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Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 35

BEITRAG
  4 VdS aktuell (Guthier Otto)
  6 Das System der galaktischen Kugelsternhaufen (Riepe Peter)
  6 Kugelsternhaufen - die "Senioren" der Galaxis (Riepe Peter)
  12 Das Erscheinungsbild der Kugelsternhaufen (Riepe Peter)
  18 Kugelsternhaufen (Diederich H.-G.)
  22 Galerie der Kugelsternhaufen (Riepe Peter)
  32 Einfluss von Öffnung und Vergrößerung bei der visuellen Beobachtung von KH am Beispiel M 15 (Spitzer Daniel)
  35 Klassiker unter den Kugelsternhaufen (Riepe Peter)
  42 Fachgruppenprojekt: Kugelsternhaufen beobachten (Kohler Gerd)
  44 Der Pal-2-Kugelsternhaufen (Kutschera Walter)
  45 Das Wolf-Lundmark-Melotte-System und der KH WLM-1 (Bohle Jens)
  48 Dem "intergalaktischen Wanderer" auf der Spur (Riepe Peter, Spitzer Daniel, Tomsik Harald)
  51 Die Terzan-Kugelsternhaufen (Riepe Peter)
  54 Klein, rund und plump (Petkow Evelyn)
  58 AM 4 - "Astro-Krimi" mit einem Kugelsternhaufen (Diederich H.-G.)
  60 Veränderliche in M 5 (Hubl Bernhard)
  64 Eine Datenbank zu Kugelsternhaufen (Riepe Peter)
  65 Erfahrungsbericht Celestron Edge HD 1100 - Teil 1 (Geissinger Rolf)
  68 Neues aus der FG Astrofotografie Journal 35 (Riepe Peter)
  69 Astrofotografie für den Einsteiger (Riepe Peter)
  71 Staubtrübung durch Vulkanausbruch in Island (Hinz Claudia)
  76 Aus der Fachgruppenarbeit Deep Sky Journal 35 (Spitzer Daniel)
  76 Das Deep-Sky-Treffen 2010 in Bebra (Spitzer Daniel)
  78 2 Objekte - 2000 Beobachter (Spitzer Daniel)
  79 Visuelles Deep Sky Beobachtungsprojekt PN Winter (Schilling Johannes, Spitzer Daniel)
  80 Visuelles Deep-Sky-Beobachtungsprojekt M 33 (Schilling Johannes, Spitzer Daniel)
  85 NGC 7217, eine helle Galaxie im Pegasus (Wenzel Klaus)
  87 Fachgruppe Geschichte der Astronomie Neues J. 35 (Steinicke Wolfgang)
  87 Die Botschaft von den Sternen (Witt Volker)
  91 Galileis Monde (Wolfram Konrad)
  92 VEGA - Internationales Programm für Jugendliche (Hoffmann Susanne)
  95 Sibirien Abenteuer Tour 2010 (Leonhardt Anja, Meyer Lisa, Gossee Louisa)
  96 Erste Kleinplaneten-Entdeckungen auf B86 Hagen (Klein Marcel)
  99 Kosmische Begegnungen Journal 35 (Ries Wolfgang, Hohmann Klaus)
  100 29/P Schwassmann-Wachmann - Ausbruchskünstler (Pilz Uwe)
  102 Staubsturm über der nördlichen Polkappe des Mars (Strauch Günther)
  103 Saturn im Frühjahr 2010 (Riepe Peter)
  105 HeI6678-Emissionsaktivität im Be-Stern Gamma Cas (Pollmann Ernst)
  107 Jupiter bedeckt 45 Cap (Bode Hans-Joachim)
  108 ESOP XXVIII in Niepolomice/Polen (Tegtmeier Andreas)
  109 ES Aquilae wird im Ausbruch dunkler (Diederich H.-G.)
  111 Grundlagen zur Fotometrie mit JPG-Bildern - Teil 1 (Moos Carsten)
  115 VdS Mitglieder neu Begrüßung Journal 35 (Garbe Eva)
  115 Fernsteuerbare Teleskope für Schulen (Husar Dieter)
  116 Die Bochumer Herbsttagung der Amateurastronomie (Guthier Otto)
  118 VdS-Brainstorming - das Dritte (Celnik Werner E.)
  118 Millimeter oder Zoll (Liebig Armin)
  119 Das war´n noch Zeiten Journal 35 (Völker Peter)
  120 Besuch des Observatoriums in Tautenburg (Schilling Johannes)
  123 Der Sternhimmel Oktober-November-Dezember 2010 (Melchert Sven, Celnik Werner E.)
  126 M wie Messier Journal 35: M 98, M 104, M 107 (Güths Torsten)
  129 Vorschau auf beobachtbare Maxima und Minima Veränderlicher Sterne (Braune Werner)
  129 Partielle Mondfinsternis an Silvester (Girrbach Dieter)
  130 Doppelsternmessungen mit "lucky imaging" (Anton Rainer)
  130 Stimmungsaufnahme des abnehmenden Mondes (Girrbach Dieter)
  133 Pfadfinder für Außerirdische (Weis Katrin)
  134 Buchbesprechung "Die Messier-Objekte" (Celnik Werner E.)
  134 Buchbesprechung "Moonscout" (Güths Torsten)
  135 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen Journal 35 (Celnik Werner E.)
  0 Editorial Journal 35 (Melchert Sven)

Textinhalt des Journals 35

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VdS-Journal Nr. 35

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Nach Redaktionsschluss

VdS aktuell
von Otto Guthier

Neue Informationsbroschüre
Rechtzeitig zum ATT in Essen, Ende Mai, wurde die 5. überarbeitete Informationsbroschüre der VdS fertiggestellt und konnte auf dieser Astromesse an interessierte Sternfreunde erstmals abgegeben werden. Mit dem Titel ,,Erlebnis Astronomie" wendet sich die 24-seitige Informationsschrift an alle Sternfreunde, die mehr über die VdS, ihre Fachgruppen und die Leistungen von Deutschlands größtem Verein der Hobbyastronomen erfahren möchte. Erstmals ist diese Schrift mit einer Auflage von 5.000 Stück durchgehend in Farbe gedruckt und in Format A4 aufgelegt. Seit Erscheinen der 1. Auflage im Jahr 1996, die den damals vorhandenen zweiseitigen Informationsflyer ablöste, wurden mit der 5. Auflage knapp 20.000 Broschüren gedruckt. Mitglieder und interessierte Sternfreunde können diese umfassende Informationsschrift bei der Geschäftsstelle der VdS; Postfach 1169, 64646 Heppenheim kostenlos anfordern.
VdS-Journal Nr. 35

VdS-Stand
Nach über 15 Jahren hat der 3 x 4 Meter große Werbestand der VdS ,,ausgedient". Die große Plakatwand mit zahlreichen Astromotiven unserer Mitglieder war doch in die Jahre gekommen und wurde nun durch ein anderes System abgelöst. Von Alexander Weis und Sven Melchert wurden drei neue ,,Roll-Ups" (ausziehbare Plakate mit Ständer) grafisch und textlich gestaltet, die erstmals auf dem ATT am VdS-Stand präsentiert wurden (s. Abb.).
Diese Roll-Ups sind mit einer Größe von 1,00 x 2,20 Meter und einem einfach zu bedienenden Präsentationssystem wesentlich einfacher und handlicher. Die drei Elemente sprechen dabei die Standbesucher und Betrachter in einer etwas unkonventionellen Form an. Mit dem Begriff ,,nachtaktiv" auf dem ersten RollUp wird das Thema ,,Sterne beobachten" sensibilisiert, während die beiden anderen Präsentationsflächen die Arbeit der Fachgruppen und die Leistungen der VdS in den Vordergrund stellen. Die Stellwände können natürlich auch einzeln verwendet werden und sind bequem im Handgepäck zu transportieren.
Neue Internetadresse
Ihre VdS - die ,,Vereinigung der Sternfreunde" - ist im Internet ab jetzt auch unter www.sternfreunde.de zu erreichen. Der VdS-Vorstand dankt dem Inhaber
2 Die neue Informations-
broschüre der VdS

1 Der neue Stand der VdS war
zum ersten Mal beim ATT in Essen in Aktion
von www.astronomie.de, Herrn Unbehaun, für seine Bereitschaft, diese Adresse der VdS zur Verfügung zu stellen. Die ,,alte" www.vds-astro.de bleibt natürlich weiterhin bestehen. Für Sie als Mitglied ändert sich also nichts, aber für das an der Astronomie interessierte Publikum ist www.sternfreunde.de sicher etwas freundlicher als die bisherige Adresse.
1 Rechts: Sonnenfinsternis bei
Sonnenuntergang: Am 11. Juli 2010 fand eine totale Sonnenfinsternis statt, deren Schattenpfad sich quer über den Pazifischen Ozean erstreckte. Prominente Reiseziele waren die Osterinsel und der südlichste Zipfel von Südamerika, von wo aus die Finsternis kurz vor Sonnenuntergang beobachtet werden konnte.
Stefan Krause und das Team von Eclipse-Reisen.de wählten den Ort El Calafate in den argentinischen Anden. Ihre abenteuerliche Tour (einen ausführlichen Bericht lesen Sie unter www. sofi2010.de) wurde mit dem spektakulären Anblick der total verfinsterten Sonne kurz vor Sonnenuntergang belohnt. Dazu der Fotograf: ,,Eine Szene wie aus einem Fantasy-Film". Wie wahr.

VdS-Journal Nr. 35

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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

Kugelsternhaufen - die ,,Senioren" der Galaxis
von Peter Riepe

Kugelsternhaufen sind die ,,Senioren" der Milchstraße. Und so wie die Senioren unter unseren Mitmenschen auf viele bewegende Ereignisse in ihrem langen Dasein zurückblicken können, geht es auch den Kugelsternhaufen. Sie erzählen eine lange Geschichte, wenn man ihre astrophysikalische Sprache versteht und ihnen auch genau ,,zuhört". Entstanden ist der Großteil der galaktischen Kugelsternhaufen bereits vor vielen Milliarden Jahren, im Vergleich zu ihnen ist unsere Sonne eine junge Dame.

Kugelsternhaufen bieten allen Sternfreunden interessante Perspektiven. Der visuelle Beobachter staunt - je nach Teleskop - über den Sternenreichtum im Inneren, der Astrofotograf ergötzt sich an Form und Aufbau, der Veränderlichenbeobachter registriert mit geeigneten Mitteln RR-Lyrae-Sterne, an Hand derer er die Entfernung der Kugelsternhaufen ermitteln kann. Folgen Sie uns in diesem Heft in die Welt der Kugelsternhaufen, lesen Sie, was es über diese uralten Sternengebilde Wissenswertes gibt.

Das System der galaktischen Kugelsternhaufen
von Peter Riepe

Die Milchstraße (Galaxis) hat die Form einer Diskusscheibe. Sie besteht aus einer rundlichen Kernzone (Bulge) und den daran ansetzenden bekannten Spiralarmen. Es wäre aber falsch anzunehmen, dass die Materie der Milchstraße nur in der Scheibe steckt, d.h. im Bulge und in den Armen. Die gesamte Galaxis ist in einen riesigen Halo eingebettet (Abb. 1). Das ist eine umgebende, lockere Hülle aus urzeitlichen Wasserstoffwolken sowie alten, entwickelten Sternen und Sternansammlungen, die der Astronom der ,,Population II" zuordnet. Im Gegensatz dazu befinden sich die jüngeren Sterne der ,,Population I" im Bereich der galaktischen Spiralarme. Zur Halo-Population II zählen außer den Kugelsternhaufen (KH) noch die Zwerggalaxien, ferner auch zahlreiche Einzelsterne, die jedoch wegen der geringen Halo-Dichte kaum auffallen. Zu nennen wären beispielsweise viele rote Zwergsterne sowie die RR-Lyrae-Sterne - Veränderliche, die als ,,Standardkerzen" zur Entfernungsbestimmung im nahen galaktischen Umfeld bestens geeignet sind.
Man kennt heute etwa 160 KH. Ihre Gesamtzahl ist aber sicherlich viel höher zu

Die entferntesten Halo-KH
(nach W.E. Harris, 1996/2003)

Objekt AM 1 Pal 4 Pal 3 Eridanus NGC 2419 Pal 14

· (2000) 03 55 02,7 11 29 16,8 10 05 31,4 04 24 44,5 07 38 08,5 16 11 04,9

· (2000) -49 36 52 +28 58 25 +00 04 17 -21 11 13 +38 52 55 +14 57 29

Rgc 123,2 111,8
95,9 95,2 91,5 69,0

Rhel 121,9 109,2 92,7 90,2 84,2 73,9

Vt 15,72 14,20 14,26 14,70 10,39 14,74

µV 23,86 23,54 23,08 22,81 19,83 25,55

Tab. 1: Spalte 1 gibt den Namen des KH an, Spalten 2 und 3 die Koordinaten, Spalte 4 den galaktozentrischen Abstand in kpc, Spalte 5 den heliozentrischen Abstand in kpc, Spalte 6 die totale V-Helligkeit in mag und Spalte 7 die zentrale visuelle Flächenhelligkeit in mag pro Quadratbogensekunde.
1 Die Milchstraße und
das galaktische Halo-System der Kugelsternhaufen von der Seite betrachtet. Die Sonne steht bei X = 0 und Z = 0. Der Bulge liegt im dichten Knäuel der KH bei X = 8 kpc. Der markierte KH Palomar 2 gehört zum äußeren Halo. Die noch weiter entfernten KH der Tab. 1 befinden sich bereits außerhalb des Bildes (Original nach Harris, 1997, überarbeitet).

VdS-Journal Nr. 35

8

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

veranschlagen, weil ein Großteil durch die interstellare Materie der Milchstraße verdeckt wird. Schätzungen zufolge könnten durchaus um die 500 galaktische KH existieren [1]. Im galaktischen Halo nimmt die Dichte an KH von innen nach außen deutlich ab. Aber auch sehr weit außen sind noch vereinzelte Exemplare zu sehen. Vor bereits 25 Jahren wurde gezeigt, dass sich das KH-System unserer Milchstraße in zwei verschiedene Untersysteme gliedert: Erstens ein sphärisch ausgedehntes System alter Haufen mit geringem Metallgehalt, welches langsam um das Zentrum der Milchstraße rotiert, und zweitens ein sehr flaches, schnell rotierendes System metallreicher Haufen [2]. Das zweite System hält sich in seiner Gestalt im Wesentlichen an die Dicke der galaktischen Scheibe [3].
Die KH sitzen natürlich nicht an festen Positionen in der Milchstraße, sondern umlaufen diese. Zur Berechnung der Umlaufbahn benötigt man die Messung der Eigenbewegung. So etwas ist möglich, indem man langbrennweitige fotografische Aufnahmen aus vergangenen Zeiten mit heutigen vergleicht und daraus die Verschiebung der KH in Bezug auf den extragalaktischen Hintergrund misst. In einer jüngeren Forschungsarbeit wird sehr schön berichtet [4], wie die Eigenbewegung von NGC 7006 bestimmt wurde. Dabei wurden fotografische Platten aus

2 Der entfernteste galaktische KH ist Arp-Madore 1 (AM 1). Er hat einen
Sonnenabstand von fast 400.000 Lj. Aufnahme auf III a-J mit dem australischen UKSchmidtteleskop. Auf dem Originalbild sind im Haufen etwa 65 Sterne bis hinab zu 20,5 mag zu sehen.

den 1950er Jahren verwendet (5-m-Spiegel Mt. Palomar) und mit solchen aus den späten 1970er Jahren (4-m-Teleskop Kitt Peak) und den 1990er Jahren (2,5-m-Teleskop Las Campanas) abgeglichen.

Bei ihrem Umlauf um das galaktische Zentrum durchstoßen die KH immer wieder die Milchstraßenebene mit der dort konzentrierten Menge an interstellarem Gas und Staub. Manche laufen auch direkt durch den galaktischen Bulge. Bei

Die 15 leuchtkräftigsten galaktischen KH
(nach W.E. Harris, 1996/2003)

Objekt 47 Tuc

· (2000)

· (2000)

Rgal

00 24 05,2 -72 04 51

7,4

Rhel

MV

4,5

-9,42

Vt 3,95

B-V 0,88

NGC 2419

07 38 08,5 +38 52 55

91,5

84,2

-9,58

10,39

0,66

NGC 2808

09 12 02,6 -64 51 47

11,1

9,6

-9,39

6,20

0,92

Omega Cen 13 26 45,9 -47 28 37

6,4

5,3

-10,29

3,68

0,78

M 3

13 42 11,2 +28 22 32

12,2

10,4

-8,93

6,19

0,69

NGC 5824

15 03 58,5 -33 04 04

25,8

32,0

-8,84

9,09

0,75

M 5

15 18 33,8 +02 04 58

6,2

7,5

-8,81

5,65

0,72

M 62

17 01 12,8 -30 06 49

1,7

6,9

-9,19

6,45

1,19

M 19

17 02 37,8 -26 16 05

1,6

8,6

-9,18

6,77

1,03

NGC 6388

17 36 17,0 -44 44 06

3,2

10,0

-9,42

6,72

1,17

M 14

17 37 36,1 -03 14 45

4,1

9,3

-9,12

7,59

1,25

NGC 6441

17 50 12,9 -37 03 05

3,9

11,7

-9,64

7,15

1,27

M 54

18 55 03,3 -30 28 42

19,2

26,8

-10,01

7,60

0,85

M 15

21 29 58,3 +12 10 01

10,4

10,3

-9,17

6,20

0,68

M 2

21 33 29,3 -00 49 23

10,4

11,5

-9,02

6,47

0,66

µV 14,43 19,83 15,17 16,77 16,34 15,08 16,05 15,35 16,82 14,55 18,41 14,99 14,82 14,21 15,92

Tab. 2: Die Spalten 1 bis 5 sowie 7 und 9 erklären sich wie in Tab. 1. Spalte 6 gibt die visuelle Absoluthelligkeit in mag an und Spalte 8 den Farbindex in mag.
VdS-Journal Nr. 35

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

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jeder Passage werden die KH in Mitleidenschaft gezogen. Die Stoßwelle entreißt ihnen zahlreiche äußere Sterne, so dass sich die Masse der KH im Laufe der Zeit verringert, bis hin zur späteren vollständigen Auflösung [5]. Andererseits gibt es Anzeichen dafür, dass die beim Durchkreuzen der galaktischen Scheibe erzeugte Stoßwelle der Ausgangspunkt für sekundäre Sternentstehung sein kann [6].
Das System der galaktischen KH liefert in seiner beobachteten Vielfalt physikalischer Eigenschaften nicht nur Informationen über die Halogestalt, sondern auch über die galaktische Entwicklungsgeschichte. Vermutlich war die Milchstraße in ihrer Frühzeit eine rundliche, turbulente Gaswolke. Aus ihr haben sich die Sterne und daher auch die ersten uralten KH vor etwa 13,7 Milliarden Jahren gebildet. Die räumliche Verteilung der KH, ihr Alter und ihre Bewegung deuten auf die Richtigkeit dieser Überlegung hin. Weiterhin kann aus der beobachteten Verteilung der KH die Position der Sonne innerhalb der Milchstraße rekonstruiert werden. Nach einer Arbeit [7] kann man

3 NGC 2419, ebenfalls ein KH im äußeren galaktischen Halo. Vier Bogenminu-
ten westlich des Haufens steht der 7,2 mag helle A5-Stern HD 60771. Er hat einen Farbindex B-V = 0,23 mag, ist also blau. Noch weiter westlich davon steht der Doppelstern BD+39 1978. Harald Strauß nahm den intergalaktischen Wanderer am 11.02.2008 an der Gahberg-Sternwarte auf. Teleskop war ein 14"-Hypergraph bei f = 1090 mm mit einer CCD-Kamera SBIG ST-8. Die Nachführung erfolgte mit einer SBIG ST-7 an einer 4" MTO Russentonne bei nur f = 630 mm. Belichtet wurde: L 20 x 120 s, R 12 x 92 s, G 12 x 97 s, B 15 x 120 s (Luminanzaufnahme ohne Binning, Farbauszüge mit 2x2-Binning).

Einige leuchtschwache galaktische KH
(nach W.E. Harris, 1996/2003; ein Teil der Daten entstammt verschiedenen Originalarbeiten)

Objekt

· (2000)

· (2000)

Rgal

Rhel

MV

Vt

B-V

Whiting 1

02 02 55

-00 15 17

33,9

29,4

-2,42

15,03

-

Pal 1

03 33 23,0 +79 34 50

17,0

10,9

-2,47

13,18

0,96

AM 1

03 55 02,7 -49 36 52 123,2

121,9

-4,71

15,72

0,72

Koposov 2

07 58 17,0 +26 15 18

-

40

-1

-

E 3

09 20 59,3 -77 16 57

7,6

4,3

-2,77

11,35

-

Koposov 1

11 59 18,5 +12 15 36

-

50

-2

-

-

AM 4

13 55 50,1 -27 10 22

25,5

29,9

-1,60

15,90

-

BH 176

15 39 07,3 -50 03 02

9,7

15,6

-4,35

14,00

-

Pal 14

16 11 04,9 +14 57 29

69,0

73,9

-4,73

14,74

-

Terzan 3

16 28 40,1 -35 21 13

2,4

7,5

-4,61

12,00

-

ESO452-SC11 16 39 25,5 -28 23 52

2,0

7,8

-3,97

12,00

-

Terzan 1

17 35 47,2 -30 28 54

2,5

5,6

-4,90

15,90

-

Pfleiderer 2 17 58 40

-05 04 30

9,7

16,4

-2,5

16,7

-

Terzan 9

18 01 38,8 -26 50 23

1,6

6,5

-3,85

16,00

-

NGC 6535

18 03 50,7 -00 17 49

3,9

6,8

-4,75

10,47

0,94

Terzan 12

18 12 15,8 -22 44 31

3,4

4,8

-4,14

15,63

-

AL 3

18 14 06,6 -28 38 06

2,1

6

-4,0

11,0

1,16

Pal 12

21 46 38,8 -21 15 03

15,9

19,1

-4,48

11,99

1,07

Pal 13

23 06 44,4 +12 46 19

26,7

25,8

-3,74

13,47

0,76

µV 20,93 23,86 23,10 24,75 23,36 25,55 22,52 20,75 25,09 23,21 20,22 23,75 20,59 23,36

Tab. 3: Spalte 1 gibt den Namen des KH an, Spalten 2 und 3 die Koordinaten, Spalte 4 den galaktozentrischen Abstand in Kiloparsec, Spalte 5 den heliozentrischen Abstand in Kiloparsec, Spalte 6 die visuelle Absoluthelligkeit in Mag, Spalte 7 die totale V-Helligkeit in mag, Spalte 8 den mittleren Farbindex in mag und Spalte 9 die zentrale Flächenhelligkeit in mag pro Quadratbogensekunde.
VdS-Journal Nr. 35

10

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

davon ausgehen, dass die Sonne etwa 7,6 Kiloparsec (Erklärung siehe Kasten) vom galaktischen Zentrum entfernt steht. Neue Messungen [8] ergeben einen etwas kleineren Wert von (7,2 +- 0,3) Kiloparsec.
Die Milchstraße hat einen Durchmesser von etwa 100.000 Lichtjahren. Der galaktische Halo reicht aber erheblich weiter hinaus, bis über 300.000 Lichtjahre. Einige weit außen stehende KH des äußeren Halos sind Arp-Madore 1 (AM 1) im Sternbild Horologium (Abb. 2), Palomar 4 im Großen Bären, das Eridanus-System und NGC 2419 im Sternbild Luchs (Abb. 3). Ihre Entfernungen von der Sonne ei-

Parsec und Lichtjahr
Während die Amateurastronomen gern das Lichtjahr (Lj) als Maßeinheit für Entfernungen im Weltall verwenden, gebraucht der Berufsastronom lieber die Parallaxensekunde (gesprochen: ,,Parsec", pc).
Definition: 1 Parsec (pc) ist diejenige Entfernung, aus welcher der Erdbahnradius unter dem Blickwinkel von 1´´ erscheint. 1 Lichtjahr (Lj) ist die Strecke, die das Licht im Vakuum innerhalb eines Jahres zurücklegt.
Umrechnungen: 1 Parsec (pc) = 3,262 Lichtjahre (Lj) 1 Kiloparsec = 1 kpc = 1.000 pc = 3.262 Lj 1 Megaparsec = 1 Mpc = 1.000.000 pc = 3.262.000 Lj
(Abb. 4). Solche Objekte sind schwierig zu finden, beim Aufspüren helfen nur Teleskope großer Öffnung und langer Brennweite, mit denen mehrstündige Belichtungen durchgeführt werden. Und ihre KH-Natur zeigt sich auch erst, wenn die professionelle Fotometrie eindeutige Farbenhelligkeitsdiagramme (FHD) geliefert hat. Ein typischer Fall ist AM 4 [10], siehe auch Bericht in dieser Ausgabe. Ihm fehlen im FHD die kompletten Äste der bereits entrissenen Roten Riesen

4 Die massearmen Kugelsternhaufen Koposov 1 und 2, aufgenommen im Ja-
nuar 2007 am 2,2-m-Teleskop des Calar Alto (Spanien). Die B-gefilterten Bilder aus [9] zeigen ein Bildfeld von 2´ Kantenlänge. Belichtungszeit: 2 Stunden bei einem Seeing von 1 - 1,3".

nerseits und vom galaktischen Zentrum andererseits sind in der Tabelle 1 aufgelistet. Sehr nahe KH sind NGC 6539 in der Schlange, M 22 im Schützen und NGC 6397 im Ara. M 4 im Skorpion mit nur 6800 Lichtjahren Entfernung galt lange Zeit als der allernächste KH. An seine Stelle ist der erst kürzlich gefundene KH-Kandidat FSR584 getreten, der es auf etwa 4600 Lichtjahre bringt.
Je höher die Zahl der enthaltenen Einzelsterne und je mehr helle Rote Riesensterne in einem KH enthalten sind, desto leuchtkräftiger ist er. Tabelle 2 zeigt einige leuchtkräftige KH. Man erkennt ihre Leuchtkraft an den überdurchschnittlich hohen Werten der Absoluthelligkeit. Der
VdS-Journal Nr. 35

durchschnittliche galaktische KH kommt auf eine Absoluthelligkeit von -7,05 mag. Die Absoluthelligkeit wird im Bericht ,,Das Erscheinungsbild der Kugelsternhaufen: Fakten für Beobachter und Fotografen" erklärt.
Im Vergleich dazu haben die leuchtschwachen KH geringe absolute Helligkeiten (Tab. 3). Darunter gibt es recht sternarme Vertreter, die kaum als KH ins Auge fallen. Die erst 2007 entdeckten massearmen KH Koposov 1 und Koposov 2 [9] möchte man von ihrer Morphologie her zunächst eher als offene Sternhaufen klassifizieren, weil die geringe Sternzahl nicht den üblichen kompakten, kugelsymmetrischen Charakter offenbart

5 Das FHD von AM 4, dem masse-
ärmsten Kugelsternhaufen der Milchstraße (nach Carraro, 2009). Vorhanden sind nur Sterne der unteren Hauptreihe sowie des abknickenden Asts der Unterriesen. Der Rote Riesenast fehlt. Die FHD von Koposov 1 und 2 sind sehr ähnlich. Dies ist ein klarer Hinweis auf bereits begonnene Auflösungserscheinungen.

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

11

und Horizontalaststerne (Abb. 5), so dass seine Entfernung zunächst völlig falsch eingeschätzt wurde.
Ein Teil der galaktischen KH stammt aus der ,,Zulieferung" durch Zwerggalaxien, die sich die Milchstraße einverleibt hat. Sie enthalten hin und wieder mehrere KH wie beispielsweise Fornax Dwarf oder Sagittarius Dwarf [11]. Diese letztgenannte dSph-Galaxie ist nur etwa 60.000 Lichtjahre vom Zentrum der Milchstraße entfernt, sie befindet sich daher bereits im Randbereich der galaktischen Scheibe. Inzwischen wurde Sagittarius Dwarf schon kräftig von den galaktischen Gezeitenkräften zerrupft und extrem in die Länge gezogen. Ihr dichtestes Gebiet liegt im Schützen, als Kern wird der Kugelsternhaufen M 54 angesehen [12]. Er ist der einzige KH, der ähnlich leuchtkäftig ist wie Omega Centauri. Omega Centauri steht jedoch 5-mal näher als M 54, so dass M 54 dem Beobachter viel lichtschwächer erscheint als Omega Centauri. Außer M 54, Arp 2, Terzan 7 und Terzan 8 sind noch NGC 5634, Pal 12, NGC 4147, Whiting 1 und auch Koposov 1 als Mitglieder des ,,Sagittarius-Stroms" in Verdacht [13-18]. Dieser Sternenstrom ist der langgezogene Rest von Sagittarius Dwarf. Er zieht sich durch verschiedene Sternbilder in die Länge und fügt sich mittlerweile in die Außengebiete der Milchstraße ein [19]. Insbesondere sind es die jüngeren Halo-Haufen der Milchstraße, bei denen eine extragalaktische Natur diskutiert wird. So wurde geschätzt, dass 45 - 50% der stellaren galaktischen Halo-Masse aus ,,kannibalisch" erworbenen KH stammt [20].

Literaturhinweise:
[1] Schaifers K., Traving G.: Meyers Handbuch Weltall, BI Mannheim 1984
[2] Zinn R.: The globular cluster system of the Galaxy. IV. The halo and disk subsystems; ApJ 293, 424444 (1985)
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[4] Dinescu D.I. et al.: Orbits of globular clusters in the outer galaxy: NGC 7006; AJ 122, 1916-1927 (10/2001)
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[6] Putte D.V., Cropper M.: Detecting the effect of globular cluster impacts on the disc of the Milky Way; MNRAS 392, 113-124 (1/2009)
[7] Maciel W.J.: Space distribution and metallicities of globular clusters: the distance to the Galactic Centre; Astrophys. Space Sci. 206, 285 (1993)
[8] Bica E. et al.: Globular cluster system and Milky Way properties revisited; A&A 450, 105-115 (2006)
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[10] Madore B.F., Arp H.C.: A distant star cluster in Hydra, AM-4; PASP 94, 40-42 (1982)
[11] Ibata R.A., Gilmore G., Irwin M.J.: A Dwarf Satellite Galaxy in Sagittarius; Nature 370, 194 (July 1994)
[12] Layden A.C., Sarajedini A.: The globular cluster M54 and the star

formation history of the Sagittarius dwarf galaxy; ApJ 486, L107 (Sep. 1997) [13] Da Costa G.S., Armandroff T.E.: Abundances and kinematics of the globular cluster systems of the galaxy and the Sagittarius dwarf; AJ 109, 2533 (1995) [14] Dueñas E.N., Mighell K.J.: WFPC2 Observations of the Sagittarius globular cluster Arp 2; American Astron. Soc. Meeting 201, 704 (2002) [15] Bellazzini M., Ferraro F.R., Ibata R.: The stellar population of NGC 5634: a globular cluster in the Sagittarius dSph stream? AJ 124, 915-923 (8/2002) [16] Bellazzini M., Ferraro F.R., Ibata R.: Building up the globular cluster system of the Milky way: the contribution of the Sagittarius galaxy; AJ 125, 188 (Jan. 2003) [17] Martinez-Delgado D. et al.: Remnants of the Sagittarius dwarf spheroidal galaxy around the young globular cluster Palomar 12; ApJ 573, L19 (July 2002) [18] Carraro G., Zinn R., Moni Bidin C.: Whiting 1: the youngest globular cluster associated with the Sagittarius dwarf spheroidal galaxy; A&A 466, 181-189 (2007) [19] Majewski S.R. et al.: A Two Micron All Sky Survey view of the Sagittarius dwarf galaxy. I. Morphology of the Sagittarius core and tidal arms; ApJ 599, 1082-1115 (12/2003) [20] MacKey A.D., Gilmore G.F.: Comparing the properties of local globular cluster systems: implications for the formation of the Galactic halo; MNRAS 355, 504 (Dec 2004)
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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

Das Erscheinungsbild der Kugelsternhaufen

- Fakten für Beobachter und Fotografen

von Peter Riepe
Kugelsternhaufen (KH) sind beliebte Beobachtungsobjekte - für viele Amateure aber nur, solange sie groß und hell sind. Am nördlichen Himmel dürfte M 13 unter M 3, M 5 und M 15 der Favorit sein. Omega Centauri ist das Highlight des Südhimmels und lässt in seiner Sternenfülle und Ausdehnung M 4, M 12, M 22 und sogar 47 Tucanae weit hinter sich. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche andere dekorative KH, die aber leider viel zu selten als Motive gewählt werden. Nur wenigen Sternfreunden ist NGC 5466, der sich ca. 5 Grad östlich von M 3 befindet, als Objekt bekannt (Abb. 1). Oder wer hat bei seinen Namibia-Besuchen jemals schon NGC 3201 oder NGC 6397 als Zielobjekte eingeplant? NGC 3201 steht im Sternbild Vela (Abb. 2) und ist größer als unser nördlicher M 13. NGC 6397 findet man im Ara (Abb. 3). Er ist gleich hell wie

1 NGC 5466, Auf-
nahme vom 16.07.2008 von Stefan Binnewies und Josef Pöpsel. Am 60-cm-Teleskop Ganymed (Kreta) wurde bei f = 4938 mm in RGB jeweils 6 x 5 min ohne Binning belichtet. Als Kamera diente eine SBIG STL-11000M. FWHM = 1,35", Norden auf 14 Uhr. Wegen des fast vollen Mondes deutlich reduziertes S/N, kein DDP, keine Schärfungen.
2 NGC 3201 im Sternbild Vela. Aufnahme von Dieter Willasch mit dem 20"-
Cassegrain (P. Keller) der IAS auf Farm Hakos (Namibia). Mit einer SBIG STL11000M wurde in RGB jeweils 30 min im korrigierten Sekundärfokus f/9 belichtet.

VdS-Journal Nr. 35

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

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M 13 und knapp größer als M 22. Viele KH sind schlichtweg kaum bekannt, daher wählt man immer wieder die ,,prominenten Standard-KH". Oftmals besteht auch die Auffassung, alle KH seien ja sowieso gleich. Dies ist aber völlig falsch, wie das Schwerpunktthema dieser Journalausgabe zeigt.
Haufenaufbau Alle KH sind uralte Sternformationen, die den Halo der Milchstraße bevölkern (siehe ,,Das System der galaktischen Kugelsternhaufen"). Sie sind aus Hunderttausenden, in extremen Fällen aus bis zu einigen Millionen Sternen aufgebaut, mit einer sphärischen Form und einer starken zentralen Verdichtung. Im Kern ist die Sternendichte sehr hoch und dürfte Sternenabstände von wenigen Lichtmonaten oder gar -wochen erreichen. Viele KH wie Omega Centauri sind nicht exakt rund, sondern leicht elliptisch abgeplattet. Nach H. Shapley und H.B. Sawyer (1927) werden die Konzentrationsklassen 1 bis 12 unterschieden. Je kleiner die Zahl, desto stärker ist die zentrale Konzentration. Äußerst locker aufgebaut ist NGC 5053 (Abb. 4, Abb. 5) in Coma

Berenices mit der Konzentrationsklasse 11. Dagegen ist NGC 7006 im Delphin mit der Konzentrationsklasse 1 sehr stark verdichtet (Abb. 6). Die bekannten Vertreter M 3, M 5 oder auch M 13 erreichen mittlere Werte.
All diese Aussagen zum Erscheinungsbild gelten aber nur für die ungestörten, massereicheren KH. Sie halten ihre Form lange aufrecht. Dafür sorgt der gravitative Zusammenhalt. Es gibt aber im Laufe der Zeit viele ,,missliche Situationen", in denen KH starken äußeren Einwirkungen unterworfen sind. Bei jedem Umlauf um die Milchstraße kreuzen sie die galaktische Scheibe und stoßen auf interstellare Gas- und Staubmengen. Insbesondere massearme KH erfahren dann eine Wechselwirkung, die dafür sorgt, dass nach und nach Sterne verloren gehen. So wird der ehemals prächtige KH immer zerrupfter und einem offenen Haufen immer ähnlicher. Nach etlichen Milliarden Jahren kann das letztlich zu seiner völligen Auflösung führen.
Die Helligkeit der Kugelsternhaufen Das Weltall besteht aus vielen schönen

Objekten, die man am Teleskop oder auf Fotos mit offenem Mund bestaunen kann. Aber nichts davon ist unabänderlich, sondern alles ist in Bewegung, entwickelt sich, folgt Gesetzen, hat von daher immer mit Physik und Mathematik zu tun. Also kommen wir auch in diesem Schwerpunktthema nicht um einige Zahlen und Berechnungen herum. Und das Gute eines Schwerpunktthemas ist ja gerade, dass hier auch ein wenig mehr auf astrophysikalische Grundlagen eingegangen werden darf. Aber keine Sorge, man muss nicht Hochschulabsolvent sein, um weiter folgen zu können.
Wir beobachten die Objekte in ihrer ,,scheinbaren visuellen Helligkeit". Was heißt ,,scheinbar"? Ein Stern wie unsere Sonne erscheint in M 13 sehr lichtschwach mit nur 20 mag. Stünde die Sonne bei Alpha Centauri, hätte sie eine größere Helligkeit von 1,3 mag. Im Gegensatz zur scheinbaren Helligkeit steht die absolute Helligkeit. Sie ist für jeden Stern auf eine genormte Standardentfernung von 32,6 Lichtjahren bezogen (siehe unten). Und was bedeutet ,,visuelle" Helligkeit? Das ist die im sichtbaren Licht vorliegende

3 Im Ara steht NGC 6397. Die Aufnahme von Dieter Willasch wurde mit denselben Daten wie in Abb. 2 aufgenommen.

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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

Helligkeit. Die scheinbare visuelle Helligkeit mV wird in Größenklassen (Magnituden = mag) gemessen. Stern A mit beispielsweise 3,6 mag ist um eine Größenklasse heller als Stern B mit 4,6 mag. Je kleiner die Magnitude, desto heller der Stern - und umgekehrt. Ein Unterschied von einer Größenklasse macht in der Lichtintensität einen Faktor 100,4 = 2,51 aus - heller oder schwächer. Gleich helle Sterne sind gleich gut zu sehen. Gilt das auch für KH? Ist NGC 5053 mit 9,47 mag genauso hell im Sternenuntergrund zu sehen wie der 9,47 mag helle NGC 5634? Auch wenn beide die gleiche Farbe Weiß besitzen und der gleichen interstellaren Extinktion unterliegen - das ist nicht so! Wir haben zwei wesentliche Unterschiede nicht bedacht! Erstens hat NGC 5053 mit 10,5´ eine mehr als doppelte Ausdehnung wie NGC 5634 mit 4,9´. Seine Helligkeit verteilt sich für den Beobachter auf die 4,6-fache Fläche, wird also ,,flächig reduziert". Zweitens sind nicht alle Kugelsternhaufen gleich leuchtkräftig, wie wir noch sehen werden. Und so kommt es, dass laut Tabellenwert NGC 5634 eine visuelle Flächenhelligkeit von 17,5 mag pro Quadratbogensekunde besitzt, während der gleich helle NGC 5053 auf 22,2 mag pro Quadratbogensekunde kommt, also in seinem Zentrum 4,7 mag schwächer wirkt. Man hüte sich also davor, die Beobachtbarkeit der KH (und anderer Flächenobjekte) allein mit Hilfe der
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4 NGC 5053 ist ein KH im Haar der Berenice. Andreas Rörig setzte einen
12"-Newton 1:4,5 ein mit einer SBIG ST-10XME. Die Farben wurden im April 2010 aufgenommen (R und G jeweils 6 x 300 s, B mit 6 x 450 s länger). Das Luminanzbild entstand bereits im Mai 2008, belichtet 17 x 300 s.

scheinbaren visuellen Helligkeit in mag zu beurteilen! Benötigt wird die zentrale Flächenhelligkeit in mag pro Quadratbogensekunde. Wer eine verlässliche, aktuelle Quelle für Daten der KH sucht (auch mit angegebenen Flächenhelligkeiten und dem nachfolgend besprochenen Farbexzess), sei auf die Arbeit von William Harris verwiesen. Näheres dazu im Bericht ,,Eine Datenbank zu Kugelsternhaufen".
Die Farbe eines Kugelhaufens KH bestehen aus unterschiedlich farbigen Sternen. Alte Kugelhaufen besitzen helle Rote Riesen, weiße Unterriesen und blaue Horizontalaststerne, dazu in der Regel sehr viel schwächere gelbe bis rote Hauptreihensterne. Mehr dazu in einer späteren Journalausgabe. Trotz dieser Farbvielfalt hat der Astronom sich angewöhnt, wie bei Einzelsternen dem KH auch einen Farbindex zu geben, jedoch einen ,,mittleren" Farbindex. Ein KH wie M 53 (B-V = 0,64 mag) ist im Mittel weiß, NGC 7492 (B-V = 0,42 mag) ist bläulich und NGC 6760 (B-V = 1,66 mag) rötlich. Inzwischen kaum noch benutzt wird der ,,mittlere Spektraltyp" (SpT), der zu Fehl-

einschätzungen führt. So sollte der KH M 92 (SpT F2) weißbläulich wirken, sein mittlerer Farbindex ist aber B-V = 0,63 mag - also rein weiß. Wichtig für die Farbfotografie: Je weiter B-V unter 0,64 mag liegt, desto blauer ist der KH, desto mehr blaue Sterne besitzt er. Je weiter B-V über 0,64 mag liegt, desto gelblicher oder gar rötlicher wirkt der Haufen. So kommen die weit entfernten Palomar-KH teilweise auf Farbindizes größer als 2.
Farbexzess und Absorption Das Licht jedes entfernten Objekts wird vom interstellaren Gas und Staub geschwächt. Wir kennen das von Fotos der Milchstraße im Schützen, wo die Sternfelder rötlicher wirken als etwa im Schwan. Der Astronom spricht von der interstellaren Extinktion und drückt diese Rötung durch den ,,Farbexzess" aus, den er auf zwei Farbbereiche bezieht. Für visuelle Zwecke wird der Farbexzess E(BV) verwendet. E(B-V) = 0 mag bedeutet: Es liegt keine Rötung vor. Positive Werte bedeuten eine Rötung. Für den 5,63 mag hellen KH M 4 wurde ein Farbexzess E(BV) = 0,36 mag gemessen, das bedeutet eine leichte Rötung. M 71 ist mit E(B-V) =

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

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5 Schwarzweißdarstellung von Abb. 4. Erst bei erhöhtem Kontrast wird die
Menge der schwächeren Sterne verstärkt, so dass die Ausdehnung von NGC 5053 deutlich wird. Jetzt tritt auch seine runde Form hervor.

M 4, so hätte er MV = -8,7 mag. Man sagt: M 13 ist um 1,5 mag leuchtkräftiger als
M 4.

1,09 mag bereits kräftig gerötet. Wird der Farbexzess E(B-V) mit 3,1 multipliziert, so ergibt sich die ,,visuelle Absorption" AV in mag. M 4 wird also um AV = 3,1 x 0,36 mag = 1,12 mag geschwächt, d.h. durch die leichte Rötung werden 1,12 mag vom visuellen Licht des KH absorbiert. Wäre kein interstellares Medium zwischen uns und M 4, dann wäre der KH nicht 5,63 mag, sondern 4,51 mag hell.

M 4 auf eine Absoluthelligkeit MV = 4,51 mag - 11,71 mag = -7,20 mag. Stünde
M 13 dann in 10 Parsec direkt neben

Durchmesser der KH Wir sehen keinen KH ungestört, bei allen wird die Sicht mehr oder weniger durch galaktische Vorder- bzw. Hintergrund-

Absoluthelligkeit und Leuchtkraft Ein wichtiger Wert ist die Absoluthelligkeit MV des KH. Darunter versteht man die berechnete scheinbare Helligkeit, die der Haufen hätte, wenn er ohne Rötung in einer Entfernung von 10 Parsec (32,62 Lj) stünde. Man schiebt also alle KH gedanklich in diese gleiche ,,Norm-Entfernung", berechnet ihre dortige ungerötete scheinbare Helligkeit (Absoluthelligkeit) und hat damit den Vorteil, dass nun alle KH in ihrer Leuchtkraft direkt miteinander vergleichbar werden. Beispiel: M 4 ist 2200 pc entfernt und hat ungerötet V = 4,51 mag (siehe Farbexzess). Wird er auf 10 pc heran geholt (220-mal näher), dann wird sein Licht 2202 = 48.400-mal heller. In Größenklassen sind das 2,5 x log 48.400 = 11,71 mag. Daher kommt

6 Der weit entfernte Halo-KH NGC 7006 steht im Delphin. Douglas R. Whee-
land nahm ihn am 21.09.2007 mit einem 12,5"-RC (RCOS) bei 2896 mm Brennweite auf. Kamera war eine SBIG ST-8E mit CFW8, dazu wurde zur Nachführung eine SBIG AO7 verwendet. Belichtet wurde ohne Filter 3 x 30 min. Aufnahmeort war das Star Ranch Road Observatory (South Western Colorado Springs, 1980 m Höhe). Man beachte auch die Hintergrundgalaxien im rechten unteren Bildbereich.
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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

7 Durchmesserschätzung am Beispiel von 47 Tucanae (siehe Text). Dazu wird ein konzentrischer Umkreis so um den KH
gelegt, dass möglichst auch die äußersten Haufensterne noch mit erfasst sind. Takahashi 160, IAS (Farm Hakos), Belichtung insgesamt 86 Minuten mit Canon EOS 1000D bei ISO 100. Bildautor: Peter Eppich.

sterne behindert. Eine äußere Grenze ist nicht zu erkennen, weil vom Zentrum nach außen die Sternendichte stetig abnimmt, um irgendwo allmählich in den Sternenhimmel überzugehen. Der visuelle Beobachter kann die Winkelausdehnung des Haufens sicherlich abschätzen, doch werden seine Angaben immer kleinere Werte liefern als über den fotografischen Weg. Auf einem tief belichteten Foto wird ein Umkreis um den KH gelegt, und zwar so, dass man auch noch die schwächsten Außensterne mit erfasst (Abb. 7). Klar, dass dann eine Aufnahme mit einem
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8 Der KH
wird von der Mitte nach außen in konzentrische Ringbereiche eingeteilt (hier: Cuffey 1961). In ihnen wird die Sterndichte pro Flächeneinheit ausgezählt. So bekommt man die radiale Dichteverteilung, mit der nach [2] die Ausdehnung des KH bestimmt werden kann.
Großteleskop noch etwas weiter reicht als bei einem üblichen Amateurfoto. Mit dem Umkreis lässt sich der Haufendurchmesser sehr einfach ins Winkelmaß umrechnen. Beispiel: Die Aufnahmeoptik hat die Brennweite f = 2400 mm, die Kamera eine Pixelgröße x = 6,3 Mikrometer und der KH-Durchmesser wurde zu 976 Pixel bestimmt. Dann liefert x/f = 0,0063/2400 den Wert 0,000002625. Das ist der Tangens des Winkels, den ein Pixel darstellt. Über die Taste INV TAN 0,000002625 erhalte ich auf meinem Taschenrechner den Wert 0,000150401. Das ist der ,,Pixel-

winkel" in Grad. Multipliziere ich ihn mit 3600, so ergeben sich 0,541 Bogensekunden pro Pixel. Damit habe ich für diese Kombination aus Kamera und Optik die Winkelausdehnung eines Pixels geeicht. Die 976 Pixel ergeben dann einen Winkel von 976 x 0,541 = 528 Bogensekunden bzw. 8,8 Bogenminuten für den KH.
Kernradius und Gezeitenradius Berufsastronomen haben den Durchmesser der KH lange Zeit durch Sternzählungen ermittelt. Dazu wird der KH mit gleich dicken, konzentrischen Kreisringen umgeben (Abb. 8), deren Flächen berechenbar sind, z.B. in Quadratbogenminuten. In jedem dieser Kreisringe werden die Sterne gezählt - egal, ob helle oder schwache. So kann die Sternendichte f (d.h. die Zahl der Sterne pro Flächeneinheit) in Abhängigkeit vom Zentrumsabstand bestimmt werden. Das Profil eines KH lässt sich in etwa durch eine ungefähre Gausskurve beschreiben [1]. An den äußeren Flügeln geht diese Kurve wiederum sachte in den Sternenuntergrund über. Deshalb bleibt nach wie vor die Frage, wo der KH nach außen ,,endet". Bereits in den 1960er Jahren wurde von Ivan King eine empirische Formel aufgestellt, mit welcher der radiale Verlauf der Sternendichte gut nachvollzogen werden kann [2]. In dieser Formel, die hier nicht abgedruckt werden soll, gibt es neben einem Formfaktor zwei Größen, die die

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

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Form des Haufens beschreiben. Da ist zunächst der Kernradius rc (,,core radius"). Er gibt genähert an, wo die Helligkeit des Haufenzentrums grob auf die Hälfte abgefallen ist. Konzentrierte KH haben daher kleine Werte für rc, lockere Haufen größere (vgl. z.B. Abb. 2/3). Daneben führte King den Begriff des Gezeitenradius rt (,,tidal radius") ein. Dies ist ein echter physikalischer Parameter. Er legt fest, bis wie weit nach außen der KH seine Sterne gravitativ halten kann. Wenn Sterne weiter weg als rt stehen, kann die Milchstraße sie aufgrund ihrer Anziehungskraft dem KH entreißen. In Abb. 9 ist eine Messung der radialen Sternendichte dargestellt - im logarithmischen Maßstab. In dieser Darstellung kann man die Werte für den Kern- und den Gezeitenradius ablesen.
Die zentrale Konzentration Die Konzentrationsklasse nach Shapley und Sawyer mag ein wenig subjektiv erscheinen. So werden KH, die beispielsweise sehr weit entfernt sind und daher klein und gedrängt erscheinen, nicht immer ihrer wirklichen Konzentration nach bewertet. Daher ist in der Datenbank von Harris (siehe Bericht ,,Datenbank zu Kugelsternhaufen") ein physikalisch quantifizierbarer Konzentrationsgrad angegeben. Die messbaren Größen Gezeitenradius und Kernradius werden dividiert, der Logarithmus davon ergibt die zentrale Konzentration: c = log(rt/rc). So bedeutet c = 1, dass der Gezeitenradius 10-mal größer als der Kernradius ist, für c = 2 ist es das Hundertfache.
Der Franzose M. Henon sagte schon 1961 voraus, dass KH mit starker Konzentration einen zentralen ,,Kernkollaps" erleiden können und dass erst die Bildung von Doppelsternen in der Haufenmitte diesen Kollaps stoppt [3]. Danach reexpandiert der Kern wieder und hinterlässt eine beobachtbare Veränderung. Und in der Tat: Einige KH zeigen nach Überwindung des Kollaps einen veränderten Kern (PCC = post collaps core). Dort gibt es dann eine Abweichung vom King-Profil, die sich in einem hohen zentralen Intensitäts-Peak dokumentiert. Alle in der Harris-Datenbank aufgelisteten KH mit c > 2,5 sind solche PCC-KH. In der Entwicklung der KH ist der Kern-Kollaps aber kein ,,katastrophales Ereignis", sondern ein scheinbar ganz normaler Ablauf [4, 5].

9 Der Logarithmus der Sternendichte in Abhängigkeit vom Kernabstand, hier
für den KH NGC 5053 (nach [2], grafisch überarbeitet). Man kann Kernradius und Gezeitenradius ablesen.

Literaturhinweise: [1] Hans-G. Diederich: Untersuchung
von Kugelsternhaufen mit Profilen; VdS-J Nr. 31, 75-77 (IV/2009) [2] King I.: The structure of star clusters. I. An empirical density law; AJ 67, 471-485 (1962) [3] Henon M.: (Titel); Ann. d´Ap. 24, 369 (1961)

[4] Djorgovski S., King I.R.: A preliminary survey of collapsed cores in globular clusters; ApJ 305, L61L65 (6/1986)
[5] Chernoff D.F., Djorgovski S.: An analysis of the distribution of globular clusters with postcollapse cores in the galaxy; ApJ 339, 904918 (4/1989)

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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

Kugelsternhaufen - von nah bis fern, von klein bis groß
von Hans G. Diederich

weiter, und wir befinden uns bereits im Virgo-Galaxiencluster. Mit größerer Optik könnten wir versuchen, die hellsten KH im Galaxiencluster Hydra I nachzuweisen, der sich in einer Entfernung von 114 Mio. Lichtjahren befindet. Die bis jetzt weitesten KH meiner Liste sind sieben ,,Proto-Kugelsternhaufen" in der isolierten Galaxie NGC 3597 (132 Mio. Lj). Wer extreme Objekte sucht, sollte im Virgo-Cluster nach KH suchen, die zu keiner der dortigen Galaxien (mehr) gehören, stattdessen aber als deren ,,Gemeinschaftseigentum" zu gelten haben [1]. Interessant sind auch die aus allen KH einer Galaxie bestehenden KH-Sys-

Helligkeitsprofile durch KH ziehen, die räumliche Verteilung von Sternen unterschiedlicher Farben erforschen und mit einer Tabellenkalkulation deren Verteilung modellieren. Amateure können sogar Veränderliche finden, wenn Aufnahmen verschiedener Tage gegeneinander geblinkt werden.
Die Vielzahl von KH, Strukturen, Komponenten und Eigenschaften (auch im Vergleich mit anderen KH) lässt das Thema ,,Kugelsternhaufen" niemals langweilig werden. Es wird immer etwas Neues zu beobachten und auszuprobieren geben.

1 M 54 (240 s, 16-Zoll-SCT und
ST-9), Norden ist unten.

Kugelsternhaufen (KH) sind Objekte, welche den ,,jungen" Sternfreund sofort in ihren Bann ziehen und nicht mehr loslassen. Wenn dann der Messier-Katalog durchbeobachtet ist, stellt sich bald der Wunsch nach ,,neuen" KH ein. Mit den beiden hier vorgestellten Pfaden zeichne ich den Weg nach, welcher von mir eingeschlagen und bis heute nicht verlassen wurde: das Beobachten mit der CCD-Kamera, das Auswerten der eigenen Bilder und die Nutzung der Ressourcen des Internets.
Der Weg in die Ferne ... Der eine Weg führt von den bekannten KH der Milchstraße zu den weniger bekannten (NGC und spezielle KH-Kataloge), in den Außenbereich unserer Galaxis, verlässt die Milchstraße und wendet sich den KH der anderen Galaxien der Lokalen Gruppe zu, versucht schließlich auch in Zwerggalaxien KH zu identifizieren.
Wir verlassen die Lokale Gruppe und suchen in der M81/M82- und der Sculptor-Galaxiengruppe nach KH (im Halo der großen Galaxien, aber auch in deren Zwerggalaxien). Noch einen Schritt
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2 M 15 mit Pease 1 (500 s, ,,Lumen"-Filter (links), 2.400 s, H-Alpha-Filter
(rechts), 14-Zoll-SCT, Apogee AP-6E), Norden ist oben.

teme (GCS = ,,globular cluster systems"). Bei längeren Integrationszeiten sollten sich hier Farben unterscheiden lassen, die Zeugnis von früheren Galaxien-Verschmelzungen geben. Gerade bei den KH ist vieles möglich, an das wir uns noch nicht herangewagt haben.
... und ins Innere von Kugelsternhaufen Der andere Weg beschäftigt sich mit den ,,inneren Werten" von KH. Mit CCD-Bildbearbeitungsprogrammen können wir

Die Beispiele hierunter sollen Mut machen für eigene Aufnahmen, für das Identifizieren der Objekte und zum Experimentieren mit dem eigenen Bildmaterial.
Einige galaktische ... 1994 wurde die Sagittarius-Zwerggalaxie entdeckt, welche gerade von der Milchstraße ,,zerrupft" und einverleibt wird. Als Zentrum dieses kleinen Sternsystems gilt mittlerweile der seit langem bekannte KH M 54, der zu den masse-

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

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3 M 33 EC1, der erste ,,ausgedehnte" Sterncluster in
M 33 (2.400 s, Klarglasfilter, 12-Zoll-RC, ST-L1001E), Norden ist unten.

