist offensichtlich erst in 4 Jahren - eine lange Durststrecke!
Red.: Die nächste totale Mondfinsternis überhaupt findet am 10. Dezember 2011 statt. Und wieder geht der Mond erst in der Schlussphase des Ereignisses bei uns auf.
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Liebe Sternen- und Mondfinsternisfreunde, ein Gruß aus der Sternwarte
von Stefan Schwager
Soeben haben wir alle Nacharbeiten auf der Sternwarte beendet und ich möchte hiermit die ersten Bilder des Naturschauspieles der vergangenen spannenden Nacht präsentieren.
Pünktlich um 20 Uhr öffneten wir die Sternwarte in Riesa, und bereits zu dieser Zeit kamen die ersten Gäste vorbei und wollten mit dabei sein, bei der Mondfinsternis. Schnell gesellten sich noch viele weitere Gäste, Kinder und Vereinsmitglieder mit dazu, denn keiner wollte sich das Schauspiel des Vollmondes entgehen lassen. 12 große und kleine private Teleskope, darunter auch sehr teure Fernglastechnik, wurden auf dem Dach der Sternwarte und der speziellen ,,MoFi-Lounge" aufgebaut und vorbereitet, und alle warteten an der Technik auf den Star des Abends: den total verfinsterten Mond.
Pünktlich um kurz vor halb zehn sollte der Mond über dem Horizont erscheinen, doch ein dickes Wolkenband versperrte
diesen Anblick. Die Gäste blieben dennoch voller Erwartungen und vertrauten auf das positive Gespür der SternwartenCrew, welche noch Hoffnung hatte. Mit historischen und interessanten Fakten rund um Mondfinsternisse der Menschheitsgeschichte und der erlebten Vergangenheit füllten wir die lange Wartezeit auf die Mondfinsternis. Auch die Erklärungen, wie man dabei die Dimensionen von Erde, Mond und Entfernungen bestimmen könnte, wurden derzeit noch einmal anschaulich erklärt. Keiner konnte sich so richtig vorstellen, wie das eigentlich funktioniert.
Nun wurde es aber ernst und der Zeitpunkt des 3. Kontaktes, also des Endes der Totalität und dem beginnenden Austritt des Mondes aus dem Kernschatten der Erde, rückte unaufhörlich näher. Um 22:30 Uhr hatten die Gäste und Sternenfreunde immer noch keinen Blick auf die MoFi bekommen, aber der Himmel wurde zunehmend klarer. Nur der schmale
Streifen am Horizont blieb hartnäckig und verdeckte weiterhin den roten Mond. Die Riesaer Sternwarte hat seit Monaten zusammen mit Südafrikanischen Wissenschaftlern in Pretoria Vorbereitungen zur Dokumentation und Bestimmung der Mondparallaxe getroffen und die vereinbarten Zeitpunkte verstrichen einer um den nächsten. Die Stimmung war bei allen gut und dennoch machte sich Nervosität breit, weil man doch nach November 2003 endlich mal wieder einen roten Finsternismond sehen wollte und viele Gäste und Vereinsmitglieder noch nie eine Totale Mondfinsternis sehen konnten.
Doch kurz vor 23:00 Uhr dann war es endlich soweit und der noch verfinsterte Mond befreite sich aus dem Wolkenschleier. Für wenige Minuten konnten doch noch alle den roten Mond am Himmel und in den Instrumenten verfolgen. Wenn auch nicht mehr in der möglichen Länge, aber immerhin noch ausreichend
1 Verlauf der totalen Mondfinsternis vom 15. Juni 2011 zwischen 23:00 und 23:40 Uhr. Aufnahmen am 12-Zoll-SC-Teleskop
der Sternwarte Riesa, mit Baader Allan Gee Canon EOS 1000D bei ISO 100, obere Reihe 15 s, untere Reihe 1/40 s belichtet. (Aufnahme Sternwarte Riesa / Schwager)
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um auch die wissenschaftlichen Aufnahmen anzufertigen, welche später Grundlage für die Berechnungen sein sollen.
Geschafft! Freude verbreitete sich in allen Gesichtern und alle waren glücklich, doch noch die Mondfinsternis gesehen zu haben. Die Gäste verabschiedeten sich mit großem Dank für alle Erklärungen, Informationen und der Beobachtungsmöglichkeit hier vor Ort und verließen voller Freude die Sternwarte. Zur Beobachtung der partiellen Phase bis kurz nach Mitternacht blieben dann nur noch eine Hand voll Gäste und die Mitglieder der Sternwarte. Knapp eine Stunde dauerte es dann noch, bis sich der Mond um 00:03 Uhr aus dem Kernschatten der Erde mit dem 4. Kontakt befreien konnte. Doch leider entging auch dieser letzte visuelle Akt, inkl. der darauf folgenden Halbschattenfinsternis dem Riesaer Auge, denn die nächste Wolkenschicht schob sich gegen 23:45 Uhr vor den noch teilweise verfinsterten Mond.
Doch nicht alle Beobachter in Deutschland hatten dieses Glück. Noch in der Nacht hatten wir Kontakt zu Sternenfreunden aus verschiedenen Nachbarund Bundesländern und wir hatten wirklich Glück, dass wir etwas sehen konnten.
Doch eines ist sicher: Wir haben es gesehen und sind froh mal wieder Zeuge eines derart seltenen Ereignisses gewesen zu sein. Nun schauen wir auf den 10. Dezember 2011 und auf den September 2015, an welchem wir von Deutschland aus wieder einmal eine Totale Mondfinsternis sehen können.
Die Bilder im Anhang zeigen die Phasen der von uns sichtbaren und möglich gewesenen Phasen der MoFi. Die Aufnahmen wurden mit dem Teleskop der Sternwarte Riesa vom Sternwartenleiter gemacht. Um die Totalität fotografieren zu können, mussten unglaubliche 15 Sekunden Belichtungszeit gewählt werden. Der erfahrene Beobachter von Finsternissen merkte sofort, dass es sich um eine besonders dunkle Finsternis handelte, was wohl an dem zentralen Durchgang des Mondes durch den Kernschattenkegel der Erde lag und andererseits auch an den derzeitigen vulkanischen Aktivitäten auf der Erde zusammenhängt, welche die Atmosphäre etwas ,,dicker" für kosmisches Licht macht und zusätzlich nachdunkelt.
Nun warten wir voller Spannung auf die Aufnahmen der Finsternis aus Südafrika, denn genau wie wir in Riesa sollten dort Aufnahmen des Mondes während
der Totalität zusammen mit dem Sternenhintergrund gemacht worden sein. Wenn man dann beide Aufnahmen miteinander vergleicht, dann wird man Abweichungen der Mondposition erkennen und ausmessen können - die Parallaxe! Damit lässt sich dann die Entfernung des Mondes von beiden Beobachtern ermitteln, so wie es früher mit großen Exeditionen schon gemacht wurde, als man die Dimensionen des Planetensystems und der Erde noch nicht genau kannte und herausfinden wollte.
Die Auswertung kann man über unsere Website www.Sternenfreunde-Riesa.de verfolgen.
Wir freuen uns nun auf den kommenden Samstag, an welchem wir unsere Gäste zur Sonnenbeobachtung herzlich einladen, denn am Wochenende erwarten wir den längsten Tag des Jahres und können die Sonne bis in den Abend in sicher dafür ausgestatteten Teleskopen beobachten. Ab 15 Uhr ist die Sternwarte am kommenden Samstag geöffnet und auch Bilder der Mondfinsternis werden dann zu bestaunen sein.
IMPRESSUM
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Teutsch, Laudenbach
,,VdS-Journal für Astronomie" erscheint viermal pro Jahr und ist im Mitgliedsbeitrag von 35,- (Europa) und 40,(außereurop. Länder), bzw. ermäßigt 25,- pro Jahr enthalten
Beiträge werden erbeten an: VdS-Geschäftsstelle, Postfach 1169, D-64629 Heppenheim und an die Redakteure der VdS-Fachgruppen (siehe Redaktionsliste). Redaktionsschluss für die Ausgabe Nr. 41 ist der 01.11.2011. Die Endredaktion erlaubt sich einen Hinweis auf die Schwerpunktthemen der zukünftigen Journale (lt. Protokoll FG-Treffen April 2011, Bebra): VdS-J Nr. 40: ,,Galaxien" und VdS-J Nr. 41: ,,Atmosphärische Optik". Mit dem Einsenden gibt der Autor sein Einverständnis zum Abdruck im ,,VdS-Journal für Astronomie". Es besteht keine Veröffentlichungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter Form zu veröffentlichen. Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die abgedruckten Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
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Sonnenaktivität und Polarlichter
Schwerpunktthema Sonnenaktivität und Polarlichter
von Martin Hörenz, Ulrich Rieth und Wolfgang Hinz
Im Jahr 1977 erfolgte die Gründung der VdS-Fachgruppe Sonne als Zusammenschluss von Einzelbeobachtern aus der Bundesrepublik Deutschland. Informationen zwischen verschiedenen Beobachtern auszutauschen ist das Hauptziel der Fachgruppe. Dazu wurde das Mitteilungsblatt ,,SONNE" ins Leben gerufen, dessen kommende Ausgabe die Nummer 130 tragen wird. Hier sind auch die Ergebnisse des SONNE-Netzes zu finden, welches eingehende Relativzahl-Bestimmungen auswertet. Im Rahmen dieses Netzes wurden bisher über 400 000 Einzelbeobachtungen gesammelt. Wetterbedingte Lücken von Einzelbeobachtern konnten so seit mehreren Jahrzehnten vollständig geschlossen werden. Außerdem fotografieren und vermessen Beobachter der Fachgruppe auch Sonnenflecken und andere Erscheinungen auf der Sonne. Arbeitsgebiete sind vor allem das Fackelnetz, Sonnenflecken mit bloßem Auge, die Positionsbestimmung oder auch die Fotografie. Durch die Markteinführung preiswerter HAlpha-Teleskope sind eine Reihe weiterer Erscheinungen in den Bereich der Amateurastronomie gerückt, auch die Dokumentation von Flares ist mittlerweile nicht mehr nur Forschungseinrichtungen vorbehalten.
bündeln, betreut er ab Mitte der 1990er Jahre die Fachgruppen Meteore und Atmosphärische Erscheinungen der VdS. Er beschäftigt sich mit fast allen Erscheinungen der unteren und oberen Atmosphäre, von den Regenbögen, Glorien und Haloerscheinungen über die Leuchtenden Nachtwolken bis hin zu Meteoren und Polarlichtern. Es werden mehrere Beobachtungsnetze betrieben und Antworten auf viele Fragen gegeben.
Da das Auftreten von Polarlichtern insbesondere von der Sonnenaktivität abhängt, liegt es nahe, beide Gebiete einmal fachübergreifend im Rahmen eines VdS-Schwerpunktthemas zu betrachten. Insbesondere die Kombination aus Sonnenbeobachtung am Fernrohr, Verfolgung der Aktivitäten im Internet, die Nutzung privater Magnetometer und schließlich eine erfolgreiche Polarlichtbeobachtung und/ oder -fotografie lässt selbst einen Amateurastronomen die Zusammenhänge im Sonnensystem verstehen und erleben. Dank einer wieder steigenden Sonnenaktivität bieten sich solche Möglichkeiten in den kommenden Monaten und Jahren wieder häufiger.
Der Arbeitskreis Meteore wurde 1978 als Arbeitskreis des Kulturbundes in der DDR gegründet und ab 1990 als eigenständiger Verein weitergeführt. Um die Interessengruppen zu
Viel Spaß bei der Lektüre wünschen ihre VdS-Fachgruppen Atmosphärische Erscheinungen und Sonne.
Das SONNE-Relativzahlnetz
von Andreas Bulling
Die zentrale Sammlung und einheitliche Auswertung von Beobachtungen der Wolfschen Relativzahl war einer der Grundgedanken, die 1977 zur Entstehung des SONNE-Relativzahlnetzes führten. Der synonyme Begriff ,,SONNE-Netz" zeigt, wie eng es mit der Gründung des Mitteilungsblattes ,,SONNE" verbunden ist, das zur Veröffentlichung der Ergebnisse und zum Erfahrungsaustausch zwischen den Amateursonnenbeobachtern dient.
Die Sonnenfleckenrelativzahl Re (oder R) wurde von Rudolf Wolf im Jahr 1848 als Maßzahl für die Sonnenaktivität eingeführt, um Beobachtungen unterschied-
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licher Personen vergleichen zu können und eine möglichst konsistente Datenreihe zu erhalten. Durch ihre recht einfache Bestimmung gehört sie zu den beliebtesten Beobachtungsprogrammen, vor allem unter den Amateuren: Die Zahl der sichtbaren Fleckengruppen g und die Zahl aller Einzelflecken f genügt, um
Re = 10 · g + f berechnen zu können. Durch Multiplikation mit einem Faktor k werden die Daten eines Beobachters üblicherweise auf eine gemeinsame Skala umgerechnet.
Seit 1983 werden im SONNE-Netz pro Jahr durchschnittlich 14.500 Beobachtungen von ca. 130 Beobachtern aus
aller Welt ausgewertet (siehe Abbildung 1). Die meisten Daten gehen inzwischen per Mail ein. Seit 1997 nahm zwar die Zahl der regelmäßigen Beobachter auf ca. 100 ab, doch konnte nach wie vor für jeden Tag eine Relativzahl berechnet werden (der letzte ,,Lückentag" war am 27.11.1981). Zwischen 2006 und 2009 lagen pro Tag mindestens sechs Beobachtungen vor, durchschnittlich waren es 36 und gleich an mehreren Tagen wurde der Höchstwert von 66 erreicht. Das Datenarchiv umfasst ca. 440.000 Beobachtungen von 1000 Beobachtern, wobei einige Personen mehr als 3000 eigene Beobachtungen eingeschickt haben.
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Als weitere Beobachtungsprogramme kamen 1984 die getrennte Bestimmung von Re für die Nord- und Südhemisphäre und die Ermittlung der Beckschen Flächenzahl Re' hinzu. Beide Programme laufen parallel zur Bestimmung der üblichen Wolfschen Relativzahl, d.h. sie werden zusammen mit dieser quartalsweise ausgewertet.
Abbildung 2 zeigt den Verlauf der nach der P17-Methode geglätteten Monatsmittel über die Fleckenzyklen Nr. 21, 22 und 23 hinweg. Interessanterweise zeigen alle drei Zyklen ein deutlich ausgeprägtes Doppelmaximum. Das Minimum 2008/ 2009 war das tiefste und fleckenärmste seit rund hundert Jahren.
Die Relativzahlen des SONNE-Netzes werden unabhängig von anderen Netzen berechnet. Bei der einmaligen ,,Kalibration" auf die internationale Standardreihe wurden zugleich so genannte Standardbeobachter mit möglichst konstantem kFaktor ermittelt. Das Auswerteverfahren wurde so konzipiert, dass ihre Beobachtungen die Schwankungen durch weniger sorgfältige Beobachter ausgleichen. Nach festgelegten Qualitätskriterien werden die Standardbeobachter jährlich neu bestimmt und ihr k-Faktor für das folgende Jahr festgelegt [1].
Für jedes Auswertungsquartal und -jahr wird eine Beobachterliste mit den aktuellen k-Faktoren und weiteren statistischen Parametern veröffentlicht. Beim k-Faktor handelt es sich dabei um einen Umrechnungsfaktor. Er sollte von Quartal zu Quartal möglichst gleich bleiben. Weiterhin geben die Streuung s bzw. die Korrelation r Auskunft über die Qualität einer Beobachtungsreihe: s ist idealerweise klein, r sollte möglichst bei 1 liegen.
Das vergangene Fleckenminimum stellt die Auswertung hinsichtlich dieser Parameter allerdings vor Probleme. Bedingt durch die über Monate hinweg fleckenfreie Sonne kam es zu starken Schwankungen der k-Faktoren selbst bei erfahrenen Beobachtern. Auch eine Korrelation kann nur zuverlässig bestimmt werden, wenn es genügend Tage mit Re > 0 gibt. Die Berechnung der definitiven Relativzahlen des SONNE-Netzes liegt deshalb seit Januar 2010 auf Eis, bis die Überarbeitung des Auswertungsverfahrens ab-
1 Anzahl der Beobachter im SONNE-Netz von 1977 bis 2009
2 Geglättete Monatsmittel von Wolfscher Relativzahl (zusätzlich getrennt
nsach Hemisphären) und Beckscher Flächenzahl
3 Vergleich der Relativzahl-Jahresmittel von SONNE-Netz / SIDC und der
k-Faktor zwischen beiden Reihen zwischen 1977 und 2010 VdS-Journal Nr. 39
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geschlossen ist. Die provisorischen Relativzahlen gibt es natürlich weiterhin und sie wurden auch für die Abbildungen verwendet.
Der Vergleich der Jahresmittelwerte für Re zwischen SONNE-Netz und SIDC (Abbildung 3) zeigt langsame Verände-
rungen des k-Faktors (hier: Umrechnung von SIDC auf SONNE). Bis 1999 lagen die Zahlen des SIDC über denen des SONNENetzes, seither ist es meist umgekehrt. Auch hier mag die Ursache im Auswerteverfahren liegen - ob in dem von SONNE oder in dem des SIDC, ist nicht klar.
Literaturhinweise: [1] K. Reinsch, 1992: ,,Das SONNE-
Relativzahlnetz"; SONNE 62, S. 57
Sonnenbeobachtung ohne großen Aufwand - das A-Netz
von Steffen Fritsche
Seit 1984 arbeiten Beobachter in einem Netz zusammen, das weniger Aufwand nicht erfordern könnte. Man benötigt nur einen geeigneten Filter um die Sonnenstrahlung abzuschwächen. Man kann die bekannten SoFi-Brillen verwenden oder einen vorhandenen Sonnenfilter für das Objektiv. Auch wer Okularsonnenfilter für ein Fernglas besitzt (die man am Fernglas selbst nicht einsetzen sollte!) kann diese einfach ohne Fernglas vor die Augen halten. Weitere Hilfsmittel werden beim A-Netz nicht eingesetzt!
Ich habe meine Sonnenfilter gut verteilt zu Hause, im Auto, am Arbeitsplatz und in der Fototasche. Auch wenn ich es nicht schaffe die Sonne mit meinem Fernrohr zu beobachten - ein Blick nur mit Filter geht immer!
Momentan arbeiten etwa 25 Beobachter zusammen und ermöglichen eine meist
lückenlose Beobachtung der Sonne mit bloßem Auge. Dabei gibt jeder Beobachter für jeden Tag an, wie viele Flecken er (unter Zuhilfenahme des Filters) erkennen konnte. Diese Zahl wird ,,A" genannt. Wichtig sind nicht nur die Tage, an denen Flecken erkannt werden konnten, sondern auch die fleckenfreien Tage. Zum einen spielen sie eine wichtige Rolle bei der Ermittlung des Mittelwertes der A-Zahl für jeden Tag eines Jahres, zum anderen lässt sich die Sonnenaktivität auch an der Zahl der fleckenfreien Tage verfolgen.
Unter günstigen Bedingungen wie Lichtschwächung durch Nebel oder tiefem Sonnen¬stand sind auch Beobachtungen ohne Filterhilfe möglich. Diese werden als ,,A*" bezeichnet. Solche Beobachtungen sind eigentlich recht selten, aber manchmal so eindrucksvoll, dass sie sogar Autofahrern aufgefallen sind. Die
letzte A*-Beobachtung stammt aus dem Jahre 2006. Da die Sonnenaktivität aber wieder merklich ansteigt kann mit der ersten Sichtung im neuen Zyklus bald gerechnet werden.
Die Beobachter senden ihre Ergebnisse am besten per E-mail oder per Post (Adresse siehe unten) zur Auswertung an Steffen Fritsche.
Beobachtungsergebnisse Für jeden Tag wird ein Mittelwert aus allen Beobachtungen gebildet und daraus wiederum ein Monatsmittel. Diese unterliegen aber noch so großen Schwankungen, dass eine weitere spezielle Mittelung über 17 aufeinander folgende Monate erforderlich ist. Dieser Mittelwert wird P17-Mittel genannt [1].
Welchen Verlauf zeigt nun die Sonnenaktivität, wenn man sie mit bloßem Auge registriert? Gibt es deutliche Abweichungen von dem Verlauf, den man mit der ,,herkömmlichen" Wolfschen Relativzahl erhält? Diese Frage ist insbesondere wichtig, um die vorteleskopischen Fleckenbeobachtungen, z.B. aus China, besser einordnen zu können.
1 Die Sonnenaktivität von 1985 bis 2010; Vergleich A-Netz (bloßes Auge) mit
dem SONNE-Relativzahlnetz (teleskopische Beobachtungen); P17-Mittlung
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In Abbildung 1 wurde das A-Zahl Mittel mit 100 multipliziert, um einen besseren Vergleich zu ermöglichen. Dabei zeigt sich, dass die Sonnenaktivität durch die Beobachtung mit bloßem Auge ebenso gut verfolgt werden kann, wie mit dem Fernrohr. Auch kleinere Schwankungen werden gut erfasst. Die Zeitpunkte von Minimum und Maximum stimmen sehr gut überein!
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Die Zahl der fleckenfreien Tage ist genau gegenläufig zur A-Zahl. ,,Fleckenfrei" bedeutet dabei, dass das Mittel für einen bestimmten Tag gleich null ist. Das Mittel wird dabei auf eine Dezimale gerundet. Erkennt also ein Beobachter einen Fleck, müssen 20 andere Beobachter keinen sehen, um einen fleckenfreien Tag zu erhalten. Auch diese Festlegung ist rein willkürlich!
Beim Vergleich der Abbildungen 1 und 2 erkennt man den höchsten Anteil fleckenfreier Tage 1986, 1996 und 2008/09, was gut zu den Minima der A-Zahlen passt. Umgekehrt ist der geringste Anteil fleckenfreier Tage 1992 und 2002 jeweils zum Maximum der A-Zahl zu verzeichnen.
Auch die Zahl der Flecken, die ohne Filterhilfe gesichtet wurden ,,spielt mit" (wird seit 1993 erfasst). Genau 2002 wurden die meisten gesehen! Im vergangenen Minimum seit 2007 überhaupt kein Fleck mehr. Natürlich ist hier ein Vergleich mit der Wolfschen Relativzahl nicht mehr möglich. Um ähnliche Ergebnisse wie bei der A-Zahl zu bekommen müssten auch alle Tage erfasst werden, an denen eine Beobachtung ohne Sonnenfilter möglich war, aber kein Fleck erkannt werden konnte. Das erfolgt bisher nicht.
Beobachterzahl Nachdem in den 1990er Jahren immer um die 50 Beobachter teilnahmen, ging die Zahl in den letzten Jahren deutlich zurück. Einige ältere Beobachter schieden aus gesundheitlichen Gründen aus, während jüngere, neue Beobachter bisweilen nicht lange ,,bei der Stange" blieben. Trotz der im Minimum häufigen ,,Null" hat sich die Anzahl der Beobachter aber jenseits der 20 stabilisiert.
Aktuelle Entwicklung In den letzten Monaten hat sich einiges auf der Sonne getan. Zwar lag der Anteil der fleckenfreien Tage noch bei mehr als 70 Prozent, aber immer mehr Beobachter konnten die ersten Flecken mit bloßem Auge erkennen. Am 16./ 17.2.2011 und am 6./ 7.3.2011 waren sogar schon wieder zwei Flecken gleichzeitig sichtbar.
Es ist ganz einfach! Neugierig geworden? Na dann los! Mitmachen kann jeder, der ein geeignetes Filter zur Lichtabschwächung besitzt und Spaß daran hat, jeden Tag nach kleinen
2 Häufigkeit der fleckenfreien Tage eines Jahres 3 Beobachtungen von Flecken ohne Filterhilfe
4 Anzahl der Beobachter von 1984 bis 2010
schwarzen Flecken Ausschau zu halten. Und gebraucht werden die Beobachtungen immer. Je mehr Beobachter mitmachen, desto genauer lässt sich die Sonnenaktivität verfolgen. Es lohnt sich! Vorkenntnisse, Zeit und großes technisches Equipment sind nicht erforderlich, dafür Ausdauer und Spaß an der ,,kleinen Beobachtung zwischendurch".
Bei Interesse oder wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich am besten per Email an den Autor: a-netz@vds-sonne.de
Literaturhinweise: [1] Reinsch, K.; Beck, R.; Hilbrecht,
H.; Völker, P.: Die Sonne beobachten, Verlag Sterne und Weltraum, Heidelberg, 1999
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Sonnenaktivität und Polarlichter
Sonnenbeobachtung in H-Alpha
von Martin Hörenz und Arno Hesse
Im ,,gewöhnlichen" Fernrohr liefert die Sonne ein Bild im Weißlicht (auch als Integrallicht bezeichnet). Unter Berücksichtigung der dafür notwendigen Sicherheitsmaßnahmen zur Lichtdämpfung (Objektivfilter, Sonnenprisma, Projektionsmethode), lassen sich die Granulation der ungestörten Photosphäre sowie die Sonnenflecken mit Umbra, Penumbra und Lichtbrücken bzw. am Sonnenrand die Fackeln als Erscheinungen der gestörten Photosphäre (aktive Regionen) beobachten. Wird ohne Farbfilter beobachtet, ist mit bloßem Auge je nach Lebensalter ein Spektralbereich von ca. 4000 bis 8000 Ångstrøm (Einheit: 1 Å = 10-10 m) erfassbar.
Möglichkeiten zur Sonnenbeobachtung in H-Alpha Dem gegenüber steht die Möglichkeit, die Sonne auch im monochromatischen Licht, d.h. in einer einzelnen Linie des solaren Spektrums zu beobachten. Damit können auch die Erscheinungen anderer Schichten der Sonne erfasst werden, die im Weißlicht unbeobachtbar bleiben. Dazu zählt vor allem die Chromosphäre, welche im Weißlicht überstrahlt wird.
Die bekanntesten Linien für die monochromatische Sonnenbeobachtung sind die H-Alpha- bzw. C-Linie (656 nm) sowie die Calzium- bzw. K-Linie (393 nm). Die H-Alpha-Linie ist vor allem durch die hohe Erscheinungsvielfalt gekennzeichnet. Außerdem liegt die Linie im gut sichtbaren Bereich des Spektrums. Weiterhin ist die Halbwertsbreite dieser Linie ausreichend groß, um die Kosten für einen entsprechenden Filter im akzeptablen Bereich zu halten, was für weniger breite Linien, z.B. die Mg-Linie oder die Na-Linien nicht gegeben ist (Halbwertsbreite 0,1 Å). Eine größere Linienbreite weist die Calzium-Linie auf, die jedoch am blauen Rand des Spektrums liegt, wodurch die Erscheinungen nur fotografisch gut erfassbar sind und auch die Vielfalt der Erscheinungen gegenüber der H-Alpha-Linie reduziert ist. Für visuelle Beobachtungen ist daher fast ausschließlich die H-Alpha-Linie relevant.
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Bereits seit mehreren Jahrzehnten sind Protuberanzenansätze im Einsatz. Diese verwenden eine Kegelblende, um die Sonne selbst abzudecken, nicht jedoch die Protuberanzen am Sonnenrand. Um den im Laufe eines Jahres variablen Sonnendurchmesser zu berücksichtigen, ist ein Satz von mehreren Kegeln sinnvoll. Weiterhin ist ein engbandiger Rotfilter notwendig, der eine Halbwertsbreite von weniger als 100 Ångstrøm aufweisen muss. Mit einer solchen Kombination können die kräftigsten Protuberanzen erfasst werden, besser ist jedoch die Verwendung eines deutlich schmalbandigeren Filters zwischen ein bis zehn Ångstrøm, um auch bei leicht dunstigem Himmel schwächere Erscheinungen noch erfassen zu können. Mit einem solchen Instrument sind jedoch keine Beobachtungen der Oberfläche möglich.
Seit einigen Jahren ist aber auch die Beobachtung der Chromosphäre der gesamten der Erde zugewandten Sonnenhemisphäre mit Interferenzfiltern (,,H-Alpha-Filter") bzw. kompletten HAlpha-Teleskopen möglich. Bereits seit einiger Zeit ist vor allem das Personal Solar Telescope (PST) der Firma Coronado - ein kleines H-Alpha-Fernrohr mit einer Öffnung von 40 Millimetern - bei Amateuren beliebt und verbreitet. Vor kurzem hat dieses Instrument durch das LS 35 der Firma Lunt Solar Systems, ein weiteres Komplettsystem mit einer Öffnung von 35 Millimetern, Konkurrenz bekommen. Beide Typen sind für einen Preis deutlich unterhalb von 1000 Euro zu haben. Größere Systeme oder Filter, die auch an vorhandene Fernrohre adaptiert werden können, sind ebenfalls erhältlich, aber deutlich teurer.
Die Halbwertsbreiten der verwendeten Filter liegen im Normalfall zwischen 0,5 und 1 Ångstrøm. Die Bedienung dieser Instrumente ist aber nicht immer intuitiv. Während die Sonnenflecken im Weißlicht nach dem Scharfstellen meist sofort erkannt werden, erscheint die Sonne in H-Alpha zunächst meist als rote Scheibe mit deutlich weniger Kontrast. Durch die Nutzung eines Einstellringes oder
-hebels kann aber die H-Alpha-Linie genau justiert werden, wodurch dann die entsprechenden Erscheinungen besser sichtbar werden. Um den Kontrast weiter zu erhöhen, kann ein schwarzes Beobachtungstuch Blendung durch Streulicht vermeiden. Außerdem sind auch nicht alle Okulare an einem H-alpha-Teleskop uneingeschränkt verwendbar. Insbesondere einfach gebaute Okulare zeigen häufig einen guten Kontrast. Orthoskopische Okulare können dagegen nicht immer ohne Einschränkung empfohlen werden.
Sichtbare Erscheinungen der Chromosphäre Die ungestörte Chromosphäre ist durch ein relativ kontrastarmes Muster gekennzeichnet, das jedoch deutlicher in Erscheinung tritt, als die Granulation im Weißlicht. Diese Erscheinung wird als ,,Chromosphärisches Netzwerk" bezeichnet. Bei höherer Vergrößerung sind ,,Spikulen" am Sonnenrand erkennbar [1]. Recht deutlich und vor allem häufig sind am Sonnenrand Protuberanzen als helle Erscheinungen beobachtbar, die auf der Oberfläche als dunkle Erscheinungen hervortreten und dann Filamente genannt werden [1]. Hierbei handelt es sich um Wolken aus ionisiertem Gas in der oberen Chromosphäre. Die Materie wird durch solare Magnetfelder ,,gefangen", daher können diese Erscheinungen oft über mehrere Tage beobachtet werden. Neben diesen ruhigen Erscheinungen gibt es aber auch eruptive Protuberanzen, die manchmal recht eindrucksvoll in Erscheinung treten und bereits nach wenigen Minuten Veränderungen zeigen.
Neben diesen dunklen Erscheinungen fallen auch helle Gebiete auf, die ein ähnliches Erscheinungsbild aufweisen, wie die Fackeln im Weißlicht, jedoch nicht nur am Rand zu sehen sind. Diese werden als chromosphärische Fackeln bzw. Plages bezeichnet [1].
Außer den für den H-Alpha-Bereich typischen Erscheinungen lassen sich auch große Sonnenflecken beobachten. In den Regionen mit hoher Aktivität können in
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selteneren Fällen sogar Flares auftreten, die eine höhere Helligkeit als die chromosphärischen Fackeln aufweisen, jedoch deutlich kurzlebiger sind [1].
Die H-Alpha-Relativzahl Bis zum Jahr 2008 wurden alle genannten Erscheinungen getrennt voreinander erfasst. So wertete man beispielsweise Protuberanzenrelativzahlen über viele Jahre aus (vgl. [2]) oder zeichnete HAlpha-Tageskarten (vgl. [3]). Es erfolgte jedoch keine Sammlung und systematische Auswertung der Beobachtungen, sondern ,,nur" die Veröffentlichung von Einzelbeobachtern.
Für eine koordinierte systematische Sonnenbeobachtung in H-Alpha schlug Peter Völker in [4] ein Programm für PST-Beobachter vor und stellte die H-AlphaRelativzahl vor. Im Gegensatz zur Erfassung von Einzelerscheinungen sollten nunmehr nur noch die Aktivitätszentren erfasst werden. Grundlage für diese Idee waren Veröffentlichungen von Paul Ahnert, der bei seinen Weißlichtbeobachtungen aufgrund von Instrumentenwechseln nur die Fleckengruppenzahl auswertete und auf diese Weise auch den Sonnenfleckenzyklus gut aufzeigen konnte. Nach der Veröffentlichung des Beitrages von P. Völker [4] wurde auf der Homepage der Zeitschrift ,,interstellarum" eine Eingabemaske erstellt, wodurch die Beobachtungen zeitnah eingesandt werden können und auch für andere Beobachter sofort zum Vergleich zur Verfügung stehen (siehe [5]). Nach etwa zwei Jahren der Datensammlung konnte in [6] und [7] eine erste Auswertung präsentiert werden. Das Programm wurde außerdem für andere Instrumente geöffnet.
Die Ermittlung der H-Alpha-Relativzahl ist verhältnismäßig einfach. Es werden nur Aktivitätsherde auf der Sonne erfasst, die entweder Protuberanzen, Filamente oder Plages bzw. mehrere dieser Erscheinungen enthalten. Nicht zu berücksichtigen sind dagegen Sonnenflecken, die jedoch meist in Verbindung mit den genannten Erscheinungen stehen, sowie kurzlebige dunkle Punkte. Die Berechnung der H-Alpha-Relativzahl erfolgt dann durch Multiplikation der Anzahl der Aktivitätsherde mit dem Faktor 10. Eine ausführliche Anleitung zur Bestimmung der H-AlphaRelativzahl erfolgte in [4] und [8].
1 Die Entwicklung der H-Alpha-Relativzahl im Vergleich mit der Sonnen-
fleckenrelativzahl 2008 - 2010 (Stand 02.03.2011)
Bereits im ersten Jahr wurden mehr als tausend Einzelbeobachtungen eingesandt. Es zeigte sich aber eine große Streuung der Ergebnisse, obwohl das Programm zunächst nur an ,,PST"-Beobachter gerichtet war. Um diese große Streuung, die vor allem auf die unterschiedlichen Einschätzungen bei der Einteilung der Erscheinungen zurückzuführen ist, zu reduzieren, lag es nahe, ähnlich wie bei den Relativzahlen einen Korrekturfaktor für jeden einzelnen Beobachter einzuführen [7].
Zu Beginn des Jahres 2010 wurde die Eingabemaske noch einmal angepasst. Neben dem reinen Beobachtungsergebnis werden nun auch einige Angaben zur Beobachtung selbst erfasst. Trotzdem ist die Einsendung der Daten nach wie vor einfach gehalten, da nur folgende Daten abgefragt werden [5]: 1. Beobachter 2. E-Mail-Adresse
(wird nicht veröffentlicht) 3. Beobachtungstag 4. H-Alpha-Relativzahl 5. Öffnung des Instruments 6. Vergrößerung
In den Jahren 2008 bis 2010 sendeten insgesamt etwa 30 Beobachter fast 3000 Einzelbeobachtungen ein, Doppeleinsendungen und Fehleingaben nicht mitgerechnet. Damit konnten im Jahr 2008 insgesamt 303 Tage, im Jahr 2009 insgesamt 278 Tage sowie im Jahr 2010 insgesamt 263 Tage abgedeckt werden. Während im Sommer an fast allen Tagen beobachtet wurde, zeigen sich wetterbedingte Lücken insbesondere zwischen November und Februar.
Interessant ist vor allem die Entwicklung der H-Alpha-Relativzahl. Bereits in den ungeglätteten Monatsmitteln kann man schon jetzt gut den Trend zu steigenden Werten erkennen (siehe Abb. 1). Interessant wird es auf jeden Fall, welche Werte für die Monatsmittel der H-Alpha-Relativzahl im nächsten Maximum angegeben werden.
Literatur- und Internethinweise: [1] Reinsch, K.; Beck, R.; Hilbrecht, H.;
Völker, P., 1999: Die Sonne beobachten; Verlag Sterne und Weltraum, Hüthig GmbH, Heidelberg [2] Stetter, H., 2007: Die Protuberanzenaktivität und Ihre Breitenverteilung 2004 sowie Ergebnisse 20-jähriger visueller Beobachtung; SONNE - Mitteilungsblatt für Amateursonnenbeobachter 31 (No. 118), 54 - 56 [3] Glitsch, I., 2000: H-Alpha-Tageskarten der Sonne 2000; SONNEDatenblatt 2000, 78-100 [4] Völker, P., 2008: Die H· Relativzahl; interstellarum 57, 36-39 [5] www.interstellarum.de [6] Delfs, M.; Hörenz, M.; Hesse, A., 2010: Zwei Jahre H· -Relativzahl; interstellarum 69, 40-43 [7] Hörenz, M.; Hesse, A., 2010: Die H· -Relativzahl - eine erste Auswertung; SONNE - Mitteilungsblatt für Amateursonnenbeobachter 34 (No. 127), 23-26 [8] Hesse, A., 2008: Die H· -Relativzahl "RH· "; SONNE - Mitteilungsblatt für Amateursonnenbeobachter 32 (No. 121), 40-41
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Sonnenaktivität und Polarlichter
Was macht eigentlich die Sonnenaktivität?
von Martin Hörenz
Nimmt man die geglätteten Monatsmittel des SONNE-Relativzahlnetzes als Referenz, fand das letzte SonnenfleckenMinimum im Dezember 2009 statt. Seitdem geht es wieder stetig aufwärts mit der Sonnenaktivität. Die gesamte Aktivität ist aber nach wie vor vergleichsweise gering, da das Minimum ungewöhnlich lang und tief war. Trotzdem zeigen sich hin und wieder auch größere Fleckengruppen, die auch für freiäugige Sichtungen gesorgt haben (natürlich mit sicherem Filterschutz).
Während das Minimum im Juni 1996 einen Absolutwert von 7,1 der geglätteten Monatsmittel erreichte, lag der gleiche Wert im Dezember 2008 bei nur 1,5. Der Minimumswert von 1996 wurde erst im Oktober 2009 wieder erreicht. Eine Maximumsprognose lässt sich aber aus der Tiefe des Minimums nicht ohne weiteres ableiten.
Die Höhe des kommenden Maximums kann aber auf Basis der Waldmeierschen Gesetze bereits etwa 1,5 - 2 Jahre nach dem Minimum mit Hilfe der Anstiegsgeschwindigkeit der Relativzahl bestimmt werden. So lässt sich die Höhe des Maximums Rmax nach der Gleichung
Rmax = 17,5 · v18 + 58,7
[1]
abschätzen. Dabei wird mit V18 die Anstiegsgeschwindigkeit der geglätteten P17-Monatsmittel des SONNE-Relativzahlnetzes zwischen dem 17. und 18. Monat nach dem Minimum bezeichnet. Setzt man hier beispielsweise die Zahlenwerte des 23. Zyklus ein, folgt nach dieser Beziehung ein Maximumswert von 121, der tatsächliche Wert lag mit 125 nur knapp neben dem tatsächlichen Wert (weniger als 5 % Abweichung).
Zum Zeitpunkt des Verfassens (Februar 2011) waren die Beobachtungen noch nicht soweit ausgewertet, dass die definitiven P17-Mittel zwischen Mai und Juni 2010 festgestanden haben, da in die ge-
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glätteten P17-Monatsmittel auch die Monatmittel der acht vorangegangenen und folgenden Monate mit einfließen. Aus den provisorischen Relativzahlen lässt sich aber eine Anstiegsgeschwindigkeit von v18 = 1,1 ableiten. Setzt man diesen Wert nun in oben angegebene Formel ein, folgt daraus ein Maximumswert von etwa Rmax = 80. Aus diesen Daten lässt sich ebenfalls auf Basis der Waldmeierschen Gesetze die Anstiegszeit und somit der Zeitpunkt des nächsten Maximums prognostizieren:
log Rmax = 2,56 - 0,12 T
[1]
beziehungsweise umgestellt
T = (2,56 - lg Rmax) / 0,12.
Setzt man hier wieder den Wert Rmax = 121 als Ergebnis der Berechnung für den 23. Zyklus ein, folgt eine Anstiegszeit von vier Jahren, woraus wiederum ein Maximum für Juni 2000 folgen würde.
Aus dem tatsächlichen Maximumszeitpunkt (November 2001) ergibt sich daraus mit fast 1,5 Jahren eine recht große Differenz zur ,,Vorhersage". Allerdings kann die empirische Beziehung die Ausbildung von Doppelmaxima nicht erfassen. So gab es im vergangenen 23. Zyklus zwei nahezu gleich hohe Maxima im Juni 2000 und November 2001. Die Maximalwerte des SONNE-Relativzahlnetzes unterschieden sich dabei mit 124 im Juni 2000 und 125 im November 2001 nur unwesentlich.
Setzt man nun den oben abgeschätzten Maximumswert von Rmax = 80 für den aktuellen Zyklus in die genannte Gleichung ein, folgt eine Anstiegszeit von fünf bis sechs Jahren bzw. ein Maximumszeitpunkt für Mitte 2015.
Dass heißt aber auch, dass das kommende Maximum erst 14 Jahre nach dem letzten Maximum eintritt. Dies ist aber prinzipiell nicht ungewöhnlich, da sich die An-
gabe ,,11-jähriger Sonnenfleckenzyklus" auf die mittlere Zyklendauer bezieht. Untersuchungen, die Beobachtungen seit dem 18. Jahrhundert beinhalten, haben gezeigt, dass die Länge eines Fleckenzyklus zwischen 9 und 14 Jahren schwankt [1].
Die Vorhersagen auf Basis dieser einfachen empirischen Formeln sind manchmal recht genau, können aber auch größere Abweichungen zeigen. Daher ist es hilfreich, auch andere Prognosen mit in die Betrachtung zu ziehen. Insbesondere für die Raumfahrt ist die Prognose der Sonnenaktivität von großer Bedeutung, da die Zusammensetzung der Atmosphäre und deren Dichte beispielsweise in der Flughöhe der ISS von der Sonnenaktivität stark abhängt. So führt beispielsweise eine hohe Sonnenaktivität zu einer hohen Konzentration von atomarem Sauerstoff, was zur Degradation von Raumfahrzeugoberflächen führt. Außerdem spielt die Atmosphärendichte für die Abbremsung der Raumstation eine wichtige Rolle, so dass regelmäßig so genannte Re-Boost-Manöver notwendig werden. Aus diesem Grund gibt auch die NASA eine Prognose zur Sonnenaktivität ab, die derzeit auf ein Maximum mit einer Höhe von ca. Rmax = 62 im Jahr 2013 [2] hindeutet (siehe Abbildung 1). Die Prognose weicht zwar deutlich von der oben getroffenen ab, die generelle Tendenz zu einem späten niedrigen Maximum ist jedoch auch hier zu finden.
Interessant wird es nun, wenn man versucht, daraus auch Schlüsse für die Häufigkeit von Polarlichtern im kommenden Zyklus abzuleiten. Das Auftreten eines Polarlichtes hängt nicht in erster Linie von der Relativzahl ab, sondern vom Auftreten komplexer Aktivitätsgebiete. In diesen führen Veränderungen in den Magnetfeldstrukturen schließlich zu Flares und koronalen Massenauswürfen, die wiederum den Sonnenwind verstärken und schließlich zu Interaktionen mit dem Erdmagnetfeld führen können.
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1 NASA-Prognose der Sonnenaktivität für den 24. Sonnenfleckenzyklus [2]
Das Auftreten solch komplexer Aktivitätsgebiete lässt sich aber durch das Verhältnis von Fleckenzahl zur Gruppenzahl angeben. Da im SONNE-Relativzahlnetz nur Fleckengruppen und Relativzahlen ausgewertet werden, nicht jedoch die Einzelflecken, kann ein solches Verhältnis nur rechnerisch gebildet werden. Durch die Verwendung gerundeter Daten kommt es hier insbesondere im Minimum zu Fehlern. Allerdings gibt auch das Verhältnis von Relativzahl zu Gruppenzahl die Problematik vernünftig wieder.
Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Relativzahlen in den Zyklen 22 und 23 sowie das Verhältnis von Relativzahl zur Fleckengruppenzahl. Hohe Werte dieses Verhältnis zeigen das Auftreten großer Fleckengruppen an, während Werte nahe 11 das Auftreten kleiner Gruppen und Einzelflecken widerspiegeln.
Es zeigt sich deutlich, dass während des Maximums 1989 eher große Fleckengruppen auftraten, während in den Minima 1986 und 1996 sowie insbesondere um 2009 nur kleine Gruppen und Einzelflecken vorherrschend waren. Das Maximum dieses Verhältnisses im vergangenen Zyklus liegt im Jahr 2003, welches sicher noch vielen Sternfreunden durch große Fleckengruppen und eine hohe Polarlichtaktivität im Gedächtnis ist. Damit zeigt sich aber auch, dass das Maximum der Polarlichthäufigkeit in Deutschland nicht zwingend mit dem Maximum der Sonnenaktivität zusammenfallen muss. So begann auch im letzten Zyklus die ,,Polarlichtsaison" erst 2000, dauerte dann aber bis zum Jahr 2003 an. Auch außerhalb dieses Zeitraumes konnten Polarlichter über Deutschland sowohl visuell als auch fotografisch nachgewiesen werden, sogar bis in die Jahre 2006 und 2010, die recht nahe dem Minimum waren.
Allerdings ist der Kurve, die das Verhältnis von Relativzahl und Fleckengruppen anzeigt, auch ein leichter längerfristiger Abwärtstrend zu entnehmen. Dies lässt leider auch den pessimistischen Schluss zu, dass die Sonnenaktivität im Allgemeinen und somit auch die absolute Häufigkeit von Polarlichtern über Deutschland geringer als im vergangenen Zyklus werden könnte. Aber zum Glück ist die Sonne ja immer für eine Überraschung gut! Und auch ein Maximum der geglätteten Relativzahlenkurve im Bereich zwischen 60 und 80 lässt es durchaus zu, dass an einzelnen Tagen Spitzenwerte von 200 oder sogar mehr erreicht werden können.
Zudem hat die technologische Entwicklung in den letzten 20 Jahren für viele Erleichterungen gesorgt. Musste man im Maximum des 22. Zyklus noch darauf hoffen, bei Sichtbarkeit einer gro-
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Sonnenaktivität und Polarlichter
ßen Sonnenfleckengruppe zufällig am Nachthimmel mal ein Polarlicht sehen zu können, bot bereits im vergangenen Zyklus das Internet und die breite Verfügbarkeit von Satellitendaten (z.B. SOHO) die Möglichkeit, Polarlichter in gewisser Weise vorherzusagen. Durch die Verfügbarkeit weiterer Satellitendaten wie die der Zwillings-Raumsonden STEREO oder die des ,,Solar Dynamics Observatory" (SDO) sowie durch die Verbreitung von H-Alpha-Teleskopen bietet sich für viele Sonnenfreunde ein Einblick in die Thematik, wie dies nie zuvor möglich war.
Literaturhinweise: [1] Reinsch, K., Beck, R.; Hilbrecht, H.;
Völker, P.: Die SONNE beobachten, Verlag Sterne und Weltraum, Heidelberg, 1999 [2] Hathaway, D. H.: Solar Cycle Prediction (Updated 2011/04/04), NASA / Marshall Space Flight Center, URL: http://solarscience.msfc. nasa.gov/predict.shtml (Abrufdatum 07.04.2011)
2 Verhältnis von Fleckengruppen zu Relativzahl im Vergleich mit der Sonnen-
aktivität (Relativzahlen und Gruppenzahlen des SONNE-Relativzahlnetzes, erstellt mit Daten aus [3])
[3] VdS-Fachgruppe Sonne: SONNEMitteilungsblatt für Amateursonnenbeobachter, Nr. 27 (Oktober 1983) - 127 (Oktober 2010)
Astronomers do it at night - oder auch nicht
Gedanken eines Sonnenbeobachters
von Martin Hörenz
In Zeiten von Raumsonden, die die Sonne aus verschiedenen Blickwinkeln, in verschiedenen Wellenlängen und zu jeder Tag- und Nachtzeit ununterbrochen beobachten, stellt man sich doch ab und zu die Frage - wozu eigentlich noch die Sonne beobachten? Lohnt sich das überhaupt noch?
Zunächst ist die Sonne auch etwas für den ,,bequemen" Hobbyastronomen. Auch wenn ich selbst gern das Fernrohr mal auf Nachthimmel richte und bei möglichen Polarlichtern auch die ganze Nacht nicht schlafe - der Aufwand ist doch viel größer als bei der Tagastronomie. Als Nachtastronom muss man häufig erst Dutzende Kilometer zurücklegen, um an einen dunklen Standort zu gelangen und dann meist ebenfalls im
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Dunkeln - meist kommt noch die Kälte dazu - sein Instrument auf- und abbauen und nachher auch noch seine vom Tau durchnässten Unterlagen trocknen. Der Mond und die helleren Planeten wären ein Ausweg, aber sie sind nicht permanent zu sehen und zeigen auch nicht so große Veränderungen wie die Sonne.
Aber zurück zum Thema - wozu das Ganze eigentlich? Auch für Fachastronomen ist die Sonne der einzige Stern, auf dem kurzzeitige Veränderungen beobachtbar sind. An keinem Tag sieht die Sonne so aus, wie am vorangegangenen. Aber kann man als Amateur heute noch etwas für die Wissenschaft beitragen? Mit nachbearbeiteten Fotos sicher nicht unbedingt. Sonnenfleckenbeobachtungen im Weißlicht helfen, die historischen
Reihen fortzuführen und so die aktuelle Sonnenaktivität auch in den historischen Kontext zu setzen. Interessant ist dies, um die längerfristigen Gefahren, beispielsweise für die Raumfahrt, abschätzen zu können. Auch hier verwendet man noch immer die Relativzahl als Aktivitätsindex. Sollte vielleicht sogar in einigen Jahrzehnten wieder ein längeres Minimum anstehen, das mit dem Maunder-Minimum im 17./ 18. Jahrhundert vergleichbar wäre, ließen sich auch mit der Relativzahl die Einflüsse auf das Klima über einen längeren Zeitraum vergleichen.
Trotzdem ist der Beitrag zur ernsthaften Wissenschaft schon etwas limitiert - da kann man schon auch etwas neidisch z.B. auf die Kleinplaneten- oder Kometenbe-
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21
obachter werden, wo noch immer Neuentdeckungen durch Amateure möglich sind.
Trotzdem ist auch mit Amateurmitteln schon deutlich mehr machbar, als ,,nur" Flecken zu zählen oder Fotos von aktiven Gebieten im H-Alpha-Bereich aufzunehmen. Mit einem Spektrohelioskop kann auch die Wellenlänge der Sonnenbeobachtung zumindest im sichtbaren Bereich nahezu frei gewählt werden, so dass auch Aufnahmen im Magnesium-Licht oder in H-Beta möglich werden. Zusätzlich ist es möglich, Doppler-Verschiebungen auf
der Sonne nachzuweisen oder den Zeeman-Effekt zu beobachten. Damit lassen sich sogar Dopplergramme oder Magnetkarten erstellen, wie man sie sonst nur von Raumsonden wie SOHO oder SDO kennt. Will man selbst lieber zum Schreibtischtäter werden, lassen sich auch die umfangreichen Daten von Sonnenmissionen auswerten. So wurden die meisten der mittlerweile mehr als 2000 Kometen (Stand März 2011) vom Sonnensatelliten SOHO entdeckt - ein Großteil davon durch Amateure. Auch können die wissenschaftlichen Daten zur Messung des Sonnenwindes genutzt werden,
beispielsweise die des Satelliten ,,ACE", um Rückschlüsse auf geomagnetische Störungen zu ziehen. Wird man dann selbst noch zum Polarlichtbeobachter, kann man seine Daten einsenden und so auch zur besseren Vorhersage von Polarlichtern beitragen. So waren die Vorhersagen für Polarlichter in Deutschland bis vor wenigen Jahren meist recht konservativ. Durch die vielen Sichtungen von Amateuren wird mittlerweile aber schon eher mal eine Warnung für Deutschland herausgegeben.
Hinweise zum Bau eines kompakten Spektrohelioskops
von Fredrick N. Veio (Übersetzung: Martin Hörenz, Fotos: Philippe Rousselle)
Der Spektroheliograph wurde 1892 unabhängig von Dr. George E. Hale und Dr. Henri A. Deslandres entwickelt. Das erste Spektrohelioskop selbst entwickelte Hale im Jahre 1924. Dieses setzte sich aus einem Teleskop mit einer Brennweite von 5,4 Metern und einem Spektroskop mit einer Brennweite von 3,8 Metern zusammen. Das hierfür verwendete Gitter wies 600 Linien pro Millimeter mit einer Auflösung von 4 Ångstrøm pro Millimeter in der ersten Ordnung des Spektrums auf. Da das sichtbare Spektrum vom roten bis zum violetten Bereich etwa 4000 Ångstrøm beträgt, ergibt sich daraus ein ein Meter langes Sonnenspektrum am Ausgang des Spektroskops. Durch ein Okular sind mit diesem Instrument etwa 4100 kräftige aber auch schwache Spektrallinien erkennbar.
Während für engbandige monochromatische Beobachtungen in der Regel nur Calzium- oder H-Alpha-Teleskope zur Verfügung stehen, lässt sich die Sonne mit geringerem finanziellen Aufwand, aber mit entsprechendem Geschick, bei Selbstbauaktivitäten auch in anderen Wellenlängen beobachten. Dieser Artikel beschreibt einige Grundlagen für den Bau eines Spektrohelioskops, kann aber nicht alle Details und Möglichkeiten erfassen. Daher werden auch Literaturhinweise und Links vorgestellt werden, die interessierten Amateuren den Einstieg in die Thematik erleichtern.
Ein Spektrohelioskop besteht zunächst aus einem Fernrohr, an welches ein Spektroskop angeschlossen wird. Hierfür bestehen vielfältige Varianten, um letztendlich ein möglichst hoch aufgelöstes Sonnenspektrum zu erhalten. Das Restlicht einer beliebigen Absorptionslinie dieses Spektrums, z.B. das der H-Alpha-Linie, passiert dann einen weiteren Spalt und erzeugt auf einem Bilddetektor ein Bild eines sehr schmalen Ausschnitts der Sonne. Wird die Nachführung ausgeschaltet, lässt sich durch Aneinanderreihung dieser Ausschnitte ein komplettes Bild der Sonne generieren. Durch zusätzliche Bauteile kann auch ein visuelles Bild der Sonne erzeugt werden! M. Hörenz
Einige Amateure in England und Amerika begannen daraufhin, vor aber auch nach dem 2. Weltkrieg, solche HaleSpektrohelioskope nachzubauen. Diese wurden meist in Observatorien aufgebaut, hergestellt mit guten Optiken und ausgefallenen mechanischen Bauteilen. Diese Unternehmungen bedeuteten jedoch einen großen Platzbedarf sowie einen hohen zeitlichen Aufwand.
Veio fertigte 1964 ein transportables, kostengünstiges und kompaktes Spektro-
helioskop an. Dieses basierte auf einem Teleskop mit einer Brennweite von 2,7 Metern und einem Spektroskop mit einer Brennweite von 1,9 Metern. Aufgrund des verwendeten Gitters mit 1200 Linien pro Millimeter wurde die gleiche Auflösung in der ersten Ordnung erreicht, wie beim Aufbau von Hale. Dagegen konnte der zeitliche Aufwand sowie der Platzbedarf aber reduziert werden. Weiterhin gestaltete sich der Aufbau deutlich ein-
facher, auch da gewöhnliches Werkzeug genutzt werden konnte. Seit 1964 haben viele Amateure auf der ganzen Welt dieses Design nachgebaut.
Ab dem Jahr 2000 wurde eine neue Stufe in Bezug auf die Kompaktheit erreicht. Außerdem ist es mittlerweile einfacher geworden, die benötigten Bauteile zu beschaffen. Philippe Rousselle sowie Andre Rondi mit seinem Sohn Sylvain Rondi
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Sonnenaktivität und Polarlichter
bauten ein Spektrohelioskop, wofür ein Fernrohr sowie ein Spektroskop mit einer Brennweite von jeweils etwa einem Meter genutzt wird. Das verwendete Gitter
Fredrick Veio (USA): Leonard Higgins (USA):
http://groups.yahoo.com/groups/ spectrohelioscopes
http://www.spectrohelioscope.org
weist 1800 Linien pro Millimeter auf, wo-
Andre Rondi (Frankreich):
http://www.astrosurf.com/rondi
mit eine Auflösung von fünf Ångstrøm
Philippe Rousselle (Frankreich): http://www.astrosurf.com/spectrohelio
pro Millimeter erreicht wird. Auch damit
Michael Rushford (USA):
http://www.eyes-on-the-skies.org/shs
wird ein Spektrum von fast einem Meter Länge generiert. Detaillierte Pläne sowie
Toshio Ohnishi (Japan):
http://www2s.biglobe.ne.jp/~t-oni/shs.htm
Ergebnisse von Beobachtungen präsen-
tieren sie - wie auch andere Amateure Für die Zuordnung der Wellenlängen gibt sprechend geringe Bandbreite zu erzielen.
- auf ihren Webseiten (in französischer es Atlanten, die den kompletten Bereich Die Bestimmung der Auflösung ist daher
bzw. englischer Sprache, s. Kasten).
des sichtbaren Spektrums abdecken. In sehr bedeutend. Diese kann aufwändig
[1] sind beispielsweise Profile des photo- berechnet werden, oder aber einfach aus
Philippe Rousselle begann, eine neue sphärischen Spektrums der Sonne zu fin- bestehenden Kombinationen interpoliert
Technik zu nutzen, um Spektrohelio- den, welches einer Auflösung von etwa werden. Folgende Tabelle gibt eine Über-
gramme der Sonne in H-Alpha anzufer- 0,5 Ångstrøm pro Millimeter entspricht, sicht für drei verschiedene Gitter.
tigen. Er nutzt einen u-förmig gefalteten wenn ein Betrachtungsabstand von etwa
Aufbau und setzte alles auf eine feste Ga- 250 Millimetern gewählt wird. In [2] Mit einer Bandbreite von 0,6 Ångstrøm
belmontierung. Dann richtet er das Teles- finden sich ebenfalls exzellente farbige können kontrastreiche Spektrohelio-
kop etwas neben die Sonne aus und lässt Spektrogramme der Sonne, vom violet- gramme erzielt werden. Auch eine Band-
diese dann infolge der Erdrotation durch ten bis zum roten Bereich. Diese weisen breite von 0,7 Ångstrøm ist gut und
das Gesichtsfeld wandern - dies dau- unterschiedliche Auflösungen - von 16 selbst mit 0,8 Ångstrøm lassen sich noch
ert etwa zwei Minuten. Die Montierung bis 0,12 Ångstrøm pro Millimeter - auf, durchschnittliche Details abbilden.
muss das Fernrohr dabei nicht nachfüh- wiederum entsprechend einem Betrach-
ren. Für die Aufnahme verwendet er eine tungsabstand von etwa 250 Millimetern. Dagegen muss die Spaltbreite des Spek-
Webcam, deren Pixel eine Größe von fünf
troskops selbst sehr gering sein, etwa 25
Mikrometer aufweisen. Damit wird eine Rousselle verwendet einen Farbatlas des Mikrometer oder sogar noch etwas weni-
Auflösung von 2" erreicht. Andre und solaren Spektrums mit einer Auflösung ger. Spaltbreiten von 50 Mikrometer sind
Sylvain Rondi nutzen einen ähnlichen von 0,7 Ångstrøm pro Millimeter. Ron- für das Sonnenspektrum sowie für Spek-
Aufbau, aber eine stabile parallaktische di dagegen nutzt einen Schwarz-Weiß- trogramme nicht ausreichend, da damit
Montierung. Beide sind die ersten Ama- Atlas des Spektrums mit einer Auflösung viele schwache Linien verloren gehen.
teure, die ein Magnetogramm der Sonne von 0,15 Ångstrøm pro Millimeter. Beide Der Spalt muss Amateuranwendungen
aufgenommen haben. Zwei Jahre später, eignen sich gleich gut.
jedoch nicht den Standards der Wissen-
im Jahr 2008, war auch Philippe Roussel-
schaft genügen.
le damit erfolgreich. Beide konnten auf Ein wichtiges Merkmal für die Leistungs-
die Erfahrungen des Autors und von Le- fähigkeit eines Spektrohelioskops ist die Ein weiterer wichtiger Punkt beim Bau
onard Higgins aufbauen, die visuell 1999 Auflösung des Spektrums. Beispiels- eines Spektrohelioskops ist die Frage,
als erste Amateure den Zeeman-Effekt, weise weist das Hale-Spektrohelioskop wie die entsprechenden optischen Bau-
die Aufweitung von Spektrallinien infol- eine Auflösung von vier Ångstrøm pro teile zu moderaten Preisen bezogen wer-
ge starker Magnetfelder, nachwiesen.
Millimeter auf. Diese Kenngröße gibt den können. In den USA gibt es hierfür
Aufschluss darüber, wie breit der nach- beispielsweise ,,Surplusshed", Optik-An-
folgende Spalt sein darf, um eine ent- gebote aus Überproduktion zu geringen
Preisen (www.surplusshed.com/). Für das
Teleskop ist ein Achromat mit einer Öff-
Übersicht zu verschiedenen Kenngrößen für Beobachtungen in H-Alpha mit einem Spektrohelioskop
nung von 70 oder 80 Millimetern und einer Brennweite von ca. einem Meter ausreichend. Ein solches Instrument kos-
Gitter
Brennweite
Auflösung in
Fernrohr / Spektroskop der 1. Ordnung
Länge des Spektrums
Eintrittspalt für 0,6 Å
Linienbreite
tet meist nicht mehr als 100 Euro. Die mitgelieferte Montierung ist in der Regel bereits ausreichend. Ein Newton-Spiegel
1200 Linien/ mm 1800 Linien/ mm
2400 Linien/ mm
1,9 m 1,0 m 1,9 m 1,0 m 1,9 m 1,0 m 0,5 m
4 Å/mm 8 Å/mm 2,5 Å/mm 5 Å/mm 1,5 Å/mm 3 Å/mm 6 Å/mm
1000 mm 500 mm 1600 mm 800 mm 2667 mm 1333 mm 666 mm
150 µm 75 µm
240 µm 120 µm 400 µm 200 µm 100 µm
mit einer Öffnung von 100 Millimetern und einer Brennweite von ebenfalls etwa einem Meter eignet sich ebenso dafür.
