Direkt zum Inhalt Inhaltsverzeichnis des VdS-Journals 28
BEITRAG
4 Was tut sich im Jahr der Astronomie (Melchert Sven)
28
0 Vierte Ausgabe des VdS-Journals (Beitrag)
BEITRAG
5 VdS-Medaille 2008 an Frau Sonja Itting-Enke (Guthier Otto)
5 Die Beiträge für das Kalenderjahr 2009 sind fällig (Kessler Thomas)
6 Das internationale Jahr der Astronomie 2009 steht vor der Tür (Fischer Daniel)
10 Einleitung (Jahns Helmut)
10 Programmieren in der Astronomie (Jahns Helmut)
12 Mein Weg zur astronomischen Programmierung (Brinks Ralph)
14 Paralleles Programmieren für die Astronomie (Jahns Helmut)
16 Fehlerabschätzung und Erkennung von Ausreißern mit Hilfe des Leaving-One-Out-Verfahrens (Molau Sirko)
19 Die Bahn des Toro (Jahns Helmut)
21 Planetariumsprogramme im Vergleich (Pfleger, Zehndbauer, Hoffmann, Glöckner, Hombach)
28 Aktuelle Entwicklungen in der Ephemeridenrechnung (Heger Moritz)
30 Die Genauigkeit der Systemuhr bei CCD-Aufnahmen (Diederich H.-G.)
32 Fernglashalterung (Leiter Frank)
34 Tubuslüftung einmal anders (Schneider Oliver)
36 Der Blick ins All - Bau eines Dobson-Teleskops 2 (Danner Elias)
39 VdS-Fachgruppe Astrofotografie - drei nicht alltäglilche Dinge (Riepe Peter)
41 10 Tipps für den Webcam-Anfänger Teil 1 (Gährken Bernd)
44 Ethik in der Astrofotografie (Berlemann Jochem)
49 Jets & more mit dem WATEC-"Würmchen" (Wacker Wilfried)
50 Die Nebellandschaft im Orion (Riepe Peter)
54 Äußerst intensive Pollenkoronen (Hinz Claudia)
55 Lichtbahnen auf Feldern (Nitze Reinhard)
59 Die rote Punktwolke (Diederich H.-G.)
59 Die 15. CCD-Tagung in Kirchheim (Möller Dennis)
60 Die wechselwirkenden Galaxien NGC 3226/7 (Spitzer Daniel)
61 Carl E. Sagan - Eine biografische Skizze (Fritz Olaf)
61 Fachgruppe Geschichte der Astronomie Neues J. 28 (Steinicke Wolfgang)
63 Politiker, Feuerwehrkommandant und Naturforscher (Meinike Mechthild)
64 Astro-Elchtest im Sommer (Hoffmann Susanne)
65 Astronomisches Sommerlager 2008 (Solomonova Aliona)
67 Simulation von Planetenbahnen (Miekley Nina, Brauch Sven)
68 Die Sonne und ihre bevorstehende Entwicklung (Heimann, Mangat, Nickolay, Seehausen, Tesch)
70 Asteroidenbeobachtungen international (Griesser Markus)
71 Kosmische Begegnungen Journal 28 (Ries Wolfgang, Hohmann Klaus)
72 Große Vorträge über Kleine Planeten (Griesser Markus)
75 Helle Kometen des Jahres 2009 (Meyer Maik)
77 500 Kometen und kein bisschen müde (Hasubick Werner)
80 100 Jahre Tunguska-Ereignis (Knöfel Andre)
81 Die partielle Sonnenfinsternis am 1.8.2008 (Girrbach Dieter)
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0 Erratum zu "Auf der Jagd nach dem Minimum" - Hempel (Beitrag)
BEITRAG
82 Partielle Sonnenfinsternis vom 1. August 2008 (Hörenz Martin)
83 Europäische Kooperationen im Rahmen der Spektroskopie-Workshops 2007 und 2008 am OHP (Pollmann Ernst)
85 Erste Schritte mit einem Lichtleiterspektrosgrafen (Hanisch Bernd)
88 Neptun-Mond Triton bedeckt GSC 5800 42 (Bode Hans-Joachim)
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0 Triton bedeckt Stern Lichtkurve (Beitrag)
0 Triton bedeckt Stern Verlauf (Beitrag)
BEITRAG
90 Seltene Bedeckungen: Epsilon Aurigae und EE Cephei (Quester Wolfgang)
92 Neue Sterne - was nun? (Schulz Henri)
94 Einstieg in die Veränderlichenbeobachtung mit DSLR (Moos Carsten)
98 Extragalaktische Novae in M 31 und M 81 (Diederich H.-G.)
100 Lichtverschmutzung im Bundestag (Hänel Andreas)
102 Der Umgang mit "Arbeiten" der Fachastronomie (Diederich H.-G.)
103 M wie Messier Journal 28: M 13, M 41, M 79 (Güths Torsten)
107 Astronomische Bildung - Quo vadis? (Brinks Ralph)
108 Das war´n noch Zeiten Journal 28 (Völker Peter)
110 Weitere "Hochgeschwindigkeitssterne" der Milchstraße (Diederich H.-G.)
120 Astronomietag 2008 (Jahn Jost)
28
0 VdS Mitglieder neu Begrüßung (Beitrag)
BEITRAG
121 Das 4. Journal kommt in 2009 (Bannuscher Dietmar, Guthier Otto)
122 Ein erfolgreicher Astrononomietag 2008 (Görgen Georg, Kirch Hans)
123 3. AME (Guthier Otto)
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0 29. VdS-Tagung vom 2. bis 4. Oktober 2009 in Jena (Beitrag)
BEITRAG
124 Die ersten Fachgruppen-Flyer sind fertig (Bannuscher Dietmar)
125 Der Gipfel auf dem Hügel (Melchert Sven)
128 SaharaSky (Bode Hans-Joachim)
130 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen Journal 28 (Celnik Werner E.)
131 Vorschau auf astronomische Ereignisse Journal 28 (Celnik Werner E.)
0 Editorial Journal 28 (Guthier Otto, Melchert Sven)
Textinhalt des Journals 28
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136
Astronomietag 2008 Seite 122
Neue Fachgruppenflyer Seite 124
VdS-Journal Nr. 28
4 NACH REDAKTIONSSCHLUSS
VdS-Vorstandsinfo:
Vierte Ausgabe des VdS-Journals
VdS-Vorstand
Liebe Mitglieder, liebe Leserinnen und Leser,
nach vielen Gesprächen und langen Vorbereitungen dürfen wir Ihnen heute zu Jahresbeginn eine erfreuliche Nachricht mitteilen. Ab dieser Ausgabe unserer Mitgliederzeitschrift ,,VdS-Journal für Astronomie", Nummer 28, erscheint diese Zeitschrift für VdS-Mitglieder und den interessierten Hobbyastronomen vier Mal im Jahr. Dieser Beschluss ist nach reiflichen Überlegungen und Berechnungen am 25. Oktober 2008 vom
VdS-Vorstand gefasst worden. Die zukünftigen Ausgaben sollen einen Umfang von 132 Seiten pro Heft umfassen. Dieser Schritt ist durch eine erhebliche Verstärkung bei der Redaktionsarbeit möglich geworden. In Zukunft werden Herr Dr. Werner Celnik und Herr Stephan Fichtner die Redaktionsarbeit verstärken und tatkräftig an den vier Ausgaben mitarbeiten. Eine wichtige Botschaft ist, dass die Mitgliedsbeiträge dadurch nicht angehoben werden, sondern weiterhin bei 30.- EUR pro Jahr betragen (siehe nebenstehenden Bericht).
Der Vorstand möchte mit dieser Initiative den Mitgliedern sowie den Leserinnen und Lesern noch mehr Spaß und Freude mit unserer Mitgliederzeitschrift bereiten. Außerdem sind einige Erweiterungen vorgesehen, die unser Magazin bereichern und interessanter gestalten werden. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und sind sehr auf Ihre Reaktion gespannt (einen umfassenden Bericht zu diesem Thema finden Sie auf Seite 121 in den VdS-Nachrichten).
Was tut sich im Jahr der Astronomie?
von Sven Melchert, VdS-Vorstand
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Mitglieder, vielleicht haben Sie es schon entdeckt, dieser Ausgabe des VdS-Journals liegt eine kleine Broschüre bei: das Jahresprogramm zum Jahr der Astronomie 2009. Hier finden Sie alle Informationen zu Veranstaltungen und Himmelsschauspielen in diesem Jahr. Den Hauptteil des Jahresprogramms bilden die zwölf Monate Januar bis Dezember. Für jeden Monat werden hier drei interessante Himmelsereignisse und Beobachtungsprojekte angegeben. Die erste Rubrik nennt Himmelsschauspiele, die man über einen längeren Zeitraum beobachten kann, zum Beispiel den Abendstern Venus zu Jahresbeginn oder die ,,Nächte der Planeten" im November 2009. Die zweite Rubrik stellt tagesaktuelle Ereignisse vor, wenn zum Beispiel der Mond einem hellen Planeten begegnet, eine Finsternis zu beobachten ist oder viele Sternschnuppen zu erwarten sind. In beiden Rubriken werden nur sehr auffällige Ereignisse beschrieben, die jeder - auch ohne Teleskop - einfach am Himmel sehen kann. Vielleicht nutzen Sie die Gelegenheit und weisen ihre Bekannten, Verwandten oder Nachbarn auf diese Himmelsschauspiele hin, so dass auch sie im ,,Jahr der Astronomie" die Gelegenheit haben, ein kosmisches Schauspiel live zu erleben.
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Die dritte Rubrik richtet sich an Amateurastronomen und wurde von den Fachgruppen der VdS zusammengestellt. Hier sind die instrumentellen Anforderungen natürlich höher und einige Beobachtungsempfehlungen stellen eine echte Herausforderung dar. Da viele Amateure ihr persönliches Steckenpferd haben, bietet sich so die Gelegenheit, einmal in andere Beobachtungsdisziplinen hereinzuschnuppern und so Neues zu lernen. Das Programmheft wurde von der VdS in Zusammenarbeit mit dem Kosmos Verlag erstellt, die allgemeinen Beobachtungshinweise stammen aus dem Jahrbuch ,,Kosmos Himmelsjahr". Auch übernahm der Kosmos Verlag das Layout des Heftes und ist für die Druckkosten von 100.000 Exemplaren aufgekommen. Als weiterer Sponsor hat sich der Spektrum-Verlag bereit erklärt, das Heft den Zeitschriften ,,Spektrum der Wissenschaft" und ,,Sterne und Weltraum" kostenlos beizulegen. Die VdS hat ihrerseits den Druck von 20.000 Exemplaren finanziert und stellt diese im Rahmen der Aktion zum Astronomietag 2009 am 4. April den Volkssternwarten zur Verfügung. Wie zu jedem Astronomietag werden die Sternwarten dazu persönlich von der VdS angeschrieben. Die erste Auflage des Programmheftes wird aber sicher nicht die letzte sein!
Weitere Sponsoren sind herzlich eingeladen, sich an Druck und Verbreitung des Heftes zu beteiligen. Als Gegenleistung erhält jeder Sponsor einen Anzeigenplatz für sich. Interessenten wenden sich bitte an Sven Melchert, Telefon 07 11 - 2 19 14 05, oder s.melchert@kosmos.de.
Wenn Sie eines der im Programmheft angegebenen Ereignisse beobachtet oder sogar fotografiert haben, dann lassen Sie es uns wissen. Wir werden im VdS-Journal regelmäßig darüber berichten und auch auf der Homepage www.vds-astro.de Ihre Fotos veröffentlichen. In diesem Sinne: auf ein erfolgreiches ,,Jahr der Astronomie" und allzeit klaren Himmel!
NACH REDAKTIONSSCHLUSS 5
VdS-Medaille 2008 an Frau Sonja Itting-Enke
von Otto Guthier, VdS-Vorstand
Die VdS-Medaille 2008 erhält Frau Sonja Itting-Enke, die im Rahmen der Bochumer Herbsttagung am 15. November 2008 verliehen wurde. Die seit vielen Jahren in Windhoek/Namibia lebende Frau Itting-Enke erhält diese Auszeichnung für ihr astronomisches Lebenswerk und ihre oft selbstlose Unterstützung von vielen Hobby-Astronomen, die nach Namibia gereist sind und ihre Hilfe in Anspruch nehmen konnten. Ohne ihre tatkräftige Unterstützung wäre die im Jahre 1986 organisierte und durchgeführte VdSReise mit 45 Sternfreunden aus Anlass der Halley-Watch-Kampagne nie zustande gekommen. Vielen Sternfreunden hat sie in den Jahren danach den ,,Blick auf den südlichen Sternhimmel" erleichtert
und konnten ihre große Gastfreundschaft genießen. Frau Itting-Enke hat außerdem viel für die astronomische Volksbildung in Namibia getan, indem sie astronomische Kurse abhält und Gästeguides astronomisch ausbildet, die den Touristen astronomisches Wissen vermitteln. Frau Itting Enke ist die 10. Preisträgerin der VdS-Medaille, die von der VdS jährlich vergeben wird und Hobbyastronomen für ihre herausragende Tätigkeiten auf dem Gebiet der Amateur-Astronomie, für Entdeckungen oder für Arbeiten im Bereich der Volksbildung ehrt. Der Preis ist mit einer für die VdS nicht unbedeutenden Summe von 500.- EUR dotiert. Erstmals wurde damit eine Preisträgerin ausgezeichnet. Der VdS-Vorstand gra-
Frau Sonja Itting-Enke im März 2008 in ihrer Sternwarte in Namibia
tuliert Frau Sonja Itting-Enke zu dieser Auszeichnung und wünscht ihr weiterhin alles Gute. (Ein ausführlicher Bericht über die Preisverleihung folgt in der nächsten Ausgabe des VdS-Journals.)
Die Beiträge für das Kalenderjahr
2009 sind fällig ! von Thomas Kessler, VdS-Vorstand
Dieser Ausgabe des Journals ist die Beitragrechnung 2009
durch eine eventuelle Rückgabe der Lastschrift in Rechnung
beigefügt. Da der Versand in einer Fensterversandtasche gestellt werden, weiterberechnet werden müssen.
erfolgt, dient das Adressfeld auf der Beitragsrechnung gleich- Wegen des hohen Verwaltungsaufwands bei Schecks und
zeitig dem Versand. Wer also dieses Journal erhalten hat, hat wegen der hohen Kosten bei Auslandsschecks werden
auch eine Beitragrechnung bekommen.
Schecks, wie in der Beitragsordnung bestimmt, grundsätzlich
nicht angenommen.
Um die Beiträge in der Steuererklärung geltend zu machen,
bedarf es keiner gesonderten Zuwendungsbestätigung. Bis Bei Überweisungen aus dem Ausland sind folgende Angaben
zu einem Betrag (Beitrag/Spende) von nicht mehr als 200,00 notwendig:
, reicht der Zahlungsnachweis in Verbindung mit der auf der Sparkasse Starkenburg
Beitragsrechnung abgedruckten Bestätigung.
BIC/SWIFT-Code = HELADEF1HEP
Die Mitgliedsnummer besteht grundsätzlich aus vier Stellen. IBAN = DE79509514690000011745
Da in der Vereinsbuchhaltung fünfstellige Kontonummern
geführt werden, wird der Mitgliedsnummer - nur für Bitte helfen Sie der Geschäftsstelle und der Buchhaltung durch
Beitragszwecke - eine 1 vorangestellt.
eine rechtzeitige Zahlung des Beitrages bei der Bewältigung
der nicht unerheblichen Arbeiten im Zusammenhang mit dem
Sofern Sie nicht den vorbereiteten Überweisungsbeleg benut- Jahreswechsel.
zen, achten Sie bitte unbedingt darauf, die Mitgliedsnummer Da leider regelmäßig mehr als 10% der Mitglieder gemahnt
anzugeben. Hinweise auf den Bezug einer Zeitschrift o.ä. sind werden, vorsorglich noch einmal der Hinweis, dass nach der
nicht notwendig, da die Zahlungszuordnung ausschließlich Satzung die Mitgliedschaftsrechte ruhen, wenn der Beitrag
über die Mitgliedsnummer erfolgt.
nicht bis zum 31. März bezahlt ist.
Die Beiträge können auch mit Banklastschrift eingezogen
werden. Soweit Sie am Banklastschriftverfahren teilnehmen Bei Fragen im Zusammenhang mit der Beitragszahlung kön-
wollen und bisher noch keine Bankeinzugsermächtigung nen Sie sich auch direkt an den Schatzmeister unter thomas.
erteilt haben, setzen Sie sich bitte mit der Geschäftsstelle in kessler@vds-astro.de oder schriftlich an Thomas Kessler,
Verbindung. Bitte beachten Sie, dass Bankspesen, die der VdS Postfach 1930, 21309 Lüneburg wenden.
VdS-Journal Nr. 28
6 NACH REDAKTIONSSCHLUSS
Das internationale Jahr der Astronomie 2009 steht vor der Tür
von Daniel Fischer
DAS
DU LEBST
WELTALL
DARIN - ENTDECKE ES!
,,Eine globale Feier der Astronomie und ihrer Beiträge zur Gesellschaft und Kultur", wie es sie noch nie gegeben hat, steht uns 2009 bevor: Das Internationale Jahr der Astronomie (International Year of Astronomy, IYA), das die Vollversammlung der Vereinten Nationen Ende 2007 ausgerufen hat, soll ,,weltweites Interesse nicht nur an Astronomie sondern Wissenschaft im Allgemeinen" stimulieren. Doch dafür wird nicht die UNO sorgen: Wie nie zuvor sind gerade die Amateurastronomen der Welt gefordert und aufgerufen, dieses Projekt mit Leben zu füllen. Nach spätem Start hat sich auch in Deutschland einiges bewegt.
Die Initiative war von italienischen Astronomen ausgegangen: 2009 jährt sich zum 400. Mal der Beginn teleskopischer Himmelsbeobachtungen durch Galileo Galilei. Seine bahnbrechende Erfahrung des teleskopischen Blicks an den Himmel möglichst viele Menschen teilen zu lassen,
die noch nie solch ein Vergnügen hatten, das war die Grundidee hinter dem IYA, und es werden schon seit Jahren die besten Wege zu diesem Ziel diskutiert. So sollen insbesondere Völkerscharen zu öffentlichen Beobachtungsaktionen gelockt werden, welche natürlich durchweg von Sternfreunden ausgerichtet werden müssen: Wenn jeder der geschätzt 100.000 Astroaktiven dieses Planeten im Laufe des Jahres hundert anderen Menschen zu ihrem ersten Blick durch ein Teleskop verhilft, stehen am Ende 10 Millionen ,,firsttimer", die dann wieder anderen von den Freuden des Selberbeobachtens berichten. Ein anderer Ansatz nennt sich ,,TeleskopAmnestie-Programm": Wiederum unter Anleitung erfahrener Sternfreunde sollen ungenutzte Fernrohre aus dem Kaufhaus wiederbelebt und ihre Besitzer in ihrer Handhabung unterrichtet werden. All dies ist natürlich sehr personalintensiv und könnte nie eine wirkliche Breitenwirkung erreichen: Deswegen gab es eine Weile den
INTERNATIONALES
ASTRONOMIEJA HR
kühnen Plan, zu Abermillionen sogenannte ,,Galileoskope" unter's Volk zu bringen, simple Bausätze für Miniteleskope, mit denen jeder zumindest zwei der Schlüsselbeobachtungen Galileis nachvollziehen können sollte. Doch bald mussten die Planer einsehen, dass geringer Preis, Handhabung durch blutige Laien und doch astrotaugliche Bildqualität schlicht unvereinbar sind - was blieb, richtet sich eher an Schulprojekte.
Highlights im Jahr der Astronomie:
20. Januar 8.-28. März 8. März 16.-28. März 20. März 27. März - 16. August 29. März 2.-5. April 3. April - 31. März 2010 4. April 12. April 22. April 24. April 7.-14. Mai 10. Mai - 28. Juni 16. Mai 18.-26. Juni 20. Juni 27. Juni 14. August 21.-25. September 2.-4. Oktober 9.-23. Oktober 24.-25. Oktober 9.-15. November 31. Dezember
Eröffnungsfeier Nächte des Saturn Saturn in Opposition - Planet des Jahres GLOBE at Night (Sterne zählen) Festakt ,,400 Jahre neuzeitliche Astronomie" zu Kepler Ausstellung ,,Der Mond" Earth Hour (eine Stunde Lichter aus) 100 Stunden Astronomie Ausstellung ,,Sternstunden - Wunder des Sonnensystems" Astronomietag Yuri`s Night (Weltraumparties) Konzert ,,Sternstücke" Astronomische Frühjahrstagung Premierenwoche des IYA-Planetariumsprogramms ,,Flug mit dem Raumschiff Somnia zum Mars" (für Kinder) 25. Astronomiemesse ,,ATT" ,,Historische Sternwarten stellen aus" ,,Lange Nacht der Sterne" IYA-Kulturfest Jupiter in Opposition TBC Highlights der Physik Tagung der Vereinigung der Sternfreunde mit Ausstellung Great World Wide Star Count TBC 50 Stunden Astronomie Woche der Schulastronomie partielle Mondfinsternis
Berlin (Einladung!) weltweit weltweit weltweit Stuttgart (Einladung!) Wallraf-Richartz-Museum Köln ausgewählte Städte weltweit weltweit Gasometer Oberhausen deutschlandweit weltweit Deutsches Museum Bonn Universität Würzburg erst Berlin, dann ganz Deutschland & Österreich Weil der Stadt Essen deutschlandweit Beethovenhaus Bonn Bonn Münsterplatz weltweit Köln Jena weltweit weltweit? Auf jeden Fall F+D deutschlandweit Europa u.a.
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KALENDER 2009 / AHNERT 2009
Ahnerts Astronomisches Jahrbuch 2009
Ahnerts Astronomisches Jahrbuch ist das unentbehrliche Standardwerk für alle Sternfreunde. Im handlichen Zeitschriftenformat enthält es alle wichtigen Informationen über die Himmelsereignisse im »Internationalen Astronomiejahr 2009«, versehen mit Sternkarten, Hintergrundinformationen, Beobachtungstipps und den besten Aufnahmen von Amateurastronomen. So können sowohl Einsteiger als auch fortgeschrittene Sternfreunde Monat für Monat ihre eigenen Beobachtungen planen. Ca. 194 Seiten; 9,80 zzgl. Porto, als Standing Order 8,50 inkl. Inlandsversand, ISBN 978-3-938639-95-5
Kalender »Himmel und Erde 2009«
Astronomen präsentieren im Bildkalender HIMMEL UND ERDE 2009 ihre schönsten Aufnahmen und lassen Sie an den fantastischen Möglichkeiten der modernen Naturbeobachtung teilhaben. Zusätzlich bietet er wichtige Hinweise auf die herausragenden Himmelsereignisse 2009 und erläutert auf einer Extraseite alle auf den Monatsblättern des Kalenders abgebildeten Objekte knapp und anschaulich. 14 Seiten; 13 farbige Großfotos; Spiralbindung; Format: 55 x 45,5 cm; 29,95 zzgl. Porto; als Standing Order 27,- inkl. Inlandsversand; ISBN 978-3-411-80246-3
>> Beide Produkte sind im Handel erhältlich oder unter:
Wissen aus erster Hand
www.spektrum.com/lesershop
Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH | Slevogtstraße 3-5 | 69126 Heidelberg | Tel 06221 9126-743 | Fax 06221 9126-751 service@spektrum.com
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Die breite Öffentlichkeit aber muss nun um so mehr von den Sternfreunden der Welt an die Hand genommen werden. Zwar sind auch zahllose andere Veranstaltungen angedacht, um die Freuden der Astronomie greifbar zu machen, aber Starparties zu allen Gelegenheiten sollten im Mittelpunkt stehen. Oder noch besser, um einen anderen Anglizismus zu benutzen, Sidewalk-Astronomie: Nicht das Volk muss zu den Astronomen kommen, sondern die Sternfreunde kreuzen mit ihren Teleskopen dort auf, wo die Bevölkerung flaniert, auf öffentlichen Plätzen, auch mitten in der Stadt, oder tatsächlich auf dem Bürgersteig. Weltweite Aktionen dieser Art gelten weiterhin als (der) Kern des Astronomie-Jahres, wobei es aber stets den lokalen Sternfreunden obliegt, sich um Genehmigungen und Sicherheitsfragen aller Art zu kümmern - Zusammenarbeit mit den Kommunen ist also der erste Schritt. Ein erstes herausgehobenes Intervall reicht vom 8. bis 28. März, wenn das Cassini-Projekt der NASA zu ,,Saturn-Beobachtungsnächten" aufruft, in den Wochen nach der Opposition des dann günstig platzierten Ringplaneten. Allerdings ist dann Voll- bzw. abnehmender Mond: Wenn sich dieses populärste wie am einfachsten zu präsentierende Himmelsobjekt erneut dem ersten Viertel nähert, beginnen die ,,100 Stunden Astronomie" des IYA vom 2. Bis 5. April, die den Astronomietag 2009 am 4. April einschließen. Damit die Kunde von den ,,100 Hours" auch jeden erreicht, sollen die konkreten Beobachtungen durch intensive Internet- und Massenmedienaktionen angetrieben werden, vor allem in einem noch festzulegenden Zeitraum von 24 Stunden.
Wie vieles im IYA sind auch diese Pläne noch recht vage und die zentrale Webseite - wo jede Starparty angemeldet gehört - ist erst im Aufbau. Die 100 Stunden sind indes nur einer von 11 sogenannten Eckpfeilern (Cornerstones) des IYA, zu denen z.B. auch aufwändige Wanderausstellungen astronomischer Großbilder und eine ausgeklügelten Webseite zur Bündelung der besten Astronomie im Internet gehören sollen, die den kühnen Namen ,,The Portal to the Universe" tragen wird. In Deutschland muss das Jahr der Astronomie leider ohne nennenswerte finanzielle Unterstützung des Bundes auskommen, der die thematischen Wissenschaftsjahre ausgerechnet 2009 beendet. Umso mehr ist Eigeninitiative auf allen Ebenen gefragt, und die hat sich erfreulicherweise vielerorts eingestellt, immer dank der unermüdlichen Arbeit
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Einzelner. Im Raum Nürnberg, Stuttgart, Heidelberg, Jena oder Bonn zum Beispiel oder auch im Ruhrgebiet sind die Planungen für das IYA schon weit gediehen und auf speziellen Webseiten dokumentiert, die über die zentrale Homepage zu finden sind (siehe Kasten). Andere Regionen scheinen noch im Dornröschenschlaf zu liegen und werden vielleicht durch Erfolge anderswo aufgeweckt. Ein paar deutschlandweite Veranstaltungen - neben den konzertierten Beobachtungsaktionen, die noch durch ,,50 Stunden Astronomie" im Herbst ergänzt werden sollen - sind auch schon spruchreif: So wird im Mai in knapp 30 Planetarien ein von der Europäischen Weltraumbehörde teilfinanziertes aufwändiges Programm anlaufen, das den Bogen von Galilei bis zu den Satelliten Herschel und Planck schlägt, während andere Aktionen (bis hin zu einer Sonderbriefmarke und -münze) den nicht minder bedeutenden Astronomen Johannes Kepler feiern. Auch manch lokale Veranstaltung dürfte von überregionalem Interesse sein: neben dem nationalen ,,Kick-Off" in Berlin im Januar und einem astronomischen Kulturfestival in Bonn Ende Juni wird vor allem die gigantische Ausstellung ,,Sternstunden - Wunder des Sonnensystems" im Gasometer Oberhausen ab Anfang April für buchstäbliches Aufsehen sorgen. Der gerade zu Ende gegangene Vorgänger mit Satellitenbildern der Erde lockte immerhin rund 350.000 Besucher in das ungewöhnliche Bauwerk, das diesmal auch viel astronomische Hardware zu bieten haben
Drei Webseiten zum IYA 2009
www.astronomie2009.de - die deutsche Homepage www.100hoursofastronomy.org - die Zentrale der ,,100 Stunden" astrojahr.blogspot.com - Nachrichten vom IYA
und in seiner ganzen Größe ausgenutzt werden wird. Auch weniger greifbare, dafür aber umso nützlichere Projekte sind im Rahmen des IYA eingeleitet worden, namentlich ein Pool von Vortragenden aus der Profi- und Amateurastronomie, die am Exzellenzcluster ,,Origin and Structure of the Universe" in Garching entstehen wird. Und natürlich das Netzwerk von Webseiten rund um das Astronomiejahr, die der breiten Öffentlichkeit einen einfacheren Zugang zu den astronomischen Ressourcen in der näheren Umgebung erlauben soll als es je möglich war. Jenseits aller traditionellen oder auch völlig ungewohnten Aktionen - gerade im Zusammenspiel mit Musik, Literatur, Schauspiel, bildender Kunst oder Architektur ergeben sich erstaunliche Möglichkeiten, wenn sich geeignete Partner finden lassen - sind es vor allem solche neuen Netzwerke, die über das Jahr 2009 hinaus noch lange nachwirken und die Astronomie als zentralen Bestandteil der Kultur im Bewusstsein der Allgemeinheit verankern sollen. Wenn denn die große Welle so richtig ins Rollen kommt: Das liegt allein an uns.
The International Year of Astronomy 2009
The International Year of Astronomy 2009 (IYA2009) will be a global celebration, in developed and developing countries alike, of astronomy and its contributions to society and culture, stimulating worldwide interest not only in astronomy, but in science in general, with a particular slant towards young people and education at all levels. IYA2009 will mark the monumental leap forward that followed Galileo's first use of the telescope for astronomical observations, and portray astronomy as a peaceful global scientific endeavour that unites astronomers in an international, multicultural family of scientists working together to find answers to some of the most fundamental questions that humankind has ever asked.
IYA2009 is, first and foremost, an activity for the citizens of Planet Earth. It aims to convey the excitement of personal discovery, the pleasure of sharing fundamental knowledge about the Universe and our place in it and the value of the scientific culture. [...] The vision of the International Year of Astronomy (IYA2009) is to assist the citizens of the world rediscover their place in the Universe through the day- and night time sky, and thereby engage a personal sense of wonder and discovery. All humans should realize the impact of astronomy and basic sciences on our daily lives, and understand better how scientific knowledge can contribute to a more equitable and peaceful society. (aus dem IYA-Antrag an die Vereinten Nationen)
10 C O M P U T E R A S T R O N O M I E
EINLEITUNG
Computer haben sich in der Astronomie schon seit Jahrzehnten als unentbehrliche Hilfsmittel erwiesen. Sie unterstützten die Arbeit der Astronomen in jeder Phase ihrer Tätigkeit, vor allem bei der Meßwertaufnahme und -analyse. Eine Sonderrolle nimmt hierin die astrophysikalische oder himmelsmechanische Simulation ein. Sachverhalte, die weder einer direkten Beobachtung noch einer analytischen Theorie zugänglich sind, können unter Einsatz großer Rechenleistung erklärt und veranschaulicht werden. Simulationen haben sich neben der Beobachtung und der Theorie als dritte Disziplin in der Astronomie etabliert und sich als erfolgreiche Methode zum Erkenntnisgewinn erwiesen. Auch in der Amateurastronomie haben Rechner schon
seit Jahrzehnten einen festen Platz eingenommen, obschon es sich etwas anders gestaltet. Hier sind vor allem die Bereiche Beobachtungsplanung, Fernrohrsteuerung, Bildbearbeitung oder Messwertanalyse rechnerunterstützt.
Vor diesem Hintergrund möchten wir gern den Schwerpunkt
dieser Journalausgabe diesem Thema widmen und ihn dafür
nutzen, eine Palette interessanter Artikel aus verschie-
denen Zweigen der rechnenden Astronomie zu präsentieren.
Vielleicht machen sie ja interessierten Sternfreunden Lust
auf mehr und veranlassen Sie dazu, sich intensiver mit
dem Thema Software, Algorithmen und Programmierung zu
beschäftigen.
Helmut Jahns
Programmieren in der Astronomie
von Helmut Jahns
Im Internet ist bereits eine Vielfalt astronomischer Software verfügbar, sodass man meinen könnte, dass es für alle Fälle schon eine passende Software gäbe und es somit gar nicht notwendig sei, sich selbst mit dem Programmieren auseinanderzusetzen. Für viele Fälle mag es stimmen, aber bei genauerem Hinsehen ergeben sich dennoch ein paar gute Gründe, sich Programmierkenntnisse anzueignen: - Der Wunsch zum Selbermachen:
vorhandene Software lässt unter Umständen den Anwender Funktionen vermissen oder sie entspricht nicht seinen Anforderungen. Ebenso kann der Programmierer die Benutzeroberfläche ganz nach eigenen Vorstellungen gestalten. - Zu manchen Teilgebieten der Astronomie ist schlicht kein Angebot an Software verfügbar. - Der Wunsch, Programmierkenntnisse in Form einer Weiterbildung zu erwerben oder zu erweitern, sei es aus beruflichen Gründen oder des reinen Interesses wegen. Keine andere Herangehensweise vermittelt einen derart vertieften Einblick in die zu bearbeitende Fragestellung wie es am Rechner zu programmieren. - Vielfach mangelt es an kleinen Tools, wie z.B. Konvertern zum Austausch von Daten zwischen verschiedenen Applikationen mit zueinander inkompatiblen Datenformaten. - Die Notwendigkeit, ein eigenes Auswerteverfahren umzusetzen. - In Form von Simulationen gibt es eine völlig eigenständige Klasse von Software. Sie behandeln Teilgebiete der Astronomie, die der direkten Beobachtung oder Messung ebensowenig zugänglich sind wie einer
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theoretischen Beschreibung. Mit einer Simulation schafft sich der Programmierer eine eigene ,,künstliche Welt", aus der sich Erkenntnisse gewinnen lassen und deren Resultate mit der Realität verglichen werden können. - Das Programmieren vermittelt tiefe Kenntnisse des Rechners und seiner Funktionsweise. - Das Tüfteln, das Abstraktionsvermögen und das analytische Denken werden geschult. Die Möglichkeiten, die man heutzutage für die astronomische Programmierung antrifft, können besser kaum sein. Die Hardware birgt, was Speicher und Rechenleistung betrifft, keine nennenswerten Einschränkungen mehr; für die Entwicklung stehen zahlreiche, oft kostenlose und leistungsfähige Tools bereit und für Benutzeroberflächen bzw. grafische Ausgaben sind äußerst leistungsfähige Bibliotheken verfügbar. Der Entwicklung eigener Software steht von technischer Seite somit nichts im Wege. Tatsächlich ist die eigenständige Softwareentwicklung unter Amateurastronomen weniger verbreitet als man zunächst annehmen möchte. Der Grund hierfür ist nicht nur die bereits angeführte einfache Verfügbarkeit anderer Software über das Internet, die eine Eigenentwicklung überflüssig machen kann, sondern auch die Möglichkeiten, welche heutige Softwareentwicklung mit sich bringt. Grafische Benutzeroberflächen beispielsweise müssen zwar längst nicht mehr selbst programmiert werden, jedoch erfordern sie den Umgang mit umfangreichen Softwarebibliotheken. Diese Softwarebibliotheken sind meist objektorientiert gehalten. Objektorien-
tierung ist gegenwärtig ein zentrales Paradigma in der Softwareentwicklung, welches im Vergleich zum weitgehend vertrauten prozeduralen Programmieren zwar etwas abstrakter ist, aber auch mit einigen Vorteilen aufwarten kann. Diese Technik ist für die meisten neu und das Erlernen erfordert Aufwand; hierin dürfte der wahrscheinlichste Grund liegen, weshalb die einen oder anderen Berührungsängste zum Programmieren bestehen. Tatsächlich ist aber das Programmieren weniger schwierig als es den Anschein hat. Die Gilde der Autoren von Programmierbüchern hat den Elfenbeinturm längst verlassen und ein breitgefächertes Literaturangebot hervorgebracht, welches alle Niveaus bedient und den Einstieg erheblich erleichtert. Zudem kann im Netz auf jede Menge Ressourcen wie z.B. OnlineArtikel oder Newsgroups zurückgegriffen werden. Es lässt sich nahezu jede Information bekommen, die man braucht.
Die ersten Schritte Wenn der Entschluss steht, das Programmieren zu erlernen, und am Anfang noch jegliche Orientierung fehlt, so ist man für jede Hilfe dankbar. Eine Empfehlung für die ersten Schritte sind, neben Büchern natürlich, Programmierkurse, die in einschlägigen Computermagazinen (z. B. die c`t) in loser Folge erscheinen und sich speziell an Einsteiger richten (z. B. [1]). Diese Kurse sind i.d.R. relativ kostengünstig online zu beziehen. Was soll man nun programmieren? Man sollte vermeiden, mit viel zu hohen Erwartungen und entsprechend komplexen Aufgaben zu starten. Für den Einstieg bieten sich z.B. überschaubare Be- und Umrechnungsprogramme an - Aufgaben,
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Integrierte Entwicklungsumgebungen ermöglichen es, Dialoge mit Menüs, Auswahl- und Eingabefeldern, Buttons u. dgl. grafisch zu erzeugen und mit Eigenschaften (links im Bild) zu versehen. Hierfür wird ebenso wie für die Behandlung von Ereignissen (z.B. Mausklicks) automatisch entsprechender Code erzeugt. Dem Programmier werden so die elementaren Dinge abgenommen, sodass er sich auf seine eigentliche Aufgabe konzentrieren kann.
an denen die Astronomie geradezu reichhaltig ist und die schon bald Erfolgserlebnisse bescheren. Eventuell könnte man sich beim ersten Programm auf eine reine Konsolenanwendung festlegen, also ein Programm, das ohne grafische Benutzeroberfläche auskommt und über die Kommandozeile aufgerufen und gesteuert wird. Der Vorteil ist, dass man sich zunächst auf das Erlernen der Sprachstrukturen konzentrieren kann. Eine Benutzeroberfläche kann man bei Bedarf immer noch nachrüsten.
Der Mensch wächst an seinen Aufgaben Das A und O sind gute Bücher. Mit der Zeit entwickelt sich auch ein Gefühl dafür, welche Bücher einen weiterbringen. Das Stöbern vorab ist beim Kauf von Programmierbüchern enorm wichtig. Speziell zu astronomischen Berechnungen gibt es einige hervorragende Werke, von denen hier nur eine Auswahl genannt wird [2-4]. Mit den Fortschritten, die sich einstellen, tritt die Auseinandersetzung mit dem richtigen Gebrauch und Schreibweisen der
Überblick zu Programmierumgebungen und Tools (Auswahl)
MS Visual Studio ist eine integrierte Entwicklungsumgebung für Windows und unterstützt die Sprachen Visual Basic, C# und C++. Eine Express-Variante mit eingeschränktem Leistungsumfang ist kostenlos im Netz verfügbar. Delphi ist eine auf Pascal basierende objektorientierte Sprache für Windows. Die zum Herunterladen freigegebene Explorer-Version von Turbo Delphi ist im Funktionsumfang geringfügig eingeschränkt. Die GNU Compiler Collection (gcc) ist eine Sammlung freier Compiler des GNUProjekts für verschiedene Programmiersprachen (u. a. C, C++ und Java). Es gibt Portierungen der Tools für mehrere Betriebssysteme. Außerdem ist das Crosscompilieren für andere Plattformen möglich. Java ist eine Programmiersprache, deren Anwendungen auf mehreren Plattformen (Windows, Linux und Unix) mit Java-Interpretern lauffähig sind. Die Java-Laufzeitumgebung kann frei von der Sun-Homepage heruntergeladen werden. Eclipse ist eine weitverbreitete integrierte Entwicklungsumgebung. Sie vereinigt die Steuerung aller Prozesse, welche die Programmierung begleiten, wie z. B. das Editieren, Compilieren, Debuggen oder die Navigation im Quelltext. Obwohl Eclipse für Java prädestiniert ist, gibt es auch Erweiterungen für andere Programmiersprachen. Scilab ist ein Softwarepaket zur numerischen Mathematik, welches neben zahlreichen mathematischen Funktionen eine Programmierschnittstelle bietet. Der Vorteil liegt auf der Hand: die Programmierung komplexer mathematischer Routinen in Eigenregie entfällt.
VdS-Journal Nr. 28
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Kommandos einer Programmiersprache zunehmend in den Hintergrund und man beginnt, sich mehr Gedanken über die Struktur seiner Programme, guten Stil, Effizienz, besondere Vorgehensweisen und Tools zu machen. Man bekommt außerdem ganz andere Perspektiven auf Projektorganisation und technische Zusammenhänge; eine ungemein wertvolle Erfahrung, die man ab einem gewissen Zeitpunkt auf keinen Fall mehr missen möchte. Die astronomische Programmierung ist ein spannendes und reizvolles Thema. In den Kästen sind ein paar weitere Infos zusammengetragen, welche eine Orientierung bieten und sich für die Praxis als ungemein nützlich erwiesen haben. Betätigungsfelder finden sich viele: Bildbearbeitung, Astrophysik, Optik, Himmelsmechanik, Auswertung von Messungen, um nur einige zu nennen. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, sich bei Fragen zu Algorithmen direkt an unsere Fachgruppe zu wenden. Die Ansprechpartner sind Bernward Grosse com-ast@bernward-grosse.de und Helmut Jahns helmut.jahns@gmx.de
Literatur [1] Schäpers/Huttary, Entwicklungshilfe -
Programmieren mit dem Visual Studio Express, c`t 04-11/2006, online zu beziehen unter www.heise.de/kiosk/archiv/ct [2] Meeus, Astronomical Algorithms, Atlantic Books, 2005 [3] Montenbruck, Pfleger, Astronomie mit dem Personal Computer, Springer, 2004 [4] Danby et al., Astrophysics Simulations, John Wiley Inc., 1995
Tipps zum Programmieren
Es gibt ein paar Dinge, mit denen man sich beim Programmieren das Leben um einiges erleichtern kann. Die aufgeführten Punkte sind zum großen Teil Erfahrungswerte, die aus diversen Softwareprojekten hervorgegangen sind.
1. Es ist sehr hilfreich, sich vor dem Schreiben der ersten Programmcodezeile Gedanken über den Funktionsumfang und die Gestaltung des Programms (Stichwort: Softwarearchitektur) zu machen, insbesondere wenn es sich um ein Tool mit mehr als ein paar hundert Zeilen Code handelt. Auf diesem Wege verringert man die Gefahr, sich die Erweiterbarkeit und Wartbarkeit des Programms zu verbauen. Außerdem wird das Programm effizienter und man bekommt ein besseres Gefühl für den zu erwartenden zeitlichen Aufwand.
2. Die Frage, was das Programm leisten und welchen Funktionsumfang es besitzen soll, ist wichtiger einzuordnen als die Frage nach der zu verwendenden Programmiersprache, dem Betriebssystem oder der Plattformunabhängigkeit.
3. Berechnungen und Programmlogik sollten im Quelltext möglichst gut von der Darstellung der Daten und dem Einlesen von Eingaben getrennt werden. Auf diesem Wege gewinnt das Programm eine gute Struktur und zahlreiche Fehler und Nachteile werden von vornherein vermieden.
4. Quelltexte sollten stets mit aussagekräftigen Kommentaren versehen werden.
5. Für mathematische Verfahren sind zahlreiche Bibliotheken verfügbar (z.B. BOOST). Die Einarbeitung in die Benutzung fremden Codes ist unter Programmierern zwar unbeliebt, jedoch ist in vielen Fällen deutlich weniger Zeit aufzuwenden, als wenn mathematische Routinen selbst programmiert und fehlerbereinigt werden müssen.
Mein Weg zur astronomischen Programmierung
von Ralph Brinks
,,Sage es mir, und ich vergesse es; zeige es mir, und ich erinnere mich; lass es mich programmieren, und ich behalte es."
(Variation eines Satzes, der Konfizius zugeschrieben wird)
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Wie bei vielen Leuten meiner Generation (geboren in den frühen 1970er Jahren) bekam ich den ersten Kontakt mit Rechnern über das, was man damals einen Heimcomputer nannte. Unser Heimcomputer war ein Commodore 64 (kurz C64), den mein Vater aus Neugier und technischem Interesse angeschafft hatte. Unter uns Kindern war es schick, sich damit zu beschäftigen, wobei die meisten den C64 als Spielekonsole nutzten. Spiele wurden in der Schule diskutiert und ausgetauscht. Das mitgelieferte Handbuch enthielt eine Beschreibung der Programmiersprache BASIC. Wer richtig etwas auf sich hielt,
erstellte kleinere Programme selbst oder tippte sie aus Zeitschriften ab. Ich erinnere mich einen abgetippten Vokabeltrainer, den man selbst mit Daten füttern konnte und wie ich begann, eigene kleine Programme zu erstellen. Vor dem Hintergrund der schönen bunten Spiele waren allerdings die Möglichkeiten, mit BASIC ansprechende Grafiken zu erstellen, sehr begrenzt, weshalb mein Interesse zugunsten anderer Beschäftigungen nachließ. In der weiterführenden Schule hatte der Computer-Unterricht Ende der 80er Jahre ein Schattendasein. Informatik war ein Wahlfach und ich erinnere mich
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dabei lebhaft an die Programmiersprache Logo, mit der man leicht Linien und andere geometrische Elemente auf dem Bildschirm darstellen konnte. Später wurde im Informatikunterricht auch PASCAL gelehrt, eine Programmiersprache, deren Strukturen auch heute noch anzutreffen sind. Die Informatikkurse fanden parallel zu den Naturwissenschaften wie Physik und Chemie statt, letztere hielt ich damals für die bessere Wahl. Zwar bekam ich noch während der Schulzeit einen Personal Computer; meine Aktivitäten beschränkten sich aber im Wesentlichen auf Textverarbeitung. Die moderne Datenverarbeitung auf dem PC hat mich in meinen astronomischen Interessen unterstützt, denn meinen ersten himmelskundlichen Vortrag habe ich dort eingetippt und auf einem Nadeldrucker ausgegeben. Das war ein ohrenbetäubendes Erlebnis.
Während meines Mathematikstudiums Mitte der 90er Jahre wohnte ich in einer Wohngemeinschaft mit einem Informatiker, der mir allerlei von den
Hürden der Computer-Wissenschaften erzählte. Eines der Schreckgespenste hieß dynamische Speicherverwaltung, womit man meint, dass ein Programm während der Ausführung Speicher anfordert und wieder freigibt. Häufig legt man vor dem Ablaufen fest, wieviel Speicher ein Programm benötigt. Bei bestimmten Anwendungen muss dies aber zur Laufzeit geschehen. Ein einfaches Beispiel ist ein Programm zur Matrizenrechnung, bei der Benutzer während der Laufzeit die Dimension der Matrizen verändern kann. Offenbar hatte dieses Konzept den Informatiker fasziniert und offenbar auch einige Mühen gekostet. Das Problem interessierte mich allenfalls theoretisch, bis zu dem Tag, wo ich selbst einen Algorithmus zur Matrizenrechnung als Übungsaufgabe für das Mathematikstudium umsetzen musste. Für eine Weile wurde auch mir die dynamische Speicherverwaltung eine Hürde, bis ich nach Semesterende in einem PASCAL-Kurs meine Programmierkenntnisse im Hinblick auf dynamische Speicherverwaltung ergänzen konnte.
Zusammen mit dem Aufkommen des Internets und den Diensten World Wide Web (WWW) und E-Mail begriff ich langsam, welche Möglichkeiten Computer boten, einerseits für die Kommunikation, andererseits für die Naturwissenschaft. Natürlich hatte ich von den Problemen der angewandten Mathematik gehört, z.B. die Nullstellen einer Funktion zu bestimmen, wenn eine analytische Lösung unmöglich ist. Ein Beispiel ist die Kepler-Gleichung, die für die Positionsbestimmung von Planeten eine Rolle spielt. Erst, als ich selbst eine Nullstelle dieser Gleichung berechnet hatte und den Wert des Ergebnisses für die Lösung des Positionsproblems gesehen hatte, habe ich mich langsam mit den Methoden der Numerischen Mathematik angefreundet. Das war der Beginn einer großen Freundschaft, die bis heute andauert. Die angewandten Probleme haben mich bis zu meiner Abschlussarbeit und zur Promotion geführt, sogar darüber hinaus in den Beruf.
Ich denke, es ist müßig, den Stellenwert von Computern in der Berufswelt zu
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Filter für die Astronomie
Astronomik Filter sind eine Gemeinschaftsentwicklung des astro-shop und der Firma Gerd Neumann jr. Mit diesen Filtern gibt es erstmals hochwertige und dennoch günstige Interferenzfilter für die CCD-Astronomie und die visuelle Beobachtung. Bei der Entwicklung der Astronomik Filter haben wir unser Wissen und unsere Erfahrung genutzt, um neue Filter zu entwickeln, die optimal für den Einsatz in der Astronomie sind. Die Astronomik Filter werden nach einem neuen Verfahren hergestellt und sind nicht mit den bekannten Filtern aus Japan oder den USA vergleichbar. Die Transmissionskurven werden fast mit mathematischer Genauigkeit eingehalten und es sind reale Transmissionen bis zu 99% möglich. Die Schichten sind vollkommen dicht und feuchtigkeitsunempfindlich. Astronomik Filter verändern sich nicht im Laufe der Jahre, sondern behalten ihre Transmissionseigenschaften fast ewig. Die Schichten sind so hart, daß kein versehentliches Verkratzen möglich ist. Da die Astronomik Filter diese außerordentlichen Eigenschaften haben, gewähren wir 5 Jahre Garantie. Die Herstellung der Filter in Europa führt dazu, daß die Filter unabhängig von US$ und Yen, einen sehr günstigen Preis haben. Wir bieten Ihnen ein umfangreiches Sortiment an Filtern: UHC, UHC-E, OIII und H-beta Filter für die visuelle Beobachtung, und den LRGB Typ 2 Filtersatz, H-alpha, OIII-CCD, SII-CCD, IR-Sperr und CLS für die CCD-Astronomie. Für die CCD-Fotografie besonders interessant: Die Filter haben alle dieselbe optische Dicke, dadurch entfällt bei den meisten Fernrohren das Nachfokussieren, selbst bei einem Wechsel zwischen LRGB und anderen Filtern.
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erläutern. Die meisten nutzen den PC für die Kommunikation und zur schnellen Informationsbeschaffung. Im technisch-, wissenschaftlichen Bereich wird der PC aber auch noch mit Rechenaufgaben im ursprünglichen Sinne gefüttert - ein Aspekt, der von vielen Nutzern manchmal leicht übersehen wird. Ich möchte diesen Punkt im Hinblick auf die Astronomie etwas erläutern. Als Astronomen stehen wir manchmal vor dem Problem, wann der Mond auf- und untergeht, wo ein Planet am Himmel zu sehen ist oder wann es an einem Beobachtungsort astronomisch dunkel wird. Typischerweise schauen wir dann ins Jahrbuch. Es gibt Fälle, in denen das nicht hilft, weil z.B. der Urlaubsort hinsichtlich des Dämmerungsbeginns nicht erfasst ist. Dann schaut man im WWW nach und übernimmt passiv die gefundenen Werte. Nun kann man solche Fragen aber auch aktiv, d.h. rechnerisch klären. Meist reichen einfache geometrische Überlegungen, ein Rechner (zum echten Rechnen) und schon kann man das Problem selbst mit brauchbarer Genauigkeit lösen. Als Beispiel nehme ich den Algorithmus für die Auf- und Untergangszeiten [1], der für alle Orte der Erde zwischen -65 Grad und +65 Grad Breite die Sonnenauf- und
-untergangszeiten, inklusive Tageshöhe der Sonne auf +/- 4 Minuten in weniger als 100 Programmzeilen berechnet. Jeder, der sich so einen Algorithmus mal selbst erarbeitet oder nachprogrammiert hat, lernt eine ganze Menge über Astronomie, in diesem Fall etwa über die Refraktion und die Zeitgleichung. Die gewonnenen Erkenntnisse können gemäß des Mottos zu Beginn dieses Aufsatzes sicher länger erinnert werden, als wenn man nur passiv etwas über Zeitgleichung und Refraktion gelesen hat. So ein kleines Projekt ist einfach zu verwirklichen, auch wenn man kaum Erfahrungen mit dem Programmieren hat. Der Autor dieser Zeilen empfiehlt, eine der kostenlosen Mathematikumgebungen Octave [2] oder Scilab [3] zu wählen. Dort kommt man zügig zu Ergebnissen, ohne umständlichere Konstrukte einer höheren Programmiersprache - wie die oben erwähnte dynamische Speicherverwaltung - zu lernen. Ich bin mir sicher, dass jeder, der mit seiner selbst berechneten Untergangszeit am Urlaubsort einen malerischen Sonnenuntergang beobachtet, diesen noch intensiver in schöner Erinnerung halten wird. Das lässt sich verallgemeinern: jeder, der selbst die Position eines Planeten oder Asteroiden am Himmel
berechnet hat, hat bei der Betrachtung des Himmelskörpers ein wesentlich innigeres Verhältnis zur Beobachtung, als wenn man die Daten aus dem Jahrbuch oder dem Internet erhalten hat. Zuweilen lassen sich rechnerisch gar Dinge erschließen, die für das Auge völlig unsichtbar sind. Als Beispiel nenne ich den Sonnentransit des Planetoiden Adonis. Dieser war mit Mitteln des Amateurastronomen nicht beobachtbar, wohl aber rechnerisch ,,sichtbar" [4]. Der Denker Bertrand Russell sagte einmal, er wundere sich immer wieder, wie übereinstimmend die Zahlen die Vorgänge und das Fließen der Natur bändigen und begreifen können. In dieser Einheit von Theorie und Praxis liegt für mich die Faszination und Schönheit der rechnenden Astronomie.
Literatur: [1] Arnold Barmettler: Auf-/Untergang und
Azimut/Höhe der Sonne http://lexikon. astronomie.info/zeitgleichung/sunscript. html, Zugriff 20. August 2008 [2] Octave, http://www.octave.org [3] Scilab, http://www.scilab.org [4] Ralph Brinks: Der Planetoid Adonis vor der Sonnenscheibe, VdS-Journal Nr. 27, 2008
Paralleles Programmieren für die Astronomie
von Helmut Jahns
Während noch vor einigen Jahren der Prozessortakt bei PCs mit gewohnter Regelmäßigkeit erhöht wurde, ist in letzter Zeit eine Stagnation zu beobachten, da die Prozessorhersteller bei der Miniaturisierung offenbar an Grenzen gestoßen sind. Als Folge verlagerte sich der Fortschritt bei der Prozessorentwicklung immer mehr zur Parallelisierung, die einen Leistungsgewinn durch Verteilen von Aufgaben auf mehrere Prozessorkerne versprechen. Gegenwärtig werden PCs mit Multikernsystemen angeboten, die bis zu vier Prozessoren auf sich vereinigen - eine Technik, die bislang ausschließlich Großrechnern vorbehalten war, hält nun auch bei Heimanwendern Einzug. Nicht jede Anwendung kann die Multikernfunktionalität auf Anhieb nutzen; vielmehr muss sie bereits bei der Entwicklung explizit auf die Ausführung mehrerer Befehlsstränge (Multithreading) vorbereitet werden, was Vorbedingung für das Verteilen auf mehrere Prozessorkerne ist. Astronomische Software kann von die-
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...
Segment n
Bei der Bildbearbeitung kann eine Zeichenebene in mehrere Segmente zerteilt werden (z.B. in Streifen, wie hier dargestellt). Diese Segmente können verschiedenen Threads (Befehlsstränge) zugewiesen werden.
sem Trend stark profitieren, jedoch lohnt sich parallele Programmierung nur bei besonders rechenintensiven Algorithmen.
Niemand würde auf die Idee kommen, die klassische ungestörte Ephemeridenrechnung, die in Sekundenbruchteilen
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erfolgt, parallelisiert programmieren zu wollen - der minimale Nutzen rechtfertigt den Mehraufwand in der Programmierung nicht. Das Standardverfahren in der Parallelprogrammierung ist das Multithreading, bei dem die abzuarbeitende Aufgabe auf mehrere separate Befehlsstränge verteilt wird. Bereits bei herkömmlichen Einzelkernprozessoren kann auf diesem Wege eine scheinbar gleichzeitige Programmausführung erreicht werden, wenn auch ohne Geschwindigkeitsvorteil. Gängige Entwicklungsumgebungen halten deswegen schon seit längerem entsprechende Techniken bereit. Ob Multithreading sinnvoll ist, muss vorab sorgfältig und fallbezogen geprüft werden, denn nicht jede Aufgabe eignet sich dafür. Ideal sind jene, bei denen die verschiedenen Threads nicht oder nur selten ihre Daten untereinander abgleichen müssen (Nebenläufigkeit). Der Grund liegt auf der Hand: häufiger Datenabgleich erfordert weitere Rechenleistung mit der Folge, dass der Performancezuwachs durch die Parallelisierung zunichte gemacht wird. Typischer Anwendungsfall paralleler astronomischer Programmierung ist neben der Abbildungsberechnung in der Optik die Bildbearbeitung. Eine Grafikfläche lässt sich stets in mehrere Segmente unterteilen, die unabhängig voneinander berechnet werden können (mit Einschränkungen allerdings, z.B. wenn Operationen von Nachbarpixeln abhängen).
Numerische Integration Ein Klassiker unter den astronomischen Algorithmen ist die Numerische Integration [1]. Sie erlaubt die Berechnung der Positionen von Himmelskörpern im Sonnensystem unter Berücksichtigung gravitativer Störungen, die von den Planeten ausgeübt werden. Hieraus können Gleichungen aufgestellt werden, mit denen anhand der Orts- und Geschwindigkeitskoordinaten aller beteiligten Objekte zum Zeitpunkt t ein kompletter Satz neuer Koordinaten berechnet werden, die dem späteren Zeitpunkt t+h entsprechen, wobei h die sogenannte Schrittweite ist. Diese Rechenvorschrift wird mit den erhaltenen Ergebnissen ständig wiederholt, und man bekommt mit diesem Verfahren sehr präzise Positionen der Himmelskörper zu beliebigen Zeitpunkten. Es hat jedoch den Nachteil, dass es sehr leistungshungrig ist. Für die parallele Ausführung scheint die Numerische Integration auf den ersten Blick denkbar ungeeignet, da alle Koordinaten
Das Verfahren von Bulirsch-Stoer erweitert die Numerische Integration dahingehend, dass man den Schritt von t nach t+h nicht nur einmal, sondern n-mal ausführt, wobei die Schrittweite h für jede Ausführung wiederum in Unterschritte unterteilt wird: h/2, h/4, h/8, ..., h/2n. Je kleiner die Schrittweite, desto genauer ist die ermittelte Position, aber desto langsamer wird ihre Berechnung. Man bekommt über jeden Feinheitsgrad eine Folge von Koordinaten für t+h, wobei diejenige mit der Schrittweite h/2n die genaueste ist und die Folge konvergiert. Man könnte versuchen, mit möglichst großen Werten für n eine maximale Genauigkeit zu erzielen, aber dies ist aus mehreren Gründen nicht praktikabel; stattdessen extrapoliert man die Folge für n gegen unendlich. Wegen der Konvergenz der Folge ist dieser Vorgang gefahrlos. Die Berechnung für die verschiedenen Feinheitsgrade erfolgt unabhängig voneinander, sodass diese auf mehrere Threads verteilt werden können.
Bahnabschnitt eines Himmelskörpers, wie er sich für den Bulirsch-Stoer-Algorithmus darstellt. Je kleiner die Schrittweite h wird, desto besser passt sich die rechnerische Bahntrajektorie der tatsächlichen (gestrichelt) an. Der Grenzübergang h gegen 0 (entspricht n gegen unendlich) erfolgt durch Extrapolation.
von denen der übrigen Himmelskörper abhängen. Man könnte versucht sein, die Berechnung der jeweils drei Orts- und Geschwindigkeitskoordinaten auf sechs Threads zu verteilen. Da nach jedem einzelnen Rechenschritt die Ergebnisse abgeglichen werden müssen, ist dieses Verfahren sehr ineffizient. Dies ist aber keineswegs das letzte Wort. Oftmals kann die Parallelisierbarkeit über die Wahl geeigneter Verfahrensvarianten erzwungen werden. Das Beispiel des Algorithmus von Bulirsch-Stoer aus dem Kasten demonstriert sehr schön, welche Freiheitsgrade es zur Parallelisierung eines Algorithmus gibt.