4 Zwerggalaxie K61 mit KH Anon 0951+68 A (K) und HII-
Region Anon 0951+68 B (H) (3.060 s, Klarglasfilter, 20-Zoll-RC, ST-10XME), Norden ist unten.

reichsten Objekten unserer Milchstraße gehört. M 54 ist ein Beleg dafür, dass bereits unter den hellen Messier-Objekten Interessantes zu finden ist (Abb. 1). Aber KH können auch selber interessante Objekte enthalten, z. B. Planetarische Nebel

(PN). In der Milchstraße sind vier KH mit PN bekannt. Das geradezu klassische Beispiel ist M 15 (mit über einer Million Sterne einer der größten KH der Galaxis). Abb. 2 dokumentiert den Nachweis des PN Pease 1 mit einem H-Alpha-Filter.

In [2] wird die Suche nach Veränderlichen in einem hellen KH des MessierKatalogs beschrieben. Die entdeckten Objekte konnten mit Hilfe von Aladin [3] und SIMBAD [4] identifiziert werden.
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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

Objekt NGC 55 M 81 NGC 2403 NGC 253 NGC 5128 NGC 4565 M 104 M 87 NGC 3597

Übersicht über Projekte zu KH außerhalb der Lokalen Gruppe

identifiziert 1 KH 3 KH 11 KH 6 KH 6 KH 4 KH 6 KH 7 KH 7 KH

Entfernung (Mio. Lj) 6 12 11,8 11,4 11 33 36 60 132

Anmerkung [11] (,,Proto-Kugelsternhaufen")

Einen anderen ebenfalls sehr hellen KH hatte ich mit zwei Breitbandfiltern aufgenommen und mich über die Unterschiede zwischen beiden Aufnahmen gewundert. Diese Geschichte ist in [5] nachzulesen. Der Vergleich von Helligkeitsprofilen ist noch viel einfacher. Überraschung ist garantiert, falls nicht vorher [6] gelesen wird.
Alle bisher erwähnten KH sind helle Objekte. Zu den kleinsten (und damit schwachen) KH unserer Galaxis gehört AM-4 (Arp-Madore 4), der in einem anderen Aufsatz vorgestellt wird [7].
Reizvoll ist es, die besonders weit außen liegenden KH und KH mit den Bezeichnungen Palomar (Pal 1 bis Pal 15) und Terzan (Ter 1 bis Ter 11) auf die Projektliste zu setzen. Wer solche Objekte aufsucht, sollte sich mit Aladin gut vorbereiten.
... und extragalaktische Beispiele Für die Beobachtung der ersten extragalaktischen KH ist nicht unbedingt ein Teleskop erforderlich. Ein Kleinbildobjektiv von 135 bis 300 mm Brennweite und eine CCD-Kamera reichen aus. Das müssen auch keine schönen Aufnahmen mehr sein. Viele Sternfreunde dürften sich freuen, überhaupt KH unseres Nachbarn M 31 zu sehen. Eine erste große Hilfe beim Identifizieren ist der ,,HodgeAtlas" [8].
Auch in M 33 lassen sich KH aufnehmen. Etwas ungewöhnlich ist M 33 EC1. Es handelt sich um einen ,,ausgedehnten" (,,extended") Sterncluster (48,4` vom Zentrum seiner Galaxie entfernt). Solche
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Sterncluster werden erst seit einigen Jahren gefunden. Niemand hatte früher so weit draußen nach KH gesucht (Abb. 3). Die Informationen zu M 33 EC1 entstammen [9].
In der M81/M82-Galaxiengruppe kann man eine ganze Reihe von KH beobachten. Diese gehören entweder zu M 81 oder befinden sich in den vielen Zwerggalaxien dieser Gruppe. Abb. 4 zeigt die Zwerggalaxie K61, welche einen KH und eine H II-Region enthält [10].
Aufnahmen von noch weiter entfernten KH müssen mit größerer Öffnung (gleichzeitig sehr ,,tief" und mit höchster Auflösung) erfolgen. Auch Tricks der Bildbearbeitung sind erforderlich, um die schwachen KH aus dem Licht ihrer hellen Galaxien heraus zu holen. Zu diesen Tricks zählen der Abzug einer mehrfach tiefpass-gefilterten Aufnahme oder der Abzug einer ,,künstlichen" Galaxie vom Originalbild.
Bis ein solches Projekt wirklich abgeschlossen ist, kann es lange dauern. Gelingt nach einigen Versuchen erstmals die Identifizierung von KH, besteht sofort der Wunsch, in weiteren Aufnahmen die Identifizierung zu bestätigen und schließlich auch ein ,,schönes" Bild zu erhalten. Und mit jeder besseren Aufnahme werden unweigerlich neue, schwächere KH erkannt.
Weitere Informationen Zu intra- und extragalaktischen KH ließe sich noch mehr Praktisches und Theoretisches sagen. KH spannen einen sehr

weiten Rahmen auf, in dem wir uns als Amateurastronomen ein ganzes Leben lang aufhalten und immer wieder etwas Neues beobachten können.
Literaturhinweise: [1] Lee, M. G., et al., 2010, Detection of
a Large Scale Structure of Intracluster Globular Clusters in the Virgo Cluster, astro-ph arXiv:1003.2499 [2] Diederich, Hans G., 2005. ,,Entdeckung" eines Veränderlichen im Kugelsternhaufen M 3, VdS-Journal 25/2008, 56-57 [3] Aladin, http://aladin.u-strasbg.fr/ aladin.gml (Stand: 05.04.2010) [4] SIMBAD, http://simweb.u-strasbg.fr/ simbad/sim-fid (Stand: 05.04.2010) [5] Diederich, Hans G., 2008. ,,Mass Segregation" in M 5 - Anhäufung massereicher Sterne im Zentrum von Kugelsternhaufen, VdS-Journal 25/2008, 56-57 [6] Diederich, Hans G., 2009. Untersuchung von Kugelsternhaufen mit Profilen, VdS-J Nr. 31 IV/2009, S. 75-77 [7] Diederich, Hans G., 2010. AM 4 - ,,Astro-Krimi" mit einem Kugelsternhaufen, VdS-Journal (in diesem Heft) [8] Hodge, P., Atlas of the Andromeda Galaxy, 1981, http://nedwww. ipac.caltech.edu/level5/ANDROMEDA_Atlas/frames.html (Stand: 05.04.2010) [9] Stonkute, R., et al., 2008. An extended star cluster at the outer edge of the spiral galaxy M33, arXiv:0802.0501v1 [astro-ph] [10] Karachentsev, I. D., et al., 2000. Dwarf Spheroidal Galaxies in the M81 Group Imaged with WFPC2, arXiv:astro-ph/0010146v1 [11] http://www.hansguenterdiederich. de/NGC253/NGC253xxx1.htm (Stand: 05.04.2010)

KALENDER 2011 / AHNERT 2011

anuar

Februar

März

April

Mai

uli

Der Himmel im Überblick

Ahnerts Astronomisches Jahrbuch 2011

Deep-Sky-Objekte Das im Feldstecher beeindruckendste Objekt am Frühlingshimmel ist sicherlich der 1,2 Grad große, offene Haufen der Praesepe im Krebs, der unter einem dunklen Himmel dem bloßen Auge wie ein 3 mag helles, großes Lichtwölkchen erscheint. Mit 600 Lichtjahren Entfer-

März

nung und etwa 600 Millionen Jahren

Alter übertrifft die Praesepe die hellen

Plejaden in Alter und Entfernung, wes-

halb sie nicht mit so hellen Einzelsternen

aufwarten kann. Generell haben ja die

hellsten, massereichsten Sterne die kür-

zeste Lebensdauer. Ganz im Schatten der

Praesepe, 8 Grad südlich, finden wir den sehr

reichen offenen Haufen M 67. Mit etwa 4

SDoenrnHeinmsmysetel mim Überblick

M4 4

Monatsthema

Milliarden Jahren Alter ist er einer der ältesten offenen Haufen überhaupt, und er

Der Himmel im Überblick

Der visuelle Eindruck von einem Gesicht in einer Kapuze gibt dem Eskimonebel (NGC 2392) seinen Namen. Nur sehr große Teleskope zeigen mehr Detail - Philipp Keller benutzte das 0,8-m-Pollux und das 1,2-m-Trebur-Teleskop für diese Aufnahme (LRGB, ST10E/ST7E)

Archivnummer: D002126. Bild ist eine eventuelle Alternative zu den Vorschlägen von KPS. Der Exkimonebel kann nicht ganzseitig und M 50 von Bernd Hubl hatten wir schon zweimal in Folge

Rolf ilmes fotogra erte die 34 Stunden alte Mondsichel am Abend des 9. Mai 2005.

März

in Frankfurt noch 7 Grad hoch am Himmel steht, sollte es dunkel genug sein, um das aschgraue Mondlicht (Abb. ...) besonders schön sehen und auch fotografieren zu können. Ein kleines Fernrohr von 20 bis 30facher Vergrößerung, auf einem transportablen Stativ montiert, ist für diese Beobachtung gut geeignet.
Am 4. April gibt es fast eine genaue Wiederholung der günstigen geometrischen Konstellation In Frankfurt geht die Sonne gegen 19 00 MEZ (d. h. 20 00 MESZ) unter, und die dann 27,5 Stunden alte Mondsichel steht genau senkrecht 12 Grad darüber. Ihre beste Sichtbarkeit ist daher knapp eine Stunde später zu erwarten, d.h. gegen 21 hr (MESZ). Durch das um 7 Stunden größere Alter sind die Sichtbarkeitschancen deutlich besser als

im März. So ist der Höhenvorsprung um vielleicht entscheidende 2 Grad besser - aber diese Sichtung ist eben auch nicht ganz so außergewöhnlich.
Aus wissenschaftlicher Sicht gesehen mögen derartige Beobachtungen der jüngsten Mondsichel zwar keinen großen Wert haben, aber für den Naturliebhaber bieten sie nicht nur ästhetische
nterhaltung, sondern gleichzeitig eine äußerst spannende Herausforderung - hier gibt es einen sportlichen Aspekt!
Denn nur äußerst selten bietet sich eine so günstige Gelegenheit für einen Sichtungsrekord wie am 5. März. Wie immer freuen wir von der Sterne und Weltraum und Ahnert Redaktion uns natürlich über Ihre gelungenen Beobachtungen und etwaige Fotos!

steht in der stattlichen Entfernung von fast 3000 Lichtjahren. Deshalb haben die hellsten Sterne von M 67 nur ca. 10 mag und sind erst mit einem 6 Zoll Teleskop so richtig aufzulösen ein Teleskop mit 10 Zoll oder mehr ffnung zeigt dagegen ein sehr eindrucksvolles Sterngewimmel (Abb. ...)!
Nur etwas weiter östlich von der Praesepe beginnt das eigentliche Gala ienfenster (siehe Monatsthema April, das ist aber Saturn), angefangen mit dem Sternbild Löwe. Hier finden wir ein schönes Gala ien-Tripel, welches von der kompakten elliptischen Gala ie M 105 (9,3 mag) und den Spiralenpaar M 95
Der zwei Tage alte Mond kann am . März (9,7 mag) und M 96 (9,2 mag) gebildet
und am 5 April auch noch bei Dunkelheit wird (Abb. links), unter dem Brustkorb
beobachtet werden und zeigt dan sein im südwestlichen Teil des Sternbildes.
aschgraues, von der Erde geborgtes Licht Das gesamte Tripel hat leider eine recht

M 67 ist ein sehr alter und dabei reicher Sternhaufen, der allzu sehr im Schatten der Praesepe steht.
oben gesehen wird. Dagegen bildet M 82 einen schmalen, kompakten und recht flächenhellen Balken. nter höherer Vergrößerung in einem größeren (ab etwa 10 Zoll ffnung) Teleskop entpuppt sie sich als die bei weitem interessantere Gala ie der beiden Chaotisch verteilte Dunkelwolken wechseln sich ab mit hellen Sternentstehungsregionen (Abb.... ).

Februar

Die agd nach der schmalsten Sichel

große Spanne von 1 / Grad und kann daher nur bei kleiner Vergrößerung (30 - 40fach im Weitfeldokular) voll überblickt wer-

Die ganze Gala ie scheint in Aufruhr zu sein, und dieser Eindruck ist richtig. Bei einer engen Begegnung mit M 81 in der

Benutzung der Sternkarte: Der Rand der Karte entspricht dem Horizont, ihre Mitte dem Punkt senkrecht über unseren Köpfen (dem enit). Für die rechts genannten eiten gibt die Karte den ungefähren Anblick des Sternenhimmels wieder. Drehen Sie dabei die Karte so, dass sich die Himmelsrichtung, in die Sie gerade blicken, unten be ndet. Beispiel: Beim Blick in Richtung Norden drehen Sie die Karte um 180 , so dass das N am Rand der Karte unten steht. Auf etwa halber Höhe zwischen dem Horizont und dem enit sehen Sie dann den Polarstern im Kleinen Bären und unweit davon den Großen agen, einen Teil des Sternbilds Großer Bär. Auf nden der hellsten Planeten: Der Mond und die Planeten be nden sich stets in der Nähe der Ekliptik, die in der Karte als rote Linie markiert ist. Die Ekliptik durchzieht die zwölf Sternbilder des Tierkreises.

Himmelsanblick am Abend für:
1. Dezemberhälfte 2010 2. Dezemberhälfte 2010 1. anuarhälfte 2011 2. anuarhälfte 2011

eichenerklärung

4

24:00 23:00 22:00 21:00

hr ME hr ME hr ME hr ME

Der Sternenhimmel Im Verlaufe einer langen Januarnacht zeigt sich uns ein erstaunlich großer Teil des gesamten Sternenhimmels - und einige Sternbilder erwartet man in dieser Jahreszeit absolut nicht So können wir gegen 18 hr im Westen noch das Sommerdreieck untergehen sehen! Morgens früh kommt dagegen, tief am Südosthorizont, bereits Antares im Kopf des Skorpions hervor, während der gen Süden gerichtete Himmel von den Frühlingssternbildern beherrscht wird.
Der eigentliche Winterhimmel steht dagegen am späten Abend (ca. 22 hr) besonders günstig Hoch im Süden prunkt die zentrale Figur des prächtigen Orions, mit dem weißlich-bläulichen Stern Rigel an seinem westlichen Fuß, und der rötlichen Beteigeuze an seiner östlichen Schulter funkelnd. ber dem Orion thront das Sternenfünfeck des Fuhrmanns mit der hellen Kapella. In einer dunklen Nacht können wir hier auch das matte Band der Wintermilchstraße, von Kassiopeia (dem Himmels-W ) und Perseus her kommend, absteigen sehen. Nordwestlich vom Orion stehen der gelbliche Riesenstern Aldebaran, die Hyaden und der bekannte Sternhaufen

n einer sehr klaren Nacht erkennt man

unter dem Orion auch noch die schwachen

Sterne des Hasen.

Der Planetarische Nebel NGC 2438 im offenen Haufen M 46

kommt vor allem in großen Teleskopen spektakulär zur Geltung.

der Plejaden (das Siebengestirn ), nord-

Nach Mitternacht verändert sich der

Foto: Dietmar Böcker, mit 60-cm-Hypergraph in Namibia.

östlich von ihm sehen wir die Zwillinge Anblick des Sternenhimmels bereits Deep-Sky-Objekte
mit den Sternen Kastor und Pollu . Süd- merklich. Trotz der beißenden Kälte der Passend zur Jahreszeit ist der Anblick des
östlich des Orions begegnen wir Prokyon Januarnacht erobern nun die FrühlingsPlanetarischen Nebels (PN) NGC 2392 in
im Kleinen Hund und, tief im Südosten sternbilder den Südosthimmel - allen den Zwillingen. Er ist trefflicher Weise als
funkelnd, dem hellen Sirius im Großen voran der Löwe, gefolgt vom Stern Spika Eskimonebel bekannt (vergl. Abb. links).
Hund. Nur in sehr klaren Nächten sind (Jungfrau) und dem Bootes. Hierbei handelt es sich um einen sehr
auch Sterne unterhalb des Orions zu erkompakten (19) PN, der trotz seiner nur
kennen sie gehören zum Hasen. 10 mag auch bei aufgehelltem Himmel

Veränderliche Sterne

noch gut beobachtet werden kann. Er verträgt durchaus eine höhere Vergröße-

rung, und größere Teleskope suggerieren

dem Betrachter das namensgebende Ge-

sicht in einer Kapuze.

In der Wintermilchstraße, welche

sich als blasses Band nördlich und öst-

lich vom Orion erstreckt, befindet sich

eine Vielzahl von prächtigen offenen

Haufen. Die Vorstellung beginnt mit

Nur 5 Grad südlich vom hellen Sirius, im offene Haufen weist den Weg zu seinem

Doppelsterne

dem großen (289) und hellen (5,1 mag) M 35 in den Zwillingen. Dieser Haufen

Großen Hund, finden wir den ebenfalls großen (389), sehr hellen (4,5 mag), und

ungleichen Partner M 46, nur 1,25 Grad östlich. Bei fast gleicher Größe besteht die-

lässt sich schon in einem Feldstecher in sehr lockeren Haufen M 41, ein wirklich ser nur 6,1 mag helle offene Haufen aus

seine hellsten Sterne auflösen, aber erst tolles Feldstecherobjekt! Ein ganzes Stück einer Vielzahl von schwächeren Sternen.

in einem Teleskop entfaltet er seinen weiter nördlich, im Einhorn, steht der Dazu beinhaltet er den Planetarischen

ganzen Sternenreichtum. Gleichzeitig wesentlich bescheidenere M 50, der sich Nebel NGC 2438! M 46 und sein PN kom-

bemerken wir einen matten Lichtfleck, in seiner Kompaktheit (169, bei 5,9 mag) men vor allem in einem größeren Tele-

gut / Grad südwestlich von M 35. Dies ist der am besten in einem kleineren oder mitt- skop so richtig spektakulär zur Geltung

sehr kompakte, alte und viel weiter ent- leren Teleskop ausnimmt. Eine kleinere (vergl. Abb....).

fernt stehende offene Haufen NGC 2158. Version von M 41 finden wir mit M 47

Den Abschluss der großen offenen

Erst ein recht großes Teleskop löst ihn in vor (299, 4,4 mag) - leider sehr südlich, Haufen in der Wintermilchstraße macht

Ein oder zwei Tage nach Neumond wird die junge Mondsichel wieder tief am westlichen Abendhimmel sichtbar. Zum Frühlingsanfang sind die Bedingungen dabei wegen der steil aufragenden Ekliptik besonders günstig. So ist es im März und April manchmal sogar möglich, die etwas weniger als einen Tag alte Mondsichel zu erkennen - perfekte Durchsicht bis zum Horizont vorausgesetzt. In diesem Jahr sind wir in dieser Hinsicht am 5. März und am 4. April gefordert: Wie alt ist die jüngste Sichel, die Sie gesehen haben, 21 oder 28 Stunden.

Das Alter des Mondes bezieht sich auf die Zeit nach dem letzten Neumond und ist gleichzeitig ein guter

Zeitpunkt steht die schmale, nur 20,5 Stunden alte Mondsichel noch knapp 10 Grad hoch, genau oberhalb des ntergangs-

direkt am Horizont oft sehr viel besser. Aber schon dünnste Zirrusschleier können auch hier die Aktion vereiteln.

Anhaltspunkt für seinen östlichen Win- punktes der Sonne. Diese optimale Po-

nter realen Bedingungen wird es

kelabstand zur Sonne auf der Ekliptik. sition verdankt der äußerst junge Mond also nicht allzu wahrscheinlich, dass der

Damit sich die junge, dünne Mondsichel auch seiner gleichzeitig rund 4 Grad betra- junge Mond schon am 5. März mit dem

jedoch gegen das Himmelslicht durch- genden Nordabweichung von der Eklip- bloßen Auge gesichtet werden kann.

setzen kann, muss - sehr gute Durchsicht tik. Bis zu seinem ntergang gegen 19 10 Schließlich liegen die Bedingungen, so

und Abwesenheit von Dunst vorausge- verbleibt nun noch eine volle Stunde, in optimal die Geometrie auch ist, genau

setzt - die Sonne bereits etwa 10 Grad unter M 47
dem Horizont stehen. Dabei leuchtet

der die Dunkelheit erheblich zunimmt. Kurz vorher, in Frankfurt etwa gegen

am theoretischen Sichtbarkeitslimit. Deshalb ist sehr zu empfehlen, mit einem

es ein, dass eine steil am Westhimmel 19 hr, sollte daher die beste Beobach- gut fokussierten 10 50 Feldstecher nach

aufragende Ekliptik, wie jetzt an den tungsgelegenheit herrschen, bevor die der Mondsichel Ausschau zu halten, gut

Frühlingsabenden, der Mondsichel einen dünne, nun 21 Stunden alte Sichel vom montiert auf einem Fotostativ. Diese M 46 besseren Höhenvorsprung gegenüber der Horizontdunst verschluckt wird. Diesel- Ausrüstung ist sehr transportabel und

vor ihr untergehenden Sonne verschafft. ben Zeiten darf man für den Hamburger lässt sich leicht zu einem Aussichtspunkt

Am Morgenhimmel ist es dagegen mo- Raum annehmen, während sich z. B. im mit guter Horizontsicht im Westen mit-

mentan genau anders herum - wer die Münchner Raum alles rund 10 Minuten nehmen.

schmalste, abnehmende Mondsichel früher abspielt.

Wer am 5. März die knapp einen Tag

beobachten möchte, der muss bis zum

Der geringste Dunst erhöht natürlich alte Mondsichel verpasst, der kann sie

Herbst warten, wenn sich diese Verhält- die Himmelshelligkeit hier im Westen dafür um so schöner und höher am 6.

nisse genau umgekehrt haben.

und verschlechtert unsere Chancen. Im März finden, unweit (7 Grad westlich) des

Am 5. März geht die Sonne in Frank- Hochgebirge steht es dagegen sowohl mit sich in diesem Monat verabschiedenden

furt gegen 18 10 MEZ unter. Zu diesem dem Dunst als auch mit der Transparenz Jupiters. Bereits gegen 19 30, wenn sie

den. Die von der Masse her dominante M 105 bildet zudem ein eigenes, sehr kompaktes Tripel mit zwei schwächeren Gala ien, NGC 3389 und 3384.
Etwas abseits aller anderen Objekte, in der an hellen Sternen armen Westhälfte des Großen Bären, befindet sich ein besonders sehenswertes Gala ienpaar M 81 und M 82. Man kann die 6,8 mag und 8,4 mag hellen, nur 379 auseinander stehenden, Lichtfleckchen bereits in einem größeren Sucher oder Feldstecher finden. Schon bei niedriger Vergrößerung im Teleskop wird ihr großer nterschied sichtbar M 81 ist eine massive, ausgedehnte Spirale, die elliptisch erscheint, weil sie etwas schräg von

jüngeren Vergangenheit wurde durch die Gezeitenwechselwirkungen und inneren Verformungen eine ungewöhnlich starke Sternentstehungswelle in der gesamten Gala ie ausgelöst.
Deep-Sky-Objekte

M 82 zeigt sich bei höherer Vergrößerung als chaotische Mischung von dunklen und hellen ölkchen.

10 Ahnerts Jahrbuch 2011

r

r

8 Ahnerts Jahrbuch 2011

Januar

Januar

Myriaden von Sternen auf!

im Sternbild Schiff. Dieser helle, lockere

Ahnerts Jahrbuch 2011 9

M 48, der etwas abseits (d. h. östlich und südlich) aller hellen Sterne der Region

12 Ahnerts Jahrbuch 2011

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Ahnerts Jahrbuch 2011 13

Deep-Sky-Objekte

steht, genau am Westrand des Sternbildes Wasserschlange. Dieser sehr lo-

ckere Haufen ist auf rund 509 verstreut

und mit 5,8 mag lange nicht so hell wie

M 41. M 48 ist daher am prächtigsten in

einer dunklen Nacht, mit einem großen

Feldstecher anzusehen. Wer jetzt auf den

Geschmack gekommen ist, der findet

mehr Beobachtungsanregungen im Mo-

natsthema Februar.

10 Ahnerts Jahrbuch 2011

Februar

Februar

Ahnerts Jahrbuch 2011 11

uli

August

Dezember November Oktober September

Wo und wann ist welcher Planet am Himmel zu sehen? Welche besonderen Ereignisse sind in der kommenden Nacht zu beobachten? Ahnerts Astronomisches Jahrbuch 2011 liefert alle wichtigen Informationen für das eigene Erkunden des Sternenhimmels. Der neu gestaltete Kalender präsentiert Tag für Tag die bedeutendsten astronomischen Ereignisse. Sternkarten für jeden Monat, Beschreibungen der Himmelsobjekte und viele Astroaufnahmen von erfahrenen Amateurastronomen erleichtern Ihnen die Orientierung am Nachthimmel. Für Einsteiger und fortgeschrittene Sternfreunde ist der »Ahnert« das unentbehrliche Standardwerk. Ca. 210 Seiten mit zahlreichen, meist farbigen Fotografien und Grafiken. 10,90 zzgl. Porto, als Standing Order 8,50 inkl. Inlandsversand, ISBN: 978-3-941205-54-3

M 6
M M 95 (unten) und M 96 ( ben) bilden ein interessantes Galaxienpaar im Löwen. Norden ist rechts Ahnerts Jahrbuch 2011 11

Kalender »Himmel und Erde 2011«

Astronomen präsentieren im Bildkalender HIMMEL UND ERDE 2011 ihre schönsten Aufnahmen und lassen Sie an den fantastischen Möglichkeiten der modernen Naturbeobachtung teilhaben. Zusätzlich bietet er wichtige Hinweise auf die herausragenden Himmelsereignisse 2011 und erläutert auf einer Extraseite alle auf den Monatsblättern des Kalenders abgebildeten Objekte knapp und anschaulich. 14 Seiten; 13 farbige Großfotos; Spiralbindung; Format: 55 x 45,5 cm; 29,95 zzgl. Porto; als Standing Order 27,- inkl. Inlandsversand; ISBN 978-3-8400-5082-4

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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

Galerie der Kugelsternhaufen
zusammengestellt von Peter Riepe

VdS-Journal Nr. 35

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

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1 Der Bildausschnitt aus M 15
zeigt den Planetarischen Nebel (PN) Kuestner 648, der 1928 von F.G. Pease untersucht wurde und von da an besser als Pease 1 bekannt wurde. Bisher sind nur 4 PN in Kugelsternhaufen entdeckt worden. Auch die Bildautoren (wie Abb. 2) konnten nicht erklären, warum Pease1 eigentlich so knallblau leuchtet.

2 M 15, aufgenommen am
26.04.2006 mit dem 60-cm-Teleskop Ganymed auf Kreta von Stefan Binnewies, Josef Pöpsel und Rainer Sparenberg (Bildbearbeitung Stefan Heutz). Mit einer SBIG STL-11000M wurden R,G und B ohne Binning jeweils 4 x 5 min belichtet. Dies geschah im Sekundärfokus bei f = 4938 mm. FWHM = 1.2"
VdS-Journal Nr. 35

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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

VdS-Journal Nr. 35

3 KH M 71 im Pfeil von
Rolf Geissinger, Remseck. Am 27.09.2009 wurde mit einem Reflektor Planewave CDK 12.5" und einer Kamera ALccd 6c (QHY8) 10 x 10 min belichtet. Die Bearbeitung erfolgte über MaxIm DL und Photoshop.

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

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4 Links: M 53 mit NGC
5053 war das Motiv für Thomas Jäger am 07.04.2010 in Zirndorf. Teleskop ist ein 300-mm-Newton mit f = 1140 mm (Selbstbau) und 3"-Wynne-Korrektor (P. Keller), Kamera eine SBIG STL11000M C2. Belichtet wurde: L = 12 x 4 min, RGB jeweils 7 x 4 min. Das Flatfielding geschah an Nachbars Hauswand. Kalibrierung, Registrierung und Farbkalibration mit REGIM von Andreas Rörig, L-LRGB Kombination nach R. Gendler
5 Rechts: Von oben
nach unten immer weiter entfernt: M 22 (10.400 Lj), M 14 (30.000 Lj) und NGC 6356 (49.500 Lj). Monochrome Aufnahmen von Martin Bässgen (12"-Newton, Starlight SXV-H9 und 9,5/9/6,5 Minuten Belichtungszeit).

6 M 56, Aufnahme von Bernd
Koch aus Sörth/Westerwald. Mit einem 12"-Reflektor (ACF plus TS-Bildfeldebner f/9,6) sowie einer SBIG STL-11000M wurde am 14./15.07.2009 zunächst ein Luminanzbild mit 13 x 10 min belichtet. Bereits am 11.09.2006 war das Farbbild aufgenommen worden, 33 min mit einer modifizierten Canon EOS 20D belichtet.

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7 Jens Leich nutzt einen
5-Zöller (EDFS Starfire) mit f = 838 mm. Kamera ist eine SBIG ST-2000XM. In Wiehl-Marienhagen nahm er am 1. und 6. April 2010 NGC 5053 mit Baader IR-Cut-Filter auf, belichtet 35 + 30 Minuten unter CCDOps, Bearbeitung nur CCD-Sharp.
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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

8 Mit einem 14"-Hypergraphen (f = 1090
mm) und einer Starlight SXV-H9 nahm Harald Strauß am 08.05.2008 an der Gahberg-Sternwarte den selten gezeigten M 107 im Schlangenträger auf. Belichtung: Luminanz 14 x 2 min (ohne Binning), RGB 30 x 22/35/60 s (2x2-Binning).
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9 NGC 5466 mit dem Kometen 149P/Mueller (roter Kreis). Aufnahme von
Thorsten Zilch aus der Lüneburger Heide heraus mit 80-mm-Apo f/7 und Atik 16HR + IR-Filter, 13.04.2010, 00:49 - 02:39 Uhr UT. Belichtung 21 x 300 s.
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10 Hartmut Bornemann nahm NGC 5466 mit einem Refraktor Takahashi TOA-150 auf (150 mm Öffnung, f = 1090
mm). Die Aufnahme entstand am 16.04.2010 in Wasbüttel. Mit einer SBIG ST-2000XM wurde wie folgt belichtet: L/R/G/B = 45/45/45/45 Minuten. Die Nachführung geschah mit einer SBIG ST-402ME über einen Takahashi FS-60C.

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12 Der nur 4,5´ messende NGC 6229 im Herkules ist 100.000 Lj entfernt!
Wolfgang Kloehr nahm ihn mit einem Meade ARC von 10`` Öffnung und 1600 mm Brennweite auf. Mittels einer DSI-Pro II-Kamera wurde folgendermaßen belichtet: L insgesamt 90 x 2 min, RGB je 20 x 2 min.

11 Am 12.09.2009 fotografierte Bernhard Hubl
auf La Palma M 30 im Steinbock. Mit einem Televue NP101 (f = 540 mm) und einer SBIG ST-2000XM wurde belichtet: Luminanz 29 x 2 min, RGB je 6 x 5 min, alles ohne Binning.

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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

Einfluss von Öffnung und Vergrößerung bei der visuellen Beobachtung von Kugelsternhaufen am Beispiel M 15
von Daniel Spitzer
Bei Kugelsternhaufen handelt es sich nicht unbedingt um Objekte, die entfernungmäßig direkt vor unserer Haustür zu finden sind. Außerdem drängen sich die Haufenmitglieder auf engstem Raum, was das Auflösen einzelner Sterne neben der geringen Helligkeit der Sterne enorm erschweren kann. Bevor wir uns der Problembehandlung widmen, soll eine Bestandsaufnahme vorangehen:
1. Eine große Öffnung erhöht die Auflösung
2. Eine große Öffnung sammelt mehr Licht und offenbart daher mehr Haufenmitglieder
3. Eine lange Brennweite lässt höhere Vergrößerungen zu und erhöht damit die Auflösung
4. Eine hohe Vergrößerung setzt die Hintergrundhelligkeit herab
Ich habe mir die Frage gestellt, wie sich die Faktoren Öffnung und Vergrößerung auf den visuellen Eindruck auswirken. Dabei haben folgende Instrumente herhalten müssen: Ein Refraktor mit 70 Millimeter Öffnung und 900 Millimeter Brennweite, ein 8-Zoll SC mit 2000 Millimeter Brennweite und mein selbstgebauter 12-Zoll-Newton mit 1663 Millimeter Brennweite. Das Hauptinteresse lag bei der Betrachtung auf der Auflösung des Haufens: Welches Instrument vermag den Kugelsternhaufen ab welcher Vergrößerung wie weit aufzulösen? Die beigefügten Zeichnungen zeigen den Eindruck, den der beobachtete Kugelsternhaufen M 15 bei Verwendung des jeweiligen Instruments und der jeweiligen Vergrößerung machte.
1 Oben: 70/900mm-Refraktor,
35-fache Vergrößerung Mitte: 70/900mm-Refraktor, 73-fache Vergrößerung Unten: 70/900mm-Refraktor, 113-fache Vergrößerung
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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

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2 Oben: 8" Schmidt-Cassegrain, f/10, 50-fache Vergrößerung
Mitte: 8" Schmidt-Cassegrain, f/10, 161-fache Vergrößerung Unten: 8" Schmidt-Cassegrain, f/10, 250-fache Vergrößerung

Beobachtungen Für den Refraktor verwendete ich die Vergrößerungen 35-, 73- und 113-fach, mit dem 8" Schmidt-Cassegrain 50-, 161- und 250-fach. Im 12-Zöller wurde mit 42-, 134- und 208-facher Vergrößerung beobachtet.
Zunächst zu den Beobachtungen von M 15 mit dem Refraktor: Durch die recht schwache Vergrößerung von 35-fach und den deutlichen Helligkeitsgradienten des Kugelsternhaufen erscheint das Zentrum wie ein verwaschener Stern. Der Haufen ist sehr klein, aber die vielen Feldsterne im Umfeld liefern einen schönen Anblick. Außer dem Helligkeitsabfall zum Haufenrand kann keine Struktur gesichtet werden (Abb. 1 oben). Bei etwa doppelt so hoher Vergrößerung von 73-fach erscheint das Zentrum plötzlich weniger stark ausgeprägt. Der Haufen zeigt keine Einzelsterne (Abb.1 Mitte).
Bei 113-fach ist das Haufenzentrum wieder recht gut ausgeprägt. Leider werden noch immer keine Einzelsterne sichtbar. Mit steigender Vergrößerung wird das Bild wie erwartet immer dunkler (Abb. 1 unten).
Auch im 8" SC ist bei schwacher Vergrößerung (50-fach) zuerst der Helligkeitsabfall zum Rand deutlich. Der Haufen wirkt insgesamt um einiges heller als im kleinen 70-mm-Refraktor, was aber nicht verwundert. Im Südwesten ist ein schwacher Stern am Rand von M 15 indirekt sichtbar (Abb. 2 oben).
Bei 161-fach bietet sich ein völlig anderer Anblick: Der Kugelsternhaufen besteht zum ersten Mal wirklich aus Sternen, denn er ist eindeutig über nahezu die gesamte Fläche granuliert. Der schon bei 50-fach indirekt gesehene Stern kann bestätigt werden (Abb. 2 Mitte).
Erneut wurde die Vergrößerung auf 250fach erhöht. Der Anblick von M 15 ist schlichtweg enttäuschend: Nicht nur die Granulation ist verschwunden, es fehlt jeglicher Anflug von irgendetwas, was an einen Stern erinneren könnte! Das sonst ausgeprägte Zentrum ist zu einem verwaschenen Fleck mutiert. Auch der schwache Stern in der südwestlichen Region des Haufens ist verschwunden. Man
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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

könnte denken, dass nicht fokussiert wurde (Abb. 2 unten)
Nun zu den Beobachtungen im 12" Newton: Bei 42-fach zeigte sich ein kleiner, runder Nebelfleck mit sehr auffälliger Helligkeitszunahme zum Zentrum (Abb. 3 oben). Einzelsterne sind nicht auflösbar. Nur ein nicht zum Objekt gehöriger 7 - 8 mag heller Stern fällt deutlich im Norden auf. Der Vergleich mit dem Programm Cartes du Ciel verrät seine Bezeichnung: Es handelt sich um BD+11 4578 (auch: SAO107179).
Nun wurde die Vergrößerung deutlich erhöht. Bei 134-facher Vergrößerung zeigen sich eindeutig aufgelöste Randsterne. Diese waren im indirekten Sehen, zum Teil auch im direkten Sehen deutlich erkennbar und problemlos zu halten. Der noch nicht aufgelöste zentrumsnahe Bereich zeigte sich schon deutlich granuliert. Fährt man den Rand des Haufens ab, bemerkt man im Nordwesten eine auffälige Sternkette. Erst jetzt bemerke ich, dass der gesamte Haufen deutlich ausgedehnter erscheint als bei 42-facher Vergrößerung. Der Grund ist eindeutig: Die höhere Vergrößerung zeigt mehr Randsterne (Abb. 3 Mitte).
Nun zur 208-fachen Vergrößerung: Der eben noch granulierte Bereich erscheint nun halbwegs aufgelöst mit nebulösem Hintergrund. Erneut beobachte ich die bereits erwähnte Sternkette im Nordwesten. Sie spaltet sich nun auf halber Länge in einen nach Westen laufenden Teil und einen Richtung Norden weisenden Zweig. Da sich nun wieder mehr Sterne zeigen, versuche ich rings um den Haufen weitere solcher Sternketten auszumachen, kann aber keine entdecken. Eher das Gegenteil ist der Fall: der Süden des Haufens erscheint nahezu langweilig. Einzelsterne sind zwar überall am Haufenrand zu sehen, aber alle ufern weich in den Himmelshintergrund aus ohne eine auffällige Gruppe zu bilden, oder vereinzelt besondere Helligkeiten zu zeigen (Abb. 3 unten).
Fazit Irgendwo hatte jedes der drei verwendeten Teleskope eine optimale Vergrößerung, bei der mir persönlich der Haufen am besten gefiel. An dieser Stelle wird si-
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3 Oben: 12"-Newton, f/5,5, 42-fache Vergrößerung
Mitte: 12"-Newton, f/5,5, 134-fache Vergrößerung Unten: 12"-Newton, f/5,5, 208-fache Vergrößerung

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

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cher jeder Beobachter eigene ästhetische Ansprüche anmelden. Da der Refraktor bei keiner Vergrößerungen Einzelsterne von M 15 aufzulösen vermochte, zeigt die schwache Vergrößerung eigentlich den schönsten Anblick aufgrund der Feldsterne. Sie vermitteln sofort den Eindruck, dass der Kugelsternhaufen viel weiter entfernt sein muss als die Feldsterne. Beim SC liefert nur die mittlere Vergrößerung ein brauchbares Bild. Ist die Vergrößerung zu schwach, werden

keine Sterne aufgelöst, eine zu höhere Vergrößerung lässt die schwachen Sterne wieder mit dem Hintergrund verschwimmen und der Haufen wird zu einem strukturlosen Einheitsbrei. Der 12" Newton dagegen bietet dem Beobachter größere Wahlmöglichkeiten: Bei schwacher Vergrößerung ähnelt der Anblick jenem in kleinem Teleskop bei hoher Vergrößerung. Bei mittlerer Vergrößerung erkennt man erste Sterne. Vergrößert man noch höher, werden einzelne Sterne im Zen-

trumsbereich wirklich als Einzelsterne sichtbar.
Insgesamt sollte man erstmal mit mittleren Vergrößerungen probieren. Wie die Beobachtungen mit dem SC zeigen, bringt eine zu hohe Vergrößerung, die das Instrument zwar her gibt, nicht immer etwas. Dennoch kann der Anblick in einem kleinen Teleskop durchaus ansprechend wirken.

Klassiker unter den Kugelsternhaufen

von Peter Riepe

Messier 13 ist vermutlich der beliebteste und am meisten fotografierte Kugelsternhaufen (KH) des nördlichen Himmels (Abb. 1 und 2). Er ist bei dunklem Nachthimmel schon mit bloßem Auge leicht erkennbar, die scheinbare visuelle Helligkeit beträgt 5,78 mag. Außerdem hat M 13 eine hohe zentrale Flächenhelligkeit von 16,8 mag pro Quadratbogensekunde [1]. Mit einem scheinbaren Durchmesser von 16,6´ und einer Entfernung von 25.700 Lichtjahren ergibt sich ein wahrer Durchmesser von ca. 120 Lichtjahren. Die Absoluthelligkeit beträgt MV = -8,70 mag, folglich zählt M 13 zu den leuchtkräftigen KH. Der mittlere Farbindex B-V = 0,68 mag zeigt ,,weiß" als durchschnittliche Farbe an. Das sagt aber nichts aus über die farbliche Variation der einzelnen Haufensterne. Grundsätzlich besitzt jeder Kugelsternhaufen zunächst viele orangefarbene bis gelbliche Sterne, die ,,Roten Riesen". Sie stellen die hellsten Sterne eines KH. Früher wenig beachtet (weil der KH ja möglichst weiß erscheinen musste), zeigen farblich gut kalibrierte Amateurfotos inzwischen auch klar die blauen Horizontalast-Sterne. Ihre Helligkeiten sind etwa 2 bis 3 mag geringer als die der hellsten Roten Riesen. M 13 hat ein recht hohes Alter von 13,5 Milliarden Jahren, was durch sehr viele blaue HorizontalastSterne unterstrichen wird.

1 Hartmut Bornemann nahm M 13
mit einem Takahashi TOA-150 auf einer Montierung EM-400 auf. Der Apo-Refraktor hat 150 mm Öffnung und f=1090 mm. Die LRGB-Aufnahme entstand am 09.05.2008 in Wasbüttel. Ab 00:04 Uhr wurde mit einer SBIG ST-2000XM plus Filterrad CFW-8 bei -25 Grad C Chiptemperatur belichtet: L/R/G/B = 85/40/30/25 Minuten. Die Nachführung geschah mit einer SBIG ST-402ME über einen Takahashi FS-60C. Auch wenn es sich ,,nur" um einen Kugelsternhaufen handelt - diese Aufnahme wurde geflatfieldet.
2 Gerald Willems nahm am 27.03.2009 in Grasberg/Otterstein M 13 auf,
mit einem 110-mm-APO bei f/5,6 und einer Atik 16HR-Kamera. Belichtungszeiten: L,R,G,B jeweils 10 x 10 min ohne Binning.

In den Jagdhunden finden wir M 3. Mit seiner Absoluthelligkeit MV = -8,93 mag ist er noch ein wenig leuchtkräftiger als M 13. Da er aber mit 34.000 Lichtjahren weiter weg als dieser steht, kommt seine scheinbare visuelle Helligkeit nur

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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

3 M 3 in den Jagdhunden, Auf-
nahme von Andreas Rörig mit einem Celestron 11 (fokal) auf Alt 5 ADN und einer SBIG ST-10XME. Belichtungszeiten waren L: 9 x 600 s, RGB: je 6 x 300 s. Luminanz ohne Binning, RGB im 2x2Binning. Aufnahmeort war Wilsenroth im Westerwald, Datum: 02.05.2005, 11.05.2005 und 12.05.2005.

auf 6,19 mag. Damit ist er bei guten Bedingungen aber immer noch mit bloßem Auge zu erspähen. Im Teleskop wirkt M 3 mit seiner zentralen Flächenhelligkeit von 16,34 mag pro Quadratbogensekunde etwas heller als M 13. Seiner höheren Leuchtkraft entsprechend ist M 3 bei 16,2´ Ausdehnung in Wahrheit 160 Lichtjahre groß (Abb. 3 und 4). Die mittlere Farbe ist weiß (B-V = 0,69 mag).
M 5 im Sternbild Schlange wirkt mit B-V = 0,72 mag geringfügig gelblicher. Er befindet sich knapp westlich der Grenze zur Jungfrau (Abb. 5) und ist etwa 24.000 Lichtjahre entfernt. Seine scheinbare visuelle Helligkeit beträgt 5,65 mag. Daraus leitet sich eine Absoluthelligkeit von -8,81 mag ab. Die Leuchtkraft von M 5 ist also minimal größer als die von M 13.

Da die zentrale Flächenhelligkeit 16,05 mag pro Quadratbogensekunde beträgt, ist M 5 im Zentralbereich bei visueller Beobachtung sogar doppelt so hell wie M 13. Bei einem scheinbaren Durchmesser von 17,4´ kommt M 5 auf einen wahren Durchmesser von 120 Lichtjahren.
Ein ,,klassischer" KH ist auch der 33.000 Lichtjahre entfernte M 15 im Pegasus (Abb. 6). Er ist um etwa 50% leuchtkräftiger als M 13. Und das schlägt sich in seinen Werten nieder. Die scheinbare visuelle Helligkeit gleicht der von M 3, allerdings ist M 15 von der zentralen Flächenhelligkeit um mehr als 2 mag (siebenmal) heller als M 3. Die mittlere Farbe von M 15 ist weiß (B-V = 0,68 mag), sein echter Durchmesser beträgt 120 Lichtjahre.

4 Stefan Hahne verwendete einen TEC APO 160 und eine SBIG ST-2000-Kame-
ra auf Montierung Alt AD6, um M 3 am 06.04.07 abzulichten. Luminanzkanal: 4 x 100 s im Kernbereich gemittelt, im Außenbereich addiert, Teilbereiche zusammengesetzt in Photoshop mit Hilfe der Ebenenmaske. RGB je 3 x 100 s gemittelt. Ein Vergleich mit Abb. 3 zeigt, dass M 3 noch ausgedehnter erscheint.

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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

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5 M 5, fotografiert von Hermann von Eiff. Südöstlich liegt der Stern HD 136202 mit 5,05 mag und einem Farbindex B-V =
0,55 mag, was einem Bläulichweiß entspricht. Die Aufnahme entstand am 27. Mai 2009 auf dem Calar Alto in Südspanien. Das Beugungskreuz wurde künstlich vor der Eintrittsöffnung geschaffen - als interessanter Blickfang. Aufnahmeinstrument war ein Starfire EDF von Astro Physics mit 155 mm Öffnung auf einer Montierung WAM 440 CC von Astrooptik Kohler. Belichtet wurde mit einer modifizierten Canon 450D und einer ST-4 zur Nachführkontrolle.
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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

6 Am 28.08.2009 richtete Peter Knappert im Schwarzwald-Baar-Kreis auf 900 m Höhe seinen 250-mm-Newton mit 900
mm effektiver Brennweite auf M 15. Als Kamera nahm er eine Canon 50d (H-alpha-modifiziert) und belichtete 8 x 2 min, 8 x 5 min und 8 x 10 min bei ISO 800. Bildbearbeitung: DeepSkyStacker, Photoshop CS4-extended, manuelles DRI.

Auch im Schlangenträger finden sich zahlreiche Kugelsternhaufen. Einer davon ist der 14.400 Lichtjahre entfernte M 10 (Abb. 7). Sein scheinbarer Durchmesser lässt sich auf tiefen Aufnahmen zu 19´ beziffern. Damit kommt M 10 auf einen wahren Durchmesser von 80 Lj. Das deckt sich bestens mit der unterdurchschnittlichen Absoluthelligkeit von -7,48 mag. Visuell bringt M 10 es auf 6,6 mag, seine Flächenhelligkeit ist mit 17,69 mag pro Quadratbogensekunde klar schwächer als bei M 13. Die integrale Eigenfarbe von M 10 ist gelblich (B-V = 0,90 mag).
Omega Centauri ist mit einer Absoluthelligkeit von -10,29 mag der leuchtkräftigste KH unserer Milchstraße (Abb. 8 und 9). Mit einer scheinbaren visuellen Helligkeit von 3,68 mag ist er sogar für das bloße Auge ein auffälliges Objekt. Der Fabindex B-V = 0,78 mag macht ihn im Mittel gelblich. Die Angaben für seine Abmessungen differieren stark. Im
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7 An der Gahberg-Sternwarte nahm Günter Kerschhuber M 10 im Schlangen-
träger auf, mit sehr guter Wiedergabe der orangegelben Riesensterne und vielen blauen Horizontalaststernen. Verwendet wurde ein Intes MK69 (150 mm / 900 mm), CCD-Kamera war eine Starlight SXV-H9. Die Belichtungszeiten betrugen LRGB = 168/27/35/48 min (sehr kräftig belichtet, dabei Luminanz und Farben ohne Binning). Aufnahmedatum: 18.05.2007 + 08.06.2007.

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8 Während eines Namibia-Aufenthaltes am IAS Observatory (Farm Hakos/Namibia) nahm Walter Gröning am 6. Juli 2008
Omega Centauri auf. Der 50-cm-Cassegrainspiegel (Philipp Keller) hat ein Öffnungsverhältnis von 1:3 im Primärfokus. Als Kamera diente eine SBIG STL 11000M. Das LRGB-Bild wurde 1:1:1:1 jeweils 60 s belichtet.
9 Ebenfalls am IAS Obser-
vatory (Hakos/Namibia) nahm Dieter Willasch das Zentrum von Omega Centauri auf, allerdings im korrigierten Sekundärfokus des 50-cm-Spiegels (Philipp Keller) beim Öffnungsverhältnis von 1:9. Die benutzte Kamera war ebenfalls eine SBIG STL 11000M. Belichtungszeit: Luminanz 30 min, RGB jeweils 15 min. Die Sternpopulationen von Omega Centauri erzählen eine nicht alltägliche Entstehungsgeschichte. So fanden Astronomen im Jahre 2000 bei Untersuchungen des Farbenhelligkeitsdiagramms heraus, dass der KH vermutlich der Kern einer ehemaligen Zwerggalaxie ist, die sich mittlerweile schon aufgelöst hat [4]. Eine andere Forschergruppe konnte dies durch Modellrechnungen stützen, für die Zwerggalaxie ergaben sich dabei 8 Milliarden Sonnenmassen [5].
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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

10 Kugelsternhaufen 47 Tucanae, aufgenommen am 28.06.2006 durch Josch Hambsch von der Astrofarm Hakos (Namibia)
aus. Er benutzte ein Celestron 14 bei f/5 (f = 1800 mm) und eine SBIG ST-10 NABG. Mit RGB-Filtern wurde jeweils 30 min belichtet, aus 5 min kurzbelichteten RGB-Aufnahmen (ohne Binning) wurde ein künstliches L-Bild erzeugt. FWHM: etwa 2,5".

Sky Catalogue 2000 [2] werden 36´ als scheinbarer Durchmesser vermerkt. Das ist jedoch zu klein, denn laut [3] zeigen tiefste Fotografien noch schwächste zugehörige Sterne, mit denen 70´ Durchmesser erreicht werden. In einer Sternzählung bis zur 20. Größenklasse wurden am Harvard Observatory sogar 95´ festgestellt, was bei 17.300 Lichtjahren Entfernung einem wahren Durchmesser von 480 Lichtjahren entspricht. Omega Centauri ist als KH riesig, etwa viermal so groß wie M 13.
Der zweithellste südliche KH ist NGC 104, auch als 47 Tucanae bekannt (Abb. 10). Dieses nahe Objekt von 15.400 Lichtjahren Entfernung ist mit einer scheinbaren visuellen Helligkeit von 3,95 mag sehr hell, erreicht sogar eine zentrale Flächenhelligkeit von 14,43 mag pro Quadratbogensekunde - viermal so hell wie M 13. Der scheinbare Durchmesser von 31´ bedeutet nahezu 140 Lichtjahre an echter
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Größe. Die Absoluthelligkeit von -9,42 mag macht NGC 104 zu einem wirklich leuchtkräftigen Vertreter seiner Art. Laut Farbenhelligkeitsdiagramm gibt es noch keinen blauen Horizontalast, nur einen kurzen roten Beginn nahe am Roten Riesenast, das ist auch ein Grund für seine mittlere gelbe Farbe (B-V = 0,88 mag). NGC 104 ist um etwa 10% jünger als die durchschnittlichen galaktischen KH. Es treten also noch keine blauen Horizontalaststerne auf! Was an wenigen blauen Sternen sichtbar ist, sind die ,,blue straggler stars" (blaue Nachzügler, Spätentwickler).
Literaturhinweise: [1] Harris W.E.: A catalog of parameters
for globular clusters on the Milky Way; AJ 112, 1487 (1996); Update 2003 in http://www.physics.mcmaster.ca/Globular.html [2] Hirshfeld A., Sinnott R.W.: Sky Catalogue 2000.0, Volume 2, Double

Stars, Variable Stars and Nonstellar Objects; Sky Publishing Corp. & Cambridge University Press 1982 [3] Burnham, R. jr.: Burnham`s Celestial Handbook, Bd. 1, S. 561; Dover Publications, Inc., New York 1978 [4] Hilker M., Richtler T.: Omega Centauri - a former nucleus of a dissolved dwarf galaxy? New evidence from Stroemgren photometry; A&A 362, 895 (Oct. 2000) [5] Tsuchiya T., Dinescu D.I., Korchagin V.I.: A capture scenario for the globular cluster Omega Centauri; ApJ 589, L29 (May 2003)

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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

Fachgruppenprojekt: Kugelsternhaufen beobachten
von Gerd Kohler

NGC 5024 Vergrößerung 228-fach. Groß und hell. Gut zu sehen. Direkt sind die Randgebiete bis an das Zentrum aufgelöst. Indirekt sind auch im Zentrum Einzelsterne zu sehen. Großer Kern. Aus dem Haufen gehen einige Sternketten heraus.
NGC 5634 Vergrößerung 228-fach. Deutlich und einfach sichtbar. Mittlere Helligkeit. Indirekt blitzen immer wieder Einzelsterne auf. Die Helligkeit steigt zum Kern etwas an.
NGC 6093 Vergrößerung 228-fach. Rund. Gute Helligkeit. Heller großer Kern. Der Kern ist nicht aufgelöst. Um den Kern ist es etwas körnig.
NGC 6121 Vergrößerung 228-fach. Rund. Einige Stellen ohne Sterne. Indirekt bis in das Zentrum aufgelöst. Mittelhelle Sterne, mit einigen hellen Sternen in und um den Haufen.
NGC 6205 Vergrößerung 228-fach. Sehr hell und groß. Wunderbarer Anblick. Großes Zentrum. Aus dem Haufen ragen viele Verästelungen heraus, die verschiedene Bögen beschreiben. Ich kann bis in das Zentrum Einzelsterne erkennen.
NGC 6218 Vergrößerung 228-fach. Gut zu sehen, auch im 9x60-Sucher. Etwas locker und verstreut. Viele Sternketten mit leeren Zwischenräumen. Im Zentrum etwas heller. Bis zur Mitte aufgelöst.
NGC 6229 Vergrößerung 170-fach. Kleiner, mittelheller Nebel. Gut zu sehen. Rund. Helles und großes Zentrum. Schwache Nebel um das Zentrum. Direkt und indirekt keine Einzelsterne.
NGC 6235 Vergrößerung 112-fach. Gerade noch zu erkennen. Klein und sehr schwach. Gleichmäßig heller Fleck. Indirekt nicht heller. Nicht aufgelöst.
NGC 6254 Vergrößerung 228-fach. Hell und gut sichtbar. Mittlere Größe. Etwas oval. Kein deutliches Zentrum. Ich kann bis zur Mitte einzelne Sterne erkennen. Wenige
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Arme ragen aus dem Haufen heraus. Der Rand ist gleichmäßig begrenzt.
NGC 6273 Vergrößerung 228-fach. Rund. Der Kern fällt kaum auf und ist nicht aufgelöst. Um den Kern herum ist es etwas körnig.
NGC 6284 Vergrößerung 170x. Blasser, runder Fleck. Großer Kern. Nicht aufgelöst. Der Rand geht Übergangslos in den Hintergrund über. Direkt und indirekt gleich hell.
NGC 6293 Vergrößerung 170-fach. Klein und schwach. Direkt noch zu sehen. Wird zur Mitte etwas heller. Nicht aufgelöst.
NGC 6316 Vergrößerung 91-fach. Kleiner, blasser Fleck. Großer Kern. Die Gebiete um den Kern sind deutlich schwächer. Nicht aufgelöst.
NGC 6333 Vergrößerung 228-fach. Direkt ein runder Fleck mit körnigem Rand. Indirekt keine Änderung. Großer, nicht aufgelöster Kern. Indirekt sehe ich beim längeren Beobachten körnige Randbereiche. Der Rand ist unregelmäßig und geht ohne deutlichen Übergang in den Hintergrund über.
NGC 6356 Vergrößerung 228-fach. Mittelgroß. Gut zu sehen. Großes und helles Zentrum. Die Helligkeit fällt gleichmäßig zum Rand hin ab. Nicht aufgelöst.
NGC 6522 Vergrößerung 170-fach. Sehr schwache runde Aufhellung. Noch direkt sichtbar. Wird zur Mitte etwas heller. Indirekt ist der ganze Haufen etwas heller. Nicht aufgelöst.
NGC 6528 Vergrößerung 170-fach. Sehr schwacher Fleck. Direkt gerade noch zu sehen, indirekt etwas heller. Nicht aufgelöst. Gleichmäßig hell.
NGC 6624 Vergrößerung 228-fach. Kleiner und schwacher Fleck. Fällt gut vorm Hintergrund auf. Heller Kern, der halb so groß wie der Haufen ist. Nicht aufgelöst.