Für das Spektroskop werden ein oder zwei Achromate mit einem Linsendurchmesser von 60 Millimetern und einer Brennwei-
te von etwa einem Meter benötigt. Diese
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1+2 Die Sonne im monochromatischen Licht, aufgenommen mit einem Spektroheliographen am 04.08.2003;
Abb. 1: H-Alpha-Linie (16:29 Uhr UT); Abb. 2: H-Beta-Linie (16:49 Uhr UT)
kosten oft weniger als 20 - 30 Euro [3]. Kommerzielle Händler verkaufen diese Optiken häufig für das vier- oder fünffache. Der Autor hat beispielsweise bei [3] einige Achromaten mit der Angabe 1/7 · ·chromatischer Abberation bekommen. Durch Abblenden wird dann 1/8 · oder besser erreicht.
Leider können im Rahmen dieses Beitrages nur ein kleiner Teil der Spektrohelioskopie-Grundlagen vorgestellt werden. Der Autor hat bereits im Jahr 1972 das Buch ,,The Spectrohelioscope" verfasst. Dieses wurde auch ins Deutsche übersetzt, im Jahr 2000 auf 119 Seiten erweitert und steht im Internet kostenlos zum Download zur Verfügung (beispielsweise auf den oben genannten Seiten von Ohnishi, Rondi, Rousselle und Rushford). Weitere Details in deutscher Sprache wurden auch im Fachgruppenmagazin SONNE veröffentlicht, z.B. in [7]. Für weitere Links zum Thema sei auf die nachfolgenden Literaturhinweise verwiesen.
Physics Laboratory: Liege Solar Spectral Atlas: 3601.0 - 9300.0 Ångstrøm units; URL: http:// fermi.jhuapl.edu/liege/ (Status: 15.04.2011) [3] Veio, F. N., 1969: ,,An Inexpensive Spectrohelioscope by a California Amateur", Sky and Telescope, Vol. 37, p. 45 [4] Veio, F. N., 1975: ,,A miniaturised spectrohelioscope", Journal of the BAA, Vol. 85, p. 242 [5] Veio, F. N., 1975: ,,Polarity measurements at sunspots with the spectrohelioscope", ORION Vol. 33, p. 48 [6] Veio, F. N.; Higgins, L. F., 2006: ,,The Zeeman effect observed with a spectrohelioscope", Journal of the BAA, Vol. 116, pp. 32 [7] Veio, F. N., 2010: ,,Beobachtung von Dopplerverschiebung und Zeeman-Effekt durch Amateure", SONNE 126, p. 6ff
Literaturhinweise: [1] l'Observatoire de Paris: High reso-
lution solar spectrum; URL: http:// bass2000.obspm.fr/solar_spect.php (Status 15.04.2011) [2] Johns Hopkins University Applied
Inserentenverzeichnis
APM Telescopes, Rehlingen
11
astronomie.de, Neunkirchen
35
Astro-Shop, Hamburg
U2
Astroshop.de nimax GmbH,
85
Landsberg
Baader Planetarium,
U4
Mammendorf
Deep-Sky-Treffen
115
Intercon Spacetec GmbH,
U3
Augsburg
Koring, Marocco
97
Kosmos Verlag, Stuttgart
41
Meade Instruments Europe,
47
Rhede
Gerd Neumann jr.
75
Optische Geräte Wolfgang Lille, 93 Heinbockel
Spektrum der Wissenschaft Ver- 31 lagsgesellschaft mbH, Heidelberg 55
Stiftung Deutsches Technik-
59
museum, Berlin
Sternwarte Rüti
121
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Sonnenaktivität und Polarlichter
Fotobeiträge Sonne
Auf den folgenden Seiten stellen wir Ihnen einige Fotografien und Zeichnungen verschiedener VdS-Mitglieder vor, die eigens für dieses Schwerpunktthema an die Redaktion eingesandt wurden.
1 Sonne im Calzium-Licht (aktive Regio-
nen 11163 - 11168) am 12.03.2011. Instrumentarium: CaK PST und DMK 41. Aufnahme von 750 Bildern, mit Avistack 2, Astroart 4 und PS bearbeitet
2 Sonne im Weisslicht am 02.04.2011;
Instrumentarium: Takahashi TOA 130, Baader Herschelprisma cool-ceramic, Baader FFC, TIS DMK 41 Aufnahme von 650 Bildern, davon 90 mit Avistack 2, Astroart 4 und PS bearbeitet
Abb. 1+2 von Bernd Eser
Sonnenaktivität und Polarlichter
25
3 Datum: 20.04.11; Uhrzeit: 08:28 UT, 178mm-Refraktor, Feff=4400mm, 0,5 SolarSpectrum-Halpha-Filter, Baader
DERFilter TIS DMK41AF02-Camera 2000fr, AVIStack 2.0
4 Datum: 20.04.11; Uhrzeit: 08:50 UT, 178mm-Refraktor Feff=6,3m (FFC), Baader-Herschelprisma (Keramik)
SolarContinuum-Filter, TIS DMK41AF02-Camera 2000fr., AVIStack 2.0
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Sonnenaktivität und Polarlichter
5
Protuberanz am 05.04.10 Uhrzeit: 08:30 UT 178mm-Refraktor, Feff=4400mm 0,5 SolarSpectrum-Halpha-Filter Baader DERFilter TIS DMK41AF02-Camera 500fr AVIStack 2.0
Abb. 3-5 von Bernd Flach-Wilken
6
Instrumentarium: Lunt LS35 deluxe und DMK41 Belichtungszeiten: ca.1/1000 sec Bildverarbeitung: Video mit ca. 350 Bildern gestackt, Nachbearbeitung mit Avistack, Fitswork und Photoshop
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Instrumentarium: Lunt LS35 deluxe und DMK41 Belichtungszeiten: ca.1/100 sec Bildverarbeitung: Video mit ca. 350 Bildern gestackt, Nachbearbeitung mit Avistack, Fitswork und Photoshop
Abb. 6+7 von Ingmar Glass
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8+9
Aufnahmegerät: 70mm-PST + DMK21AU04 bei f = 700mm Detailbilder mit 2x Barlow Bildbearbeitung erfolgte mit Avistack2 und Photoshop. Abb. 8+9 von Christoph Otawa
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Sonnenaktivität und Polarlichter
10 Die Ausgangsbilder wurden mit einer Canon EOS 350D durch einen Skywatcher ED 80/600 mit 2x Barlow aufgenommen.
Als Filter kam die Baader AstroSolar ND3.8 Filterfolie zum Einsatz. Ansonsten wurden keine weiteren Filter verwendet. Bei der Nachbearbeitung wurde nur der Grünkanal verwendet. Als Software kam Avistack2, Fitswork und Gimp zum Einsatz. Die Aufnahmen entstanden am 08.03.2011 zwischen 14:25 und 14:28 Uhr. Fotograf: Stefan Pinkert
Sonnenaktivität und Polarlichter
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Linke Seite:
11
Sonnenfleckengruppe 1164 am 08.03.2011 um 09:10 UT, aufgenommen von Werner E. Celnik mit Refraktor Takahashi TOA 150 mm / 1.100 mm, S/W-Videokamera DMK 41 960px x 1.280 px, Baader FFC, Herschelprisma, Solar Continuum Filter, Graufilter Dichte 1,8, Belichtung 1/2.000 s, Kombination aus 2 einzelnen Videobildern.
12
Sonnenfleckengruppe 1164 am 08.03.2011 um 09:20 UT, aufgenommen von Werner E. Celnik mit Refraktor Takahashi TOA 150 mm / 1.100 mm, S/W-Videokamera DMK 41 960px x 1.280 px, Baader FFC, Herschelprisma, Solar Continuum Filter, Graufilter Dichte 1,8, Belichtung 1/2.000 s, Einzelbild aus dem Videostrom. Deutlich zu sehen sind sehr scharfe Zonen mit Details in der Granulation sowie seeingbedingte unscharfe Zonen im Bild.
Abb. 11+12 von Werner E. Celnik.
13
Eine Schar Krähen inspirierte mich zu diesem Transitbild, nachdem der Schwarm des Öfteren meinen Blick zur Sonne durchkreuzte....
Teleskop: Coronado PST Ort: Freising/Lerchenfeld Datum: 16.01.2011 Zeit: 12:15 - 13:25 Uhr MEZ Zubehör: 9-mm-Weitwinkelokular
Abb 13 von Michael Wendl
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Sonnenaktivität und Polarlichter
Was sind Polarlichter?
von Ulrich Rieth
1 Polarlicht-Vorhang mit Strahlen
über Rheinhessen am 30. Oktober 2003.
Das Polarlicht ist eine natürliche Lichterscheinung innerhalb der Erdatmosphäre.Wie der Name Polarlicht bereits andeutet, ist diese Erscheinung normalerweise auf die polaren Regionen der Erde beschränkt. Das heißt, es ist fast ausschließlich nördlich des nördlichen bzw. südlich des südlichen Polarkreises zu sehen. Die Zone mit der höchsten Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Polarlicht liegt dabei in Form des sogenannten Aurora-Ovals rund um den magnetischen Pol der Erde. Die Erscheinung des Polarlichts ist auf der Nordhalbkugel der Erde auch als ,,Nordlicht" bzw. ,,Aurora borealis" bekannt. Entsprechend gelten für die Südhalbkugel die Benennungen ,,Südlicht" oder ,,Aurora australis".
Die Aurora entsteht in 70 - 800 km Höhe durch Stoßanregung von Sauerstoffatomen und Stickstoffmolekülen. Als anregende Teilchen fungieren vornehmlich Elektronen, die mit dem Sonnenwind zur Erde gelangen. Außerdem tragen auch Protonen des Sonnenwindes zu einem Teil der Stöße bei. Die angeregten Teilchen emittieren je nach ihrer Höhe in der Erdatmosphäre und natürlich je nach Atom- bzw. Molekülart Licht verschiedener Wellenlängen. Der Hauptteil der Emission im sichtbaren Bereich des
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elektromagnetischen Spektrums wird von Sauerstoffatomen in etwa 120 km Höhe verursacht. Hierbei handelt es sich um grüne Lichtquanten mit einer Wellenlänge von 557,7 nm. Weiterhin werden auch rote Quanten emittiert, die eine Wellenlänge von 630 nm aufweisen. Letztere Emission hat ihren Ursprung bei Sauerstoffatomen in etwa 200 km Höhe. Neben dem Licht der Sauerstoffatome gibt es noch einen Beitrag von Stickstoffmolekülen, die meist ein violettes Licht aussenden, das über einen relativ großen Wellenlängenbereich ,,verschmiert" ist. Diese Stickstoffbanden können aber nicht immer beobachtet werden, sondern nur während besonders großer und heller Polarlicht-Ereignisse, den sogenannten geomagnetischen Stürmen. Stürme dieser Art treten fast immer nach starken Sonneneruptionen auf, bei denen große Mengen an Materie in Richtung Erde geschleudert werden. Solche Ausbrüche kommen gehäuft etwa alle elf Jahre während der Phase maximaler Sonnenaktivität vor. In diesem Zeitraum sind auf der Sonne besonders viele und auch besonders komplexe Sonnenflecken zu beobachten, die letztlich den Ausgangspunkt der Eruptionen darstellen. Erreichen die geomagnetischen Stürme eine extrem große Stärke, so können auch in Mitteleuropa farben-
prächtige, mitunter spektakuläre Nordlichter am Himmel bewundert werden.
Das ,,mitteleuropäische Polarlicht" unterscheidet sich jedoch deutlich von der ,,normalen Aurora" der polaren Regionen. Dies ist im Speziellen auf das irdische Magnetfeld zurückzuführen, das sehr stark in die Entstehung der Aurora involviert ist. Die Anregung der Atome bzw. Moleküle kann nämlich nur dann geschehen, wenn die benötigten anregenden Teilchen tief genug in die Erdatmosphäre vordringen können. Hierzu folgen die elektrisch geladenen Elektronen und Protonen gemäß den Gesetzen der Physik den Feldlinien des Erdmagnetfelds. Da diese Feldlinien aber nur im Bereich der Pole fast senkrecht auf die Atmosphäre treffen, ist es den anregenden Teilchen auch nur dort möglich, sehr tief in die Atmosphäre einzudringen und das ,,typische" grüne Polarlicht zu erzeugen. Über Europa verlaufen die Feldlinien dagegen in einem relativ flachen Winkel zur Erdoberfläche und zusätzlich auch relativ hoch in der Atmosphäre. Deshalb herrscht in den sogenannten ,,mittleren Breiten" auch das rote Polarlicht vor, welches in größerer Höhe entsteht. Nur bei extremen geomagnetischen Stürmen ist auch hier der charakteristische grüne Polarlichtbogen über dem Nordhorizont
KALENDER 2012 / AHNERT 2012
Ahnerts Astronomisches Jahrbuch 2012
Januar
ebruar Januar
Mär
April
Mai
Juli
Juli
b b
SoenrnHeinmsmsetel mim berblick
b
b
b
b
c
b
b
b
b
b
b
b
b
b
E E
Benut ung der Sternkarte: er rand der Karte entspricht dem Hori ont, ihre Mitte dem Punkt senkrecht über unseren Köpfen dem zenit ür die rechts genannten zeiten gibt die Karte den ungefähren Anblick des Sternenhimmels wieder rehen Sie dabei die Karte so, dass sich die Himmelsrichtung, in die Sie gerade blicken, unten be ndet Beispiel: Beim Blick in richtung norden drehen Sie die Karte um 1 0 , so dass das n am rand der Karte unten steht Auf etwa halber Höhe wischen dem Hori ont und dem zenit sehen Sie dann den Polarstern im Kleinen Bären und unweit da on den ro en agen, einen teil des Sternbilds
ro er Bär Auf nden der hellsten Planeten: er Mond und die Planeten be nden sich stets in der nähe der Ekliptik, die in der Karte als rote linie markiert ist ie Ekliptik durch ieht die wölf Sternbilder des tierkreises
0 Ahnerts Jahrbuch 2012
Himmelsanblick am Abend für:
1 e emberhälfte 2011 2 e emberhälfte 2011 1 Januarhälfte 2012 2 Januarhälfte 2012
zeichenerklärung G
G 101
2 :00 uhr MEz 2 :00 uhr MEz 22:00 uhr MEz 21:00 uhr MEz
Januar
interessante Ob ekte im Januar
as bekannte intersternbild Orion beherrscht den nachthimmel
Januar L
Der Winterhimmel wird von der markanten Figur des Sternbilds Orion dominiert. ber seinen Schultern steht im Nordwesten der Stier mit dem Riesenstern Aldebaran und den gut bekannten, sehr nahen Sternhaufen H aden und Plejaden, und im Nordosten die willinge mit astor und Pollu . Im Osten des Orions schließt sich das unscheinbare Sternbild Einhorn an, im Südosten der Große Hund mit dem unübersehbar hellen Sirius. Hier verläuft die Wintermilchstraße als blasses, nur in einer dunklen, klaren Nacht sichtbares Band - unsere galaktische Scheibe. In ihrem Einzugsbereich, mitten im Orion, nden wir in diesem Monat auch sehr interessante Beobachtungsobjekte.
R
er lauf der Planeten
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(a )
1. Jan.
10. Jan. g
20. Jan.
SuW-Grafik 1. Jan. 10. Jan. 20. Jan.
leuchtende olkenlandschaften im Orion Hinter den hellen Sternen des Orions steht in etwa 1300 Lichtjahren Entfernung eine riesige, galaktische Molekülwolke im Raum. Da sie über weite eile dunkel ist, werden wir uns dieser atsache nur nicht bewusst. An einigen Stellen sind lokale Verdichtungen dieser Wolke aber bereits kollabiert und haben junge Sterne hervorgebracht, die ihre mgebung für uns ausleuchten und dabei sehenswerte galaktische Nebel zum Vorschein bringen. Der hellste und größte omple um M 42 (Hauptteil) und M 43 (nördliche Anhängsel) ist als Orionnebel bestens bekannt. Der entralbereich von M 42 wird so stark von den gerade frisch gebildeten rapezsternen angestrahlt und aufgeheizt, dass er sogar aus der Stadt heraus gut beobachtet werden kann (Abb. 1). Hierbei handelt es sich um auf etwa 10 000 elvin erhitztes Gas, das in charakteristischen, schmalen Wellenlängenbereichen, so genannten Emissionslinien, strahlt.
Einen dunkleren Himmel benötigt dagegen der nördliche Ausläufer des Orionnebel- omple es um NG 1977 (Abb. 2). Staub, der das Licht der eingebetteten Sterne re ektiert, und zum Leuchten angeregtes Gas stehen hier im Wettstreit. Für den Beobachter ist dieses Objekt vor allem durch seine reizvolle ombination von Sternen und Nebel schön anzusehen.
Januar
Bodo Wiebers
8
1. Febr.
16 C 0 z
Planeten
18 C
d 20 h
22
0 Uhr MEZ
2
Merkur (-0,4 mag) stand am 23. Dezember 2011 in seiner größten westlichen
atum Merkur
Aufgang A
Cu1rc9hgang D
/
untergang U
Elongation, bewegt sich folglich nun rasch in Richtung Sonne. In den ersten Januartagen kann der Planet vielleicht
30.12. 4.1. k 9.1. 14.1.
6:42 6:58 7:14 7:29
10:53 11:02 11:14 11:27
15:04 15:06 15:13 15:24
noch kurz vor Sonnenaufgang dicht über dem Südosthorizont erspäht werden.
Venus baut in diesem Monat ihre
19.1.
7:41
11:40
15:40
Abendsichtbarkeit aus. In der späten
24.1.
7:51
11:55
16R:00 (b D)ämmerung strahlt sie -4,0 mag hell,
29.1. 3.2.
7:57 8:00
12:10 12:25
16:23 16:51
steht aber zunächst nur 10 Grad , am Monatsende schon rund 20 Grad hoch über dem
Venus
25.12.
Veränderliche Sterne
4.1.
14.1.
name
Sternbild
Position 22040.01.
a
3d.1.
10:22
14:40
10:13
14:51
9:58
14:58
tag 9:40 MEz 15:04t p
9:19
15:08
18:59 19:29 20:00 20:30 20:59
Südwesthorizont. Der Durchmesser des noch fast vollen Venus-Scheibchens steigt langsam von 130 auf 150 an. Phase Mars wechselt Mitte des Monats vom Löwen in die Jungfrau und kulminiert
R Gem BM* Ori b Cep
Zwillinge Orion
epheus
* omponente B im Trapez
5h07m, 3 5 35,3 22 29,2
+M2a2rs42 -25.2132. +5 48.12.5
14.1. 24.1. 3.1.
5. Jan.
4. Ja2n2.:48 9. Ja2n2.:22
21:51 21:13 20:29
Mirastern
1:14 5:28Bedeck1.v2e:r0. 5
19:30 4:58Cepheid1e1:32
4:26
10:57
3:49
10:21
3:08
9:42
am Morgenhimmel. In Erwartung seiner Ma imum MinimOupmposition im März steigen seine HelMa imligukmeit (von +0,2 mag auf -0,5 mag) und
sein Durchmesser (von 9,00 auf 11,70) nun
endlich spürbar an.
Jupiter steht an der Grenze der Fische
oppelsterne name Sternbild
14 Ori Ori b Lep 33 Ori l Ori z Ori 52 Ori
Orion Orion
ase Orion Orion Orion Orion
Jupiter
25.12.
Position 2040.01.
a
d
14.1.
5h07m, 9 5 24,5
+284 Grad .310. 3.1. -224
5 28,2 5 31.2
-S2a0tu4rn6 +235.182.
5 35,2 + 94.15.6
5 40,8 5 48,0
-114.517.
+264.217. 3.1.
13:06 Absta1n2d:27 P
D 11:48
0,7101:10 345 Grad
10:33
1,5
80
2,5 330
1,8 2:31 27
4,4 1:55 44
2,3 1:19 166
1,6 0:41 210 0:03
zum Widder und kulminiert jetzt zum
19:59
2:56
Beginn der Nacht. Sein gelbliches Licht
1H9e:2ll0igkeiten 2:B1e8merkungen
mag
18:43
1:41
strahlt mit -2,5 mag, und der Durch-
messer weist noch stattliche 410 auf.
18:057,6/6,5 1:P0=7 199Jahre
17:31
0:34
3,8/4,8
Nutzen Sie die jetzt noch günstige Beob-
achtungsmöglichkeit! Am 2. und am 30.
2,8/7,3
7:553,8/7,1 13:15
Januar steht der Mond dicht am Riesen-
7:136,6/5,5 12:l3ei7cht planeten.
6:319,9/4,0 11:59
Saturn (+0,7 mag) steht knapp 7 Grad öst-
6:061,1/6,1 11:21
lich von Spika in der Jungfrau und baut
5:22
10:42
seine Morgensichtbarkeit aus.
uranus 25.12.
12:08
Uranus (+5,9 mag, 3,40) steht im
Ahnerts Jahrbuch 2011 1
18:08
0:13
Sternbild Fische und rutscht nun am
4.1. 14.1. 24.1. 3.1.
11:29 10:50 10:11 9:32
17:30 16:51 16:13 15:35
23:31 22:53 22:16 21:38
Abendhimmel zum Südwesthorizont ab. Neptun (+8,0 mag, 2,40) beendet in
diesem Monat seine Sichtbarkeitsperiode tief am Südwesthimmel. Am 13. Januar
neptun 25.12. 4.1.
11:07 10:28
16:09 15:31
21:11 20:33
steht er rund 1 Grad nördlich der vorbeiziehenden hellen Venus.
14.1.
9:50
14:53
19:56
24.1.
9:11
14:15
19:18
3.1.
8:32
13:37
18:41
Angaben in MEZ, für die geografische Länge
Stellungen der Planeten
Mars
25. Jan.
2h
l = 10 Grad und die geografische Breite f =50 Grad
1. Febr.
4
6
8
Erscheinungen der alileischen Jupitermonde
tag MEz Ereignis
1 18:18 Io SE
5 23:22 Europa BA
6 1:04 Io BA; 22:17 DA; 23:35 SA
7 0:27 Io DE; 19:32 BA; 23:00 VE
17:39
Ganymed BE; 20:58 VA; 22:48 VE
18:09
Europa DA; 20:37 DE; 20:45 SA; 23:08 SE
8 18:04 Io SA; 18:56 DE; 20:14 SE
9 17:29 Io VE
17:49 Europa VE
14 0:12 Io DA; 21:26 BA
19:26 Ganymed BA; 21:35 BE
20:42 Europa DA; 23:10 DE; 23:21 SA
15 0:55 Io VE; 18:40 DA; 20:01 SA; 20:50 DE; 22:10 SE
1:00 Ganymed VA
16 17:46 Europa BE; 18:02 VA; 20:28 VE
19:24 Io VE
21 23:16 Europa DA
23:20 Io BA
23:24 Ganymed BA
22 20:36 Io DA: 21:57 SA; 22:46 DE
23 0:06 Io SE; 17:49 BA; 21:19 VE
17:53
Europa BA; 20:24 BE; 20:41 VA; 23:07 VE
24 18:35 Io SE
25 17:38 Europa SE
19:16 Ganymed SA; 21:04 SE
29 22:32 Io DA; 23:53 SA
30 19:45 Io BA; 23:15 VE
20:33 Europa BA; 23:05 BE; 23:20 VA
31 18:22 Io SA; 19:12 DE; 20:31 SE
V = Verfinsterung durch Jupiters Schatten, S = Schattenwurf auf Jupiter, B = Bedeckung durch Jupiter, D = Durchgang vor der Jupiterscheibe, A und E = Anfang und Ende der Erscheinung
Stillstand
Torsten Edelmann SuW-Grafik
Monatsthema
as Verschwinden oder Erscheinen on hellen Sternen lässt sich sogar am beleuchteten Mondrand erfolgen - hier regulus am no ember 200 , beobachtet in Me iko
nahe Begegnungen der alileischen Jupitermonde
tag MEz Monde
Abstand
4 17:22 Ganymed/Callisto -410
18:06 Europa/Callisto
-34
7 18:10 Europa/Ganymed -26
11 17:38 Europa/Ganymed +6
20:50 Europa/Ganymed +7
12 17:56 Io/Europa
-6
19 20:46 Io/Europa
-5
21 18:10 Io/Callisto
-22
23 20:12 Ganymed/Callisto -19
24 21:37 Europa/Ganymed +10
27 0:07 Io/Europa
-4
17:44 Io/Europa
-8
28 18:15 Io/Ganymed
-11
22:02 Io/Ganymed
-10
29 19:57 Ganymed/Callisto +37
30 19:14 Io/Callisto
+30
19:35 Europa/Callisto
+33
und der Saturnmonde tag MEz Monde
Abstand
7 7:07 Rhea/Titan 15 7:20 Dione/Titan 21 1:42 Titan/Iapetus 23 4:04 Dione/Rhea 26 7:25 Dione/Rhea 28 4:49 Dione/Rhea
-590 +38 +128 -30 +13 -32
*) Abstand der Monde in Nord-Süd-Richtung; in Ost-West-Richtung sind die Monde zu den angegebenen Zeiten gleich weit von Jupiter bzw. von Saturn entfernt.
1.10.2010
GRF Io 16.1.2011
SEB GRF
West
Jupitermonde
Ost
West
Saturnmonde
Ost
laus- eter Schr der
1
1
2
2
3
Io
4
3
Dione
4
5
5
6
6
Rhea
7
7
8
Europa
9
10
8
Ster1n09 bedeckungen:
11
11
12 13
Mon1123drand als magischer lichtschalter
14
14
15
GanymUendvermi1tt5elt verschwinden Sterne am dunklen Ostrand des zunehmenden Mondes,
16
wenn sich16dessen STictahneibe über sie hinweg schiebt, und tauchen nach spätestens einer
17
17
18
Stunde a1n8seinem Westrand wHiyepdeerironauf. Mit dem Fernglas oder Teleskop beobachtet, ist
19
eine solch19e Sternbedeckung ein ästhetisches Erlebnis. Besonders spannend ist es, sich
20
20
21
am richti2g1en Ort für eine streifende Sternbedeckung zu postieren und diese für eine
22
wissensch22aftliche Analyse auf Video aufzunehmen.
23
23
24
24
D 25
25
er Mond wandert im Laufe einer die Eigenbewegung unseres Erdtrabanten
Die Genauigkeit übertrifft dabei bei
26
Callisto
26
27
Nacht27mit den Sternen von Ost eindrucksvoll nachvollziehen.
Weitem die Au ösung des eleskops und
28
nach West2ü8ber das Firmament. Diese
Besonders reizvoll ist eine Sternbe- hängt allein von der Genauigkeit der
29
scheinbare29Bewegung wird durch die deckung, wenn der Stern am dunklen eitmessung ab. Je heller dabei der Stern,
30
Rotation de3r0Erde heIarpveotrugserufen. Inner- Mondrand verschwindet (bei zuneh- desto deutlicher lässt sich das Ereignis
31
halb von et3w1a zwei Minuten wandert der mendem Mond) oder wieder auftaucht beobachten. Besonders nennenswert ist
Io
MondS dabei um seinen eigenen Winkel- (bei abnehmendem Mond). Dann scheint in diesem usammenhang die streifende
Europa Ganymed
VE VA VE VA VE
durchNmesser von 0 5 Grad weiteSr - dieser EffekSt lässt sich gut mit einem ierten Fernglas (am besten auf ein Stativ montiert)Noder eWinem nicht nachgeführten
S eleskop wahrnehmen.
InNfolge der Bewegung des Mondes
sein Licht wie durch einen Schalter ausgeknipst oder wieder eingeschaltet zu werden. Steht der Beobachter an günstiger StelleO, dann kann er sogar eine streifende Sternbedeckung bestaunen Die Berge und äler des Mondrands sorgen dann
Bedeckung von z au (3,0 mag) am Abend des 25. April, sowie diejenige von 1 Ori (4,4 mag) am Abend des . Oktober.
Sieben Bedeckungen im Januar Der Ereigniskalender auf S. 24 nennt für
Callisto
auf sSeiner Bahn um die Erde rückt er N
aber auch gegenüber dem SternenhinN
tergrund von West nach Ost weiter, und
für ein mehrfaches An- und Ausschalten des Sternlichts in schneller Folge.
Eine solche streifende Sternbedeckung
Januar gleich sieben Sternbedeckungen Streifend erfolgen diejenigen am späten Abend des 3. Januar (27 Ari, ,2 mag), in
zwar um etwas mehr als 0 5 Grad in einer durch den Mond ist für den visuellen Be- den frühen Stunden des . Januar (5 au,
Stellungen der SaturnmondSteunde. Dabei verdeckt die Mondscheibe obachter ein sehr ästhetisches Erlebnis. 5,3 mag), am Abend des 29. (BD+11 Grad 172,
Saturnmond
obere Kon unktion tag MEz
gelegentlich einen helleren Stern, und Wer es schafft, diesen Vorgang in einem
untere
grö te östliche
grö te westliche
Kognibutnkihtionn - bei zEelonntgraatlieomn DurchgEalonngga-tion Video mit eitregistrierung festzuhalten,
tangach MeiEnzer Stuntdaeg wieMdEezr frei. AtnahgandMEzder kann sogar im Nachhinein das Mond-
7,0 mag) und am frühen Abend des 31. Januar ( 2 Ari, 5,9 mag). Am Morgen des 11. Januar lässt sich sowohl der Eintritt des
titan
6
18:05
14einer 1s2o:5lc0hen St1e0rnbed1e8c:k0u0ng läss2t sich13:2r5andpro l uantitativ ausmessen.
4,3 mag hellen Sterns nc hinter die
iapetus
22
17:30
30 11:55
26 17:10
18 12:55
18 A9h:5n0erts Jahrbuch 2012
Januar
rhea
2 0:10
4 6:25
6 12:40
8 18:55
11 1:05
13 7:25
15 13:40
17 19:50
20 2:05
22 8:20
24 14:35
26 20:40
29 3:00
31 9:10
er ro e rote leck rB und die Veränderungen des Südlichen ä uatorialbands SEB künden om ettergeschehen auf Jupiter
AME
laus- eter Schr der
Mit einer hochemp ndlichen tV-Kamera hier eine Mintron und einem 1,2 -zollteleskopanschluss lässt sich eine Sternbedeckung per ramegrabber als digitales Video direkt auf dem laptop auf eichnen
Mondscheibe als auch sein Austritt rund 21 Minuten später beobachten. Er ist hell genug, dass sein Verschwinden am beleuchteten Rand des abnehmenden Mondes ungestört erkannt werden kann. Am frühen Morgen des 14. Januar folgt ein Austritt von 87 Leo (5,1 mag), und am späten Nachmittag des 27. 1. dürfte der Eintritt des ebenfalls 5,1 mag hellen Sterns 19 Psc auch bei noch aufgehelltem Himmel zu beobachten sein. Die genauen Ein- und Austrittszeiten hängen natürlich stark vom Standort ab die Angaben im Ereigniskalender sind nur Richtwerte.
Nun können Sie diese Ereignisse visuell genießen, doch es ist auch nicht schwer, eine wissenschaftlich verwertbare Aufzeichnung zu erstellen. Dazu beteiligt man sich am besten an einem Beobachterteam, das von verschiedenen Standorten aus unterschiedliche Höhenschnitte des Mondrands austestet. Solche Aktionen und ihre Auswertungen koordiniert im deutschsprachigen Raum die International Occultation iming Association, European Section (IO A ES, www.iota-es.de). Deren Mitglied Eber-
hard Riedel erläutert im Beitrag auf S. 172 die näheren mstände einiger streifender Bedeckungen und zeigt die besten Beobachtungsstandorte.
Video-Aufnahme Sternbedeckungen lassen sich prinzipiell mit jeder Art von analoger oder digitaler Videokamera aufnehmen. Allerdings sind Webcams und ältere amcorder meist nicht emp ndlich genug.
Das Objektiv der Videokamera muss mit einem Halter hinter dem Okular montiert werden (Bezugs uelle zum Beispiel www.teleskop-service.de). m dabei eine Vignettierung des Bilds zu vermeiden, sollte das Okular eine etwa 20 Millimeter weit draußen liegende Austrittspupille haben, das heißt gut geeignet sein für Brillenträger. udem kann man mit dem ameraobjektiv etwas in das Okular hineinzoomen.
Noch besser eignen sich berwachungskameras ( V) für den Nachteinsatz. Vor allem die Schwarz-WeißVersionen sind sehr emp ndlich. Man kann das Objektiv abschrauben, durch
Ahnerts Astronomisches Jahrbuch 2012
Januar
time-inserter wie das Modell tiM-10 on AME speisen die genaue PtB- unk eit oder PS-zeit in das Video-Analogsignal ein und blenden die zeit damit direkt in edes Bild ein
einen 1,25- oll-Adapter (31,7 Millimeter)
ersetzen und die V- amera direkt
im Fokus des eleskops oder in Okular-
projektion benutzen.
berwachungskameras liefern ein
Analogsignal, verfügen aber über keine
eigene Bandaufzeichnung. Ihre Bilder
lassen sich jedoch in Echtzeit von einem
Framegrabber oder Videograbber digita-
lisieren und auf einem Laptop speichern.
Voraussetzung ist eine schnelle Festplat-
te mit ausreichend Speicherplatz und
ein SB-2 0-Anschluss. Ein geeigneter
Framegrabber ist beispielsweise der
World pert DVD Maker (erhältlich
unter www.lechner-cctv.de). Er erfasst
alle Halbbilder, und seine Informations-
verluste sind gering. Mit der Freeware
VirtualDub lässt sich ein AVI-Video auf-
zeichnen und halbbildweise auswerten,
das heißt mit einer eitau ösung von
effektiv 10 Millisekunden.
Für eine Auswertung ist auch eine
eitinformation s nchron zum Ereignis
aufzuzeichnen. Im einfachsten Fall kann
man das Displa einer von den eitzei-
chen der P B kontrollierten hr, ohne
mit der Aufzeichnung auszusetzen, vor
und nach der Bedeckung mit mehreren
Sekundenwechseln aufnehmen. Die eit-
punkte der dazwischenliegenden Bilder
der Sternbedeckung lassen sich dann in-
terpolieren. Bei vielen ameras lässt sich eine interne hr einblenden sie muss dann direkt vor dem Ereignis mit der
(D/A/L) 10,90 EUR · (CH) 18,50 CHF
Funkzeit s nchronisiert werden. Beide
Verfahren liefern aber nur eine Genauig-
keit von einigen zehntel Sekunden.
Besser ist es, die Funkzeitsignale di-
Ahnerts rekt in jedes Bild im Analogsignal einzu-
speisen. Solch ein ime-Inserter wird zum Beispiel von der Ale ander Meier Elektronik GmbH angeboten (www.ameengineering.de, siehe Bild unten). Es n-
den sich aber auch Bauanleitungen und
Bezugs uellen für nicht-kommerzielle Bausätze im Internet.
Sehr genau ist auch die direkt auf den Laptop gezogene GPS- eit. Dazu wird ein GPS-Empfänger für P I-Slot oder SBAnschluss benötigt, wie der GPS 18 SB von Garmin (www.garmin.com), der mit PPS- echnik (pulse-per-second) arbeitet. Im Internet ist verschiedene Freeware zu diesem weck verfügbar. Wird die
Astronomisches digitalisierteVideoaufnahmeinEchtzeit
auf dem Laptop gespeichert, dann lässt sich so jedes Einzelbild mit der GPS- eit registrieren.
Jahrbuch 2012 AhnertsJahrbuch2012
August
e ember no ember Oktober September
2 Ahnerts Jahrbuch 2012
Januar
Januar
Ahnerts Jahrbuch 2012 2
Beobachtungstipps
Wo und wann ist welcher Planet am Himmel zu sehen? Welche besonderen Ereignisse sind in der kommenden Nacht zu beobachten? Ahnerts Astronomisches Jahrbuch 2012
für den Sternenhimmel
Sonne, Mond und Planeten im Jahreslauf Mit Sternkarten und Kalender aller wichtigen Ereignisse
Juni
Sichtbarkeit der Planeten Sonnen- und Mondfinsternisse Veränderliche Sterne Sternbedeckungen durch den Mond
liefert alle wichtigen Informationen für das eigene Erkunden des Sternenhimmels. Der Kalender präsentiert Tag für Tag die bedeutendsten astronomischen Ereignisse.
Venus: Durchgang vor der Sonne
Sternkarten für jeden Monat, Beschreibungen der Himmelsobjekte und viele Astro-
aufnahmen erleichtern Ihnen die Orientierung am Nachthimmel. Für Einsteiger und fortgeschrittene Sternfreunde ist der Ahnert das unentbehrliche Standardwerk. Zirka 210 Seiten mit zahlreichen, meist farbigen Fotografien und Grafiken. 10,90 zzgl. Porto, als Standing Order 8,50 inkl. Inlandsversand, ISBN: 978-3-941205-79-6
Juli
Jupiterbedeckung durch den Mond
JAnuAr: März: APril: OKtOBEr:
Juli
nustran. Juns iit ! V ae m 6
Komet am Morgenhimmel Planetenparade am Abendhimmel Saturn - der Herr der ringe Venus begegnet dem Königsstern
Kalender »Himmel und Erde 2012«
Astronomen präsentieren im Bildkalender »Himmel und Erde 2012« ihre schönsten Aufnahmen und lassen Sie an den fantastischen Möglichkeiten der modernen Naturbeobachtung teilhaben. Zusätzlich bietet der Kalender wichtige Hinweise auf die herausragenden Himmelsereignisse 2012 und erläutert auf einer Extraseite alle auf den Monatsblättern des Kalenders abgebildeten Objekte knapp und anschaulich. 14 Seiten; 13 farbige Großfotos; Spiralbindung; Format: 55 x 45,5 cm; 29,95 zzgl. Porto; als Standing Order 27,- inkl. Inlandsversand
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Wissenschaft aus erster Hand
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Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH | Slevogtstraße 3-5 | 69126 Heidelberg | Tel. 06221 9126-743 | Fax 06221 9126-751 service@spektrum.com
2 Grandioser Polarlicht-Sturm am
30. Oktober 2003 in der für mittlere Breiten typischen roten Färbung
zu sehen. Bei solchen Ereignissen reicht dann das rote Polarlicht über den Zenit hinaus bis in den südlichen Bereich des Himmels.
Zur Beobachtung von Polarlichtern ist eigentlich nichts weiter erforderlich als nur das menschliche Auge. Allerdings sollte man sich einen dunklen Beobachtungsstandort aussuchen, der weit entfernt von zivilisatorischen Lichtquellen liegt. Erst dann ist es nämlich möglich, das Phänomen in seiner gesamten Größe zu erfassen. Die Vielfalt und Feinheit der Formen ist schier unendlich und auch nicht annähernd mit fotografischen oder videodokumentarischen Mitteln zu erfassen. Man muss es einfach selbst erlebt haben.
3 Ruhiger grüner Polarlicht-Bogen, aufgenommen im finnischen Lappland
im Jahr 2001
Literatur und Internet-Links: [1] Kristian Schlegel, Vom Regenbogen
zum Polarlicht, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin, 1999, ISBN 3-8274-0530-0 [2] Neil Davis, The Aurora Watcher´s Handbook, University of Alaska Press, Fairbanks, 1992, ISBN 0-912006-59-5 [3] Arbeitskreis Meteore: http://www. meteoros.de [4] http://www.spaceweather.com [5] Solar Terrestrial Dispatch: http:// www.spacew.com
VdS-Journal Nr. 39
4 Grünes Polarlichtband mit Strahlen über der finnischen Winterlandschaft
des Jahres 2002
Sonnenaktivität und Polarlichter
33
Von geomagnetischen Stürmen und den Chancen, Polarlichter sehen zu können
von Ulrich Rieth
Nach großen Polarlichterscheinungen in Mitteleuropa oder in der Winterzeit kommen im Polarlichtforum des AKM [1] von Zufallsbeobachtern oder SkandinavienReisenden immer wieder verschiedene Fragen auf, wie z.B.: - Wann kann man ein Polarlicht sehen? - Wo auf der Erde sind die Chancen
am größten, Polarlichter sehen zu können? - Wie stehen die Chancen, dass man ein Polarlicht in Deutschland oder in Nordskandinavien sieht? - Zu welcher Jahreszeit sollte man Urlaub im Norden machen, damit man ein Polarlicht zu sehen bekommt? - Welche Formen und Farben kann ein Polarlicht haben? - Was sind geomagnetische Stürme?
Einige Antworten auf diese oder ähnliche Fragen sind im Folgenden zusammengefasst. Zunächst wäre als Voraussetzung für die Sichtung eines Nordlichts der dunkle und klare Himmel zu nennen. Ohne diesen ist eine Polarlichtbeobachtung unmöglich. Daraus folgt für den SkandinavienReisenden, dass er zu Zeiten der Mitternachtssonne und der ,,weißen Nächte" sehr schlechte Karten hat. Somit sollte man zwischen Mitte April und Mitte August auf Polarlicht-Expeditionen nach Norden verzichten, da der aufgehellte Himmel oder die nicht untergehende Sonne das schwache Leuchten der Aurora überdecken.
1 Darstellung des geomagnetischen Koordinatensystems der Nordhalbkugel
und Einteilung in hohe, mittlere und niedrige Breiten. (Grafik: Peter Kuklok, 2011)
Für alle übrigen Regionen, speziell auch für Mitteleuropa gilt, dass man prinzipiell zu jeder Jahreszeit Polarlichter beobachten kann. Allerdings gibt es eine statistische Häufung von Beobachtungen um die beiden Tag-Nacht-Gleichen (Äquinoktien) im März/April und im September/Oktober herum.
An einem einzelnen Tag mit hoher Polarlichtaktivität gibt es wiederum eine
statistisch gesehen höhere Wahrscheinlichkeit, das Polarlicht um Mitternacht zu sehen, als es gleich nach Sonnenuntergang oder vor Sonnenaufgang zu beobachten. Dies ist auf die Lage des sogenannten Aurora-Ovals zurückzuführen, das sich wie eine leichte Ellipse um den geomagnetischen Pol der Erde verteilt. Seine ellipsoide Form führt dazu, dass sich die Polarlichtzone von Sonnenuntergang bis Mitternacht immer weiter
nach Süden verschiebt, um anschließend bis Sonnenaufgang wieder nach Norden zurückzuweichen.
Da der Magnetpol nicht mit dem geographischen Pol übereinstimmt, sondern sich auf der Nordhalbkugel der Erde zurzeit im Norden Kanadas befindet, sind in Nordamerika die Chancen auf Polarlichtsichtungen bei gleichen geographischen Breitengraden höher als in den vergleich-
VdS-Journal Nr. 39
34
Sonnenaktivität und Polarlichter
2 Zusammenstellung von Magnetometerdaten des SAM-Netzwerkes zum großen geomagnetischen Sturm vom 29. - 31.
Oktober 2003. Aufgetragen sind die vektoriellen Komponenten des Erdmagnetfeldes. An den Abenden des 29. und des 30. Oktobers waren jeweils extrem starke Polarlichter über Mitteleuropa zu sehen. (Grafik: Lutz Schenk, 2011)
baren europäischen Gebieten. Aus diesem Grund nutzt man für die Polarlichtbeobachtung auch das geomagnetische Koordinatensystem, dass entsprechend der Lage des geomagnetischen Pols zum geographischen System verschoben ist. In diesem System gibt es dann eine grobe Unterteilung in hohe, mittlere und niedrige geomagnetische Breiten, was in Abbildung 1 gut zu sehen ist.
Große Polarlichter treten immer im Zusammenhang mit geomagnetischen Stürmen auf. Hierbei handelt es sich um Störungen der irdischen Magnetosphäre, die durch Schockfronten im Sonnenwind ausgelöst werden. Ursache von besonders starken Schockfronten sind explosionsartige Ereignisse auf der Sonne (sog. Flares), die koronale Massenauswürfe (CME) in Richtung Erde schleudern. Trifft
3 Diagramm der Kp-Werte des großen geomagnetischen Sturms vom 29. - 31.
Oktober 2003. In insgesamt drei Intervallen wurde die höchste Stärke 9 erreicht, was einem extrem schweren geomagnetischen Sturm entspricht. (Grafik: Peter Kuklok, 2011)
VdS-Journal Nr. 39
die Schockfront eines solchen CME auf die Magnetosphäre, so kann diese teilweise gestaucht aber auch abgetragen (erodiert) werden. Auf der Erde kann man die Veränderungen und Reaktionen des Magnetfeldes mit so genannten Magnetometern nachweisen und messen. Bei besonders starken Ereignissen reicht manchmal schon ein einfacher Kompass, um die Erschütterung des Magnetfelds nachzuweisen. So bewegte sich zum Beispiel bei einem extremen geomagnetischen Sturm am 29. Oktober 2003 die Kompassnadel um einige Grad um ihre normale Ausrichtung.
Ein Maß für die Stärke eines geomagnetischen Sturmes ist die so genannte geomagnetische Kennziffer, der K-Wert. Er beschreibt in Abstufungen von 0, 0+, 1-, 1, 1+, usw. bis 9- und 9 die Stärke der Änderungen des Erdmagnetfeldes an einem bestimmten Ort. Der K-Wert wird dabei jeweils für ein 3-Stunden-Intervall beginnend um 0 UTC eines Tages bestimmt. Aus den lokalen K-Werten von 13 über den Globus verteilten Magnetometer-Stationen errechnet das Deutsche Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam [2] jeweils im Nachhinein den so genannten planetaren Kp-Wert. Daraus lässt sich letztlich die Stärke des geomagnetischen Sturmes ableiten, da er die planetenweite Störung des Magnetfeldes wiedergibt. Um aber in Echtzeit ein Maß für die Stärke eines gerade stattfindenden geomagnetischen Sturmes zu haben, müssen Beobachter auf den geschätzten bzw. vorläufigen Kp-Index [3] zurückgreifen. Dieser
4 Aufnahme des NASA-Sonnenobservatoriums SDO im extremen ultravioletten Licht bei 19,3 nm. In den hellen Bereichen
zeigen sich magnetische Strukturen oberhalb von aktiven Regionen (Sonnenflecken). Der dunkle Bereich entspricht einem koronalen Loch, aus dem der Sonnenwind mit hoher Geschwindigkeit abfließen kann. (SDO/AIA-Konsortium, 2011)
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Sonnenaktivität und Polarlichter
wird vom Weltraumwettervorhersagezentrum (SWPC) beim US-amerikanischen Wetterdienst (NOAA) oder auch vom GFZ selbst online zur Verfügung gestellt [4]. Für in Mitteleuropa sichtbare Polarlichter wird meist ein lokaler K-Wert von 6 bis 7 benötigt (z.B. an den Magnetometern des SAM-Netzes [5]). Dies muss aber nicht zwangsläufig auch einen planetenweiten Kp-Wert von 6 oder 7 zur Folge haben, was bedeutet, dass man sich lieber an lokalen Magnetometern orientieren sollte und nicht nur an den geschätzten KpWerten aus Übersee. Die Frage nach den Chancen auf Polarlichter für einen individuellen Zeitraum oder gar Zeitpunkt lässt sich für sehr starke Ereignisse maximal 1 - 3 Tage im Voraus beantworten und dann auch nur sehr ungenau. Da die Aurora eng mit der Aktivität der Sonne verknüpft ist, kann man nach starken Sonneneruptionen meist ungefähr angeben, wann die Explosionswolke an der Erde ankommen wird und dort möglicherweise Polarlichter auslösen kann. Da jedoch die wichtigen magnetischen Strukturen innerhalb der Plasmawolke nur ungenau bekannt sind, lassen sich die tatsächlichen Polarlichtchancen erst nach dem Eintreffen der Wolken an der Erde quantifizieren. Als Faustregel lässt sich aber festhalten, dass sehr schnelle Massenauswürfe (Sonnenwindgeschwindigkeiten über 1000 km/s) relativ sicher zu signifikanten Polarlichtereignissen führen.
Eine andere Art von Störung im Sonnenwind, die keine Eruptionen auf unserem Zentralgestirn benötigt, sind die so genannten koronalen Löcher. Hierbei handelt es sich um Gebiete auf der Sonne, die mit offenen Magnetfeldlinien angefüllt sind. Das heißt, diese Feldlinien führen nicht irgendwo auf die Sonne zurück, sondern stehen offen in den interplanetaren Raum und die Heliosphäre hinein. Damit kann das solare Material quasi ungestört und deshalb oft besonders schnell nach außen abfließen. Hierdurch kommt es zum so genannten ,,Hochgeschwindigkeitssonnenwind". Die entscheidende Störung im Sonnenwind tritt jedoch vor Beginn des eigentlichen Hochgeschwindigkeitsstromes auf. Zunächst kommt es dabei zu einer Erhöhung der Teilchendichte im Sonnenwind. Diese geht mit einer Zunahme der Stärke des interplanetaren Magnetfeldes einher. Ist dieses für
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die Entstehung von Polarlichtern günstig ausgerichtet, kommt es auch durch koronale Löcher in einigen Fällen zu Aurora-Sichtungen in Mitteleuropa. Für die hohen Breiten in der Nähe des AuroraOvals kann aber im Zusammenhang mit koronalen Löchern immer mit besonderen Polarlichtern gerechnet werden. Aufgrund der recht langen Lebensdauern der koronalen Löcher - meist über einige Sonnenrotationen - kann man die daraus resultierenden Ereignisse also relativ gut vorhersagen, sogar über längere Zeiträume hinweg. Erhöhte Polarlichtchancen treten somit im Zusammenhang mit koronalen Löchern jeweils mit der Frequenz der Rotationsperiode der Sonne auf. Am solaren Äquator entspricht diese Periode etwa 27 Tagen.
Bei der Frage nach den Formen und Farben des Polarlichts wäre eine pauschale Antwort, dass die Formenvielfalt praktisch unbegrenzt ist. Kein Polarlicht gleicht dem anderen, und so ist es jedes Mal ein individuelles Schauspiel. Allerdings gibt es gewisse Grundformen der Aurora. Als einfachste Form ist hier der Polarlichtbogen zu nennen. Er ist meist zu Beginn einer Polarlichtnacht am Horizont zu sehen. An ihm wandern ab und zu Polarlichtstrahlen entlang. Dadurch kann er sich zu einem Band entwickeln, das scheinbar wie im Wind flattert. Steigt das Band höher, nimmt es die Form eines Polarlichtvorhangs an, der ebenfalls in ständiger Bewegung ist. Erreicht der Polarlichtvorhang den Zenit oder geht sogar darüber hinaus, entsteht meist die Polarlichtkorona. Hierbei laufen die Strahlen des Vorhangs im magnetischen Zenit zusammen und bilden einen Ring oder eine Krone. Bei den Grundformen gibt es, vor allem auch in Mitteleuropa noch das säulenförmige Polarlicht, welches aus einzelnen, meist sehr breiten Strahlen besteht, sowie das flächige Polarlicht, das meist als rotes Leuchten vor großen Bereichen des Himmels zu sehen ist. Bei den Bändern treten in hohen geomagnetischen Breiten manchmal omegaförmige Verwindungen oder gar Spiralen auf. Nach dem Höhepunkt eines Polarlichtausbruchs gibt es zudem ebenfalls in hohen Breiten das pulsierende Polarlicht, bei dem leuchtende Flächen am Himmel in konstanten Intervallen aufleuchten und wieder verschwinden.
Bei den Farben gibt es keine so große Vielfalt, denn diese sind rein physikalisch bedingt. Beim Polarlicht werden Atome und Moleküle der oberen Atmosphäre durch Elektronenstöße angeregt, und bei der Rückkehr in energieärmere Zustände wird Licht mit charakteristischen Wellenlängen ausgesandt. Hauptsächlich tritt grünes Licht mit einer Wellenlänge von 557,7 Nanometern und rotes Licht mit 630 Nanometern auf, wenn angeregte Sauerstoffatome ihre überschüssige Energie wieder abgeben. Darüber hinaus ist violettes Licht zu sehen, wenn Stickstoffmoleküle angeregt worden sind. Zusätzlich dazu kann es aber auch noch zu Farbvermischungen kommen. Wenn zum Beispiel helle grüne Strahlen optisch vor einer roten Polarlichtfläche auftauchen, sind die Strahlen meist eher gelb gefärbt. Auch der Einfluss des Himmelshintergrundes führt zu Farbveränderungen. So erscheint durch einen vom Vollmond blau aufgehellten Himmel das rote Polarlicht eher in einem magentafarbenen Licht. Oder in den Sommermonaten leuchtet der obere Teil des Polarlichts, der im von der Sonne beschienenen Teil der Atmosphäre entsteht, nicht mehr rot oder grün sondern blau.
Internethinweise: [1] Polarlichtforum des AKM: http://
www.meteoros.de/forum.htm [2] Helmholtz-Zentrum Potsdam
Deutsches Geoforschungszentrum: http://www.gfz-potsdam.de [3] geschätzter Kp-Index vom NOAASWPC: http://www.swpc.noaa.gov/ rt_plots/kp_3d.html [4] vorläufiger (,,quicklook") Kp-Index vom GFZ: http://www-app3.gfzpotsdam.de/kp_index/quicklook. html [5] Simple Aurora Monitor (SAM) Netzwerk: http://www.sam-europe. de/
Sonnenaktivität und Polarlichter
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Polarlichtbeobachtung im Internetzeitalter
von Ulrich Rieth
Der gerade begonnene 24. Sonnenfleckenzyklus wird in den kommenden Jahren auch wieder Polarlichtbeobachtungen in Mitteleuropa ermöglichen. Damit möglichst viele Amateurastronomen und Gelegenheitsbeobachter diese besondere
atmosphärische Erscheinung [1] einmal zu Gesicht bekommen, soll hier anhand der Erfahrungen aus dem vorherigen Sonnenzyklus ein Überblick über die modernen Vorhersage- und Beobachtungsmöglichkeiten für Polarlicht [2] gegeben
werden. Die Möglichkeiten haben sich in der Zwischenzeit durch neu hinzugekommene Sonnenbeobachtungssatelliten abermals verbessert, so dass der aktuelle Aktivitätszyklus noch besser dokumentiert werden kann und die Polarlichtvor-
1 Aufnahmen der ESA/NASA-Sonde SOHO vom 28. Oktober 2003. Oben links sind die Sonnenflecken dieses Tages zu
sehen, rechts daneben ist ein sehr starker Flare der Klasse X17 im extremen UV-Licht bei 19,5 nm abgebildet. Die beiden unteren Aufnahmen zeigen den haloförmigen koronalen Massenauswurf aus Sicht des Koronographen LASCO an Bord von SOHO (SOHO/MDI-, EIT- und LASCO-Konsortium, 2003)
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Sonnenaktivität und Polarlichter
2 Diagramm der am Lagrange-Punkt L1 gemessenen Sonnenwinddaten vom
06. - 08.April 2000. Oben ist die Gesamtstärke (Bt) und Nord/Süd-Ausrichtung (Bz) des interplanetaren Magnetfeldes, in der Mitte die Partikeldichte des Sonnenwindes und unten die Geschwindigkeit des Sonnenwindes aufgetragen. (Grafik: Peter Kuklok, 2011; Daten: NASA/ACE, 2000)
hersagen sicherlich auch nochmals präziser werden.
Dank modernster Forschungssatelliten wie dem Solar Dynamics Observatory (SDO) [3], dem Solar and Heliospheric Observatory (SOHO) [4], dem Advanced Composition Explorer (ACE) [5], dem Solar Terrestrial Relations Observatory (STEREO) [6] und dem Geostationary Operational Environmental Satellite (GOES) [7] entgeht den irdischen Beobachtern inzwischen kein Ereignis sowohl auf unserem Zentralgestirn als
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auch im interplanetaren Raum. Diese lückenlose Überwachung wirkt sich auch auf die Chancen einer erfolgreichen Polarlichtbeobachtung positiv aus. Mit ihren leuchtenden roten und grünen Bändern und Strahlen ist die Aurora, wie das Polarlicht auch genannt wird, ein sichtbarer Effekt erhöhter Sonnenaktivität an unserem nächtlichen Firmament.
Wie aber sehen die Bedingungen aus, unter denen man auch in Mitteleuropa dieses Naturphänomen beobachten
kann? Und wie nutzt man die zur Verfügung gestellten Daten, um frühzeitig bestehende Polarlicht-Chancen erkennen zu können?
Am Anfang steht hier die Beobachtung der Sonne in den verschiedenen Wellenlängen des elektromagnetischen Spektrums. Einen guten Einstieg bieten dabei die Internetseiten der Sonnenobservatorien SDO und SOHO. Aber auch die eigene visuelle Sonnenbeobachtung kann schon erste Anhaltspunkte geben. Ist nämlich in der Nähe des Zentrums der Sonnenscheibe eine große Fleckengruppe zu sehen, so besteht zumindest die Chance, dass diese auch größere Strahlungsausbrüche (Flares) und erdgerichtete Massenauswürfe (sog. coronal mass ejections, CME) hervorbringt. Solche Strahlungsausbrüche sind sehr leicht an einem plötzlichen Anstieg der solaren Röntgenstrahlung zu erkennen. Diese wird im Erdorbit von den GOES-Satelliten gemessen und steht in Echtzeit im Internet [8] zur Verfügung. Nach einem auffälligen Ereignis (Röntgenfluss-Kurve längere Zeit im M- oder X-Bereich) besteht der nächste Schritt im Verfolgen der aktuellen Bilder des LASCO-Instruments von SOHO und der COR-Instrumente der beiden STEREO-Sonden. Sollte dort in der Stunde nach dem Röntgenausbruch eine Materiewolke sichtbar werden, die sich bei SOHO-LASCO kreisförmig durch das gesamte Gesichtsfeld der Kamera bewegt (ein sog. haloförmiger Massenauswurf), sind die ersten Voraussetzungen für Polarlichter erfüllt.
Weitere Hinweise bezüglich der Dichte, Richtung und Geschwindigkeit des CME sollten in den kommenden Jahren auch noch vom ,,Heliospheric-Imager"Instrument der STEREO-Sonden geliefert werden. Dieses Instrument überwacht die Regionen zwischen Sonne und Erde und kann damit erstmals die solaren Plasmawolken auf ihrem Weg zur Erde dokumentieren. Die professionelle Auswertung der Daten liegt an dieser Stelle zunächst bei den Wissenschaftlern der diversen Sonnenbeobachtungsmissionen und zum Beispiel den Experten des Solar Terrestrial Dispatch (STD) [9]. Bei Letzterem handelt es sich um ein kommerzielles Institut, welches sich mit der Weltraumwetter-Vorhersage und der Abschätzung der Sonnen- bzw. Polarlichtaktivität beschäftigt. Seine primären
Sonnenaktivität und Polarlichter
126
Von links oben nach rechts unten:
3 Polarlicht-Vorhang mit Strahlen bei Venlo
am 11. April 2001.
4 Eine für mittlere und niedrige geomagnetische
Breiten sehr seltene Polarlicht-Korona. Hierbei zeigen die Strahlen in Richtung des magnetischen Zenits. Aufnahme vom 11. April 2001.
5 Rot und grün glühender Himmel mit breiten
Polarlichtstrahlen über den Vororten von Mainz am 06. April 2000
6 Das normale rote Polarlicht wurde am 11. April
2001 nach Mondaufgang vom hellen Mondlicht in Richtung Magenta bis Violett umgefärbt.
Kunden sind Energieversorger, aber es werden auch sehr viele Informationen für interessierte Himmelsbeobachter aufbereitet und zur Verfügung gestellt. So gibt das STD im Falle eines schnellen und erdgerichteten Massenauswurfs häufig einen sogenannten ,,Aurora Watch" oder bei sehr guten Polarlichtchancen auch eine ,,Aurora Warning" heraus. Ähnliche Vorabinformationen liefern auch das Weltraumwetter-Vorhersagezentrum (SWPC) [10] der US-amerikanischen Wet-
terbehörde NOAA sowie das Solar Influences Data Analysis Center (SIDC) [11] in Belgien. In den Meldungen werden unter anderem Angaben über die voraussichtliche Ankunftszeit der Materiewolke an der Erde und die erwartete Intensität des geomagnetischen Sturms gemacht. Außerdem beinhalten sie auch eine Aussage zu möglichen geografischen Sichtbarkeitsgrenzen der Aurora. Nach der Ausgabe einer Warnung vergeht im Schnitt meist noch ein Tag, bevor der potentielle
geomagnetische Sturm beginnt und es zu Polarlichtern kommen kann. Die nächste Phase der Vorbereitung auf das mögliche Polarlicht startet etwa einen halben Tag vor dem Eintreffen der solaren Plasmawolke. Während dieser Zeit erreichen mit den niederenergetischen Protonen die Vorboten der Haupt-Teilchenwolke den ACE-Satelliten. Dieser befindet sich am Lagrange-Punkt L1 etwa 1,5 Millionen Kilometer vor der Erde. Der ständig zunehmende Strom dieser Teilchenart führt
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Sonnenaktivität und Polarlichter
in der Auftragung der Daten des EPAMInstrumentes [12] zu einem ,,rampenartigen" Ansteigen der Kurven. Dies signalisiert häufig das baldige Eintreffen einer dichten Teilchenwolke. Die Ankunft der Wolke selbst kann anhand eines sprunghaften Anstiegs der Sonnenwindgeschwindigkeit und -dichte (Schockfront) in den Daten des SWEPAM-Instrumentes [13] des ACE-Satelliten verfolgt werden.
Gleichzeitig erfolgt meist eine Veränderung des mit dem Sonnenwind mitgeführten interplanetaren Magnetfeldes (IMF). Dieses ist letzten Endes der wichtigste Parameter, wenn es um die Entstehung eines geomagnetischen Sturms und den damit verbundenen Aurora-Erscheinungen geht. Aus diesem Grunde muss die Beobachtung jetzt auf das Magnetometer [14] an Bord des ACE konzentriert werden. Dort werden die vektoriellen Größen des interplanetaren Magnetfeldes (Bx, By, Bz) sowie dessen Gesamtstärke (Bt) in Einheiten von Nanotesla (1 nT = 10-9 T) angegeben. Die weitaus wichtigste Größe hier ist Bz, sie stellt die Richtungskomponente des interplanetaren Magnetfelds in der Nord-Süd-Achse dar (positiver Wert = Nord, negativer Wert = Süd). Für das Auftreten von Polarlichtern muss das IMF möglichst stark nach Süden ausgerichtet sein. Dies führt zu einer maximalen Kopplung zwischen dem Erdmagnetfeld und dem interplanetarem Magnetfeld und löst so erst den geomagnetischen Sturm aus. Die Erfahrungen des vergangenen Sonnenfleckenzyklus haben gezeigt, dass es bei Bz-Werten von unter -10 nT, die für wenigstens eine Stunde anhalten, auch in Mitteleuropa sichtbare Nordlichter geben kann. Wenn nach der Schockfront die Werte des Sonnenwindes günstig für das Auftreten einer Aurora sind, kann das Schauspiel bereits nach etwa 30 bis 60 Minuten losgehen. Diese Zeitspanne benötigen die Sonnenwindteilchen noch für die Strecke vom ACE-Satelliten bis zum Magnetfeld der Erde. Die unmittelbare Ankunft der Schockfront dort wird mit erdgebundenen Magnetometern nachgewiesen. Beim Auftreffen der Plasmawolke auf die Magnetosphäre wird ein ,,Sudden Impulse" (SI) ausgelöst, der sich in einem plötzlichen Ausschlag (wenige 10 nT) in der Hbzw. y-Komponente an den Magnetometern ablesen lässt. Für die europäischen Beobachter hat sich das Magnetometer
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in Kiruna (Schweden) [15] als Anzeiger für den SI bewährt. Nach diesem Impuls entwickelt sich der eigentliche geomagnetische Sturm, welcher meist durch starke negative Ausschläge der H- bzw. y-Komponente an den Magnetometern angezeigt wird. Die Stärke dieser Stürme wird mittels einer geomagnetischen Kennziffer, dem K-Wert angegeben. Echtzeit-Quellen für K-Werte in Deutschland stellen das Magnetometer in Scheggerott [16] (südöstlich von Flensburg) sowie das Netz der Simple-Aurora-MonitorMagnetometer (SAM) [17] dar. Wird dort ein K-Wert von 6 oder mehr erreicht, ist es sehr häufig möglich, ein Nordlicht in Deutschland visuell oder fotografisch zu beobachten. Spätestens wenn diese Bedingung erfüllt ist und es das Wetter zulässt, sollte die aktive Beobachtungsphase unter freiem Himmel beginnen.