Tips & Tricks Parallele Anwendungen zu programmieren ist mit einem etwas höheren Aufwand und größerer Sorgfalt verbunden. Die wohl wichtigste Neuerung besteht darin, dass beim Programmieren nicht nur Logik und Struktur, sondern zusätzlich das zeitliche Verhalten beim Ablauf zu beachten ist. Es gibt ein paar weitere Dinge, mit deren Beachtung man sich das Leben erheblich vereinfachen kann:
Die Prozessoren sind häufig ungleichmäßig ausgelastet, da auf dem Rechner zeitgleich noch andere Prozesse ausgeführt werden. Um zu vermeiden, dass ein Prozessor, der seine Aufgabe aufgrund geringer Last schneller erledigt, im Leerlauf auf die anderen warten muss, lässt sich häufig eine größere Zahl von Teilaufgaben definieren als Prozessorkerne vorhanden sind. Man erhält so einen Pool an Teilpaketen, aus dem man jedem Prozessor nach Beendigung seiner vorigen Teilaufgabe sofort und dynamisch eine neue zuweisen kann. Die CPU-Last verteilt sich auf diesem Wege gleichmäßiger und die Gesamtperformance steigt. Es gibt Anwendungen, die mehr als einen Algorithmus zur Erledigung einer Aufgabe beherrschen. Doch welcher ist der effizienteste? Häufig kann dies nicht von vornherein bestimmt werden. Anstatt dem Anwender die Auswahl zu überlassen (was schon allein deshalb nicht zweckmäßig ist, da der Anwender mit solchen Implementierungsdetails nichts zu tun hat. Außerdem kann der Anwender sich für einen ineffizienten Rechenweg entscheiden), könnten die Algorithmen gleichzeitig ablaufen, wobei einer von ihnen sich als
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der erfolgreichste erweisen wird. Noch bessere Ergebnisse bekommt man, indem die Effizienz jedes Verfahrens gemessen und dem erfolgreichsten Algorithmus der größte Anteil an Rechenzeit zugewiesen wird. Die nächsten Jahre werden voraussichtlich Prozessoren mit einer noch größeren Anzahl an Kernen hervorbringen. Daher sollte nach Möglichkeit die Anzahl der Prozessorkerne als variabel und nicht als fest angenommen werden, sprich: die Software nach oben skalieren lassen. Synchronisation ist ein zentrales Thema.
Wenn mehrere Threads auf dem gleichen Datenstand arbeiten, z.B. wenn sie die Rechenergebnisse anderer Befehlsstränge benötigen, so arbeiten die schnelleren Threads bei fehlender Synchronisation auf möglicherweise veralteten oder gar inkonsistenten Daten weiter, da langsamere Threads mit ihren Ergebnissen nicht hinterher kommen - ein fataler Fehler, der zudem mit geringer Programmiererfahrung schwer zu entdecken ist. Es gibt verschiedene Verfahren, dem im Vorfeld zu begegnen, z.B. mit Kritischen Abschnitten oder Semaphoren.
Parallelprogrammierung ist softwaretechnisch außerordentlich reizvoll und ihre Bedeutung wird in der nächsten Zeit weiterhin ansteigen. Die Astronomie bietet zudem ein reichhaltiges Feld von Anwendungen.
Literatur: [1] Press et al., Numerical Recipes,
Cambridge University Press, 2007
Fehlerabschätzung und Erkennung von Ausreißern mit Hilfe des Leaving-One-OutVerfahrens
von Sirko Molau
Das Problem In der messenden Astronomie besteht häufig die Aufgabe darin, aus einer Anzahl von fehlerbehafteten Einzelmessungen oder -schätzungen einen verlässlichen Mittelwert zu bilden oder eine Funktion anzupassen (d.h. den oder die Parameter der Funktion zu schätzen).
Typische Beispiele sind - Astrometrie: Ermittlung der
Plattenkonstanten aus einer Vielzahl von Positionsmessungen (x/y-Koordinaten) von Referenzsternen, um wiederum die Koordinaten eines beweglichen Objekts (z.B. Kleinplanet, Meteor, Komet) zu ermitteln - Photometrie: Ermittlung der Abhängigkeit zwischen der gemessenen Helligkeit (Pixelsumme) und der Magnitude von Referenzsternen, um die Helligkeit eines variablen Objekts (z.B. Kleinplanet, Meteor, Komet, Veränderlicher) zu ermitteln - Zeitmessung: Mittelung von vielen Einzelzeitmessungen eines Kontaktereignisses, um einen mittleren Kontaktzeitpunkt zu erhalten (z.B. Sternbedeckungen, Mondverfinsterungen und Meridiandurchgänge bei Planeten, Helligkeitsminima und -maxima bei Veränderlichen) - Objektzählung: Mittelung von einzelnen Aktivitätsmessungen, um einen geglätteten Mittelwert zu erhalten (z.B. Meteore, Sonnenflecken)
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In einem Referenzbild einer bildverstärkten Meteorkamera mit starker Verzeichnung wurden 25 Referenzsterne (markiert durch grüne Kreuze) vermessen. Aufgrund der geringen Zahl an Messpunkten (25 Messungen bei 7 freien Parametern) war der mittlere quadratische Fehler mit 1,5´ viel zu optimistisch - der mittlere Leaving-One-Out-Fehler betrug 2,4´.
Häufig besteht die Aufgabe zudem darin, eine Fehlerabschätzung zu liefern und mögliche Ausreißer, welche die Messung verfälschen, zu erkennen und zu eliminieren.
Die Parameter- und Fehlerschätzung In der Regel wird zur Bestimmung des unbekannten Wertes (Parameter einer Funktion oder Mittelwert) die Methode der kleinsten Fehlerquadrate verwendet: Dazu wird der Parameter so gewählt, dass die Summe der quadrierten Abweichungen der Einzelmessungen minimal ist. Wenn
die Funktion trivialer Natur ist, lässt sich der optimale Wert des Parameters in der Regel analytisch herleiten (z.B. durch lineare Regression) - bei komplexen Abhängigkeiten werden iterative Verfahren (z.B. der EM-Algorithmus) verwendet: Man geht von einem Ausgangswert aus und variiert den Parameter so lange, bis die Fehlerquadratsumme minimal ist.
Häufig wird die Qualität des ermittelten Parameters auf dieselbe Art und Weise geschätzt, d.h. man gibt die mittlere quadratische Abweichung (mean squared
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error - MSE) der Einzelmessungen vom Mittelwert bzw. der Funktion an. Dieser Wert ist jedoch zu optimistisch, weil jede einzelne Messung bzw. Beobachtung doppelt in die Berechnung einfließt - einmal zur Ermittlung des unbekannten Parameters und einmal zu dessen Fehlerabschätzung. Besonders bei einer kleinen Anzahl von Messungen ist der reale Fehler größer als die mittlere quadratische Abweichung.
Das kann man sich an folgendem Gedankenexperiment leicht veranschaulichen: Es soll die Lage eine Gerade geschätzt werden und es liegen genau zwei (nicht identische) Beobachtungen (Punkte entlang der Gerade) vor. Es ist trivial eine Gerade zu finden, die beide Punkte trifft, so dass der mittlere quadratische Fehler der Lösung Null ist, obwohl jeder, der beiden Beobachtungen fehlerbehaftet sein kann.
Die Lösung Wie kann man es besser machen? Bei der Kreuzvalidierung (cross validation) teilt man die Menge der Messungen zufällig in zwei Teile: Man berechnet aus der ersten Hälfte den Wert des unbekannten Parameters und benutzt die zweite Hälfte der Messung, um die mittlere quadratische Abweichung und damit die Qualität der Schätzung zu ermitteln. Dann tauscht man die beiden Hälften über Kreuz aus, d.h. man ermittelt aus der zweiten Teilmenge den unbekannten Parameter und nutzt die erste Teilmenge zur Fehlerabschätzung. Ein Nachteil der (einfachen) Kreuzvali-
Werden die Leaving-One-Out-Fehler der einzelnen Sterne (grüne Punkte) grafisch dargestellt (größerer Durchmesser = größerer Fehler), können falsch identifizierte Referenzsterne (Ausreißer) schnell ermittelt werden. Das im Hintergrund dargestellte Koordinatensystem ergibt sich aus den Plattenkonstanten und zeigt deutlich die Verzeichnung an den Bildfeldrändern.
dierung besteht darin, dass zur Parameterschätzung jeweils nur die Hälfte der Messungen herangezogen werden - der Fehler ist also wiederum zu pessimistisch. Dieser Nachteil wird bei einer Spezialform, der Leaving-One-Out-Kreuzvalidierung (L1O Algorithmus), vermieden.
Die Grundidee ist dieselbe: Man ermittelt den unbekannten Parameter aus einer Teildatenmenge und nutzt die verbliebenen Beobachtungen zur Fehlerabschätzung. In diesem Fall wird das Verfahren jedoch zyklisch wiederholt und es wird jeweils nur eine Messung zur Fehlerabschätzung
Bei der Vermessung einer Meteorspur kann mit Hilfe des Leaving-One-Out-Algorithmus eine fehlerhafte Meteorposition (rot) problemlos eliminiert werden, so dass die mittlere Meteorbahn (grün) korrekt berechnet wird.
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entnommen, wie der folgende Ablaufplan schematisch darstellt.
- Schleife über alle Messungen i - Entnehme die Messung mi - Schätze den unbekannten Parameter Pi auf Basis aller Messungen außer mi - Ermittle den quadratischen Fehler ei der entnommenen Messung mi auf Basis von Pi
- Wiederhole die Schleife für alle anderen Messungen i
- Bilde den Mittelwert über die Einzelfehler ei
Das Verfahren ist rechenaufwändiger als die übliche Methode, bei der alle Messungen bei der Parameter- und Fehlerabschätzung eingehen, aber sie liefert vor allem bei kleinen Datenmengen einen viel realistischeren Wert.
Ausreißererkennung Dasselbe Verfahren eignet sich auch zur Erkennung und Eliminierung von Ausreißern (outlier rejection). Man stelle sich wieder das Problem einer Vielzahl von Einzelmessungen vor, die eine Gerade ergeben sollen. Ein einzelner Messwert hat dabei einen überproportional großen Fehler - sei es durch echte Messfehler oder Schreibfehler bei der Erfassung der Beobachtung. Bei der Parameterschätzung geht dieser falsche Wert mit besonders hohem Gewicht ein, da sein Fehler quadriert wird und die Schätzprozedur
darauf bedacht ist, den Fehler für diese Einzelmessungen zu verringern. Der ermittelte Parameter wird also große systematische Abweichungen aufweisen und auch der mittlere quadratische Fehler ist größer als erwartet.
Woran erkennt man nun aber, welcher Messwert fehlerhaft ist? Der L1O Algorithmus liefert eine individuelle Fehlerschätzung für jede einzelne Messung und der Fehler des Ausreißers ist überproportional groß. Er kann also leicht als solcher identifiziert und eliminiert werden.
Ein Beispiel Zum Schluss ein praktisches Beispiel: Mit der Software MetRec werden Meteore automatisch in Videoaufnahmen erkannt und vermessen. Dazu werden zuvor Referenzsterne vermessen und die Plattenkonstanten berechnet, mit Hilfe derer x/y-Koordinaten in Rektaszension und Deklination umgerechnet werden können. Bei der Meteorbeobachtung werden große Gesichtsfelder genutzt, so dass häufig eine merklich Verzeichnung zu beobachten ist. Mit einem Polynom dritten Grades kann diese Verzeichnung gut beschrieben werden, allerdings sind dazu sieben freie Parameter des Polynoms zu schätzen. Wenn man zu wenig Referenzsterne vermisst, können die Plattenkonstanten zufällige Messfehler ausgleichen und verbergen, so dass der errechnete mittlere quadratische Fehler zu klein ist.
Abbildung 1 zeigt ein Beispiel, bei dem nur 25 Referenzsterne (markiert durch grüne Kreuze) für ein Polynom dritten Grades vermessen wurden. Der mittlere quadratische Fehler über alle Referenzsterne betrug 1,5´, der mittlere L1O-Fehler hingegen 2,4´, also 60% mehr.
Bei der Fortsetzung der Messung wurde versehentlich ein Referenzstern falsch identifiziert. Am mittleren Gesamtfehler macht sich dieser Ausreißer bemerkbar. Stellt man dann die L1O-Fehler der einzelnen Referenzsterne grafisch dar, wobei der Durchmesser eines Sterns seinem Positionsfehler entspricht, ist der Ausreißer schnell identifiziert (Abbildung 2).
Auch bei der Vermessung von Meteore kommt die Ausreißererkennung zum Einsatz. Abbildung 3 zeigt ein typisches Meteor, das auf acht Videoframes (grün markiert) erkannt und einzeln von der Software vermessen wurde. Fälschlicher Weise erkannte die Software das Meteor jedoch auch auf dem neunten Frame (rot markiert). Wird nun die mittlere Meteorbahn bestimmt, ergibt sich aufgrund der Fehlidentifikation eine deutliche Abweichung (rote Linie). Der Ausreißer ist jedoch mit Hilfe des Leaving-One-OutAlgorithmus schnell identifiziert, und die korrigierte Bahn (grüne Linie) passt durch Auslassung der falschen Messung sehr gut zum Meteor.
IMPRESSUM
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Die Bahn des Toro
von Helmut Jahns
Die überwiegende Mehrzahl der Kleinplaneten unseres Sonnensystems bewegt sich im Asteroidengürtel zwischen den Bahnen des Mars und Jupiter. Genau genommen sind ihre Bahnellipsen jedoch nur Näherungen, da die kleinen Planeten Störungen durch die Schwerkraftwirkung der großen Planeten unterliegen. Die Bahnstörungen haben zur Folge, dass die Lage und Form der Bahn variiert, wobei der größte störende Einfluß auf den massereichsten Planeten Jupiter zurückgeht. Bei einigen Gruppen von Kleinplaneten führen die Bahnstörungen zu bemerkenswerten Bahneigenschaften. Die bekannteste Gruppe dürften die Trojaner sein, welche die Sonne auf Bahnen mit der gleichen Umlaufzeit wie Jupiter umlaufen, allerdings dem Planeten um ca. 60 Grad vorauseilen oder nachfolgen.
Ein anderes Phänomen sind Kleinplaneten, die sich in Resonanz zu einem der Planeten des Sonnensystems befinden. Resonanzen können auftreten, wenn die Umlaufzeiten zweier Himmelskörper kommensurabel sind, d.h. durch ein Verhältnis zweier niedriger, ganzer Zahlen (z.B. 1:2, 2:3, 2:5, etc) beschrieben werden können (Mean Motion Resonance). Ein Beispiel wurde vorstehend bereits erwähnt: die Trojaner sind im Grunde ein Spezialfall einer 1:1-Resonanz. Wenn der Begriff der Resonanz im Zusam-
Abb. 1: Die Lage der Bahn des Kleinplaneten Toro im inneren Sonnensystem. Während Toro im Perihel der Venusbahn nahekommt, liegt sein Aphel, also der Punkt des größten Sonnenabstands, jenseits der Marsbahn. Die Torobahn ist um ca. 9 Grad gegen die Erdbahnebene geneigt.
menhang mit Kleinplaneten gebraucht wird, dann besteht die Resonanzbedingung stets zwischen dem Asteroiden und einem der großen Planeten des Sonnensystems. Aufgrund der Dominanz des massereichen Jupiter beziehen sich die meisten Bahnresonanzen auf seinen Umlauf. Resonanzbeziehungen eines Kleinplaneten zu einem anderen Planeten sind hingegen eher selten. Eines dieser Objekte ist
der Asteroid (1685) Toro, der in diesem Beitrag vorgestellt werden soll. Toro befindet sich in einer 5:8-Resonanz zur Erde. In der Zeitspanne, die Toro für 5 Umläufe benötigt, vollbringt die Erde ziemlich genau 8 Umläufe. Seine Umlaufzeit beträgt damit 1,6 Jahre, und obwohl die große Halbachse der Bahnellipse ca. 1,37 AE (Astronomische Einheiten, 1 AE ~ 150 Mio. km) misst, liegt sein Perihel, also
Abb. 2: Die Veränderung der Umlaufzeit U von Toro in den nächsten 500 Jahren. Auf der x-Achse ist das Julianische Datum aufgetragen. Man erkennt, dass die Umlaufzeit um den Wert von 1,6 Jahren pendelt. Darüber hinaus sind weitere Störungen erkennbar.
Abb. 3: Wenn die Bewegung Toros über 25 Jahre in einem Koordinatensystem aufgezeichnet wird, welches synchron zur Verbindungslinie Sonne-Erde rotiert (korotierendes Bezugssystem), so erhält man die Rosettenkurve aus dieser Abbildung. Die Achsenbeschriftung bezeichnet Astronomische Einheiten (AE) in beiden Raumrichtungen. Die fixiert zu denkende Erde ist ebenso wie die Sonne farblich hervorgehoben.
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der Ort seines geringsten Sonnenabstands, innerhalb der Erdbahn. Der Grund dafür ist in der hohen Exzentrizität der Bahnellipse zu suchen. In Abbildung 1 ist die Geometrie der Torobahn dargestellt. Es ist eine gewisse Vorsicht geboten, denn Kommensurabilitäten sind ein notwendiges, aber keineswegs hinreichendes Kriterium für Resonanzen. Nicht jede Darstellbarkeit von Umlaufzeiten in niedrigen ganzzahligen Verhältnissen von n : m impliziert eine Resonanz - eine solche Übereinstimmung kann auch rein zufälliger Natur sein! Das Problem ist nun, wie zwischen beiden Fällen zu unterscheiden ist. Für eine echte Resonanz muss als zusätzliche Bedingung zwischen den beteiligten Objekten eine gravitative Wechselwirkung bestehen, die dazu führt, dass die Kommensurabilität über längere Zeiträume stabil bleibt. Kleinere Abweichungen von der exakten Resonanzbedingung werden nicht fortwährend größer, sondern lassen das Verhältnis der Umlaufzeiten um den exakten Wert schwingen. Dieses Verhalten ist typisch für Resonanzen. Zur Prüfung einer Resonanz können die Eigenschaften der Bahn über längere Zeiträume berechnet und aufgezeichnet werden. Toro ist dahingehend schon in den 70er Jahren eingehend untersucht worden [2]. Mit dem Tool aus [3] wurde das Planetensystem inklusive Toro numerisch integriert und die zeitliche Entwicklung seiner Umlaufzeit für die nächsten 500 Jahre grafisch darstellt (Abb.2). Man erkennt, dass das Verhältnis der Umlaufzeiten nicht exakt 1,6 Jahre beträgt, sondern um diesen Wert pendelt. Beim Betrachten der Abbildung 2 fällt zudem auf, dass die Oszillation der Umlaufzeit unregelmäßig erfolgt. Dies ist weniger ein Artefakt des Verfahrens zur Numerischen Integration, sondern wahrscheinlich auf Störungen infolge der Nähe zu einer 13:5-Resonanz zur Venus zurückzuführen [2].
Die Dynamik der Resonanz Abbildung 2 liefert einen Hinweis, dass
Toro tatsächlich
in einer Resonanz
gefangen ist. Gibt
es auch eine
Möglichkeit, sich
das Ergebnis plau-
sibel zu machen?
Häufig ist es so,
dass Simulationen
Resultate liefern,
die auf analy-
tischem Wege
nicht oder zumin-
dest nicht ohne
weiteres verstan-
den werden kön-
nen. Die Dynamik
zwischen Erde
und Toro ist Abb. 4: Die Helligkeitsentwicklung von Toro zwischen 2001 und 2021.
glücklicherweise Man erkennt deutlich, daß seine Helligkeit hauptsächlich zwischen 16
weniger komplex. und 19 mag pendelt, aber ca. alle vier Jahre Maxima mit einer Breite
Um zu erklären, von wenigen Wochen aufweist. Im Frühjahr 2016 beispielsweise steigt
wie die Bindung die Helligkeit auf bis zu 12,5 mag an.
in der Resonanz
funktioniert,
benötigen wir erneut die Bahnlage aus August wieder größer. Das Resultat beider
Abbildung 1. Die Bahn Toros kreuzt die entgegengerichtet wirkenden Effekte ist,
Erdbahn im Januar und im August [1]. dass Toro in der 5:8-Resonanz gehalten
Die Umlaufzeit Toros beträgt aufgrund wird.
der 5:8-Resonanz 1,6 Jahre. Das hat nun
zum Ergebnis, dass alle fünf Toro-Umläufe Beobachtung
(also alle acht Jahre) eine enge Begegnung Toro hat einen geschätzten Durchmesser
zwischen Erde und Toro im Monat August von lediglich 3 km und seine Helligkeit
sowie eine weitere, noch engere im Januar pendelt normalerweise zwischen 16 und 19
stattfindet.
mag. In der Abbildung 4 ist die Helligkeit
für den Zeitraum von 2001 bis 2021 auf-
Während der Passage im August eilt Toro getragen. Der Graph zeigt alle vier Jahre
der Erde voraus und besitzt eine größe- einen Peak, bei dem die Helligkeit infolge
re Geschwindigkeit. Die Schwerkraft der von Erdpassagen auf Werte zwischen 12,5
Erde reduziert die Winkelgeschwindigkeit und 14,5 mag ansteigt, sodass er für die
Toros, was dazu führt, dass die kommen- visuelle Beobachtung in Reichweite mit-
den Passagen im Januar enger werden.
telgroßer Amateurteleskope gelangt.
Bei den Januar-Begegnungen sind die Verhältnisse genau entgegengesetzt: Toro eilt der Erde hinterher, sodass die Erde den Kleinplaneten beschleunigt und dessen Umlaufzeit erhöht. Dadurch wird die Distanz bei der nächsten Begegnung im
Die Beobachtungsfenster währen nur wenige Wochen; das nächste öffnet sich im Juli 2012. Mit einer Maximalhelligkeit von 14,1 mag sollte er in unseren Breiten am Morgenhimmel aufgesucht werden können.
Trojanerhelligkeiten zu gegebenen Zeitpunkten
Objekt Achilles Hektor Nestor Priamus
Datum 01.12.2010 12.12.2010 28.10.2009 08.09.2011
Rektaszension 4h 13m 40s 5h 34m 3s 2h 12m 29s 23h 3m 34s
Deklination +33 Grad 44,1` +45 Grad 12,2` +17 Grad 37,8` +2 Grad 43,1`
Elongation 167,6 Grad 157,5 Grad 175,3 Grad 171,3 Grad
Helligkeit 14,9 mag 14,6 mag 15,5 mag 15,4 mag
Maximalhelligkeiten für ausgewählte Trojaner in den nächsten Jahren. Die Zeitpunkte sind nach der jeweils größten Helligkeit ausgewählt. Die einfacheren von ihnen sollten visuell für Geräte mit 12`` bis 14`` Öffnung knapp erreichbar sein.
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Weitere himmelsmechanisch interessante Ziele Wer himmelsmechanisch besondere Kleinplaneten in seinen Beobachtungsplan aufnehmen möchte, findet mehrere dankbare, wenn auch durchweg ambitionierte Ziele. Die eingangs erwähnten Trojaner z.B. erreichen Helligkeiten bis zu 14 mag und sind für Teleskope ab 12`` Öffnung visuell durchaus einen Versuch wert.
Etwas anspruchsvoller zu beobachten ist (3753) Cruithne. Dieser Kleinplanet ist der derzeit einzige bekannte Himmelskörper, der sich in einer 1:1-Resonanz zur Erde
befindet. Die Bahnen solcher Himmelskörper werden koorbital genannt. Dies führt im Zusammenhang mit seiner Bahnexzentrizität dazu, dass er unsere Erde quasi umläuft. Nach der Entdeckung wurde Cruithne deswegen eine Zeit lang als ,,zweiter Erdmond" bezeichnet, was insofern unkorrekt ist, da keine gravitative Bindung an die Erde wie bei unserem Mond vorliegt. Die günstigste Beobachtungszeit ist jährlich im November; die Helligkeit steigt dann auf 15,5 mag an. Wegen der südlichen Deklination von etwa 37 Grad lässt sich eine erfolgreiche Sichtung von
Cruithne nur mit großen Öffnungen von Beobachtungsplätzen auf der Südhalbkugel realisieren.
Quellen: [1] The Solar System, http://www.geocities.
com/CapeCanaveral/Launchpad/8098/ Solar.htm [2] Clifford J. Cunningham, Introduction To Asteroids, Willmann-Bell, 1988 [3] Ein Programm zur Numerischen Integration des Sonnensystems, VdS-Journal 15, 3/2004
Planetariumsprogramme im Vergleich
von Thomas Pfleger, Uli Zehndbauer, Bernd Hoffmann, Rolf Glöckner, Paul Hombach, Helmut Jahns
Sternkarten- oder Planetariumsprogramme gehören zum unverzichtbaren Handwerkszeug angehender und erfahrener Sternfreunde. Sie helfen bei der Erstellung von Aufsuchkarten und bei der Identifikation von beobachteten Himmelsobjekten. Neben dem praktischen Einsatz bei der Vorbereitung und Unterstützung von Beobachtungen bieten sie zusätzlich umfangreiche Möglichkeiten, das Geschehen am Himmel zu veranschaulichen. Damit wird ein Planetariumsprogramm zu einem wertvollen Lernmittel, das erfahrene Sternfreunde in der Öffentlichkeitsarbeit einsetzen können. Und wer hätte nicht auch einfach Spaß daran, mit solcher Software auf spielerische Weise virtuelle Raum- und Zeitreisen zu unternehmen, begrenzt nur durch die Fähigkeiten der Software und die Fantasie des Benutzers?
Die vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten von Planetariumsprogrammen einerseits und die individuellen Wünsche und Vorstellungen der Sternfreunde andererseits machen eine generelle Empfehlung für eine bestimmte Software unmöglich. Dennoch wird die Frage nach dem ,,richtigen" oder ,,besten" Programm im Gespräch oder in Internetforen oft gestellt. Die FG Computerastronomie hat sich daher entschlossen, diesen thematischen Dauerbrenner aufzugreifen.
Bei der Vielzahl verfügbarer Programme ist es unvermeidbar, eine Auswahl zu treffen. Schon für ein einzelnes Programm ist die Bewertung aufwändig. Wir mussten daher arbeitsteilig vorgehen: Teammitglieder
konzentrierten sich jeweils auf ein Programm. Um wenigstens teilweise ein gemeinsames Verständnis und ein ,,Gefühl" für die Ausprägung bestimmter Kriterien zu bekommen, haben wir anlässlich eines Fachgruppentreffens einige Programme gemeinsam bewertet. Leider konnten nicht alle Teammitglieder am Treffen teilnehmen, aber für ein Freizeitprojekt auf eigene Kosten ist der Einsatz der Teilnehmer wirklich respektabel. Wir möchten in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass die Nichtberücksichtigung von Programmen keine Qualitätsaussage oder Bewertung darstellt, sondern den beschränkten Ressourcen geschuldet ist. Wir hätten gerne weitere Programme in den Vergleich einbezogen, haben aber vermieden, uns nur unzureichend bekannte Programme zu bewerten.
Bei komplizierten Auswahlentscheidungen helfen sorgfältig recherchierte Listen von Merkmalen und Fähigkeiten der Produkte weiter, die man dann anhand der persönlichen Präferenzen bewerten kann. Häufig (etwa bei Autotests oder den Untersuchungen der Stiftung Warentest) geben die Autoren solcher Produktvergleiche nicht nur die erreichten Punktzahlen der einzelnen Bewertungskriterien an, sondern gewichten diese. Dieses Vorgehen wird als Nutzwertanalyse bezeichnet und ergibt eine Rangfolge der untersuchten Produkte.
Zu Beginn unseres Projekts haben wir zunächst einen umfangreichen Kriterienkatalog erarbeitet. Bei der Vielfalt der untersuchten Programme können gelegentlich einzelne Kriterien (wegen Fehlen
der Funktionen) nicht bewertet werden. Besondere Funktionen und Fähigkeiten einzelner Programme lassen sich gelegentlich nicht treffend mit den Kriterien beschreiben. Daher ergänzt eine Beschreibung die Kriterienliste.
Das Bewertungsergebnis eines Kriteriums ist entweder eine Anzahl Sterne 0 (0 für unzutreffend oder nicht vorhanden, ansonsten maximal 5 Sterne) oder ein erläuternder Kurztext.
Wir haben auf eine Gewichtung der erreichten Punktzahlen und eine Rangfolge verzichtet. Den unterschiedlichen Benutzerrollen (wie Beobachter, Astrofotograf oder Lehrkraft) entsprechende Gewichtungen wären zu subjektiv. Wir wollten das Ergebnis nicht durch unsere persönlichen Erfahrungen oder Vorlieben beeinflussen, was durch Manipulation der Gewichtung möglich geworden wäre. Weiterhin haben wir auch nicht zwischen kostenlosen und kommerziellen Programmen unterschieden.
Nachfolgend werden einige Bewertungskriterien erläutert: Ästhetik des Kartenbilds: dies ist sehr subjektiv. Um dem Leser ein eigenes Urteil zu ermöglichen, haben wir einheitliche Parameter (Bildausschnitt, Grenzgröße etc.) für die abgebildeten Screenshots festgelegt.
Aufsuchkartenmodus: einige Programme stellen mehrteilige Karten dar, die mit unterschiedlichem Maßstab und Grenzgröße die Orientierung erleichtern sollen.
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Vektorgrafikexport: darunter versteht man eine Funktion zum Abspeichern der Karte in einem Dateiformat, das mit Vektorgrafikprogrammen wie Corel Draw manuell überarbeitet werden kann. Im Gegensatz zum Export von Bitmaps geht dabei keine Bildinformation oder Auflösung verloren.
Objektinformationen: viele Programme überfluten den Anwender mit einer Fülle von für denAnwendungsfall oft irrelevanten Daten. Daher ist eine Konfigurierbarkeit der Objektinformationen wichtig, um gezielt auswählen zu können, welche Daten angezeigt werden sollen. Die Exportmöglichkeiten von Daten sind v.a. für diejenigen Anwender interessant, die mehrere Programme benutzen und mit diesen gemeinsam eine Aufgabe lösen möchten. Die Export- und Importfunktionen werden damit zum Dreh- und Angelpunkt fortgeschrittener Systemlösungen.
Kataloge: traditionell werden Objektdaten in Katalogen zusammengefasst, z.B. dem NGC oder IC. Die meisten Programme organisieren ihren Datenhaushalt anhand von Katalogen: man wählt für die Karten-
darstellung die gewünschten Kataloge aus. Diese Vorgehensweise ist intuitiv, hat aber Nachteile. Manchmal weiß man nicht, in welchem Katalog ein gesuchtes Objekt enthalten ist. Oft müssen mehrere Kataloge für die Anzeige ausgewählt werden, damit bestimmte Objekte auf der Karte erscheinen. In diesem Fall aber werden mehrfach in unterschiedlichen Katalogen enthaltene Objekte i.d.R. nicht als ein und dasselbe Objekt erkannt. Wegen solcher Redundanzen und kleinen Datenunterschieden bei Position, Größe oder Positionswinkel kommt es zu mehrdeutigen Kartensymbolen mit oft unleserlicher Beschriftung. Gerade in dicht mit Objekten besetzten Himmelsarealen (Galaxiengruppen oder -haufen, Milchstraßenfelder) kann das ,,Katalogproblem" über den Praxisnutzen der Karten entscheiden. Die Lösung ist ein konsolidierter Katalog mit sauber erfasster Identität der Objekte. Dadurch werden mehrfache Symbole weitgehend vermieden. Die Softwarehersteller scheuen aus Aufwandsgründen oft die Erstellung eines konsolidierten Katalogs. Weiterhin stellt sich die Frage nach der Datenqualität. Tests können hier wegen des
riesigen Datenvolumens nur stichprobenhaft sein. Wir haben Wolfgang Steinicke als anerkannten Experten für Deep-SkyKataloge gebeten, einige Testfälle zu nennen, die allerdings nur Anhaltspunkte für die Datenqualität sein können.
Genauigkeit der Ephemeriden: auch hier mussten wir unsere Untersuchung auf repräsentativ ausgewählte Beispiele konzentrieren. Dazu wurden himmelsmechanische Situationen gewählt, bei denen Ungenauigkeiten in der Berechnung deutlich auf das erzielte Ergebnis durchschlagen. Dazu haben wir eine streifende (und tatsächlich von uns beobachtete) Sternbedeckung herangezogen, die Ephemeride des erdnah vorbeiziehenden Kleinplaneten 2006 VV 2 betrachtet und eine interessante Konstellation der Jupitermonde.
Animation: diese Funktion ist für den Einsatz der Software als Lehrmittel wichtig. Werden Bewegungsabläufe am Himmel im Zeitraffer dargestellt, wünscht man sich eine flüssige, ruckelfreie Darstellung mit konstantem Zeitraffungsfaktor. Leider arbeiten einige Programme so, dass der
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Rechenaufwand für die Einzelbilder die Geschwindigkeit bestimmt. Die Animation läuft dann in Abhängigkeit von der Anzahl darzustellender Objekte unterschiedlich schnell. Typisch ist hier eine hohe Geschwindigkeit am Tag und eine Verlangsamung, wenn nach Einbruch der Dunkelheit die Sterne erscheinen. Legt man auf Realitätsnähe Wert, ist das unschön. Wir haben deshalb angegeben, ob die Animation gleichmäßig (realer Takt) abläuft oder nicht (virtueller Takt).
Will man ein Programm nachts am Teleskop verwenden, dann soll die Bildschirmdarstellung die Dunkeladaption des Auges nicht beeinträchtigen. Viele Programme bieten dazu einen ,,Nachtmodus" an, bei dem die Darstellung überwiegend in Rottönen erfolgt. Neben dem Farbwechsel ist aber auch von Bedeutung, wie viele ,,helle" Bedienungselemente oder Bildbestandteile verbleiben (z.B. Schaltflächen, Hilfetexte oder Symbolleisten). Wir sind davon ausgegangen, dass man zusätzlich zum Nachtmodus des Programms noch einen dunkelroten Bildschirmfilter verwendet und haben dann die Wirksamkeit des Nachtmodus bewertet.
Objektlisten zur Beobachtungsplanung: vielen Kartenprogrammen fehlen Funktionen zur Vorbereitung und Planung von Beobachtungen. Spezielle Programme füllen diese Lücke. Die Ergänzung eines Kartenprogramms mit einer Planungssoftware ist zu empfehlen. Dann stellt sich jedoch die Frage, ob und wie ein Kartenprogramm mit den Objektlisten aus einer Planungssoftware arbeiten kann. Einige der betrachteten Kartenprogramme bieten selbstdefinierte Objektlisten an: eine solche Liste präsentiert die geplanten Objekte in übersichtlicher Form und erlaubt das Zentrieren der Karte oder das Positionieren des Teleskops auf ein ausgewähltes Objekt. Gelegentlich existiert hier eine Importfunktion für extern erstellte Dateien. Für Einzelheiten sei hier auf die Dokumentation der betreffenden Programme verwiesen.
Integrationsmöglichkeiten: auch sehr leistungsfähige Programme können nicht ,,alles", weshalb es nützlich ist, wenn ein Programm ein Zusammenwirken mit vorhandener (z.B. auf Funktionen wie Kamerasteuerung und Bildaufnahme spezialisierter) Software ermöglicht.
Fortgeschrittene Sternfreunde möchten vielleicht ihre Privatsternwarte automatisieren oder sogar fernsteuern. In solchen Fällen sind die Integrationsfähigkeiten der Software entscheidend. Wir können mangels eigener Erfahrung keine Empfehlungen zur Eignung bestimmter Software für solche ,,großen" Automationslösungen geben. Der Anbieterkreis solcher Komplettpakete zur Sternwartenautomation ist jedoch sehr überschaubar. Seriöse Anbieter sollten in der Lage sein, dem Interessenten Referenzen zu nennen.
Benutzerfreundlichkeit: dieser Aspekt ist von persönlichen Vorlieben und Gewohnheiten geprägt und daher (wie auch die Ästhetik des Kartenbilds) sehr subjektiv. Dennoch haben wir versucht, einige Kriterien zu definieren und zu bewerten, die aus unserer Erfahrung heraus zu einer guten Akzeptanz durch die Benutzer führen. Man möchte beim Arbeiten mit dem Programm vor allem im Nachteinsatz möglichst wenig herumklicken, um das gewünschte Ergebnis zu erhalten. Dazu gehört auch die einfache, intuitive Auffindbarkeit von Einstellungsmöglichkeiten, die die Kartendarstellung
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beeinflussen. Die Benennung von Menübefehlen und die Bedeutung von Symbolen (Icons) sollte intuitiv verständlich sein. Programmfunktionen sollten stets auch über Menüeinträge aufrufbar sein und nicht nur über möglicherweise ausgeblendete Symbolleisten. Weil man im Nachteinsatz gerne auf eine Beleuchtung der Tastatur verzichten möchte, kommt den Möglichkeiten der Maus zur Bedienung des Programms entscheidende Bedeutung zu. Alleine mit der Maus sollte es im Idealfall möglich sein, Kartenausschnitte festzulegen und die Karten zu verschieben, zu skalieren und auch zu drehen. Wegen der individuellen Vorlieben bei der Programmbedienung haben wir die
Möglichkeit zur Konfiguration als Kriterium aufgenommen. Manche Programme bieten die Möglichkeit, Programmfunktionen sehr flexibel auf vom Anwender einstellbare Tasten (oder Tastenkombinationen) bzw. Mausfunktionen zu legen.
Preisverhältnis bei Upgrades: hier haben wir denjenigen Anteil des Preises angegeben, den ein Lizenzinhaber mit einer älteren Version gegenüber einem Neukunden bezahlen muss. Dieses Verhältnis gibt darüber Auskunft, wie sehr der Hersteller die Kundentreue honoriert.
Ressourcenbedarf: der Speicherplatzbedarf auf der Festplatte hängt oft vom Installa-
tionsumfang (Kataloge, Bilder) des Programms ab. Um Vergleichbarkeit zu erreichen, sind wir hier jeweils von einer vollständigen Installation ausgegangen. Weiterhin ist es interessant, ob ein Programm auch auf einem betagten Rechner vernünftig läuft, den man der Astronomie gewidmet, aber ansonsten abgeschrieben hat.
Thomas Pfleger
Cartes du Ciel
Die Gegenüberstellung von kommerzieller Software und Freewareprogrammen ist sicherlich nicht ganz fair, jedoch ist sie für eine Aussage, wo denn letztere im Vergleich zu ersterer steht, unerlässlich. Eines der bekanntesten und meistverbreiteten Programme ist Carts du Ciel, oder kurz CdC. Obwohl es eine Freeware ist, bietet CdC einen zu den kommerziellen Mitbewerbern vergleichbaren Funktionsumfang.
Eine Stärke von CdC ist die Anbindung externer Kataloge, von denen auf der Homepage bereits einige verfügbar sind. Einige Sternfreunde haben ihre selbsterstellten oder konvertierten Kataloge ebenfalls zum freien Herunterladen ins Netz gestellt. Beispielsweise können Asteroiden aus dem weitverbreitete Format Astorb. dat gelesen werden. Über das Tool CatGen können zudem weitere Kataloge importiert werden, sofern sie als ASCII-Textdateien vorliegen. CatGen ermöglicht mit Hilfe eines Dialogfensters das händische Adressieren von Spalten für Positionen und andere objektbezogene Daten für den anschließenden Import.
Die Benutzerführung von CdC ist insgesamt etwas gewöhnungsbedürftig und umständlich. Die Darstellung wirkt zudem etwas unelegant. Ein Hang zum Tüfteln ist für die Erlernung der Bedienung hilfreich, wobei man allein aufgrund des Verbreitungsgrades in Internetforen viele Tipps und Workarounds erhalten kann. Manche Features wird man vermissen; so fehlen z.B. die Schattenwürfe der Jupiter-
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Himmelsregion um Gamma Cygni, erstellt mit Cartes du Ciel im Kartenmodus. Himmelsregion um M 86, Cartes du Ciel.
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monde auf den Planeten. Bei der Arbeit fiel auf, dass sämtliche ASTORBbasierten Kleinplanetenpositionen fehlerhaft berechnet werden, was erst behoben wird, wenn das durch die zwischenzeitlich eingeführte sechsstellige Asteroidennumerierung geänderte Dateiformat berücksichtigt wird. Der Anwender wird auch mit dem einen oder anderen Bug konfrontiert, allerdings sollte man sich dabei bewusst sein, dass die Software das Werk eines einzelnen Programmierers ist.
Mit Cartes du Ciel steht ein Programm zur Verfügung, welches einerseits alle Möglichkeiten zur Beobachtungsvorbereitung besitzt, auf der anderen Seite aber auch nicht vollends zu überzeugen vermochte. Der Verbreitungsgrad in der Astroszene gründet sich in erster Linie auf die kostenfreie Verfügbarkeit (Download von der Homepage des Projekts www.astrosurf.com/astropc). Der ,,kantigen" Benutzerführung wegen empfiehlt es sich, Mitbewerber ebenfalls in Betracht zu ziehen.
Helmut Jahns
Der Kataloggenerierer CatGen von Cartes du Ciel erleichtert das Importieren von Deep-Sky-Katalogen.
Guide 8.0
Die Installation von Guide erscheint sehr unzeitgemäß. Anstelle eines geradlinigen benutzerdefinierten Setups findet man eine verhältnismäßig umständliche Installationsprozedur vor, die dem Anwender einige Handarbeit bis zur Wunschkonfiguration abnötigt. Die Darstellung der Karten ist angenehm. Guide ist dafür bekannt, dass Himmelsereignisse mit hoher Genauigkeit berechnet werden können, was anhand derjenigen Ereignisse, die zum Testen ausgewählt wurden, bestätigt werden konnte. Ein Manko ist, dass die Kataloge seit 2002 nicht mehr komplett überarbeitet wurden. Außerdem wird ein Teil des Datenbestands auf Englisch wiedergegeben, obwohl Deutsch als Sprache bei der Installation ausgewählt wurde. Einige Funktionen sind sehr gewöhnungsbedürftig, da sie auf Tastaturbefehle (Karte vergrößern/verkleinern) zurückgreifen. Die Nutzung der rechten Maustaste, mit der standardmäßig kontextsensitive Hilfetexte aufgerufen werden, ist anderweitig belegt, z. B. der Anzeige und Beschreibung des angeklickten Zielpunktes. Tastaturbefehle sind heute nicht mehr ,,State of the art"; hier ist deutlich die DOS-Herkunft des Programms zu erkennen. Der Funktionsumfang des Programms ist beachtlich, aber nach den Jahren hätte es ein ,,Face-Lifting" dringend nötig. Guide setzt für die Bedienung profunde astronomische Kenntnisse voraus und ist deshalb für Anfänger nur bedingt geeignet.
Rolf Glöckner
Himmelsregion um Gamma Cygni, erstellt mit Guide 8 in Bildschirmdarstellung Ansichtsmodus.
Himmelsregion um M 86, Guide 8.
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TheSky 6.0 Professional
TheSky 6 bietet bei der Kartendarstellung praktisch alle Funktionen, die man von einem praxisgerechten und vollwertigen Programm erwarten darf. Positiv hervorzuheben sind die zahlreichen und feinfühligen Einstellmöglichkeiten. Sie werden übersichtlich in Form eines nach Objekttypen und -katalogen gegliederten Baums (dem ,,Display Explorer") dargestellt. Besonders hervorzuheben ist, dass sich die Anzeige der vielen Objektinformationen über den Display Explorer sehr detailliert beeinflussen lässt. So können nicht nur Bezeichnungen von Objekten, sondern auch Koordinaten oder physikalische Eigenschaften wie Gesamt- oder Flächenhelligkeit in der Karte aufgetragen werden.
Die Steuerung der Grenzgröße von Sternen und nichtstellaren Objekten inAbhängigkeit vom Gesichtsfeld erfolgt automatisch, aber leider ist sie nicht anpassbar. Verändert man den Kartenmaßstab, so zeigt der virtuelle Himmel oft zu viele oder zu wenige Objekte. Auch ist die aktuelle Grenzgröße für Sterne oder nicht stellare Objekte nicht kollektiv einzustellen, sondern individuell je nach Objekttyp. So flexibel dies für das Feintuning auch sein mag, so umständlich erscheint es andererseits oft. Manchmal ist eben weniger mehr!
In der Version 6 kann man nun zusätzlich zum traditionellen Stil der Kartendarstellung einen realitätsnahen Modus wählen. Hier können auf Wunsch fotografische Horizontpanoramen, horizontnaher Dunst, die Milchstraße und Lichthalos um Sonne und Mond dargestellt werden. Die normale Bildschirmdarstellung (,,Virtual Sky") lässt sich nicht wie am Bildschirm dargestellt ausdrucken. Für den Ausdruck (und die Druckvorschau) benutzt TheSky den ,,Chart Mode", der vollständig vektorbasiert arbeitet. Damit gelingen selbst großformatige Ausdrucke ohne sichtbares Pixelraster. Für ein zufriedenstellendes Druckergebnis gilt es zunächst, die ,,richtigen" Einstellungen zu finden, weil die Werkseinstellungen teilweise etwas unglücklich getroffen sind. Verzichtet man auf die Darstellung der Sterne gemäß Spektraltyp und passt die Sterndichte und Scheibchengröße so an, wie es gedruckten Karten nahe kommt, dann erhält man einen sehr hochwertigen Ausdruck.
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Himmelsregion um Gamma Cygni, TheSky 6.0.
Himmelsregion um M 86, TheSky 6.0.
Die Möglichkeiten zur Beeinflussung des Kartenbildes sind vielfältig und flexibel. Sie reichen von der Auswahl einzelner Kartenebenen (mit ihren spezifischen Informationen) bis zur Benutzung individuell erstellter Kartensymbole! Durch den Kartenexport im WMF-Format ist bei Bedarf die Nachbearbeitung der Karten mit einem Vektorgrafikprogramm (z.B. Corel Draw) möglich. TheSky hat daher auch die Kartengrundlagen für einige Druckerzeugnisse geliefert.
In den ,,Virtual Sky" sind zahlreiche Aufnahmen von Himmelsobjekten oft nahtlos integriert, während sie in anderen Programmen oft wie ,,hineingeklatscht" aussehen. Wer über den (inzwischen vergriffenen) CD-Satz ,,The RealSky" oder die DSS-Ausgabe auf 102 CD-ROMs verfügt, kann ein flächendeckendes Hinter-
grundfoto in die Karten einblenden lassen. Die ,,Image Link" Technik von TheSky bringt die Rastergrafiken durch Mustererkennung schnell und genau mit den Vektorgrafikdaten zur Deckung.
Der ,,Real Mode" wurde wohl auch in Hinblick auf den didaktischen Einsatz entwickelt. Wer mit der Software selbst Planetarium spielen will, profitiert von der ,,Teacher's Console", einem einfachen Bedienpult zur Steuerung der wichtigsten Funktionen. Manche Notebooks bieten die Möglichkeit, zusätzlich zum eingebauten Display das Bildsignal einer weiteren Windows-Arbeitsfläche über den Monitoranschluss auszugeben. Mit einer solchen Konfiguration und einem Beamer erscheint dann der Himmel in der Wandprojektion und die Teacher's Console auf dem Bildschirm des Notebooks.
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Die Zuschauer werden nicht durch die Programmbedienung abgelenkt. Das gute Konzept der Bedienkonsole sollte aber vom Hersteller noch durch weitere Steuerungsmöglichkeiten ausgebaut werden. Der Umfang der in der Professional Version mitgelieferten Sterndaten geht etwa eine Größenklasse über den GSC hinaus, weil ein Auszug des USNO B Katalogs mitgeliefert wird. Damit werden tiefe Karten auch ohne Internetzugang möglich. Auch der Umfang der Deep-SkyDaten ist sehr groß, jedoch könnten statt der vielen schwachen PGC-Galaxien noch einige interessantere Kataloge dabei sein. Das Programm erlaubt, eigene Datensätze zu importieren.
Beim Thema ,,Objektdaten" bietet TheSky nicht nur die ausführliche Anzeige nach dem Anklicken eines Objektes, sondern mit dem ,,Data Wizard" ein mächtiges und bisher einzigartiges Werkzeug zur Abfrage seiner Datenbanken. Man definiert damit Art und Umfang einer Abfrage, wobei nicht nur statische Daten einbezogen werden können, sondern auch berechnete Werte (wie z.B. Ephemeridengrößen von Kleinplaneten oder Kometen)! Damit lassen sich Aufgaben lösen, vor denen die meisten anderen Programme passen müssen.
Sternfreunde fragen gelegentlich nach einer Software, die ,,alles" kann. TheSky kommt von allen dem Rezensenten bekannten
Programmen diesem Ziel am nächsten. Wer des Englischen ausreichend kundig ist (denn von Version 6 gibt es keine deutschsprachige Version), der erhält für den Kaufpreis ein Füllhorn an praxisgerechter und mächtiger Funktionalität. Wem die Professional Version zuviel an Funktionen bietet oder zu teuer ist, der kann auf die einfacher ausgestatteten Varianten zurückgreifen. In deren Preissegment gibt es dann allerdings eine Reihe von Alternativen, wie unser Vergleich zeigt.
Thomas Pfleger
Starry Night Pro 6.2.3
Die Besonderheit von Starry Night liegt in der Tatsache, dass es sich primär als ein Planetariumsprogramm versteht, d.h. die Hauptaufmerksamkeit liegt in der möglichst realistischen Darstellung des Sternenhimmels. Je nach Version und Rechenleistung kann ein fotografisches Bild des gesamten Himmels dargestellt, Lichtverschmutzung naher und entfernter Städte sowie Luftunruhe simuliert und das Zirpen der Grillen eingeblendet werden. Zeitliche Abläufe und Flüge durch das Sonnensystem und durch das Universum können dargestellt und als Filme gespeichert werden. Das Programm ist voll netter Features, die es ermöglichen, Vorgänge im Sonnensystem anschaulich darzustellen. Zum Beispiel ist wegen den Größenverhältnissen die konstante Lage der Erdachse bei dem Umlauf um die Sonne mit ,,normalen" Programmen nur sehr schwer darzustellen. Mit Starry Night ist es möglich, dafür temporär den Erddurchmesser so weit zu vergrößern, dass die Darstellung keine Probleme bereitet. Trotz dieser, zum Teil sehr überladenen optischen Möglichkeiten bietet das Programm einen reichhaltigen Funktionsumfang, so dass man im Großen und Ganzen alle Aufgaben, die man mit einem Astronomieprogramm bearbeiten möchte, erfüllen kann. Positiv zu vermerken ist die enge Anbindung ans Internet, so dass regelmäßig Bahndaten aktualisiert
Himmelsregion um Gamma Cygni, Starry Night 6.2.3.
Himmelsregion um M 86, Starry Night 6.2.3.
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werden, neue Kometen automatisch in der Liste auftauchen und gegebenenfalls Sterne zur Darstellung nachgeladen werden. Die Kartendarstellung ist noch nicht optimal. Hier wünscht man sich doch mehr Einflussmöglichkeiten. Zwar kann man die Datendichte, die man auf der Karte visualisieren möchte, frei einstellen, allerdings sind Metadaten, wie Legenden und Beschriftungen nur sehr grob steuerbar. Ein weiterer Nachteil liegt in der beschränkten Rechengenauigkeit. Sie reicht nicht aus, um (streifende) Sternbedeckungen vernünftig zu planen. Auch ist der Ereignisfinder noch ausbaufähig. Es ist z.B. nicht möglich, Konjunktionen zweier beliebiger Objekte in einem gegebenen Zeitintervall zu bestimmen. da muss man momentan noch auf andere Programme, wie z.B. XEphem, ausweichen. Die Entwickler haben aber schon angekündigt, dass sie an einer Lösung arbeiten. Das gleiche gilt für das rudimentäre Cross-Referencing der verschiedenen Objektdatenbanken sowie die Tabellendarstellung der berechneten Ephemeriden. Fazit: Dieses Programm ist vor allem dann die erste Wahl, wenn man neben seinen üblichen Tätigkeiten mit einem Astronomieprogramm auch noch für Präsentationen, Publikationen, Schulungen und Öffentlichkeitsarbeiten qualitativ hochwertige Bilder, Grafiken und Animationen generieren möchte.
Bernd Hoffmann
Himmelsregion um Gamma Cygni, SkyMap Pro 10. Himmelsregion um M 86, SkyMap Pro 10.
Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Ephemeridenrechnung
von Moritz Heger
In der Ephemeridenrechnung haben sich in den letzten Jahren Neuerungen ergeben, die in der Literatur für die interessierte Öffentlichkeit noch keinen Eingang gefunden haben. Im folgenden werden einige interessante Entwicklungen vorgestellt. Diese werden in diesem Rahmen nicht näher im Detail behandelt; stattdessen wird besonders auf das Quellenverzeichnis hingewiesen, das ein weiteres Studium ermöglichen soll. Seit dem 17. Jahrhundert hat die Himmelsmechanik durch Kepler, Newton, Lagrange und Newcomb sowie durch Einstein
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große Fortschritte in der analytischen Untersuchung und Beschreibung der Planetenbahnen erfahren. Im Jahr 1895 erstellten Newcomb und Hill Tabellen zur Berechnung der Planetenörter, die in Teilen noch bis in die 1980er Jahre die Grundlage des wichtigsten astronomischen Jahrbuchs, des Astronomical Almanac, waren. Eine bedeutende, analytisch gewonnene Beschreibung der Planetenbahnen in trigonometrischen Reihen ist VSOP87 [1]. Diese hat in Amateurkreisen durch Jean Meeus Verbreitung gefunden, wenn auch in einer gekürzten Variante [2]. Für den
Mond existiert in vergleichbarer Form die Beschreibung ELP/MPP02 [3]. Für gegenwärtige Zeiträume beträgt die Genauigkeit von ELP/MPP02 einzelne Meter, in VSOP87 weist Mars in der Entfernung zur Erde Fehler von einigen hundert Metern auf.
Parallel dazu wurde beginnend in den 1960er Jahren, einhergehend mit der Entwicklung der elektronischen Rechner, die numerische Bahnrechnung entwickelt. In dieser werden die der Planetenbewegung zugrundeliegenden Differentialgleichungen direkt
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gelöst. Dadurch entfällt die aufwendige analytische Aufstellung der Bahnmodelle aus den Differentialgleichungen; dafür erfordert der Rechenaufwand die Nutzung von elektronischen Rechenmaschinen. Ab 1984 beruhen die Daten im Astronomical Almanac auf DE102 vom Jet Propulsion Laboratory JPL der NASA [4]. Augenblickliche Grundlage der Publikation ist die Ephemeride DE405 [5]. Vergleichbar ist EPM2004 vom Institut für Angewandte Astronomie der Russischen Akademie der Wissenschaften [6]. Seit 2003 befasst man sich aufgrund der Schwierigkeiten, durch analytische Untersuchungen mit Messgenauigkeiten vergleichbare Ergebnisse zu erreichen, auch am Institut de Mecanique Celeste et de Calcul des Ephemerides IMCCE mit numerischen Verfahren. Letztes veröffentlichtes Ergebnis ist derzeit INPOP06 [7]. Die durch umfangreiche Rechnungen ermittelten Bahndaten sind als Tschebyschow-Polynome veröffentlicht, welche ohne großen rechnerischen Aufwand auswertbar sind.
Die numerischen Lösungen berücksichtigen Punktmassen-Wechselwirkungen zwischen den Planeten, der Sonne, Asteroiden, relativistische Effekte, Effekte durch Abweichungen von der Kugelgestalt, Erdgezeiten und die Librationen des Mondes. Die Anfangsund Randbedingungen wie Orte und Geschwindigkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt oder Massen und sonstige Konstanten und Koeffizienten werden bei der Modellerstellung so gewählt, dass die rechnerischen Ergebnisse möglichst gut mit verfügbaren Messdaten übereinstimmen.
Die Abweichungen der aktuellen numerischen Modelle untereinander liegen gegenwärtig im inneren Sonnensystem bei etwa einem Kilometer. Die Entfernungen zwischen Erde und Mond weichen zwischen den Modellen um einzelne Millimeter voneinander ab; dies entspricht in etwa der Messgenauigkeit mit Lunar Laser Ranging (LLR). Mit INPOP06 errechnete Entfernungen zwischen Erde und Mars weichen von Funklaufzeitmessungen typischerweise um 10 Meter ab, dies liegt in der Größenordnung der Streuung der Messwerte. Außerhalb der Zeiträume, für die Radio- und Lasermessungen vorliegen, steigen die geschätzten Fehler im inneren Planetensystem schnell auf mehrere Kilometer an, wobei besonders Mars
davon betroffen ist. Die nur ungenau bekannte Masse der meisten Kleinplaneten im Asteroidengürtel macht eine genauere Rechnung unmöglich.[8]
Für Amateurastronomen sind durch das Internet sowohl analytische als auch numerische Bahnergebnisse einfach erhältlich geworden[9][12][13]. Nachteilig ist bei den numerisch erstellten Datensätzen die Größe der Dateien und die Beschränkung der Gültigkeit auf einen begrenzten Zeitraum. Demgegenüber sind die trigonometrischen Funktionen analytischer Bahnbeschreibungen rechenintensiv.
Mit der Verfügbarkeit hochgenauer Bahndaten wird die exakte Umsetzung von Zeit- und Koordinatensystemdefinitionen in Programmen von Interesse. Auch hier gibt es Änderungen. Die International Astronomical Union IAU hat seit 2000 neue Koordinatensysteme und Rechenverfahren beispielsweise für Präzessionsund Nutationsrechnung eingeführt, die Algorithmen und Programme sehr viel einfacher und effizienter gestaltbar machen. Hierzu finden sich Erläuterungen, vollständige Algorithmen für komplette Rechenwege und ausgeführte Beispiele im Astronomical Almanac [10]. Die jährlich erscheinende Publikation ist stets auf dem aktuellen Stand der teils raschen Entwicklung und für den ernsthaften Programmierer entsprechender astronomischer Anwendungen unentbehrlich.
Bahndaten sind auch ohne Programmerstellung durch den Amateurastronomen aus dem Internet abrufbar. Das HORIZONS System des JPL der NASA [14] stellt die meisten Möglichkeiten zur Verfügung, ist deshalb aber anfangs schwer zu bedienen. Dem routinierten Nutzer erlaubt das System beispielsweise die numerische Integration von Kleinplanetenbahnen zur Erstellung hochgenauer Ephemeriden. Weniger Einarbeitungsaufwand erfordert das Angebot des U.S. Naval Observatory [15]. Ebenfalls von Interesse ist die Seite des IMCCE unter ,,Ephemerides" [16].
Abschließend bleibt zu bemerken, dass viele der in der letzten Zeit erreichten Genauigkeitssteigerungen und eingeführten Neudefinitionen vor allem bei LLR- und VLBI-Messungen von Interesse sind. Hier haben die Messverfahren mittlerweile Genauigkeiten erreicht, die eine Verbesserung der mathematischen Modelle erforderlich machen, um theoretische
Aussagen und praktische Messungen noch zusammenführen zu können. Für die Amateurastronomie ergeben sich keine Änderungen, hier ist die Arbeit von Newcomb und Hill in den meisten Fällen vollkommen ausreichend. Bestehende Rechnerprogramme oder Verfahren sind dadurch kaum veraltet oder ungültig geworden.
Literatur [1] P. Bretagnon, G. Francou: Planetary theories in rectangular and spherical variables. VSOP87 solutions. In: Astronomy and Astrophysics 202 (1988). o.V., S. 309-315 [2] J. Meeus: Astronomical Algorithms, 2nd ed. Willmann-Bell, Richmond, Virginia, USA (1998) [3] J. Chapront, G. Francou: The lunar theory ELP revisited. Introduction of new planetary perturbations. In: Astronomy and Astrophysics 404 (2003). o.V., S. 735-742 [4] X X Newhall, E.M. Standish, J.G. Williams: DE102: a numerically integrated ephemeris of the Moon and planets spanning forty-four centuries. In: Astronomy and Astrophysics 125 (1983). o.V., S. 150-167 [5] E.M. Standish: JPL Planetary and Lunar Ephemerides, DE405/LE405. JPL Interoffice Memorandum IOM 312.F - 98 - 048 (1998) [6] E.V. Pitjeva: High-Precision Ephemerides of Planets--EPM and Determination of Some Astronomical Constants. In: Solar System Research 39 (3): 176. (2005) [7] A. Fienga, H. Manche, J. Laskar, and M. Gastineau : INPOP06. A new numerical planetary ephemeris (2006) [8] E.M. Standish, A.G. Fienga: Accuracy limit of modern ephemerides imposed by the uncertainties in asteroid masses. In: Astronomy and Astrophysics 384 (2002). o.V., S. 322-328 [9] ftp://ftp.imcce.fr/pub/ephem/planets/ vsop87/
[10] The Astronomical Almanac for the Year 2007, United States Naval Observatory, Washington, Her Majesty`s Nautical Almanac Office, London (2007)
[12] http://ssd.jpl.nasa.gov/?planet_eph_export [13] http://www.imcce.fr/inpop/ [14] http://ssd.jpl.nasa.gov/?horizons [15] http://aa.usno.navy.mil/data/ [16] http://www.imcce.fr/
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Die Genauigkeit der Systemuhr bei CCD-Aufnahmen
von Hans G. Diederich
Einleitung Einer der großen Vorteile der CCD-Kamera bei derAufnahme von Einzelbildern für eine Lichtkurve (Liku) ist, dass Helligkeitswert (gespeichert im Pixelteil der Bilddatei) und Aufnahmezeit (gespeichert im FITSHeader der Bilddatei) untrennbar miteinander verbunden und ,,maschinenlesbar" sind. Das Maximum an Benutzerkomfort wird erreicht, wenn das astronomische Bildbearbeitungsprogramm automatisch Datei auf Datei einliest, auswertet, die Wertepaare von Helligkeit und Zeit in eine Tabelle schreibt und dieses als Diagramm ausgibt. Daraus folgt aber auch: die Zeit im FITS-Header muss stimmen. Dieses ist in der Tat ein Problem, wofür es allerdings auch Lösungen gibt. Hiervon handelt dieser Aufsatz. Zwei Fragen sind zu unterscheiden: (1) welche Zeit schreibt das CCD-Programm in den FITS-Header und (2) wie genau ist die Systemuhr? Diese Fragen werden für ein Notebook behandelt, auf dem Windows 95 und entsprechendeAnwendungen installiert sind. Sie sind für jede Kombination von Hardware - Betriebssystem - Anwendung zu beantworten, um die o. g. Vorteile bei der Lichtkurvenerstellung und -auswertung auch wirklich nutzen zu können und um fehlerhafte Daten zu vermeiden.