NGC 6626 Vergrößerung 228-fach. Runder Fleck. Helles und großes Zentrum. Gut zu sehen. Der Rand ist etwas körnig, sonst ist nichts aufgelöst.
NGC 6637 Vergrößerung 228-fach. Schwacher und runder Fleck. Gleichmäßig hell. Nicht aufgelöst. Bei niedrigen Vergrößerungen heller und deutlicher.
NGC 6656 Vergrößerung 228-fach. Hell und groß. Oval. Großes helles Zentrum. Viele Einzelsterne. Das Zentrum bleibt neblig. Einige Einbuchtungen ohne Sterne.
NGC 6712 Vergrößerung 228-fach. Hell und deutlich zu sehen. Etwas unregelmäßige Form. Nicht gleichmäßig hell. Nicht aufgelöst.
NGC 6779 Vergrößerung 200-fach. Der Sternhaufen ist in zahllose stecknadelfeine Sterne aufgelöst. In der Mitte nicht aufgelöst. Rund. Einige wenige helle Sterne sind im Haufen.
NGC 6981 Vergrößerung 228-fach. Nicht gerade hell. Direkt noch zu sehen. Rund. Gleichmäßig hell. Etwas körnig. Kein deutlicher Kern.
NGC 7006 Vergrößerung 228-fach. Kleiner blasser Fleck. Nicht aufgelöst. Sehr schwach.
NGC 7078 Vergrößerung 170-fach. Großer Sternhaufen. Sehr hell. Heller Kern, 1/3 vom Haufendurchmesser. Bis zum Kern in unzählige feine Sterne aufgelöst. Um den Haufen sind Sterngruppen. Rund.
NGC 7089 Vergrößerung 228-fach. Groß und hell. Heller und großer Kern. Rund. Bis in das Zentrum aufgelöst.
NGC 7099 Vergrößerung 170-fach. Mittelhell. Kreisrund. Helles Zentrum. Wenige helle Steren, der Rest bleibt neblig.
Alle Beobachtungen wurden mit 200/800-mm-Newton-Teleskop gemacht.

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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

Der Pal 2-Kugelsternhaufen im Sternbild Fuhrmann

(Position: RA = 04h46m/ DEK = +31 Grad 22`)
von Walter Kutschera

Die Nacht vom 14. auf den 15. November 2009 geht allmählich zu Ende. Es ist drei Uhr morgens und die minus 10 Grad Kälte der letzten 6,5 Beobachtungsstunden sind in die Klamotten gekrochen. Aber wie das mal so ist, wenn sich der Himmel seit längerem mal wieder mit guter Transparenz um 6,6 mag am Pol und einer Luftruhe um 2 zeigt. Auch wenn die Arbeit bereits in ca. 2,5 Stunden wieder zum Aufbruch ruft - was soll's - eine Runde gibt's noch. Beim Durchsehen meines Sternatlass' fällt mir der Kugelsternhaufen Pal 2 ins Auge.

Ausgehend von SAO 57441 5,5 mag befindet sich in 38' westlichem Abstand Pal 2, der sich im 8'' f/8 bei 80-facher Vergrößerung nur als konturloses schwaches Nebelchen zeigt. Auch bei Vergrößerungen zwischen 150-fach und 250fach ist weder eine Kondensation zum Zentrum hin noch eine Veränderung am

1 Kugelsternhaufen Pal 2 gezeichnet von Walter Kutschera am 14.11.09 um
23:50 UT mit 508/2500 Newton, Vergrößerung 357x, Bortle: 3

2 Kugelsternhaufen Pal 2 aufgenommen von Walter Kutschera am 15.11.09
um 02:45 UT mit 508/1250 Newton und Watec CCD-Kamera mit Reducer auf f/2, Belichtung 1 x 10 s ohne Dunkelstrom.
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Gesamtobjekts wahrnehmbar - trotz einer Flächenhelligkeit um 10,5 mag pro Quadratbogenminute.
Bei weiteren Beobachtungen am 20-Zoll f/5 Newton mit einer Vergrößerung von 193-fach stellt sich Pal 2 als recht helles ca. 2,5' großes begrenztes Rund dar, was zur Mitte hin einen deutlich herausgehobenen kugelförmigen Kernbereich zeigt, aber ohne jedes Anzeichen von Einzelsternen. Auch bei Beobachtungen um 650-fach ist keine nennenswerte Änderung erkennbar. Lediglich nahe des Kernbereiches ist ein vereinzeltes Aufblitzen von Sternpünktchen wahrnehmbar. Wie weit dieses real ist bleibt jedoch fraglich, zumal die Einzelsterne um 18 mag liegen sollen. Noch ein letzter Versuch in Sachen Einzelsterne: Nachführung an, Watec mit Reducer auf f/2 in den Auszug des 20-Zöllers.

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

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Dann die Offenbarung: Am 40"-Livebildschirm zeigt sich nach zehn Sekunden ein weit aufgelöster KH, der wenige Bogensekunden vom Zentrum von einer Dunkelwolke durchzogen wird, die sich mit Wegnahme des Reducers - wieder

auf f/5 noch deutlicher herauslöst. Was für ein Bild! Plötzlich klingelt das Handy und meine Frau fragt, ob ich heute nicht zur Arbeit fahren will. Schon wieder halb fünf.

PS: Es soll noch angemerkt sein, dass im Planetariumsprogramm "The Sky" Pal 2 als Galaxie MGC5-12-1 ausgewiesen wird.

Das Wolf-Lundmark-Melotte-System und der Kugelsternhaufen WLM-1
von Jens Bohle

Kugelsternhaufen stehen in dieser Ausgabe des VdS-Journals im Mittelpunkt. Sicher nicht ohne Grund, denn bei vielen Amateurbeobachtungen sind die kugeligen Sternansammlungen sehr beliebt. Gerade die hellsten Vertreter bescheren doch oft ein besonderes Beobachtungserlebnis. Auch der astronomische Laie lässt sich von der Schönheit eines hell funkelnden M 13 oder M 22 im großen Amateurteleskop beeindrucken. In diesem Beitrag möchte ich die Aufmerksamkeit allerdings auf die zunächst weniger beeindruckenden Objekte dieser Gattung lenken: Die extragalaktischen Kugelsternhaufen. Stellvertretend für diese Objektgruppe stelle ich einen Kugelsternhaufen des WLM-Systems vor.

Die WLM-Galaxie Das Wolf-Lundmark-Melotte-System, kurz WLM, wurde im Jahre 1909 vom deutschen Astronomen Max Wolf auf einer an einem 15-Zentimeter-Astrografen gewonnenen Fotografie entdeckt. Jedoch stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest, dass es sich um eine Galaxie handelt. Unabhängig von Wolf entdeckten Philibert Jacques Melotte und später, 1926, auch Knut Lundmark das neblige Objekt, welches nun als Galaxie erkannt wurde. Das zur Lokalen Gruppe zählende WLM-System, das auch unter DDO 221 oder UGCA 444 geführt wird, ist eine Zwerggalaxie in ca. drei Millionen Lichtjahren Entfernung im Sternbild Walfisch. Die Galaxie, deren älteste Sterne ca. 13 Milliarden Jahre alt sind, gilt als metallarm und ist räumlich gesehen recht isoliert. Ihre nächste Nachbarin ist die ebenfalls zur Lokalen Gruppe gehörende Galaxie IC 1613, die im gleichen Sternbild zu finden ist. Die tatsächliche

1 Die WLM-Galaxie mit dem Kugelsternhaufen WLM-1, der im Bild markiert ist.
Die Zeichnung gibt den Anblick bei 214-facher Vergrößerung im 20-Zoll-Teleskop wieder. Der Felddurchmesser beträgt ca. 18 Bogenminuten.

Distanz zwischen diesen beiden Welteninseln beträgt ca. eine Million Lichtjahre. Das WLM-System misst am Himmel etwa 8x12 Bogenminuten, was sich aber nur auf die fotografisch erfassbare Größe bezieht und die im Halo befindlichen schwachen Sterne einschließt. Dem visuellen Beobachter am Teleskop wird die Galaxie weit weniger ausgedehnt erscheinen. Nach meinen Beobachtungen sind es etwa 2,5 bis 3 Bogenminuten in der kleinen und ca. 6 Bogenminuten in der großen Achse - also deutlich kleiner. Aber egal ob fotografisch oder visuell: Die

Galaxie zeigt sich deutlich länglich bzw. elliptisch geformt. Die ungestörte Form verdankt das WLM-System sicherlich der bereits erwähnten relativ isolierten Lage ohne ,,störende" Einflüsse anderer Galaxien. Bei Zwerggalaxien bewirken die oft sehr viel massereicheren Galaxien der Nachbarschaft eine Deformation oder völlige ,,Zerpflückung" der deutlich masseärmeren Zwerggalaxien, von denen im Extremfall nur noch sogenannte ,,Startrails" übrig bleiben. Zur visuellen Beobachtung der Galaxie ist, wie bei vielen Galaxien niedriger Flächenhelligkeit, ein
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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

dunkler Himmelshintergrund wichtiger als eine große Fernohröffnung! Mit ca. 24 mag pro Quadratbogensekunde ist das WLM-System z. B. deutlich lichtschwächer als die bekannte M 31-Begleitgalaxie NGC 205, welche mit ca. 22 mag pro Quadratbogensekunde in [1] gelistet ist. Hat man das WLM-System erst einmal gefunden, könnte man sich schon entspannt zurücklehnen und diese Sichtung als nicht ganz alltäglichen Erfolg amateurastronomischer Beobachtung verbuchen. Doch wie bei vielen anderen Zwerggalaxien lohnt sich auch hier gerade für Besitzer größerer Teleskope (ab etwa 14 Zoll Öffnung) ein genauerer Blick und etwas Recherche im Vorfeld...
Der Kugelsternhaufen WLM-1 Wie bereits eingangs erwähnt, können die extragalaktischen Kugelsternhaufen mit Ihresgleichen in unserer Heimatgalaxie bezogen auf ihr spektakuläres Aussehen im Teleskop nicht mithalten. Bis auf ganz wenige Kugelsternhaufen der Andromedagalaxie erscheinen die extragalaktischen Sternhaufen auf Amateurfotografien oder beim Blick durch das Okular als punktförmige, stellare Objekte. Kein Wunder, sind sie doch mehr als hundert Mal so weit entfernt wie z. B. der berühmte Kugelsternhaufen M 13 im Sternbild Herkules. So liegt der Reiz der Beobachtung eher auf dem ,,Machbaren" als auf dem ästhetischen Anblick. Nur wenige Kugelhaufen benachbarter Galaxien sind in gängigen Sternkarten verzeichnet. Meist handelt es sich um die hellsten Kugelhaufen der Andromedagalaxie oder der Großen Magellanschen Wolke, die in den Sternkarten auftauchen. Will man einen Blick jenseits M 31 richten und dort nach Kugelsternhaufen suchen, bedarf es der Art Literatur, welche auch die Profiastronomen für Ihre Arbeit nutzen. Hier beginnt ein mitunter langer Weg der Recherche, der dann hoffentlich vom Beobachtungserfolg gekrönt wird.
Doch zurück zu WLM-1, einem eher unbekannten Mitglied der extragalaktischen Haufenfamilie. Völlig isoliert, wie das WLM-System selbst, ist der Kugelhaufen WLM-1 etwa zwei Bogenminuten westlich der Galaxie als einer von insgesamt nur zwei Kugelsternhaufen dieser Galaxie zu finden. Erste Hinweise auf dessen Existenz gaben die Untersu-
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chungen am Mount Wilson und Mount Palomar-Observatorium von Humason, Mayall und Sandage im Jahr 1956, wo sich bei Radialgeschwindigkeitsmessungen herausstellte, dass dieses Objekt in der Nähe der Galaxie mit ihr assoziiert ist [2]. Gut 20 Jahre später, 1977, photometrierten Paula und Harold Ables an einem 1-Meter-Teleskop in Arizona das WLMSystem und bemerkten ebenfalls, dass dieses leicht diffuse Objekt die gleiche Radialgeschwindigkeit wie die Galaxie oder die der eingebetteten Emissionsgebiete aufweist. Spätere Untersuchungen in den 1980er Jahren bestätigten die Natur des WLM-1 als Kugelsternhaufen. Mit einer absoluten Helligkeit MV von -8,8 mag liegt WLM-1 deutlich über dem Durchschnitt der Kugelsternhaufen, der etwa bei MV von -7,1 mag liegt. Er ist somit vergleichbar mit dem bereits mehrfach zitierten M 13, der etwa eine zehntel Magnitude schwächer ist. Auch scheinen die beiden Haufen ,,Altersgenossen" zu sein: Etwa 13 Milliarden Jahre haben sie beide bereits auf dem Buckel. WLM-1 besitzt eine hohe Elliptizität. Der Begriff ,,Ellipsoidsternhaufen" wäre schon fast angebrachter. Tatsächlich sind nur etwa zehn Haufen in unserer Galaxie bekannt, deren Form noch stärker von der Kugelform abweicht. Der Grund dafür ist nach wie vor unklar. Nach [3] ist weder die Wechselwirkung mit der WLM-Galaxie oder die Rotation des Haufens dafür verantwortlich.
Die visuelle Beobachtung des Kugelsternhaufens WLM-1 ist sicherlich nur mit Fernrohröffnungen ab etwa 14 bis 16 Zoll möglich. Die Deklination von -15 Grad und die damit verbundene Problematik der Extinktion und der horizontnahenden Luftunruhe machen das Objekt zu einer harten Nuss. Mir sind aus meinem direkten ,,astronomischen Umfeld" außer meiner eigenen Sichtung zwei weitere Beobachtungen mit einem 20-Zoll-Teleskop bekannt (Frank Richardsen und Rich Jakiel [4]). Eine weitere Beobachtung stammt von Uwe Glahn, der sich dem Objekt mit einem 16-ZollTeleskop [5] näherte und ihn zum selben Zeitpunkt wie ich (September 2007) an einem Standort in den österreichischen Alpen beobachten konnte. Abbildung 1 gibt den Anblick bei 214-facher Vergrößerung an einem 20-Zoll-Teleskop wieder. Visuelle Grenzgröße mit dem bloßen Auge lag bei 7,0 mag.

Falls ich nun den Wunsch nach mehr exotischen Sternhaufen geweckt haben sollte, möchte ich kurz auf eine Liste hinweisen, welche ich vor einiger Zeit zusammengestellt habe. Die Liste extragalaktischer Einzelobjekte, kurz LEEO, ist auf meiner Webseite zu finden. Die Liste beinhaltet verschiedenste Objekttypen wie Sternhaufen, Einzelsterne und Gasnebel, die in diversen Galaxien auf ihre amateurastronomische Beobachtung warten [6].
Literaturhinweise: [1] HyperLeda, http://leda.univ-lyon1.fr/ [2] Humason, M. L., Mayall, N. U., &
Sandage, A. R.: Redshifts and magnitudes of extragalactic nebulae. im Astron. J., 61, 97-162 (1956) [3] Stephens, Andrew W. , Catelan, Marcio, Contreras, Roxana P.: WLM-1: A Non-Rotating, Gravitationally Unperturbed, Highly Elliptical Extragalactic Globular Cluster, http://arxiv.org/abs/astroph/0511502 [4] http://astronomy-mall.com/Adventures.In.Deep.Space/gcextra.htm [5] http://www.deepsky-visuell.de/ Zeichnungen/WLM.htm [6] http://www.jens-bohle.de/LEEO.htm [7] Bohle, J.: Extragalaktische Kugelsternhaufen; VdS Journal Sommer 2000

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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

Dem ,,intergalaktischen Wanderer"
auf der Spur
von Peter Riepe, Daniel Spitzer und Harald Tomsik
1 Der Vergleich zwischen M 13
(links) und NGC 2419 (rechts) verdeutlicht die immense Entfernung des ,,intergalaktischen Wanderers". Und in Wirklichkeit ist NGC 2419 sogar noch 3,5-mal so groß wie M 13. Beide Aufnahmen zeigen ein Bildfeld von 12,9´ Kantenlänge (POSS).
Etwa sieben Grad nördlich von Castor liegt der auf den ersten Blick wenig attraktive Kugelsternhaufen (KH) NGC 2419. Obwohl er sich im eher unscheinbaren Sternbild Luchs befindet, ist er recht einfach aufzufinden. Den Starhopp beginnt man am besten beim hellen Stern CastorGeminorum. Etwa drei Grad nördlich von diesem befinden sich zwei Sterne von etwa 5. Größe in einem Abstand von ca. 30 Bogenminuten mit der Verbindungsachse zueinander in Nord-Süd-Richtung. Erneut drei Grad nördlich davon befindet sich wieder ein Stern 5. Größe. Nun ist es fast geschafft! Man sucht von jetzt an besser direkt mit dem Blick ins Okular weiter. Schwenkt man ca. 30 Bogenminuten nach Westen, sollte sich ein Stern der 7. Magnitude im Gesichtsfeld befinden. Nach einem weiteren Schwenk von grob 45 Bogenminuten nach Norden erkennt man zwei Sterne im Gesichtsfeld, der eine von etwa 7., der andere (westlichere) von etwa 8. Größe. Der KH NGC 2914 befindet sich in unmittelbarer Nähe zum helleren der beiden.

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2 NGC 2419, fotografiert im
Primärfokus (f = 4400 mm) des Meller Newtonreflektors am 13.12.2001 als Komposit aus zwei Einzelaufnahmen von 45 und 30 Minuten Belichtungszeit. Aufnahmematerial war unbehandelter Kodak Ektar 100 mit einer besonders hohen spektralen Empfindlichkeit im Blaubereich. Bildautoren: H. Tomsik/P. Riepe, Astronomische Gesellschaft Bochum/Melle.

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

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NGC 2419 wurde im Jahre 1788 von William Herschel entdeckt. Seine äquatorialen Koordinaten (2000.0) sind · = 07 h 38 min 08,5 s, · = +38 Grad 52´ 55" [1]. Bei einer scheinbaren visuellen Helligkeit von 10,4 mag ist er bei indirekter Sichtweise schon mit kleineren Teleskopen ab 70 Millimeter Öffnung als kleines, diffuses Scheibchen von etwa 3´ Größe erkennbar. Zwar sind KH wie M 13 oder M 15 bereits mit Teleskopen von 200 mm Öffnung bis in den Zentralbereich stellar auflösbar, aber im Falle von NGC 2419 bleibt die visuelle Wahrnehmung von Einzelsternen erfolglos - sogar mit größeren Instrumenten. Allein das lässt schon auf eine enorme Entfernung schließen.
Heute sind die Geheimnisse um NGC 2419 zum Großteil gelüftet. Der KH ist von der Milchstraße, an die er gravitativ gebunden ist, sehr weit entfernt. In älterer Literatur für Amateur-Beobachter [2] findet man eine heliozentrische Distanz von 180.000 Lichtjahren, was jedoch entschieden zu gering ist. Die Datenbank von W.E. Harris nennt 84,2 kpc = 275.000 Lj [3]. Mit Hilfe des 4-MeterSpiegels des Kitt Peak Observatory wurde eine etwas größere Entfernung ermittelt. Die CCD-Fotometrie in B und V, die sich auf Sterne bis zu 24,5 mag stützte, führte zu einem sehr tiefen Farbenhelligkeitsdiagramm (FHD). Hieraus ließ sich nicht nur erkennen, dass NGC 2419 eine große Ähnlichkeit zu M 15 aufweist und sehr metallarm ist. Es ließ sich auch ein ,,bereinigter" Entfernungsmodul von m - M = 19,69 mag ableiten [4]. Das ergibt eine heliozentrische Entfernung von 283.000 Lichtjahren. Eine gute Unterstützung des Wertes der Harris-Datenbank lieferte eine neue Untersuchung von [5], die auf fotometrischen Messungen bis zur 26. Größenklasse basierte. Anhand von RR-Lyrae-Sternen wurde die Entfernung von NGC 2419 auf 271.000 Lichtjahren festgelegt.
NGC 2419 liegt also sehr weit im Außenbereich des galaktischen Halos [6] und ist rund 1,7-mal so weit weg wie die Große Magellansche Wolke. Von daher erklärt sich der poetische Beiname ,,intergalaktischer Wanderer". Abb. 1 verdeutlicht, wie winzig NGC 2419 aufgrund seiner enormen Entfernung im Vergleich zum nahegelegenen M 13 wirkt. Warum sind in diesem entfernten KH keine Einzel-

sterne erkennbar? Eine einfache Abschätzung aus der Astro-Praxis verdeutlicht den Sachverhalt. Michael Fritz berichtete, dass er im 6-Zöller die hellsten Roten Riesen des 48.000 Lichtjahre entfernten KH NGC 6934 mit einer scheinbaren visuellen Helligkeit von 14 mag wahrnimmt [7]. In 275.000 Lichtjahren Entfernung hätten diese Sterne eine (275/48)2 = 33-mal geringere Intensität, was einem Größenklassenunterschied von 3,8 mag entspricht und eine scheinbare visuelle Helligkeit von 17,8 mag ergäbe. In einem neueren Bericht über seine visuellen Beobachtungen bestätigt Michael Fritz, dass mit einem Refraktor von 130 mm Öffnung in NGC 2419 kein Einzel-stern erkennbar war. Auch mit einem 400-mm-Teleskop war kein eindeutiger Beobachtungserfolg beschieden [8]. Übliche Amateur-Teleskope reichen also zur visuellen Sichtung von Einzelsternen im ,,intergalaktischen Wanderer" definitiv nicht aus. Selbst mit dem Meller-Newton von 1,12 Meter Öffnung ließ sich kein Nachweis erbringen. Dies ist kein Wunder, denn die Schwierigkeit ist nicht etwa der visuelle Nachweis von 17,8 mag, sondern ob sich Sterne dieser geringen Magnitude vor der aufgehellten Fläche von NGC 2914 mit 19,8 mag pro Quadratbogensekunde überhaupt genügend abheben. 1861 gab Lord Rosse eine Liste verschiedener Objekte heraus, die er mit seinem 72-zölligen ,,Leviathan" auf Birr Castle beobachtet hatte. Selbst

3
Aufnahme von NGC 2419, am 10.12.2004 mit OES LcCCD 11N bei f = 5000 mm und mäßiger Bildqualität (FWHM = 2,4") 44 Minuten belichtet. Wegen des winzigen Chips (KAF 400) ist das Bild höher vergrößert. Bildautoren wie bei Abb. 2. Die Sterne I-143 und 7 haben nach [10] V-Helligkeiten von 18,39 bzw. 19,00 mag. mit diesem großen Teleskop konnte er in NGC 2419 keine Auflösung in Einzelsterne erzielen [2]. Dennoch stufte Lord Rosse das Objekt wegen des charakteristischen Aussehens sogleich als KH ein. Der fotografische Nachweis gelang erst 1922 mit dem 42-Zöller des Lowell Observatoriums. R. Racine und W.E. Harris berichteten kurz über visuelle Beobachtungen von NGC 2419 am 200-Zöller des Palomar Observatory [9]. ,,Im Primärfokus konnten bei gutem Seeing die hellsten Haufensterne gerade aufgelöst werden."
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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

4 Zeichnung von NGC 2419 im Feld (Daniel Spitzer).

Die Fotometrie von Einzelsternen in NGC 2419 ergab, dass die 24 hellsten Roten Riesen V-Helligkeiten zwischen 17,25 und 17,8 mag haben mit Farbindizes zwischen B-V = 1,55 und 1,19 mag [10].
Untersuchungen mit Hilfe des Hubble Space Telescope (HST) führten zu einem wesentlich ,,tieferen" FHD. In ihm wurden Sterne bis zu MV = 27,8 mag berücksichtigt, auch unentwickelte Hauptreihensterne waren dabei [11]. Dies ist insofern wichtig, als der Abknickpunkt des Riesenastes von der Hauptreihe ein Hinweis auf den Entwicklungsstand ist und damit einen Rückschluss auf das Alter des Haufens zulässt. Für NGC 2419 konnte - ähnlich wie für M 92 im Herkules - ein Alter von etwa 14 Milliarden Jahren geschätzt werden. Eine Bestätigung erfolgte durch weitere Messungen mit dem HST [12]. Das FHD von NGC 2419 und das des zehnmal näheren M 92 waren fast nicht zu unterscheiden. Eine so große Ähnlichkeit lässt vermuten, dass viele KH im Halo unserer Milchstraße etwa zur gleichen Zeit entstanden.
NGC 2419 ist ein Riese. Eintippen in den Taschenrechner ergibt für 5´ Ausdehnung und 275.000 Lichtjahre Entfernung einen wahren Durchmesser von 400 Lichtjahren. Damit ist er dreieinhalb mal so groß wie M 13, unser Prachtexemplar am Nordhimmel, der uns mit 23.500 Lichtjahren recht nahe steht und bei 16,6´ scheinbarem Durchmesser immer-
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hin einen wahren Durchmesser von 113 Lichtjahren aufweist. Auch ein Vergleich der absoluten Helligkeiten ist interessant. Während M 13 mit Mv = -8,49 mag schon überdurchschnittlich hell ist, kommt NGC 2419 mit Mv = -9,57 mag auf eine 2,7mal größere Leuchtkraft und muss von daher mehr stellare Masse besitzen als M 13 mit seinen 500.000 Sonnenmassen. In neueren Spektraluntersuchungen von 40 Roten Riesen wurde auf 900.000 Sonnenmassen geschlossen [10]. Nur wenige andere KH wie der bekannte Omega Centauri mit Mv = -10,27 mag oder M 54 mit -10,01 mag sind noch leuchtkräftiger als NGC 2419. Kürzlich wurde die Theorie aufgestellt, der intergalaktische Wanderer könnte - wie auch Omega Centauri - der entblößte Kern einer ehemaligen sphäroiden Zwerggalaxie sein [13].
Abbildung 2 zeigt ein älteres Foto von NGC 2419, aufgenommen mit dem Meller 1,12-m-Teleskop auf konventionellem Film. Der Sternhaufen ist sehr konzentriert und wird deshalb der Klasse 2 zugeordnet. Das Negativ zeigt zahlreiche bläuliche Sterne, was auf die Farbempfindlichkeit des Films zurückzuführen ist. Dies steht mit dem integralen Spektraltyp F5 nicht ganz im Einklang, weil gelbliche und rötliche Sterne fehlen. Von der Abbildungsgröße her schätzen wir einen scheinbaren Haufendurchmesser von knapp 5´ ab. Dabei leistet der 7,2 mag helle bläulich-weiße A5-Stern SAO 60232, der 245" westlich von NGC 2419

steht, eine gute Hilfestellung. Allerdings ist die Festlegung der Außengrenze eines KH nicht immer einfach.
Nach Einbau eines Wynne-Korrektors mit 5-Zoll-Okularauzug im Spätsommer 2004 konnte die Abbildungsqualität des Teleskops noch einmal deutlich verbessert werden. Eine CCD-Aufnahme mit einer OES LcCCD 11N zeigt den inneren Bereich des KH bis ins Zentrum aufgelöst, allerdings bei mäßigen atmosphärischen Bedingungen (Abb. 3). Die mit Hilfe des Programms STARLINK berechnete Halbwertbreite der Sterne (FWHM = full width at half maximum) liegt im Rohbild lediglich bei 2,4". Daher wurde ein leichter Schärfungsalgorithmus nach Lucy-Richardson angewandt, aber ohne dass die typischen dunklen Ringe als Artefakte um die Sterne entstehen.
Die visuellen Beobachtungen (D.S.) wurden mit einem 12"-Dobson am 20.11.2009 durchgeführt. Bei 42-facher Vergrößerung zeigte sich ein schwaches Leuchten. Die zwei hellen Sterne stören die Beobachtung, wie schon bei der Vorbereitung vermutet. Die Vergrößerung wurde auf 79-fach erhöht (Abb. 4). Der Himmelshintergrund ist deutlich dunkler geworden. Zudem hilft das kleinere Gesichtsfeld, den Stern aus dem interessanten Areal zu verbannen. Es zeigt sich nun ein ca. fünf Bogenminuten durchmessender kleiner, aber perfekt runder Nebel. Die exakte Kreisfläche mag zwar eine Eigenschaft eines KH sein, die man stillschweigend voraussetzt, aber bei M 13 und weiteren Vertretern sieht man so viele Einzelsterne und Sternketten, dass die Symmetrie dadurch eher gestört wird. Einzelsterne sind hier nicht sichtbar - siehe oben.
Etwa drei Wochen später, es war mittlerweile Dezember geworden: Die Nacht war sehr gut mit 6,0 mag visueller Grenzgröße. Bei der ersten Beobachtung war es weniger auffällig, an diesem Abend aber umso mehr: NGC 2419 zeigt kaum eine merkliche Helligkeitszunahme zum Zentrum - soviel Struktur ist ihm dann doch zu entlocken. Dieses lässt auf eine recht schwache Konzentration zum Zentrum hin deuten, steht aber im Widerspruch zur Konzentrationsklasse 2, die im Sky Catalogue 2000 angegeben wird [14]. Noch höhere Vergrößerungen als beim

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ersten Versuch erbrachten keinen wirklichen Gewinn: Haufensterne kann man dann doch nicht mehr herauskitzeln.
Literaturhinweise: [1] Shawl S.J., White R.E.: Accurate optical positions for the centers of galactic globular clusters; AJ 91, 312, (Febr. 1986) [2] Burnham R. jr.: Burnham`s Celestial Handbook, Bd. 2, S. 1128; Dover Publications, Inc., New York 1978 [3] http://www.physics.mcmaster.ca/ Globular.html [4] Christian C.A., Heasley J.N.: CCD photometry of NGC 2419; AJ 95, 1422 (1988) [5] Ripepi V. et al.: On the remote galactic globular cluster NGC 2419;

ApJ 667, L61-L64 (9/2007) [6] Johnson J. et al.: Comparisons of
the color-magnitude diagrams of M92, M3, M13, M5, Pal 4 and NGC 2419; Bull. American Astron. Soc. 28T, 821 (1996) [7] Fritz M.: Der Kugelsternhaufen NGC 6934; SuW 40, 774 (9/2001) [8] Fritz M.: Der Kugelsternhaufen NGC 2419 im Sternbild Luchs; SuW 49, 76 (1/2010) [9] Racine R., Harris W.E.; ApJ 196, 413 (1975) [10] Baumgardt H. et al.: The velocity dispersion and mass-to-light ratio of the remote halo globular cluster NGC2419; MNRAS 396, 20512060 (7/2009) [11] Harris W.E. et al.: NGC 2419, M92, and the age gradient in the galactic halo; AJ 114, 1030 (1997)

[12] Hesser J.E., Stetson P.B., McClure R.D.: Hubble Space Telescope observations of NGC 2419: constraints on the formation of the Milky Way; J. R. Astron. Soc. Can. 92Q, 29 (1998)
[13] van den Bergh S., Mackey A.D.: Globular clusters and the formation of the outer Galactic halo; MNRAS 354, 713 (11/2004)
[14] Hirshfeld A., Sinnott R.W.: Sky Catalogue 2000.0, Volume 2: Double Stars, Variable Stars and Nonstellar Objects; Sky Publishing Corp. & Cambridge University Press 1982

Die Terzan-Kugelsternhaufen
von Peter Riepe

Die Terzan-Kugelsternhaufen (KH) sind schon lange bekannt, finden aber bei den Amateuren kaum Beachtung. Der französische Astronom A. Terzan entdeckte sie in den Jahren 1966 bis 1971 fotografisch [1, 2, 3, 4]. Er hatte sich das Ziel gesetzt, den galaktischen Bulge nach KH zu durchsuchen - und das von Südeuropa aus! Terzan nutzte den 1,93-m-Newton (f/5) des südfranzösischen Observatoire de Haute Provence. Um die Auswirkungen des Dunstes in Horizontnähe zu verringern, setzte er rotempfindliche Kodakplatten 103a-E sowie infrarotempfindliche Platten des Typs I-N jeweils mit passender Filterung ein (Abb. 1 - 3). Tabelle 1 zeigt die Liste aller heute bekannten 12 Terzan-KH mit original 1950er Koordinaten sowie hinzugefügt denen von 2000. Die ,,Terzans" liegen durchweg im Gebiet Skorpion, Schlangenträger und Schütze. Den Bericht über die Entdeckung seiner letzten vier KH schloss Terzan übrigens mit der Feststellung ab, dass Nr. 3 und Nr. 8 womöglich doch offene Sternhaufen sein könnten. Ferner merkt er an, dass H.S. Hogg und S. van den Bergh Zweifel an der KH-Natur von Terzan 10 bekundet hätten.

1 Der KH
Terzan 7 gehört zur SagittariusZwerggalaxie (POSS-Aufnahme).
Nehmen wir uns jetzt zwei Haufen näher vor, Terzan 7 und Terzan 8. Sie gehören mit M 54 und Arp 2 zusammen der Zwerggalaxie Sagittarius Dwarf (Sgr dSph) an. Palomar 12 stammt eindeutig ebenfalls dort her [5], wurde inzwischen aber bereits dem Halo der Milchstra-

ße ,,einverleibt". Schon früh zeigte sich, dass Terzan 7 einen hohen Metallgehalt besitzt. Das weist auf ein geringes Alter hin. In der Tat ist Terzan 7 etwa vier Milliarden Jahre jünger als ein typischer galaktischer KH [6]. Ähnliches gilt für den fünf Grad nordöstlicher gelegenen Arp 2.
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2 Terzan 8 ist lockerer aufgebaut und auch ausgedehn-
ter als Terzan 7 (POSS-Aufnahme).

3 Sehr kompakt ist Terzan 9. Er liegt ca. 2,5 Grad südlich
des Lagunen-Nebels M 8 (POSS-Aufnahme).

Dies ist ein Hinweis darauf, dass einige KH gar nicht von Beginn an in Sgr dSph vorhanden waren, sondern erst entstanden, als die Zwerggalaxie mit der Milchstraße in die Phase starker Wechselwirkung eintrat [7].
Die nachfolgenden Daten sind der Harris-Liste entnommen (siehe Beitrag ,,Eine Datenbank zu Kugelsternhaufen"). Terzan 7 ist etwa 75.000 Lichtjahre entfernt. Seine scheinbare visuelle Helligkeit beträgt 12 mag, die Absoluthelligkeit nur -5,05 mag. Der Haufen ist also nicht leuchtkräftig. Die zentrale Flächenhelligkeit erreicht 20,6 mag pro Quadratbogensekunde, so dass Terzan 7 visuell doch wahrnehmbar sein sollte, zumindest mit größeren Geräten. Für den scheinbaren visuellen Durchmesser sind in der Literatur keine Werte zu finden, so wie es der Amateur gewohnt ist. Daher habe ich in Abb. 1 die Haufenausdehnung vermessen und komme auf 3,9´. Dies bedeutet einen echten Durchmesser von 85 Lichtjahren (Vergleich: M 13 - 120 Lichtjahre).
Bereits 1990 fotometrierten drei Italiener um Roberto Buonanno Terzan 7 am 3,5-m-NTT der ESO, bei bestem Seeing von 0,5" [8]. Sie waren die ersten, die ein Farbenhelligkeitsdiagramm (FHD, Abb. 4) von Terzan 7 erzeugten. Es ist typisch für einen KH und liefert einige nützliche In-
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4 Farbenhellig-
keitsdiagramm des KH Terzan 7 (aus [8], grafisch überarbeitet).
formationen für Astrofotografen: Es gibt 16 hellere Riesensterne, sie bilden einen spärlich besetzten, aber unverkennbaren Roten Riesenast und liegen in ihrer VHelligkeit zwischen 15,1 und 17,8 mag. Zwischen 18 und 20,5 mag finden sich viele gelbe bis weißgelbe Unterriesen. Ab 21 mag treten dann nach dem Hauptreihenabknick sehr viele unentwickelte Hauptreihensterne hervor. Hier dürfte für Amateure in etwa auch die Grenze des heute Erreichbaren liegen. Sehr in-

teressant: Im FHD von Terzan 7 hat sich noch nicht der typische weiße bis blaue Horizontalast ausgebildet, den man vom FHD der typischen alten KH her kennt. Der Horizontalast ist lediglich in seinem ,,Baby-Stadium" als Klumpen vorhanden, der am unteren Roten Riesenast nach links ansetzt. Diese ,,Klumpensterne" von etwa 17,7 mag sind gelb (B-V = 0,87 mag). Anmerkung: Sie bilden natürlich keinen echten Klumpen im Kugelsternhaufen, sondern liegen nur im FHD

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in ihren Eigenschaften dicht beisammen. Es gibt aber auch blaue Sterne in Terzan 7 - zahlreiche ,,Blue Stragglers" (BS). Diese ,,blauen Nachzügler" sind sehr spät entstanden, womöglich aus verschmolzenen Doppelsternen, nachdem sich die ersten Hauptreihensterne schon zu Roten Riesen entwickelt hatten. Die BS in Terzan 7 besitzen V-Helligkeiten zwischen 17,6 und 20,5 mag. Im FHD der Abb. 4 liegen sie vom Hauptreihenabknick nach links oben auf der ehemaligen Hauptreihe. Wer unter den Astrofotografen längere Belichtungen gewöhnt ist, sollte auch diese blauen Sterne farbig nachweisen können.
Terzan 8 ist 85.000 Lichtjahre entfernt. Aus der Abb. 2 lässt sich eine Größe von 4,4´ bestimmen, was ca. 110 Lichtjahren entspricht. Mit V = 12,4 mag und einer Absoluthelligkeit von ebenfalls -5,05 mag ist Terzan 8 etwas lichtschwächer, zudem sinkt die zentrale Flächenhelligkeit wegen der größeren Fläche auf 22,8 mag pro Quadratbogensekunde. Terzan 8 ist visuell also ein Grenzobjekt. Dennoch können die hellsten Roten Riesen beobachtet werden, denn sie kommen laut FHD auf etwa V = 15 mag. Das ist aber dennoch nicht einfach, weil im umgebenden Feld auch zahlreiche helle Vordergrundsterne von 13, 14 und 15 mag vorkommen. Fotografisch ist Terzan 8 dagegen problemlos. Man sollte jedoch lange belichten, dann wird der KH richtig schön rund. Das FHD wurde bereits 1998 von P. Montegriffo et al. publiziert [9]. Die Gruppe fotometrierte Terzan 8 bereits im Sommer 1996 in den Bereichen V und I. Dazu arbeiteten sie am 3,5-m-NTT der ESO auf La Silla mit der Kamera EMMI, die mit dem Tektronix-Chip von 2048 x 2048 Pixeln ein Feld von 9´ x 9´ brachte. Typische V-Belichtungen lagen bei 40 Minuten. Laut FHD gibt es auch zahlreiche blaue Horizontalaststerne zwischen 18 und 19 mag. Terzan 8 stellte sich als ein metallarmer, alter KH heraus, so alt wie die typischen galaktischen KH.
Offensichtlich ist A. Terzan bei der ,,Entdeckung" von Terzan 11 ein Fehler unterlaufen. Dieser Haufen liegt (siehe Tab. 1) nur 5,4´ östlich und 38´´ südlich von Terzan 5. Ein solcher doppelter KH wäre auf den Aufnahmen klar zu sehen gewesen. Hier wird aber erkennbar, mit welchen Fehlern die damals fotografisch ermit-

Tabelle 1: Liste der Terzan-Haufen aus [4] mit Koordinaten 1950 (links). In der letzten Spalte steht der scheinbare Durchmesser in Bogensekunden. Im rechten Tabellenteil sind die Koordinaten 2000 aufgeführt. Terzan 11 ist identisch mit Terzan 5.

telten Positionsangaben behaftet waren. Terzan 5 und 11 sind identisch, das besagt die in diesem Heft immer wieder zitierte Kugelsternhaufenliste von Harris.
Literaturhinweise: [1] Terzan A.: Un nouvel amas globu-
laire dans la region du centre de la Voie lactee; C.R. Acad. Sci. Ser. B, 263, 221-222 (1966) [2] Terzan A.: Un nouvel amas globulaire dans la region centrale de la Galaxie; C.R. Acad. Sci. Ser. B, 265, 734-736 (1967) [3] Terzan A.: Six nouveaux amas stellaires (Terzan 3-8) dans la region du centre de la Voie lactee et les constellations du Scorpion et du Sagittaire; C.R. Acad. Sci. Ser. B, 267, 1245-1248 (1968) [4] Terzan A.: Quatre nouveaux amas stellaires dans la direction de la region centrale de la Galaxie; A&A 12, 477-481 (1971) [5] Cohen J.G.: Palomar 12 as a part of the Sagittarius stream: the evidence from abundance ratios; AJ 127, 1545-1554 (3/2004) [6] Buonanno R. et al.: Two young galactic globular clusters: Terzan 7 and Arp 2; ApJ 430, L121-L124 (7/1994) [7] Sbordone L. et al.: Family ties: Abundances in Terzan 7, a Sgr dSph globular cluster; A&A 437, 905910 (07/2005) [8] Buonanno R., Fusi Pecci F., Pulone L.: Terzan 7 : a new young galactic

globular cluster; Mem. Soc. Astron. Ital. 64, 597-599 (1993) [9] Montegriffo P. et al.: The globular cluster system of the Sagittarius dwarf spheroidal galaxy: the age of Terzan 8; MNRAS 294, 315-326 (1998)

Inserentenverzeichnis

APM Telescopes, Rehlingen

5

astronomie.de, Neunkirchen

73

Astrocom, Martinsried

19

Astro-Shop, Hamburg

U2

Astroshop.de nimax GmbH,

41

Landsberg

Baader Planetarium,

U4

Mammendorf

Euro EMC GmbH, Postau

93

Intercon Spacetec GmbH,

U3

Augsburg

Koring, Marocco

49

Kosmos Verlag, Stuttgart

63

Meade Instruments Europe,

47

Rhede

Gerd Neumann jr.

11

Optische Geräte Wolfgang Lille, 17 Heinbockel

Spektrum der Wissenschaft Ver- 21 lagsgesellschaft mbH, Heidelberg 43

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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

Klein, rund und plump!
von Evelyn Petkow

Von wegen alt! Unter den ,,Senioren" befinden sich echte Charakterköpfe. Die markanten Gesichtszüge sind schon mit moderater Teleskopöffnung und Vergrößerung zu erkennen. Meine Zeichnungen

entstanden an einem Schmidt-Cassegrain-Teleskop in Namibia (12", f/10) und meinem Reisedobson (8", f/4). Man sollte sich nicht scheuen, bei der Vergrößerung so richtig Gas zu geben. Das gilt übri-

gens auch für das Beobachten mit kleinerer Optik. Viele meiner hier vorgestellten Kugelsternhaufen sind am südlichen Sternenhimmel beheimatet.

1 Kugelhaufen M 75 (NGC 6864) im Sternbild Sagittari-
us, beobachtet am 2.9.2005 um 23:30 Uhr bei 160x, 8-ZollTeleskop mit f/4, Ort: Canadas del Teide, Teneriffa. Beobachtungsbedingungen: Bortle 4.

2 Kugelhaufen M 2 (NGC 7089) im Sternbild Aqua-
rius, beobachtet am 3.9.2005 um 0:00 Uhr bei 160x, 8-Zoll-Teleskop mit f/4, Ort: Canadas del Teide, Teneriffa. Beobachtungsbedingungen: Bortle 4-5

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3 Kugelhau-
fen M 54 (NGC 6715) im Sternbild Sagittarius, beobachtet am 7.6.2007 um 20:30 Uhr mit 20-mmOkular an einem 12-Zoll-Teleskop mit f/10. Beobachtungsbedingungen: Bortle 2, Seeing 3.

M 75, ein Objekt erster Klasse, befindet sich im Sternbild Schützen. Die unvorstellbare Masse von 500.000 Sonnen konzentriert sich auf einen Durchmesser von nur 80 Lichtjahren [1]. Da wird es im Inneren des Kugelsternhaufens ganz schön eng. Bei seiner erstaunlichen Distanz von 77.840 Lichtjahren [2] bleibt M 75 mit acht Zoll auch bei höherer Vergrößerung ein kleiner kompakter unaufgelöster Haufen. Der sehr helle, konzentrierte Kern ist das Markenzeichen von M 75. (Abb. 1)

M 2 im Wassermann ist ein wunderschönes Beispiel der Konzentrationsklasse 2. Er tanzt ein wenig aus der Reihe, denn er liegt nicht auf der galaktischen Ebene. 40.850 Lichtjahre [2] entfernt im Halo unserer Milchstraße gelegen, ver-

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

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sammeln sich in ihm 150.000 Sterne auf einem Durchmesser von 130 Lichtjahren (11,7·) [1]. Sein Zentrum ist sehr hell und konzentriert. Weiche Übergänge zum Rand hin bestimmen sein Erscheinungsbild. (Abb. 2)
M 54 im Schützen belegt Rang 3 in der Konzentrationsskala. 84.650 Lichtjahre trennen uns von ihm. Seine Ausdehnung

und kompakt wirken. So bleibt seine wahre Schönheit eher verborgen. Der visuelle Unterschied zu M 2 ist augenfällig. Der Kugelhaufen ist scharf begrenzt und bleibt grieselig. (Abb. 4)
NGC 5286 (Klasse 5) ist mit 8" ein gleichmäßig 9,1· großer verwaschener Ball. Besonders die Nähe eines 4,6 mag hellen orangefarbenen Sterns macht den An-

blick zu einem Augenschmaus besonderer Art. Mit einer Helligkeit von 7,2 mag ist dieser Haufen deshalb trotzdem ein schönes Objekt für kleinere Teleskope. Allerdings gelang es mir erst ab 88-fach unter besten Bedingungen, Einzelsterne zu erspähen. (Abb. 5)
NGC 6304 (Konzentrationsklasse 6) im Ophiuchus ähnelt im Durchmesser (3,8·)

4 Kugelhaufen NGC 6229 im Sternbild Hercules, be-
obachtet am 12.5.2007 um 02:05 Uhr mit 20-mm-Okular an einem 12-Zoll-Teleskop mit f/10. Beobachtungsbedingungen: Mondlicht, Bortle 3, Seeing 3.

5 Kugelhaufen NGC 5286 im Sternbild Centaurus, beob-
achtet am 17.6.2006 um 21:35 Uhr bei 88x, 8-Zoll-Teleskop mit f/4, Ort: Namibia. Beobachtungsbedingungen: Bortle 2-3.

von 12· entspricht in etwa einem Durchmesser von immerhin 300 Lichtjahren [2], dem drittgrößten nach Omega Centauri und NGC 2419. Der Außenbereich des Haufens ist visuell klar von seinem hellen großen Kern getrennt, der selbst mit 12" Öffnung granuliert bleibt. Am südöstlichen Rand seines Halos ist ein schwächerer Stern (12 mag). (Abb. 3)
Einen gänzlich anderen Eindruck hinterlässt NGC 6229 (Klasse 4) im Sternbild Herkules. Er besitzt eine Masse von einer halben Million Sonnen [1]. Bei einer Distanz von 100.000 Lichtjahren (nur 13 Kugelsternhaufen sind mehr als 80.000 Lichtjahre vom Zentrum unserer Galaxie entfernt!) kann er bei seiner Größe von nur 3,8· (110 Lj.) im Teleskop auch bei mittlerer Vergrößerung allenfalls klein

6 Kugelhaufen
NGC 6304 im Sternbild Ophiuchus, beobachtet am 26.6.2006 um 0:00 Uhr bei 115x, 12-Zoll-Teleskop mit f/10. Ort: Namibia, Beobachtungsbedingungen: Bortle 3.

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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

7 Kugelhaufen NGC 5986 im Sternbild Lupus, beobach-
tet am 21.6.2006 um 23:15 Uhr bei 115x, 12-Zoll-Teleskop mit f/10. Ort: Namibia, Beobachtungsbedingungen: Bortle 2.

8 Kugelhaufen NGC 4833 im Sternbild Musca, beobach-
tet am 13.4.2007 um 21:00 Uhr mit 32-mm-Okular an einem 12-Zoll-Teleskop mit f/10. Beobachtungsbedingungen: Bortle 3, Seeing 3, Kommentar: erscheint zur Hälfte abgedimmt.

9 Kugelhaufen NGC 6712 im Sternbild Scutum, beobach-
tet am 14.5.2007 um 1:15 Uhr mit 26-mm-Okular an einem 12-Zoll-Teleskop mit f/10. Beobachtungsbedingungen: Bortle 2-3, Seeing 2-3.

10 Kugelhaufen NGC 6101 im Sternbild Apus, beobach-
tet am 21.4.2007 um 23:10 Uhr mit 32-mm-Okular an einem 12-Zoll-Teleskop mit f/10. Beobachtungsbedingungen: Bortle 2-3, Seeing 3, Kommentar: erscheint großflächig, konzentriert.

NGC 6229. Er hat eine Masse von ,,nur" 200.000 Sonnen [1] und ist mit 20.000 Lichtjahren wesentlich näher gelegen. Dieses ,,Stecknadelkissen" besticht durch seine Luftigkeit. Mit 12 Zoll sind nicht nur im Randbereich erste Einzelsterne zu
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erkennen. Auch im Kernbereich flackern immer wieder Sternpünktchen auf. Dieser Haufen lädt zum Verweilen ein. (Abb. 6)
Tief im Süden, im Sternbild Wolf, ist der 9,8· großer Haufen NGC 5986 gelegen.

Dass dieser Kugelhaufen der Konzentrationsklasse 7 angehört, macht sich durch sein gering konzentriertes Zentrum bemerkbar. Er ist in einem wunderschönen Sternenfeld eingebettet. Bei 115-fach kann man den Randbereich relativ leicht

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

57

11 Kugelhaufen NGC 6553 im Sternbild Sagittarius, be-
obachtet am 22.5.2007 um 23:25 Uhr mit 26-mm-Okular an einem 12-Zoll-Teleskop mit f/10. Beobachtungsbedingungen: Bortle 3, Seeing 5.

12 Kugelhaufen NGC 5466 im Sternbild Bootes, beobach-
tet am 7.5.2008 um 23:28 Uhr mit 13-mm-Okular an einem 8-Zoll-Teleskop mit f/4, Ort: Riederau. Beobachtungsbedingungen: Bortle 3-4, Seeing 2-3.

anlösen, ein 12 mag heller ,,Schönheitsfleck" sticht als Stern am südöstlichen Randbereich ins Auge. (Abb. 7)
NGC 4833 bietet dem Betrachter einen beeindruckenden Anblick! Das liegt auch an seiner stattlichen Größe von 14· [1]. Sein Erscheinungsbild (Klasse 8) ist sehr gleichmäßig. Keine Konzentration zum Zentrum hin ist zu erkennen. Teilbereiche wirken wie gedimmt. Tentakeln gleich greifen feingliedrige Sternenketten tief in den Raum hinein. Am nördlichen Randbereich funkelt ein 8,6 mag heller Vordergrundstern. NGC 4833 gehört zu den Objekten, die einen in ihren Bann ziehen können. (Abb. 8)
Man nimmt an, dass NGC 6712 (Klasse 9) einst zu den massereichsten Kugelhaufen unserer Galaxie gehörte. Von den ursprünglich 10 bis 20 Millionen Sonnen sind ihm nur noch magere 200.000 geblieben [1]. Die Entfernung beträgt ungefähr 25.000 Lichtjahre. Bei ihm muss man schon etwas genauer hinschauen. Das umgebende Milchstraßengebiet stiehlt dem Haufen ein wenig die Schau. Andererseits finde ich den Kontrast zwischen den hellen Sternen und dem schwach schimmernden Kugelsternhaufen beson-

ders reizvoll. Er scheint wie eine Feder im Raum zu schweben. (Abb. 9)
Im Paradiesvogel liegt das Prachtstück NGC 6101. Er belegt Rang 10 in der Konzentrationsskala. Er ist nicht konzentriert und in seiner Form unregelmäßig. Mit 115-fach ist dieser stattliche Kugelsternhaufen recht leicht anzulösen, südöstlich von ihm befindet sich ein 6,7 mag heller Stern. (Abb. 10)
Das Sternbild Schütze bietet dem Betrachter reiche Ausbeute an Kugelsternhaufen. NGC 6553, nur 18.000 Lichtjahre entfernt, ist im ,,Bulge", dem Zentralbereich der Galaxie, gelegen. So liegen viel Staub und Gas zwischen ihm und uns. Auf einem Durchmesser von knappen 20 Lichtjahren [1] ballt sich eine Masse von ca. 250.000 Sonnen. Mit 12" erscheint NGC 6553 (Klasse 11) ausgesprochen gleichmäßig und ohne Helligkeitsanstieg zum Zentrum. Winzige Sternpünktchen blitzen auf. Manche formieren sich zu Linien oder Bögen. (Abb. 11)
Mit NGC 5466 (Klasse 12) im Sternbild Bootes ist das Dutzend endlich voll. Für die Umrundung unserer Galaxie braucht dieser ,,schräge Vogel" auf seiner unre-

gelmäßigen Bahn eine Milliarde Jahre [1]. Bei seiner stattlichen Entfernung von 55.000 Lichtjahren bringt er es immerhin noch auf einen Durchmesser von 9.2· . Nur 10,8 mag hell ist dieser Kugelsternhaufen. Das schwache Schimmern und Glimmen von vielen Sternenpünktchen, wie im 8" Dobson zu erkennen, lässt ihn als ,,zarte Persönlichkeit", erahnen. (Abb. 12)
Literaturhinweise: [1] W.H. Finaly; Concise Catalog of
Deep-Sky Objekts; Springer-Verlag 2003 [2] Ronald Stoyan; Atlas der MessierObjekte; Oculum-Verlag 2006 [3] George Robert Kepple & Glen W. Sanner; The Night Sky Observer Sky; Volume 2 (2005) & Volume 3 (2008); Willman-Bell,Inc.
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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

AM 4 - ,,Astro-Krimi" mit einem Kugelsternhaufen
von Hans G. Diederich

AM 4 (Arp-Madore 4) ist einer der kleinsten und schwächsten Kugelsternhaufen (KH) unserer Galaxis und ein extremes Objekt. Das zeigt sich bereits beim Aufsuchen. Die Ergebnisse aus zwei Beobachtungen werden präsentiert und eine Vermutung zu seiner möglicherweise extragalaktischen Herkunft geäußert.

Astro-Krimi und die erste Beobachtung AM 4 ist ein sehr schwacher KH im Sternbild Hydra. Am 18.04.2001 war ich ihm mit einem 12-Zoll-SCT und einer ST8-Kamera (Integrationszeit ca. 5.000 s, bin3-Modus) zu Leibe gerückt, erlebte aber eine große Enttäuschung, als an der von Guide 7 gezeigten Position nichts zu sehen war. Diese Aufnahme ist die Grundlage der Abbildung 1, welche weiter unten erläutert wird. Also musste nun recherchiert werden. In [1] fand sich eine Aufnahme, die ich allerdings nicht zuordnen konnte. Die astronomische Datenbank SIMBAD [2] führte AM 4 unter der anderen Katalognummer C 1353-269 und gab als Position an:

·

· 2000 =13 h 55 min 50 s

·

· 2000 = -27 Grad 10´ 22"

Diese Position (inzwischen jedoch korrigiert) liegt 7` westlich der in Guide angegebenen. In meiner ersten Aufnahme war AM 4 also knapp verfehlt worden, folgerte ich voreilig. Ich dachte schon ans erneute Zentrieren, als mir eine ältere Unterlage in die Hände fiel, wonach Guide doch die richtige Position zeigte. Dann musste aber die von SIMBAD falsch sein. Trotzdem war an der jetzt als richtig erkannten Position immer noch nichts zu sehen.