Um mit diesen theoretischen Kenntnissen auch Gelegenheitsbeobachter erreichen zu können, war es sinnvoll, ein überregionales Beobachtungsnetzwerk zu schaffen. In diesem Punkt hat sich vor allem seit dem großen Nordlicht am 06./07. April des Jahres 2000 [18, 19] in Europa viel getan. Kam die Aurora in jener Nacht für die Mehrheit der Beobachter noch völlig überraschend, so existiert heute ein umfangreiches Vorwarnsystem, welches auf den Kommunikationsplattformen Internet und Mobilfunk basiert. Aufgrund dieser Möglichkeiten ist auch die Anzahl der aktiven Beobachter stetig angewachsen. Insgesamt haben sich der ursprünglich kleinen Gruppe von Polarlicht-Enthusiasten des Arbeitskreises Meteore (AKM) [20] mittlerweile viele hundert Interessenten aus ganz Deutschland und den europäischen Nachbarstaaten angeschlossen. Bei einem so großen Personenkreis entgeht inzwischen - soweit das Wetter mitspielt - nicht einmal das schwächste Polarlicht der Beobachtung. Die Hauptplattform der Polarlichtbeobachter ist heute das Polarlicht-Forum [21] des AKM. Hier können alle Themen im Zusammenhang mit der Sonnenaktivität ausgiebig diskutiert werden. Zusätzlich wurde eine offene E-Mail/SMS-Warnliste [22] eingerichtet. Über diese Liste wird bei sehr guten Polarlichtchancen oder im Falle einer bestätigten Polarlichtsichtung eine E-Mail an alle Mitglieder verschickt. Somit muss der einzelne Beobachter nicht ständig selbst die Daten verfolgen
und verpasst trotzdem keine Chance, ein Polarlicht beobachten zu können.
Literatur- und Internethinweise: [1]K. Schlegel, Vom Regenbogen zum Polarlicht, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin, 1999. [2] A. Pfoser, T. Eklund, Polarlichter - Feuerwerk am Himmel, 1. Auflage, Oculum Verlag, Erlangen, 2011. [3] SDO-Homepage: http://sdo.gsfc. nasa.gov/ [4] SOHO-Homepage: http://sohowww. nascom.nasa.gov/ [5] ACE-Homepage: http://www.srl. caltech.edu/ACE/ [6] STEREO-Homepage: http://stereo. gsfc.nasa.gov/ [7] GOES-Homepage: http://rsd.gsfc. nasa.gov/goes/ [8] Messwerte der solaren Röntgenstrahlung: http://www.sec.noaa.gov/ rt_plots/xray_1m.html [9] Solar Terrestrial Dispatch: http:// www.spacew.com
[10] SWPC-Homepage: http://www. swpc.noaa.gov/
[11] SIDC-Homepage: http://sidc.oma.be/ [12] Messwerte des ACE-EPAM Instru-
mentes: http://www.sec.noaa.gov/ ace/EPAM_24h.html [13] Messwerte des ACE-SWEPAM Instrumentes: http://www.sec.noaa. gov/ace/SWEPAM_6h.html [14] Messwerte des ACE-Magnetometers: http://www.sec.noaa.gov/ace/ MAG_6h.html [15] Magnetometer in Kiruna (Schweden): http://www.irf.se/Observatory/ ?link[Magnetometers]=Data/ [16] Magnetometer in Scheggerott (Deutschland): http://www.dk0wcy. de/magneto/magnet.htm [17] Simple Aurora Monitor: http:// www.sam-europe.de/ [18] Die Polarlichter am 6. April, Sterne und Weltraum 39, 460 [6/2000]. [19] Nordlicht am 6./7. April - Von Finnland bis Österreich, Sterne und Weltraum 39, 574 [7/2000]. [20] Homepage des Arbeitskreis Meteore (AKM): http://www.meteoros.de [21] Polarlicht-Forum des AKM: http:// www.meteoros.de/forum.htm [22] AKM Polarlicht-Warnliste: http:// www.meteoros.de/polar/warnliste. htm
Ich seh den Sternenhimmel ...
Das Jahr 2012 bietet ein besonderes Himmelsereignis: Zum letzten Mal für die nächsten 100 Jahre tritt die Venus vor die Sonne. Über dieses und viele spannende Themen berichten unsere KOSMOS-Jahrbücher.
Sonne, Mond und Sterne im Jahreslauf
Das ,,Kosmos Himmelsjahr" berichtet
übersichtlich und leicht verständlich
über alle wichtigen Himmelereignisse
2012. Die beliebten Monatsthemen
erläutern astronomische Phänomene
und gehen auch auf aktuell disku-
tierte Fragen ein. Das Top-Thema in
diesem Jahr: Ist die Sonne schuld am
Klimawandel?
Hans-Ulrich Keller Kosmos Himmelsjahr 2012 288 Seiten, 239 Abb., /D 14,95 ISBN 978-3-440-12608-0
Die wichtigsten Himmelsereignisse und aktuelle Nachrichten aus dem All gibt es auch im Internet unter kosmos-himmelsjahr.de.
kosmos.de/astronomie
Umfangreich und interessant Der Sternenhimmel bietet Hobby-Astronomen beispiellos detaillierte und präzise Informationen zu den Geschehnissen am Himmel. Neben umfangreichen Angaben zur Beobachtung von Sonne, Mond und Planeten finden Sternfreunde Aufsuchkarten für Kleinplaneten sowie Informationen zum Verlauf von Sternbedeckungen durch den Mond, zu Kometen, veränderlichen Sternen und vielem mehr. Einmalig und unschlagbar praktisch für den täglichen Gebrauch ist der ausführliche Astrokalender - für jede Nacht sind die wichtigsten Ereignisse chronologisch aufgelistet.
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Tipps zur Aurora-Fotografie
von Ulrich Rieth
Um Polarlichter erfolgreich zu fotografieren, bedarf es nur einer relativ einfachen Ausrüstung:
- einer Kamera mit Belichtungsmöglichkeiten im Sekundenbereich und/ oder unendlich (bulb)
- einem Weitwinkel- oder Normalobjektiv mit möglichst großer Öffnung (günstig sind f/2,8 oder lichtstärkere Objektive; bedingt geeignet sind Zoomobjektive mit f/3,5 oder f/4)
- bei älteren (Film)-Kameras einem Draht- oder Fernauslöser, moderner mit Fernsteuerung der Kamera per Notebook
- ein stabiles Stativ
Als Empfindlichkeitseinstellung für die Digitalkamera sind Werte von ISO 400 oder ISO 800 optimal, da nur mit hoher Empfindlichkeit die teilweise rasanten Bewegungen der Aurora im Bild eingefroren werden können. Bei rauscharmen
1 Polarlichtaufnahme aus dem Hunsrück vom 06. November 2000. Durch die
Fotografie wurde ein Polarlicht sichtbar, welches mit bloßem Auge bestenfalls zu erahnen war.
VdS-Journal Nr. 39
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2 Foto des großen Polar-
lichts vom 11. April 2001. Die Bildgestaltung mit einem ansprechenden Vordergrundmotiv bereichert auch Polarlichtfotos. Der Ort der Aufnahme war eine Mühle in der Nähe der Autobahnausfahrt Jackerath.
Sonnenaktivität und Polarlichter
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Chips können die ISO-Werte aber auch noch höher gewählt werden.
Die Belichtungszeit richtet sich letztlich nach der Helligkeit des jeweiligen Nordlichts. Da diese aber nur sehr schwer einzuschätzen ist, helfen für eine korrekte Belichtung nur Versuche mit unterschiedlichen Zeiten oder Belichtungsreihen. Als gute Einstiegswerte haben sich bei Blende 2,8 und ISO 400 Zeiten ab 20 Sekunden erwiesen. Bei sehr hellen Polarlichtern oder bei Vollmond sollte man aber in jedem Fall auch kürzere Zeiten probieren.
Als sinnvoll hat es sich erwiesen, beim Verdacht auf ein Polarlicht (hohe KWerte oder undefinierbare schwache, weißlich-graue Himmelsaufhellungen), auch wenn dieses nicht visuell zu beobachten ist, Bilder zu machen. Auf diesen Fotos zeigt sich ein Polarlicht dann meist in grüner oder roter Farbe an. Bei diesen Polarlicht-Verdacht-Fotos sollten Belichtungszeiten von 30 Sekunden und mehr (bis einige Minuten) gewählt werden. Außerdem sollte der komplette nördliche Himmel vom Westen über den Norden bis nach Osten in mehreren Aufnahmen
2 Polarlichtband über einem zugefrorenen See in Finnland im März 2002.
Durch das helle Licht des Vollmonds wurde die Landschaft sehr schön beleuchtet.
abgelichtet werden, da das ,,Nordlicht" nicht unbedingt exakt im Norden erscheinen muss. Zur späteren Auswertung der Aufnahmen empfiehlt es sich, regelmäßig die interne Uhr der Kamera mit einer Funkuhr zu synchronisieren.
Die eigentliche Bildgestaltung hängt natürlich vom Beobachtungsort ab. Allerdings wertet ein schöner Vordergrund (Baum, Silhouette eines Bauwerks, glatte
Seeoberfläche zur Spiegelung des Polarlichts) eine Polarlichtaufnahme meist enorm auf. Auch ein leicht bewölkter Himmel ist mehr eine Chance denn eine Bedrohung für Polarlichtaufnahmen. Durch die Wolken im Vordergrund der Aurora erreicht man sehr schön einen dreidimensionalen Eindruck von den unterschiedlichen Entstehungshöhen des Polarlichts und der Wolken.
Neues vom Simple Aurora Monitor
von Karsten Hansky und Dirk Langenbach
SAM, ein hochauflösendes Fluxgate Ma- Während der vergangenen acht Jahre
gnetometer zur vektoriellen Messung des kamen fast 250 weitere SAMs dazu, die
magnetischen Flusses des Erdmagnetfel- über ganz Europa verteilt sind. Viele die-
des, wurde bereits im VdS-Journal 9 [1] ser Magnetometer stellen ihre Echtzeit-
und im AATiS-Praxisheft 13 [2] vorge- daten im Internet zur Verfügung. Diese
stellt. Es dient vorrangig als Monitor zur sind auf der SAM-Europe-Seite von Lutz 1
Erkennung geomagnetischer Stürme und Schenk zusammengefasst [4]. Dank der
den daraus resultierenden visuellen Polar- Arbeit von Ralf Pitscheneder [5] kann SAM
lichtern bzw. Radio-Aurora-Ereignissen. man die Magnetometerdaten auch übers
Der verwendete FGM-3 Fluxgate-Sensor Mobiltelefon abfragen. Ralf stellt auch
von Speake&Co. [3] sucht seinesgleichen eine Polarlicht-Warnliste zur Verfügung,
im Hinblick auf sein Preis-Leistungs-Ver- so dass man per Mail über eine erhöhte
hältnis. Die Qualität der SAM-Messwerte Magnetfeldaktivität und daraus resultie-
braucht den Vergleich mit kommerziellen rende Aurora Borealis bzw. Radio-Aurora
Messstationen nicht zu scheuen.
informiert wird.
Wir hatten damals keine Vorstellung davon, wie erfolgreich dieses Projekt werden würde. Während des 18. AATiSBundeskongresses 2003 in Goslar führten wir einen Workshop durch, bei dem eine Reihe von SAMs aufgebaut wurden.
Unter den SAM-Nutzern finden sich vor allem Funkamateure, Hobbyastronomen und Polarlichtbeobachter. Sie mussten bis 2010 mit der Einschränkung leben, dass nur zwei Sensoren gleichzeitig betrieben werden konnten, obwohl das
Erdmagnetfeld ja drei Komponenten hat. Es wurde daher immer wieder angefragt, wann es die Möglichkeit gibt, drei Sensoren anzuschließen.
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Sonnenaktivität und Polarlichter
2 Links oben: Sensor im Erdhügel SAM-Anchorage 3 Rechts oben: SAM Bellinzona - Sensor in Styroporbox 4 Links: SAM-Höhensolarstation Kislovodsk
Für uns stellte sich die Frage, ob eine komplett neue Schaltung benötigt wird oder ob eine Überarbeitung der bisherigen Schaltung ausreichend ist. Natürlich war die Versuchung groß, ein komplett neues Gerät mit farbigem Grafikdisplay, integriertem Datenspeicher und Netzwerkanschluss zu entwickeln. Entsprechende Hardwarekomponenten stehen schließlich in reichlicher Auswahl zur Verfügung. Ein neues Gerät hätte natürlich eine erweiterte Funktionalität, wäre aber auch komplexer und vor allem auch deutlich teurer.
Am Ende haben wir uns auf unsere Überlegungen von 2001 besonnen, aus denen wir dann auch den Namen ableiteten: SAM = Simple Aurora Monitor.
Dabei steht ,,Simple" für: - einfache Schaltung ohne Spezial-
bauteile (vom Sensor abgesehen) - einfach aufzubauen (auch von Leuten,
die noch nie einen Lötkolben in der Hand hatten) - einfach zu bedienen (einmalige Parametrierung, dann keine weitere Bedienung erforderlich) - einfacher Betrieb auch ohne PC möglich.
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SAM war nicht zuletzt deswegen so erfolgreich, weil es eben so simpel aufgebaut ist, trotzdem aber eine komplexe und intelligente interne Aufbereitung der Messwerte durchführt, so dass es auch stand-alone betrieben werden kann. Dem Funkamateur, der eine mögliche RadioAurora auf 144 MHz nicht verpassen möchte oder dem Polarlichtbeobachter und Polarlichfotografen, ist der Verlauf des Magnetogramms weitestgehend egal, sofern genau dann eine rote LED leuchtet bzw. ein Relaiskontakt Alarm auslöst, wenn tatsächlich Aurora auftreten kann. Die meisten SAMs werden genau für diesen Zweck eingesetzt, ganz ohne Messwertspeicherung bzw. Internetanbindung.
Daher entschieden wir uns, die bisherige Schaltung lediglich soweit zu überarbeiten, dass aus SAM ein echtes 3-AchsMagnetometer wurde. Dabei haben natürlich auch Überlegungen eine Rolle gespielt, dass es schade wäre, wenn die große Zahl bereits vorhandener Magnetometer nicht mehr weiterverwendet werden könnte.
In die neue Schaltung sind eine Reihe von Erfahrungen und Anregungen der SAM-Nutzer eingeflossen. Wir haben die
aktuelle Bauteilesituation berücksichtigt, so dass weitestgehend Standardbauteile zum Einsatz kommen, die jeder Elektronikhändler in seinem Sortiment hat.
Die verwendeten FGM3-Sensoren haben eine hohe Sensitivität und erfassen Änderungen des magnetischen Flusses von ein bis zwei Nanotesla. Entsprechend empfindlich reagieren sie natürlich auf magnetische Störungen in ihrem Umfeld. Solche Störungen werden meist durch bewegte Eisenteile (vorbeifahrende Fahrzeuge, Stahltüren, Rasenmäher, Schubkarre, Gartengeräte etc.) ausgelöst. Es ist daher wichtig, den Sensor möglichst weit von derartigen Störquellen zu installieren. Da dies nicht in jedem Fall möglich ist, sind in der SAM-Software entsprechende Filteralgorithmen implementiert, um kurzzeitige Störungen auszublenden.
Die FGM3-Sensoren haben eine verhältnismäßig große Temperaturdrift, d.h. der Messwert ist von der Temperatur des Sensors abhängig. Die Temperaturdrift liegt dabei in der Größenordnung von bis zu 100 nT/K. Um aussagekräftige Messwerte zu erhalten ist daher dafür zu sorgen, dass sich die Sensortemperatur möglichst wenig ändert bzw. dass die Temperaturänderung sehr langsam von-
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5 SAM-Standorte
statten geht. Optimal ist eine konstante Sensortemperatur, was sich jedoch nur durch einen geregelten Thermostaten erreichen lässt. Dieser muss eine Kurzzeitstabilität von besser als 0,1 K aufweisen. Der mechanische und elektronische Aufwand dafür ist nicht zu unterschätzen. Lutz Schenk betreibt seine Sensoren mit guten Ergebnissen im Haus mit einem solchen geregelten Thermostaten [6].
Als empfehlenswerte Methode hat sich das Vergraben der Sensoren in einer Tiefe von ca. 80 cm oder mehr erwiesen. Man hat dann zwar immer noch große Temperaturänderungen zwischen den verschiedenen Jahreszeiten, die Kurzzeitstabilität ist aber ausgezeichnet, da es sich um ein thermisch sehr träges System handelt. Genau auf diese Kurzzeitstabilität kommt es bei der Erkennung von Magnetstürmen an. Die SAM-Software arbeitet generell so, dass sie Veränderungen im magnetischen Fluss auswertet und daraus den lokalen K-Index berechnet. Dieser ist ein Maß für die geomagnetische Aktivität und wird über 3-Stunden-Intervalle bestimmt. Die Kurzzeitstabilität des Sensors
muss daher so gut sein, dass es über einen Zeitraum von mehr als drei Stunden zu keinen nennenswerten Temperaturänderungen kommt.
Selbst wenn man über ein Grundstück verfügt, kann der Sensor nicht immer vergraben werden, z.B. bei felsigem Untergrund oder einem hohen Grundwasserspiegel. Whitham D. Reeve in Anchorage/Alaska [7] hat mit einem hohen Grundwasserpegel zu kämpfen und daher um seinen Sensor einen künstlichen Erdhügel errichtet (siehe Abb. 2). Dieser wurde mit größeren Steinen abgedeckt. Später soll noch eine Schicht Mutterboden aufgebracht und Gras ausgesät werden. Die Stahlpfähle des Maschendrahtzaunes stellen kein großes Problem für die Messung dar, da ihr Einfluss auf das Erdmagnetfeld gleich bleibt.
Francesco Delprete betreibt sein SAMBellinzona schon seit vielen Jahren erfolgreich im Keller seines Hauses. Die Sensoren sind in einer gut wärmegedämmten Styroporbox untergebracht. Da der Keller nicht oft begangen wird, hal-
ten sich auch die magnetischen Störungen in Grenzen. Wie Abb. 3 zeigt ist das Raumklima nicht nur zur Temperierung von Fluxgate-Sensoren geeignet.
Die beiden Sensoren auf der Höhensolarstation des Pulokover Observatoriums der Russischen Akademie der Wissenschaften in der Nähe von Kislovodsk im Kaukasus wurden ebenfalls vergraben. Sie liegen in etwa 70 cm Tiefe. Mehr war aufgrund des felsigen Untergrundes nicht realisierbar. Abb. 4 zeigt die örtlichen Gegebenheiten.
Momentan verfolgen wir die Idee, das SAM-Netzwerk über Europa hinaus zu erweitern, um ein weltweites Netzwerk zu realisieren. Dazu soll mindestens ein SAM auf jedem Kontinent Echtzeitdaten liefern. Mehrere SAMs auf unterschiedlichen geographischen Breiten sind natürlich wünschenswert. Im Zeitalter der Globalisierung und weltweiten digitalen Kommunikation sollte auch für uns Amateure ein solches Netzwerk durchaus realisierbar sein. Gleichwohl ist es eine große Herausforderung. Die ersten er-
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Sonnenaktivität und Polarlichter
folgreichen Schritte sind bereits getan: Das erste SAM außerhalb Europas wurde Anfang 2009 von Whitham D. Reeve in Nordamerika installiert und stellt Echtzeitdaten in guter Qualität zur Verfügung [7]. Der Standort Anchorage in Alaska (149,957 Grad W, 61,199 Grad N) ist aufgrund der hohen geographischen Breite ein optimaler Standort für unsere Zwecke. Seit Anfang 2011 liefert ein zweites SAM im Bundesstaat Maryland (39.05 Grad N, 77.09 Grad W) Messwerte.
Das erste SAM in Asien wurde im Oktober 2009 von Michael Passarge auf der Höhensolarstation des Pulkovoer Observatoriums der Russischen Akademie der Wissenschaften in Kislovodsk im Kaukasus (42,66 Grad E, 43,74 Grad N) installiert und hat seinen Betrieb aufgenommen. Die Messwerte werden auf der Homepage [8] der Höhensolarstation zur Verfügung gestellt. Die Höhensolarstation mit Blick auf den Elbrus liegt unmittelbar an der Grenze zwischen Europa und Asien. Die niedrige geographische Breite stellt hohe Anforderungen an die Messstabilität, da die erwarteten Fluktuationen im magnetischen Fluss wesentlich geringer
ausfallen als in höheren Breiten. Die Messwerte zeigten in den vergangenen eineinhalb Jahren eine hervorragende Übereinstimmung mit den Messwerten offizieller Messstationen. Da es sich bei der Höhensolarstation um eine staatliche Forschungseinrichtung handelt, sind wir natürlich besonders stolz darauf.
Mittlerweile existiert auch ein SAM in Saint-Pierre auf Reúnion (21.3 Grad S, 55.5 Grad E) im Indischen Ozean. Die geplante Installation in Neuseeland in der Nähe von Christchurch hat sich durch das schwere Erdbeben in der Region leider um eine unbestimmte Zeit verschoben. Es fehlt noch Südamerika. Hier suchen wir nach Kontakten in diese Region. Ende Februar 2011 wurde ein SAM in Richtung Antarktis verschifft und dürfte den Messbetrieb bereits aufgenommen haben, wenn Sie dieses Heft in den Händen halten.
Für das SAM-weltweit-Projekt bauen wir derzeit eine spezielle SAM-Homepage auf [9]. Whitham D. Reeve hat eine hervorragende englische Übersetzung der Baumappe und des Benutzerhandbuchs erstellt, die dort zum Download bereit stehen.
Abbildung 5 zeigt einen Überblick über bisher installierte SAMs, wobei die Karte nicht vollständig ist. In Abbildung 6 ist das Magnetogramm von Christer Byström aus Sundsvall vom 10. März diesen Jahres zu sehen. An diesem Abend wurde in Norddeutschland ein schwaches Polarlicht gesichtet und es gab auch eine ausgeprägte Radio-Aurora in Nordeuropa.
Literatur- und Internethinweise: [1] Karsten Hansky; SAM - Ein Projekt
wird erwachsen; VdS Journal 9; S. 42; 2002 [2] Dirk Langenbach, Karsten Hansky; Bau eines Magnetometers für die Polarlicht- und Aurora-Vorhersage; Praxisheft 13; S. 12-23; 2003 [3] www.speakesensors.com [4] www.sam-europe.de [5] www.polarlichtinfo.de/wap. polarlichtinfo.de [6] www.lutz-schenk.de/ [7] www.reeve.com/SAM/SAM_simple. html [8] www.solarstation.ru [9] www.sam-magnetometer.net
6 Magnetsturm am 10. März 2011
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Für visuelle Beobachter und CCD-Fotografen ist das LX200ACF ein zuverlässiges, hochgenaues und unglaublich leistungsfähiges Arbeitspferd.
Die Meade ACF-Optiken haben einen großen Vorteil gegenüber konventionellen Optiken: Sie haben kein Koma. Koma ist ein Bildfehler, bei dem außerhalb der Bildmitte das Sternenlicht verteilt und zu einem kometenähnlichen Schweif auseinandergezogen wird. Meade Advanced Coma Free Optiken haben diesen Fehler nicht. Die Vorteile sehen Sie bei jedem Blick durch das Teleskop: Scharfe, runde Sterne bis zum Rand. Durch die höhere Lichtkonzentration erhöht sich auch der Kontrast im Bild und es werden schwächere Sterne sichtbar. Ob Beobachtung oder Fotografie: Die Advanced Coma Free Optiken von Meade haben gegenüber konventionellen Serienteleskopen die Nase vorn. Sie bieten eine Abbildungsqualität, die bisher nur von RitcheyChretien Teleskopen und anderen exotischen Systemen erreicht wurde, die jedoch ein Mehrfaches der Meade ACF Geräte kosten. Was das bedeutet, lesen Sie hier: www.meade.de/ACF
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mensioniertem Hauptspiegel, Smart Drive, Smart Mount, AutoStar II und vieles mehr. Darüber hinaus ist das LX200ACF mit einer auf ProfiNiveau in Amerika hergestellten Optik und einem fünf-elementigen Plössl-Okular (26 mm) der Serie 5000 ausgestattet. Das neue LX200ACF.
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Sony GPS Empfänger, Level-North-Technologie (LNT) und AutoStar II Computersteuerung: Automatische Übernahme von genauer Zeit, Datum und Standort für schnelle und präzise Ausrichtung. Mit dem AutoStar II können Sie über 145.000 Objekte des Nachthimmels ansteuern. Beobachten Sie Planeten, Sterne, Galaxien, Nebel und Kometen - einfach per Knopfdruck! Sie kennen sich am Nachthimmel noch nicht so gut aus? Dann lassen Sie sich von der vorprogrammierten ,,Tonight`s best" Tour zu den jeweils lohnendsten Objekten führen! Astronomie war noch nie so einfach und bequem.
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des LX200ACF im visuellen, fotografischen und CCD Bereich abgestimmt sind. Die Bildhelligkeit ist fast 20% höher als bei Standard Vergütungen. Objekte wie Sterne, Galaxien und Nebel erscheinen deutlich heller. Selbst Beobachtungen des Mondes oder der Planeten profitieren von der verbesserten Transmission im gesamten Lichtspektrum.
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Sonnenaktivität und Polarlichter
Urlaub unter den Polarlichtern von Finnisch-Lappland
von Manfred Heinrich und Anke Hamann
Oft schon innerhalb der letzten zwölf Jahre sagten wir: ,,Näkemiin Lappi - Auf Wiedersehen Lappland" und ebenso oft sagten wir aber auch ,,Hyvää päivää Lappi - Guten Tag Lappland, da sind wir wieder!" Eine Liebeserklärung an die Na-
tur Lapplands mit ihrer einsamen, stillen Weite und ihrer eigenen Schönheit. Aber ohne das himmlische Drama der Polarlichter fehlt in der Tat ein großes Stück des lappländischen Zaubers. Vor allem süchtig nach Polarlichtern, konnten wir
unseren Urlaub im März 2011 natürlich wieder kaum erwarten. Dieses atemberaubende Himmelsschauspiel will uns nicht mehr loslassen, seitdem wir es das erste Mal im hohen Norden persönlich erlebten.
1 03.03.2011; 19:54 Uhr MEZ, Belichtungszeit 10 s 2 07.03.2011; 20:42 Uhr MEZ, Belichtungszeit 10 s
SSoonnnneennaakkttiivviittäätt uunndd PPoollaarrlliicchhtteerr
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Mindestens zwei Wochen im ,,Polarlichtland" zu sein und dafür den eisigen Winter zu wählen ist für uns erfahrungsgemäß die beste Variante mit guten Aussichten auf das faszinierend Farbenspiel am lappländischen Nachthimmel. Als langjährige Sonnenbeobachter sichteten wir im Februar 2011 zwei größere Fleckengruppen, auch in H-Alpha war die Sonne aktiv. Diese ansteigende Sonnenaktivität nahmen wir gleich mit auf die Reise. Könnte sie uns vielleicht schöne Polarlichter bescheren?
Das Samendorf Hetta gehört zur Gemeinde Enontekiö. Dort wurden wir im gemütlichen Gasthaus Hetan Majatalo, welches am Rande der Wildmark liegt, von unseren samischen Gastgeberinnen Tuula und Tiina aufs Herzlichste begrüßt. Man kennt uns dort bereits als leidenschaftliche Polarlichtjäger aus Leipzig, was die Reservierung eines bestimmten Zimmers bewirkte, damit die Nachtruhe anderer Gäste nicht gestört wird. Am späten Abend nach unserer langen Anreise war der Himmel bedeckt, ein Glück, denn wir waren sehr müde und wollten
erst einmal nur schlafen. Der Tag darauf war Wolken verhangen, wurde aber zum Skilanglauf bei nur minus 4 Grad Celsius genutzt. Von Tiina hörten wir dann, dass es die Wochen vorher bis zu minus 40 Grad Celsius kalt gewesen sein soll. Nicht untypisch für diese Region und Jahreszeit! Na, warten wir die kommenden Temperaturen erst einmal ab!
In der folgenden Nacht ging's aber dann richtig los! Der Himmel klarte auf und gegen 22 Uhr Ortszeit kam ein ruhiger Polarlichtbogen im Norden plötzlich zum
3 10.03.2011; 20:59 Uhr MEZ, Belichtungszeit 10 s
4 01.03.2011; 23:14 Uhr MEZ, Belichtungszeit 20 s, Objektiv abgeblendet auf f/3.2. Alle Bilder
aufgenommen mit Videokamera SONY NEX - VG 10E mit Objektiv 2.8/16mm
50
Sonnenaktivität und Polarlichter
Ausbruch und bescherte uns wehende Polarlichtbänder in gelben, grünen, roten und blauvioletten Farben! Sie breiteten sich in alle Richtungen in einer unglaublichen Formenvielfalt und Schnelligkeit aus! Hoch über unseren Köpfen krönte mehrmals eine Korona das Geschehen. In südlicher Richtung stand auch ein Polarlichtbogen. Wie das? Zwei Videokameras (mit einer davon machten wir unsere Fotos) waren ununterbrochen im Einsatz! Und da - noch ein Polarlichtbogen im Westen. Das hatten wir noch nicht erlebt, dass in allen Richtungen Polarlichtbögen stehen und diese nacheinander ausbrechen!! Unser Mund blieb wohl vor Staunen die ganze Zeit offen. Dieses Naturschauspiel lässt sich nur schwer beschreiben, es fehlen uns die rechten Worte.
Der Polarforscher Robert Scott sagte, als er die Aurora zum ersten Mal sah: ,,Es ist unmöglich, Zeuge eines solchen Phänomens zu sein, ohne Ehrfurcht zu empfinden. Es wendet sich sogleich an die Phantasie, weil es eine spirituelle Quelle zu haben scheint."
Von Revo, dem Fuchs, erzählt eine finnische Legende, dass er mit dem Schlagen seines Schwanzes rote Feuerzungen ohne Wärme über den Himmel züngeln lässt. Das Polarlicht heißt deshalb auch im Finnischen ,,Revontulet - Fuchsfeuer".
Den Fuchs haben wir in der Natur leider nicht gesehen. Aber wie ging es mit unserem Polarlichturlaub nach diesem grandiosen Auftakt weiter? Die von uns gewählte Zeit bestätigte sich als optimal, da wir in den darauf folgenden Nächten förmlich mit Polarlichtern überschüttet wurden. Von 14 Nächten konnten wir nachweislich in zehn Nächten den Farbenzauber des Polarlichtes mehr oder weniger intensiv erleben und festhalten. Stellvertretend für alle weiteren Beobachtungsnächte soll die obige Beschreibung in der ersten Nacht sein. Man könnte Seiten füllen damit ...
Die aktive Phase in diesen Nächten begann fast immer zwischen 21 und 22 Uhr Ortszeit, und der Farbtanz am Himmel hielt uns in Atem bis zwischen 2 und 3 Uhr früh. Ab und zu leichte Bewölkung
störte nicht. Zugegeben, ein wenig Glück war auch dabei, welches wir wohl den beiden Fleckengruppen auf der Sonne zu verdanken hatten. Im Feldstecher konnten wir sie mittels Folienfilter ausmachen. Danke, liebe Sonne! Auch der Klimawandel hatte ausnahmsweise mal etwas Gutes für uns und bescherte uns ,,angenehme" Temperaturen zwischen minus vier und minus 15 Grad Celsius, normalerweise herrschen in Lappland bis zu minus 40 Grad Celsius um diese Jahreszeit.
Sicher denkt mancher Leser, das ist doch Stress pur und kein Urlaub! Fast jede Nacht stundenlang in der Kälte stehen, kaum eine Nacht vor zwei, drei Uhr ins Bett. Schon mal was von positivem Stress gehört? Schlafen kann man später ist unsere Devise. Jeden Tag fünf bis sechs Stunden Skilanglauf in tief verschneiter, stiller Natur und sauberster Luft, ab und zu Rentiere und viel Sonnenschein, das ist für uns Erholung pur. Und nachts kommen unsere Freunde, die Polarlichter! Sie verzaubern uns immer wieder. In diesem Sinne: Näkemiin Lappi! Bis zum nächsten Mal.
Fotobeiträge Polarlichter
Auf den folgenden Seiten stellen wir Ihnen Polarlichtfotografien einiger VdS-Mitglieder vor, die eigens für dieses Schwerpunktthema an die Redaktion eingesandt wurden.
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1
Polarlicht vom 22.03.11 um 22:48 UT 25 s bei ISO 3200 mit PENTAX K5 und Sigma 10 mm (Zoom 10-20 mm) 1:4 Inarisee/Finnland
SSoonnnneennaakkttiivviittäätt uunndd PPoollaarrlliicchhtteerr
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2 Polarlicht vom 27.03.11, 22:08 UT
15 s bei ISO 3200 mit PENTAX K5 und PentaxFisheye 10 mm (Zoom 10-17 mm) 1:4 Pasviktal/Norwegen
3 Polarlicht vom 27.03.11, 22:26 UT
15 s bei ISO 3200 mit PENTAX K5 und Sigma 10 mm (Zoom 10-20 mm) 1:4 Pasviktal/Norwegen
Abb. 1-3 von Bernd Flach-Wilken
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Sonnenaktivität und Polarlichter
4 Polarlicht, das bis in den Süden reicht, aufge-
nommen am 31.10.2003 an der Wetterwarte Chemnitz
Sonnenaktivität und Polarlichter
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5
Polarlicht im Norden, aufgenommen am 31.10.2003 an der Wetterwarte Chemnitz Abb. 4+5 von Claudia Hinz
6 Grüner Polarlichtbogen mit roten
Strahlen, aufgenommen am 31.10.2003 vom Observatorium der LMU München auf dem Wendelstein. Bildautor: Christoph Ries
7 Grünes und rotes Polarlicht am
29.10.2003 um 20:11 UT in Zenitnähe (SW) in den Sternbildern Leier, Schwan und Adler. Aufnahmeort war der 3.135 m hohe Gornergrat / Zermatt / Schweiz. W.E. Celnik belichtete 10 Minuten mit einem 50-mm-Objektiv bei Blende 4,0 an stehender Kamera auf Ektachrome 200 Farbdiafilm (6x6).
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Sonnenaktivität und Polarlichter
Rezension des neuen PolarlichtBildbandes aus dem Oculum-Verlag
von Ulrich Rieth
Bibliographische Daten A. Pfoser, T. Eklund: Polarlichter - Feuerwerk am Himmel Oculum-Verlag GmbH, Erlangen, 168 Seiten, Hardcover, 1. Auflage Januar 2011, ISBN 978-3-938469-46-0, 39,90 Euro
Im Oculum-Verlag erschien Anfang des Jahres 2011 ein neuer Bildband zum Thema Polarlichter. Da die zurzeit verfügbaren deutschsprachigen Werke praktisch alle bereits im vorletzten Sonnenzyklus geschrieben wurden, war die Erwartung der Polarlichtbeobachter recht groß. Zum einen wäre es wünschenswert, endlich ein Buch zu haben, das die Beobachtungsbedingungen und die Erscheinungsformen von Polarlichtern in mittleren und niedrigen Breiten (z.B. Mitteleuropa) aufgreift. Zum anderen gibt es kaum amateurastronomische Literatur zum Thema, welche über die ersten Beobachtungen der Sonnenmission SOHO hinausgeht bzw. auch neuere Erkenntnisse (u.a. STEREO, ACE und THEMIS-Missionen) der solarterrestrischen Beziehungen beleuchtet. Ein neues, modernes Buch hätte hier Abhilfe schaffen können. Aber so etwas kann ein Bildband naturgemäß nicht leisten; zu diesem Zweck bedarf es eines Fachbuches. Dennoch ist das jetzt vorliegende Werk ein Kompromiss, der auch den fortgeschrittenen Amateur noch gut bedient.
Der Oculum-Bildband besticht auf den ersten Blick durch zahlreiche, hochqualitative Fotos des finnischen Polarlicht-Fotografen Tom Eklund. Mit der Festlegung auf einen einzigen Bildautor hat sich der Verlag jedoch etwas der möglichen Vielfalt an Polarlicht-Erscheinungen beraubt und es auch verpasst, deutlich mehr auf die Erscheinungsformen der Aurora in Mitteleuropa einzugehen. Gerade weil das Buch aus dem deutschen Sprachraum und für eben diesen Leserkreis konzipiert wurde, wäre ein Schwerpunkt der Fotos auf dieser Region wünschenswerter ge-
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wesen. Polarlicht-Bildbände aus Skandinavien oder allgemein aus höheren Breiten gibt es zur Genüge; hiervon hätte man sich abheben können.
Was beim genaueren Durchblättern auch auffällt, ist, dass sich viele Bilder sehr ähnlich sind, was am bevorzugten Standort des Fotografen liegt. So kommen immer wieder grüne Polarlichtbögen vor, die sich auf einer Seeoberfläche spiegeln. Dieses Motiv ist zwar sehr reizvoll, wirkt aber bei der dritten Wiederholung doch irgendwie langweilig. Auch wenn die Form des Polarlichts naturgemäß immer wieder leicht anders ist, wäre hier ein Mehr an Bildautoren mit anderen Perspektiven oder ein Weniger an Wiederholungen dem Bildband deutlich zuträglich gewesen.
Der umfangreiche Textteil des Buches ist sehr fundiert ausgearbeitet. Der Autor, Andreas Pfoser, ist studierter Meteorologe und bringt damit den nötigen physikalischen Ausbildungshintergrund mit. So findet der Leser im Inhaltsverzeichnis dann auch alles, was er von einem Buch zum Thema Polarlichter erwarten kann. Angefangen von der Kulturgeschichte und Wissenschaftsgeschichte über die Eigenschaften des Polarlichts bis hin zu den verschiedenen Faktoren und Regionen, die zur Entstehung einer Aurora beitragen (Atmosphäre, Sonne, Sonnenwind, u.a.), wird alles abgehandelt, was der Polarlichtbeobachter an Information, Wissen und ,,Handwerksgerät" benötigt. Aber auch hier fällt beim Durchlesen auf, dass scheinbar der rote Faden beim Schreiben verloren gegangen ist. So wird teilweise der Zusammenhang zwischen den einzelnen Kapiteln nicht klar. Jedes Kapitel ist zwar einzeln gut ausgearbeitet und kann auch prima für sich selbst stehen, aber die Kombination der Kapitel wirkt irgendwie inhomogen. Dem erfahrenen Leser wird auffallen, dass der
Autor das ihm als Meteorologe vertraute Thema der Atmosphäre sehr fundiert beschreibt und auch vereinzelt an anderen Stellen wieder aufgreift. Viele der anderen Themen wirken dagegen teilweise unrund oder mit Statistiken angefüllt, auf die nicht immer eingegangen wird. Auch die Reihenfolge der Abhandlung ist ungewöhnlich. So werden zuerst die Vorgänge in der Erdatmosphäre besprochen, bevor erst am Ende des Buches auf die eigentlichen Quellen der Polarlichterscheinung, die Sonne und ihre Aktivität, eingegangen wird. Insgesamt schießt der Autor über das Ziel eines erklärenden Textes in einem Bildband hinaus, da die Texte für den Leserkreis eines solchen Buches zu physikalisch gehalten sind. Zum Verständnis eines Großteils der Kapitel ist daher sicherlich die Physik der gymnasialen Oberstufe vonnöten. Leider wird auch bei den Beobachtungs- und Foto-Tipps nicht auf die besonderen Belange der Beobachter in Mitteleuropa eingegangen. Hier wird man kaum mit Ausrüstungen fotografieren, die für den Einsatz in den arktischen Wintern Nordskandinaviens ausgelegt sind. Was auch völlig fehlt, ist eine Art Leitfaden, der die Ereignisse beschreibt, welche bei größeren Polarlicht-Ereignissen in einer bestimmten Reihenfolge ablaufen. Dadurch könnte sich der Leser selbständig auf kommende Polarlicht-Chancen einstellen.
Zusammenfassend ist mit dem Polarlicht-Buch aus dem Oculum-Verlag leider nicht der große Wurf gelungen. Für einen Bildband oder ein Anfängerbuch sind die Ausführungen zu komplex gehalten. Der erfahrene Polarlicht-Beobachter wird allerdings den einen oder anderen Sachverhalt finden, den er bisher noch nicht kannte. So können letztlich nur diese Leser auch als passende Zielgruppe für das Buch ausgemacht werden.
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Amateurteleskope/Selbstbau
Ist das FirstScope 76 noch zu retten?
- Wege, um eine Kugelspiegel-Krücke in ein brauchbares Instrument zu verwandeln.
von Ulrich Eckert (praktische Ausführung) und Klaus-Jochen Stepputat (Theorie, Text)
- Teil 1 -
Wer erinnert sich als Astroamateur nicht an das beglückende Erlebnis, als sich erstmals im bescheidenen (vielleicht sogar selbstgebauten?) Teleskop die funkelnden Schätze des Himmels, wie die Plejaden, der Orionnebel, der Doppelsternhaufen im Perseus und andere mehr dem direkten eigenen Blick enthüllten? Eher aus knallharten Geschäftsinteressen, denn um solche Glückserlebnisse in der Bevölkerung zu verbreiten, bieten heute die Discounter in regelmäßigen Abständen Teleskop-Billigprodukte an, deren Hauptmängel meist in der mechanischen Stabilität liegen. Deren Linsenoptik ist zwar recht passabel, denn es ist heute nicht schwer, bei ausreichend langer Brennweite brauchbare Achromate von 50-70 mm Öffnung zu fertigen. Doch weckt die Zusatzausstattung an Okularen mit Barlowlinse und dem terrestrischen Umkehrsystem Vergrößerungserwartungen jenseits aller Vernunft. Maximal 100-fach wäre bei diesen Teleskopen angebracht. Die angepriesene mehr als 500-fache Vergrößerung wirkt lediglich für astronomisch-optische Laien und ebenso gestrickte Verkäufer verkaufsfördernd.
Einsteigerteleskope und erfahrene Amateure treffen recht selten aufeinander, denn letztere sind darüber hinausgewachsen und wissen, dass sie dabei nichts versäumt haben. Doch manchmal horchen sie auf, wenn beispielsweise im Internationalen Astronomischen Jahr 2009 eine bekannte amerikanische Optikfirma als mögliche Alternative ein kleines Dobson-ähnliches Spiegelteleskop für unter 60 Euro in der Grundausstattung anbietet (mit 300 mm Brennweite und 76 mm Öffnung bei weniger als 2 kg Gewicht). Die Qualitätsanpreisung erfolgt natürlich in der wenig bescheidenen Supersprache amerikanischer Anzeigen: ,,Bei der IYAOrganisation der UNESCO haben Optik und Design des Firstscope 76 einen so hervorragenden Eindruck gemacht, dass
es dort einhellig und weltweit zum offiziellen Produkt des Jahres der Astronomie erklärt wurde".
Selbst bei kritischer Einstellung hätte ich dieses Teleskop sofort jedem Anfänger für den Start in der Astronomie empfohlen, denn da konnte nichts wackeln. Die kompakte, einfache und stabile Montierung mit den zwei Achsen in Seite und Höhe ist auch von jedem Anfänger sofort leicht zu bedienen! Eine fehlerfreie Optik setzte ich bei dem bekannten Hersteller natürlich voraus! Als ich, diesem guten Glauben folgend, einem bislang in Astronomie unerfahrenen lieben Bekannten dieses kleine Teleskop als Geschenk überreichen wollte, habe ich es zuvor äußerlich geprüft und am Himmel getestet. Die Justierung erschien mir zwar nicht optimal, aber noch erträglich genau. Es gibt da auch nicht viel zum Verstellen. Denn der Hauptspiegel ist unverrückbar in einer Masse schwarzen Kunststoffs eingegossen. Die Lage des Fangspiegels kann ohne Kürzen oder Verbiegen seines Halters im Tubus nicht verändert werden, doch seine Neigung ist über drei Justierschrauben einstellbar. Die Okulare (von 4 sowie 20 mm Brennweite) besitzen beide leider nur ein recht kleines Gesichtsfeld, zudem spiegelt die Innenwand, trotz schwarzen Kunststoffmaterials. So kann man kein kontrastreiches Bild erwarten. Um den Hauptspiegel zu testen, habe
1 Strahlenvereini-
gung bei einem Kugelspiegel. Die Randstrahlen schneiden die optische Achse deutlich vor der Fokusebene
ich deshalb hochwertige Weitwinkelokulare, eins auch mit 4 mm Brennweite eingesetzt. In der nächsten sternklaren Nacht standen der Mond und Jupiter am Himmel. Aber welch gräulicher Anblick bot sich bei einer Vergrößerung von 70fach! Den Mond umgab ein deutlicher Schleier, sein Rand und die Krater waren irgendwie nicht scharf ins Bild zu bekommen. Das Teleskop verweigerte einen scharfen Fokus. Beim Jupiter war zwar gerade noch die Kugelgestalt zu erkennen, von einem Wolkenband aber keine Spur. Auch ihn umgab ein heller ,,Heiligenschein", der seine nahen Monde zu überstrahlen drohte. Was war da los? Auch die im FirstScope eingestellten hellen Fixsterne waren irgendwie glorien-umhüllt. Allein schwächere Sterne erschienen in ausreichender Schärfe. Das extrafokale Bild heller Sterne blieb unscharf begrenzt, dafür war das intrafokale von einem hellen Lichtring umgeben. Dies ist ein Anzeichen dafür, dass die Randstrahlen vom Spiegel die optische Achse zu früh treffen, und ist damit ein deutliches Merkmal für ungenügende parabolische Korrektur. Also habe ich das Teleskop (ohne Fangspiegel) auf der Foucault-Testbank geprüft. Ich sah das völlig ebene Schattenbild eines reinen Kugelspiegels. Die Brennweite betrug ziemlich genau 280 mm, wie bei allen weiteren später geprüften Exemplaren und nicht 300 mm. Zudem bauten wir später noch
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Amateurteleskope/Selbstbau
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2 Mondaufnahme am 6.2.11 mit dem Original-76-mm-
Kugelspiegel
3 Mondaufnahme am 6.2.11 mit parabolisiertem
76-mm-Spiegel
einen etwas größeren Fangspiegel ein, um eine bessere Bildausleuchtung zu erreichen.
Wir schließen aus der Überprüfung von fünf FirstScopes, die alle bei unterschiedlichen Anbietern eingekauft wurden, dass Kugelspiegel offenbar Standard aller FirstScopes 76 von Celestron sind. Nun sind Kugelspiegel generell nicht schlecht, doch nur, wenn sie mit genügend kleinem Öffnungsverhältnis eingesetzt werden. Bei 76 mm Öffnung ist nur dann eine nahezu fehlerfreie Abbildung erreichbar, wenn die Brennweite wenigstens das 6,6fache beträgt, also 500 mm. Jedoch beim FirstScope liegt das Öffnungsverhältnis bei 1:3,7. Bei einem so großen Öffnungsverhältnis verdirbt aber die so genannte sphärische Aberration (der Kugelgestaltsfehler) jede scharfe Abbildung! Die vom Rand des Spiegels kommenden Strahlen treffen deutlich vor dem Brennpunkt die optische Achse (siehe Abb. 1). Deshalb findet man mit dem Okular auch keinen scharfen Brennpunkt, sondern in einem davor gelagerten Punkt der besten Strahleneinschnürung ein eher diffuses Streulichtscheibchen. Und das ist in diesem Fall zehn- bzw. fünfmal größer, als es die nur durch Beugung verursachten theoretischen Bestwerte sein würden, so wie man sie von guten Parabolspiegeln erwarten könnte. Um diese Situation deutlich zu machen, sind hier zwei Mondfotos gegenübergestellt: Einmal mit dem Original-FirstScope mit Kugelspiegel (Abb. 2) und zum Vergleich mit einem nachträglich parabolisierten FirstScope (Abb. 3). Die Bilder sprechen für sich!
Was ist zu tun, um das mechanisch etwa d = 1,2 µm / Ö. Die Größe hängt
überzeugende FirstScope optisch
also nur vom Verhältnis D/f ab, nicht von
aufzupeppen?
D oder f allein! Bei Spiegelteleskopen mit
Die radikalste Methode ist gerade er- relativ großer Abschattung durch den
wähnt. Man poliert den Kugelspiegel so Fangspiegel müssen wir wegen zusätzli-
um, dass er parabolisch wird. Das ist aus cher Beugung mit einem erheblich helle-
mehreren Gründen sehr aufwändig und ren ersten Beugungsring rechnen, der für
wird in Teil 2 dieses Berichts detailliert das Auge, besonders unter Luftunruhe,
beschrieben. Hier wird zuvor ein viel ein- mit dem Beugungsscheibchen selbst zu
facher zu gehender Weg vorgeschlagen. verschmelzen scheint. Deswegen rech-
Dessen Ergebnis bleibt
aber in der optischen
Leistung (Helligkeit und
Definition) deutlich un-
ter der eines Parabol-
FirstScopes! Die Idee
ist dabei folgende: Ver-
kleinern wir durch ein
schrittweises Abblen-
den des Hauptspiegels
das Öffnungsverhältnis
(Ö=D/f), so nähern wir
uns dem Fall, bei dem
ein Kugelspiegel einem
Parabolspiegel eben-
bürtig ist. Dazu müssen
wir die Größe des Beu-
gungsscheibchens d bei
gegebenen Optikdaten
kennen (diese Größe ist
nicht zu verwechseln
mit dem Auflösungs-
vermögen!) und mit der
Abmessung des opti-
malen sphärischen Zer-
streungsscheibchens d''
vergleichen. Von Null-
stelle zu Nullstelle misst die Glockenkurve des
4 FirstScope mit Kugelspiegel auf 50 mm
Beugungsscheibchens abgeblendet
VdS-Journal Nr. 39
58
Astrofotografie
nen Pessimisten vorsichtshalber mit einem Durchmesser des so vergrößerten Seh-Scheibchens von 2 d = 2,4 µm / Ö. Wollen wir mit einem Kugelspiegel die ,,pessimistische" beugungsbegrenzte Auflösung erreichen, darf sein Kugelgestaltsfehler d'' nicht größer als 2 d werden. In der Tabelle sind die Werte von D, 1/Ö, 2 d'' und d'' für die volle Öffnung und schrittweises Abblenden auf 60, 50, 40 und 27 mm eingetragen. (die Größe d'' des sphärischen Zerstreuungsscheibchens wird in der nächsten Folge berechnet). Wir sehen aus den Werten, dass bei voller Öffnung das sphärische Scheibchen d'' 5 Mal größer als 2 d ist. Blendet man den Spiegel auf 60 mm ab, bleibt das sphärische Scheibchen immer noch doppelt so groß wie die entsprechende Beugungsfigur 2 d, und erst bei 50 mm sind beide gleich groß. Man kann dann sagen, hier reicht ein Kugelspiegel für eine fehlerfreie Abbildung aus.
Doch dafür bekommen wir auch wesentlich weniger Licht als bei 76 mm Öffnung! Unter Berücksichtigung der Fangspiegel-Abschattung verbleiben bei 60 mm nur 57 %, und bei 50 mm lediglich 35 % gegenüber der ursprünglichen Fläche. Unsere praktischen Versuche mit abgeblendeten FirstScopes bestätigten die abgeschätzten Ergebnisse: Bei 60 mm erschien die Abbildung schon brauchbar, aber erst bei 50 mm befriedigend definiert (Abb. 4). Doch so, wie uns die fünf FirstScopes verkauft wurden, sind sie mangelhaft und besonders bei höheren Vergrößerungen unbrauchbar!
(wird fortgeführt in Teil 2)
Streulichtscheibchen und Optikdurchmesser
(Brennweite immer 280 mm)
D
1 / Ö
2 d
d''
mm
µm
µm
76
3,68
8,8
44
60
4,67
11,2 22
50
5,6
13,4 13
40
7,0
16,8 6,4
27
10,37 25
2,0
D = Durchmesser der abgeblendeten Optik, 1 / Ö = f / D = Kehrwert des Öffnungsverhältnisses der abgeblendeten Optik, 2 d = 2,4 µm / Ö = Durchmesser des ,,Pessimisten"-Beugungsscheibchens, d'' = Durchmesser des Streulichtscheibchens im Punkt der engsten Strahleneinschnürung (Berechnung in Teil 2 des Beitrags)
Neues aus der FG Astrofotografie
von Andreas Rörig, Mark Hellweg und Peter Riepe
Verschiedene Entwicklungen zeigen, dass Bewegung in die Fachgruppe Astrofotografie gekommen ist. Wir haben einige neue Ideen umgesetzt, die wir hier kurz vorstellen.
1. Neu: Mailingliste der FG Astrofotografie (berichtet von Andreas Rörig) Während einer FG-Sitzung beim diesjährigen Deep-Sky-Treffen vom 18. bis 20. März 2011 in Bebra (Abb. 1) wurde beschlossen, eine Mailingliste für die FG Astrofotografie einzurichten. Die Liste soll den Mitgliedern der Fachgruppe und auch anderen interessierten Astrofotografen eine schnelle Kommunikationsplattform für den Erfahrungsaustausch bieten sowie das Gemeinschaftsgefühl der FG-Mitglieder stärken.
bestimmten Problemen helfen können. Auch Aktivitäten innerhalb der Fachgruppe können über dieses Medium einfacher und schneller als bisher koordiniert werden. Bisher erfolgte die Kommunikation in der Fachgruppe weitestgehend über Rundbriefe der FG-Leitung, die leider allzu oft in einer Einbahnstraße endeten. Mit der Mailingliste sind wir nun in der Lage, die Interaktion deutlich zu verbessern.
Seit dem 23. März 2011 ist diese Mailingliste nun online. Die ersten Wochen des Betriebes haben gezeigt, dass die Liste sehr gut angenommen wird. Zum Zeitpunkt, da ich diese Zeilen schreibe (Ende April), sind schon über 50 Mitglieder aktiv und es haben sich bereits viele interessante Diskussionsstränge ergeben. Aus technischer Sicht handelt es sich um eine geschlossene Gruppe bei Google-Groups.
Über diese Liste kann man den Listenteilnehmern seine neuesten Ergebnisse präsentieren oder einen Erfahrungsaustausch über ein bestimmtes Thema der Astrofotografie anstoßen. Man kann auf einfachem Weg Gleichgesinnte erreichen, die Verbesserungen vorschlagen und bei
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1 Sitzung der VdS-Fachgruppe Astrofotografie beim Deep-Sky-Treffen 2011
(Bild: Josef Müller)
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Eine geschlossene Gruppe wurde gewählt, um SPAM fern und das ,,Rauschen" gering zu halten. Als Administratoren fungieren Antonius Recker und Andreas Rörig.
Wer sich mit Astrofotografie beschäftigt bzw. sich dafür interessiert und Mitglied der Mailingliste werden möchte, kann sich über die Webseite der Fachgruppe anmelden (http://astrofotografie.fg-vds.de). Hierzu müssen lediglich der Name und die E-Mail-Adresse angegeben werden. Ein Google-Benutzerkonto ist nicht zwingend erforderlich. Die Freischaltung durch die Administratoren erfolgt dann normalerweise innerhalb weniger Tage. Die Teilnahme ist natürlich kostenlos. Wir hoffen auf Eure rege Teilnahme.
2. Neu: Das ,,Astrofoto des Jahres" (berichtet von Mark Hellweg) Auf dem diesjährigen Deep-Sky-Treffen in Bebra wurde von der Fachgruppe Astrofotografie folgendes beschlossen: Die Mitglieder unserer Fachgruppe wählen zum Ende eines Kalenderjahres die drei besten Bilder aus den veröffentlichen AdW's, d. h. aus 52 x ,,Astrofoto der Woche". Jedes Mitglied der Fachgruppe ist eigenständig in seiner Wahl und vergibt seinen ausgewählten drei ,,Kandidaten" die Plätze eins, zwei und drei. Das Bild, welches die meisten Stimmen bekommt, wird zum ,,Astrofoto des Jahres" (AdJ) erkoren.
Ein Vorschlag, welcher allgemein gut ankam, war: Das Siegerbild wird auch Titelbild eines nachfolgenden VdS-Journals. Die Bilder der Plätze 2 und 3 könnten z. B. innerhalb eines Beitrags im Journal größerformatig gezeigt werden. Natürlich wird das ,,AdJ" auch auf Astronomie.de noch einmal gebührend hervorgehoben! Wir hoffen, den Astrofotografen damit einen interessanten neuen Anreiz zu bieten.
3. Neu: Aus Astroaufnahmen lernen (berichtet von Peter Riepe) Unsere Fachgruppe gestaltet seit Herbst 2004 das ,,Astrofoto der Woche" (AdW). Plattform ist Astronomie.de (http:// www.astronomie.de/). Was zunächst als Versuch begann, ist inzwischen ein beachtlicher ,,Selbstläufer" geworden. Dank der guten Zusammenarbeit mit Astronomie.de hat das AdW eine große Beliebtheit und Verbreitung erfahren. Wir haben einen großen Kreis von ,,Freunden der FG Astrofotografie" aus Deutschland, der Schweiz und vor allem Österreich, die fleißig Bilder schicken. So konnte sich eine breite Kommunikation zunächst zur FG-Leitung entwickeln. Daraus wurde inzwischen die Mailingliste (s. o.).
Das AdW wird nun um eine Variante erweitert. Auf dem ATT am 7. Mai 2011 wurde in einem Gespräch zwischen FG-Mitgliedern und Stefan van Ree (dem Administrator von Astronomie.de) beschlossen: Jeder Nutzer kann beim Betrachten des AdW anklicken, ob er mit dem Bildautor via E-Mail in Kontakt treten möchte. So können interessierte Sternfreunde Fragen zum Bild oder zur Aufnahmetechnik stellen und auf diese Weise direkt aus den Aufnahmen lernen. Wir sehen hierin eine wichtige neue Fachgruppenleistung. Dabei wird auch darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an unserer Mailingliste besteht.
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Astrofotografie
Astrofotografie im australischen Busch
von Fabian Neyer
in Wüsten- oder Steppengebieten: Oft ist die Bevölkerungsdichte (und damit die Lichtverschmutzung) minimal und stabile Schönwetterperioden sind der Standard. Während am Tage die Temperaturen zum Schwitzen anregen, sinkt das Thermometer in der Nacht schnell mal in Richtung Gefrierpunkt. Nichtsdestotrotz bleibt die relative Luftfeuchtigkeit sehr gering und eine Taubildung ist höchst selten der Fall.
Das astronomische Paradies Um in Regionen zu gelangen, von denen aus mit großer Sicherheit viele Stunden unter einem perfekten Nachthimmel beobachtet werden kann, bedarf es für uns Europäer etwas mehr als nur ein paar Stunden Autofahrt. Dies eignet sich daher besonders gut in einer längeren Urlaubszeit. Einer der populärsten Orte für solche Astrourlaube ist Namibia. Dort finden Astronomiebegeisterte je länger je mehr ein großes Angebot an verschiedenen Beobachtungsplattformen. Diese können in verschiedensten Ausführungen gemietet werden, von einer einfachen Teleskopsäule bis hin zur komplett ausgestatteten Sternwarte. Wer seine eigene Ausrüstung also nicht mitschleppen will, aber trotzdem mit High-End-Geräten hantieren möchte, kann auf solchen Astrofarmen seine Bedürfnisse befriedigen - natürlich zum entsprechenden Preis.
1 Übernachten im Outback. Im Hintergrund der Ayers Rock (Uluru) mit Blick
Richtung Süden. 30 x 5 min bei f = 24 mm (1:5,6) und ISO 100 - Vollmond.
Doch nicht nur Namibia bietet die Möglichkeit, ,,das" Astroerlebnis zu erfahren. Mit einfacher Ausrüstung und etwas Abenteuerlust lassen sich auch noch abgelegenere Regionen auf unserem Planeten erkunden. Nebst dem afrikanischen
Eine Milchstraße von Horizont zu Horizont, nirgends eine störende Lichtquelle, trockene und ruhige Luft und kaum ein Flugzeug, das über das Firmament flitzt. So stellt man sich einen perfekten Himmel vor. Wenn wir einen Blick auf die aktuelle Lichtverschmutzungskarte von Mitteleuropa werfen, wird uns schnell bewusst, dass es - wenn überhaupt - nur noch ganz wenige Stellen gibt, wo ein ungestörtes Beobachten des Nachthimmels möglich ist. Um solche Plätze zu
VdS-Journal Nr. 39
erreichen, müssten dann jedoch oft mehrere Stunden Autofahrt in Kauf genommen werden. Und wenn dann die Zeit dafür vorhanden wäre, spielt das Wetter oft nicht mit. Ganz anders die Situation
2 Kamera auf AstroTrac und Stativ
kurz nach Sonnenuntergang. In der Nähe der Grenze zwischen Northern Territory / South Australia, Old Andado 4WD Track.
3 Große Magellansche Wolke,
aufgenommen mit Brennweiten zwischen 50 und 85 mm. Aufgrund der ungünstigen Jahreszeit befand sich das Objekt meist zwischen 10 Grad und 30 Grad über dem Horizont. Aufnahmezeit: 10 x 10 min und 22 x 5 min bei ISO 400.
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Astrofotografie
auf die Astrofotografie verzichten wollte, nahm ich eine einfache Fotoausrüstung mit. Mit einer modifizierten Spiegelreflexkamera (Canon EOS 40D), einer ausgeliehenen AstroTrac-Montierung auf Stativ und diversen Objektiven durchstreifte ich die klaren Nächte, solange es die Akkus zuließen. Letztere wurden auf den Fahrten am Tage jeweils wieder aufgeladen, sodass sie für die darauf folgende Nacht wieder bereit waren.
Was fotografiere
ich?
Im australischen Win-
ter wandert das Zen-
trum der Milchstraße
im Verlaufe der Nacht
4 Kugelsternhaufen Omega Centauri, aufgenom-
nahe am Zenit vorbei und ist daher ideal für
men mit einem 300-mm-Objektiv (Rubinar), 16 x 2 min
die Fotografie geeignet.
bei ISO 400 und ISO 1600.