Welche Zeit wird in den FITS-Header geschrieben? Dies ist einfach festzustellen: Zunächst wird die Systemuhr anhand einer DCF77Uhr genau gestellt, danach eine Aufnahme mit vielleicht 30 s Belichtungszeit gestartet und der Beginn und das Ende des Downloads von der Systemuhr oder der DCF77-Uhr abgelesen. Der anschließende Blick in den FITS-Header bringt dann sofort an den Tag, wie sich das Aufnahmeprogramm verhält: Schreibt es den Beginn der Belichtungszeit, das Ende der Belichtungszeit, das Ende des Downloads oder irgend etwas dazwischen in den FITS-Header? Das Ergebnis wird notiert und zukünftig als Korrektur bei der Reduzierung der Zeiten im FITS-Header angebracht.
Zeigt die Systemuhr die richtige Zeit an? Mir fiel bei den ersten insgesamt 2 bis 3 Stunden dauernden Aufnahmeserien
für Lichtkurven auf, dass die WindowsSystemuhr meines Notebooks gegen Ende mehrere Minuten vorging. Ich schaute mir das einige Nächte an, erstellte kleine Statistiken und merkte bald, dass kein erkennbarer Zusammenhang zwischen der richtigen Zeit und der von der Systemuhr angezeigten bestand. Die Abweichungen waren also überhaupt nicht vorherzusehen, eine Reduzierung der FITS-Headerzeiten damit unmöglich. Ich wusste nur, diese Zeiten können um bis zu 8 Minuten abweichen: ein unhaltbarer Zustand.
Die Recherche in einigen Mailinglisten erbrachte schließlich als Tipp, es gäbe ein Programm, welches die Systemuhr korrigiert. Auf der Website des Herstellers wurde ich fündig. Im folgenden Text beziehe ich mich auf die Systemuhr von Windows 95 und gebe meinen Eindruck der technischen Zusammenhänge wieder.
Beim Download der umfangreichen Bilddatei von der Kamera über die LPTSchnittstelle zur Festplatte bleibt die Windows-Systemuhr stehen oder geht nach. Um das zu kompensieren, lässt das Aufnahmeprogramm die WindowsSystemuhr schneller laufen. Sie geht nun also vor, manchmal mehr, manchmal weniger, eben unvorhersehbar. Wenn wir aus einer Lichtkurve ableiten wollen, ob das Maximum eines Veränderlichen langsam wegdriftet, wenn schon wenige Sekunden Abweichung neue Erkenntnis bedeuten, dann sind einige Minuten Ungenauigkeit unzumutbar.
Und was macht das eben erwähnte Programm nun in dieser verfahrenen Situation? Es stellt wiederholt die WindowsSystemuhr anhand der Zeit der CMOSUhr, die als Hardware mit Schwingquarz und Pufferbatterie realisiert ist und sich in jedem PC bzw. Notebook befindet. Ist dieses Programm nicht installiert, verhalten sich Notebook und Betriebssystem wie folgt: Die CMOS-Uhr wird pro Nacht nur ein einziges Mal, nämlich beim Booten, bemüht, um die Software-Systemuhr zu stellen, die danach bis zum Ausschalten keinerlei Synchronisierung mehr erfährt.
Welche Lösungen bieten sich an? Nachdem mein Ärger verraucht war, begann ich nach Lösungen zu suchen und stellte fest, dass beim Aufrufen des Fensters ,,Eigenschaften von Datum / Uhrzeit" die Windows-Systemuhr auch ohne Vornahme von Änderungen von der CMOS-Uhr synchronisiert wird. Die Lösung lautete also, während der Aufnahmeserie mehrmals die Windows-Systemuhr aufzurufen.
Das ist lästig. Nun könnte man sich das anfangs erwähnte Tool installieren. Ich wählte dagegen eine dritte Möglichkeit. Hierbei wird über die noch freie COMSchnittstelle ein DCF77-Modul angeschlossen. Dieses empfängt permanent die Zeit vom Zeitzeichen- und Normalfrequenzsender DCF77 und synchronisiert hiermit laufend die Windows-Systemuhr. Damit sind dann die in den FITS-Header geschriebenen Zeiten im Rahmen der Fragestellung (1) ausreichend genau, und die entstehende Lichtkurve wird ohne Einschränkungen auswertbar.
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Foto: (C) NASA/ESA/HST
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Fernglashalterung
von Frank Leiter
Der Nachthimmel zeigt bereits mit Ferngläsern eine enorme Fülle von beeindruckenden Objekten. Die Bandbreite an geeigneten Ferngläsern ist groß und erstreckt sich vom 8x25 bis zu den Großfeldstechern jenseits der 10-cm-Objektivöffnung. Unabhängig von der Vergrößerung des Fernglases gilt: je ruhiger das Bild, desto mehr Details sind sichtbar. Ein ruhiges Bild lässt sich durch Montieren des Fernglases auf einem Stativ erreichen. Ein preisgünstiger Eigenbau sollen im Folgenden vorgestellt werden.
Warum selbst bauen? Großfeldstecher sind meist mit mehr oder weniger guten Stativen lieferbar. Bei Ferngläsern bis 50 mm Objektivöffnung steht der interessierte Sternfreund jedoch vor zwei Problemen: Üblicherweise denken die Hersteller von Stativen an terrestrische Beobachtung statt an die Belange von Sternfreunden. Die Adapter für Fotostative sind daher für horizontnahen Betrieb ausgelegt. Je höher jedoch das Objekt über dem Horizont steht, desto weniger gut funktioniert der Adapter. Hier jedoch gibt es Abhilfe im einschlägigen Astronomiefachhandel, d.h. für die Himmelsbeobachtung optimierte Fernglashalterungen. Damit kommt aber das zweite Problem zum Tragen: Die Preise handelsüblicher Fernglashalterungen übersteigen den Preis des Fernglases sehr leicht bei weitem. Angesichts des notwendigen Aufwands an Bauteilen und Arbeitsstunden verbunden mit den geringen Stückzahlen kann dem Astrofachhandel kein Vorwurf gemacht werden. Die Preise sind absolut reell. Trotzdem wird das Budget sehr schnell gesprengt. Daher ist ein Eigenbau eine gute Option. Hierbei ist jedoch zu beachten, welche Möglichkeiten die heimische Werkstatt hergibt.
Eigenbau ohne Werkstatt Sofern er Mieter ist, verfügt der zum Eigenbau geneigte Sternegucker oftmals über eingeschränkte Möglichkeiten in seiner Werkstatt. Die Situation verschärft sich, wenn kein passender Hobbyraum in Keller oder Speicher zur Verfügung steht. Dann bleibt nur die Lösung, in Küche, in Wohnzimmer oder auf dem Balkon eine vorübergehende Werkstatt einzurichten. Entsprechend limitiert sind die Möglichkeiten. Dies gilt es in die Planung
der Halterung einfließen zu lassen. Die in diesem Artikel vorgestellte Lösung zur Halterung eines Fernglases entstand am heimischen Wohnzimmertisch mit nicht mehr als einer Säge, einem Klemmblock, einem Akkuschrauber und einer Handbohrmaschine, sowie Schleifpapier und einem Gewindeschneidsatz. Letzterer ist nicht wirklich nötig, stellte sich jedoch als sehr praktisch heraus. Um den Wohnzimmertisch zu schonen, diente ein Meter Küchenplatte als Werkbank.
Anforderungen an die Halterung Die wichtigsten Anforderungen sind: - die Halterung soll mit einem bereits
vorhanden Kamerastativ zusammen genutzt werden können - das Fernglas soll in allen Richtungen positioniert werden können und - in der eingestellte Position verbleiben (erleichtert die Benutzung von Sternkarten und das Zeichnen) - einfache Montage - keine komplizierten Teile - keine teuren Spezialbauteile
Die Halterung durfte vollständig an ein 10x50 Fernglas angepasst werden. Für das ebenfalls im Hause vorhandene 20x70 Fernglas bevorzuge ich ein Einbeinstativ bzw. die ,,Autodachmontierung".
Die Konstruktion Die vorgenannten Anforderungen werden von einer Parallelogrammhalterung in Holzbauweise erfüllt. Holz ist ein kostengünstiger Werkstoff und leicht erhältlich. Meine Wahl fiel auf Buchenholz, da das ebenfalls zur Auswahl stehende Kiefernholz einen wesentlich weicheren Eindruck machte. In Bezug auf Durchbiegung und Verwindungssteifigkeit siegte die Buche beim Test im Baumarkt. Bisher hat sich diese Wahl bewährt. Das Buchenholz ist hart genug zum Formen von durchaus belastbaren Gewinden. Es ist so hart, dass zum Schneiden des Gewindes ein Werkzeug überaus hilfreich war. Ein Parallelogramm besitzt folgenden prinzipiellen Aufbau: zwei parallele, senkrechte Seiten sind durch zwei parallel zueinander orientierte Arme miteinander verbunden. Die Arme sind jeweils drehbar gelagert. Damit lässt sich eine der senkrechten Seiten in der Höhe verschieben während sie immer noch senkrecht bleibt.
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Eine der senkrechten Seiten wird um eine horizontal drehbare Achse mit dem Fotostativ verbunden. Die andere Seite bildet die Basis für den Halterungskopf, an dem letztlich das Fernglas befestigt wird. Auf der dem Kopf gegenüberliegenden Seite ist wenigstens ein Arm verlängert, um ein Gegengewicht aufzunehmen. Der Kopf weist zwei Gelenke auf. Dadurch ist das Fernglas auf engerem Raum in alle Richtungen schwenkbar.
Die Lager sind möglichst einfach konstruiert: - Lager der Kopfgelenke: Schrauben
bilden die Achsen. Metallene Unterlegscheiben sitzen zwischen Buchenholzwänden. Durch Festziehen der Schrauben lässt sich die Gängigkeit einstellen. - Parallelogrammlager: Schrauben bilden auch hier die Achsen. An den Armen sind Aluhülsen befestigt, durch die Schrauben gesteckt sind. Kunststoffunterlegscheiben und Holz bilden die Gegenflächen. Die Vorspannung wird durch Stoppmuttern eingestellt. - Stativlager: Küchenplattenbeschichtung gleitet auf Buchenholz. Die Gängigkeit wird durch eine Schraube eingestellt, die auch die Achse bildet.
Die beiden Arme sind aus zwei miteinander verschraubten Leisten aufgebaut, so dass sich hier noch eine Versteifung gegen Durchbiegung ergibt. Die Armlänge wurde auf 50 cm festgelegt, was im Zusammenspiel mit Fotostativ und Sitzgelegenheit einen ausreichenden Aktionsradius garantiert. Das Gegengewicht ist ein Hantelgewicht, welches sich auf den Arm aufschieben lässt. Gesichert ist es mit einer durch den Arm hindurch gesteckten Schraube. Für die Halterung des 10x50 Fernglases wurde ein Hebel von 1:1 gewählt, d.h. der Gegengewichtsarm weist auch eine Länge von 50 cm auf. Eine Hantelscheibe mit 1 kg Gewicht ist ausreichend, die Gewichte von Kopf und Fernglas auszugleichen. Ein hundertprozentiger Ausgleich ist nicht notwendig, da die Lager schwergängig eingestellt werden.
Die Umsetzung Zunächst wurden die Leisten für die Arme verleimt und verschraubt, anschließend
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Links im Bild das 10x50 Fernglas, rechts die beiden Arme des Parallelogramms. Die zwei Gelenke der Kopfkonstruktion sind dazwischen angeordnet.
Das u-förmige Teil in der Mitte mit den beiden Achsen, auf denen die Arme des Parallelogramms gelagert sind. Am Ende des langen Armes ist das Gegengewicht erkennbar.
Die Fernglashalterung ist komplett mit Fernglas und Gegengewicht bestückt und auf das 3/8"-Gewinde des Fotostatives geschraubt.
die Ösen befestigt. Hier gibt es praktischerweise vorgefertigte Hülsen mit angesetztem Flansch. Der Flansch wird mit den Armen verschraubt, wobei eine Schraube ausreichend Stabilität gibt und gleichzeitig eine leichte Drehung erlaubt, so dass Winkelfehler ausgeglichen werden können. Das stativseitige Teil ist ein ,,U", welches aus drei Teilen aufgebaut ist. Zwei Seitenteile werden mit einer Basis verschraubt und verleimt, die eine zentrale Bohrung aufweist. Durch diese Bohrung wird nachher die Schraube hindurch gesteckt, die als Achse des horizontalen Lager dient. Aufwändiger ist die Konstruktion des Kopfes, da wie gesagt zwei Gelenke vorhanden sein sollen. Sinnvoll ist es, am Ende des Parallelogramms zunächst eine senkrechte Achse vorzusehen. Dazu wird ein Holzblock am Parallelogramm befestigt, der senkrecht durchbohrt ist. Der Holzblock wird dann von einem u-förmigen Teil umfasst. Zwischen den Holzteilen liegt jeweils eine metallene Unterlegscheibe. Eine Gewindestange
dient als Achse. Durch Anziehen der Sicherungsmuttern kann die Klemmkraft und damit die Gängigkeit des Gelenks sehr gut eingestellt werden. In den senkrechten Teil des ,,U" ist eine Schraube eingeschraubt, die die Achse des zweiten, waagrechten Gelenks bildet. Sie durchsetzt die eigentliche Fernglasaufnahme. Die Konstruktion der Fernglasaufnahme ist abhängig von dem zu halternden Fernglas. Im vorliegenden Fall musste ein Gewinde am Mitteltrieb des Fernglases erreicht werden, daher sind zwei Winkel notwendig. Die Achse des waagrechten Gelenks sollte etwa den Schwerpunkt von Fernglas und Fernglasaufnahme durchsetzen. Geringe Abweichungen können jedoch durch eine schwergängige Einstellung der Gelenke kompensiert werden. Generell empfiehlt sich für die Achsen die Verwendung von Sicherungsmuttern, damit die Gängigkeit eingestellt werden kann, ohne dass sie sich nach mehrfacher Benutzung zu stark ändert. Alles in allem lässt sich eine solche Halterung in etwa zehn Stunden bauen, Konstruktionsphase
ein-, Bauteilbeschaffung herausgerechnet. Die Kosten sind überschaubar.
Beobachten mit ruhendem Fernglas Erfahrungen mit einem ruhenden 20x70 Fernglas besagen, dass Einzelsterne in M 36 und M 38 zu sehen sind und sich die Ringe um Saturn erahnen lassen. Ein 10x50 zeigt hier natürlich etwas weniger, jedoch sind mehr Details in M 44 und M 35 zu erkennen als im Freihandbetrieb. Der Körper ist in einer sehr entspannten Haltung, die Objekte bleiben lange im Gesichtsfeld. Die Sterne sind scharf ohne im Feld hin und her zu zittern, wodurch schwächere Sterne erreichbar werden. So lässt sich der Anblick des großen Orionnebels genießen.
Fazit Die einfache Holzhalterung ist sehr preiswert und schnell herstellbar, wobei nur ein geringer Werkzeugaufwand notwendig ist. Der Bau kann am heimischen Wohnzimmertisch gelingen. Der Gewinn an Beobachtungsqualität ist gewaltig.
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Tubuslüftung einmal anders...
von Oliver Schneider
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Vielleicht kennen Sie auch das Problem, mit dem ich mich schon seit dem Betrieb meines Hobbys Astrofotografie beschäftige: Die Temperaturanpassung meiner Sternwarte, insbesondere des Fernrohres an die Außentemperatur. Vor ein paar Wochen trat das Problem mal wieder deutlich zu Tage, als ich gegen 23 Uhr aus unserer Volkssternwarte in Bielefeld-Ubbedissen nach Hause kam. Als ich mich um 19 Uhr auf den Weg in unsere Volkssternwarte machte - zum wöchentlichen Treffen und Öffentlichkeitsarbeit - war der Himmel bedeckt. Die Wetteraussichten waren nicht gut. Als ich nun aber um 23 Uhr zurück aus unserer Volkssternwarte wieder zu Hause eintraf, zeigte sich trotz der ,,bedeckten" Wetterprognosen ein wunderbarer Sternenhimmel. Ich entschloss mich, trotz des Mondes an diesem Abend, noch ein paar Schmalbandfilter-Aufnahmen zu machen - halt mal wieder unsere altbekannte deutsche ,,Wolkenlückenastronomie". Als ich nun meine Sternwarte betrat, zeigte sich wieder das Problem: Die Temperatur innerhalb der Sternwarte und somit des Fernrohres war deutlich höher als die Außentemperatur. Ich habe in meiner Sternwarte im Bodenbereich Lüftungsgitter und im oberen Bereich an zwei Seiten größere Lüftungsklappen eingebaut, die immer geöffnet sind - außer im Winter bei Schneeankündigung. Diese ,,natürliche" Belüftung reicht aber nicht aus, wie sich auch jetzt wieder zeigte. Ich öffnete also mein Rolldach und begann nach kurzer Einrichtungszeit - dem Vorteil eines festen Standortes - mit dem Belichten der Einzelbilder. Nun passte sich aber in der Zwischenzeit durch das geöffnete Dach meine Sternwarte und auch der Tubus an die Umgebungstemperatur an. Dies hatte zur Folge, dass mein Fokuspunkt sich mit zunehmender Anpassung immer wieder veränderte und die Aufnahmen immer unschärfer wurden. Das bedeutet, dass
Von oben: Abb. 1: Außenlüftungsgitter
Abb. 2: angebrachter Lüftungsschlauch
Abb. 3: Tubusrückseite mit Schlauchanschluss
ich nach jeder Aufnahme nachfokussieren muss oder halt erst abwarten muss mit dem Belichten, bis die Temperatur angeglichen ist. Dadurch ist aber der Vorteil des festen Standortes und der kurzen Einrichtungszeit wieder dahin. Ich habe schon mehrere Versuche unternommen, das Problem in den Griff zu bekommen. Ich habe verschiede Rohrlüfter und Ventilatoren eingebaut, die aber zum einen über die Dauer ziemlich viel Strom verbrauchen und außerdem recht laut sind. Rohrlüfter aus dem Sanitärhandel sind auch recht teuer in der Anschaffung. Ein Raumklimagerät kommt für mich nicht in Frage, aus ökologischen Gesichtspunkten. Außerdem müsste man dann noch eine Temperaturdiffenzsteuerung haben, damit die derzeitige Außentemperatur automatisch am Raumklimagerät eingestellt wird. Eine Lösung, die aber auch recht teuer ist, ist der Einbau von solar betriebenen Lüftern. Diese haben den Vorteil, keinerlei Stromkosten zu produzieren. Ich verwende einen Robofokus mit Temperaturanpassung, aber damit komme ich auch nicht richtig klar. Ich habe fast nie den richtigen Fokuspunkt mit der Temperaturkompensation erreicht. Meine jetzige Lösung des Problems ist eine Idee von Josef Schäfer, dem ich an dieser Stelle nochmals danken will. Warum den ganzen Raum der Sternwarte anpassen, vielleicht reicht ja auch schon der Tubus mit Spiegel?
Meine Lösung: Ich habe dazu an eines meiner Außengitter im Bodenbereich (Abb. 1) von innen einen Lüftungsschlauch aus dem Sanitärhandel mit einem Übergangsstück angebracht. Diese Schläuche werden normalerweise für Dunstabzugshauben etc. verwendet. Ich habe einen Schlauchdurchmesser von 100mm gewählt. Der Schlauch ist nur in das Lüftungsgitter gesteckt und jederzeit herausziehbar (Abb. 2). An diesem Ende des Schlauches befindet sich ein selbstgebastelter Filter aus drei Lagen dünner Mullbinde, der die Staubteilchen herausfiltert. An der anderen Seite ist der Schlauch an den Lüfter meiner Newtonspiegelzelle angebracht (Abb. 3). Dies hat etwas Bastelei erfordert; aber es gibt Anschlussstücke, die man mit vier Schrauben anbringen kann und sich dementsprechend umbauen lassen. Der Lüfter
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ist ein alter PC-Lüfter und wird regelbar mit 12 Volt betrieben. Mein Tubus ist von hinten nach einer Idee von Mischa Schirmer mit Schaumstoff verschlossen, es besteht ein Spalt zwischen Hauptspiegel und Schaumstoff. Der PC-Lüfter saugt nun über den Schlauch direkt aus dem Außenbereich der Sternwarte Luft an und bläst diese durch ein zentrales Loch in der Spiegelzelle auf den Hauptspiegel. Die Luft läuft um den Spiegel herum und tritt vorn am Tubus aus. Zusätzlich habe ich noch vorn auf meine Tubusabdeckung einen zweiten PC-Lüfter aus dem PC-Schrott angebracht, der die Luft aus dem Tubus saugt (Abb. 4). Dieser wird vor der Beobachtung mit der Abdeckung entfernt. Diese beiden Lüfter werden über ein kleines 12-Volt-Schaltnetzteil (1000 mA) und über eine Zeitschaltuhr nun täglich angesteuert.
Die Lüfter selbst haben mit angegebenen 25 Kubikmeter pro Stunde Luftdurchlass einen ausreichenden Austausch der Luft im Tubus. Während der Beobachtung oder der Fotografie regle ich die Drehzahl des Spiegelzellenlüfters herab, um Schwingungen zu vermeiden. Der Schlauch ist sehr leicht beweglich, er bleibt immer am Fernrohr. Er behindert die Beobachtung
oder Fotografie nicht. Nur beim Durchschwenken der Montierung nehme ich ihn vom Lüftungsgitter ab.
Ich habe folgende Teile gebraucht: - 2 PC-Lüfter 80 mm (bei mir aus alten
PC-Netzteilen) - 1 Außengitter mit Durchführung - 1 Schlauch, 100 mm Durchmesser,
1,5 m lang - 2 Übergangsstücke Außengitter /
Lüfteranschluss - 1 Netzteil 12 Volt / 1000 mA und eine
Zeitschaltuhr (war beides vorhanden) Meine Kosten beliefen sich auf ca. 40,- E.
Erste Tests des Aufbaues haben gezeigt, dass ich von nun an keine Auskühlzeit des Tubus mehr benötige. Außerdem hat sich gezeigt, dass auch die Sternwarte selbst kühler geworden ist. Weitere Tests stehen in diese Richtung aber noch an.
Fazit Durch den verhältnismäßig kleinen Aufwand wird gewährleistet, dass der Tubus mit Hauptspiegel und auch die angebrachten Geräte wie Okularauszug, Fangspiegel etc. auf Außentemperatur gehalten werden und somit die Fokusdrift zu Beginn der Beobachtung nicht mehr
Abb. 4: vorderer Lüfter
vorhanden ist. Natürlich muss im Laufe der Nacht durch die Temperaturänderung immer noch nachfokussiert werden, aber die Fotografie kann nun mit Öffnen der Sternwarte sofort beginnen.
Der Blick ins All - Bau eines Dobson-Teleskops
von Elias Danner
Abb. 1: Das Oberteil
Abb. 2: Die Fangspiegelhalterung
- Teil 2 -
In der letzten Ausgabe vom VdS-Journal berichtete ich über die Herstellung der Optik, nun möchte ich die Mechanik des 8"-Dobson vorstellen. Nachdem ich mich für die GitterrohrBauweise entschieden hatte, ging es
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gleich an die Planung und Berechnung der Stangenkonstruktion. Da das Teleskop möglichst leicht, schwingungsarm und stabil werden sollte, verwendete ich nur Aluminium und schichtverleimtes Multiplex-Holz aus Birke und Kiefer. Desweiteren verwendete ich Teflon und Ebony-Star aus den USA. Alles - bis auf Okularauszug und Sucher - ist Eigenbau. Das Oberteil, welches den Sekundärspiegel und den Okularauszug beherbergt, sollte relativ leicht sein, damit der Schwerpunkt nicht zu hoch kommt. Ich baute das Ganze aus zwei 10 mm starken KieferMultiplexringen, die mit 2-mm-Flugzeug-
Abb. 3: Die Stangenhalterungen
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sperrholz beplankt wurden. Für die nötige Stabilität setzte ich zwischen die Ringe zusätzlich Aluminium-Rechteckprofile. Die Ringe haben außerdem Aussparungen für das Okularbrett bekommen, an dem der Okularauszug befestigt wird. Für die Fangspiegelspinne verwendete ich - wie Reiner Vogel - vier 0,8-mm-Federstahldrähte, die ich passend bog und mit Hilfe von durchbohrten M4-Gewindeschrauben an den Oberteil-Ringen befestigte. Da sich dies im losen Zustand als sehr schwierig herausstellte, fixierte ich alles exakt auf einem Brett, spannte die Drähte und bekam so die genaue Montage zustande. Für die Fangspiegelhalterung sägte ich ein passendes Rohr aus Aluminium zu, schliff einen Winkel zurecht, auf den der Spiegel geklebt wurde und befestigte das Ganze aneinander. Damit man den Winkel, den ich auf 40 Grad vorgebogen habe, auch fein ver-
Abb. 5: Die Rückseite der Spiegelzelle
Abb. 4: Das Unterteil mit angebrachter Lüftersteuerung und Akku
stellen kann, schnitt ich ein M4-Gewinde in die obere Platte des Winkels und kann so mit einer Schraube, die auf das untere Winkelteil drückt, den Winkel verstellen. Ebenfalls verstellbar sind die Richtung des Spiegels zum Okularbrett, sowie die Höhe, in der der Fangspiegel im Hut sitzt. Der Fangspiegel selbst wird mit drei Silikontropfen auf der einen Winkelseite aufgeklebt.
Abb. 6: Die Justierung der Spiegelzelle im Unterteil
Ich bekam die acht Stangen für den Gitterrohrtubus mit 18 mm Außendurchmesser und einer Wandstärke von 2 mm vom lokalen Metallgroßhändler, der sie mir auch passend auf 90 cm ablängte. Die obere Stangenhalterung habe ich wie Reiner
Abb. 7: Die Höhenräder
Abb. 8: Die Rockerbox
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Abb. 9: Das Bodendreieck
Abb. 10: Die Steuerbox
Vogel realisiert, indem ich die Stangen jeweils paarweise in einem Aluwinkel fasste und den Winkel dann mittels Fahrradschnellspannern am unteren Ring des Oberteils befestigte. So lässt sich der Hut schnell und problemlos von den Stangen trennen, wobei die Verbindung trotzdem stabil ist. Die Befestigung der Stangen am Unterteil war wesentlich komplizierter, da mir nur sehr wenig Platz zur Verfügung stand. Deswegen stellte ich mit fachmännischer Hilfe kleine Buchenholzklötzchen her, die an einer Seite geschlitzt waren, und jeweils ein Rohr klemmen können. Damit sie so weit wie möglich in den Ecken der Spiegelkiste verschwinden, habe ich sie an der Schleifmaschine angeschliffen, so dass sie sich mit Hilfe von Schlossschrauben gut in den Ecken befestigen ließen.
Das Unterteil besteht aus 12 mm starkem Birke-Multiplex mit den Maßen 30x32 cm und wurde an den Kanten verschraubt. Zur Stabilisierung setzte ich noch eine Blende aus Holz und Plexiglas in die Kiste ein, die natürlich eine Aussparung für
VdS-Journal Nr. 28
den Hauptspiegel besitzt.
Ober- und Unterteil sollten
so gebaut werden, dass sie
ineinander verstaubar sind,
was durch die sorgfältige
Planung gut gelang.
Bei der Spiegelzelle ent-
schied ich mich für eine
Alukonstruktion, da dies
für mich am besten zu
verwirklichen war. So
besorgte ich wiederum Alu-
miniumprofile, die ich so
auf Gehrung sägte, dass sie
ein gleichseitiges Dreieck
bildeten, welches ich mittels
Blindnieten (sehr empfeh-
lenswert) zusammen nietete.
Auf den drei Dreiecksseiten
befestigte ich aus Alu-
minium-U-Profilen frei
lagernde Wippen, auf deren
Auflagepunkten der Spiegel
liegt. Damit die Zelle frei
justiert werden kann, muss-
te ich mittels starker Federn
und drei Zugschrauben
die Beweglichkeit der
Spiegelzelle herstellen, an
denen der Spiegel in der
Zelle nun justiert werden Abb. 11:
kann. Die Spiegelzelle selbst Das fertige Teleskop ,,Piak"
hängt an drei Klötzchen im
Unterteil.
Ich wählte den Durchmesser der Höhen- große Anti-Vibrations-Lüfter ein, die schon
räder so groß, dass sie gerade noch in mit geringer Drehzahl viel Luft transpor-
der Spiegelkiste verstaut werden können. tieren. So können störende Nebeneffekte
So fräste ich mit Hilfe einer Oberfräse vermieden werden. Die Elektronik hierfür
aus 15-mm-Multiplex einen Kreis mit 30 habe ich in eine Aluminium-Box gebaut
cm Durchmesser aus und sägte diesen - die als kleine Zugabe - die aktuelle
wiederum in zwei Teile. Um eine gute Temperatur in rotem Licht anzeigen
Gleitfähigkeit zu erreichen, beschichte- kann. Sie ist abnehmbar und verfügt über
te ich die Gleitflächen der Höhenräder Anschlüsse, an die die Lüfter angeschlos-
mit Ebony-Star und lasse sie nun auf sen werden.
Teflonstücken laufen.
Fazit
Die Rockerbox besteht aus 15 mm star- Das Teleskop, welches ich später auf den
kem Birke-Multiplex, welches vorher Namen ,,Piak" taufte, konnte ich nach
exakt an die Schwerpunktlage angepasst einer Arbeitszeit von zwei Jahren zur
und verschraubt wurde. Nach ein paar Einsatzfähigkeit bringen. Seitdem werde ich
Korrekturen war das Teleskop dann richtig mit jedem Blick zum Sternhimmel für die
austariert. Das Horizontallager habe ich Arbeit belohnt, denn jeder Teleskopbauer
wie die Spiegelzelle als Aluminiumdreieck wird das Gefühl kennen: Der Blick durch
realisiert und ebenfalls wie die Höhenräder das selbstgebaute Teleskop ist einzigartig.
mit Ebony-Star als Gegenstück zum
Teflonboden der Rockerbox versehen.
Weitere Informationen zu diesem
Als kleines Extra habe ich den Hauptspiegel Teleskopbauprojekt finden Sie unter
von unten belüftet sowie eine Seitenlüftung www.photohead.org
über den Spiegel quer durch das Unterteil
angebracht. Da das Ganze möglichst
schwingungsarm sein sollte, baute ich zwei
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VdS-Fachgruppe Astrofotografie - drei nicht alltägliche Dinge
von Peter Riepe
1. Eine nicht alltägliche Anfrage Klar, die FG Astrofotografie ist eine Anlaufstation für Ratsuchende! Die Fachgruppenmitglieder sind auf unserer Homepage http://astrofotografie.fg-vds.de/ vorgestellt, jeder kann sie kontaktieren. So kommen nach wie vor Mails mit Anfragen zu Objekten, fotografischen Techniken und zur Bildbearbeitung. Dabei gibt es hin und wieder auch Anfragen, die selbst ein altgedientes Fachgruppenmitglied wie mich in ungläubiges Staunen versetzen. So trudelte kürzlich ein Deep-Sky-Foto ein (Abb. 1), verbunden mit folgender Anfrage:
der Astroliteratur herausgesucht hat. So gelangt man an die Koordinaten und kann das Objekt einstellen. Natürlich lässt sich ein Objekt auch ohne Koordinaten auffinden, z. B. mit ,,Starhopping" nach einer weitwinkeligen Bildvorlage.
Zur Beantwortung. Meine erste Idee war: Schaue in den Tirion-Himmelsatlas, was du bei RA = 00 h 30 min und DEK = +31 Grad 00´ eingezeichnet vorfindest. Fehlanzeige - nördlich des Sterns 28 And gibt es kein Deep-Sky-Objekt, das mit dem aus Abb. 1 Ähnlichkeit hätte.
baren Objektdurchmesser abzuschätzen. Wurde das Bild mit einer Brennweite von 100 oder 2000 mm aufgenommen? Hat das Objekt 2 oder 20 Bogenminuten Ausdehnung? Ferner: Handelt es sich um einen auffälligen, hellen Haufen oder um einen lange belichteten, schwachen? Welche scheinbaren Helligkeiten haben die hellsten Sterne im Feld, 5 mag oder 10 mag? Kann man sie auf einer Sternkarte identifizieren? Fleißarbeit war angesagt. Zunächst wollte ich mit der Suche nach den Messier-Kugelhaufen starten, danach mit denen aus dem NGC-Katalog. Ich zog
Hallo, ich hab vor ein paar Tagen etwas fotografiert, von dem ich nicht genau weiß, was es eigentlich ist. Handelt es sich dabei um IC24? Datum: 30.08.2008 Uhrzeit: 22:27 DEC: ca. 31 Grad (ich denke mal +31 Grad ) RA: ca. 30 Minuten
Genauere Angaben kann ich leider nicht machen, da das Teleskop keine elektronischen Teilkreise o.ä. besitzt.
Gruß, Sternfreund
Abb. 1: Anonymes Objekt ohne Angabe der Aufnahmedaten.
Keine Bange, der Anfragende soll hier nicht bespöttelt werden. Vielmehr geht es um das Aufzeigen einer Systematik bei der Astrofotografie, die bei unserem Sternfreund noch verbessert werden kann. Zunächst einmal, wie bereitet er seine Astroaufnahme vor? Sucht er am Himmel nach auffälligen Objekten, die dann mit einer Kamera abgelichtet werden? Das kann man so machen, aber dann sollte man sich die Position anhand benachbarter Sterne merken und das Objekt später über ein Tabellenbuch oder Himmelskarten identifizieren. Seine Frage zeigt ja - er will wissen, was er aufgenommen hat. Der übliche Weg ist sicherlich, sich ein Wunschobjekt vorzunehmen, das man aus Beobachtungshinweisen oder aus
Auch im weiteren Umkreis gab es keinen Erfolg. So nahm ich mir meinen Sky Catalogue 2000 vor. Wo liegt IC 24? Ist es ein offener Sternhaufen, wie man gemäß der Bildvorlage vermuten könnte? Nichts gefunden. Ist es ein Kugelsternhaufen? Durchaus möglich, aber IC 24 ist nicht unter den Kugelsternhaufen. Gibt es IC 24 überhaupt? Nach kurzer Suche in der Datenbank SIMBAD stellte ich fest: negativ. Wie kam der Ratsuchende überhaupt auf diese nicht existente Katalognummer? Von der Struktur her müsste es ja eigentlich ein Kugelsternhaufen sein. Da aber weder Daten zur Aufnahmeoptik noch zur Kamera geschweige denn zu den Belichtungszeiten vorlagen, wurde es schwierig. Es gab keinerlei Anhaltspunkt, um den schein-
wieder SIMBAD zurate und begann mit M 2. Der Aufruf des POSS-Bildes von 12,9´ x 12,9´ brachte keine Ähnlichkeit zutage! Weiter mit M 3, M 5 usw. Es verging schon einige Zeit, bis dann endlich M 56 im Sternbild Lyra an der Reihe war. Hier fiel mir auf, dass die kleinen Sterne auf 3 Uhr und 7 Uhr mit dem dazwischen liegenden doppelten Stern in Abb. 1 eine Ähnlichkeit zum POSS-Bild aufwiesen. Nur, die Orientierung war anders - eine andere Winkellage - und außerdem spiegelverkehrt. Die richtigen Koordinaten 2000 sind RA = 19 h 16,6 min und Dek = +30 Grad 11´. Die Deklination hatte der Sternfreund passabel einigeschätzt. Aber die Rektaszension? Ob er eventuell seinen damaligen Stundenwinkel gemeint hat?
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Abb. 2: POSS-Bild des Kugelsternhaufens M 56. Bildkante 12,9´ Länge.
2. Nicht alltäglich und provokant! Wir alle kennen das große Problem der Bildbearbeitung: Das Herausarbeiten schwacher Details in Deep-Sky-Aufnahmen, z.B. Halos von Planetarischen Nebeln, Lichtbrücken bei wechselwirkenden Galaxien oder Strukturen in lichtschwachen HII-Regionen. Erst mehr oder weniger starke Kontrastanhebungen sorgen für eine deutliche Wiedergabe. Ist das in Ordnung? Nein, denn bei allen nichtlinearen Bildbearbeitungen werden die hellen Objekte im Bild vergewaltigt! Inzwischen sehen wir das schon als ,,normal" (weil scheinbar) unvermeidbar an! Ein Vergleich zwischen Abb. 3a und 3b macht klar, was falsch ist. Die hellen Sterne sind ausgebrannt, in ihren Zentren weiß. Ein blauer O-Stern muss aber überall blau sein, er ist nicht nur am Rand ein O-Stern und im Zentrum ein weißer G-Stern! Entsprechend muss ein orangefarbener K-Stern überall orange sein. Warum diese Fehler mit Kopfnicken akzeptieren und auf die verlorenen Farbinformationen in den Intensitätsspitzen verzichten??? Hier gibt es eine Lösung, die demnächst über die FG Astrofotografie vorgestellt wird.
3. Nichtalltäglicher Besuch Drei der sechs Mitglieder der Sternwarte Melle sind Mitglieder der Fachgruppe Astrofotografie. Insofern haben wir uns ganz besonders über einen Besuch gefreut, der schon lange vorgesehen war. Dr. Jürgen Schulz, Leiter der Sternwarte Kirchheim, machte mit Vereinskollegen, Ehefrauen und Kindern einen Besuch bei uns in
VdS-Journal Nr. 28
Abb. 3a, b: Detailausschnitt, an dem ein Dilemma deutlich wird: a) Warum lassen wir bei der Bildbearbeitung die Farbinformationen in den hellen Objektbereichen verloren gehen? b) Wieso kann das Bild nach einer Kontrastanhebung nicht so aussehen?
Melle (Abb. 4 und 5). So war endlich einmal genügend Zeit, fachliche Fragen zur Teleskoptechnik vor Ort auszutauschen und zu diskutieren. Die Kirchheimer brachten nach heftigem Regen während des Tages schönes Hochdruckwetter zum Abend mit. So konnten wir trotz des Vollmondes einige Deep-Sky-Objekte beobachten: zuerst die Planetarischen Nebel NGC 6826 und NGC 7662 mit ihren Zentralsternen von 10,4 bzw. 13,2 mag, danach den Kugelsternhaufen M 15. Alles erfolgte bei 357-facher Vergrößerung (3,1 mm Austrittspupille).
Abb. 4: Kirchheimer Besuch in Melle am 13.09.2008.
Abb. 5: Beobachtungen am Meller 1,12-m-Newton.
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10 Tipps für den Webcam-Anfänger.
Teil 1: Die ersten fünf Tipps
von Bernd Gährken
Die digitale Technik hat die chemische Fotografie heute weitgehend abgelöst. Dies gilt im besonderen Maße für die Astronomie. Für die Planetenfotografie werden zurzeit meist preiswerte Webcams verwendet. Für den Anfänger gibt es einige Stolpersteine bis zum ersten erfolgreichen Webcambild. Oft helfen schon ein paar einfache Tricks, die Ergebnisse wesentlich zu verbessern.
Tipp 1 Die richtige Hardware Die erste Frage, die sich stellt, ist die Frage nach der richtigen Kamera. Am Markt gibt es Hunderte von Modellen, von denen jedoch nur wenige astrotauglich sind. Am besten wendet man sich an die bekannten Astrohändler. Dort sind die gängigen Varianten am Lager. Die meistverkauften Kameras kommen von der Firma Philips. Die Modelle 740, 840 und SPC900 verfügen über einen echten CCD-Chip, während bei einfacheren Modellen oft nur ein stärker rauschender CMOS-Sensor eingebaut ist. Momentan wird nur noch die SPC900 hergestellt, doch die 740er und 840er Baureihe ist gebraucht noch bei Ebay erhältlich. Das Objektiv der PhilipsKameras kann herausgeschraubt werden. Bei der SPC900 ist das Objektiv zusätzlich mit einem Spannring gesichert, der zuvor mit etwas Kraft herausgezogen werden muss. Für das frei werdende Gewinde bietet der Handel Adapter auf das Format der gängigen Okularhülsen von 1,25 und 2 Zoll. Beide Adapter haben innen liegend ein Gewinde für IR-Sperrfilter. Die Anschaffung eines IR-Sperrfilters ist unbedingt zu empfehlen. Alle Linsenoptiken haben im IR einen anderen Brennpunkt als im visuellen Spektralbereich. Die CCDChips sind im IR sehr empfindlich, so dass ohne Filter die Bildschärfe sichtbar leidet. Zudem besitzt auch unsere Atmosphäre im IR eine starke Refraktion. Beim zurzeit horizontnahen Jupiter ist der Filtereinsatz daher auch bei der Verwendung einer reinen Spiegeloptik sinnvoll.
Tipp 2 Die richtige Software Zur Aufnahme ist jeder PC mit USBAnschluss geeignet. Als Aufnahmesoftware kann man die auf der CD mitgelieferten Programme oder das kostenlose Giotto
verwenden. Das mitgelieferte Programm ´Vrecord´ muss installiert werden, bevor die Kamera in den PC gestöpselt wird! Bei den neueren Webcams wird als Speicherformat standardmäßig MPEG angeboten. Um Artefakte zu vermeiden, sollte jedoch ein AVI-Format mit einem verlustfreien Codec verwendet werden. Die Aufnahme erfolgt in Form kleiner Filme. Beim schnell rotierenden Jupiter sollte die Aufnahmedauer 2 min nicht überschreiten, da sonst schon Bewegungsunschärfe zu sehen ist. Bei diesem Objekt ist daher die Bildanzahl auf etwa 2500 beschränkt. Giotto ist neben Registax das meistgenutzte Bildverarbeitungsprogramm. Anleitungen zur Verwendung finden sich im Internet. Es gibt zu dem Thema mittlerweile auch empfehlenswerte Bücher. So zum Beispiel ,,Astrofotografie digital" von Stefan Seip und das ,,Praxisbuch der Astronomie mit dem PC" von Steffen Brückner.
Tipp 3 Die richtige Brennweite Wer beim ersten Versuch die Kamera direkt in den Okularauszug steckt, erhält zunächst enttäuschende Ergebnisse. Die Planeten sind nur winzige Scheibchen, auf denen kaum etwas zu erkennen ist. Um die Leistungsfähigkeit der Kamera voll auszuspielen, wird eine höhere Brennweite benötigt. Entscheidend sind dabei das Auflösungsvermögen der Optik und das Nyquist-Kriterium. Das theoretische Auflösungsvermögen (A) der Optik lässt sich aus dem Objektivdurchmesser herleiten. Es gilt die Faustformel: A = 120" dividiert durch den Optikdurchmesser in mm. Ein 8-Zoll-Spiegelteleskop liefert demnach 120" / 203 = 0,6 Bogensekunden.
Das Nyquist-Kriterium besagt, dass pro Struktureinheit mindestens 2 Pixel benötigt werden, um alle Details aufzulösen. Dies wären in unserem Rechenbeispiel 2 Pixel / 0,6 Bogensekunden = 3,3 Pixel pro Bogensekunde. Ein 40 Bogensekunden
Abb. 3 (rechts): Philips SPC 900 mit 2-Zoll/T2-Adapter hinter einem 200-mm-Teleobjektiv mit M42Anschluss. Durch den winzigen WebcamChip entspricht das Gesichtsfeld etwa einer Brennweite von 2 m im Kleinbildformat.
Abb. 1: Das klassische Kombipack für den Webcam-Einsteiger: Philips SPC 900 mit IR-Sperrfilter, 1,25-Zoll-Adapter und Barlowlinse.
Abb. 2: Webcam mit 2-Zoll/T2-Adapter und variablem Projektions- und Fokaladapter. Der 2-Zoll/T2-Adapter hat ein innenliegendes 1,25-Zoll-Filtergewinde, so dass mit einem 1,25-Zoll-IR-Sperrfilter gearbeitet werden kann.
VdS-Journal Nr. 28
42 A S T R O F O T O G R A F I E
großes Jupiterscheibchen sollte mit einem 8-Zöller mindestens auf einem Feld mit 132 Pixeln Durchmesser fotografiert werden. Der Chip der Philips-Kameras besitzt bei 3,6 mm x 2,7 mm Kantenlänge 640 x 480 Pixel. Jupiter sollte demnach auf dem Chip mit 0,75 mm Durchmesser abgebildet werden. Dies entspricht einer Brennweite von etwa 3,9 Metern oder einem Öffnungsverhältnis von etwa 1:20. In der Praxis haben sich Öffnungsverhältnisse von ca. 1:30 als optimal erwiesen. Dies liegt daran, dass die verwendeten Farbchips nicht die volle Auflösung eines Schwarz-WeißChips besitzen. Allerdings sollte sich die Brennweite auch nach dem Seeing und der Helligkeit des Objekts richten. Der lichtschwache Saturn ist besser mit 1:20 aufzunehmen, während der helle Mars bei Top-Seeing auch schon einmal 1:40 vertragen kann. Es wird also eine Möglichkeit benötigt, die Brennweite flexibel zu steuern. Optisch exzellent ist der BaaderFlatfieldkonverter. Günstige Alternativen bieten sich durch die Verwendung von Barlowlinsen oder die Okularprojektion (Abb.1). Die bereits aus der konventionellen Technik bekannten T2-Lösungen lassen sich für die Webcam wiederverwenden, wenn zum Anschluss der Kamera nicht ein 1,25-Zoll-Adapter sondern ein 2-Zoll-Adapter angeschafft wird. Der 2-Zoll-Adapter hat auf der Innenseite ein T2-Gewinde, das direkt auf das vorhandene Equipment geschraubt werden kann (Abb.2). Zudem lassen sich mit der 2-Zoll/ T2-Variante auch alte M42-Foto-Objektive für die Webcam reaktivieren. Die Steigung des T2-Gewindes ist zwar anders als bei M42, doch auf einem Gewindegang lässt sich die Kamera doch befestigen (Abb. 3).
Da die Webcams nur wenige Gramm wiegen, stellen sie keine Belastung dar. Bei Mondfinsternissen lassen sich mit Fotooptiken zwischen 200 und 300 mm Brennweite sehr gute Resultate erzielen. Für die bei der Planetenfotografie notwendigen Öffnungsverhältnisse um 1:30 sind die klassischen 2-fachen Barlowlinsen meist nicht ausreichend. Gelegentlich ist von Amateuren zu lesen, die mehrere Barlowlinsen hintereinander setzen. Dies ist unnötig! Besser ist es, den Projektionsabstand einer Linse mit einer Verlängerungshülse zu vergrößern. Wer bereits mehrere Barlowlinsen besitzt, sollte schauen, ob sich die Linsen einfach herausdrehen lassen. Bei den preiswerten Modellen aus China sind Linsen und Hülsen oft separate Bauteile, die auch einzeln verwendet werden können. Sehr
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flexibel ist man mit einem klassischen ,,variablen Projektions- und Fokaladapter". Damit kann man wie bei einem alten Balgengerät den Projektionsabstand stufenlos einstellen. Der frontseitige 1,25-ZollAnschluss erlaubt die Verwendung einer Barlowlinse. Auseinandergeschraubt kann die Barlowlinse auch in den Adapter hineingeschoben werden. Alternativ kann man die Barlowlinse auch ganz weglassen und direkt mit Okularprojektion arbeiten. Allerdings werden gute Projektionsokulare und ausreichend Fokusweg benötigt. Am Newton funktioniert diese Variante oft nicht. Der ,,variable Projektions- und Fokaladapter" hat rückseitig ein T2-Gewinde, so dass zwingend ein 2-Zoll-T2-Webcamadapter verwendet werden muss.
Tipp 4 Sonnenfotografie Bei der Sonnenfotografie sind ein paar Besonderheiten zu beachten. Das Gehäuse der Webcams ist nicht lichtdicht. Wird der Kunststoff direktem Sonnenlicht ausgesetzt, so kommt es zu Streulicht, das den Kontrast deutlich mindern kann. Es ist daher sinnvoll, die Webcam abzudecken. Eine genial einfache Methode ist es, sie in Alufolie einzuwickeln.
Gerade bei der Sonnenfotografie sind auf dem Chip liegende Staubkörner besonders störend. Während sich bei den kleinen Planeten meist ein staubfreies Eckchen findet, kann dies bei einer großen Fleckengruppe schwierig werden. Zum Glück bietet sich mit einem Flatfield eine gute Lösung. Mit den identischen Einstellungen aus der Objektaufnahme wird ein fleckenloses Sonnengebiet angefahren, das Bild unscharf gestellt und eine weitere Bildserie belichtet. Das Additionsergebnis aus dieser Serie wird später bei der Addition der Objektbilder als Flatfield hinterlegt.
Tipp 5 Reinigung der Webcam Der sich auf dem Chip sammelnde Staub ist oft nicht einfach zu erkennen. Vom Dreck auf Okularen und Filtern lässt er sich jedoch durch ein Drehen der Kamera unterscheiden. Schmutz im optischen System ändert auf dem Bildschirm seine Position, der Staub in der Kamera bewegt sich nicht.
Auch das Öffnungsverhältnis spielt eine Rolle. Bis 1:8 gibt es selten Probleme. Erst ab 1:20 werden die Krümel deutlich sichtbar. Dies liegt daran, dass nur bei hohen Brennweiten die Lichtstrahlen aus-
reichend parallel sind, um die nur wenige Mikrometer großen Partikel von der Quarzschutzschicht bis auf den Chip zu projizieren.
Der im Adapter sitzende IR-Sperrfilter bietet einen guten Schutz gegen Verstaubung. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen lassen sich erfahrungsgemäß einzelne Staubkörner auf dem Chip nicht dauerhaft verhindern. Zur Reinigung gibt es unterschiedliche Methoden. Beschädigungen sind dabei kaum zu befürchten, da der Chip und seine Kontakte durch eine Glasplatte geschützt sind. Bestens bewährt hat sich der im Foto- und Astrohandel erhältliche Speckgrabber. Es handelt sich um einen kleinen Stift, der frontseitig mit winzigen, klebrigen Mikrofasern besetzt ist. Damit lassen sich Verschmutzungen sicher und schonend beseitigen. Auch bei den Chips größerer Spiegelreflexkameras hat sich der Speckgrabber als sehr brauchbar erwiesen. Ein Speckgrabber kostet ca. 10 Euro. Noch billiger ist die Verwendung von Tesafilm. Dazu schneidet man einen kleinen Klebestreifen so zurecht, dass er passend auf den Webcam-Chip gedrückt und wieder abgezogen werden kann. Da der Film nicht immer an allen Stellen gleich gut haftet, ist die Prozedur mehrfach zu wiederholen. Dabei ist darauf zu achten, dass der genutzte Klebebereich nicht zuvor mit dem Finger berührt worden ist. Leider ist nicht jede Filmrolle gleich gut geeignet. Manchmal kommt es zu Ablösungen der Klebeschicht, was die Situation sogar noch verschlechtern kann. Es ist daher empfehlenswert, das Material vor dem Einsatz an einem Fenster oder Spiegel zu testen und mit einer guten Lupe genauestens nach Kleberesten zu untersuchen.
Literatur: - Steffen Brückner: Praxisbuch der Astronomie
mit dem PC, Data-Becker-Verlag, ISBN 3815825555 - Stefan Seip: Astrofotografie digital, KosmosVerlag, ISBN 3440104265
Links zu Giotto: - http://www.videoastronomy.org/ - http://silvia-kowollik.de/astro/webcam/giotto.
htm - http://www.quickastro.de/
Homepage des Autors: http://www.astrode.de/webcamtipps.htm
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Ethik in der Astrofotografie
von Jochem Berlemann
Einleitung In den ersten Jahren der Fotografie (1825 1890) galt ein Foto als ein Dokument, ein unbestechliches Abbild der Wirklichkeit. Auch bei den Astronomen wurde die Fotografie um 1880 als eine große Hoffnung gesehen ,,... visuelle Dokumente herzustellen, die es ihnen ermöglichen würden, den sichtbaren Himmel mit mathematischer Präzision zu beschreiben ..." [1]. ,,Der Triumphzug der Fotografie in die Observatorien war eine Technik, so schien es, ... gepaart mit der Entwicklung mechanischer Druckmethoden, ... die eine von Ansichten und Intervention unabhängige Vervielfältigung versprach." Leider wurde daraus nichts: ,,Fotografien sollten zwar realistische und von menschlicher Hand unberührte Bilder sein, technische Schwierigkeiten verhinderten jedoch, dass sie vollständig von Maschinen wiedergegeben werden konnten" [1]. Briefwechsel aus den Archiven des Lick-Observatoriums mit diversen Druckereien in New York, Chicago und Kalifornien enthüllen, dass ,,Bildnisse geboren wurden und in Säurebädern und unter dem Werkzeug des Retuschierers starben". Graveure ver-
suchten ihr Bestes, ,,schöne" Bilder zu machen, auf Kosten der Realität. 1908 versuchten z.B. Graveure der Photogravur & Color Company in einer Tafel des Orion-Nebels die Sterne hervorzuheben. Der Direktor des Observatoriums - W. W. Campbell - ,,war rasend vor Wut". So hat auch damals schon die Wissenschaftlichkeit gegen die Ästhetik gekämpft. Der Einzug der digitalen Fotografie in die Astronomie war sicher einer der großen Meilensteine, der Manipulation wurde hierdurch jedoch Tür und Tor geöffnet. In diesem Beitrag soll diskutiert werden, was heute der Maßstab in der digitalen Astrofotografie für Naturgetreue und Wissenschaftlichkeit sein sollte, was man bei der Verwendung der heute häufig verwendeten DSLR-Kameras vermeiden sollte, welche Schwierigkeiten sich speziell beim Einsatz dieser Kameras auftun und wie man sie umgehen kann.
Richtlinien Es sollten alle Verfahren und Techniken erlaubt sein, die eine naturgetreue Abbildung ermöglichen. Naturgetreu heißt, wie das menschliche Auge es sehen würde, wenn es empfindlicher wäre.
Dieses gilt für - die Orientierung (Zenit oben, nicht
gespiegelt) - scheinbare Helligkeiten der Sterne
untereinander korrekt - Farbton der Sterne gemäß Strahlungs-
klasse (Farbe eines Temperaturstrahlers)
Da schwächere Objekte, wie Nebel und Galaxien sonst nicht sichtbar wären und die Dynamik der Technik begrenzt ist, dürfen solche Objekte gegenüber den Sternen während der Postproduktion in der Helligkeit angehoben werden.
Erlaubt sind - Beseitigung von Gerätefehlern, wie
Vignettierung und Chiprauschen durch Flats und Darks - Beseitigung von Himmelsrauschen durch Mehrfachbelichtungen - Beseitigung von Lichtverschmutzung durch lineare Operationen
Nicht erlaubt sind - Änderung der scheinbaren Helligkeiten
der Sterne untereinander - Änderung des Farbtons der
Abb. 1: Kennlinie der EOS 350Da mit einem Flatfield-Aufbau. Auf der Abszisse ist die Belichtungszeit aufgetragen, auf der Ordinate die echten ADU-Werte bei Canon-RAWs mit 12 bit Auflösung (die Photoshop-Werte der Infopalette sind durch 8 zu teilen, da Photoshop intern im 16-bitModus mit 15 bit rechnet, d.h. angezeigter Maximalwert = 32768 entspricht 4096); ISO 800/30 Grad ; Offset im Nullpunkt durch fehlenden Dark-Abzug.
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Abb. 2: Qualitativer Verlauf in ,,Curves" zur Linearisierung der Kennlinie.
As t r o f o t o g r a f i e 45
Abb. 3: NGC 1499, aufgenommen mit Takahashi FSQ 106 und Canon EOS 350Da. Belichtungszeit 10 x 240 s bei ISO 800/30 Grad . Dark- und Flat-Abzug sowie SigmaCombined in REGIM, Nachbearbeitung in Photoshop.
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46 A S T R O F O T O G R A F I E
Sterne gegenüber der natürlichen Wahrnehmung - nichtlineare Operationen und übermäßige digitale Nachbearbeitung, die Artefakte hervorrufen (Artefakt: Gegenstand, der im Gegensatz zur Naturalie seine Form durch menschliche Einwirkung erhielt).
Praktische Probleme bei DSLRKameras Das Hauptproblem in der Astrofotografie ist die Nichtlinearität der häufig verwendeten DSLR-Kameras wie z.B. der Canon EOS 350D, der begrenzte Dynamikbereich, das Fehlen von Blooming als Warnzeichen von Übersteuerung bei solchen Kameras sowie die verlockenden Möglichkeiten in der digitalen Nachbearbeitung, ,,die Regler noch etwas aufzudrehen", damit das Bild schöner wird. Bei der Verwendung des empfehlenswerten RAW-Formats ergibt sich das Problem der fehlenden Referenz im Farbton - speziell beim Austausch des Originalfilters, da die Bilder der BayerMatrix ohne automatischen Weißabgleich gespeichert werden.
Fehlende Dynamik Bild 1 zeigt die Helligkeits-Kennlinie einer EOS 350D im RAW-Modus mit einer Auflösung von 12 bit pro Kanal. Gewarnt sei hier vor einer Verwendung des JPG-Formats, hier verschenkt man durch die geringe Auflösung von 8 Bit pro Kanal viel Dynamik. Tabelle 1 zeigt den großen Vorteil, bei DSLR-Kameras das RAW-Format zu nutzen. Außer dem erheblich umfangreicheren Dynamikbereich entfallen die JPG-Artefakte und der automatische, jedoch ,,fremdbestimmte" Weißabgleich. Wenn während der Aufnahme Sättigungseffekte auftreten, kann man diese nicht mehr korrigieren. Bild 3 sieht erst einmal nicht schlecht aus. Bei einer Vergrößerung sieht man jedoch im Bild 4a, dass die hellen Sterne bereits durch die lange Belichtungszeit in der Sättigung sind, da für die korrekte Belichtung des Nebels die Belichtungszeit zu hoch angesetzt war: - der Helligkeitswert ist am Grenzwert
(255/255/255) - der Farbton ist im Kern weiß, die Farbe
ist nur noch als Hof zu sehen.
Fast alle Aufnahmen werden dann in der Nachbearbeitung durch zu intensive Anwendung von ,,Curves" und ,,Levels" in Photoshop weiter verdorben (Bild 4b). Hinzu kommt, dass durch längere
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Abb. 4: a) leicht gesättigte Aufnahme, b) nach der Bearbeitung in Photoshop, c) 120 s Belichtungszeit, d) 240 s Belichtungszeit.
Belichtungszeiten der Durchmesser der von kurzen Brennweiten unter 800 mm, da
hellen Sterne vergrößert wird, was eine hier häufig ein zu heller Stern im Blickfeld
nachträgliche Korrektur erschwert. Bild ist, der Blooming-Effekte zeigt. Hilfreich
4c zeigt eine Aufnahme mit 120 s, Bild sind lange Brennweiten, die Vermeidung
4d mit 240 s Belichtungszeit. Deutlich von zu hellen Sternen durch einen geeig-
erkennt man im rechten Bild die ver- neten Ausschnitt sowie die Verwendung
größerten Sterndurchmesser durch die von Schmalbandfiltern (z.B. H-Alpha).
Sättigung des Chips, aber auch das gerin-
gere Hintergrundrauschen.
Bei DSLR-Kameras gibt es 3 Maßnahmen,
Bei NABG-CCD-Kameras (NABG die Sättigungseffekte zu verringern:
= non-Antiblooming) kann das bei der 1. Statt weniger ,,tiefer" Aufnahmen sollte
Aufnahme nicht passieren. Die Kennlinien
man viele Aufnahmen mit kürzeren
dieser Kameras
sind linear (Bild 5),
eine Übersteuerung
zeigt sich sofort als
Blooming (Bild 6).
Nach Veröffentlichung
in [2] haben auch
ABG-CCD-Kameras
ein lineares Verhalten
im Arbeitsbereich
bis ca. 80 - 90% der
Maximalamplitude,
das Blooming als
Warnzeichen fehlt
jedoch hier auch. Bei
NABG-Kameras kann
man bis zum Blooming
der hellsten Sterne Abb. 5:
bedenkenlos belich- Kennlinie der ST-10XE, aufgenommen mit Flatfield-Aufbau und
ten. Schwierigkeiten H-Alpha-Filter. Ab ca. 52000 ADU setzt Blooming ein, da die ,,Full-
ergeben sich dabei Well-Capacity" von 77000 e- (und 1,5 e- pro ADU-Wert) den linearen
bei der Verwendung Bereich begrenzt, nicht der ADU.