1 AM 4 in einer Aufnahme vom 18.04.2001 (12-Zoll-SCT, SBIG ST-8, 3-fach-
Binning, Integrationszeit ca. 5.000 s). Vom KH ist nichts zu sehen. Erst beim Histogrammstrecken der FITS-Version dieser Abbildung (bis in den flockig-rauschigen Hintergrund hinein) wurden maximal vier Sterne von AM 4 sichtbar, welche sich als Mitglieder des KH identifizieren ließen. Die ,,150" markiert einen Vergleichsstern der Helligkeit 15,0 mag.

Sternen um 15 mag." Wenn einem visuellen Beobachter das gelingt, dann dürfen doch 5.000 s kein schlechteres Ergebnis bringen! Diese vermeintliche visuelle Beobachtung wurde aber inzwischen revidiert. Offenbar hatte der Sternfreund aufgrund von falschen Koordinaten

woanders hingeschaut. Er war offenbar an denselben Katalogfehlern gescheitert, mit denen auch ich (zunächst) zu kämpfen hatte. Zurück in der Heimat stellte ich in der Deepsky-Mailingliste die Frage, was mit den Koordinaten von AM 4 los sei. Jens Bohle und Wolfgang Steinicke

Und das war höchst irritierend, denn ein visuell Beobachtender hatte auf seiner Website geschrieben: ,,Meine Beobachtungen zeigen, dass AM 4 viel heller ist, als es die Daten mit oberhalb von 15,9 mag nahe legen. Ich schätze seine Magnitude nahe bei 14, mit den helleren
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2 AM 4 ist hier gut sichtbar in drei verschieden tiefen Streckstufen dargestellt.
Die Aufnahme entstand am 20.04.2004 (C14, ST-1001E, ohne Binning, Integrationszeit 9.900 s). Es dürfte interessant sein, den in Abb. 1 mit ,,150" markierten Stern zu identifizieren und hiermit auf die geringe Helligkeit der Sterne des KH zu schließen.

Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

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halfen mir weiter. Von Jens stammte die folgende Positionsangabe, welche sich deutlich von den SIMBAD-Koordinaten unterscheidet:

·

· 2000 = 13 h 56 min 21.2 s

·

· 2000 = -27 Grad 10´ 04".

Wolfgang klärte mich schließlich auf, dass die falsche SIMBAD-Position auf der bereits falschen Position in der Entdecker-Arbeit von Madore und Arp beruhe [3] und dass sich dieser Fehler in den Folgekatalogen fortgepflanzt habe. Die Daten wurden einfach ohne Überprüfung übernommen.

Abbildung 1 veranschaulicht die Situation. In die eigene Aufnahme wurde das KH-Symbol aus Guide eingezeichnet und ein Vergleichsstern mit seiner Helligkeit markiert (15,0 mag). Von AM 4 ist nichts zu sehen. Erst beim Histogrammstrecken der FITS-Version dieser Abbildung (bis in den flockig-rauschigen Hintergrund hinein) werden maximal vier Sterne von AM 4 sicht- und als Mitglieder des KH identifizierbar.

Weitere Daten zu AM 4 An dieser Stelle sollen einige Eigenschaften von AM 4 zusammengefasst werden:

- absolute Helligkeit -1,70 mag - scheinbarer Durchmesser 1` - Entfernung 30,3 kpc (33 kpc) - Alter 9 bis 10 Milliarden Jahre - Gesamtmasse zwischen 400 und 700
Sonnenmassen - schwächster und masseärmster KH
des galaktischen Halos - der hellste seiner Sterne hat 20 mag - es gibt scheinbar keine Riesensterne
mehr - galaktozentrische Distanz 25,5 kpc

Die zweite Beobachtung Mit maximal vier sichtbaren Sternen im verrauschten Hintergrund war die Ausbeute ,,etwas dünn" gewesen. Schließlich hatte ich ja eine Anhäufung von mehreren Sternen erwartet und war nun enttäuscht. Da AM 4 aber gerade durch seine geringe Helligkeit, geringe Masse (bzw. auch Sternanzahl) und große Entfernung interessant ist, wurde drei Jahre später ein neuer Versuch unternommen. Und diesmal ging es nun richtig tief hinunter. Abbildung 2 zeigt denselben Bild-

3 Aufnahme aus dem Originalartikel von [3]. Es handelt sich um eine Repro-
duktion aus dem ESO/SRC Southern Sky Survey, gewonnen auf IIIaJ-Platten. Die Grenzhelligkeit beträgt 23 mag im Blauen. Copyright (C) 1980 by Photolabs Royal Observatory, Edinburgh. Der rot eingezeichnete Balken ist 2´ lang.

ausschnitt verschieden tief gestreckt und nebeneinander montiert. Beim noch tieferen Histogrammstrecken der FITS-Version dieser Aufnahme ließen sich etwa 45 Sterne von AM 4 identifizieren.
Ein Kugelsternhaufen der Sagittarius-Zwerggalaxie? Der Autor von [1] erinnert daran, dass in den letzten Jahren mehrere KH der Milchstraße als ursprünglich zur Sagittarius-Zwerggalaxie (Sgr dSph) gehörend erkannt wurden. Diese früher selbstständige Zwerggalaxie wird inzwischen von der Milchstraße auseinander gerissen und einverleibt (,,Kannibalismus"). Jeder erfolgreiche Teilnehmer am MessierMarathon hat das Zentrum der Sgr dSph bereits beobachtet, nämlich den Kugelsternhaufen M 54.

AM 4 ist ein lockerer und schwacher Sterncluster, welcher von H.C. Arp und B. F. Madore (daher das Kürzel AM 4) entdeckt wurde [3]. Die Autoren schätzten zunächst in Unkenntnis heutiger Fakten eine beeindruckende Entfernung von 200 Kiloparsec ab. Etwas später untersuchten R.T. Inman und B.W. Carney AM 4 fotometrisch [4]. Ihre Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass AM 4 erheblich näher sein muss. Verliert der KH dadurch vielleicht an Exotik, so wird er dennoch um keinen Deut leichter zu beobachten. Früher konnte auch gelesen werden, dass AM 4 wahrscheinlich ein alter und metallarmer KH sei. Und mit diesen Vermutungen blieb AM 4 fast 21 Jahre von der Fachastronomie unbehelligt, nicht aber von uns Amateuren ;-)
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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

2009 gab es dann mit [1] endlich eine neue Arbeit. Carraro (2009) untersuchte alle 79 Sterne im Umkreis von 1,8` um die Position Rekt. = 13 h 56 min 21,7 s, Dekl. = -27 Grad 10´ 03" mit einem Farbenhelligkeitsdiagramm. AM 4 fehlt die sonst bei KH übliche Symmetrie. Das galaktische Potenzial zerrt an ihm und wird zur vollständigen Zerstörung des KH führen. Diese starke Gezeitenwirkung erklärt auch die auffallend lockere Sternverteilung.
Sein für KH relativ geringes Alter legt nahe, dass AM 4 bei der Zerstörung eines Satelliten der Milchstraße entstand. Die Sagittarius-Zwerggalaxie kommt möglicherweise als Muttergalaxie in Frage, da einige der Eigenschaften von AM 4 mit dieser Herkunft kompatibel sein könnten. Auch würde er von der Entfernung her leidlich zum Sternstrom der Sgr dSph passen.

Eine dritte Beobachtung ist fällig Heute überlege ich mir, ob ich es nicht noch ein drittes Mal versuchen sollte: mit einem noch größeren Instrument, mit ,,adaptiver Optik", mit drei bis vier Stunden Integrationszeit, bestens fokussiert und bei wirklich gutem Seeing. Eine gute Vorlage würde dazu die originale Entdeckungsaufnahme von Madore und Arp bieten (Abb. 3).
Vielleicht motiviert euch diese kleine Geschichte, noch andere schwierige KH aufzunehmen. Es gibt mehrere Kataloge mit solchen Objekten. Nicht immer wird sich sofort ein Spitzenfoto als erstes Ergebnis einstellen. Nicht immer sollte auch irgendwelchen Koordinaten blindlings vertraut werden. Damit sind diese KH wahrlich keine ,,Anfängerobjekte". Aber wer Kugelsternhaufen in der ganzen Vielfalt ihrer Erscheinungen und Eigenschaften beobachten und verstehen

will, für den führt kein Weg an diesen extremen Objekten vorbei. Irgendwann holen sie einen ...
Literaturhinweise: [1] Carraro G.: The Globular Cluster
AM 4: Yet Another Young Globular Associated with the Sgr Dwarf Spheroidal Galaxy? AJ 137, 3809 (2009) [2] http://simweb.u-strasbg.fr/simbad/ sim-fid (03.02.2010) [3] Madore B.F., Arp H.C.: A distant star cluster in Hydra, AM-4; PASP 94, 40-42 (1982) [4] Inman R.T., Carney B.W.: AM-4: The poorest globular cluster? AJ 93, 1166-1171 (1987)

Veränderliche in M 5
von Bernhard Hubl

Normalerweise beschäftigen sich Astrofotografen selten mit veränderlichen Sternen und überlassen diese Objektklasse lieber den Veränderlichen-Beobachtern. Die Objektklasse der Kugelsternhaufen bietet dem Astrofotografen aber die einmalige Gelegenheit, mit geringem Aufwand die Variabilität einer großen Anzahl von Sternen fotografisch zu dokumentieren. Dies soll in diesem Bericht anhand des Kugelsternhaufens M 5 aufgezeigt werden.
Der Kugelsternhaufen M 5 M 5 wurde von Gottfried und Maria Kirch im Jahr 1702 entdeckt und von Charles Messier im Jahr 1764 in dessen Katalog aufgenommen. Mit einer V-Helligkeit von 5,7 mag zählt M 5 zu den helleren Vertretern seiner Objektklasse und ist somit auch an Standorten mit erhöhter Lichtverschmutzung ein dankbares Objekt. In Tabelle 1 sind einige Eigenschaften des Kugelsternhaufens M 5 zusammengestellt. Er ist mit 400.000 Sonnenmassen [1] ein massereicher Kugelsternhaufen. Die Dichte im Kernbereich ist jedoch mit 10.000 Sonnenmassen pro Kubikparsec [1] moderat. Da M 5 mit einer
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Entfernung von 24.500 Lichtjahren [2] für einen Kugelsternhaufen nicht allzu weit entfernt ist, ergibt sich daraus eine mittlere Konzentration (Typ V). Auch in der Forschung ist M 5 ein beliebtes Objekt, weil es aufgrund der hohen galaktischen Breite wenig störende Feldsterne

gibt und die interstellare Verfärbung mit E(B-V) = 0,03 mag [2] sehr gering ist. Der mittlere Farbindex B-V liegt bei 0,72 mag [2], womit uns M 5 im Mittel weiß erscheint. Das ist auch im Farbenhelligkeitsdiagramm (FHD) deutlich erkennbar (Abb. 1).

Eigenschaften von M 5 = NGC 5904

Parameter RA(2000) DE(2000) L B Sternbild Durchmesser Klasse RSun E(B-V) VHB
Vt
B-V [Fe/H]

Wert 15h 18m 33,8s +02 Grad 04´ 58´´ 3,86 Grad 46,80 Grad Serpens 20' V 7,5 kpc 0,03 mag 15,07 mag
5,65 mag
0,72 mag -1,27

Bemerkung
Galaktische Länge Galaktische Breite
Entfernung zur Sonne Farb-Exzess V-Helligkeit von Sternen am Horizontal-Ast (horizontal branch) bzw. von RR-Lyrae-Sternen Integrierte V-Helligkeit des Kugelsternhaufens Integrierter Farbindex Metallizität

Quelle [2] [2] [2] [2] [8] [8] [8] [2] [2] [2]
[2]
[2] [2]

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1 Farbenhelligkeitsdiagramm von
M 5 nach [10], grafisch überarbeitet. Statt der Filterbereiche B und V gelten hier die für das Hubble Space Telescope typischen Filterbereiche F439W (Blau) und F555W (Grün).
2 M 5; LRGB-Bild, L: 38 x 2 min,
R: 9 x 5 min, G: 9 x 5 min, B: 9 x 5 min, ohne Binning, Gesamtbelichtungszeit 3h 31 min.

M 5 unterscheidet sich von anderen Kugelsternhaufen durch einen außergewöhnlichen Orbit um das Zentrum unserer Milchstraße [3]. Die sehr exzentrische Bahn führt ihn weit weg von der Ebene der Milchstraße. Derzeit hat er eine der höchsten gemessenen Raumgeschwindigkeiten eines Kugelsternhaufens. Vermutlich ist M 5 ein Kugelsternhaufen des äußeren Halos, der nur ,,kurze" Zeit im inneren Halo zu Gast ist. Es ist derzeit unklar, wie diese ungewöhnliche Bahn die Eigenschaften von M 5 beeinflusst.
Gewinnung der Aufnahmen von M 5 Bei der Fotografie von Kugelsternhaufen spielt die Auflösung des Bildes aufgrund der hohen Sterndichte eine entscheidende Rolle. Daher achte ich bei der Gewinnung der Rohdaten auf eine sorgfältige Kollimation des Teleskops und nutze nur Nächte mit gutem Seeing. Aufgrund der hohen Sterndichte kommen sowohl für die Luminanz als auch für die Farbe nur ungebinnte Aufnahmen in Frage. Weiters kann durch den Einsatz der so genannten ,,Dither-Methode" (bewusster Versatz der Einzelaufnahmen) ein weiterer Auf-

lösungsgewinn erzielt werden, wenn der Pixel-Versatz nicht ganzzahlig gewählt wird und die Einzelaufnahmen vor der Registrierung auf doppelte Pixelgröße hochgerechnet werden. Diese Vorgangsweise wird im Jargon der Astrofotografen auch oft ,,Drizzle-Methode" genannt, welche ideal für Kugelsternhaufen geeignet ist, weil bei dieser Objektklasse das Signal-zu-Rausch-Verhältnis in der Regel sehr gut ist. Schließlich ist noch zu beachten, dass die Einzelbelichtungszeiten nicht zu hoch gewählt werden, damit die helleren Sterne des Kugelsternhaufens nicht in die Sättigung laufen. Abbildung 2 zeigt eine Aufnahme von M 5, die unter Beachtung oben angeführter Tipps mit einem Newton-Teleskop mit 12" Öffnung bei 1120 mm Brennweite von meiner Gartensternwarte in Nussbach (Österreich) aus gewonnen wurde. Die Gesamtbelichtungszeit beträgt 3 h 31 min und teilt sich wie folgt auf: - Luminanz: 38 x 2 min unter Verwen-
dung einer Dither-Schrittweite von 1,2 Pixel - Farbe: 9 x 5 min für jeden Farbkanal ohne Binning.

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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

3 RR-Lyrae-Stern V18 am 23.5.2009 (links) sowie am 25.5.2009 (rechts);
jeweils RGB-Bild mit R: 1 x 5 min, G: 1 x 5 min, B: 1 x 5 min.

Die Farbkalibrierung wurde anhand der sehr genauen SDSS-Photometriedaten durchgeführt. Diese Methode ist sehr ähnlich zur G2-Stern-Kalibrierung, die ausführlich von Harald Tomsik und Peter Riepe beschrieben wird [4]. Dabei werden zur Identifizierung von weißen, nicht gesättigten Sternen zwei Farbindizes des SDSS-ugriz-Filtersystems herangezogen, wobei (u-g) um 1,43 mag und (g-r) um 0,44 mag liegen sollten. Die Sternfarben in Abb. 2 zeigen eine gute Übereinstimmung mit dem FHD. Die hellsten Sterne von M 5 sind eindeutig rötlich (Roter-Riesen-Ast im FHD). Etwas schwächer sind die bläulichen Sterne des Horizontalastes. Alle schwächeren Sterne erscheinen im Wesentlichen weiß.
Die Rohdaten für die Aufnahme von M 5 konnten aufgrund von aufziehenden Wolken nicht in einer Nacht fertig gestellt werden. Somit war es erforderlich, zwei Tage später die restlichen Rohdaten zu gewinnen. Bei der sorgfältigen Begutachtung der Einzelaufnahmen ist mir aufgefallen, dass sich die Helligkeiten von einigen Sternen merkbar verändert hatten. Das hat mein Interesse geweckt und so habe ich mich etwas genauer mit dem Thema Veränderliche beschäftigt, mit dem ich als eingefleischter Astrofotograf normalerweise ,,wenig am Hut" habe.
Veränderliche Sterne in M 5 M 5 wird auf der nördlichen Himmelskugel nur von M 3 bezüglich der Anzahl von veränderlichen Sternen übertroffen [5]. Die ersten veränderlichen Sterne in diesem Kugelsternhaufen wurden bereits
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im Jahr 1890 von A. Common entdeckt [6]. In [5] findet man eine Liste von 143 Veränderlichen bzw. vermuteten Veränderlichen in M 5. Der Großteil dieser veränderlichen Sterne (ca. 120) gehört der bei Kugelsternhaufen häufig anzutreffenden Klasse der RR-Lyrae-Sterne an.
RR-Lyrae-Sterne gehören so wie die bekannteren Cepheiden zur Klasse der Pulsationsveränderlichen. Bei diesem Veränderlichentyp verändern sich die Leuchtkraft, die Oberflächentemperatur und die Spektralklasse periodisch durch Pulsieren der äußeren Schichten. Die Helligkeitsamplitude liegt sowohl bei den RR-Lyrae-Sternen als auch bei den Cepheiden zwischen 0,1 mag und 2 mag, doch die RR-Lyrae-Sterne schwingen mit Perioden zwischen 0,2 und 1,2 Tagen schneller als die Cepheiden, bei denen die Periodendauer zwischen 1 und 50 Tagen liegt. Die RR-Lyrae-Sterne zeichnen sich durch ein besonderes Phänomen aus, das zuerst von Sergei N. Blashko im Jahr 1907 beobachtet wurde: Die Amplitude und die Periode der Lichtkurve kann wiederum periodisch veränderlich sein. Der Blashko-Effekt erklärt sich dadurch, dass der Grundperiode der Pulsation Schwingungen mit wesentlich größerer Periode, aber geringerer Amplitude überlagert sind. Die Entstehung dieser zusätzlichen Schwingungen ist weitgehend unbekannt und daher sind RR-Lyrae-Sterne eine Objektklasse, an der intensiv geforscht wird [7].
RR-Lyrae-Sterne sind alte, entwickelte Sterne. Im Hertzsprung-Russell-Diagramm sind sie auf dem Horizontalast

zu finden. Somit liegt die V-Helligkeit der RR-Lyrae-Sterne in M 5 im Bereich von 15 mag (siehe VHB in Tab. 1). Daher können sie ohne großen Aufwand von Astrofotografen erfasst werden. Kennt man die Periode eines RR-Lyrae-Sterns, dann lässt sich aufgrund der PeriodenLeuchtkraft-Beziehung die absolute Helligkeit des Sterns errechnen und daraus bei bekannter scheinbarer Helligkeit wiederum die Entfernung bestimmen. Aus diesem Grund werden RR-Lyrae-Sterne sehr häufig dazu verwendet, um die Entfernung zu alten Sternpopulationen sowohl in unserer Milchstraße als auch in der Lokalen Gruppe zu bestimmen. Diese Methode der Entfernungsbestimmung wird somit nicht nur bei Kugelsternhaufen eingesetzt, sondern auch beim Galaktischen Zentrum, bei den Magellanschen Wolken, bei den sphäroiden Zwerggalaxien, die unsere Milchstraße begleiten, als auch bei M 31 sowie M 33 und deren Begleitergalaxien [8]. Daher ist eine genaue Kalibrierung der absoluten Helligkeit von RR-Lyrae Sternen sehr wichtig für viele Bereiche der Astronomie. M 5 ist der ideale Kandidat für eine solche Kalibrierung, weil die Entfernung sehr klein ist, die interstellare Verfärbung sehr gering ist und M 5 reich an RR-LyraeSternen ist. Zum Beispiel kann durch eine genaue fotometrische Vermessung von Sternen der Hauptreihe sowie von Weißen Zwergen auf die Entfernung von M 5 geschlossen werden und bei gleichzeitiger Messung der scheinbaren Helligkeit der RR-Lyrae-Sterne deren absolute Helligkeit bestimmt werden. Dieses Thema ist der Forschung so wichtig, dass dafür auch reichlich Belichtungszeit des Hubble Space Telescopes für eine detaillierte fotometrische Vermessung von M 5 investiert wurde [8].
Was heißt das nun für Amateur-Aufnahmen von Kugelsternhaufen? Alle helleren Kugelsternhaufen enthalten RRLyrae-Sterne, manche mehr wie M 3 oder M 5, andere weniger. Die Entfernung von M 5 ist nicht untypisch für einen helleren Kugelsternhaufen. Somit liegt die Helligkeit der RR-Lyrae-Sterne bei den prominenteren Vertretern der Kugelsternhaufen im Bereich um 15 mag. Meist ist eine Unterklasse der RR-Lyrae-Sterne, die so genannten RRab-Sterne, mit einem steilen Anstieg der Helligkeit und mit Amplituden zwischen 1 und 2 mag am

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häufigsten anzutreffen. Die Periode von RRab-Sternen liegt im Durchschnitt bei etwa zwölf Stunden. Somit sollte sich die Variabilität von einigen der im Kugelsternhaufen enthaltenen RR-Lyrae-Sterne innerhalb eines Zeitraums von mehreren Stunden astrofotografisch einfach nachweisen lassen. Liegen ein oder zwei Tage (wie bei meinen Rohdaten von M 5) zwischen den Einzelaufnahmen, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass viele RR-Lyrae-Sterne erkennbar sind.

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Mit diesem Hintergrundwissen wird auch das Phänomen der ,,grünen Sterne", welches von Zeit zu Zeit in diversen Internetforen immer wieder diskutiert wird, verständlich: Wenn die Farb-Einzelaufnahmen eines Kugelsternhaufens in einem gewissen zeitlichen Abstand gewonnen werden (zum Beispiel aufgrund des Einsatzes einer manuell zu betätigenden Filterschublade), dann kann es vorkommen, dass einzelne RR-Lyrae-Sterne zufällig bei der Gewinnung der GrünAufnahmen im Maximum sind und bei den Rot- und Blau-Aufnahmen schwächer sind. Das Ergebnis sind grünliche Sterne im Endbild. Ein ständiger Wechsel der Farbfilter mit Hilfe eines Filterrades

4 Lichtkurve des RR-Lyrae-Sterns V18, entnommen [11].

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Schwerpunktthema Kugelsternhaufen

während der Aufnahmeserie ist der beste Weg, um dieses Problem zu umgehen.
Wenden wir uns nun wieder der Aufnahme von M 5 zu. Um die Variabilität der RR-Lyrae-Sterne bestmöglich darzustellen, habe ich zwei separate Farbbilder erstellt. Das erste Farbbild verwendet jeweils eine R-Aufnahme, eine G-Aufnahme und eine B-Aufnahme mit fünf Minuten Belichtungszeit, welche am 23.5.2009 hintereinander gewonnen wurden. Analog wurde das zweite Farbbild erstellt, jedoch wurden die Rohdaten zwei Tage später gewonnen. Beide Bilder wurden mittels SDSS farbkalibriert und möglichst gleich in der Helligkeit skaliert, damit eine direkte Vergleichbarkeit gegeben ist. Aus diesen beiden Aufnahmen wurde schließlich eine Animation erstellt, die auf der Homepage des Autors [9] betrachtet werden kann. In der Animation kann man ohne Schwierigkeiten etwa 50 RR-Lyrae-Sterne ausmachen. Dabei fällt auf, dass die Veränderlichen im Maximum deutlich bläulicher erscheinen als im Minimum. Auch das ist ein realer Effekt, wie das Beispiel des RR-Lyrae-Sterns V18 = Kust 978 zeigt:

Abbildung 3 stellt eine Ausschnittsvergrößerung der M 5-Aufnahme dar, wobei der Stern V18 markiert ist. Die linke Aufnahme entstand am 23.5.2009, während die rechte Aufnahme zwei Tage später gewonnen wurde. Sowohl der Helligkeitsunterschied als auch die veränderte Farbe sind gut erkennbar. Betrachtet man die Lichtkurve in Abbildung 4, dann wird klar, dass V18 bläulicher wird, wenn seine Helligkeit in die Nähe des Maximums gelangt. Der Farbindex B-V ändert sich vom Minimum zum Maximum um 0,3 mag in Richtung Blau. Somit kann man mit relativ bescheidener Belichtungszeit (in diesem Fall 2 x 15 Minuten) bereits eine Menge über Veränderliche in Kugelsternhaufen lernen.
Literaturhinweise: [1] Pryor, C. & Meylan, G. (1993) in
ASP Conf. Ser. 50, Structure and Dynamics of Globular Clusters, ed. S.G. Djorgovski & G. Meylan (San Francisco: ASP), 357 [2] Harris, W.E. 1996, Catalog of parameters for milky way globular clusters, AJ 112, 1487. Revision 2003: http://physwww.physics.mcmaster.

ca/~harris/mwgc.dat [3] Cudworth, K.M. & Hanson, R.B.
1993, Space velocities of 14 globular clusters, AJ 105, 168-172 [4] Tomsik, H. & Riepe, P., VdS-Journal Nr. 26, 50-53 (II/2008) [5] Evstigneeva, N.M. et al 1995, Identification and Positions of Variable Stars in the Globular Cluster M5=NGC5904, Astronomy Letters 21, 451-456 [6] Common, A.A., MNRAS 50, 517 [7] Guggenberger, E. & Kolenberg, K. 2007, Das 100-jährige Rätsel der RR-Lyrae-Sterne, Sterne und Weltraum 7/2007, S. 38-43 [8] Layden, A.C. et al 2005, Deep photometry of the globular cluster M5, ApJ 632, 266-276 [9] www.astrophoton.com/M005.htm [10] Piotto, G. et al.: HST color-magnitude diagrams of 74 galactic globular clusters in the HST F439W and F555W bands; A&A 391, 945965 (9/2002) [11] Storm, J. et al. 1991, BV photometry of RR Lyrae variables in the globular cluster M5, PASP 103, 1264-1278

Eine Datenbank zu Kugelsternhaufen
von Peter Riepe
Viele Amateure sind nicht nur an eigenen Aufnahmen und Beobachtungsergebnissen interessiert, sondern auch an astrophysikalischen Daten zu ihrem Beobachtungsobjekt. Wenn es um Daten zu Kugelsternhaufen geht, liefert die folgende Quelle sehr nützliche Informationen. Es handelt sich um eine dreiteilige Datenbank, die 1996 eingerichtet wurde von:
Harris W.E.: A catalog of parameters for globular clusters on the Milky Way; Astronomical Journal 112, 1487 (1996)
Diese Datensammlung wird seitdem von Zeit zu Zeit auf den neuesten Stand gebracht. Die letzte Aktualisierung von 2003 ist zu finden auf:
http://www.physics.mcmaster.ca/Globular.html
Aufgelistet werden die Katalognummern bzw. Objektnamen, galaktische und äquatoriale Koordinaten (2000.0), die heliozentrische Entfernung (von der Sonne), die galaktozentrische Entfernung (vom Milchstraßenzentrum), der Entfernungsmodul, die absolute visuelle Helligkeit, die scheinbare visuelle Helligkeit, die scheinbare visuelle Helligkeit der Horizontalaststerne, verschiedene Farbindizes (z.B. B-V und V-I), der Farbexzess (interstellare Rötung), die Häufigkeit von RR-Lyrae-Sternen, der integrale Spektraltyp, der Kernradius, der Gezeitenradius, die zentrale Konzentration, die zentrale Flächenhelligkeit, die Exzentrizität sowie verschiedene dynamische Größen.
Diese Kugelsternhaufendatei kann auch als pdf-Datei heruntergeladen werden von unserer Fachgruppen-Homepage: http://astrofotografie.fg-vds.de/
VdS-Journal Nr. 35

Amateurteleskope/Selbstbau

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Erfahrungsbericht Celestron Edge HD 1100

- digitale Schmidt-Kamera mit 280 mm (11'') Öffnung bei 2.800 mm Brennweite
von Rolf Geissinger

- Teil 1 -
Anfang Oktober 2009 stellte mir die Firma Baader-Planetarium ein brandneues Teleskop für Testzwecke zur Verfügung, ein Celestron Edge HD 1100 einschließlich eines Hyperstar-Systems. Im ersten Teil des Berichtes beschreibe ich meine persönlichen Eindrücke und praktischen Erfahrungen mit diesem Gerät. Im zweiten Teil, der in der nächsten Ausgabe erscheint, werden das Hyperstar-Sytem und das mitgelieferte Zubehör näher erläutert und es folgt ein Gesamtfazit.
Folgende Teile durfte ich im Rahmen dieses Tests ausprobieren: - Celestron Edge HD 1100 digitale
Schmidt-Kamera - Hyperstar-System mit Kameraadapter - Umbausatz Elektrofokussierer von
Starlight Instruments / Starizona - 2''-Klemmhülse (Baader Clicklock-
System) - 8x50-Sucher (umkehrendes Bild) - zusätzliche 3''-Montageschiene für
Zubehör - aufsattelbare Vixen-Klemme - abnehmbarer, zusätzlicher Handgriff - 1 Paar Leitrohrschellen mit Adaption
auf die 3''-Zusatzschiene - flexible Celestron-Taukappe

1 Celestron 11'' Edge-HD
lestron-Gerätes ist metallic-weiß lackiert. Der massiv wirkende, mattschwarze Spiegelhalter aus Aluminium-Guss sowie der vordere Abschlussring bilden dazu passend einen schönen Kontrast. Die orangefarben eloxierte 3''-Prismenschiene macht einen sehr soliden Eindruck. Sehr gut hat mir der stabile und recht

2 Celestron Edge HD 1100 mit
adaptiertem T2-Zenitprisma und Großfeld-Binokularansatz (beides Baader). Im Bild sind auch die beiden Drehknöpfe für die Hauptspiegelfixierung zu erkennen.
gut schließende Frontdeckel zum Schutz der Schmidt-Platte gefallen. Im direkten Vergleich mit meinem Planewave 12,5''CDK (corrected Dall Kirkham) wirkt das

Nach dem Auspacken des Gerätes nebst Zubehör zeigte sich bereits die erste positive Überraschung. Celestron hat den neuen Edge HD Teleskopen ein modernes und ansprechendes Design spendiert (Abb. 1). Der Aluminium-Tubus des Ce-

3 Erste Testaufnahme des Mondes
bei großer Luftunruhe mit dem EdgeHD bei f = 2.800 mm mit einer Videokamera Imagingsource DMK 41AF02.AS. Das Bild zeigt das Gebiet der Krater Copernicus und Eratosthenes.

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Amateurteleskope/Selbstbau

4 Off-Axis-Guider (Mitsuboshi) mit
ALccd 6c-Kamera (QHY8) und StarlightXPress Lodestar Guidingkamera
5 Speziell angefertigte Bahtinov-
Maske für optimales Fokussieren. Diese Maske funktioniert sowohl bei der vollen Brennweite als auch mit der Hyperstar-Optik.

Edge HD geradezu zierlich. Es spielt dabei in einer ganz anderen Gewichtsklasse, obwohl der Hauptspiegel gerade mal 1,5 Zoll weniger Durchmesser aufweist.
Das 1100er-Celestron ist durch die äußerst kompakte Bauweise sehr einfach und leicht handhabbar und somit auch für den mobilen Einsatz bestens geeignet. Der griffig gummierte Stellknopf für die Hauptspiegelverstellung lässt sich leicht und samtweich drehen. Die Firma Baader hatte den serienmäßigen Okularstutzen am hinteren Ende gegen eine hauseigene 2''-Clicklock-Klemme getauscht. Mit einer leichten Drehung lassen sich damit auch schwere Zubehörteile einfach, sicher und vor allem verkippungsfrei adaptieren. Neu ist auch die Belüftung des Hauptspiegels. Seitlich befinden sich zwei ovale Lüftungsöffnungen, welche zum Schutz vor eindringendem Staub mit einer sehr feinen Edelstahl-Gaze abgedeckt sind. Leider vermisst man elektrische Lüfter, die das Auskühlen des Hauptspiegels noch erheblich beschleunigen könnten.
Mein allererster Eindruck: - modernes und ansprechendes Design - das Edge HD 1100 verspricht viel Spaß
Optisches Design Celestron bezeichnet die Edge HD Optik (Edge High Definition) als ,,aplanatisches Schmidt-Cassegrain Teleskop". Das Bildfeld wird, insbesondere für die fotografi-

sche Eignung, mittels einer eingebauten Korrekturoptik geebnet. Laut Herstellerangabe soll das plane und komafreie Bildfeld 42 mm im Durchmesser betragen. Somit müsste es theoretisch möglich sein, Sterne auch auf CCD-Sensoren im Kleinbildformat (36 mm x 24 mm) bis hin zum äußersten Rand punktförmig abzubilden.
Visuelles ,,First Light" Für die erste visuelle Beobachtung hatte ich mir den günstig stehenden Jupiter ausgesucht. Ein vorsichtiger Rütteltest ergab, dass das Teleskop mit Hilfe der 3''-Prismenschiene stabil und ohne merkliches Nachschwingen auf der Montierung gehalten wird (10micron GM2000). Rohrschellen zur vermeintlich besseren Tubusbefestigung halte ich daher für überflüssig. Mit dem Baader Großfeld-Bino, bestückt mit zwei 24-mm-Panoptik-Okularen und einem 1,25-fachen Glaswegkorrektor, ergab sich eine Vergrößerung von ca. 146-fach (Abb. 2). Auf der Oberfläche von Jupiter waren trotz recht unruhiger Luft zeitweise schöne Details in den Wolkenbändern zu erkennen und die Monde wurden sauber abgebildet. Der Fangspiegel war trotz des Transportes nur ganz leicht dejustiert, wie ich im nachfolgenden Test festgestellt hatte.
Das unvermeidliche Hauptspiegelshifting (leichte Verkippung des Hauptspiegels auf der optischen Achse) machte sich beim Fokussieren zwar etwas bemerkbar, aber ich empfand dies nicht als sehr störend. Das Bildfeld wanderte beim Scharfstellen um etwa einen halben Jupiterdurchmesser hin und her. Am Westhorizont erschienen dann leider immer mehr Wolken, so dass ich mit Hilfe meiner Goto-Montierung nur noch kurz auf M 13 und M 27 schwenken konnte. M 13 erschien dabei erwartungsgemäß nahezu aufgelöst und im Hantelnebel konnte ich trotz Horizontnähe schöne Details beobachten. Ein erstes Zwischenfazit an diesem Abend war: Alles funktioniert wie es soll. Ich bekomme Lust auf mehr.

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6 M 27, der Hantelnebel, aufge-
nommen bei f = 2.800 mm. Belichtet wurde 10 x 20 min mit ALccd 6c (weder Dark- noch Flatkalibrierung), voller Bildausschnitt.

Amateurteleskope/Selbstbau

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Fotografische Nutzung bei voller Brennweite (f = 2.800 mm) Erste Video-Testaufnahmen des Mondes mit voller Brennweite auf kleinem Chip waren vielversprechend (Abb. 3). Wie aber klappt die Deep-Sky-Fotografie mit großflächigeren Detektoren? Beim 11'' Edge HD wird ein korrigiertes Bildfeld von 42 mm angegeben (mit HyperstarOption 27 mm). Die Edge-HD Serie unterscheidet sich von den Mitbewerbern unter anderem dadurch, dass das Bildfeld nicht nur komafrei sondern zudem geebnet ist. Dies spielt bei der Fotografie mit größeren CCD-Chips eine entscheidende Rolle. Nur bei einem flachen Bildfeld können Sterne in den äußeren Ecken genauso punktförmig wie in der Bildfeldmitte abgebildet werden. Celestron erreicht dies durch die Verwendung eines hochwertigen Korrektorsystems.
Der optimale Abstand zur Chipebene, gemessen ab der Gehäuserückwand, soll laut Hersteller 146,5 mm betragen. Zufällig betrug die Gesamtlänge meines Kameraaufbaus, bestehend aus einer 2''-Adapterhülse, einem Off-Axis-Guider und einer ALccd 6c Kamera ca. 154 mm (Abb. 4). Dieser Abstand lag einigermaßen nahe am optimalen Backfokus und so konnte ich gleich feststellen, wieviel Toleranz bezüglich des Backfokus möglich ist. Ich konnte im Rahmen der vorherrschenden Seeingbedingungen keine signifikante Bildverschlechterung feststellen. Für optimale Ergebnisse halte ich es allerdings für ratsam, den vorgegebenen Abstand so genau wie möglich einzuhalten.
Dank der eigens für das Edge-HD 1100 beschafften Bahtinov-Maske kann der optimale Fokus in kurzer Zeit hinreichend exakt eingestellt werden (Abb. 5). Erstaunlich fand ich dabei, wie feinfühlig sich der Hauptspiegel mit dem manuellen Fokussierknopf verschieben lässt. Trotzdem erleichtert ein motorisch betriebener Fokussiermechanismus das Scharfstellen ungemein. Bei einem Fokalverhältnis von f/10 ist die Schärfe-Toleranz noch einigermaßen großzügig, aber spätestens bei f/2 (Hyperstar) kommt es auf allerkleinste Veränderungen an. Als ich bei der ersten Deep-Sky-Testaufnahme den Hantelnebel genau in die Mitte des Bildfeldes gerückt hatte, überließ ich den weiteren Verlauf des restlichen

7 M 1, der Krebsnebel, 8 x 20 min belichtet. Sonstige Aufnahmedaten wie
Abb. 7, Bildausschnitt ca. 95 % des Kamerabildfelds

8 M 1 wie in Abb. 7, Detailausschnitt bei voller Kameraauflösung

Abends meiner Aufnahmesoftware, MaxIm DL. Eine zwischenzeitliche Kontrolle der Rohbilder ergab keine nennenswerten Veränderungen der Schärfe oder Verschiebungen des Bildfeldes. Alles deutete also darauf hin, dass der Hauptspiegel durch die Fixiereinrichtung tatsächlich keinerlei Bewegungen unterliegt. Das Gesamtsystem ist zudem sehr fokusstabil. Nach über drei Stunden Belichtungszeit (20-minütige Einzelbelichtungen)

konnte ich mich über zehn nahezu identische Rohbilder des Hantelnebels freuen (Abb. 6). Weitere erste Ergebnisse zeigen den Krebsnebel M 1 (Abb. 7 und 8) sowie die Kraterlandschaften auf der südlichen Halbkugel des Mondes (Abb. 9).
Meine Einschätzung Mit der visuellen und auch der fotografischen Handhabung des Edge-HD 1100 hatte ich keinerlei Probleme. Die
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Astrofotografie

9 Blick auf die gebirgige und von Kratern überzogene
Südhalbkugel des Mondes. Aufnahme bei f = 2.800 mm mit Videokamera Imagingsource DMK 41AF02.AS
Sternabbildung ist auch bis in die äußersten Ecken sehr ordentlich, vorausgesetzt, der Fangspiegel ist hinreichend genau justiert (getestet mit 28 mm Chip-Diagonale). Wie Eingangs bereits erwähnt, dürfen Sie nun auf den abschließenden, zweiten Teil des Berichtes im nachfolgenden Heft gespannt sein. Hierbei wird im Besonderen auf die Hyperstar-Optik und das optionale Zubehör eingegangen. Dort finden Sie dann auch meine persönliche Gesamteinschätzung.

Technische Daten

Hersteller: Bezeichnung:
optisches Design:
fotografisch nutzbares Bildfeld: Öffnung: Brennweite: Fokalverhältnis: Obstruktion: Kühlung des Hauptspiegels: Backfokus (fotografisch):

Celestron Celestron Edge HD 1100 (11") digitale Schmidt-Kamera bildfeldkorrigiertes SchmidtCassegrain
42 mm 11 Zoll / 280 mm 2.800 mm f/10 ca. 34 %
passiv über Tubusöffnungen
optimal bei 146,5 mm ab Gehäuserückwand

Gewicht:

ca. 15 kg (einschließlich zu sätzlicher 3"-Montageschiene)

Baulänge (nur Tubus): Durchmesser: Tubusmaterial: Preis (nur Tubus) in Deutschland:

ca. 570 mm ca. 310 mm Aluminium
EUR 3.725,- (Stand 05/2010)

Neues aus der VdS-Fachgruppe Astrofotografie

Vom 5. bis 7. März gab es wieder das jährliche ,,Deep-Sky-Treffen" (DST), gemeinsam durchgeführt von den visuellen Deep-Sky-Beobachtern und den Astrofotografen. Das interessante Programm stellte alle Besucher mehr als zufrieden. Beste Resonanz finden nach wie vor die abendlichen Treffs mit Diskussionen und Erfahrungsaustausch in kleinen Gruppen, begleitet von einer ausgezeichneten Gastronomie. Näheres entnehmen Sie unseren Webseiten http://www.fachgruppe-deepsky.de/ und http://www.astrofotografie.fg-vds.de/. Seien Sie doch im nächsten Jahr auch einmal dabei!
Der 1. Mai ist für die VdS-Astrofotografen inzwischen ein fester Termin im Salzkammergut. Peter Eppich, Peter Riepe und Andreas Rörig nahmen am diesjährigen Gahberg-Workshop teil, auch mit

eigenen Vorträgen (Rausch-Minimierung einer DSLR-Kamera, Wechselwirkungsphänomene im System M 51, Gradientenentfernung mit Regim). Beim Gahberg-Workshop sind Teleskopbauer und Astrofotografen vereint - immer in einer informativen und freundschaftlichen Atmosphäre mit viel Gedankenaustausch und neuen Ideen. Nähere Infos zum Gahberg-Programm auf den Webseiten http://www.astronomie.at/ und http:// www.astrofotografie.fg-vds.de/.
Die BoHeTa findet in diesem Jahr am 23. Oktober statt. Astrofotografische Beiträge sind gern gesehen. Wer etwas beitragen kann/möchte, wende sich an Peter Riepe. Am 20. November wird es endlich wieder einen ,,Tag der Astrofotografen" geben. Ort ist wie bei den letzten beiden Malen die Volkssternwarte Recklinghausen.

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Nähere Infos erscheinen spätestens zum Oktober auf unserer FG-Webseite. Am Tag der Astrofotografen sind konkrete Themen angesagt (z. B. Bildbearbeitung oder Astro-Technik), dazu lockere Ergebnisvorstellungen. Es wird aber auch um die Neugestaltung der Astrofotografengruppe gehen - siehe folgende Zeilen: Beim diesjährigen Essener ATT im Mai haben sich Mitglieder der FG Astrofotografie (Werner E. Celnik, Mark Hellweg, Peter Riepe und Rainer Sparenberg) mit Stefan van Ree, dem Administrator von Astronomie.de, zusammengesetzt und einen veränderten Auftritt auf Astronomie. de beschlossen. Keine Sorge - das beliebte ,,Astrofoto der Woche" (AdW) bleibt, aber daran anknüpfend werden wir eine neue Art astrofotografischer Diskussion mit Infos und Beratung für Jedermann aufbauen.
Mit astrofotografischen Grüßen Peter Riepe

Astrofotografie

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Astrofotografie für den Einsteiger -
aktuelle Bilder aus dem Fachgruppenarchiv
von Peter Riepe

1 Polstrichspur, Bildautor:
Jan Koeman
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Astrofotografie

Als ermutigendes Ergebnis soll zunächst eine Standaufnahme von Christian Putz vorgestellt werden (Abb. 2). Am 16.04.2010 um 21:10 Uhr fotografierte er sein Motiv ,,Mondsichel und Venus am Abendhimmel". Standort war MarlSickingmühle. Kamera war eine Olympus E30, Objektiv Zuiko Digital 40-150 mm / 1:3,5-4,5 bei 150 mm Brennweite. Empfindlichkeitseinstellung ISO 250, Belichtung 2,5 s.
Redaktionelle Anmerkung: Hier kam mit einfachen Mitteln ein dekoratives Ergebnis zustande. Solche Bilder fordern auf zum Nachahmen!
Das zweite Foto ist von Jan Koeman (Abb. 1). Er stammt aus dem niederländischen Middelburg, wo Hans Lipperhey 1609 das erste Teleskop erfand. Anfang Mai hat er seine Ferien in Nordburg-Wienhausen (Niedersachsen) verbracht. Da die Nächte klar und dunkel waren, richtete er am 04.05.2010 seine Nikon D300 mit FishEye-Objektiv f = 10,5 mm bei Blende 4,5 auf sein Wohnquartier, einen Getreidespeicher aus dem Jahre 1606. Darüber zogen dann die Sterne ihre Spuren um den nördlichen Himmelspol. Die StativAufnahme wurde 20 min belichtet.
Redaktionelle Anmerkung: Große Klasse, Motiv technisch gut aufgeteilt. Ohne Zweifel ein ,,Postkartenmotiv" ...

2
Konstellation Mond/Venus, Bildautor: Christian Putz
Als Drittes schickte Markus Paul aus Freiburg der Redaktion der FG Astrofotografie ein Deep-Sky-Foto, das er aus der Freiburger Innenstadt heraus belichtet hat. Am 8. März 2010 gegen 21:30 Uhr

baute er auf dem Balkon sein Instrument auf: Eine Skywatcher-Montierung HEQ5, darauf ein Apochromat Scopos TL 805 (80,5 mm Öffnung, 560 mm Brennweite). Mit einer unmodifizierten Canon 300d nahm er die Galaxie Messier 51 im Sternfeld auf. Das Seeing war nur mittelmäßig. Bei ISO 800 belichtete er viermal 400 s und viermal 300 s einschließlich der Darkfieldaufnahmen. Die Nachführung erfolgte mit einem Leitrohr über Guidedog und einer Philips-Webcam plus Laptop. Per Deepsky-Stacker wurden die Aufnahmen übereinander gelegt, dann in Fitswork und Photoshop bearbeitet.
Redaktionelle Anmerkung: Dieses Resultat sollte dem Einsteiger Mut machen. Markus Paul schreibt dazu: ,,Es ist zwar von der Lichtverschmutzung von der Stadt aus nicht optimal, wäre aber bestimmt ein schönes Beispiel, dass es durchaus funktioniert."

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3 M 51 aus Freiburg heraus,
Bildautor: Markus Paul

Atmosphärische Erscheinungen

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Staubtrübung durch Vulkanausbruch in Island
von Claudia Hinz
Am Morgen des 11.04.2010 brach im Südwesten von Island der Gletschervulkan Eyjafjallajökull aus (Abb. 1). Seine Asche stieg bis in Höhen zwischen 10 und 12 km und wurde mit einer straffen Nordwestströmung ab 15.04. auch nach Mitteleuropa getrieben, wie die Falschfarben-Staubkomposits des Deutschen Wetterdienstes deutlich zeigen (Abb. 2). Die höchste Konzentration über Deutschland wurde dabei am 17.04. und 18.04. gemessen (Abb. 3).
In Island selbst wurden Teile des Landes mit einer Schicht Vulkanasche bedeckt. In den unmittelbar am Gletschervulkan gelegenen Siedlungen machte die hohe Aschekonzentration in der Luft den Tag zur Nacht. Als die Aschewolke nach Mitteleuropa trieb, wurden auch dort die Folgen spürbar, indem der Flugverkehr komplett lahm gelegt wurde. Der Grund: Die Teilchen aus der Vulkanasche können Flugzeugtriebwerke beschädigen, die Sensoren verstopfen und außerdem die Sicht der Piloten behindern.
Atmosphärisch erzeugte die Asche hierzulande vor allem Lufttrübungen (Abb. 4)

1 NOAA-Aufnahme von der Ascheemmition des Vulkans
Eyjafjallajökull am 19.04.2010 (Quelle: NASA)
2 Farbkomposit der Staubkonzentration von METEOSAT
9. Vulkanasche in hoher Konzentration kann je nach Zusammensetzung etwas unterschiedliche Farben annehmen. Im östlichen Teil des markierten Gebietes hat die Aschewolke eine deutlich orange Farbe. Der über Deutschland gelegene westlichere Teil hat dagegen bereits eine Farbe zwischen Orange und Magenta angenommen. (Quelle: DWD)
VdS-Journal Nr. 35

72

Atmosphärische Erscheinungen

4 Ankunft der Vulkanasche im oberbayrischen Inntal am Morgen des
17.04.2010. Die Sichtweite nahm innerhalb einer Stunde deutlich ab und betrug um 9:00 Uhr kaum noch 20 km bei einer Luftfeuchte von 50 %. (Foto: Claudia Hinz)
3 Links: Ascheschichten (orange-
farben) über Leipzig am 18.04. nachmittags/abends (Quelle: Leibnitzinstitut für Troposphärenforschumg Leipzig)
und den Ring von Bishop (Abb. 5), der durch Lichtbeugung an den winzigen Vulkanaerosolen entsteht. In der Höhe bildeten die Partikel zusätzliche Kondensationskeime, an denen Restfeuchtigkeit (die im Normalfall nicht für Wolkenbildung ausreichen würde) zu Eiskristallen gefror und so genannte ,,Invisible Cirrus Clouds" entstehen ließ. Die Größe und/ oder Dichte der Eiskristalle reicht häufig nicht aus, um die Wolken sichtbar zu machen, aber ihre Existenz kann durch die Entstehung zarter Halos wie Lichtsäulen (Abb. 7) oder Nebensonnen (Abb. 9) nachgewiesen werden.
Leider brachte die Asche des Eyjafjallajökull nicht die nach dem SarychevAusbruch gewohnten farbigen Dämmerungserscheinungen. Zum einen wurden die Partikel nicht hoch genug geschleudert, um in der Stratosphäre verbleiben zu können. In Süddeutschland gab es
5 Ring von Bishop in
Bochum, aufgenommen am 16.04.2010 um 18:50 Uhr (Foto: Peter Krämer)
VdS-Journal Nr. 35

Atmosphärische Erscheinungen

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6 Links: Absinkende Aschepartikel
am 20.04.2010 (Quelle: Leibnitzinstitut für Troposphärenforschumg Leipzig)
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Atmosphärische Erscheinungen

7 Lichtsäule an nicht sichtbaren
Cirren, aufgenommen am 16.04.2010 um 20:13 über dem Hohen Moor bei Oldendorf, Landkreis Stade (Foto: Kerstin Lorenz)

VdS-Journal Nr. 35

Atmosphärische Erscheinungen

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bereits am Abend des 18.04. gewittrige Niederschläge, welche die Luft deutlich säuberten. Vor allem in Graupelkörnern konnten auf weißem Papier kleine schwarze spitze Gesteinsrückstände von 1 µm bis 1 mm Größe aufgefangen werden (Abb. 8). Aber auch in den regenfreien Gebieten sanken die schweren Vulkanpartikel allmählich ab (Abb. 6). Zudem verdünnt sich Vulkanasche und Staub aus Höhen bis etwa 10 Kilometern über Grund recht schnell und sedimentiert dann innerhalb weniger Tage.
Zum zweiten wurde nur eine schwach erhöhte SO2- und H2SO4-Konzentration in einer Höhe von 10 bis 12 km registriert. Die Schwefelsäurepartikel waren es ja letztendlich, welche nach dem letzten für Mitteleuropa relevanten Ausbruch des Sarychev im letzten Herbst in vier verschiedenen Höhen das wunderschöne Purpurlicht erzeugte (siehe VdS-Journal für Astronomie Nr. 33, Seite 83ff). Wahrscheinlich wird bei Eyjafjallajökull ein Großteil des austretenden Schwefeldioxids quasi beim Entstehen der Aschewolke an Wasser gebunden, so dass nur

8 Gesteinsrückstände aus geschmolzenem Graupel an der Wetterwarte Wen-
delstein (1.838 m) am 18.04.2010 (Foto: Claudia Hinz / DWD)

sehr wenige Schwefeloxide in die freie Atmosphäre austreten.
Mein besonderer Dank gilt dem Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg und dem Deutschen Wetterdienst allgemein für das Bereitstellen der Messwerte.

9 Nebensonnen am 16.04.2010
um 18:30 Uhr bei Barsinghausen, Region Hannover (Foto: Reinhard Nitze)

VdS-Journal Nr. 35

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Deep-Sky

Aus der Fachgruppenarbeit

Das Deep-Sky-Treffen, welches vom 5.3. bis 7.3.2010 im Hotel Sonnenblick in Bebra stattfand, liegt nun gerade hinter uns. Für mich war es die erste Teilnahme. Einen genauen Bericht können Sie in dieser Ausgabe des Journals lesen.
Ein Ereignis des DSTs möchte ich dennoch vorwegnehmen: Es konnte wieder eine Fachgruppensitzung abgehalten werden! Herzlichen Dank an die Teilnehmer! In Bebra wurde auch der neue Fachgruppen-Flyer offiziell vorgestellt. Das Design ist nun dem allgemeinen Design der VdS-Flyer angepasst.

Es ist jetzt ein Jahr her, dass Johannes Schilling und ich die Triangulumgalaxie M 33 als erstes Objekt für unser neues, fortlaufendes Projekt vorstellten. Wie damals versprochen werden hier die Ergebnisse präsentiert. Wir bitten weiterhin um zahlreiche, aktive Teilnahme an unserem Vorhaben! In diesem Journal werden zwei kleine offene Sternhaufen nahe des vielleicht berühmtesten aller veränderlichen Sterne,·· ·Cephei, vorgestellt.
Allzeit klare Nächte wünscht Ihr/Euer Daniel Spitzer

Das Deep-Sky-Treffen 2010 in Bebra
von Daniel Spitzer

Im März war es wieder soweit - das Deep-Sky-Treffen sollte stattfinden. Vom 5.3. bis 7.3.2010 traf sich wieder die Gemeinde der Astrofotografen und der visuellen Beobachter im Hotel Sonnenblick am Stadtrand des hessischen Bebra. Zwar kannte ich die Berichte von vorangegangenen Treffen, aber dabei war ich nun zum ersten Mal. Das Wetter stand jedoch für viele der Anreisenden vorerst im Mittelpunkt. Starke Schneefälle waren angekündigt und die Vorhersagen bewahrheiteten sich (Abb. 1).

Schnell machte die Geschichte die Runde, zwei Teilnehmer mussten nach 50 km umkehren, weil die Straßen unbefahrbar waren. Insgesamt kam es wetterbedingt zu vielen kurzfristigen Absagen.

Der erste Nachmittag und Abend standen dem gegenseitigen Kennenlernen zur Verfügung. Insbesondere die späten Abend- und frühen Morgenstunden wurden dafür herangezogen.
Am Samstagmorgen ging es dann mit dem eigentlichen Programm in Form von Vorträgen los. Ich möchte die einzelnen Vorträge hier nicht detailliert besprechen, die Präsentationen der Referenten kön-
VdS-Journal Nr. 35

1 Der lange Winter 2009/2010 erschwerte die Anreise nach Bebra.

nen als pdf-Dateien auf der Homepage www.fachgruppe-deepsky.de heruntergeladen werden, sofern diese von den jeweiligen Vortragenden zur Verfügung gestellt wurden.

Nach der offiziellen Begrüßung durch die Veranstalter Jens Bohle und Peter Riepe wurde der Vortragsreigen von Uwe Glahn und Jens Bohle eröffnet, sie stellten neue fotografische und visuelle Ziele vor. Insgesamt war das Programm sehr

Deep-Sky 77

2 Experimentelle Messung des
Pupillendurchmessers, der visuellen Grenzgröße und der Erkennbarkeit von Details in flächigen Objekten (bei abgedunkeltem Raum)

3 Beim ,,Kennenlernen": Stefan Schuchardt, Jens Bohle und Uwe Glahn

ausgewogen - die Zahl von visuell und fotografisch geprägten Vorträgen war etwa 50:50. Für einen ,,Visuellen" wie mich waren auch die Vorträge der Astrofotografen sehr interessant. Mark Hellweg etwa zeigte, wie er Schmalbandfilter an seiner DSLR-Kamera verwendete und was dabei herauskommt. Experimentell wurde es mit dem Vortrag von Michael Mushardt. Hier konnte man in einem abgedunkelten Raum seinen Pupillendurchmesser, visuelle Grenzgröße und Erkennbarkeit von Details in flächigen Objekten messen lassen (Abb. 2). Die Messungen selber wurden während der Kaffee- und Mittagspausen durchgeführt. Die hier entstandenen Ergebnisse wurden am Sonntag im zweiten Teil des Vortrags gezeigt. Peter Riepe zeigte uns die physikalischen Aspekte und den Nachweis von Wechselwirkungseffekten in M 51 durch Amateurastronomen.
In dieser Weise ging es den Rest des Tages weiter. Nach jedem Vortrag wurde eine kurze Pause eingelegt, um sich mit Getränken an der Bar versorgen zu können. Mittags- und Kaffeepausen waren etwas ausgedehnter. Nach dem Abend-
5 Bernd Gährken präsentiert sein
,,Staubsauger-scope".