Nebst ein paar ande-
ren Objekten beschloss
ich während dieser
und südamerikanischen Kontinent ent- Outback-Reise das Zentrum unserer
sprechen auch die meisten Regionen im Milchstraße als großes Mosaik darzustel-
australischen Outback den höchsten An- len. Dazu begann ich mit einem Canon-
forderungen der Astronomie-Fans. Ob- Objektiv f = 50 mm Nacht für Nacht die
wohl die meisten Standorte wohl nicht so verschiedenen Regionen zu belichten. In
hoch gelegen sind, wie dies bei den be- sechs Nächten kamen so rund 200 Auf-
kannten Astrofarmen in Namibia der Fall nahmen zusammen. Doch die 200 Ein-
ist, bietet Australien vor allem auch die zelbilder sind nicht ohne Komplikationen
Möglichkeit, ohne Bedenken irgendwo zustande gekommen: Bei dem benutzten
im Outback (außer in den Nationalparks) 50-mm-Objektiv f/1,8 begann sich das
anzuhalten und sein Zelt aufzuschlagen Fokusgewinde während der Belichtung
(Abb. 1). Wilde Tiere können einem da langsam zu drehen. Höchstwahrschein-
kaum gefährlich werden und Probleme lich lag dies an einem Resonanzeffekt,
mit der einheimischen Bevölkerung oder welcher durch die AstroTrac-Montierung
mit Farmbesitzern sind auch höchst sel- auf das Objektiv verursacht wurde und
ten.
den sehr leicht drehbaren Fokussierring
zu bewegen vermochte. Nach der Fixie-
Im Juni/Juli 2010 machte ich zusammen rung des Drehrings mit einem einfachen
mit meiner Partnerin Urlaub in Australi- Gummiband war der Fokus dann über
en, primär nicht wegen des Sternenhim- mindestens 2 Stunden stabil.
mels, sondern um das interessante Land
zu bereisen. Mit einem gemieteten 4WD- Schwierigkeit
Landcruiser und einigem an Ess- und Wenn mit einfachster Ausrüstung foto-
Trinkvorrat waren wir während mehrerer grafiert wird, ist man mit verschiedenen
Wochen im trockenen Outback unterwegs. Schwierigkeiten konfrontiert. Heutzu-
Da ich bei dieser Gelegenheit keinesfalls tage ist das automatische Nachführen
VdS-Journal Nr. 39
einschließlich Nachführkorrekturen (Autoguiding) ja kaum mehr wegzudenken und die Ausrichtung der Polachse ist auf der Nordhalbkugel dank Polaris und der Hilfe von Polsuchern relativ einfach. Nach jahrelanger Arbeit mit Autoguiding am selben Beobachtungsstandort braucht man die Montierung nicht jedes Mal von neuem auszurichten.
Wie wichtig aber eine genaue Ausrichtung ist, merkt man, sobald obige Bedingungen nicht mehr gegeben sind. Je nach verwendeter Brennweite muss die Achse also sehr exakt ausgerichtet werden, um keine Nachführfehler in den Einzelaufnahmen zu bekommen. Unglücklicherweise fehlt auf der Südhemisphäre ein ,Polaris`, was das Ausrichten erschwert. Zwar gibt es im Polsucher der AstroTracMontierung auch eine Unterstützungshilfe für die Südhalbkugel, doch sind die darin enthalten ,Hilfssterne` in der Flut an Sternen dieser Region nicht eindeutig zu erkennen. So habe ich nach den ersten 10 min unter australischem Himmel den Polsucher wieder eingepackt und die Polachse durch Einscheinern der korrekten Position genähert. Da der Standort jedes Mal ein anderer war, wiederholte sich dies in jeder klaren Nacht. Durch ein immer genaueres Einscheinern kann die maximale Belichtungslänge so weit gesteigert werden, dass Fehler des Antriebs das Limit definieren. Leider stimmte die Ausgleichgeschwindigkeit des AstroTracs dieser ersten Generation nicht ganz, sodass bei 50 mm Brennweite maximal 10 min und bei 300 mm maximal 2 min belichtet werden konnte.
Herausforderung Eine Herausforderung ist es auch mit einfachster Ausrüstung die Datenbasis für gute Astrofotos zu schaffen. Der transparente Himmel Australiens ist dafür natürlich ideal. Obwohl der Aufwand etwas größer ist, lohnt sich dieser alleine schon wegen der Möglichkeit, unter solch Bedingungen fotografieren zu können.
Bei einem einfachen Nachführsystem gibt es kein automatisierbares Dithering, die Akkus der Kamera und der Montierung müssen gelegentlich ausgewechselt und im Fall des AstroTracs muss die Nachführung nach spätestens 2 Stunden wieder zurückgesetzt werden. Selbstverständlich gibt es auch keine bequeme
Astrofotografie
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5 Region um den Eta-Carinae-Nebel, 27 x 5 min mit f = 85 mm (1:5,6), ISO 400 und ISO 1600.
GoTo-Funktion, sodass für lichtschwache Objekte schon einiges an Zeit für die genaue Einstellung des Bildausschnittes gebraucht wird.
Das Aufstellen der Gerätschaft im Outback beginnt typischerweise mit der Suche nach einer passenden Stelle um das Nachtcamp. Nachdem man den Sonnenuntergang bewundert hat, wird die Ausrüstung zwecks Abkühlung vollständig aufgebaut (Abb. 2). Bald darauf kommen die ersten Sterne zum Vorschein. Die Polachse der Montierung kann grob auf den Südpunkt gerichtet werden. Je nach Brennweite folgt das Einscheinern. Währenddessen wird das Zodiakallicht immer stärker sichtbar, bis dessen maximale Helligkeit nach etwa einer Stunde nach Sonnenuntergang erreicht ist. Diese durch die Lichtstreuung an kleinen Partikeln unseres Sonnensystems verursachte Erhellung der Ekliptikebene kann unter solch optimalen Bedingungen sogar störend wirken und bis fast in Zenithöhe beobachtet werden. Nach einer genauen Ausrichtung der Montierung folgt das Fokussieren des Objektivs. Nun kann die Kamera richtig positioniert werden und
los geht's mit den Belichtungen. Alle 3 bis 4 Aufnahmen wird die Kameraposition leicht verändert, wodurch ein manuelles Dithering erreicht wird. Die Müdigkeit durch die Tagesaktivitäten und die z.T. frostigen Nachttemperaturen haben das manuelle Dithering nicht gerade zu meiner Lieblingsbeschäftigung gemacht. Trotzdem bereue ich keine Minute unter diesem Himmel, da sich die Zeit zwischen den Aufnahmen auch gut mit einem Feldstecher überbrücken lässt!
Nach etwa 4 Stunden waren die mitgebrachten Akkus leer und die Ausrüstung wurde wieder vollständig in die staubdichten Boxen verstaut. Obwohl man den Himmel und die extreme Stille der Nacht noch lange bewundern konnte, legte ich mich nach Beendigung der Aufnahmen doch auch gerne für ein paar Stunden aufs Ohr, bevor am nächsten Tag die Fahrt wieder weiter ging.
Resultate Auf diese Weise ist während sechs Nächten die Grundlage für ein 16-teiliges Milchstraßenpanorama zustande gekommen. Andere Bilder wurden mit
Brennweiten zwischen 24 mm und 300 mm gemacht (Abb. 3 bis 5). Da ich die Bildbearbeitung erst nach dem Urlaub in Angriff genommen habe, machte ich während der gesamten Reise keine Bilder zur Kalibration der Einzelaufnahmen, sondern fertigte diese erst nach der Rückkehr an. So konnte die Akkulaufzeit bestmöglich für die wertvolle Aufnahmezeit verwendet werden.
Sicherlich könnte man mit einer gekühlten CCD-Kamera, einem dafür geeigneten Teleskop, einer stabilen Montierung und Autoguiding noch viel imposantere Aufnahmen anfertigen. Letztendlich ist es aber eine Frage der Zeit, der Interessen und des Budgets, ob dies überhaupt zu realisieren ist. Nichtsdestotrotz können unter einem perfekten Nachthimmel, wie man ihn in Europa kaum mehr findet, auch mit einfachsten Mitteln schöne astronomische Bilder entstehen. Aber nicht nur das Endprodukt astrofotografischer Tätigkeit bleibt am Ende einer solchen Reise übrig. Der Anblick eines von Sternen übersäten Himmels in einer menschenleeren Region in absoluter Stille wird niemand so schnell vergessen!
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Astrofotografie
Kalibrierung mittels Bias-, Dark- und Flatframe
von Harald Tomsik
- Teil 2 -
Unzulänglichkeiten der realen Teleskop- und Kameratechnik bewirken Abweichungen im aufgenommen Bild gegenüber dem astronomischen Ursprungssignal. Im Teil 1 dieses Berichts [2] wurde besprochen, wie über eine Kalibrierung mittels Bias- und Darkframe der systematische und somit immer wiederkehrende Anteil dieser Abweichungen quantifiziert und anschließend entfernt wird. Ein Erratum zum Teil 1 ist im TextKasten in diesem Beitrag zu finden. Dieser Teil 2 dreht sich um die noch fehlende Kalibrierung mittels Flatframe.
3. Schritt: Flatfield
Bildfeldausleuchtung Jede real existierende Optik erzeugt Bildfehler. Während geometrische Bildfehler, wie kissen- oder tonnenförmige Verzeichnungen sowie Koma oder Astigmatismus, durch ein Flatfield nicht korrigiert werden können, sind einige Fehler
in der gleichmäßigen Lichtausleuchtung wie Vignettierung oder der natürliche Randlichtabfall von Optiken außerhalb der optischen Achse einer Flatfieldkorrektur zugänglich. Auch können Staubkörner in der Nähe des CCD-Chips, z. B. auf eingeschobenen Filtern, Beugungserscheinungen hervorrufen, deren geometrische Form Schokoladenkringeln ähneln. Zusätzlich reagieren nicht alle Pixel im CCD-Chip gleichmäßig auf einfallendes Licht. Vielmehr variiert der Prozentsatz der Photonen, die ein Elektron freisetzen (Quanteneffizienz), sowohl mit der Wellenlänge als auch von Pixel zu Pixel. Man denke auch an ganze Pixelspalten mit verminderter Quanteneffizienz oder an größere Pixelfelder mit ungleichmäßig reduzierter Empfindlichkeit. Diesen Phänomenen ist gemein, dass sie nicht wie bei den bisher in den Schritten 1 und 2 behandelten Fehlern einen ADU-Wert zum eigentlichen astronomischen Signal hinzufügen, sondern zu einer für jedes Pixel typischen prozentualen Schwächung der Lichtausbeute führen.
Erratum zu Teil 1
Bei den Erklärungen von Darkframe und Flatframe ist jeweils der letzte Satz leider inhaltlich falsch geraten, da dort statt von Masterdark bzw. Masterflat immer noch von Masterbias geschrieben wurde. Die beiden Absätze müssen richtig wie folgt lauten:
Darkframe Ein Darkframe (gleichwertiger deutscher Ausdruck: Dunkelbild) misst für jedes Pixel den Dunkelstrom, also den jeweiligen ADU-Wert, der pro Zeiteinheit unabhängig vom Lichteinfall nur durch die thermische Bewegungsenergie des Chips entsteht. Dieser Dunkelstrom verdoppelt sich jeweils bei einem Anstieg der Chiptemperatur von ca. 7 Grad C. Zur Kalibrierung einer astronomischen Aufnahme ist das Produkt aus Masterdarkframe und Belichtungsdauer des Rohbildes zu subtrahieren.
Flatframe Ein Flatframe misst die von Pixel zu Pixel unterschiedliche Lichtausbeute, die aus einer nicht gleichmäßigen Bildfeldausleuchtung, Streuung von Licht an Objekten im Strahlengang (Staub auf Filter oder Chip) oder der von Pixel zu Pixel variierenden Quanteneffizienz resultiert. Zur Kalibrierung einer astronomischen Aufnahme ist durch ein Masterflatframe zu dividieren.
VdS-Journal Nr. 39
Aufnahme eines Flatframes Ein Flatframe erhält man durch die Aufnahme einer absolut gleichmäßig hellen Fläche (eines ,,flat-fields") bei fokussierter Optik, wobei in der Realität dieses Flatframe, wie oben begründet, unterschiedliche Intensitätswerte haben wird. Der für jedes Pixel eigene ADU-Wert resultiert aus der Lichtintensität, welche die gesamte vorgeschaltete Optik inkl. Filter und Staubkörner auf dieses Pixel lenkt, sowie aus der Quanteneffizienz dieses Pixels (Abb. 1). Um das Rauschen zu mindern, werden wie bei Bias- und Darkframes mehrere Flatframes aufgenommen.
Problematisch ist die Wahl der abzubildenden gleichmäßig hellen Fläche. Verwendung finden zumeist bei kleineren Fernrohren vor den Fernrohrtubus montierte Lichtkästen möglichst ohne konstruktionsbedingten Helligkeitsgradienten. Insbesondere bei größeren Fernrohren wird in der Morgen- oder Abenddämmerung das von der Atmosphäre gestreute Sonnenlicht als gleichmäßige Fernrohrbeleuchtung verwendet. Dabei ist es erforderlich, die in die Dämmerungshelligkeit eingebetteten Sterne durch geeignete Mittlung (z. B. Medianbildung) zu eliminieren. Dazu ist zwischen den einzelnen Flatframes jeweils ein Versatz des Bildfeldes erforderlich, damit die Sterne nicht auf dieselbe Stelle des Chips fallen. Die Dämmerungshelligkeit zusammen mit der Belichtungsdauer der Flatframes sollte zur Erzielung einer möglichst rauscharmen Statistik so gewählt werden, dass die resultierenden ADU-Werte im Flatframe bei etwa der Hälfte des Maximalwertes liegen.
Diese Flatframes werden aber zusätzlich zu den hier interessierenden Einflüssen der Ausleuchtung und Quanteneffizienzvariation noch durch die bereits besprochenen Effekte beim Auslesen und durch den Dunkelstrom modifiziert. Somit sind diese beiden Effekte zu Beginn einer rechnerischen Aufbereitung abzuziehen:
(Gleichung 3.1)
Astrofotografie
65
Erst nach diesem Zwischenschritt können die einzelnen Flatframesbias/darkkorigiert zum Masterflat gemittelt werden (z. B. durch Medianmittlung).
Rechnerische Anwendung des Flatframes Im Folgenden soll begründet werden, warum bei einer Flatfield-Korrektur durch das Masterflat zu dividieren ist. Es sei ADUFlat_ideal der bei einer ideal gleichmäßig ausleuchtenden Optik und bei einer für alle Pixel eines idealen Chips gleichen Quanteneffizienz von 100 % erzielte uniforme ADU-Wert aller Pixel (bereits nach Bias- und Darkkorrektur). Dann ergibt sich der tatsächlich gemessene ADU-Wert eines individuellen Pixels x/y im Masterflat zu
(Gleichung 3.2)
wobei der für jedes einzelne Pixel individuelle Schwächungsfaktor Werte zwischen 0 und 1 annimmt.
Dieselben Schwächungsfaktorenx/y verändern auch bei der Aufnahme eines astronomischen Objektes mit seinen unterschiedlichen Helligkeitsintensitäten das Bild gegenüber dem hypothetischen Bild einer idealen Optik, aufgenommen von einem idealen Chip:
(Gleichung 3.3)
Dividiert man nun diese beiden Bilder, so werden die von Pixel zu Pixel unterschiedlichen Schwächungsfaktorenx/y eliminiert:
(Gleichung 3.4)
Daher sind nach der Division zwar alle Pixelwerte um den unbekannten, aber konstanten Faktor 1/ADUFlat_ideal gemindert, die unliebsamen Variationen von Pixel zu Pixel jedoch sind ausgeräumt, die aus der nicht gleichmäßig ausleuchtenden Optik sowie dem in seiner Quanteneffizienz von Pixel zu Pixel variablen Chip resultierten. (Anmerkung: Wurde zuvor das Flatframe auf 1,0 normiert, z. B. durch seinen Medianwert geteilt, so
1 Einzelne Flatfieldaufnahme mit Vignettierung, kalter Spalte, kalten und
heißen Pixeln
werden die Pixelwerte nach Flatfieldkorrektur sogar numerisch sich nur wenig von den ADU-Werten des Rohbildes unterscheiden. Dieser Effekt ist nett, aber nicht wichtig.)
Somit lautet der auf die Bias- und Darkfieldkorrekturen (s. Gleichungen 1.1 und 2.2) folgende 3. Schritt der Kalibrierung:
(Gleichung 3.5)
Anmerkung: Leider lässt sich durch diese Flatfieldkorrektur eventuell einfallendes Streulicht als eine weitere Ursache einer ungleichmäßigen Bildfeldausleuchtung nicht eliminieren. Die atmosphärische Streuung des Lichtes heller Quellen, wie vom Mond oder einer nahen Stadt, kann zu einer ungleichmäßigen Helligkeit der Atmosphäre führen, die sich additiv dem astronomischen Bild aufprägt. Hier können nur ,,unsaubere Tricks" abhelfen, wie das Abziehen eins künstlich im bereits kalibrierten Bild errechneten Himmelshintergundes. Dieses vermutlich häufig angewendete Verfahren ist jedoch riskant, da die zugrunde liegende Annahme eines astronomischen Hintergrundes ohne Helligkeitsvariationen aus dem auf-
genommenen Bild selbst nicht begründet werden kann. Bei diesem Vorgehen können somit auch schwache, flächenhafte astronomische Objekte ungewollt aus dem Bild abgezogen werden!
Ausklang
Kalibrierung ohne Masterbias- und Masterdarkframes Statt der Berechnung und anschließenden Verwendung von Masterbias- und Masterdarkframes werden häufig nur Darkframes mit genau derselben ,,Belichtungszeit" aufgenommen wie die belichteten Rohbilder. Das erspart zwar etwas Rechenaufwand bei der Erzeugung der Kalibrierungsbilder, engt aber den Spielraum der Belichtungszeiten ein, die für die Rohbilder und die dazu passenden Darkframes jeweils identisch sein müssen. Auch darf dabei nicht vergessen werden, zusätzlich zu den Belichtungszeiten der Flatframes passende Darkframes aufzuzeichnen. Das bisher beschriebene Verfahren unter Verwendung von Masterbias-, Masterdark- und Masterflatframe hat als Vorteil die Flexibilität, da alle Rohbilder einer
Gl. 3.1 Gl. 3.2 Gl. 3.3 Gl. 3.4 Gl. 3.5
Flatframebias/darkkorigiert = Rohflat - Masterbias - Masterdark x AufnahmedauerRohflat ADUMasterflat_x/y = ADUFlat_ideal x Schwächungsfaktorx/y ADURohbild(bias/darkkorrigiert)_x/y = ADUObjekt_ideal x Schwächungsfaktorx/y ADURohbild(bias/darkkorrigiert)_x/y / ADUMasterflat_x/y= (ADUObjekt_ideal x Schwächungsfaktorx/y) / (ADUFlat_ideal x Schwächungsfaktorx/y) = ADUObjekt_ideal / ADUFlat_ideal Bildbias/dark/flatkorrigiert = Bildbias/darkkorrigiert / Masterflat
Gleichungen
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Astrofotografie
Nacht mit jeweils ganz unterschiedlichen Belichtungszeiten kalibriert werden können. Diese Freiheit bei der Wahl der Belichtungszeiten der Rohbilder wird benötigt, um die Belichtungszeiten den Aufnahmeobjekten anzupassen: Bei schwachen Objekten wird man häufig gemäß Beurteilung des ersten Rohbildes die Belichtungszeit verlängern wollen, bei anderen Objekten zur Vermeidung von Übersättigungen auch verkürzen müssen.
Farbbilder Das menschliche Auge hat als Farbrezeptoren drei Typen von Zäpfchen in der Netzhaut, die unterschiedliche Farbpigmente enthalten: Ein für Blauwahrnehmung verantwortliches Pigment mit einem Empfindlichkeitsmaximum bei 423 nm, ein für Grünwahrnehmung verantwortliches Pigment mit einem Empfindlichkeitsmaximum bei 530 nm und ein für Rotwahrnehmung verantwortliches Pigment mit einem Empfindlichkeitsmaximum bei 650 nm [1]. Der im Gehirn erzeugte Farbeindruck eines schillernden Eisvogels ergibt sich aus der Mischung
der simultanen Signalintensitäten dieser 3 Rezeptortypen.
In Analogie dazu werden mit monochromen CCD-Kameras astronomische Farbbilder gewonnen, indem nacheinander durch einen Blau-, einen Grün- und einen Rotfilter somit drei monochrome Bilder mit Intensitätsverteilungen im jeweiligen Durchlassbereich aufgezeichnet werden. Dies muss nacheinander geschehen, da eine CCD-Kamera bauartbedingt nicht Rezeptoren mit drei unterschiedlichen spektralen Empfindlichkeitsbereichen besitzt, sondern im gesamten Spektralbereich eine möglichst hohe Quanteneffizienz aufweist, und die Farbinformation durch den verwendeten Filter definiert wird. Diese Aufnahmen astronomischer Objekte können allerdings auch im Gegensatz zu Objekten des Alltags nacheinander gewonnen werden, da die wenigsten Nebel in einer Beobachtungsnacht urplötzlich wegfliegen ...
Abschließende Feststellung: Der in Teil 1 und Teil 2 beschriebene Kalibrierungsvorgang ist auch auf astronomische
Farbbilder anzuwenden, nur insgesamt dreimal, nämlich für jeden Farbkanal einzeln. Ebenso müssen für jeden Farbkanal unbedingt eigene Flatframes gewonnen werden. Insbesondere bei Chips des Typs ,,backside illuminated" haben wir je nach Filterwahl partiell starke Schwankungen der gleichmäßigen Empfindlichkeit über kleine Bereiche der Chipfläche beobachtet. Deswegen aber bitte nicht jammern: Vögel wie auch Saurier besitzen nicht drei sondern vier unterschiedliche Farbrezeptoren [1], so dass ein aus dieser Klasse stammender Astronom diesen Kalibrierungsvorgang sogar viermal durchführen müsste!
Literaturhinweise [1] T.H. Goldsmith, 2007: ,,Vögel sehen
die Welt bunter", Spektrum der Wissenschaft, 1/2007, 96 [2] H. Tomsik, 2011: ,,Kalibrierung mittels Bias-, Dark- und Flatframe (Teil 1)", VdS-Journal für Astronomie 38 (III/2011), 66
Die Bearbeitung von DSLR-Astroaufnahmen mit Fitswork
von Hermann von Eiff
Viele Astrofotografen gewinnen ihre Aufnahmen ganz oder teilweise mit digitalen Spiegelreflexkameras (DSLR). Durch den Austausch des Filters vor dem Chip ist es möglich, das Rot der H· -Linie, welche in vielen Emissionsnebeln vorhanden ist, sichtbar zu machen. Die Bildgewinnung ist im Verhältnis zur CCD-Kamera relativ einfach, da sie einen erheblich geringeren zeitlichen, finanziellen und technischen Aufwand erfordert. Es steht außer Frage, dass die fehlende Kühlung und die geringere Bit-Tiefe, sowie die fehlende Möglichkeit, LRGB-Aufnahmen durch einzelne Filter zu erstellen, der CCD-Kamera in Bezug auf die Bildqualität immer einen erheblichen Vorsprung vor der DSLR verschaffen. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass mit den digitalen Spiegelreflexkameras keine hochklassigen Astroaufnahmen möglich sind.
VdS-Journal Nr. 39
Das Programm Fitswork von Jens Diercks [1] erfreut sich bei vielen DSLR-Astrofotografen, insbesondere den Einsteigern, großer Beliebtheit. Es bietet als Freeware Funktionen, die ansonsten nur sehr teure Programme besitzen. Außerdem wird es kontinuierlich verbessert und befindet sich z. B in Bezug auf den RAW-Konverter für aktuelle Kameratypen stets auf dem aktuellen Stand. Auch die Unterstützung durch den Autor ist vorbildlich und erfolgt praktisch online.
Fitswork kann direkt von [1] heruntergeladen werden. Eine Installation ist nicht erforderlich, einfach die Datei auspacken und starten. Um ein Kamera-Raw-Format zu benutzen, muss noch die ebenfalls auf der Homepage vorhandene Datei dcrawfwxxx.zip in den Ordner von Fitswork entpackt werden. Auf der Internet-Seite
findet man gute Anleitungen für das Programm, die ziemlich detailliert auf sämtliche Programmfunktionen eingehen. Leider kann man daraus aber den Ablauf der Bildbearbeitung nicht auf Anhieb erkennen. Viele der Funktionen sind zwar sehr interessant, für die Bearbeitung von DSLR-Aufnahmen an sich aber nicht unbedingt lebenswichtig. Schwierig kann es außerdem werden, wenn bestimmte Programmeinstellungen nicht von Anfang an klar sind. Deshalb habe ich den Ablauf, so wie ich ihn mir erarbeitet habe, festgelegt. Es ist durchaus möglich, dass ich manches Sinnvolle und Wichtige dabei übersehen habe. Deshalb würde ich mich sehr über Anregungen und Kritik freuen.
Eine besondere Stärke des Programms ist meiner Meinung nach die Möglichkeit,
Astrofotografie
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Dunkelbilder, Flatfieldaufnahmen und Flatdarks von den RAW-Aufnahmen vor der Umwandlung in RGB abzuziehen. Diese sind absolut notwendig, um auch mit der DSLR und den meisten Teleskopen und vielen Objektiven rauscharme und ebene Astroaufnahmen zu erhalten. Auf die Erstellung selbst möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen. Die Umwandlung der RAW-Dateien in RGB-Bilder ist ein weiteres Highlight und auch das Strecken des Kontrasts und das Glätten sind sehr sinnvolle Funktionen. Viele der Funktionen können als Stapeldatei abgearbeitet werden.
Für das Stacken der Aufnahmen benutze ich selbst Registar (www.aurigaimaging. com). Die Stackingfunktion ist in den vorhandenen Fitswork-Anleitungen sehr ausführlich beschrieben und auch sehr gut menügeführt. Leider funktioniert sie, zumindest bei mir, nicht immer zufrieden stellend. Für die Endverarbeitung der Bilder verwende ich Photoshop. Sinnvoll ist es, dort die Bilder mit Einstellungsebenen zu bearbeiten und auch als solche in Form von .psd-Dateien zu speichern. Auf diese Weise arbeitet man zerstörungsfrei und kann alle Bearbeitungsschritte jederzeit nachvollziehen bzw. ändern [2]. Restrauschen in den fertigen Bildern entferne ich selektiv mit Neat Image [3].
Um das Rauschen seiner DSLR zu ermitteln, kann man seine Dunkelbilder oder auch Flats und Biasbilder in Fitswork öffnen und mit gedrückter Maustaste einen gelben Rahmen um das gesamte Bild ziehen. Beim Anklicken mit der rechten Maustaste findet man den Befehl ,,Statistik für den Bereich anzeigen". Im Infofenster kann man dann unter Std. Abweichung das Rauschen ermitteln. Sehr interessant ist es auch zu sehen, wie weit das Rauschen in den Masterbildern nach dem Mitteln abgenommen hat.
Das Einstellungsfenster von Fitswork Die Abbildung 1 zeigt das Einstellungsfenster von Fitswork. Die Bedeutung mancher Einstellungen habe ich nicht verstanden. Trotzdem erziele ich damit gute Ergebnisse.
Schritt 1: Farb-CCD zu RGB-Bild Um die Voreinstellung für die anschließende Stapelverarbeitung zu ermitteln,
1 Das Einstellungsfenster von Fitswork
wird eine der umzuwandelnden RAWDateien geöffnet und der Befehl Bearbeiten CCD Farb-CCD zu RGB aufgerufen (Abb. 2). Das Bayer-Muster Rot - Grün - Grün - Blau gilt für die Chips der Canon-Kameras. Sollten bei anderen Kameratypen seltsame Farben herauskommen, muss mit anderen Einstellungen experimentiert werden.
Das Erstellen einer normalen RAW-Aufnahme bei Tageslicht und Konvertieren in Fitswork zeigt, wie der Chip der Kamera und das Programm selbst arbeitet. Es versteht sich fast von selbst, dass eine in Fitswork konvertierte Tageslichtaufnahme in etwa so gut und detailreich sein sollte, wie eine mit der Kamera-Software oder dem Adobe Raw-Konverter bearbeitete. Sehr sinnvoll ist es, bei praktisch
2 Die Parametereinstellung Farb-CCD zu RGB
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Astrofotografie
VdS-Journal Nr. 39
allen Aktionen das Histogrammfenster im Auge zu behalten. Es bietet viele Möglichkeiten, die sich einem z. T. erst bei einem Rechtsklick darauf erschließen und kann nach Belieben vergrößert oder verkleinert werden. Die ermittelten Werte werden als fcm-Datei gespeichert und können als Basis für die Umwandlung der RAW-Bilder aus der gleichen Serie verwendet werden.
Schritt 2 und 3: Masterdark und -Flat erstellen Durch Aufrufen des Befehls Datei Masterdark/-flat erstellen öffnet sich das Fenster Masterdark/Flat erstellen (Abb. 3). Der entsprechende Ordner mit den Dunkelbildern wird ausgewählt, die Bilder werden markiert und gemeinsam in das rechte Fenster geschoben. Als Methode für mehrere Bilder eignet sich Sigma oder Median. Nach dem Klick auf ,,Erstellen" arbeitet der Computer eine Zeitlang. Sobald die Meldung ,,Bearbeitung fertig" erscheint, findet man im entsprechenden Ordner der Dunkelbilder die Datei ,,Masterdark.fit"
Die Vorgehensweise bei der Erstellung des Masterflats ist die gleiche, wie bei den Masterdarks und kann im selben Arbeitsgang geschehen. Flatdarks, sofern vorhanden, werden in das entsprechende Fenster verschoben und bei der Erstellung des Masterflats automatisch abgezogen. Das resultierende Masterflat muss durch den Befehl Bearbeiten Weitere Funktionen Bayer Masterflat normalisieren in ein für die Weiterverarbeitung verwertbares Graustufenbild umgewandelt werden.
Schritt 4: Stapelbearbeitung Der Befehl Datei/Stapelbearbeitung öffnet das Fenster Stapelbearbeitung (Abb. 4). Im 1. Bearbeitungsschritt wird als Anfangsdatei der Ordner mit den RAWAufnahmen ausgewählt. Als Zieldatei
3 Erstellen der Masterdarks
und -flats
4 Stapelbearbeitung
5 Stapelbearbeitung,
2. Bearbeitungsschritt
Astrofotografie
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gibt man den Ordner an, in dem die umgewandelten Dateien gespeichert werden sollen. Da ich nicht will, dass sie gestackt, sondern einzeln als TIFF-Dateien gespeichert werden, gebe ich am Schluss ,,*.tif" an. Durch Anklicken des Pfeils am rechten Fensterrand gelangt man zum 2. Bearbeitungsschritt (Abb. 5). Dort wird die Funktion ,,Bild subtrahieren" und unter Dateiname die Masterdark.fit-Datei aus
6 Ändern der Tonwerte und Strecken des Kontrasts
7 M 17, der Omeganebel im Sternbild Schütze, aufgenommen im August 2009
auf dem Calar Alto in Südspanien. Teleskop war ein Astro-Physics StarFire 155 mm mit Fokalreduktor auf der Montierung AOK WAM 440 CC. Nachgeführt wurde mit einer SBIG ST-4 Nachführkamera. Mit einer modifizierten DSLR Canon 450D wurde 6 x 10 min belichtet. Die Bearbeitung erfolgte mit Fitswork 4.0, Dunkelbildabzug und Flatfield-Division. Farbrauschen filtern (Schwelle 25.0, Radius 5.50), Stacking mit Registar und Endbearbeitung mit Photoshop CS4.
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Atmosphärische Erscheinungen
dem entsprechenden Ordner ausgewählt. Bei Temperaturausgleich und Hotpixelkorrektur setze ich jeweils das Häkchen. Durch Anklicken des Pfeils am rechten Fensterrand gelangt man zum 3. Bearbeitungsschritt. Die Funktion ,,Bild dividieren" wird aufgerufen und die entsprechende normalisierte! Masterflat. fit-Datei ausgewählt. Bei ,,Automatische Skalierung" setze ich kein Häkchen, da es hier zu unterschiedlichen Farben bei den einzelnen Bildern kommen kann.
Der 4. Bearbeitungsschritt ist ,,FarbCCD nach RGB". Man wählt die .fcm-Datei aus, die im Schritt 1 Farb-CCD zu RGBBild erstellt wurde. Der 5. Schritt kann die Anwendung des Medianfilters unter Glätten sein, um das Rauschen noch etwas stärker zu reduzieren. Ich wähle jeweils die niedrigste Einstellung (Pixelanzahl 5 und Gewichtung Mitte 1). Auch die Anwendung der Funktion Farbrauschen filtern bringt oft gute Ergebnisse. Die notwendigen Einstellungen ermittelt man aber zuerst an einem Einzelbild der Serie.
Nach dem Anklicken von ,,Start" geht die Post ab. Die Arbeitsschritte und auch die Fertigstellung werden in einem kleinen separaten Fenster angezeigt.
Schritt 5: Ändern der Tonwerte und Strecken des Kontrasts Für diesen Bearbeitungsschritt müssen die bearbeiteten Bilder aus Schritt 4 einzeln geöffnet werden. Im Kontextmenü des Histogramms kann man Automatisch skalieren anwählen. Die schwarzen Anfasser links und rechts unter dem Histogramm lassen sich verschieben. Damit werden auch Bereiche wieder sichtbar, welche scheinbar abgeschnitten sind.
Mit dem Schieberegler unten im Fenster wird der Bildkontrast (Gamma) eingestellt (Abb. 6). Der Hintergrund des Bildes kann als Schwarzwert eingestellt werden. Dazu klickt man eine möglichst farbneutrale Stelle im Hintergrund mit rechts an und wählt aus dem sich öffnenden Menü ,,Umgebung (15 x15) als Schwarzwert" an. Rechts auf der Seitenleiste kann man kontrollieren, ob man einen farbneut-
ralen Bereich gefunden hat. Mit dieser Funktion sollte man etwas vorsichtig umgehen, da man sich damit unter Umständen die meist sparsam vorhandene Farbe aus dem Bild klicken kann. Die Histogramm-Einstellungen können auch gespeichert und für das nächste Bild wieder verwendet werden.
Die fertigen Bilder einer Serie können nun als TIFF-Dateien in einem separaten Ordner gespeichert und entweder mit Fitswork oder einem anderen Programm gestackt werden, um anschließend mit Fitswork selbst, meist aber mit Photoshop oder einem anderen Bildbearbeitungsprogramm ihren Feinschliff zu erhalten (Abb. 7).
Quellenangaben [1] www.fitswork.de [2] R.S. Ireland: "Photoshop Astronomy" [3] www.neatimage.com
Regenbögen höherer Ordnung in monochromem Licht
- Versuche mit grünen 5-mW-Laser an einzelnen Wassertropfen
von Michael Großmann
1 Darstellung des ,,Regenbogen-
kegels": der primäre Regenbogen
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Was gibt es in der atmosphärischen Optik schöneres, als einen farbenprächtigen Regenbogen, der bei idealen Bedingungen einen großen Teil des Himmels einnimmt und dadurch nicht zu übersehen ist?
Unzählige fallende Wassertropfen sorgen für diese bunte geometrische Bogenform, und doch erfüllen nur einige die Bedingungen im Auge des Betrachters, einen vollständigen Regenbogen sichtbar zu machen.
Wird man gefragt, wie ein Regenbogen entsteht, ist die Antwort meist die gleiche: ,,... vor Dir regnet es und hinter Dir scheint die Sonne...". Vom Prinzip her zwar richtig, doch ist die Entstehung eines Regenbo-
gens alles andere als einfach zu erklären. Bedingt durch seine geometrische Form ist ein Regenbogen keine zweidimensionale Erscheinung, auch wenn unser Auge uns das vermuten lässt, sondern ein dreidimensionales Gebilde das IN unserem Auge als Bogen zusammengesetzt wird. Und bei diesem Versuch, Mitmenschen das ,,Regenbogenmodell" in seiner räumlichen Ausdehnung zu erklären, bleibt es meist, da nicht jeder ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen besitzt. Dies genauer zu vertiefen würde aber für diesen Beitrag zu weit reichend sein.
Es gibt eine Vielzahl von unterschiedlichen Regenbögen, die von folgenden Faktoren abhängig sind:
Atmosphärische Erscheinungen
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2 Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus
3 Der Versuchsaufbau im Bild
- Tropfenform - Tropfengröße - Sonnenstand - Sonnen-/Mondlicht oder Kunstlicht - Lichteintritt am Tropfen (direkt oder
über Spiegelfläche) - Lichtaustritt am Tropfen (direkt oder
über Spiegelfläche) - Süß- oder Salzwasser
Um diese verschiedenen Regenbogenarten in Bildern festzuhalten, bedarf es sicher einer ganz langen Zeitspanne, einige Bogenarten wird man wohl nie zu Gesicht bekommen.
Daher machte ich es mir zur Aufgabe, einen kleinen Teil davon zu veranschaulichen: die der Regenbögen höherer Ordnung.
Höhere Ordnung bedeutet nicht, dass der Regenbogen positionsbezogen am Himmel eine höhere Stellung einnimmt; vielmehr bedeutet es die interne Reflexion des einfallenden Lichtes innerhalb des Tropfens. Ein primärer Regenbogen, also der Hauptbogen, wie wir ihn kennen, entsteht durch einmalige Reflexion im Tropfen. Man nennt dies auch die erste Ordnung. Demnach ist die zweite Ordnung der uns bekannte Sekundärbogen, oder auch Nebenregenbogen, der lichtschwächer und auch in der Farbreihenfolge invertiert zum Hauptbogen ist. Verantwortlich dafür ist die doppelte Reflexion innerhalb des Tropfens.
Wenn ein einfallender Lichtstrahl zweimal innerhalb des Tropfens reflektiert wird, dann kann er das sicher auch dreimal, viermal, fünfmal?
Ich wusste es nicht und machte mich im Internet auf die Suche nach Berichten, Bildern oder Veröffentlichungen über diese Möglichkeit der internen Reflexionen innerhalb eines Tropfens ... Ich wurde zwar fündig, allerdings überraschte es mich sehr, dass es nur wenig Material über diese Thematik gibt. Sehr aufmerksam wurde ich dann, als die Rede von Regenbögen dritter, vierter, fünfter und sechster Ordnung war. Allein schon deswegen, dass die dritte und vierte Ordnung ZUR Lichtquelle hin sichtbar sein sollte, machte mich sehr neugierig.
Von diesem Zeitpunkt an war mir klar, was ich genauer untersuchen und nach Möglichkeit auch dokumentarisch und bildlich zeigen wollte: die unterschiedlichen Ordnungen, die innerhalb eines einzelnen Wassertropfens entstehen.
Darstellung des internen Reflexionspunktes des primären Bogens Bedingt durch seine annähernde Kugelform, erzeugt ein einzelner fallender Regentropfen im parallelen Sonnenlicht einen vollständigen Regenbogenkreis. Um sich dies besser vorstellen zu können, befestigte ich einen kleinen runden Spiegel an eine im Winkel von 21 Grad gebogene Schraube. Dieser Spiegel soll den internen Reflexionspunkt eines Tropfens
darstellen. Ein auftreffender Laserstrahl, der das Sonnenlicht simulieren soll, wird nun an der Spiegeloberfläche verdoppelt und unter einem Winkel von 42 Grad zurückreflektiert; unter dem uns bekannten Regenbogenwinkel. Allerdings ist dies nur EIN möglicher Reflexionspunkt von vielen innerhalb des Tropfens.
Einige Fachbegriffe
Kaustik Die räumliche Intensitätsverteilung eines fokussierten Lichtstrahles auf einer Fläche
Vorwärtsstreuung Der intern reflektierte Lichtstrahl wird beim Austritt unter bestimmten Winkeln von der Lichtquelle weg gestreut.
Rückwärtstreuung Der intern reflektierte Lichtstrahl wird beim Austritt unter bestimmten Winkeln zur Lichtquelle hin gestreut.
Alexander Dunkelband Der Bereich zwischen Haupt- und Nebenregenbogen, benannt durch Alexander von Aphrodisias (ca. 200 n. Chr.), einem Philosophen des Aristoteles. In diesen Bereich wird nur sehr wenig Licht hinein gestreut.
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Atmosphärische Erscheinungen
4 Die im Text diskutierten Reflexi-
onen im Wassertropfen: (4) - einfache Reflexion, (6) - doppelte Reflexion, (8) - dreifache Reflexion, (9) - vierfache Reflexion, (13) - fünffache Reflexion, (15) - sechsfache Reflexion
In eine Drehmaschine eingespannt ließ ich den Spiegel mit hoher Drehzahl um seine Achse rotieren. Der auftreffende Laserpunkt und etwas Rauch machten den ,,Regenbogenkegel", ausgehend vom Spiegel, sichtbar (Abb. 1).
Versuchsaufbau zur Darstellung höherwertiger Ordnungen Für diesen Versuch verwendete ich als Lichtquelle einen grünen 5-mW-Laserpointer, den ich an einem Stativ befestigte, welches sich durch eine Feinjustierschraube exakt einstellen lässt. Der Wassertropfen wurde mit Hilfe einer Einwegspritze und einer feinen Kunststoffkanüle erzeugt. Die Kunststoffkanüle hat den Vorteil, dass sie ebenfalls in einem
Stativ befestigt werden kann und sich mit der Feinjustierschraube (die genau gegen die Kanüle drückt) unterschiedliche Tropfengrößen herstellen lassen. Es fehlten jetzt nur noch die Projektionsflächen, die die erwünschten Bögen sichtbar machen. Hierfür verwendete ich weiße Kartons. Um eine großflächige Projektion zu gewähren, wird ein Karton mit einem Loch versehen, durch das der Laserstrahl hindurchleuchtet. Somit kann man dann rückstreuende Bögen nahe der Lichtquelle darstellen. Ein Karton in Leuchtrichtung aufgestellt ist für die entstehenden Bögen in Vorwärtsstreuung bestimmt. Mit Hilfe einer herkömmlichen Wäscheklammer betätige ich dauerhaft den Drucktaster des Laserpointers. In der Skizze in der Abbildung 2 und dem Foto in Abbildung 3 soll der Versuchsaufbau dargestellt werden.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass das einfallende Laserlicht an Wassertropfen eine Vielzahl von Streulichtern entstehen lässt, die das Augenlicht
5 einfache
Reflexion
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6 doppelte
Reflexion
Atmosphärische Erscheinungen
73
7 dreifache Reflexion
8 dreifache und vierfache Reflexion
9 vierfache Reflexion
10 fünffache Reflexion
11 sechsfache Reflexion
12 zehnfache Reflexion
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Atmosphärische Erscheinungen
gefährden können. Daher sollte man bei solchen Versuchen andere Personen ausreichend auf die Gefahr darauf hinweisen und evtl. Vorsichtsmaßnahmen treffen!
Erläuterung über den einzelnen Wassertropfen und seine Ausleuchtung Im monochromen Licht (grüner 5-mWLaser) wird nur bei idealer Bedingung der komplette Wassertropfen angeleuchtet, nämlich dann, wenn der Tropfen und der Leuchtpunkt des Laserstrahles den gleichen Durchmesser haben. In diesem Beispiel hat der Leuchtpunkt einen ungefähren Durchmesser von 1 mm.
Für meinen Versuch stellte ich absichtlich größere Tropfen her (ca. 2 mm Durchmesser), um den Laserstrahl von der Mitte des Tropfens nach links und rechts zu bewegen, um die einzelnen Bögen besser und abwechselnd sichtbar zu machen. Die Ausrichtung des Spritze bzw. des Laserpointers erfordert etwas Zeit und Übung, denn bei einer starken Erschütterung fällt der Tropfen von der Kanüle.
Unterschiedliche Ordnungen Kaustiken der 1. und 2. Ordnung (primärer und sekundärer Bogen) In der Natur wären dies die Regenbögen, wie wir sie kennen, der primäre Hauptbogen (Abb. 5) und der sekundäre Nebenbogen. (Abb. 6). Das einfallende Licht wird im Tropfen einmal reflektiert und verlässt den Tropfen wieder in Richtung Lichtquelle in einem rückstreuenden Winkel von ca. 138 Grad (Abb. 4/4). Beim sekundären Bogen wird das einfallende Licht zweimal im Tropfen reflektiert, bevor es den Tropfen verlässt (Abb. 4/6). In der Abbildung 6 wird der Tropfen von der rechten Seite beleuchtet und wird auch nach rechts hinten abgelenkt, in einem rückstreuenden Winkel von ca. 128 Grad . Die unterschiedlichen Formen der Kaustiken beruhen auf der Tatsache, dass der hängende Wassertropfen durch die Schwerkraft in die Länge gezogen wird. Des weiteren sorgt der Aufhängepunkt der Kanüle für Verzerrungen.
Kaustiken der 3. und 4. Ordnung (tertiärer und quartärer Bogen) Die 3. und 4. Ordnung wird in der Natur wohl eher schwer zu finden sein, da zum einen die Sonne einen Großteil einfach überstrahlen wird und weil mit weißem Licht die Breite und Farbdispersion der
VdS-Journal Nr. 39
Bögen durch die häufige Reflektion so stark zunimmt, dass die Flächenhelligkeit der höheren Ordnungen rasch abnimmt. Eine genauere Abgrenzung zum Hintergrund wird enorm schwierig.
Im Versuch ist es etwas einfacher, die 3. Ordnung (vgl. Abb. 4/8, 7 u. 8) konnte bei ca. 40 Grad vorstreuend dargestellt werden. Das einfallende Licht trifft auf die linke Seite des Tropfens, wird dreimal reflektiert und tritt dann nach links vorne aus. Bemerkenswert war für mich die Tatsache, dass die Kaustik eine schöne Bogenform hatte.
Diese Bogenform vermisste ich bei der Kaustik der 4. Ordnung (vgl. Abb. 4/9 u. 9). Überhaupt war die ,,Herstellung" dieses Bogens eine echte Herausforderung. Im Vergleich zu den anderen Bögen konnte ich ihn nur ein paar Mal beobachten. Ich erkannte außerdem, dass die direkte Transmission des Laserlichtes durch den Tropfen eine enorme Streuwirkung hatte und somit auf dem weißen Karton stark blendete.
Eventuell werden zukünftige Versuche mit unterschiedlichen Projektionsflächen bessere Ergebnisse liefern. Die 4. Ordnung wird innerhalb des Tropfens 4 Mal reflektiert, das Licht trifft bei meinem Versuch an der rechten Seite auf den Tropfen und tritt in Vorwärtsstreuung links in einem ungefähren Winkel von ca. 45 Grad aus.
Kaustiken der 5. und 6. Ordnung Die 5. Ordnung dürfte in der Natur bei besten Bedingungen beobachtbar sein. Sie wäre zwar äußerst lichtschwach, aber dennoch bestünde die Möglichkeit im ,,Alexander Dunkelband" diesen Bogen nachzuweisen. Mit einem rückstreuenden Winkel von ca. 130 Grad wird er zwar mit dem Sekundärbogen nahtlos übergehen, aber ein gewisser Grünanteil wäre durchaus denkbar. Daher sollte man vielleicht einmal ältere Aufnahmen mit besonders hellen Regenbögen mit diversen digitalen Filtern bearbeiten, um tatsächlich einen Regenbogen 5. Ordnung zu entdecken. Bei meinem Versuch (Abb. 10) trifft das Licht den Tropfen auf der rechten Seite, wird fünffach innerhalb reflektiert und tritt nach hinten links aus. Ob die 6. Ordnung überhaupt in der Natur gesehen werden könnte, ist äußerst fraglich. Mit einem rückstreuenden Winkel
von ca. 145 Grad steht er innerhalb des primären Bogens und wird durch die starke Aufhellung innerhalb dieses nicht mehr zu erkennen sein. Er entsteht durch sechsfache interne Reflexion, ehe er den Tropfen verlässt. (Abb. 4/15 u. 11)
In der Abbildung 4/9 sind nun alle rückstreuenden Kaustiken eines Tropfens mit ca. 3 mm Durchmesser vereint. Die Spritze wurde hierbei um 180 Grad gedreht, um einen runderen und größeren Tropfen zu erzielen. Die Form der Kaustiken bestätigte mir, dass der Aufbau mit einem stehenden Tropfen um ein vielfaches bessere Ergebnisse erzielt als ein hängender Tropfen. Es wurde sogar die 10. Ordnung sichtbar. Der stehende Tropfen wird zwar durch die Schwerkraft in gewisser Weise zusammengedrückt, aber das geschieht ebenso mit einem fallenden Tropfen in der Natur an der Unterseite.
Schlusswort Ob jetzt in der Natur tatsächlich irgendwann mal Regenbögen höherer Ordnung gesichtet und fotografiert werden, kann an dieser Stelle selbstverständlich nicht beantwortet werden. Aber ich denke, dass zukünftige und gezielte Beobachtungen die Chancen auf eine erfolgreiche Sichtung erhöhen werden.
Vielleicht ist es mit einfachen Mitteln wie Gartenschlauch und eine günstige Abschattung der Sonne möglich, den Regenbogen 3. Ordnung zu beobachten. Oder wie oben schon erwähnt, Abbildungen von sehr hellen primären Bögen genauer unter die Lupe zu nehmen, um den Regenbogen 5. Ordnung zu entdecken. Versuchen wir unser Glück! Wenn wir schon am Ende des Regenbogens keinen Topf mit Gold finden, dann vielleicht ,,höherwertigere" Dinge. Und falls nicht - dann genießen wir einfach die schönen Momente eines farbenprächtigen Regenbogens! (Anmerkung: Alle gezeigten Abbildungen und Skizzen sind Eigentum des Verfassers und somit urheberrechtlich geschützt. Die Abb. 3 wurde jedoch von Eik Beier freundlicherweise zur Verfügung gestellt.)
Literaturhinweis [1] M. Vollmer, 2005: ,,Lichtspiele in
der Luft - atmosphärische Optik für Einsteiger", Verlag Spektrum-Elsevier
Deep-Sky 75
Neues aus der Fachgruppe Deep-Sky-Beobachtung
Das Deep-Sky-Treffen 2011 ist seit wenigen Wochen Geschichte. Es war wieder eine gelungene Veranstaltung mit illustren Teilnehmern. Sie finden in diesem Heft einen Bericht dazu. Wie schon im Vorjahr konnte dort die Fachgruppen-Sitzung abgehalten werden. Unter anderem war es für mich an der Zeit die Teilnehmer zu fragen,
wie sie mit der Entwicklung der FG in den letzten 2,5 Jahren zufrieden sind. Es führte dazu, dass Jens Bohle wieder mit an Bord ist. Er wird Johannes Schilling im Amt des FachgruppenRedakteurs ersetzen. An dieser Stelle sei angemerkt, dass es nichts mit seinen (schon in Heft 37 diskutierten) Zeichnungen zu tun hat. Richten Sie
ihre Artikel daher bitte in Zukunft an Jens Bohle. Ich danke Johannes für die letzten drei Jahre Zusammenarbeit.
Ein Erfolg war, dass bei der Fachgruppen-Sitzung 15 Personen teilgenommen haben, während es letztes Jahr noch acht waren! Daniel Spitzer
Visuelles Deep-Sky-Beobachtungsprojekt: Planetarische Nebel am Winterhimmel
von Daniel Spitzer
Bedingt durch die schlechte Wetterlage im vergangenen Winter hat uns nur eine Zusendung erreicht. Der PN NGC 2346 im Sternbild Einhorn konnte erfolgreich von Gerhard Scheerle beobachtet werden. Er nutzte dafür sein Schmidt-Cassegrain-Teleskop mit 235 mm Öffnung. Wie fast alle Planetarischen Nebel gewinnt auch NGC 2346 extrem durch die Beobachtung mit einem [OIII]-Filter: Ohne diesen sieht Gerhard Scheerle bei 294-facher Vergrößerung den Zentralstern von etwa 11,0 mag am deutlichsten. Er ist von
einer ,,deutlich erkennbaren, aber nicht sehr hellen, stark konzentrierten rundlichen Nebelhülle umgeben". Mit [OIII]-Filter hingegen wächst der Nebel enorm. Die Nebelhülle beträgt nun 40'' und die bipolare Natur von NGC 2346 tritt in Erscheinung. Es zeigen sich nun schwache, einander gegenüberliegende Auswüchse (s. Abb. 1) in den Positionswinkeln 150 Grad und 330 Grad . Die Größe beträgt bei der Filterbeobachtung insgesamt 120'' x 40''.
1 Zeichnung des Planetarischen Nebels
NGC 2346, von Gerhard Scheerle. Details s. Text.
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Deep-Sky
Visuelles Deep-Sky-Beobachtungsprojekt: Im Bann der Andromeda
NGC 185 Erstere wurde am 30.11.1787 von Friedrich Wilhelm Herschel entdeckt. Die elliptische Zwerggalaxie befindet sich in einer Entfernung von ca. 2,3 Millionen Lichtjahren nahe der Galaxie NGC 147. Mit einer visuellen Helligkeit von 9,2 mag und einer Ausdehnung von etwa 11' x 13' sollte sie ein einfaches Objekt sein. Doch durch ihre Flächenhelligkeit von ca. 13,4 mag/arcmin2 kann bei aufgehelltem Himmel die vermeintlich leichte Beobachtung schnell zur Herausforderung werden. Hat man aber einen dunklen Himmel ist auch das Auffinden einfach: Über den Stern And (4,3 mag) schwenkt man direkt zum 4,5-mag-Stern And. Dann hat man es schon fast geschafft, wenige Bogenminuten westlich befindet sich NGC 185.
1 Karte zum Aufsuchen der Galaxien NGC 147 und And I. Die roten Pfeile markie-
ren die beiden Objekte. Die Karte wurde erstellt mit dem Programm ,,Cartes du Ciel".
And I And I ist da schon ein schwierigeres Objekt. Von einer visuellen Helligkeit von 13,2 mag, die sich auf eine Fläche von nur 1,3' x 1,3' verteilen, wird man wahrlich nicht von Licht überflutet. Auch die Flächenhelligkeit liegt in dieser Größenordnung, sie beträgt 13,5 mag/arcmin2. And I ist ungefähr so einfach zu finden wie NGC 185. Ausgehend von µ And beginnt man den Starhopp.
Wahrscheinlich gehört die Andromedagalaxie M 31 zu den ersten Galaxien, die ein Amateurastronom beobachtet - wenn nicht sogar DIE Erste. Wie viele größere Galaxien wird auch sie von einigen klei-
neren Galaxien begleitet. Zwei von ihnen sollen hier vorgestellt und zur Beobachtung vorgeschlagen werden: NGC 185 und And 1.
Die Details zum Aufsuchen entnehme man der Karte. Viel Erfolg bei der Beobachtung wünscht Daniel Spitzer
Ich sehe was, was du nicht siehst - ein Resümee
von Daniel Spitzer
,,Man kann einem Menschen nur vor den Kopf sehen", sagen meine Freunde oft. Jetzt denke ich, man kann auch nicht mit seinen Augen sehen. Zugegeben, die Sache ist schwierig zu beurteilen. Es geht hier um die Diskussion aus Heft 37, die in den Artikeln ,,Sein oder Schein - Kri-
VdS-Journal Nr. 39
tische Gedanken zu publizierten DeepSky-Zeichnungen" von Wolfgang Steinicke [1] und die Antwort von Johannes Schilling ,,Bedachtsamkeit oder schnelles Urteil? - eine Entgegnung" [2]. Die visuelle Beobachtung (und nicht nur die Deep-Sky-Beobachtung) steht und fällt
mit der Selbstkritik und Ehrlichkeit des Beobachter/Zeichners. Viele derjenigen, die ungewöhnlich viel sehen, zitieren oft Robert N. Clark. Er hat eine Tabelle aufgestellt, die aussagt, in welchem Teleskop in welchem Anteil der Beobachtungszeit welche visuelle Grenzgröße erreicht
Deep-Sky 77
werden kann. Besucher des diesjährigen Deep-Sky-Treffens in Bebra erinnern sich vielleicht: Rainer Töpler zeigte dort diese Tabelle. Sie sagt etwa aus, dass man in 2 % der Beobachtungszeit in einem Teleskop von 12,5 Zoll Öffnung einen 18,7-mag-Stern sehen kann. Bei 20 Zoll sind es sogar schon 19,7 mag. Beobachtet man nun ein Objekt 50 min lang, solle man diesen Stern also eine Minute lang ,,sehen". Ich muss mich hier fragen, wo liegt der Fehler? Wann sage ich mir als Beobachter, dass mir mein Auge oder Gehirn einen Streich gespielt hat? ,,2 %" scheint mir jenseits jeder Selbstkritik zu liegen. Zumal [3] als Grenzgröße für einen 16-Zöller eine Grenzgröße von 14,71 mag liefert über die Formel:
wobei der Durchmesser der freien Öffnung D in Metern angegeben wird.
Oft zeigen die angesprochenen Zeichnungen enorme Details. Es ist damit nicht die Detailfülle gemeint, sondern deren Größe. Freuen sich doch Astrofotografen über Nächte mit Sternscheibchen von 1,5 Bogensekunden Größe, ist nicht ganz klar, wie man an einem nebeligen Objekt deutlich kleinere Details, die sich nicht so deutlich wie ein Stern vom Hintergrund abheben, sehen kann. So gesehen, sind die in [2] aufgeführten 0,2 Bogensekunden winzigen Details auf dem Jupitermond Ganymed für mich nicht nachvollziehbar. Sie entbehren meines Erachtens
der physikalischen Grundlage: Wieder in [3] findet man die Formel:
Hier sind die Wellenlänge, bei der beobachtet wird, und r0 der Radius der freien Öffnung. Das Ergebnis ist die maximale Auflösung im Bogenmaß. Rechnet man mit einer Wellenlänge von 500 nm, bei der das Auge nachts am empfindlichsten ist, und einem Spiegeldurchmesser von erneut 40 cm, erhält man nach Umrechnung ins Gradmaß eine Auflösung von 0,31 Bogensekunden. Um die erwähnten 0,2 Bogensekunden zu erreichen, müsste man entweder mit einem 16-Zöller bei 317 nm - also in Ultravioletten - beobachten oder mit einem Teleskop von 63 cm Öffnung bei 500 nm Wellenlänge. Verglichen werden auch die Wahrnehmung von schwachen Quasaren und nebeligen Objekten. Sicher unterscheiden sich beide. Aber zu ungunsten des Nebels: Wenn man einem Anfänger erklären will, wie schwach eine Flächenhelligkeit von 12 mag/arcsec2 ist, schlägt man vor einen 12-mag-Stern so weit zu defokussieren, bis das Scheibchen eine Fläche von 1 arcsec2 groß ist. Die Sichtbarkeit nimmt damit deutlich ab! Sicher kann man das Beobachten trainieren. Das ist auch unerlässlich, wenn man ,,high-end" beobachten will. An dieser Stelle sei gesagt, dass man das Auge nicht wie einen Muskel deuten kann, der irgendwann zum CCD-Chip wird, wenn man es oft
genug auf die Hantelbank schickt. In der Regel geben hinsichtlich der Auflösung die Randbedingungen Wetter und Instrument die Grenzen des Machbaren an.
Abschließend sei angemerkt, dass diese Diskussion zwar wichtig, aber hier im Journal mittel- und langfristig gesehen fehl am Platz ist. Trotz der 4 Ausgaben des Journals für Astronomie ist es nicht möglich auf einen Artikel schnell genug reagieren zu können. Die Diskussion würde zu einer nie endenden Geschichte ausufern. Das Internet - insbesondere die Mailingliste der ,,Fachgruppe Deep Sky" - bietet dazu eine schnellere und damit sinnvollere Plattform. Anmelden kann man sich über die Homepage der Fachguppe www.fachgruppe-deepsky.de.
Literaturhinweise [1] W. Steinicke, 2011: ,,Sein oder
Schein? - Kritische Gedanken zu publizieren Deep-Sky-Zeichnungen", VdS-Journal für Astronomie 37, 55 [2] J. Schilling, 2011: ,,Bedachtsamkeit oder schnelles Urteil? - eine Entgegnung", VdS-Journal für Astronomie 37, 58 [3] W. Raith (Hrsg.), 2002: ,,BergmannSchäfer Lehrbuch der Experimentalphysik, Bd. 8, Sterne und Weltraum", deGruyter-Verlag, 2. Aufl.
Das war das DST 2011
von Daniel Spitzer
Vom 18. bis 20.3.2011 trafen sich wieder Astrofotografen und visuelle Deep-SkyBeobachter im hessischen Bebra. Wie schon in den vorigen Jahren war das Hotel Sonnenblick Ort des Deep-SkyTreffens.
Einige Sternfreunde reisten schon am Freitag an, um den gemütlichen Abend genießen zu können. Hier finden auch DST-Neulinge schnell Anschluss und haben die Möglichkeit sich mit den bekannten ,,Größen", welche die fotografische und visuelle Szene prägen, auszutauschen.
Der Vortragsreigen wurde am Samstagmorgen von Math Heijen und Jens Leich eröffnet: Sie befassten sich mit offenen Sternhaufen, die sie durch das ,,offene Fenster zur Cassiopeia" beobachteten und fotografierten. Um die Entfernungen der einzelnen Haufen zu symbolisieren, wurden Körbchen mit sternförmigen Keksen
1 Die Runde der visuellen Beobachter
(Foto: Josef Müller)
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Deep-Sky
2 Jens Bohle und Peter Riepe eröffnen das Deep Sky
Treffen 2011. (Foto: Josef Müller)
3 Die Zuhörerschaft (Foto: Josef Müller)
4 Uwe Glahn freut sich auf seinen
Vortrag über seinen La Palma Aufenthalt. (Foto: Daniel Spitzer)
5 Bernd Gährken zeigt sein 130-mm-Teleskop während
seines Vortrags. (Foto: Josef Müller)
in korrespondierenden Entfernungen im Vortragsraum verteilt. Viele dynamische Effekte zeigte Gerald Willems in seinem Vortrag über ,,Turbulentes Treiben im Virgo-Haufen", gefolgt von ,,Astronomie am Ayers Rock" von Bernd Gährken.
Die Zeit nach der Mittagspause lag fest in der Hand der Astrofotografen. Carsten Moos erklärte das Linux-basierte Programm THELI, das zur Bildkalibrierung dient und einen guten Weg zu objektiven CCD-Aufnahmen bietet. Ein besonderes Highlight war einmal mehr der Beitrag von Hans-Günter Diederich, der sich der Galaxie M 63 annahm und interessante Gezeiten-Phänomene entdeckte, indem er das Histogramm seiner Aufnahme unterschiedlich stark streckte.