A S T R O F O T O G R A F I E 47
Belichtungszeiten machen und stacken (d.h. addieren). 2. Die unerwünschten Effekte der Nachbearbeitung kann man umgehen, indem man die Sterne im Bild vor der Bearbeitung auswählt, dann die Auswahl umkehrt und die Sterne somit von der weiteren Bearbeitung ausspart. 3. Zusätzlich kann man nach der Bearbeitung des Bildes nach Punkt 2 die ausgebrannten Sterne durch die Sterne einer zusätzlichen Aufnahme ersetzen, bei der alle (oder fast alle) Sterne des Sichtfeldes im linearen Bereich des Chips sind - das sind natürlich weniger als bei Übersteuerung.
So ein Bild sollte man Komposit nennen und nicht mehr Foto. Hilfreich sind hierbei die Photoshop-Werkzeuge ,,Modify - Selection", ,,Feather", ,,Edit - Fade" und ,,Filter - Others - Minimum". Die Anwendung dieser Werkzeuge in der Nachbearbeitung findet sich in [3].
Bild 7 zeigt ein Beispiel, in dem die Sterne aus Bild 4d durch die aus Bild 4c ersetzt wurden. Wenn helle Sterne im Aufnahmebereich sind, muss man in Kauf nehmen, dass schwächere Sterne im Komposit nicht mehr sichtbar sind. Die begrenzte Dynamik der Technik lässt leider kein Ergebnis zu, das alle vorhandenen Helligkeiten linear darstellt. Die Verwendung von HDR-Aufnahmen ist als unnatürlich abzulehnen (wie auch in der Tageslichtfotografie). Das übliche ,,Stretchen" durch ,,Curves" und ,,Levels" in Photoshop darf man bei den SternLayern natürlich nicht einsetzen.
Korrekter Farbton Verwendet man die auf die spektralen Empfindlichkeiten der Chips abgestimmten Faktoren für R, G, und B bei S/W-CCDKameras mit Filterrad, ergibt sich der
Abb. 7: Komposit aus Bild 4c und 4d
Abb. 6: Gamma Cas mit IC 63; Einzelaufnahme mit 360 s und Astronomik H-Alpha-Filter, ohne Dark.
Farbton aller Objekte automatisch korrekt. Bei RAWs von DSLR-Kameras besteht das Problem, zunächst keinen zuverlässigen Anhaltspunkt für den korrekten Farbton zu haben (speziell, wenn das Originalfilter ersetzt wurde). Hier kann eine physikalische Betrachtung helfen: Wenn man einen Stern identifiziert hat und seine Strahlungsklasse kennt, kann man sich aus der spektralen Verteilung seines Lichtes in guter Näherung das Verhältnis von R zu G zu B berechnen. Natürlich darf der Stern nicht durch zu lange Belichtungszeiten oder übermäßige Nachbearbeitung in der Sättigung sein, da dort alle Farben Richtung Weiß ausbrennen. Hierzu ermittelt man im CIE-
Farbraum (Bild 8) die x/y-Koordinaten des Temperaturstrahlers aus der ,,BlackBody-Kurve".
Die x/y-Werte müssen dann in zwei Schritten mit Hilfe der Matrizenrechnung in RGBWerte [5] umgerechnet werden. Wer sich nicht in die Theorie und Mathematik der Farblehre einarbeiten möchte, benutzt den einfach zu bedienenden ,,Color-Calculator" [6]. Tabelle 2 zeigt die RGB-Werte verschiedener Temperaturstrahler. Ein anderer Y-Wert ändert nur die Helligkeitswerte und nicht das Verhältnis von R zu G zu B. Somit muss in einer Farbkorrektur in Photoshop anhand eines Sterns mit einer bekannten Farbtemperatur nur das
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Verhältnis von R zu G zu B eingehalten werden. Man erkennt, dass nur Sterne mit einer Farbtemperatur von ca. 6500 K annähernd weiß sind (143/138/142). Alle anderen haben einen mehr oder weniger großen Farbstich. Sterne der späten G-Klasse sowie K und M sind gelblich bis rötlich, Sterne der Klassen O, B, A und F blau bis weißlich/bläulich. Verwiesen sei zur Farbe der Sterne auch auf den Beitrag von P. Riepe und H. Tomsik [7].
Zusammenfassung Die mit digitalen Spiegelreflex-Kameras erstellten Fotos sind in der Regel für wissenschaftliche Zwecke unbrauchbar. Der Grund ist die Nichtlinearität sowie die Sättigung der Chip-Kennlinie sowie die fehlende Farborientierung bei Ersatz des Originalfilters und Verwendung des empfehlenswerten RAW-Formats. Dieser Beitrag zeigt einige Möglichkeiten auf, die Astrofotos im Sinne von Naturgetreue zu verbessern. Wer den Aufwand nicht scheut, wird sicher bald zu anerkannteren Ergebnissen kommen. Was man bei der Aufnahme und Nachbearbeitung auch macht, eine korrekte Beschreibung der Aufnahmedaten und der Verfahren der Nachbearbeitung ist für die Einschätzung des Ergebnisses unerlässlich.
Literatur [1] Alex Soojung-Kim Pang, Technologie
und Ästhetik der Astrofotografie, Reihe Fotografie in Wissenschaft, Kunst und Technologie, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2002 [2] www.astro-siggi.de/tutorial-ccd-technik [3] R. Wodaski, The New Astro Zone System for Astro Imaging, New Astronomy Press, 2007 [4] www.wikipedia.org [5] http://farbe.wisotop.de [6] http://www.members.aol.com/colorenginc/ [7] P. Riepe, H. Tomsik, Vortrag am Tag der Astrofotografen, Recklinghausen 2007 sowie VdS-Journal Nr. 25, 53 (I/2008)
Abb. 8: CIE-Normfarbtafel. Abszisse: x, Ordinate: y [4].
Auflösung in Bit
Anzahl der Amplitudenstufen
Chemie (Referenz) JPG-Format(8 Bit) DSLR-RAW (12 Bit) CCD (16 Bit)
ca. 10000 256 4096 65536
Anzahl linear darstellbarer Magnituden
ca. 10 6 9 12
Kontrastumfang in Blendenstufen
ca. 13 8 12 16
Tabelle 1: Dynamikbereich der verschiedenen Formate mit chemischer Fotografie als Referenz.
T [K]
x
y
R
2500
0,480
0,412
202
3000
0,438
0,405
186
4000
0,386
0,378
168
5000
0,345
0,351
154
5500
0,33
0,341
147
6500
0,314
0,323
143
7500
0,30
0,31
137
10000
0,283
0,29
131
15000
0,265
0,27
123
40000
0,247
0,245
116
G
B
121
51
128
72
133
100
136
122
138
130
138
142
138
151
139
165
139
180
138
199
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Tabelle 2: Strahlungstemperatur und x/y-Werte aus CIE-Diagramm sowie RGB-Werte für eine Helligkeit Y = 30. Der Temperaturbereich von 2500 bis 40000 K deckt die Spektralklassen M bis O ab, d.h. rote bis blaue Sterne.
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Jets & more mit dem WATEC-,,Würmchen"
von Wilfried Wacker
Käme zu mir einmal der freundliche ältere Herr mit dem großen Geldkoffer, so würde ich (falls überhaupt etwas übrigbleibt) zwar mein Teleskop-Equipment erweitern, aber kameraseitig würde es allerhöchstens das neuste Modell der WATEC 120N geben, eine Umstellung auf ,,richtige" CCD-Kameras könnte ich mir nicht mehr vorstellen. Ich habe im Laufe der Jahre dieses kleine Würmchen von Kamera echt schätzen gelernt, kommt sie doch meinen Vorstellungen von Astrofotografie am Nächsten. Ich denke, dass dieser Kameratyp - ebenso wie die Mintron - mittlerweile hinreichend bekannt sein dürfte, ansonsten kann sich, wer möchte, im Internet ausreichend informieren.
Früher, ja, da wäre der Erwerb einer professionellen CCD-Kamera ein Traum für mich gewesen, aber leider (oder glücklicherweise?) habe ich mir nie eine wirklich ausreichend stabile Montierung für meinen 16-Zöller leisten können. So waren die Belichtungszeiten immer auf allerhöchstens 20 bis 30 Sekunden beschränkt, so dass die Zeiten der ersten CCD-Versuche mit einer OES Alpha Mini recht unglücklich endeten. Dann aber kam die Mintron, und da merkte ich schon, was für ein Potenzial in diesen Überwachungskameras steckt, was dann die WATEC noch bei weitem übertraf! Und ich merkte, dass ich damit in der oft nur kurzen verfügbaren Zeit am Teleskop sehr viel machen konnte. Der ganze Vorgang einer Aufnahmeserie ist meistens nach 5 bis 10 Minuten abgehandelt, dafür ist die WATEC einfach ideal. Natürlich darf das passende Aufnahmeprogramm nicht fehlen, für mich gibt`s da nur noch Giotto [1], das bis heute immer noch alle meine ,,Testkonkurrenten" ausgestochen hat, es geht - zumindestens für mich - nicht schneller, leichter, besser als mit Giotto!
Ein lieber Sternfreund lieh mir einmal seine ST-8 aus, schon eine richtige Profikamera, aber abgesehen von den Montierungsproblemen könnte ich mir nicht vorstellen, einen ganzen Abend für ein einziges Ergebnis opfern zu müssen! Natürlich erfreue auch ich mich immer wieder an den perfekten Bildergebnissen der Könner unter den Astrofotografen von mehr oder weniger bekannten Himmels-
objekten, aber - selbst wenn der oben erwähnte Koffermann käme - das ist nicht ,,mein Ding". Das - wie Hape Kerkeling sagen würde - prickelt nicht!
,,Mein Ding" sind eher unbekannte Exoten, schwächste Nebel, fernste Galaxien - Objekte, die eine vage Vorstellung der unendlichen Weiten des Kosmos geben. Aber auch die ,,unendlichen Weiten" des fertigen Rohbildes zu erkunden, was erst mit allen Mitteln der Nachbearbeitung aus dem Bild herauszuholen ist, macht den Reiz der Sache aus. Man geht hier echt an die Grenzen des überhaupt mit den gegebenen Mitteln Machbaren, fiebert: schaff ich`s oder schaff ich`s nicht? Und man kann sich diese Freude vorstellen, wenn das winzige Pünktchen oder der zarte Nebelquell dann aus dem tiefen Rauschen des Bildes noch hervorkommt. Ja!!! Jetzt einmal zwei Beispiele. Bitte bedenken Sie beim Betrachten, wie schwach diese Objekte überhaupt sind und mit welchen Mitteln sie aufgenommen wurden!
Beispiel 1: Im Januar 2008 entdeckte ich im Internet ein Farbbild [2], das mit dem Gemini-Nord-Teleskop aufgenommen worden war: die ,,Nebel-Windeln" eines noch ganz jungen Sterns im Stier (RY Tau). Bedenkenlos wurde der alte zerkratzte 16-Zöller f/4,5 darauf gerichtet, die WATEC am Okularauszug angebracht und schnell einmal 100 Bilder à 10 Sekunden aufgenommen (10 s ist die höchste Einzelbelichtungszeit der WATEC). Dass auf dem Rohbild noch nichts zu erkennen ist, stört mich eben so wenig wie die Tatsache, dass aufgrund von Windböen 49 Bilder der Serie unbrauchbar waren. So blieben lächerliche 51 x 10 s zum Addieren. Ziemlich schwierig für Giotto, bei den verwackelten Aufnahmen hat es aber trotzdem ganz gut geklappt! Nach dem Darkabzug wird das Ergebnis durch die Photoshop-Filtergarnitur (hier ganz besonders der Filter ,,Tiefen und Lichter", ein meiner Meinung nach viel zu wenig beachtetes Werkzeug in Photoshop!) und Neat Image zum Rauschabzug gequält. Ich habe da kein Konzept, ich spiele solange herum, bis ich entweder etwas sehe oder nicht! Die Ergebnisse sind dann natürlich nicht gerade schön zu nennen, aber darauf kommt es mir nicht an: ich habe
Abb. 1: Nebel um den noch sehr jungen Stern RY Tauri im Stier. Daten im Text.
Abb. 2: Feld um DG Tauri, DG Tauri B und FV Tauri. Daten im Text.
mit meinen einfachen Möglichkeiten das sichtbar gemacht (Abb. 1), wofür andere ein Riesen-Teleskop/-Kamera brauchen, und - ist das nichts? Beispiel 2: Ich verfolge mit großem Interesse seit Längerem das Wirken von Hans-Günter Diederich, der in der Astroszene sehr aktiv ist, unermüdlich hochgradig interessante Astro-Artikel verfasst, man kennt sie ja auch hier aus dem VdSJournal. Mittlerweile schmücken viele Ausdrucke seiner Reportagen und Postings meine Objekt-Ordner; er gibt mir immer wieder neues ,,Futter". Und es freut mich jedes Mal diebisch, wenn ich eines seiner Projekte - mit großem Profigerät, grosser CCD-Kamera und Integrationen über 3000 Sekunden - mit meinem kleinen WATEC-Würmchen unter weit schlech-
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teren Bedingungen nachvollziehen kann! So stoße ich in einer der raren, brauchbaren Sternennächte im Januar 2008 in meinem Objekteordner auf seine Postings vom Dezember 2005 zu DG Tau, einem ganz jungen T-Tauri-Stern im gleichnamigen Sternbild. Kurz auszugsweise daraus zitiert: ,,Südlich von DG Tau befindet sich ein längliches, schwaches Wölkchen, darin DG Tau B, ein 20 mag schwaches Sternchen. Es ist die Quelle eines gut kollimierten bipolaren Jets: ein schmales Wölkchen." Schwach? Jet? Das ist natürlich etwas für mich! Zusätzlich steht rechts von DG Tau noch FV Tau, den ebenfalls ein ganz schwacher Nebel umgibt! Also ´ran an den Speck: 180 x 10 Sekunden belichtet, nach Abzug der ,,Windböenschäden" blieben noch 130 Bilder übrig, und nach dem Bearbeitungsmassaker stellte sich heraus: es reichte schon, um zumindest die Nebel darzustellen (Abb.2, auf dem Original sind sie noch besser zu sehen). Den rötlichen 20-mag-Stern im Jet kriege ich wahrscheinlich sowieso nicht, weil die WATEC ziemlich blauempfindlich ist, hier müsste ich einfach noch einmal 2000 Sekunden oder mehr versuchen. Nun denn, ein Wacker braucht eine Aufgabe, wenn
denn mal meine drei Chefs (Frau, Arbeit, Petrus) ein Einsehen haben!
Hans-Günter stellte mir sofort eines seiner Bilder von DG Tau zur Verfügung, hier nochmals meinen herzlichsten Dank, und nicht nur dafür! Leider war es - wie er sagte auch nicht gerade eine ,,schöne" Aufnahme (Celestron 14, 1100 s), hier müsste man mit mehr Integration sicher noch mehr rausholen können! Normalerweise schmücken wir beide unsere Ergebnisbilder mit zahlreichen Bezeichnungen, Kästchen und Linien. Doch damit der Leser auch etwas erkennen kann, habe ich nachträglich die Beschriftungen wieder entfernt! Das kombinierte Bild zeigt im rechten Teil meine Aufnahme, einmal sieht man DG Tau mit dem bogenförmigen Nebel, etwas rechts unterhalb den Jet von DG Tau B. Auf dem Zoomausschnitt oben links ist er noch etwas besser zu erkennen. Links unten ist das Bild von Hans-Günter zu sehen, dort sieht man auch den schwachen Nebel um FV Tau, der auf meinem Originalbild auch zu erkennen ist.
Das sind jetzt nur einmal zwei lose Beispiele meiner Aktivitäten, ich glaube, ich könnte
ein ganzes VdS-Journal füllen damit! Ich denke auch, ich werde so ab und an mal wieder so ein kleines Geschichtchen hier bringen, vielleicht bringt es ja den einen oder anderen Leser zum Schmunzeln!? Vielleicht animiert es aber auch einmal zum Nachmachen, das würde mich am meisten freuen. Gerne kann man mir auch schreiben, Antwort kommt garantiert!!
Liebe Leser, Sie merken sicher den Spaßfaktor, den darf man haben, man muss niemandem etwas beweisen, man darf ohne Blamage auch versagen (manche Objekte sind auch für mich einfach unmachbar). Bei den brauen Zwergen z.B., auch eines von Hans-Günters Projekten, beiß ich mir regelmäßig die Zähne aus. Aber: abwarten. Und nicht so auf ,,Experten" hören, es geht oft viel mehr, als es dürfte. Man muss es einfach nur tun! Unprofessionell? Ja, sicher, aber genau darin liegt der Erfolg! Und es ist ja nur für einen selber, man tut keinem anderen damit weh!
Quellen [1] Giotto Bildaufnahme/Bearbeitung: http://
www.videoastronomy.org/giotto.htm [2] http://apod.nasa.gov/apod/ap050923.html
Die Nebellandschaft im Orion
von Peter Riepe
Die vorliegenden Bilder stammen von aktiven Sternfreunden, die mit der FG Astrofotografie in engem Kontakt stehen. Sie haben ihre Fotos geschickt, einfach weil sie sich über ihre gelungenen Ergebnisse freuen. Und in der Tat - die aufgenommene Szenerie ist überwältigend. Zweifellos stellt der zentrale Bereich des Sternbildes Orion ein sehr beliebtes und daher häufig abgelichtetes Motiv dar. Der ,,Große Orionnebel" M 42 mit seinem rundlichen Anhängsel M 43 sowie NGC 1977, nur 35´ nördlicher gelegen, bilden einen Blickfang, dem man sich nicht entziehen kann. Das Aussehen wirkt dynamisch - und tatsächlich ist hier einiges los: Neu entstandene Sterne geben große Mengen an Energie ab, helle und dunkle Nebelsträhnen werden so in turbulente Bewegungen versetzt.
Abb. 1: Heiko Hillenbrand fotografierte am 8.2.2008 in Münnerstadt/Nordbayern bei mondloser Nacht ohne jeglichen Filter fokal mit einem 8"-Newton f/5 von Celestron. Weitere Ausstattung: Skywatcher EQ6 mit Boxdörfer SDISteuerung. Kamera war eine Canon EOS 20D. Bei ISO 800 entstanden sechs Aufnahmen: 1 x 1 min, 1 x 2 min, 1 x 3 min, 1 x 4 min, 1 x 5 min, 1 x 7 min. Nachgeführt wurde mit einer Philips ToUCam Pro SC1 durch eine ,,Russentonne" MTO mit f = 1000 mm. Die sechs Bilder wurden mit Photoshop überlagert und bearbeitet.
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Abb. 3 (unten) : Exakt 11 Monate früher benutzte Günter Kerschhuber vom Astronomischen Arbeitskreis Salzkammergut ebenfalls auf der Sternwarte Gahberg ein TeleVue NP 101 mit 540 mm Brennweite. Er fertigte in Kirchdorf dieses 2-fache Mosaik an. Das LRGB-Bildes von M 42 wurde mit einer CCD-Kamera SXV-H9 (Starlight) 121/14/19/27 Minuten belichtet. NGC 1977 wurde - ebenfalls als LRGB-Bild - 147/19/28/38 Minuten belichtet. Hierbei wurde das L-Bild nicht gebinnt, die R,G und B-Auszüge erfolgten im 2-fachen Binning-Modus. Dazu kam vom Trapez ein RGB-Bild ohne Binning mit 5/5/7 Minuten. Es wurden Astronomik-Filter verwendet. Die Nachführung geschah mit einem SXV-Guider. Zur Bildgewinnung/-bearbeitung wurden Astroart und Photoshop benutzt. Man beachte auch die Webseite: www.astronomie.at/kerschhuber/index.htm
Abb. 2 (oben): Am 29.12.2006 gelang Harald Strauß auf der 860 m hoch gelegenen Gahberg-Sternwarte am Attersee seine erste CCD-Farbaufnahme. Er setzte eine Starlight SXV-H9 an einem 14"-Hypergraphen mit f = 1090 mm ein. Das reine RGB-Bild wurde 630/600/780 Sekunden ohne Binning belichtet. Die Nachführung übernahm eine SXV-GuideCam an einem 2,5"-Refraktor.
Abb. 4 (links): Christian Rusch fotografierte das Orionzentrum in der Nacht vom 26. zum 27.12.2006. Mit seiner Ausrüstung fuhr er zur Hochalp in 1100 m Höhe (Ostschweiz). Optik: Takahashi FS60C mit f = 266 mm, Kamera: Canon EOS 20Da. Sein Ziel war es, eine möglichst tiefe Aufnahme zu erhalten. Die Belichtungszeiten erstreckten sich auf 1 x 2 s, 1 x 8 s, 2 x 30 s, 4 x 2 min und 8 x 8 min. So konnte ein großer Dynamikbereich abgedeckt werden. Die Bildbearbeitung erfolgte mit Photoshop CS2. Der klare Himmel bringt´s!
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Auf kurzbelichteten Aufnahmen wirkt M 42 mit dem nördlich ansetzenden M 43 stets wie ein rötlich gefiederter Vogel mit ausgebreiteten, blaugrauen Schwingen und nach links oben schauendem Kopf (Abb. 1). Tiefer belichtete Aufnahmen zeigen jedoch, dass M 42 in Wirklichkeit eine komplette, geschlossene Blase bildet, deren südlicher Rand die Schwingen wie eine Girlande fortsetzt und schließt (Abb. 2).
Sehr tief belichtete Aufnahmen dokumentieren (Abb. 3), dass M 42 und M 43 nur die hellsten Teile eines ausgedehnten, zusammenhängenden Nebelgebietes sind, dem NGC 1977 eindeutig zugehört. Zwar sind beide Nebelkomplexe durch ein dunkleres Gebiet dichter Staubwolken getrennt, aber
die durchschimmernden, verbindenden Nebelsträhnen in dieser Dunkelzone sind unverkennbar. Der etwa 1600 Lj entfernte Orionnebel ist ein Gemisch aus selbstleuchtendem Gas, das durch die enthaltenen jungen Sterne zur Emission angeregt wird, und aus Staub, der das Licht der Sterne reflektiert. Insofern mischen sich rote und blaue Farbanteile mit dem Dunkel und den braunen Anteilen des Staubes. NGC 1977 erscheint überwiegend im blauen Licht, hat also sehr hohe Reflexionsanteile. Aus dem Inneren heraus dringt jedoch - eindeutig rot - das Licht des ionisierten Wasserstoffs. Von daher entpuppt sich auf sehr tiefen, weitwinkeligen Aufnahmen schließlich die wahre Pracht dieser einmaligen Nebellandschaft mit einer reichhaltigen Strukturierung (Abb. 4). Wem ist
schon einmal die längliche Nebelstruktur bewusst geworden, die sich am mittleren linken Bildrand bei RA = 05 h 38 min und DEK = -05 Grad 15´ befindet und wie ein ausgestreckter Finger nach Westen auf M 43 zeigt? Außerdem macht das Bild sehr schön deutlich, dass M 42 eine komplett geschlossene runde Form besitzt.
Wird das Feld noch weitwinkeliger, so wird eindeutig erkennbar, dass auch in Richtung der Gürtelsterne noch rotleuchtende Gasmassen vorherrschen (Abb. 5). Die Nebelzone südlich des ,,linken" Gürtelsterns Zeta Orionis - auch als IC 434 bekannt - beherbergt eine dichte Dunkelwolke, den bekannten Pferdekopfnebel, hier gerade erkennbar. Knapp nordwestlich von Zeta Orionis liegt NGC 2024, der von kräftigen Staubbändern durchzogen wird und etwas gelblicher gefärbt ist. Schließlich wird der zentrale Nebelbereich von M 42 bis zu den Gürtelsternen von einem riesigen roten Gasbogen eingerahmt mit Namen ,,Barnard´s Loop". Dieser Bogen ist in Form verschiedener Strähnen mit den zentralen Nebelbereichen verbunden.
Ein schöner Blick auf die Vielfalt der Nebel im Bereich des Oriongürtels rundet diesen kleinen Bildbericht ab (Abb. 6). Zentral zieht sich der rotleuchtende IC 434 mit dem eingebetteten Pferdekopfnebel durchs Bild. Im oberen Viertel ist der östliche Gürtelstern Zeta Orionis mit NGC 2024 zu sehen. Nördlich davon erkennt man zwei kleine Reflexionsnebel: IC 431 und IC 432. Zwischen NGC 2024 und dem Pferdekopfnebel leuchtet der Reflexionsnebel NGC 2023.
Lieber Leser, Sie sehen, dass wir Ihre Bildeinsendungen gern in Artikelform zur Geltung bringen. Also weniger Zurückhaltung: Beliefern Sie die Fachgruppe Astrofotografie!
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Abb. 5: Und noch einmal nach Österreich! Robert Pölzl nahm in St. Hemma/Steiermark am 8.1.2008 ab 23:20 Uhr dieses weite Feld auf. Auf einer Canon EOS 350Da saß ein SigmaObjektiv mit f = 105 mm, abgeblendet auf Blende 4. Als Montierung diente bei merklichem Wind eine Losmandy G11 mit ST-4 zur Nachführung. Bei ISO 800 wurde 1 x 1 min, 1 x 2 min und 8 x 5 min belichtet. Die übliche Überbelichtung des M42-Zentrums wurde durch die kurz belichteten Bilder kompensiert.
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Abb. 6: Hansjörg Wälchli setzte am 7.1.2005 eine Canon EOS 10D ein und belichtete 6 x 15 min bei ISO 800. Als Aufnahmeoptik diente ein Borg ED (D = 125 mm bei f = 640 mm). Nachgeführt wurde mit Hilfe einer Philips ToUCam Pro SC WebCam an einem Borg 76 mm als Leitrohr. Aufnahmeort war der Gurnigelpass (1600 m ü. NN). Nachbearbeitung: AstroArt 3.0, Photoshop 8, NeatImage Pro.
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Äußerst intensive Pollenkoronen
am 11. bis 13. Mai 2008
von Claudia Hinz
Abb. 1/Abb. 2: Typische Kiefernkoronen mit den charakteristischen ,,Knoten", aufgenommen von Reinhard Nitze, Barsinghausen (links) und Manfred Heinrich, Leipzig (rechts)
Wer denkt nicht gern an den Mai 1998 zurück, als durch explosionsartigen Frühjahrsbeginn und einer Inversionsschicht, welche die Pollendichte zusätzlich bündelte, Tag und Nacht sehr intensive Kiefernkoronen beobachtbar waren. Erst zu diesem Zeitpunkt, als selbst der laienhafte Gelegenheitsbeobachter Zeuge knotenförmiger Farbkränze um die lichtschwächere untergehende Sonne und um den fast vollen Mond wurde, haben es die seit 1985 bekannten Pollenkoronen geschafft, ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Leider blieben in den Folgejahren derartige ausgedehnte Sichtungen intensiver Pollenkoronen aus. Nur vereinzelt wurden sie von wenigen aufmerksamen Beobachtern registriert. Doch 10 Jahre später - Pfingsten 2008 - war es endlich wieder soweit. Hoch MARCO brachte sonniges Wetter und Sommertemperaturen, welche verbreitet über der 25 Grad C-Marke lagen. Und da waren sie plötzlich wieder: helle, farbige Koronen, welche in deutlich asymmetrischer Form die Sonne und den nächtlichen Mond umrahmten (Abb.1, Abb. 2). Im METEOROS-Forum (http://www. meteoros.de) berichtete Tobias F., der im Spreewald zelten war: ,,So schnell wie sich eine neue Pollenschicht auf dem Auto niedersetzte, konnte man die Scheiben gar nicht putzen. Wenn beim Volleyballspielen
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der Ball mal an die Äste der ringsherum stehenden Kiefern kam, sah es jedes Mal aus, als ob man eine 2 Jahre lang eingestaubte Decke ausschüttelt. Und auch auf der Heimfahrt am Pfingstmontag konnte man auf den Straßen und der Autobahn in den Kieferwäldern eine Art Nebel durch die Pollenschwaden wahrnehmen." Torsten Schippmann aus Braunschweig nahm schließlich eine Probe der Staubschicht auf seinem Auto und identifizierte sie unter dem Mikroskop als Pollen der Pinus silvestris (Wald-Kiefer). Alexander Haussmann konnte Tags darauf die Kiefernpollen unter dem Mikroskop fotografisch festhalten (Abb. 3). Einen letzten Aufschluss geben die Temperaturgradienten der entsprechenden Tage. Demnach wurden die
Pollen aufgrund leichter nordnordöstlicher Höhenwinde in Höhe einer sehr ausgeprägten Inversionsschicht in ca. 500-800m mehrere hundert Kilometer nach Süden transportiert und sorgten ebenso wie 1998 für ein ausgedehntes Beobachtungsgebiet. Autor: Claudia Hinz, Bräuhausgasse 12, 83098 Brannenburg. Bildautoren: Reinhard Nitze, Heinrichstr. 11, 30890 Barsinghausen. Manfred Heinrich, Käthe-Kollwitz-Str. 35, 04109 Leipzig. Alexander Haußmann, Schipkauer Str. 26, 01968 Hörlitz.
Abb. 3
A T M O S P H Ä R I S C H E E R S C H E I N U N G E N 55
Lichtbahnen auf Feldern:
Eine ungewöhnliche Spielart der konzentrischen Lichtbögen
von Reinhard Nitze
Betrachtet man im Winter nach Einbruch der Dunkelheit die Zweige eines kahlen Baumes im Licht einer Straßenlaterne, so scheint es, als ob die Lichtquelle von zahlreichen durchbrochenen Lichtbögen umgeben ist. Dieser Effekt fällt besonders auf, wenn die Zweige besonders fein und nass sind. Auch am Tage, bei niedrigem Sonnenstand kann diese Erscheinung im Winter an Zweigen vor dem Hintergrund der Sonne beobachtet werden. (Vorsicht! Nicht direkt und ungeschützt in die Sonne sehen. Gefahr von Augenschäden!). Der Auslöser dieser Erscheinung ist reflektiertes Licht auf der Oberfläche der Rinde. Für diese Lichtringe sind nur jene Bereiche der Zweige von Bedeutung, welche zur Lichtquelle weisen. Alle anderen (nicht reflektierenden) Bereiche erscheinen dunkler und sind daher für den Effekt nicht relevant (Abb. 1).
Am 11.02.08 konnte ich auf den Feldern in der Umgebung des Ortes Barsinghausen (Niedersachsen) eine ungewöhnliche Spielart dieses Effektes beobachten. Diese Variante schien auf den 1. Blick gar nichts mit den Lichtringen zu tun zu haben, denn ihr Erscheinungsbild war ein ganz anderes. Es sah eher wie ein Lichtstreifen auf dem Boden aus und erin-
nerte an eine Lichtsäule, wie sie manchmal oberhalb oder unterhalb der auf- bzw. untergehenden Sonne am Himmel beobachtet werden kann. Die Ursache waren unzählige Spinnenfäden. Die ungewöhnlich milde Witterung hatte eine hohe Aktivität der kleinen Tierchen bewirkt und nun schwebten überall silbrig glänzende Spinnenweben durch die Luft (Abb. 2).
Schon 2 Tage vorher, also am 09.02.2008
bemerkte ich beim Beobachten von Pollen-
koronen (ebenfalls im Raum Barsinghausen) die zahlreichen umherwirbelnden Spinnenfäden. Viele davon lagerten sich auf den Feldern der Umgebung im sprießenden Getreide ab, aber auch in den noch kahlen Bäumen blieben einige hängen. Als später das Licht der tief stehenden Sonne auf die Felder fiel, erschienen die schon erwähnten ,,Lichtsäulen". Dieser Effekt ist zur Winterszeit sehr außergewöhnlich, da er eigentlich der Namenspate einer ganz anderen Periode im Jahr ist, nämlich dem Altweibersommer.
Doch wo liegt nun die Verbindung zu den ,,Konzentrischen Lichtbögen"? Wie unschwer zu erraten ist, basiert das silbrige Schimmern auf Lichtreflektion an eben diesen Spinnenfäden. Das Prinzip
Abb. 1: Konzentrische Lichtbögen an Zweigen einer kleinen Birke vor dem Hintergrund der tief stehenden Sonne. Aufnahmedatum: 11.02.08. Ort: Barsinghausen/Egestorf, Niedersachsen.
ist dabei ganz ähnlich wie bei den konzentrischen Lichtbögen, lediglich mit dem Unterschied, dass die Spinnenfäden alle mehr oder weniger gleichmäßig in der Waagerechten liegen. Während die Zweige des Baumes als Reflektionsträger gewissermaßen die Lichtquelle komplett umgeben, decken die horizontal gelagerten Spinnenfäden nur einen Teil des optisch wirksamen Bereiches ab. Als Folge davon erscheinen die Lichtreflektionen nur in einem schmalen Streifen unterhalb der Sonne. So erklärt sich der lichsäulenähnliche Charakter. Wenn man sich übrigens die Mühe macht und diese ,,Feldlichtsäule" aus der Hocke betrachtet, so erkennt man wieder (zumindest partiell) die konzentrischen Lichtbögen.
Autor und Bildautor: Reinhard Nitze, Heinrichstr. 11, 30890 Barsinghausen
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Abb. 3: Dieses Bild ist nicht zerkratzt. Es handelt sich um umherwirbelnde Spinnenfäden. Die farbigen Ringe um die hinter der Straßenlaterne verborgenene Sonne sind durch Pollen verursacht. Diesen Pollenkränzen galt ursprünglich die Aufnahme. Aufnahmedatum: 09.02.08. Ort: Barsinghausen/Egestorf, Niedersachsen. Abb. 2: Durch unzählige Spinnenfäden verursachte Lichtbahn auf einem Getreidefeld während einer ungewöhnlich milden Periode im Februar. Aufnahmeort: Barsinghausen/Egestorf, Niedersachsen. Aufnahmedatum: 11.02.08.
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Abb. 4: Im Nahbereich sieht man, wie die ,,Lichtsäule" wieder in die konzentrischen Lichtbögen oder Lichtlinien übergeht. Aufnahmedatum: 11.02.08. Ort: Barsinghausen/Egestorf, Niedersachsen.
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Abb. 5: Lichtsäule auf dem Feld, zusammen mit dem Baum partielle Erscheinung der konzentrischen Lichtbögen. Aufnahmedatum: 11.02.08. Ort: Barsinghausen/Egestorf, Niedersachsen.
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Abb. 6: Echte und falsche Haloerscheinung. Oben, über dem Deister (Bergrücken im Hintergrund) befindet sich eine sehr helle linke Nebensonne in einer Cirruswolke. Sie wurde mit einem halb über das Objektiv gehaltenen Graufilter in ihrer Helligkeit abgeschwächt, damit die beiden sehr unterschiedlich hellen Erscheinungen gleichzeitig auf einem Bild dargestellt werden konnten. Aufnahmedatum: 11.02.08. Ort: Barsinghausen/Egestorf, Niedersachsen.
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Abb. 7: Extrem helle Erscheinungsform der falschen Lichtsäule. Aufnahmedatum: 11.02.08. Ort: Barsinghausen/Egestorf, Niedersachsen.
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Tagungsrückblick:
Die 15. CCD-Tagung der VdS-Fachgruppe CCD-Technik in Kirchheim
von Dennis Möller
Vom 16. bis 18. Mai dieses Jahres fand die 15. CCD-Tagung der VdS-Fachgruppe CCD-Technik statt. Wie gewohnt fanden die meisten Teilnehmer schon am Freitagabend auf der VdS-Sternwarte in Kirchheim/ Thüringen für einen ersten Erfahrungsaustausch zusammen. Das eigentliche Tagungsprogramm mit all seinen Vorträgen fand am Samstag und Sonntag statt.
Nach der Begrüßung der Teilnehmer am Samstagmorgen berichtete Dennis Möller in seinem Vortrag ,,Flatfields leicht gemacht" über die richtige Anfertigung und Verwendung von Flatfieldaufnahmen zur Korrektur von Rohbildern. Obwohl die CCD-Technik in vielen Bereichen der Amateurastronomie nicht mehr wegzudenken ist und viele mit ihr verbundene Bearbeitungstechniken nichts ungewöhnliches mehr darstellen, treten die ärgerlichsten Fehler gerade mit falsch oder gar nicht erst aufgenommenen Flatfields auf. Im Zuge der immer größer werdenden Chipflächen und Himmelsfelder, die mit CCD-Kameras oder DSLRs abgelichtet werden, nehmen auch die Probleme mit Vignettierungen zu. Diese sauber zu kompensieren und ein Grundverständnis für
das ,,flatfielden" zu schaffen, war Ziel dieses Vortrags. Konrad Horn berichtete in seinem Vortrag ,,Die Kometen des Jahres 2006 und 2007" über seine fotografischen Beobachtungen. Dabei präsentierte er Aufnahmen, die die Entwicklung der Kometen über Wochen abdeckte. Besondere Erwähnung gebührte hierbei natürlich dem Kometen 17P/Holmes, der im Herbst letzten Jahres einen beeindruckenden Helligkeitsausbruch aufwies. Nach dem Mittagessen leitete Knut Schäffner den Nachmittagsblock mit seinem Vortrag ,,Sternwarte Sömmerda/ Astrosysteme Austria Astrographen" ein. Neben der Vorstellung seiner Sternwarte und deren Bau ging er näher auf ASAAstrographen ein und stellte Optik und Technik vor. Ausgekleidet wurde der Vortrag durch viele beeindruckende Bilder, die er und andere Bildautoren mit genanntem Equipment erstellt haben. Thomas Westerhoff stellte danach in seinem Vortrag ,,Der Bau einer Flatfieldbox" den Bau einer Box zur Gewinnung von Flatfields vor und erläuterte ihren Entwicklungsprozess. Ziel war es, diese Box als großflächige und bis auf wenige Prozent gleichmäßig ausgeleuchtete Lichtquelle zu verwenden, um
mit ihrer Hilfe Flatfields am großen 50cm-Newton aufnehmen zu können. Bernd Brinkmann stellte anschließend seine fotografischen Ergebnisse vom Kometen 17P/Holmes vor. Hierbei ging er speziell auf Besonderheiten in der Entwicklung des Kometen ein, die man schon von seinem letzten Ausbruch her kannte. Abschließend stellte Dennis Möller in dem Vortrag ,,Kugelsternhaufen in Farbe" Aufnahmen vor, die er mit einer DSLR und Brennweiten um 3500 mm gewann. Im Mittelpunkt des Interesses stand die qualitative Untersuchung der Farbstabilität der unabhängig voneinander gewonnenen Bilder und die Farbdifferenzierung der einzelnen Sterne eines Haufens in Bezug zu ihrer scheinbaren Helligkeit.
An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei allen Organisatoren und Mitstreitern, die diese Tagung ermöglicht haben, bedanken. Vielen Dank auch an Jürgen Schulz, der die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt hat. Die 16. CCDTagung wird vom 1. bis 3. Mai 2009 wie gewohnt in Kirchheim/Thüringen stattfinden. Alle CCD-Interessierte sind dazu herzlich eingeladen!
Die ,,rote Punktwolke"
Bildauswertung mit Aladin und Simbad
von Hans G. Diederich
Einleitung In diesem Aufsatz wird eine CCD-Aufnahme mit Auswertung durch Aladin Simbad vorgestellt. Die Auswertung ist aber nicht vollständig. Es ist Ihre Aufgabe, diese fortzuführen, die sich ergebenden Fragen zu beantworten und der Redaktion Ihre Lösung als Leserbrief mitzuteilen. Diese könnten dann in einem Folgeheft vorgestellt werden. Der Zweck des Ganzen besteht darin, einen etwas anderen Zugang
Abb. 1: Umgebung von GSC2U J131147.2+292348 in CCD-Aufnahme und Aladin (weitere Erläuterungen im Text)
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zur Nutzung der Ressourcen des Internet für unser Hobby zu finden und mit ihnen vertraut zu werden.
Ressourcen des Internet Zur Planung einer Beobachtung und deren späterer Auswertung, aber auch für eine Art von ,,virtueller" Astronomie ganz ohne Teleskop und Kamera, sind insbesondere die ,,Dienstleistungen" mit dem Namen Aladin und Simbad für einige Sternfreunde inzwischen unverzichtbar geworden und aus deren Praxis nicht mehr wegzudenken.
Wer sich noch nicht mit ihnen beschäftigt hat, sollte sie daher unbedingt einmal kennen lernen. Die Internetadressen können über eine Suchmaschine gefunden werden. Noch einfacher aber ist es, den Weg über die Linkliste auf der Website der FG Deepsky zu nehmen.
Die hier präsentierte Aufgabe ist auch für neugierige Anfänger ,,machbar". Es geht dabei keineswegs darum, unter die ,,Top Ten" zu kommen, sondern sich einfach mal einen spielerischen Erstkontakt mit diesen leistungsstarken Diensten zu gönnen und mit ihnen zu experimentieren.
Montage Die Abb. 1 zeigt eine Montage bestehend aus einer ausgewerteten eigenen Aufnahme links und dem entsprechenden Aladin Screenshot rechts (rote Objektsymbole aus Simbad mit unterlegtem roten DSS Bild und einer Zentralmarkierung von Aladin, welche auf GSC2U J131147.2+292348,
einen seltsamen kohlenstoffreichen Weißen Zwerg mit großer Eigenbewegung, weist). Auch in der Aufnahme ist dieser Weiße Zwerg markiert. Zusätzlich sind drei rote Kästen zu sehen, welche offenbar kleine Galaxien umranden.
Im Gesichtsfeld der Aufnahme fällt eine Vielzahl von schwachen diffusen Fleckchen auf, bei denen es sich vermutlich um weitere Galaxien handelt. Desweiteren sind links zwei blaue, sich rechtwinklig kreuzende Geraden zu sehen, die auch im Screenshot eingezeichnet wurden. Der Screenshot zeigt aber auch eine bogenförmige Kurve, bei der es sich möglicherweise um den Teil eines Kreisbogens handelt. Damit ist die Montage für unsere Übungsaufgabe hinreichend beschrieben.
Auffälligkeiten Das besonders Seltsame wurde aber bisher noch nicht erwähnt: eine größere Menge dicht gedrängter roter Simbad-Symbole, die mich entfernt an eine rote Wolke erinnern. Eine Wolke aber ist üblicherweise ,,rund". Nicht so dagegen hier. Die Mehrzahl der Simbad-Symbole wird im Osten und im Norden durch die beiden Geraden und im Westen durch den Kreisbogen begrenzt, dessen Mittelpunkt auf der Position von GSC2U J131147.2+292348 zu liegen scheint.
Fragen Die erste Frage sollte sein, wie die Mittelpunktkoordinaten des abgebildeten Himmelsausschnitts lauten. Hilft
vielleicht die Bezeichnung von GSC2U J131147.2+292348 weiter? Was können wir mit ihr anfangen? Sind ihr vielleicht die Koordinaten zu entlocken?
Weitere, unsere Neugier anstachelnde Fragen stellen sich ein und wollen beantwortet werden: Warum weist die rote Punktwolke diese auffallenden ,,unnatürlichen" Begrenzungslinien auf? Wodurch kommen sie zustande? Was sehen wir in ihnen? Handelt es sich um ,,Natur" oder um ,,man made" Strukturen? Haben wir als Nutzer von Aladin vielleicht sogar Einfluss auf diese Linien? Was ist den meisten der ,,roten Objekte" gemeinsam? Woher stammen sie?
Das hängt alles miteinander in Beziehung. Die Beantwortung der einen oder anderen Frage ist vielleicht auch ohne Internetzugang möglich. Um alles aber im Zusammenhang und möglichst bequem klären zu können, wird man zu Aladin und Simbad gehen müssen. Und genau das ist der Zweck dieser Übung!
Ergebnis Es gibt noch keines. Der Status lautet ,,Fortsetzung folgt". Und an dieser Fortsetzung können Sie mitschreiben. Senden Sie Ihre Leserbriefe bitte möglichst als eMail an den Autor mit der Bezugszeile ,,VdS-J Rote Wolke".
Ich wünsche Ihnen ein spannendes Vergnügen und viel Erfolg. Und bedanke mich vorab für`s Mitmachen!
Die wechselwirkenden Galaxien NGC 3226/7
von Daniel Spitzer
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Am 7.5.2008 beobachtete ich die kleine ,,Galaxiengruppe" um NGC 3227 im Sternbild Löwe. Sie ist auch unter anderen Katalogbezeichnungen bekannt, die neben dem NGC-Eintrag wichtigste ist wohl ,,Arp 94". Es handelt sich dabei um eine Ansammlung von insgesamt vier Galaxien, die sich nur wenige Bogenminuten östlich von Leonis befinden. Die größte dieser Galaxien ist NGC 3227. Sie wurde zusammen mit NGC 3226 im Jahre 1784 von Wilhelm Herschel entdeckt. Beide Galaxien wechselwirken miteinander. Die anderen beiden sind NGC 3222 und NGC 3213. Für die letzte liefert Cartes du Ciel eine visuelle Helligkeit von 13,5 mag und eine Flächenhelligkeit von 13,3 mag/sec2 an - zu lichtschwach für mein 8-zölliges SC unter Vorstadthimmel. Ich beobachtete zunächst mit 50-facher Vergrößerung, um das richtige Feld einzustellen. NGC 3227 war dann nach etwas Eingewöhnung auch schwach, aber eindeutig sichtbar. Also: höhere Vergrößerung. Ich wollte
Abb. 1: Aufnahme der Region um NGC 3226 des DSS im roten Spektralbereich
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mich schrittweise steigern und stecke ein 21-mm-Okular (95-fache Vergrößerung) ein. Nun war NGC 3226 klar von der wesentlich größeren NGC 3227 getrennt. NGC 3227 erschien nur minimal heller als sein kleinerer Begleiter. Aber wo steckt NGC 3222? Sie soll eine Helligkeit von 12,8 mag besitzen. Das MUSS doch gehen! Ich überlegte: ,,Höre ich für heute auf und sehe mir den Rest vom Tatort an, oder versuche ich es noch mit einem 26-mm-Okular?" Ich gab der Galaxie noch eine letzte Chance. Im indirektem Sehen und field sweeping war sie dann endlich sichtbar. Sie zeigt sich lediglich als kleiner, rundlicher Nebelfleck, ohne irgendwelche Struktur.
[1] http://archive.eso.org/dss/dss/
Abb. 2: Zeichnung von NGC 3226 mit Begleitgalaxien im 8" SC
Neues aus der Fachgruppe ,,Geschichte der Astronomie"
von Wolfgang Steinicke
Wenn diese Zeilen erscheinen, liegt die 5. Tagung der Fachgruppe ,,Geschichte" in Kassel bereits hinter uns. Ich werde im nächsten Heft darüber berichten (siehe auch unsere Webseite http:// geschichte.fg-vds.de). Im Folgenden ist von zwei Astronomen die Rede, die
Ihre Spuren in ganz unterschiedlichen Medien hinterlassen haben. Carl Sagan war ein sehr erfolgreicher Autor und Fernsehmoderator. Ihm verdanken wir viele Einsichten zum Thema ,,Kosmos" - Olaf Fritz berichtet in seiner ,,biografischen Notiz" darüber. Otto Ule dürfte,
zumindest als Person, kaum bekannt sein. Vielleicht aber sein wunderschönes Buch ,,Die Wunder der Sternenwelt" von 1859, das in einem Nachdruck erhältlich ist. Mechthild Meinike stellt den ,,Politiker, Feuerwehrhauptmann und Naturforscher" vor. Viel Spaß beim Lesen - und versorgen Sie mich weiter mit interessanten Artikeln!
Carl E. Sagan - Eine biografische Skizze
von Olaf Fritz
,,Der Kosmos ist alles, was ist oder je war oder je sein wird. Noch die beiläufigsten Betrachtungen über den Kosmos rühren uns seltsam an - die Stimme stockt uns, ein Kribbeln läuft uns über den Rücken, ein Gefühl wie von einer fernen Erinnerung, von einem Sturz aus großer Höhe dämmert auf: Wir spüren, dass wir vor dem größten aller Geheimnisse stehen." [1]
Carl Sagan gehört ohne Zweifel zu den bekanntesten und populärsten US-Astronomen, Astrophysikern, Exobiologen und Wissenschaftspublizisten des vergangenen 20. Jahrhunderts. Vor allem seine 13teilige populärwissenschaftliche Sendereihe ,,Unser Kosmos"
(engl.: ,,Cosmos - A Personal Voyage") machte Sagan, in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts, einem weltweiten Publikum bekannt. Das gleichnamige populärwissenschaftliche Sachbuch ,,Unser Kosmos Eine Reise durch das Weltall", so der deutsche Titel, war zum Beispiel über ein Jahr auf der New-York-Times-Bestsellerliste vertreten. Im Rahmen dieser kurzen biografischen Skizze soll dem Leben und Werk dieser vielschichtigen Persönlichkeit nachgespürt werden. Gleichwohl ist weder eine vollständige, geschweige denn erschöpfende biografische Betrachtung möglich [vgl. dazu ausführlicher 1-6]. Carl Edward Sagan wurde am 9. November 1934 im New Yorker Stadtteil Brooklyn
geboren. Sein Vater Sam Sagan war in jungen Jahren aus Russland in die Vereinigten Staaten von Amerika emigriert und verdiente sein Geld in der ortsansässigen Textilindustrie. Seine Mutter Rachel Molly Gruber war Hausfrau. An der Rahway High School in New Jersey machte Sagan 1951 seinen High-School-Abschluss. Es folgte ein Physikstudium an der renommierten Universität von Chicago/Illinois. Zunächst erlangte er 1955 seinen Bachelor of Science im Fach Physik. Bereits ein Jahr später erlangte er im gleichen Fach seinen Masters of Science. Daran knüpfte ein Promotionsstudium in den Fächern Astronomie und Astrophysik an. 1960 verlieh ihm die Universität von
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Carl Sagan (1934-1996)
Chicago/Illinois, für seine Abhandlung über die Möglichkeit des Lebens auf anderen Planeten, die Doktorwürde (PhD). Zwischen 1962 und 1968 war Sagan wissenschaftlicher Mitarbeiter am Smithsonian Astrophysical Observatory in Cambridge/Massachusetts. In dieser Zeit hielt Sagan auch als Dozent regelmäßig Vorlesungen im Bereich Astronomie und Raumfahrtwissenschaften an der Bostoner Eliteuniversität Harvard ab. Im Jahr 1968 wechselte Sagan an die ebenso renommierte Cornell Universität in Ithaca/New York. 1971 wurde Sagan auf die DavidDuncan-Professur für Astronomie und Raumfahrtwissenschaften berufen und zum Direktor des Laboratory for Planetary Studies der Cornell-Universität bestimmt. Weiterhin war er zwischen 1972 und 1981 Associate Director des ortsansässigen Centers of Radio Physics and Space Research.
Neben seiner erfolgreichen akademischen Tätigkeit war Sagan, seit Ende der 50er Jahre, auch als Berater für die amerikanische Raumfahrtagentur NASA (National Aeronautic and Space Administration) tätig. In diesem Zusammenhang sei beispielsweise daran erinnert, dass Sagan maßgeblich an der Planung, Organisation und Durchführung einer Reihe von unbemannten Weltraummissionen (Mariner, Viking und Voyager) beteiligt war. Auf ihn scheint auch die Idee zurückzugehen, eine friedliche Botschaft der Menschheit den Voyager-Raumsonden mit auf den Weg gegeben zu haben. Diese Idee
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wurde mit den goldenen Datenplatten »Sounds of Earth« verwirklicht. Diese Datenträger enthalten sowohl Ton- als auch Bildinformationen über die Erde, deren Tier- und Pflanzenwelt und natürlich über die Menschen selbst.
Neben diesen vielfältigen Tätigkeiten (Beratung, Lehre, Forschung) war Carl Sagan auch aktiv als Vorsitzender der Abteilung Planetenwissenschaften der American Astronomical Society sowie der astronomischen Abteilung der American Association for the Advancement of Science sowie Präsident der planetologischen Abteilung der American Geophysical Union. Weiterhin war er fast 12 Jahre wissenschaftsjournalistisch tätig, nämlich als Chefredakteur der führenden amerikanischen Fachzeitschrift für Planetenforschung ,,Icarus".
Carl Sagan, so scheint es zumindest, war ein Workaholic, deshalb verwundert es auch nicht, dass er im Verlauf seines Schaffens, weit über 600 schriftliche Arbeiten (vom akademischen Essay über Fachaufsätze bis zu populärwissenschaftlichen Schriften) publizierte. Gleichzeitig war er auch als Autor, Co-Autor und Herausgeber für mehr als 20 Büchern, verantwortlich. Im Verlauf seiner beruflichen Laufbahn erhielt Carl Sagan eine Vielzahl von Auszeichnungen für seine außergewöhnlichen Leistungen, wie zum Beispiel den Pulitzer Preis (1978) für das beste Sachbuch, den John F. Kennedy Astronautic Award der American Astronautical Society, die Public Welfare Medal der Nationalen Akademie der Wissenschaften sowie zweimal die Distinguished Public Service Medal der National Aeronautics and Space Admistation (NASA), um nur einige Auszeichnungen zu nennen. Neben dieser enormen wissenschaftlichen Schaffenskraft war Carl Sagan auch ein weltoffener Mensch, der seine Umwelt genau wahrnahm. Er hatte ein ausgeprägtes soziales und politisches Gewissen, welches er offensiv in der US-Öffentlichkeit vertrat. Er soll zum Beispiel mehrfach bei Demonstrationen gegen Atomwaffentests in Nevada verhaftet worden sein. Ferner soll er mehrmals die Einladung ins »Weiße Haus« in Washington, D.C. in der Regierungszeit Ronald Reagans, vermutlich aus politischen Beweggründen, abgelehnt haben. Er war ein früher Gegner des militärischen Wettrüstens zwischen Ost und West in der Ära des Kalten Kriegs. Er war ein Mahner und verwies auf die
katastrophalen Folgen eines möglichen Atomkrieges zwischen den Supermächten UdSSR und USA sowie den hiermit verknüpften Folgen eines nuklearen Winters für die Erde und deren Bevölkerung. Weiterhin sah er bereits früh die möglichen Risiken des globalen Klimawandels und des Treibhauseffektes für unseren Planeten voraus.
Am 20. Dezember 1996 verstarb Carl Edward Sagan in Seattle/Washington, im Alter von 62 Jahren, an einer schweren Erkrankung des Knochenmarks.
Literatur: [1] Carl Sagan: Unser Kosmos. Eine Reise
durch das Weltall. Mit 500 meist farbigen Abbildungen. Aus dem Amerikanischen von Siglinde Summerer und Gerda Kurz. - München 1989, S. 16, (Fett von O.F.). Vgl. auch die biografische Informationen zu Beginn dieses Buches. [2] Wikipedia, die freie Enzyklopädie: Eintrag ,,Carl Sagan". http://de.wikipedia.org/ wiki/Carl_Sagan [3] Extrasolar-planets.com: Eintrag ,,Carl Sagan". http://www.extrasolar- planets. com/personen/sagan.php [4] Science@Home - Lexikon: Eintrag ,,Carl Sagan". http://www.science-at-home.de/ lexikon/lexikon_det_00190515000040.php [5] Wikipedia, the free encyclopedia: Eintrag ,,Carl Sagan". http://en.wikipedia.org/ wiki/Carl_Sagan [6] Tom Rainy (alias Thomas Regnery): ,,Dr. Carl Sagan - Ein bedeutender Astronom des 20. Jh.". http://www.carl-sagan-sternwarte.de/carl_sagan.htm
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Politiker, Feuerwehrkommandant und Naturforscher
von Mechthild Meinike
Noch heute kündet die Ulestraße im Mühlweg-Viertel in Halle an der Saale von Otto Eduard Vincenz Ule. Der Sohn eines Konsistorialrates wurde am 22.01.1820 in Lossow bei Frankfurt/Oder geboren. Im Oktober 1840 begann er in Halle Theologie zu studieren. Kurz darauf wechselte er zu Naturwissenschaften und Mathematik und schloss 1845 in diesen Fächern sein Oberlehrerexamen und 1847 seine Promotion ab. Der preußische Staat verweigerte ihm lebenslang eine Anstellung im Schuldienst sowie die Habilitation und Lehraufträge an der Universität. Grund dafür war sein fortschrittliches Denken in den Zeiten der Revolution von 1848. Freie Meinungsäußerungen und das Eintreten für eine demokratische Republik führten zu einer Verurteilung wegen Majestätsbeleidigung. Eine berufliche Laufbahn im preußischen Staatsdienst war so ausgeschlossen. Ule fand eine Anstellung als Lehrer für Naturwissenschaften an einer privaten Landwirtschaftsschule im Saalkreis und arbeitete dort bis zu deren Auflösung 1851. Danach kehrte er als freier Schriftsteller und Gelehrter nach Halle zurück. Gemeinsam mit dem Botaniker Karl Müller gründete er 1852 die Zeitschrift ,,Die Natur". Als Mitherausgeben und Autor der schnell erfolgreichen Wochenzeitschrift veröffentlichte Ule in den Folgejahren rund 260 Beiträge. Sie geben Einblick in die geistige Haltung und das umfangreiche Wissen eines vielseitig interessierten Naturforschers. Die Zeitschrift präsentierte eine ,,lebendige und vernünftige Natur", die von Harmonie und gesetzmäßiger Ordnung durchzogen und in der ,,Alle lebendig, Alles heilig, Alles göttlich sei". Das zentrale Ziel der Zeitschrift war die Vermittlung von ,,Menschenbildung im edelsten Sinne des Wortes, Vernichtung des Aberglaubens und aller Vorurtheile durch das Licht der Wissenschaft" im besten Humboldtschen Sinne [1].
Von Ule erschienen eine Vielzahl von populärwissenschaftlichen Schriften zu völkerkundlichen, chemischen, physikalischen und astronomische Fragestellungen. Sie erfuhren eine weite Verbreitung und reichen bis in unsere Tage. Die Veröffentlichung seines Werkes ,,Das
Porträt Otto Ule (Bildquelle: Mitteldeutsche Zeitung)
Weltall. Beschreibung und Geschichte des Kosmos im Entwicklungskampf der Natur" in drei Bänden von 1859 erlebte zahlreiche Nachauflagen. Noch heute ohne Probleme antiquarisch zu erhalten ist das Buch ,,Die Wunder der Sternenwelt. Ein Ausflug in den Himmelsraum" von 1859/1861. Es ist in vielen Auflagen und in neuzeitlichen Nachdrucken zuletzt 1998 im Weltbildverlag erschienen. Dieses in sich dreiteilige Werk enthält neben himmelskundlichen Einführungen und Himmelsmechanik Ausflüge zu den Planeten, Sternen und Nebeln. Dieses Buch zeichnet sich durch gut gelungene Illustrationen aus. Die detailreichen Zeichnungen der Mondoberfläche wirken faszinierend plastisch - der Bildeindruck ist manchmal dreidimensional (auch unter http://www.astronomie.de/sonnensystem/ mond/antik/grafiken.htm zu sehen). Durch seine methodische Gliederung, klare Sprachgestaltung und Anschaulichkeit spiegelt es den Kenntnisstand der damaligen Zeit exemplarisch wieder. Der an die schnelle Entwicklung der astronomischen Wissenschaft und digitale Medien gewöhnte ,,User" begibt sich als Leser staunend auf eine Zeitreise. Nur ein Beispiel: der plutoide Zwergplanet Pluto war noch nicht einmal als Planet entdeckt. In ,,Die Wunder der Sternenwelt" greift Ule die Idee von Humboldts ,,Kosmos" für ein Fachgebiet heraus und zeichnet ein weiträumiges Bild der damals
als modern geltenden Wissenschaft. Mit diesem Schritt erreichte er eine breite interessierte Leserschaft und trug so zur Popularisierung der Astronomie bei. Unablässig wirkte Ule auch politisch weiter. In der Zeit von 1850-1876 engagierte er sich als Stadtverordneter. Neben Vereinen für Gartenbau und Turnen gründete Ule die Fortschrittspartei. In seinen politischen Ämtern setzte er sich vor allen Dingen für die Bekämpfung der Wohnungsnot in der Stadt Halle ein. Als weitsichtig ist die auf ihn zurück gehende Gründung der ersten Halleschen Freiwilligen Feuerwehr im Jahre 1868 zu nennen, deren Kommandant er war. Kurz darauf wurde von ihm auch eine Rettungskompanie ins Leben gerufen. Bei einem Löscheinsatz im Zentrum von Halle am 06.08.1876 verletzte er sich schwer und starb einen Tag später. Seine Gabe bei der Vermittlung von Naturwissenschaften, sein vielfältiger und unablässiger Einsatz für das Gemeinwohl wurde von den Menschen hoch geschätzt. Es ist überliefert, dass ihm von ca. 1800 Menschen in einem Trauerzug zum Nordfriedhof die letzte Ehre erwiesen wurde. Seine Taten sind bei den Feuerwehrleuten bis heute unvergessen.
