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NACH REDAKTIONSSCHLUSS
1 Deutscher Amateur-Astronom entdeckt Kometen (VdS-Redaktion)
SPT/VERäNDERLICHE
4 Das Beobachten veränderlicher Sterne (Braune Werner)
4 Einfach so - wie alles anfing (Diederich H.-G.)
6 Das visuelle Schätzen von langperiodisch Veränderlichen (Bannuscher Dietmar)
7 Das Schätzen von kurzperiodisch Veränderlichen (Bannuscher Dietmar)
8 Lichtkurvenerstellung leicht gemacht (Bannuscher Dietmar)
10 Ein Stern explodiert (Diederich H.-G.)
12 Photometrie mit der CCD-Kamera (Quester Wolfgang)
16 Der Mirastern W Dra (Goldhahn Hartmut)
19 Die Veränderlichentypen und einige Hinweise zur Beobachtung (Bannuscher Dietmar, Braune Werner)
24 Erste Schritte in der Veränderlichenbeobachtung mit CCD (Hambsch Josch)
ASTROFOTOGRAFIE
26 "Projekt "Zwerggalaxien"" angelaufen" (Riepe Peter, Steinicke Wolfgang)
28 Rauschreduzierung in CCD-Aufnahmen Teil 1 (Möller Dennis)
30 Einstieg in Fotografie von Milchstraßenfeldern Teil 1 (Celnik Werner E.)
SELBSTBAU
35 Die Dimensionierung von Streulichtblenden bei Refraktoren (Kunz Stefan)
35 Fachgruppe Amateurteleskope/Selbstbau Neues (Zellhuber Herbert)
37 Wie es bei mir begann - Eines der neuesten VdS-Mitglieder beschreibt seinen Einstieg in die Amateurastronomie (Liebers Lutz)
40 Ein kleiner Spiegel ganz schnell geschliffen (Heins Rüdiger)
ATMOSPHäRISCHE ERSCHEINUNGEN
42 SAM - ein Projekt wird erwachsen (Hansky Karsten)
46 Seltenes Halophänomen (Hinz Wolfgang, Hinz Claudia)
CCD-TECHNIK
49 Aus dem Pixelkästchen Journal 9 (Leue H. J.)
49 QuickCam Webkamera im Einsatz am Teleskop (Ritter Uwe)
52 Astronomical Image Processing und Astroart (Schulze Rainer)
57 Selbstbau-CCD-Astrokamera für Jedermann Teil 2 (Rimkus Matthias)
METEORE
60 Leoniden 2001 - Auswertung (Molau Sirko, Arlt Rainer)
63 Leonidenstürme 2002 (Lüthen Hartwig)
KOMETEN
67 Komet C/2002 C1 Ikeya-Zhang (Kammerer Andreas)
68 Mein Ikeya-Zhang (Celnik Werner E.)
90 "Der "falsche Nukleus"" und Koma von Komet Ikeya-Zhang" (Diederich H.-G.)
KLEINE PLANETEN
92 NEOs im Sonnensystem (Lehmann Gerhard)
94 Ein Kleinplanet macht Stress 2002 EL6 (Knöfel Andre)
SPEKTROSKOPIE
96 Spektroskopie für Einsteiger mit dem Baader-Gitter Teil 2 (Federspiel Martin)
98 Koordinierte Zusammenarbeit zwischen den VdS FG Veränderliche und Spektroskopie (Pollmann E., Hanisch B., Braune W., Hübscher J.)
STERNBEDECKUNGEN
100 Streifende Sternbedeckungen zum Quadrat (Bredner Eberhard)
DEEP SKY
102 Deep Sky Kataloge, die neue Uranometria (Steinicke Wolfgang)
106 Fritz Zwicky und die kompakten Galaxien (Wenzel Klaus)
110 "Untersuchung einer "superthin"" Galaxie mit einem Modell" (Diederich H.-G.)