VdS-Journal Nr. 39
Die Vorträge, die schon als Abstract vor dem DST auf der Homepage der Fachgruppe Deep Sky eingesehen werden konnten, ließen vermuten, dass die Grenze des visuell Machbaren ein zentrales Thema spielen würde. Nach der obligatorischen Kaffeepause war es dann auch soweit: Dr. K. J. Stepputat stellte anhand seines Vortrags einige Punkte des Werkes ,,Visual Astronomy Of The Deep Sky" von Roger N. Clark richtig bzw. ergänzte dieses. Dabei wurden die Grenzen ausgelotet und aufgezeigt. Nach vielen Kontroversen meldete sich Rainer Töpler zu Wort und versuchte in seinem Vortrag insbesondere den visuellen Beobachtern die hohe Kunst der Detailbeobachtung nahe zu bringen. Einer ähnlichen Thematik wie seine beiden Vorredner nahm
sich Dr. Wolfgang Steinicke an. Als Astronomiehistoriker versuchte er zu klären, was es mit der Entdeckung der Spiralstruktur in der Galaxie M 51 auf sich hat. Es handelte sich dabei um eine sehr spannende Geschichte, welche deutlich von unterschiedlichen Ideologien und Theorien der damaligen Zeit geprägt war. Den Nachmittag schloss Oliver Schneider mit seinen Erfahrungen zur Farb-CCDKamera Alccd6c pro ab.
Nach dem reichhaltigen Abendessen wurde der erste Vortragstag mit einem Beitrag von Dr. Stefan Binnewies und Rainer Sparenberg beendet. Die Referenten unternahmen zusammen eine Astroexkursion nach La Palma und präsentierten die Ergebnisse, wobei sie sich auf
Deep-Sky 79
weitwinkelige, kurzbrennweitige Aufnahmen konzentrierten.
Den Abend nutzen beide Fachgruppen für ihre FG-Sitzungen, die zum Teil noch bis spät in die Nacht dauerten.
Der letzte Tag begann mit einem Kurzvortrag von Daniel Spitzer. Es sollte hier gezeigt werden, wie die komplexe Struktur von offenen Sternhaufen einfach gezeichnet werden kann. Der exzellente Himmel der Kanareninsel La Palma lockt auch visuelle Beobachter wie Uwe Glahn. Er zeigte dort entstandene Zeichnungen und konnte die herausragenden Bedingungen, welche der Insel schon am Vorabend zugeschrieben wurden, bestätigen. Peter Riepe näherte sich dem Ob-
jekt Sh2-80 von der physikalischen Seite und studierte dessen Eigenschaften, um seine Natur zu ergründen. Er kommt zu dem eindeutigen Schluss, dass Sh2-80 ein Wolf-Rayet-Nebel ist. Die lange Liste der Vorträge wurde abgeschlossen von Josef Müller, der Shakhbazian-Galaxiengruppen fotografierte. Zudem kam Frank Richardsen zu Wort, von dem einige Zeichnungen dieser schwachen Objekte stammen - ein Vortrag, der nicht nur Astrofotografen in seinen Bann zog.
Nach den Vorträgen folgte das obligatorische Feedback der Teilnehmer, die sich angesichts einer gelungenen Veranstaltung sehr zufrieden zeigten und kaum Kritik äußerten. Einzige Neuerung im nächsten Jahr: Der Eröffnungsvortrag
wird 2012 schon am Abend des Freitag gehalten - ein Grund mehr, schon am Freitagabend anzureisen.
Zum Schluss bedankten sich die Veranstalter nochmals bei den eifrigen Referenten und übereichten als Dankeschön ein kleines Präsent in Form eines ,,DSTSchokoladenosterhasen."
Abschließend bleibt nur noch zu sagen, dass das diesjährige DST von recht langen Vorträgen geprägt war und es zudem noch ein Überangebot gab: Zwei Vorträge wurden schon vor Beginn aus dem Programm genommen, um noch genügend Zeit für Diskussionen, Pausen und Fragen gewährleisten zu können.
6 Hans-Günter Diederich während seines Vortrags zur
Galaxie M 63 - er demonstrierte, worauf es ihm ankommt. (Foto: Josef Müller)
7 Dr. K.-J-Stepputat zeigt, wie die Zuhörer mit den von
ihm mitgebrachten schwarzen Karton umzugehen haben. (Foto: Daniel Spitzer)
8 Diskussion nach dem Vortrag von Dr. Wolfgang
Steinicke (Foto: Josef Müller)
9 Peter Riepe kündigt den Vortrag von Oliver Schneider
an (Foto: Josef Müller)
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Deep-Sky
Es war wieder eine rundum gelungene Veranstaltung, und so freuen wir uns auf das nächste DST vom 30.3. - 1.4.2012 im Hotel Sonnenblick in Bebra. Weitere Impressionen vom Treffen sowie ein kleiner Filmbeitrag sind unter www.fachgruppedeepsky.de zu finden.
10 Kameramann Jens Bohle bei der
Arbeit (Foto: Josef Müller)
Beobachtungen am Limit - Betrachtungen zur Sehphysiologie
von Uwe Pilz
Im VdS-Journal für Astronomie 37 (II/2011) wurden zwei gegensätzliche Aufsätze zur Grenzbeobachtung publiziert [1, 2]. Ich beschäftige mich seit einigen Jahren mit den physiologischen Aspekten astronomischen Sehens. Die Haltungen von Wolfgang und Johannes können kaum gegensätzlicher sein. Dennoch sind sie aus einem gewissen Blickwinkel vereinbar.
Die Erkennbarkeit kontrastschwacher Beobachtungsziele Kontrastschwache Objekte stellen erhebliche Anforderungen an Ausrüstung und Beobachter. In erster Linie denkt man dabei an Gasnebel und Galaxien. Aber auch die Wahrnehmung schlecht abgrenzbarer Einzelheiten auf Planeten oder Schattierungen in winzigen Planetarischen Nebeln fallen in diese Kategorie.
Es wird oft die These vertreten, dass bei gegebenem Himmel ein (nicht zu kleines) Objekt eine Mindestleuchtdichte aufweisen muss, um sichtbar zu werden. Diese Leuchtdichte wird in der Astronomie üblicherweise in mag/arcsec2 angegeben. Diese Herangehensweise ist jedoch nicht ganz korrekt, denn sie impliziert, dass solche Beobachtungsziele zu wenig Licht liefern. Dies ist meist nicht der Fall - den wir beobachten das Objekt und den Himmelshintergrund gemeinsam. Solan-
VdS-Journal Nr. 39
1 Erkennbarkeit von Kontrasten in Abhängigkeit von der Objektgröße
(,,Ortsfrequenz")
ge man nur so weit vergrößert, dass die Feldblende des Okulars noch sichtbar bleibt, liefert das Objekt auch genügend Licht. Die Herausforderung liegt vielmehr darin, das Objekt vom Hintergrund zu trennen: Es ist ein Kontrastproblem.
Der Kontrast ändert sich nicht, wenn man die Vergrößerung erhöht. Erst wenn der Himmel im Okular pechschwarz wird, gilt das nicht mehr. Kontrastschwache Einzelheiten lassen sich besser wahrnehmen, wenn sie eine ,,mittelgroße" Winkelausdehnung haben. Für zyklische
Deep-Sky 81
Strukturen sind 1-10 Zyklen je Grad am besten geeignet. Sehr anschaulich illustriert dies die Abbildung 1.
Um zu ermitteln, welch geringe Kontraststufen ein Proband sehen kann, verwendet die Augenheilkunde die sog. Pelli-Robson-Tafel (Abb. 2). Hier im Offsetdruck werden die schwachen Kontraststufen nur ungenau wiedergegeben. Es ist viel besser, sich eine solche Tafel im Internet anzusehen [3], diese Wiedergabe hat viel mehr mit dem per Siebdruck hergestellten Original gemein. Mir war es mit einiger Mühe möglich, die Buchstaben mit 0,5 % Kontrast zu erkennen, obwohl ich beim ersten Hinsehen schon 1-2 % Kontrast als schwierig empfand. Durch intensives Beobachten kann also offensichtlich eine deutlich geringere Kontrastschwelle erzielt werden.
Die publizierten Anleitungen zur Wahrnehmung schwacher Nebelstrukturen [4-6] beruhen alle auf Untersuchungen von Richard Blackwell [7] an 19 sehgesunden Frauen, die für die Erkennung kontrastarmer Objekte trainiert waren. Die Untersuchung fand während des II. Weltkrieges statt; die Ergebnisse dienten einem militärischen Zweck. Aus den von Blackwell publizierten Ergebnissen lässt sich die Sichtbarkeit eines Objektes in Abhängigkeit von Himmelsgüte und Instrumentengröße ableiten. Die Autoren [46] kamen unisono zu dem Ergebnis, dass es eine optimale Vergrößerung gibt, um ein Nebelobjekt zu entdecken. Nils Carlos gibt die einfache Regel: ,,Die Vergrößerung muss soweit erhöht werden, bis die Feldblende kaum noch zu sehen ist oder die scheinbare Größe des Objektes ein Grad erreicht". Dies bildet die oben angesprochenen Tatsachen ab: Die scheinbare Objektgröße liegt im am oberen Rand des optimalen Bereich zwischen 1-10 Zyklen je Grad, und die Helligkeit des Hintergrunds wird zur Wahrnehmung mit ausgenutzt.
Angestrengtes Beobachten Die obigen Zahlen und Fakten sind weitgehend akzeptiert. Es besteht aber Dissens darüber, ob eine lang dauernde, konzentrierte Beobachtung den Erfolg erhöht. Richard Blackwell stellte fest, dass die üblichen sechs Sekunden Beobachtungszeit nicht ausreichen, um schwächste Kontrasteindrücke zu entde-
cken. Selbst eine Minu-
te reichte dazu nicht:
Aufmerksames, an-
dauerndes Beobachten
erhöht die Kontrast-
wahrnehmung. Außer-
dem stellte Blackwell
fest, dass die Erken-
nung kontrast- und
leuchtdichteschwacher
Details einem statisti-
schen Konzept folgt:
Die Detektionswahr-
scheinlichkeit sinkt mit
fallendem Kontrast.
Selbst sehr schwache
Ziele mit nur 0,2 %
Kontrast können mit
einer kleinen Wahr-
scheinlichkeit gese-
hen werden (Abb. 3). Die abgebildete Kurve
2 Pelli-Robson-Tafel zum Test der Kontrastemp-
ist der Mittelwert aus findlichkeit. Die Kontraste in Prozent: VRS-99, KDR-63,
450.000 Einzelmessun- NHC-44, SOK-31, SCN-22, OZV-15, CNH-11, ZOK-7,8,
gen. Blackwell benutz- NOD-5,6, VHR-3,9, CDN-2,8, ZSV-1,9, KCH-1,4, ODK-1,0,
te für die allgemeinen RSV-0,7, HVR-0,5
Aussagen eine Entde-
ckungswahrscheinlich-
keit von 50 %, weil an diesem Punkt die Damit man das Objekt mehrmals sieht
Messgenauigkeit am größten ist. Darauf und von Falschsichtungen trennt, sind
beruht auch das Buch von Clark [4].
einiger solcher Beobachtungsanläufe nö-
tig. Man kommt leicht auf viele Minuten
Wenn man sich mit einer geringen Ent- Beobachtungszeit für ein einzelnes Ob-
deckungswahrscheinlichkeit zufrieden jekt bzw. ein Detail eines ausgedehnten
gibt, dann kann man also viel geringere Ziels.
Kontraste sehen: Mit 5 % Wahrschein-
lichkeit erkennt man z. B. 4 Mal schwä- Man muss dabei beachten, dass paral-
chere Ziele als mit 50 %. Das bedeutet, lel die Wahrscheinlichkeit von Falsch-
dass ein solches Objekt im Schnitt nur in sichtungen steigt. Das Auge erzielt die
einem von 20 Versuchen gesehen wird. Seheindrücke nicht isoliert, sondern ist
fest mit dem Seh-
zentrum des Gehirns
verbunden. Ob eine
schwache Einzelheit
als Objekt angesehen
wird, ist für das Seh-
zentrum eine Frage
der Wahrscheinlich-
keit. Das Sehzentrum
übermittelt dann ei-
nen Seheindruck,
wenn die Kontrast-
schwelle hoch genug
ist, um eine Struktur
vom Signal des Hin-
3 Relative Detektionswahrscheinlichkeit in Abhängig-
tergrundes und der elektrischen Grund-
keit vom Kontrast (normiert auf 50 % Wahrscheinlichkeit), aktivität des Auges zu
nach [7].
trennen. ,,Angestreng-
VdS-Journal Nr. 39
82
Deep-Sky
tes" Beobachten setzt diese Schwelle herab, so dass auch schwächste Kontrasteindrücke als Objekt angesehen werden. Diese Eigenschaft des Sehapparates hat Blackwell in seinen Untersuchungen festgestellt - eben ein probabilistisches Verhalten.
Fazit Sehen heißt Glauben - das mag stimmen. Sehen heißt Erkennen - das ist fraglich. Unser Sehapparat unterliegt Täuschungen, die umso wahrscheinlicher werden, je kontrastschwächere Ziele man zu erkennen versucht.
Wolfgang und viele andere Astronomen mit ihm vertreten die Auffassung, nur wirklich sichere (in Wirklichkeit: ziemlich sichere) Beobachtungen zu dokumentieren. ,,Lieber 10% abziehen als 10% aufschlagen", dieser Satz trifft das gut. Er ist die sinnvolle Prämisse der Beobachter des 19. Jahrhunderts, die ausgehend von visuellen Sichtungen die Natur von Objekten ableiten mussten. Die beobachtende Astronomie versucht aber längst nicht mehr, tatsächlich Strukturen
neu zu erkennen. Es geht vordergründig darum, an den Geschehnissen im All visuell teilzuhaben. Dieser Ansatz ist nicht der höchstmöglichen Genauigkeit verpflichtet, sondern dem Seherlebnis. Es ist aus meiner Sicht ebenso legitim, das mit außerordentlicher Mühe Gesehene auch zu dokumentieren. Ich möchte drauf hinweisen, dass Johannes' Zeichnungen den von ihm ,,gesehenen" Himmelsanblick wiedergeben. Hierin vermischen sich zwar reale Strukturen mit Wahrnehmungsfehlern, also einer Art Rauschen. Es ist aber keineswegs so, dass die Anblicke ,,eingebildet" sind. Der (geschärfte) Sehapparat hat dem bewussten Denken den abgebildeten Seheindruck vermittelt. Solange man nicht die Haltung vertritt, alles bis ins letzte Fitzelchen sei eine reale Struktur, sind solche Beschreibungen und Zeichnungen durchaus wertvoll. Sie zeigen, wie weit man unter extremer Ausnutzung der physiologischen Möglichkeiten kommen kann. Sie zeigen im Vergleich zu Fotos oder Beobachtungen mit größeren Optiken aber auch, auf welches Maß an Schein-Strukturen man sich dabei einlässt.
Literaturhinweise/Web-Links [1] W. Steinicke, 2011: ,,Schein oder
Sein? - Kritische Gedanken zu publizierten Deep-Sky-Zeichnungen", VdS-Journal für Astronomie 37, 55 [2] J. Schilling, 2011: ,,Bedachtsamkeit oder schnelles Urteil? - eine Entgegnung", VdS-Journal für Astronomie 37, 58 [3] www.psych.nyu.edu/pelli/ pellirobson [4] E.N. Clark, 1991: "Visual Astronomy of the Deep Sky", Cambridge University Press [5] http://www.bbastrodesigns.com/ blackwel.html [6] K. Stepputat, 2006: ,,Das Astronomische Sehen, Teil 3: Sichtbarkeit und Kontrast", interstellarum 44, 68 [7] R.H. Blackwell, 1946: "Contrast Thresholds of the Human Eye", Journal of the Optical Society of America 36, 624
Impression
1 Der Seifenblasen-Nebel direkt beim hellen Gasnebel NGC 7635 im Sternbild Cassiopeia ist als Herbstobjekt
zurzeit optimal beobachtbar. Andreas Rörig aus Dornburg-Wilsenroth gewann diese Aufnahme mit einem 300-mmNewton-Teleskop bei f/4,5. Als Photonen-Detektor diente eine CCD-Kamera vom Typ ST-10XME. Die Belichtungen durch die einzelnen Filter waren: H-alpha: 23 x 600 s, R: 6 x 300 s, G: 6 x 300 s, B: 6 x 300 s.
Geschichte
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Neues aus der Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie"
von Wolfgang Steinicke
Die 8. Fachtagung ,,Geschichte der Astronomie" wird vom 28. bis 30. Oktober 2011 in Nürnberg stattfinden (siehe Terminkalender). Der Ort ist historisch, stand doch hier vor ca. 330 Jahren die Sternwarte von Georg Christoph Eimmart (Abb. 1). Es gibt auch heute noch viel zu sehen, etwa die astronomische Ausstellung in der Burg oder das Germanische Nationalmuseum. Ebenso attraktiv ist das Vortragsprogramm der Tagung. Alle,
die sich für Astronomiegeschichte interessieren, sind herzlich nach Nürnberg eingeladen.
Noch eine Bemerkung zur Aprilnummer: Ich hoffe Ihnen ist aufgefallen, dass das Sternbild ,,Dilldapp" nicht existiert. Hier ist wohl dem Autor ,,H. U. Mor" die Fantasie durchgegangen! In diesem Heft gibt es zwei (seriöse) Beiträge. Manfred Holl berichtet über ,,Tycho Brahe auf der
Wandisburgi" und in meinen Artikel geht es um die bislang nicht dokumentierte Entdeckungsgeschichte des Kohlenstoffsterns V Aquilae. Viel Spaß beim Lesen - und versorgen Sie mich weiter mit interessanten Beiträgen! Informationen zur Fachgruppe finden Sie wie gewohnt auf unserer Webseite http://geschichte. fg-vds.de.
1 Die 1678 in Nürnberg gegründete Eimmart-Sternwarte
Tycho Brahe auf der Wandisburgi
von Manfred Holl
Er war der letzte der großen Himmelsbeobachter, der noch ohne Fernrohr die Gestirne erkundete: Tycho Brahe, auch genannt Tyge Ottesen Brahe oder Tycho de Brahe, geboren am 14. Dezember 1546 auf Schloss Knutstorp, ein bis 1663 im Besitz der dänischen Familie Brahe befindlicher Herrensitz in Schonen nahe Landskrona in Südschweden.
Geburt, Jugend und Studienzeit Von adliger Abstammung heiratete Brahe 1573 im Alter von 27 Jahren eine Tochter des Geistlichen von Kågeröd und bekam
mit ihr 8 oder 9 Kinder (die Überlieferungen sind sich hier nicht ganz einig), nachdem er im Jahr zuvor die berühmte Supernova des Jahres 1572 beobachtet hatte. Sein Interesse an der Astronomie ging schon auf seine Studienzeit zurück, möglicherweise auch weit davor. Angesichts der sicher sehr dunklen Nächte in Südschweden liegt das Erwachen der Begeisterung für die Himmelskunde nahe. Der Legende nach war es die Sonnenfinsternis von 1560, die er als 13-jähriger beobachtete und die sein Interesse weckte.
Allerdings studierte er nicht von Anfang an Astronomie, sondern schrieb sich am 19. April 1559 bei der Universität von Kopenhagen in den Fächern Rhetorik und Philosophie ein. Studienaufenthalte führten ihn an die Universitäten von Leipzig, Wittenberg, Rostock und Basel, wo er hauptsächlich Jura, Geistes- und Naturwissenschaften studierte. Johannes Hommel (1518-1562) und Valentin Thau (1531-1575) machten ihn mit astronomischen Beobachtungsmethoden vertraut, woraufhin Brahe mit einem Studium der Astronomie begann. Allerdings konnte
VdS-Journal Nr. 39
84
Geschichte
trug seit dem eine Kupferlegierung auf den Resten seines Riechorgans.
Brahe wird Astronom und fällt in Ungnade Die Beobachtung des ,,Neuen Sterns", der ,,Stella Nova", einer Supernova im Jahr 1572 machte Tycho mit einem Schlag in Astronomenkreisen weltberühmt. Am 11. November dieses Jahres entdeckte er in der Kassiopeia den etwa -4 mag hellen ,,neuen" Stern.
Seine Studienreisen
brachten Brahe auch
immer wieder in Kon-
takt mit den dort an-
sässigen Astronomen,
die wiederum auf den
jungen dänischen Stu-
denten aufmerksam
1 Deckblatt der 1598 auf der Wandisburgi mit Hilfe
wurden und Kontakt mit ihm hielten.
von Georg Ludwig Frobenius (1566-1645) gedruckten
Schrift Astronomia Instauratae Mechanica, in der Tycho
Besonders Landgraf
Brahe seine Sternwarten auf Ven beschrieb (Quelle:
Wilhelm IV. von Hes-
http://digital.lib.lehigh.edu/planets/brahe.php?num=F& sen-Kassel (1532-1592)
exp=false&lang=lat&CISOPTR=404&limit=brahe&view
öffneten dem jungen
=full)
Tycho viele Türen. Er
war als Förderer der
Wissenschaften be-
die Universität Leipzig nicht mit einer kannt und selber Astronom. So stellte
Sternwarte von internationalem Rang er alsbald einen Kontakt zum dänischen
aufwarten, auch waren die dortigen Be- König Friedrich II. von Dänemark und
obachtungsmethoden eher altertümlich Norwegen (1534-1588) her, woraufhin
(das Fernrohr war noch nicht erfunden), er Brahe die im Öresund gelegene Insel
sodass er sich vorwiegend mit Fragen der Ven für den Bau einer Sternwarte auf
Messung von Sternpositionen beschäf- Lebenszeit zur Verfügung stellte. Hier
tigte.
entstand zwischen 1576 und 1580 die
Uraniborg, der 1584 nur 100 m weiter
Schon in jungen Jahren machten sich ei- südlich die Sterniborg folgte. Die Groß-
nige Charaktereigenschaften bemerkbar, zügigkeit des dänischen Königs, obwohl
die sich durch sein ganzes Leben ziehen eher an Astrologie als an Astronomie in-
sollte. So galt er allgemein als extrem teressiert, kannte kaum Grenzen und so
streitsüchtig und sehr trinkfest. Überlie- wurden nicht nur die damals gängigen
fert ist ein mit Degen ausgeführtes Duell Instrumente wie ein großer Mauerquad-
mit einem Kommilitonen aufgrund eines rant sowie weitere kleinere Messinstru-
Streits über mathematische Fragen aus mente angeschafft. Studenten besuchten
dem Jahr 1566. Während des Kampfes regelmäßig die beiden Observatorien, die
verletzte Brahe teilweise seine Nase und sich inzwischen vor allem durch Tychos
VdS-Journal Nr. 39
präzise Beobachtungen in ganz Europa einen Namen gemacht hatten. Vor allem seine Aufzeichnungen über die Positionen von Sternen und Planeten erreichten bis dahin unbekannte Genauigkeiten. So kann man heute anhand der noch vorhandenen Dokumente auf eine Genauigkeit von etwa 2 Bogensekunden im Mittel gegenüber den tatsächlichen Örtern schließen, und das mit bloßem Auge! Diese Beobachtungen führten auch zu einem eigenen, dem so genannten tychonischen Weltbild, bei dem die Erde im Zentrum des Weltalls steht und sich alle anderen Himmelskörper in erster Linie um die Sonne, dann aber wieder gemeinsam um die Erde drehen würden. Damit versuchte er vor allem die Unterschiede in den Bewegungen zwischen den inneren und äußeren Planeten in den Griff zu bekommen.
Dass etwas am Himmel nicht so sein würde, wie es das ptolemäische Weltbild vorschrieb, zeigte sich beim Großen Kometen von 1577. Er beobachtete den Schweifstern von der im Bau befindlichen Uraniborg aus und glaubte zu erkennen, dass dieser sich nicht innerhalb der sublunaren Sphäre bewegte, sondern weit außerhalb, weil er keine Parallaxe beobachten konnte. Das nährte seine tiefen Zweifel an Ptolemäus, doch auch Kopernikus und dessen heliozentrisches Weltbild lehnte Brahe ab.
Brahe wird vertrieben und kommt nach Wandsbek Im Jahr 1588 verstarb überraschend Brahes Förderer und Christian IV. (15771648) wurde neuer dänischer König. Diesem war der Einfluss Brahes bei Hofe zu groß geworden und so kürzte er kurzerhand alle Fördermittel und trieb den zwar genialen, aber auch pedantischen und hitzköpfigen Tycho Brahe damit 1597 aus dem Land. Auch als Lehnsherr machte sich der penible Sternbeobachter aufgrund seiner Gutsherrenart und seines Despotismus nur wenige Freunde. 1588 erfolgte die Kürzung seiner Bezüge und mit dem 15. März 1597 stellte er alle Beobachtungen in Dänemark ein.
Verärgert baute er den Großteil seiner Instrumente ab und nahm sie zusammen mit seinen Büchern und der Druckerpresse mit. Diese Ausreise, die man unter bestimmten Blickwinkeln auch als Flucht
2 Zeitgenössische Ansicht der Wandisburgi, von deren Turm aus
Tycho Brahe seine vielfältigen Beobachtungen anstellte (Quelle: http://www.friedensblitz.de/sterne/kometenangst/wandsbeck.jpg).
oder Vertreibung ansehen könnte, führte Tycho Brahe zunächst nach Rostock. Hier blieb er wegen der ausbrechenden Pest jedoch nicht lange und folgte im Oktober 1597 der Einladung Heinrich Rantzaus (1526-1598) auf dessen Burg, der Wandisburgi, ziemlich genau im Zentrum des heutigen Hamburger Stadtteils Wandsbek.
Diese Unterstützung kam nicht von ungefähr, denn auch Rantzau, immerhin von 1556 bis 1598 Statthalter des dänischen Königs in Schleswig-Holstein hatte so seine Probleme mit dem neuen König. Darüber hinaus war der sehr vermögende Rantzau mit Brahe schon seit längerem freundschaftlich verbunden. Mit ein Grund dürfte auch gewesen sein, dass sich Brahe bemühte engeren, auch persönlichen Kontakt zu den in der nahen Stadt Hamburg ansässigen Gelehrten zu bekommen. Bisher war er immer darauf angewiesen, dass man ihn besuchte, oder er Briefe schreiben musste. Eine persönliche Begegnung war da schon fruchtbringender als ein langwieriger brieflicher Meinungsaustausch.
Auf der Wandisburgi angekommen, installierte Brahe seinen Mauerquadranten, den er zerlegt und in Kisten verpackt mitgenommen hatte, sowie einige kleinere Quadranten - das waren die einzigen Beobachtungsgeräte, die ihm zur Verfügung standen - im oder am Turm im Ostteil der Burg.
Kaum auf der Burg angekommen, begann er erste Entwürfe seines späteren Buches ,,Astronomia Instauratae Mechanica" niederzuschreiben. Mit den mitgebrachten Instrumenten setzte er seine Vermessungen von Sternpositionen fort und verfolgte intensiv die Marsopposition des Jahres 1597 mit einem kleineren Quadranten. Die Oppositionsstellung wurde genau am Heiligen Abend dieses Jahres erreicht. Diese genau vermessenen Daten bildeten später eine der Grundlagen für die Keplerschen Arbeiten über die Marsbewegung.
Hier traf Brahe auch auf Georg Ludwig Frobenius (1566-1645), den er von früher kannte: Frobenius hatte an den Universitäten Wittenberg und Tübingen studiert
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Geschichte
und war neben der Jurisprudenz vor allem an Mathematik und Astronomie interessiert. Er hatte sich bei Rantzau und Brahe um eine Stelle beworben, konnte aber mit dem königlich-dänischen Astronomen wegen dessen maßlosen Forderungen keine Einigung erzielen. Brahe forderte, wenn Frobenius bei ihm studieren wolle, dass er sich zu einer sechsjährigen Mitarbeit an allen Braheschen Forschungen ohne Bezahlung verpflichten solle. Dies lag aber nicht im Interesse Frobenius', aber Brahe ließ ihn auch nicht so einfach ziehen, und so konnte er die Insel Ven nur verlassen, indem er seine gesamte Habe dem Dänen überließ. Erst das spätere Eingreifen Heinrich Rantzaus bewegte Brahe zur Herausgabe des persönlichen Eigentums von Frobenius. Dieser stand zu der Zeit längst in den Diensten Rantzaus und kümmerte sich u. a. um die Erziehung der Enkel Heinrich Rantzaus in Breitenburg, Segeberg und auf der Wandisburgi. Nun trafen beide, unter anderen Vorzeichen, wieder aufeinander. Diese Begegnung dürfte nicht ganz spannungsfrei verlaufen sein. Frobenius war inzwischen 1595 aus dem dänischen Staatsdienst ausgetreten und wurde Gutspächter Rantzaus in Wandsbek. Gleichzeitig war er Mit-Autor zahlreicher Werke, die in der Regel Rantzau zugeschrieben werden, war Drucker, Buchhändler und Verleger.
Wohl eher der Vermittlung Rantzaus, der stets auf den Ausgleich streitender Parteien bedacht und im heutigen Sprachgebrauch eher ein Moderator war, dürfte es zu verdanken sein, dass Frobenius einige der Werke Brahes druckte und verlegte. Das erste Buch, das in Wandsbek erschien, war das berühmte Werk ,,Astronomiae Instauratae Mechanica". Es enthielt eine detaillierte Beschreibung der Instrumente der beiden Sternwarten auf der Insel Ven, einen Lebenslauf Brahes, eine Schilderung seiner bisherigen Beobachtungsergebnisse, Ansichten der Uraniborg und der Sterniborg und eine Abhandlung über Verbesserungen an den Visiereinrichtungen seiner Quadranten. Ein zweites trägt den Titel ,,Stellarum octavi orbis inerrantium accurata restitutio". Es ist wohl in Teilen schon in Wandsbek verfasst worden, erschien aber erst 1599 mit einer Widmung für Kaiser Rudolph II. Ein Exemplar dieses Buches befindet sich heute im Archiv der Universität Göttin-
VdS-Journal Nr. 39
3 Büste von Tycho Brahe unweit
des Busbahnhofs Wandsbeker-Markt (Aufnahme: Manfred Holl)
gen. Hierin wurden die im Mai 1598 auf der Wandisburgi abgeschlossenen Arbeiten an einem 1.004 Objekte umfassenden Sternkatalog veröffentlicht.
Mit den kleineren Quadranten maß er ihm noch fehlende Sternpositionen und Meridianhöhen und widmete sich vor allem der Verfolgung und Aufzeichnung von Planetenpositionen. Am 25. Februar 1598 beobachtete er auf der Burg eine Sonnenfinsternis, die aber nur teilweise durch Wolken hindurch zu sehen war. Kurz zuvor waren aus Dänemark ein Quadrant und ein Sextant eingetroffen, mit denen er diese Finsternis vermessen konnte.
Außerdem beobachtete er zwei Mondfinsternisse, darunter eine totale am 10. Februar 1598, vom Turm der Burg aus. Und er bestimmte hier die Polhöhe für Hamburg. Mangels Quellen sind allerdings Tycho Brahes Beziehungen zu den Hamburger Gelehrten weitgehend unerforscht. Dass es welche gegeben haben muss, daraus kann man aus den eben genannten Polhöhenmessungen abgeleitet werden. Wie intensiv diese Kontakte waren, darüber liegend derzeit keine greifbaren Erkenntnisse vor.
Rantzau war klar, dass die Wandisburgi einem Astronomen wie Brahe nicht das bieten konnte, was ihm zustand und so bemühte er sich, eine dauerhafte Stel-
lung für ihn zu arrangieren. Dies gelang schließlich 1598 durch Kontakte nach Prag. Am 14. September dieses Jahres verließ er Wandsbek, um dem Ruf Kaiser Rudolphs II. zu folgen und kaiserlicher Hofastronom zu werden. Auch hier musste er die größten Geräte zurücklassen. In Prag angekommen versuchte sein Sohn, von ihm beauftragt, die letzten drei in Dänemark verbliebenen Instrumente nachzuholen. Daraus entwickelte sich fast ein neues Drama, denn die Abfertigung der Kisten in Hamburg wurde bewusst verschleppt und die Verschiffung über die Elbe immer wieder hinausgezögert. Überdies war sein bisheriger Förderer Rantzau am 31.12.1598 verstorben, so dass auch von dieser Seite aus keine Unterstützung mehr möglich war. Erst die Intervention des Kaisers beim Hamburger Rat sorgte für den Transport, so dass die letzten Instrumente Brahes erst im Spätsommer 1600 in Prag eintrafen. Dieser Brief, unterzeichnet von Brahe und Kaiser Rudolph II., wurde erst vor kurzem im - ebenfalls in Wandsbek gelegenen - Staatsarchiv der Stadt Hamburg entdeckt und ist datiert vom 29. September 1599.
Gibt es Überreste der Burg? Lange Zeit war die genaue Lage der Wandisburgi und damit des Turms, von dem aus Brahe einst beobachtete, nicht genau bekannt. Erst archäologische Grabungen eines Teams des Hamburger Helms-Museums brachten Licht ins Dunkel: Unter der Straße, Höhe Grundstück Schloßgarten Nr. 15, südlich des heutigen Wandsbeker Rathauses, Sitz des Bezirksamtes Wandsbek, fanden sie Überreste des 1861 abgerissenen Schlosses, das einst in Teilen auf den Mauern der Rantzauschen Burg errichtet worden war, wie sich bei den Ausgrabungen herausstellte. Der Turm der Burg wird etwa in der Straßenmitte des Straßenzuges Schloßgarten vermutet. Die Archäologen fanden zudem Reste des Burggrabens an zwei gegenüber liegenden Stellen, so dass die Lage des Schlosses heute relativ genau bestimmt ist.
Quellenhinweise: [1] http://de.wikipedia.org/wiki/
Tycho_Brahe [2] http://www.friedensblitz.de/sterne/
kometenangst/Tycho%20Brahe.html [3] http://de.wikipedia.org/wiki/
Geschichte
87
Heinrich_Rantzau [4] http://de.wikipedia.org/wiki/
Georg_Ludwig_Frobenius [5] http://www.wandsbek.de/schloss_
aktuell.html [6] http://www.rundetaarn.dk/engelsk/
observatorium/print/life.htm
[7] http://www.astropro.com/features/ tables/geo/su-ma/su-180-ma/SU180MA5.html
[8] http://webdoc.sub.gwdg.de/ebook/ aw/2006/gbs_35/CIMELIEN%20 %28D%29/03/03_021/03-021.htm
[9] J. Schramm, 2010: ,,Sterne über
Hamburg", Kultur- & Geschichtskontor, Hamburg, 2. überarbeitete und erweiterte Aufl. [10] M. Pommerening, 2010: ,,Wandsbek - Ein historischer Rundgang", Mühlenbek-Verlag, Hamburg
Die Geschichte der Entdeckung und Beobachtung des Kohlenstoffsterns V Aquilae
von Wolfgang Steinicke
V Aquilae ist ein orange-roter Stern mit einer Helligkeit von ca. 7 mag. Er befindet sich im südlichen Teil des Adlers, etwa zwischen · Aql (3,4 mag) und 12 Aql (4,0 mag), also knapp unterhalb des Himmeläquators. Die Geschichte dieses interessanten Objekts wurde bislang nicht erzählt.
Physikalisch gehört es zur seltenen Gattung der Kohlenstoffsterne (engl. ,Carbon star`). Sie ähneln den roten Riesen, enthalten in ihren äußeren Sichten aber mehr Kohlenstoff als Sauerstoff. Aufgrund der niedrigen Temperatur ist letzterer in Form von Kohlenmonoxid (CO) gebunden. Der Kohlenstoff gibt dem Stern eine ,,rußige" Atmosphäre und das typische rote Aussehen. Die meisten Objekte sind veränderlich. Besonders bekannt sind R Lep, T Lyr, V Hya, S Cep, 19 Psc und Y CVn (Secchis ,La Superba`). Im Fall von V Aql schwankt die Helligkeit halbregelmäßig mit einer Periode von etwa 335 Tage (vgl. Tab. 1). Obwohl die markante Farbe visuell bereits im kleinen Fernrohr auffällt, ist wegen der Variabilität bisweilen eine größere Öffnung nötig. Ich habe den Stern mit verschiedenen Spiegelteleskopen bis 20 Zoll beobachtet (Abb. 1). Die beste Zeit ist der Sommer. Oft wird Julius Schmidt, Direktor der Athener Sternwarte, als Entdecker von V Aql genannt. Er fand den Stern am 18. Juli 1872 mit dem 6,2-Zoll-Plössl-Refraktor (Abb. 2). Die Beobachtung wurde in den Astronomischen Nachrichten publiziert [1]. Schmidts Artikel ,Ueber die Farben der Fixsterne` enthält eine Liste von roten Sternen; unser Objekt ist die Nr. 126, beschrieben als ,,außergewöhn-
lich glühend feuerrother Stern". Weiter wird bemerkt, dass bereits Lalande und Bessel seine Position gemessen hatten, ohne allerdings die Farbe zu erwähnen, die ,,noch stärker als bei µ Cephei oder R Leporis auffällt"; diese Sterne sind als ,Herschel's Garnet Star` (kein Kohlenstoffstern) bzw. ,Hind's Crimson Star` bekannt. Schmidt identifiziert das Objekt als ,,Lal. 35611, Weisse 1367". Seltsam ist, dass Jerôme de Lalande die Farbe
1 Zeichnung von V Aql am 8-Zoll-Dobson-
Teleskop (W. Steinicke)
2 Julius Schmidt (1825-1884) und sein 6-Zoll-Plössl-Refraktor
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Geschichte
ignorierte - er war immerhin der erste, der eine Liste roter Sterne publiziert hat (,Étoiles Rouges`, 1804). Die zweite Bezeichnung bezieht sich auf die Zonenbeobachtungen der Bessel-Sterne durch Maximilian v. Weisse (Krakau, 1846). Schmidt überwachte das Objekt von Juli 1872 bis Dezember 1883 und fand eine langsame Helligkeitsabnahme (vgl. [2]). Offensichtlich kannte Schmidt die Notiz nicht, die sich in der zweiten Ausgabe von Webb's ,Celestial Objects for Common Telescopes` (erschienen 1868) findet. Über den roten Stern heißt es (S. 189): "truly striking and wonderful [...] fine specimen of a remarkable and beautiful class". Außerdem wird George Knott (Abb. 3) als Entdecker genannt! Dieser fand das Objekt im Oktober 1861 am privaten Woodcraft Observatory in Cuckfield, Sussex. Es muss es eine private Mitteilung an Thomas William Webb gegeben haben, da Knott seine Entdeckung erst am 16. September 1871 in einem Bericht über der Veränderlichen Stern U Cygni publizierte [3]. Dort heißt es: "I came across this star accidently in sweeping in October 1861, when its fine colour, which so far as I am aware had not been previously noticed, struck my eye. Its magnitude is certainly slightly variable." Es ist unbekannt ob Knott einen Kometensucher oder sein Hauptinstrument, einen 7,3-Zoll-Clark-Refraktor, verwendet hat.
Als nächstes meldete sich Eduard Schönfeld, Direktor der Mannheimer Sternwarte und ein erfahrener Beobachter von
Daten von V Aquilae
Position (2000.0): 19h 04m 24,2s
-05 Grad 41' 05''
Sternbild:
Aquila
visuelle Helligkeit: 6,6 - 8,4 mag,
variabel
Periode:
335 d
Farbindex B-V: +4,32 mag
Spektraltyp:
C5 (Np)
Effektivtemperatur: 2.611 K
Entfernung:
1.210 +- 420 Lj
andere Bezeichnungen: Lalande 35611
BD -5 Grad 4858
Birmingham 483
HD 177336
SAO 142985
VdS-Journal Nr. 39
3 George Knott (1835-1894);
Quelle: Royal Astronomical Society
Veränderlichen Sternen. In einem Brief an die Astronomischen Nachrichten, datiert vom 17. September 1872 [4], kritisiert er Schmidts Liste roter Sterne und notiert zu Nr. 126, dass das Objekt bereits von Knott gesehen wurde. Darüber hinaus erwähnt er, dass der Stern in Bessels Zone 187 vorkommt; beobachtet am 18. September 1823 und als ,,sehr rot" beschrieben. Leider fehlt Bessels wichtige Bemerkung im Katalog von Weisse, den Schmidt erwähnt (,,Weisse 1367" korrigiert Schönfeld zu ,,Weisse XVIII 1442"). Damit ist Friedrich-Wilhelm Bessel (Abb. 4) der eigentliche Entdecker von V Aquilae! Schönfeld schreibt, dass er den Stern seit 1863 einige Male beobachtet hat, ohne allerdings eine Variabilität festzustellen. Er wurde später als BD -5 Grad 4858 (7,0 mag) in seine monumentale ,Südliche Bonner Durchmusterung` aufgenommen.
Angeregt durch Schmidts Publikation, erschienen drei Beiträge über den ,New Red Star` in der Zeitschrift Astronomical Register. Der erste, vom 23. September 1872, stammt von W.G. Lettsom aus Lower Norwood und ist nur eine Übersetzung von Schmidts Bemerkung mit dem Ziel, das Objekt bei englischen Astronomen bekannt zu machen [5]. Einer von ihnen - George Knott - reagierte am 19. November. Er schrieb, dass er den Stern bereits 1861 bemerkt hatte: "like Schmidt, I had the idea that it had not been noticed
previously [...] however Schönfeld states that the star was observed by Bessel" [6]. Im nachfolgenden Brief vom 11. Dezember 1872 schreibt T. Wilson aus Thornton in Craven, dass er durch Lettsoms Hinweis auf den Stern aufmerksam wurde [7]. Zu seiner Refraktor-Beobachtung bemerkt er: "a more brilliant scarlet than R Leporis; but could not observe both simultaneously for comparison, without being up inconveniently late". Das Objekt ist nicht in Frederik Schjellerups `Catalog der rothen, isolirten Sterne' von 1866 enthalten, erscheint aber als Nr. 222c in der zweiten Version von 1874 [8]. Zwei Jahre später nahm John Birmingham den Stern in seinen ,Catalogue of Red Stars` als Nr. 483 auf und notierte ,,variable (?)" [9].
Nun begann eine Debatte darüber, wer als Entdecker der Variabilität des roten Sterns gelten könne. Obwohl bereits Knott und Schmidt darüber berichtet hatten, gelang erst Vojtch Safaík in Prag der quantitative Nachweis [10]. In den Jahren 1884-85 registrierte er eine langsame Variation zwischen 6,7 und 7,2 mag. Die weitere Geschichte findet sich in Band 13 des Astronomical Journal (1893). Im Artikel ,On a new Variable in Aquila` behauptet Edwin Sawyer (Brighton, Mass.) der Entdecker der Veränderlichkeit zu sein [11]. Aufgrund von Beobachtungen aus den Jahren 1890-92 leitete er eine Schwankung zwischen 7,6 und 8,0 mag ab (die Helligkeitsskala war zu jener Zeit nicht gerade einheitlich). Zur Periode schrieb er: "[of] moderate length if regular". Es folgt eine Notiz von Paul Yendell, der die Veränderlichkeit bestätigte [12]. Sawyers Behauptung wurde allerdings von Heinrich Kreutz (Kiel) in einer sorgfältigen Dokumentation des Falls zurückgewiesen [13]. Die Erwiderung von Sawyer findet sich auf der Folgeseite [14]. Hier bezweifelt er die Verlässlichkeit der früheren Beobachtungen: "many announcements of the kind are passed by as being either very doubtful or worthless". Auch Safaík mischte sich ein und stellte zur Variabilität von ,Birm. 483` fest: "[it was] discovered by me many years ago, and duly announced" [15]. Den krönenden Abschluss bildet der ,Second catalogue of Variable Stars` von Seth Chandler [16], in dem das Objekt als ,6834` gelistet ist (keine laufende Nummer). In den Notizen des Katalogs wer-
Jugendarbeit
89
den Knott, Schmidt, Safaík und Sawyer genannt. Darüber hinaus führt Chandler auch die Bezeichnung V Aquilae ein (die Kreutz bereits bekannt war); der Stern folgt damit U Aquilae, 1886 von Sawyer entdeckt. Sie setzte sich durch und findet sich etwa in Ellard Gores Buch ,The Stellar Heavens` von 1903 (S. 63) oder in Thomas Espins (vierter) Liste roter Sterne [17]; V Aql ist hier die Nr. 167. Der Stern ist natürlich auch im Standardwerk ,Die Geschichte und Literatur der Veränderlichen Sterne` von Müller und Hartwig (1918) dokumentiert.
Die erste Aufnahme von V Aql gelang Williamina Flemming im Jahr 1890 mit dem 8-Zoll-Draper-Refraktor des Harvard College Observatory, Cambridge (Mass.). Sie bestätigte die Variabilität [18]. Die Bezeichnung ,Carbon star` - als Ergebnis spektroskopischer Untersuchungen - wurde von Agnes Clerke popularisiert. Ihr Buch ,Problems in Astrophysics` von 1903 enthält dazu auf Seite 215 ein eigenes Kapitel.
4 Friedrich-Wilhelm Bessel
(1784-1846)
Literaturhinweise [1] J. Schmidt, 1872: Astron. Nachr.
[1902] 80, 81 [2] B. Sticker, 1928: Astron. Nachr.
[5541] 231, 369
[3] G. Knott, 1871: Astron. Nachr. [1862] 78, 219
[4] E. Schönfeld, 1872: Astron. Nachr. [1905] 80, 137
[5] W.G. Lettsom, 1873: Astron. Reg. 10, 264
[6] G. Knott, 1873: Astron. Reg. 11, 19 [7] T. Wilson: Astron. Reg. [8] F. Schjellerup, 1874: Vierteljahrs-
schrift Astron. Ges. 9, 252 [9] J. Birmingham, 1876: Mem. Roy.
Irish Acad. 24, 249 [10] V. Safaík, 1889 : Astron. Nachr.
[2874] 120, 277 [11] S. Sawyer, 1893: Astron. J. 13, 13 [12] P.S. Yendell, 1893: Astron. J. 13,
13 [13] H. Kreutz, 1893: Astron. J. 13, 75
[14] S. Sawyer, 1893: Astron. J. 13, 76 [15] V. Safaík, 1893: Astron. J. 13, 85 [16] S. Chandler, 1893: Astron. J. 13, 89 [17] T. Espin, 1898: Mon. Not. Roy. Astr. Soc. 58, 443 [18] W. Fleming, 1891: Astron. Nachr. [3011] 126, 163
Astronomisches Sommerlager 2010
von Laura Schwarzbach
Während andere Jugendliche im Sommer ihren Urlaub fern von der Heimat in den USA, in Schweden, Ägypten und England verbrachten, trafen sich 54 Jugendliche im Alter von 14 bis 24 Jahren aus Deutschland, Österreich und sogar Kroatien am 24. Juli 2010 im Thüringer Wald.
Ihr gemeinsames Ziel war die Jugendherberge ,,Auf dem Simmersberg" in Schnett. Die Frage ,,Was wollen diese Jugendlichen dort?" ist berechtigt. Doch die Antwort ist relativ leicht zu finden. Sie trafen sich, um die zwei wohl schönsten Wochen des Jahres zusammen zu verbringen und ihr gemeinsames Hobby,
die Astronomie, in vollen Zügen auszuleben. Denn nach 350 Tagen war es wieder soweit: das Astronomische Sommerlager (ASL) 2010 begann.
Die meisten Teilnehmer waren bereits zum wiederholten Mal im ASL und hatten nach einem Jahr reichlich Gesprächs-
1 Der Griff nach den Sternen - oder: Die Teilnehmer des ASL 2011
90
Jugendarbeit
2 ,,Construction Game"
3 ,,Film Crew"
4 AG draußen
bedarf beim Abendessen, aber auch die Teilnehmer, die zum ersten Mal das ASL besuchten, wurden herzlich willkommen geheißen. Die Zeit nach dem Abendessen wurde zum gegenseitigen Kennenlernen genutzt. Zunächst stellten sich die Leiter des Camps vor. Dies lief in den meisten Fällen nach folgendem Prinzip ab: ,,Ich heiße [...], bin [...] Jahre alt und studiere Physik." Bei den nachfolgenden Spielen waren alle gefordert, sich die Namen der anderen zu merken, und beim Steckbriefschreiben die anderen besser kennen zu lernen. Die Zeit bis zum legendären Mitternachtsimbiss verbrachten die meisten bei verschiedenen Workshops, z. B. beim Tanzen. Andere versuchten, bei einer leichten Wolkendecke, in die Sterne zu gucken oder Iridium Flares zu beobachten. Auch in diesem Jahr wurde ein Zeitungsworkshop angeboten. Die Ressorts der ,,Simmmbla" (Simmersberger Mitternachtsblatt), wie die Zeitung getauft wurde, waren breit gefächert, so wurde z. B. täglich ein ,,Held des Tages" gekürt, das ,,Bild des Tages" gezeigt, Aufgaben gestellt, die meistens eher ironische Vorschläge zum Zusammenleben im Camp boten; das Wichtigste stellte allerdings der Tagesablauf für den folgenden Tag dar.
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5 ,,Stonehenge"
Die meisten ASL-Tage gestalteten sich wie folgt: Das Frühstück von 9-11 Uhr war auf freiwilliger Basis, was den Nachtschwärmern zugute kam. Die Zahl der Frühstücksteilnehmer sank dabei proportional mit der Dauer des Camps, da viele hofften, in diesen Stunden ihr Schlafdefizit auszugleichen. Gegen 10 Uhr wurden häufig Workshops angeboten. Diese waren sowohl astronomischer Natur, so wurde z. B. die Methode zur Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit nach Rømer gezeigt, als auch nicht astronomischen Natur, so gab es Workshops über Geologie und Programmiersprachen. In den meisten Fällen boten die Teilnehmer selbst die Workshops an. Hin und wieder wurden auch Referenten eingeladen, die in den Workshops das Wissen aus den Vorträgen vertieften, zu Diskussionen anregten, z. B. bei der Frage, ob das Universum ein schwarzes Loch sei, oder die auch ganz neue Themen ansprachen, beispielsweise die spezielle und allgemeine Relativitätstheorie und vieles mehr.
Nach den Workshops folgte das Mittagessen, das jedes Mal durch ein ,,Haaaaaallo" von den Leitern mit anschließender Ansage eingeläutet wurde. Auf das Mit-
tagessen folgte der Hauptbestandteil des Astronomischen Sommerlagers - die AG's. Bei diesen beschäftigen sich die Teilnehmer 3 Stunden am Tag mit einem speziellen Thema. In der ersten Woche wurden die AG's Astrofotografie, Einführung in die Astronomie, Kosmologie, Quantenmechanik, Quanten- und Elementarteilchen, Relativitätstheorie und Archäoastronomie angeboten, wobei die Teilnehmer im Vorfeld auswählten, an welcher AG sie teilnehmen möchten.
Gegen 16 Uhr fanden entweder die Mathe-Seminare oder ein Nicht-Astronomisches-Programm (NAP), statt. Bei den Mathe-Seminaren konnte man die notwendige Mathematik für einige AG's kennen lernen oder eigene Kenntnisse vertiefen. Beim NAP waren die Teilnehmer aufgefordert, sportlich, spielerisch und kreativ zu sein.
Nach dem Abendessen folgte entweder ein Vortrag oder wieder ein NAP. Das ASL 2010 zeigte durch die verschiedenen Vorträge die Vielfalt der Astronomie. Neben Prof. Lotze von der Universität Jena, der einen Vortrag über Galilei und Kepler hielt, und Prof. Liebscher mit sei-
Jugendarbeit
91
nem Vortragsthema ,,Vom Regenschirm zur Relativitätstheorie", die beide bereits zum wiederholten Male das ASL besuchten, wurde in diesem Jahr z. B. auch Prof. Hamann aus Potsdam eingeladen, der mit seinem Vortrag über die ,,Sterne im galaktischem Zentrum" einen Einblick in die aktuelle Forschung gewährte. Alle Vorträge zeigten gleichsam, wie begeistert die Referenten von der Astronomie sind und weckten dadurch das Interesse der Teilnehmer.
An einem Abend fand während des NAP das ,,Construction-Game" statt. Bei diesem Spiel gewann das Team, welches aus ein paar Bögen Papier den höchsten Turm bauen konnte, der am meisten Gewicht, in Form von Schokolade und anderen Süßigkeiten, tragen konnte.
Nach diesen Abendaktivitäten war der Tag für die meisten aber noch lange nicht vorbei. Viele nutzten die Zeit bis zum Mitternachtsimbiss für den Chor und/ oder das Orchester, für Gesellschaftsspiele, zum Filme gucken und natürlich zum Beobachten. Trotz bester Beobachtungsbedingungen durch freie Flächen und wenig Streulicht luden nur 2 oder 3 Nächte zum Beobachten ein, da sonst eine dicke Wolkendecke über Schnett hing. Diese Nächte wurden dafür von allen intensiver genutzt, um Beobachtungen durchzuführen und Bilder von Himmelsobjekten zu machen, so dass es sich doch für alle lohnte, die ihre Teleskope, Feldstecher und Co. mitgebracht hatten. Auch in den restlichen Nächten fanden alle Teilnehmer etwas, mit dem sie sich beschäftigen konnten. Vor allem das Filmteam hatte vieles vor sich. Die Arbeit des Teams reichte vom Drehbuchschreiben über das Schminken der Schauspieler und Zusammensuchen der Requisiten bis zum Dreh. Das Ergebnis, der Film ,,2010", kann sich dank der großen Mühe sehen lassen.
Nach 5 Tagen stellten die AG's ihre Ergebnisse vor. Die Möglichkeiten der Darstellung waren vielfältig und reichten von Powerpoint-Präsentationen bis hin zu Schauspiel und Filmen. Nach den AG's bekamen alle Teilnehmer die ASLShirts, die dieses Jahr die zirkumpolaren Sternbilder zeigten und mit dem Zitat von Goethe ,,Die Sterne, die begehrt man nicht, man freut sich ihrer Pracht, und mit
6 Sternstrichspuren über Schnett - der ,,Große Bär" bei seiner unteren
Kulmination
Entzücken blickt man auf in jeder heitern Nacht" die Faszination der Teilnehmer an der Astronomie widerspiegelten.
Der erste Freitag wurde genutzt, um eine Wanderung zu machen. Das Ziel war eine nahe gelegene Sommerrodelbahn. Alle wurden durch rockige Klänge geweckt, natürlich, wie sollte man es anders erwarten, für die meisten viel zu zeitig. Bald darauf zog eine blaue (die Farbe der ASL-Shirts), inzwischen gut gelaunte Schlange durch den Thüringer Wald. Die Sommerrodelbahn und der Spielplatz wurden ausgiebig genutzt, und jeder kam auf seine Kosten. Spätestens beim abschließenden Grillen hatten sich auch alle wieder von der Wanderung erholt.
Am nächsten Tag folgte ein Vortragstag. Einige Teilis nutzten die Chance, um selbst Vorträge zu halten, aber es wurden auch wieder zahlreiche Gäste geladen. So hielt z. B. Tobias Opialla, der ASL-Organisator von 2007 bis 2009, einen Vortrag über ,,Kaffee" und Herr Steinrücken führte die Teilnehmer in das Thema der ,,Archäoastronomie" ein.
Die zweite AG-Woche begann am darauf folgenden Sonntag. Die Teilis konnten sich nun außerdem in den AG's mit Sternphysik, Computersimulationen in der Astronomie, Near-Earth-Objects, Planeten, Deep-Sky-Beobachtungen und Raumfahrt beschäftigen.
Am letzten Abend des ASL fand ein bunter Abend statt, bei diesem wurden Teilis geehrt, die einen Workshop geleitet und Vorträge gehalten hatten, Chor und Orchester führten ihre im ASL einstudierten Stücke auf und der Film ,,2010" feierte Premiere.
In der folgenden Nacht schliefen nur wenige, da die meisten die Zeit nutzten, um das ASL gemeinsam ausklingen zu lassen. Beispielsweise, indem sie sich gegenseitig Zettel zuschrieben, auf denen sie das ASL Revue passieren ließen oder schon die nächsten Treffen planten.
So fand das ASL 2010 schließlich ein Ende - natürlich wie immer viel zu früh. Es bleiben viele schöne, gemeinsame Erinnerungen und die Gewissheit, dass das ASL 2011 nicht (nur) in den Sternen steht, sondern schon bald Realität wird. Vielen Dank an Sonja Burgemeister, an die VEGA und die Leiter für die Organisation des ASL. Danke auch an die Herbergseltern und Mitarbeiter für die gute Versorgung und das große Verständnis, an die Referenten, die mit großer Leidenschaft für die Astronomie und Physik Vorträge hielten, und natürlich auch an alle Teilnehmer, die zum Erfolg des Astronomischen Sommerlagers beitrugen und es so zu einem einzigartigen Erlebnis machten. - Und somit auch nahezu unmöglich, das Geschehen im ASL auf zwei Seiten zu beschränken. ;))
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Jugendarbeit
Gefahreneinschätzung von Near-Earth-Objects (NEO's)
von Marius Hoffmann, Johannes Haux, Axel Gschwind, Viktoria Schubert, Stefanie Fischer und Patrick Mangat
Im Astronomischen Sommerlager 2010 beschäftigte sich unsere AG mit den so genannten Near-Earth-Objects (NEO), also Asteroiden, Meteoroiden und Kometen, die die Erdbahn schneiden und somit eine potenzielle Gefahr für die Erde darstellen. Im Folgenden fassen wir unsere gewonnenen Erkenntnisse über die Gefahren, die von ihnen ausgehen, zusammen.
Bahneigenschaften von NEO's Approximiert man die Bewegung von Asteroiden und Kometen mithilfe des Zwei-Körper-Problems, so ergibt sich daraus, dass deren Bahnen Kegelschnitte sind, wobei die Bahnen der Kometen in der Regel sehr lang gestreckte Ellipsenbahnen, oder sogar Parabel- oder Hyperbelbahnen sind, während sich Asteroiden nur auf Ellipsenbahnen bewegen, die viele unterschiedliche Exzentrizitäten umfassen. Letztere werden aufgrund der Vielfalt von Exzentrizitäten noch weiter in vier verschiedene Asteroidenklassen unterteilt: - Apollo-Klasse:
Diese Asteroiden weisen eine Periheldistanz von weniger als 1,0 AE und eine große Halbachsenlänge von mehr als 1 AE auf. - Amor-Klasse: Die Amor-Asteroiden zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Perihelentfernung größer als 1,0 AE und kleiner als 1,3 AE ist. - Aten-Klasse: Bei Aten-Asteroiden ist sowohl die Aphel-Distanz, als auch die große Halbachse größer als 1,0 AE. - Arjuna-Klasse: Asteroiden dieser Klasse besitzen sehr erdähnliche Umlaufbahn mit geringer Exzentrizität und Bahnneigung, sowie einer Umlaufdauer von etwa einem Jahr. Die Bahneigenschaften determinieren die Einschlagsgeschwindigkeiten maßgeblich. Grundsätzlich gilt, dass alle Einschlagsobjekte eine Mindesteinschlaggeschwindigkeit von 11,2 km/s haben
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1 Bekannte Asteroiden: rot - "Near Earth Objects", grün: Objekte des Asteroi-
dengürtels (Stand: 2007, Quelle: Armagh Observatory)
(Fluchtgeschwindigkeit der Erde, nicht eingerechnet eine wesentliche Abbremsung durch die Erdatmosphäre). Die meisten Asteroiden haben eine Einschlaggeschwindigkeit von weniger als 30 km/s. Die Kometen besitzen meist eine wesentlich höhere Impaktgeschwindigkeit von bis zu 73 km/s, da sie von weit außerhalb des Sonnensystems nach innen dringen und damit ein großer Gewinn an kinetischer Energie einhergeht. All dies kann man mit Hilfe der Energieerhaltung wie folgt leicht berechnen:
wobei · i die Einschlagsgeschwindigkeit, · 0 die Relativgeschwindigkeit zur Erde und · esc die Fluchtgeschwindigkeit ist.
Auswirkungen von Einschlägen auf der Erde Ein Einschlag auf der Erde hat verschiedene Folgen: Kraterbildung, Auswurf von Material (Ejecta), Entstehung von Airblasts und Erdbeben, und ab einer Geschwindigkeit von 15 km/s ein Feuerball. Dabei hängt die Stärke der Effekte von verschiedenen Parametern ab: der Masse des Asteroiden, seiner Geschwindigkeit, seiner Beschaffenheit und verschiedener andere Variablen. Zur Veranschaulichung haben wir die Stärke der Effekte in Abhängigkeit der wichtigen Variablen in einer Tabelle aufgetragen (Tab. 1). Wir gehen hierbei davon aus, dass der Asteroid in Sedimentgestein einschlägt.
Jugendarbeit
93
(1) 100 100 500 500
1.000 1.000 5.000 5.000
Stärke der Einschlageffekte in Abhängigkeit der wichtigen Variablen
(2) 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000 3.000
(3)
(4)
15
42,2
30
169
15
5.280
30
21.100
15
42.200
30
169.000
15
5.280.000
30
21.100.000
(5) 3,91 6,6
45 95 139 282 1.220 2.100
(6)
(7)
(8)
5,5
no fireball
2,0
5,9
0,613
2,7
7,1
no fireball
6,5
7,5
8,0
11,8
7,7
no fireball
15
8,1
17,0
21
9,1
no fireball
63
9,5
88,2
90,2
(1) Durchmesser in m (2) Dichte in kg/m2 (3) Geschwindigkeit in km/s (4) Einschlagsenergie in Megatonnen TNT
(5) Airblast in 100 km Entfernung in m/s
(6) Erdbebenstärke in 100 km Entfernung (Richter-Skala)
(7) Feuerball-Radius in km (8) Kratergröße in km
Häufigkeit von Einschlägen Grundsätzlich gilt: Je höher der angenommene Durchmesser, desto seltener sind diese Objekte im Sonnensystem vorzufinden. Man gibt für den Zusammenhang zwischen Größe und Häufigkeit folgende Formel an:
N (>L) = 1148 · (L/km)-2,354
Damit erhält man die Anzahl der Objekte mit Durchmesser von mindestens L Kilometern. Aus dieser empirisch gewonnenen Relation lässt sich zeigen, dass das Einschlagsintervall mit
0,78
TRE 109 EMt Jahre
angegeben wird. Vermöge der PoissonVerteilung lassen sich daraus die Wahrscheinlichkeiten für einen Einschlag berechnen (Tab. 2). Die Einschlagswahrscheinlichkeit gibt hierbei an, mit welcher Wahrscheinlichkeit mindestens ein Asteroid mit der Mindestgröße L in einem Zeitraum von 100 Jahren mit der Erde kollidiert.
Fazit Obwohl die Wahrscheinlichkeiten für einen Einschlag sehr gering sind, lohnt es sich trotzdem größere Projekte zur Erforschung und Auffindung der NEO's zu starten, da im Falle eines Einschlages die resultierenden wirtschaftlichen Schäden die Kosten für die Planung dieser Projekte deutlich übertreffen und daher definitiv rentabel sind. Je mehr NE's bekannt sind, desto wahrscheinlicher ist eine
ausreichende Vorwarnzeit, um im Falle einer Bedrohung eine Gefahr erfolgreich abzuwenden.