4 Der Vortragssaal: Blick ins Auditorium während der Vorträge
VdS-Journal Nr. 35

78

Deep-Sky

essen gab es noch mal ordentlich was aufs Auge: Bernhard Hubl und Harald Strauß zeigten uns, was die Sternfreunde aus Österreich astrofotografisch machen. Viele hochkarätige Bilder wurden uns dabei vorgestellt und rundeten damit den zweiten Abend ab. Nach diesem Vortrag konnten wir die Fachgruppensitzung der visuellen Beobachter durchführen. Acht Teilnehmer waren zugegen! Dabei wurde

ein neues Fachgruppenprojekt beschlossen ,,2 Objekte - 2.000 Beobachter". Dazu aber im Artikel hier unten mehr. Im weiteren Verlauf des Abends wurde weiter fleißig kennengelernt. Im Anschluss des letzten DST-Vortrags haben wir noch mal auf die Veranstaltung zurück geblickt. Besonders das ausgewogene Angebot aus visuellen und fotografischen Themen kam gut an. Außerdem wurde beschlos-

sen, dass die Vorträge auf der Fachgruppenhomepage zum Download angeboten werden sollen. Ferner werden wir beim DST 2011 auch Raum für spontane Beiträge am Freitagabend bieten. Das DST 2010 lässt auf eine ebenso schöne Veranstaltung im nächsten Jahr hoffen. Das DST 2011 wird vom 18.3. bis 20.3. wieder in Bebra stattfinden. Infos wie immer auf unserer FG-Webseite.

2 Objekte - 2.000 Beobachter
von Daniel Spitzer

Auf dem DST 2010 wurde die Durchführung eines neuen Beobachtungsprojekts beschlossen. Es soll dabei um den ,,Weihnachtsbaum-Haufen" NGC 2264 und um den ,,Ringnebel in der Leier" M 57 gehen. Ziel des Projekts ist es, von möglichst vielen Beobachtern möglichst viele Beobachtungen zu sammeln. Ganz neu ist, dass sie Ihre gescannten Zeichnungen direkt auf der FG-Homepage www.fachgruppedeepsky.de nach kurzer Registrierung hochladen können. Auf diese Weise ist der Status und Fortschritt jederzeit einsehbar. Im Folgenden lesen Sie eine kleine Übersicht zu den beiden Objekten.
Der ,,Weihnachtsbaum-Haufen" NGC 2264 Dieser offene Sternhaufen befindet sich in etwa 2.500 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Einhorn an der Position Rektasz. 06h 41m, Dekl. +09 Grad 53'. Er ist mit dem visuell schwierigen Konusnebel assoziiert. Auf Fotos fällt auf, dass die Spitze des Christbaumes gerade die Spitze des Konusnebels berührt, was ihm einen besonderen Reiz gibt. Haufen und Nebel zusammen tragen die Bezeichnung NGC 2264. Der Weihnachtsbaum-Haufen trägt auch die Bezeichnungen Mel 49, Cr 122 und H VIII 5. Der letzte der genannten Katalogeinträge weist auf seinen berühmten Entdecker hin: Es war Wilhelm Herschel. Er fand den Haufen am 18.1.1784 und gab ihm die genannte Bezeichnung. Der im Durchmesser 20 Bogenminuten große Haufen ist relativ locker aufgebaut. Der hellste der etwa 40 Sterne ist S Mon (= 15 Mon) mit etwa 4,7 mag. Er befindet sich am Fuß des Baumes. Die übrigen Mitglieder befinden sich im Helligkeitsbereich der 8. Größe.

Sternfreund etwas zu bieten. Schon die recht einfach zu lokalisierende Position zwischen den Sternen Gamma und Beta des Sternbildes Leier lädt zu einem Besuch bei diesem relativ hellen Objekt ein. Schon für den beginnenden Sternfreund stellt sich mit kleinem Teleskop bei M 57 ein schneller Beobachtungserfolg ein. Ab etwa 100-facher Vergrößerung ist die charakteristische Form des Nebels erkennbar. Der Entdecker, Antoine Darquier de Pellepoix, beobachtete den PN 1779 erstmals. Er nutzte ein Teleskop mit gerade mal etwas mehr als 60 mm Öffnung. Der Hauptkörper des PN misst etwa 60 x 80 Bogensekunden. Der den PN umgebenden Halo lässt den Durchmesser des PN auf über 200 Bogensekunden anwachsen. Auf tiefen langbelichteten Fotografien tangiert der Halo des PN gerade die Hintergrund-

galaxie IC 1296, welche sich nordöstlich von M 57 befindet. Im Kontext zu fast jeder Beobachtung des Ringnebels wird dessen Zentralstern genannt. Die Beobachtung hat schon zu manch kontroverser Diskussion innerhalb der Amateurszene geführt. Beobachtungen dieses im visuellen etwa 15 mag hellen Zentralsterns wurden schon mit Öffnungen ab etwa 150 mm erfolgreich durchgeführt. Fakt ist, dass der Stern in der Mitte des PN sicher nur bei gutem Seeing erkannt werden kann. Selbst mit sehr großer Öffnung von 500 mm ist die Sichtung des etwa 120.000 K heißen Zwergsterns keine Selbstverständlichkeit. Vielleicht bringen die Beobachtungsergebnisse innerhalb dieses Objekts nähere Aufschlüsse über die Sichtbarkeit des Zentralsterns.
Impression

Der ,,Ringnebel" M 57 Der in Amateurkreisen wohl bekannteste Planetarische Nebel hat für jeden

Die Aufnahme des Mondes nur zwei Grad über dem Horizont entstand am 5. August 2009 und wurde afokal durch ein Bresser 25x90-Fernglas südlich von Stockholm aufgenommen. Bildautoren: Erika und Joel Jonsson

VdS-Journal Nr. 35

Deep-Sky 79

Visuelles Deep-Sky-Beobachtungsprojekt: Planetarische Nebel am Winterhimmel

In den Wintermonaten friert man als Amateurastronom zwar am Teleskop, wird aber mit langen und oftmals sehr dunklen Nächten belohnt. Es sollte also nicht an Zeit und Himmelsqualität mangeln, wenn sie die vorgestellten Objekte beobachten möchten.
Der erste der beiden Planetarischen Nebel (PN) trägt die Katalogbezeichnung PK231+4.1. Wer die Position des Offenen Sternhaufen M 46 kennt, findet den PN sehr leicht etwa 30 Bogenminuten nördlich dessen Zentrums. Dort zeigt sich eine ca. 30 Bogensekunden große, rundliche Aufhellung von etwa 14 mag. Das mag zunächst abschreckend klingen, doch das Objekt ist einfacher als man angesichts des exotisch anmutenden Katalogeintrags vermuten mag. Für Besitzer kleinerer und mittlerer Teleskope mag auch die Helligkeit eher Skepsis hervorrufen. Aber auch unter leicht aufgehelltem Vorstadthimmel mit 8 Zoll Öffnung ist er recht gut beobachtbar (Abb. 1).
Der zweite PN ist in einem vertrauteren Katalog zu finden - dem NGC. Dort trägt er die Nummer 2346. Er ist in der Ausdehnung schon einiges größer als der vorangegangene PK231+4.1: NGC 2346 ist etwa 1,0 x 0,8 Bogenminuten groß. Er ist auch sehr leicht zu finden. Man beginnt den kurzen Starhopp bei Delta Monocerotis (etwa 4 mag hell) und hangelt sich an zwei Sternen direkt im Übersichtsokular zum PN. Dort angekommen sollte sich eine Aufhellung von 12 bis 13 mag zeigen (Abb. 2).
Viel Spaß und Erfolg beim Beobachten wünschen Johannes Schilling und Daniel Spitzer.

1 Karte zum Aufsuchen des Planetarischen Nebels PK231+4.1 im Stern-
bild Puppis. Das Inset zeigt die Umgebung im Detail. Die Karte wurde erstellt mit dem Programm ,,Cartes du Ciel".

2 Karte zum Aufsuchen des
Planetarischen Nebels NGC 2346 im Sternbild Einhorn. Das Inset hilft beim Starhopp, beginnend bei Delta Mon. Die Karte wurde erstellt mit dem Programm ,,Cartes du Ciel".

80

Deep-Sky

Visuelles Deep-Sky-Beobachtungsprojekt: M 33
von Daniel Spitzer und Johannes Schilling

Genau ein Jahr ist es nun her, dass wir Ihnen die Triangulumgalaxie zur Beobachtung vorgestellt haben. Nun ist es soweit, dass wir die Ergebnisse präsentieren können. Insgesamt haben wir 18 (!) Zeichnungen von M 33 erhalten insbesondere Zeichnungen von mit der Galaxie assoziierten Objekten sowie einen vollständigen Beobachtungsbericht. Diesen erhielten wir von Rainer Töpler, der M 33 mit einem 8x32-Fernglas von Namibia aus beobachtete. Er schreibt: ,,Diese Galaxie kann unter schlechten Bedingungen wirklich frustrierend für den Beobachter sein. Vom Rande meiner Kleinstadt mit 25.000 Einwohnern hatte ich oftmals Mühe, das Objekt mit einem 8x32-Fernglas überhaupt zu finden. Erst mit einem Abstand von mehreren Kilometern war es dann als nebliger, unstrukturierter Fleck auch mit direkter Sichtweise in diesem Instrument erkennbar. Ein wirklich dunkler Himmel kann jedoch selbst mit einem so kleinen Gerät eine Offenbarung an M 33 bedeuten. Dies konnte ich in Namibia erleben. Man wird

mich vielleicht des Sakrilegs bezichtigen, dass ich statt des Südhimmels ganz schnöde ein Nordhimmelobjekt aus diesen südlichen Breiten heraus beobachtet habe. Doch keine Sorge, der Südhimmel ist nicht zu kurz gekommen. Eigentlich wollte ich die lange, erfüllte Beobachtungsnacht rechtschaffen müde mit einem entspannten Blick auf M 33 mit dem 8x32-Fernglas beschließen. Der sich mir bietende Anblick versetzte mich jedoch augenblicklich wieder in einen hellwachen, aufgeregten Zustand. So hatte ich die Galaxie noch niemals vor Augen gehabt. Unübersehbar hell und auffällig. In dem ausgedehnten Nebelfleck zeichneten sich ganz offensichtliche Strukturen ab. Ohne jeden Zweifel präsentierte sich M 33 vor mir mit seinen Spiralarmen! Und dies eingebettet in ein ausgedehntes Sternenfeld, so wie es nur ein kleines Fernglas bietet! Wie überwältigt war ich, selbst mit der bescheidenen Optik schon solche Einzelheiten an einer fernen Welteninsel zu erblicken! (Abb. 1)"

1 Übersichtszeichnung von M 33
von Namibia aus, beobachtet mit einem 8x32-Fernglas. Zeichnung von Rainer Töpler.

2 Übersichtszeichnung von M 33, beobachtet hat Jo-
hannes Schilling mit einem 20x50-Fernglas unter ländlichem Himmel.
VdS-Journal Nr. 35

3 Übersichtszeichnung von M 33 von Klaus Wenzel.
Verwendung fand sein 12,5-Zoll-Newton bei Vergrößerungen von 75- bis 170-fach in drei Beobachtungsnächten.

Deep-Sky 81

4 Zentralbereich von M 33, Zeichnung von Johannes
Schilling mit einem 16-Zoll-Newton bei 370-fach.

5 Zentrum von M 33 mit BCLMP 25, beobachtet hat
Klaus Wenzel mit seinem 12,5-Zoll-Newton mit 214-facher Vergrößerung.

6 NGC 588, gezeichnet von Rainer Töpler im 360-mm-
Newton bei 200-facher Vergrößerung ohne Filter.

7 NGC 604, gezeichnet von Rainer Töpler im 360-mm-
Newton bei 308-facher Vergrößerung ohne Filter.

8 NGC 592, gezeichnet von Rainer Töpler im 360-mm-
Newton bei 220-facher Vergrößerung ohne Filter.

9 NGC 595 von Rainer Töpler, Instrument: ein 360-mm-
Newton bei 220-facher Vergrößerung ohne Filter.
VdS-Journal Nr. 35

82

Deep-Sky

10 IC 136, 139 und 140, Zeichnung von Rainer Töpler,
360-mm-Newton

11 IC 142 und 143, Zeichnung von Rainer Töpler,
360-mm-Newton

Johannes Schilling verwendete für seine Übersichtszeichnung ein 20x50-Fernglas (Abb. 2). Er schrieb dazu: ,,Im indirekten Sehen werden zwei innere Spiralarme deutlich. Ansatzweise und teils deutlich tauchen weitere Armansätze in der Kenregion und einige Sternwolken bzw. Gasnebel (NGC 604) auf. Sehr schwach oder nur erahnbar erscheinen Arme in den äußeren Bereichen."

Dies zeigt, dass nicht nur ein dunkler Himmel wichtig ist, auch die typischen Beobachtungstricks wie indirektes Sehen helfen enorm.
Eine weitere Übersichtszeichnung sendete uns Klaus Wenzel zu (Abb. 3). Er führte seine Beobachtung mit seinem 12,5-ZollNewton durch. Man erkennt hier sofort, was das Objekt für ein Teleskop mittlerer

Öffnung bereithält: Die Zeichnung enthält neben M 33 weitere acht Objekte!
Johannes Schilling hat weiter ins Zentrum der Galaxie hinein gezoomt. Abbildung 4 zeigt diesen Bereich. Johannes schreibt dazu, dass sich dort mehrere Aufhellungen zeigen, welche er für riesige Sternhaufen hält. ,,Es ergibt sich allmählich der Eindruck eines Balkens etwa

IMPRESSUM

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,,VdS-Journal für Astronomie" erscheint viermal pro Jahr und ist im Mitgliedsbeitrag von 30,- (Europa) und 35,(außereurop. Länder), bzw. ermäßigt 20,- pro Jahr enthalten

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liste). Redaktionsschluss für die Ausgabe Nr. 37 ist der 01.11.2010.

Die Endredaktion erlaubt sich einen Hinweis auf die Schwerpunktthemen der zukünftigen Journale (lt. Protokoll

FG-Treffen Juni 2009, Heppenheim): VdS-J Nr. 36: ,,Astronomie in Gruppen und Vereinen".

Mit dem Einsenden gibt der Autor sein Einverständnis zum Abdruck im ,,VdS-Journal für Astronomie". Es besteht keine

Veröffentlichungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter Form zu veröffentlichen.

Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die abgedruckten Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

VdS-Journal Nr. 35

Deep-Sky 83

12 Die HII-Regionen 255 und 256, gezeichnet von Jens
Bohle an einem 500-mm-Dobson mit 214-facher Vergrößerung bei einer Grenzgröße von 6,0 mag (in UMi)

13 Die HII-Regionen 623, 624, 625 und 638 bei 321-fa-
cher Vergrößerung, von Jens Bohle, alle weiteren Angaben wie in Abb. 12.

14 Die HII-Region 740, gezeichnet von Jens Bohle bei
432-fach im 500-mm-Dobson. Die Grenzgröße betrug 6,0 mag (im Cep).

15 Die HII-Region 749 und der Haufen 142, Zeichnung
von Jens Bohle, die er schon 2003 bei 432-fach an seinem 500-mm-Dobson anfertigte. Die Grenzgröße betrug damals 6,0 mag (im UMi).

in West-Ost Richtung, der aus mehreren Sternwolken gebildet wird", schreibt er zu seiner Zeichnung. Auch die Spiralarmansätze meinte er nach einiger Zeit ausmachen zu können.
Klaus Wenzel hat in Zentrumsnähe das nebulöse Objekt BCLMP 25 (= A48) ausmachen können (Abb. 5). Die Beobachtung fand bei 214-facher Vergrößerung statt.

M 33 zeigt sehr viele HII-Regionen, oft sind diese sogar einfacher zu beobachten als die Galaxie selber als Ganzes. Einige dieser Objekte sind im NGC verzeichnet. Von diesen sendete uns Rainer Töpler einige unglaublich detailierte Zeichnungen (Abb. 6-9). Auch einige Wasserstoffnebel des Index Catalogue beobachtete er mit seinem 360-mm-Newton (Abb. 10-11), wobei IC 136 in Abbildung 10 ein Offener Sternhaufen ist.

Eine ganze Reihe von HII-Regionen nahm sich Jens Bohle zur Brust. Er beobachtete mit seinem 20-Zoll-Dobson die eher schwachen Vertreter dieser Art (Abb.12-15). Die Abbildung 12 zeigt die Regionen 255 und 256, die involvierten Haufen waren nicht als separate Objekte, sondern nur als Konglomerat erkennbar. Die Wasserstoffnebel sprachen bei seiner Beobachtung weder auf den UHC- noch auf [OIII]-Filterung an. Die Region 638
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Deep-Sky

16 Kugelsternhaufen C 39, gezeichnet von Johannes
Schilling. Beobachtet wurde mit einem 16-Zoll-Newton bei 370-fach.

17 Kugelsternhaufen GC 15, von Johannes Schilling,
angefertigt bei der Beobachtung am 16-Zoll-Newton bei 370fach.

konnte er sofort als schwachen Schimmer wahrnehmen. 624 und 625 sind zwar schwieriger, aber getrennt zu sehen. Auch 623 konnte er sehen. 626, welche sich in dieser Gegend befindet, blieb jedoch verborgen (Abb. 13). Die HII-Region 740 zeigt sich als rundliche Aufhellung ohne weitere Helligkeitskonzentration.

etwas heller als jene von C 39. Eine Zeichnung eines ,,hellen" Sterns von M 33 erhielten wir von Jens Bohle (Abb. 18). Es handelt sich dabei um den Roten Riesen f300, den er erst bei fast 600-facher Ver-

größerung dauerhaft sicher halten konnte, trotz leichten Dunstes. Hinweis der Red.: M 33 wurde im VdSJournal für Astronomie Nr. 33 fotografisch ausführlich vorgestellt.

Mit UHC- bzw. [OIII]-Filter ist sie unsichtbar. Die angrenzenden Objekte 741 und 734 konnte er nicht sehen. Jens konnte auch den Offenen Sternhaufen 142 beobachten (Abb. 15), der ein stellares Objekt blieb. Ebenfalls in Abbildung 15 ist die HII-Region 749 gezeigt, die sich als ein diffuses Nebelchen darstellte. Er hatte dabei sehr gute Bedingungen, dies zeigt die Beobachtung des schwachen Sterns innerhalb von NGC 604 (der große Nebel in Abb. 15). Er schrieb dazu, dass dort bis zu vier Sterne beobachtbar sein können.

Zwei Kugelsternhaufen konnte Johannes Schilling sehen. Der eine trägt die Bezeichnung C 39 (Abb. 16), der andere GC 15 (Abb. 17). Der erste war für den Beobachter als kleine Nebelwolke mit leichter zentraler Aufhellung im indirekten Sehen bei etwa 370-facher Vergrößerung wahrnehmbar. Johannes vermutet hier eine schwach ovale Form des Objekts. GC 15 erschien ihm minimal heller, aber gleich groß. Außerdem erscheint ihm die zentrale Aufhellung
VdS-Journal Nr. 35

18 Der Rote Riese f300, beobachtet im 500-mm-Dobson bei 562-facher
Vergrößerung

Deep-Sky 85

NGC 7217, eine helle Galaxie im Pegasus
von Klaus Wenzel

Das Sternbild Pegasus ist sicherlich eines der attraktivsten Ziele für Galaxienjäger. Ende August, wenn die kurzen Sommernächte langsam zu Ende gehen, gewinnt das große Quadrat abends zur besten Beobachtungszeit langsam am Osthimmel wieder an Höhe. Neben der benachbarten hellen Galaxie NGC 7331 mit ihren schwachen Begleitgalaxien ist die etwas isoliert stehende NGC 7217 eines der prominentesten Objekte dieser Region.

Geschichtliches Die Geschichte von NGC 7217 begann in der Nacht vom 7. auf den 8. September 1784. In dieser Nacht ging dieser schöne Spiralnebel Wilhelm Herschel ins Netz, der diese Region mit seinem ,,20-FußSpiegel" visuell durchmusterte. Die erste visuelle Beschreibung dieses Objektes vom Entdecker lautete: ,,considerably large, round, gradually much brighter in the middle, easily resolvable". Eine sehr treffende Beschreibung, die heute mit mittleren Teleskopen gut nachvollzogen werden kann [1]. Etwas mehr als ein halbes Jahrhundert später stand der Herschel-Nebel auf dem Beobachtungsplan des 72-Zoll-Leviathan von Lord Rosse und seinem Assistenten George Jonstone Stoney in Birr Castle (Zentralirland). Bei der ersten Beobachtung im September 1849 hielten sie das Objekt, aufgrund seiner runden, diffusen Erscheinung, für einen Kugelsternhaufen: ,,Probably a globular cluster, one star involved north, another suspected southpreceding, faint parts extensive. Many stars about".
R. J. Mitchell, ein weiterer Assistent von Lord Rosse, notierte bei seiner Beobachtung vom 16. September 1854: ,,There can hardley be doubt that this nebula is a Cluster; some stars near center seen by Lord Rosse (V 650x)". Copeland schließlich verglich NGC 7217 nach der Beobachtung vom 20. August 1873 mit dem bekannten Kugelhaufen M 15. Und J. L. E. Dreyer (8. September 1875), der ebenfalls in Birr beobachtete, hielt es ebenfalls für sehr wahrscheinlich, dass es sich

1 Die Umgebung von NGC 7217, nach einer CCD-Aufnahme von Wolfgang Düs-
kau vom 20.09.2006 an einem 125-mm-Starfire-Refraktor. Belichtung: 15 min.

hier um einen entfernten Kugelsternhaufen handelt (,,very like a distant globular cluster"). Die Galaxie wurde zwischen 1849 und 1875 insgesamt 18-mal in Birr Castle mit dem 72-Zoll-Leviathan, dem zu seiner Zeit größten Teleskop der Welt, beobachtet [2].
Am 25. Oktober 1861 wurde die Galaxie dann von Eduard Schönfeld mit dem 6-Zoll-Refraktor der Sternwarte Mann-

Phänomenologische Daten zu NGC 7217

Objektbezeichnung Galaxientyp Rektaszension Deklination Sternbild
Scheinbare Helligkeit
Scheinbarer Durchmesser

NGC 7217 Sb (Seyfert 3) 22h 07m 52,1s +31 Grad 21' 32'' Pegasus
11,0 mag
3,8' x 3,3'

heim beobachtet. Motiv für Schönfeld war in erster Hinsicht, eine genaue Position des Nebels zu ermitteln. Zur visuellen Erscheinung notierte Schönfeld: ,,Heller, 3' grosser, runder Nebel mit sternartiger Verdichtung, die excentrisch im folgenden Theile liegt. Sehr gut zu beobachten". Eine weitere Beobachtung folgte am 21. Dezember des gleichen Jahres: ,,Nebel rund, compact, 1' gross, der Kern = 11m2". Beide Beobachtungen wurden durch den Mond beeinträchtigt [3].
Nach ersten fotografischen Beobachtungen, unter anderem von Keeler 1899 am Crossley-Reflektor des Lick Observatoriums, stand diese Region im Pegasus schon recht früh auf dem Beobachtungsplan von Max Wolf und seinen Mitarbeitern auf der neuen, 1898 eingeweihten Heidelberger Bergsternwarte auf dem Königstuhl. Am 15. Oktober 1901 richtete August Kopff erstmals den im Sommer 1900 errichteten Bruce-Doppelastrographen (400 mm / 2.000 mm) auf die Region um NGC 7217 und belichtete die bei-
VdS-Journal Nr. 35

86

Deep-Sky

2 Ausschnitt aus einer historischen Aufnahme (B308a) vom 15. Oktober 1901
der Region um NGC 7217 von August Kopff, mit dem 16-Zoll-Bruce-Astrographen der Sternwarte Heidelberg/Königstuhl. Belichtung: 3 Std.

Heute wissen wir, dass es sich bei NGC 7212 um eine sehr eng gewundene mehrarmige Spiralgalaxie handelt, die von einem großen, äußeren diffusen Ring umgeben ist. Da die Galaxie sehr isoliert im Raum steht, wurde sie von Karachenseva in den Katalog über isolierte Galaxien aufgenommen (KARA 947). Im Zentrum der Galaxie befindet sich außerdem ein AGN vom Typ Seyfert 3 (schwache Kernaktivität in einigen Spektralbereichen). Die Galaxie befindet sich in einer Entfernung von etwa 16,5 Mpc oder 53 Mio. Lichtjahren.
Visuelle Beobachtungen Meine erste Begegnung mit dieser Galaxie hatte ich am 24.09.1982. Ich beobachtete damals mit meinem 150mm/900mmNewton aus meiner alten Dachsternwarte in Aschaffenburg Damm. In diesem nördlichen Stadtteil von Aschaffenburg war der Himmel natürlich durch die Stadt sehr aufgehellt. Trotzdem war NGC 7217 für mich damals eines der lohnendsten Deep-Sky-Ziele. Die Galaxie war schon bei 45-facher Vergrößerung als direkt sichtbarer runder Nebel nordwestlich eines etwa 10 mag hellen Vordergrundsterns sichtbar. Meine nächste Beob-

den 24 cm x 30 cm großen Fotoplatten (B308a und B309b) 3 Stunden. Die von Kopff belichtete Platte B308a benutzte 10 Jahre später Wilhelm Lorenz neben weiteren Platten zur Positionsbestimmung und Beschreibung von 178 prominenten Nebeln. Zu dem Nebel NGC 7217 notierte er: ,,Ziemlich scharfer, runder Kern, 9 - 10 mag, um diesen etwas exzentrisch, ovale, sehr helle, scharf begrenzter Nebelhülle. In etwas weiterer Entfernung vom Kern ein rundlicher Ring von ungefähr 2,5' Durchmesser". Auf der Heidelberger Aufnahme ist auch sehr gut der Stern im nördlichen Bereich, innerhalb des äußeren Rings, zu erkennen, den bereits Lord Rosse nach seinen ersten visuellen Beobachtungen in Birr Castle beschrieben hatte.

3 Zeichnung nach visuellen
Beobachtungen vom 22.09.2007 am 317mm/1.500mm-Newton (V = 170x) der Dachsternwarte in Wenigumstadt
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Geschichte

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achtung erfolgte dann 1986, wieder aus Aschaffenburg, aber dieses Mal mit einem 200mm/1.200mm-Newton bei 60-facher Vergrößerung. In meinem Beobachtungsbuch notierte ich eine deutlich hellere Zentralregion. Weitere Beobachtungen mit ähnlichem Ergebnis folgten dann im Jahr 1989. Eine deutliche Steigerung brachten dann die Beobachtungen, die ich ab 1995, mittlerweile mit einem 317mm/1.500mm-Newton-Teleskop, nun in meiner neuen Dachsternwarte in Wenigumstadt am Nordrand des Odenwaldes durchführte. Bei der Beobachtung vom 10.09.1997 notierte ich: ,,Großer heller Nebel. Im Zentrum eine deutlich hellere, flächige Zentralregion, die von einem großen, weit ausgedehnten diffusen Halo umgeben ist. Das ganze Objekt hat eine absolut runde Erscheinung. Im Gesichtsfeld befinden sich mehrere hellere Vordergrundsterne. Ein etwa 10,5 mag heller Stern befindet sich nur wenige Bogenminuten südöstlich der Galaxie". Die nächste Steigerung des Anblickes brachte dann der neue, 406mm/1.800mm-Newton bei

der Beobachtung am 20.10.2009. Mit diesem Teleskop ist der oben beschriebene Stern von Lord Rosse im diffusen Außenbereich erkennbar. Die flächige sehr helle Zentralregion, die zum Zentrum immer konzentrierter wirkt, ist von einem großen, sehr diffusen runden Halo umgeben, der deutlich strukturiert wirkt. Eine Spiralform ist bei höherer Vergrößerung zu erahnen. Ein wahrhaft kosmischer Anblick.
Diese hier beschriebenen visuellen Beobachtungen, die sich über einen Zeitraum von fast 30 Jahren ziehen, zeigen, wie ein Objekt bei wachsender Öffnung, besserem Himmel, steigender Beobachtungserfahrung, aber leider auch älter werdenden Augen, immer mehr Details preisgibt. Unter richtig dunklem Himmel ist hier sicherlich noch eine deutliche Steigerung möglich.
Zum Abschluss möchte ich mich noch bei Dr. Holger Mandel für die freundliche Unterstützung bei Recherchen in der

Landessternwarte Heidelberg bedanken und auf das Scan-Projekt der Landessternwarte hinweisen. Im Rahmen dieses Projektes, das von der Klaus Tschira Stiftung finanziert wird, werden die historischen Platten gescannt und nach und nach ins Internet gestellt. Mittlerweile sind die meisten Bruce-Platten sowie viele Aufnahmen des Schmidtteleskops vom Calar Alto online verfügbar [4].
Literaturhinweise [1] J.L.E. Dreyer, 1912: "The Scientific
Papers of Sir William Herschel" [2] L. Parsons, 1880: "Observations
of Nebulae and Clusters of Stars 1848-1878", Scient. Trans. Roy. Dublin Soc. Vol. II, 1 [3] E. Schönfeld, 1862: ,,Astronomische Beobachtungen auf der Grossherzöglichen Sternwarte zu Mannheim, Erste Abteilung. Beobachtung von Nebelflecken und Sternhaufen" [4] http://www.lsw.uni-heidelberg.de/ projects/scanproject/

Die Botschaft von den Sternen -
Galilei und 400 Jahre ,,Sidereus Nuncius"
von Volker Witt

Mit der Erfindung des Fernrohrs beginnt eine neue Ära der beobachtenden Astronomie. Eines der ersten Werke, das dieser Entwicklung Rechnung trägt, ist der vor 400 Jahren erschienene Sidereus Nuncius von Galilei. Zugleich zeigt sich auch eine neue Facette des Wissenschaftsbetriebs: das Ringen um Priorität und die Frage nach Authentizität.
Während des nun schon zurückliegenden Internationalen Jahres der Astronomie wurde allenthalben an die vierhundertjährige Geschichte des Teleskops und seine Bedeutung für die Himmelskunde erinnert. Es war im November 1608, als der Servitenpater Paolo Sarpi (1552 - 1623) in Venedig von der neuen Erfindung hörte. Sarpi war mit Galileo Galilei (1564 1642) befreundet und hatte sich vor allem als Geschichtsschreiber des Konzils von Trient einen Namen gemacht. Schon

im Sommer 1609 wurden kleine Fernrohre, die noch recht unvollkommen waren und nur gering vergrößerten, fast überall in den großen Städten zum Kauf angeboten und fanden natürlich auch ihren Weg nach Italien.

Galilei und das Fernrohr Zu dieser Zeit war Galilei (Abb. 1) Professor der Mathematik an der Universität zu Padua, das damals zur Republik Venedig gehörte. Sarpi riet seinem Freund Galilei vom Kauf eines fertigen Instruments

Neues aus der Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie"
von Wolfgang Steinicke

Die 7. Tagung der Fachgruppe findet vom 29. bis 31. Oktober in Hamburg statt. Näheres dazu im Terminkalender auf unserer Website (s. u.). Als Nachtrag zum Astronomiejahr hier zwei Artikel über Galilei. Volker Witt entschlüsselt die ,,Botschaft von den Sternen" und Konrad

Wolfram befasst sich mit ,,Galileis Monden". Viel Spaß beim Lesen - und versorgen Sie mich weiter mit interessanten Beiträgen! Informationen zur Fachgruppe finden Sie wie gewohnt auf unserer Webseite http://geschichte.fg-vds.de.
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ab, stattdessen entwickelte Galilei selbst in fieberhafter Eile im August 1609 aus einer Konvex- und einer Konkavlinse ein Fernrohr mit ungefähr neunfacher Vergrößerung. Schon nach drei Wochen war das Instrument vollendet, und Galilei führte ,,seine" Erfindung dem Senat von Venedig vor und erklärte ihren Nutzen ,,zu Wasser und zu Lande". Die Szene ist in einem Deckengemälde von Luigi Sabatelli (1772 - 1850) in der Tribuna di Galileo zu Florenz festgehalten (Abb. 2). Galilei handelte dabei nicht gerade uneigennützig, denn die von der ,,Erfindung" beeindruckten Senatoren verdoppelten das Salär des Professors und sicherten ihm eine Anstellung auf Lebenszeit zu. Dass Galilei das Instrument aber nicht selbst erfunden, sondern nur nachgebaut hatte, weckte Neid und Missgunst etlicher Kollegen und brachte ihm Vorwürfe wegen Verletzung von Prioritätsrechten ein.
Bald schon richtete Galilei sein Fernrohr gen Himmel und beobachtete damit den Mond, die Milchstraße und den Planeten Jupiter. Dabei war er aber nicht der Erste,

1 Gedenkbüste für Galileo Galilei
an der Villa il Gioiello in Arcetri, wo der Forscher seine letzten Lebensjahre im Hausarrest der Inquisition verbrachte
denn bereits im Juli 1609 betrachtete der Engländer Thomas Harriot (1560 - 1621) den Mond durch ein Fernrohr und hielt das Gesehene in Zeichnungen fest.

Sidereus Nuncius, der Sternenbote Ende November 1609 hatte Galilei ein Fernrohr mit zwanzigfacher Vergrößerung fertig gestellt und beobachtete damit ausgiebig die Mondoberfläche. Durch weitere Verbesserungen des Instruments konnte er im Januar 1610 die vier großen Jupitermonde entdecken. Bereits zwei Monate später, im März 1610, veröffentlichte er seine Beobachtungen in dem inzwischen berühmt gewordenen Büchlein ,,Sidereus Nuncius". Die Eile, mit der Galilei entgegen sonstiger Gewohnheit seine Erkenntnisse publik machte, legt die Annahme nahe, dass er sich unbedingt die Priorität vor konkurrierenden Entdeckern sichern wollte. Dieser Ehrgeiz spricht schon aus dem Titelblatt des Sidereus Nuncius (Abb. 3), wenn es darin heißt: ,,Sternenbotschaft, die ... bewunderungswürdige Schauspiele jedermann ... darbietet, die...von Galileo Galilei... mit Hilfe des kürzlich von ihm
2 Galilei führt den Senatoren von
Venedig das neu erfundene Fernrohr vor. Deckengemälde in der Tribuna di Galileo in Florenz

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erfundenen Fernrohrs (lat. perspicillum) auf der Mondoberfläche, bei unzähligen Fixsternen, in der Milchstraße, in den Sternnebeln, besonders aber bei den vier Planeten beobachtet wurden, die in verschiedenen Abständen und Umlaufzeiten um den Jupiter kreisen; diese bisher von niemandem gekannten hat der Autor vor kurzer Zeit als Erster entdeckt und sie Mediceische Gestirne zu nennen beschlossen" (Übersetzung aus dem Lateinischen zitiert nach Puttkamer: Jahrtausendprojekt Mars, Langen Müller, 1997). Auch hier drückt sich wieder Galileis Anmaßung aus, wenn er sich die Erfindung des Fernrohrs zu eigen macht. Ein gewisser Opportunismus ist auch in der Benennung der von ihm entdeckten Jupitermonde zu erkennen, wenn er sie als ,,Medicea Sidera" bezeichnet. Damit diente er sich den in Florenz herrschenden Medici an und hatte dabei insoweit Erfolg, als er gegen Ende des Jahres 1610 von Padua nach Florenz übersiedelte, um dort eine Stelle als Hofmathematiker und Hofphilosoph beim Großherzog von Toskana anzutreten.
Beobachtungen des Mondes Die von Galilei im Sidereus Nuncius publizierten Ergebnisse markieren den Beginn einer neuen Ära astronomischer Beobachtung, die durch den Gebrauch des Teleskops als unverzichtbares Hilfsmittel bestimmt ist. Die in dem Büchlein dargebotene Beschreibung der Mondoberfläche beschränkt sich dabei nicht aufs rein Phänomenologische, sondern Galilei versucht auch das Gesehene richtig zu deuten, also beispielsweise aus dem Schattenwurf des Sonnenlichts auf die Existenz von Bergen und Tälern zu schließen.
Sein zeichnerisches Talent, das durch die Ausbildung an der Accademia del Disegno entsprechend geschult war, befähigte ihn überdies, die Struktur der Mondoberfläche erstaunlich realistisch wiederzugeben (Abb. 4). Ich hatte das Glück, in der Bibliothek des Brera-Observatoriums in Mailand in dem dortigen Exemplar des Sidereus Nuncius selbst blättern zu können und von einigen besonders schönen und instruktiven Seiten Aufnahmen zu machen. Die Monddarstellungen der Abbildung 4, die vor allem in den Kratern am Terminator das Wechselspiel von Licht und Schatten während der einzel-

3 Titelblatt des Sidereus Nuncius, gedruckt im Jahre 1610 in Venedig. Exemp-
lar aus der Bibliothek des Osservatorio Astronomico di Brera in Mailand

nen Mondphasen sehr schlüssig wiedergeben, sind zwar nicht maßstäblich oder gar einer Mondkarte gleichzustellen, lassen aber sofort den Zusammenhang zwischen Lichteinfall und Mondformation klar erkennen. Galilei nennt die Strukturen ,,Flecken" (lat. macula) und schreibt zu deren Lichtwirkung: ,,Diesen selben Flecken sieht man vor dem letzten Viertel eingeschlossen von dunkleren Randwällen, die - ebenso wie sehr hohe Bergketten - auf der der Sonne abgekehrten Seite dunkler, auf der Sonnenseite dagegen leuchtender erscheinen. Das Gegenteil tritt ein in den Höhlungen, deren der Sonne abgekehrter Teil leuchtet, während der auf der Sonnenseite gelegene Teil dunkel und schattig erscheint.

Wenn dann die leuchtende Mondoberfläche abgenommen hat ..., steigen die helleren Bergrücken hoch über das Dunkel empor" (Rechte Seite von Abb. 4, Übersetzung aus dem Lateinischen nach [1]).
Die Jupitermonde Von geradezu epochaler Bedeutung erwiesen sich Galileis Beobachtungen zum Umlauf der vier großen Jupitermonde, denn er verstand sie als Bestätigung für das heliozentrische Weltsystem, wie er sie später in dem Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme literarisch verarbeitet hat. Letztlich waren es auch diese Beobachtungen, die ihm die Verurteilung durch die päpstliche Inquisition mit ihren bekannten Folgen einbrachten.
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4 Die Mondzeichnungen
in Galileis Sidereus Nuncius waren zwar nicht maßstäblich, konnten aber durch die Wiedergabe von Licht und Schatten ein realistisches Bild der Mondoberfläche vermitteln.

5 Rechts: Durch die Beob-
achtung der vier großen Jupitermonde fühlte sich Galilei in der Annahme eines heliozentrischen Weltsystems bestätigt. Die Buchseite zeigt die Stellung der Jupitermonde zwischen dem 3. und 6. Februar 1610.

Galilei beobachtete die Jupitermonde zuerst am 7. Januar 1610 und setzte die Beobachtung fort bis zum 2. März, also bis kurz vor dem Erscheinen des Sidereus Nuncius. Am 4. Februar ,,um die zweite Stunde" (die Stundenzählung begann mit Sonnenuntergang) sah er eine Konstellation, wie sie in der Abbildung 5 beschrieben ist. Schon um die siebte Stunde (lat. hora septima) ,,hatten die östlichen Sterne nur noch eine Entfernung von 0' 30'', der Jupiter war von dem näheren östlichen 2' entfernt, vom anschließenden westlichen 4', und dieser stand vom westlichsten 3' ab. Sie waren alle gleich groß und lagen auf einer Geraden entlang der Ekliptik". Am 6. Februar ,,erschienen nur zwei Sterne, die den Jupiter in ihre Mitte nahmen..." (Zitat nach [1]). Bemerkenswert ist nicht nur die akribisch genaue Beschreibung seiner Beobachtungen, die sich über fast acht Wochen
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hinzogen, sondern auch die konkrete Abschätzung von Winkelabständen der Monde.
Galilei, der die Jupitermonde in Bezug auf ihren Umlauf um einen Zentralkörper auch häufig als ,,Planeten" bezeichnete, hatte damit genügend Grund, seine bisher geübte Zurückhaltung aufzugeben und sich zum Kopernikanischen System zu bekennen. Dazu hatte ihn nämlich Johannes Kepler schon im Oktober 1597 in einem leidenschaftlichen Appell aufgefordert.
Literaturhinweise [1] G. Galilei: ,,Sidereus Nuncius" -
Nachricht von neuen Sternen, herausgegeben von Hans Blumenberg, übersetzt von Malte Hossenfelder,

Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 337, Frankfurt am Main, 2002. [2] H. Bredekamp, 2007: ,,Galilei der Künstler - Die Zeichnung, der Mond, die Sonne", Akademie Verlag, Berlin [3] J. Renn, 2008: ,,Galileis Revolution und die Transformation des Wissens", Sterne und Weltraum 47 (November), 32

Geschichte

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Galileis Monde
von Konrad Wolfram

Im Januar 2010 jährte sich ein bedeutendes astronomisches Ereignis zum 400. Mal: Galileis Blick durch sein selbst gebasteltes Fern(seh)rohr zum Planeten Jupiter und seinen bis dahin selbst in Fachkreisen unbekannten vier größten Begleitern Io, Europa, Ganymed und Kallisto. Seither heißen diese Monde die ,,galiläischen", der Entdecker selbst gab Ihnen die Bezeichnung ,,Medici-Sterne", um seinen Landesherrn und Gönner damit zu ehren, Seine Durchlaucht Cosimo von Medici der Zweite.
An diesem denkwürdigen Tag, es war - nach der erst im Jahre 1582 durchgeführten gregorianischen Kalenderreform - Donnerstag, der 7.1.1610, richtete der rührige Mathematikdozent am Abend nach Sonnenuntergang seine mit zwei Linsen bestückte Sehröhre nach Osten, wo gerade der Mond und vor ihm der Planet Jupiter in seinem -2,5 mag hellen Glanz aufgegangen waren. Wo er mit bloßem Auge vorher nur den hellen Lichtpunkt des größten Planeten im Sonnensystem wahrgenommen hatte, sah er nun im Teleskop daneben noch weitere drei kleine Gestirne, wie auf einer Linie aufgereiht.
In seinem berühmten Werk ,,Sidereus Nuncius" (,,Der Sternenbote"), das er im März desselben Jahres veröffentlichte (und das gleich ein Bestseller wurde!), hat er den Vorgang sehr lebendig beschrieben und mit einer Skizze die Positionen der beobachteten Himmelskörper festgehalten (Abb. 1). Neben dem OriginalAuszug aus dem 1610 in Venedig in lateinischer Sprache erschienenen Buch ist die Übersetzung dieses Abschnitts dem Suhrkamp-Taschenbuch entnommen [2, Seite 111]:

chen standen, die zwar klein, aber sehr hell waren. Sie versetzten mich, obgleich ich sie zu den Fixsternen zählte, dennoch in einiges Erstaunen, weil sie auf einer vollkommen geraden Linie parallel zur Ekliptik zu liegen und heller als die übrigen Sterne gleicher Größe zu glänzen schienen, Sie nahmen zueinander und zum Jupiter folgende Stellung ein:"
Er war offenbar so begeistert von dieser Entdeckung, dass er seine Beobachtungen bis Anfang März fast allabendlich fortsetzte und oft auch noch mitten in der Nacht die Stellung der Monde zum Planeten vermaß, skizzierte und ihre relative Helligkeit abschätzte. Vielleicht hatte er gerade Semesterferien und seine Vorlesungen begannen erst wieder am 3. März? Wer kann das heute noch wissen! Es war nun für mich eine spannende Geschichte zu versuchen, diese historischen Beobachtungen mit ähnlichen Mitteln nachzuvollziehen. So bin ich hergegangen und habe mir vom Astromedia-Verlag [3] ein Galilei-Fernrohr zum Nachbau als Karton-Bausatz mit zwei Glaslinsen schicken lassen. Das Zusammenkleben der Bauteile gelang an einem verregneten Wochenende recht leidlich und die eingesetzten Linsen (Objektiv f = 78 cm, Okular f = -6,5 cm) ergeben eine ca. 12-fache Vergrößerung. Galilei baute auch schon ,,stärkere" Geräte, er schreibt in seinem

1 Skizze der Positionen der be-
obachteten Himmelskörper in Galileis Werk ,,Sidereus Nuncius"
Werk einmal von einer 60-fachen Vergrößerung [2, Seite 85]. Die eigenen Beobachtungen von Mitte September bis etwa Mitte Oktober 2009 waren sehr mühsam: Zum einen hatte ich es nur mit Auflegen des Fernrohrs auf die Balkonbrüstung und ähnlichem versucht, also ohne Stativ, zum andern ist das Sehfeld derart

,,Als ich also um die erste Stunde der auf den 7. des laufenden Jahres 1610 folgenden Nacht die Gestirne des Himmels durch das Fernrohr betrachtete, geriet mir der Jupiter ins Bild, und da ich mir ein sehr vorzügliches Instrument gebastelt hatte, erkannte ich (was vorher wegen der Schwäche des anderen Gerätes nie gelungen war), dass bei ihm drei Stern-

2 Und so sieht das Selbstbau-Pappfernrohr aus.

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Jugendarbeit

klein bemessen, dass man selbst hellste Objekte damit nur schwer auffindet. Ich war gewohnt, Jupiter und seine Monde mit einem 10x50-Binokular bequem zu finden und übersichtlich in einem etwa 6 Grad -Sehfeld im Blick zu haben. Umso mehr bewundere ich nun nach dem frustrierenden Selbstversuch den vielseitigen Praktiker und genialen Denker Galilei, der mit - aus heutiger Sicht - primitivster Optik solche Bahn brechenden Erkenntnisse gewonnen hat. Er hat letztlich das vorherrschende Weltbild mit der Erde als Mittelpunkt gründlich erschüttert und zusammen mit Kepler der kopernikanischen These zum endgültigen Durchbruch verholfen.
Vielleicht sollte man sich beim nächsten CAHTSM (,,computer-aided-hightech-sky-monitoring") einmal an diese großartige Leistung des zu Lebzeiten von (besonders kirchlichen) Institutionen und Neidern oft angefeindeten Mannes erinnern?

3 Die Stellung der Jupitermonde am 7.1.1610 um die erste Nachtstunde, vom
Astronomie-Applet ,,Javascript Jupiter.htm" von Akkana Peck, USA, modifiziert von mir (C = Callisto, E = Europa, G = Ganymed, Io ist bei E)

Literaturhinweise [1] Der kopierte Ausschnitt stammt von
der Linda Hall Library of Science, Engineering and Technology, http:// www.lindahall.org/, wo zwei Versionen des ,,Sidereus Nuncius" digitalisiert online angesehen werden können. [2] ,,Sidereus Nuncius - Nachricht von neuen Sternen", herausgeg. und eingeleitet v. H. Blumenberg, Übersetzung des histor. Textes von M. Hossenfelder, suhrkamp-tb wis-

senschaft 337, 2. Aufl. 2002, 266 Seiten [3] Astromedia-Versand, Zuckerdamm 15, 23730 Neustadt in Holstein, http://www.astromedia.de/ [4] In der Biographie-Reihe von ,,Spektrum der Wissenschaft" gibt es eine lesenswerte Ausgabe mit dem Titel ,,Galileo Galilei - Leben und Werk eines unruhigen Geistes" (1/2002).

Astronomie und Kulturaustausch in Sibirien:
VEGA - Internationales Programm für Jugendliche
von Susanne M. Hoffmann

,,Hallo Sanne, was hältst Du eigentlich von der Hawking-Strahlung?" - So oder so ähnlich beginnen Gespräche bei unseren Projekten - und zwar egal, in welcher Sprache. Hier ist es eine Mixtur aus Deutsch, Russisch, Englisch und Mathe. Physik und Mathematik sind international, man kann sich also mit allen Menschen der Welt in mathematischen Formeln und über Naturgesetze unterhalten. Selbst, falls Vokabeln der Verbalsprachen fehlen, dann lassen sich durch einfache Skizzen oder mathematische Formeln Verständigungsschwierigkeiten leicht umgehen.
Nach der Sonnenfinsternis 2008 haben wir ein Austauschprogramm mit Partnern aus Nowosibirsk entwickelt und wollen nun möglichst oft nach Sibirien
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fahren. Das Land ist besser als sein Ruf bei manchen Deutschen - insbesondere der kriegsgeprägten Generation. Wir aber kamen in Frieden, waren in Gastfamilien untergebracht und hatten so die unmittelbare Verbindung von Kulturerlebnis und Wissenschaftsprogramm. Es war das erste Projekt in dieser Form und wir arbeiten schon am nächsten Mal.
Die Russland-Tour 2010 Sputnik und Religiosität, alles zusammen am Himmel voller roter Sterne: Das ist Russland noch heute. Wie überall auf der Welt wird hier aber auch über Schwarze Löcher diskutiert, deren Dichte (eben
1 Es war wirklich kalt in
Nowosibirsk!

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2 Die deutschen
Teilnehmenden und ihre russischen Gastgeber
nicht immer besonders hoch, sondern manchmal auch wie Luft) und ihre Existenz, sowie über Wurmlöcher, Planeten, Monde und, nach Art der ,,Sendung mit der Maus", auch allerlei Alltagsphänomene. Wir wollten natürlich insbesondere wissen, wie man in Russland (heute) forscht, lebt und studiert - und hatten dafür ein nahezu lückenloses zweiwöchiges Programm!
Am ersten Tag besuchten wir Akademkorodok, die Wissenschaftlerstadt von Novosibirsk. Man demonstriert uns Experimente in einem großen Physikhörsaal. Anschließend gehen wir durch Labors, die von Studierenden für Praktika genutzt werden. Der Vorführer im Labor ,,trinkt" Flüssigstickstoff aus dem

Styropur-Becher und ,,speit" dann nicht Feuer, sondern eine Stickstoff-Wolke. Die Seelenruhe bei diesem Selbstversuch würde einem sicherheits- und gesundheitsfetischistischen Deutschen gewiss nicht in den Sinn kommen. Außerdem besuchten wir einen Teilchenbeschleuniger und mehrere Windkanäle: Aerodynamische Forschung hat in dieser Stadt offenbar hohen Stellenwert, denn das Thema ist an beiden Universitäten ein Schwerpunkt. Verblüffend ist für unsere Studis und Schüler vor allem der hohe Praxisbezug der Lehre: Studierende lernen hier nicht nur aus ,,toten" Büchern, sondern sie fertigen z. B. Konstruktionszeichnungen von Flugzeugen, indem sie ein altes Flugzeug in einer riesigen Halle aufschrauben und zerlegen!

Novosibirsk hat außerdem diverse kleine Museen zu bieten. Im Sonnenmuseum hat ein kultiger Herr alles ausgestellt, was er seit ca. 30 Jahren zum Thema ,,Sonne" gesammelt hat. Sonnendarstellungen aller europäischen Völker: germanische Runen, ein spätrömischer Mitras und altgriechischer Apoll - finden sich neben Darstellungen aus Nepal und Sibirien. In Nepal findet man oft das Motiv der Sonne, die auf einer (Mond)Sichel reitet wie auf einer Barke. Sibirien bevorzugt Elchdarstellungen und Russland im allgemeinen das Pferd. Der freundliche Mann behauptet, dass fast alles Runde irgendwie als Sonnendarstellung gesehen werden kann - z. B. auch Blini, die russischen Omelett, die ausschließlich aus Mehl (einem Produkt
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Jugendarbeit

3 Im Kleinplanetarium Omsk:
SchülerInnen genießen eine Planetarium-Show.

4 Morgenstimmung in Omsk: Beobachtung von kleinen Protuberanzen auf der Sonne

von Sonnenschein auf der Erde) gemacht werden. Naja - vielleicht übertreibt er an der einen oder anderen Stelle den Kult, aber das private Hinterhofmuseum ist eine eindrucksvolle Sammlung. Viele der Holzschnitzereien, die Nachbildungen von Felsengemälden aus der Steinzeit oder Bronzezeit sind, hat er selbst angefertigt.
Ein anderes Museum bezieht sich auf den Ingenieur Juri Kondratyuk (1897 - 1942) aus Nowosibirsk. Verdienste hat er in vielen Bereichen, und Arbeiten von ihm waren sogar auf der Weltausstellung 1937 in Paris vertreten. Sein Haus in Novosibirsk ist heute aber als kleines Raumfahrtmuseum umgestaltet. Ausgestellt sind hier einige Modelle von Raumschiffen und Raketen sowie Portraits von Kosmonauten. Die technische Raumflugkörperausstellung ist recht global: amerikanische, sowjetische und europäische Raumschiffe sind dort versammelt; der Schwerpunkt für die bemannte Raumfahrt liegt jedoch klar auf der sowjetischen und russischen Raumfahrt: Raumfahrer anderer Nationen sind nur dargestellt, wenn sie (wie Sigmund Jähn) im Interkosmosprogramm flogen oder auf der MIR waren. Omsk hat ein völlig anderes Flair; es ist traditioneller als Nowosibirsk. In unserer zweiten Woche haben wir jedoch nicht nur die goldenen Deko-Sterne auf den Kirchenkuppeln angeschaut, sondern außerdem die echten Sterne am Himmel und die künstlichen im Kleinplanetarium. Das Planetarium Omsk, Sitz unseres Partnervereins Albireo, befindet sich in einem ,,Haus der Jugend", in dem zahl-
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reiche Aktivitäten für Kinder und Jugendliche angeboten werden. Wir trafen eine Gruppe von Jugendleitern, die noch immer mit Pionier-Halstuch herumlaufen, Trommeln schlagen und gemeinsame Ausflüge für den Sommer vorbereiten.
Das Planetarium Omsk ist sozusagen ein Eigenbau - nicht ganz, aber ,,quasi". In einer ca. 8 m kleinen, etwas ausgebeulten und unsymmetrischen Kuppel steht der schwarze Projektor. Es ist kein Markengerät von Zeiss, Baader oder Meade, was man klassisch hantelförmig oder rund kennt, sondern besteht aus zwei Halbkugeln. Bei genauer Betrachtung sieht man, dass winzige Löchlein in die Schalen gepiekt sind, durch die das Licht der inneren Glühlampe tritt. Das schwarze ,,Astronomen-Ei" wird von einem schwarzen Zylinder begleitet (im Bild oben erkennbar). Er besteht aus schwarzer Folie, auf die die Sternbild-Figuren gemalt sind. Weil aber schwarze Folie (natürlich) noch immer lichtdurchlässig ist, werden bei Einschalten des Zylinderprojektors die Sterne des Ei-Projektors überstrahlt. Darum sind auf die Folie auch die hellsten Sterne gemalt. Der Bilderhimmel ist übrigens kunterbunt. Völlig unsystematisch hat jedes Sternbild eine andere Farbe - d. h. eigentlich nicht unsystematisch, sondern nach dem klassischen Vierfarbenprinzip bei Landkarten haben benachbarte Sternbilder verschiedene Farben. Auch das unterscheidet dieses Planetarium von den bei uns standardisierten Darstellungen, bei denen nur die Bilder des Tierkreises farblich abgehoben sind. Auf dem Dach des Hauses gibt es

über dem Planetarium noch eine kleine Kuppel, eine kleine Sternwarte, in der ein Refraktor wohnt. Ausgepackt haben wir ihn nicht, obgleich wir in den drei klaren Nächten mehrere Stunden auf dem Dach verbrachten. Wir benutzen aber die transportablen Geräte, die auf der Terrasse um die Kuppel herum genutzt werden können. Manche Teilnehmenden konnten hier zum ersten Mal Mars und Saturn sehen. Als wir versuchten, den Orion-Nebel einzustellen, zeigte sich bei 5 Grad bis 10 Grad überm Horizont, dass auch im Herzen Sibiriens eine Stadt nunmal kein gescheiter Beobachtungsstandort ist: Lichtverschmutzung und die Abgase der Industrie stören natürlich die Beobachtung.
Das obligatorische Gruppenfoto, diesmal mit einem Teleskop. Hier haben unsere russischen Partner ihre Camp-T-Shirts bekommen, während die deutschen schon in Abschiedsstimmung sind und sich für den Heimflug rüsten. Nächste Woche schreiben einige schon wieder daheim Abiturprüfungen oder beginnen das Sommersemester.
Alles in allem waren es zwei erlebnisreiche Wochen mit dem Abenteuer einer Transsib-Fahrt und vielem mehr. Wir werden gewiss wieder nach Sibirien fahren. Allmählich kommt das RussischProjekt im VEGA-Programm an und wird ausbaufähig. Auf ein Neues, im nächsten Jahr!