Literatur: [1] Daum, Andreas W.: Wissenschaftspopu-
larisierung im 19. Jahrhundert: Bürgerliche Kultur, naturwissenschaftliche Bildung und die deutsche Öffentlichkeit, 1848-1914, Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2002, S. 346
Bucheinband ,,Die Wunder der Sternenwelt. Ein Ausflug in den Himmelsraum"
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Fachgruppen-News:
Astro-Elchtest im Sommer
von Susanne M Hoffmann
Wussten Sie schon, dass sich ab und zu ein Elch vor die Sonne stellt und es dadurch am Tag plötzlich dunkel wird? Nein? Nun, das glaubten zumindest die alten Völker in Zentralrussland, Sibirien. Man lernt das, wenn man das Sonnenmuseum in Nowosibirsk besucht: Auf einem Hinterhof an einem Sackgassensträßchen. Nach Nowosibirsk fuhr die VEGA natürlich anlässlich der Sonnenfinsternis. Und: Ja, wir waren dabei und wir haben sie gesehen! Dank erfolgreicher Zusammenarbeit mit der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch zur Organisation der Reise und dank der Firma Baader-Planetarium, die uns eine Rolle Sonnenfolie stiftete, konnten 15 Teilnehmende aus ganz Deutschland die SoFi08 am 01. August unter strahlend blauem Himmel beobachten! Ein ausführlicher Bericht von Teilnehmenden soll im nächsten Heft folgen. Gleichzeitig fanden in Berlin übrigens auch drei SpaceCamps statt, von denen jedes
Ein Elch verdecke die Sonne, dach-
ten die Einwohner Irkutsks vor
Jahrhunderten bei einer totalen SoFi.
eine Woche dauerte. Sie wurden durchgeführt vom Team des Raumfahrtzentrums Orbitall in der Wuhlheide. Auch diese Aktion scheint sich also zu etablieren.
Jetzt reden wir erstmal vomAstronomischen Sommerlager, dem ASL, das von der VdS unterstützt wird. Wieder trafen sich auf dem fränkischen Bauersberg über 50 junge
Leute, die zwei Wochen lang Tag und Nacht ihre Astronomie-Besessenheit austobten und diesmal sogar anlässlich partieller SoFi vom hessischen Rundfunk besucht wurden! Viel Spaß mit unseren Berichten!
Die VEGA war in einer Gruppe von 150 deutschen Jugendlichen unterwegs, die auf eine ebenso starke russische Gruppe traf: Welch ein Fest
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Astronomisches Sommerlager 2008
von Aliona Solomonova
Am 26. Juli 2008 war es wieder mal soweit: das diesjährige ASL begann und 50 astronomieinteressierte Jugendliche machten sich daran, in den folgenden 2 Wochen ihren Schlafüberfluss loszuwerden.
Am ersten Abend, nach dem Essen und nachdem die Zimmer erkundet und die Betten bezogen waren, ging`s los mit dem NAP, dem nicht-astronomischen Programm, zum gegenseitigen Kennenlernen der jungen Astronomen. Nach dem NAP konnten die Teilnehmer ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Denn wie bereits in den Jahren davor, gab es dieses Jahr eine Camp-Zeitung, die BauMBla, und wieder sollte ein Film auf die Beine gestellt werden. Am Sonntag begann dann die erste AG-Woche. Das Angebot der AGs war sehr vielfältig, leider konnte man sich jeweils nur eineAG proWoche aussuchen. ZurAuswahl standen: AFO (Astrofotografie), CIA (Computersimulation in der Astronomie), DESY (Deep-Sky-Beobachtung), EFA (Einführung in die Astronomie), ERD (Erde), EXO (Exoplaneten und -biologie), KOCH (Kosmochemie), KOS (Kosmologie), KULT (Kulturgeschichte der Astronomie), RAF (Raumfahrt) und STEP (Sternphysik). Nach jeweils fünf Tagen AG stand dann die Präsentation an. Insgesamt präsentierte jede AG ein Mal. Die nicht präsentierenden AGs waren aber nicht untätig, sondern schrieben einen Artikel zu einem der behandelten Themen. Allgemein sah ein typischer ASL-Tag etwa so aus: Vormittags gab es meist Work-
Tanzen im Unwetter
Das sind wir!
shops, zum Beispiel Raketenbau, oder die Referenten vertieften bestimmte Themen zum Vortrag am Vorabend. Nach dem Mittagessen fanden die AGs statt, danach war entweder Freizeit oder, für die Musikalischen des Camps, der Chor, dann Abendessen. Um acht Uhr gab es Vorträge von Professoren, Amateuren und zum Teil EX-ASLern oder das NAP. Und auch für die Orchesterproben hat sich noch Zeit gefunden. Wenn es das Wetter erlaubte, ging`s nach den Vorträgen auf den Sportplatz zu den Teleskopen, was dieses Jahr häufig der Fall war. Und wenn man die Astronomendichte im Camp bedenkt, bedeutete das viele lange Nächte und wenig Schlaf.
Um diese langen Nächte durchzuhalten und nicht kurz vor einem Iridium-Flare vor Hunger umzufallen, gab es um Mitternacht immer noch etwas zu essen.
Gleich am vierten Tag präsentierte der RakBau-Workshop erste Fortschritte. Denn am Vormittag des 29. Juli wurden die ersten Wasserdruckluftraketen gestartet. Das Wetter war dazu nahezu ideal. Ein Highlight für zwei ASL-erinnen war das Wiederfinden ihrer im letzen Jahr verschollenen ,,42". Diese wurde wieder repariert und beim 2. Raketenstart am 2. Freitag das 2. Mal erfolgreich gestartet. Zusammen mit ,,42" wurden bei Nieselregen die restlichen Wasserdruckluftraketen sowie die Feststoffraketen gestartet. Alle wurden zur großen Freude der RakBauer mehr oder minder beschädigt wiedergefunden.
Ein weiteres besonderes Ereignis des Camps war die in unseren Breiten partielle Sonnenfinsternis am 1. August. Der Hessische Rundfunk besuchte deshalb das ASL und drehte einen zweiminütigen Beitrag zu SoFi und ASL. Noch am selben Tag trafen die schon lang ersehnten Camp-T-Shirts ein. Diese wurden dann auch gleich ihrem ersten Belastungstest unterzogen: dem Wandern. Weil das Wetter herrlich war, ging`s zum 11/2 Stunden entfernten Badesee. Und da
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Ein (fast) echtes Parabelflugzeug im Camp - da staunen alle.
die Lufttemperatur angenehme 300 K betrug, war das Badevergnügen der ASLer umso größer. Endlich wieder im Schullandheim angekommen, gab es nach dem Abendessen nicht viel Zeit zum Verschnaufen. Denn während ein Teil den Remote-TeleskopWorkshop besuchte, bereiteten sich Chor und Orchester auf das kleine Konzert vor. Da die Chorleiterin das ASL leider am folgenden Tag verlassen musste, bemühte sich der Chor umso mehr, das Programm der ersten Probewoche so gut wie möglich zu singen. Am Samstag war ausruhen angesagt. Denn es gab keine AGs, nur Workshops, die zahlreich besucht wurden; unter anderem auch zwei zur japanischen bzw. chinesischen Sprache und Schrift. Paul, der Parabelflieger, führte sein Modellparabelflugzeug vor und ließ junge Astrobzw. Aeronauten die Gesetze des Fliegens anhand eines kleineres Modellfliegers testen. Die Testreihe kam jedoch nicht sehr weit, denn gleich nach dem ersten Flug wurde ein Schaden am Propeller entdeckt und das kleine Flugzeug konnte sich leider nicht mehr in die Lüfte über der Wiese erheben.
Zu den Herausforderungen der 2. Woche gehörte eindeutig das von allen geliebte ,,Construction-Game". Dieses Jahr machten sich die angehenden Physiker, Techniker, Ingenieure und weitere schlaue Menschen zur Aufgabe, sechs Gummibärchen so weit wie möglich mit Hilfe einer Schere, Pappe, Schnüren,
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Schaschlikspießen, Gummibändern, Draht, Tesafilm, Luftballons, Strohhalmen und einem Nagel fliegen zu lassen. Dabei sollten sie auch möglichst kreativ sein, denn ein Design-Award wurde auch vergeben. Gewonnen hat eine einfache Diskusscheibe, in der die Gummibärchen einen Rundblick auf die vorbeifliegende Landschaft hatten. Der Design-Award wurde an einen ,,Heiß"-Luftballon vergeben, der zwar nur ca. 30 cm schaffte, sich aber gegen seine Konkurrenten durch den lautstarken Beifall durchsetzte. Eine sportliche Herausforderung war das am folgenden Tag veranstaltete UltimateFrisbee-Turnier. Erstens bestand das Problem darin, das Frisbee richtig zu werfen, zweitens es richtig und gut zu fangen und drittens die davor gegessenen Würstchen vom Grill und den Kartoffelsalat wieder abzutrainieren. All diese Problemchen wurden mit Bravour bewältigt und deshalb ging`s danach zum Lagerfeuer mit Gitarre, Geige und Gesang. Kurz nach Mitternacht brach eine kleine Gruppe ASL-er zu einer Nachtwanderung auf, die von ihren Mitmenschen organisiert wurde. Hier stellten einige ihr schauspielerisches Talent zur Verfügung und inszenierten eine Horrorgeschichte. Am Ende bekamen sowohl die Schauspieler als auch die Organisatoren verdientermaßen einen Riesenapplaus. Am Donnerstag schien die Welt unterzugehen, nachdem sich der strahlende Sonnenschein innerhalb nur weniger Minuten in fürchterlichen Hagel verwan-
delt hatte. Man konnte sich kaum vorstellen, dass eigentlich August war. Mitten auf dem Sportplatz bildete sich ein Hagelsee, was fast jede Möglichkeit zu clustern ausschloss. Dieses Weltuntergangsszenario hatte aber auch seine guten Seiten, denn es wurde verwendet, um dem ASL-Film ,,Wood Wars" den letzten Schliff zu geben. Als eine kleine Belohnung für eine gut gearbeitete AG-Woche gab`s zur Freude aller bei diesem eisigen Wetter eine Runde Eis.
Kaum einer wollte es wahrhaben, aber dennoch kam am 08.08.08 der letzte Abend des Camps. An diesem Abend wurde der endlich, quasi in letzter Minute, fertig geschnittene ASL-Film gezeigt. Außerdem wurde der RakBauFilm vorgeführt und sowohl der Chor als auch das Orchester hatten ihren Auftritt. Sanne hielt einen Vortrag über die VEGA-Reise zur SoFi nach Sibirien und den WS-Leitern wurden zum Dank für ihr Engagement kleine Geschenke überreicht. Die AG-Leitern versammelten sich ein letztes Mal und ihnen wurde mit riesigem Applaus gedankt. Neben dem Leiterbüro warteten danach bereits 50 leere Plastikbecher darauf, mit Zetteln vollgestopft zu werden. Auf diesen Zetteln konnten alle das loswerden, was sie mit dem Einen oder der Anderen besonderes erlebt hatten, was sie sich noch sagen wollten und schon mal Pläne fürs nächste ASL zu schmieden! Und dann, um die 12 bis 14 Stunden später, die einige singend, andere tanzend und wiederum dritte, man kann`s kaum glauben, schlafend verbracht hatten, war das ASL 2008 in Bischofsheim an der Rhön aus und vorbei! Doch nicht alles war verloren, denn dem ASL 2009, welches das 10. sein wird, steht nichts mehr im Weg!
J U G E N D A R B E I T 67
Simulation von Planetenbahnen
AG Computersimulationen in der Astronomie, ASL 2008
von Nina Miekley und Sven Brauch
Einleitung Im ASL können die Teilnehmer unter vielen interessanten AGs wählen; wir entschieden uns unter anderem für ,,Computersimulationen in der Astronomie". Ziel dieser AG war es, Sachverhalte in der Astronomie mathematisch zu beschreiben und dann mithilfe von selbstgeschriebenen Computerprogrammen zu simulieren. So betrachteten wir zum Beispiel die Helligkeit von Meteoroiden, Temperaturen im Inneren von Sternen und auch die Bewegungen von Himmelskörpern in unserem Sonnensystem, mit welchen sich auch dieser Artikel beschäftigt.
Physikalische Grundlagen Um die Bewegung der einzelnen Körper nachvollziehen zu können, müssen wir die Kräfte kennen, die auf diesen Körper wirken. Im Sonnensystem handelt es sich dabei um die Gravitationskraft, die zwischen den Himmelskörpern wirkt.
Bei G handelt es sich um die Gravitationskonstante, bei m um die Masse des einen und bei M um die Masse des anderen Körpers, r ist der Abstand zwischen diesen. Für die Bewegung der Himmelskörper ist neben dem Betrag auch die Richtung der Kraft entscheidend, die folgende Gleichung zeigt die vektorielle Notation von Gleichung 1:
Der Abstand wird über den Satz des Pythagoras berechnet. Aus der Gravitationskraft lässt sich die von den Körpern erfahrene Beschleunigung a gemäß der Grundgleichung der Mechanik F = m*a berechnen. Die Beschleunigung ist die zweite Ableitung des Weges nach der Zeit, wir erhalten nach Umformen daher die folgende Differentialgleichung:
Mathematische Grundlagen Die oben stehende Differentialgleichung wird numerisch gelöst. Dazu verwenden wir das Eulersche Polygonzugverfahren. Grundgedanke ist die Annahme, dass die auf einen Körper wirkende Beschleunigung a über ein Zeitintervall t konstant ist. Die Geschwindigkeitsänderung lässt sich daher durch v = ac, die Positionsänderung durch r = vt bestimmen. Je kleiner das Zeitintervall t, desto genauer sind die Simulationsergebnisse, desto mehr Rechenzeit benötigt jedoch auch die Simulation.
Umsetzung in Python Wir stellen in unserer Simulation die gravitative Wechselwirkung zwischen den Himmelskörpern dar. Dazu betrachten wir jeden Himmelskörper als Instanz einer
Das Bild zeigt eine texturierte und gerenderte Darstellung, die mit dem Programm Blender erstellt wurde.
Klasse, welche ganz allgemein einen Körper beschreibt. Diese Klasse besitzt eine Methode, mit welcher die Kraft, die von diesem Körper auf einen anderen wirkt, bestimmt werden kann.
Nun berechnen wir in kleinen Zeitschritten t für jeden Körper i des Sonnensystems sosy, welche Kräfte auf ihn durch die anderen Körper j wirken:
Aus dieser Gesamtkraft lässt sich nun die für diesen Zeitabschnitt geltende Beschleunigung bestimmen, mit Hilfe des Eulerschen Polygonzugverfahrens wird auf Geschwindigkeitsänderung und Positionsänderung geschlossen.
Diese Daten können nun einfach ausgegeben und mit einem beliebigen Programm, wie z. B. Gnuplot oder Blender dargestellt werden.
VdS-Journal Nr. 28
68 J U G E N D A R B E I T
Darstellung mit dem Programm Gnuplot
Die Sonne und ihre bevorstehende Entwicklung
von Fabian Heimann, Patrick Mangat, Lennart Nickolay, Cedric Seehausen und Jannik Tesch
Im diesjährigen Astronomischen Sommerlager vom 26.07. bis 09.08.2008 haben wir uns in der AG ,,Physik der Sterne", geleitet von Tobias Schmidt, unter anderem mit der Theorie des Lichts, der Sternenspektroskopie und auch der Entwicklung von Sternen befasst. Letzteres wollen wir im Rahmen dieses Artikels aufgreifen, wobei wir uns auf sonnenähnliche Sterne beschränken.
Um die Entwicklung unserer Sonne zu beschreiben, ist es zunächst notwendig, wesentliche Daten, insbesondere die Masse MSonne, Die Leuchtkraft LSonne, die Oberflächentemperatur TSonne und den Radius RSonne, der sich daraus ergibt, festzustellen. Der zuerst genannte Parameter ergibt sich ganz einfach aus dem newtonschen Gravitationsgesetz zu etwa MSonne = 2*1030 kg und die Leuchtkraft wie folgt aus der Solarkonstante (SSonne = 1370 W/m2) und der Entfernung der Sonne.
Man erhält etwa 3,85*1026 Watt. Mit der durch Spektroskopie bekannten Oberflächentemperatur von ca. 6*103 K ergibt sich durch Anwendung des BoltzmannGesetzes
VdS-Journal Nr. 28
ein Radius von ca. 7*105 km. Weiterhin lässt sich aus der Masse und der Leuchtkraft die Lebensdauer unserer Sonne zu etwa 1010 Jahren abschätzen, denn ihre Stabilität ist durch ein Gleichgewicht von Strahlungsdruck und Gravitationskraft gegeben, woraus folgt, dass ein massereicher Stern mehr Strahlungsdruck aufbringen muss, und somit den Wasserstoffvorrat durch die Fusion zu Helium schneller verbraucht. Es ist nun bekannt, dass die Sonne vor ungefähr fünf Milliarden Jahren entstand und damit die Hälfte ihres Lebensalters erreicht hat.
Welche weiteren Entwicklungsstadien sind nun für unsere Sonne zu erwarten? Im Augenblick wird der Wasserstoff durch Kernfusion im Kern, bei einer Temperatur von ca. 15 Millionen Kelvin, zu Helium umgewandelt. Dabei werden etwa 1% der Masse gemäß E = mc2 in Energie in Form von Neutrinos und Gammastrahlung umgewandelt.
Das dabei entstehende Helium sinkt durch Gravitation in den Kern und verdichtet sich dadurch, so dass die Temperatur um den
Kern und die Fusionsrate von Wasserstoff zu Helium ansteigen. Dies führt zu einem stark erhöhten Strahlungsdruck, der den Radius der Sonne vergrößert. Nach dem Boltzmann-Gesetz sinkt schließlich die Oberflächentemperatur. Ein Roter Riese ist entstanden. Die Sonne hat im Hertzsprung-Russel-Diagramm den Zweig der Hauptreihensterne verlassen. Weiter steigt im Inneren der Druck kontinuierlich an und es kommt zur Fusion von Helium zu Kohlenstoff (Helium-Flash).
Auch der Kohlenstoff sinkt in den Kern und verdichtet sich. Weitere Elemente können aber mangels ausreichendem Fusionsmaterial nicht erbrütet werden. Schließlich kann die Sonne den notwendigen Strahlungsdruck nicht mehr aufbringen, weil die Fusion aufgrund des niedrigen Drucks in den Außenschalen nicht mehr stattfinden kann, was zur Folge hat, dass die Sonne schnell und stark schrumpft. Dabei steigt der Druck wieder und der plötzlich entstehende Strahlungsdruck ist in der Lage, die äußeren Hüllen durch die resultierende Pulsation abzustoßen. Hierdurch entsteht ein planetarischer Nebel und es verbleibt ein Weißer Zwerg.
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Asteroidenbeobachtungen international - eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit
von Markus Griesser
Es war am 30. August wieder eine jener klaren, aber wegen der hohen Luftfeuchtigkeit auch enorm ermüdenden Beobachtungsnächte. Da die Sternwarte Eschenberg südlich von Winterthur mitten in einer abgeschiedenen Waldlichtung liegt, dort wo sich eben Füchse und Hasen ,,Gute Nacht" sagen, werden gerade die frühherbstlichen Sternennächte manchmal zur Geduldsprobe. Dazu trägt der nahe Fluss Töss massgeblich bei, der - obwohl hundert Meter tiefer gelegen - manchmal ganz dicke Feuchtigkeitswolken hochbläst. Der zur Nebelprobe vom Beobachtungsraum aus von Zeit zu Zeit eingesetzte GreenLaser machte dann in dieser Nacht die gefühlte hohe Luftfeuchtigkeit sichtbar: Die vom Auge kaum wahrnehmbaren Nebelschleier erschienen im scharfen Laserstrahl mit klaren Grenzen. Ob man die bis in den Morgen hinein geplante Beobachtungssession nicht besser frühzeitig abbrechen sollte? Doch da sich zwischendurch der Nebel immer wieder lichtete, machte ich weiter.
Eher unlustig stellte ich einen noch unnummerierten Hauptgürtelasteroiden ein, der seit einigen Jahren nicht mehr beobachtet worden war. Nahe der vorausberechneten Position war dann das 19-MagnitudenPünktlein auch klar zu erkennen. Doch gleich an zwei Stellen im Bildfeld hüpften in den geblinkten Bildpaketen zwei weitere Lichtpunkte mit. Der eine entpuppte sich als ein schon 2005 entdeckter und erst vor wenigen Tagen vermessener Asteroid, doch zum anderen Lichtpunkt hatte die tagesaktuelle Datenbank des Minor Planet Center (MPC) keine Information. Erfahrene Asteroiden-Beobachter ahnen in solchen Fällen sofort, dass dies ein Neuer sein könnte: Also habe ich eine weitere Belichtungsserie gestartet, um so den noch etwas gar kurzen Bahnbogen zu verlängern.
Keine Chance für die Zweite Nacht Am Sonntag signalisierte mir der schweizerische Wetterbericht schon früh, dass am Abend und auch in den kommenden Nächten keine Möglichkeit bestehen würde, die so wichtige Second Night selbst von Winterthur aus zu machen. Auf den
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Abb. 1: Das aus 100 Einzelaufnahmen zusammengesetzte Entdeckungsfoto zeigt in der Bildmitte das Zielobjekt, den Asteroiden 2001 WR17. Daneben ist der extrem feine Lichtpunkt des ,,Neuen" mit der Bezeichnung 2008 QK23 nur knapp zu erkennen.
Sonntagabend waren sogar Gewitter angesagt und danach sollte ein Tiefdruckgebiet in unserer Gegend das Wettergeschehen über Tage hinweg bestimmen. Doch das MPC verlangt bekanntlich von jedem Entdecker, dass ein neu gefundener Kleinplanet mit weiteren Positionsmessungen in einer zweiten Nacht verifiziert werden muss. Erst dann besteht die Chance, mit der provisorischen Bezeichnung, der so genannten Designation, auch die Entdeckung zugesprochen zu bekommen.
So bat ich drei Freunde aus der internationalen Kleinplaneten-Szene um Unterstützung und übermittelte ihnen dafür offen meine Daten. Zwei der Kollegen waren dann auch prompt erfolgreich, denn sie konnten am frühen Montagmorgen durch Wolkenlücken hindurch je drei
Positionsmessungen ausführen. Der eine war Peter Birtwhistle, der 40 km südwestlich von London seit Jahren die Sternwarte J95 Great Shefford [1] besitzt und mit sehr grossem Erfolg neu entdeckte erdnahe Asteroiden verfolgt. Der andere war Andre Knöfel, ein ebenfalls sehr erfahrener Asteroiden-Beobachter, der in der Nähe von Berlin seine Station A80 Lindenberg [2] betreibt. Allerdings weilte er in diesen Tagen wieder mal für einen AstroUrlaub auf der Sternwarte 113 Drebach [3] im Erzgebirge. Kurz vor 5 Uhr am Montagmorgen übermittelte ich dann den nun durch drei verschiedene Beobachter aus drei Ländern erstellten Datensatz mit der Bezeichnung ,,mgr0015" für den neu entdeckten Kleinplaneten in der vorgeschriebenen Form ans MPC. Die korrekte Form ist deshalb so wichtig, weil der Server
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des MPC falsch formatierte Datensätze automatisch zurückweist. Um 7.35 Uhr MESZ, eine für solche Nachrichten sehr ungewöhnliche Zeit, traf vom MPC die Nachricht ein, dass die Entdeckung der Winterthurer Sternwarte zuerkannt wurde und nun offiziell den Namen 2008 QK23 trägt. Doch wie knapp es diesmal geworden war, deutete das Mail aus Cambridge mit folgender Zeile an:
BK96612 ( K08Q23K K08Q23K
mgr0015
Die Bezeichnung BK96612 und die offene Klammer ,,(" zeigten, dass offenbar LINEAR, ein weitgehend automatisierter Survey der US Air Force, meinen neuen Kleinplaneten ebenfalls gefunden hatte. LINEAR, so stellte es sich nachträglich heraus, hatte sogar schon am 26. August 2008 den Brocken ein erstes Mal aufgepickt, ihn am 30. August nochmals astrometriert, aber offenbar konnten diese Einzelbeobachtungen (noch) nicht zusammenführen können. Dies war mein Glück, und so machte ich dank meiner Freunde und gerade mal mit einer Nasenlänge Vorsprung das Rennen! Ein schlechtes Gewissen habe ich deswegen nicht; immer-
Abb. 2: Bahn des Kleinplaneten am 30.August 2008 im Sonnensystem. Erstellt mit EasySky 4.0 von Matthias Busch.
hin hat mir LINEAR auf ganz ähnliche Weise schon drei Neusichtungen weggeschnappt, darunter einen Trojaner.
Fazit dieser Geschichte: So gut hat für mich eine neue Arbeitswoche schon lange nicht mehr begonnen!
Links [1] Sternwarte J95 Great Shefford:
http://www.birtwhistle.org/ [2] Sternwarte A80 Lindenberg:
http://www.minorplanets.de/A80 [3] Sternwarte 113 Drebach:
http://www.sternwarte-drebach.de/
Kosmische Begegnungen
von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries
Ab und zu findet man auf Astroaufnahmen von Deep-Sky-Objekten kurze Strichspuren. Der Verursacher ist meist ein Kleinplanet, der sich während der Belichtungszeit ein kleines Stück auf seiner Bahn um die Sonne weiter bewegt hat. Für viele Astrofotografen sind solche zufälligen kosmischen Begegnungen eine Bereicherung des Bildes. Besonders dann, wenn man nach einiger Recherche herausfindet, wer der Verursacher der Strichspur war.
Als Beispiel einer kosmischen Begegnung dient uns in dieser Ausgabe ein Bild der Astro-Kooperation [1] von Stefan Heutz und Mitautor Wolfgang Ries. In der Nacht vom 9. auf 10. Februar 2008 passierte der Asteroid (3795) Nigel die Galaxie M 98. Als Aufnahmeinstrument diente ein 18" Newton F/3,7 und eine ST10-XME. Der ca. 15 km große (3795) Nigel wurde 1986 am Mount Palomar Observatory entdeckt. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war er 16, 9 mag hell und ca. 232 Mio. km von
M98 und (3795) Nigel aufgenommen von Stefan Heutz und Wolfgang Ries mit einem 18" Newton F/3,7 und einer ST10-XME.
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der Erde entfernt. Im Gegenzug bringt es die 1781 von Pierre Mechain entdeckte Sb-Galaxie M 98 auf 44 Mio. Lichtjahre. Mit ca. 126 000 Lichtjahren Durchmesser und 200 Milliarden Sonnenmassen ist sie eine der größten Galaxien des Virgohaufens [2].
Kosmische Begegnungen finden täglich statt. Die nachfolgende Tabelle enthält eine kleine Auswahl interessanter Begegnungen zwischen Kleinplaneten und DeepSkyObjekten, die von uns erstellt wurde. Damit soll ihnen ihr Weg zum persönlichen Bild einer kosmischen Begegnung erleichtert werden. Eine einfache und bequeme Möglichkeit, sich täglich über aktuelle kosmische Begegnungen zu informieren, finden sie
auf der Homepage von Co-Autor Klaus Hohmann [3] unter http://astrofotografie. hohmann-edv.de/aufnahmen/kosmische. begegnungen.php Dort kann sich der interessierte Astrofotograf in dem von Klaus geschriebenen Tool bis zu 20 kosmische Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv hat man die Möglichkeit, verschiedene Parameter wie Helligkeit des Deep-Sky-Objektes oder die Helligkeit des Kleinplaneten selber auswählen, um eine passende Konjunktion für sich zu finden.
Wir möchten sie im Namen der Fachgruppe Kleine Planeten der VdS auffordern, Ihre kosmische Begegnung einzusenden, um zukünftige Ausgaben des VdS-Journals mit Ihren Bildern zu bereichern. Schicken Sie die maximal 200 KB großen Bilder
per Mail mit dem Betreff ,,Kosmische Begegnung" an diriesw@aon.at. Bitte vergessen Sie nicht das Aufnahmedatum, die fotografierten Objekte und die Daten des Teleskops bzw. der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines ausgewählten Bildes wird anschließend aufgefordert, eine unkomprimierte Version des Bildes für den Druck zur Verfügung zu stellen.
Literatur/Links [1] Homepage: http://www.astro-kooperation.
com/ [2] Stoyan R.: Atlas der Messier-Objekte,
Oculum - Verlag (2006) [3] Homepage: http://astrofotografie.hoh-
mann-edv.de/grundlagen/
Datum/Uhrzeit
01.02.2009/22:00 17.02.2009/21:00 16.03.2009/24.00 23.03.2009/24:00 21.04.2009/22:00 27.04.2009/22:00 22.05.2009/22:00 26.05.2009/23:00
Kleinplanet
mag
Objekt
Art
(1003) Lilofee
14,1
NGC 2392
PN
(2144) Maietta
15,1
Abell 30
PN
(1446) Sillanpaa
14,7
NGC 4116/21
Gx
(1600) Vyssotsky
14,0
M 3
GC
(5961) 1989 YH1
16,0
NGC 4780
Gx
(169) Zelia
13,2
NGC 4760
Gx
(103) Hera
11,7
NGC 5634
GC
(5293)Bentengahama
15,7
NGC 5846/50
Gx
Abkürzungen: PN = Planetarischer Nebel, GC = Kugelsternhaufen; Gx = Galaxie
mag
9,9 15,6 12,3/11,8 6,2 13,2 12,6 9,5 11,1/11,6
Abstand
3´ 8´ 7´ 5´ 4´ 6´ 0´ 9´
Große Vorträge über Kleine Planeten -
die 11. Tagung der VdS-Fachgruppe ,,Kleinplaneten"
von Markus Griesser
Gegen 70 Kleinplanetenfreunde wollten am 14./15. Juni an die diesjährige Fachtagung kommen, doch nach der sechzigsten Anmeldung war Schluss: Mehr Personen gehen in den frisch renovierten Vortragsraum der Starkenburg-Sternwarte in Heppenheim nicht rein.
Mit ,,Marco Polo" zurück zur Erde Den Einstieg in den bunten Vortragsreigen machte Detlev Koschny. Er arbeitet bei der ESA in Holland unter anderem an Projekten zu erdnahen Asteroiden. Die NEO Sample Return-Mission mit dem vielsagenden Namen ,,Marco Polo" soll im Jahr 2023 eine Probe eines erdnahen Asteroiden zur Erde zurückbringen, wobei als Zielkörper der Asteroid (65679) 1989 UQ erste Priorität geniesst.
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Mit GAIA den Himmel erobern... Mit Rainer Kresken vom ESOC in Darmstadt stellte ein weiterer Profi eine schon weit fortgeschrittene Mission vor, welche die Arbeit der Asteroidenbeobachter massiv verändern dürfte. GAIA ist eine massive Weiterentwicklung des Astrometrie-Satelliten Hipparcos, mit dessen Hilfe hochpräzise Sternkataloge erarbeitet werden konnten. Doch GAIA soll mit noch höheren Messgenauigkeiten, die noch eine Euromünze auf dem Mond erkennen lassen, sozusagen alles erfassen, was da am Himmel an Asteroiden und Kometen herumschwirrt.
Erfreuliche Fachgruppen-Entwicklung Gerhard Lehmann steht einer der aktivsten Fachgruppen der VdS vor und ist auch zu Recht stolz auf deren Entwicklung:
Seit 1998 ist der Mitgliederbestand in der FG Kleine Planeten um satte 170% auf 81 angestiegen. In der Gruppe sind heute 53 Sternwarten mit Obs-Codes vertreten, die inzwischen über 130.000 Positionsmessungen von ca. 17.000 Kleinplaneten beim Minor Planet Center abgeliefert haben. Und die Zahl der neu entdeckten Asteroiden hat mittlerweile die magische Zahl 1.000 deutlich überschritten!
Wenn der Vater nicht mit dem Sohne... Er ist ein glücklicher Familienvater, hat zwei Kinder und er wollte eigentlich seinen Sohn zur Astronomie führen. Doch als der Kleine von Papa Frank Hauswald einen 60-mm-Refraktor geschenkt bekam, lief die Geschichte plötzlich ganz anders: Vom ,,Virus Sterngucken" wurde nicht etwa der Filius erfasst - denn der wanderte schon
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Teilnehmer an der 11. Kleinplanetentagung auf der Starkenburg-Sternwarte in Heppenheim.
bald zur Playstation ab -, sondern der Papa, und wie: Bald leistete der sich einen 114-mm-Newton-Reflektor. Es folgten ein C8, der Bau einer Dachsternwarte und schliesslich das anspruchsvolle SelbstbauObservatorium im Garten.
Superlative auf Österreichisch Der Österreicher Richard Gierlinger berichtete schon an der letzten Kleinplanetentagung vom Bau seiner Sternwarte mit einem 610-mm-Newton. Gerade mal zwei Jahre nach der Inbetriebnahme seines Observatoriums greift unser so fleissiger Sternfreund bereits noch weiter nach den Sternen: Im Bau ist ein 700-mm-Newton auf einer Gabelmontierung mit allerlei technischen Verbesserungen!
Neues von den Faulkes-Teleskopen Mit den beiden 2-Meter-Faulkes-Teleskopen auf Maui (Hawaii) und Siding Spring (Australien) sind zwei gigantische Sehmaschinen im Einsatz, wie Lothar Kurtze in seinem spannenden Referat berichtete. Wegen der langen Brennweite (f/10) umfasst das Gesichtsfeld der 2k-CCDs zwar nur gerade 4,5' Seitenlänge, doch dafür ist die Reichweite mit gegen 22 m in ungestackten Aufnahmen traumhaft. Die Faulkes-Teleskope stehen schwergewichtig für die Projekte englischer Schulen im Einsatz. Doch Lothar Kurtze berichtete auch von einem Pilotprojekt mit einer Schule aus der Region HeppenheimWeinheim
Ein ganz normaler Fernsehstar Mit Ranga Yogeshwar war der beliebte Moderator der populärwissenschaftlichen TV-Reihe Quarks & Co auf der diesjährigen Tagung zu Gast. Zur Kleinplanetentagung erschien aber eben nicht der TV-Star, sondern ein begeisterter Sternfreund. In seinem ersten Referat warb er für Kinderprogramme. Das IYA 2009 sei eine Riesenchance, sagte er und knüpfte dabei an die positiven Erfahrungen beim Venus-Transit von 2004 an: Rund 500 Schulklassen in Deutschland, Ägypten, Russland, Australien und China hatten damals aus ihren Beobachtungen die Sonnenparallaxe abgeleitet. Mit dem Projekt stars@school sollen nun die damaligen sehr positiven Erfahrungen grenzüberschreitend fortgesetzt werden.
Mit Pre-Coverys den eigenen Fund sichern Erwin Schwab berichtete in seinem praxisorientierten Referat über die heute jedermann mögliche Archiv-Recherchen in den Datensammlungen von NEAT. Es handelt sich um im Internet abrufbare CCDAufnahmen der drei NEAT-Stationen 566, 608 und 644, wobei die ziemlich unterschiedlichen Grenzhelligkeiten zu beachten sind.
Eine Lektion in angewandter Mathematik Anspruchsvoll wurde es mit dem Referat von Professor Joachim Schubart, der 1982
und dann nochmals in den neunziger Jahren am Heidelberger Astronomischen Recheninstitut bahnbrechende Arbeiten u.a. auch über die eigenartigen Bahnen der Hilda-Asteroiden publiziert hatte. Die Hildas sind wahrscheinlich Trümmerstücke eines Mutterkörpers. Schubart erläuterte in seinem Referat die bahnspezifischen Besonderheiten der Hildas, die in einer 3:2-Resonanz zum Riesenplaneten Jupiter mit zusätzlichen Überlagerungen weiterer Planetenresonanzen begründet liegen. In einer grafischen Darstellung bilden deshalb die Hildas im Sonnensystem eine merkwürdige Dreiecksformation.
Meteoriten von der Vesta Der 1807 von Heinrich Olbers in Bremen entdeckte Asteroid Vesta zeigt in seinem Reflexionsspektrum auffällige Übereinstimmungen mit Meteoriten, die unter der Sammelbezeichnung HED Clan geführt werden. Andre Knöfel, der sich neben seiner Beobachtertätigkeit auch mit Meteoren und Meteoriten beschäftigt, erläuterte in seinem Referat die spezifischen Eigenschaften der Diogenite, Eukrite und Howardite. Ihnen gemeinsam ist das hohe Alter von 4,5 Milliarden Jahren.
Massenbestimmungen - heute und in Zukunft Mike Kretlow beschäftigt sich schon seit Jahren mit den Massenbestimmungen von Asteroiden und stellte deshalb die heu-
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Ranga Yogeshwar - zu Gast auf der 11. Kleinplanetentagung.
tigen Methoden kurz vor. Die klassische Methode basiert auf den gravitativen Effekten, wie sie beispielsweise bei nahen Begegnungen von Asteroiden oder auch in Doppelsystemen beobachtbar sind.
Nur eine Opposition? Immer wieder wird von Amateuren beklagt, dass heute nur noch mit grossen ,,Töpfen" sinnvolle Asteroidenarbeit geleistet werden könne. Jens Kandler zeigte jedoch am Beispiel des 7-Zoll-Refraktors in der Sternwarte Drehbach, wie man an OneOpposition-Asteroiden auch mit kleineren Geräten wirklich nützliche Beobachtungen ausführen kann.
Auf rauen Wegen zu den Sternen Ausgesprochen vergnüglich startete dann am Sonntagmorgen Detlef Koschny in die Tagung. Er hat im heimischen Garten mit der ausdrücklichen Zustimmung des Familienrates eine hübsche Sternwarte mit einem 16-Zoll-Cassegrain gebaut und bei allen Bauschritten tüchtig selber Hand angelegt. Aber eben, mit dem Heimwerken ist es so eine Sache: Gar so manche Falle lauert auf den zwar willigen, aber halt leider Gottes auch sehr unerfahrenen Hobby-Handwerker. In zehn Lektionen und mit vielen anekdotischen Zwischenbemerkungen erläuterte der erfahrene Raumfahrtwissenschaftler die Tücken seiner (handwerklichen) Künste.
Jagd nach Millisekunden Rolf Apitsch sprach mit seinem Referat ,,Bestimmung der Aufnahmezeit von CCD-Aufnahmen" eine Sorge an, die vor allem Beobachter von schnellen Objekten immer wieder beschäftigt. Die schlechten Residuals werden häufig nicht etwa durch Abbildungs- oder Messfehler im
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Astrometrica verursacht, sondern durch Fehler in der automatisch gespeicherten Aufnahmezeit. Doch der in der Elektronik sehr erfahrene Referent wollte es ganz genau wissen. Und so installierte er mit einer selbst gebauten ,,Running Clock", die mit Leuchtdioden auch noch Millisekunden anzeigte, einen Versuchsaufbau mit seiner CCD-Kamera, einer SXV-H9. Die so mit einer Tausendstel-Sekunde fotografierte Zeit verglich er mit der im Fits-Header gespeicherten Zeit und ermittelte mit ausgedehnten Messreihen eine konstanten Drift von 194 Millisekunden, die er nun in seinen Messungen berücksichtigt.
Ein Video Exposure Analyser Herbert Raab stellte in seinem Referat über den Video Exposure Analyser (VEXA) ganz ähnliche Versuche des bekannten Sternbedeckungsspezialisten Herbert Dangl vor - aber eben für Video-Kameras. Die Versuche ergaben im konkreten Fall einen Zeitversatz von 75 Millisekunden zur GPS-Referenzzeit, was laut Referent vernachlässigbar sei.
Ein Survey für den kleinen Geldbeutel? Seit tief reichende Surveys den Himmel Nacht für Nacht nach neuen Objekten abscannen, sind Amateur-Entdeckungen schwieriger geworden. Jürgen Linder ist aber der Meinung, dass sich mit vereinten Kräften, also mit Interessengemeinschaften, sehr wohl noch was erreichen liesse. Die Idee des SBSS (= Small Budget Sky Survey) sieht das Zusammenführen von an Entdeckungen interessierten Amateuren vor.
10 Wochen lang auf Meteoritensuche Der in Polen geborene Thomas Kurtz ist als Meteoritenfachmann im Förderverein
des Rieskrater-Museum Nördlingen aktiv. Nach dem durch zahlreiche AllskyKameras bestens dokumentierten Fall des Neuschwanstein-Meteoriten wurden bis heute bekanntlich drei Stücke gefunden. Eines davon ist im Rieskrater-Museum zu bewundern. Der bekannte Meteor-Forscher Peter Heinlein grenzte das mutmassliche Fallgebiet bei Neuschwanstein auf rund einen Kilometer ein, doch leider liegt dieses mutmassliche Fundgebiet in sehr unwegsamen, steilem und von wildem Pflanzenwuchs überwucherten Gelände. Thomas Kurtz investierte für seine Suche nicht weniger als zehn Wochen seiner Semesterferien und durchstreifte Tag für Tag das Gelände immer mit der Hoffnung, noch ein weiteres Meteoriten-Bruchstück zu finden. ,,Weitere Meteoriten habe ich zwar nicht gefunden, doch diese Zeit war eine tolle Lebenserfahrung!" - fasst der junge Mann seine Eindrücke zusammen.
Datenbank zu Sternbedeckungen In seinem zweiten Referat stellte Mike Kretlow eine von ihm entwickelte WebDatenbank zur Erfassung von Sternbedeckungen vor. Das Tool benutzt die von Eric Frappa unter euraster.net publizierten Daten. Unser Referent produzierte daraus eine dynamische Web-Site, ergänzte die photometrischen Daten mit Angaben u.a. zum Durchmesser und zur Rotation aus der Datenbank des MPC.
Zurück zum wahren Leben Ebenfalls in einem zweiten Vortrag stellte Ranga Yogeshwar seine weitgehend selbstgebaute Gartensternwarte vor und bezeichnete dabei die Astronomie als Kontrastprogramm zu seiner TV-Tätigkeit. ,,Raus und gucken" praktizierte er schon in seiner Jugend - mit dem Schminkspiegel seiner Mutter und einem Stück Kanalrohr.
Auf Wiedersehen in Frankfurt Erwin Schwab blieb es dann noch vorbehalten, den nächsten Tagungsort vorzustellen: Es ist Frankfurt/Main, und als Termin wurde das Vollmond-Wochenende vom 5. bis 7. Juni 2009 genannt. Wir sind dann zu Gast im physikalischen Verein und werden im Tagungslokal, einem geräumigen Hörsaal, dann garantiert keine Platzprobleme haben. Einziger Wermutstropfen: Die Hotelpreise haben in Großstädten ein etwas anderes Niveau als eben in ländlichen Regionen.
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Helle Kometen des Jahres 2009
von Maik Meyer
Die Vorschau für das Jahr 2009 bietet keinerlei Höhepunkte bei den bekannten periodischen Kometen und nur ein langperiodischer Komet wird voraussichtlich eine ausreichende Helligkeit für kleine Feldstecher aufweisen. Die Hoffnung muss hier auf der Neuentdeckung heller Kometen liegen. Die folgende Planungsvorschau behandelt die zum Zeitpunkt der Verfassung bekannten kurzund langperiodischen Kometen, welche im Jahr 2009 mindestens heller als etwa 10 mag erreichen sollen und von Mitteleuropa aus beobachtbar sein werden.
Diese Kometen sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die zu Grunde gelegten Helligkeiten stellen nur Schätzwerte dar und können häufig um ein bis zwei Größenklassen nach oben oder unten abweichen. Besonders kurzperiodische Kometen zeigen nicht selten Helligkeitsausbrüche, so dass auch nominell schwächere Objekte Überraschungen bieten können. Dynamisch neue Kometen neigen oft zu Helligkeitseinbrüchen, die vorhergesagte Helligkeitswerte unerreichbar werden lassen. Bei den Bahnelementen ist zu beachten, dass diese einer stetigen Änderung unterworfen sind, was besonders für die Beobachtung schwacher Objekte wichtig ist. Die aktuellsten Informationen über die Kometen sind über die Homepage der Fachgruppe Kometen im Internet unter http://kometen.fg-vds.de abrufbar.
Beobachter noch schwächerer Kometen können Positionen und Bahnelemente einer Vielzahl weiterer Objekte beim CBAT unter http://cfa-www.harvard.edu/ iau/Ephemerides/Comets/index.html abrufen. Diese Kometen sollten auf keinen Fall vernachlässigt werden; insbesondere die Photometrie und Astrometrie stehen hierbei im Vordergrund und nicht selten sind unter diesen Kometen Objekte, wel-
Abb. 1: P/2003 K2 (Christensen) am 30.05.2003, um 21:50 UT. 2x10 s und 1 x 120 s mit einem 35-cm, f/3.3 Reflektor und CCD. Michael Jäger und Gerald Rhemann.
che interessante Eigenheiten aufweisen (Ausbrüche, anomale Lichtkurven, usw.). Über helle, nach Redaktionsschluss entdeckte Kometen kann man sich ebenfalls auf der Homepage der FG Kometen informieren.
Die Kometen in der Einzeldarstellung Der in der letzten Vorschau noch mit einer Maximalhelligkeit von 7,5 mag vorhergesagte 85P/Boethin wurde bis August 2008 noch nicht wiederentdeckt und ist möglicherweise zerfallen. Dies scheinen
tiefe Beobachtungen mit Großteleskopen von Ende 2007 zu unterstützen, die den Kometen nicht nachweisen konnten.
Der Komet P/2003 K2 (Christensen) wurde am 26.05.2003 durch Eric Christensen im Rahmen des Catalina Sky Survey als circa 14 - 15 mag helles Objekt entdeckt. Nach Bekanntwerden der interessanten Bahn mit einem Perihelabstand von nur 0,5 AE und einer hohen Exzentrizität von 0,83 wurde der Komet mit einem möglichen Kometen in Verbindung gebracht, der Mitte April
Bezeichnung
Periheldatum
q
U
mmax
P/2003 K2 (Christensen) 2009-01-08,86
0,53
5,71
7.5?
C/2007 N3 (Lulin)
2009-01-10,64
1,21
------
6
22P/Kopff
2009-05-25,40
1,58
6,44
8.5
C/2007 Q3 (Siding Spring) 2009-10-07,27
2,25
------
9.5?
Monatmax
Januar Februar Juni Nov/Dez
S
Februar Jan - Apr Jun - Sep Okt - Dez
Tabelle: Angaben zu den helleren Kometen des Jahres 2009. q = Periheldistanz in AE, U = Umlaufszeit in Jahren, mmax = prognostizierte Maximalhelligkeit 2009 in mag, Monatmax = Monat der erwarteten Maximalhelligkeit 2009, S = Sichtbarkeitszeitraum 2009 bei heller 10m.
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76 K O M E T E N
des gleichen Jahres in im Internet verfügbaren Aufnahmen des SWAN-Instrumentes an Bord der Sonnenbeobachtungssonde SOHO durch den chinesischen Amateur Xing-Ming Zhou aufgefunden wurde. Die Helligkeit wurde damals zu etwa 10 - 11 mag abgeschätzt. Der Komet verlor im Laufe des Junis rasch an Helligkeit, so dass ein Bogen von nur etwas mehr als einem Monat für die Bahnbestimmung vorhanden ist. Somit ist damit zu rechnen, dass der Komet etwas entfernt von der erwarteten Position aufgefunden werden wird. Dies gilt auch für die zu erwartende Helligkeit. Basierend auf den möglichen SWAN-Beobachtungen könnte optimistisch eine Maximalhelligkeit von 7 - 8 mag erreicht werden. Der Komet wird sich dabei allerdings in geringer Elongation zur Sonne befinden. Nach dem Perihel steigt er Anfang Februar rasch schwächer werdend mit vielleicht 8 mag am Morgenhimmel empor. Zu diesem Zeitpunkt wird er auch seine geringste Erdnähe mit 0,3 AE durchlaufen. Bereits Ende Februar dürfte der Komet auf Helligkeiten schwächer 10 mag gefallen sein. Für den visuellen Beobachter wird der Komet in jedem Fall eine Herausforderung darstellen.
Ein halbwegs sicherer Kandidat ist der Komet C/2007 N3 (Lulin). Entdeckt wurde dieser Komet am 11.07.2007 als ein sternförmiges 18,5 mag helles Objekt, durch Quanzhi Ye, einem chinesischen Studenten aus Guangzhou, auf CCD-Aufnahmen von Chi Sheng Lin aus Jung-Li, Taiwan, im Rahmen des Lulin Sky Survey mit einem 41-cm Reflektor. Bereits die erste Bahn ließ vermuten, dass der Komet beim Perihel im Januar 2009 recht hell werden könnte. Die Beobachtungen im August 2008 lassen vermuten, dass der Komet durchaus die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen könnte. Die zu diesem Zeitpunkt vorliegenden visuellen Helligkeitsschätzungen bewegen sich bei ca. 10 - 12 mag und geben zur Hoffnung Anlass, dass der Komet 6 mag oder heller werden könnte. Der Komet wird im Laufe des Januar mit etwa 8 mag am Morgenhimmel sichtbar werden und zum Zeitpunkt seiner größten Helligkeit Ende Februar in etwa 45 Grad Höhe am Nachthimmel stehen. Dabei wird der Komet gleichzeitig seine geringste Erdnähe mit ca. 0,4 AE durchlaufen, was ein diffuses und ausgedehntes Objekt erwarten lässt. In der Folge wechselt er auf den Abendhimmel und wird im April wieder unter 10 mag fallen; immer noch Höhen über 40 Grad aufweisend.
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Abb. 2: C/2007 N3 (Lulin) am 28.07.2008, um 22:01 UT. 185 s mit 25-cm Newton und Canon EOS 350D. Christian Harder.
Über die aktuelle Entwicklung sollte sich jedoch über die Homepage der Fachgruppe Kometen zeitnah informiert werden. Der Komet 22P/Kopff wurde am 23.08.1906 durch August Kopff fotografisch auf der Sternwarte Heidelberg-Königstuhl entdeckt. Nach einer engeren Begegnung mit Jupiter 1942/43 wurde der Perihelabstand auf 1,5 AE verringert, was in der Folge zu einer hellen Erscheinung mit einer Maximalhelligkeit von 8 mag führte. Auch die Wiederkehr von 1996 war vergleichbar hell. Die Wiederkehr von 2009 ist geometrisch sehr vorteilhaft, wenn auch die
Abb. 3: August Kopff (1882 - 1960), undatiert (Quelle: http://www.ari.uni-heidelberg.de)
Südhimmelbeobachter bevorzugt sind. Der Komet sollte bereits im April heller als 10 mag sein, wird dann jedoch sehr niedrig über dem morgendlichen Horizont platziert sein. Anfang Juli, genau zum Zeitpunkt der maximalen Helligkeit mit vielleicht 9 mag, wird er höher als 20 Grad steigen, wobei er sich weiterhin am Morgenhimmel aufhalten wird. Bis Mitte September wird die Helligkeit wieder auf unter 10 mag fallen, wobei die optimale Beobachtungszeit sich in Richtung Mitternacht verschiebt. Die geringste Erdnähe wird mit 0,77 AE Anfang August durchlaufen. Der Komet wird auch in seiner schwächeren Phase bis Ende des Jahres bequem beobachtbar sein.
Der Komet C/2007 Q3 (Siding Spring) wurde am 25.08.2007 als 17,5 mag schwaches und sternförmiges Objekt im Rahmen des Siding Spring Survey entdeckt und erst durch Bestätigungsbeobachtungen als Komet identifiziert. Trotz des relativ großen Perihelabstands von 2,25 AE erscheint es derzeit möglich, dass der Komet heller als 10 mag werden könnte. Die bisher vorliegenden CCD-Helligkeiten ergeben rechnerisch eine relativ hohe absolute Helligkeit. Die Vorhersage ist allerdings insofern als sehr unsicher zu betrachten, da CCD-Helligkeiten meist deutlich schwächer als visuelle Werte sind und der Komet sich zurzeit noch in Sonnenabständen befindet, die noch keine erhöhte Aktivität erwarten lassen. Zusätzlich scheint der Komet dynamisch ,,neu" zu sein, was auf eine etwas geringere Aktivität schließen lassen könnte. Somit sind für die Beobachtungsplanung die aktuellen Meldungen und Helligkeitswerte zu berücksichtigen. Ab Oktober steigt der Komet für uns am Morgenhimmel auf Höhen über 20 Grad. Bis zum Jahresende wird der Komet nur leicht heller, wobei er allerdings nun in über 60 Grad Höhe beobachtbar ist.
Weitere Kometen sind für den Helligkeitsbereich knapp schwächer als 10 mag vorhergesagt. Über diese sollte sich ebenfalls zeitnah auf der Fachgruppen-Homepage informiert werden.
Fazit Ähnlich wie das Jahr 2008, bietet 2009 für den Liebhaber hellerer Kometen nur wenige lohnenswerte Objekte. Es bleibt die Hoffnung auf die Entdeckung weiterer Kometen sowie auf Helligkeitsausbrüche bekannter und nominell schwächerer
K O M E T E N 77
Kometen. Visuelle und CCD-Fotometrie der Kometen bleibt weiterhin ein wichtiges und aufgrund der Menge an Objekten lohnendes Betätigungsfeld für Amateure, die auch wissenschaftlich sinnvolle Arbeit leisten wollen. Auch negative Beobachtungen sind nützlich. Die Fachgruppe Kometen sammelt alle Beobachtungen und wertet diese aus. Informationen zur Mitarbeit im Rahmen der Fachgruppe erhält der interessierte Beobachter gegen 1,44 in Briefmarken unter der Adresse: VdSFachgruppe Kometen, c/o Maik Meyer,
Westerwaldstraße 91, D-65549 Limburg, sowie auf der oben genannten Homepage der Fachgruppe Kometen.
Literaturhinweise - Shanklin, J. D.: BAA Comet Section
Homepage (http://ast.cam.ac.uk/~jds) - Kinoshita, K.: Comet Orbit Homepage,
http://www9.ocn.ne.jp/~comet/ - Kronk, G. W.: Cometography 1 - 3,
Cambridge Univ. Press, 1999, 2004, 2007. - Kronk, G. W., Cometography 4,
Manuskript, 2008. - Kronk, G. W., Meyer, M.: Cometography
5, Manuskript, 2008. - Meyer, M.: Catalogue of Comet
Discoveries. Über den Autor. - Nakano, S.: Nakano Notes,
http://www.oaa.gr.jp/~oaacs/nk.htm - Yoshida, S.: http://aerith.net.
500 Kometen und kein bisschen müde
von Werner Hasubick
In den 33 Jahren, die ich mich jetzt mit der Amateurastronomie befasse, war ich schon auf den verschiedensten Beobachtungsgebieten tätig. Zu Beginn bestimmte ich mit einem selbst entwickelten Programm die Positionen von Sonnenflecken, erzielte über 12.000 Schätzungen an Mirasternen oder fotografierte über zwei Jahre hinweg 500 Kleinplaneten mit einem 200-mm-Teleobjektiv. Parallel dazu begann ich auch mit der Kometenbeobachtung. Neben diesem Hauptbeobachtungsgebiet arbeite ich gerade an einer Durchmusterung aller Kugelsternhaufen, interessiere mich für die Erscheinungen der atmosphärischen Optik, betreibe Astrofotografie und engagiere mich beim Thema Lichtverschmutzung.
Abb. 1: Anzahl neue Kometen pro Jahr.
Nach 31 Jahren Kometenbeobachtung konnte ich am 10. Juli 2008 mit dem Kometen C/2008 N1 (Holmes) meinen 500. Kometen beobachten (ohne Zählung von SOHO-Kometen). Es ist lange her, seit ich im Oktober 1977 mit einem 14x100-Feldstecher den Kometen C/1977 R1 (Kohler) auffinden konnte. Nach der anfänglichen visuellen Beobachtung nutzte ich später eine 14-cm-Schmidtkamera und gehe heute zumeist mit einer CCDKamera und einem 44-cm-Newton auf die Kometenjagd. Neben der astrometrischen Arbeit (bisher über 2000 Positionen) beobachte ich auch noch sehr gerne visuell und habe inzwischen über 1400 Schätzungen an über 230 Kometen erhalten und an das ICQ gesandt.
folgende Maximalwerte erreicht: 64 neue Kometen und 114 Kometen insgesamt. Seitdem konnte dieses Niveau in etwa gehalten werden. Damit belegte ich in den drei vergangenen Jahren immer den dritten oder zweiten Platz unter den Amateuren, die Kometenastrometrie betreiben. Vor mir lagen die Sternwarten 204 Varese in Italien und 349 Kadota in Japan. (Abb. 1) So können eigentlich alle neuen Kometen des Jahres beobachtet werden, nur ständig am Südhimmel stehende nicht (dafür müsste dann ein ferngesteuertes Teleskop benutzt werden). In langen Herbst- und Winternächten können heutzutage mit CCD-Kameras leicht 50 bis 60 Kometen in einer Nacht beobachtet werden!
Um in den letzten Jahren meine Produktivität bei der Kometenbeobachtung auf das aktuelle Niveau zu erhöhen, ist vor allem eine gute Vorbereitung wichtig, um keinen zu verpassen. Damit wurden 2006
Abb. 2: Komet C/1995 O1 (Hale-Bopp) am 31.3.1997, Schmidtkamera 140/225mm, 5 Minuten auf Elitechrome 100.
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Abb. 3: Komet C/1996 B2 (Hyakutake) am 26.3.1996, 2.8/16mm, 5 Minuten auf Ektachrome 1600P. Rechts von der Bildmitte der Große Wagen, der Kometenschweif kreuzt die Deichsel.
Abb. 4: Komet 17P/Holmes am 5.12.2007, 100/400 mm, 2 Minuten mit Canon 20D bei ISO 800.
Das erste Highlight meiner Kometenbeobachterkarriere war ein negatives, weil ich erst kurz nach dem Kometen West begann, mich mit der Astronomie zu befassen. Über die Jahre habe ich dann aber die berühmten Kometen wie C/1983 H1 (IRAS-ArakiAlcock), 1P/Halley, 109P/Swift-Tuttle, C/1996 B2 (Hyakutake), C/1997 O1 (HaleBopp) und 17P/Holmes beobachtet. Meine guten Bekannten 2P/Encke, 46P/Wirtanen und 19P/Borrelly habe ich schon über sechs bzw. fünf Periheldurchgänge verfolgt und den Kometen 29P/SchwassmannWachmann 1 schon in 13 Oppositionen aufgefunden. Den hellen Kometen C/2006 P1 (McNaught) konnte ich mit -5 mag nur 5 Grad von der Sonne entfernt mit dem bloßen Auge sichten, während die schwächsten Kometen mit der CCDKamera nur die 20. Größe erreichen.
Während IRAS-Araki-Alcock gespenstisch schnell über den Himmel zog und die Erscheinung noch in der Tageszeitung stand, wurde Halley schon sehnsüchtig erwartet, ich nahm an der International Halley Watch teil und unternahm die erste Astroexkursion nach Teneriffa. Bei Swift-Tuttle, dem langerwarteten Mutterkometen der Perseiden gelangen
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Abb. 5: Komet 158P/Kowal-LINEAR am 16.4.2007, 51 Minuten mit 44-cm-Newton und ST-9E, die Aufnahme etwa 10 Grad nördlich der Ekliptik zeigt bei einer Grenzgröße von 21 mag keinen einzigen Kleinplaneten, sondern nur die Strichspur des Kometen mit 19. Größe nahezu im Aphel seiner Bahn.
trotz Novemberwetter viele schöne Aufnahmen und bei Hyakutake musste das erste Mal ein Fischaugenobjektiv zur Beobachtung eingesetzt werden, um den 76 Grad langen Schweif zu erfassen (Abb. 2). Bei Hale-Bopp bleibt neben den zwei schönen Schweifen wohl vor allem der Beobachtungsstress in Erinnerung. An einem Tag Ende März 1997 begann die Arbeit früh um 5 Uhr mit der Fotografie des Schweifes, nach der Arbeit wurde der Film entwickelt und Abzüge gemacht, die dann unter den 400 Besuchern der Volkssternwarte am gleichen Abend noch verkauft werden konnten! (Abb. 3) Über die Erscheinung von Holmes braucht wohl nicht viel gesagt werden (Abb. 4) und bei McNaught hat wohl fast niemand die spek-
takuläre Schweifentwicklung vorhergesehen, sonst wäre ich auch zur Südhalbkugel aufgebrochen. An spektakulären Kometenerscheinungen fehlt mir jetzt eigentlich nur noch ein heller Vertreter der Kreutz-Gruppe und der nahe Vorübergang eines absolut hellen Kometen, nachdem die spektakuläre Erscheinung von 109P/Swift-Tuttle im Jahr 2124 zu weit in der Zukunft liegt. Fast 160 der im Augenblick 205 nummerierten periodischen Kometen habe ich bisher beobachtet und die periodischen Kometen 2P/Encke, 74P/Smirnova-Chernykh, 158P/ Kowal-LINEAR (Abb. 5) und 65P/Gunn wurden schon im Aphel nachgewiesen. Im August 2007 konnte ich den Kometen 139P/Väisälä-Oterma mit 19. Größe wie-
derentdecken [1]. Diese Recovery hatte ich mir redlich verdient, hatte ich doch auch schon in den Jahren 2005 und 2006 Versuche an diesem Kometen mit 9,6 Jahren Umlaufzeit unternommen.