L / m
50 100 500 1.000 5.000
Berechnungen für einen Einschlag
Anzahl N (>L)
1.320.000 260.000 5.870 1.148 26
Einschlagintervall/ Jahre
580 2.900 130.000 640.000 27.000.000
Einschlagwahrscheinlichkeit/ %
16 3,40 0,077 0,016
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94
Kleine Planeten
Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries
Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiter bewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.
Durch die Nähe zur Ekliptik erhält der Krebsnebel im Sternbild Stier häufig Besuch von Kleinplaneten. Eine dieser Begegnungen konnte unser Gastfotograf Oliver Aders am 8. Februar 2011 auf den Chip seiner EOS 40D bannen. Der Besucher war der Kleinplanet (3266) Bernardus.
Der Krebsnebel ist in der berühmten Liste von Charles Messier das erste Objekt, also M 1, ist der Rest einer Supernova, die im Jahr 1054 in einigen Erdteilen sogar am Taghimmel sichtbar war. Heute beträgt seine Helligkeit ca. 8,4 mag und seine Ausdehnung m Himmel 6 x 4 Bogenminuten. Tatsächlich dürfte er ca. 11 x 7 Lichtjahre groß sein. Die Entfernung beträgt ca. 6.300 Lichtjahre.
Der Kleinplanet (3266) Bernardus hingegen war zum Zeitpunkt der Aufnahme 178 Mio. km von der Erde entfernt und zog mit 15,8 mag seine Strichspur durch das Gesichtsfeld. Sein Durchmesser wird mit ca. 18 km angegeben. Die Rotationsperiode dieses Hauptgürtelasteroiden be-
1 Kleinplanet (3266) Bernardus bei M 1, aufgenommen mit einem 10-Zoll-
Newton bei f/4,6 und einer Canon EOS 40D, Bildausschnitt aus 13 gemittelten Bildern mit einer Belichtungszeit von je 300 s, Aufnahme von Oliver Aders.
trägt rund 10,7 Stunden. Entdeckt wurde er 1978 an der europäischen Südsternwarte auf La Silla von H.-E. Schuster. Benannt ist er nach dem Astronom Andres Bernardus Müller, der unter anderem auf La Silla tätig war.
Kosmische Begegnungen finden täglich statt. Die Tabelle 1 enthält eine kleine
Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-SkyObjekten, die von uns erstellt wurde. Damit soll ihnen ihr Weg zum persönlichen Bild einer kosmischen Begegnung erleichtert werden.
Eine einfache und bequeme Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kosmische Be-
Datum 01.10.2011 22.10.2011 01.11.2011 29.11.2011 22.12.2011 24.12.2011
Interessante Begegnungen von Kleinplaneten mit Deep-Sky-Objekten im 4. Quartal 2011
Uhrzeit 00:00 22:00 00:00 24:00 24:00 24:00
Kleinplanet (13) Egeria (372) Palma (688) Melanie (15) Eunomia (1000) Piazzia (8722) Schirra
mag
Objekt
Art
10,5
NGC 210
Gx
11,2
M 31/110
Gx
14,6
NGC 7606
Gx
7,9
NGC 1499
GN
15,2
NGC 2424
Gx
16,0
M 37
OC
mag 11,6 4,3/8,9 11,5 5 13,6 5,6
Abkürzungen: Gx = Galaxie, GN = Galaktischer Nebel, OC = Offener Sternhaufen
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Abstand 10' 15' 9' 1' 6' 3'
Kleine Planeten
95
gegnungen zu informieren, finden sie auf der Homepage von Co-Autor Klaus Hohmann [1] unter http://astrofotografie.hohmann-edv.de/aufnahmen/kosmische.begegnungen.php. Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit verschiedene Parameter wie die Helligkeit des Deep-Sky-Objektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selbst auswählen, um
eine passende Konjunktion für sich zu finden.
Wir möchten sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS auffordern, ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals für Astronomie mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die Bilder per Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an diriesw@aon.at. Bitte vergessen Sie nicht das Aufnahmedatum, die
fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.
Literaturhinweise / Web-Links [1] Homepage: http://astrofotografie.
hohmann-edv.de/grundlagen/
Vom Kleinplaneten (728) Leonisis bis zum (224831) Neeffisis
- Ein Streifzug durch ein Jahrhundert Kleinplaneten-Geschichte des Physikalischen Vereins
von Volker Heinrich und Erwin Schwab
Die Beschäftigung mit Kleinplaneten ist eine alte Tradition des Physikalischen Vereins Frankfurt. Von 1913 bis 1939 betrieb der Verein das Planeteninstitut, welches weltweit eines der ersten Forschungseinrichtungen war, das sich mit der Berechnung der Bahnen von Kleinplaneten beschäftigte.
Bereits 1908, ein Jahr nach dem Bau des neuen Vereinshauses des Physikalischen Vereins (siehe Gemälde in Abb. 1) wurde Professor Martin Brendel mit der Leitung der angegliederten Sternwarte betraut. Das besondere Interesse des Astronomen und Mathematikers lag auf dem damals noch recht neuen Gebiet der Kleinen Planeten. Zwischen 1898 und 1911 entwickelte er die ,,Theorie der Kleinen Planeten" und gab hierzu ein vierteiliges Werk heraus [1]. Die Anzahl der Entdeckungen von Kleinplaneten stieg in dieser Zeit stark an, es war dringend notwendig, das anfallende Beobachtungsmaterial schnell und sorgfältig auszuwerten. Brendel sah die anstehenden Aufgaben folgendermaßen: Aus den Beobachtungen mussten definitive Bahnen gewonnen werden, mit deren Hilfe der Kleinkörper auch nach längerer Zeit am Himmel aufgefunden werden konnte. Außerdem sollten neue Beobachtungen den richtigen Körpern zuzuordnen sein bzw. schnell zeigen,
1 Das Ver-
einsgebäude, Sitz des Planeteninstituts, mit Kuppel der Sternwarte. Rechts daneben befindet sich das Senkenbergmuseum. (Quelle: ISG, Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main [16])
dass es sich um ein neues Objekt handelt. Hier machen Bahnstörungen, insbesondere die des Jupiters, den Himmelsmechanikern das Leben schwer.
Brendel regte, unterstützt vom Physikalischen Verein, auf der Tagung der Astronomischen Gesellschaft 1910 in Breslau die Gründung eines speziellen Recheninstituts für diese Aufgabe an [2, 3]. Die Gesellschaft sowie die Vertreter der Internationalen Vereinigung der Akademien unterstützten Brendels Pläne. Widerstand gab es anfangs nur von der Berliner Akademie, welche eine Konkurrenz zum Astronomischen Recheninstitut in Berlin fürchtete. Durch eine Abgrenzung der Arbeitsgebiete, die Brendel mit
dem Leiter des ARI vereinbarte, stand der Gründung nichts mehr im Wege [4].
Im Herbst 1913 wurde das internationale Planeteninstitut durch den Physikalischen Verein gegründet. Die Speyerstiftung stellte einen Großteil der hierzu notwendigen Mittel zur Verfügung. Das Institut war zwar räumlich und personell eng mit der Sternwarte verbunden, jedoch finanziell und arbeitsmäßig unabhängig. Astronomen aus Russland, Belgien, Frankreich und Rumänien gehörten zu den Mitarbeitern. Mit dem Kriegsausbruch 1914 wurde die Arbeit des Instituts erheblich behindert, die ausländischen Mitarbeiter und Hilfsmittel blieben aus, eigene Mitarbeiter mussten in den Mi-
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Kleine Planeten
2 Erste Bilanz des internationalen Planeteninstituts vom 11. September 1915
(zweite Seite). Aufgelistet sind die Kleinplanetennummern (1. Spalte), die Namen der Kleinplaneten (2. Spalte) und die Namen der Personen (3. Spalte), die den Orbit dieses Kleinplaneten berechnet hatten. (Quelle: Archiv des Physikalischen Vereins (V 17/ 368))
litärdienst treten und anstehende Veröffentlichungen konnten nicht gedruckt werden. Trotzdem hatte sich das kleine Institut bereits ein beachtliches internationales Renommee erworben.
Mit dem Kriegsende begann bald ein zeitweise Existenz bedrohender Kampf um Forschungsmittel. Zwar konnten ab 1919 wieder Arbeiten veröffentlicht werden. Auch die internationale Zusammenarbeit mit Gästen in Frankfurt und korrespondierenden Mitarbeitern lief wieder an. Die auf zehn Jahre befristeten Subventionen der Speyerstiftung liefen
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jedoch 1923 aus und wurden nicht weiter verlängert, die Existenz des kleinen Instituts stand auf der Kippe. 1928/29 war die finanzielle Situation so angespannt, dass an eine Aufgabe oder aber Verlegung des Instituts gedacht wurde. Selbst der Völkerbund empfahl die Erhaltung des Instituts, ohne allerdings finanziell helfen zu können [5]. Schließlich wurde es zum 1. April 1931 organisatorisch vom Physikalischen Verein getrennt und als eine eigenständige Abteilung in die Universität eingegliedert. Brendel behielt die Leitung bis Ende 1936. Sein langjähriger Assistent und Schüler Dr. Karl Boda übernahm
seine Funktion mit seinem Ausscheiden aus gesundheitlichen Gründen. Brendel beteiligte sich bis zu seinem Tode im Jahr 1939 jedoch weiter an den Forschungsarbeiten. Am 1. Oktober erfolgte dann die Verlegung des Instituts nach Heidelberg, wo es der dortigen Sternwarte angegliedert wurde. Nach dem Tod Dr. Bodas im Jahre 1942 endete die Arbeit des Planeteninstituts, seine Aufgaben wurden u. a. vom Astronomischen Recheninstitut Heidelberg übernommen.
Bis zum Ende seiner Existenz waren für mehr als 600 Kleinplaneten die Störungen bis zu Gliedern hoher Ordnung und für mehr als 250 Planetenbahnen Verbesserungen errechnet worden. Daneben wurden Methoden und Tabellen entwickelt, die diese Berechnungen trotz erheblich verbesserter Genauigkeit schneller und mit geringerem Aufwand ermöglichten [6, 7].
Die Verdienste des Planeteninstituts wurden mehrfach durch die Namensgebung von Kleinplaneten gewürdigt. So erhielt der Kleinplanet Nummer 728, entdeckt am 16.2.1912 in Wien durch Johann Palisa, den Namen Leonisis. Leonisis ist eine Kombination aus dem Namen Leo Gans (1843-1935), dem seinerzeitigen Vorsitzenden des Physikalischen Vereins und dem Vereinswappen, der ägyptischen Göttin Isis. Der von Franz Kaiser am 8.9.1913 in Heidelberg entdeckte Kleinplanet (761) Brendelia wurde Professor Brendel gewidmet. Die am 17.11.1938 von Karl Reinmuth entdeckte (1487) Boda ehrt den langjährigen Assistenten und Schüler Brendels.
Beobachtungen von Kleinplaneten auf der Sternwarte des Physikalischen Vereins waren in der Zeit des Planeteninstituts eher nebensächlich. Die älteste astrometrische Messung, die heute noch dem Minor Planet Center als Berechnungsgrundlage dient, stammt vom damaligen ,,Assistent Observator" Karl Schütte, dem späteren Koautor der ersten Auflagen des Werkes ,,Welcher Stern ist das". Mittels eines Kreuzstabmikrometers machte Schütte Positionsmessungen des kurz zuvor von Walter Baade in HamburgBergedorf entdeckten kleinen Planeten 1924 TD [8], heute bekannt als (1036) Ganymed. Bis jedoch auf einer Sternwarte des Physikalischen Vereins ein Klein-
Kleine Planeten
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planet entdeckt wird, sollten noch einige Jahrzehnte vergehen.
Die Außensternwarte im Taunus Durch die Initiative des ehemaligen Vorsitzenden des Physikalischen Vereins Hans-Ludwig Neumann (1938-1991) wurde im Jahr 1998 die Außensternwarte auf dem kleinen Feldberg im Taunus errichtet. Als größtes Instrument befindet sich dort ein 60-cm-Cassegrain, welcher seit dem Jahre 2006 mit einer CCD-Kamera SBIG 11000M ausgestattet ist, beides teilfinanziert durch die Speyersche Hochschulstiftung.
Um Positionsmessungen von Himmelskörpern der Wissenschaft zur Berechnung aktueller Bahnen von Asteroiden, Kometen und natürlichen Satelliten zur Verfügung stellen zu können, ist es nötig einen so genannten Observatory Code der Internationalen Astronomischen Union zu erlangen. Mit diesem Ziel wurden Anfang Juni 2006 von Rainer Kling und Erwin Schwab die Asteroiden (612) Veronika und (2303) Retsina fotografiert und ausgewertet. Am 14.6.2006 kam die Nachricht von Gareth Williams, Associate Director of the Minor Planet Center, dass die Taunus-Sternwarte den Observatory Code B01 erhalten hat.
Die erste Asteroiden-Entdeckung Bis Ende 2006 konnte die SBIG 11000M nur am Sekundärfokus des 60-cm-Cas segrain bei 6 Metern Brennweite eingesetzt werden. Um die Entdeckungswahrscheinlichkeit von Kleinplaneten zu erhöhen, musste der Primärfokus mit 2 Meter Brennweite einsatzbereit gemacht werden, womit dann erstmals am 27.11.2006 ein Gesichtsfeld mitten in der Ekliptik ausgewählt wurde. Während der Auswertung fanden Erwin Schwab und Rainer Kling zwei Asteroiden mehr als erwartet. Auch in den aktuellen Verzeichnissen, die über das Internet einsehbar sind, waren diese nicht registriert. Gemäß der damals noch aktuellen ,,Twonighter-Regel" war eine weitere Beobachtungsnacht zum Erhalt einer Entdeckungsbestätigung von Nöten. Aufgrund der schlechter gewordenen Wetterbedingung gestaltete sich die folgende Nacht spannend. Die Rheinebene war total bedeckt, nur von der TaunusSternwarte aus konnte man ab und zu mal eine Wolkenlücke erhaschen, die für
3 Das Entdeckungsteleskop (Typ Cassegrain mit 60 cm Öffnung) des Klein-
planeten (224831) Neeffisis mit den Entdeckern Erwin Schwab (links) und Rainer Kling. Die Kamera SBIG 11000M ist am Primärfokus montiert. (Bildautor: Sighard Schräbler)
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Kleine Planeten
unsere Vorhaben aber auch groß genug sein musste. Zum Glück waren auf drei von rund 20 in dieser Nacht gewonnenen Fotos die zwei mutmaßlichen Neuentdeckungen zu erkennen.
Am 1.12.2006 kam die Antwort des Minor Planet Centers, dass es sich bei einem der zwei Objekte um eine Neuentdeckung handelte. Der ungefähr 1 km kleine, auf der Taunus-Sternwarte entdeckte Himmelskörper bekam die vorläufige Bezeichnung 2006 WV129. Die Entdeckungsfotos wurden bereits im VdS-Journal für Astronomie 23 gezeigt [9].
Damit ein brauchbarer Orbit eines neuen Objektes berechnet werden kann, ist wenigstens eine dritte Beobachtungsnacht unabdingbar. Jedoch wurde der Beobachtungsdrang zunächst durch das schlechte Wetter und später aufgrund des Vollmondes verhindert. Erst am 12. Dezember wurde das Wetter etwas besser. Jedoch war ausgerechnet der Taunus von Wolken total verhüllt, aber in der Rheinebene war sternklarer Himmel. Die Entdecker verständigten Uwe Süßenberger, der in Bergen-Enkheim eine private Sternwarte besitzt und sich ebenso seit geraumer Zeit auf die Verfolgung von Asteroiden spezialisiert hat. Nur knapp zwei Stunden nach einem Telefonat mit ihm, kam seine Antwort via Email: ,,Hurra, ich hab' ihn". Nach weiteren Messungen von professionellen Observatorien konnte die Bahn des neuen Kleinplaneten sehr genau berechnet werden, woraufhin von den Entdeckern selbst noch Prediscovery-Aufnahmen aus den Jahren 2002 und 2004 im NEAT-Online Archiv gefunden werden konnten [10]. Dies war somit die erste Asteroiden-Entdeckung in der ereignisreichen, über 180-jährigen Geschichte des Physikalischen Vereins Frankfurt.
Die Namensgebung Das Minor Planet Center setzt sehr hohe Maßstäbe an die Genauigkeit der Bahn eines Asteroiden, bevor dieser zur Taufe freigegeben wird. Am 2.11.2009, rund drei Jahre nach der Entdeckung, erhielt 2006 WV129 seine endgültige Nummerierung (224831) und war reif für einen Namensvorschlag. In Anlehnung an die historische Kleinplaneten-Benennung (728) Leonisis entschieden sich die Ent-
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4 Portrait von Christian Ernst
Neeff (1782-1849), Mitgründer des Physikalischen Vereins im Jahre 1824. (Quelle: Archiv des Physikalischen Vereins)
decker ebenfalls für eine Kombination aus einem ehemaligen Präsidenten des Physikalischen Vereins und der Göttin Isis, welche Bestandteil des Vereinslogos ist. Die Wahl fiel auf Christian Ernst Neeff (1782-1849), Mitgründer des Physikalischen Vereins im Jahre 1824 (Abb. 4). Am 23.9.2010 wurde der vorgeschlagene Name Neeffisis im MPC 72202 folgendermaßen veröffentlicht [11].
(224831) Neeffisis = 2006 WV129 Discovered 2006 Nov. 27 by E. Schwab and R. Kling at Taunus. Christian Ernst Neeff (1782-1849) was a German physician, co-founder of the Physikalischer Verein in 1824 and its first president. The emblem of the association is an Isis, leading to the combined name for this minor planet, which is the first one discovered at an observatory of the Physikalischer Verein.
Der Kleinplanet (224831) Neeffisis sollte jedoch nicht der einzige Fund bleiben. Im Zeitraum von 2006 bis 2010 haben die Kleinplanetenjäger des Physikalischen Vereins Ute Zimmer, Stefan Karge, Rainer Kling und Erwin Schwab die beachtliche Anzahl von 198 Designations für ihre Entdeckungen erhalten. Bis März 2011 waren 24 dieser Designations nummeriert und offiziell als Entdeckung zugesprochen worden [12]. Weitere bereits benannte Kleinplaneten sind: (243109)
Hansludwig, (192220) Oicles, (204852) Frankfurt, (204873) FAIR, (216390) Binnig, (189398) Soemmerring und (251595) Rudolfböttger [13]. Die beiden Initiatoren des Astrometrie-Projektes der TaunusSternwarte wurden durch die Kleinplaneten (185638) Erwinschwab und (185639) Rainerkling geehrt, welche am spanischen Observatorio de la Sagra entdeckt wurden [14,15].
Literaturhinweise / Web-Links [1] M. Brendel: ,,Theorie der kleinen
Planeten Teil I-IV", Abh. der Kgl. Ges. der Wiss. zu Göttingen [2] M. Brendel, 1910: Vierteljahresschr. der Astron. Ges. 45, 305 [3] 1910: Vierteljahresschrift der Astron. Ges. 45, 299 [4] 1914: Vierteljahresschrift der Astron. Ges. 49, 130. [5] 1929: Jahresbericht des Physikal. Vereins 1928/29, 72 [6] M. Brendel, 1925: Astron. Nachr. 224, 229 [7] H. Fricke: 150 Jahre Physikalischer Verein [8] 1925: Astron. Nachr. 226, 311 [9] E. Schwab, R. Kling, 2007: ,,Die erste Asteroiden-Entdeckung der Taunus-Sternwarte", VdS-Journal für Astronomie 23 (II/2007), 101 [10] E. Schwab, 2008: ,,Suche nach Prediscovery-Aufnahmen", VdS-Journal für Astronomie 26 (I/2008), 79 [11] http://www.minorplanetcenter. net/iau/ECS/MPCArchive/2010/ MPC_20100923.pdf [12] http://www.erwinschwab.de/status. htm [13] http://www.erwinschwab.de/named. htm [14] http://www.minorplanetcenter. net/iau/ECS/MPCArchive/2009/ MPC_20090607.pdf [15] http://www.minorplanets.org/OLS/ names.html [16] http://www.stadtgeschichte-ffm.de/ aktuelles/newsletter_archiv/ newsletter_04/newsletter_04_5.html
Kometen 99
Das Perihel des Kometen 103P/Hartley im Jahr 2010
von Uwe Pilz
Der Komet 103P/Hartley wurde am 15. März 1986 von Malcolm Hartley fotografisch entdeckt. Seinerzeit war der Komet 17 mag hell und hatte das Perihel schon seit 9 Monaten hinter sich. Hartley 2, wie er auch genannt wird, gehört zur Jupiterfamilie. Sie enthält Kometen, die durch den Gasriesen in eine sonnennahe, periodische Bahn gelenkt wurden. Die Umlaufzeit beträgt 6,5 Jahre, seine Bahn führt ihn bis reichlich 1 AE an die Sonne heran. Die Fachgruppe konnte die Perihele 1991 und 1997 ausgiebig beobachten, da er in beiden Erscheinungen etwa 8 mag erreichte. Vom 1997er Perihel befinden sich sogar einige Aufnahmen in unserem Bilderarchiv. Das Perihel im Jahr 2004 lag von der Bahngeometrie ungünstig, und es finden sich keine archivierten Beobachtungen und Bilder.
Die Raumsonde Deep Impact flog Anfang November nahe an Hartley vorbei und lieferte eindrucksvolle Aufnahmen (Abb. 1). Es war deutlich zu sehen, dass nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Kometenoberfläche aktiv war. Im Jahr 2010
durchlief der Komet sein Perihel am 28. Oktober, kurz nach der nur eine Woche zurückliegenden Erdnähe (0,12 AE). Solche starke Annäherungen an die Erde sind selten, deshalb entwickelte sich der Komet zu einem freisichtigen Objekt.
Zunächst war der
Schweifstern je-
doch sehr diffus und visuell wie
1 Komet 103P/Hartley am 4. Nov. 2010, aufgenommen
fotografisch eine von der Raumsonde Deep Impact/EPOXI (NASA).
Herausforderung.
Die erste visuel-
le Amateursichtung überhaupt gelang Bogenminute Durchmesser wahrnehmen.
Manfred Chudy. Er konnte am 11. Juli Einen Tag vorher gelang Stefan Karge
im 12-Zoll-SC-Teleskop ein 14,5 mag die erste Aufnahme der Fachgruppe mit
schwaches Wölkchen von einer halben einem Instrument von 60 cm Öffnung
2 Komet 103P/Hartley am 10. Juli 2010 um 0:28 UT.
60-cm-Cassegrain und 10 x 60 Sekunden belichtet auf CCD. Aufnahme Stefan Karge.
3 Komet 103P/Hartley am 1. Juli 2010 um 22:09 UT.
20-cm-Newton, f/4 und 14 x 60 Sekunden auf ATIK 314L. Aufnahme Stefan Beck.
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100 Kometen
4 Komet 103P/Hartley am 7. Aug. 2010 um 0:53
UT. 20-cm-Newton, f/4 und 9 x 330 Sekunden mit Canon EOS 450. Aufnahme Norbert Mrozek.
5 Komet 103P/Hartley am 4. Sep. 2010 um 23:00 UT. 8-Zoll-
Astrograph, f/2,8 und 3 x 240 Sekunden mit SXV-H9-CCD-Kamera. Aufnahme Michael Jäger.
6 Komet 103P/
Hartley am 12. Sep. 2010 um 20:15 UT. Zeichnung mit 32-cmNewton bei 96x von Uwe Pilz.
8 Komet 103P/Hartley am 19.10.2010 um
03:18 UT. Aufnahmen mit Hasselblad-Teleobjektiv 1:4 / 350mm auf Farbdiafilm Fujichrome 400 2x gepusht (6x6), 6 min belichtet. Aufnahme von Werner E. Celnik und Otto Guthier, Ort: Gornergrat 3125 m.
7 Komet 103P/Hartley am 3. Okt. 2010 um
2:37 UT. Nikkor 300-mm-Teleobjektiv, f/2,8 auf Nikon D3. Aufnahme Fredrik Broms.
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Kometen 101
(Abb. 2). Am 31. Juli wies Stefan Beck fotografisch einen Schweif nach (Abb. 3). Norbert Mrozeks Aufnahme (Abb. 4) vom 7. August zeigt, wie diffus der Komet zu jener Zeit war. Drei Tage später bestimmte ich die Helligkeit zu 12,7 mag, ohne einen Schweif zu sehen. Diesen erblickte Michael Hahn erstmals am 2. September. Dies wurde in den folgenden Tagen von Walter Kutschera und mir bestätigt. Dennoch erforderte der Komet weiterhin einen guten Himmel, um mehr als die innere Koma zu zeigen. Michael Jägers Aufnahme vom 4. September belegt dies. Ein recht prominenter Kern, umgeben von einer ausgedehnten schwachen Koma (Abb. 5).
Im Verlauf des Septembers gewann der Komet rasch an Helligkeit. Am 12. September konnte ich mit meinem 32-cmNewton-Teleskop recht viele Einzelheiten in der Koma sehen (Abb. 6). Anfang Oktober bestimmte Michel Hahn bereits eine Helligkeit von 7,5 mag - trotz Mondlicht. Aus dieser Zeit stammt die schöne Aufnahme von Fredrik Broms aus Norwegen, welche den Kometen gemeinsam mit dem Gasnebel NGC 281 in der Kassiopeia zeigt (Abb. 7). Gegen Mitte des Monats überstieg der Schweifstern die Grenze zur Freisichtigkeit. Walter Kutschera konnte am 11. Oktober mit einem
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Komet 103P/Hartley am 5. Nov. 2010 um 0:25 UT. 8-Zoll-Astrograph f/3,6 und 100 Sekunden auf FLI ML 8300. Aufnahme David Bender.
8-cm-Refraktor sogar Faserstrukturen wahrnehmen. Werner Hasubick bestimme die Helligkeit am selben Abend mit einem kleinen 32-mm-Fernglas zu 6,1 mag. Am 18. Oktober, zwei Tage vor der Erdnähe und 10 Tage vor dem Perihel, konnte ich schließlich den Kometen ohne Hilfsmittel sehen. Dies war wegen der Nähe zur Milchstraße nicht ganz einfach. Mir gelang es, hoch im Fuhrmann ein 6,1 mag helles Wölkchen mit 1/3 Grad Durchmesser vom Himmelshintergrund zu trennen. Zwei Tage später, genau zum Datum der Erdnähe, bestimmte Wolfgang
Vollmann die Helligkeit zu 5,2 mag. Dies ist der höchste von unserer Fachgruppe gefundene Wert.
Anschließend nahm die Helligkeit rasch ab. David Bender fotografierte am 5. November noch eine prachtvolle Erscheinung (Abb. 9), aber bis zum Jahreswechsel sank die Helligkeit auf knapp 8 mag, wie Messungen von Michael Hahn und mir dokumentieren. Bis Ende Januar schwächte sich der Komet auf ca. 12 mag ab und war nur noch schwierig aufzufinden. Die letzte Sichtung gelang Christi-
11 Verlauf von Helligkeit und
Komadurchmesser des Kometen 103P/ Hartley nach visuellen Beobachtungen. Auswertung Andreas Kammerer.
10 Komet 103P/Hartley am 28.
März 2011 um 19:29 UT. 10-Zoll-Newton f/5 und 437 Sekunden Belichtungszeit mit Canon EOS 1000Da. Aufnahme Christian Harder.
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102 Kometen
an Harder Ende März. Er sah einen stark kondensierten ,,Restkometen" vom 14,5 mag. Am selben Abend fotografierte er das Objekt mit seinem 10-Zoll-Newton. Der Schweifstern ist kaum noch zu erkennen (Abb. 10).
103P/Hartley konnte über einen sehr langen Bahnabschnitt verfolgt werden. Von solchen Kometen kann ich aus der Hel-
ligkeitsentwicklung einige physikalische Eigenschaften ableiten. Es zeigt sich, dass vor dem Perihel zum größten Teil Wasser verdampfte. Das erkennt man aus der errechneten Sublimationswärme von etwa 10 kcal/mol (Wasser: 11,1 kcal/mol). Nach dem Perihel verdampften hauptsächlich leichtflüchtige Substanzen, die errechnete Sublimationswärme betrug 2,2 kcal/mol. Das ist in etwa der Wert für
Methan. Ich konnte außerdem die aktive ausgasende Fläche für den 30. Oktober zu 0,39 km2 bestimmen. Dies passt gut zur Größe des Kometenkerns von 2 km Länge und 0,5 km Durchmesser sowie der wirklich gasenden Fläche, die auf Bildern der Raumsonde Deep Impact zu sehen ist.
1 Der Komet C/1956 R1 Arend-
Roland (Aufnahme K.W. Schrick)
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Kometen über der Eifel
von Michael Geffert
Viele der älteren Astronomen werden sich an den März des Jahres 1976 erinnern, wo die gewaltige Erscheinung des Kometen West viele Menschen faszinierte. Am 5. März beschlossen Professor Edward Geyer und sein Doktorrand Martin Hoffmann vom Observatorium Hoher List in dieser Nacht den Kometen visuell mit dem großen Refraktor der Sternwarte zu beobachten. Zur verabredeten Zeit war Professor Geyer als erster am Fernrohr, richtete es auf den Kometen - und war fasziniert von dem Anblick. Er erkannte, dass der Kern des Kometen gerade begonnen hatte, sich zu teilen. Schnell machte er sich auf, um seinem Studenten diese Beobachtung mitzuteilen. Wegen der Weitläufigkeit des Geländes am Hohen List konnte er den jungen Astronomen aber nicht finden. Dieser war inzwischen schon selbst zu dem Teleskop gegangen und entdeckte nun unabhängig die spektakuläre Aufspaltung des Kometenkerns. Diese Anekdote ist eine der netten Begebenheiten, die am Observatorium Hoher List stattgefunden haben. Seit den fünfziger Jahren führen Astronomen der Bonner Universität hier in der dunklen Vulkaneifel ihre optischen Beobachtungen durch, weil der Bonner Nachthimmel nach dem zweiten Weltkrieg zu hell geworden war. Pläne und erste Realisierung einer Beobachtungsstation außerhalb Bonns fanden zu einer Zeit statt, als noch niemand daran denken konnte, dass die
Europäer einmal gemeinsam in Südamerika große Teleskope errichten würden. Immer wieder haben Astronomen am Hohen List Kometen beobachtet. War es am Anfang vielleicht die reine Neugier, so wurde später ein wissenschaftliches Projekt daraus. Heute stellen Kometen die interessantesten Objekte für Schülerpraktika dar (Abb. 1 und 2).
Das Observatorium Hoher List Die Idee, die astronomische Beobachtung aus der Innenstadt Bonns in Regionen mit weniger Lichtverschmutzung zu verlagern, stammt aus der Zeit des zweiten Weltkriegs. Nur dem unermüdlichen Einsatz des späteren Direktors der Bonner Sternwarte, Professor Hans Schmidt, ist es zu verdanken, dass die Pläne zu Beginn der fünfziger Jahre auch verwirklicht wurden (Abb. 3). Vier Teleskope wurden von 1952 bis 1954 am Hohen List aufgestellt.
In den sechziger Jahren folgte dann der Ausbau des Hohen Lists. Die Sternwarte erhielt mit dem 1-m-Cassegrain-Teleskop (Abb. 4) das seinerzeit größte optische Fernrohr der Bundesrepublik Deutschland. Das Observatorium erlebte bis in die achtziger Jahre seine Blütezeit. Inund ausländische Beobachter ergänzten das umfangreiche wissenschaftliche Beobachtungsprogramm, aus dem zahlreiche Publikationen hervorgingen.
2 Der Komet 73P/Schwassmann
Wachman 3. Aufnahme aus dem Jahr 2006 am 150mm/1.500mm-Lichtenknecker-Refraktor des Observatoriums Hoher List
Kometenbeobachtungen mit dem Astrographen Der Vorteil einer kleinen Sternwarte ist, dass es immer auch Teleskope gibt, die nicht komplett ausgebucht sind und für aktuelle Beobachtungen unbürokratisch
Kometen 103
3 Das Observatorium Hoher List in den fünfziger Jahren (Copyright: Observa-
torium Hoher List)
5 Der Astrograph am Observato-
rium Hoher List ist in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts gebaut worden und erhielt 1969 ein neues Objektiv (Sonnefeld Vierlinser).
und schnell genutzt werden können. So begannen Mitarbeiter in den siebziger Jahren Beobachtungen von Asteroiden und neu entdeckten Kometen. Verwendet wurde für diese Aufnahmen ein 300 mm / 1.500 mm-Astrograph (Abb. 5). Mit den damals üblichen Fotoplatten von 16 cm x 16 cm konnte man ein Feld von 6 x 6 Grad am Himmel abbilden. Das neue Objektiv, das 1969 aus Jena beschafft wurde, garantierte eine gute Abbildung der Sternbilder bis in die Ecken der Platten. Neben dem Wunsch, möglichst beeindruckende Aufnahmen zu bekommen, wurde
mehr und mehr ein kleines wissenschaftliches Projekt daraus, an dem sich etliche Mitarbeiter beteiligten.
Mitte der siebziger Jahre hatte sich am Observatorium unter Leitung von Professor Brosche eine astrometrische Arbeitsgruppe etabliert. In diesem Kreis übernahm der Verfasser dieses Artikels die astrometrischen Beobachtungen und Reduktionen von Himmelsaufnahmen mit dem Bonner Doppelrefraktor. Es lag darum nahe, auch die Kometenaufnahmen des Astrographen astrometrisch auszuwerten und die Daten zum zentralen Büro nach Cambridge / USA zu schicken (Abb. 6). In diesen Zeiten, wo es noch keine E-Mail gab, wurden die Daten per Telefon nach Bonn übermittelt, von wo sie mittels Telex nach Amerika geschickt wurden.
Der Direktor des Minor Planet Centre in Cambridge / USA war in dieser Zeit Dr. Brian Marsden, der nicht nur ein unvergleichlicher Mensch und Wissenschaftler war, sondern auch einen exzellenten Überblick über seine Beobachter hatte. Nach jahrelanger Korrespondenz wegen der zahlreichen Daten von Asteroiden und Kometen, die wir am Observatorium gewonnen hatten, traf ich ihn zum ersten Mal persönlich Anfang der neunziger Jahre auf einer Tagung in Belgien. Als ich mich vorstellte erwiderte er sofort
6 Aufnahme des Kometen C/1983
H1 Iras-Araki-Alcock. Der Komet ist das diffuse Objekt rechts von der Mitte.
4 Kuppel des 1-m-Cassegrain-
Teleskops am Observatorium Hoher List etwas mahnend, dass ich ihm schon länger keine Beobachtungen mehr geschickt hätte. Voll Stolz erzählte ich ihm darauf von unseren Arbeiten zur Bestimmung von absoluten Eigenbewegungen von Kugelsternhaufen, unserem vielleicht spektakulärsten astronomischen Projekt. Seine trockene Antwort war, dass ich mich doch auf die ,,wichtigen Sachen" konzentrieren - und ihm wieder Daten von Kometen schicken solle. Die Arbeiten zur Positionsbestimmung von Kometen erlebten ihren Höhepunkt in der Zeit des ,,International Halley Watch" 1986, wo die Beobachtungen am
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104 Kometen
7 Aufnahme des Kometen C/1987 P1 Bradfield
arbeit und vor allem natürlich als außerschulischer Lernort eine herausragende Rolle spielen. Die Möglichkeit, selber astronomische Beobachtungen am Teleskop zu erleben, ist nach wie vor das Zugpferd des Interesses der Bevölkerung. Entsprechende Veranstaltungen wurden in den letzten Jahren erfolgreich durchgeführt.
Kometen und Schülerpraktika Kometen üben eine besondere Faszination auf Menschen aus. Das wird auch deutlich, wenn man Schülerinnen und Schüler mit solchen Bildern konfrontiert. Die Chance, in einem Praktikum, den Gang einer astronomischen Bildverarbeitung zu erleben, ist eine gute Möglichkeit, junge Menschen für die Astronomie - und für Naturwissenschaften allgemein
Observatorium Hoher List für den Kometen Giacobini-Zinner hinsichtlich Genauigkeit und Zahl unter den ersten 20 der über 80 teilnehmenden Sternwarten lagen.
Beobachtungen am Hohen List heute War in den siebziger Jahren die Fotografie noch die vorherrschende astronomische Aufnahmetechnik, setzte sich danach die CCD-Technik durch. Ohne Frage ist die rasante Entwicklung der astronomischen Beobachtungsmöglichkeiten an den kleinen Teleskopen des Observatoriums etwas vorbei gegangen. Für ein Institut, das an international bedeutender Forschung interessiert ist, gibt es keine Möglichkeit für Teleskope, wie z. B. den Astrographen, Forschungsprojekte zu definieren, aus denen Doktorarbeiten gewonnen werden können. Hinzu kommt, dass die Kapazitäten von Elektroniklabor und Feinmechanikwerkstatt inzwischen weitgehend für ein technisches Projekt (Shutterbau für Großteleskope) und den Ausbau des Cassegrain-Teleskops gebraucht werden. Ein Förderverein hat in den letzten Jahren mit der Anschaffung einer ST9-Kamera immerhin die Möglichkeiten geschaffen, Beobachtungen mit einem CCD durchzuführen.
Obwohl Türme und Kuppeln des Observatoriums im Jahr 2009 wieder komplett renoviert wurden, sind die Teleskope inzwischen eher historische Geräte und wegen der alten Mechanik, die nach den
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8 Das 60-cm-RC-Teleskop wird heute mit einer SBIG-ST9-Kamera des Förder-
vereins betrieben.
vielen Betriebsjahren grundlegend überholt werden müsste, nur noch begrenzt einsetzbar.
Inzwischen hat das Argelander-Institut den Beschluss gefasst, das Observatorium Hoher List nach Februar 2012 nicht mehr weiter zu betreiben!
Das Observatorium könnte aber als Zentrum für alle Arten von Öffentlichkeits-
- zu begeistern. Das Argelander-Institut der Bonner Universität betreut derzeit im Rahmen des Schülerlabors Küstner pro Jahr mehr als 20 Schülerpraktikanten. In den letzten Jahren wurden in den Bonner Praktika zahlreiche Aufnahmen von Kometen bearbeitet. Wegen der Probleme bei den Nachführungen der Teleskope sind im Prinzip nur kurze Belichtungszeiten sinnvoll. Das ist für diese Arbeit aber kein Nachteil, da sich die Kome-
Planeten 105
9 Aufnahme des Kometen 81P/Wild mit dem 60-cm-RC-
Teleskop. Bei dieser Farbdarstellung ist sogar rechts unten auf der Aufnahme ein Asteroid zu erkennen.
10 Aufnahme des Kometen C/2009 K5 McNaught mit dem
60-cm-Teleskop am Observatorium Hoher List
ten häufig in dieser Zeit schon gegenüber den Sternen weiter bewegt haben. Nach den üblichen Grundreduktionen (Dark, Flatfield) können Schüler mittels des Programms ASTROART die Kometenaufnahmen so kombinieren, dass der Komet optimal zu sehen ist. Die Sterne erscheinen dann als Striche. Mittels eines Farbkeils lassen sich dann auch noch farbig reizvolle Versionen der Aufnahme herstellen.
Auch wenn die wissenschaftliche Astronomie zunehmend ihre Beobachtungen aus Deutschland verlagert, wird die astronomische Beobachtung für die Bevölkerung immer eine große Bedeutung behalten. Gerade die Amateurastronomen werden in Zukunft bei der Vermittlung der Astronomie für die Öffentlichkeit eine herausragende Rolle spielen!
Danksagung Den Mitarbeitern des Observatoriums Hoher List sei für ihren jahrelangen Einsatz zur Förderung der astronomischen Beobachtung gedankt.
Wir danken dem ZdI-Projekt NRW für finanzielle Unterstützung des Schülerlabors Küstner. Herrn Harald Simon (Schalkenmehren) danke ich für die Anregung zu diesem Artikel.
Stürme auf Saturn
von Werner E. Celnik, Wolfgang Bischof, Ralf Burkart, Bernd Gährken, Bernd Koch, Michael Kunze und Thomas Winterer
Saturn rotiert Der Gasplanet Saturn besitzt einen Durchmesser von 120.536 km und dreht sich in 10 Stunden 16 Minuten und 44 Sekunden um seine Achse... Doch HALT! Das ist nicht ganz richtig. Gemeint ist nämlich der Äquatordurchmesser. Saturns Durchmesser von Pol zu Pol ist um 11.808 km kleiner - ein stark abgeplatteter Planet, was man selbst in kleinen Teleskopen erkennen kann. Und die Rotationsdauer: Der oben angegebene Wert stammt von Herschel aus dem Jahr 1794. Heute wissen wir [1]: Der korrekte (aber von der Erde aus unbeobachtbare) Wert ist 10 Stunden 47 Minuten 06 Sekunden (System III), bestimmt aus RaumsondenMessungen der Rotation des Magnetfel-
des von Saturn, das im Planetenkern erzeugt wird. Von der Erde aus können wir die Rotation anhand spektroskopischer Untersuchungen ermitteln (Radialgeschwindigkeit) oder durch die Bewegung von Wolkenstrukturen auf der sichtbaren Planetenscheibe. Die Rotationsbewegung nach System I (Dauer 10 Stunden 13 Minuten 59 Sekunden) beobachtet man in Äquatornähe, das sind die Wolkenbänder zwischen 30 Grad südlicher und nördlicher Breite auf Saturn. Nördlicher und südlicher davon nimmt die beobachtete Rotationsdauer (System II) zu, auf 10 Stunden 39 Minuten 22 Sekunden. Der Geschwindigkeitsunterschied zwischen System III und System II beträgt 91,8 m/s (in 39 Grad planetarischer Breite), um die das System
1 ,,White Oval" in Äquatornähe
am 21.3.2009 um 22:44 UT, aufgenommen bei mäßigem Seeing von Bernd Gährken am 800-mm-Newton-Teleskop (f/10) der Volkssternwarte München.
II schneller nach Osten läuft als System III. Strukturelle Bewegungen gegenüber System III lassen sich als Winde interpretieren, deren Geschwindigkeiten 150 m/s
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106 Planeten
2 Aufnahmen der Autoren nach Teleskopgröße geordnet: (a) Saturn am 9.5.2011, aufgenommen von Bernd Gährken am
800-mm-Newton-Teleskop (f/10) der Volkssternwarte München. (b) 30.3.2011 um 0:48 UT, von Thomas Winterer mit Selbstbau20-Zoll-Newton-Teleskop, ca. 10 m Äquivalentbrennweite, Kamera DMK 21AU04.AS, Okularprojektion, pro Farb-Kanal jeweils 300 Bilder von 1.000 gemittelt. (c) 28.3.2011 um 23:21 UT, von Bernd Koch mit 12-Zoll-Teleskop (Meade ACF 304 mm / 3.000 mm), Äquivalentbrennweite ca. 6 m, Farbvideokamera DBK 21AU (640 x 480 Pixel) mit UV/IR-Sperrfilter, Videodauer 4 min 14 s, Stacking und Nachbearbeitung mit GIOTTO 2.21, unter Verwendung von 30% von 1909 Frames. Drei Saturnmonde sind von oben nach unten erkennbar: Dione westlich der Saturnkugel über dem Ring, Tethys und Rhea darunter. (d) 20.3.2011 um 0:12 UT, von Michael Kunze mit 254-mm-Newton-Teleskop. Fünf Saturnmonde konnten erfasst werden. (e) gleiche Technik aber mit längerer Belichtungsdauer. (f) 20.3.2011 um 2:34 UT, von Ralf Burkart mit 254-mm-Newton-Teleskop. (g) 3.5.2011 um 20:37 UT, von Wolfgang Bischof mit 200-mm-Newton-Teleskop. (h) 9.4.2011 um 23:52 UT, von Werner E. Celnik mit 150mm/1.100mm-ApoRefraktor, Äquivalentbrennweite 6,6 m, Farbvideokamera DBK 21AU (640x480 Pixel), IR-Sperrfilter, Videodauer 3 min, Verwendung von 70% von 2.700 Frames. Vier Saturnmonde sind im Originalbild erkennbar, hier jedoch stark aufgehellt dargestellt: Titan (oben), Dione (links), Tethys (rechts), Enceladus (unter dem Ring). (i) Technik wie bei (h), von 22:03 bis 0:38 UT 45 Einzelvideos mit einer Dauer von je 3 min, Kombination zu diesem Summenbild. Die 4 Monde sind dadurch als Strichspuren dargestellt. Die Strukturen in der Planetenatmosphäre sind verwischt.
(im System II) und 400 m/s (im System I) erreichen können [12]. Dazu weiter unten mehr.
Details erfassen Der scheinbare Durchmesser Saturns schwankt je nach Entfernung von der
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Erde zwischen 14,5 und 20,1 Bogensekunden (''). In den ersten fünf Monaten 2011, in denen die hier vorgestellten Beobachtungen gewonnen wurden, betrug der Winkeldurchmesser des Planetenscheibchens 17,2'' bis 19,3''. In Opposition zur Sonne stand Saturn am 4.4.2011
um 0 Uhr UT. Um feine Strukturen auf der Wolkenoberfläche Saturn beobachten zu können, muss das theoretische Auflösungsvermögen des Teleskops (vgl. Tab. 1) voll ausgenutzt werden, sprich - das Seeing muss optimal sein. Um die besten Momente des Seeings erfassen zu können,
Planeten 107
setzt man in der Planetenbeobachtung heute Video- bzw. WebCams ein, die das Objekt mit 15 bis 60 Bildern (,,Frames") in der Sekunde aufnehmen können. Die Abbildungen 2 bis 9 zeigen die besten Saturn-Bilder der Autoren im Zeitraum Januar bis Mai 2011. Sie spiegeln im Grunde das wider, was in deutschen Landen bzw. in Mitteleuropa erreichbar ist. Bilder von amerikanischen Autoren (New Mexico) oder Beobachtern in Australien weisen häufig einen größeren Detailreichtum auf. Ursache dafür liegt darin, dass die Ekliptik und damit die Planeten sehr viel höher am Himmel stehen als in unseren Breiten. Die Seeing-Bedingungen sind damit durchweg besserer Qualität und somit kann das Auflösungsvermögen des eingesetzten Teleskops besser ausgenutzt werden - ergo bessere d. h. schärfere Bilder der Planeten. So liefert ein 80-cm-Teleskop u. U. nur dieselbe Bildschärfe wie z. B. ein 25-cm-Teleskop, da die Bildschärfe durch das Seeing begrenzt wird (vgl. z. B. Abb. 2a und d). Die Instrumente von vier unserer Mitautoren sind in der Abbildung 3 zu sehen. Ihr Durchmesser reicht von maximal 80 cm bis hinunter zu 15 cm. Die entsprechende maximale Auflösung bei Strukturen auf Saturn liegt demnach je nach Öffnung und Saturndistanz zwischen 1.000 und 5.800 km (Tab. 1).
Wetterbericht für Saturn Während im hier diskutierten Zeitraum im hellgelb gefärbten Äquatorband zeitweilig bei bestem Seeing lediglich ein schmaler dunkler Streifen erkennbar wird (vgl. Abb. 2a oder i) und auf der Südhalbkugel nirgendwo die Wolkenstreifen überlagernde Feinstrukturen sichtbar sind, spielt sich auf der Nordhalbkugel (im System II) richtiges ,,Wetter" ab.
Normalerweise sind Strukturen in der Saturnatmosphäre eher kleinskalig (d. h. weit unter einer Bogensekunde) und mit Amateurinstrumenten von der Erde aus kaum erkennbar - Zeichen für eine relativ ,,ruhige" Saturn-Atmosphäre. Die Erkennbarkeit feiner Wolkenstrukturen wird dadurch erschwert, dass über der strukturierten Wolkenschicht eine Dunstschicht liegt, die den Kontrast deutlich dämpft. Dass Amateure mit ihren immer weiter fortschreitenden Beobachtungstechniken vor allem in der letzten Dekade auch mittelskalige atmosphärische
Erscheinungen dokumentieren und auswerten können und so einen wertvollen Beitrag zur Erforschung der Planetenatmosphären leisten können, wird z. B. in [2] von der Wissenschaft gewürdigt und genutzt.
Die weißen Wolkenflecken sind kühler und erheben sich deutlich über die umgebenden dunkleren bläulichen Wolkenschichten, sind dadurch relativ gut erkennbar.
Am 14.12.2011 gelangte jedoch die erste Meldung eines wahrhaft großen Sturms in der Saturn-Atmosphäre an die gespannte Öffentlichkeit, mit einem Bild des bekannten Planetenfotografen Anthony Wesley [3]. Die Raumsonde Cassini kam erst am 24. Dezember 2010 in eine Position, von der aus ihr Fotos des Sturms möglich waren [4]. Ein besonders beeindruckendes Bild des ,,Supersturms" vom 19.1.2011 ist unter [5] zu finden.
worden: Zuerst dokumentiert im Jahr 1876, danach 1903, entdeckte der britische Komödiant und Amateurastronom Will Hay (1888-1949) im August 1933 einen großen weißen Flecken in der Atmosphäre des Ringplaneten, ein Sturm, der mehrere Monate andauerte [7]. Ein großer weißer Fleck scheint alle 30 Jahre in niedrigen Breiten des Planeten zu erscheinen [6]: Weitere große Ovale wurden im Jahr 1960 und ab Oktober 1990 beobachtet. Seitdem vergingen bis zum aktuellen ,,großen Sturm" jedoch erst 20 Jahre, und der 1990er Sturm erscheint rückblickend ähnlich stark wie der aktuelle Sturm [8]. Viele Amateure fertigten 1990 Zeichnungen des Saturnsturms an [9, 10]. 2008 wurde ein Wirbelsturm an ähnlicher Stelle wie der aktuelle Sturm entdeckt, der die Amateure damals weltweit beschäftigte [7]. Die NASA bezeichnete den Sturm als ,,gewaltig", allerdings war dieser wesentlich kleiner als der aktuelle Sturm.
Große Stürme auf Saturn (,,Great Whites Ovals") sind schon früher beobachtet
Die zitierten ,,Great Whites Ovals" tauchten meist in Äquatornähe auf. Im Jahr
3 Die Instrumente der Autoren: (a) Bernd Gährken arbeitet mit dem 800-mm-
Newton-Teleskop (f/10) der Volkssternwarte München. (b) Thomas Winterer hat sich ein 500-mm-Newton-Teleskop selbst gebaut, an dem er mit seiner Frau Claudia und seinem Sohn Florian beobachtet. (c) Wolfgang Bischofs Newton-Teleskop 200mm/1.200mm steht in Recklinghausen. Hier ist die DMK-Kamera mit Filterrad für die Planetenbeobachtung am Okularauszug montiert. (d) Das Teleskop von Werner E. Celnik ist der einzige ,,Nicht-Spiegel" und das kleinste Teleskop im dargestellten Portfolio: ein 150-mm-Apo-Refraktor mit 1.100 mm Brennweite. Auch hier ist die für Planetenbeobachtung eingesetzte Farb-Kamera DBK 21AU mit 640 x 480 Pixeln montiert. (e) Bernd Koch arbeitet mit einem 304-mm Meade ACF-Teleskop (f/10) und ebenso mit einer DBK 21AU Farbvideokamera, wenn es um Planetenvideos geht. Im Bild sieht man eine STL-11000M-Kamera für die Deep-Sky-Fotografie. (f) Michael Kunze arbeitet mit seinem 254-mm-Newton-Teleskop am liebsten mobil, und er kommt mit seinem Landy überall hin, wo's dunkel ist.
Maximales Auflösungsvermögen der hier eingesetzten Teleskope. In der Realität wird das Auflösungsvermögen jedoch durch das Seeing (die Luftunruhe) begrenzt.
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4 Saturn in der Nacht 9.-
10.4.2011, beobachtet von Werner E. Celnik mit 150-mm-Refraktor und Farbvideokamera. Videodauer je 3 min. Deutlich ist die Rotation des Planeten zu erkennen.
5 Saturn-
aufnahmen an verschiedenen Tagen vom 20.3. bis 20.4.2011 bei ungefähr gleichem ZM II. Die Wolkenstrukturen befinden sich etwa an gleicher Stelle, haben sich aber verändert. Weitere Daten im Bild.
6 Saturn-
aufnahmen an verschiedenen Tagen vom 25.3. bis 30.4.2011 bei ungefähr gleichem ZM III. Die Wolkenstrukturen verändern sich und verschieben sich (driften) zum planetarischen Westen (links) ab. Weitere Daten im Bild.
2009 konnte Mitautor Bernd Gährken eine solche Erscheinung dokumentieren (Abb. 1). Wolkenstrukturen sind i. a. jedoch eher in den mittleren Breiten zu finden (Abb. 2b).
Die Beobachtungen Dass die mit den Videokameras aufgenommenen, hier diskutierten Strukturen keine zufälligen durch Seeing und übermäßige Bildbearbeitung vorgetäuschten Strukturen sondern echt sind, belegt die Abbildung 4: Deutlich ist in dieser Bildsequenz (die auch noch an dem kleinsten hier beteiligten Teleskope gewonnen wurde) erkennbar, wie die Strukturen um den Planeten rotieren.
Die beobachteten Sturmwolken liegen in einer nördlichen Breite von ca. 39 Grad (s. u.). Damit zählen sie zum System II der Saturn-Rotation. Auf Aufnahmen bei gleichen System-II-Zentralmeridianen (ZM II) sollten dieselben Strukturen demnach zumindest ungefähr an derselben Stelle des Planetenscheibchens beobachtet werden. Dies belegt die Abbildung 5, deren Aufnahmen etwa zu Zeiten derselben ZM II gewonnen wurden. Die Ähnlichkeit der Strukturen ist klar, gleichzeitig aber auch, dass in der Zeit zwischen den Aufnahmen Strukturveränderungen stattgefunden haben.
Wie verhalten sich die strukturellen Veränderungen relativ zum System III? Die Abbildung 6 zeigt eine zeitliche Abfolge bei etwa gleichen ZM III. Zum einen verändert sich einfach in den dargestellten 36 Tagen die Form des Sturmes, andererseits ist der Sturmkopf NICHT an derselben Stelle geblieben, sondern offensichtlich nach links (Westen des Planeten) abgedriftet. Stellt man eine Oberflächenkarte in Mercator-Projektion in System III zusammen (Abb. 7), so ist die Drift des Sturmkopfes (hier über 12 Tage) noch deutlicher.
Planeten 109
7 Mercator-Projektionen von Saturnaufnahmen an ver-
schiedenen Tagen vom 6.4. bis 18.4.2011 im System III. Die Wolkenstrukturen verändern sich und verschieben sich (driften) zum planetarischen Westen (links) ab. Weitere Daten im Bild. Aufnahmen und Darstellung von Bernd Gährken.
Aber wie groß ist die Drift des Sturmkopfes? - Schätzungen und Messungen Die Bildfolge (A) in der Abbildung 8 zeigt 4 Aufnahmen, die den Sturmkopf immer in etwa an derselben Stelle des Planetenscheibchens erfasst haben. Die Bildfolge (B) zeigt den Sturmkopf beide Male wieder an ähnlicher Stelle des Scheibchens, jedoch an einer anderen Position als in Bildfolge (A). In beiden Bildfolgen ist der ZM III bei jeder Aufnahme ein anderer. Der ZM III ist also relativ zum Sturmkopf verschoben. Diese Verschiebung
ist in der Grafik in der Abbildung
8 Saturnaufnahmen an verschiedenen Tagen vom 6.2.
9 gegen die Zeit bis 18.4.2011, bei denen der Sturmkopf (= westliches Ende
aufgetragen, bei der hellen verwirbelten Strukturen) ungefähr an der gleichen
beiden Bildfolgen Stelle des Bildes liegt. Der ZM III verschiebt sich systematisch
ergibt sich ein relativ zum Sturmkopf. Weitere Daten im Bild und in der Tab. 2.
ganz ähnlicher
Wert für die Drift:
der Mittelwert be-
trägt 2,8 Grad /Tag. Mehr als eine Schätzung Für eine genauere Messung nimmt man
ist es natürlich nicht, denn die Position die Freeware-Software WinJUPOS [11]
des Wolkenobjektes auf dem Scheibchen zur Hand. damit lassen sich alle Pla-
ist ja nicht exakt an derselben Stelle zu netenaufnahmen vermessen und aus-
finden.
werten. In der Abbildung 10 sind alle
Positionsmessungen des Sturmkopfes auf Saturn (System III) mit WinJUPOS an Aufnahmen in der Abb. 10. Für Beobachtungen desselben Tages wurden Mittelwerte gebildet und weiter verwendet.
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110 Planeten
9 Drift des Sturmkopfes bezüglich
System III. Die ZM III der in der Abbildung 8 dargestellten Aufnahmen sind aufgetragen gegen die Zeit. Eine lineare Drift ist durch die Ausgleichsgeraden der Werte dargestellt. Der Sturmkopf driftet pro Tag um 2,8 Grad zum planetarischen Westen ab.
vorliegenden Aufnahmen in zeitlicher Abfolge dargestellt, die den Sturmkopf zeigen, vom 16.01. bis zum 30.04.2011. Mit einem roten Kreis markiert ist die Wolke, die als ,,Sturmkopf" interpretiert und deren Position mit WinJUPOS auf allen diesen Bildern ausgemessen wurde. In der Tabelle 2 sind die Ergebnisse zusammengefasst. Damit ein mit Bildern mehrfach besetzter Tag nicht übermäßig bewertet wird, wurde für einen Tag jeweils der Mittelwert der Messungen weiter verwendet. Im Beobachtungszeitraum beträgt der Mittelwert der Drift in Länge nach System III ca. 2,6 Grad (entsprechend ca. 2.100 km/Tag oder 24 m/s auf Saturn), in guter Übereinstimmung mit dem Wert aus der Positionsschätzung im oberen Absatz. Diese Drift ist jedoch im Mittel nicht konstant, sondern sie nimmt mit der Zeit ab: von 6 Grad /Tag im Januar auf ca. 1 Grad /Tag im April (vgl. Abb. 11 oben). Auch die Breitenposition des Sturmkopfes (im Mittel 39 Grad ) verändert sich, mit einer mittleren Rate von 0,058 Grad /Tag bzw. 3,5 Bogenminuten/Tag (Abb. 11 unten).
10 Alle vorliegenden Aufnahmen
der Autoren aus dem Beobachtungszeitraum 16.1. bis 30.4.2011, die den Sturmkopf zeigen. Rot markiert ist die mit WinJUPOS vermessene Struktur, die als Sturmkopf interpretiert wird. Weitere Daten im Bild. Auswertung in Tabelle 2.
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Die Lebensdauer von Stürmen Auf den Bildern ist deutlich zu sehen, dass die Saturn-Atmosphäre westlich des Sturmkopfes relativ strukturlos ist, östlich davon jedoch sehr aufgewühlt erscheint, ähnlich der Wirbel in den Wolkenbanden von Jupiter. Wenn der Sturmkopf, also die Position der Energiequelle, jedoch nach Westen driftet, muss der Sturm sich
Planeten 111
11 Links: Längen- und Breitendrift des Sturmkopfes im
System III nach Auswertungen der Aufnahmen in Abb. 10 mit WinJUPOS. Die Gleichungen der Ausgleichskurven sind angegeben. Für die Längendrift ist eine Gerade nicht ausreichend, da die Drift nicht konstant ist. Die Kurve für die Längendrift erreicht nach rechts extrapoliert ein relatives Maximum am 14.5.2011.
12 Unten: Veränderung der Längendrift des Sturmkopfes
im System III nach Auswertungen der Aufnahmen in Abb. 10 mit WinJUPOS. Die Drift ist nicht konstant, sie nimmt linear mit der Rate -0,56 m/s/Tag ab. Rückwärts extrapoliert ergibt sich ein vermutlicher Startwert (zum Zeitpunkt der Entstehung des Sturms) für die Driftgeschwindigkeit von etwa 87 m/s, während der Nullwert am 14.5.2011 erreicht wird.
irgendwann selbst einholen (der Hund, der den eigenen Schwanz jagt). Dann liegt keine ,,ruhige" Atmosphäre mehr vor dem driftenden Sturmkopf, sondern eine stark verwirbelte. Dieser Moment könnte das Ende des Sturms bedeuten. Diese ,,Lebensdauer" kann aus unseren Beobachtungen abgeleitet werden.
In der Abbildung 12 ist die gemessene Längendrift in Metern pro Sekunde aufgetragen gegen die Zeit. Die Drift nimmt mit einer Rate von 0,56 m/s am Tag ab. Unter der Annahme, dass die Rate über die gesamte Lebensdauer des Sturms gleichmäßig abnimmt, lässt sich aus der ermittelten Ausgleichsgeraden für den Zeitpunkt der vermutlichen ,,Entstehung" des Sturms am 12.12.2010 eine Driftgeschwindigkeit von etwa 87 m/s ermitteln.
Alle abgeleiteten Geschwindigkeiten sind auf System III bezogen. Um diese Geschwindigkeiten auf System II zu beziehen, müssen zu unseren Werten noch 91,8 m/s addiert werden, um die das Sys-
tem II schneller um den Planeten läuft als System III.
Alles das passt zu den Literaturangaben, dass in mittleren Breiten schon früher Windgeschwindigkeiten von bis zu 150 m/s beobachtet wurden [12]. Extrapoliert man die Ausgleichsgerade durch unsere Messungen nach vorn, so sollte die Driftgeschwindigkeit bezogen auf System III am 14.05.2011 den Nullwert erreicht haben, im System II sind es dann aber immer noch 91,8 m/s, die Differenz zwischen System III und System II. Seit der Entstehung sind somit ziemlich genau 5 Monate vergangen. Ein Wert, der in seiner Größenordnung auch von Beobachtungen früherer Stürme in der Literatur genannt wird. Nach einer letzten Beobachtung von Bernd Gährken am 26.06.2011 sind allerdings noch immer Wirbel bei 40 Grad Nord zu erkennen. Da der Sturm mit seinem ,,Wirbelschwanz" inzwischen das gesamte Band bei 36-42 Grad nördlicher Breite planetenumlaufend ausfüllt, stellt sich die Frage, ob System
II sich nicht komplett verändert hat, sich die Rotationsgeschwindigkeit zumindest vorübergehend dem System III angepasst hat. Um hierzu mehr zu sagen, reichen unsere Daten jedoch nicht aus.
Fazit Mit Amateurinstrumenten lassen sich auf Saturn auch mittelskalige Strukturen im Sub-Bogensekunden-Bereich beobachten, messtechnisch erfassen und auswerten. Es wird allerdings eine möglichst große Zahl von Beobachtungen mit exakter Dokumentation verlangt.