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Sibirien Abenteuer
2010
von Anja Leonhardt, Luisa Meyer und Louisa Gossee

Tour

,,Russland? Was wollt ihr denn da bitte schön? Verdammt kalt, Wodka zum Frühstück und eine Sprache, bei der man sich die Zunge zu verknoten scheint. Na dann viel Spaß!" Trotzdem, oder gerade deshalb fanden sich zehn Jugendliche und drei Betreuerinnen und Übersetzerinnen aus ganz Deutschland, die sich in Russlands Einöde wagen wollten.

Unser Abenteuer begann in Nowosibirsk, einer Zwei-Millionen-Stadt in Ostsibirien, im Herzen Asiens. Herzlichst wurden wir von unseren Gastfamilien in Empfang genommen und bekamen auf dem Weg vom Flughafen sofort den langen russischen Winter zu spüren: Ende März lag der Schnee noch 10 bis 30 cm hoch. Anstatt mit Wodka und Kaviar wärmten wir uns bei Blini (kleine Eierkuchen) und schwarzem Tee mit Marmelade zum Frühstück auf.
Damit nicht genug, folgten ein zweiter und ein dritter Gang und uns wurde bald klar, dass in Sibirien nicht nur unsere Astronomiekenntnisse wachsen würden. Im Laufe der zwei Wochen wurde aufgetischt, dass sich der Tisch durchbog und wenn man nicht aß, erkundigte sich jemand besorgt nach der Gesundheit. Nun ja ... man könnte ,,Sich Überfressen" eine Krankheit nennen oder eine christliche Todsünde, aber entgegen allen Gerüchten über russische Eßgewohnheiten fühlten wir uns oft nah vorm Platzen: Die exotischen Speisen waren sehr lecker, auch wenn es manchmal nicht danach aussah ...
Unser Programm umfasste natürlich auch noch andere Dinge: Wir besuchten einige der besten Unis des Landes und wurden dort von fachkompetenten und enthusiastischen Professoren in aktuelle Universitätsforschung eingeführt. So bekamen wir Windkanäle, Luft- und Raumfahrtzentren sowie physikalische und technische Forschungseinrichtungen zu sehen und erlebten, wie ein Laborleiter

1
flüssigen Stickstoff ,,trank" und wieder ausspie.
Doch zu Sibirien gehört der Vollständigkeit halber auch eine Fahrt mit der transsibirischen Eisenbahn. Wir fuhren von Novosibirsk nach Omsk, wo wir die zweite Woche unseres Russlandabenteuers verbrachten. Einen ganzen Tag lang tuckerten wir durch die teils noch mit Schnee bedeckten Felder und Birkenwälder und genossen die sibirische Einsamkeit. Doch selbstverständlich kam unser eigentliches Ziel der Reise - die Astronomie - auch nicht zu kurz. In Omsk erlebten wir sternenklare Nächte, in denen Mars und Saturn zum Anfassen nahe schienen.
Toll fanden wir, dass es Jugendlichen erlaubt war, selbst mit den teuren Teleskopen umzugehen, auch ohne die Aufsicht von peniblen Lehrern. Allgemein scheint auf die individuelle Förderung und Ausbildung der Kinder und Jugendlichen in Russland viel mehr Wert gelegt zu werden als bei uns.
Aber der Kulturteil unserer Reise kam auch nicht zu kurz. Ob kitschiges, oder ach-so-schönes-russisches Ballett, lustige Liederabende mit russischer Volksmusik und filigrane, goldene Zwiebeltürm-

2 Typisch russisch: goldene
Zwiebeltürmchen in Omsk
chen; fein geklöppelte Spitzendeckchen, Matrioschkas, Volkstanz sowie kunstvoll gearbeitetes Birkenrindenhandwerk zogen uns in ihren Bann.
Da störte die zentimeterdicke, lebensgefährliche Eisschicht, der Schneematsch und Dreck auf den Straßen auch nicht so besonders und die blauen Flecken und kalten Füße waren schnell vergessen.
Wir deutschen Bauerntrampel wurden in unseren Wanderstiefeln von den russischen Schönheiten im Minirock und Pfennigabsätzen belächelt. Wir stolperten und rutschten vor uns hin, während sie in zehn-zentimeter-Jimmi Choos dahinschwebten. Beeindruckend!
Also, auf die Frage, was wir da wollten, müssen wir wohl nach diesen zwei Wochen antworten: herzliche und gast-
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Kleine Planeten

freundliche Menschen treffen, neue Freundschaften schließen und einfach gemeinsam eine schöne Zeit verbringen. Unser Ziel, etwas über die Kultur Russlands zu erfahren, haben wir wohl verwirklicht, und jetzt am Ende unserer Reise blicken wir auf zwei spannende und erlebnisreiche Wochen zurück.

3 Alle Teilnehmer beisammen, das VEGA-Teleskop mit-
tendrin. Der Leiter des Planetariums in Omsk, Vladimir, hält die Kamera im Anschlag, alles dokumentierend.

Erste Kleinplaneten-Entdeckungen auf B86 Hagen
von Marcel Klein

Seit vielen Jahren nun bin ich Mitglied der Volkssternwarte Hagen und befasse mich mehr oder weniger intensiv mit dem Thema Astronomie. Begonnen hat alles im zarten Alter von 13 Jahren, als ich mein erstes ,,richtiges" Fernrohr geschenkt bekommen habe - ein NewtonSpiegelteleskop mit einer Öffnung von ganzen 114 Millimetern. Die beiliegende Bedienungsanleitung war dürftig und das Astro-Wissen gleich Null, daher entschloss ich mich, nach Gleichgesinnten zu suchen und wurde an der hiesigen Volkssternwarte fündig. Heute bin ich 26 Jahre alt und die Ansprüche sind gestiegen. Ein größeres und besseres Fernrohr habe ich als Student mit chronischem Geldmangel zwar immer noch nicht, bin daher aber sehr froh, die professionellen Geräte unseres Vereins nutzen zu können.
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1 Die Volkssternwarte Hagen aus der Vogelperspektive

Kleine Planeten

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Die Sternwarte Die Volkssternwarte Hagen [1] besteht seit dem Jahr 1955 und die hauptsächlichen Tätigkeiten liegen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und der astronomischen Breitenbildung. Jährlich kommen bis zu 6.000 Besucher zur Beobachtungsstation am Eugen-Richter-Turm, abgelegen im Hagener Stadtwald, um sich aus erster Hand über das faszinierende Hobby ,,Astronomie" zu informieren. Weiterhin finden seit Gründung der Sternwarte tägliche Wettermessungen statt und im Rahmen des Feuerkugelnetzes [2] wird eine Meteoriten-Ortungskamera betrieben.
Ein Schlüsselerlebnis Mein persönliches Schlüsselerlebnis zur Kleinplaneten-Beobachtung fand dann Ende Januar 2008 statt, wo der Erdbahnkreuzer ,,2007 TU24" am nächtlichen Firmament zu sehen war. Der ca. 250 m große Kleinplanet zog damals in einer Entfernung von etwa 554.000 km an der Erde vorbei und hatte eine scheinbare Helligkeit von ca. 10 mag, so dass er auch visuell gut sichtbar war. Vorher durch die Medien aufmerksam gemacht, hatte ich mir vorgenommen, den Asteroiden zu beobachten. Über einen Zeitraum von ca. zwei Stunden habe ich ihn dann verfolgt und per Digitalkamera einige Aufnahmen erstellt. Während der Beobachtung und Fotografie am Fernrohr war ich fasziniert, wie schnell der Planetoid sich über den Himmel bewegte und innerhalb kurzer Zeit an der Erde vorbeiflog.
Vertraut machen mit der Technik Danach probierte ich die Fotografie von anderen, lichtschwächeren Kleinplaneten mit einer digitalen Spiegelreflexkamera. Diese Versuche waren leider nicht sehr erfolgreich. Das Rauschen der ungekühlten DSLR machte sich störend bemerkbar und die Nichtlinearität des CMOS-Sensors war von Nachteil. Außerdem konnte die Kamera nicht über eine komfortable Steuersoftware, wie sie für professionelle CCD-Kameras benutzt wird, bedient werden. Weiterhin mussten die Fotos nach der Aufnahme konvertiert werden, um sie mit anderen Programmen weiterverarbeiten zu können.
Das Hauptinstrument unserer Sternwarte ist ein 50-cm-Hypergraph-Teleskop aus dem Hause Keller, installiert unter der

2 50-cm-Hypergraph-Teleskop mit montierter CCD-Kamera im Primärfokus bei f/3

3 Das Entdeckerfoto des Kleinplaneten ,,2010 DQ1" - Bildausschnitt aus dem
Gesamtgesichtsfeld von 84x84 Bogenminuten

großen Kuppel im Beobachtungsturm. Bei einer Brennweite von 4 Metern wird es u. a. für die abendliche Himmelsbeobachtung zu den Öffnungszeiten der Volkssternwarte genutzt. Bei demontiertem Gegenspiegel bietet es weiterhin die Möglichkeit, eine Kamera im Primärfokus bei einer Brennweite von 1,5 Metern

und einem Öffnungsverhältnis von f/3 zu betreiben. Die Nachführung wird dann per Autoguiding über eine kleine CCDKamera vom Typ QHY6 überwacht.
Dann kam ich auf die Idee, die verwendete Guiding-Kamera anstatt zur Nachführung doch einfach einmal als direkte
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4 Die berechneten Umlaufbahnen der drei Neuentdeckungen ,,2010 DO1",
,,2010 DP1" und ,,2010 DQ1" - dargestellt mit dem Programm ,,EasySky" von Matthias Busch

Aufnahmeeinheit im Primärfokus zu betreiben. Mit dieser Konfiguration waren aufgrund der nun fehlenden Nachführkontrolle zwar nur (Test-) Aufnahmen bis 90 Sekunden Belichtungszeit mit einem Bildfeld von ca. 11' x 8' möglich, dennoch konnte ich jetzt Kleinplaneten bis zu einer Grenzgröße von etwa 19 mag fotografieren und das aus der Kamera kommende FITS-Datenformat ließ sich bequem weiterverarbeiten.
Nach Positionsmessungen einiger heller Asteroiden ließ der Stationscode B86 nicht lange auf sich warten, den wir am 05.02.2009 vom Minor Planet Center [3] erhielten. Gepackt vom KleinplanetenFieber folgten darauf dann viele weitere Beobachtungen, u. a. auch von zahlreichen unnummerierten und erdnahen Asteroiden. Einige Objekte der NEOCPListe [4] (einer Auflistung kürzlich neu entdeckter, erdnaher Kleinplaneten, deren Beobachtung durch andere Stationen besonders erwünscht ist) wurden beobachtet - so auch z.B. der Asteroid ,,2010 AL30", der am 12.01.2010 in einer Entfernung von 128.000 km an der Erde vorbeiflog.
Bei der Fotografie von lichtschwachen Planetoiden, die womöglich noch eine hohe Winkelgeschwindigkeit hatten, stieß die testweise eingesetzte Kamera al-
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lerdings nach und nach an ihre Grenzen. Das oben genannte kleine Gesichtsfeld machte eine Positionierung des Fernrohres jedes Mal zum Abenteuer, da kleinste Ungenauigkeiten der Teleskopsteuerung oft in lustigem Sterneraten ausarteten immer mit der Frage, wo man denn nun gelandet war.
Um so erfreuter war man dann, als Anfang 2010 mit Hilfe eines Sponsors eine neue und moderne CCD-Kamera vom Typ STX der Firma SBIG angeschafft werden konnte. Der verbaute Chip KAF16803 bietet im Primärfokus unseres Hypergraph-Teleskops bei f/3 nun ein Gesichtsfeld von sagenhaften 84' x 84' - das war natürlich ein Quantensprung im Vergleich zur vorher verwendeten Kamera. Nun konnten pro Bildfeld zahlreiche Kleinplaneten auf einmal vermessen werden und dank professioneller Kühlung des CCD-Sensors auf bis zu 50 Grad C unter Umgebungstemperatur sind die Aufnahmen extrem rauscharm.
Leider waren die Wetterbedingungen im Januar dieses Jahres sehr ungünstig, so dass erste Tests der neuen Kamera nach langem, ungeduldigem Warten erst Mitte Februar erfolgen konnten. Bis dahin wurde die Zeit genutzt, um die Technik zur Steuerung von Fernrohr und Kamera weiter zu verfeinern. So wird z. B. die

für die Astrometrie wichtige Genauigkeit der Uhrzeit nun per GPS-Signal sichergestellt. Weiterhin kann die Kontrolle der Gerätschaften komplett aus einem benachbarten Steuerungsraum erfolgen. Neben dem dadurch verbesserten Kuppelseeing gehören nun auch eingefrorene Füße in kalten Winternächten der Vergangenheit an.
Neue Objekte ...? Dann am Abend des 16.02.2010 klarte der Himmel endlich mal wieder auf und die neue Kamera konnte getestet werden. Eigentlich wollte ich zunächst erst einmal die erreichbare Grenzgröße in einer mondlosen Nacht ausprobieren und habe dazu im Bereich des Löwen jeweils vier Mosaikbereiche mit einer Belichtungszeit von fünf Minuten nacheinander aufgenommen. Bei der späteren Auswertung mit dem Programm Astrometrica [5] ergab sich eine Grenzgröße von etwa 20 mag. Im Zeitraum von etwa zwei Stunden habe ich die Bildfelder nacheinander immer wieder angefahren und abfotografiert. Beim anschließenden Blinken der Aufnahmen fielen mir drei sich bewegende Punkte auf, die in Astrometrica bzw. in der angebundenen Datenbank nicht als bereits bekannte Kleinplaneten verzeichnet waren.
Der Gedanke, dass es sich dabei wirklich um neue Objekte handeln könnte, war zunächst in weiter Ferne, zumal alle drei Lichtpunkte eine geschätzte Helligkeit von knapp oberhalb der 19. Größenklasse hatten und andere Beobachter bzw. die großen Surveys an viel besseren Standorten diese Objekte schon längst hätten finden können. Außerdem war das doch gerade mal die erste Nacht, wo die neue Kamera unter klarem Himmel getestet werden konnte. Ich notierte mir dann die Positionen der drei Objekte und prüfte mit Hilfe des Minor Planet Checkers [6], ob sich an den fraglichen Positionen nicht vielleicht doch bereits bekannte und gelistete Kleinplaneten befinden. Die Suche verlief allerdings erfolglos und in mir stieg die Spannung.
... Spannung! Gemäß den damals gültigen Regeln des Minor Planet Centers durften die neuen Objekte allerdings noch nicht sofort eingesendet werden, sondern mussten in einer zweiten Beobachtungsnacht

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wiedergefunden und bestätigt werden. Glücklicherweise hielt das gute Wetter an und ich konnte alle drei Objekte nach zwei Tagen wieder beobachten. Auch dieses Mal waren in Astrometrica und im MPChecker an den fraglichen Positionen keine bekannten Asteroiden vermerkt, also habe ich die Positionsmessungen aus beiden Nächten unter Angabe einer eigenen Bezeichnung an das Minor Planet Center gesendet.
In dieser Nacht und an dem darauf folgenden Tag kreisten meine Gedanken immer nur um die ,,rätselhaften" Objekte. Hatte ich mich vielleicht irgendwo vertan oder irgendetwas nicht bedacht? War die Zeitmessung nicht korrekt und die gemessenen Positionen stimmten evtl. nicht? Oder waren das vielleicht doch wirklich neue, bisher unbekannte Kleinplaneten? Minütlich fragte ich meine EMails ab - sogar unterwegs per Handy - und wartete auf eine Reaktion.
Der Erfolg! Dann am Nachmittag des 19. Februar traf eine automatisch verschickte E-Mail ein, wonach alle drei Objekte eine provisorische Bezeichnung erhielten und als

Neuentdeckungen deklariert waren. Die Freude war riesig. Die Asteroiden trugen nun die Bezeichnungen ,,2010 DO1", ,,2010 DP1" und ,,2010 DQ1". Alle drei Objekte sind Hauptgürtel-Asteroiden mit geschätztem Durchmesser von ca. ein bis drei Kilometern.
In darauf folgenden Nächten wurden die Kleinplaneten dann weiter beobachtet, um die Genauigkeit der Bahndaten weiter verbessern zu können. Der Planetoid ,,2010 DO1" ist zwischenzeitlich allerdings mit dem älteren, schon länger bekannten Asteroiden ,,2001 BC73" gelinkt worden. Der Planetoid ,,2010 DQ1" wurde inzwischen auch von zwei anderen Stationen beobachtet.
Durch die weitere Verbesserung der Aufnahmetechnik und die Kombination von mehreren Belichtungen mittels Track&Stack-Funktion in Astrometrica konnte die Grenzgröße bis heute auf 21 mag gesteigert werden und weitere Neuentdeckungen sind dazugekommen. Es ist erstaunlich, was trotz teilweiser Himmelsaufhellung möglich ist, wo sich Hagen doch in unmittelbarer Nähe des Ruhrgebietes befindet und der Himmel

je nach Wetterlage nicht immer ideal ist. Obwohl ich ab und zu auch mal Langzeitbelichtungen von schwachen DeepSky-Objekten mache, finde ich es um so interessanter und spannender, neben den so genannten ,,pretty pictures" dann im Bereich der Kleinplaneten einen echten wissenschaftlichen Beitrag leisten zu können und mit Beobachtern auf der ganzen Welt zusammenzuarbeiten.
Und hin und wieder wird man dann sogar mit einer Neuentdeckung belohnt, die man später vielleicht sogar einmal benennen darf. Ich bin gespannt, wie es weitergeht. Einmal infiziert mit dem ,,Kleinplaneten-Virus" wird man ihn so schnell nicht wieder los.
Quellenhinweise [1] http://www.sternwarte-hagen.de [2] http://www.dlr.de/feuerkugelnetz [3] http://www.minorplanetcenter.org/
iau/mpc.html [4] http://www.minorplanetcenter.org/
iau/NEO/ToConfirm.html [5] http://www.astrometrica.at [6] http://scully.cfa.harvard.edu/~cgi/
CheckMP

Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries
Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiter bewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.
Unser heutiger Astrofotograf ist Bernd Koch aus Buchloe, der in der Nacht vom

1 Der Kleinplanet (45138) 1999
XC97 bei NGC 7293: Aufgenommen mit einem 12-Zoll-Schmidt-Cassegrain bei f/6,6 und einer CCD-Kamera ALccd6c/ QHY8, Aufnahme von Bernd Koch

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100 Kometen

Datum 05.10.2010 11.10.2010 02.11.2010 09.11.2010 01.12.2010 30.12.2010

Uhrzeit 24:00 22:00 24:00 24:00 00:00 24:00

Auswahl einiger in naher Zukunft beobachtbarer ,,Kosmischen Begegnungen"

Kleinplanet Bez. scheinb. Hell. Objekt

Art

(33909) 2000 LU7 16,0 mag

NGC 7463/4/5 Gx

(14441) 1992 SJ

15,9 mag

NGC 7576/85 Gx

(4787) Shulzhenko 15,9 mag

NGC 1156

Gx

(14374) 1989 SA 15,7 mag

M 77

Gx

(1366) Piccolo

14,7 mag

NGC 1514

PN

(1556) Wingolfia 15,4 mag

M 35

OC

scheinb. Hell. 13,7/13,3/13,3 mag
13,7/12,3 12,3 9,7 10,0 5,1

Abstand 6' 4' 3' 6' 5' 2'

Abkürzungen: Gx = Galaxie, OC = Offener Sternhaufen, PN = Planetarischer Nebel

15. auf den 16. August 2009 den Helixnebel (NGC 7293) auf das Korn nahm. Von seinem Standort eine echte Herausforderung, da der große Planetarische Nebel extrem tief steht. Das entstandene tolle Astrofoto wartete mit einer weiteren Überraschung auf. Eine kleine Strichspur fand sich im unteren linken Nebelbereich. Hinterlassen wurde sie vom Kleinplanet (45138) 1999 XC97, der zum Aufnahmezeitpunkt nur 17,1 mag hell war. Im Gegensatz zum 650 Lichtjahre entfernten Helixnebel war der Asteroid nur rund 128 Mio. Kilometer von der Erde entfernt. Während die Größe der Gashülle bereits in Lichtjahren bemessen wird, kommt der Kleinplanet noch mit bescheidenen 5 Kilometern aus. Dafür wird (45138) 1999 XC97 auch noch in Millionen Jahren seine Bahn ziehen, während sich die Nebelmassen des sterbenden Sterns in den weiten des Weltalls verflüchtigt haben. Vielleicht werden sie ja einmal Teil eines

Kleinplaneten. Kosmische Begegnungen finden täglich statt. Die Tabelle 1 enthält eine kleine Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten, die von uns erstellt wurde. Damit soll Ihnen Ihr Weg zum persönlichen Bild einer kosmischen Begegnung erleichtert werden.
Eine einfache und bequeme Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren, finden sie auf der Homepage von Co-Autor Klaus Hohmann [1]. Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool kosmische Begegnungen anzeigen lassen [2]. Interaktiv hat man die Möglichkeit, verschiedene Parameter wie Helligkeit des Deep-Sky-Objektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selber auszuwählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden. Wir möchten Sie im Namen der Fachgruppe Kleine Plane-

ten der VdS auffordern, Ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals für Astronomie mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die Bilder per Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an diriesw@aon.at. Bitte vergessen Sie nicht das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.
Quellenhinweise [1] http://astrofotografie.hohmann-edv.
de/grundlagen/ [2] http://astrofotografie.hohmann-edv.
de/aufnahmen/kosmische. begegnungen.php

29P/Schwassmann-Wachmann - der Ausbruchskünstler
von Uwe Pilz

Der Komet 29P wurde am 15. November 1925 von Arnold Schwassmann und Arthur Wachmann auf der Sternwarte Hamburg-Bergedorf entdeckt. Er hatte seinerzeit eine Helligkeit von 13,5 mag. Schon wenige Tage später verringerte sich sein Leuchten auf 15 mag. In den dreißiger Jahren wurde der Komet auf einer Aufnahme des Jahres 1902 entdeckt, 12 mag hell.
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29P war die erste Entdeckung eines Kometen, dessen Bahn vollständig außerhalb der Jupiterbahn verläuft. Er gehört zur Gruppe der Zentauren. Das sind ehemalige Kuiper-Gürtel-Objekte, die es auf eine stabile Bahn zwischen Jupiter und Neptun verschlagen hat (Abb. 1). In 5 bis 7 AE Entfernung gasen viele dieser eisigen Körper nicht aus. Obwohl von kometarer Zusammensetzung benehmen sie sich wie Asteroiden. Daher auch der

Name der Gruppe. Es sind Chimären, wie die Zentauren auch.
Die Umlaufzeit unseres Kometen beträgt knapp 15 Jahre, das letzte Perihel durchlief er im Juli 2004. Da sich 29P nahezu auf einer Kreisbahn bewegt, ist der Periheldurchgang für die Sichtbarkeit fast ohne Belang. Das besondere Kennzeichen sind hingegen die regelmäßigen Ausbrüche. Fast in jedem Jahr lässt sich

Kometen 101

1 Bahn des Kometen 29P
zwischen Jupiter- und Saturnbahn

ein plötzlicher Helligkeitsanstieg beobachten, nicht selten sogar mehrere. Der normalerweise 15 mag helle Komet steigt dann innerhalb weniger Stunden auf 12 bis 11 mag, gelegentlich auf 10 mag an! Über den Mechanismus der Ausbrüche wird spekuliert [1]. Man vermutet, dass Wasser in einer besonders leicht verdampflichen Form vorliegt, als so ge-

nanntes amorphes Eis. Selbst diese Form lässt sich in der Kälte dort draußen nicht leicht verdampfen. Eine ganz dünne Kruste von nichtflüchtigen Stoffen genügt, um die Aktivität zu beenden. Man vermutet weiter, dass sich ein Aktivitätsgebiet mit einer solchen Kruste bedeckt, wenn es durch die Rotation des Kometenkerns in die Nachtseite eintaucht.

Aus einem ehemaligen Aktivitätsgebiet wird innerhalb einer halben Kometenumdrehung ein völlig inaktives Gebiet. Solche dünnen Krusten sind fragil, der Einschlag eines kleinen Körpers oder Risse durch thermische Effekte können der Anfang für einen Ausbruch sein. Es wird vermutet, dass der Ausbruch sich selbst verstärkt. Der Gasausstoß reißt Teile der Kruste mit fort. Durch seinen 30 km großen Nukleus entwickelt der Komet genügend Gravitation, um diese Teile beim Herabstürzen auf mehrere Meter pro Sekunde zu beschleunigen. Einschläge dieser Teile verletzen die Kruste weiter. Die Tabelle 1 gibt die Ausbrüche der letzten Jahre an. Alle Ausbrüche wurden von der Fachgruppe beobachtet. Aus unserem Beobachtungsarchiv entnahm ich, dass 1989, 1991, 1994 und 1996 ebenfalls Ausbrüche beobachtet wurden. Dazwischen durchlief der Komet einen Bahnabschnitt, der ungünstig für Beobachter der Nordhalbkugel ist. Da ich selbst drei Ausbrüche beobachtete, kann ich etwas zur visuellen Erscheinung sagen. Zunächst sieht man ein fast stellares Objekt (Abb. 3). In den darauf folgenden Tagen entsteht eine feine Nebelhülle, die sich stetig vergrößert. Die Gesamthelligkeit bleibt zunächst gleich, ist aber immer schwerer zu ermitteln, je mehr sich

2 29P/Schwassmann-Wachmann am 04.10.2008 um
00:28 UT, 8-Zoll-Astrograph, f/2,8, 4x180 s und 3x40 s auf SXV-H9-CCD, Aufnahme Michael Jäger

3 29P/Schwassmann-Wachmann am 09.02.2010 um
22:33 UT, 72-mm-Refraktor, f/6, 7x60 s auf SBIT-ST402-CCD, Aufnahme Bruno Vauquelin
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102 Planeten

4 29P/Schwassmann-Wachmann am 07.03.2010 um 18:54 UT, 14-Zoll-SCT, f/6,
60x30 s auf ST8-XME-CCD, Aufnahme Mark Emmerich und Sven Melchert

Ausbrüche des Kometen 29P/ Schwassmann-Wachmann in den letzten Jahren

Monat/Jahr
10 / 2006 04 / 2007 01 / 2008 09 / 2008 12 / 2008 02 / 2009 02 / 2010 04 / 2010

max. scheinb. Helligkeit
12,0 mag 12,0 mag 11,0 mag 11,0 mag 11,0 mag 11,0 mag 11,0 mag 11,5 mag

die Kometenatmosphäre verdünnt. Nach einigen Wochen ist kaum noch etwas vom Ausbruch übrig. Die beiden Ausbrüche des Jahres 2010 erfolgten jedoch so kurz hintereinander, dass unter sehr guten atmosphärischen Bedingungen die Hülle des alten Ausbruchs noch zu sehen war. Dadurch, dass nicht der gesamte Komet aktiv ist, sondern nur einige Gebiete, ist die Koma oft asymmetrisch. Dies ist

visuell nur mit großen Instrumenten zu sehen. Walter Kutschera gelangen mit mehr als einem halben Meter Öffnung solche Nachweise. Fotografisch ist dieser Effekt viel deutlicher (Abb. 2 und 4).
29P/Schwassmann-Wachmann steht derzeit im Krebs und bewegt sich ein knappes Sternbild pro Jahr den Tierkreis entlang nach Osten. Uns bleiben noch einige

Jahre zur Beobachtung der Ausbrüche, ehe der Schweifstern die südlichen Teile der Ekliptik erreicht, in denen auch die Milchstraße stört.
Literaturhinweise [1] F.L. Whipple, 1980: "Rotation and
Outbursts of comet P/Schwassmann-Wachmann 1", Astron. J. 85, 305

Staubsturm über der nördlichen Polkappe des Planeten Mars

am 1. Februar 2010
von Günther Strauch

Eigentlich war ich in den späten Abendstunden des 1. Februars bereits auf dem Weg ins Bett. Bei dem obligatorischen Blick aus dem Fenster überraschte mich ein aufklarender Sternenhimmel. Kurzerhand entschloss ich mich zur Sternwarte zu fahren, um den Planeten Mars mit meiner Farb-CCD-Kamera einzufangen. Mars stand am 29. Januar in Opposition zur Sonne. Seinen geringsten Abstand zur Erde erreichte er aufgrund seiner elliptischen Bahn bereits am 27. Januar mit einer Distanz von 99,3 Mio. km. Als ich gegen 23:15 Uhr die Sternwarte erreichte, musste ich zunächst Schnee und Eis
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entfernen, um in die Kuppel zu gelangen. Trotz der winterlichen Witterungsbedingungen öffnete sich der Kuppelspalt mühelos. Das Teleskop visierte die 99,8 Mio. km entfernte Marsscheibe an. Beim Blick durchs Okular war ich zunächst enttäuscht; bis auf die weiße Polkappe war kaum etwas auf dem winzigen Marsscheibchen zu erkennen. Zum Zeitpunkt der Beobachtung hatte das Marsscheibchen nur einen Durchmesser von 14,03 Bogensekunden am Äquator. Mars hätte an diesem Abend aneinander gereiht 142 Mal nebeneinander vor die Mondscheibe projiziert werden können.

Nun schloss ich den Laptop an und steckte die CCD-Farbkamera in den Okularstutzen. Als die ersten Bilder auf dem Bildschirm erschienen, konnte ich bereits deutlich mehr Details erkennen als mit dem bloßem Auge. Zudem hatte ich wohl einen Zeitpunkt mit relativ guten Sichtbedingungen erwischt. Mars stand nun 58,8 Grad über dem Horizont. Diese große Höhe wirkte sich zusätzlich positiv auf die Qualität des Bildes aus. Bei genauerer Betrachtung fiel mir im Bereich der ansonsten weißen nördlichen Polkappe eine Veränderung auf. Ich hatte den Eindruck, als ob etwas über der Polkappe schwebte.

Planeten 103

Selbst in den Rohbildern war diese Zone zwischenzeitlich zu erkennen. Ich fertigte einige Bildsequenzen bei wechselnden Sichtbedingungen an. Nach und nach zogen Zirruswolken auf, die die Bildqualität deutlich beeinträchtigten. Mit zahlreichen Bildern auf der Festplatte ging es bei -5 Grad nach Hause und mit kalten Füßen gegen 1:00 Uhr ins Bett. Am Abend des 2. Februars wurden dann die ersten Bildsequenzen mit Registax bearbeitet. Die Struktur über dem Mars-Nordpol wurde nun deutlicher sichtbar. Ich fragte mich, um was es sich wohl handeln könnte und vermutete eine Staubwolke. Als ich mich am darauf folgenden Tag im Internet informierte, bestätigte sich meine Vermutung. Drei Amateurastronomen in Europa hatten den Staubsturm entdeckt, einer aus England, einer aus Spanien und - zu meiner Freude - ich aus Deutschland. Weitere Beobachtungen aus Deutschland von diesem Abend sind mir bisher nicht bekannt.
Inzwischen habe ich die Rohbilder noch einmal in aller Ruhe mit Registax bearbeitet und in der Abbildung 1 zusammengestellt. Mit ausgereifter Technik und spezieller Software konnte ich so der winzigen Marsscheibe eine Erscheinung im Wettergeschehen des roten Planeten entlocken und sichtbar machen. Einer der wichtigsten Aspekte war dabei si-

1 Mars am 1.2.2010. Oben links das Summenbild aus 400 Einzelbildern. Die
nachfolgenden Bilder verdeutlichen die Schritte der Bildbearbeitung. Unten rechts zwei Bilder des Rot-Kanals.

cherlich die vorübergehend günstige Sicht, die diese Beobachtung überhaupt erst möglich machte. Die Bilder entstanden am 16-Zoll-SCT der Josef-BresserSternwarte. Dabei wurde die Brennweite mit Hilfe einer 3-fach-Barlowlinse auf 12 Meter vergrößert. Verwendet wurde eine

Farb-CCD-Kamera (Imagingsource DBK 21AU04.as) mit einer Auflösung von 640x480 Pixel mit einem Baader UV/IR Blocking Filter 420 bis 680 nm. Aufgenommen wurde mit der Software IC Capture (Originalsoftware der Kamera).

Saturn im Frühjahr 2010
von Peter Riepe

Saturn konnte im Zeitraum Ende August/ Anfang September des letzten Jahres in Kantenstellung beobachtet werden. Wir schauten für einige Zeit unter einem Winkel um 0 Grad auf das Ringsystem. Danach nahm die Ringöffnung wieder zu, die Ringe wurden erneut sichtbar. Zur Zeit der hier dokumentierten Aufnahmen hatte der Öffnungswinkel wieder abgenommen. Schließlich lag am 26.05.2010 ein Minimalwinkel von 1,7 Grad vor - eine ,,Beinahe-Kantenstellung".
Einige fleißige Einsender schickten ihre Saturnbilder der FG Astrofotografie zu, so dass sie hier in der Planetenrubrik gezeigt werden können.

Dieter Willasch nahm den Ringplaneten am 28.02.2010 mit einem Meade LX200 (10 Zoll, f/10) mit Baader FFC bei f/30 auf (Abb. 1). Aufnahmeort war Somerset West, Südafrika. Als Kamera diente ihm eine Imaging Source DMK 31 mono. Jeweils 500 bis 1.000 Videoframes entstanden mit Baader IR Pass Filter und RGBFiltersatz, Aufnahme mit IC Capture. Die

1 Saturn, aufgenommen am 28.02.2010 von Dieter
Willasch (Daten siehe Text)
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104 Planeten
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3 Links oben: Saturn mit den Mon-
den Dione, Titan und Tethys sowie dem Schatten von Rhea; 23.04.2010, 20:04 Uhr UTC. Links unten: Die Situation etwas später um 20:37 Uhr UTC. Rechts oben: Saturn mit dem Schatten von Tethys; 24.04.2010 um 21:47 Uhr UTC. Rechts unten: Saturn mit den Schatten von Dione und Tethys; 24.04.2010 um 22:22 Uhr UTC.
Aufnahmen von Wolfgang Bischof (weitere Daten s. Text)

Bildbearbeitung geschah mit Registax, ImagesPlus und Photoshop. Jeweils ca. 20 % der Einzelbilder wurden selektiert und addiert. Farbkodierung: L(IR)RGB.
Am 24.03.2010 ab 23:30 Uhr UT nahm Bernd Eser Saturn als IRRGB-Bild auf, mit Baader FFC, Baader IR Pass Filter und Imaging Source DMK 21 AU04 am Meade LX 200 GPS 14''. Er verwendete an Software Avistack, Fitswork und Photoshop. Auch hier wurde für die Luminanz der IR-Kanal benutzt (Abb. 2).
Wolfgang Bischof ist es in der zweiten Dekade April gelungen, die Schattentransits von Rhea (D = 0,24''), Tethys und Dione (D = 0,17'') aufzunehmen (Abb. 3). Teleskop war ein 8-Zoll-Newton mit Abbe-Barlowlinse bei f/20. Als Kamera verwendete er eine DMK 21 AU. Es wurden AVI-Files mit 4.500 bis 5.000 Bildern bei 30 Bildern pro Sekunde aufgenommen. Davon wurden 5 bis 8 % mit Giotto gestackt und geschärft. Die Aufnahmen
2 Saturn am 24.03.2010, Aufnah-
me von Bernd Eser (Daten siehe Text)
4 Saturn am 04.05.2010, Aufnah-
me von Werner E. Celnik (Daten siehe Text)
5 Anblick des Saturns am
08.05.2010, Aufnahme von Bernd Koch (Daten siehe Text)

wurden dann mit Photoshop als R-RGB weiterverarbeitet, da das R-Bild mit Abstand die beste Schärfe zeigte. Man beachte den zu dieser Zeit scharfen Schatten, im Gegensatz zu den Abbildungen 1 und 2, als Ringöffnung und Sonnenstand noch etwas anders waren.
Am 04.05.2010 zwischen 20:45 und 21:34 Uhr UT nahm Werner E. Celnik Saturn unter die Lupe (Abb. 4). Die Planetenkugel hatte 18,9'' Durchmesser und die Ringöffnung betrug 1,5''. Das Aufnahmeteleskop, ein Refraktor Takahashi TOA 150 mm / 1.100 mm, kam erstmals für Planetenaufnahmen zum Einsatz! Die Aufnahmen erfolgten bei f = 4.400 mm mit einer TouCam 740. Von zwei Serien mit 2.700 und 5.000 Bildern wurden jeweils 10 % mit Giotto gemittelt.
Die im Zeitablauf nächste Aufnahme stammt von Bernd Koch. Sein LRGBBild von Saturn entstand am 08.05.2010 und war ein wenig aufwändiger (Abb. 5). Aufnahmeteleskop war ein 12-zölliges Meade ACF mit Baader FFC. Mit einer Imaging Source DMK 41 AU02 wurden monochrome AVI-Files in verschiedenen Filterbereichen aufgenommen. Die 3-Minuten-Videos umfassten ca. 672 Einzelbilder, Belichtung des Einzelbildes 1/4 s. Die geeignetsten Luminanz-Vorlagen brachte der Grünkanal. Die ungeschärften Rohbilder wurden über AviStack 2 Beta kombiniert. Die Farbinformationen sammelte eine Kamera Celestron NexImage mit 15 Bildern pro Sekunde. Gestackt wurden 1.200 Einzelbilder mit

Spektroskopie 105

Giotto. Für das Endbild wurde der Luminanzkanal geschärft (Wavelet), der Farbkanal im Hintergrund geglättet, alles dann über Photoshop zusammengesetzt. Die letzte hier vorgestellte Aufnahme (Abb. 6) stammt wieder von Werner E. Celnik. Aufnahmezeitpunkt war der 04.06.2010 zwischen 20:14 und 20:28 UT, als die Sonne nur ca. 5 Grad unter dem Horizont stand. Saturns scheinbarer Durchmesser war auf 18,0'' geschrumpft, die Ringöffnung auf 1,1''. Aufnahmegerät war wieder ein Takahashi TOA Refraktor 150 mm / 1.100 mm, die WebCam ToU-

Cam 740 wurde bei 5 m Effektivbrennweite eingesetzt. Zwei Videosequenzen mit jeweils 8.000 Frames wurden mit GIOTTO ausgewertet: einmal 5% der Frames und einmal 20% der Frames. Die Ergebnisse beider Sequenzen wurden abschließend in Photoshop bearbeitet und gemittelt.
6 Saturn am 04.06.2010, Aufnah-
me von Werner E. Celnik (Daten s. Text)

HeI6678-Emissionsaktivität im
Be-Stern · Cas
von Ernst Pollmann

In diesem Aufsatz wird über das Verhalten der HeI6678-Emission im Spektrum des Be-Sterns · Cas von August 2005 bis Oktober 2008 berichtet, wobei die Beobachtungen selbst am 40-cmSchmidt-Cassegrain-Teleskop der Sternwarte der Vereinigung der Sternfreunde Köln durchgeführt wurden. Der selbstgebaute, hier zum Einsatz gekommene Spalt-Spektrograph besitzt eine Dispersion von 27 Å/mm = 0,245 Å/Pixel bei einer spektralen Auflösung R ~ 14.000. Die Belichtungszeiten lagen im Allgemeinen bei etwa 30 bis 40 Sekunden pro Einzelspektrum. Die individuellen Einzelspektren mit 100<S/N<200 wurden

dabei zur Verbesserung des S/N zu einem Summenspektrum zusammengeführt. Die gesamte Datenreduktion sowie die Bestimmung der Äquivalentbreite (EW) sind gemäß einem Standardverfahren (Pollmann 1997) bei gleichzeitiger Ermittlung der Genauigkeit der EW-Messungen in jedem Summenspektrum nach der Methode von Chalabaev und Maillard (1983) durchgeführt worden. Die Größe des Fehlerbalkens eines individuellen Datenpunktes entspricht der maximalen EW-Standardabweichung von 6 % bei der He6678-Emission, und 2 % bei der EW der H· -Emission. Das S/N Verhältnis lag stets zwischen 400 und 1.000.

Die Abbildung 1 identifiziert eine Episode ungewöhnlich starker Emission in den roten und blauen Flügeln im Absorptionsprofil der HeI6678-Linie. Dieser Plot vergleicht das durchschnittliche, mittlere F/Fc-Profil von November 2007 bis August 2008 mit individuellen Beobachtungen während des Ereignisses vom 18., 21. und 26. September 2008. Die Abbildung 2 zeigt die gemessene EW von Januar 2003 bis September 2008. In diesem Plot ist (mit zwei Ausnahmen) die EW als Summe beider Emissionspeaks von 6675 Å bis 6680 Å dargestellt. Für JD 2454728 und 2454731 (18. und 21. September 2008), ist dagegen die EW als

1 Vergleich des mittleren HeI6678-Spektrums (2007/11
bis 2008/08) zu den ,,HeI6678-Ereignis-Spektren" von 2008/09/18 und 2008/09/21

2 Monitoring des Zeitverhaltens der HeI6678-Emission
von JD 24542744 bis JD 2454826
VdS-Journal Nr. 35

106

Spektroskopie

Summe des Wellenlängenabschnitts von 6658 Å bis 6695 Å eingetragen.
Diese Art plötzlich auftretender Aktivität ist bereits von Anderen beobachtet worden. So wurde beispielsweise in · Cas ein ,,flare" mit einer Dauer von mehreren Minuten als zusätzliche Emission bei 6680 Å in der HeI6678-Emission von Smith (1995) beobachtet. Rivinius u. a. (2001) fand eine zusätzliche Emission in HeI6678 bei 6675 Å und 6680 Å während eines Ausbruchs von µ Cen. Sie kommentierten diese Erscheinungen folgendermaßen:
,, ...es kann kaum Zweifel daran bestehen, dass die ,,bump"-Muster die wir beschrieben, mit Variationen verbunden sind, über die aus Untersuchungen an zahlreichen anderen optischen Linien im Spektrum von · Cas berichtet worden ist. Doazan (1976) und Hutchings (1976) berichteten zuerst über Variationen in H· ; Slettebak & Snow (1978) fanden ähnliche, aber schnelle Variationen H· ".
So genannte ,,migrating subfeatures" werden, soweit bekannt, mit großer Sicherheit durch Absorptionen von mitrotierenden (co-rotating) Wolken verursacht, die durch magnetische Felder des Sterns gebunden sind, und unregelmäßig bei intensiven Beobachtungen gesehen werden können. Ein prototypisches Beispiel dafür ist der magnetisch aktive dKeStern AB Dor. Diese Eigenschaften sind von mehreren Beobachtern im optischen Spektralbereich, z. B. von Yang et al. (1998) und im UV-Bereich durch Smith et al. (1998) beobachtet worden. Soweit bekannt, zeigt nur ein anderer Stern als ,,Analogon" zu · Cas Eigenschaften der

Anmerkungen von Geraldine Peters
(Space Science Center University South California)

Dieser Aufsatz ist wichtig, weil der Bereich für HeI6678 (der zirkumstellare Bereich, in dem vorhandenes HeI6678 ionisiert werden und zur Linienemission rekombinieren kann), im Vergleich zu dem von Wasserstoff eher klein ist. Dies ist ein starkes Argument dafür, dass die Variationen von Material verursacht werden, dass sich in großer Nähe der Oberfläche des Sterns befindet, wahrscheinlich innerhalb von 1-2 Sternradien (vielleicht sogar weniger).
Außerdem kann man annehmen, dass wegen der Doppelpeakform der voll entwickelten Emission zusammen mit ihren breiten Flügeln das Material in Regionen gebildet worden ist, welches mit dem schnell rotierenden Zentralstern mitrotiert (co-rotating). Beide Argumente weisen darauf hin, dass die Emission nicht in einer Kepler-Scheibe gebildet wird, in der das Geschwindigkeitsgesetz mit dem Radius der Scheibe abnimmt.
Die optische Lichtkurve des Sterns zeigt eine Periode von 1,21 Tagen (Smith, Henry & Vishniac 2007, Astrophys. J. 647, 1375) und hat darüber hinaus eine eigenartige Wellenform. Photometrische Schwankungen, selbst von Sternen des frühen B-Typs, scheinen denselben Ursprung in den Oberflächen später Bp- und Ap-Sterne zu haben, nämlich gebunden freie Absorptionsränder von Metallen, die

durch eigenartige, über die Oberfläche des Sterns verteilte Flecken verursacht werden.
Dies beweist nach meiner Meinung, dass die Be-Sterne multipolare (hoch komplizierte) magnetische Oberflächenfelder haben. Als reine Spekulation ist auch möglich, dass die hier berichteten Ereignisse durch Energien verursacht werden, die in magnetischen Strukturen in der Nähe Sternsoberfläche gespeichert ist. Ich sollte noch hinzufügen, dass das Erscheinen von (während einiger Tage) quasistabilen Emissionspeaks in Be-Sternen höchst ungewöhnlich ist, und einmal mehr ein kompliziertes geometrisches Bild dieser Sterne andeutet. Es ist zu schade, dass das Ereignis nicht schon früher erfasst wurde, dennoch gibt es wertvolle Information über die Entstehungsprozesse.
Dieser Artikel wird auf all diese Fragen allein nicht antworten können, aber Ereignisse wie diese, zusammen mit Beweisen aus anderen Beobachtungen werden zu einem Endbild beitragen können.
Dieses Ereignis wird ein wichtiger Bestandteil dessen werden, wie sich das Gesamtbild von Kurzzeitschwankungen bei · Cas (und vielleicht auch anderer Be-Sterne) letztlich darstellt.

Monitoring des Zeitverhaltens der H· -Emission mit der markierten Position der HeI6678 ,,Ereignis-Spektren" VdS-Journal Nr. 35

Sternbedeckungen

107

Art wie sie hier vorgestellt worden sind: HD110432 (Smith & Balona 2006, ApJ, 640, 491).
Die Ausbrüche, über die hier berichtet wird, sind nach Ansicht professioneller Fachleute sensationell, besonders stark und selten, und es ist wahrscheinlich, dass diese Kurzzeitereignisse in der Nähe des Sterns gebildet worden sind (ähnliches wurde von Hutchings berichtet). Die Zeitskala der Beobachtungen JD 2454728,313 bis JD 2454732,299 (= 71,7Std.) ist mit der Orbitalzeit des inneren Gebiets der Be-Sternscheibe vergleichbar. Es ist möglich (oder wahrscheinlich), dass Material in eine nicht stabile Bahn in der Nähe der Oberfläche des Sterns ausgestoßen worden ist. Smith berichtete 1995 über ähnliche beobachtete Variationen.
Für den Fall, dass es für diese Interpretation wichtig sein könnte, zeigt die Abbildung 3 eine etwas längere Historie der Änderungen der H· -EW aus Eigenbeobachtungen sowie aus anderen Quellen. Der Pfeil im unteren Plot der Abbildung 3 markiert den Zeitpunkt des beobachteten HeI6778-Ereignisses. Darüber hinaus sollte erwähnt werden, dass, seitdem die He6678-EW überwacht wird, keinerlei Korrelation zur EW von H· gefunden

4 Plot zum
Beweis dafür, dass keinerlei Korrelation zwischen der Emissionsstärke von H· und der HeI6678Emission gefunden werden konnte
werden konnte (Abb. 4). Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Emissionsstärke von H· bei · Cas seit dem letzten Minimum (bei etwa JD 2454230) beständig gestiegen ist.
Danksagung Dr. Myron A. Smith (Catholic University, Baltimore, USA), dem Referee dieser Arbeit, bin ich wegen seiner detailierten und kritischen Anmerkungen, die wesentlich zur Verbesserung einiger wichtiger Ausführungen geführt haben, zu ganz besonderem Dank verpflichtet.
Literaturhinweise [1] A. Chalabaev, J.P. Maillard, 1983:
Astron. Astrophys. 127, 279

[2] V. Doazan, 1976: IAU-Symposium no. 70, Dordrecht, Holland; Boston: D. Reidel Pub. Co., 37
[3] J.B. Hutchings, 1976: Publ. Astron. Soc. Pac. 88, 911
[4] E. Pollmann, 1997: Be-Star-Newsletter 32, 11
[5] Rivinius et al., 2001: The Journal of Astronomical Data 7, 5.
[6] A. Slettebak, T.P. Snow, 1978: Astrophys. J. 224, L127
[7] M.A. Smith, 1995: Astrophys. J. 442, 812
[8] M.A. Smith, R.D. Robinson, A.P. Hatzes, 1998: Astrophys. J. 507, 945
[9] S. Yang, Z. Ninkov, G.A.H. Walker, 1988: Publ. Astron. Soc. Pac. 100, 233

Jupiter bedeckt 45 Cap
von Hans-Joachim Bode
In der Nacht vom 3. auf den 4. August 2009 zog der Planet Jupiter über den Stern 45 Cap (Helligkeit 5,96 mag, Spek-
1 Jupiter, aufgenommen mit dem
2,2-m-Teleskop auf dem Calar Alto und der dortigen Blackmagic Camera (NICMOS3 array bei einer Auflösung von 256x256 Pixeln / der Originalmaßstab betrug 0,641 arcsec/Pixel, Belichtungszeit jeweils 0,1 Sekunden). Die Messdaten wurden durch das Centro Astronómico Hispano Aleman (CAHA) am Calar Alto, mit Unterstützung des Max-Planck Institut für Astronomie und dem Instituto de Astrofísica de Andalucía (CSIC), zur Verfügung gestellt.

VdS-Journal Nr. 35

108

Sternbedeckungen

traltyp A5). Wie sich bei einer Anfang des letzten Jahres durchgeführten Recherche zeigte, war dieser Vorübergang das spektakulärste Ereignis mit Jupiter für die nächsten 100 Jahre für unsere Hemisphäre!
Es war sofort klar geworden, dass dieser immense Helligkeitsunterschied eine Messung im IR-Bereich erforderte. Wie bereits bei der Bedeckung des Sterns SAO 187526 (Helligkeit 8,83 mag, Spektraltyp K0 ) am 28.06.1996 beobachtet werden konnte, würde ein Methanbandfilter (890 nm) für ein 14-Zoll-Instrument verwertbare Daten liefern können.
Dieses Ereignis wurde 2009 zum zentralen Ziel der Fachgruppe Sternbedeckungen.
Europaweit, längs des Meridians, wurden Sternwarten und (natürlich) Mitglieder der IOTA/ES angesprochen und aktiviert, dieses Ereignis in ihre astronomische Planung 2009 mit aufzunehmen. Die konzertierte Aktion führte dazu, dass sich von Finnland bis ins südliche Afrika

2 Bedeckungs-
ereignis Jupiter - 45 Cap am 3./4.8.2009, Lichtkurve von KarlLudwig Bath, aufgenommen mit dem 0,5-m-Cassegrain der IAS auf Hakos / Namibia
Amateur-Astronomen und professionelle Astronomen vorbereiteten, sich bei diesen Messungen zu beteiligen. So wurden dann neben vielen europaweiten Sternwarten auch auf dem Calar Alto, Teneriffa, Hakos dieses Ereignis vermessen (s. Abb. 1).
Die vielen positiven Messungsergebnisse bedürfen noch einer langwierigen Aus-

wertung, um neben Veränderungen der Jupiteratmosphäre auch Schwerewellen nachweisen zu können. Dieses wird wohl dann gemeinsam mit der Universität Paris erfolgen.
Die abgebildete Lichtkurve (Abb. 2) wurde von Karl-Ludwig Bath mit dem 0,5-mCassegrain der IAS auf Hakos / Namibia erstellt.

ESOP XXVIII in Niepolomice / Polen
von Andreas Tegtmeier

Wie jedes Jahr zum Ende des Sommers fand am letzten Augustwochenende vom 28. August bis 2. September 2009 wieder das jährliche ESOP statt. Das European Symposium on Occultation Projects wurde dieses Mal von der Polnischen Vereinigung der Amateur-Astronomen (PAAS) organisiert und in Niepolomice, ca. 25 km südöstlich von Krakau, ausgerichtet. In der angenehmen Atmosphäre des historischen, sehr schön renovierten königlichen Schlosses von Niepolomice hatte das Organisatorenteam unter der Leitung von Pawel Maksym ein interessantes Tagungsprogramm zusammengestellt.
Nach der Eröffnung durch den Präsidenten Hans-Joachim Bode, berichte Dr. Michal Drahus vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung und Earth and Space Sciences University of California, Los Angeles, über den ,,MegaOutburst" des Kometen Holmes (17P) im Oktober 2008, bei dem eine um 15 mag
VdS-Journal Nr. 35

erhöhte Lichtstärke gemessen werden konnte. Die ,,Explosionswolke" verbreitete sich mit einer Geschwindigkeit von >1 km/s und hatte nach 3 Tagen einen größeren Umfang als der Jupiter. Das Interessante ist, dass dieser Komet bereits in 11/1892 und 03/1893 teilexplodiert ist. Auch dieses Mal zeigte er mit der 2., ebenfalls wesentlich kleineren Explosion in 03/2009, das gleiche Verhalten. Die Auswertungen der Messungen und der Molekularanalysen dauern noch an.
Anschließend wurde der letztmalig in 1999 vergebene ,,Wieth-Knudsen-Award of IOTA/ES" verliehen. Der diesjährige Preisträger, Harrie J. Rutten (Präsident der DOA - Dutch Occultation Association), wurde für seinen unermüdlichen und herausragenden Einsatz bei Sternbedeckungen (283 in 2008, 252 Messungen bis 06/2009) ausgezeichnet. Das Hauptthema dieses Tages war die Sternbedeckung am 03.08.2009, bei der Jupiter den

Stern 45 Capricorni bedeckte (siehe hiezu den Bericht in dieser Ausgabe). Dr. Wolfgang Beisker stellte erste Ergebnisse und Auswertungen vor, die langfristig neue Erkenntnisse und Aussagen über die Atmosphäre des Jupiters aufzeigen sollen.
Im Gegensatz zu der Bedeckung 1996 gab es bei diesem zwei Stunden dauernden Ereignis eine Vielzahl von Beobachtungsstationen längs des Meridians unserer Welt. In Namibia, Brasilien, Teneriffa und vielen Ländern Europas bis hinauf nach Finnland wurde die Bedeckung mit 0,50-m- bis 2,20-m-Spiegeln beobachtet. Wegen der großen Helligkeit des Jupiters erfolgte dies überwiegend im roten Lichtbereich. Registriert man eine Messung bei 890 nm (Absorptionslinie des Methans), so lässt sich das Licht des Jupiters auf ein Minimum für StandardCCD-Kameras reduzieren. Aufgrund der Vielzahl der Aufnahmen wird die Sammlung und Auswertung der Daten noch

Veränderliche Sterne

109

geraume Zeit in Anspruch nehmen. Im Anschluss hieran berichtete Dr. Eberhard Bredner über die im Juli 2009 zu Ende gegangene Kaguya Mission. Den japanischen Astronomen ist es mit ihrem mit neuester Technik ausgestatteten Satelliten gelungen, sehr detailliert die Mondoberfläche (Höhenprofil) aufzunehmen und zu vermessen. Wenn die Daten demnächst veröffentlicht werden, muss niemand mehr auf die ungenauen Daten des Watts-Mondrandprofiles zurückgreifen.
Zum Abschluss des 1. Tages berichtete Jan Manek über den Stand der Datenübertragung von der ILOC zur IOTA. Das International Lunar Occultation Center hat nach 17 Jahren im März 2009 die Arbeit eingestellt und die Aufgaben an die IOTA übergeben. Hierzu wurden bei der IOTA regionale Koordinatoren berufen, die die aktuelle Datensammlung bündeln und an Dave Herald, Australien als Global-Koordinator/-Datensammler weiterreichen. Alle bisher übernommenen Daten von über 1/2 Million Ereignissen aus den Jahren 1623 bis 2008 wurden durch die IOTA zwischen 12/2008 und 04/2009 kontrolliert und viele Fehler und Doppelungen, die ILOC nicht gefunden hatte, eliminiert.
Der 2. Tag begann mit dem Thema Sonnenfinsternis. Nach einem Fotoreisebericht über die Finsternis 2009 in China,

beobachtet auf der Zentrallinie von einem Schiff aus, gab es einen Vortrag und einen Workshop von Prof. Costantino Sigismundi und Konrad Guhl zur Bestimmung des Sonnendurchmessers. Hierbei wurden der gerade veröffentlichte ,,Baily's-Beads-Atlas" (in: Solar Physics) vorgestellt, der die Auswertungen der Sonnenfinsternisse von 2006 bis 2008 enthält. ,,Baily's Beads" nennt man die Lichtpunkte (Perlen) bei einer Finsternis, die durch das letzte Sonnenlicht entstehen, das noch durch die Mondtäler scheinen kann, während der Rest der Sonne bereits von den Mondbergen abgedeckt ist. Mit Hilfe dieser Beads lässt sich der Durchmesser der Sonne mit extrem hoher Genauigkeit (ca. +/- 8 km) bestimmen.
Während des Workshops wurde u. a. die These diskutiert, ob zur Sonnendurchmesserbestimmung nicht allein ein Sonnenuntergang über dem Meereshorizont oder ein Satellitendurchgang vor der Sonne ausreicht - zweifelsohne aber nicht mit der gewünschten Genauigkeit! Im Anschluss hieran stellte Eric Limburg die neue Version von LOW 4.1 vor. Sie enthält verbesserte Funktionalitäten für die Ereignisdarstellungen mit Rückgriff auf Google-Maps und den IOTA-Meldebericht im neuen Format; er ist jetzt von der Homepage Eric Limburgs herunterladbar. Wenn in Kürze die neuen Mondranddaten der japanischen Kaguya-Son-

de veröffentlicht werden, wird es eine neue Version 4.2 geben, die wegen der hohen Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Werte nur noch diese Daten enthalten wird - alle anderen werden eliminiert. Danach fanden noch mehrere Ergebnisberichten zu verschiedenen Themen statt, nämlich von: - Vagelis Tsamis über CCD-Fotografie
und Videoaufnahmen der Uranusmond- und Saturnmondbedeckungen sowie der Jovian Mutual Events in den Jahren 2007 bis 2009. - Oliver Klös über Meteoritenbeobachtungen mit dem ,,normalen" Equipment, wie es bei Sternbedeckungsmessungen zum Einsatz kommt, sowie im Anschluss daran einige Tricks, wie solche Bilder sinnvoll bearbeitet werden. - Harrie Rutten über eine neu entwickelte Okularhalterung mit variabler Blende zur Verbesserung des Kontrastverhältnisses bei Sternbedeckungen durch den Mond.
Den Abschluss des Symposiums bildete die Vorstellung des neuen Veranstaltungsorts für das ESOP XXIX: York in England.