Bei der augenblicklichen Rate von 50 neuen Kometen pro Jahr bräuchte ich wohl noch zehn Jahre, um die Nummer 1000 zu erreichen! Der aktuelle Stand sind 514 verschiedene Kometen in 618 beobachteten Erscheinungen. Mal sehen, wie weit ich noch komme. Noch macht mir die Kometenbeobachtung eine Menge Spaß.
Literatur: [1] M.P.E.C. 2007-R31
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100 Jahre Tunguska-Ereignis
von Andre Knöfel
Am Morgen des 30. Juni 1908 um 7:14 Uhr (0:14 UTC) zerriss eine laute Explosion die Stille über der sibirischen Taiga in der Nähe des Handelsposten Vanavara. Augenzeugen berichteten, dass sich vorher eine ,zweite Sonne', aus südöstlicher Richtung kommend direkt über Vanavara nach Nordwesten zur Steinigen Tunguska - einem Fluss tief in der Taiga - bewegte. Über die dort ansässigen Mitglieder des Stammes der Ewenken brach dann ein Inferno: Ein heißer Sturm blies durch die Taiga. In Vanavara zerstörte die Druckwelle Fensterscheiben und Einwohner berichteten, dass sie von der Hitze Verbrennungen davontrugen. Noch schlimmer war die Lage im Epizentrum: Unzählige Bäume wurden durch die Druckwelle einfach abgeknickt. Rentierherden fielen der Katastrophe zum Opfer, viele der Tiere verbrannten. Zelte der Ewenken wurden durch die Luft gewirbelt und zerstört. Es gab auch Todesfälle unter den Bewohnern, zwei Berichte gelten dabei als gesichert. Die Opfer starben an den Folgen ihrer Verletzungen. Noch hunderte Kilometer entfernt war die Explosion zu spüren und der Feuerschein trotz des Tageslichts zu sehen. Nahe Kansk, fast 1000 km vom Explosionszentrum entfernt, stoppte die Transsibirische Eisenbahn, weil die Waggons wie bei einem Erdbeben zu schwanken begannen. Die Luftdruckwelle wurde weltweit registriert.
Heute, nach einhundert Jahren, ist das Rätsel um das Tunguska-Ereignis noch immer nicht gelöst. Es gibt zwei Haupttheorien, die gegenwärtig diskutiert werden, welche aber nicht alle Beobachtungen schlüssig erklären. Die neuere Theorie ist die der rein geophysikalischen Deutung. Dabei sollen nach dem deutschen Wissenschaftler Wolfgang Kundt 10 Millionen Tonnen Erdgas aus einer unterirdischen Lagerstätte ausgetreten sein und sich entzündet haben. Diese Theorie könnte das Fehlen von Resten des eintretenden Körpers, das Erdbeben und die beobachteten unterschiedlichen Bewegungsrichtungen der Leuchterscheinung erklären. Die Helligkeit der Explosion, wie sie im 65 km entfernten Vanavara beobachtet wurde, könnte sie aber nicht begründen. Favorisiert werden heute von den meisten Wissenschaftlern die Einschlagtheorien, obwohl es keine sichtbaren Einschlagstellen gibt. Man geht dabei entweder von einem
VdS-Journal Nr. 28
Stein-Asteroiden oder von einen Kometen Meteoritenfall in Peru vom 15. September
geringer Dichte aus, der in fünf bis vier- 2007 zum jetzigen Zeitpunkt, so wird man
zehn Kilometer Höhe explodierte und aus knapp ein Jahr nach seiner Entstehung
diesem Grunde keinen Krater verursachte. kaum noch an seinen Anblick kurz nach
Die Theorien unterscheiden sich meist nur dem Fall erinnert - im Krater steht Wasser
in kleinen Details wie dem Eintrittswinkel und der nachrutschende Sand wird ihn in
und der Größe des Objekts sowie dessen kürzester Zeit völlig eingeebnet haben.
Zusammensetzung. Italienische Wissen- Auch in den nächsten Jahren wird es weitere
schaftler meinen neuerdings, einen Krater Untersuchungen zum Tunguska-Ereignis
des Tunguska-Ereignisses in Gestalt des geben.Vielleicht werden doch noch einige
Tscheko-Sees entdeckt zu haben, der sich Überreste des Ursprungskörpers und damit
acht Kilometer nördlich vom eigentlichen der entscheidende Hinweis zur Klärung
Epizentrum befindet. Sie meinen, dass des Falls gefunden.
dieser Krater durch ein Bruchstück des Anschrift des Autors:
Tunguska-Ursprungskörpers entstanden Andre Knöfel, Am Observatorium 3,
sei. In diesem Jahr ist eine Expedition zu 15848 Lindenberg
diesem See geplant, die
Bohrungen am Seeboden
durchführen soll. Man hofft, dabei auf Überreste des Ursprungsobjekts zu
Die provisorischen Relativzahlen des SONNE-Netzes, 1. Halbjahr 2008
stoßen. Eine weitere Variante wäre
Tag Januar Februar März April Mai Juni
eine Mischung der geophy-
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sikalischen und der Impakt-
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Theorien. Danach könnte
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dischen Erdgaslagerstätte
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ausgelöst haben. Die
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Wahrscheinlichkeit eines
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Meteorit genau auf eine
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Erdgaslagerstätte fällt und
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diese dabei auch noch ent-
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zündet.
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Ursprungsobjekt gibt, wird
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rätseln müssen.
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Vielleicht hat ja die Taiga
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Kulikschen Expedition
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verschluckt... Betrachtet
man sich nämlich den
Mittel 2,5 1,7
10,5 2,4
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Krater vom Carancas-
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Erratum
Leider wurden im letzten Heft beim Artikel von Kay Hempel ,,Auf der Jagd nach dem Minimum" anstelle einer übersichtlichen Grafik die Quelldaten abgedruckt. Deshalb hier zur Übersicht noch einmal die Kurven der provisorischen Relativzahlen der FG Sonne im Vergleich mit den Daten, die vom Autor ermittelt wurden. Die Schwankungen der Sonnenaktivität konnten auch durch die Fernglasbeobachtungen gut erfasst werden. Die im letzten Heft als ,,Prov" angegebenen Werte stellten den über jeweils ein Jahr gemittelten k-Faktor der Monatsmittel dar, der im Text mit 2,2 +/- 0,15 angegeben wurde.
Die partielle Sonnenfinsternis am 01.08.2008
von Dieter Girrbach
Am 01. August befand ich mich fast am unteren Ende des Sichtbarkeitsgebietes für die Sonnenfinsternis: zwischen Venedig und Triest auf den Koordinaten 13 Grad 04' Ost und 45 Grad 42' Nord. Der Bedeckungsgrad betrug entsprechend einer Grafik im Himmelsjahr knapp 3 %. Die Aufnahme erfolgte während der maximalen Phase um 11:44 Uhr (MESZ) mit einem Spiegelteleobjektiv 90/1000 mm mit Glassonnenfilter, Nikon D 40, fokal 1/60 s bei 400 ASA. Reflexe wurden mit einem Bildbearbeitungsprogramm ausgefiltert.
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82 S O N N E
Partielle Sonnenfinsternis
vom 1. August 2008
von Martin Hörenz
Die Sonne bot in den letzten Monaten für den Beobachter im Weißlicht recht wenig Sehenswertes, einige Fleckengruppen im März waren bisher schon fast alles. Am ersten August sollte sich dann der Blick auf die Sonne wieder mehr lohnen - eine Sonnenfinsternis stand an. Die Reise bis Sibirien oder China wäre im Vergleich zu 2006 recht weit gewesen, deshalb musste anstelle der Totalität mit einer partiellen Finsternis vorlieb genommen werden. Der
Autor konnte die Finsternis in Dresden beobachten, bei bestem Wetter von Beginn bis Ende.
Die Aufnahme zeigt die Sonnenfinsternis als Reihe, aufgenommen mit einer kompakten Digitalkamera Canon Power Shot A530, welche freihand ans Okular eines Fernglases Chronos 20x60 gehalten wurde. Die Lichtreduktion erfolgte mit einem Sonnenfilter ND 5 (Baader-Folie).
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Europäische Kooperationen im Rahmen der Spektroskopie-Workshops 2007 und 2008 am OHP
Bericht über eine Intensivierung der Zusammenarbeit von Amateur-Astrospektroskopikern auf europäischer Ebene
von Ernst Pollmann
Die Spektroskopie-Gruppe unserer französischen Nachbarn mit Namen ARAS (Astronomical Ring for Access to Spectroscopy) veranstaltet seit 2004 regelmäßig im August Workshops für angewandte Astrospektroskopie am Observatorium de Haute Provence (OHP), siehe Abb. 1. Diese Workshops sind Amateuren gewidmet, die sich für die Astrospektroskopie unter wissenschaftlicher Zielsetzung interessieren. Die Teilnehmer aus Portugal, Großbritannien, Italien, Frankreich und Costa Rica sowie Mitglieder der VdSFachgruppe Spektroskopie aus der Schweiz und Deutschland nutzten die vielfältigen Möglichkeiten des praktischen Erfahrungsaustausches. Darüber hinaus bot sich Gelegenheit, Gedanken zu einer internationalen Zusammenarbeit an verschiedenen Bereichen der Astrospektroskopie auszutauschen. Das sind Themen wie etwa die optimale Anwendung diverser Spektrenverarbeitungsprogramme, die praktische Spektrengewinnung mit den unterschiedlichsten Spektrographentypen, Auswerteprozeduren, Ergebnisinterpretation, usw. Aus persönlichen Gesprächen konnte ich ein starkes Interesse der Veranstalter dahin-
gehend erkennen, die Zusammenarbeit zwischen ARAS und der VdS-FG Spektroskopie langfristig in Form einer Zusammenarbeit auf europäischer Ebene zu intensivieren. Für mich ergibt sich daraus die Frage, in welcher Weise unsere VdS-FG an dieser Zielsetzung mitwirken kann. Die Präsentationen zu den von den französischen Kollegen entwickelten Auswerteprogrammen VSPEC und IRIS
Abb. 1 (oben): Blick auf das OHP aus der Ferne (Bildautor: Ulrich Diehl)
zeigten deutlich, dass die Nutzung des in unserer Gruppe häufig eingesetzten Paketes ESO-MIDAS in der ARASGruppe ganz offensichtlich keine Rolle spielt. Außerdem scheinen die Mentoren des Meetings die Beobachtung von Be-Sternen als vorrangig zu betrachten.
Abb. 2: Gespräch am ,,Runden Tisch" zur zukünftigen europäischen Zusammenarbeit
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Ich habe den Eindruck, dass dies wesentlich mit dem Mitwirken von Coralie Neiner (Observatorium Paris-Meudon) in der französischen Gruppe zusammenhängt. Dies bestätigte sich auch anlässlich einer abendfüllenden Präsentation zum Thema Datenbank für Be-Sterne mit Namen BeSS, die im Wesentlichen von C. N. und ihrem Kollegen B. de Batz entwickelt worden ist. F. Cochard teilte mir in einem ausführlichen Gespräch seine Erwartungshaltung hinsichtlich der Akzeptanz zur Datenbank BeSS mit. Er hatte sich schon jetzt eine stärkere Akzeptanz dieser Datenspeicherung in unserer FG erhofft. Es mag sein, dass der Sinn dieser Einrichtung in unseren Reihen bisher noch nicht ausreichend erkannt ist. Mittlerweile ist die Datenbank BeSS jetzt auch zur freien Verwendbarkeit zur Verfügung gestellt worden. IhreAnwendung ist nunmehr auch auf andere Gebiete der beobachtenden Amateurspektroskopie möglich. In diesem Zusammenhang interessant ist eine Weiterentwicklung der bestehenden Datenbank BeSS: ARASBeAM: (http://arasbeam.free.fr). Hier können die gespeicherten Spektren direkt per Mausklick zusammen mit den wichtigsten Daten angezeigt werden. Ein Besuch bei ARAS-BeAM ist empfehlenswert!!
Weitere Unterschiede in der Arbeitsphilosophie unserer Gruppen sind meines Erachtens: 1. Das Vermitteln theoretischer
Grundlagen, wie es in unserer Fachgruppe bisher ausführlicher durchgeführt wird, überlässt man derzeit noch mehr oder weniger jedem selbst. 2. Die Begeisterung zur eigentlichen spektroskopischen Beobachtung ist bei unseren französischen Nachbarn größer. Dies liegt möglicherweise daran, dass sämtliche Spektrenbearbeitungsprogramme in französischer Sprache verfasst sind, vielleicht auch daran, dass eine intensive Betreuung bei der Anwendung durch die kompetente Betreuung durch V. Desnoux, Ch. Buil und F. Cochard angeboten wird.
Die Diskussion der Teilnehmer aus unseren Reihen zeigte übereinstimmend, dass der unbestreitbare Erfolg des OHP-Meetings auf der nahezu ausschließlichen praktischen Ausrichtung der Veranstaltungen beruht. Fragen, die sich aus der individuellen praktischen Auseinandersetzung mit der Spektrengewinnung und -bearbei-
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Abb. 3: Gruppenfoto der Teilnehmer des ARAS-Spektroskopie-Workshops am OHP in 2008
tung ergaben, konnten direkt im Austausch mit anderen Teilnehmern sowie durch die unmittelbare Betreuung beantwortet werden. Das damit verbundene persönliche Erfolgserlebnis scheint zu einem höheren Motivationsgrad für die eigene praktische Tätigkeit zu führen als durch z.B. hauptsächlich Vorträge wie bei unseren Jahrerstagungen. Der Bedarf einer solchen mehrtägigen Beratungstagung wäre für die VdS-FG zu ergründen.
Im Rahmen der Veranstaltung 2008 ergab sich erfreulicherweise in einem Gespräch am ,,Runden Tisch" die Möglichkeit, Fragen der Intensivierung einer angestrebten europäischen Zusammenarbeit zu diskutieren (Abb. 2). Von meiner Seite sind dabei folgende Punkte angesprochen worden: 1. Es gilt derzeit zu vermeiden, vorrangig
nur das Fähigkeitspotential und die Ergebnisse der Amateurspektroskopiker des obersten Niveaus im Fokus zu haben, die Berücksichtigung der Anfänger bzw. Neueinsteiger ist mindestens ebenso wichtig. 2. Interessante Objekte sind zu definieren, die für die Majorität beider Gruppen zugänglich sind. Ebenso Objekte, die auch für die professionelle Astronomie von Interesse sind (aber nicht ausschließlich Be-Sterne sind). 3. Zur weiteren Erzeugung von Motivation erfolgt eine Beschreibung dieser Objekte. Die beobachtbaren Variabilitäten in den unterschiedlichen Linien wie etwa die Äquivalentbreite (EW), FWHM, V/R, Vrot, Vrad usw.
sollen soweit möglich nach heutigem Wissensstand erklärt werden. 4. Ein kontinuierlicher Austausch der Erfahrung aus Beobachtungstätigkeiten ist zu forcieren. C.N. merkte die Wichtigkeit frühzeitiger Meldungen von besonderen Ereignissen aus z. B. niedrigdispersiven Übersichtspektren an (Beispiel: Übergang B-Be-B bei Be-Sternen). Eine gut funktionierende und flexibel reagierende Kommunikation ist dazu erforderlich. 5. Kommunikation von Beobachtungsergebnissen in beiden Gruppen durch kurze Zusammenfassungen. Die in diesen Punkten weitgehende Übereinstimmung mit unseren französischen Freunden wurde mit folgendem Kommentar seitens F.C. ergänzt: "I`m convinced that with our amateur observations, we can really make science I mean that our observations can go up to professional publication. The spectroscopic data we are collecting is good enough to contribute to science! Our observations are able to reach professional quality (even for beginners!). This does not mean that we have to wait for professional for analysing our data. I think this is a common mistake in amateur`s world: If I want to make science, I have to collect data and give it to ,,a pro" who will publish. The problem is that ,,the pro" does not wait for our data most of time. Then, to prevent any frustration, it`s better to drive our own program, including analysis. And the experience shows that from time to time, pro ask for our data. I`m
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also convinced that if our analysis is well done, we`ll always cross a pro's interest! Of course, I`m not a scientist, and I don`t pretend to be able to make astrophysics at a pro`s level. Vor diesem erfreulich übereinstimmendem Hintergrund kann nun hier mitgeteilt werden, dass einer geplanten internationalen Gemeinschaftstagung 2010 unserer VdSFG Spektroskopie zusammen mit ARAS am ,,Observatoire de Strasbourg" nach Auskunft von C. N. und O. Thizy nichts mehr im Wege steht. Lediglich das exakte Datum sowie einige finanzielle Fragen sind noch zu klären. Basierend auf den Erfahrungen unserer Jahrestagungen würde ich als Termin Anfang Mai bevorzugen.
Hervorzugeben wäre abschließend noch die Tatsache, dass von der ARAS-Gruppe in drei Mailinglisten seit langem viele und hochinteressante Themen rund um die Amateur-Astrospektroskopie diskutiert werden:
SPECTRO-L: Astrospektrokopie allgemein, offen http://tech.groups.yahoo.com/group/ amateur_spectroscopy
AMATEUR_SPECTROSCOPY: Astrospektrokopie allgemein, Mitgliedschaft http://tech.groups.yahoo.com/group/ spectro-l
STARANALYSER: Fokus auf Nutzung des Staranalysers 100, offen http://tech.groups.yahoo.com/group/ staranalyser/
Die Vertiefung und Ausweitung der persönlichen Kontakte zu Amateur-Astrospektroskopikern unserer europäischer Nachbarn anlässlich der OHP-Meetings ist unbestritten eines der besonderes wichtigen Elemente, die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene voranzutreiben (Abb. 3). Die internationale Gemeinschaftstagung 2010 kann vor diesem Hintergrund durchaus als ein weiterer wichtiger Schritt verstanden werden.
Von einem Monochromator, der im Labor nicht mehr sein durfte und auf dem Schrott noch nicht sein sollte ...
Erste Schritte mit einem Lichtleiterspektrografen
von Bernd Hanisch, Lebus
Es muss nicht immer etwas Schlimmes passiert sein, wenn das Telefon klingelt! Diese Erfahrung habe ich an einem Januartag im Jahr 2006 gemacht, als mir telefonisch mitgeteilt wurde, dass in einem Analytiklabor die Verschrottung eines Atomspektrometers von Zeiss unmittelbar bevor steht. Unverzüglich begab ich mich mit einem Werkzeugkoffer an den Tatort, um zu retten, was zu retten wert war: den Monochromator samt zweier Gitter und Spalt. Die gesamte, etwa 25 kg wiegende Anordnung konnte komplett entnommen werden. Natürlich war klar, dass dieser Monochromator allein wegen seines Gewichtes, aber auch wegen seiner Abmessungen nicht unmittelbar an meinen Zeiss-Meniscas 180/1800 anzubauen war. Somit blieb mir, der ich bisher 25 Jahre lang ausschließlich mit Objektivprismen Sternspektren beobachtet hatte, nichts anderes übrig, als den berühmten Sprung ins kalte Wasser zu wagen und das Sternenlicht mit Hilfe eines Lichtleiters in den Spektrografen zu befördern. Nachfolgend nun ein kurzer Bericht über meine ersten Erfahrungen mit diesem Spektrografen.
Die Ausrüstung Als ,,Lichtsammler" benutze ich einen Zeiss-Meniscas 180/1800 auf einer Zeiss
Abb. 1: Anschluss des Lichtleiters fernrohrseitig
Ib-Montierung. Am Okularende ist eine alte Spiegelreflexkamera (EXA Ib) angeschraubt. Anstelle der Kamerarückwand ist ein Holzplättchen angebracht, in welchem der Lichtleiter so steckt, dass sich seine Vorderseite genau in der Filmebene der Kamera befindet, siehe Abb. 1. Mit Hilfe des Klappspiegels der Kamera
kann dann der Stern nach Sicht fokussiert werden. Außerdem befindet sich zur Markierung der Lage des Sternes nach der Einkopplung in den Lichtleiter auf der Gegengewichtseite des Fernrohrs ein Leitrohr Refraktor 63/840 mit einem beleuchteten Netzkreuzokular.
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Abb. 2: Der Spektrograf
Als Lichtleiter wird eine 5 m lange Multimode Stufenindex Faser aus Quarz/ Quarz mit 100/110 µm Innendurchmesser und einer numerischen Apertur (NA) von 0,22 +- 0,02 verwendet (Fa. Sachsenkabel, Gornsdorf). Die in einem 2,8 mm Kabelmantel befindliche Faser ist beidseitig mit einem Standardstecker EST6-127036S konfektioniert. Das Herzstück des Spektrografen ist der schon erwähnte Zeiss-Monochomator in Ebert-Aufstellung (siehe Abb. 2). Dabei wurde die ursprüngliche Anordnung so verändert, dass an der Stelle, an der sich einst der Eintrittsspalt befand, nun justierbar das spektrografenseitige Ende des Lichtleiters mündet (1). In Position (2) ist der Kollimatorspiegel mit einer Brennweite von 300 mm sichtbar. Position (3) zeigt das 54 mm x 54 mm Gitter, das in einem Gitterwechsler wahlweise mit 2604 Strich/ mm (auf 220 nm geblazed) bzw. mit 1302 Strich/mm (auf 500 nm geblazed) eingeschwenkt werden kann. Auf Position 4 sieht man den Abbildungsspiegel mit einer Brennweite von 357 mm. In Position (5) befindet sich (hier nicht abgebildet) an der Stelle des ursprünglichen Austrittsspaltes auf einem Mikroskopschlitten eine objektivlose Digitalkamera Canon EOS20D. Deren Chip ist 22,5 x 15 mm2 groß (3504 x 2336 Pixel, je 6,4 x 6,4 µm2). Schließlich verfügt der Spektrograf noch über einen von außen bedienbaren Präzisionsgittertrieb zur Einstellung der Wellenlänge (1 Umdrehung = 140 Å), siehe Position (6).
Mit dieser optischen Anordnung wird bei Verwendung eines 1302 Strich/mm-Gitters eine Dispersion von 0,12 Å/Pixel bzw.
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18,8 Å/mm erreicht. Dies bedeutet, dass auf dem Kamerachip mit einer Aufnahme etwa 422 Å abgebildet werden. Das Ergebnis eines ersten Tests mit einer Leuchtstofflampe zeigt Abb. 3. Das dominierende Hg-Spektrum wurde 1 s bei 100 ISO belichtet. In Richtung der grünen Hg-Linie bei 5460,74 Å ist eine gewisse Unschärfe sichtbar, welche wahrscheinlich von einer Verkippung der Kamera herrührt. Sonnenspektrums als Reflexionsspektrum des Mondes Ein erster Test unter freiem Himmel erfolgte durch die Aufnahme eines
Abb. 3: Spektrum einer Leuchtstofflampe
Sonnenspektrums als Reflexionsspektrum des Mondes. Im Vergleich zur Aufnahme von Sternspektren war es hier wegen der großen hellen Fläche des Mondes noch relativ einfach, das Licht in den Lichtleiter einzukoppeln. Abb. 4 zeigt ein solches Spektrum im Bereich von H bis zu den grünen Mg-Linien. Es wurde 30 s bei 400 ISO belichtet.
Aufnahme von Sternspektren Bei der Gewinnung von Sternspektren mit dieser Anordnung gehe ich wie folgt vor:
1. Fernrohr sehr exakt ausrichten (Scheinern)
2. Visuelles Scharfstellen des Sterns auf der Mattscheibe der Spiegelreflexkamera und damit auf die Eingangsebene des Lichtleiters
3. Auslösen des Verschlusses auf Dauerbelichtung
4. Visuelles Grobjustieren des Sterns auf das etwa 3 mm große Loch des fernrohrseitigen Lichtleiteranschlusses (Lichtleiter vorher abgesteckt)
5. Feinjustieren des Sterns auf die 100 µm Öffnung des Lichtleiters. Dazu Lichtleiter anstecken und solange einstellen bis es am spektrografenseitigen Ende hell wird. (Dieses Justieren braucht etwas Geduld. Der Effekt des Hellwerdens ist aber bei Sternen der 3. Größe noch deutlich zu sehen.)
6. Position des Sterns im Leitrohr merken und während der Aufnahme halten
7. Lichtleiter mit dem Spektrografen ver-
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binden, Spektrografengehäuse schließen und Belichtung beginnen.
Abb. 5 zeigt ein so aufgenommenes Spektrum des Arktur im Bereich der grünen Mg-Linien. Leider ist auch in diesem Fall das Spektrum nicht über den gesamten Bereich scharf abgebildet. Im günstigsten Fall handelt es sich, wie oben bereits angedeutet, um eine Verkippung der Kamera. Allerdings kann es auch sein, dass die Spiegeloptik von vornherein nicht über eine Länge von 22,5 mm gleichmäßig scharf abbildet. Im Ursprungszustand des Atomspektrometers sollte lediglich auf einen maximal 1 mm großen Austrittsspalt abgebildet werden!
In Abb. 6 ist ein erster Versuch der Spektroskopie der H-Linie des hellen Be-Sterns Cas dargestellt. Es wird deutlich, dass die relativ hohe Auflösung (die Linienbasis belegt etwa 200 Pixel) trotz der langen Belichtungszeiten und der Addition von 3 Einzelaufnahmen mit einem nicht unbeträchtlichen Rauschen ,,bezahlt" wird. Hier wäre sicherlich eine größere Öffnung des Fernrohrs, durch die mehr Licht in den LWL und damit in den Spektrografen gelangen würde, vorteilhaft.
Nach den ersten Versuchen sehe ich mit diesem Spektrographen folgende Chancen: - Die Dispersion von 0,12 Å /Pixel
stellt eine deutliche Erweiterung meiner bisher vorhanden Beobachtungsmöglichkeiten dar. - Der Spektrograf kann problemlos auch an größere Fernrohre mit f/10 angebracht werden. Dies bedeutet: mehr Licht und damit schwächere Sterne. - Für die helle Sonne kann mit dem 2604 Strich/mm-Gitter eine doppelt so hohe Dispersion erreicht werden. - Der Lichtleiter stellt de facto einen Spalt dar und bietet damit auch alle Vorteile eines Spaltspektrographen.
Allerdings sollen an dieser Stelle auch die auftretenden Probleme nicht verschwiegen werden: - Möglicherweise wird das Spektrum
auf dem Kamerachip in Gänze niemals scharf abgebildet werden. Hier wäre über eine alternative Abbildungsoptik nachzudenken. - Die Justage des Beugungsscheibchens auf die Öffnung des Lichtleiters ist unter den beschriebenen Bedingungen schwierig, aber eben nicht unmöglich. - Der Spektrograf ist in Verbindung mit
Abb. 4: Sonnenspektrum als Reflexionsspektrum des Mondes
Abb. 5: Spektrum des Arktur im grünen Spektralbereich, 462 s bei 400 ISO belichtet
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dem Zeiss-Meniscas 180/1800 lediglich zur Spektroskopie der hellsten Sterne geeignet. - Die Verwendung einer noch engeren Faser (50 µm), die ein besseres Auflösungsvermögen zur Folge hätte, scheidet unter den gegebenen Bedingungen wegen des zu geringen Lichtangebots aus.
Fazit Alles in allem will ich diesen Spektrografen noch weiter optimieren. Für den Schrotthaufen war es jedenfalls allemal zu früh.
An dieser Stelle nochmals ganz herzlichen Dank an Roland Bücke für die Beratung hinsichtlich des Lichtleiters.
Abb. 6: Cas aufgenommen am 25./26.07.2008. Drei Einzelaufnahmen (A1-A3) wurden zu einem Summenspektrum aufaddiert. Die Belichtungszeiten waren bei ISO 400: A1: 580 s; A2: 935 s; A3: 1121 s.
Neptun-Mond Triton bedeckt GSC 5800 42/ 2UCAC 27013747
von Hans-Joachim Bode
Man stelle sich bitte vor: Mit einfachen Mitteln lässt sich die Atmosphäre eines Mondes vermessen, der kleiner ist als der Unsere und zudem noch 35 mal weiter entfernt ist als unsere Sonne - und es passiert ... Zum ersten Mal seit 11 Jahren war wieder eine Sternbedeckung durch den Neptunmond Triton für den 21. Mai 2008 vorhergesagt worden. Die zentrale Bedeckungslinie sollte nach Vorausberechnungen eines Teams französischer und brasilianischer Astronomen über Zentralnamibia verlaufen. Die wissenschaftliche Bedeutung der Beobachtung besteht darin, dass man durch Aufzeichnung der Sternbedeckung von mehreren Stationen aus die TritonAtmosphäre vermessen kann. Dabei ging es in diesem Falle darum, die starken Veränderungen, vermutlich bedingt durch Jahreszeiteneffekte, zu bestätigen, die 1997 bei einer ähnlichen Bedeckung gefunden wurden.
Ein europäisches Team unter Leitung von Prof. Bruno Sicardy vom Observatoire de Paris/Meudon organisierte Beobachtungszeiten an verschiedenen Sternwarten in Namibia, Südafrika und LaReunion, zu deren Organisation und Durchführung auch die IOTA-ES/
Fachgruppe Sternbedeckungen gebeten der Farm Tivoli hierfür eingeplant wer-
worden war, um die Vermessung dieses den. Eine weitere Station mit einem 12``
Ereignisses von möglichst vielen unter- Instrument, eigens herbeigeschafft von der
schiedlichen Observatorien aus durch- Sternwarte Cederberg in Südafrika, konnte
zuführen. Der betreffende Stern GSC in der Nähe von Grünau aufgebaut wer-
5800 42 / 2UCAC 27013747 sollte eine den.
Helligkeit von etwa 13m - 14m haben (je In Südafrika selbst waren alle drei
nach ,,Farbfenster").
Großteleskope des South African Astro-
Ein kurzer Anruf mit der Information über nomical Observatory (SAAO) (10 m SALT,
die Bedeutung dieses Ereignisses bei der 1.9 m, 1.0 m in Sutherland) beteiligt, sowie
Internationalen
Amateursternwarte
(IAS / Hakos,
Namibia) reichte
aus, sich deren
Mitarbeit zu versi-
chern. Die IAS war
sofort bereit, sich
an diesem Projekt
direkt zu beteili-
gen, so dass ihr 0,5
m Cassegrain, die
0,45 mAstrokamera
und zwei C11
dann auch zum
Einsatz kamen.
Ebenfalls konnte
auch das C14 der
Sonja Itting-Enke Abb. 1:
bei Windhuk und Helligkeitsverlauf des Sterns während der Triton-Bedeckung
das 14" Meade vom 21. Mai 2008.
RC sowie das C11
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ein weiteres 30 cm Instrument in Springbok und ein 40 cm Instrument in Kapstadt. Mehrere kleinere Instrumente (27 cm und größer) auf LaReunion beteiligten sich ebenfalls an den Beobachtungen. Eine Last-Minute-Vermessung wenige Wochen vor dem Ereignis bestätigte die Zentrallinie der Bedeckung und damit eine hohe Wahrscheinlichkeit für die mögliche Registrierung eines ,,Central Flash" für Zentralnamibia. Auf diese Weise könnte dann eine Gesamtaufnahme der Tritonatmosphäre erstellt werden, der Grund, weshalb B. Sicardy seine Messungen auf Hakos selbst durchführen wollte. Aber auch ein Wüstenklima ist keine Garantie für einen wolkenfreien Himmel... Die Resultate: - Südafrika: (Sutherland und Kapstadt).
Der Spätherbst (z.B. Regen in Kapstadt) verhinderte ein positives Ergebnis - LaReunion: Erfolgreiche Vermessung. - Namibia/Windhuk: Wolken. - Namibia/Grünau: Wolken. - Namibia/Tivoli/Meade 14": Erfolgreiche Vermessung. - Namibia/Tivoli/C11: Keine Messung möglich - Messgeräte auf dem Flug verschollen! - Namibia/Hakos/Cass.: Positives Ergebnis, kein Filter. - Namibia/Hakos/Astrokamera.: Positives Ergebnis, kein Filter. - Namibia/Hakos/C11-I.: Positives Ergebnis, Rotfilter. - Namibia/Hakos/C11-II.: Positives Ergebnis, Blaufilter. Die Stationen der SAAO in Sutherland und Kapstadt sowie Springbok und vermutlich
auch Grünau lagen den ersten Ergebnissen nach außerhalb der Bedeckungszone.
Anzumerken ist: Das ganze Projekt ist wieder einmal ein gutes Beispiel für eine gute Zusammenarbeit von Amateur- und Berufsastronomen verschiedener Länder. Nur durch die Bündelung aller Ressourcen konnte sichergestellt werden, dass wenigstens einige Stationen erfolgreich waren. Es wird noch etwas dauern, bis die endgültige Auswertung vorliegen wird. Hier aber schon einmal die beiden Lichtkurven von der Astrokamera und vom 0,5 m Cassegrain. Durch die gleichartige Verwendung der beiden benachbarten Geräte kann man die Effekte der Triton-Atmosphäre vom Seeing trennen. Der Verzicht auf Filter ermöglichte kurze Belichtungszeiten und damit eine höhere Auflösung für die Schichtung in Tritons Atmosphäre. Zu den Lichtkurven: Hätte Triton keine Atmosphäre, wäre der Helligkeitsabfall nicht graduell über ca. 1 Minute, sondern abrupt und innerhalb ein paar Zehntel- sekunden erfolgt.
Webadressen - www.ias-observatory.org - www.iota-es.de - www.lesia.obspm.fr/~sicardy/21_may_08
index.html
Abb. 2-4 (von oben nach unten): Bild 1: Triton und Stern vor der Bedeckung, bereits verschmolzen"; Bild 2: zentrale Bedeckung, deutliche Lichtabschwächung; Bild 3: zwei Stunden nach dem Ereignis, beide Objekte wieder getrennt.
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Seltene Bedeckungen: Epsilon Aurigae und EE Cephei
von Wolfgang Quester
Im Jahre 2009 wird sich eine seltene Erscheinung am Sternhimmel ereignen. Wie alle 27 Jahre wird der Bedeckungsveränderliche epsilon Aurigae ( Aur) in ein Minimum eintreten. Wenn jetzt schon zur Beobachtung aufgerufen wird [1], hat das den Grund, dass die Gesamtdauer der Bedeckung (D) 790 Tage dauert und die konstante Phase (d) 366 Tage. Fachastronomen warten seit 1982-84 auf das kommende Minimum, um endlich die Geheimnisse des Sternsystems zu lüften.
Entdeckt wurde die Veränderlichkeit von Aur im Jahr 1821 durch Fritsch; ernsthafte Beobachtungen begannen aber erst 1842 durch Argelander und Heis. 1847 bemerkten beide, dass der Stern schwächer wurde und beobachteten ihn häufiger. Im September 1848 wurde er wieder heller. Die Beobachtungen zeigten auch, dass es neben der offensichtlichen Bedeckung kurzfristige Helligkeitsschwankungen gab. Weitere Bedeckungen sind 1874/75 und 1901/02 dokumentiert. Hans Ludendorff in Potsdam stellte 1904 die bis dahin bekannten Fakten zusammen. Er klassifizierte Aur als rätselhaftes Algol-System und erklärte die kurzfristigen Veränderungen als durch Massenaustausch verursachte Schwankungen. Als Bahnperiode vermutete er 54,25 Jahre, das Doppelte des heute angenommenen Wertes.
Das heutige Wissen lässt sich wie folgt zusammenfassen: 1) Der Hauptstern ist ein pulsierender
F0 I Überriese mit mehr als 10 Sonnenmassen. 2) Das bedeckende Objekt ist eine kühle Scheibe mit wechselnder optischer Dichte. Möglicherweise hat die Scheibe in der Mitte ein Loch, in dem sich .... 3) ... ein heißes Objekt befindet. Wahrscheinlich ist das ein einzelner massereicher Stern (Spektrum B5 oder früher) oder ein sehr enger Doppelstern. Ein Schwarzes Loch wird ausgeschlossen. 4) Die Scheibe und das zentrale Objekt haben zusammen etwa die Masse des Hauptsterns.
modernen Instrumenten verfolgt werden. Vieles an diesem Sternsystem ist noch rätselhaft:
- Welche Masse hat das System und was ist sein Entwicklungsstand?
- Was steht im Zentrum der Scheibe?
- Wie sieht die Geometrie des Systems aus; ist das Scheibenzentrum leer oder nicht?
- Ändert sich die Form der Lichtkurve gegenüber 1984 in den unterschiedlichen Wellenlängen ?
Erst im Frühjahr 2011 wird die Bedeckung völlig beendet sein. Beobachtungen sollten aber mindestens bis Ende 2011 fortgeführt werden.
Zur Beobachtung aufgerufen sind auch alle Amateure. Visuelle Schätzungen sind ebenso gefragt wie CCD- oder lichtelektrische Fotometrie. Auch spektroskopische Messungen des Profils der H-Linie sind möglich, wie das L. Schanne [2] - er ist Mitglied der VdS-Fachgruppe Spektroskopie - gezeigt hat.
Im Normallicht ist Aur 3.0, schwankt aber um diesen Wert; im Minimum sinkt er auf 4.7. Wichtige Daten der Bedeckung sind nach J. L. Hopkins [3]: 1. Kontakt 2009 Aug. 09 = JD 2455050 2. Kontakt 2009 Dez. 21 = JD 2455187
Mitte der Bedeckung 2010 Aug. 10 = JD 2455410 3. Kontakt 2011 Mrz. 12 = JD 2455633 4. Kontakt 2011 Mai 15 = JD2456697
Wegen der Helligkeitsschwankungen außerhalb der Bedeckung sind dies nur ungefähre Werte.
Abb. 1: Schematische Lichtkurve von EE Cephei. Erklärung der Abschnitte im Text.
Aur ist die nördliche Spitze des kleinen Dreiecks südwestlich von Aur (Kapella). Die beiden anderen Sterne im Dreieck sind Aur (der hellere) und Aur, ein weiterer langperiodischer Bedeckungsveränderlicher. Eine Aufsuchkarte ist wohl nicht nötig. Zum Vergleich sind helle Sterne aus Tabelle 1 geeignet. Für CCD-Beobachter ist Aur ein schwieriges Objekt. Der Stern ist auch im Minimum hell und der als Vergleichsstern empfohlene Aur ist etwa 5 Grad entfernt. Die differenzielle Extinktion muss also korrigiert werden. Ein Instrument mit größerem Gesichtsfeld muss zwischen den Sternen hin und her geschwenkt werden. Fernrohre mit 10 cm oder mehr Öffnung bedingen sehr kurze Belichtungszeiten. Dadurch wird aber das Szintillationsrauschen erhöht. Eine Möglichkeit, die Öffnung zu verkleinern, ist das Abdecken des Objektivs mit einer Blende, die zwei oder drei kleinere symmetrisch auf dem Umfang verteilte Öffnungen hat. Noch ist Zeit, damit und auch mit digitalen Spiegelreflex-Kameras zu experimentieren. Details über solche Blende und das Szintillationsrauschen finden sich in [5].
Stern V
B-V
Spektrum Stern V
B-V
Spektrum
Aur 3.17 -0.18 B3 V Aur 2.62 -0.08 A0p Aur 4.71 0.63 G0 V
Per Per Per
3.01 -0.13 3.77 0.42 4.29 -0.01
B5 III F5 II B9 V
Das kommende Minimum wird in den unterschiedlichsten Wellenlängen mit
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Tabelle 1: Vergleichssterne für Aurigae. Helligkeiten und Farbindizes nach [4].
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Ein weiterer, astrophysikalisch interessanter, langperiodischer Bedeckungsveränderlicher ist EE Cephei. Er sinkt Anfang 2009 in ein Minimum, das 30 aber auch 60 Tage dauern kann. Die Mitte des Minimums sollte am 11. Januar 2009 (JD 2454843) erreicht sein. Wegen der unsicheren Dauer der Bedeckung sollte man schon im Herbst 2008 mit der Beobachtung beginnen. Das letzte Minimum wurde 2003 beobachtet, die Periode beträgt 5,6 Jahre, genauer 2049,53 Tage. Bela Hassforther hat schon 2003 für die Beobachtung des damaligen Minimums geworben [6]. Einen Bericht über das Minimum 2003 geben Samolyk und Dvorak [7].
EE Cep steht etwa 2,5 Grad südlich von zeta Cep ( Cep). Entdeckt wurde seine Veränderlichkeit 1952 durch Romano [8]. Anfänglich wurde er als R-CrB-Stern klassifiziert, was später korrigiert wurde. Das System besteht aus einem blauen B5neStern und einer unsichtbaren Komponente. Nur das Hauptminimum ist zu sehen. Es ist gewöhnlich sehr tief und unsymmetrisch, hat aber im Laufe der Jahre seine Form dramatisch verändert. Die Farbindizes verändern sich dagegen nur wenig (zitiert und übersetzt nach [9]).
Die Form des Hauptminimums kann sehr
stark variieren. Graczyk et al. [10] zei-
gen Beispiele dafür. Das Minimum 1964
war ca. 2 mag tief, das folgende, 1969, Abb. 2:
dagegen nur 0.6 mag. Die Dauer der AAVSO-Karte von EE Cephei. Siehe Tab. 2 für BV-Helligkeiten der Vergleichssterne
Minima beträgt im Mittel 40 Tage. Trotz
solcher Änderungen bleibt die schema- B5-Riese. Wegen der langen Dauer kann Literatur:
tische Lichtkurve (Abb. 1) bemerkenswert die Bedeckung nicht durch einen Stern
gleich. Mikolajewski et al. [11] bezeichnen allein erfolgen. Sie wird wahrscheinlich [1] AAVSO Variable Star of the Season:
die Abschnitte der Lichtkurve wie folgt:
verursacht durch einen Stern oder auch ein
Epsilon Aurigae, Januar 2008,
A - B absteigende atmosphärische Phase, B enges Sternpaar, das von einer Gas- und [2] Schanne L., IBVS 5747 (2007)
- C Bedeckungsabstieg, C - D Übergangs- Staubscheibe umgeben ist. Nicht von unge- [3] www.hposoft.com
phase, D - E Bedeckungsanstieg, E - F fähr stellen die Autoren in [9] die Frage, ob [4] Hirshfeld & Sinnot, Sky Catalogue
Anstieg der atmosphärischen Phase. Die EE Cephei ,,ein Cousin von Aurigae"
2000.0, Vol. 1 (1982), Sky Publishing
Bezeichnungen deuten die Vorstellung ist. Es gilt also viele Rätsel zu lösen und
Corp. & Cambridge University Press
an, die sich die Autoren vom Verlauf das kommende Minimum wird hoffent- [5] Buchheim R., Getting ready for epsi-
eines Minimums machen. Danach ist der lich dazu beitragen. Wer kann, sollte das
lon Aurigae, News from the Society for
bedeckte Stern der im Spektrum sichtbare Minimum in B und V beobachten.
Astronomical Science, Vol. 5, Nr. 3;
www.SocAstroSci.org
Stern
RA (2000) Dek (2000) B
V
[6] Hassforther B. BAV Rundbrief 52,2 (2003) 53-56
EE Cep
22:09:22,80 55:45:24.0
0.7-12.2
[7] Samolyk G., Dvorak S., JAAVSO 33
99 = GSC 3973.1529 22:09:59.80 55:46:57.6
11.185
9.866
(2004) 42-47
105 = GSC 3973.1177
22:09:08.05 55:47:15.6
10.850
10.452
[8] Romano G., Coelum 24, 135 (1956)
113 = GSC 3973.1103
22:09:15.47 55:44:48.5
11.758
11.346
[9] Mikolajewski M., Graczyk D., Is the eclip-
112 = GSC 3973.2150 22:09:01.70 55:45:31.2
11.348
11.240
sing variable EE Cep a cousin of Aur?
118 = GSC 3973.1261 22:09:23.32 55:42:13.7
11.851
11.794
MNRAS 303, 521-524 (1999)
[10] Graczyk D. et al. A&A 403 (2003) 1089-
Tabelle 2:
1094
Vergleichssternhelligkeiten für EE Cep aus der AAVSO-Sequenz 080519
[11] Mikolajewki M. et al.: IBVS 5412 (2003)
VdS-Journal Nr. 28
92 V E R Ä N D E R L I C H E
Neue Sterne, was nun?
Eine kleine Geschichte der ,,Entdeckung" zweier Veränderlicher Sterne
von Henri Schulz
Eigentlich fing dieser Abend des 6. August 2008 ja ganz ruhig an. Ich hatte mir, wie immer, einen Plan fertig gemacht, welche Objekte ich in dieser Nacht fotografieren wollte. Vor allem planetarische Nebel waren mein Ziel. Die relative Stadtnähe zwingt mich, meine Beobachtungen besonders zwischen NNW und NNO möglichst nahe dem Zenit zu machen, und so waren NGC 7008, NGC 7048, NGC 7193 und der Reflexionsnebel NGC 7023 an der Reihe. Doch dies war eine der selten klaren und mondlosen Nächte. Also beschloss ich gegen 1 Uhr, noch den markanten BubbleNebel NGC 7635 aufs Korn zu nehmen. Als ich die erste 20-minütige Aufnahme im Kasten und debayert hatte, verglich ich die Aufnahme mit einem etwa 1 Jahr alten Bild, das ich noch mit einer modifizierten Canon 300d gemacht hatte. Etwas war anders. Da sind doch tatsächlich zwei neue, helle Sterne! Das müssen Asteroiden sein, aber gleich zwei? Und so hell? Also machte ich noch 4 Aufnahmen mit je 1200 s (Abb. 1 und 2). Die weiteren Aufnahmen bestätigten Position und Helligkeit der neuen Punkte.
VdS-Journal Nr. 28
Abb. 1 (oben links): NGC 7635, Aufnahme vom 06.08.2008 mit Selbstbau-Newton 12"/f5, gekühlter ALCCD6 / 5x20min, CLS-Filter
Abb. 2 (oben rechts): NGC 7635, Aufnahme vom 21.08.2007 mit modifizierter Canon 300d 1x30 min, wahrscheinlich UHC-Filter
Sind da tatsächlich neue Sterne? An eine Supernova glaubte ich nicht, denn hier ist keine Galaxie in der Nähe. Bilder, die ich im Internet fand, brachten auch nicht den Durchbruch. Am 10.08. konnte ich die Stelle dann noch ein mal mit der modifizierten Canon 300d (ausgebauter Originalfilter) ablichten und vergleichen:
Erstaunlicherweise tauchte nun der linke obere Stern auf, er musste also seine Helligkeit gesteigert haben. Ein Veränderlicher? Ich befragte meine Freunde und über verschlungene Umwege kam es zu einer Anfrage im BAV-Forum. Ab jetzt war alles plötzlich kein Problem mehr. Ich bekam eine Menge fundierter Antworten auf meine Fragen und schnell
Abb. 3: 06.08.2008 ALCCD6, Sterne sind klar zu erkennen
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Abb. 4: 21.08.2007 Canon 300d, Sterne sind nicht zu erkennen
Abb. 5: 10.08.2008 Vergleichsbild mit Canon 300d, kein Filter
Abb. 6: 10.08.2008 Vergleichsbild mit Canon 300d, UHC-Filter
waren auch die zwei Sterne gefunden. Einen der vielen Wege, wie man schnell einen Veränderlichen Stern identifizieren kann möchte ich hier kurz an unserem Beispiel in NGC 7635 aufzeigen:
Im Allgemeinen sind die ungefähren Koordinaten der gesuchten Objekte bekannt. Hat man diese jedoch nicht zur Hand, kann man sich mit einer PlanetariumSoftware wie Guide8 o.ä. behelfen, oder im Internet einen Online-Katalog wie SIMBAD befragen: http://simbad.u-strasbg.fr/simbad/
Die ermittelten Koordinaten sowie einen Such-Radius (wir nehmen mal 500`) können dann im ,,General Catalogue of Variable Stars" eingegeben werden, 23:20:45 +61:12:42 - statt Doppelpunkt bitte Leerzeichen, die Koordinaten für Equinox J2000. http://www.sai.msu.su/groups/cluster/ gcvs/cgi-bin/search.htm
Nun haben wir eine Tabelle mit den Daten von 3 veränderlichen Sternen im fraglichen Gebiet zu Auswahl: NSV 14513, MO Cas sowie MP Cas.
Zum Visualisieren verwenden wir den ESO Online Digitized Sky Survey unter Angabe des Stern-Namen und des gewünschten Kartenumfanges. http://arch-http.hq.eso.org/dss/dss
NSV14513 ist der hellste in Bild 1 und 2, aber hier nicht von Interesse. Dann sind da noch MP Cas und MO Cas und... Bingo!
Wir haben nun die fraglichen Sterne identifiziert. Bleibt noch die Frage: Wie kommt der riesige Unterschied in der Helligkeit
Abb. 7a: MP Cas vom DSS-2 Katalog. Im IR- (7a) und im Rot-Spektrum (7b)
Abb.7b
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Abb. 8a: MO Cas vom DSS-2 Katalog. Im IR- (8a) und im Rot-Spektrum (8b)
Abb. 8b
der beiden Sterne zwischen den Bildern 1 bis 6 zu Stande? Ein Hinweis findet sich in den Bildern 7 und 8. Der Unterschied zwischen den IR- und RotAufnahmen ist schon beachtlich. Nun kommen die unterschiedlichen AufnahmeKameras ins Spiel. Die etwa 40 Grad unter Umgebungstemperatur gekühlte ALCCD6 ist durch die tiefen Temperaturen natürlich viel empfindlicher im IR-Bereich als die für diese Zwecke nicht konstruierte Canon. Die Empfindlichkeitskurve der ALCCD ist über das ganze Spektrum viel gleich-
mäßiger verteilt. Dennoch tauchte bei den Kontrollaufnahmen Bild 5 und 6 plötzlich MO Cas mit auf. Dies ist nun wiederum in der Helligkeitsschwankung des Sterns begründet. Am Ende spielen natürlich auch noch atmosphärische Faktoren wie Luftfeuchtigkeit (Anfälligkeit für Lichtsmog) und die Höhe über dem Horizont eine Rolle. Dies kann dann leicht (wie in meinem Falle) zu Verwirrungen führen, wenn die Phänomene aber bekannt sind, sollte eine Klärung innerhalb einer Stunde möglich sein.
Mit diesem Beitrag möchte ich mich bei den Mitgliedern des BAV, den Freunden vom Spacepass und allen anderen, die mich so freundlich bei der Auflösung des Rätsels unterstützt haben, herzlich bedanken und hoffe, damit auch anderen zu helfen, die plötzlich vor der Frage stehen: was habe ich hier bloß fotografiert. Vielleicht ist es ja auch mal eine Nova oder gar Supernova. Dann ist in jedem Falle Eile geboten, denn so ein Ereignis ist immer nur von kurzer Dauer.
Einstieg in die Veränderlichenbeobachtung mit DSLR: RV UMa
von Carsten Moos
Es hat ein paar Anläufe gebraucht, um endlich sinnvolle Daten von veränderlichen Sternen auswerten zu können. Zuvor war es mir nicht gelungen, fremde Daten zur reinen Auswertung zu finden. Also musste ich es irgendwie selbst machen. Aber wie? Ein bedeutsamer Zufall auf meinem Weg zu den Veränderlichen war, dass ich 2006 auf einer wunderschönen Astroreise Anton Paschke getroffen habe, der davon berichtete, wie schön und systematisch die Beobachtung von veränderlichen Sternen ist: Diese systematische Auswertung hatte es mir angetan! Gleich nach meiner Rückkehr gab es zu Hause eine lange
Schönwetterperiode und ich versuchte der betagten Cookbook (CB 245) an meinem C8 eine gerechte Aufgabe zu geben. Die Ernüchterung folgte, denn ich hatte überhaupt nichts erreicht und zu wenig verstanden. Nun endlich im Sommer 2008 bin ich auf dem Gebiet der Fotometrie erfolgreich weiter gekommen und habe gleich mehrere Lichtkurven erstellen können. Darüber möchte ich nachfolgend berichten.
Ausrüstung Eine hauptsächlich visuelle Beobachtung kommt für mich nicht in Betracht, weil mich die softwaremäßige Auswertung der
Aufnahmen viel mehr interessiert. Die erwähnten Versuche scheiterten, weil ich den veränderlichen Stern auf den Aufnahmen nicht wiederfinden konnte. Das Bildfeld war zu klein, die Brennweite zu groß und die Nachführung zu ungenau. Diese Mängel oder Probleme habe ich schrittweise beseitigt: - anstatt der alten Vixen-Steuerung eine
selbstgebaute Littlefoot [1] mit PEC und GoTo - Polachsenjustierung nach Scheiner - das C8 weicht einem kurzen EDF 80 Refraktor (Onyx 80/500) - und die Kamera? Das war das Schwierigste
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Einige Versuche mit der unmodifizierten Webcam zeigten, dass Sterne bis 7 mag prinzipiell zu vermessen sind, aber es fehlen immer geeignete Referenzsterne im zu kleinen Bildausschnitt. In der Literatur wird hauptsächlich die CCD-Kamera mit speziellen Eigenschaften empfohlen. Die eignet sich dann jedoch nicht genauso gut zur allgemeinen Astrofotografie, sodass ich lange nach einer Lösung für eine CCDKamera für beides gesucht habe. Die wichtigsten Aspekte zum Einsatz einer DSLR sind in Tabelle 2 zu finden. Den entscheidenden Ausschlag zur Verwendung einer schon vorhandenen unmodifizierten Canon EOS 350D (DSLR) zur Fotometrie erhielt ich durch einen online-Bericht von Martin Dietrich [2], ein Beitrag zum Symposium on Telescope Science von John E. Hoot [3] und einer Diskussion bei britastro. org von Richard Miles u.a., wonach der grüne Kanal der interpolierten RGB-Daten nahezu äquivalent zum Einsatz eines fotometrischen Johnson V-Filters ist und dies von der AAVSO akzeptiert wird. Parallel dazu machte ich ein paar Versuche mit Remote-Teleskopen des GRAS-Systems, die auch sehr vielversprechend waren. Damit werdeichheimische Schlechtwetterperioden zur Veränderlichenbeobachtung nutzen.
Aufnahme Hat man erst mal durch das umfangreiche BAV-Circular geblickt, findet sich eigentlich für jeden Abend ein geeigneter Stern. Aufgrund des eingeschränkten Horizonts meiner Dachsternwarte, ausgeführt als Atelierfenster (Abb. 4), kommen jetzt im Juli/August nur die Sternbilder Her, Dra,
Abb. 1: Überblick mit Sternbezeichnung, 2,5 Grad x 1,7 Grad
Lyr, Cep, Cyg und UMa in Frage. Da hilft die Software BAV-MinMax[4] bei der Auswahl nach Azimut oder Sternbild. Es ist auch sehr nützlich beim Einsatz der Remoteteleskope in New Mexico. Meine eher zufällige Wahl fiel auf den kurzperiodischen RV UMa. Die Koordinaten des veränderlichen Sterns werden nun mit GoTo angefahren und über ein Okular mit gleicher Fokuslage wie die Kamera kontrolliert. Nach dem Anbringen der Kamera fokussiere ich mit der Software DSLRFocus, obwohl eine leichte Unschärfe zur Fotometrie scheinbar kein Nachteil ist [5]. Im Sternkartenprogramm Guide
kontrolliere ich das Umfeld auf geeignete Referenzsterne. Ein letzter Check der Aufnahmeeinstellungen, der Kamera-Uhr, der Batterie, den Klemmen der Montierung und die Belichtungsreihe kann starten. Die Steuerung der Aufnahmen übernimmt sehr zuverlässig das Programm IRIS [5] über ein serielles Kabel. Während der Belichtungsreihe läuft die Littlefoot ohne Guiding und IRIS löst alle 9 Minuten für 60 s aus. Ist die Wetterlage stabil, verlasse ich die Sternwarte und komme erst nach Ende der Belichtungsreihe (ca. 4 Stundens) zurück, um das Dachfenster zu schließen. Der PC und die Littlefoot
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Abb. 2: Profil des Referenzsterns
Abb. 3: Lichtkurve von RV Uma am 13./14.07.2008, Maximum um 00:01 Uhr
werden per Zeitschaltuhr abgeschaltet. Nach etwa 3 Stunden hatte allerdings der Kameraakku schon aufgegeben, sodass die Lichtkurve in Abb. 3 keinen vollständigen Abstieg mehr zeigt. Dafür werde ich noch ein Netzteil bauen. Die Kameraeinstellung (Menü) ist so zu wählen, dass die Kamera nach 60 s in Standby schaltet. Dann bleiben die thermischen Bedingungen konstant. Nur wenn die serielle Verbindung beide Kontakte schaltet, kann die Kamera aus dem Standby geweckt werden.
Fotometrie Nach der Aufnahme werden die RAWDateien der Kamera zum PC übertragen. Nach einer groben Sichtung und Auswahl wird mit IRIS kalibriert und registriert. Ein
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Restfehler in der Poljustierung verursacht eine Drift in Deklination. Diese beträgt nach 4 Stunden ca. 7'. Das sind unter 10% des Aufnahmefelds. Die Raw-Daten liegen nun als RGB-Daten vor, von denen nur der grüne Kanal weiterverwendet wird. Aus dem ersten Bild der Serie erstelle ich ein Übersichtsbild, wie in Abb.1 gezeigt ist. Um die Qualität der Aufnahme zu bestimmen betrachte ich einen Schnitt und ein Profil des Referenzsterns (Abb. 2). Der gezeigte Background von 418 liegt hier am Mondlicht. Unbedingt zu vermeiden ist eine Sättigung der Pixel; zeigt sich durch ein abgeflachtes Profil. Wichtig ist dabei, dass der Peak-Wert nicht deutlich über 3000 liegt, weil der Sensor wegen des Aintibloominggates schon vor der
Sättigung unlinear wird. Die FWHM-Werte bestimmen die Radien der Fotometrie. Liegt diese z.B. bei 4 Pixel, wähle ich einen Aperturradius von 6-8 Pixel. Eine letzte Größe: Das Rauschen des Sensors zeigt der Statistikwert s=15 (Sigma). Er ist über die gesamte Aufnahmereihe erstaunlich stabil. Sind alle Werte im Rahmen, kann die Apertur-Fotometrie in IRIS angestoßen werden. Die Ergebnisse landen in der Datei rv_uma.lst in tabellarischer Form (Tabelle 1).
Auswertung Die Auswertung der fotometrischen Ergebnisse mache ich mit einer Tabellenkalkulation (TK). Die Tabelle 1 zeigt die fotometrischen Ergebnisse von IRIS. Die Angaben sind unkalibrierte absolute Magnituden. Daraus werden die Differenzen berechnet. Ein systematischer Fehler taucht bei den Julianischen Daten auf. Alle Angaben waren um 1/24 zu groß. Die Ursache dafür liegt darin, dass IRIS die Aufnahmezeitpunkte aus den RAWDateien als MEZ übernimmt, wohingegen die Kamera auf MESZ eingestellt ist. Eine einfache Korrektur in der TK oder die Umstellung der Kamera auf MEZ lösen das Problem. Aus den Differenzen der Daten in Tabelle 1 entsteht das Diagramm in Abb. 3, die Lichtkurve. Es zeigt die Helligkeitsdifferenzen (V-R) zwischen dem Veränderlichen und dem Referenzstern. Der Kontrollstern (R-K) erlaubt eine Aussage über die Messqualität, die hier recht gut ist. Zuerst war ich von einem Minimum ausgegangen. Anton Paschke wies mich aber auf den Fehler hin. Ich musste mehrfach überlegen, bis mir der Sachverhalt der Vorzeichen klar wurde. Auch sein Hinweis auf den Typ RR Lyr weist klar auf ein Maximum hin. Als nächstes habe ich die Spalten J.D. und V-R exportiert, um eine softwaremäßige Bestimmung des Maximums mit der Software Minima v2.3 [6] durchzuführen. Mit diesen Ergebnissen und einer Fehlerabschätzung kehre ich dann zurück zur TK und trage sie dort ein. Die Fehlerabschätzung der Zeit ist noch ein wenig unsystematisch, aber da gibt es sicherlich noch weitere Hilfestellung durch das BAV-Forum. An der Stelle ein großes Lob an die BAV wegen der hervorragenden Unterstützung. Um zu prüfen, ob meine Ergebnisse sinnvoll sind, gab ich die TK-Datei an Anton weiter. Sein Urteil fiel zwar positiv aus, aber er fragte mich, ob es heliozentrische Angaben seien. Darüber hatte ich bis dahin noch gar nicht nachgedacht. Ich konnte ihm aber mitteilen, dass
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Spezielle Aspekte der DSLR
+ geringe Anschaffungskosten + autonomer Prozessor + interner Speicher + Sucher + Display
- Anti Blooming Gate - kleine Pixel (6.4 µm) - undersampling, wegen der
Bayer-Maske - (Batteriekapazität) siehe Text - Rauschverhalten - Spiegel-Mechanik
es sich um geozentrische Zeitangaben handelt. Damit fügte sich ,,mein Maximum" gut in seine Daten ein.
Ergebnisse publizieren Der letzte Schritt besteht darin, die relativen fotometrischen Daten auf eine einheitliche Form für die Einsendung an die BAV zu bringen. Ein Vergleich der Ergebnisse und eine Auswertung durch erfahrene Veränderlichenbeobachter bestätigt die Plausibilität meiner Ergebnisse und ermutigt mich, meine Methode fortzusetzen.