Uns als Beteiligten hat die Beobachtung (wir schauen uns als Fotografen ja auch visuell unsere Objekte an), Dokumentation und die Auswertung viel Spaß gemacht. Dass auch etwas ,,Sinnvolles" damit angestellt werden kann, ist das iTüpfelchen.
Bilder und Animationen der Autoren sind u. a. auf folgenden Homepages im Netz zu finden:
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112 Sonne
Bernd Gährken: http://www.astrode.de/ astro.htm Michael Kunze: http://www.michaelkunze.de/astronomie.php Werner E. Celnik: http://astrofotografie.fg-vds.de/
Quellenhinweise (alle Weblinks geprüft am 19.06.2011): [1] Wikipedia, 2011: http://
de.wikipedia.org/wiki/ Saturn_%28Planet%29 [2] M. Delcroix, G. Fischer, 2010: "Contribution of amateur observations to Saturn storm studies", European Planetary Science Congress 2010, EPSC Abstracts Vol. 5, EPSC2010-132, 2010 [3] A. Wesley, 2010: "Bright White
Storm Raging on Saturn", http:// www.universetoday.com/81774/ bright-white-storm-raging-onsaturn/ [4] Erste Cassini Sturm-Beobachtungen, 2010: http://www.wired.com/wiredscience/2010/12/saturn-stormcassini/ [5] Cassini-team, 2011: "Astronomy Picture of the Day 19.01.2011", http://apod.nasa.gov/apod/ ap110119.html [6] Big Site of Amazing Facts, 2011: "What Is Saturn's Great White Spot and How Often Does the Great White Spot On Saturn Appear?", http://www.bigsiteofamazingfacts. com/what-is-saturns-great-whitespot-and-how-often-does-the-greatwhite-spot-on-saturn-appear
[7] P. Sutherland, 2008: ,,Amateurs monitor Storm on Saturn", http:// www.skymania.com/wp/2008/05/ amateurs-monitor-storm-on-saturn. html
[8] Sky and Telescope, 1991: "Saturn's Great White Spot Spectacular", Sky and Telescope, February 1991, 144
[9] MfP, 1990: Mitteilungen für Planetenbeobachter (MfP) 14.2, 23
[10] PULSAR, 1990: PULSAR 681 (NovDec 1990), 232
[11] J. Mettig, 2009: "Hinweise für JUPOS-Ausmesser", http://jupos. org/etc/JuposTipsForMeas_Deutsch. pdf
[12] D.R. Williams, 2010: ,,Saturn Fact Sheet", http://nssdc.gsfc.nasa.gov/ planetary/factsheet/saturnfact.html
Gipfeltreffen
- Die partielle Sonnenfinsternis am 4. Januar 2011 bei klirrender Kälte in einer zauberhaften Winterlandschaft
von Stephan Heinsius
Wie für die Jahreszeit üblich war es keinesfalls selbstverständlich, dass am 4. Januar 2011 der verfinsterte Sonnenaufgang über Mitteleuropa oder der Ostsee (wo die größten Bedeckungsgrade zu erwarten waren) zu sehen sein würde.
Mit Alexander Birkner, Dirk Ewers und Jörg Schoppmeyer war ich in Kontakt, was die besten Sichtbarkeitsorte in Europa angeht. Am 02.01.2011 verwarf ich die Möglichkeit, mich um einen Flug nach Göteborg, Stockholm oder Helsinki zu kümmern. Dafür waren dort die Wetteraussichten zu schlecht. Aber es zeich-
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nete sich ab, dass eine Beobachtung im Südwesten Deutschlands auf Höhen über 1.000 Metern glücken könnte. Jörg bestätigte dies mit einer Probebeobachtung am 31.12.2010. Die verfinsterte Sonne würde von den Höhen des Schwarzwalds gesehen über den Gipfeln der Alpen aufgehen!
Jörgs Prio war auf dem Kandel bei Waldkirch, Alexander hatte vor, den Grand Ballon in den Vogesen anzufahren, und ich nahm mir den Feldberg vor, mit fast 1.500 Metern Höhe der höchste Berg in Baden-Württemberg. Dirk entschloss
1 Sonnenuntergang vom Feld-
berg/Schwarzwald am 03. Januar 2011
sich zusammen mit Johann Spuling am 3. Januar auch für den Feldberg.
Nach unseren Plänen sollten also am 04.01.2011 um 8 Uhr auf drei Gipfeln die Vorbereitungen getroffen sein, die verfinsterte Sonne visuell und fotografisch zu begrüßen. Spannend würde es, wie stark sich die Refraktion der Atmosphäre auswirkte, denn je stärker diese wäre, desto früher ginge die Sonne auf und
Sonne 113
desto weniger weit würde der Mond in sie hineingewandert sein.
03. Januar 2011 - Fahrt auf den Feldberg/Schwarzwald Gegen 11 Uhr verließ ich meinen Heimatort Dreieich (im Rhein-Main Gebiet), auf der A5 Richtung Süden, der Sonne entgegen. Zu Hause war es noch wechselnd mit Sonne und Wolken, in Mannheim eine durchbrochene Wolkendecke mit Sonnenschein, bei Karlsruhe kamen klare Gebiete und ab Baden Baden Sonne pur über der Schneedecke. Alle Straßen bis zum Feldberg waren schnee- und eisfrei. Nach dem Bezug meines Zimmers machte ich mich gleich mit meiner Ausrüstung bepackt Richtung Sessellift, um auf den Gipfel zu kommen. Die freundlichen Leute von der Bergbahn ermöglichten mir die Auffahrt auch ohne Ski - nach wenigen Minuten war ich an der Bergstation und mir eröffnete sich ein grandioses Alpenpanorama mit über 200 km Sichtweite, die halbe Schweiz auf einen Blick! Und absolut wolkenfreier Himmel darüber. Solche Bedingungen zum morgigen Sonnenaufgang und die Beobachtung ist perfekt!
Eine gute halbe Stunde gelaufen, erreichte ich den Gipfel mit dem Sendeturm. Kalter Ostwind weht über die höchsten Flächen des Schwarzwalds. Ich packe meine Ausrüstung aus, und der Sonnenuntergang dient als Generalprobe (Abb. 1). Kameras, Stative und Taschen sind nun mit einer Reifschicht bedeckt, eisig kalt. Trotzdem funktionieren Foto- und Videokamera einwandfrei.
Die Dämmerung begann, Sterne kamen raus und Jupiter steht hoch über der Schweiz (Abb. 2), der große Wagen über dem dunstigen Oberrheingraben und vor mir der aufgehende Orion über der festen Schneedecke. Ich erreichte nach 11/2 bis 2 Stunden Fußmarsch wieder das Hotel über den Weg am Südhang des Berges. Nach dem Essen besorge ich mir WLANZugang und bringe neueste Infos und Bilder vom Feldberg ins Internet. Nach unseren Plänen haben sich zu diesem Zeitpunkt (nach 23:00 Uhr) Dirk und Alexander schon auf dem Weg durch die Nacht gemacht, um einen der Gipfel zu erreichen, bis morgen die verfinsterte Sonne aufgeht.
2 Jupiter über der Schweiz
3 In Erwartung der Sonnenfinsternis auf dem Feldberg im Schwarzwald
am 04.01.2011 (von links nach rechts Johann Spuling, Dirk Ewers und Stephan Heinsius)
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114 Sonne
4 Sonnensichel um 09:11 MEZ
5 Sonnenfinsternis über dem Aussichtsturm zum Finsternismaximum um 09:13
Uhr (MEZ), Komposit aus drei Aufnahmen
04. Januar 2011 - Partielle Sonnenfinsternis Um 5:00 Uhr erreicht mich eine SMS von Alexander Birkner, der zusammen mit Manfred Haberstroh nun den Grand Ballon in den Vogesen erreicht hat. Er meldet klaren Himmel in Richtung Sonnenaufgangspunkt. Da das Hotel noch lange nicht das Frühstücksbuffet geöffnet hat, greife ich auf meine Verpflegung zurück und packe dann meine Sachen zusammen. Dirk meldet sich telefonisch. Er und Johann Spuling sind abends in Hofgeismar (bei Kassel) losgefahren und haben den Ort Feldberg, nur noch nicht das richtige Hotel, erreicht. In dem kleinen Skiort gibt es doch mehr Hotels als sie erwartet hatten. Doch das ist schnell
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geklärt und nach ein paar Minuten begrüßen wir uns.
Zu Fuß geht es dann ein paar Minuten zur Talstation des Sesselliftes auf den Feldberg. Zwei Pistenraupen beackern die teils beleuchtete Piste. Die zweite hält an und es klappt alles - wie gestern mit den Leuten von der Bergbahn verabredet. Wir werden von der Pistenraupe aufgenommen. Die Sachen gut fixiert und schon geht es los. Die kräftige Maschine zieht uns den Berg hoch. Es wird teils so steil, dass man die Ausrüstung sehr gut festhalten muss. Wir erheben uns über das Hotel und der Blick Richtung Alpen wird frei.
Recht schnell sind wir oben neben der Bergstation angekommen. Der nette Raupenfahrer begleitet uns von der Maschine herunter, ein herzlicher Dank an ihn und die Feldberger Liftgesellschaft für die Unterstützung unseres Vorhabens. Die Dämmerung hat eingesetzt und Merkur und Venus sind zwischen dunklen Schleiern einiger von Westen oder Südwesten herangezogener Cirren gut zu sehen. Wir suchen uns einen Beobachtungsort auf der Höhe hinter der Bergstation, hoch genug, dass die Sonne am Horizont oberhalb der Bergstation aufgehen würde (Abb. 3).
Wir bauen unsere Ausrüstung auf und warten in der Kälte auf die noch nicht aufgegangene Sonne. Die Wolken verdichten sich zusehends von Südwesten her, ein winziger Bereich am Horizont von ca. 1/4 Grad bleibt von hinten durchleuchtet. Unter dem Horizont gibt es größere freie Flächen, denn nun wurden die Wolken von unten durch die noch nicht aufgegangene Sonne angestrahlt. Doch nach wenigen Minuten verblassten diese rosaroten Strahlen und der schmale Schlitz am Horizont erhellt sich. Die Kameras werden betätigt, doch weder visuell noch auf den Fotos sind Konturen der aufgehenden Sonne zu erkennen.
Nun verschiebt sich die Helligkeit in die Wolkenschichten darüber. Schade, dass uns ein grandioser Sonnenaufgang verwehrt bleibt, meine Vorstellung eines Bildes der Sonne, deren unterer Rand durch die Alpen und deren oberer Rand vom Mond verdeckt ist, wird in der Realität nicht sichtbar. Ein paar hellere Stellen in der Wolkensuppe lassen die Nähe der Sonne erahnen, anhand eines Kondensstreifens dann Schattenwürfe die Position der Sonne besser einschätzen. Da wird es heller und heller, in den Suchern der Kameras sind keine Konturen der Sonne erkennbar, erst auf dem Display zeigen die aufgenommenen Fotos erste Umrisse.
Nach und nach setzt sich die Sonne immer besser von den Wolken ab, die Umrisse werden klarer. Eine nach oben geöffnete Sichel steht zwischen den Wolkenschleiern über dem Feldberg im Schwarzwald. Die Alpen in der Ferne sind immer mehr durch mittelhohe Wolken verhüllt. Die fade Stimmung des Mondschattens ist wieder spürbar - da ist sie vor uns, die
Sonne 115
6 Sonnensichel über der Winterlandschaft auf dem Feldberg im Schwarzwald
um 10:01 Uhr (MEZ), die Sonne wird durch eine Baader Filterfolie D=3,8 gefiltert
lasse ich Freiburg und bin 21/2 Stunden später wieder in Dreieich und unter einer Hochnebeldecke.
Auf dem Kandel und auf dem Grand Ballon waren die Beobachtungsergebnisse insgesamt ähnlich, wie auf dem Feldberg: Keiner sah den verfinsterten Sonnenaufgang, aber die Sonnenfinsternis war zum Maximum durch Schleierwolken und Dunst hindurch an allen drei Orten zu beobachten. Das störende Wolkenfeld war sehr großflächig, es erstreckte sich mindestens über ein Gebiet von der Region Zürich bis zum Vorarlberg.
Eklipse, und blickt uns durch die Wolkenschleier entgegen. Durch Filterfolie sehr schön in ihren Umrissen zu sehen, trotz bitterer Kälte ist die zusätzliche Frische des kalten Lichts spürbar (Abb. 4-6).
Erst als sich der Mond nach links hinausbewegt hat und die Sichel breiter und nach links geöffnet zu sehen ist, werden die Belichtungszeiten hinter der fotografischen Filterfolie (Baader D = 3,8) kürzer. Jetzt strahlt die breite Sonnensichel über der schneebedeckten Landschaft des Schwarzwalds. Die Kälte scheint nachzulassen, doch dass die Sonne wärmt, kann nicht wirklich behauptet werden. Der Mond schiebt sich Stück für Stück aus der Sonne heraus und gegen 10:37 Uhr ist die Bedeckung nur noch sehr gering, ein paar Minuten später ist vom Mond nichts mehr zu sehen. Die volle Sonne scheint vom klaren blauen Himmel.
Insgesamt sind wir ganz zufrieden, auch wenn wir den verfinsterten Sonnenaufgang über den Alpen nicht sehen konnten. Es gibt noch ein Foto mit Selbstauslöser (Abb. 7) und dann packen wir unsere Sachen zusammen. Nun erlebe ich den Weg zum Hotel am Südhang des Feldbergs mit schönen Ausblicken am Tag, und je mehr wir bergab gehen, umso mehr Leute sind unterwegs. Das Skigebiet befindet sich noch in der Hochsaison. Mit unserer Ausrüstung sind wir die wenigen, die nicht zum Skifahren hier sind. Mit einem gemeinsamen Mittagessen im Feldberger Hof klingt unser Abenteuer aus. Dirk und Johann haben nun noch wieder ca. 6 Stunden Autofahrt vor sich.
7 Gruppenbild auf dem Feldberg im Schwarzwald (von links nach rechts:
Stephan Heinsius, Johann Spuling, Dirk Ewers, im Hintergrund der Sendeturm auf dem Gipfel des Bergs)
Auf dem Weg nach Hause treffe ich mich noch mit Jörg in Freiburg. Bei ihm auf dem Kandel war der Blick auf die Sonnenfinsternis etwas besser, dort kam die Sonne etwas früher aus dem Wolkenfeld, doch auch von dort war der verfinsterte Aufgang der Sonne über den Alpen nicht zu sehen. Gegen Sonnenuntergang ver
Weitere Informationen und Bilder im Internet: Stephan Heinsius: www.eclipseland.com Alexander Birkner: www.kernschatten. info Dirk Ewers: www.astroewers.de Jörg Schoppmeyer: www.astrotreff.de/ topic.asp?TOPIC_ID=111998
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Info und Anmeldung unter www.fachgruppe-deepsky.de VdS-Journal Nr. 39
116
Spektroskopie
ASpekt 11 - Jahrestagung der
Fachgruppe Spektroskopie in Drebach
von Thomas Hunger, Thomas Eversberg und Rainer Borchmann
m April trafen sich 36 spektroskopiebegeisterte Amateur- und Profiastronomen am Zeiss-Planetarium und Volkssternwarte im sächsischen Drebach zur Jahrestagung der Fachgruppe. Neben Vorträgen und einer Poster- und Gerätesitzung war diesmal wieder eine Rundtischdiskussion zu Möglichkeiten einer weiteren Zusammenarbeit mit der professionellen Forschung eingeplant.
Der Freitag wurde wie immer als Anreisetag genutzt, und schon um 19:00 Uhr waren viele Teilnehmer zu ersten lebhaften Diskussionen rund um und über die Astrospektroskopie hinaus im Hotel anwesend. Günstig erwies sich wieder die Tatsache, dass der überwiegende Teil im in einem Haus nächtigte, und es wird gemunkelt, dass bis 3:00 Uhr noch diskutiert wurde ...
Nach der Begrüßung aller Teilnehmer durch den FG-Sprecher ließ es sich der Bürgermeister der Gemeinde Drebach nicht nehmen, die Teilnehmer mit sichtlichem Stolz auf die Einrichtung will-
kommen zu heißen. Im Anschluss bekundeten der Leiter der Einrichtung und der Vorsitzende des Fördervereins ihre Freude über unser Kommen. Neben dem 625-Jahr-Jubiläum der Gemeinde feiert die Sternwarte ihr 25-jähriges Bestehen. Der ehemalige Leiter der Einrichtung, Karlheinz Müller, stellte deshalb kurzweilig und informativ die Geschichte der Einrichtung vor. Danach konnten wir mit dem Vortragsprogramm beginnen.
Thomas Eversberg referierte zunächst zu den wissenschaftlichen Ergebnissen der internationalen Beobachtungskampagne an dem Wolf-Rayet-Stern WR140, an der einige der Anwesenden beobachterisch auch auf Teneriffa - beteiligt waren. Damit wurde eindrucksvoll deutlich, welche Ergebnisse für die professionelle Forschung erzielt werden können. Entscheidend für die erzielten Ergebnisse zur Ermittelung der Windgeometrie dieses Doppelsterns aus zwei massereichen Sternen war eine gute Vorbereitung, Koordinierung und der höchste Einsatz aller Beteiligten. Amateure können in der Profiliga mitspielen!
Nach einer ersten Pause startete Berthold Stober, der den Gitterspektrographen in der deutschen Amateurszene hoffähig gemacht hat, mit seinen Arbeiten zu Echelle-Spektrographen durch. Zu Recht kann er auch hier wieder eine Vorreiterrolle reklamieren: Er hat den ersten SelbstbauEchelle in der deutschen Amateurszene im spektroskopischen Dauereinsatz. Neben der Beschreibung des Instruments diskutierte Berthold jedoch auch seine technischen Probleme sowie mögliche Lösungen. Dem aufmerksamen Zuhörer dürfte nicht entgangen sein, dass hinter dem Gerät viel Beharrlichkeit, Geduld und Frustrationstoleranz steht.
Wolfgang Mahlmann und Thomas Kessler stießen erst 2009 zu unserer Fachgruppe. Auf unserer letzten Konferenz in Recklinghausen waren sie von dem selbstgebauten Messgerät von Bernd Marquardt so angetan, dass sie sich zu einem Selbstbau motivieren ließen. E voila, anderthalb Jahre später präsentiert Wolfgang den von beiden entwickelten Littrow-Spektrographen in mechanisch
1 Gruppenfoto der TeilnehmerInnen an der ASpekt 11 in Drebach
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souverän durchdachtem Design und mit überraschenden Detaillösungen. Wir können auf die nun folgenden Beobachtungsresultate gespannt sein.
Nach dem obligatorischen Gruppenfoto und der einstündigen Mittagspause mit reichlich ,,Fingerfood" an der Sternwarte berichteten Hendrik Preuß und Frank Zobel zu ihren Arbeiten an einem selbstgebauten Czerny-Turner-Spektrographen. Man beachte, das Gerät wurde im Rahmen eines Schülerprojektes gebaut. Dabei wurde jedem Teilnehmer die vielen Klippen, die es zu umschiffen gilt, eindrücklich ins Bewusstsein gerückt.
Lothar Schanne berichtete danach zu seinen Verbesserungen an der Kalibrierlichteinspeisung am kommerziellen Lihres-IIISpektrographen von Shelyak. Sie erlaubt, andere Lichtquellen als die eingebaute Neon-Kalibrierung zu benutzen. Von den Teilnehmern wurden die Genauigkeit und die systematischen Fehlerquellen durch die Spaltbeleuchtung diskutiert, um dann in die kombinierte Pause mit Poster- und Gerätesitzung zu gehen.
Bestens bewährt hat sich der zum ersten Mal durchgeführte Büchertisch. Einige Teilnehmer hatten Literatur zur (Astro-) spektroskopie, Sternphysik und Optik ausgelegt, so dass für alle die Gelegenheit bestand, die teils kostspieligen Bücher vor einem Kauf zu begutachten.
Die letzte Vortragsrunde am Samstag bestritt im ersten Teil Wolf-Rainer Hamann von der Universität Potsdam. Er stellte den Teilnehmern sein Arbeitsgebiet ,,Heiße Sterne" vor, insbesondere diskutierte er, welche Informationen Spektren über die Dynamik der Systeme liefern. Dabei legte er eindrucksvoll dar, dass viele Sterne aus seinem Arbeitsgebiet aufgrund ihrer Helligkeit und des notwendigen spektralen Auflösungsvermögens durch Amateure untersucht werden können. Dies ist für ihn wichtig, da Spektren gerade von diesen hellen Sternen oft nicht einmal in professionellen Datenbanken vorliegen. Mit diesen Informationen ging es dann in eine offene Diskussionsrunde, um mögliche gemeinsame Beobachtungskampagnen zu starten. Es zeigten sich viel versprechende Ansätze für weitere Amateur-Profi-Kampagnen.
Der Tagungstag klang unter dem künstlichen Himmel des Planetariums aus, um dann in lockerer Diskussionsatmosphäre beim gemütlichen Abendessen im Hotel auszulaufen.
Der Sonntagvormittag wurde von Markus Mugrauer, Universität Jena, begonnen. Er berichtete unterhaltsam über die verschiedenen Beobachtungsaktivitäten an der Universitätssternwarte. Dabei kommt auch der fibergekoppelte Spektrograph FIASCO zum Einsatz, der vom Club of Amateurs in Optical Spectroscopy (CAOS) entwickelt wurde.
Nach einer Pause folgte der letzte Vortragsblock, der durch unseren ,,Benjamin", dem Schüler Daniel Weiss mit seinem Bericht über den Bau seines Gitterspektrographen nach klassischem Design eingeleitet wurde. Daniel berichtete von seinen grundsätzlichen Parameteransätzen sowie über die mechanische Umsetzung. Er brachte seinen Spektrographen zwecks Anschauung dann auch gleich mit, so dass sich alle ein Bild von seiner beachtlichen Leistung machen konnten.
Nachdem ein Vortrag ausfallen musste, schlug Wolfgang Holota vor, von seiner Arbeit für das Satellitenprojekt ECHO zu berichten. Wolfgang arbeitet professionell an der Entwicklung von ,,HighEnd-Spektrographen" für die Raumfahrt und erzählte so spontan über seine Aktivitäten für die Forschung am Rande des technologisch Machbaren.
Zum Ende der Tagung diskutierten dann in der abschließenden Runde alle Teilnehmer über Fachgruppenthemen und zukünftige Arbeiten. Es wurden folgende Dinge verabredet: - Angesichts eines regen Interesses an
unserer Gruppe sowie eines damit verbundenen Wachstums erscheint es sinnvoll, unsere Tagungen jährlich stattfinden zu lassen. Damit befriedigen wir auch den Wunsch nach einem persönlichen Austausch. - Die ASpekt 12 soll im Süden Deutschlands durchgeführt werden. Damit laden wir ganz bewusst und herzlich unsere Sternfreunde aus der Schweiz, aus Österreich und Frankreich ein, mit uns zu diskutieren. - Im Herbst 2011 wird wieder ein An-
fängerworkshop durchgeführt. - Es besteht ein dringender Bedarf, die
Techniken der Datenreduktion zu lernen. Dabei soll das professionelle Datenreduktionspaket MIDAS der ESO benutzt werden. - Wir haben uns gegen einen Berichtsband über unsere Konferenz entschieden. Statt eines Tagungsproceedings sind alle Vortragenden aufgerufen, in unserem Fachgruppenjournal SPEKTRUM zu publizieren und/oder ihre Vorträge zumindest als PDF auf der Webseite hinterlegen zu lassen. - Im Sinne einer breiten Streuung der Verantwortlichkeiten und zwecks Entlastung unseres Editors sind Freiwillige aufgerufen, die Redaktion für Spektrum und der Spektroskopiesektion des VdS-Journals für Astronomie zu übernehmen.
Damit war die ASpekt 11 schon wieder Geschichte. Ein ganz besonderer Geist der Fachtagungen der Astrospektroskopiker wurde auch hier wieder wirksam: Die Zusammenarbeit von Profi- und Hobbyastronomen ist nicht nur möglich, sondern die Arbeit hat und wird weitere Früchte tragen. Es beeindruckte nicht nur die ,,Rookies", mit wie viel Respekt und Bescheidenheit die Kollegen verschiedenen Kenntnisstandes miteinander umgegangen sind.
Unser besonderer Dank gilt an dieser Stelle der Sternwartenleitung für die Bereitstellung der Räumlichkeiten und den Mitgliedern des Fördervereins. Wenn ein ganzer Verein Kuchen für uns backt, Brötchen schmiert und uns das Wochenende bedient, ist das eine ganz außergewöhnliche Gastfreundschaft, für die wir uns nur zutiefst bedanken können. Das allseitige Lob der Tagungsteilnehmer spricht für sich. Zitat Wolf-Rainer Hamann: ,,Die Tagung hat sich schon kulinarisch gelohnt." Die teils weite Anreise war es wert. Wir durften in einer für unsere Zwecke ausgezeichneten Umgebung tagen.
Wir freuen uns nun auf die ASpekt 12, die Anfang Mai 2012 vermutlich in Bad Boll stattfinden wird, und zu der wir schon jetzt alle Interessenten, insbesondere Neulinge und Anfänger einladen. Informationen werden rechtzeitig in die Internetseite der Fachgruppe eingestellt.
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Spektroskopie
Messen wie die Profis
- Teil 1: Ein Spalt-Spektrograph maximaler Effizienz in Planung
von Thomas Eversberg und Klaus Vollmann
Wir beschreiben die Entwicklung, den Bau sowie die optische Analyse und Prüfung eines klassischen Spalt-Spektrographen für den Newtonfokus zur Aufnahme von Sternspektren. Aufgrund der Teleskop- und CCD-Parameter, der zu erreichenden Grenzmagnituden sowie der Helligkeiten entsprechender Zielsterne wurde unser Spektrograph dem Teleskop zweckbestimmt und optimal angepasst, um insbesondere die maximal mögliche Effizienz, also die optimale Lichtausbeute sowohl optik- als auch aufnahmeseitig zu erzielen. Dazu wurden grundsätzliche Überlegungen für alle beteiligten Parameter in Betracht gezogen.
Professionelle Teleskope werden immer größer und haben Spiegel der 10-MeterKlasse erreicht. Die chemische Datenaufnahme mit Fotoplatten wurde in beinahe allen Bereichen durch CCD-Kameras ersetzt. Dies wirkt sich auch auf die Amateurastronomie aus, da mit dieser Entwicklung ein enormer Preisverfall (der für Amateure wahrscheinlich dominierende Faktor) einhergeht. Teleskope von bis zu 40 cm Öffnung sind hier keine Seltenheit mehr und der fortgeschrittene Amateur kann ohne großen finanziellen Aufwand CCD-Kameras nutzen, die eine hohe Effizienz aufweisen.
Mit Ausnahme weniger Entwicklungen stehen dem Amateur prinzipiell also die gleichen Technologien zur Verfügung wie dem Profi. Allerdings ist aufgrund begrenzter finanzieller Mittel eine Annäherung an wissenschaftliche Ziele oder gar eine Zusammenarbeit mit den Profis in den Bereichen, in denen wirklich große Teleskope erforderlich sind, kaum denkbar.
Darüber hinaus erreichen schon Teleskope von etwa 20 cm Öffnung (!) ein Auflösungsvermögen in der Größenordnung des typischen Seeings unserer Breiten. Teleskope mit größeren Aperturen können diese also bezüglich der geometrischen uns spektralen Auflösung nicht sinnvoll ausschöpfen, sofern keine adap-
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tiven Optiken genutzt werden. Anders ist dies bei der Spektroskopie, insbesondere der Linienprofilanalyse. Es lassen sich spektrale Änderungen in den Emissionslinien von Winden massereicher Sterne in Zeitskalen von Minuten bis Jahren auch mit kleinen Teleskopen ohne weiteres detektieren, auswerten und interpretieren.
Da das Signal-zu-Rausch-Verhältnis S/N vom Spiegeldurchmesser abhängt [1] und Variationen des Seeings eliminiert werden, können große Teleskope hier ihre Apertur voll ausspielen. ,,1-mElefanten" wie Melle [2] und Trebur sind prädestiniert für die Spektroskopie. Die entsprechende Zusammenarbeit zwischen Amateuren und Profis sowie der erfolgreiche Einsatz der Amateurspektroskopie werden insbesondere durch die Arbeiten der VdS-Fachgruppe ,,Spektroskopie" [3-5] aber auch durch die vorgestellten Artikel von Berthold Stober [6] und Markus Giftthaler [7] verdeutlicht. Der vom Amateur vielfach als Mangel empfundene Nachteil einer nichtbildgebenden Technik wird durch die Einmaligkeit der einzelnen Beobachtung, die mögliche physikalische Analyse sowie eine potentielle Zusammenarbeit mit der professionellen Astronomie mehr als aufgewogen. Langfristige Beobachtungen in Zeiträumen von Jahren können von der professionellen Astronomie aufgrund begrenzter Beobachtungszeit nur bedingt oder gar nicht durchgeführt werden. Darüber hinaus sind solche Kampagnen für viele Wissenschaftler ineffizient; es fallen einfach zu wenige Publikationen ab. Das Interesse der Autoren als ausgebildete Spektroskopiker ist die Analyse der Winde von massereichen Sternen, deren zeitlich veränderliche Emissionslinien auf dynamische Phänomene in den Atmosphären zurückgeführt werden. Dazu gehören die Be- und insbesondere die Wolf-Rayet-Sterne. Be-Sterne haben den Vorteil, dass sie relativ häufig und hell am Himmel zu finden sind. Das gilt jedoch nicht für die seltenen WR-Sterne, deren hellste Vertreter am Nordhimmel
1 Das Prinzip eines Spalt-Spekt-
rographen. Der optische Spalt liegt im Teleskopfokus und erzeugt in Dispersionsrichtung eine Lichtquelle (Stern) konstanter Breite. Die Brennweiten von Kollimator und Kamera bestimmen das spektrale Auflösungsvermögen ebenso wie die Brennweite des Teleskops und das Seeing.
nur 7-8 mag aufweisen. Um auch von diesen Sternen mit ihren komplexen Winden brauchbare Spektren mit unserem 12,5-Zöller zu erhalten, mussten wir auf maximale Effizienz des Systems achten. Das Ziel war, den Anforderungen einer wissenschaftlichen Datenqualität zu genügen (siehe unten).
Bemerkungen zum optischen Spalt Zur Beobachtung zeitabhängiger Linieneffekte in den Spektren ist eine zeitlich konstante spektrale Auflösung notwendig. Die Auflösung wird jedoch durch die Abbildung des zu beobachtenden Objekts bestimmt. Wenn die Größe des Zielobjekts in Dispersionsrichtung (die Richtung, in die das Licht gebeugt wird) nicht konstant gehalten wird, ist das Auflösungsvermögen durch zeitabhängige Fluktuationen (Seeing) variabel. Die Abbildung 1 verdeutlicht den geometrischen Zusammenhang. Falls die Abbildung des im Durchmesser fluktuierenden Seeing-Scheibchens im Fokus des Spektrographen d2 größer ist als die stabilen Beugungseffekte aller abbildenden optischen Elemente, ist ein optischer Spalt unerlässlich. Das ist beinahe immer der Fall, da das Seeing-Scheibchen in
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der Bildebene des Teleskops d1 mit der Brennweite größer wird und Beugungseffekte erst bei einer Teleskopbrennweite von unter 1 m dominieren. Beobachter mit Teleskopen kurzer Brennweite können aufgrund stabiler Beugungseffekte i. d. R. auf einen Spalt verzichten.
Mit dem Spalt wird das Seeing-Scheibchen in Dispersionsrichtung auf konstanter Breite gehalten, indem Randteile der Sternabbildung abgeblendet werden (Abb. 2). Der Spalt ist also ein rein auflösungsdefinierendes optisches Element und muss senkrecht zur Dispersionsrichtung orientiert sein.
In manchen Texten wird der Spalt jedoch oft als Blende zur Reduktion des Himmelshintergrunds und somit zur Verbesserung des S/N angesehen. Dazu folgende Überlegung: Im Gegensatz zum annähernd punktförmigen Stern wird der gesamte Himmelshintergrund auf dem Chip bzw. auf jedes einzelne Pixel spektral abgebildet und wir müssen diesen in Relation zum eng begrenzten Sternlicht setzen. Wenn wir ein Bildfeld oder optisches Gitter von 50 mm Länge betrachten und die zu beobachtenden Sterne bei einer Teleskopbrennweite von rund 1 m in einer Mondnacht (Himmelshintergrund ~ 19 mag/arcsec2) heller sind als 4 mag bleibt die Verschlechterung des S/N bei rund 1.000 Pixel jedoch geringer als 10 %. Analog gilt dies für Sterne von etwa 5,5 mag bei einer Teleskopbrennweite von rund 4 m. Der mechanische Aufwand für eine Blende steht also i. d. R. in keinem Verhältnis zu der erreichbaren Verbesserung der Datenqualität. Daher macht ihr Einbau nur dann Sinn, wenn diese direkt als Spalt ausgelegt wird.
Der Spalt ermöglicht außerdem eine von den aufgenommenen Spektren unabhängige Wellenlängenkalibration mittels einer Kalibrationslampe (z. B. Ne oder He-Ar). Eine direkte bzw. abhängige Kalibration an den gemessenen Spektrallinien ist durchaus möglich (terrestrische Linien aus der Erdatmosphäre), die Menge geeigneter Linien aber meist unzureichend. Die Anwendung von Sternlinien ist unzuverlässig, falls diese Linien Variabilitäten in der Wellenlänge zeigen. Dieser Fall gilt insbesondere für Sterne wie Be-Sterne mit ihren Äquatorialscheiben und die daraus resultieren-
2 Der optische Spalt definiert die
spektrale Auflösung, indem die Flügel des fluktuierenden Seeing-Scheibchens ausgeblendet werden. Die Spaltbacken stehen immer senkrecht zur Dispersionsrichtung, um ein konstantes spektrales Auflösungsvermögen zu garantieren.
den prominenten H· -Emissionen. Völlig unmöglich wird eine direkte Kalibration bei WR-Sternen. Deren ausströmende Atmosphären sind optisch so dicht, dass in ihren Spektren keine Absorptionslinien sondern nur variable und stark verbreiterte Emissionen zu finden sind. Für den Einbau eines Spalts sprechen somit eine definierte und konstante spektrale Auflösung sowie die unabhängige Kalibration auf der Sternlichtachse. Beide Punkte sind unerlässlich, will man professionellen Ansprüchen an spektroskopische Untersuchungen gerecht werden. Nachteilig sind die notwendigerweise exakte Nachführung (der Zielstern muss auf dem Spalt bleiben), der zusätzliche Lichtverlust durch das ,,Wegschneiden" der Seeingflügel, der höhere mechanische Aufwand und damit auch die höheren Kosten.
Planung und Rechnungen Abhängig von obigen Anforderungen mussten zunächst alle optischen Parameter des Systems Teleskop - Spektrograph - CCD-Pixelgröße bestimmt werden. Der Spektrograph kann nicht als ein vom Teleskop oder der CCD unabhängiges System betrachtet werden. Sowohl die Teleskopbrennweite und das Öffnungsverhältnis als auch die Pixelgröße der CCD bestimmen die Eigenschaften der Optik. Eine sehr hilfreiche Quelle sind die Arbeiten des französischen Amateurs
Christian Buil [8]. Unterschiedliche Spektrographen sowie deren Bau werden in didaktisch guten Texten vorgestellt. Ein Highlight bildet ein entsprechendes Excel-Sheet namens SIMSPEC, welches alle in den Texten hergeleiteten Formeln vereinigt und für die Planung interaktiv zur Verfügung stellt. Für die Nutzung eines Spalts haben wir SIMSPEC modifiziert. Diese modifizierte Version kann von unserer Webseite [9] oder der Fachgruppe Spektroskopie [4] geladen werden.
Aufgrund der langen Brennweite unseres f/16-Cassegrain und der daraus zwangsläufig resultierenden langen Brennweiten der Spektrographenoptiken mit folglich immenser Baugröße wollten wir das System zunächst via Lichtleiter mit dem Teleskopfokus verbinden. Allerdings ist die Transmissivität von Fiberoptiken aufgrund verschiedener Effekte (Fokusdegradation des Fokus, Oberflächenpolitur der Faserenden, mechanische Anpassungen) stark reduziert. Selbst professionelle Anwender erreichen aktuell eine Transmissivität von maximal 70 %. Außerdem erfordern Lichtleiter einiges Know-How. Unsere Anforderungen an hohe Effizienz schloss Lichtleiter daher aus.
Eine Alternative bot das Littrow-Design im Newton-Fokus. Insbesondere durch die kompakte Bauweise, bei der eine einzelne Optik als Kollimator und Kamera wirkt, sind Littrow-Spektrographen in Amateurkreisen weit verbreitet. Leider steigt der mechanische Aufwand eines Littrow-Spektrographen durch den Einbau eines optischen Spalts und macht das Design anspruchsvoller. Ein hervorragender Littrow-Spalt-Spektrograph für f/8-bis-f/12-Systeme (LHires III), von Christian Buil entwickelt und heute von der Firma Shelyak vertrieben, stand damals nicht zur Verfügung und wäre auch an unser Teleskop nicht angepasst.
Für den f/4-Newton entschieden wir uns daraufhin für einen Spaltspektrographen nach klassischem Design. Ein Umlenkspiegel zwischen Gitter und Kamera dient zur Reduzierung der Baugröße. Darüber hinaus sollte unsere Guiding-CCD den Stern zwecks Nachführung direkt im Spektrographen erfassen sowie die Positionierung auf dem Spalt ermöglichen. Nach Diskussionen mit einigen auf dem Gebiet der massereichen Sterne erfahre-
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Sternbedeckungen
nen Profis waren unsere Vorgaben wie folgt: 1. Grenzhelligkeit: etwa 8 mag, 2. Spektrale Dispersion: · < 0,4 Å/Pixel, 3. Signal-zu-Rausch-Verhältnis: S/N
100 und 4. Belichtungszeit: maximal 30 min.
Die Grenzgröße von 8 mag definiert sich aus den schwächsten WR-Zielsternen. Die relativ hohe spektrale Dispersion · sowie das hohe S/N ergeben sich aus der Linienprofilanalyse, die notwendig ist, um diskrete Strukturen im Wind von WR- und Be-Sternen zu detektieren. Um Materieklumpen in WR-Winden (die als transiente Emissionen in den Spektren in Erscheinung treten) zu verfolgen, bedarf es darüber hinaus einer hinreichend kurzen Belichtungszeit.
Davon ausgehend konnten wir nun das Gesamtsystem berechnen. Die Parameter lauten damit: 1. Teleskopöffnung: D = 317,5 mm, 2. Teleskopbrennweite: f = 1.270 mm,
3. Kollimatorbrennweite: f = 180 mm, 4. Kamerabrennweite: f = 500 mm und 5. Gitterkonstante: k = 1.200 Linien/
mm.
Mit diesen Größen sollten bei einem Seeing von 2'' eine spektrale Auflösung von etwa 0,8 Å auf zwei 24 µm-Pixel und ein S/N von rund 150 innerhalb einer Belichtungszeit von 1.800 s bei einem Stern von 8 mag erreicht werden.
(Anm. der Red.: Das Teleskop und der Spektrograph befinden sich heute am Carl-Fuhlrott-Gymnasium, Wuppertal, im Schülerlabor Astronomie zur Durchführung von Schülerprojekten und zur Lehrerfortbildung.)
Literaturhinweise, Erläuterungen und Web-Links
[1] Das Signal ist proportional zur Anzahl der gemessenen Photonen, also S~NP. Das Rauschen ist gemäß Poisson-Statistik jedoch propor-
tional zur Wurzel der gemessenen Photonen. Damit ergibt sich für das Verhältnis S/N~N1/2. Die Anzahl der Photonen hängt von der Spiegelfläche ab, welche wiederum proportional zum Spiegeldurchmesser zum Quadrat ist und somit gilt S/N~D. [2] P. Riepe und H. Tomsik, 2006: ,,Große Amateurteleskope in Deutschland?", Sterne und Weltraum 4/2006 [3] http://spektroskopie.fg-vds.de [4] E. Pollmann, 2000: The Be Star Newsletter 34, 6/2000 [5] E. Pollmann und B. Stober, 2005: The Be Star Newsletter 38, 5/2005 [6] B. Stober, 2005: ,,Der Mizar-Test: Spektroskopie mit selbst gebautem Gitterspektrographen", Sterne und Weltraum 6/2005 [7] M. Giftthaler, 2005: ,,Calis - Sterne hinterm Gitter", Sterne und Weltraum 10/2005 [8] astrosurf.com/~buil/ [9] www.stsci.de
Freud, Wabash und Sirona
- drei Sternbedeckungen zum Jahresausklang
von Oliver Klös
Nachdem im Jahr 2010 mit der Bedeckung durch (472) Roma ein mit bloßem Auge sichtbarer Stern bedeckt wurde, finden gegen Ende 2011 immerhin drei Bedeckungen über dem deutschsprachigen Raum statt, die auch mit kleineren Instrumenten beobachtet werden können.
Freud Los geht es am 25. November 2011 mit der Sternbedeckung durch den Astero-
iden (4342) Freud. Im Sternbild Orion wird der 8,7 mag helle Stern TYC 131201598-1 für maximal 1,6 Sekunden be-
Steve Preston in den U.S.A., der für die Gemeinschaft der Sternbedeckungsbeobachter weltweit Vorhersagen der Bedeckungspfade rechnet, aktualisiert seine Berechnungen ein paar Wochen vor dem Ereignis regelmäßig. Details zur Lage der Pfade können Sie aus den Karten entnehmen. Bei allen Karten zeigen die dunkelgrünen Linien die Pfadgrenzen. Die gestrichelten blauen Linien markieren die 1-Sigma-Fehlergrenze. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 68 % liegt der Pfad innerhalb dieser Grenzen.
1 Schattenpfad der Sternbedeckung durch (4342) Freud. Der Schatten bewegt
sich von Ost nach West.
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2 Der vorausberechnete Pfad für die Bedeckung durch (2453) Wabash.
Auch hier ist die Bedeckung zuerst im Osten zu beobachten.
deckt. Dabei fällt die kombinierte Magnitude (Stern und Asteroid) um 7,8 mag auf 16,5 mag ab, d. h. für die meisten Instrumente verschwindet der Stern in diesem Zeitraum.
Der nur 20 km breite Pfad, der noch eine recht hohe Ungenauigkeit hat, überquert gegen 22:34 UT (23:34 MEZ) Österreich, Deutschland und die Schweiz. Aufgrund der großen Unsicherheit des Pfades sollten Beobachter sich ein paar Tage vor dem Ereignis noch einmal Steve Prestons Vorhersage ansehen. Durch neue Positionsmessungen, die nach dem Redaktionsschluss dieses Artikels eingegangen sind, kann sich der Pfad noch nach Norden oder Süden verschoben haben. Auf jeden Fall sollten Beobachter südlich von Nürnberg eine Beobachtung versuchen. Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit sehr klein ist eine Bedeckung zu beobachten, so ist sie doch statistisch möglich. Ein Pfad ist in der Regel nie genau dort, wo er zuvor berechnet worden war. Gerade bei helleren Sternen sind die Sternpositionen oft ungenauer als bei schwachen Sternen. Die Pfadverschiebung der Bedeckung durch (472) Roma hat es deutlich gezeigt. Ein aktuelles Beispiel: Ende Mai 2011 beobachtete ein Team in Frankreich die Bedeckung des Kleinplaneten (1036) Ganymed erfolgreich, obwohl die Vorhersage ihnen nur eine Chance von 0,2 % gab! Eine solch große Verschiebung ist äußerst selten, kommt aber vor. Hier zeigte sich, dass auch weit außerhalb des vorausberechneten Pfads beobachtet werden muss.
Wabash Ein paar Tage später, am 1. Dezember 2011 gegen 21:15 UT (22:15 MEZ), erfolgt dann die Sternbedeckung durch (2453) Wabash. Der Stern TYC 2416-00024-1 in Sternbild Auriga hat eine Magnitude von 9,1 mag. Die kombinierte Magnitude wird bei der maximal 2,1 Sekunden dauernden Bedeckung um 6,5 mag auf 15,6 mag abfallen. Der 27 km breite Pfad hat eine größere Genauigkeit als der Pfad von Freud. Auch hier gilt: Unbedingt die letzten Berechnung von Steve Preston ansehen.
Die Lage des Pfads erinnert an den von (472) Roma im letzten Jahr. Somit können viele Beobachter, die schon damals erste Erfahrungen gesammelt haben, sich hier wieder der Gemeinschaft der Beobachter anschließen.
Sirona Mit der Bedeckung durch (116) Sirona am 4. Dezember 2011, leider in der zweiten Nachthälfte gegen 02:53 UT (03:53 MEZ), wird dann der hellste Stern die-
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Veränderliche
ser drei Bedeckungen verdunkelt. TYC 0282-00753-1 liegt im Sternbild Virgo und hat eine Helligkeit von 7,7 mag. Die Bedeckung dauert maximal 3,3 Sekunden und die kombinierte Magnitude fällt dabei um 5,1 mag auf 12,8 mag ab. Wie bei Wabash liegt auch hier das Ruhrgebiet wieder im vorausberechneten, 118 km breiten Pfad und ist in der Mitte Deutschland platziert. Österreich liegt noch innerhalb der Fehlergrenzen. Somit sollte diese Bedeckung für alle interessierten Beobachter im Terminkalender stehen. Selbst bei einer ausgeprägten Verschiebung sollte der Pfad letztendlich im Bereich der Leser des VdS-Journals für Astronomie liegen.
Hinweise und Tipps zur Beobachtung sind bereits an dieser Stelle zur Bedeckung durch (472) Roma erschienen. Ungeübte Beobachter sollten die Hinweise noch einmal verinnerlichen [1].
Video- und CCD-Beobachter sollten darauf achten, dass der Stern nicht überbelichtet ist (z. B. Filter benutzen oder leicht defokussieren). Sonst können bei einem langsamen Helligkeitsabfall des Sterns wichtige Informationen verloren gehen. Das war bei einigen Messungen von der Bedeckung von (472) Roma der Fall.
3 Der Schatten von (116) Sirona streift Mitteldeutschland von West nach Ost.
Österreich liegt noch innerhalb der südlichen Fehlergrenze.
Noch einmal sei daran erinnert: Letzte Updates von Vorhersagen werden oft sehr kurzfristig veröffentlicht. Sehen Sie sich bitte die aktualisierten Daten auf Steve Prestons Webseite an [2].
Auch auf der Seite ,,Call for Observations" der IOTA-ES finden Sie letzte Informationen im Internet [3].
Der Autor möchte sich bei Steve Preston bedanken, der seine Vorhersagen für die-
se Ereignisse eigens für diesen Artikel mit neuesten Daten erneut berechnet hat.
Literaturhinweise und Web-Links [1] O. Klös, 2010: ,,Sternfinsternis über
Europa, 1. Teil", VdS-Journal für Astronomie 33, 115 [2] S. Preston: "Asteroid Occultation Updates", www.asteroidoccultation. com [3] IOTA-ES: www.iota-es.de
Epsilon Aurigae
- Beobachtungskampagne einer seltenen Bedeckung
von Frank Walter
Im Jahre 2008 startete die BAV (Bundesdeutsche Arbeitsgemeinschaft für Veränderliche Sterne) eine Beobachtungskampagne für den Bedeckungsveränderlichen Epsilon Aurigae. Der Stern ist in mehrfacher Hinsicht ein besonderes Objekt, das weltweit unter den Veränderlichenbeobachtern während der letzten drei Jahre rege Aktivitäten ausgelöst hat. - Eine Bedeckung findet nur alle 27
Jahre statt, ist also ein seltenes Ereignis. Seit 1848 wurden bisher alle Bedeckungen beobachtet und Lichtkurven dazu aufgezeichnet. - Eine Bedeckung dauert über 2 Jahre. Zur Aufnahme der Lichtkurve sind
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also sehr viele, möglichst lückenlose Beobachtungen erforderlich. - Während der vollständigen Bedeckung zeigte der Stern (zumindest bei den letzten Bedeckungen 1983 und 1956) kein konstantes Licht sondern einen Helligkeitsanstieg und Abfall. - Die Helligkeit schwankt zwischen 2,9 und 3,8 mag. Fotometrie mit CCDKameras scheidet hier meist aus, da im sehr kleinen Gesichtsfeld einer solchen Kamera geeignete Vergleichssterne zur Helligkeitsmessung nicht vorhanden sind. Visuelle Beobachtungen und Fotometrie mit Digitalkameras sind also in diesem Fall die
bevorzugten Methoden.
Bei Epsilon Aurigae handelt sich nach dem bisher gültigen Modell um ein sehr großes System, bestehend aus einem Überriesen der Spektralklasse F0 mit der zehnfachen Sonnenmasse und dem 300-fachen Sonnenradius. Die Bedeckung wird durch ein Doppelsternsystem verursacht, das von einer riesigen Staubscheibe umgeben ist. Das rotierende Doppelsternsystem sorgt dafür, dass die Staubscheibe in ihrem Zentrum dünner ist, sodass in der Mitte der Bedeckung des Überriesen der Helligkeitsanstieg/abfall zustande kommt.
Veränderliche 123
1 Die Gemeinschaftslichtkurve zeigt alle Beobachtungsergebnisse der Epsilon-Aurigae-Kampagne
Die BAV veröffentlichte ihre Beobachtungsaufrufe im BAV-Rundbrief und auf ihrer Webpage. Die Resonanz war erstaunlich: Für den Zeitraum September 2009 bis Juni 2011 gingen von 28 Beobachtern aus Deutschland, Österreich und Ungarn ca. 2.100 Helligkeitsschätzungen/-messungen ein. Davon sind ca. 1.510 visuell und 590 durch digitale bzw. CCD-Kameras gewonnen. Aus den Daten wurde die Gemeinschaftslichtkurve (vgl. Abb. 1) abgeleitet.
Die Datenpunkte streuen stark. Das liegt an den sehr unterschiedlichen Beobachtungsmethoden (visuell, bzw. digitale Kamera), an den sehr unterschiedlichen Sichtbarkeits- und Wetterbedingungen, an den verwendeten Vergleichssternen. Eine genauere Analyse der Daten steht noch aus. Man kann die Kurve glätten, indem man offensichtliche Ausreißer entfernt und 3-er Mittel bildet (Binning = 3). Dazu wurde das Programm ,,Peranso" verwendet. Es ergibt sich die Kurve in der Abbildung 2. Daraus lassen sich grob
folgende Zeitpunkte ablesen:
Beginn der Bedeckung
I(n1.foKkonatsatket)n: Headline
05.08.2009
(09.08.2009)
Beginn der vollständigen Bede-
ckung (2. Kontakt):
26.02.2010
(21.12.2009)
Mitte Minimum: 29.07.2010
(10.08.2010)
Ende der vollständigen Bedeckung
(3. Kontakt):
02.03.2011
(12.03.2011)
2 Die mit einem Dreiermittel geglättete Gemeinschaftslichtkurve von Epsilon
Aurigae
Diese Werte stimmen recht gut mit den Vorhersagen (Zahlen in Klammern [1]) überein. In der Bedeckungsphase zeigt sich ein Helligkeitsanstieg von ca. 0,3 mag, wie er aufgrund früherer Beobachtungen vorhergesagt wurde. Dieser Buckel in der Lichtkurve scheint nicht genau in der Mitte der vollständigen Bedeckung zu liegen. Der Anstieg der Lichtkurve nach dem 3. Kontakt (= Ende der vollständigen Bedeckung) verläuft etwas steiler als der Abstieg. Solche Abweichungen von der Symmetrie einer Lichtkurve, wie sie bei den üblichen Bedeckungsveränderlichen auftritt, lässt sich mit der Bedeckung
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124
VdS Nachrichten
durch eine Staubwolke erklären, die keine festumrissenen Konturen hat.
Inzwischen sind einige Arbeiten der Profis erschienen, die das Rätselhafte des Sterns aufdecken. Frühere Erklärungen über die Natur des Bedeckungssystems wurden zumindest teilweise korrigiert. Eine kurzgefasste und übersichtliche
Darstellung sowie weitere Literaturhinweise dazu finden sich in [2]. Die Verfolgung der Lichtkurve war eine spannende Aufgabe für alle, die sich an der Kampagne beteiligt haben. Sie hat gezeigt, dass Amateure auch ohne großen technischen Aufwand in langfristiger, gemeinschaftlicher Arbeit gute Ergebnisse erzielen können.
Literaturhinweise: [1] W. Quester, 2008: ,,Ein rätselhafter
Bedeckungsveränderlicher", Sterne und Weltraum 12/2008 [2] J. Hattenbach, 2010: ,,Epsilon Aurigae und sein Begleiter", Sterne und Weltraum 6/2010
VdS-Vorstand aktuell
von Sven Melchert
Die vorletzte Vorstandssitzung in dieser Amtsperiode fand am 16. Juli in Lüneburg statt. Wichtige Tagesordnungspunkte waren der Wirtschaftsplan für 2012 und die Vorbereitung der Mitgliederversammlung am 10. September. An weiteren Themen wurden besprochen:
Astronomietag 2012 Entgegen der Mitteilung im VdS-Journal Nr. 37 wird der Astronomietag 2012 nun am 24. März stattfinden. Der zuvor ins Auge gefasste Termin Ende April hätte aufgrund der deutlich später einsetzenden Dunkelheit (auch durch die Sommerzeit) abendliche Publikumsveranstaltungen erschwert.
Tag der Luft- und Raumfahrt in Köln Zu diesem Anlass produziert Alexander Weis eine CD-ROM mit astronomischen Informationen und einer Anleitung zur Astrofotografie. Die CD wird in einer Auflage von 8000 Exemplaren produziert und an die Besucher verschenkt. Gleichzeitig startet damit der Wettbewerb ,,Mein Bild vom Himmel", an dem jeder teilnehmen kann. Über die Preisträger wird am Astronomietag 2012 informiert. Neben dem Stand der VdS wird Gernot Meiser mit seinem mobilen Planetarium vor Ort sein und zehn Sonnenteleskope werden den Besuchern einen Blick auf unseren Heimatstern ermöglichen.
Konzept für Aktivitäten des neuen Vorstands Der amtierende Vorstand wird dem auf der Mitgliederversammlung neu gewählten Vorstand ein umfangreiches Konzept für Aktivitäten in den Jahren 2012 und 2013 mit auf den Weg geben. Stichworte dazu: Ausbau der Mitgliederkommunikation, mehr ,,Events" live im Internet übertragen, Arbeitsgruppen für wichtige Themenfelder einrichten und insgesamt die Leistungen der VdS ausbauen.
Wir begrüßen neue Mitglieder
Mitgl.-Nr.
19950 19969 19992 19995 19996 19998 19999 20000
Name
Dr. Kolk Düngfelder Mrotzek Georgi Abu-Salih Ebeling Dr. Ing. Müller Blackert
Vorname
H-Walter Norbert Manfred Thomas Faried Anne Bernd Martin
20001 20002 20003 20004 20005 20006
Stutenkemper Franssen Grohs Gross Sell Viehöver
Rolf Frans Wolfgang Peter Andreas Sibylle
PLZ
51375 65203 21614 08324 33619 39218 16761 36199
Ort
Leverkusen Wiesbaden Buxtehude Bockau Bielefeld Schönebeck (Elbe) Henningsdorf RotenburgSchwarzenhasel
50259 06445 53332 68167 47441 85635
Puhlheim GT Brunssum Bornheim Mannheim Moers Höhenkirchen
Mitgl.-Nr.
20007 20008 20009 20010 20011 20012 20014 20015 20017 20018 20019
Name
Alzen Syben Spreng Dr. med. Rust Ketteler Schwab Sterkel Scheeres Störmer Börger Knappert
20020 Gessinger
Vorname
PLZ
Frank
56412
Olaf
52080
Marlene 85055
Dirk-Stefan 21035
Christa
46514
Erwin
63329
Dieter
76227
Manfred 41541
Roland
59425
Frank
59067
Peter
78056
Ort
Holler Aachen Ingolstadt Hamburg Schermbeck Egelsbach Karlsruhe Dormagen-Zons Unna Hamm VillingenSchwenningenMühlhausen
Stephan 31139 Hildesheim
VdS-Journal Nr. 39
VdS Nostalgie 125
ausgewählt und zusammengestellt von Peter Völker - Folge 13 50 Jahre Mauerbau - dieses denkwürdige Ereignis hat auch in der VdS Spuren hinterlassen. Exakt eine Woche und einen Tag davor, am 5. August 1961, fand die reguläre VdS-Tagung statt. Der untenstehende Bericht ist ein Faksimile aus den VdS-Nachrichten. Man lese und staune: Sowohl der 2. Vorsitzende als auch ein Beisitzer stammten aus Sonneberg. Es war VdS-Tradition von Anfang an gewesen, im Vorstand Vertreter beider deutscher Teilstaaten zu haben. Merkwürdig ist nur die Formulierung. ,,Für den Fall einer Verhinderung wählte die Versammlung....Ersatzleute". Hat man damals etwas geahnt? Die befragten Günter D. Roth und Edgar Mädlow können sich nicht einmal mehr daran erinnern, ob die Herren Ahnert und Brandt zur Wahl überhaupt persönlich anwesend waren....
VdS-Journal Nr. 39
Castor Pollux
ZWILLINGE
FUHRMANN
Beteigeuze ORION
Aldebaran
Rigel
SÜDOS T
Sternkarte exakt gültig für 15. Oktober 1 Uhr MESZ
Capella
KASSIOPEIA
KEPHEUS
PERSEUS
Plejaden STIER
Algol
DREIECK WIDDER
ANDROM EDA
Jupiter
FISCHE
E EIDECHS
Deneb PEGASUS
Wega
LEIER
SCHWAN
Albireo
FÜCHSCHEN PFEIL
DELFIN FÜLLEN
Atair ADLER
ERIDANUS
Mira WALFISCH
Uranus
WASSERMANN Neptun
BILDHAUER
FomalhautSÜDL. FISCH
STEINBOCK SÜDWEST
SÜD
Mondphasen im Oktober 2011
Erstes Viertel 4.10.
Planeten im Oktober
Merkur erreicht zwar Ende Oktober einen östlichen Abstand zur Sonne von knapp 20 Grad , wegen der flachen Ekliptik am abendlichen Westhorizont kann man ihn dennoch kaum sehen. Falls doch, sollte man auf die nahe Spica achten.
Venus entfernt sich zunehmend von der Sonne, nimmt dabei aber immer südlichere Deklinationen ein und kann daher frühestens Ende Oktober wieder am Abendhimmel gefunden werden.
Mars zieht Anfang Oktober an der Praesepe (M 44) vorbei; er geht immer früher auf, bleibt im Oktober aber Planet der zweiten Nachthälfte. Der Marsdurchmesser ist mit 6'' noch bescheiden.
Jupiter nimmt Ende Oktober (29.) seine diesjährige Oppositionsstellung im Widder. ein. Er erreicht eine maximale Helligkeit von -2,9 mag, sein Äquatordurchmesser beträgt fast 50''.
Vollmond 12.10.
Letztes Viertel 20.10.
Neumond 26.10.
Saturn steht Mitte Oktober in Konjunktion mit der Sonne und ist folglich nicht am Nachthimmel zu sehen.
Uranus in den Fischen hat seine Opposition Ende September gerade hinter sich. Seine Helligkeit beträgt fast konstant 5,8 mag.
Neptun im Wassermann entwickelt sich nach der Oppositionszeit zum Objekt der ersten Nachthälfte - das ist praktisch, um den fernen Planeten bei einer Sternführung den Besuchern zu zeigen.
Ereignisse im Oktober
01.
R And im Anstieg zum Maxi-
mum bei 5,8 mag oder schwä-
cher am 16.11.
01.
R Tri im Anstieg zum Maxi-
mum bei 5,4 mag oder schwä-
cher am 25.11.
04. 04:15 Erstes Viertel
07.
max. Libration im Mond-SO
11. 21:38 ß Per (Algol) Minimum 3,4 mag,
Abstieg von 2,1 mag in rd.
3 Std.
12. 03:06 Vollmond
12. 12:43 Mond in Erdferne
13. 20h Mond 4,0 Grad N Jupiter
15. 19:30 Mond 4,3 Grad SO Plejaden
20. 04:30 Letztes Viertel
21. 22:22 X Tri Minimum 11,3 mag, rd.
1,5 Std. Abstieg von 8,6 mag.
Weitere Minima täglich rd. 45
Minuten früher.
22. 2h Mond 7,6 Grad S Mars
22.
max. Libration im Mond-NW
26. 13:27 Mond in Erdnähe
26. 20:56 Neumond
29. 02:41 Jupiter in Opposition zur Sonne
30. 02:00 = 03:00 MESZ, Umstellung
auf MEZ, Uhr um 1 Std.
zurückstellen
Alle Zeitangaben in MEZ, exakt für 10 Grad östl. Länge / 50 Grad nördl. Breite
LUCHS
KREBS
Pollux Castor ZWILLINGE
KLEINER HUND
Procyon
Beteigeuze
EINHORN
GROSSER HUND Sirius
SÜDOS T
Sternkarte exakt gültig für 15. November 0 Uhr MEZ
GIRAFFE Capella
KASSIOPEIA
HSE EIDEC
SCHWAN
FUHRMANN
STIER Aldebaran ORION
Algol PERSEUS
ANDROMEDA DREIECK
Plejaden
WIDDER
Jupiter
FISCHE
PEGASUS
Uranus
Mira
WALFISCH
Rigel
WASSERMANN
ERIDANUS
HASE
CHEMISCHER OFEN
SÜDWEST
SÜD
Mondphasen im November 2011
Alle Zeitangaben in MEZ, exakt für 10 Grad östl. Länge / 50 Grad nördl. Breite
Erstes Viertel 2.11.
Vollmond 10.11.
Letztes Viertel 18.11.
Planeten im November
Merkur entfernt sich bis Mitte November bis auf fast 23 Grad östlich von der Sonne. Von Deutschland aus wird man ihn aufgrund der flachen Ekliptik am Abend nicht zu sehen bekommen. Wer sich aber südlicher (ca. ab 40 Grad nördl. Breite) aufhält, hat durchaus Chancen.
Venus taucht zögernd wieder am Abendhimmel auf. Ihr Scheibchen ist noch sehr klein (11'') und kugelrund.
Mars geht jetzt vor Mitternacht auf. Man findet ihn im Löwen. Seine Helligkeit steigt auf 0,8 mag an, sein Durchmesser auf 7''. Um den 10. zieht Mars an Regulus vorbei.
Jupiter hat seine Opposition Ende Oktober gerade hinter sich. Er ist daher weiterhin so gut wie die ganze Nacht zu sehen, sehr hell und fast maximal groß (48'').
Saturn ist ein Objekt für Frühaufsteher. Man kann ihn morgens in der Jungfrau sehen, Anfang November etwas nördlich von Spica.
Uranus in den Fischen wird zum Objekt der ersten Nachthälfte: man kann ihn abends gut sehen. Er steht nur ein halbes Grad südlich des Himmelsäquators.