ES Aquilae wird im Ausbruch dunkler
von Hans G. Diederich

Bei ,,Ausbrüchen" von Veränderlichen denkt man an Explosionen von Sternen als Supernova, an Novae und an Ausbrüche in kataklysmischen Sternen. Allen ist gemein, dass diese Veränderlichen

Eigene Beobachtungen von ES Aql

Datum
10.10.2005 11.10.2005 12.11.2006 17.08.2009

scheinbare Zustand visuelle Helligk.
12,5 mag Ausbruch 12,5 mag Ausbruch 11,8 mag Ruhelicht 11,7 mag Ruhelicht

dabei heller, teilweise sogar extrem hell werden. Aber es gibt eine Ausnahme: R-Coronae-Borealis-Sterne (R-CrB-Sterne) werden bei ihren unregelmäßig stattfindenden Ausbrüchen nicht heller sondern dunkler! Nur wenige R-CrB-Sterne sind bekannt. Zwei Gründe, warum man sich auch einmal für sie interessieren sollte.
ES Aql In [1] wurde u. a. vom R-CrB-Stern ES Aql berichtet. Den ersten Anstoß erhielt ich aber durch einen Hinweis auf der Website der BAV. Dort war im Jahre 2005 zu lesen, ES Aql befände sich ,,im Ausbruch". Und ,,Ausbruch" hörte sich nach

etwas Besonderem an. Also wollte ich beide beobachten, ES Aql und seinen Ausbruch. Daraus entwickelte sich dann ein einfaches Projekt, welches bis Mitte 2009 andauerte.
Lichtwechsel ES Aql ist also ein R-CrB-Stern. Kenntnisse über die allgemeinen Eigenschaften eines Veränderlichen sind sinnvoll, um die eigenen Beobachtungen richtig planen zu können. Es soll dabei mehr heraus kommen, als nur ein Lichtpünktchen zu sehen. Stattdessen möchte man die Veränderung seiner Helligkeit erkennen und mitbekommen, wie dieses Lichtpünktchen ,,lebt"!
VdS-Journal Nr. 35

110

Veränderliche Sterne

Die Art des Wechsels vom Ruhelicht (Normalzustand) hinein in den Helligkeitsabfall (in den ,,Ausbruch") ist das wirklich Interessante. Wie lange bleibt der Stern dort unten, wann und wie kehrt er zum Ruhelicht zurück? Um sich später daran zu erinnern, schreibt man sich eine Notiz, schätzt die Helligkeit durch Vergleich mit Nachbarsternen, malt eine kleine Zeichnung (heller Stern großer Klecks, schwacher Stern kleiner Klecks), erstellt mit der Kamera eine Aufnahme oder misst in dieser die Helligkeit (fotometriert). Selbst Jahre später lassen sich all diese Beobachtungen im Zusammenhang betrachten.
Aber was sind denn nun R-CrBSterne? Tenenbaum et al. [1] erklären das in ihrer Arbeit wie folgt: Es handelt sich um wasserstoffarme Veränderliche mit einem hohem Gehalt an Kohlenstoff. Sie haben die AGB-Phase (den Asymptotischen Riesenast, ,,asymptotic giant branch") im Hertzsprung-Russell-Diagramm bereits hinter sich gelassen und werden daher auch als ,,post AGB stars" bezeichnet. R-CrB-Sterne pulsieren und erfahren unregelmäßige Helligkeitsabfälle, verursacht durch die Entstehung von zirkumstellarem Staub. Der Mechanismus dieser Staubentstehung wurde zumindest 2005 noch nicht genau verstanden. Es wurde vorgeschlagen, dass CO-Moleküle (Kohlenmonoxid) eine wichtige Rolle bei der Kühlung des zirkumstellaren Gases spielen, so dass sich Staubkörner bilden können. Vielleicht entsteht dabei fester Kohlenstoff: Ruß. Und Ruß ist schwarz. In ihm verfängt sich das Sternlicht, wenn solche Staub- bzw. Rußwolken zwischen Stern und Beobachter geraten. Das ist dann der Ausbruch: Plötzlich wird der Stern dunkel.
Die Temperatur von R-CrB-Sternen Die Autoren der aktuellen Arbeit suchten bei acht R-CrB-Sternen nach CO. Zu diesen Veränderlichen gehörten auch der R-CrB-ähnliche DY Per und der FinaleHe-Blitz-Stern (,,finalheliumflash star") FG Sge. Die Temperaturen (Teff) dieser acht R-CrB-Sterne bewegen sich zwischen 4.000 und 7.250 K.
Die ersten und zweiten Oberton-COBänder (das sind keine Untersuchungen im optischen Bereich) wurden bei den
VdS-Journal Nr. 35

kälteren (Teff < 6.000 K) R-CrB-Sternen nachgewiesen. Zu diesen ,,kühlen" R-CrBSternen zählen Z UMi, ES Aql, SV Sge und DY Per. Diese Oberton-Bänder fehlten dagegen in den wärmeren (Teff > 6.000 K) R-CrB-Sternen, zu denen R CrB, RY Sgr, SU Tau und XX Cam gerechnet werden.
ES Aql im Ausbruch In [2] hatte folgende Information gestanden: ,,Der eher schwache R-CrB-Stern ES Aql sank im Laufe des Augustes von 11,9 mag um nahezu eine Größenklasse auf 12,8 mag, bis Mitte September auf 13,8 mag. Der letzte Sichtbarkeitsabfall fand vor ca. zwei Jahren im August/September 2005 statt, er sank damals auf 14,2 mag und erholte sich auf Normallichtstärke innerhalb von zwei Monaten."
Ein kleines ES-Aql-Projekt Wer täglich zuhause beobachtet (sofern das Wetter ihm dies erlaubt), hat bessere Voraussetzungen als der Sternfreund, welcher nur im Astro-Urlaub ans Teleskop geht. So kamen bei mir lediglich vier Beobachtungen zusammen. Seit der ersten Beobachtung im Ausbruch (wenn auch nicht so tief wie 14,2 mag), bestand der Wunsch, ES Aql auch einmal im Ruhelicht, also ,,hell" zu sehen. Im nächsten Urlaub war es soweit. Aber selbst dann konnte ich immer noch nicht von ihm lassen und besuchte ES Aql im letzten Sommer ein weiteres Mal (Ergebnisse s. Tab. 1).
Fremde Lichtkurven und eigene Beobachtungen Die Dramatik des Lichtwechsels ist diesen vier Beobachtungen noch nicht anzusehen. Diese lässt sich aber in Lichtkurven nachempfinden, die durch den Lichtkurvengenerator der BAV bereit gestellt werden und auf den Schätzungen und Mes-

1 ES Aql
im Ruhelicht am 17.8.2009, Aufnahme von Hans-Günter Diederich
sungen sehr vieler Sternfreunde beruhen. Jeder kann sich hier beteiligen. Die Aufnahme von ES Aql (Abb. 1) wurde mit einem Grünfilter aufgenommen. Häufig werden auch V-Filter benutzt. Visuelle Beobachter benötigen keine Filter, sie haben es bereits ,,fest eingebaut". Die Filternutzung bei Aufnahmen erlaubt den Vergleich der von verschiedenen Sternfreunden stammenden Helligkeitswerte.
Vergleichssterne zum Schätzen und Fotometrieren wurden in der Abbildung 1 markiert. Deren Beschriftung gibt die Helligkeit an, bei welcher der Dezimalpunkt weggelassen wurde. ,,108" bedeutet also, dass dieser Vergleichsstern eine Helligkeit von V = 10,8 mag aufweist. Das soll Verwechslungen mit Sternen ausschließen.
Ausblick Mit den Hinweisen zu R-CrB-Sternen, zu ES Aql und deren Beobachtung wird es nun möglich sein, tiefer einzusteigen oder einfach mal in der nächsten klaren Nacht einen Veränderlichen zu beobachten, der im Ausbruch nicht heller sondern dunkler wird. Weitere Informationen und Übungsmöglichkeiten zum Schätzen der Helligkeit befinden sich auf der Website der BAV. Allen Sternfreunden wünsche ich mit den R-CrB-Sternen viel Freude und Erfolg.
Literaturhinweise [1] E.D. Tenenbaum et al., 2005:
"Detection of NearIR CO Absorption Bands in R Coronae Borealis Stars", astroph/0503497 [2] D. Bannuscher, 2007: ,,Aus der Sektion Kataklysmische Sterne: Aktivitäten zwischen August und November 2007", Rundbrief 4 (2007) der BAV

Veränderliche Sterne

111

Grundlagen zur Fotometrie mit JPG-Bildern - Teil 1: Untersuchung der kamerainternen Bildbearbeitung
von Carsten Moos

In dieser Untersuchung geht es darum, ein JPG-Bild auf die Eignung zur Fotometrie zu untersuchen. Für die Fotometrie müssen die Tonwerte proportional zu den Sternhelligkeiten sein und deshalb dürfen die linearen Sensordaten nicht durch eine Gammafunktion in einen anderen Maßstab transformiert werden. Dazu wurde ein Testbild von einer Graukarte neben einer Kalibriertafel von Dicam mit einer Canon EOS 350D DSLR im Sonnenlicht aufgenommen und von der Kamera je als Rohbilddatei (Format cr2) und als Bilddatei (Format JPG) abgespeichert. Der Vergleich der Tonwerte in diesen beiden Formaten liefert Erkenntnisse über die kamerainterne Bildbearbeitung. Damit wird im zweiten Teil die Verwendung von JPG-Bildern zur Fotometrie bewertet und der Frage nachgegangen, ob durch eine Prozessumkehr das JPGBild gegebenfalls linearisiert und für fotometrische Messungen verwendet werden kann.
Vorgehensweise Geeignete Felder der in der Abbildung 1 gezeigten Kalibriertafel werden sowohl im CR2- als auch im JPG-Format softwaremäßig ausgemessen. Zusätzlich wurde noch auf die gleiche Art je ein Resultat aus dem Zoner Photo Studio 10, dem Canon Zoom Browser und dem

RawShooter von Pixmantec vermessen. Die wichtigsten Aufnahmeparameter zeigt die Tabelle unten rechts.
Messdaten Eine erste Datenübersicht zeigt die Tabelle 2 (,,Messdaten in Rot", S. 112). Einzelne Felder der Dicam-Tafel werden erst mit IRIS [1] im Rohbild (das Bild wurde nur in ein Farbbild ohne weitere Korrekturen umgewandelt) und dann jeweils dasselbe Feld im JPG ausgemessen. Der Vergleich berücksichtigt nur den roten Kanal, weil IRIS hier einer Beschränkung unterliegt. Eine zweite Datenübersicht in der Tabelle 3 (,,Messdaten in RGB", S. 114) enthält die Messwerte in allen drei Farben (RGB). Als Bildbasis dient dasselbe Bild wie oben.
Vergleich der Messwerte Bei den JPG-Bildern werden die vom Sensor gelieferten Tonwerte nach einer so genannten Gammakurve (oder auch Gradationskurve genannt) transformiert (vgl. Abb. 2).
Um diese Gammakurve näher zu bestimmen, werden die Messwerte nun grafisch dargestellt, indem der gemessene lineare Tonwert im Rohbild normiert auf 255 auf der x-Achse und der zugehörige Tonwert im JPG auf der y-Achse aufgetragen werden. Erkennbar wird, dass hier jeder

1 Testbild: lineares Rohbild (oben)
und JPG
Hersteller eine etwas andere Transformation verwendet. Für die Bestimmung der Gammakurve wird im Folgenden nur noch das kamerainterne JPG zugrunde gelegt. Was macht die Kamera intern? Dies zeigt Abb. 3.
Auswertung: Gammakurve bei Betrachtung des vollen Histogramms (0 bis 4095). Der Verlauf der in der Abbildung 3 gezeigten Gammakurve kann recht gut mit folgender Gleichung 1 mit einer Exponentialfunktion nachgebildet werden:

2 Vergleich
der Messwerte bezogen auf die linearen Tonwerte im Rohbild, Gammakurven von JPG, Canon Zoom Browser, Zoner Photostudio 10 und Rawshooter

Exif-Daten zum Graukartenbild

Belichtungszeit Blende Brennweite ISO Lichtquelle Modell
Farbpräsentation Farbraum

1/250 s 10 18.00 mm 100 Tageslicht Canon EOS 350D DIGITAL
YCbCR sRGB

VdS-Journal Nr. 35

112

Veränderliche Sterne

3 Canon Gammakurve des grünen Kanals (0 bis
4095, auf 255 normiert)

4 Kurvenverlauf der Exponentialfunktion nach der Gleichung
(1), Standard = Canonkurve, Näherung = Exponentialfunktion nach Gleichung (1)

Mit a = 255 und b = 43 ergibt sich die Abbildung 4. Diese Transformation kann einfach programmiert werden. Sie wurde in den picgrad-Tools [2] für IRIS implementiert und experimentell bestätigt. Problematisch ist der fast lineare, steile Anstieg der Transformationskurve, der sich auch nicht durch eine Potenz- oder Logarithmusfunktion darstellen lässt. Das Resultat dieser Transformation ist sehr anfällig für zu starkes Rauschen in den Schatten, weil der Schwarzpunkt immer bei 0 liegt, also dem niedrigsten Tonwert (= Schwarzpunkt). Eine ergänzende Offset-Korrektur lieferte brauchbare Tiefen. Insgesamt ist das daraus entstehende Bild dem JPG sehr ähnlich, allerdings werden unterbelichtete Bilder, wie sie in der Astrofotografie vorkommen, zu dunkel und weisen flaue Farben auf.
Farben Bei dieser Untersuchung treten einige Fragen zur Farbbalance des Sensors auf. Eine Messung mit IRIS ergibt (je auf eine Fläche der Graukarte bezogen): Das Kommando ,,white": 1.7 : 1.0: 1.34 ermittelt aus einer markierten grauen

Fläche die korrekte Farbbalance für ein neutrales Grau. Macht man vorher noch eine Offset-Korrektur auf ein schwarzes Feld mit dem Kommando ,,black": -17, -19 -19, subtrahiert dies den jeweiligen Hintergrund pro Farbkanal, und dann dieses Kommando erneut gegeben, ergibt sich eine RGB-Farbbalance für die abfotografierte Grautafel von: ,,white": 2.1 : 1.0 : 1.5.

Vergleichsbilder zwischen Kamera-JPG

und entsprechend farbgewichtetem Bild

nach manueller Korrektur mit dem o. g.

Farbverhältnis liefern zwar ein neutrales

Grau, jedoch sehr abweichende Farben

bei der Dicam-Tafel. Eine Referenz zu

diesem Thema ist das Farbgewicht der

Kamera-Software, welches in den Me-

tadaten der CR2-Datei abgelegt ist und

mit dem Programm dcraw [3] ausgelesen

werden kann. Die RGB-Balance im CR2

lautet:

Daylight multipliers:

2.467797 0.917149

1.164814

Camera multipliers:

2248.000000

1016.000000

1532.000000 1022.000000 Normiert man diese auf Grün = 1.0, ergibt sich: Daylight multipliers: 2.68 1.0 1.26 Camera multipliers: 2.21 1.00 1.51 1.01 für RGBG.
Eine weitere Recherche ergibt, dass in diesem Forum [4] eine fundierte Aussage gemacht wird darüber, dass die Farbkorrektur auf neutrales Grau bereits vor der Farb-Interpolation (Demosaicing, Debayern) durchzuführen ist. Weitere Infos findet man unter o. g. Adresse. Dieser Einfluss bleibt hier unberücksichtigt.
Auswertung: Gammakurve bei Verwendung von Schwarz- und Weißpunkt im Histogramm Die oben gewonnene Näherungs-Kurve (1) und die Lösung als picgrad ist auffällig in Bezug auf die Kurvenform. Die o. g. Farbabweichung und Rauschproblematik

Messdaten in Rot

Farbe Schwarz Grau1 Mittelgrau Grau3 Weiß

Rohwert 296 880
1250 1980 3200

auf_255_normiert 18.5 55.0 78.1
123.8 200.0

Zoner 21
161 195 226 184

ZoomB 24 161
197 226 251

RawShoot JPG

25

19

171 171

213 210

238 240

251 252

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5 Ergebnis der Transformation
mit der sRGB-Gammakurve bei einem Weißpunkt von 4095

Veränderliche Sterne

113

legen ebenfalls nahe, dass die interne Verarbeitung der Kamera komplexer ist. Bisher wurde das Histogramm des linearen Bildes lediglich für den Schwarzpunkt (Offset-Korrektur) verwendet. Diese greift aber nicht weit genug. Eine intensive Recherche im Internet bringt hervor, dass bereits 1990 eine Standard-Gammakurve der International Telecommunication Union (ITU) für HDTV (hoch auflösendes Fernsehen) und digitale Kamerasensoren festgelegt worden ist: BT.709 [5]. Dies führt wiederum zu dcraw, welches in der 9.x-Version ebenfalls eine GammaKorrektur ermöglicht: die o. g. BT.709 aber auch die sRGB-Kurve. Weiterhin findet man bei der näheren Betrachtung von Farbräumen (xyz, L*a*b) [6], dass die Transformation in andere Farbräume zwei separate Teiltransformationen machen: eine lineare für die Tiefen und eine exponentielle für die Mitten und Lichter. Nun scheint es also verständlich, weshalb die ersten Versuche mit einer reinen Gamma-Kurve keine brauchbaren Resultate lieferten.
Nehmen wir nun an, dass Canon das Rad nicht neu erfindet und sich an diesen Standard anlehnt (was ja mit dcraw auch unterstrichen wird), ergeben sich nun ganz andere Wege (Abb. 5):
Wendet man die sRGB-Gammakurve auf das lineare Rohbild an, ist das Ergebnis viel dunkler und flauer als das kamerainterne JPG-Bild.
Der Grund liegt darin, dass die Kamera das Histogramm auswertet. Der obere Wert, der Weißpunkt liegt nicht wie bisher angenommen beim höchsten Tonwert (bei 12 Bit, 4095) (= saturation point), sondern es wird ein Weißpunkt definiert. In dcraw wird der 99%-Weißpunkt eingesetzt. Das ist der Wert, bei dem 99% aller Pixel dunkler sind als dieser Wert. Setzt man also nun im Rohbild den Schwarzpunkt auf 16 (= technischer Kamera-Offset auf 255 normiert), die RGB-Balance wie im CR2 hinterlegt, den Weißpunkt auf 99% (hier bei Tonwert 156 im 8 Bit Maßstab) und wendet nun die sRGB-Gamma-Kurve auf das Bild an, so erhält man das gleiche Ergebnis wie mit dcraw (vgl. Abb. 6 bis 8). Dies ist eine Standardlösung, die sogar per Umkehr-Funktion wieder lineare Tonwerte liefert. Das kamerainterne Bild

6 Histogramm eines Rohbilds
7 Histogramm des Kamera-JPG
zeigt aber noch deutlich hellere Werte an (grau 205 statt 150). Es ist also davon auszugehen, dass die Kamera einen steileren Tiefenbereich und höheren Gammawert hat als sRGB definiert, oder der Weißpunkt ist leicht abweichend (98%).

Experimente mit dcraw liefern Ergebnisse, die noch näher am Kamera-Bild sind (vgl. Abb. 9): -S 1900 setzt den Weißpunkt auf 1900 fest -b 1.9 teilt den Maxwert durch 1.9 [3].
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114

Veränderliche Sterne

8 Histogramm des transformierten Rohbildes nach sRGB
bei 99% Weißpunkt, genauso liefert es auch das Programm dcraw.

9 Histogramm bei leicht korrigierter sRGB-Gammakurve
ist dem Kamera-JPG ähnlicher als bei Verwendung der sRGBGammakurve.

Reflexion Eine manuelle Bearbeitung der Rohbilder mit der Standard-Gammakurve liefert der folgende Weg: 1. Rohbild debayern 2. Farbbalance durchführen 3. Schwarzpunkt setzten 4. Weißpunkt setzen 5. Gammakorrektur durchführen
Die Umkehrung von Schritt 5 scheint möglich durch Kompensation der Gammakorrektur in einem JPG. Am besten geht dies, wenn das JPG eine bekannte Standard-Gammakurve beinhaltet (bekannter Farbraum). Für das Beispiel Canon EOS 350D bleibt eine besonders steile Kurve zu ermitteln und diese umzukehren. Erste Ansätze zeigt die folgende Umkehrung der sRGB-Kurve, dargestellt in der Abbildung 10.
Aus dieser Untersuchung geht prinzipiell hervor, wie eine DSLR und in vergleichbarer Weise eine digitale Kompaktkamera intern arbeiten. Es kann eine Kompensation der nichtlinearen Tonwerte in einem JPG zur Linearisierung für die Fotometrie abgeleitet werden.
Im zweiten Teil geht es um die Fotometrie eines nichtlinearen und eines mit den hier gewonnen Ergebnissen linearisierten JPG-Bildes. Die genaue Arbeitsweise der Kameraverarbeitung bleibt offen. Das Ergebnis dieser internen Prozesse ist in fotografischer Sicht jedenfalls sehr hochwertig, für die Fotometrie jedoch problematisch.
Weblinks: [1] IRIS, C. Buil, astrosurf.com/~buil [2] picgrad-Tools http://www.cmoos.de/
wordpress/?p=25
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[3] http://www.cybercom.net/~dcoffin/ dcraw/dcraw_de.1.html#lbAI: dcraw man page, http://www.libraw.org/ blog: libraw
[4] http://www.luminous-landscape. com/forum/lofiversion/index.php/ t38898.html, http://www. mathworks.com/access/helpdesk/ help/toolbox/vipblks/ref/demosaic. html: demosaic

[5] http://www.itu.int/rec/R-RECBT.709/en
[6] http://www.cybercom.net/~dcoffin/ dcraw/dcraw_de.1.html#lbAI: dcraw man page, http://www.mathworks. com/access/helpdesk/help/toolbox/ vipblks/ref/gammacorrection.html : gammacorrection, http://de.wikipedia.org/wiki/LabFarbraum : Lab-Farbraum

Messdaten in RGB

Feld
J18 C7 F8 H20 F12 G18 Grau H18 H15 J20

x 270 604 284 284 304 314 708 1091 700 1400

Rohdaten

y

z

300

290

373

309

389

581

395

489

586

355

1044 1091

1240

915

1275

387

1626

910

2115

950

JPG-Daten wie Kamera

R

G

B

18

18

21

222

28

54

50

47

196

29

52

156

2

149

43

23

203

236

209

207

208

255

206

41

184

243

189

255

242

170

10 Umkehr-
funktion für Kamera-JPG

VdS-Nachrichten

115

Wir begrüßen neue Mitglieder
von Eva Garbe

Mitgl.-Nr. Name

Vorname

9821 Baumann Frank

9816 Duzynski

Bernd

9900 Fichtner

Stephan

9817 Huttner

Fabian

9820 Schupp

Berthold

9819 Wysocki

Ulrike

9818 Anton

Markus

9822 Weiß

Reinhold

9824 Schmidt

Andreas M.

9825 Jonas

Carsten

9827 Andronake Arsene

9829

Dr. phil. Grana-

Behrens

Daniel

PLZ 04103 44789 69115 97422 65817 30890 32457 25348 67069 24214 76583

Ort Leipzig Bochum Heidelberg Schweinfurt Eppstein/TS. Barsinghausen Porta Westfalica Glückstadt Ludwigshafen Gettorf Gernsbach

53123 Bonn

9830 9831 9826 9823 9833 9835 9834 9837 9838

Reinhardt Jürgen

73035

Rommelfangen Jonathan 54441

Braun

Lennart

25767

Breit

Matthias

94548

Gerland

Peter

37154

Pawlik

Jan Marian 42719

Hirt

Roland CH-4054

Horn

Ralf

97877

Ketelsen

Sven

22179

Jebenhausen Mannebach Albersdorf Innernzell Northeim Solingen Basel-Stadt Wertheim Hamburg

Mitgl.-Nr. Name

Vorname

9839 Rübsam

Thomas

9836 Weber

Hans-Peter

9840 Simon

Olaf

9841 Pelzer

Angelo

9847 Kosetzki

Heinz Peter

9856 Meyer

Stefan

9849 Rohloff

Wolfgang

9854 Trulson

Uwe

9842 Dr. Bennemann Martin

9828 Berberich Winfried

9843 Dobbelstein Peter

9844 Frach

Thomas

9845 Frey

Volker

9857 Dr. Krey

Karl-Friedrich

9850 Rose

Uwe

9851 Suer

Josef

9853 Schmitt

Arno

9848 Kreißel

Lutz

9858 Sieber

Roland

9852 Schirm-Springob Sabine

9855 van Heukelan Frank

9860 Meyer

Peter

PLZ 66740 79258 44329 52379 48431 26826 45891 99817 92318 97950 59494 52078 48477 04275 45529 45329 66265 47449 95028 57076 46519 37688

Ort Saarlouis Hartheim Dortmund Langerwehe Rheine Weener Gelsenkirchen Eisenach Neumarkt Gerchsheim Soest Aachen Hörstel Leipzig Hattingen Essen Heusweiler Moers Hof Siegen Alpen Beverungen

Fernsteuerbare Teleskope für Schulen
von Dieter Husar

Ende 2006 wurde von Hanns Ruder (Tübingen) und mir die Stiftung ,,Interaktive Astronomie und Astrophysik" ins Leben gerufen, um insbesondere jüngere Generationen für astronomische Themen zu begeistern.

Die Stiftung ermöglicht die spielerische Begegnung mit Inhalten der Astronomie und Astrophysik durch verschiedene Projekte von interaktiven Lehrmodulen zur Visualisierung der Relativitätstheorie bis zu fernsteuerbaren Teleskopen. Weitere Infos auf der Homepage der Stiftung [1]. Astronomischer Schulunterricht ist leider heute noch eine Seltenheit. Dazu kommt die in Deutschland meist recht unsichere Wettersituation, die eine Planung astronomischer Beobachtungen im Rahmen des Unterrichts zusätzlich er-

1 Das Remote-Teleskop mit
20 cm Öffnung
2
Das Remote-Teleskop mit 30 cm Öffnung

VdS-Journal Nr. 35

116

VdS-Nachrichten

3 Das Remote-Teleskop mit 60 cm
Öffnung
schwert. Das Medium Internet lädt dazu ein, astronomische Beobachtungen mit dessen Hilfe an günstigeren Standorten zu betreiben. Zu diesem Zweck stehen inzwischen mehrere ferngesteuerte Teleskope in Südfrankreich zur Verfügung, wo im langjährigen Mittel mit 220 Beobachtungsnächten pro Jahr gerechnet werden kann. Die Einrichtung befindet sich ca. 60 km nordöstlich auf dem gut

geschützten Gelände des ,,Observatoire de Haute Provence" in der Nachbarschaft des 193-cm-Reflektors (bei Einweihung im Jahre 1958 einst Europas größtes Teleskop), mit dem 1995 die erste Entdeckung eines Exoplaneten gelang. Zwei kleinere Teleskope, ein 20-cm- und ein 30-cm-Schmidt-Cassegrain sind in einem Gebäude mit abfahrbarem Dach untergebracht, ein 60-cm-Cassegrain mit einem aufgesattelten 20-cm-SCT steht in der Nähe in einer 5-m-Kuppel. Alle Teleskope arbeiten weitgehend automatisiert und werden komplett über das Internet gesteuert. Sie sind alle mit CCD-Kameras ausgerüstet, deren Aufnahmen anschließend vom lokalen Computer herunter geladen und weiter ausgewertet werden können.
Die Beobachtungsthemen sollten natürlich so gewählt werden, dass sie im vorhandenen zeitlichen Rahmen zu verwertbaren Ergebnissen führen. Aufgrund meines eigenen Interessensgebietes standen bislang vor allem kurzperiodische pulsierende Veränderliche Sterne (z. B. RR-Lyrae-Sterne), sowie die Fotometrie und Altersbestimmung von offenen Sternhaufen im Mittelpunkt von Beobachtungen. Diese und weitere Inhalte (Kleinplaneten, Kometen) werden zurzeit unter anderem in Zusammenarbeit mit

einem Hamburger Gymnasium erprobt. Grundsätzlich kann sich zur Teilnahme an diesem Programm jeder interessierte Lehrer (oder auch Schüler) direkt bei mir melden. Es werden keine speziellen Kenntnisse vorausgesetzt, jedoch ist eine instrumentenspezifische Schulung unerlässlich. Das Beobachtungsprogramm kann im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten weitgehend von den Teilnehmern bestimmt werden. Von den interessierten Lehren wird die Bereitschaft erwartet, sich an der Entwicklung der pädagogischen Konzepte zu beteiligen. Die Stiftung stellt die Teleskope zur Nutzung im Rahmen des astronomischen Unterrichts kostenlos zur Verfügung.
Besonders würden wir uns auch über weitere, insbesondere jüngere Mitarbeiter an dem Projekt freuen, die langfristig dazu in der Lage sind, entsprechend ihre Fähigkeiten und ihre Zeit einzubringen. Hier sind Mechanik-/Elektrik-/Informatik-Kenntnisse besonders gefragt.
Kontakt: Dr. Dieter Husar, Hamburg. E-Mail: husar.d@gmx.de
Quellenhinweis: [1] http://www.stiftung-astronomie.de/

Die Bochumer Herbsttagung der
Amateurastronomie (BoHeTa)
von Otto Guthier

Die 29. Bochumer Herbsttagung (BoHeTa) findet in diesem Jahr am 23. Oktober statt, zu der alle interessierten Sternfreunde herzlich eingeladen sind. Im Hörsaal HMA 10 der medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum beginnt um 10:00 Uhr ein wie immer abwechslungsreiches und interessantes Programm mit Vorträgen zur Astrofotografie, visuellen Beobachtungen und Berichten zu Exkursionen.
Die BoHeTa ist ,,kult" und ein ,,Muss" unter den inzwischen zahlreich gewordenen Tagungen und Sternfreunde-Treffen. Jährlich wird die BoHeTa von vielen ambitionierten und interessierten Stern-
VdS-Journal Nr. 35

freunden besucht, im letzten Jahr waren es knapp 200 Amateurastronomen, die daran teilgenommen hatten. Die BoHeTa zählt neben der alle zwei Jahre stattfindenden VdS-Tagung sowie der Würzburger Frühjahrstagung zu den ältesten Einrichtungen dieser Art in der VdS.
Eine Anmeldung zum Besuch der BoHeTa ist nicht erforderlich. Sie bietet den Teilnehmern auch die Möglichkeit, Ergebnisse und Aufnahmen auf Posterwänden vorzustellen. Die Organisation obliegt einer Gruppe von Sternfreunden um Peter Riepe, die seit vielen Jahren Programm, Ablauf und Gestaltung übernommen haben und sich sicherlich auf

einen regen Besuch und Teilnahme freuen. Im Anschluss an die diesjährige Tagung klingt die BoHeTa wieder mit einem gemütlichen Beisammensein und Gedankenaustausch in einem der Restaurants im Uni-Viertel aus.
Details zum Programm und Informationen zum Veranstaltungsort mit Anfahrtsbeschreibung finden Sie unter: www.boheta.de
Kontakt: Peter Riepe Lortzingstraße 5 D-44789 Bochum E-Mail: fg-astrofotografie@vds-astro.de

VdS-Nachrichten

117

1 Aktive Referenten, konzentrierte
Zuhörer: Die BoHeTa bietet Vorträge auf hohem Niveau.
2 Im Rahmen der BoHeTa wird
der Reiff-Preis für Amateur- und Schulastronomie verliehen (siehe auch www.reiffstiftung.org)

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VdS-Nachrichten

VdS-Brainstorming - das Dritte

Über das dritte Brainstorming der VdS am 14.6.2009 in Heppenheim wurde bereits kurz in [1] berichtet, die Themen vorgestellt. Das Protokoll dieses Kreativ-Treffens wurde dem VdSVorstand zugestellt, der eine Arbeitsgruppe dazu ins Leben rief. Die Zusammensetzung der Gruppe: Otto Guthier, Sven Melchert, Siegfried Bergthal, Astrid Gallus und Werner E. Celnik. Diese Arbeitsgruppe traf sich nach der VdS-Vorstandssitzung am 18.4.2010 in Lüneburg, um die Ergebnisse des Brainstormings 3 zu diskutieren und daraus Aufgabenstellungen für den Vorstand der VdS zu formulieren.
Erster Schritt ist die Priorisierung der umzusetzenden Ideen aus dem Brainstorming. Um Ideen in konkrete Ziele umzuwandeln, müssen sie ehrgeizig sein, vielleicht sogar etwas hoch gesteckt, aber attraktiv, fähige Menschen zu motivieren, sie zu realisieren. Mit folgenden Hauptzielsetzungen (Details würden in diesem Forum den begrenzten Rahmen sprengen) wird sich der Vorstand in der nächsten Zeit auseinandersetzen, eine Reihenfolge definieren und die praktische Umsetzung über kleine Arbeitsgruppen in die Wege leiten: - Implementieren der VdS als DIE Anlaufstation für die
Amateure und die interessierte Öffentlichkeit/Presse - Verstärken der Öffentlichkeitsarbeit (auch Einbeziehung
der Fachgruppen) - Etablieren von Netzwerken/Kommunikation zwischen
den VdS-Mitgliedern - Erschließen attraktiver und bezahlbarer Werbemethoden - Erreichen einer höheren Attraktivität der VdS-Mitgliedschaft
für junge Sternfreunde

- Etablieren von Serviceleistungen für Sternwarten/Vereine - Einrichten von zusätzlichen Partner-Sternwarten mit
vergünstigter Nutzung für VdS-Mitglieder (Feriensternwarten und Remote-Observatorien) - Akquirieren von Beobachtungszeit an ,,Profi"-Teleskopen für VdS-Mitglieder - Digitalisieren des VdS-Journals für Astronomie, evtl. Sammel-DVD, einzelne Beiträge vorab auf die VdS-Homepage - Ansprechen von Sponsoren und Gewinnen staatlicher Förderung für Einzelprojekte
Liebe Mitglieder und Freunde der Vereinigung der Sternfreunde, für die Umsetzung dieser Ideen und Ziele ist ,,Manpower" erforderlich. Vielleicht interessieren Sie sich für eines der genannten Ziele, meinen, das könnte eine tolle Sache werden. Ich lade Sie hiermit herzlich ein, an der Realisierung mitzuwirken. Es bietet sich eine Chance, unserem Verein, den Mitgliedern, den Sternfreunden allgemein und der astronomischen Szene in Deutschland positive Impulse zu geben. Ihr Werner E. Celnik
,,Frage nicht: warum sollte ich mitmachen, sondern frage dich vielmehr: warum sollte ich nicht mitmachen?"
[1] W.E. Celnik, 2009: ,,Das 3. VdS-Brainstorming 2009", VdS-Journal für Astronomie 31, 119

Zum Schmunzeln

Millimeter
Tja, es ist schon vertrackt in der technischen Welt. Die einen benutzen das sehr vernünftige SI-System, die anderen, besonders im englischsprachlichem Raum, noch Zoll, Meilen usw. Als nach dem Fall der Mauer auch für mich endlich der Zugang zur westlichen Astroliteratur möglich wurde, war ich sehr überrascht, dass die Öffnung vieler Teleskope in Zoll angegeben wurde. Ja, ich fühlte mich nachgerade im ästhetischen Empfinden beleidigt, hatte ich mir doch gerade ein Zeiss-Jena AS-Objektiv gekauft, welches im schönen, klassischen 100/1000 mm Design gefertigt wurde. Klare Zahlen, klare Teilungsverhältnisse. Mit einem 10-Millimeter-Okular ergab sich eine exakte, 100-fache Vergrößerung. Von daher war ich sehr enttäuscht, dass die astronomische Welt zu solch einem Rückschritt bei der Öffnungsangabe in Zoll übergegangen ist. Schließlich ist meines Wissens ja sogar der Mars-Polarlander im Jahre 1999 wegen uneinigen Rechnens abgestürzt.

oder Zoll?
Aber, auch ich bin nur ein schwacher Mensch und ich muss bestürzt erkennen, dass auch ich schon des öfteren Geräte als Vier- oder Achtzöller bezeichne. Denn das Wort Vierzöller spricht sich ja viel einfacher, ja richtig harmonisch aus. Vier-zöl-ler. Das andere Wort Hun-dert-mil-li-me-ter-fern-rohr mit acht Silben ist ja demgegenüber ein Wortungetüm. Dem Licht ist es ja eh egal, ob es durch einen Okularauszug von 1,25 Zoll oder 31,75 Millimeter geht. Hauptsache es passt.
Ja, was nun machen? Vielleicht sollten wir zukünftig Zöllern und Millern oder Zillern und Möllern? Ach egal, Hauptsache wir haben viel Spaß am schönsten Hobby der Welt.
Mit dem Wunsch nach vielen klaren Nächten und einem Augenzwinkern... Ihr Armin Liebig, Mitglieds-Nr.: 6459

VdS-Journal Nr. 35

VdS-Nostalgie 119
Der Vollständigkeit halber folgt hier der zweite Teil des Aufsatzes über ,,Sonnenbeobachtung mit sehr kleinen Fernrohren". Bezüglich Lichtdämpfung und Auswertungsmethoden sei an meine Anmerkungen
in Folge 9 / VdS-Journal für Astronomie Nr. 34 erinnert.
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VdS vor Ort / Portrait

Besuch des Observatoriums in Tautenburg

- ein Bericht aus der Sicht eines visuellen Beobachters
von Johannes Schilling

können wir Amateure nur träumen... So mag die Empfindung bei vielen Amateuren sein, und auch ich stieg mit dieser naiven Empfindung in den Bus, der uns von Jena aus das Saaletal hoch nach Tautenburg bringen sollte. Der Traum sollte vielleicht ein Stück näher rücken, aber eben nur ein Traum bleiben...

1 Wegweiser im Tautenburger Wald

Erstmals nahm ich im Jahr 2009 an einer VdS-Tagung und an einer Mitgliederversammlung teil: Vom 2. bis 4. Oktober 2009 weilte ich in Jena und erlebte dabei eine äußerst gewinnbringende astronomische Fortbildung: Ich hörte Vorträge von Amateuren und Profis, hielt selber einen Vortrag, führte viele interessante Gespräche mit anderen Amateuren, die ich im Laufe der beiden Tage kennen lernen durfte, besuchte das Optische Museum, das Zeiss-Planetarium, Institute und mehrere Sternwarten. Vielen Dank an dieser Stelle an alle Organisatoren dieser Tagung, insbesondere an den Vorstand der VdS und an die Amateure aus Jena! Ich konnte die Erfahrung machen, dass Astronomie nicht nur die einsame Zeit hinter einem Okular oder hinter Büchern, Zeitschriften und einem PC-Bildschirm ist: Sie ist eine Angelegenheit von Men-
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schen - egal ob Amateur oder Profi -, die sich in der Begegnung austauschen, die voneinander lernen, die auf eine Geschichte ihres Faches zurückblicken.
Auf einen Punkt der Tagung war ich besonders gespannt: Es war der für den zweiten Tag geplante Besuch des Observatoriums bei Tautenburg. Schon als Jugendlicher hatte ich es gelesen und ein eindrucksvolles Foto betrachtet: Dort, bei der kleinen Ortschaft Tautenburg, befindet sich das größte Teleskop auf deutschem Boden mit einem Spiegel von zwei Meter Durchmesser. Also immerhin fast halb so groß wie Mount Palomar, das Nonplusultra meiner Kindheit und frühen Jugend. Und man hatte in den letzten Jahren von der in Tautenburg erfolgreich betriebenen Exoplanetenforschung gehört. Von solchen Teleskopen

Kaum hatte man einen Blick auf die Dornburger Schlösser hoch überm Tal geworfen, bog unser Bus nach Westen ab und fuhr nun immer den Berg hoch durch den Wald. Obwohl es ein trüber Regentag war, sahen wir eine schöne, naturbelassene Landschaft mit Wiesen, Wald und Schafherden. Schließlich kamen wir in den idyllisch am Berg gelegenen Ort Tautenburg, aber noch waren wir nicht an der Sternwarte. Auf einem kleinen Weg fuhr nun der Bus durch herbstlichen ,,Urwald", immer den Berg hoch, die Zweige streiften uns fast, bis ich schließlich an einer Abzweigung einen kleinen Wegweiser ,,Observatorium" erblickte (Abb. 1). Mitten im Wald das größte Observatorium Deutschlands, 200 Meter höher als das benachbarte Jena gelegen, das ließ mein Herz höher schlagen, zumal ich beim Schild ,,Observatorium" unwillkürlich an die Bedeutung dieses lateinischen Ausdruckes dachte: Er kommt vom Verb ,,observare", was ,,beobachten", aber auch ,,hochachten" und ,,(ver)ehren" bedeutet. Was tun wir visuellen Amateure anderes als eifrig beobachten - und das, was wir sehen können, achten wir auch hoch.
Nach kurzer Zeit stoppte der Bus am Wegrand, ich hielt sofort Ausschau und sah auf einer Waldlichtung zwei größere Gebäude, aber weit und breit keine Sternwartenkuppel! Nanu, so klein kann die doch nicht sein, wo haben sie die denn versteckt? Nun, wir wurden freundlich empfangen und durften uns sorglos einer kompetenten Führung durch Profis anvertrauen. In einem der beiden Insti-

VdS vor Ort / Portrait

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2 Auf einer Waldwiese erhebt sich die Kuppel des
größten Observatoriums in Deutschland.

3 Ein Gigant - der 26 Tonnen schwere und zehn Meter
lange Tubus auf der Gabelmontierung. Die beweglichen Teile des Teleskops wiegen 65 Tonnen.

tutsgebäude verfolgten wir gebannt bei einem Vortrag die neuesten Fortschritte, aber auch die Hindernisse bei der Erkundung von Exoplaneten. Dabei wurde uns der Einsatz des großen Tautenburger Teleskops samt seinem Assistenten, einem ,,kleinen" 30-Zentimeter-Teleskop, erklärt. Wir bekamen einen Eindruck von der weltweiten Vernetzung der großen Forschungsteleskope.
Jetzt war es aber so weit: Wir gingen einen kleinen Weg durch den Wald hoch. Zwischen den Bäumen und in strömendem Regen eröffnete sich uns eine Waldwiese, auf der, gut verborgen und unheiligen Lichtern entzogen, wie ein Tempel, die Sternwarte mit ihrer 20 Meter Kuppel majestätisch emporragte (Abb.

2). Geschwind überwanden wir die paar Treppen bis ins Innere der Kuppel und standen dann schweigsam unter dem Teleskop in dem eher schwach ausgeleuchteten Raum. Wer, wie ich, noch nie ein so großes Teleskop gesehen hatte, der war, trotz bekannter Fotos, zunächst mal überwältigt von der Größe dieses Giganten und seiner Montierung. Man muss den Tubus mit zehn Meter Länge, 2,7 Meter mal 2,7 Meter im Durchmesser und 26 Tonnen Gewicht einfach mal gesehen haben, um dieses Meisterstück moderner Technik und Optik richtig einschätzen zu können.
Aber eines hätte ich jetzt in meinem Bericht fast vergessen. Beim allerersten Anblick sagte mein Nachbar zu mir: ,,Na,

Herr Schilling, das wäre doch was für Sie, hier einige Stunden beobachten und ungestört zeichnen zu können!" Ich bejahte lächelnd und voller Ehrfurcht vor dem großartigen Anblick (Abb. 3).
Nachdem wir alles gemustert hatten, bekamen wir die verschiedenen optischen Betriebsarten des Teleskops erklärt, erfuhren etwas über die praktische Nutzung und Instandhaltung des Geräts, um zuletzt den Giganten sich bewegen zu sehen: Mit maximaler Geschwindigkeit, aber erhaben langsam, scheinbar mühelos und mit kaum hörbarem Tönen wurde das Teleskop geschwenkt. Anschließend schauten wir uns auf der Waldwiese noch das Antennenfeld des ganz neu errichteten Radioteleskops LOFAR (Low Frequen-
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VdS vor Ort / Portrait

cy Array) an und bekamen es ausführlich erklärt. Als wir schon rasch im kalten, windigen Regen den Berg hinunter Richtung Bus gingen, ließ mir eine offen gebliebene Frage keine Ruhe, ich fasste mir ein Herz, trat auf einen unserer professionellen Führer zu und fragte: ,,Sie, kann man denn durch das große Tautenburger Teleskop auch durchgucken?" Der Angesprochene schien einen Augenblick verblüfft über meine vielleicht allzu naive Frage zu sein, seine erste Auskunft war: ,,Nein, natürlich nicht". Er erklärte mir genau, warum: Im Teleskop selber sei ja, aus Platzgründen, keine Beobachtungskabine angebracht, und es werde sowieso nur fotografiert und spektroskopiert. Und was das Teleskop für das menschliche Auge zeige, das könne man sich ja vorstellen. Ich erwiderte, dass ich mir das durchaus nicht vorstellen könne bei einem Zwei-Meter-Spiegel. Und es müsse doch am Tag der Offenen Tür für die Leute enttäuschend sein, nichts mit eigenen Augen sehen zu können. Als wir weiter über die verschiedenen Betriebsmodi des Teleskops sprachen, erfuhr ich schließlich, dass es im Coude-Modus schon die Möglichkeit gebe, durch ein Okular zu schauen. Aber der Anblick sei enttäuschend, denn das Bild sei unscharf, ungeeignet für die visuelle Beobachtung, aber völlig hinlänglich für die in diesem Modus betriebene spektroskopische Untersuchung. Schuld daran sei der Sekundärspiegel, welcher die Brennweite des Spiegels enorm verlängere: Trotz aller Bemühung war es nicht möglich gewesen, ihn unter den gegebenen schwierigen Anforderungen besser zu schleifen.
Als ich zum abfahrtbereiten Bus hinunterrannte, war ich schon beeindruckt: Da steht nun das größte ,,Observatorium" Deutschlands, aber mit einem Teleskop ausgerüstet, durch das man nicht schauen, mit welchem kein menschliches Auge beobachten kann... ,,Wie kann man nur auf solch' eine Idee kommen?", fragte in mir unwillkürlich der naive visuelle Amateur. Natürlich wusste ich schon lange, dass seit dem Ende des 19. Jahrhunderts so etwas wie visuelle Deep Sky Beobachtung und astronomische Zeichnungen in der professionellen Astronomie ausgewirtschaftet hatten. Fotografie und Spektroskopie hatten diese ,,subjektiven" Formen der Erkundung des Weltalls abgelöst, deshalb wäre es auch völlig
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unnötig, große Forschungsteleskope mit einem Okular auszurüsten, durch welches menschliche Augen visuelle Beobachtungen anstellen könnten.
In den nächsten Tagen verglich ich die Leistungen des großen Tautenburger Teleskops mit meinem eigenen 40-Zentimeter-Newton Amateurteleskop [1]: Zunächst hat mein Teleskop wie das anderer Amateure den unschätzbaren Vorteil, dass man stundenlang mit verschiedensten Vergrößerungen hindurchschauen kann und die Optik bis fast zum Rand des Gesichtsfelds ein knackscharfes Bild liefert. Schon allein aus diesem Grund wäre für mich und meine Bedürfnisse ein Teleskop wie in Tautenburg so gut wie wertlos und keines sehnsüchtigen Traumes wert. Schließlich will ich ja keine Exoplaneten mittels Fotometrie oder Spektroskopie nachweisen. Im Schmidt-Modus liefert das Tautenburger Teleskop ein Bildfeld von 3,3 Grad mal 3,3 Grad, die Auflösung beschränkt sich auf 51,4 Bogensekunden pro Millimeter. Nun, so große Gesichtsfelder sind mir am 16-Zöller verschlossen. Aber natürlich weist mein Teleskop für mein Auge eine weit höhere Auflösung auf. Im SchmidtModus können keine kleineren Planetarischen Nebel in Strukturen aufgelöst werden, was mir aber bei hoher Vergrößerung am Amateurteleskop gelingt. Schließlich liefert das Tautenburger Teleskop im Cassegrain-Modus ein scharfes, brauchbares Gesichtsfeld nur über 10 bis 20 Bogensekunden. Das reicht nicht einmal für Mars und Jupiter, geschweige denn für M 57. Also auch hier ist mein Teleskop überlegen, denn eine solche Beschränkung hat mein Gesichtsfeld auch bei hoher Vergrößerung nicht. Selbstverständlich, ich erreiche visuell weder Sterne von 22 mag noch kann ich winzigste Sternbewegungen präzise bestimmen: Aber das alles liegt auch außerhalb meiner Bedürfnisse.
Mit dem Besuch in Tautenburg wurde mir noch viel klarer als zuvor, dass wir visuellen Amateure gar keinen Grund haben, die Profis um ihre Riesenteleskope zu beneiden: Mit der visuellen Astronomie haben wir ein Gebiet gewählt, das uns von keinem Riesenteleskop und von keinem professionellen Astronom streitig gemacht wird. In unserem Bereich sind wir allein, und es ist durchaus möglich,

dass wir an einem Planetarischen Nebel oder an einer Galaxie Details erkennen, die vor uns nur von relativ wenigen Menschen oder auch von niemand mit eigenen Augen gesehen wurden. Und je mehr und je sorgfältiger wir beobachten, um so mehr wird uns klar, dass die Wahrnehmungen unserer Augen sich in vielen Qualitäten fundamental von den Fotos unterscheiden: Wir sind es, die den visuellen Kosmos in der Vielfalt seiner Gestalten wirklich erschließen, beobachten und hochachten (im Sinne des lateinischen ,,observare") und ihn anderen Menschen nahe bringen möchten.
Hans Kienle, einer der für die Konzeption des Tautenburger Teleskops verantwortlichen Profiastronomen schrieb 1963 in seiner ,,Einführung in die Astronomie": ,,Die romantische Vorstellung des Laien vom Astronomen als dem Sterngucker, der nächtlicherweile durch das Okular seines großen Fernrohres in die Wunderwelt der Sterne schaut...gilt für uns nicht mehr. Das angestrebte und in einigen Fällen bereits erreichte Endziel der instrumentellen Entwicklung ist das Teleskop, das die Informationen in Form von Lochstreifen liefert, mit denen die elektronischen Rechenautomaten beschickt werden" [2]. Diese Astronomie mit der Verachtung des sehenden Menschen, der als subjektives, ,,störendes" Element möglichst ausgeschaltet werden soll, hat ihre weitere Perfektion in den letzten Jahrzehnten gefunden. Was entstanden ist, das konnte ich exemplarisch in Tautenburg erleben: Ein gigantisches Wunderwerk der Technik, neben dem der Mensch mit seinen sehenden Augen, mit seinem Bedürfnis nach eigener Begegnung mit dem Kosmos nicht nur klein erscheint, sondern geradezu gering geschätzt wird: Das größte Teleskop auf Deutschlands Boden, erfolgreich im Nachweis von Exoplaneten, aber kein Teleskop zum Durchgucken...
Literaturhinweise: [1] Zur Geschichte, den Projekten und
den technischen Daten des Tautenburger Observatoriums findet man viele Informationen in www. tls-tautenburg.de [2] Hans Kienle, Einführung in die Astronomie, München 1965, 41

Castor Pollux

ZWILLINGE

FUHRMANN

Beteigeuze ORION

Aldebaran

Rigel
SÜDOS T
Sternkarte exakt gültig für 15. Oktober 1 Uhr MESZ

Capella

KASSIOPEIA

KEPHEUS

PERSEUS
Plejaden STIER

Algol
DREIECK WIDDER

ANDROM EDA

FISCHE

E EIDECHS

Deneb PEGASUS

Wega

LEIER

SCHWAN

Albireo

FÜCHSCHEN PFEIL

DELFIN FÜLLEN

Atair ADLER

ERIDANUS

Mira WALFISCH

Uranus Jupiter

WASSERMANN Neptun

BILDHAUER

FomalhautSÜDL. FISCH

STEINBOCK SÜDWEST

SÜD
Mondphasen im Oktober 2010

Alle Zeitangaben in MESZ, exakt für 10 Grad östl. Länge/50 Grad nördl. Breite

Letztes Viertel 1.10.

Neumond 7.10.

Planeten im Oktober
Merkur ist noch in den ersten Tagen am Morgenhimmel zu sehen, gegen 6:40 MESZ knapp über dem Osthorizont.
Venus hat sich vom Abendhimmel verabschiedet und steht am 29. in unterer Konjunktion mit der Sonne am Taghimmel.
Mars ist ebenfalls vom Abendhimmel verschwunden und strebt den südlichen Bereichen des Tierkreises zu.
Jupiter stand am 21.9. in Opposition und ist jetzt Planet der ganzen Nacht. Knapp zwei Grad nordöstlich von ihm steht Uranus.
Saturn steht am 1.10. in Konjunktion mit der Sonne, taucht aber Ende Oktober wieder am Morgenhimmel auf.
Uranus stand wie Jupiter am 21.9. in Opposition und befindet sich sehr nah bei Jupiter (beide zusammen im Fernglas!).
Neptun im Steinbock stand am 20.8. in Opposition, ist im Oktober daher gut am Abendhimmel zu sehen.