Reflektion Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Ausrüstung mit kurzer Brennweite und einer normalen DSLR den Einstieg sehr vereinfacht haben. Das große Aufnahmefeld ist sehr tolerant, sodass ich auf das Guiding verzichten kann. Der Vorgang läuft robust und eigenständig. Obwohl es nicht die in der Literatur empfohlene Ausrüstung, sondern das bereits vorhandene Gerät ist, ist das Ergebnis überzeugend. Meine nächsten Ziele sind, weitere Lichtkurven aufzunehmen und andere Verfahren zur Fotometrie auszuprobieren. Vielleicht kann ich mich auf bestimmte Sterne spezialisieren.
Literaturquellen [1] littlefoot.rajiva.de, Anand Rajiva [2] Erfahrungsbericht zur Fotografie mit
der digitalen Kamera EOS D60, Martin Dietrich [3] Photometry with DSLR Cameras, John E. Hoot , 1.8.2008 http://www. socastrosci.org/2007%20papers/Hoot_ DSLRPhotometry.pdf [4] BAV MinMax von Jörg Hanisch [5] von C. Buil, www.astrosurf.com/buil [6] Bob, Nelson, http://members.shaw.ca/bob. nelson/Software/Minima25c.zip 1.8.2008
Abb. 4: Antares Dachsternwarte mit Dachfenster, Littlefoot, SP, Kamera und Refraktor
IRIS 5.55
J.D. 2454661+ 0,3927 0,3942 0,4010 0,4119 0,4228 0,4337 0,4446 0,4555 0,4664 0,4772 0,4881 0,4990 0,5099 0,5208
V
RV-Uma 9,8 bis 11,3 11,114 11,112 11,154 11,248 11,188 11,087 11,076 10,896 10,595 10,187 9,877 9,906 10,069 10,272
R
110 11 10,998 11,017 11,018 11,084 10,988 10,977 10,974 10,992 10,945 10,965 10,951 11,04 11,128 11,267
Tabelle 1: unkalibrierte absolute Magnituden mit korrigierter Zeit in geoz. J.D.
K
106 10,6 9,902 9,899 9,911 9,962 9,915 9,844 9,886 9,867 9,865 9,852 9,857 9,943 10,02 10,148
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Extragalaktische Novae in M 31 und M 81
von Hans-Günter Diederich
Einleitung Viele Sternfreunde gehen den Schritt vom intragalaktischen zum extragalaktischen Deepsky durch das Beobachten von Objekten, die innerhalb unserer Galaxis nicht zu sehen sind: Galaxien und Quasare. Veränderliche zählen mit Ausnahme der Supernovae (SN) nicht zum Repertoire. Dieser Aufsatz handelt von extragalaktischen Novae, gibt Tipps zu deren Beobachtung und zeigt Beispiele in M 31 und M 82.
Informationsquellen Man kann extragalaktische Novae systematisch suchen. Ich beobachte sie allerdings erst, nachdem sie entdeckt wurden. Es gibt eine wichtige Informationsquelle, die Website ,,Bright Supernovae" [1]. Diese besitzt eine speziell den extragalaktischen Novae gewidmete Seite [2]. Steht mir im Urlaub eine geeignete Instrumentierung zur Verfügung, besuche ich täglich diese Website und informiere mich über aktuelle Objekte. Für die vorgestellten Objekte gebe ich keine Koordinaten an. Das wäre sinnlos, da ihre Helligkeit längst unter die Nachweisgrenze abgesunken ist. Dieser Aufsatz soll nicht zum Nachvollziehen der eigenen Beobachtungen dienen, sondern
Abb.1: Nova M31 2007-11e am 02.12.2007 (12,5-Zoll-RC, STL1001E, Integrationszeit 1.560 s)
ganz im Gegenteil zur Aufnahme noch unentdeckter extragalaktischer Novae animieren, sobald diese entdeckt werden.
Beobachtungsvorbereitung Die Informationen der ,,Bright Supernovae" Website enthalten neben der Position des Objekts, seiner Helligkeit und dem
Entdeckungsdatum auch Bildmaterial. Es ist sinnvoll, einen Screenshot aus Aladin mit der Position der extragalaktischen Nova im Zentrum als Ausdruck zum Teleskop zu nehmen und der Identifizierung in der eigenen Aufnahme zugrunde zu legen.
Abb.2: Nova M31 2007-12b am 13.12.07 (Daten wie in Abb.1, Integrationszeit 3.600 s)
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Abb. 3: Nova M31 2007-11d am 03.12.07 (wie in Abb.1, Integrationszeit 2.520 s)
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Abb. 4: Nova M31 2007 29 am 02.12.07 (wie in Abb.1, Integrationszeit 2.160 s)
Abb. 5: Nova M81 2007 3 (04.12.07 wie in Abb. 1, Integrationszeit
2.400 s; 11.04.07 C14, STL1001E, 1.080 s)
Bildauswertung Ist die Serie mit ausreichend langer Integrationszeit aufgenommen und das Summenbild erstellt, folgt die brennend erwartete Auswertung mit dem Ziel, die Nova in der eigenen Aufnahme zu erkennen und eindeutig zu identifizieren. Es sind ja einige Tage seit der Entdeckung vergangen, die Helligkeit der Nova wird wahrscheinlich abgenommen haben. Die Nova wird aufgrund der großen Entfernung zu uns bereits bei der Entdeckung sehr schwach gewesen sein. Vielleicht befindet sie sich inmitten einer sehr hellen Galaxienscheibe, steht nicht isoliert, sondern wird von helleren Vordergrundsternen und von extragalaktischen Objekten umgeben, so dass eine stärkere Bildauswertung notwendig sein könnte. Einfaches Hinschauen dürfte also in vielen Fällen nicht reichen. In solchermaßen schwierigen Fällen ist es erforderlich, das eigene Bild gegen den Screenshot aus Aladin (mit einem DSS-Bild im Hintergrund) zu blinken.
Bildbearbeitung Ein kleines äußerst schwaches Fleckchen inmitten der hellen Galaxienscheibe mag mit einer Markierung versehen uns zwar
erfreuen, für die Veröffentlichung auf einer Mailingliste oder in einer Zeitschrift dürfte das aber bei derart schwachen Objekten häufig nicht gut genug sein. Um die Qualität (den Kontrast) anzuheben, wende ich meistens extremere Methoden der Bildbearbeitung an, in denen vom Originalbild eine tiefpass (TP)-gefilterte Aufnahme abgezogen wird oder sogar das Originalbild durch eine solche TP-gefilterte Aufnahme geteilt wird. Das Bild wird dadurch nicht ,,hübscher", wohl aber die zu präsentierende Nova deutlicher sichtbar. Eine weitere Methode der Bildbearbeitung ist jetzt allerdings noch nicht möglich. Hierzu wird man das Feld mit der Nova noch einmal aufnehmen, vielleicht ein Jahr später. Vom Bild mit Nova wird dann das neue ohne Nova abgezogen oder durch dieses geteilt.
Erste Versuche Von der ersten extragalaktischen Nova (Nova M31 2001) hatte ich mit meiner ,,Ackersternwarte" im Odenwald nur ein extrem schwaches verschmiertes Pünktchen erhalten, die zweite hatte ich verpasst, die dritte war bereits zu dunkel. Erst bei der vierten Nova (Nova 31 2001
No. 4) gelang mir im Astrourlaub eine einigermaßen geeignete Aufnahme. Und dann lief mir auch noch die Nova M 110 2002 in NGC 205 über den Weg. Mit dieser kurzen Geschichte möchte ich zeigen, dass man etwas üben muss und keinesfalls im Bemühen nachlassen sollte, wenn es bei den ersten Versuchen nicht klappt. Extragalaktische Novae sind eben keine ,,ex-und-hopp"-Objekte sondern etwas Besonderes.
Nova M31 2007-11e (ROTSE3 J004547.7+420203.5) Im Dezember 2007 ging es dann aber Schlag auf Schlag. Bei M31 2007-11e trafen gleich mehrere günstige Voraussetzungen zusammen. Mit 16,2 mag war sie sehr hell und stand auch ausreichend isoliert [Abb. 1], was wohl auch zu ihrer Entdeckung am 28.11.2007 durch die ,,ROTSE collaboration" geführt hatte. Zur Bildbearbeitung reichte ein lineares Histogrammstrecken vollkommen aus. Die Identifizierung erfolgte mit Aladin durch einen einfachen Vergleich.
Nova M31 2007-12b Handelte es sich bei der eben gezeigten Nova fast schon um ein Anfängerobjekt, so
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wird es jetzt langsam schwieriger. Die Nova M31 2007-12b wurde am 10.12.2007 mit einer Helligkeit von 16,5 mag entdeckt. Am 13.12.07 folgte meine Beobachtung. Das Ergebnis ermöglichte die Identifizierung, stellt aber nur ein einfaches Belegbild dar [Abb. 2]. Eine Wiederholung könnte die Identifizierung augenfällig bestätigen und würde auch Material für eine kleine Animation bringen.
Nova M31 2007-11d Am 16.11.2007 war M31 2007-11d mit 14,9 mag entdeckt worden. Sie blieb aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters bei mir zunächst liegen. Die Position direkt neben einem hellen Stern ließ Schwierigkeiten erwarten. Als alle jüngeren Novae beobachtet waren, kam 2007-11d am 03.12.07 nach immerhin 17 Tagen doch noch zum Zuge. Der helle Stern verhinderte erwartungsgemäß die Anwendung gängiger Methoden der Bildbearbeitung. Dennoch konnte die Nova identifiziert werden [Abb. 3]. Bei dieser Art von Amateurastronomie geht es um die Analyse des Bildinhalts, nicht um das Erstellen eines hübschen Bildes.
Nova M31 2007 29 Die Nova M31 2007 29 wurde am 28.11.2007 entdeckt. Ihre Helligkeit betrug zu dieser Zeit 17,84 mag. Bei der Aufnahme vom 02.12.07 gab es wiederum ein Problem durch ein sehr nahe gelegenes Objekt. Diesmal handelte es sich allerdings um ein sehr schwaches Fleckchen im roten DSS-Hintergrundbild. Es bestand die Gefahr einer Fehlidentifizierung durch Verwechslung. Hinzu kam die große
Helligkeit der Scheibe von M 31. Erst beim Blinken gegen den Aladin-Screenshot konnte festgestellt werden, dass sich ein sehr schwacher Fleck in meiner Aufnahme dicht neben dem schwachen Fleckchen des DSS-Bildes befand. Damit war der sehr schwache Fleck als M31 2007 29 identifiziert. Ohne Aladin wäre dies definitiv nicht gelungen.
Die Qualität der Aufnahme ließ aber zunächst keine Veröffentlichung zu. Das Teilen des Originalbildes durch ein mehrfach TP-gefiltertes Bild verbesserte den Bildeindruck aber doch soweit, dass die Nova hier gezeigt werden kann [Abb. 4]. Eine Wiederholung der Aufnahme zur Erstellung einer Animation ist geplant. Ein solches ,,ohne-Nova-Bild" kann aber auch zu einer weiteren Bildbearbeitung heran gezogen werden. Bei der nächsten Nova wird dies demonstriert.
Nova M81 2007 3 Am 11.04.07 wurde die Nova M81 2007 3 entdeckt. Für mich ist sie die erste Nova in M 81 und damit außerhalb der Lokalen Gruppe, von der ich erfuhr. Dem Circular No. 8069 der IAU war zu entnehmen, dass ihre absolute Helligkeit Mv = -10 mag erreichte. Dies sei für eine Nova extrem hell gewesen.
Am 17.04.07 folgte dann meine Aufnahme als ein ,,object of opportunity" (wie das beim HST heißt, wenn plötzlich wichtige Ereignisse ein Abweichen vom normalen Zeitplan erfordern). Vom Originalbild musste ein mehrfach TP-gefiltertes Bild
abgezogen werden, um M81 2007 3 überhaupt erkennen zu können.
Acht Monate später, am 04.12.07 entstand eine vergleichbare Aufnahme, in der von der Nova naturgemäß nichts mehr zu sehen war. Durch dieses jüngere Bild ohne Nova konnte aber das ältere Bild mit Nova geteilt werden. Und um noch eins draufzusetzen, teilte ich das Quotientenbild durch seine zweifach-TP-gefilterte Version. Abb. 5 zeigt die entsprechenden Aufnahmen in einer Montage. Die mehrfache extreme Bildbearbeitung hat sich also gelohnt.
Zusammenfassung Mit Hilfe von Aladin und durch den Einsatz etwas extremerer Bildbearbeitung, die jeder CCDler bei der Reduzierung mit Darkframe und Flatfield täglich einsetzt, ist es auch Amateuren möglich, extragalaktische Novae nachzuweisen und dabei auch die Lokale Gruppe zu verlassen.
Literaturhinweise: [1] http://www.rochesterastronomy. org/
snimages/ (01.12.2008) [2] http://www.rochesterastronomy.org/novae.
html (01.12.2008)
Abkürzungen und Begriffe: DSS = Digital Sky Survey Aladin (siehe Linkliste der FG Deepsky) ROTSE = Robotic Optical Transient Search Experiment HST = Hubble Space Telescope
Lichtverschmutzung im Bundestag
von Andreas Hänel
Im Oktober 2007 hatte Roy Hengst, ein Amateurastronom aus Berlin, eine Petition gegen die zunehmende Lichtverschmutzung beim Petitionsausschuss des deutschen Bundestages eingereicht. Darin forderte er, dass die Regierung Maßnahmen gegen die Lichtverschmutzung ergreifen solle, etwa in Art eines Gesetzes wie in Slowenien. Bis zum Zeichnungsende am 27. Dezember 2007 hatten 7828 Personen die Petition unterzeichnet. In verschiedenen astronomischen Foren gab es teils heftige Diskussionen zu dem Thema. Es war ja nicht das erste Mal, dass eine Petition zu dem Thema eingereicht wurde, bereits 1999 und 2003 gab es entsprechende
Eingaben, in den Stellungnahmen wurde zwar die zunehmende Lichtverschmutzung beklagt, bestehende Grenzwerte wie in der Licht-Richtlinie aber als ausreichend angesehen. In der Richtlinie werden Meßmethoden beschrieben und Grenzwerte empfohlen, die in reinen Wohngebieten bei 1 Lux senkrecht auf ein Schlafzimmerfenster zwischen 22 und 6 Uhr liegen. Darunter fällt allerdings nicht die öffentliche Beleuchtung, zu der auch die Straßenbeleuchtung gehört. Der Wert von 1 Lux ist immerhin doppelt so groß wie die maximale Beleuchtungsstärke des hoch stehenden Vollmondes auf eine horizontale Fläche.
Nachdem Roy Hengst lange keine Antwort erhielt, wurde er schließlich für den 13. Oktober 2008 zu einer Sitzung des Petitionsausschusses eingeladen, in der es um Umweltprobleme gehen sollte. Er bat den Sprecher der Fachgruppe Dark Sky, ihn bei dieser Sitzung zu vertreten. So trafen wir uns mit einem weiteren Berliner Sternfreund, Guido Wortmann, vor der Sitzung am Berliner Hauptbahnhof, um das Vorgehen nochmals abzusprechen. Die Sitzung fand dann im Löbe-Haus hinter dem Kanzleramt statt, das man nur nach ausgiebigen Sicherheitskontrollen betreten konnte.
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Die Lichtverschmutzung wurde als dritter Tagesordnungspunkt aufgerufen. Nach einer kurzen Vorstellung der Lichtverschmutzung, deren negative Auswirkungen auf die Astronomie, die Natur und den Menschen, sowie den Forderungen nach Grenzwerten, stellten dann die Abgeordneten Fragen. Zwei weibliche Abgeordnete sprachen den Sicherheitsaspekt an, der aber gar nicht in Frage gestellt wurde, da von der Fachgruppe kein Abschalten, sondern ein gezielter Einsatz der Beleuchtung gefordert wurde. Ein Abgeordneter sprach die modernen Lösungen gerichteter Beleuchtung an, auf die der Fachgruppensprecher allerdings auch bereits hingewiesen hatte. Gezielte Fragen zur Zahl der sichtbaren Sterne oder der Zunahme der Lichtverschmutzung stellte dann der Abgeordnete der Grünen, Peter Hettlich, der sich auch noch als Amateurastronom und Mitglied der Vereinigung der Sternfreunde zu erkennen gab. In einer abschließenden Stellungnahme des Bundesumweltministeriums wurde klar, dass sich das Ministerium mit der Frage von Grenzwerten bislang noch nicht beschäftigt habe, da man die Grenzwerte der Licht-Richtlinie als ausreichend ansieht. Nachdem der Tagesordnungspunkt Lichtverschmutzung abgehandelt war, baten Peter Hettlich und sein Büroleiter und wissenschaftlicher Mitarbeiter Rüdiger Herzog noch um ein Gespräch, in dem wir die unterschiedlichsten Aspekte der Lichtverschmutzung diskutiert haben und Hettlich weitere Unterstützung bei dem Thema zusagte. So will er im Frühjahr 2009 zu einem Expertengespräch zum Thema
Lichtverschmutzung einladen. Um ein Foto machen zu können, bot der Abgeordnete uns eine Führung durch den Bundestag an, was wir gerne annahmen. In einem Schnelldurchgang ging es dann noch durch den Reichstag und auf dessen Aussichtsplattform. Das Thema Lichtverschmutzung wird nun im Petitionsausschuss weiter beraten, bevor eine abschließende Beschlussempfehlung abgegeben wird. Vielleicht überlegt sich das Umweltministerium doch endlich, Maßnahmen zur sinnvollen Begrenzung der Lichtintensitäten zu ergreifen. In der gleichen Woche wurden auch in der französischen Nationalversammlung Umweltgesetze verabschiedet, wobei auch die Lichtverschmutzung berücksichtigt wird.
Von rechts nach links: Der Petent Roy Hengst, Fachgruppenleiter Dr. Andreas Hänel, der Abgeordnete Peter Hettlich und sein Büroleiter Rüdiger Herzog vor der Kuppel des Reichstages
Die Ausschuss-Sitzung kann als Webcast (mit Hilfe des Real-Players) verfolgt werden unter (Oktober 2008): rtsp://btag-od.real.t-bn.de/btag/16/ bt45_20081013_a02.rm
Und die Internetseite des Abgeordneten Peter Hettlich, auf der auch das Thema Lichtverschmutzung angesprochen wird, ist zu finden unter www.peter-hettlich.de.
VdS-Vorstandsinfo zum Bericht
von Otto Guthier, VdS-Vorstand
Liebe Mitglieder,
die Einreichung der Petition gegen die immer stärker werdende Lichtverschmutzung in Deutschland, die Roy Hengst beim Petitionsausschuss des deutschen Bundestages eingereicht hat, wurde auch von der VdS unterstützt. Die Vereinigung der Sternfreunde e.V. hat sich in diese Liste mit eingetragen, ebenso wie eine Reihe von Mitgliedern aus dem Vorstand. Leider war eine Ankündigung im VdS-Journal aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich, denn das Journal erschien erst im neuen Jahr, wenige Tage nach der Eingabefrist 31. Dezember 2007.
Wir danken Herrn Hengst, der übrigens auch VdS-Mitglied ist, für seine Bemühungen und hoffen, dass die Petition erfolgreich im Ausschuss beraten wird. Im Übrigen ist gut zu wissen, dass auch ein VdS-Mitglied im deutschen Bundestag sitzt. Seitens des Vorstands werden wir Herrn Peter Hettlich gerne einmal anschreiben.
Wir werden in unserer Mitgliederzeitschrift gelegentlich über das Ergebnis der Ausschusssitzung berichten und unsere Mitglieder informieren.
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Der Umgang mit ,,Arbeiten" der Fachastronomie
Das Finden von Literatur und ihre Auswertung
von Hans G. Diederich
Jeder Sternfreund wird am Ende der Aufsätze im VdS-Journal schon einmal Literaturangaben gesehen haben. Häufig wird mit ihnen auf Aufsätze von Fachastronomen verwiesen, die im allgemeinen Sprachgebrauch auch ,,Arbeiten" genannt werden. Diese Literaturhinweise führen uns zum Vorabdruck-Server ,,astro-ph" oder zu Fachzeitschriften, welche über den Server ADS erreichbar sind. Manchmal ist es auch erforderlich, eine normale Suchmaschine zu benutzen. Wenn uns die gewünschte Arbeit vorliegt, stellt sich sofort die Frage, wie wir am besten mit ihr umgehen, um Anregungen für neue Projekte und Informationen zum Identifizieren von Objekten zu erhalten.
Alles in Englisch Fast alle Arbeiten sind in Englisch geschrieben. Auch in der Astronomie ist Englisch die Sprache der internationalen Kommunikation. Für den Sternfreund ohne Englischkenntnisse ist das bitter, aber nicht zu ändern. Er könnte sich mit einem online-Wörterbuch oder einer Übersetzungshilfe begnügen. Aber auch ohne diese ist es ihm möglich, im fremdsprachigen Text Objektbezeichnungen, Koordinaten, Helligkeiten, Elemente zu finden, Tabellen über die Zwischenablage und Fotokarten sowie andere Abbildungen als Screenshot zu extrahieren, zu speichern und auszudrucken.
Wie liest man eine gespeicherte Arbeit? Theoretisch geht das am Display. Mit Acrobat können in PDF-Dateien Textteile farblich markiert und Anmerkungen hinein geschrieben werden. Ich bevorzuge allerdings den klassischen Ausdruck auf Papier.
Das Lesen und Auswerten einer Arbeit wird durch deren Gliederung in einzelne Kapitel erleichtert. Dieser formale Aufbau ist in allen Arbeiten der Fachastronomie (und nicht nur dort) gleich. Somit können wir in einem uns unbekannten Text sicher navigieren und gezielt zu den Stellen gelangen, die für uns wichtig sind.
Fangen wir einmal damit an. Laden Sie sich jetzt von astro-ph eine Arbeit herunter
VdS-Journal Nr. 28
und schauen Sie beim Lesen des Aufsatzes hier immer wieder mal dort hinein. Sie gewinnen dadurch schnell ein gutes Gefühl im Umgang mit diesem fremden Text und üben gleichzeitig das Navigieren anhand der hierunter folgenden Hinweise. Das wäre dann ,,learning by doing". Die Webadresse von astro-ph befindet sich mit denen von anderen Ressourcen auf der Website der FG Deepsky.
Titel und ,,Abstract" Jede Arbeit beginnt mit dem Titel und den Namen der Autoren. Dort oben finden wir auch das Jahr der Veröffentlichung. Bei astro-ph steht auf dem linken Randstreifen der ersten Seite das Erscheinungsdatum und eine laufende Nummer.
Der erste Autor (der ,,lead"-Autor) ist besonders wichtig, da der kürzest mögliche Bezug auf eine Arbeit aus dem Namen dieses Autors, ggf. ergänzt um weitere Namen oder einem ,,et al." (,,und andere"), und dem Jahr der Veröffentlichung besteht. Bereits mit einer solchen äußerst knappen Information ist es möglich, eine Suche im Internet, eine Literaturrecherche, zu beginnen.
Nach dem Titel folgt der ,,abstract" (Kurzfassung), welche die Fragestellung und die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit in konzentrierter Form enthält. Wer hier feststellt, dass die Arbeit für ihn doch nicht interessant genug ist, kann mit dem Lesen aufhören und den Ausdruck zum Altpapier geben. Wen aber die Neugier weiter treibt, der findet sich alsbald im nächsten Kapitel wieder, der ...
,,Introduction" In dieser Einführung werden wir nichts von den aktuellen Forschungsergebnissen der Autoren finden. Geschildert wird allerdings der Kenntnisstand der Fachastronomie zu dem Zeitpunkt, als die Autoren begannen, sich Gedanken über ihre Arbeit zu machen. In chronologischer Reihenfolge sind hier Fragestellungen, Probleme, bisherige Ergebnisse, Lösungen aber auch Widersprüche und offene Fragen aufgeführt. Dies ist eine für uns wichtige Information. Wir erhalten einen
Überblick über mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte astronomischer Forschung. Diese Einführung macht uns schrittweise mit dem Forschungsgegenstand der Autoren vertraut. Damit können wir die vorliegende Arbeit besser verstehen und sie auch angemessen würdigen.
An passenden Stellen sind Literaturhinweisen der Art ,,Smith et al. (2004)" eingefügt. Damit könnten wir bereits über eine Autorensuche auf astro-ph (,,search") oder auch in NED weitere Arbeiten zum Thema finden. Aber es geht noch einfacher. Denn am Ende der Arbeit werden alle diese hier knappen Literaturhinweise aufgegriffen und in ausführlicher Form wiederholt. Dort hinten finden wir den Namen der Fachzeitschrift, die Jahrgangsnummer und die Angabe zur ersten Seite.
,,Observations" ... Der Einführung folgt ein Kapitel, in dem z. B. die Aufnahmen, deren Reduzierung und Auswertung beschrieben werden. Meistens verzichte ich auf das Lesen dieser mitunter sehr langen Testpassagen. Sie sind allerdings für die Fachastronomen von großer Bedeutung, welche die Vorgehensweise ihrer Kollegen nachvollziehen und genau verstehen wollen. Ich gehe stattdessen zum nächsten Kapitel, der ...
,,Discussion" In der ,,Diskussion" sichten und sortieren die Autoren ihre Ergebnisse, vergleichen sie mit älteren Arbeiten und äußern Vermutungen und Gewissheiten. Wer ein wenig Zeit hat, der kann hier wieder einsteigen. Es ist für mich immer wieder interessant zu sehen, wie die Autoren mit schlechtem Seeing, mit Messungenauigkeiten und lückenhaften Ergebnissen umgehen. Auch ihnen gelingt nicht immer alles beim ersten Mal. Spätestens hier stellt sich auch heraus, ob ein letztendlich befriedigendes Ergebnis erzielt wurde oder ob Bedarf an weiteren Untersuchungen besteht.
,,Conclusion" Die Krone des Ganzen stellt die ,,conclusion" dar, die zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse und die Schlussfolgerungen daraus. Hier sollte auch der Leser mit
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weniger Durchhaltevermögen seine Lektüre fortsetzten. Im ,,abstract" hatten wir bereits eine kurze Zusammenfassung gelesen. Die ,,conclusion" wiederholt zwar einiges davon, ist aber wesentlich ausführlicher. Dieses Kapitel sollte daher nicht ausgelassen werden.
,,Acknowledgments" Die Fachastronomen bedanken sich am Ende der Arbeit bei ihrem Sponsor, der Sternwarte und dem (manchmal anonymen) Redakteur der Zeitschrift. Wenn uns Amateuren jemand geholfen hat, könnten wir das ebenso tun. Ich denke, dass uns die unentgeltliche Nutzung der Ressourcen der Fachastronomie (z. B. von Simbad und Aladin) eine kurze Erwähnung Wert sein sollte.
,,References" Die Arbeit schließt mit den ,,references", dem Literaturverzeichnis. Das wurde weiter oben unter ,,Introduction" bereits erwähnt.
Ausblick Wir haben nun eine Arbeit von vorne bis hinten durch gelesen. Vielleicht erscheint uns das alles noch ungewohnt. Wer häufiger solche Arbeiten liest und im Internet Literaturrecherche betreibt, kann sich bald nicht mehr vorstellen, wie er früher ohne diese Ressourcen ausgekommen ist. Nur durch die verfügbare Fachliteratur ist es uns Amateuren möglich, von neuen Objekten und Auswertungsmethoden zu erfahren. Wir können es uns nicht leisten, auf ein irgendwann vielleicht erschei-
nendes Buch für Sternfreunde zu warten. Das wäre Stillstand.
Wer als Amateur die astronomische Fachliteratur für seine Beobachtungen nutzt, wird über kurz oder lang in der Lage sein, im VdS-Journal über seine Ergebnisse und Projekte zu berichten und vielleicht auch einmal auf dem DST einen Vortrag zu halten.
Für den Erfahrungsaustausch im Umgang mit der Fachliteratur bietet sich die Mailingliste der FG ,,Visuelle DeepskyBeobachtung" an. Die Internetadressen der o. g. Informationsquellen sind der Linkliste dieser FG zu entnehmen.
M wie Messier
von Torsten Güths
Der französische Astronom Charles Messier lebte in den Jahren 1730 bis 1817. Er stellte ab 1758 die wohl heute noch bekannteste Auflistung von nicht stellar erscheinenden Himmelsobjekten zusammen. Sein Katalog diente ihm als echte Arbeitsunterlage, um bei der Suche nach Kometen nicht irrtümlich einen der fixen Nebel mit einem neuen Komet zu verwechseln. Nicht alle Objekte hat er selbst entdeckt, er übernahm sie auch von Kollegen.
Die heutige Messierliste umfasst 110 Objekte, von denen einige bereits dem unbewaffneten Auge zugänglich sind. Mit einem guten Fernglas wird immerhin schon mindestens die Hälfte sichtbar. Somit eignen sie sich besonders für Astronomieeinsteiger und Anwender kleinerer Fernrohre, für die einige Messierobjekte bereits eine Fülle von Details aufweisen können. Die Daten und historischen Objektbeschreibungen wurden aus Burnhams ,,Burnhams Celestial Handbook", Kepple/ Sanners ,,Nightsky Observing Guide" und dem Internet (Paris Observatorium www. obspm.fr/) entnommen.
Im VdS-Journal wollen wir Sie mit dieser Rubrik anregen, Ihre eigenen Objektbeschreibungen einzureichen! In der Ihnen vorliegenden 26. Folge unserer ,,M"-Serie sind Berichte von Manfred Holl, Gerd Kohler, Dirk Panczyk und Gerhard Scheerle enthalten, sowie Aufnahmen von Bernd Flach-Wilken und Dieter Willasch
VDS-J Ausgabe Benötigte Objekte
Einsendeschluss
29
2/2009
M23 Sgr, M24 Sgr, M25 Sgr
Mitte Januar 2009
30
3/2009
M19 Oph, M68 Hya, M69 Sgr Mitte Mai 2009
31
1/2010
M83 Hya, M87 Vir, M102 Dra Mitte September 2009
32
2/2010
M20 Sgr, M21 Sgr, M22 Sgr
Mitte Januar 2010
33
3/2010
M29 Cyg, M56 Lyr, M75 Sgr
Tab. 1: Die nächsten Objekte in dieser Rubrik. Bitte senden Sie Ihre Beobachtungen ein!
abgebildet. Vielen Dank den Zusendern! Die nächsten Objekte in dieser Rubrik finden Sie in der Liste in der Tabelle.
Bitte schicken Sie Ihre visuellen Beobachtungseindrücke zu diesen Objekten direkt an den Verfasser dieser Rubrik, Stichwort ,,Messierobjekte". Vergessen Sie bitte nicht, die Beobachtungsumstände anzugeben: zumindest die Grenzgröße mit bloßem Auge, die Öffnung Ihrer benutzten Instrumente und die eingesetzten Vergrößerungen. Eine
Dateiform wie Microsoft Word (doc, txt, wpd) wäre gut. Der Verfasser behält sich Textanpassungen vor. Nur noch von folgenden Objekten fehlt fotografisches Bildmaterial: M18, M19, M21, M22, M23, M24, M25, M26, M28, M48, M49, M52, M54, M55, M59, M68, M69, M70, M75, M83, M85, M87, M89, M102.
Torsten Güths, In den Nußgärten 31, 61231 Bad Nauheim, solaris1000@gmx.de
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VdS-Journal Nr. 28
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M 13, Herkules
Objekttyp:
Kugelsternhaufen
Entfernung:
21.000 Lichtjahre
Reale Ausdehnung: 100 Lichtjahre
Scheinbare Helligkeit: 5,7 mag
Winkelausdehnung: 16,6`
Koordinaten:
RA: 16h42m
Dekl. 36 Grad 28`
Historisches: Dieser sehr helle Kugelsternhaufen wurde bereits von Edmont Halley im Jahre 1714 erwähnt. Er war auch der Erste, der ihn mit dem bloßen Auge erkannte. Doch erst 1. Juni 1764 stieß Messier auf ihn und beschrieb ihn als Nebel ohne Sterne. Auch der Astronom Bode erkannte 1774 noch nicht die wahre Natur dieses nebelhaften Objekts.
Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag)
Auge: Bei einer Grenzgröße von 4,9 mag, (dem aufgehelltem Vorstadthimmel von Stapelfeld bei Hamburg) ist er kaum zu sehen, nur für kurze Augenblicke. Er kann nicht gehalten werden. (M. Holl)
Abb. 1: Belichtet durch ein Newton von 15 cm Öffnung und 880 mm Brennweite mit einer MX7C und einer Serie von 13 Aufnahmen zu je 2 Minuten Belichtungszeit und tiefe Bildbearbeitung. 30 km nördlich von Frankfurt/Main. (T. Güths)
M 13 zeigt sich bei sehr klarem (Anm. des Verfassers: ,,und sehr dunklem") Himmel deutlich als ein 5,8 mag heller diffuser Stern, im Durchmesser vielleicht halb so groß wie der Mond (also 15`). (G. Scheerle)
Sucher 7 x 50: Als schwacher Lichtfleck genau zwischen zwei Sternen, mit hellerem Kern und schwächerem Außenbereich zu sehen. (D. Panczyk)
Fernglas 8 x 56: M 13 zeigt sich als ein stark konzentrierter, 16` großer runder Nebel. Die inneren 8` sind sehr hell, die Außengebiete nur schwach. (G. Scheerle)
11 cm Öffnung: M 13 ist sehr schön als Kugelsternhaufen zu sehen und zeigt sich als stark konzentrierte, mit 5,8 mag wirklich helle, runde Nebelfläche, aus der vielleicht 100 feine Sterne von 11,0 bis 12,0 mag schimmern, die sich über eine Fläche von 12` Durchmesser verteilen. (G. Scheerle)
VdS-Journal Nr. 28
20 cm Öffnung: M 13 erscheint bei 40x schon als ziemlich dicker und sehr heller Nebelflecken mit einer für Kugelsternhaufen typischen, klar erkennbaren Helligkeitskonzentration im Haufenzentrum. Es war aber noch nicht möglich, Einzelsterne auszulösen. Das gelang mir erst ab 55x. Dann sind bei längerer und konzentrierter Beobachtung verschiedene, scheinbar aus dem Kugelsternhaufen herausführende Linien von Sternen und Sterngruppen zu sehen (bei denen es sich aber um Vordergrundsterne handelt). (M. Holl)
20 cm Öffnung: Vergrößerung: 228x. Sehr heller und sehr großer Sternhaufen. Ein wunderbarer Anblick! Er besitzt ein großes Zentrum. Aus dem Haufen ragen viele Verästelungen mit Sternen heraus, die verschiedenste Bögen beschreiben. Ich kann bis in das Zentrum Einzelsterne erkennen. (G. Kohler)
33 cm Öffnung: Bei einer Vergrößerung von 150 x und einer Grenzgröße von 5,5 mag erscheint er im Newton sehr hell und groß. Er füllt das
halbes Gesichtsfeld! Er ist locker konzentriert und das Zentrum ist etwas heller als die Außenbezirke. Er ist bis ins Zentrum aufgelöst und zeigt mehrere Sternenketten, die sich nach außen winden. (D. Panczyk)
40 cm Öffnung: M 13 ist als sehr imposanter Kugelsternhaufen zu sehen und bietet einen überwältigenden Anblick! In und um die extrem helle, runde und große Nebelfläche in der Mitte glitzern vielleicht 300 Sterne von 11,0 bis 14,6 mag. Sie stehen so dicht, dass ihre Zahl nur erahnt und nicht wirklich geschätzt werden kann. (G. Scheerle)
Fotografie: Mit der analogen Fotografie können wir bereits ab 200 mm Brennweite M 13 als Kugelsternhaufen erkennen. Interessant werden die Aufnahmen ab 1000 mm, wenn der Kugelsternhaufen in seiner ganzen Pracht abgelichtet werden kann. Die Belichtungszeiten variieren von 5 bis 20 Minuten je nach Blende. Für DSLRKameras erhält man ähnliche Resultate bei kürzeren Brennweiten von 135 bis 750 mm bei 1 bis 3 Minuten Belichtungszeit.
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M 41, Großer Hund (Canis Major)
Objekttyp:
Offener
Sternhaufen
Entfernung:
2.350 Lichtjahre
Reale Ausdehnung: 26 Lichtjahre
Scheinbare Helligkeit: 4,5 mag
Winkelausdehnung: 38`
Koordinaten:
RA: 06h47m
Dekl. -20 Grad 44`
Historisches: Dieser mit bloßem Auge wahrnehmbare Sternhaufen wurde bereits von dem Griechen Aristoteles um 325 v.C. als einer der rätselhaften wolkigen Flecken am Nachthimmel erwähnt. Der Astronom C.E. Barns vermutet, dass dieses Objekt das schwächste Deep-Sky-Objekt ist, dass in der Antike bekannt war. Messier übernahm ihn korrekterweise als Sternhaufen im Januar des Jahres 1765 in seine Liste.
Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag)
Auge: Bei sehr klarem Himmel südlich von Sirius als kleines Wölkchen zu sehen. (G. Scheerle)
Abb. 2: Optik: TMB 80 mm f/6 und 0,8x Tele Vue Reducer/Flattener (380 mm Brennweite). Kamera: Hutech modifizierte Canon EOS 30D. Belichtung 4 x 5 min bei ISO 800 mit einem IDAS LPS Filter aus Südafrika. (Dieter Willasch)
Sucher 7 x 50: Bereits im lichtstarken Sucher sind die hellsten Sterne aufgelöst. (D. Panczyk)
Fernglas 8 x 56 Ein auffälliger Sternhaufen! In einem Feld von 30` Durchmesser sind 12 Sterne 7,6 bis 9,2 mag zu zählen, eingebettet in eine neblige Fläche unaufgelöster schwacher Sterne. Die Gesamthelligkeit beträgt 4,4 mag. (G. Scheerle)
11 cm Öffnung: Ein prachtvoller Sternhaufen! In einem 36` großen Feld stehen 84 Sterne 6,6 bis 12,0 mag. Die Gesamthelligkeit beträgt 4,6 mag. (G. Scheerle)
20 cm Öffnung: Bei 33x ergab sich eine schöne Übersicht, die feinste Verästelungen erkennen ließ. Etwa 50 bis 60 Sterne waren im Gesichtsfeld anscheinend ziemlich regellos verteilt. Verharrt man einige Zeit beim Anblick dieses schönen Sternhaufens, so stechen drei Sterne von 6,8 mag bis 7,3 mag hervor, die ein lang gestrecktes Dreieck bilden. Meine erste Begegnung mit M 41 fand
übrigens vor vielen Jahren während eines Staus auf der A 24 statt, als Andre Wulff und ich von einem Beobachtungsabend zurückkehrten, im Stau standen und ich durch das Dachfenster seines Autos mit einem Feldstecher beobachtete. Was da wohl die anderen Verkehrsteilnehmer gedacht haben müssen ... (M. Holl)
20 cm Öffnung: Vergrößerung: 57x. Großer lockerer Haufen. Unterschiedliche, überwiegend helle blaue Sterne. Aufgelöst. Ein rötlicher Stern ist im Haufen. Runde Form mit vielen Sternarmen. (G. Kohler)
33 cm Öffnung: Bei einer Vergrößerung von 50x und einer Grenzgröße von 5,5 mag erkennt man im Teleskop seine unregelmäßige Form. Er füllt etwa die Häfte des Gesichtsfelds. Trotz horizontnaher Stellung ist er leicht auffindbar. (D. Panzcyk)
40 cm Öffnung: Ein sehr großer und sehr reicher, herrlicher Sternhaufen mit vielen hellen Einzelsternen, zur Mitte hin mäßig konzentriert. In einem
42` großen Feld sind insgesamt 238 Sterne 7,0 bis 13,4 mag zu sehen! In den inneren 24` sind 102 Einzelsterne zu zählen, in den Außenbereichen weitere 136 Exemplare. Der Sternhaufen ist voll aufgelöst und zeigt keinen diffusen Hintergrund mehr. Die Gesamthelligkeit beträgt 4,8 mag. (G. Scheerle)
Fotografie: Mit der analogen Fotografie können wir schon ab 50 mm Brennweite M 41 als auffälligen Sternhaufen südlich von Sirius erkennen. Interessant werden die Aufnahmen ab 500 bis 1500 mm, die den Sternhaufen dann gut aufgelöst wiedergeben. Die Belichtungszeit geht von 2 bis 20 Minuten je nach Blende und Horizontdurchsicht. Für DSLR-Kameras erhält man ähnliche Resultate bei kürzeren Brennweiten von 28 bis 1000 mm bei 30 Sekunden bis 5 Minuten Belichtungszeit.
VdS-Journal Nr. 28
106 S E R V I C E
M 79, Hase (Lepus)
Objekttyp:
Kugelsternhaufen
Entfernung:
41.000 Lichtjahre
Reale Ausdehnung: 103 Lichtjahre
Scheinbare Helligkeit: 7,8 mag
Winkelausdehnung: 8,7`
Koordinaten:
RA: 05h24m
Dekl. -24 Grad 33`
Historisches: M 79 wurde von Mechain am 26. Oktober 1780 entdeckt. Charles Messier hat ihn am 17. Dezember des selben Jahres beobachtet und seiner Liste hinzugefügt. William Herschel beschrieb dieses Objekt als sehr reichhaltig. Man schätzt 90.000 Sternenmitglieder.
Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag)
Auge: Unbeobachtbar. (G. Scheerle)
Fernglas 8 x 56: M 79 ist als 5` großes, lichtschwaches, 8 mag helles, rundes Nebelfleckchen zu erkennen. (G. Scheerle)
11 cm Öffnung: M 79 zeigt sich als ein 7,6 mag heller, 4` großer, runder Nebel. Er erscheint gut konzentriert und leicht körnig; Einzelsterne sind aber nicht wirklich zu erkennen. (G. Scheerle)
20 cm Öffnung: Der Sternhaufen ist bei 91x nur ein matter Lichtfleck am stark aufgehellten Südhimmel. Es ist noch nichts aufgelöst. Der Sternhaufen ist gleichmäßig hell. Bei 170x sind wenige einzelne Sterne zu sehen. Der Haufen wird zum Rand schwächer. Er hat ein ausgedehntes Zentrum. (G. Kohler)
33 cm Öffnung: Bei einer Vergrößerung von 200x und einer Grenzgröße 4,0 mag (heller Horizont) erscheint er relativ stark konzentriert. Zum Zentrum hin deutlich heller werdend. Ein schwächerer, aber auffälliger Stern ist in unmittelbarer Nähe. Indirekt ist eine körnige Struktur sichtbar, jedoch erscheinen die Sterne nicht aufgelöst. Durch seine tiefstehende Lage ist er ein schwieriges Objekt. (D. Panzcyk)
VdS-Journal Nr. 28
Abb. 3: Optik: 16" f/8-Hypergraph bei f/8. Kamera: STL6303+AOL mit Astronomik-Filterset Typ IIb, LRGB (L=3x600s; R=3x360s; G=3x360s; B=3x600; einfachbinning), Namibia - Farm Tivoli. (Bernd Flach-Wilken)
40 cm Öffnung: M 79 ist klar als Kugelsternhaufen erkennbar. Er zeigt sich als eine sehr helle und ziemlich konzentrierte, 4` große runde Nebelfläche und erscheint deutlich körnig. Andeutungsweise sind darin etwa 10 Einzelsterne von 13,2 bis 14,0 mag zu erkennen, die beiden hellsten davon haben 13,2 und 13,6 mag. Die Gesamthelligkeit beträgt 8,4 mag. (G. Scheerle)
INSERENTENVERZEICHNIS
Amateur- und Präzisionsoptik-
35
Mechanik, Rehlingen
APM Teleskopes, Saarbrücken
9
astronomie.de, Neunkirchen
79
Astrocom, Gräfelfing
57
Astro-Shop, Hamburg
U2
13
Fotografie: M 79 ist ein Objekt für lange Brennweiten ab 1000 mm Brennweite und langen Belichtungszeiten von 10 bis 20 Minuten analog und 1 bis 5 Minuten für DSLRKameras ab 500 mm Brennweite.
ATT, Essen
95
Baader Planetarium, Mammendorf U4
DST, Bebra
87
Gerd Neumann jr., Hamburg
89
Intercon Spacetec GmbH,
U3
Augsburg
Kosmos Verlag, Stuttgart
31
Meade Instruments Europe,
69
Rhede
Optische Geräte Wolfgang Lille, 103 Heinbockel
Spektrum der Wissenschaft
43
Verlagsgesellschaft mbH,
7
Heidelberg
Dieser Ausgabe liegt eine Beilage der Firma Astroshop.de Nimax GmbH, Landsberg bei.
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Astronomische Bildung - Quo vadis?
von Ralph Brinks
Der Autor dieser Zeilen beteiligt sich seit nunmehr 17 Jahren an der Volkssternwarte Hagen in der Vermittlung astronomischen Wissens. Die Aktivitäten der Sternwarte sind in dieser Hinsicht sehr vielfältig. So werden einerseits regelmäßig Besucherführungen für interessierte Bürger, andererseits aber auch Einzelveranstaltungen zu besonderen astronomischen Anlässen (Finsternisse, Planetentransits o.ä.) geboten. Es gibt eine Astronomie AG in Zusammenarbeit mit einer Realschule der Stadt,Astronomiekurse und angemeldete Gruppenführungen (Schulklassen, Kindergeburtstage, Firmenfeiern, etc.). Seit wenigen Jahren betreut die Volkssternwarte auch das Hagener Planetenmodell [Bri06]. Die Mitglieder der Volkssternwarte tun dies freiwillig, mit großem persönlichen Einsatz und unter der ,,Aufopferung" ihrer Freizeit. Neben der professionellen astronomischen Wissensvermittlung in den Schulen, Hochschulen und Planetarien geschieht dieses ehrenamtliche Engagement hundertfach an all den vielen Sternwarten mit ausgeprägter Öffentlichkeitsarbeit. Sicher, das alles geschieht häufig aus Freude an der Astronomie (,,was man gerne hat, damit beschäftigt man sich gern"), oftmals auch im Sinne einer gewissen Selbstverwirklichung oder - wenn ich mal einen etwas hochtrabenden Begriff verwenden darf - einer intellektuellen Betätigung. Mit der Vermittlung astronomischen Wissens - ex professio oder ehrenamtlich - ist meines Erachtens jedoch noch viel mehr verbunden: es gibt manchmal ein Ziel, auf das das Handeln der vielen beteiligten Personen gerichtet ist oder sein kann. Dieser Aufsatz ist eine Beschreibung meiner persönlichen Vision und soll den Leser dazu einladen, sich seiner Wünsche und Vorstellungen in dieser Hinsicht bewusst zu werden.
Beginnen möchte ich mit einem Satz von Jesco Freiherr von Puttkamer anlässlich eines Plädoyers für die Raumfahrt: ,,Wer den Weltraum erlebt hat, erkennt die zwingende Notwendigkeit, das Raumschiff Erde intakt zu halten" [Put99]. Dieser Satz verbindet zwei Themenkreise miteinander: das Erleben des Weltraums und das Intakthalten der Erde und bildet das Kondensat meiner persönlichen Sicht, warum es so essentiell wichtig ist,
Astronomie zu vermitteln und an andere mitzuteilen. Welchen Beitrag leisten die Vermittler beim Erleben des Weltraums? Das ist offensichtlich: die vielen Besucher der Planetarien, die sich von einem projizierten Sternenhimmel verzaubern lassen, astronomischen Erklärungen zuhören, die vielen Gäste der Sternwarten, die einen Blick auf die Ringe des Saturns werfen, die vielen Schüler, die die Gesetze der Himmelsmechanik erlernen - all diese Personen erleben den Weltraum. Sie sammeln Wissen und gewinnen Eindrücke über den Kosmos außerhalb der Erde. Einen besonderen Stellenwert hat die eigene Beobachtung des Sternenhimmels während einer Nachtwanderung oder an einer Sternwarte. Hier erlebt der Betrachter das Weltall unmittelbar. Mit genügend Geduld kann der Beobachter die Leere und riesige Größe des Kosmos erahnen und erleben. Es ist selten, dass ein unbedarfter Laie beim Anblick des gestirnten Himmels nicht ins Staunen gerät. Gerade solche Erlebnisse bieten häufig den Einstieg für eine eingehendere Beschäftigung mit der Astronomie.
Der Punkt des Intakthaltens der Erde ist nicht ganz so offensichtlich. Was ist damit gemeint? Von Puttkamer nennt in [Put99] den internationalen Charakter von Raumfahrtprojekten, der über ,,Ethnozentrismus, Rassismus, Fremdenangst und Fremdenhass" hinweghilft. Dem ist sicherlich zuzustimmen. Solche Großprojekte, sowohl in der Raumfahrt als auch andere Forschungsvorhaben, die nur durch Beteiligung vieler Nationen bewältigt werden können, leisten einen Beitrag zur Völkerverständigung und damit zur Friedensförderung. Durch ihren besonderen globalen Charakter ist es aber besonders die Astronomie, die nationale Begehrlichkeiten in den Hintergrund treten lassen und zu kosmisch-globalem Denken führt. Nehmen wir als Beispiel die Entstehung unseres Sonnensystems: es entstanden nicht einzelne Länder oder Nationalitäten, sondern ein (verhältnismäßig) kleiner Planet Erde. Gerade die Astronomie zeigt uns die Winzigkeit unserer Ökosphäre und lehrt die Verwundbarkeit und Besonderheit allen Lebens. Diese Einsicht steht im Widerspruch zu den Alltagserfahrungen überfüllter Städte, verstopfter Straßen und hektischer Betriebsamkeit. Wie keine andere Wissenschaft rückt die Astronomie
die vielen menschlichen Probleme und Begehrlichkeiten in den richtigen Maßstab und lehrt uns damit eine gewisse Bescheidenheit.
Auf den fächerübergreifenden Charakter der Astronomie wurde vielfach hingewiesen; wer sich mit kosmischen Fragen beschäftigt, kommt schnell in den Kontakt mit Physik, Geologie, Chemie, Biologie, Mathematik, aber auch Geschichte und nicht zuletzt Philosophie. Die ernsthafte Beschäftigung mit der Astronomie und ihre vielen Berührungspunkte mit den anderen Wissenschaften lehrt uns das, was ich als ,,wissenschaftliche Methode" bezeichnen möchte: das Beobachten, das Schlussfolgern, das Bilden von Hypothesen, das Diskutieren von Ideen, diese zu belegen oder zu falsifizieren und Fehlermöglichkeiten zu kennen. Wir verdanken der wissenschaftlichen Methode sehr viel, angefangen bei ganz grundlegenden Dingen wie Gesundheit und Versorgung bis hin zu den Bequemlichkeiten des modernen Lebens. Aber auch in weniger praktischen Bereichen liefert die Wissenschaft sehr nützliche Beiträge. Heute kennen wir beispielsweise die Natur eines Kometen und wissen, woher sein manchmal spontanes Auftreten resultiert. Die Wissenschaft und insbesondere die Astronomie haben uns gezeigt, dass eine Sonnenfinsternis kein Zeichen göttlichen Zorns ist, sondern einfache Geometrie. Im Gegensatz zu den Menschen, die nur wenige Jahrhunderte vor uns gelebt haben, wissen wir, dass wir nicht an seltenen Konstellationen der Planeten erkranken oder gar sterben. Astronomie als Wissenschaft ermuntert uns zu Kreativität, zum freien Austausch von Gedanken und fördert die Kommunikation. Durch ihre Methoden, die Grenzen von Hypothesen und Modellen zu suchen, lehrt sie uns kritische Fragen zu stellen und scheinbar Gegebenes zu hinterfragen. Wenn man so will, dient die Astronomie dazu, unsere kosmische Umwelt kennen zu lernen und unserem Denken die rechte Richtung zu weisen. Sie lehrt uns unsere Herkunft, unsere Natur, unsere Abhängigkeit von unserer Umwelt und deren Zerbrechlichkeit. Die Astronomie stellt uns in unseren kosmischen Kontext und zeigt uns unsere Einzigartigkeit. Klar, durch ihre strenge Wissenschaftlichkeit stellt sich die
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Astronomie gegen den Aberglauben der Horoskope und hilft uns, den Unfug, den die sogenannten Sterndeuter uns erzählen, zu ignorieren. Sie lehrt uns eine Fähigkeit, die sich in Zeiten der medialen Überschwemmung immer weiter zurück bildet: Relevantes von Irrelevantem zu trennen.
Warum das alles, was hat die wissenschaftliche Methode mit ihrem offenen Meinungs- und Gedankenaustausch für einen Sinn? Weshalb ist es gut, Wissenschaft in den astronomischen Einrichtungen der Breitenbildung zu pflegen und zu kommunizieren? Ich finde, die Antwort ist einfach. Die wissenschaftliche Methode hat sich über einige (wenige) Jahrhunderte hinweg als probates Mittel gegen menschlichen Irrtum und Fehlbarkeit dargestellt. Sie ist in sich selbst fehlerkorrigierend und ermöglicht wie keine weitere bekannte Methode des menschlichen Intellekts die Gewinnung von neuem zuverlässigen Wissen. Damit erzeugt sie eine Menge nützlicher Einsichten und Resultate, schult aber gleichzeitig auch den Geist für andere Lebensbereiche. In dem sehr schönen Buch ,,The Demon-Haunted World - Science as a Candle in the Dark" [Sag97] des Astronomen Carl Sagan geht der Autor sogar so weit zu argumentieren, dass die wissenschaftliche Methode sehr wichtig für die Demokratie und die Freiheit ist. Das ist eine Idee, die mindestens bis auf den Staatstheoretiker und US-Präsidenten Thomas Jefferson zurückgeht. Sagan führt im Hinblick auf die Zukunft unserer Welt aus: ,,Unsere Spezies braucht und verdient
eine Gesellschaft mit aufgewecktem Geist und einem grundsätzlichen Verständnis darüber, wie die Welt funktioniert" [Sag97]. Es ist dieser aufgeweckte Geist, den die Wissenschaft schult und hervorbringt. Die vielfältigen Aspekte der Astronomie und ihre Tangenten an andere Fachgebiete liefern Verständnis für unsere Welt.
Was können wir als Multiplikatoren des astronomischen Wissens und der wissenschaftlichen Methode also tun? Klar, wir vermitteln weiterhin astronomisches Wissen und ermöglichen eigene kosmische Erfahrungen. Wir können die ,,wissenschaftliche Methode" verbreiten, indem wir andere (Besucher, Gäste) ermutigen zu argumentieren, zu begründen und zu falsifizieren. Wir können auf die wirklichen Wunder in der Natur hinweisen: die Größe des Universums, das Wunder des Urknalls und die Geburt des Kosmos, die Universalität der physikalischen Gesetze und das Entstehen der Artenvielfalt. Pseudo-wissenschaftliche Themen wie Astrologie, Löffelverbiegen, NostradamusProphezeiungen und Alienbesuche können wir herunterspielen. Wir können im Gespräch mit unseren Gästen anregen, darüber nachzudenken, wie die Welt von morgen aussehen wird und wie sie aussehen soll. Wir können für den Nutzen der Wissenschaft argumentieren und Vorurteile (,,Wissenschaft ist nur etwas für Hochbegabte") zerstreuen. Wir unterstützen andere Multiplikatoren und Vermittler von Wissenschaft wie z.B. Lehrer. Wir können zum Lesen anregen und neben den klassischen Sachbüchern von Feynman,
Weinberg und Hawking auch visionäre Autoren wie z.B. Isaac Asimov, H.G. Wells und Carl Sagan, und Freidenker wie Bertrand Russell, Karl Popper und Albert Einstein empfehlen. Trotzdem, ein unmittelbares Erlebnis oder eigenes Experiment ist nützlicher als das Lesen eines Buches: wer die Internationale Raumstation selbst am Himmel gesehen hat, entwickelt sicher ein anderes Verhältnis zur Raumfahrt als wenn man nur ein Buch dazu gelesen oder Aufnahmen im Fernsehen gesehen hat. Gleiches gilt für Sonnenflecken, Protuberanzen, Galaxien, Sterne und Nebel.
Referenzen: - [Bri06] Brinks R.: Das Hagener
Planetenmodell, Astronomie + Raumfahrt, 2006 - [Put99] Puttkamer, J. Frhr. von: Von der Internationalen Raumstation zum Jahrtausendprojekt Mars, Astronomie + Raumfahrt, Nr. 5, 1999 - [Sag97] Sagan, C.: The Demon-Haunted World, Ballantine Books, New York, 1997.
ausgewählt und zusammengestellt von Peter Völker Robert Henseling gründete 1921 den ,,Bund der Sternfreunde", eine der Vorgänger-Organisationen unserer Vereinigung. 1958 wurde er 75 Jahre alt, und der Beitrag berichtet sozusagen ,,aus erster Hand" über diesen Geburtstag. Das auf der nächsten Seite abgebildete Faksimile ist eine Zusammensetzung der Titelseite 71 und der halben Folgeseite 72. Anm.: Die Seitenzahlen wurden damals jährlich durchnumeriert.
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Weitere ,,Hochgeschwindigkeitssterne"
der Milchstraße
von Hans G. Diederich
Vorgeschichte Seit 2005 beobachte ich HVS (Hypervelocitiy Stars) und hatte bereits drei dieser ,,Raser" mit einer Fotokarte auf der Mailingliste der FG Deepsky vorgestellt. Auf dem DST2007 hielt Martin Krahn über diese superschnellen Sterne einen Vortrag. Dem folgte im VdSJ ein Aufsatz von Manfred Mrotzek [1], in dem die Objekte HVS1, HVS2, HVS4 und HVS 5 vorgestellt wurden. Ich möchte dieser Liste HVS3, HVS6, HVS7 und HVS8 hinzufügen.
Hypervelocity Stars Das besondere Interesse der Fachastronomie erklärt sich nicht alleine durch die rekordverdächtigen Geschwindigkeiten der HVS. Diese Geschwindigkeiten überschreiten die Fluchtgeschwindigkeit unserer Galaxis. HVS sind daher in der Lage, auf Dauer unsere Milchstraße zu verlassen.
Abb. 1: Fotokarte zu HVS 6 (12,5-Zoll-RC, STL1001E, 1.200 s, 3,5"/Pixel)
Die eigentlich interessante Frage ist, was die HVS denn auf ihre hohe Geschwindigkeiten beschleunigt hat, welche Mechanismen im Spiel sind und wo die Beschleunigung stattfindet.
In Fach- und Amateurliteratur wird als Ursache der Beschleunigung die Wechselwirkung mit dem übermassereichen Schwarzen Loch (SMBH, ,,supermassive black hole") im Zentrum der Milchstraße genannt.
Kenner der Materie werden vielleicht bemängeln, die Überschrift dieses Aufsatzes stimme nicht, denn HVS3 (HE04375439) stamme ja gar nicht aus unserer Galaxis. Aber auch hierzu gibt es interessante Neuigkeiten.
Eine Liste Die Liste hierunter stammt aus meinem Projektdoku und dient dem Überblick. Bei den Geschwindigkeiten handelt es sich um v{rf} aus der Tabelle 1 der Arbeit [3]. v{rf} ist die minimale Geschwindigkeit relativ zum Bezugssystem der Milchstraße (,,minimum Galactic restframe velocity, not a full space velocity"). Sie ist niedriger als die Geschwindigkeit der HVS im Raum. HVS3, HVS6, HVS7 und HVS8 werden weiter unten einzeln vorgestellt.
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Abb. 2: Fotokarte zu HVS 7 (12,5-Zoll-RC, STL1001E, 1.200 s, 3,5"/Pixel)
HVS1 HVS2 HVS3 HVS4 HVS5 HVS6 HVS7 HVS8 HVS9 HVS10
Tabelle 1
SDSS J090745.0+024507 US 708 HE04375439 SDSS J091301.0+305120 SDSS J091759.5+672238 SDSS J110557.45+093439.5 SDSS J113312.12+010824.9 SDSS J094214.04+200322.1 SDSS J102137.08005234.8 SDSS J120337.85+180250.4
696 km/s 717 km/s 548 km/s 567 km/s 647 km/s 528 km/s 421 km/s 429 km/s 485 km/s 432 km/s
Hya UMa Dor Cnc UMa Leo Leo Leo Sex Com
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HVS 6 HVS6 steht lt. Simbad auf der Position Rekt. = 11 05 57,45 Dekl. = +09 34 39,5 (2000.0)
Für dieses Objekt sind auch die Bezeichnungen SDSS J110557.45+093439.5 und [BGK2006] HV 6 geläufig. Abb. 1 zeigt die passende Fotokarte. Das Objekt ist sehr schwach und im roten DSS-Hintergrundbild von Aladin kaum zu erkennen. Um so wichtiger war die Identifizierung, welche mit Blinken der eigenen Aufnahme gegen den Aladin-Screenshot mit Positionssymbol erfolgte.
HVS 7 HVS7 wird unter den Bezeichnungen SDSS J113312.12+010824.9 und [BGK 2006] HV 7 geführt. Simbad gibt die folgende Position an Rekt. = 11 33 12,12 Dekl. = +01 08 24,9 (2000.0)
Als Fotokarte dient die Abb. 2. In [2] wird über die Rotationsgeschwindigkeit von HVS 7 und HVS 8 berichtet. Bei beiden handelt es sich um späte B-Sterne. Die Rotationsgeschwindigkeit von HVS 7 beträgt nur 60 km/s. Diese langsame Rotation wird mit der Entstehung in einem Doppelsternsystem erklärt. HVS 7 dürfte sich zudem auf dem Blauen Horizontalast (BHB, ,,blue horizontal branch") im HRD (Hertzsprung-Russel-Diagramm) befinden.