Neptun findet sich weiterhin im Wassermann. Wer ihn beobachten möchte, sollte das gleich am Abend tun, denn nach 22 Uhr steht Neptun bereits sehr tief.
Ereignisse im November
02. 17:38 Erstes Viertel
03.
max. Libration im Mond-SO
03. 20:12 ß Per (Algol) Minimum 3,4 mag,
Abstieg von 2,1 mag in rd.
3 Std.
08. 14:19 Mond in Erdferne
Neumond 25.11.
09.18h 10. 21:16 11. 21:03 16.
18. 16:09 19. 19. 1h
19. 03:46 22. 6h 24. 00:21 25. 07:10
25.
29. 22:36
Mond 4,2 Grad N Jupiter Vollmond Mond 3,4 Grad S Plejaden R And im Maximum bei 5,8 mag oder schwächer Letztes Viertel max. Libration im Mond-NW Mond 6,3 Grad S Regulus (Alpha Leonis) Mond 7,8 Grad S Mars Mond 10 Grad W Saturn Mond in Erdnähe Neumond Partielle Sonnenfinsternis, sichtbar in der Antarktis und im Südpolarmeer R Tri im Maximum bei 5,4 mag oder schwächer RW Tau Minimum 11,6 mag, rd. 2 Std. schneller Abstieg von 8,0 mag auf ein 1,3-Stunden-Minimum gleich bleibender Helligkeit
GROSSER BÄR
GIRAFFE
KASSIOPEIA
K L L Ö EINE WE R
LUCHS
Capella
LÖWE
Mars
Regulus
KREBS
Castor Pollux
FUHRMANN ZWILLINGE
WASSERSCHLANGE
Alphard
KLEINER HUND
Procyon
Beteigeuze
EINHORN Sirius
Aldebaran ORION
Rigel
SÜDOS T
Sternkarte exakt gültig für 15. Dezember 0 Uhr MEZ
GROSSER HUND
HASE
SÜD
Mondphasen im Dezember 2011
Mondfinsternis
Algol PERSEUS
ANDROMEDA DREIECK
Plejaden STIER
WIDDER Jupiter
FISCHE
PEGASUS
Uranus
Mira WALFISCH
ERIDANUS
SÜDWEST
Alle Zeitangaben in MEZ, exakt für 10 Grad östl. Länge / 50 Grad nördl. Breite
Erstes Viertel 2.12.
Vollmond 10.12.
Letztes Viertel 18.12.
Planeten im Dezember
Merkur verabschiedet sich in diesem Jahr mit einer Morgensichtbarkeit. Zwischen dem 16. und 25. wird man ihn besonders gut am morgendlichen Osthorizont sehen können.
Venus hat die ,,Senke" in der südlichen Ekliptik langsam passiert und wird daher am Abendhimmel mit Jahresende deutlich besser sichtbar. Ihr Durchmesser nimmt auf 13'' zu; Helligkeit: -4,0 mag.
Mars wird im Löwen langsamer, seine Helligkeit steigt deutlich auf 0,2 mag an, der Durchmesser steigt auf 9''. Anfang März 2012 wird Mars in Opposition stehen.
Jupiter läuft noch ein Stück rückläufig vom Widder in die Fische und kehrt seine Richtung zu Jahresende wieder um. Noch kann man ihn fast die ganze Nacht sehen. Seine Helligkeit und sein Durchmesser nehmen aber weiterhin ab (-2,6 mag / 43'').
Saturn macht sich zunehmend am Mor-
genhimmel bemerkbar. Der wieder deutlich weiter geöffnete Ring mag dazu anregen, Saturn jetzt schon ins Visier zu nehmen.
Uranus ist die Alternative zur Tagesschau: Wer ihn beobachten möchte, sollte das gegen 20 Uhr tun, dann steht Uranus am höchsten.
Neptun kann dank der früh einsetzenden Dunkelheit abends noch im Wassermann gefunden werden, er hat seine beste Zeit für dieses Jahr aber deutlich hinter sich.
Ereignisse im Dezember
01. max. Libration im Mond-SO 02. 10:52 Erstes Viertel 06. 02:13 Mond in Erdferne 06. 16:44 Mond 4,2 Grad N Jupiter 09. 04:19 Mond 3,3 Grad S Plejaden 10. 15:36 Vollmond
Totale Mondfinsternis, in D teilweise sichtbar, bei Mondaufgang
Neumond 24.12.
16. max. Libration im Mond-NW
16. 20:26 ß Per (Algol) Minimum 3,4
mag, Abstieg von 2,1 mag in
rd. 3 Std.
17. 05:48 Mond 8,6 Grad SW Mars
18. 01:48 Letztes Viertel
20. 4h Mond 3,4 Grad SO Spica (Alpha
Virginis)
20. 05:21 Mond 6,9 Grad S Saturn
22. 03:57 Mond in Erdnähe
22. 06:30 Winteranfang
23. 7h Merkur Morgensichtbarkeit,
OSO-Horizont
23. 7:30 Mond 4 Grad SO Merkur, -0,4 mag
24. 19:06 Neumond
24. 20:41 RW Tau Minimum, nähere
Angaben s. 29.11.
27. 17:45 Mond 6,9 Grad NO Venus
26. 21:53 HU Tau Minimum 6,7 mag,
Abstieg von 5,9 mag in rd. 2
Std. auf ein einstündiges
Minimum gleich bleibender
Helligkeit. Weiteres Minimum
28. 23:19
29.
max. Libration im Mond-SO
Beobachterforum
129
Sonne, Mond und Sterne über Stonehenge
Foto-Exkursion zum berühmtesten Steinkreis der Welt
von Burkard Steinrücken, Rainer Sparenberg und Wolfgang Bischof
- Teil 2 -
Im Mai 2010 brachen einige Mitglieder der Freunde der Volkssternwarte Recklinghausen nach Stonehenge auf. Wie lassen sich die Steine ins rechte Bild rücken und zusammen mit der Sonne und dem Mond in Horizontnähe darstellen? Nachdem im ersten Teil des Exkursionsberichts die Architektur und Umgebung von Stonehenge sowie die Wahl eines geeigneten Beobachtungspunktes im Vordergrund standen, soll nun über die astrofotografischen Ergebnisse berichtet werden.
Bereits am 13. und 14. Mai konnten die Sonnenuntergänge hinter der Kulisse von Stonehenge sehr schön beobachtet und fotografiert werden - eine Ausbeute, mit der im Vorfeld niemand gerechnet hatte. In der mondlosen Nacht des 14. Mai gelang auch eine Aufnahme des Sternenhimmels über Stonehenge (Abb. 1). Dabei wurde eine Canon EOS 5D MK II mit Canon-Objektiv 1:1,4/24 mm (abgeblendet auf Blende 2,2) bei ISO 1600 verwendet. Es handelt sich um eine Einzelaufnahme mit 20 Sekunden Belichtungszeit. Sie zeigt im Sternfeld zwischen Coma Berenices, Virgo und Leo Sterne bis zur 9. Magnitude.
Das alles trat jedoch am Abend des 15. Mai in den Hintergrund. An diesem Abend bot sich ein Schauspiel, dessen Erlebniswert an den vorhergehenden Abenden bei weitem nicht erreicht werden konnte. Deshalb sollen im Weiteren nur die Ergebnisse des letzten Abends vorgestellt werden.
Zur Aufnahme des Sonnenuntergangs wurde der bereits in Teil 1 beschriebene Beobachtungsstandort aufgesucht. Der recht große Abstand von 700 Metern zum Monument ist fotografisch von Vorteil, denn der Winkeldurchmesser der Sonne entspricht somit in etwa der Höhe
1 Sternenhimmel über Stonehenge. Bild: Rainer Sparenberg
VdS-Journal Nr. 39
130
Beobachterforum
2 Sonnenuntergang im Feldstecher,
Bild: Burkhard Steinrücken
der Steine. Dafür benötigt man jedoch langbrennweitige Optiken. Aber auch mit sehr einfacher Ausrüstung und mit wenig Aufwand lassen sich schöne Bilder von Sonnenuntergängen erzielen. Man nehme einfach eine handelsübliche
kleine Digitalkamera und fotografiere die untergehende Sonne freihändig durch ein kleines Fernglas. Dabei können auch der optische Zoom und der Autofokus der Kamera verwendet werden. Die besten Aufnahmen werden ausgewählt
und etwas beschnitten, um zumindest die ärgsten Vignettierungseffekte in den Bildecken zu beseitigen. Fertig ist das Erinnerungsfoto an einen unvergesslichen Stonehenge-Sonnenuntergang! Abb. 2 entstand mit einer Pentax Optio S45 Kompakt-CCD mit vier Megapixeln, kombiniert mit einem Zeiss Hensold 7 x 30.
Bei den weiteren Aufnahmen kamen zum Einsatz: - Pentax SDHF 75/500 mit einer DSLR
Canon EOS 5D MK II (CMOS Vollformatchip mit 21 Megapixeln). - Nikon Teleobjektiv 1:2,8 / 80-200 mm mit einer DSLR Nikon D70 (sechs Megapixel-CCD-Sensor im APS-CFormat).
Zunächst wurde mit beiden Ausrüstungen der Sonnenuntergang in Serienaufnahmen dokumentiert. Dies ermöglicht die spätere Bearbeitung zu einer Collage oder auch einer Animation. Aus der Fülle der Aufnahmen sei hier nur eine Aufnahme der Sonne hinter den Steinen gezeigt, zwischen denen sich gerade eine Person des Wachpersonals befindet (Abb. 3). Das Bild wurde mit dem Pentax-Refraktor 1/8000 Sekunde lang bei ISO 200 belichtet. Nach diesem grandiosen Sonnenuntergang um 20:44 Uhr zeigte sich am Himmel die am Vortag noch unsichtbare, knapp zwei Tage alte Mondsichel, gefolgt von Venus (Abb. 4).
Sofort entstand der Wunsch, auch deren Untergänge hinter den Steinen zu beobachten. Dazu musste zunächst der Beobachtungsort verlegt werden. Da der Mond erheblich lichtschwächer als die Sonne ist, benötigt man Belichtungszeiten, bei denen der Tagesgang der Gestirne nicht mehr unerheblich ist. Für die Mondaufnahmen am PentaxRefraktor wurde deshalb mit einer Belichtungszeit von 2,5 Sekunden bei ISO
VdS-Journal Nr. 39
3 Tele-Aufnahme eines Sonnenun-
terganges. Bild: Rainer Sparenberg
Beobachterforum
131
1600 eine leichte Bewegungsunschärfe in Kauf genommen. Wie schon bei der Sonne wurde der gesamte Verlauf des Monduntergangs mit Aufnahmeserien dokumentiert. Abbildung 5 zeigt die Zusammenfassung in einer Kollage. Es war ein ungewöhnliches Schauspiel, die im Erdschein leuchtende dunkle Mondseite noch über dem Horizont erkennen zu können, als die Sichel bereits untergegangen war. Die Kollage zeigt außerdem sehr schön die mit der Extinktion zunehmende Rötung der Mondsichel, deren Verformung durch die Refraktion und die dadurch verursachte Anhebung der Mondbahn am Horizont.
Eine halbe Stunde nach dem Monduntergang erfolgte der Untergang der Venus. Nach einer weiteren Korrektur des Beobachtungsstandorts wurde mit dem NikonObjektiv bei 200 Millimetern Brennweite, Blende 2,8 und ISO 800 eine Serie von Bildern jeweils 30 Sekunden lang belichtet. Diese wurden anschließend zu einer Strichspuraufnahme kombiniert (Abb. 6).
Die Fotoexkursion nach Stonehenge ist mit diesen Ergebnissen zu einem außergewöhnlichen Erfolg geworden. Gerade an diesem Abend mit Sonne, Mond und Venus in idealer Konstellation war der Himmel außergewöhnlich klar. Durch die zeitweise durchziehenden Schleierwolken wurde der Anblick noch stimmungsvoller. Man war einen Augenblick zurückversetzt in längst vergangene Zeiten.
4 Sichel des zunehmenden Mondes über Stonehenge.
Bild: Wolfgang Bischof
5 Monduntergang über Stonehenge, Kollage.
Bild: Rainer Sparenberg
6 Untergang der Venus. Bild: Wolfgang Bischof
VdS-Journal Nr. 39
132
Beobachterforum
Mein schönstes Astronomieerlebnis
von Gunter Dorsch
Vielleicht ließ mich der Anblick einer sternklaren Winternacht im Jahr 1965 zu einem begeisterten Sternfreund werden. Seit etwa 1970 bin ich Mitglied der VdS mit einer vierjährigen Pause wegen einer beruflichen Auslandstätigkeit. Einige Jahre war ich in der Fachgruppe Kometen tätig und 1973 bei der Expedition in die Sahara zur Beobachtung der totalen Sonnenfinsternis dabei.
1986 entschloss ich mich, als Arzt über das Missionswerk der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern nach Tansania zu gehen. Ab Februar 1987 verbrachte ich die ersten Monate dort mit meiner Frau und unseren drei kleinen Kindern bei einem Swahili-Sprachkurs in Morogoro, zentral in Tansania gelegen. All die vielen neuen Eindrücke sogen wir damals in uns auf. Sehr gespannt war ich auf den Süd-Sternhimmel, hatte aber keine Sternkarten dabei. Trotzdem ,,ent-
deckte" ich bald nach Sonnenuntergang im Südwesten die Große Magellansche Wolke, wie ein von der Milchstraße abgesprengtes Stück.
Der Sternhimmel in Tansania war bei fehlender Straßenbeleuchtung meist atemberaubend. Immer wieder blickte ich fasziniert auf diese Sternvielfalt.
Eines Abends, etwa am 15.04.1987, fragte ich meine Frau: ,,Da ist doch in der Wolke ein neuer Stern? Das muss eine Supernova sein." Meine Frau antwortete: ,,Da sind hunderte oder tausende von Sternen am Himmel. Wie soll ich da erkennen, ob ein neuer dabei ist?"
Einige Tage später erhielten wir in einem Brief der Eltern die Nachricht über die Supernova in der LMC. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie etwa eine Helligkeit wie die Sterne im Großen Wagen. Mei-
ne Freude über diese ,,Entdeckung" nach dem Lesen des Briefes im Sprachschulraum war so überschwänglich, dass die anderen Sprachschüler schon meinten, ich sei übergeschnappt. Erst viele Jahre später sagte mir ein Freund, der meinen damaligen Freudenausbruch mitbekommen hatte, erst nach einer Führung in einer Volkssternwarte habe er meine Reaktion von damals verstanden. In den vier Jahren gewannen wir Tansania, seine Menschen, deren Sprache, Land, Tiere und Pflanzen lieb und sind mit Tansania bis heute aufs Engste verbunden.
Als Jugendlicher habe ich wohl von der Beobachtung einer totalen Sonnenfinsternis, einer Mondfinsternis, eines großen Kometen oder des Venusdurchgangs geträumt. Das alles habe ich gesehen. Aber niemals hätte ich mir träumen lassen, eine Supernova mit bloßem Auge zu entdecken.
Ein Zwei-Drittel-Marathon oder Messier-Beobachtung der etwas anderen Art
von Werner Schmidt
Ich selbst beschäftige mich seit 2004 ausgiebig mit dem Hobby Astronomie. Anfangs beobachtete ich mit einem einfachen 80-mm-Refraktor und gönnte mir nach zwei Jahren dann einen Takahashi 4-Zöller. Später kam noch ein 12-Zoll Gitterrohrdobson hinzu, der seit fast zwei Jahren am Gornergrat auf 3100 Meter Höhe steht. Zwei bis drei Mal im Jahr besuche ich diesen exzellenten Himmel, den ich dann direkt vom Kulmhotel beobachten kann.
In Mittelfranken bin ich beim Astrokreis der Nürnberger Astronomischen Arbeitsgemeinschaft - nach wie vor als rein visueller Beobachter. Vor zwei Jahren kam ein junger Astrofreund dazu, mit dem ich schon oft bei unserem Beobachtungsplatz in Kreben, ca. 25 Kilometer westlich von Nürnberg war. Er hat mittlerweile mei-
VdS-Journal Nr. 39
nen 4-Zöller und eine Vixen-SphinxMontierung dazu. Ich selbst habe keine so schwere Montierung, da ich ohne Auto leichtes Equipment brauche. Unser junger Astrofreund hat nach einigen Versuchen die Goto-Steuerung im Griff und freut sich seit dem, dass er nach etwa halbstündlichem Aufbau und nach dem Einnorden die M-Objekte meist schneller findet als ich. Allerdings habe ich bis zu seiner Einsatzbereitschaft meist schon 5-10 Stück gesehen ...
Im vergangenen Herbst fragte er mich, wie diverse, selten zu beobachtende Messier-Galaxien in seinem Teleskop aussehen. So suchte ich in der Fachliteratur, ob es einen Zeitpunkt gibt, wo man möglichst viele M-Objekte in einer Nacht sehen kann. Im ,,Praxishandbuch Deep Sky" wurde ich unter dem Stich-
wort ,,Messier-Marathon" fündig. Um den Frühlingsanfang ist der einzige Zeitpunkt, wo man alle Objekte im Laufe der Nacht sehen kann. Das Handbuch macht auch einen Vorschlag für die optimale Reihenfolge. Diesen übernahm ich in einer Excel-Tabelle und ergänzte jedes Objekt um die Helligkeit, dem dazugehörigen Sternbild. Den groben Standort zur entsprechenden Uhrzeit ermittelte ich mit Hilfe einer drehbaren Sternkarte.
Am Dienstag, dem 29. März, war es dann so weit: fast Neumond, wolkenloser Abend. Um 19 Uhr MESZ ging es los. Ab 21 Uhr war es dunkel genug - aber die ersten vorgeschlagenen Objekte - M 74, 77 und 79 waren da schon im Westen untergegangen. Kurz zuvor sahen wir aber noch die Merkursichel. M 33 und die Galaxien um Andromeda waren auch
Beobachterforum
schon sehr schwach, weil im Westen mittlerweile Schleierwolken aufgezogen waren. Im Zenit (Großer Bär mit diversen Galaxien) sowie im Südwesten um Sirius (offene Sternhaufen) waren die Objekte sehr gut zu beobachten. Auch die Galaxien im Löwen waren noch gut zu sehen. Meist beobachteten wir abwechselnd mit Hilfe von Goto und ich mit dem 120er Takahashi auf meiner einfachen azimutalen Montierung. Gegen 23:30 Uhr wurden die Schleierwolken immer stärker und ich konnte im Virgohaufen nur noch die hellsten Galaxien ganz schwach erkennen. Letztes Objekt war die Sombrero-Galaxie. Aber wir kamen auf 40 MObjekte in etwa drei Stunden ...
Am Samstag, den 2. April, versprach der Abend einen wesentlich klareren Him-
1 Warten auf die Dunkelheit an unserem Beobachtungsort in Kreben (Landkreis
Fürth) am 2.4.2011. Aufnahmedaten: Nikon D300, Nikkor 245 mm, 1:6,3, 5 s, 1600 ASA
mel. Diesmal begleitete uns ein weiterer Sternfreund mit seinem 8-Zoll-Cassegrain. Ab etwa 21:30 Uhr beobachteten wir mit unseren Takahashis die Objekte, für die zuvor der Himmel zu schlecht gewesen war. Wir konnten nun den Eulennebel und ganz schwach die Galaxie M 102 (11 mag) im Drachen beobachten. Auch alle Galaxien in der Jungfrau waren diesmal zu sehen. Gegen 1 Uhr MESZ waren die letzten Objekte der Liste im Schlangenträger erreicht. Die restlichen in Skorpion und Schütze waren weit unter dem östlichen Horizont und sollten erst gegen drei Uhr aufgehen. Aber immerhin hatten wir bis dahin 32 weitere Objekte - insgesamt 72 oder ,,Zwei-Drittel" - daher der Titel - geschafft.
Insgesamt bleibt aber festzustellen, dass leider schon ab 2010 im westlichen Mittelfranken die Bedingungen schlechter geworden sind. Neben stärkerer Lichtverschmutzung durch die Städte NürnbergFürth-Erlangen auch durch geänderte Flugrouten. Die Anzahl der Kondensstreifen ist merklich mehr geworden und die Klimabedingungen sind auch anders, so dass die Streifen länger am Himmel bleiben. Wir hoffen jetzt auf nächstes Jahr. Denn neben Neumond muss auch das Wetter sehr gut sein, um möglichst viele M-Objekte sehen zu können.
Visuelle Annäherungen an einen Planetarischen Nebel am Beispiel von NGC 6818
von Johannes Schilling
- Teil 2 -
Im ersten Teil dieses Aufsatzes wurde gezeigt, wie es dem visuellen Beobachter möglich wird, über einen ersten, oberflächlichen Eindruck des Objektes hin-
wegzukommen zu einer Sichtung von feineren Details im Objekt. Unser Auge und auch unser mentales Erfassen des Objektes strebt zunächst fast unwillkürlich so etwas wie einen konstanten Durchschnitt
der sich zeigenden Phänomene an. Von einem unruhigen Erscheinungsbild, von zunächst unfassbar erscheinenden Einzelheiten, vom sogenannten ,,mottling", wird mehr oder weniger bewusst abs-
VdS-Journal Nr. 39
134
Beobachterforum
1 Verschiedene Erscheinungsformen bei der Sichtung des Zentralsterns von
NGC 6818. Skizzenfolge am 16-Zoll-Newton, bei 527-facher und 1057-facher Vergrößerung.
trahiert. Möglich ist auch, dass wir von einer Unruhe des Phänomens, vom rasch wechselnden Kommen und Gehen von Variationen in der Erscheinung zunächst gar nichts mitbekommen, weil wir weder vom Sehen noch von der mentalen Verarbeitung des Gesehenen her schnell, wach und gewandt genug sind, uns auf Variationen, auf Unruhe und mögliche reale Details darin überhaupt einzulassen. Auch fest gefahrene Vorurteile über das, was man sehen kann und darf, und was nicht, spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Möglich ist natürlich auch, dass wir wahrgenommene unruhige Variationen lediglich auf die Luftunruhe, nicht auf Reales im Objekt, zurückführen und sie deshalb völlig abwerten. Dies alles sind Barrieren, die wir durch Übung überwinden können. Zwei Dinge sind es, die uns dabei helfen: Zum einen der Entschluss, das zunächst unsicher erscheinende Chaos unzensiert zuzulassen und uns ihm zu öffnen. Zum andern flüchtig aufschimmernde Details geduldig und mehrfach zu prüfen auf ihre Wiederholung, auf Ortskonstanz und Formung hin. Dazu kann eine Skizze mit der Beschränkung auf nur eine momentane Erscheinungsform des Objekts oder auf ein bestimmtes Detail im Objekt sehr hilfreich sein.
2 Detailzeichnung von NGC 6818
am 16-Zoll-Newton bei 1057-facher Vergrößerung
VdS-Journal Nr. 39
Die Komposition einer Detailzeichnung von NGC 6818 Am 19. August 2009 ist es so weit: Ein warmer Sommerabend, die Luft kühlt erst nach Mitternacht merklich ab und gewährt ein relativ ruhiges Bild im Okular. So kann ich mich an die Beobachtung von NGC 6818 mit 1057-facher Vergrößerung wagen. Höchstmögliche Vergrößerung, verbunden mit einem relativ großen Gesichtsfeld, wie es moderne Weitwinkelokulare gewähren, bieten dem kleinen Planetarischen Nebel die besten Möglichkeiten zu offenbaren, was in ihm steckt. In Momenten relativer Luftruhe zeigen sich mir auf Anhieb viele Details in NGC 6818, auf den ersten Blick nicht leicht fassbar, aber ganz unzweifelhaft vorhanden. Zuerst lege ich die Umrisse des Nebelovals, noch ohne die schwache äußere Hülle, fest. Damit Platz genug bleibt zum Eintragen von Details,
Beobachterforum
Beobachterforum
135
3 Zeichnung von NGC 6818 bei 231-facher Vergrößerung
am 16-Zoll-Newton (Theresa Schilling)
4 NGC 6818 im 10-Zoll-Newton. Zeichnung von Rainer
Töpler bei 360-facher Vergrößerung.
zeichne ich das Oval etwa zehn Zentimeter lang und sieben Zentimeter breit. Um chaotische Eindrücke zu vermeiden, muss man sich um einen eigenen roten Faden bei der Reise durchs Labyrinth des Nebels bemühen. Ich selber gehe von der Begrenzung der inneren helleren Nebelschale aus und trage Details von außen nach innen zu ein. Ausgangspunkt ist die Position zwölf Uhr an der inneren Schalengrenze. Von da aus spaziert mein Auge sehr langsam im Uhrzeigersinn. An ein schnelles Produkt und an zehn andere Objekte noch in dieser Nacht ist nicht zu denken. Wozu auch? Hier gibt es genug zu entdecken! Lässt man erst mal die Variationen im Erscheinungsbild zu und untersucht kritisch einzelne Phänomene auf Wiederholung, Ortskonstanz und Formung hin, so ergibt sich eine lange, gegliederte und spannende Forschungsreise durch den kleinen Planetarischen Nebel. Völlig klar, dass die Details sich nur unter Einsatz des indirekten Sehens ergeben. Auch hier muss man seine eigene Methode finden: Wo im Blickfeld des Okulars soll der Bereich sein, auf den ich mich gerade konzentriere? Wo erziele ich die günstigsten Ergebnisse? Die genauere Lokalisierung und Ausformung
der im indirekten Sehen aufleuchtenden Details bildet die eigentliche Schwierigkeit bei der zeichnerischen Einordnung des Gesehenen. Eine völlige Präzision und Bestimmtheit ist hier aus vielen Gründen nicht möglich - lediglich eine Annäherung ans Bestmögliche. Hier hilft nur langjähriges Üben und bei der aktuellen Beobachtung ein dauerndes Wiederholen der Sehprozesse. Die maximale Empfindlichkeit für Details erreicht mein Auge kurz bevor das im indirekten Sehen aufschimmernde Bild ,,zusammenbricht". Wichtig ist zu lernen, diese sehr kurze Phase des Empfindlichkeitsmaximums möglichst auszudehnen bzw. noch anschwellen zu lassen und sich mental schnell auf die aufleuchtenden Formungen einzustellen. Ein einziger Blick genügt nie für ein einigermaßen zuverlässiges Eintragen von Details. Erst nach mehreren Bestätigungen und Korrekturen können die Phänomene mental einigermaßen geordnet und dann auch in die Zeichnung eingetragen werden. Wichtig ist auch von Anbeginn das deutliche Gespür für die Luftruhe zu erlangen: So konnte ich, etwa bei einer aufkommenden Windbrise, feststellen, dass das Bild des Nebels wie ein Spiegelbild im Wasser
verkräuselt und verschmiert wird. Sollte dieser Zustand länger anhalten, hat eine Beobachtung und Zeichnung gar keinen Sinn.
Welche Einzelheiten beim Rundumgang des Auges, auch beim wiederholten Beobachten desselben Bereiches, aufleuchten, und wo genau, das lässt sich von vornherein nicht völlig bestimmen. Insofern hat das Beobachten einen ganz spontanen Charakter. Mit einem passiven Abfilmen eines statisch ruhenden Erscheinungsbildes des Nebels hat diese Art des Beobachtens nicht das Geringste zu tun. Denn das Erscheinungsbild des Nebels ergibt sich nur im höchst aufmerksamen, aktiven Sehen, das sich auf die Spontaneität im Aufleuchten der Phänomene einstellen kann. Wiederholte Konzentration auf hellere Bereiche, wie etwa auf den hellen Nebelknoten an der Position halb drei Uhr, lässt solche erst diffus erscheinende Bereiche in weitere Details zerfallen.
Als ich den Rundumgang beendet habe, komplettiere ich die Beobachtung durch noch kleinere und feinere Details im Bereich um das Zentrum herum, sowie
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Beobachterforum
5 Zeichnung von NGC 7009 im 16-Zoll-Newton bei 1057-Vergrößerung
durch die äußere, sehr schwache Hülle. Ein besonderes Problem stellt die Sichtung des Zentralsterns dar, der in der Literatur mit 16,9 mag angegeben wird. 70 bis 50 Prozent der Zeit erschien mir der Nebel, auch im indirekten Sehen, völlig ohne die Spur eines Zentralsterns. Im indirekten Sehen zeigte er sehr verschiedene Erscheinungsformen, die ich über eine halbe Stunde lang untersuchte und in einer Extrazeichnung mit kurzen Kommentaren festhielt (Abb. 1). Ohne eine recht gute Luftruhe besteht gewiss keine Chance, ihn zu beobachten.
Insgesamt wandte ich für die Zeichnung von NGC 6818 und die Studien zum Zentralstern über zwei Stunden auf.
Manche Leser werden völlig überrascht sein, wenn sie nun meine fertige Zeichnung von NGC 6818 betrachten (Abb. 2). Sie werden vielleicht ausrufen: Völlig unmöglich! Diese Auflösung in Details kann doch nur ein Hirngespinst oder gar ein Betrug sein. Nun: Zuallererst möge der Leser bedenken, dass es naiv wäre, zu erwarten, wenn er durch das Okular blickt, dann müsse er genau oder auch nur in etwa den Anblick sehen, den die
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Zeichnung zeigt. Die Zeichnung gibt nicht das Resultat eines einzigen Anblicks wieder, sondern sie ist das Resultat von Hunderten von wiederholten Einzelbeobachtungen, die sehr langsam zu einer Zeichnung zusammengesetzt werden.
Meine Zeichnung soll vor allem anregen und ermutigen: Es ist grundsätzlich jedem aufmerksamen und sich übenden Beobachter möglich, viele faszinierende Details und Formen in diesen kleinen Nebeln zu entdecken!
Wenn jemand meine Zeichnung mit Fotos vergleicht, so muss er neben der richtigen Orientierung und der passenden Wellenlänge auch die besondere Technik beim Zustandekommen eines Fotos berücksichtigen. Natürlich arbeiten unser Auge und unser Geist beim Strukturieren des Gesehenen ganz anders als eine Kamera und ein Computer. Doch ist der Vergleich von Zeichnungen mit Fotos ein Thema, das in einem eigenen Aufsatz erörtert werden müsste. Zeichnungen sollten eigentlich zunächst mal mit andern Zeichnungen verglichen werde.
Vergleich mit Zeichnungen meiner Mitbeobachter Mit nur ganz geringer Beobachtungserfahrung am Teleskop, aber mit einem durch sonstiges Zeichnen und Malen geschulten Auge, skizzierte meine damals 16-jährige Tochter NGC 6818 am 16-Zoll-Newton mit nur 231-facher Vergrößerung. Ein Foto des Objekts hatte sie zuvor nicht gesehen. Und meine eigene Zeichnung ist erst nach ihrer entstanden. Ihre Zeichnung lässt neben der Form des Nebels den hellen Rand der inneren Nebelschale deutlich erkennen (Abb. 3). Das Interessante an ihrer Zeichnung ist aber, dass sie im nördlichen Bereich Zungen und dunkle Höhlungen aufweist, die sich fast genau so in meiner Zeichnung wieder finden. Auch in Worten beschrieb sie ihre visuellen Eindrücke so.
Am 10-Zoll-Newton zeichnete Rainer Töpler mit nur 360-facher Vergrößerung (Abb. 4). Sein Zeichenstil weicht von dem meinigen ziemlich stark ab. Auf den ersten Blick scheinen sich, von der groben äußeren Form abgesehen, nur wenig Gemeinsamkeiten zu zeigen. Wenn man jedoch die nie völlig präzis festzulegende Örtlichkeit der Details in der winzi-
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6 NGC 6826 im 16-Zoll-Newton. Zeichnung mit 740-facher Vergrößerung - beide Bilder von Johannes Schilling
gen Nebelscheibe berücksichtigt, ergeben sich viele deutliche Entsprechungen, die alle darauf hinweisen, dass wir reale Details beobachtet haben. Das fängt auch hier wieder mit der auffälligen dunklen Höhlung im nördlichen Bereich an. Es geht weiter mit der besonderen Ausformung des dunkleren Höhlungsgebietes bei der Position 9 Uhr. Oder man beachte die übereinstimmende helle Zunge nach innen bei der Position 5 Uhr. Selbstverständlich kann der 406-mm-Spiegel eine höhere Auflösung an Details zeigen als der 254-mm-Spiegel. Aber die innere, vielfältige Strukturierung des Nebels mit Höhlungen, Zungen und auffälligen Lichtknoten oder helleren Bögen konnte sich uns in beiden Geräten offenbaren. Und dieses schöne Ergebnis befriedigt weit mehr als die schnelle oder unbewusste Einebnung auf den konstanten Durchschnitt eines mehr oder weniger strukturlosen Scheibchens.
Anwendung der Kompositionsmethode auf andere Planetarische Nebel Als Beispiele für die visuelle Erschließung anderer Planetarischer Nebel sei hier eine Zeichnung des Saturnnebels NGC 7009
(Abb. 5) und eine Zeichnung von NGC 6826 (Abb. 6) vorgestellt. Beide entstanden in denselben Wochen im Sommer 2009 wie die Zeichnung von NGC 6818. Für den Saturnnebel beobachtete ich insgesamt 3,5 Stunden. Bei sehr guter Luftruhe und einer 1057-fachen Vergrößerung schwebte der Saturnnebel mit seinen verschiedenen Hüllen ungeheuer plastisch im Blickfeld. Die Umrisse und die hellsten Schalenränder waren auf Anhieb fassbar. Dieser Anblick gehörte zu den schönsten, die ich als Beobachter hatte, zumal ich in diesen Wochen erstmals in meinem Leben mittels neuer Okulare mit so hohen Vergrößerungen beobachten konnte. Für die weiteren feineren Details in der Zeichnung von NGC 7009 setzte ich wieder die oben vorgestellte Kompositionsmethode ein.
Welche neue Welt diese Methode bei der Beobachtung und Zeichnung von Galaxien, aber auch bei Planeten, zu öffnen vermag, wäre Thema weiterer Aufsätze. Die visuelle Erschließung der Vielfalt und Schönheit kosmischer Objekte in all ihrer wunderbaren Feinheit steht meiner Überzeugung nach erst in den Anfängen - im Gegensatz zur fotografischen Er-
schließung des Kosmos. Die einzige mir bekannte umfassende Zusammenstellung möglichst aller Eigenarten des visuellen Beobachtens samt seiner physiologischen Gegebenheiten hat Rainer Töpler in einem kleinen Buch versucht: ,,Die hohe Kunst der Detailbeobachtung ferner Himmelsobjekte", 2011 [1]. Er hat damit so etwas wie den Anfang einer wissenschaftlichen Phänomenologie des visuellen Beobachtens von Deep-Sky-Objekten geschaffen.
Literatur- und Internethinweise: [1] Wer an der Lektüre des Buches von
Rainer Töpler interessiert ist, kann sich gerne an den Autor wenden: rainertp@gmx.de
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Beobachterforum
Ein Bolidenfotograf stellt sich vor
von Slavko Stojanov
Ich stamme aus Novi Sad, Serbien. Kontakt zur deutschen Astro-Szene habe ich über die Fachgruppe Astrofotografie bekommen, als eine meiner Aufnahmen als Astrofoto der Woche erschien. Zuhause bin ich astronomisch im Balkangebirge unterwegs (Abb. 1), oft mit Wölfen und Bären in meiner Nähe! Meine Frau, unsere Söhne, meine Nikon und ich sind oft unterwegs, auch nach Afrika (Abb. 2). Für mich zählt eine sternklare Nacht in der Wüste zu den schönsten Erlebnissen. Ein Bolidenfoto von mir wurde zum Astrofoto der Woche. Wie kam ich zu dieser Art der Fotografie? Natürlich, so ein geglücktes Bolidenfoto kann reine Glücksa-
che sein. Aber nach vielen Stunden unter dem Sternenhimmel muss einfach einmal ein Bolide kommen (Abbildungen 3 und 4). Im November 1999 habe ich zum Leonidenzeitpunkt im Tessin (Schweiz) einen Boliden fotografiert, der heller als der Vollmond war. Nach 38 Sekunden habe ich einen Donnerknall gehört (Impakt in Troposphäre). Das war ein Erlebnis für immer, eine buchstäbliche Sternstunde. Diese Momente machen meine Liebe zu den Sternen aus.
Viele Grüße nach Deutschland! Meine E-Mail: slavkostojanov@gmail.com
1 Wasserfall im Balkangebirge
2 Unten: Die Pyramiden von Gizeh mit dem Kometen Holmes und den Pleja-
den am 19.11.2007; Kamera: Nikon D80 mit Sigma 1:1,8/28 mm (abgeblendet auf 2,8), Komposit aus 1 s und 15 s Belichtungen
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Impressionen
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3
Bolide im Sternbild Löwe, 1999
4
Ein Leonide aus dem Jahre 2006
Nachlese: Die partielle Sonnenfinsternis vom 04.01.2011
Nach unserem Aufruf in Ausgabe 37, weitere Bilder von der partiellen Sonnenfinsternis Anfang des Jahres zu senden, ist dies bereits das dritte Journal mit Impressionen von dem eindrucksvollen Schattenschauspiel zu Jahresbeginn. Darüber hinaus: Zeichnungen von der (wieder erwachten) Sonnenaktivität und ein eindrucksvolles Bild des erdnächsten Mondes im März 2011.
1 Kamera: Canon 30D,
Belichtungszeit: 1/320 s, Brennweite: 125 mm, ISO 100. Aufgrund der dichten Wolken war kein Sonnenobjektivschutz nötig.
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Impressionen
2 Kamera: Canon 30D, Belichtungszeit: 1/100 s, Baader
Sonnenfolie (ND 3,8), Brennweite: 125 mm, ISO 100, Ausschnittsvergrößerung.
3 So sah es zu Beginn der partiellen Sonnenfinsternis
am Himmel aus. Eine geschlossene, aber teilweise durchlässige Wolkendecke. Kamera: Lumix TZ5
Die Wetteraussichten verhießen am 4. Januar nichts Gutes für das Naturschauspiel ,,Partielle Sonnenfinsternis 2011". Daher verteilten sich die Mitglieder des Peiner Astro Stammtisches großflächig im Kreis Peine und im Umland. Während die Schüler der Astro AG des Peiner Ratsgymnasiums mit ihrem Leiter Reiner Guse in der schuleigenen Sternwarte auf eine Wolkenlücke warteten und um 10:46 Uhr ohne Beobachtungserfolg die Kuppel schließen mussten, waren andere Astrojünger des Peiner Stammtisches zwischen Hoheneggelsen und Feldbergen erfolgreich. Dort konnte das kosmische Schattenspiel - der Mond bedeckte immerhin 73 Prozent der Sonnenfläche - erfolgreich beobachtet werden. Lange Wolkenlücken taten sich auf und gaben den Blick auf die verfinsterte Sonne frei.
Abbildungen 1-3: Wolfgang Meirich. www.astro-stammtisch.de
4 Partielle Sonnenfinsternis vom
4. Januar 2011, die durch Mond und Wolken teilverdeckte Sonne
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5 Partielle Sonnenfinsternis vom 4.
Januar 2011, kurze Belichtungsdauer, um die teilweise abgedeckte Sonnenscheibe darzustellen.
Abbildungen 4 und 5 von Karlheinz Seeger
Amateurteleskope/Selbstbau
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6-8 Die partielle Sonnenfin-
sternis am Morgen des 4. Januar 2011 war vom Eichsfeld aus nur sehr schwer zu beobachten. Der Anfang der Finsternis, der Aufgang der schon verfinsterten Sonne, bis hin zum Maximum der Bedeckung gegen 9:20 Uhr waren wegen der dichten Wolkendecke gar nicht zu sehen. Erst kurz vor 10 Uhr machten ein paar kleine Auflockerungen in der Wolkendecke Hoffnung auf einen kurzen Blick auf die teilweise durch den Mond verfinsterte Sonne. Und tatsächlich, für wenige, winzige Augenblicke gaben einzelne Wolkenlücken den Blick frei, so dass diese Fotos entstehen konnten. Abbildungen 6 - 8 von Uwe Petzl
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Impressionen
9 Trotz des wolkenverhangenen Himmels oder vielleicht gerade deshalb gelang dieses stimmungsvolle Bild
der partiellen Sonnenfinsternis. Aufgenommen am Mensfeldener Kopf, südlich von Limburg mit einer Canon EOS 1000 D an einem 80/480-mm-Triplett-Apochromaten. Bild: Berthold Fuchs/ Sternwarte Limburg
10-11 Die beiden Fotos wurden
mit einer Sony Alpha 200 von der Terrasse der Sternwarte Stuttgart aufgenommen. Als Objektiv diente ein Sigma Teleobjektiv 70-300 mm mit AstroSolar Sonnenfilterfolie (visuell; ND = 5). Abb. 10 entstand um 8:51 Uhr, Abb. 11 um 10:19 Uhr MEZ. Beide Bilder von Helmut Christian Bauer
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12-14 Diese drei Sonnenbeobachtungs-Zeichnungen
der wieder aktiven Sonne vom Februar und März des Jahres schickte uns Frau Gertraud Eifert.
15 Nächste Seite: Aufgehender
Vollmond über dem Auto & Technik Museum Sinsheim. Am Samstag Abend, dem 19. März 2011, war um 19:10 Uhr MEZ Vollmond und knapp 65 Minuten später stand der Mond der Erde besonders nah. Dadurch erschien er beim Aufgang im Osten wesentlich größer als sonst. Sein Abstand zur Erde war dabei mit etwa 351.000 Kilometern deutlich geringer als die durchschnittliche Entfernung Erde - Mond von 384.400 Kilometern. Dieser ,,Super-Vollmond" war der elftgrößte der letzten tausend Jahre. Bereits am 14. November 2016 werden wir erneut Zeugen eines solchen Ereignisses: An diesem Tag wird der volle Mond noch 64 Kilometer näher und damit noch größer am Nachthimmel leuchten als am 19. März. Bildautor: Stefan Weindl
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Impressionen
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Hinweise
Service 145
M wie Messier
von Torsten Güths
Der französische Astronom Charles Messier lebte in den Jahren 1730 bis 1817. Er stellte ab 1758 die wohl heute noch bekannteste Auflistung von nicht stellar erscheinenden Himmelsobjekten zusammen. Sein Katalog diente ihm als echte Arbeitsunterlage, um bei der Suche nach Kometen nicht irrtümlich einen der fixen Nebel mit einem neuen Kometen zu verwechseln. Nicht alle Objekte hat er selbst entdeckt, er übernahm sie auch von Kollegen.
Die heutige Messierliste umfasst 110 Objekte, von denen einige bereits dem unbewaffneten Auge zugänglich sind. Mit einem guten Fernglas wird immerhin schon mindestens die Hälfte sichtbar. Somit eignen sie sich besonders für Astronomieeinsteiger und Anwender kleinerer Fernrohre, für die einige Messierobjekte bereits eine Fülle von Details aufweisen können.
VdS-J 40
Die letzten Objekte in dieser Rubrik!
Ausgabe 1/2012
Benötigte Objekte M 54 Sgr, M 55 Sgr
Einsendeschluss Juli 2011
Die letzten Objekte in dieser Rubrik erscheinen in Ausgabe 40 des VdS-Journals für Astronomie
Die Daten und historischen Objektbeschreibungen wurden aus Burnham ,,Burnham´s Celestial Handbook", Kepple / Sanner ,,Nightsky Observing Guide" und dem Internet (Pariser Observatorium http://www.obspm.fr/) entnommen.
Im VdS-Journal wollen wir Sie mit dieser Rubrik anregen, Ihre eigenen Objektbeschreibungen einzureichen! In der Ihnen vorliegenden 33. Folge unserer ,,M"-Serie
sind Berichte von Gerd Kohler, Dirk Panczyk und Gerhard Scheerle enthalten, sowie Aufnahmen von Rainer Sparenberg, Stefan Binnewies, Volker Robering sowie Torsten Güths abgebildet. Vielen Dank den Zusendern!
Torsten Güths Höhenweg 1g, D-61231 Bad Nauheim Oder: solaris1000@gmx.de
M 70, Schütze (Sgr)
Objekttyp: Entfernung: Reale Ausdehnung: Scheinbare Helligkeit: Winkelausdehnung: Koordinaten:
Kugelsternhaufen 34.000 Lichtjahre 77 Lichtjahre 8,0 mag 7,8' Rektasz.: 18h42m Dekl. -32 Grad 18`
Historisches: Dieses Objekt wurde erstmals von Messier im August 1780 aufgespürt. Wie die meisten dieser Objekte beschrieb ihn Messier als Nebel ohne Sterne. In seiner Nähe bemerkte er einen Stern von neunter Größe und vier weitere schwache Sterne, fast in einer Linie angeordnet.
Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag)
Fernglas 8x56: M 70 zeigt sich als ein kleiner, kompakter und runder Nebelfleck. Geschätzt 7,6 mag hell und nur 3` groß. [Beobachtung in Italien]. (G. Scheerle)
1 61-cm-Hypergraph, f=4940 mm, SBIG ST10 XME CCD-Kamera, LRGB-Komposit,
Gesamtbelichtungszeit 500 s, Namibia, Amani Lodge. (Rainer Sparenberg, Stefan Binnewies, Volker Robering)
11 cm Öffnung: Eine runde Nebelfläche, die schwach andeutungsweise als Körnung aufgelöst erscheint. Es deuten sich zehn Einzelsterne / Körner an. (G. Scheerle)
11 cm Öffnung: Bei 18-facher Vergrößerung im Astroscan-Teleskop erscheint er
als kleiner verwaschener Nebelfleck. (W. Kräling)
20 cm Öffnung: Eine nur schwache, runde Nebelfläche von 3,5' Ausdehnung und vielleicht 7,5 mag Helligkeit, ohne Einzelsterne. (G. Scheerle)
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146 Service
25 cm Öffnung: Unter besten Bedingungen von La Palma aus erschien er bei 178-facher Vergrößerung recht klein, hell und im Ansatz aufgelöst (T. Güths)
25 cm Öffnung: Bei 179-facher Vergrößerung ein recht lichtschwaches Objekt. Deutlich zur Mitte hin konzentriert mit einem helleren Zentrum. Körnig strukturiert, doch nicht auflösbar über die gesamte Fläche. Zwei nebeneinander stehende auf-
fällige Sterne in der Nähe ,,zeigen" direkt auf den Kugelsternhaufen. (D. Panczyk)
40 cm Öffnung: Eine runde Nebelfläche, nur 2` groß, wenig konzentriert. Gesamthelligkeit 8,0 mag. Die hellsten Einzelsterne haben eine Helligkeit von 11,6 mag und waren durch die Lichtglocke von Leonberg bei leichtem Dunst nicht zu erkennen. (G. Scheerle)
Fotografie: Dieser Kugelhaufen wird mit Brennweiten ab 300 Millimeter gerade so aufgelöst. Für die eindrucksvolle Darstellung sind 1000 Millimeter Brennweite anzuraten, die ihn dann seine Objektcharakteristik eindrucksvoll zeigen lassen. Allerdings erweist sich seine südliche Deklination als recht hinderlich für diese Brennweiten aus Deutschland heraus.
M 85, Haar der Berenike (Com)
Objekttyp:
Entfernung:
Reale Ausdehnung: Scheinbare Helligkeit: Winkelausdehnung: Koordinaten:
linsenförmige Galaxie, Typ S0 65 Millionen Lichtjahre 140.000 Lichtjahre 9,1 mag 7,5' x 5,7' Rektasz.: 12h25m Dekl. 18 Grad 11`
Historisches Messiers Kollege Mechain entdeckte diese Galaxie im Jahre 1781. Messier bestätigte diese Entdeckung noch im selben Jahr als sehr schwachen Nebel ohne Stern. Den dicht neben M 85 liegenden, schwächeren Nebelflecken NGC 4394 konnte er jedoch nicht erkennen.
Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag)
Fernglas 8x56: M 85 ist als ein schwacher und kleiner, runder Nebelfleck deutlich zu sehen, 8,8 mag hell und 4` groß. (G. Scheerle)
11 cm Öffnung: M 85 zeigt sich als ein sehr deutlicher runder Nebel mit einem hellen Kern. Die Helligkeit beträgt 8,6 mag, die Größe 4`. (G. Scheerle)
23 cm Öffnung: M 85 ist ein auffälliger, 5` x 2,5` großer Nebel, länglich in Polwinkel 10 Grad orientiert und insgesamt 9,0 mag hell. Er ist sehr stark konzentriert. Das 1,0` x 0,5` große Kerngebiet ist sehr hell, der Kern selbst sternförmig 13,6 mag; die Außengebiete sind schwach. Ein Vordergrundstern von 13,2 mag Helligkeit steht 40" nördlich des Kerns in PW 15 Grad . (G. Scheerle)
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2 Aufgenommen mit einer Starlight Xpress MX7C durch einen 15 cm f/6 New-
ton. Vier Aufnahmen zu je fünf Minuten Belichtungsdauer gemittelt und bearbeitet. (Torsten Güths)
33 cm Öffnung: Auch bei 100-facher Vergrößerung erscheint er relativ klein. Die Gesamtform ist oval mit einem ebenfalls ovalen und helleren Zentralgebiet sowie dem schwächeren Außenbereich. Ein Stern erscheint links vom Zentrum eingebettet. (D. Panczyk)
40 cm Öffnung: Es ist ein leicht elongierter Nebel von 3,0` x 2,5` zu sehen, der einen sehr hellen Kernbereich aufweist. Die Helligkeit beträgt 8,6 mag. 1` nördlich des Kerns steht ein Stern 12,6 mag. (G. Scheerle)
Fotografie: Diese Galaxie ist ausgesprochen strukturarm. Bei Brennweiten um 300 Millimeter erhält man das Bild zweier dicht beieinander liegender Nebelflecke. Ab 750 Millimeter und bei langen Belichtungszeiten löst sich der eine Fleck, NGC 4394, in eine schöne Balkenspiralgalaxie auf, jedoch bleibt M 85 ohne größere Strukturen.
Rezensionen 147
Kompetentes Einsteigerwissen
von Torsten Güths
Bibliographische Daten: Ronald Stoyan: Fernrohrführerschein in vier Schritten Fünfte verbesserte Auflage, Oculum Verlag, Erlangen, 2010, ISBN 978-3-938469-37-8, 16,90 EUR
Dass man mit dem Erwerb des ersten astronomischen Teleskops noch kein Hobbyastronom ist, müssen viele Einsteiger erst lernen. Leicht kann sogar der erste Enthusiasmus einer herben Enttäuschung weichen. So findet man die Objekte schlecht oder gar nicht. Man sieht leider keine Feuerspirale, wo doch M 51 sein sollte. Jupiter sieht auch nicht so toll aus bei 450-facher Vergrößerung im 60-mm-Refraktor. Um solche Stimmungskiller von vorneherein zu vermeiden, sollte man sich einen Ratgeber kaufen.
,,Wie bediene ich mein Fernrohr? Welche Okulare sind sinnvoll? Wie suche ich ein astronomisches Objekt auf? Was ist mit »Lambda Peak-to-Valley« gemeint?" Das Buch von Ronald Stoyan bringt einsteigergerecht alle Antworten auf Fragen rund um die Optik, Mechanik und Benutzung eines astronomischen Teleskops auf den Punkt. Erstmals wurden alle wichtigen Definitionen und Formeln zur Fernrohrtechnik zusammengefasst, ohne den Benutzer durch lange Texte zu verwirren. Durch die Spiralbindung ist das Buch ideal geeignet, um direkt neben dem Teleskop verwendet zu werden - ein Begleiter, der an keinem Einsteiger-Instrument fehlen sollte.
Das Buch hat 160 Seiten im spiralgebundenen Softcover im Querformat 21 cm x 15 cm mit 192 Fotos und Grafiken sowie 46 Tabellen.
Die im Titel angegebenen vier Schritte unterteilen sich in: 1. Das Fernrohr kennen lernen 2. Die Fernrohrleistung einschätzen 3. Das Fernrohr benutzen 4. Astronomische Objekte beobachten
sowie den Anhang mit Tipps und Tabellen Die Seitenzahlen der vier Kapitel sind farblich voneinander getrennt gekenn-
zeichnet und erleichtern so das Aufsuchen von Informationen.
Nun zum Inhalt: 1) Das Fernrohr kennen lernen Als ersten Schritt lernt der Leser die Technik seines Fernrohrs kennen. Er wird eingeführt in verschiedene optische Bauarten mit ihren Vor- und Nachteilen. Den Montierungen und Unterbauten sind die folgenden Seiten gewidmet. Durch den Zubehördschungel führen dann doppelt so viele Seiten wie vorher. Es wird auch alles eingehend vorgestellt: Okulare, Barlowlinsen, Binoansatz, Reducer, Filter, Sucher, Nachführungen inkl. GoTo, unterschiedliches fotografisches Equipment usw. Der Leser darf aber nicht erwarten, alle Marken aufgelistet zu bekommen. Vielmehr wird auf die Erläuterung unterschiedlicher Bauweisen Wert gelegt. Gegenüber der enormen Breite tritt im Rahmen des Buches natürlich die Tiefe der Beschreibung in den Hintergrund.
2) Die Fernrohrleistung einschätzen Im zweiten Kapitel wird es dann etwas theoretischer: Was von einer Fernrohrausrüstung zu erwarten ist, wird dort ausführlich erklärt. Wichtige Grundgrößen, wie Lichtsammelvermögen, Vergrößerung, Austrittspupille, Bildfehler, Qualität und andere Begriffe, werden anschaulich beschrieben. Anhand zweier Karten vom Kleinen Wagen kann der Leser die stellare Grenzgröße für das Auge und einem kleinen Teleskop testen. Der Einfluss des Seeings und der optischen Qualität auf das Bild wird anhand zahlreicher Grafiken deutlich. Stoyan gibt Hinweise zur optimalen Auswahl der Vergrößerungen. Wie eine verstellte Newtonoptik wieder zu justieren ist, wird bildhaft dargestellt. Die Reinigung und Pflege der Optik bildet den Abschluss des zweiten Kapitels, in dem der Autor stärker in die Tiefe geht.
3) Das Fernrohr benutzen Die restlichen 60 Prozent des Buches sind der Benutzung und der Beobachtung gewidmet. Die Bedienung des Instrumentariums ist nicht zu unterschätzen, denn letztlich entscheidet das Können des Bedieners über die Qualität der Beobachtungen. So gibt Ronald Stoyan Hinweise zur Wahl des Beobachtungsplatzes, er beschreibt den Aufbau und die Ausrichtung des Teleskops; Beobachtungs- und Zeichentechniken werden gelehrt und der Leser wird auch in erste einfache Grundlagen der Astrofotografie eingeweiht. Bei der Fotografie wird aber nicht zu sehr in die Tiefe gegangen. Dafür sind wiederum ganze Bücher erhältlich und auch nötig. Wie ein für das bloße Auge unsichtbares Objekt gefunden und eingestellt wird, wie sich das Okulargesichtsfeld ermitteln lässt und viele weitere Informationen und Tipps vermittelt der Autor. Allerdings muss es für einen Einsteiger enttäuschend sein zu erfahren, dass DeepSky-Beobachtungen erst ab 5,5 mag möglich sind, bzw. abgelegene Plätze für eine erfolgreiche Galaxien- und Nebeljagd nötig sind. Das klingt entmutigend für die Mehrheit an Beobachter, die in Städten leben. Sinnvoller wäre hier, die Einbußen an den zu beobachtenden Objekten darzustellen, denn Deep Sky ist durchaus auch in aufgehellten Kleinstädten möglich.
4) Astronomische Objekte beobachten Auf die Eigenarten der Beobachtung von unterschiedlichen Himmelsobjekten geht der Autor dann im letzten Schritt ein. Wie die unterschiedlichen Daten von Himmelsobjekten, z. B. Entfernungen, Helligkeit, Ausdehnung zu verstehen sind, ist nach dem Studium dieser Seiten dem Leser klar. Den Abschnitt der DeepSky-Objekte sollte eigentlich jeder Einsteiger vor dem Kauf eines Fernrohrs lesen, denn hier wird an 12 ausgewählten
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148 Rezensionen
Beispielen von Nebeln und besonderen Sternen aufgeklärt, wie ein auf Fotografien prachtvolles Objekt im 114-mm-Newton (unter sehr guten Bedingungen!) erscheint und welche Aufnahmebrennweite ideal ist. Allerdings sind die Brennweitenangaben doch fragwürdig: z.B. für M 1 2.000 bis 4.000 mm (mehr als für den kleineren M 57!) anzugeben erscheint mir übertrieben. Mit sauber fokussiert und nachgeführten 1.200 mm digital, erzielt man bereits das schöne Fotobeispiel von M 1. Durch die Beschreibung der Natur des Objekts und einigen Daten vermittelt Stoyan anschaulich, was man da gerade beobachtet.
Anhang: Tipps und Tabellen Ronald Stoyan gibt im Anhang weitere wichtige Ratschläge zur Beobachtung. Auch werden Verbesserungsvorschläge zur Leistungssteigerung von Kaufhausteleskopen unterbreitet. Literaturverweise
auf Eigenproduktionen des Oculumverlags sind aufgelistet. Hinweise auf einige besondere astronomische Ereignisse werden bis zum Jahr 2030 gegeben. Es folgen kurze Listen von Testdoppelsternen, hellen Deep-Sky-Objekten und Zeichenschablonen. Ein Glossar und ein Stichwortverzeichnis (war nicht in der 2. Auflage) bilden den Abschluss.
Die Abbildungen sind überwiegend farbig, von guter Qualität und verdeutlichen den Textinhalt sehr gut. Die starke Meade-Lastigkeit der Abbildungen ist von 60% auf 45% zurückgegangen. Das ist noch immer eine hervorragende Markenplatzierung und m. E. nicht gut für eine breite Einführung, da viele interessante Alternativen dem Einsteiger vorenthalten werden und für Besitzer anderer Marken ein geringeres Identifikationspotential vermittelt wird. Eine ausgewogenere Markendarstellung sollte
noch weiter gehen. Was mir nicht gefällt, ist, dass die Spiralbindung noch vom Buchdeckel frontseitig umschlossen wird. Beim mehrmaligen Gebrauch wird der Deckel unansehnlich.
Man merkt dem Buch an, dass der Autor mit Leib und Seele Himmelsbeobachter ist. Anhand der Vielzahl von Hinweisen und Tipps, die im Text vorhanden sind, ist dieses Buch ein hervorragendes Lehrbuch, ohne jedoch einen Lehrbuchcharakter zu besitzen. Quasi ein ,,Aus der Praxis für die Praxis"-Werk. Es ist modern aufgebaut und auf dem Stand der Technik. Es vermittelt ein breites Einsteigerwissen, das in einzelnen Bereichen auch recht tief geht und das für die meisten Leser für jahrelange Beobachtungen ausreichen sollte. Somit ist das proklamierte Ziel absolut erreicht und es sollte bei keiner Einsteigerfernrohrausrüstung fehlen!
Stefan Seip und Hermann-Michael Hahn:
Der teNeues Himmelskalender 2012
- Der Sternhimmel Monat für Monat
Wandkalender mit 28 Seiten, deutschsprachig mit 13 ganzseitigen Farb-Astrofotos, 14 Tabellen, 12 Himmelsgrafiken, Format Breite x Höhe 40 cm x 30 cm, aufgehängt 40 cm x 60 cm. Verlag teNeues, Kempen 2011, ISBN-10: 3832748210, ISBN-13: 978-3832748210, 13,95 EUR.
Wandkalender sind haufenweise im Buchhandel erhältlich, auch solche mit astronomischen Motiven. Der Rezensent kennt das, denn er sucht selber zu jedem Jahresende einen Wand schmückenden Kalender mit Astro-Motiven für sein Zuhause. Auf dem ATT in Essen 2011 kam ich irgendwie zu dem Kalender 2012 von Stefan Seip und Hermann-Michael Hahn. Der Kalender gefiel mir auf Anhieb.
Tolle Astrofotos des bekannten und herausragenden Astrofotografen Stefan Seip fesseln den Blick jeweils einen Monat lang: der fast volle Mond in extrem dargestellten Farben (keine Falschfarben!), eine Himmelspol-Strichspuraufnahme über 360 Grad = 24 Stunden (!), ein Menschlein, das in der Abenddämmerung zwei
VdS-Journal Nr. 39
Planeten mit den Händen fängt, der aufgehende, durch atmosphärische Refraktion verzerrte Mond, die ,,explodierende" Galaxie M 82, pünktlich zum Juni zur Vorbereitung des diesjährigen ein Bild des letzten Venusdurchgangs vor der H-alpha-Sonne von 2004, ein stimmungsvolles Bild eines von der Abendsonne beschienenen Flugzeuges vor der sehr schmalen Mondsichel, eine tief (!) belichtete Aufnahme des farbintensiven Doppelsternes Albireo im Schwan, eine All-Sky-Aufnahme einer Beobachtergruppe unter dem Band der Milchstraße, eine Farbaufnahme der Nebelregion um NGC 2170 im Sternbild Einhorn, eine stimmungsvolle Montage von Mondfinsternisaufnahmen über einer Burg, und zur Vorfreude auf das Frühjahr 2013 für
den Dezember 2012 eine Aufnahme des Sternbildes Skorpion über einer Sternwartenkuppel.
Die meisten BiIder haben mich als Ästheten beeindruckt, und als Astrofotograf muss ich Respekt zollen. Nur ,,schöne Bilder" gehen jedoch auf Dauer oftmals der Aufmerksamkeit desjenigen, der sie ständig vor Augen hat, verlustig. Beim näheren Betrachten jedoch bieten die in diesem Wandkalender vorgestellten Fotografien dem Betrachter immer wieder neue Ansatzpunkte für eigene Gedanken, wie bei einem detailverliebten Film, in dem man auch beim 10. Schauen immer neue Details entdeckt. Der eine oder andere wird sich in dem einen oder anderen Motiv selbst wiederentdecken können - das Gegenteil von langweilig.
Vorschau 149
Hängt der Kalender aufgeklappt an der Wand, so wird die untere Hälfte gefüllt von einer monatlichen Himmelsgrafik (rund, wie in den bekannten Jahrbüchern), umrahmt links und rechts von dem eigentlichen Monatskalender, in den einige astronomische Ereignisse eingetragen sind, oben und unten von vier- bis fünfzeiligen Texten, die oben das Astrofoto beschrei-
ben, unten den Sternhimmel des Monats kurz erfassen. Die markanten Textbeiträge gehen auf das Konto des bekannten Astronomie-Autors Hermann-Michael Hahn.
Am Anfang des Kalenders finden wir zwei Seiten mit dem Jahreskalender und der Ferienordnung der deutschen Bundesländer, die man ja sonst nie zur Hand
hat, wenn man sie braucht, doch hier sind sie präsent.
Ein interessanter, informativer und von zwei Sternfreunden liebevoll gestalteter Wandkalender. Wer für einen 40 cm breiten Kalender Platz an der Wand hat, sollte diesen aufhängen. Werner E. Celnik