Erstes Viertel 14.10.

Ereignisse im Oktober

01. 05:52 Letztes Viertel

01. 21:00 Komet 103P/Hartley2 (10,3 mag)

47' NO · Aql (4,7 mag), S-Himmel

02. 05:30 Mond 8,3 Grad S · Gem (Pollux,

1,2 mag), O-Himmel

06. 16h Mond erdnah, Winkeldurch-

messer 33' 23''

07. 20:30 Komet 103P/Hartley2 (9,9 mag)

37' SW · Aql (5,5 mag),

S-Himmel

07. 20:44 Neumond

07. 23:23 Uranus (5,7 mag) 1,3' S Stern

HD223856 (9,7 mag), Sternbild

Fische, S-Himmel

11.

Mond-Libration maximal 8,1 Grad im

Mond-NO

14. 23:27 Erstes Viertel

18. 20h Mond erdfern, Winkeldurch-

messer 29' 41''

20. 04:00 Mond 6,4 Grad NW Jupiter

(-2,8 mag), W-Himmel

21.

Meteorstrom-Maximum

Orioniden, 23 Meteore/Std.,

beobachten 21:00-5:00

Vollmond 23.10.

Letztes Viertel 30.10.

23.

Mond-Libration maximal 6,9 Grad

im Mond-SW

23. 04:36 Vollmond

25. 06:30 Mond 4,0 Grad W Plejaden,

W-Himmel

26. 20:00 Komet 103P/Hartley2 (8,9 mag)

35' SW 1 Aqr (5,2 mag),

S-Himmel

27. 20:00 Komet 103P/Hartley2 (8,9 mag)

57' NO 71 Aql (4,3 mag),

S-Himmel

29. 03h Venus (-4,0 mag, Durchm. 72'')

in unterer Konjunktion mit der

Sonne, Taghimmel

30. 14:46 Letztes Viertel

31. 03:00 Uhren von 3 Uhr Mitteleuro-

päische Sommerzeit (MESZ) auf

2 Uhr Mitteleuropäische Zeit

(MEZ) zurück stellen

LUCHS

KREBS

Pollux Castor ZWILLINGE

KLEINER HUND
Procyon

Beteigeuze

GIRAFFE Capella

KASSIOPEIA

FUHRMANN
STIER Aldebaran ORION

Algol PERSEUS

ANDROMEDA DREIECK

Plejaden

WIDDER

FISCHE

EINHORN
GROSSER HUND Sirius
SÜDOS T
Sternkarte exakt gültig für 15. November 0 Uhr MEZ

Rigel HASE

Mira

WALFISCH

ERIDANUS
CHEMISCHER OFEN

SÜD
Mondphasen im November 2010

HSE EIDEC

SCHWAN

PEGASUS

Uranus

Jupiter

WASSERMANN

SÜDWEST

Alle Zeitangaben in MESZ, exakt für 10 Grad östl. Länge/50 Grad nördl. Breite

Neumond 6.11.
Planeten im November
Merkur kann im November von Mitteleuropa aus nicht gesehen werden.
Venus macht sich ab Mitte November am Morgenhimmel bemerkbar. Eine Herausforderung ist die Begegnung von Venus mit der schmalen Mondsichel am 5.11.
Mars steht zusammen mit der Sonne am Taghimmel.
Jupiter wird zum Planeten der ersten Nachthälfte und ist weiterhin ideal zu beobachten.
Saturn in der Jungfrau wird zunehmend besser am Morgenhimmel sichtbar.
Uranus hat seinen Abstand zu Jupiter etwas vergrößert, kann aber immer noch links oberhalb von Jupiter gut am Abendhimmel gesehen werden.
Neptun beendet seine Sichtbarkeit für dieses Jahr, steht jetzt knapp oberhalb von µ Cap im Steinbock; Abendhimmel.

Erstes Viertel 13.11.

Vollmond 21.11.

Letztes Viertel 28.11.

Ereignisse im November

03. 18h Mond erdnah, Winkeldurch-

messer 32' 32''

04. 05:30 Mond 8,2 Grad S Saturn (0,8 mag),

O-Horizont

06. 5:52 Neumond

06. 19:00 Komet 103P/Hartley2 (8,5 mag)

39' S 15 Aqr (5,8 mag),

S-Himmel

07.

Mond-Libration maximal 6,8 Grad

im Mond-NO

07. 18:30 Komet 103P/Hartley2 (8,4 mag)

1,0 Grad S 16 Aqr (5,9 mag),

S-Himmel

09. 18:30 Komet 103P/Hartley2 (8,4 mag)

1,1 Grad S · Aqr (2,9 mag),

S-Himmel

11. 18:30 Komet 103P/Hartley2 (8,3 mag)

38' NO · Aqr (4,7 mag),

S-Himmel

12. 20:30 Komet 103P/Hartley2 (8,3 mag)

54' N 46 Cap (5,1 mag),

SW-Himmel

13. 17:39 Erstes Viertel

14. 18:30 Komet 103P/Hartley2 (8,2 mag)

4,2 Grad N Neptun (7,8 mag) und µ

Cap (5,1 mag), S-Himmel

15. 13h Mond erdfern, Winkeldurch-

messer 29' 28''

16. 18:00 Mond 6,6 Grad N Jupiter (-2,6 mag),

SO-Himmel

17.

Meteorstrom-Maximum Leoniden,

beobachten 23:00-5:30

19.

Mond-Libration maximal 7,0 Grad im

Mond-SW

21. 18:27 Vollmond

21. 18:55 Mond 1,2 Grad S Plejaden, SO-Himmel

22. 19:30 Komet 103P/Hartley2 (8,1 mag)

53' W ·2 Aqr (4,0 mag),

S-Himmel

24. 18:30 Neptun (7,8 mag) 11,8' N µ Cap

(5,1 mag), S-Himmel

24. 18:30 Komet 103P/Hartley2 (8,1 mag)

1,9 Grad NO · Aqr (3,3 mag),

S-Himmel

25. 21:00 Mond 9,1 Grad S · Gem (Pollux,

1,2 mag), NO-Himmel

26. 20:30 Kleinplanet 6-Hebe (8,9 mag) 42'

SO 7 Cet (4,4 mag), S-Himmel

27. 18:56 Komet 103P/Hartley2 (8,1 mag)

46' S 97 Aqr (5,2 mag),

S-Himmel

28. 21:36 Letztes Viertel

30.

Mond-Libration maximal 6,6 Grad

im Mond-NO

30. 18:20 Komet 103P/Hartley2 (8,1 mag)

1,1 Grad NO 104 Aqr (4,8 mag),

S-Himmel

30. 20h Mond erdnah, Winkeldurch-

messer 31' 56''

GROSSER BÄR

GIRAFFE

KASSIOPEIA

K L L Ö EINE WE R

LUCHS

Capella

LÖWE

KREBS

Castor Pollux

FUHRMANN ZWILLINGE

Regulus

WASSERSCHLANGE
Alphard

KLEINER HUND
Procyon

Beteigeuze

EINHORN Sirius

Aldebaran ORION
Rigel

SÜDOS T
Sternkarte exakt gültig für 15. Dezember 0 Uhr MEZ

GROSSER HUND

HASE

SÜD
Mondphasen im Dezember 2010

Algol PERSEUS

ANDROMEDA DREIECK

Plejaden STIER

WIDDER

FISCHE

PEGASUS

Mira WALFISCH

Uranus Jupiter

ERIDANUS

SÜDWEST

Alle Zeitangaben in MESZ, exakt für 10 Grad östl. Länge/50 Grad nördl. Breite

Neumond 5.12.

Planeten im Dezember
Merkur taucht Ende 2010 tief am Südosthimmel auf, besser wird es in den ersten Januartagen 2011.
Venus ist jetzt Morgenstern. Am 4.12. erreicht sie mit -4,9 mag ihre maximale Helligkeit. Am 2.12. begegnet ihr der Mond.
Mars steht zusammen mit der Sonne am Taghimmel, seine Konjunktion wird er erst im Februar 2011 erreichen.
Jupiter lässt das Jahr als heller Abendplanet ausklingen. Sein Abstand zu Uranus wird wieder etwas geringer.
Saturn steht zusammen mit Venus am Morgenhimmel, zu Jahresende kann man ihn wieder gut beobachten.
Uranus erhält am 2.01.2011 zum letzten Mal Besuch von Jupiter, nur 34' sind die Planeten dann voneinander entfernt.
Neptun ist nur noch in den ersten Abendstunden zu sehen, er steht ca. 15' oberhalb von µ Cap im Steinbock.

Ereignisse im Dezember

01.06:00 02.

Mond 8,8 Grad SW Saturn (0,8 mag), O-Horizont Mond-Libration maximal 6,7 Grad im Mond-NO

Erstes Viertel 13.12.

Vollmond 21.12.

Letztes Viertel 28.12.

02. 06:00 Mond 8,9 Grad SW Venus (-4,6 mag)

und 3,4 Grad S · Vir (Spica, 1,1 mag),

O-Himmel

02. 6:00 Mond 8,8 Grad SW Venus (-4,6 mag),

SO-Himmel

02. 20:30 Komet 103P/Hartley2 (8,1 mag)

41' SW 2 Cet (4,5 mag),

S-Himmel

03. 20:30 Komet 103P/Hartley2 (8,2 mag)

47' W Stern SAO147144 (5,3 mag),

Sternbild Walfisch, S-Himmel

04. 18:20 Komet 103P/Hartley2 (8,2 mag)

51' N 7 Cet (4,4 mag), S-Himmel

05. 18:36 Neumond

07. 20:00 Komet 103P/Hartley2 (8,3 mag)

1,1 Grad SW · Cet (2,0 mag),

S-Himmel

10. 06:00 Saturn (0,8 mag) 3,1' SW Stern

44 Vir (5,8 mag), O-Himmel

13. 10h Mond erdfern, Winkeldurch-

messer 29' 23''

13. 14:59 Erstes Viertel

13. 20:00 Komet 103P/Hartley2 (8,5 mag)

2,6 Grad N 48 Cet (5,1 mag),

S-Himmel

13. 20:40 Mond 5,9 Grad N Jupiter (-2,4 mag),

SW-Himmel

14.

Meteorstrom-Maximum Gemini-

den, 120 Meteore/Std., beobach-

ten 18:30-6:00

15. 20:30 Komet 103P/Hartley2 (8,6 mag)

3,2 Grad S · Cet (3,5 mag), S-Himmel

16.

Mond-Libration maximal 7,3 Grad im

Mond-SW

17. 21:00 Komet 103P/Hartley2 (8,7 mag)

2,5 Grad NW · Cet (4,0 mag),

S-Himmel

19. 05:16 Mond 1,3 Grad S Plejaden, NW-Himmel

20. 04:00 Kleinplanet 7-Iris (8,5 mag) 57'

NW off. Haufen M67 (6,9 mag),

Sternbild Krebs, S-Himmel

21. 09:13 Vollmond

06:27 - 12:07 totale Mondfinsternis,

Größe 1,262, Finsternis bei

Monduntergang, nur partielle

Phase bei Eintritt in den Kern-

schatten beobachtbar

21. 21:56 Komet 103P/Hartley2 (9,0 mag)

28' S Stern SAO148356 (5,9

mag), S-Himmel

22.

Meteorstrom-Maximum Ursiden,

10 Meteore/Std., ganze Nacht

22. 00:38 Wintersonnenwende, längste

Nacht des Jahres, 15 Std. 56 Min.

23. 20:00 Komet 103P/Hartley2 (9,1 mag)

2,5 Grad S · Cet (4,7 mag), S-Himmel

23. 00:12 Mond 8,8 Grad S·· Gem (Pollux,

1,2 mag), SO-Himmel

24. 23:11 Kleinplanet 7-Iris (8,4 mag) 21'

N 50 Cnc (5,9 mag), O-Himmel

25. 13h Mond erdnah, Winkeldurch-

messer 32' 13''

25. 19:30 Komet 103P/Hartley2 (9,3 mag)

1,4 Grad N ·1 Eri (4,5 mag),

S-Himmel

28. 05:18 Letztes Viertel

29.

Mond-Libration maximal 7,2 Grad im

Mond-NO

29. 03:00 Mond 8,4 Grad S Saturn (0,7 mag)

und 5,3 Grad W · Vir (Spica, 1,1

mag), OSO-Horizont

29. 22:00 Kleinplanet 7-Iris (8,3 mag) 23' S

45 Cnc (5,6 mag), O-Himmel

31. 06:30 Mond 8,4 Grad SW Venus (-4,5 mag),

SO-Himmel

126 Service

M wie Messier

von Torsten Güths

Der französische Astronom Charles Messier lebte in den Jahren 1730 bis 1817. Er stellte ab 1758 die wohl heute noch bekannteste Auflistung von nicht stellar erscheinenden Himmelsobjekten zusammen. Sein Katalog diente ihm als echte Arbeitsunterlage, um bei der Suche nach Kometen nicht irrtümlich einen der fixen Nebel mit einem neuen Komet zu verwechseln. Nicht alle Objekte hat er selbst entdeckt, er übernahm sie auch von Kollegen.
Die heutige Messierliste umfasst 110 Objekte, von denen einige bereits dem unbewaffneten Auge zugänglich sind. Mit einem guten Fernglas wird immerhin schon mindestens die Hälfte sichtbar. Somit eignen sie sich besonders für Astronomieeinsteiger und Anwender kleinerer Fernrohre, für die einige Messierobjekte bereits eine Fülle von Details aufweisen können.
Die Daten und historischen Objektbeschreibungen wurden aus Burnhams ,,Burnhams Celestial Handbook", Kepple / Sanners ,,Nightsky Observing Guide"

Die nächsten Objekte in dieser Rubrik. Bitte senden Sie Ihre Beobachtungen ein!

VDS-J 37 38 39 40

Ausgabe 1/2011 2/2011 3/2011 4/2011

Benötigte Objekte M58 Vir , M59 Vir, M89 Vir M18 Sgr, M26 Sct, M28 Sgr M70 Sgr, M85 Com M54 Sgr, M55 Sgr

Einsendeschluss Oktober 2010
Januar 2011 April 2011 Juli 2011

und dem Internet (Paris Observatorium www.obspm.fr).
Im VdS-Journal wollen wir Sie mit dieser Rubrik anregen, Ihre eigenen Objektbeschreibungen einzureichen! In der Ihnen vorliegenden 31. Folge unserer ,,M"-Serie sind Berichte von Gerd Kohler, Dirk Panczyk und Gerhard Scheerle enthalten sowie Aufnahmen von Georg Bilgeri und vom Verfasser abgebildet. Vielen Dank den Zusendern!
Die nächsten Objekte in dieser Rubrik finden Sie in oben stehender Tabelle. Bitte schicken Sie Ihre visuellen Beobachtungseindrücke zu diesen Objekten direkt an den Verfasser dieser Rubrik,

Stichwort ,,Messierobjekte". Vergessen Sie bitte nicht, die Beobachtungsumstände anzugeben: zumindest die Grenzgröße mit bloßem Auge, die Öffnung Ihrer benutzten Instrumente und die eingesetzten Vergrößerungen. Eine Dateiform wie Microsoft Word (doc, txt, rtf) wäre gut. Der Verfasser behält sich Textanpassungen vor.
Von den folgenden Objekten fehlt noch fotografisches Bildmaterial: M18, M26, M28, M48, M49, M52, M54, M55, M59, M70, M85, M89.
Torsten Güths Höhenweg 1g, D-61231 Bad Nauheim Oder: solaris1000@gmx.de

M98, Coma Berenices (Com)

Objekttyp:

Spiralgalaxie,

Typ SAB

Entfernung:

70 Millionen

Lichtjahre

Reale Ausdehnung: 185.000 Lichtjahre

Scheinbare Helligkeit: 10,1mag

Winkelausdehnung: 9,1' x 2,1'

Koordinaten:

RA: 12h13m

Dekl. 14 Grad 54`

1 Kamera war eine Starlight
Xpress mx7c. Sechs gemittelte Aufnahmen von je fünf Minuten Belichtungszeit im 15cm Newton mit 880 mm Brennweite. (Torsten Güths)
VdS-Journal Nr. 35

Service 127

Historisches: Dieses Objekt wurde von dem Astronomen Pierre Mechain am 15. März 1781 entdeckt und einen Monat später von Messier als sehr lichtschwacher Nebel ohne Stern bestätigt. William Herschel beschrieb ihn nur zwei Jahre später als ausgedehnt und schön.
Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6mag)
Fernglas 8x56: Mehrmals versucht, doch nicht gesehen (G. Scheerle)
11 cm Öffnung: M 98 zeigt sich als eine langgestreckte, diffuse Nebelfläche von 10,2 mag mit der Ausdehnung 9` x 3` ohne weitere Details. (G. Scheerle)

15 cm Öffnung: Mit indirektem Sehen ist ein schwaches Glimmen sichtbar. Schaut man direkt drauf, dann erscheint sie lang und schmal. 3:1 Nord - Südausdehnung. (G. Kohler)
20 cm Öffnung: Sehr schwach. Länglich. Mit indirektem Sehen ist sie etwas heller. (G. Kohler)
23 cm Öffnung: M 98 zeigt sich als eine 10` x 1,8` große und damit sehr schlanke Nebelfläche, langgezogen im Polwinkel 150 Grad und allgemein wenig konzentriert. Das Kerngebiet erscheint deutlich fleckig. Im Norden wie im Süden ist je ein Spiralarmknoten erkennbar. (G. Scheerle)
33 cm Öffnung: Bei Hundertfacher Vergrößerung erscheint er lichtschwach. Seine

Form ist oval und er ist gleichmäßig hell. Keine Details. [Anm. des Verfassers: nur 5,5 mag Fst] (D. Panczyk)
40 cm Öffnung: M 98 zeigt sich als eine sehr schöne, lange (8` x 2`) und gut konzentrierte Nebelfläche von 9,6 mag Helligkeit. Der Kern selbst ist sternähnlich 13,2 mag. (G. Scheerle)
Fotografie: Mit der analogen Fotografie von M 98 benötigt man schon 1000 Millimeter Brennweite, um die Galaxie gut abzubilden. Die Belichtungszeiten sollten lang sein: Zwanzig Minuten bei f/5 und ISO 400. Für DSLR Kameras erhält man ähnliche Resultate mit kürzeren Brennweiten ab 600 Millimeter bei fünf Minuten Belichtungszeit und ISO 800.

M104, Jungfrau (Vir)

Objekttyp:
Entfernung:
Reale Ausdehnung: Scheinbare Helligkeit: Winkelausdehnung: Koordinaten:

Spiralgalaxie, Typ SA 65 Millionen Lichtjahre 135.000 Lichtjahre 8,0 mag 7,1' x 4,4' RA: 12h40m Dekl. -11 Grad 37`

Historisches: Am 11. Mai des Jahres 1781 wurde dieser Nebel von Mechain entdeckt. Messier trug sie 1784 in den Anhang seines Werks ,,Connaissance des Temps" ein. Sie ist numerisch gesehen das erste Objekt, was nicht in seiner berühmten Liste erschien. Als ,,Messierobjekt" wurde sie erst später angesehen (C. Flammarion, 1921). William Herschel fand es 1784 unabhängig und erkannte möglicherweise als erster das dunkle Staubband.

Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag)

Fernglas 8x56: M 104 kann bei dunklem Himmel einwandfrei als ein im Polwinkel 90 Grad deutlich länglicher Nebelfleck gesehen werden. Die Ausdehnung beträgt vielleicht 4` x 2`, die Helligkeit 8,4 mag. (G. Scheerle)

2 Aufgenommen mit einer Canon EOS 450D durch ein Meade 10" LX6 Schmidt
Cassegrain (1600 mm / f/6,3). Nachgeführt wurde mit einer am Leitfernrohr montierten ST4 Kamera. Belichtet wurde einmal 10 Minuten mit ISO 1600. (Georg Bilgeri)

11 cm Öffnung: Die charakteristische Sombreroform ist bereits deutlich zu sehen. M104 zeigt sich als eine sehr helle und stark elongierte (7` x 2`) Nebelfläche mit spitzen Enden. (G. Scheerle)
15 cm Öffnung: Bei 19-fach ist die Galaxie eine schwacher, länglicher Fleck ohne Details.

Bei 42-fach erkenne ich einen etwas helleren, nicht sternförmigen Kern, der von einer länglichen Hülle umgeben ist. Bei 54-fach ist die zentrale Aufhellung deutlich sichtbar. Die Galaxie ist länglich. Im indirekten Sehen scheint die Galaxie sprunghaft größer zu werden. Bei 112fach ist die Galaxie deutlich langgezogen mit einem hellen Kern. Im indirekten Se-
VdS-Journal Nr. 35

128 Service

hen wird sie ein wenig heller. Sonst kann ich keine weiteren Details erkennen. (G. Kohler)
23 cm Öffnung: M 104 zeigt eine 5` x 2` große, im Polwinkel von 85 Grad langgezogene Nebelfläche, allgemein sehr flächenhell und gut konzentriert. Der helle Mittelstreifen (4` x 0,4`) besitzt einen sternähnlichen Kern; westlich und östlich dessen sind einige wenige kleine Knötchen erkennbar.
Im Kernbereich ist die Galaxie deutlich verdickt, im Allgemeinen wirkt sie aber doch eher schlank, und sie läuft an den Enden sehr spitz aus. Direkt südlich des hellen Mittelstreifens befindet sich ein gut erkennbares längsparalleles Dunkel-

band, jenseits dessen sich dann wieder eine hellere Zone anschließt. Der ,Sombrero` macht seinem Namen alle Ehre. Grandios! (G. Scheerle)
33 cm Öffnung: Bei hundertfacher Vergrößerung erkennt man eine längliche bis spindelförmige Form mit einem punktförmigen Kern, der in einem helleren Innenbereich liegt. Die Außenpartien erscheinen schwächer. Das Staubband südlich des Zentrums ist indirekt deutlich sichtbar. (D. Panczyk)
40 cm Öffnung: M 104 macht seinem Namen ,,Sombreronebel" alle Ehre! Die Galaxie zeigt sich auffällig als sehr lang gestreckte (8` x 2`) diffuse Nebelfläche mit sehr heller und deutlich verdickter

Kernzone (5` x 1,2`) und einer scharfen Kante an der südlichen Längsseite zu einem längsparallelen Dunkelstreifen (= Staubband), jenseits dessen wieder eine längliche Aufhellung erkennbar wird. (G. Scheerle)
Fotografie: Mit der analogen Fotografie erkennt man M 104 mit dem Staubband erst ab Brennweiten von rund 600 Millimetern. Die Belichtungszeit sollten bei 400 ASA und f/5 rund 20 Minuten betragen. Für DSLR Kameras gilt ähnliches mit Brennweiten ab 400 Millimetern und bei ISO 800 kürzeren Belichtungszeiten von fünf Minuten. Für eine eindrucksvolle Abbildung benötigt man mindestens die doppelte Brennweite.

M107, Schlangenträger (Oph)

Objekttyp:

Kugelsternhaufen

Entfernung:

19.000 Lichtjahre

Reale Ausdehnung: 45 Lichtjahre

Scheinbare Helligkeit: 8,1 mag

Winkelausdehnung: 10'

Koordinaten:

RA: 16h33m

Dekl. -13 Grad 03`

Historisches: Pierre Mechain hatte im April 1782 diesen Nebel aufgespürt und berichtete Bernoulli ein Jahr später von dieser Entdeckung. Es ist kein Objekt der originalen Messierliste, die in der letzten Fassung von 1784 im ,,Connaissance des Temps" veröffentlicht wurde. Helen Hogg ergänzte es mit M 105 und M 106 zum Messier-Katalog erst im Jahr 1947.

Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag)

Fernglas 8x56: M 107 kann als deutlicher, runder, etwa 6` großer Nebelfleck 8,2 mag gesehen werden. (G. Scheerle)

11 cm Öffnung: M 107 zeigt sich als 8,0 mag helle, 6` große, runde und strukturlose Nebelfläche ohne Einzelsterne. (G. Scheerle)

20 cm Öffnung: Ein lichtschwacher runder Nebel, der indirekt betrachtet heller
VdS-Journal Nr. 35

3 Kamera war eine Starlight Xpress mx7c. Vier Aufnahmen von je einer Minute
Belichtungszeit im 15-cm-Newton mit 880 mm Brennweite. (Torsten Güths)

erscheint und noch gut zu sehen ist. Er hat kein deutliches Zentrum und ist nicht aufgelöst. (G. Kohler)
23 cm Öffnung: M 107 zeigt sich als eine 4` große, wenig konzentrierte, runde und diffuse Fläche mit etwa zehn Einzelsternen von 14,0 bis 14,6 mag, die sich über ein Areal von 5` verteilen. Am Rand stehen drei Sterne 11,6, 12,0 und 13,8 mag. (G. Scheerle)

25 cm Öffnung: Bei 121-fach beobachtet erscheint er lichtschwach und recht locker konzentriert. Er befindet sich innerhalb eines Dreiecks gebildet von schwächeren Sternen. Bei indirektem Sehen zeigt sich der leicht ovale Haufen zum Teil aufgelöst. Das Zentrum ist geringfügig heller als seine Außenbezirke. Es bleibt ein nicht aufgelöster, nebliger Hintergrund. (D. Panzcyk)

Beobachterforum

129

40 cm Öffnung: M 107 wird als Kugelsternhaufen erkennbar. Zunächst ist eine 2,5` große und sehr helle Nebelfläche zu sehen. Es tauchen dann in einem Feld von 5` nach und nach etwa 20 Einzelsterne 13,8 bis 15,0 mag auf. Die Gesamthelligkeit beträgt 8,4 mag. (G. Scheerle)

Fotografie: Mit der analogen Fotografie benötigen wir Brennweiten ab 500 Millimeter, um M 107 bereits als Kugelhaufen zu identifizieren. Brennweiten ab 1200 Millimeter zeigen dann die wahre Pracht dieses Objekts. Die Belichtungszeiten sollten für die Abbildung der Ausläufer gut 20 Minu-

ten betragen bei f/5 und ISO 400. Mit CCD und DSLR Kameras können wir ähnliche Resultate bei kürzeren Brennweiten ab 300 bis 600 Millimeter erhalten. Die Auflösung leidet in Mitteleuropa durch die geringe Horizonthöhe des Objekts und der dort meist sehr unruhigen Luft.

Vorschau auf beobachtbare Maxima und Minima Veränderlicher Sterne

Oktober 01. 03. 21:53
20.

R And (Andromeda) im Maximum bei 5,8 mag oder schwächer. U Sge (Pfeil) Minimum 9,2 mag. Schneller Abfall von 6,6 mag auf ein 1,6-StundenMinimum gleich bleibender Helligkeit. Mira (Omicron Ceti/Walfisch) im Maximum bei 2,0 mag oder schwächer.

November 05. 21:24
13. 22:36

Beta Lyrae (Leier) Hauptminimum 4,4 mag. Von 3,3 mag Helligkeitsab- bzw. -anstieg einen Tag vorher bzw. nachher. Nächstes Hauptminimum am 18. November. X Tri (Dreieck) Minimum 11,3 mag. Von 8,6

21. 21:24

mag in zwei Stunden im Minimum! Periode 0,97152 Tage, weitere Minima jeden Abend eine ¾ Stunde früher. Beta Persei (Algol/Perseus) Minimum 3,4 mag. Abstieg von 2,1 mag in vier Stunden.

Dezember

01. 22:22 19. 21:24

Beta Persei (Algol/Perseus) Minimum 3,4 mag. Abstieg von 2,1 mag in vier Stunden. Weiteres Minimum am 24. 20:41 Uhr. X Tri (Dreieck) Minimum 11,3 mag. Von 8,6 mag in zwei Stunden im Minimum! Periode 0,97152 Tage, weitere Minima jeden Abend eine ¾ Stunde früher.

Partielle Mondfinsternis an Silvester
von Dieter Girrbach
Zur Silvesterfeier 2009 hatte ich vorsorglich mein kleines, leichtes 300-mm-Tele mitgenommen. Kurz vor der maximalen Phase der Mondfinsternis gegen 20:24 Uhr, konnte ich zwischen dem Pulverdampf der vorzeitig abgefeuerten Silvesterraketen, dem Dunst und den wechselnden Wolken den Mond sichten.
Ich hatte die Aufnahmeempfindlichkeit auf ASA 1600 gestellt, die Blende auf 22. Mangels eines guten Standortes musste ich freihändig, ohne Stativ, arbeiten. Um Verwacklungen zu vermeiden, konnte ich mit 1/1000 Sekunde belichten. Zur leichten Nachschärfung setzte ich das Programm Adobe Photoshop Elements 7 mit der unscharfen Maskierung ein.

130

Beobachterforum

Stimmungsaufnahme des abnehmenden Mondes in den Bergen
von Dieter Girrbach

Am 03.01.2010 konnte ich den Untergang des abnehmenden Mondes mit der Phase drei Tage nach Vollmond ab 8 Uhr beobachten und fotografieren. Ich verwendete ein Zoom-Tele 55-200 Millimeter in der Stellung 200 Millimeter, die Belichtung betrug 1/250 bei 400 ASA. Ich befand mich auf der Tiroler Seite der Zugspitze mit den Koordinaten: 47 Grad 25,5` N u. 10 Grad 57` E.

Doppelsternmessungen mit ,,lucky imaging"

- ein Beitrag zur Bahnbestimmung am System beta Phoenicis
von Rainer Anton

Die Kenntnis der Sternmassen ist für die Astrophysik von fundamentaler Bedeutung. Eine Möglichkeit für deren Bestimmung ergibt sich aus den Bahnen von Doppelsternen. Durch Anwendung der Keplerschen Gesetze erhält man zunächst die Gesamtmasse des Systems. Wenn zudem die Entfernung bekannt ist, lassen sich auch die Einzelmassen der Komponenten berechnen. Am Beispiel des engen Systems beta Phoenicis am Südhimmel wird gezeigt, dass auch Amateure mit genauen Positionsmessungen zur Ermittlung beitragen können. Obwohl die Komponenten mit etwa 4 mag recht hell sind, liegen keine Beobachtungsdaten für den Zeitraum von 2000 bis 2008
VdS-Journal Nr. 35

vor. Als ich im September 2008 in Namibia war, hatte ich Gelegenheit, dieses Objekt zu untersuchen. Nach den bis dahin angenommenen Ephemeriden sollte der Abstand der Komponenten um die 0,4 Bogensekunden betragen, der für die zur Verfügung stehenden 40-cm- und 50-cm-Teleskope gut auflösbar ist. Die Auswertung der Aufnahmen ergab dann eine Überraschung. Doch zunächst zur Technik.
Die Frage der Auflösung Meist wird das Auflösungsvermögen auch von großen Teleskopen nicht durch die Optik sondern durch Seeing-Effekte auf Werte über eine Bogensekunde be-

grenzt. Eine Möglichkeit zu deren Reduzierung besteht im ,,lucky imaging", in dem aus Serien von sehr kurz belichteten Aufnahmen nur die besten von den Momenten guten Seeings ausgesucht und überlagert werden. Diese Methode ist auch bei Amateuren schon lange bekannt, um z.B. Planeten aufzunehmen. Bei Doppelsternen wird die Genauigkeit von Positionsmessungen weniger durch das Teleskop als durch die Qualität der Intensitätsprofile der Sterne begrenzt. Peak-Positionen kann man erheblich genauer messen, als das theoretische Auflösungsvermögen angibt. Die Grenze ist eher durch die Auflösung im Bild, d.h. durch die Pixel-Größe in der Kamera

Beobachterforum

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gegeben. Der Gewinn durch ,,lucky imaging" besteht in schärferen Peaks, die sowohl eine genauere Bestimmung der Zentren als auch eine bessere Trennung von engen Systemen mit teilweise überlappenden Profilen ermöglichen. Das theoretische Trennvermögen kann aber auch mit ,,lucky imaging" kaum unterboten werden.
Aufnahmetechnik und Bildverarbeitung Für die Aufnahmen habe ich zwei Cassegrain-Teleskope auf der Internationalen Amateur Sternwarte (IAS) in Namibia benutzt, siehe z.B. Abb. 1 [1]. Die Öffnungen der Teleskope betragen 50 bzw. 40 Zentimeter bei Brennweiten von 4,5 bzw. 6,3 Meter. Als Kamera verwendete ich die Schwarz-Weiß-Version der DMK21AF04 der Firma The Imaging Source (TIS). Damit sind Belichtungszeiten bis herunter zu 0,1 Millisekunden möglich, bei Bildübertragungsraten über die FirewireSchnittstelle meines Notebooks von 10 bis 15 Bildern pro Sekunde. Der Chip hat quadratische Pixel von der Größe 5,6 Mikrometer, was Auflösungen von nominell etwa 0,25 bzw. 0,19 Bogensekunden pro Pixel ergibt. Meistens halbiere ich diese Werte noch mit einer Zweifach-BarlowLinse. Dazu kommt ein Rotfilter - erstens wegen des chromatischen Fehlers der Linse und zweitens zur Reduzierung des atmosphärischen Spektrums. Dadurch verringert sich zwar die Empfindlichkeit, aber für Sterne mit etwa 4 mag reichten schon 0,5 bis 3 Millisekunden für gute Signal-zu-Untergrund-Verhältnisse, je nach Seeing.
Für die Bildauswertung hat sich folgende Vorgehensweise bewährt: 1. Auswahl der guten Bilder aus einigen tausend Einzelbildern durch visuelle Inspektion, 2. mindestens zweifache, meist aber vierfache Erhöhung der Pixelzahl (,,resampling"), 3. Überlagerung mit Programmen wie Registax, meist in der Option ,,manuell". Im Endeffekt ergeben sich dann sehr glatte Intensitätsprofile, siehe das Beispiel in Abb. 2, und die Positionen der Maxima lassen sich mit Sub-Pixel-Genauigkeit bestimmen. Die Überlagerung vieler Bilder ist notwendig, weil das so genannte ,,lucky image" praktisch nie perfekt ist, und restliche Störungen herausgemittelt werden müssen. Die Ausbeute an guten Bildern liegt auch bei gutem Seeing bei nur wenigen Prozent.

1 Die DMK-Kamera mit Filterrad-
Barlow-Kombination am 50-cm-Cassegrain der IAS. Zum leichteren Auffinden von Objekten dient ein Sucherfernrohr mit einer empfindlichen Videokamera (Mintron, links unten).

Skalenfaktoren ("/Pix)

Teleskop
40-cm 50-cm

ohne Barlow
0,187 nicht verwendet

mit Barlow
0,097 0,132

Kalibration Für Abstandsmessungen muss die Auflösung im Bild möglichst genau bestimmt werden. Dazu verwende ich ein iteratives Verfahren anhand von mehreren Doppelsternen mit gut bekannten Abständen, d.h. für die möglichst viele Daten in der Literatur vorliegen, und die sich gut auf das aktuelle Datum extrapolieren lassen. Als Quellen benutze ich hauptsächlich den ,,Washington Double Star Catalog" (WDS) [2] und den ,,4th Catalog of Interferometric Measurements of Binary Stars" (kurz Speckle-Katalog) [3]. Beide werden vom United States Naval Observatory herausgegeben und sind online zugänglich. So ergaben sich die Skalenfaktoren (vor resampling), die in der Tabelle 1 aufgelistet sind. Die Fehler betragen etwa +/-0,5 Prozent.
Der Positionswinkel (PW) wird von der Nordrichtung über Ost von 0 bis 360 Grad gezählt. Die Ost-West-Richtung ergibt

sich aus der Überlagerung von Bildern bei abgeschalteter Nachführung. Das ergibt eine Strichspur, gegen die die Richtung der Verbindungslinie des Doppelsternsystems berechnet wird. Dies gehört zur Routine bei jeder Aufnahme, um sicher zu sein, dass sich nicht durch z. B. unabsichtliches Verdrehen der Kamera Fehler einschleichen. Die Genauigkeit dieser Richtungsbestimmung liegt bei etwa +/0,1 Grad, die der Bestimmung des Positionswinkels hängt darüber hinaus noch vom Abstand ab, da die Ortsauflösung durch die Pixelgröße beschränkt ist. Daher schlagen Abweichungen bei kleinen Abständen stärker zu Buche.
Messungen an beta Phe Der Stern beta im Sternbild Phönix ist ein physischer Doppelstern mit einer bisher angenommen Umlaufzeit von 195 Jahren. Trotz seiner Auffälligkeit mit Helligkeiten der Komponenten von 4,1 und 4,2 mag ist die Datenlage aber recht mager. Der bis dahin vorliegende Orbit war daher noch relativ unsicher. Seit Beginn der Messungen ist vermutlich erst etwa die Hälfte der Bahn durchlaufen worden. Ich habe das Doppelsternsystem im September 2008 und erneut im September 2009 jeweils sechs Mal aufgenommen. In 2008 mit beiden Teleskopen, in 2009 nur mit dem 40-cm-Gerät, und mit diesem sowohl mit als auch ohne Barlow-Linse. Dadurch ergab sich eine gute Abschätzung der Streuung der Messwerte und der Reproduzierbarkeit, die sicherlich auch vom Seeing abhängt. Zwei repräsentative Aufnahmen sind in Abb. 2 zu sehen. Norden ist jeweils unten, Osten rechts. Man sieht deutlich die Abnahme des Positionswinkels innerhalb eines Jahres. Die Messwerte sind in der Tabelle 2 aufgelistet zusammen mit den Streubreiten und Standardabweichungen.
Die relativ geringen Standardabweichungen zeigen die gute Reproduzierbarkeit der Messungen, trotz des kleinen Abstandes der Komponenten. Der Positionswinkel hat sich innerhalb eines Jahres um etwa sechs Grad verringert, deutlich außerhalb der Fehlergrenzen. Die Absolutwerte sind allerdings um etwa 30 Grad kleiner als die bis dahin angenommen Ephemeriden. Die Abstände entsprechen dagegen etwa der Erwartung. Dazu ist zu bemerken, dass der Gesamtfehler noch mit dem des Skalenfaktors zu beauf-
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Beobachterforum

2 Zwei repräsentative Aufnahmen aus 2008 und 2009 (Bild links und Bild Mitte) von · Phoenicis. Am unteren Bildrand
sind die jeweiligen Messwerte eingetragen. Links: 60 Einzelbilder x 0,5 ms, 50-cm-Cassegrain, f/18 effektiv. Mitte: 52 x 3 ms, 40-cm-Cassegrain, f/32. Beide mit Barlow und Rotfilter. Das Bild rechts ist eine 3-D-Darstellung des Intensitätsprofils der Aufnahme aus 2009.

schlagen ist, so dass die Unsicherheiten bei etwa +/-0,02 bis 0,03 Bogensekunden liegen. Diese Genauigkeit ist aber um eine Zehnerpotenz besser als man nach dem theoretischen Auflösungsvermögen erwarten könnte. Bis vor kurzem war ein Vergleich mit Literaturdaten nicht möglich. Der letzte Eintrag im Speckle-Katalog stammte von 1999 [3]. Glücklicherweise erschienen aber im Laufe des Jahres 2009 neue Messungen mit mittlerem Messda-

Messungen von Positionswinkel PW (o) und Abstand (") an · Phoenicis in 2008 und 2009.

Datum 2008,74 2009,71

PW 119,4o 112,7o

Streubreite 3,30 3,60

SD +/-1,10 +/-1,20

Abstand 0,390" 0,435"

Streubreite 0,018" 0,025"

SD +/-0,007" +/-0,009"

Es sind die Mittelwerte aus jeweils sechs Aufnahmen, sowie die Streubreiten und Standardabweichungen (SD) aufgeführt.

tum 2008,56 und Mittelwerten von 120,8 Grad und 0,373 Bogensekunden, die mit einem erheblich größeren Teleskop gewonnen wurden (4 m) [3]. Diese passen innerhalb der Fehlergrenzen sehr gut zu meinen Messungen mit ähnlichem Datum. Aufgrund dieser Daten hat Andreas Alzner einen neuen Orbit mit erheblich reduzierter Unsicherheit berechnet, der in Abb. 3 zusammen mit dem alten eingezeichnet ist [5]. Demnach hat sich die Umlaufzeit auf 168 Jahre verkürzt, und die Gesamtmasse des Systems um sieben Prozent verringert.

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3 Der ,,alte" und der ,,neue" Orbit
(modifiziert aus [4]). Grün markiert sind visuelle Messungen, blau interferometrische, und lila meine eigenen. Der Begleiter bewegt sich im UhrzeigerSinn, also entgegen der Zählrichtung des Positionswinkels. Auf dem neuen Orbit sind die Zeitpunkte ab 2000 in 2-Jahres-Schritten bis 2016 markiert. Zwischen 2000 und 2008 sind keine Literaturdaten bekannt.

Rezensionen 133

Fazit Das hier beschriebene Beispiel zeigt, dass man auch als Amateur mit der Technik des ,,lucky imaging" relativ genaue Messungen an Doppelsternen durchführen kann. Dabei ist weniger die Größe des Teleskops als die Kameraauflösung entscheidend. Der Hauptvorteil größerer Instrumente ist die Möglichkeit, auch schwächere Sterne mit kurzen Belichtungszeiten abzubilden, womit die guten Seeing-Momente besser eingefroren werden können. Die hier genannten Fehlergrenzen von Abstandsmessungen im Bereich von wenigen hundertstel Bogensekunden liegen um etwa eine Größenordnung unter den theoretischen Auflösungsgrenzen der verwendeten Teleskope. Diese Genauig-

keit kommt der von interferometrischen Methoden, die als besonders genau gelten, schon recht nahe. Ähnlich wie bei beta Phoenicis gibt es noch viele weitere Systeme, bei denen sich Abweichungen von bisher angenommenen Bahnen mehr oder weniger deutlich abzeichnen, bzw. bei denen in Zukunft Abweichungen zu erwarten sind. Systematische Messungen sind in jedem Fall geeignet, die Datenlage zu verbessern.
Literaturhinweise: [1] Internationale Amateur-Sternwarte
(IAS): www.ias-observatory.org [2] B.D. Mason et al., The Washington
Double Star Catalog (WDS), U.S.

Naval Observatory: www.usno.navy. mil/USNO/astrometry/optical-IRprod/wds/WDS [3] W.I. Hartkopf et al., Fourth Catalog of Interferometric Measurements of Binary Stars, U.S. Naval Observatory: www.usno. navy.mil/USNO/astrometry/opticalIR-prod/wds/int4 [4] W.I. Hartkopf et al., Sixth Catalog of Orbits of Visual Binary Stars, U.S. Naval Observatory: www.usno.navy. mil/USNO/astrometry/optical-IRprod/wds/orb6 [5] A. Alzner, R. Argyle, R. Anton, IAU Commission 26 (Double & Multiple Stars), Information Circular No. 169 (October 2009).

Pfadfinder für Außerirdische
von Katrin Weis
Abenteuer im Weltall, Interaktives Lernspiel zur Astronomie und Raumfahrt auf CD-ROM, ab 10 Jahren, entwickelt von Katrin Honauer und Marie Berckhan, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft in Kooperation mit der Klaus Tschira Stiftung, Preis: 9,90

Diese CD-ROM richtet sich an Kinder ab 10 Jahren, die spielerisch ihr Wissen über das Planetensystem und das Weltall prüfen und mithilfe von Lernmodulen mit Texten und Bildern erweitern können. Die Einbettung in einen spielerischen Rahmen motiviert sicher mehr, als einfach nur Sachinformationen zu lernen. Das Programm ist liebevoll, einfach und stringent gestaltet. Hat man bei einem Quiz einmal die Antwort nicht parat, ist ein ,,Reiseführer" zum Nachschlagen stets in Reichweite und fast immer findet sich dort die gesuchte Information. Die Fragen im Spielteil und den Lernmodulen sind verständlich und nah am Lernstoff. Schwächen zeigt die CD nur wenige. So ließ sich das Lernmodul zu den Weißen Zwergen nicht öffnen, und dass die Erde selbst zu den Planeten gehört, die kein direkter Nachbarplanet der Erde sind, wirkt eher spitzfindig. Das Spiel ist in Flash-Technologie erstellt, was die Systemanforderungen erfreulich klein hält. Die Stimmen der Charaktere des Spiels sind mit Blick auf die Textverständlichkeit allerdings manchmal etwas zu ,,außerirdisch" geraten. Lauffähig ist das Lernspiel unter Windows ab dem Betriebssystem XP. Insgesamt eine gelungene Produktion, die neben Kindern und deren

Eltern auch für Lehrende interessant ist, da sich die Lernmodule auch separat als Unterrichtsmedium verwenden lassen. Wir haben das Lernspiel von einem Kind aus der Alterszielgruppe testen lassen: ,,Die CD ist eine Mischung aus Spiel und Texten zum Lernen. Am Anfang steht die Aufgabe dem Alien Sparky zu helfen, den Ort seiner Geburtstagsparty zu finden, die seine Freunde für ihn geplant haben. Bevor man aber weiß, wohin man muss, fliegt man mit dem Alien durchs Weltall und beantwortet Fragen rund um die Planeten und spielt Spiele. Der Bordcomputer hilft dabei. Bei den Spielen muss man mal Quizfragen beantworten, mal die richtigen Planeten in den passenden Krater einsortieren oder Planeten mit einer besonderen Eigenschaft einfangen. Außerdem verfügt die CD über Lernmodule, in denen man noch mehr übers All und das Planetensystem herausfinden kann. Auch bei diesem zweiten Teil werden Aufgaben gestellt oder man kann Spiele spielen und dabei Aufgaben lösen. Die CD enthält gute, lustige und schöne Sachen, aber auch nicht so gute. Gut fand ich die Möglichkeit, mit der Rakete durch das All zu fliegen, wobei man erst einmal anhand der gestellten Aufgabe herausfinden muss, welcher Planet

denn das nächste Ziel ist. Die Figuren sind gut dargestellt und die Geschichte macht einfach Spaß. Wenn man bei einer Frage nicht weiter weiß, kann man die Antwort im Bordcomputer meist schnell finden. Nicht so gut fand ich, dass die Quizfragen recht streng waren. Wenn man zwei Fragen nicht richtig beantwortet, beginnt das jeweilige Quiz noch mal von vorne. Hat man nach der Reise durch das Planetensystem alles beantwortet, muss man noch bei einem Spiel mit einem Raumschiff versuchen, möglichst viele Sterne einzusammeln. Das ist gar nicht so einfach, und erst wenn man das geschafft hat, gelangt man endgültig zum Ziel. Insgesamt hat es mir viel Spaß gemacht! Ich habe vieles gelernt und behalten."
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134 Rezensionen

Der Mond für Einsteiger und ,,alte Hasen"
von Torsten Güths
Lambert Spix: moonscout - Mondmeere, Krater und Gebirge einfach finden und beobachten. Zweite Auflage, Oculum Verlag, Erlangen, 2009, ISBN 978-3-938469-33-0, 9,90 EUR

Der Mond ist sicherlich das erste Objekt, das sich der beginnende Sternfreund mit einem Fernrohr anschaut. Er ist leicht auffindbar und auch mit dem bloßen Auge zeigt er bereits Strukturen. Doch schon in einer guten Optik bei nur zwanzigfacher Vergrößerung beobachtet, offenbaren sich dem Einsteiger eine Fülle von Details, für deren Beobachtung eine systematische Angangsweise anzuraten ist.
Proklamiertes Ziel des Werks - ,,Notwendige Vorkenntnisse: keine" - ,,Instrumentielle Voraussetzungen: bloßes Auge, Fernglas oder klei-
nes Teleskop" - ,,... Der moonscout ist als »Immer-dabei-Werkzeug« für Mondfreunde
konzipiert. Einsteiger lernen einfach, sich auf dem Mond zurecht zu finden und Amateurastronomen finden eine kompakte und robuste Aufsuchhilfe für die wichtigsten Mondformationen."
Systematik und Inhalt Das Werk hat 28 Seiten mit 14 Karten im spiralgebundenen Softcover im Querformat 21cmx15cm. Die Deckblätter und Seiten bestehen aus wasserabweisend beschichtetem Karton (0,4mm Dicke). Es finden sich Karten von 13 Mondphasen und 58 Mondformationen werden im Einzelnen beschrieben.
Der Inhalt lässt sich in diese Segmente unterteilen: - Einführung in die Mondbeobachtung und die Kartensystematik - Mondübersicht und 13 Mondphasenkarten - Detailbeschreibungen von Mondformationen - Objektindex und Termine
1) Einführung in die Mondbeobachtung und die Kartensystematik Auf den ersten vier Seiten führt Lambert Spix in die Mondbeobachtung ein. Nach der Erklärung der Symbole und der Systematik führt er ein in die Entstehung der Mondphasen und die Mondrotation. Welche Arten von Mondformationen im Detail zu beobachteten sind und ihre Herkunft werden klar und knapp umrissen. Für den Einstieg in jedem Fall hilfreich und ausreichend. Abschließend folgen die Beobachtungstipps, die den Einsteiger vor so manchen ,,klassischen" Fehler bewahren. Vermissen könnte man allenfalls den Hinweis, dass das Fernrohr auskühlen sollte und man lokale Wärmequellen meiden muss.

2) Mondübersicht und 13 Mondphasenkarten Die Mondübersicht zeigt sehr schön die Maare und auch einige der bei Vollmond auffälligen Krater. Für den Einsteiger, wie auch den erfahrenen Beobachter ist zusätzlich sehr interessant zu sehen, wo die Apollomissionen und auch Ranger 7 und Luna 2 gelandet sind. Die 13 monochromen Mondphasenkarten beginnen drei Tage nach Neumond und zeigen die Phasen des Erdtrabanten im zweitägigen Turnus. Die Strukturen werden rechts vom Mond aufgelistet und ein Symbol weist auf die Beobachtbarkeit mit Auge/Fernglas/Teleskop hin. Auch der Verweis auf die Detailkarten findet sich hier. Für eine zeitliche Grobplanung wird stets auch der Auf- und Untergangszeitraum des Mondes aufgeführt.
3) Detailbeschreibungen von Mondformationen Sämtliche beschrifteten Formationen werden von Lambert Spix gut beschrieben. Der Beobachter erfährt hier Beobachtungshinweise und interessante Details, wie zum Beispiel die Höhe von Mondbergen oder Kraterwällen. Auch Kraterdurchmesser und Hinweise zu Kleinkratern finden sich hier. Die Beschreibungen werden von 15 Abbildungen ergänzt, die einen detaillierteren Anblick gestatten. Der Maßstab ist jedoch nicht durchgängig gleich, daher wird der Beobachter schon gefordert, den Bildanblick vom moonscout in den Okularanblick umzusetzen.
4) Objektindex und Termine Abschließend findet der Leser auf einer Seite alle dargestellten Formationen mit der Sichtbarkeit und die Kartennummer vor. Die Termine der Neu- und Vollmondphasen gehen bis Dezember 2016 und passen hervorragend zu der Kartensystematik. Der Leser kann rasch am Datum feststellen, welche Mondphase heute sichtbar ist.
Layout und Bildmaterial Die Abbildungen der Mondoberfläche sind stets monochrom. Symbole und Grafiken, sowie das Seitenlayout der Phasenkarten sind farbig. Der Mond ist bei den Phasen sehr scharf abgebildet und wirkt wie schätzungsweise bei vierzigfacher Vergrößerung beobachtet.
Resümee Das proklamierte Ziel wird voll und ganz erreicht! Einsteiger wie alte Hasen, die nur gelegentlich den Mond beobachten, finden hier wertvolle Übersichten und Beschreibungen aller populären Beobachtungsgebiete auf dem Mond. Ein empfehlenswertes Werk.

Bernd Koch, Stefan Korth:
Die Messier-Objekte
- Die 110 klassischen Ziele für Himmelsbeobachter - Suchen, Finden, beobachten, Fotografieren

Kosmos Verlag, Stuttgart 2010, gebunden, Format 178 mm x 250 mm, 217 Seiten, mit 125 Farbfotos und 113 Farbzeichnungen, ISBN 978-3-440-11743-9, 29,90 EUR

Aaahh! Ein Messier-Buch! So mein erster Gedanke, als ich das Buch mit dem schön aufgemachten, sehr ansprechenden Titelbild in die Hand bekam. Und da die beiden Autoren in der Amateurszene einen guten Namen besitzen, war ich mir über die hohe Qualität des Inhaltes sicher.
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Als DAS Messier-Buch schlechthin gilt seit Jahrzehnten der Klassiker von Hans Vehrenberg (,,Atlas der schönsten Himmelsobjekte", ich kann die 4. Auflage von 1985 mein eigen nennen). Ob das Buch von Koch/Korth dem Vergleich standhalten sollte? Kurz gesagt: Es kann! Und noch viel mehr!

Zum einen ist es natürlich viel moderner aufgemacht, spricht den Leser allein schon durch die wunderschönen Farbaufnahmen

Vorschau 135

und Grafiken an. Vehrenberg hatte die ersten Aufnahmen zu seinem klassischen Werk bereits im Jahr 1963 gewonnen, als durchweg auf fotografischem Film oder auf Fotoplatten fotografiert wurde, und Farb-Astroaufnahmen die große Ausnahme waren. Bernd Koch nahm seine Aufnahmen der Messier-Objekte in den letzten Jahren auf und nutzte durchweg modernste digitale Aufnahmetechniken (digitale Spiegelreflexkamera, CCD-Astrokamera). Beiden Werken gemeinsam ist die gute Strukturierung: Ein Objekt wird auf jeweils einer Doppelseite vorgestellt. Während die im Klassiker von einem Zeichner auf Papier angefertigten S/W-Aufsuchekarten eher spärlich ausgestattet waren, wurde im vorgestellten KosmosBuch auch bei den Farbkarten nicht gespart: Stets findet man zu jedem Messier-Objekt eine großzügige Übersichtskarte des Sternbildes und dabei eine Detailkarte für den Feldstecher oder den Beobachter am Teleskopokular. Die Beschreibungen der Objekte beschränkten sich im Klassiker meist auf eher wissenschaftliche Fakten. Im Buch von Koch/Korth gibt es einen ,,Steckbrief" mit den wichtigsten Daten des Objektes in Tabellenform, sowie einen kleinen Abschnitt mit einem ,,Fototipp", der

dem geneigten Astrofotografen Hinweise gibt, wie das betreffende Objekt am besten aufzunehmen ist, worauf objektspezifisch geachtet werden sollte. Dazwischen findet der beobachtende Leser in drei Textabschnitten Informationen zum Objekt, eine Wegbeschreibung zum Objekt und Hinweise zur visuellen Beobachtung: Alle Objekte wurden von Co-Autor Stefan Korth visuell beobachtet und ihr Erscheinungsbild in Instrumenten verschiedener Größe (42 bis 300 mm Öffnung) beschrieben. Und das ist die perfekte Ergänzung zu diesem wunderschönen Bildband, der nicht nur den Fotografen anspricht, sondern auch den rein visuellen Beobachter unterstützt und faszinieren kann.
Natürlich wird zur Hintergrundinformation das Werk von Charles Messier vorgestellt, sowie die fotografische und visuelle Beobachtungstechnik. Den Abschluss des Buches bilden eine umfangreiche Quellenliste von Literatur und Webseiten zum Thema, sowie Tabellen: Sternbilder, Klassifikationen, BortleSkala, Objektdaten in der Übersicht für die schnelle Suche und Angaben über die Zeit der optimalen Beobachtung.

An wen richtet sich das Buch? Eine schwierige Frage. Der erfahrene Beobachter mit PCgesteuertem Teleskop wird die Aufsuchekarten nicht unbedingt brauchen, diese richten sich demnach an den technisch eher einfach ausgestatteten Sternfreund und an den Einsteiger oder (Gelegenheits)beobachter mit z. B. transportablem Instrument. Für Beobachter und Fotografen aller Erfahrungsstufen sind natürlich die qualitativ herausstehenden Farbaufnahmen und die Beschreibungen des visuellen Erscheinungsbildes der Objekte interessant.
Natürlich kann man es auch einfach nur ins Wohnzimmerregal stellen ... Aber dieses Buch schreit praktisch nach dem direkten Kontakt zum Sternenhimmel. Morgen wird mein Exemplar den Weg ins Regal meiner Beobachtungshütte gefunden haben.
Mein Fazit: Sehr empfehlenswert. Werner E. Celnik