HVS 8 HVS 8 hatte ich seinerzeit nicht in Simbad gefunden. Die Koordinaten wurden daher aus seiner Bezeichnung SDSS J094214.04+200322.1 abgeleitet zu Rekt. = 09 42 14,04 Dekl. = +20 03 22,1 (2000.0)
Auch wenn Simbad diesen Stern seinerzeit noch nicht kannte, konnte in Aladin mit diesen Koordinaten das Objekt angefahren werden. Genau an dem Positionssymbol zeigte sich im eingeblendeten roten DSSHintergrundbild ein schwaches Sternchen. Damit erfolgte die Identifizierung von HVS 8. Die Fotokarte ist als Abb. 3 eingefügt.
Gemäß [3] weist HVS8 den Spektraltyp B9 auf. Die Fluchtgeschwindigkeit an seinem Aufenthaltsort innerhalb der Milchstraße beträgt ca. 300 km/s. Seine minimale
Abb. 3: Fotokarte zu HVS 8 (12,5-Zoll-RC, STL1001E, 1.200 s, 3,5"/Pixel)
Geschwindigkeit zum Bezugssystem der Milchstraße beläuft sich auf +430 km/s . Damit ist HVS 8 sehr wahrscheinlich nicht an die Milchstraße gebunden und wird diese verlassen.
Die Autoren von [2] sehen in HVS8 aufgrund seiner schnellen Rotation einen einzelnen Typ-B-Stern, der durch einen anderen Mechanismus als die Komponente eines Doppelsternsystems auf seine hohe Geschwindigkeit gebracht wurde. Sie erwähnen aber auch, dass diese Frage noch nicht abschließend geklärt ist.
HVS 3 Die Suche nach HE 0437543 in führt zu folgenden Koordinaten Rekt. = 04 38 12,77 Dekl. = 54 33 11,9 (2000.0) Abb. 4 enthält die Fotokarte.
Simbad
In einer Pressemitteilung [4] berichtet die ESO über die Entdeckung eines HVS, der sich mit sehr hoher Geschwindigkeit durch den äußeren Halo unserer Galaxis hinaus in den intergalaktischen Raum bewegt. HE04375439 wurde im Rahmen des ,,Hamburg/ESO Sky Surveys" entdeckt. Seine Masse beträgt 8 Msonne, er ist 30 Millionen Jahren alt und befindet sich fast 200.000 Lj von uns entfernt im Sternbild Doradus.
Seine Position befindet sich nur 16 Grad von der Großen Magellanschen Wolke (LMC) entfernt. Damit steht HE04375439 der LMC viel näher als unserer Galaxis. HVS3 kann aufgrund seines geringen Alters nicht vom Zentrum der Milchstraße ausgestoßen worden sein und muss daher aus der LMC
stammen. Das setzt dort allerdings ein SMBH voraus, welches bisher noch nicht entdeckt wurde.
Die von HVS maximal zurücklegbare Strecke berechnet sich aus dem Alter der Sterne und ihrer Geschwindigkeit. Die Lebensdauer ist vor allem bei den massereichen, kurzlebigen Sternen der begrenzende Faktor. Aus diesem Grund erschien die Herkunft von HE04375439 aus der LMC (anstatt aus dem Zentrum der Milchstraße) verlockend, denn mit einem Alter von nur 30 Millionen Jahren hätte HVS3 den längeren Weg nicht schaffen können.
In [5] wird uns gezeigt, wie die kürzlich beobachteten, ,,zu jungen" Sterne im Halo der Milchstraße dennoch aus dem Zentrum unserer Galaxis stammen könnten. Diese wären danach nicht als Einzelsterne sondern als Doppelsternsysteme vom galaktischen Zentrum ausgestoßen worden. Auf ihrem ,,Hochgeschwindigkeitsflug" hätten sich die Komponenten des Doppelsterns zu einem einzigen, massereicheren Stern vereinigt, dessen höhere Einzelsternmasse
Abb. 4: Fotokarte zu HVS 3 (Norden ist oben, C14, ST7)
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ein erheblich jüngeres Alter vortäuschen würde. Mit diesem Szenario lässt sich das Auftreten von ,,zu jungen" Sternen im Halo unserer Galaxis erklären. Ein solcher ,,Verjüngungsmechanismus" (durch Verschmelzen zweier Sterne) konnte mehrfach in offenen Sternhaufen und Kugelsternhaufen nachgewiesen werden. Dort werden solche Sterne als BSS (,,blue straggler stars") bezeichnet, die sich im HRD auf der Hauptreihe an einer Stelle befinden, wo sich aufgrund des Alters des jeweiligen Sternclusters eigentlich gar keine Sterne mehr befinden dürften.
Auch HE04375439 könnte auf diese Weise ,,verjüngt" worden sein. Eine erheblich längere Flugzeit wäre möglich. Somit ist auch ein (bisher nicht gefundenes) SMBH in der LMC nicht mehr zwingend erforderlich, um die Existenz des HVS an der
beobachteten Position zu erklären. HVS3 würde wie die anderen HVS aus dem Zentrum unserer Galaxis stammen, frei nach dem Motto ,,Ich war zwei Sterne".
Zusammenfassung Mit den vorgestellten Informationen ist es möglich, weitere HVS zu beobachten und auch das Thema ,,HVS" in der Literatur zu vertiefen.
Die Aufnahmen entstanden auf einer Gästesternwarte in New Mexico bzw. (HVS3) auf der Sternwarte der IAS in Hakos, Namibia. Besonderer Dank gilt der Fachastronomie, die ihre Ressourcen (Aladin, Simbad und astro-ph) für jeden Sternfreund frei zugänglich im Internet bereitstellt. Diese Services sind für die Vorbereitung und anschließende Auswertung sehr nützlich und oftmals unverzichtbar.
Literaturverzeichnis: [1] Mrotzek, M., 2008. Superschnelle Sterne
mit der Videokamera erwischt, VdSJournal 1/2008, 68-72 [2] LopezMorales, M. et al., 2008. ,,Slow" and Fast Rotators among Hypervelocity Stars, arXiv: 0802.2945 [3] Brown, W. R. et al., 2007. Hypervelocity Stars III. The Space Density and Ejection History of Main Sequence Stars from the Galactic Center, arXiv: 0709.1471 [4] N.N., 2005. HE04375439 ein hypervelocity star in Dor Speeding Star Observed with VLT Hints at Massive Black Hole, ESO Press Release 27/05 [5] Perets, H. B., (2008). Runaway and hypervelocity stars in the Galactic halo: Binary rejuvenation and triple disruption, arXiv: 0802.1004
Die Umlaufbewegung des Doppelsterns Xi Bootis
Doppelstern-Astrometrie mit der Webcam
von Wolfgang Vollmann
Abb. 1: Xi Bootis, Anblick im umkehrenden Fernrohr (Norden unten, Osten rechts). Refraktor 130/1040 mm, 3x Barlowlinse, Webcam.
Xi Bootis ( Boo) ist ein sehr hübsches Doppelsternsystem am Frühlingshimmel 8 Grad östlich des hellen Arktur im Bärenhüter. Die Doppelsternnatur kann schon mit einem sehr kleinen Fernrohr bei 50-facher Vergrösserung erkannt werden: 4,8 und 7,0 mag sind die bei-
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den Komponenten hell und stehen in 6 Bogensekunden Abstand. Xi Boo wurde von Friedrich Wilhelm Herschel im Jahre 1780 entdeckt -- eine gute Beschreibung hat J. S. Schlimmer verfasst [1]. Die beiden Sterne sind etwas unterschiedlich gefärbt, der Begleiter ist deutlich röter (Spektraltyp K5 V) als der Hauptstern (Spektraltyp G8 V). Schon nach wenigen Jahren beobachteten die Astronomen Änderungen der Winkeldistanz und der Richtung vom Hauptstern zum Begleiter (dem Positionswinkel). Das deutete auf eine relativ rasche Umlaufbewegung der beiden Sterne hin und Xi Bootis hat heute eine gut bestimmte Bahn. Die Umlaufzeit der beiden Sterne beträgt 151,9 Jahre, am nächsten kommen sich die beiden Sterne wieder im Jahr 2060 (das ,,Periastron") - siehe die Bahnelemente im Sixth Catalog of Orbits of Visual Binary Stars von William I. Hartkopf und Brian D. Mason [2]. Warum sind die beiden Sterne trotz der relativ kurzen Umlaufzeit schon gut in einem kleinen Fernrohr trennbar? Xi Bootis ist einer der nächsten Sterne, nur 22 Lichtjahre gibt der Katalog der nahen Sterne des Astronomischen RechenInstituts an [3]. Die Winkeldistanz von derzeit 6 Bogensekunden entspricht also einer projizierten Distanz der beiden Sterne von
etwa 40 Astronomischen Einheiten; das ist etwas mehr als die Entfernung SonneNeptun.
Messungen des Doppelsterns Xi Bootis Wie schon im Jahr 2005 habe ich auch 2006 und heuer den Doppelstern Boo nach Distanz und Positionswinkel vermessen. 2006 versuchte ich es mit der CCD-Kamera im Fokus meines Refraktors 130/1040 mm, 2005 und 2007 benutzte ich eine 3x Barlowlinse und eine Webcam (Philips ToUCam) für die Messungen. Die Ergebnisse zeigen eindeutig die Umlaufbewegung des Doppelsterns: pro Jahr nimmt der Positionswinkel derzeit um etwa ein Grad ab! Die Ergebnisse sind sowohl mit der CCD-Kamera als auch mit der Webcam recht präzise und zeigen, dass Doppelsternmessungen auch mit recht einfacher Ausrüstung leicht möglich sind! Es macht mir Freude, den Doppelsternen auf diese Art bei ihrer Umlaufbewegung ,,zuzusehen" - weitere Beobachtungen sind auf meiner Homepage zu finden [5]
Doppelstern-Astrometrie mit der Webcam Die Technik meiner Doppelsternmessungen mit der CCD-Kamera habe ich im VdSJournal schon beschrieben [6].
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Die Webcam ist eine Standard-Philips ToUCam Pro II mit 11/4" Adapter und IR-Sperrfilter. Ich montiere sie mit einer 3x Barlowlinse und mache mehrere kurze Filme (AVIs) des Doppelsterns mit der Software, die der Kamera beliegt (Vrecord). Die ersten etwa 300 Bilder (ca. eine Minute Video) lasse ich den Doppelstern etwa in der Bildmitte. Danach fahre ich mit dem Schnellgang meiner Fernrohrsteuerung (Montierung Vixen SP-DX mit SD-1 Steuerung) den Doppelstern an den Ostrand des Gesichtsfeldes. Einige Sekunden später schalte ich die Nachführung aus und lasse den Doppelstern durch das Gesichtsfeld driften - das gibt bei Vermessung der Bilder am Ost- und am Westrand des Gesichtsfelds eine auf 0,1 Grad genaue Ost-West-Richtung und damit die genaue Verdrehung der Kamera gegen die OstWest-Richtung. Dann wird die Aufnahme gestoppt. Weitere Videos in der gleichen Nacht oder in weiteren Nächten folgen.
Zur Auswertung später am PC summiere ich je 100 Bilder mit Registax auf [7]. Dabei werden nur die besten und am wenigsten durch die Luftunruhe beeinflussten Bilder von der Software automatisch gewählt. Meistens bleiben 10 bis 20 Bilder pro Summenbild übrig.
Die Summenbilder vermesse ich nach Pixelabstand und Richtung (Positionswinkel) mit dem Programm AIP4WIN von Berry und Burnell [8]. Den Pixelabstand habe ich durch viele Doppelsternmessungen im Bogensekundenmaß geeicht - bei meiner Konfiguration beträgt er 0,32 Bogensekunden pro Pixel. Damit ist die Sterndistanz in Bogensekunden ermittelt. Der Positionswinkel wird dann aus der Richtung auf dem Bild und dem genauen Verdrehungswinkel der Kamera gegen Ost-West berechnet - dazu habe ich mir ein einfaches Excel-Rechenblatt erstellt - das kann ich bei Bedarf gerne per E-Mail zusenden.
Abb. 2: Umlaufbahn des Doppelsterns Xi Bootis = STF1888AB = WDS 14514+1906. Diagramm erstellt mit dem Binary Star Calculator von Brian Workman [4]. Norden ist unten, Osten rechts, wie im umkehrenden astronomischen Fernrohr. Die Kreise stellen die Lage des Begleiters relativ zum Hauptstern (im Zentrum des Koordinatenkreuzes) dar. Sie sind von 10 zu 10 Jahren gezeichnet, die Jahre um die Gegenwart habe ich beschriftet. Ein Teilstrich auf den Achsen enstpricht einer Bogensekunde. Rote Quadrate zeigen meine Messungen des Doppelsterns in den Jahren 2005 bis 2007.
Die Webcam hat den Vorteil, sofort am Bildschirm Bilder zu liefern und durch die rasche Bildfolge von 5 Bildern pro Sekunde entstehen viele Einzelbilder in kurzer Zeit - damit werde ich ein wenig unabhängiger von der Luftunruhe. Die Astronomen haben diese Technik ,,Lucky Imaging" genannt! Auch die Driftbilder zur Bestimmung der Kameraverdrehung sind damit sehr gut möglich. Ein weiterer Vorteil sind die geringen Anschaffungskosten (ca. 100 Euro mit Okularadapter und IR-Sperrfilter).
Nachteile der Webcam sind die kurze Belichtungszeit und damit die Beschränkung auf hellere Sterne als ca. 9 mag mit 3x Barlowlinse. Ausserdem entstehen grosse Datenmengen durch die Videos - pro Minute entstehen fast 60 Megabyte, und einige Gigabyte pro Beobachtungsabend sind schnell beisammen!
Trotzdem ist die Webcam ein nahezu ideales Werkzeug für Doppelsternmessungen - ein ,,Webcam-Mikrometer".
Messung Datum
2005 Mai 12 2006 Jun. 1 2007 Apr.14
Termin
2005,361 2006,416 2007,284
Dist"
6,29 6,46 6,17
PW Grad
313,0 311,9 311,2
Meth
Webcam CCD Webcam
Videos/Imgs
3 18 3
Ephemeride Dist" PW Grad
6,35 313,0 6,29 312,0 6,23 311,1
B-R Dist"
-0,06 +0,17 -0,06
PW Grad
0,0 -0,1 +0,1
Tabelle 1: Dist" = Distanz in Bogensekunden, PW = Positionswinkel; B-R = Differenz Beobachtung (Messung) minus Rechnung (Ephemeride); Methode: Webcam mit 3x Barlowlinse, CCD im Primärfokus; Videos: Anzahl Videos zu je ca. 500 Einzelbildern bei der Webcam; Imgs: Anzahl Einzelbilder mit der CCD-Kamera
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Grafik zur Distanz von Florent Losse
Grafik zum Positionswinkel von Florent Losse (http://www.astrosurf.com/hfosaf/uk/doeasy1.htm)
Der Positionswinkel gibt die Richtung vom Hauptstern zum Begleiter an. Norden = 0 Grad , Osten = 90 Grad , Süden = 180 Grad , Westen = 270 Grad -- er geht also gegen den Uhrzeigersinn (im umkehrenden astronomischen Fernrohr). Gestirne driften bei ausgeschalteter Nachführung von 90 Grad (Osten) nach 270 Grad (Westen).
Literatur: [1] J. S. Schlimmer: Doppelsterne im Bootes.
http://www.epsilon-lyrae.de/Doppelsterne/ Galerie/Bootes.html [2] William I. Hartkopf, Brian D.Mason: Sixth Catalog of Orbits of Visual Binary Stars. http://ad.usno.navy.mil/wds/orb6. html [3] Astronomisches Rechen-Institut Heidelberg: ARI Database for Nearby
Stars http://www.ari.uni-heidelberg.de/ aricns/ [4] Brian Workman: Binary Star Calculator. Daten aus [2], Rechenblatt für Excel. Download unter http://www.saguaroastro. org/content/downloads.htm [5] Doppelsterne mit im kleinen Fernrohr erkennbarer Bahnbewegung: http://home. pages.at/vollmann/dsbahn.htm [6] Wolfgang Vollmann: STF2486 -
Doppelstern-Astrometrie mit der CCDKamera. VdS Journal 22 [7] Cor Berrevoets: Registax 4. Download unter http://www.astronomie. be/registax/ [8] Richard Berry, Jim Burnell: Handbook of Astronomical Image Processing. Verlag Willmann-Bell. Enthält das Programm AIP4WIN.
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Abb. 1 (S. 115, ganz oben): Diese Taghimmel-Aufnahmen des innersten Planeten Merkur zeigen Albedostrukturen auf seiner Oberfläche. Aufnahmeinstrument: Zeiss Meniskas MAK 1:10 / 1800 mm mit Baader Flat-FieldConverter und Firewire-Kamera DMK21AF04 hinter einem Farbfilter RG742. Bild links am 25.8.07 um 10:32 UT, Mitte am 24.2.08 um 11:19 UT, rechts am 10.5.08 um 16:38 UT aufgenommen. Beobachtungsort war Zaberfeld-Michelbach, Bildautoren: Gabriele und Jörg Ackermann.
Abb. 2 (S. 115, Mitte): Diese Aufnahmen des Jupiter mit einigen seiner Monde zur Zeit sehr südlicher Deklination wurden im Methan-Band des Spektrums aufgenommen. Aufnahmeinstrument: Zeiss Meniskas MAK 1:10 / 1800 mm mit Baader Flat-Field-Converter und Firewire-Kamera DMK21AF04 hinter einem MethanInterferenzfilter von Custom Scientific. Bild links mit Io am 23.7.08 um 21:31 UT, rechts mit Europa am 24.7.08 um 22:21 UT aufgenommen. Beobachtungsort war Zaberfeld-Michelbach, Bildautoren: Gabriele und Jörg Ackermann.
Abb. 3 (S. 115; Unten): Jupiter mit Mond Ganymed (links) und Uranus (rechts) im Größenvergleich durch Darstellung im selben Maßstab. Winkeldurchmesser Jupiter (28.7.08, 23:27 UT) 46,82'', Ganymed 1,73'', Uranus (29.7.08, 03:30 UT) bot 3,64'' auf. Aufnahmeinstrument: Hypergraph 1:8 / 3200 mm, Brennweitenverlängerung auf 9,6 m mit achromatischer 3x-Barlowlinse, Webcam ToUCam 740 mit IR-Sperrfilter und ContrastBoost-Filter, Bildbearbeitung mit GIOTTO 2.05 und Photoshop CS2. Jupiter: Verwendung von 3% aus 2600 Videoframes, Uranus: 10% aus 10.000 Videoframes. Belichtung jeweils 1/25 s. Beobachtungsort: Farm Tivoli / Namibia. Bildautoren: Werner E. Celnik und Jürgen Kozok.
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Impressionen aus unserem Sonnensystem
,,... erhalten Sie wieder ein paar Planetenbilder." Eine Untertreibung, dieses Zitat. Daraus lässt sich die Bescheidenheit vieler unserer Bildautoren ersehen. Ein bescheidener Stolz, denn es wird die Freude zum Ausdruck gebracht, ein Bild, bei dem viel Gehirnschmalz, Arbeit und Mühe zu einem guten Ergebnis geführt haben, von Anderen, Gleichgesinnten anerkannt zu sehen. Ob nun ,,Einsteiger" oder ,,Alter Hase", diese Einstellung ist allen gemeinsam. Und das ist gut so. Nachahmung empfohlen.
Redaktion
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Totale Sonnenfinsternis
am 1. August 2008
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Abb. 1 (oben): Jörg Kopplin erlebte die Sonnenfinsternis im Rahmen einer Kurzreise nach Novosibirsk. Erst in den Mittagsstunden klarte der Himmel auf. Dieses Bild ist ein Komposit aus 13 Aufnahmen, das den Anblick im Fernglas wiedergibt. Die Aufnahmen wurden durch einen Apo-Refraktor TMB 80/600 und einer Canon 20Da mit Telekonverter 1,4x gemacht. Bei ISO 100 wurden mehrere Bilder zwischen 1 s und 1/60 s aufgenommen und später in Adobe Photoshop zu einem Bild überlagert.
Abb. 2 (links): Während der Totalität nahm Jörg Kopplin mit einem 8-mm-Fisheye-Objektiv an der Canon 10D dieses gespenstisch wirkende Panorama auf. Neben der Sonne sind die Planeten Merkur und Venus zu sehen.
Abb. 3 (rechte Seite): Gabriele und Jörg Ackermann konnten die Finsternis bei recht schönem Wetter von der Wüste Gobi aus beobachten. Das Mosaik zeigt den Verlauf der Finsternis. Alle Bilder wurden mit einem Zeiss APQ 100/640, Telekompressor 2x und Canon 5D gemacht. Für das zentrale Bild der Totalität wurden mehrere Aufnahmen mit Adobe Photoshop kombiniert und das Bild des Mondes hineinkopiert.
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Abb. 4: Erst gegen 11:53 Uhr MESZ, also 22 Minuten nach der größten Phase, gelang Bernd Flach-Wilken in Wirges dieser Schnappschuss der partiellen Finsternis durch einen 7"-Refraktor mit 1600 mm Brennweite (Foliensonnenfilter D3) und einer Pentax K20D Digitalkamera bei ISO100 und 1/1250 s Belichtungszeit. Da das Seeing durch das Wolkenloch gar nicht übel war, sieht man andeutungsweise die Sonnengranulation und sehr markant das Mondrandprofil. Mit Sonnenflecken wartete unser Zentralgestirn leider nicht auf.
Abb. 5: Carsten Moos hat die partielle Finsternis trotz widriger Umstände beobachtet und fotografiert: Meine Frau hat Geburtstag, es sind Ferien und die Sonne wird partiell verfinstert. Das musste ich nutzen. Leider hat das Wetter unaufhörlich immer wieder Wolken vorübergeschickt; es war so ähnlich wie beim Privatfernsehen: Hatte man gerade freie Sicht und alles parat für den Sohnemann eingestellt, kam ,,Murphy's Werbepause". Am schnellsten zwischen den Wolken war unsere Tochter mit der SoFi-Brille von 1999 am Zuge. Aber es hat dann doch für alle noch genügend Finsternis gegeben. Wir waren der Meinung, die Sonne habe spitze Ohren wie ein ,,Katjes" gehabt. Sowohl im kleinen EDF-Refraktor als auch im 4-Zoll-Fraunhofer zeigten sich bei ca. 25x bzw. 50x Vergrößerung einzelne Mondrandformationen vor der hellen Sonne. Den Fraunhofer hatte ich okularseitig mit einem Grünfilter ausgestattet und objektivseitig auf 90 mm abgeblendet, um einen möglichst hohen Kontrast zu haben.
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Abb. 6: Gertrud Eifert hielt die in Deutschland partielle Sonnenfinsternis zeichnerisch fest. Beobachtet wurde mit einem 7 x 50 Fernglas. Dazu ihre Notizen: Am Tag der partiellen Sonnenfinsternis war ich auf Nordstrand bei Husum in Schleswig-Holstein. Mein Ehemann und ich machten dort Urlaub. Für die Beobachtung der partiellen Sonnenfinsternis war es sehr gut. Zu Hause hätte ich nur eine maximale Bedeckung von ca. 11 % gehabt, aber auf Nordstrand eine maximale Bedeckung von ca. 23 %. Ich benutzte zur Beobachtung mein Fernglas und Sonnenfiltern aus Astrosolarfolie. Um 10:41 MESZ ging es los. Ich konnte dann bis ca. 11:30 Uhr ungestört beobachten, aber dann kam eine Wolkendecke. Leider wurde es mit dem Wetter nicht besser, eher sogar noch schlechter. So beendete ich die Beobachtung um 12:08 MESZ. Das Ende der partiellen Sonnenfinsternis sah ich leider nicht.
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Wir begrüßen neue Mitglieder
(9278) Tobias Reutter, 35039 Marburg/ Lahn, (9426) Mario Trettin, 15566 Schöneiche, (9433) Wolfgang Fleischer, 09619 Mulda, (9434) Michael Gritz,, 35282 Rauschemberg, (9435) Joachim Kirschsieper, 58135 Hagen, (9443) Hans Bredel, Astronomischer Verein Ortenau (AVO), 77654 Offenburg, (9444) Dr. Uwe-Michael Gerlinger, 75365 CalwHeumaden, (9445) Gisela Selig, 04207 Leipzig, (9449) Peter Salomon, 63607 Wächtersbach, (9450) Tobias Jahn, 01454 Wachau, (9451) Roland Leser, 98553 St. Kilian, (9452) Markus Liebl, 92655 Grafenwöhr, (9453) Michael Rippstein, CH-3063 Ittigen, (9454) Franz Dengler, 85084 Reichertshofen, (9455) Andreas Gruttmann, 44369, Dortmund, (9456) Robin Hagenbarth, 63543 Neuberg, (9457) Dipl.Ing .Franz Hoja, A-9500 Villach, (9458) Torsten Kramer, 40237 Düsseldorf, (9459) Stephen Langefeld, 30982 Pattensen, (9460) Werner Müller, 59302 Oelde-Stromberg, (9461) Andreas Priebe, 32312 Lübecke, (9462) Ing. Peter Pichler, A-6284 Ramsau/ Zillertal, (9463) Dr. Rainer Anton, 24161 Altenholz, (9464) Lars Klaus Aßhauer, 81371 München, (9465) Uwe Reichert, 68723 Schwetzingen, (9466) Thomas
Rockenschuh, 51377 Leverkusen, (9467) Michael-Josef Sommer, 81737 München, (9468) Johann Thellmann, 85221 Dachau, (9469) Helmut Treuz, 69509 Mörlenbach/ Ober-Mumbach, (9470) Klaus von Salzen, 28215 Bremen, (9471) Johannes Merz, 75397 Simmozheim, (9472) Sternwarte Riesa e.V. c/o Stefan Schwager, 01619 Zeithain OT Röderau Bobersen, (9473) Dr. Armin Götte, 49124 Georgsmarienhütte, (9474) Max Hubmann, CH-3072 Ostermundigen, (9476) Olaf Jakubzik Reinartz, 41066 Mönchengladbach, (9477) Dr. Jochem Berlemann, 32657 Lemgo, (9478) Reinhard Kindermann, 32479 Hille, (9479), Rolf Külzer, 25355 Barmstedt, (9480) Fernando Mujica, 42103 Wuppertal, (9481) Thomas Nitsche, 45711 Datteln, (9482) Thomas Hebbeker, B-4721 NeuMoresnet, (9483) Manfred Huppertz, 51709 Marienheide, (9484) Andreas Seitz, 50354 Hürth, (9486) Ute Gerhardt, 44287 Dortmund, (9487) Gerrit Hammersen, 49078 Osnabrück, (9488) Ulf Oeser, 30989 Gehrden, (9489) Thorsten Böckel, 82216 Germerswang, (9490) Reinhold Hiller, 82024 Taufkirchen, (9491) Günter Kerschhuber, A-4632 Pichl/Wels, (9492) Nadine Schäfer, 37120 Bovenden, (9493)
AVL Astronom. Vereinigung Lilienthal e.V., 28832 Achim, (9494) Friedrich Düsberg, 51643 Gummersbach, (9495) Thomas Eggenstein, 89275 Elchingen, (9496) Stefan Graichen, 93466 Chamerau, (9497) Matthew Heitkamp, 51399 Burscheid, (9498) Armin Hubertus, 55126 Mainz, (9499) Michael Kniepkamp, 44319 Dortmund, (9500) Detlef Koschny, NL-2211 XH Noordwijkerhout, (9501) Thomas Koschny, 99310 Wachsenburggemeinde Holzhausen, (9502) Dr. Winfrid Meusel, 33335 Gütersloh, (9503) Matthias Prall, 48161 Münster, (9504) Stefan Wegling, 42549 Velbert, (9505) Dr. Wolfgang Wuthe, 45772 Marl, (9506) Sabine Zarske, 47447 Moers, (9507) Roland Zintel, 48488 Emsbüren, (9508) Norbert Hauck, 58093 Hagen, (9509) Heinz Schiffer, 41462 Neuss, (9510) Carsten Strübig, 97218 Gerbrunn, (9511) Berthold Bickel, 36179 Bebra, (9512) Markus Kempf, 71120 Grafenau, (9513) Hermann Pieper, 61462 Königstein, (9514) Marta Wozniak, 53804 Much, (9515) Ranga Yogeshwar, 53773 Hennef, (9516) Werner Schlack, 45661 Recklinghausen, (9517) Georg Stürzer, 82234 Hochstadt-Wessling
Astronomietag 2008
von Jost Jahn
Der 6. Astronomietag am 6. September 2008 wurde nun schon langsam ein Astronomietag der Routine. Es gab zwar einige kleinere Verzögerungen beim Aufbau der Webseite, da der Autor gerade umgezogen ist, aber die Webseite war rechtzeitig zwei Wochen vor dem Termin des Astronomietages fertig. Die Frequentierung der Webseite ist mit etwa 1000 Besuchern am Astronomietag eher gering. Die Arbeiten im VdS Sekretariat und Planungen für das Faltblatt und das Plakat liefen sehr gut und die Interessenten wurden wieder rechtzeitig vor Beginn mit dem nötigen Werbematerial versorgt. Für die Verbreitung in den Medien sorgte eine Pressemitteilung der VdS, aber vor allem - was auch viel wichtiger ist - die lokale Pressearbeit vor Ort. Leider fiel der Astronomietag 2008 durch eine breite Regenfront in vielen Teilen Deutschlands buchstäblich ins Wasser.
VdS-Journal Nr. 28
In der Tabelle sind alle Kerndaten der Astronomietag von 2003 bis 2008 aufgelistet. Die Besucherzahlen sind zwar bis auf die letzte Stelle gelistet, aber dennoch Schätzungen auf Grund der Meldungen. Die Meldungsanzahl sind die Veranstalter, die Besucher gemeldet haben. Je weniger das sind, desto ungenauer muss die Besucheranzahl sein (besonders 2003). Die wahre Besucherzahl kann durchaus weniger als die Hälfte, aber auch mehr als das Doppelte betragen.
Da es immer mehr kleinere Veranstaltungen - auch von Einzelpersonen - gibt, sinkt die Anzahl der Besucher je Veranstaltung jedes Jahr etwas ab. Aktuelle Zahlen finden Sie auf astronomietag.de. Ab 2009 wird der Astronomietag auf das astronomisch geeignetere Frühjahr umgestellt. Der Anlass ist das internationale astronomische Jahr, in dem 100 Stunden Astronomie geboten werden sollen. Der 7. Astronomietag wird daher am 4. April 2009 stattfinden.
Jahr
2003 2004 2005 2006 2007 2008
Die Astronomietage 2003 bis 2008
Veranstalter Meldungen Besucher
Besucher/Veranstaltung
141
2
137.475
975
180
91
63.661
354
251
76
17.014
68
173
39
18.468
107
143
37
11.767
82
175
15
10.271
59
V D S - N A C H R I C H T E N 121
Endlich ist es soweit:
Das 4. Journal kommt in 2009!
von Dietmar Bannuscher und Otto Guthier, VdS-Vorstand
Unsere Mitgliederzeitsachrift, das ,,VdSJournal für Astronomie" erscheint bereits im elften Jahr. Ein umfassender Beitrag zur Entstehung und Entwicklung ist jüngst in Ausgabe Nummer 25 (1) erschienen. Seit der Ausgabe Nummer 10, die im Januar 2003 erschien, erhielten unsere Mitglieder drei Hefte pro Jahr, die es auf insgesamt 450 Seiten Umfang brachten. Die Flut von Beiträgen aus unseren aktiven VdS-Fachgruppen sowie von vielen Mitgliedern und Sternfreunden führten zu der Überlegung, eine vierte Ausgabe pro Jahr herauszugeben. Mit unseren Fachgruppen haben wir schon oft darüber diskutiert und nun ist es endlich soweit: für 2009 sind vier Journale vorgesehen. Wir werden dadurch noch attraktiver für unsere Mitglieder! Und gleich eine weitere Botschaft: Dieses vierte Heft wird zu keiner Erhöhung des Mitgliedsbeitrages führen! (siehe Seite 4 dieser Ausgabe). Dies ist durch eine sparsame Wirtschaftsweise des Vorstandes, steigender Mitgliederzahlen in den Vorjahren und günstigeren Kosten für Druck und vor allem für Versand möglich und abgesichert.
Bereits im Juni 2008 erörterte die JournalRedaktion während der FachgruppenTagung bei Kirchheim mit allen Fachgruppen erneut den Wunsch nach einem vierten Journal. Den endgültigen Beschluss dazu fasste der Vorstand auf seiner Sitzung am 25. Oktober 2008 in Heppenheim.
Das zukünftige Journal soll dann jeweils bis zu 132 Seiten umfassen. Dies wären dann insgesamt bis zu 80 Seiten pro Jahr mehr an Artikeln, Bildern und Informationen rund ums Thema Astronomie und die VdS. Die einzelnen Ausgaben werden in Zukunft quartalsweise erscheinen, passend zu den ,,vier Jahreszeiten". Auch an eine Überarbeitung des Layouts ist gedacht. Außerdem sollen weitere Rubriken eingerichtet und interessante Informationen für Hobby-Astronomen veröffentlicht werden. Die vierte Ausgabe soll aber zu keiner Mehrarbeit unserer FG-Redakteure führen, denn in den letzten Jahren mussten wir viele Beiträge ,,verschieben" und die Autoren auf die nächste Ausgabe ,,vertrösten". Bei der Redaktionsarbeit erhalten wir in Zukunft wieder wertvolle Unterstützung
durch Dr. Werner E. Celnik, der nach einer beruflich bedingten Pause einen Großteil der Redaktionsarbeit bei den FG-Beiträgen ab Ausgabe Nummer 29 übernimmt. Er teilt sich die Redaktions-Aufgaben mit Stefan Fichtner, dem ehemaligen Chefredakteur von ,,Astronomie Heute", den die VdS für die Journalarbeit gewinnen konnte. Die Entscheidung über Inhalt und Umfang der zukünftigen Ausgaben (und damit auch der Kosten) obliegt weiterhin dem Vorstand und dem ,,Endredaktionsteam", in dem Vorstandsmitglieder mitarbeiten.
Wir freuen uns, in Zukunft unseren Mitgliedern mit den vier Ausgaben pro Jahr noch mehr Freude und Spaß bereiten zu können und sind auf Ihre Meinung sehr gespannt. So dürfen wir alle auf ein noch schöneres und insgesamt ,,dickeres" Journal 2009 hoffen. Machen Sie mit und senden Sie uns Ihre Beiträge, Berichte und Aufnahmen zu - wir veröffentlichen sie gerne!
Literarturhinweis: (1) ,,10 Jahre VdS-Journal", VdS-J Nr. 25,
Seite 138
Einladung zur
28. Planeten- und Kometentagung
in Violau
Die 28. Planeten- und Kometentagung findet vom 29. Mai 2009 bis zum 2. Juni 2009 im Bruder-Klaus-Heim in Violau bei Augsburg statt. Geboten werden Workshops zu fast allen Bereichen der Planeten- und Kometenbeobachtung. Zu dem Programm gehören die Venussichtbarkeit, die vergangene Jupiteropposition und auch der Uranus und seine Ringe, die aktuellen Kometen und digitale Bildverarbeitung mit Giotto. Insbesondere die Aufnahmetechnik im UV und IR-Licht der Planeten wird Gegenstand der Tagung sein. Vorschläge zu Referaten sind selbstverständlich willkommen. Um die Kontakte zur professionellen Astronomie zu vertiefen und weitere Schnittstellen zu schaffen, werden voraussichtlich zwei Referenten aus Forschungseinrichtungen eingeladen. Da bei dieser Tagung alle Teilnehmer unter einem Dach untergebracht werden, gibt es somit vielfältige Möglichkeiten zum gegenseitigen Kennenlernen, zum Erfahrungsaustausch und bei entsprechendem Wetter zum gemeinsamen Beobachten auf der
dem Heim angeschlossenen Sternwarte. Der Gesamtpreis inklusive Vollverpflegung und Unterbringung in Mehrbettzimmern liegt etwa bei 150 Euro, in Doppelzimmern bei 165 Euro und im Einzelzimmer bei 185 Euro bei Anmeldung bis zum 14. Mai 2009. Preise für Familien mit Kindern sind auf der Homepage zu finden. Ihre Anmeldung senden Sie bitte bis zum 14. Mai 2009 postalisch an Wolfgang Meyer, Martinstraße 1, 12167 Berlin oder per Internet über die Seite http://violau.istcool.de. Anmeldungen können nur nach einer Anzahlung von 50 Euro auf das Konto des Arbeitskreises Planetenbeobachter (Postbank Berlin, Kontonummer 481488-109, BLZ 100 100 10, Kontoinhaber W. Meyer) berücksichtigt werden.
Unter der Internetadresse http://violau.istcool.de könen Sie ebenso aktuelle Informationen und den Stand der Tagungsplanung abrufen.
VdS-Journal Nr. 28
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Ein erfolgreicher Astronomietag 2008
mit den Monschauer Sternfreunden
von Georg Görgen und Hans Kirch
Wie bereits im Vorjahr konnten wir auf das Angebot der Elwin-Christoffel-Realschule in Monschau zurückgreifen. Zur Sternbeobachtung stand uns der Schulhof und für Vorträge und Präsentation unserer Interessensgemeinschaft und verschiedener Astromedien ein Klassenraum zur Verfügung. Schon kurz nach Sonnenuntergang erschienen die ersten Interessenten, denen wir die Aufstellung und die Funktionen der Teleskope erklärten. Zwar konnten die bereits anwesenden Kinder noch keine Sterne sehen, aber das Beobachten einer Gruppe von Rehen am Waldrand durch Fernglas und Teleskop war für sie trotzdem interessant. Zum offiziellen Beginn um 20 Uhr war der Parkplatz an der Schule reichlich gefüllt. Wenig später wurden die kleinen und großen Gäste in einem Bildervortrag mit auf eine ,,Reise durch das Universum"
VdS-Journal Nr. 28
genommen. Nach spannenden 30 Minuten und einer kurzen Pause stellten wir das PC-Programm ,,Stellarium" vor, mit dem sich der Sternenhimmel zu jeder Tagesund Nachtzeit an jedem Ort der Welt simulieren lässt. Außerdem können interessante Himmelsobjekte wie Planeten, Nebel und Sternhaufen im Detail gezeigt werden.
War der Himmel bis dahin überwiegend bedeckt, so lichtete sich die Wolkendecke rechtzeitig nach unserem Vortragsprogramm und erlaubte den Besuchern den Blick auf Jupiter mit seinen Monden, Kugelsternhaufen, Nebel, Galaxien und Doppelsterne. Dazu beobachteten wir mit Ferngläsern, Refraktoren und drei großen Dobsons, an denen sich auch schnell kleine Gruppen von Sternguckern sammelten. Zur Orientierung konnten wir die Sternbilder und die aufgesuchten Objekte mit einem Laserpointer zeigen.
Obwohl die Bedingungen nicht ideal waren und durchziehende Wolken störten, waren die Gäste vom Anblick der Himmelsobjekte im Teleskop begeistert. Die letzten der ca. 70 Gäste verabschiedeten sich gegen 23.30 Uhr, als der Himmel wieder zuzog. Besonders hat uns das Interesse der zahlreichen Kinder gefreut.
V D S - N A C H R I C H T E N 123
3. AME (Astronomie-Messe)
in Villingen-Schwenningen
von Otto Guthier
Bereits zum dritten Mal fand am 13. September 2008 die Astronomie-Messe (AME) in Villingen-Schwenningen statt. VdS-Mitglied Siegfried Bergthal und Walburga Küchler hatten wie in den beiden Vorjahren zu einer breit angelegten Messe in den geräumigen Messe-Hallen der Schwarzwaldstadt eingeladen. Dieser Einladung folgten viele Volkssternwarten, sowie eine große Zahl von Anbietern und Firmen von astronomischen Instrumenten aus dem In- und Ausland.
Auch die VdS war wieder mit einem großen Stand vertreten und präsentierte neben dem VdS-Journal die ersten neu gestalteten FG-Flyer, die auf großes Interesse stießen. Vom Vorstand standen Hans-Jürgen Wulfrath und Otto Guthier, sowie Frau Eva Garbe von der Geschäftsstelle als ,,Betreuung" vor Ort zur Verfügung. Ab 10:00 Uhr konnten in den beiden Messehallen die Besucher ausgiebig das Angebot der Aussteller studieren und so
manches ,,Schnäppchen" machen oder ein Teleskop erstehen.
Die sehr gut besuchte Astromesse bot einen interessanten Überblick über das vielfältige Angebot an Fernrohroptiken, Montierungen, Büchern und astronomischen Zubehörgeräten. Fast alle namenhaften Astrofirmen präsentierten ihr Programm. Ein interessantes Vortragsprogramm bot den Besuchern die Möglichkeit sich in die Welt der (Amateur)Astronomie entführen zu lassen. Wie von den Organisatoren zu erfahren war, besuchten bis 17:30 Uhr über 2.000 Interessierte diese 3. Ausgabe der AME.
Am VdS-Stand herrschte zeitweise ,,dichtes Treiben" und am Ende fanden fast 20 Sternfreunde den Weg zur VdS und wurden Mitglied in unserer Vereinigung.
Den Verantwortlichen gratuliert die VdS zu dieser dritten, erneut gelungenen AstroMesse im süddeutschen Raum, die auch von zahlreichen Gästen aus dem Ausland, insbesondere der Schweiz, Österreich und Frankreich besucht wurde.
Die nächste Messe ist für den 26. September 2009 an gleicher Stelle geplant, weitere Informationen finden Sie unter www.astro-messe.de.
29. VdS-Tagung
vom 2. bis 4. Oktober 2009 in Jena
Liebe Sternfreunde,
im Internationalen Jahr der Astronomie wird unser Volkssternwarte Urania Jena e.V. 100 Jahre alt. Das ist uns Anlass zu einer Reihe von Sonderveranstaltungen und zur Durchführung der 29. VdSJahrestagung in Jena. Bereits 1959 fand in Jena eine Fachtagung der VdS statt, die damals die letzte gesamtdeutsche Tagung vor dem Mauerbau war. In gewisser Weise ist es also auch ein Jubiläum, dass die VdS nach 50 Jahren wieder zu Gast in Jena sein wird.
Die Geschichte unserer Stadt ist eng mit der Astronomie und dem astronomischen Gerätebau verknüpft. Deshalb wollen wir am Freitagabend mit einem Fachvortrag einen ,,Bogen" von 450 Jahren Astronomie an der Universität über den astronomischen Gerätebau und das Planetarium bis zur populären Amateurastronomie in Jena ,,spannen". Am Samstag wird ein zweiter Fachvortrag zum Thema Exo-
Planetenforschung stattfinden, da die Universität Jena und die Thüringer Landessternwarte Tautenburg heute ein Zentrum für dieses neue Arbeitsgebiet sind. Für Sonntag sind Besuche in der Thüringer Landessternwarte Tautenburg, in der Außenstelle der Universität, der Sternwarte Großschwabhausen, in der VdS-Sternwarte Kirchheim sowie im neuen ZeissPlanetarium in Jena geplant. Bis zum Erscheinen des nächsten VdS-Journals erwarten wir die endgültigen Zusagen aller Partner und dann werden wir das Programm detaillierter vorstellen. Wir hoffen sehr, dass viele von Ihnen die Gelegenheit für einen Besuch in unserer Stadt nutzen werden und laden Sie herzlich ein. Unabhängig von der Tagung rufen swir ehemalige Mitglieder des Volkssternwarte
Urania Jena e.V. auf, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Wir würden uns sehr freuen, Sie in unserem Jubiläumsjahr mal wieder in unseren Sternwarten begrüßen zu können.
Vorstand der Volkssternwarte Urania Jena e.V. Kontakt über www.urania-sternwarte.de
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Die ersten Fachgruppen-Flyer sind fertig
von Dietmar Bannuscher
Mit Spannung erwartet und mit Herzblut produziert, zeigen sich die ersten neuen Fachgruppen-Flyer der VdS in ihrem schönen Gewand. Ein einheitliches Corporate Design sorgt für einen ansprechenden Auftritt.
Seit Sommer liegen die ersten sechs Flyer der Fachgruppen Amateurteleskope/Selbstbau, Dark Sky, Kometen, Planeten, Spektroskopie und Veränderliche/BAV vor, weitere Flyer sollen folgen. Ihre Premiere erlebten die ersten Informationsschriften am VdS-Stand auf der 3. AME in Villingen-Schwenningen. Mitglieder und interessierte Sternfreunde können diese Schriften nun auch an der Geschäftsstelle oder bei den Fachgruppen abrufen.
Im neuen VdS-Design stellen die Fachgruppen ihre Arbeiten und Leistungen übersichtlich in Wort und Bild vor und bieten neben den notwendigen Informationen auch eine direkte Kontaktaufnahme an. Weitere Fachgruppen sind derzeit mit den Vorbereitungen befasst und bereiten
ihren neuen Auftritt vor. Wir dürfen auch auf diese neuen Fachgruppen-Flyer sehr gespannt sein.
Die Kosten für Satz, Layout und Druck übernimmt die VdS.
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Der Gipfel auf dem Hügel
Finales Vorbereitungstreffen zum Jahr der Astronomie
von Sven Melchert
Es blieben noch 39 Tage und zehn Stunden. Die Uhr tickte, aber von Nervosität war keine Spur. Am 22. November um 14 Uhr fand im Bonner Argelander-Institut das letzte Treffen der Organisatoren zum Jahr der Astronomie statt. Die VdS war vor Ort.
Feuerwerke in geschlossenen Räumen sind gesetzlich untersagt. Müssen die Teilnehmer des Treffens jetzt mit einer Anzeige rechnen? Gerüchten zufolge sollen die Ordnungshüter in diesem besonderen Fall ein Auge zudrücken. Vielleicht liegt es auch daran, dass keine Gesetzesvertreter im rund 50-köpfigen Teilnehmerkreis anwesend waren. So konnte der Funke ungefährdet überspringen. Thema der Tagung war das ,,Jahr der Astronomie" (IYA, ,,International Year of Astronomy"). Das Ergebnis? 2009 wird ein Fest der Astronomie!
Weltweit werden mindestens 130 Länder am Jahr der Astronomie teilnehmen. Man kann sich leicht vorstellen, wie aufwendig die Organisation einer solchen ,,Veranstaltung" ist. Mittendrin: Pedro Russo, der verantwortliche Koordinator für das Jahr der Astronomie. Er eröffnete die Tagung mit einem Überblick der weltweiten Aktivitäten und gab gleich am Anfang ganz unbescheiden zu Protokoll: 130 teilnehmende Länder sind gut, 140 wären besser. Neben der offiziellen Homepage www. astronomy2009.org wurden zahlreiche andere Internetseiten ins Leben gerufen, und man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, die Anzahl der teilnehmenden Länder wetteifere mit der Anzahl der Internetadressen. Zwei interessante Seiten seien an dieser Stelle genannt: www. portaltotheuniverse.org (alle Nachrichten und Aktivitäten auf einen Blick) und www. galileoteachers.org (Infos für Lehrer), beide in englischer Sprache. Über die Auftaktveranstaltung am 20. Januar 2009 im Berliner Museum für Kommunikation berichtete Gabi Schönherr. Teilnehmen kann leider nur, wer dazu eingeladen wird - und das werden überwiegend prominente Vertreter aus Politik, Forschungseinrichtungen und den Medien sein. Dringend benötigt werden für diesen Tag (10 Uhr bis 14 Uhr) noch Hobby-
Astronomen, die mit ihren Teleskopen der Veranstaltung einen volkstümlichen Rahmen geben. Kontakt: gschoenherr@ aip.de. Die (zumindest dem Autor dieser Zeilen) bisher unbekannte Homepage www.weltderphysik.de wird sich nach einem Bericht von Jens Kube im kommenden Jahr verstärkt astronomischen Themen widmen. Ähnlich den ,,Quantensprüngen" vom 14. bis 18. September 2008 in Halle/Saale werden sich die ,,Highlights der Physik" (www.physik-highlights.de) vom 20. bis 24. September 2009 in Köln der Astronomie annehmen. Als prominentes Zugpferd wird diese Veranstaltung am 20.09.09 Ranga Yogeshwar eröffnen. Über die Aktivitäten von Volkssternwarten und Hobby-Astronomen *) wurde ab 16 Uhr berichtet. Paul Hombach sprach über die Aktionen im Raum Bonn/Köln, Bernd Brinkmann ergänzte für das Ruhrgebiet. Zwei Glanzlichter im Feuerwerk der Aktivitäten: Am 2. Mai 2009 steht das alljährliche Festival der Pyrotechniker, der ,,Rhein in Flammen", unter dem Motto der Astronomie. Und bereits am 20. Dezember 2008 wird das ,,Horizontobservatorium" auf der Halde Hoheward eingeweiht - ein weithin sichtbares, 100 Meter großes Bauwerk, das den Himmelsäquator und den Ortsmeridian darstellt (www.herten. de/emscherbruch2004/horizontastronomie.htm). Außerdem sollen sich einige Folgen der ,,Sendung mit der Maus" mit astronomischen Themen befassen.
Pierre Leich konnte sich mit den professionell auftretenden IYA-Aktivitäten in der Metropolregion Nürnberg schmücken. Einer der Höhepunkte im Frankenland wird die ,,Blaue Nacht" am 23. Mai 2009 in Nürnberg unter dem Motto ,,Firmament" sein. Im Raum Aachen werden sich die ansässigen Institute und Volkssternwarten engagieren, der nordwestliche Teil der Republik steht laut Andreas Hänel unter besonderer Beobachtung der Lichtverschmutzung und wird zwischen Münster und Osnabrück einen großen Planeten-(Fahrrad-)Weg einrichten. Was man unter der schützenden Kuppel eines Planetariums im Jahr der Astronomie zu erleben hat, stellte die Leiterin des Bochumers Planetariums, Frau Prof. Susanne Hüttemeister, in Wort und Bild vor. Die von der europäischen Raumfahrtagentur ESA ins Leben gerufene Planetariumsshow zum IYA wird am 7. Mai 2009 im Zeiss-Großplanetarium Berlin erstmals gezeigt und dann in (fast) allen Planetarien in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu sehen sein.
Ein visuelles Ereignis ganz besonderer Art wird im Gasometer in Oberhausen zu beäugen sein. Unter dem Titel ,,Sternstunden - Wunder des Sonnensystems" findet dort ab dem 3. April 2009 eine Ausstellung zur Astronomie statt. Der absolute ,,Hingucker" wird ein 25 Meter durchmessendes Modell des Erdmondes sein (www.gasometer.de).
2009 in die Röhre schauen? Keineswegs, das Jahr der Astronomie wird ein grandioses Spektakel!
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Sternspuren über dem Death Valley, unwirklich erscheinende Sonnenuntergänge, skurrile Situationen, wenn der Mond als Leselampe mit zuführendem Kabel abgelichtet wird - das weltweit organisierte Netzwerk der TWAN-Fotografen schafft Bilderwelten, die die Ästhetik des gestirnten Himmels in ganz besonderer Weise in Bildern festhält.
Als ,,Wachmacher" schloss sich der Beitrag der VdS an. Neben dem bereits auf Seite 2 vorgestellten Programmheft zum IYA wird die VdS eine ,,Mediathek" mit kostenlos verfügbaren Diagrammen für Vorträge einrichten. Außerdem steht der Astronomietag
Licht aus, Sterne an: Sogar in der Politik ist das Thema ,,Lichtverschmutzung" mittlerweile angekommen.
Weltweite Aktivitäten: Zum Stichtag 22. November 2008 nehmen 132 Länder am Jahr der Astronomie Teil.
Entspannend ging es nach einer (verdienten) Kaffeepause weiter. Ab 18 Uhr zeigte Bernd Pröschold seine ZeitrafferAufnahmen des Nachthimmels: Die Milchstraße zog über Alpengipfel, Sternschnuppen huschten über den Sternenhimmel, Polarlichter flackerten über schneebedeckter Landschaft - auf dem Keyboard begleitet von Paul Hombach konnten die Tagungsteilnehmer einige Minuten ihre Gedanken schweifen lassen. Nicht weniger beeindruckend schloss sich die Bildershow der TWAN-Fotografen (TWAN: ,,The World At Night" = ,,Die Welt bei Nacht") von Gernot Meiser an.
Sechs zu vier: Von wegen, nur Männer seien in der Astronomie aktiv: Ganz links der ,,SPoC" Michael Geffert, fünfter von
links der VdS-Vorsitzende Otto Guthier, rechts von ihm Pedro Russo; dritte von rechts Susanne Hüttemeister, rechts davon Gabriele Schönherr. (Pardon an alle, deren Namen dem Autor nicht bekannt sind).
*) Die Tagungsteilnehmer waren sich nicht einig: Werden ,,wir" jetzt lieber als ,,Hobby-Astronomen", ,,Amateur-Astronomen" oder ,,unbezahlte Astronomen" bezeichnet - jeder Leser mag das für sich entscheiden.
VdS-Journal Nr. 28
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Astronomie und Gastronomie: Gedränge beim IYA-Gipfel. Aber auch in Restaurants soll die Kombination von Sterneküche und Sterne beobachten auf reges Interesse stoßen.
2009 am 4. April ganz im Zeichen der ,,100 Stunden Astronomie". Und schließlich werden zur VdS-Tagung Anfang Oktober 2009 Gäste aus dem europäischen Ausland eingeladen, die dort ihre astronomischen Aktivitäten vorstellen können - die VdSTagung wird zur internationalen Tagung der Amateur-Astronomen *).
Im Anschluss berichtete Stefan van Ree über die Aktivitäten von www.astronomie. de zum IYA, Pierre Leich gab Tipps, wie man das IYA am besten vermarktet (ganz wichtig: persönlicher Kontakt zu Sponsoren und Medienvertretern), Eberhard Bredner ging der Frage nach, ob Sternbedeckungen für das IYA interessant sind (Ergebnis: nur einige Ereignisse kommen in Frage), Norbert Junkes berichtete über die Beiträge der Max-PlanckGesellschaft zum IYA und Eckehard Schmidt sprach über Briefmarken zum IYA (Briefumschlag mit IYA-Aufdruck: info@wissenschaftsreisen.de). Zum Abschluss der Tagung legte Martin Welzel seine Pläne für ein Kunstprojekt zum Jahr der Astronomie dar.
Offizielle Tagungen mit offiziellen Referenten und konkreten Planungen hören sich immer sehr gewichtig an. Aber vergessen Sie nicht, liebe Leserinnen und Leser, der Erfolg des Jahres der Astronomie wird von jedem Einzelnen von Ihnen abhängen. Sind Ihre Linsen schon poliert, die Spiegel geputzt, die Montierungen gefettet? Gönnen
Sie Ihren Nachbarn, Verwandten oder Kollegen einen Blich durch Ihr Teleskop - dann springt der Funke ganz gewiss über ...
Alle Fotos: Bernd Brinkmann
Sonderbriefmarke: Deutschland feiert 2009 Johannes Kepler. Aber
der Entwurf der Briefmarke hat einen gravierenden Fehler: zwei
Planeten auf einer Bahn.
Auf Galileos Spuren: Die Firma Astromedia bietet einen Bausatz zum ursprünglichen Teleskop von Galilei Galileo an. Eberhard Bredner ist fasziniert, wie Galileo damit die Jupitermonde entdeckt haben will.
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SaharaSky -
Eine Süd-Sternwarte nördlich des Äquators
von Hans-Joachim Bode
Wer unter den Astro-Amateuren den kompletten Südhimmel im Blick haben möchte, fliegt nach Namibia. Diese Entscheidung hat natürlich zur Konsequenz, dass eine längere Flugzeit und höhere Kosten entstehen. Wer dagegen damit zufrieden ist, wenn er Omega Centauri sehen kann und deshalb nach Teneriffa zum Teide reist, kann im Parador auf ca. 2000 m Höhe oder mit einer Anreise auf diese Höhe sein Ziel erreichen. Es gibt aber auch eine interessante Alternative hierzu: Auf ca. 700 m Höhe, am Rande der Sahara, befindet sich in Marokko ein Hotel unter deutscher Leitung - das Kasbah Hotel SaharaSky. Die Anreise ist relativ einfach und preiswert: Man fliegt heute schon bei früher Buchung für 120 Euro nach Marrakesch oder Agadir, nimmt sich dort einen Mietwagen und erreicht nach etwa 6 - 7 Stunden Zagora, die dem Hotel nächst gelegene Kleinstadt. Die Fahrtstrecke selbst stellt insofern kein Problem dar, da sie bis auf die letzten 300 m (!) asphaltiert ist und außerorts nur wenig Verkehr das Fortkommen stört - doch wer sich zum ersten Mal in Marokko aufhält, wird immer wieder unterwegs anhalten um sich die
VdS-Journal Nr. 28
unterschiedlichsten Sehenswürdigkeiten anzuschauen: Wir erreichten das Hotel mit dem Ausgangspunkt Agadir nach 9,5 Stunden Reisezeit. Erbaut im Stil des Landes wirkt es aus der Ferne wie ein freistehendes mittelalterliches Schloss, mitten in der Wüste stehend - doch die
Abb. 2: Hotel-Lobby / Bar, Aufn. A. Gabel
Abb. 1: Gesamtansicht des Hotels, Aufn. A. Gabel
eigentliche Sahara erreicht man mit einem geländegängigen Fahrzeug erst nach weiteren 2 Stunden Fahrt. Wenn nun jemand die Absicht haben sollte selbst in die
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Abb. 3: Astro-Terrasse, Aufn. A. Gabel
Das Hotel ist natürlich mit allem ausgestattet was das Herz begehrt: Europäischer Komfort, das heißt Bad mit Dusche/Wanne (fließend Kalt-/Warmwasser) und WC, Klimaanlage, Balkon/Terrasse, etc. und Internet Anschluss. Das Preis-Leistungsverhältnis kann sich sehen lassen! Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass man via Mobilfon erreichbar ist - und das alles in ,,Natur pur". Details und aktuelle Preise unter www.saharasky.com oder www. hotel-sahara.com.
Zum Abschluss noch eine Anmerkung: Sperrt man nicht nur die Augen auf bei den vielen Sehenswürdigkeiten sondern auch die Ohren, so wird man vernehmen, dass fast jede größere Familie von Emigranten spricht und damit eines ihrer Familienmitglieder meint. Dieses Familienmitglied ist in der Regel irgendwo in Europa tätig, arbeitet dort und sendet den Großteil des Verdienstes an
Sahara zu fahren, so empfiehlt sich die Anmietung eines Geländewagens - das ist aus unserer Sicht nicht erforderlich, da sich Wüstentouren vom Hotel aus arrangieren lassen und der normale PKW genutzt werden kann um Orte, Märkte, Basare und sonstige Sehenswürdigkeiten der näheren Umgebung zu besuchen. So weit von den Zentren des Tourismus entfernt, trifft man nur auf wenige Europäer. Deshalb ist es zu empfehlen (besonders für Damen), sich auf eine bedeckende Bekleidung einzustellen. Es kann Ihnen sonst wie uns passieren, dass Sie auf dem Basar ein entsprechendes Kleidungsstück kaufen und sofort anziehen, um nicht mehr im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses zu stehen.
Bei allen Exkursionen, die wir gemacht haben, stand uns der Hotelbesitzer Fritz Koring mit Rat und Tat zur Seite. Da er auch Amateurastronom ist, gab es nie ,,astronomische" Probleme während der Nachtzeit. Die Mahlzeiten lassen sich entsprechend abstimmen und das Essen selbst ist marokkanisch orientiert, wohlschmeckend, abwechselungsreich und nicht so langweilig wie man es verschiedentlich in Couscous-orientierten Ländern erlebt. Ohne Mondlicht wird einem der schwarze Saharahimmel serviert, ohne störendes Licht und in totaler Ruhe, denn es befinden sich nur ein paar Beduinenzelte in der
Abb.4: Omega Centauri, C8, SBIG, Aufn. M. Busse
näheren Umgebung. Auf der großzügigen ,,Sternterrasse" auf dem Dach des Hauses, auf der sich auch eigene Geräte aufstellen lassen, sind moderne GOTO-Teleskope wie ein Meade 8" SC, ein Coronado Sonnenteleskop, ein Meade 14" RCX und seit kurzem noch ein Meade LX200R 16" auf einer deutschen GM2000 Montierung installiert. Für die Beobachtung und Fotografie ist alles da, was ein Amateur Astronom erwarten kann.
die Familie, welche davon lebt. Jeder Reisende in Marokko verbessert durch sein finanzielles Engagement die dortigen Lebensbedingungen der einfachen Bewohner des Landes, was schließlich dazu führen könnte, dass die Emigranten zu Haus ihre Familien versorgen können.
VdS-Journal Nr. 28
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