111 Back to the sixties (Kleisa Manfred)
SONNE
113 Rechnergestützte Beobachtung einer Sonnenfinsternis (Strickling Wolfgang)
117 Aktuelles vom SONNE-Relativzahlnetz (Zunker Andreas)
VDS-STERNWARTE
119 10 Jahre VdS-Sternwarte Kirchheim (Guthier Otto)
120 Beobachtungen an der VdS-Sternwarte Kirchheim (Schulz Jürgen, Pfaff Tobias)
COMPUTERASTRONOMIE
125 Fachgruppe Computerastronomie - Aufbau einer neuen Fachgruppe (Garrelts Heiko)
SERVICE
126 M wie Messier Journal 9: M 53, M60, M67 (Güths Torsten)
130 Ein eigener Horizont (Schulze Rainer)
132 Das Jahr 2001 im astronomischen Wetterrückblick (Kaltenbrunner Thomas)
133 Astrofotografie mit der Handnachführung (Behler Jürgen)
BEOBACHTERFORUM
136 Eine Reise zum Mittelpunkt unserer Galaxis (Diederich H.-G.)
137 Lichtecho der Nova V838 Monocerotis (Diederich H.-G.)
138 Staunen? - oder: Geht eine astronomische Kunst verloren? (Herzog Gerhard)
140 Orionnebel mit Filtern beobachtet (Diederich H.-G.)
VDS-NACHRICHTEN
142 Der Vorstand (2001) stellt sich vor (VdS-Vorstand)
144 Wolfgang Steinicke in den Vorstand der Webb Society gewählt (VdS-Redaktion)
145 Aufregung um mysteriöses Himmelsspektakel (Guthier Otto)
VDS VOR ORT
149 Per aspera ad astra Teil 1 (Loibl Günter)
153 Jubiläumstagung der VdS-FG Spektroskopie (Pollmann Ernst)
155 Tagung Deep Sky auf dem Eisenberg 4 (Steinicke Wolfgang)
157 Die 26. SONNE-Tagung in Bollmannsruh (Wolf Thomas)
REZENSION
161 "Buchbesprechung "Das beschleunigte Universum""" (Steinicke Wolfgang)
VORSCHAU
163 Vorschau auf astronomische Ereignisse Journal 9 (Celnik Werner E.)
EDITORIAL
1 Editorial Journal 9 (Guthier Otto, Celnik Werner E.)
Textinhalt des Journals 09
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17 10 164 161 Per Aspera Ad Astra 126 ab Seite 149
4 SCHWERPUNKTTHEMA
Das Beobachten veränderlicher Sterne
von Werner Braune
An einem klaren Abend schaut jeder Sternfreund mit Begeisterung in das Sternengewimmel über sich und erfreut sich des Anblicks aus sicher unterschiedlichen Gründen, möglicherweise schon hingewandt zum auffälligen Mond, dem Stand einiger Planeten oder allein zum Erkennen der Sternbilder. Gerade bei letzteren fällt dem Betrachter auf, dass alle sichtbaren Sterne verschieden hell sind. Die helleren haben sogar eine erkennbar unterschiedliche Farbe. Man hat einige Mühe, vor allem bei gutem Wetter, unter so vielen Sternen die zusammengehörigen eines Sternbildes zu finden.
Einübung Erkennbar und wichtig für die Veränderlichenbeobachtung ist, dass das Auge eben diesen Eindruck der Unterschiedlichkeit deutlich vermittelt. Man kann als Test des eigenen Auges zum Beispiel auffällige Sterne eines Sternbildes nach deren Helligkeit sortieren und man wird sehen, dass etwa bei der Cassiopeia die fünf hellsten Sterne, die das ,,Himmels-W" ergeben, nur etwa im Rahmen einer Größenklasse unterschiedlich hell sind (2,2 bis 3,4 mag, der Stern Gamma ist veränderlich!). Ist dies erkennbar, hat man ein gutes Auge und kann sich problemlos der Veränderlichbeobachtung widmen. Nur mit dem beobachtenden Auge fing die Entdeckungsgeschichte der Veränderlichen an. Man fand zuerst wenige Sterne, die ihre Helligkeit erkennbar änderten. Mit dem Fernrohr und später mit der Fotografie wuchs die Zahl bekannter Veränderlicher auf nun über 40.000. Die Genauigkeit der
Beobachtung hat mit der Entwicklung von Fotometern und jetzt mit der CCD-Technik auch in Amateurkreisen erheblich zugenommen und weitere Möglichkeiten der Entdeckung und Beobachtung erschlossen. Damit werden die Fachastronomen erheblich unterstützt.
Ein Sternpunkt lebt Eigentlich ist die Betrachtung eines einzelnen Sternpunktes am Himmel nicht sehr spannend. Auch bei stärkerer Vergrößerung im Fernrohr bleiben die Sterne punktförmig. Man erkennt nur bei deutlich weit auseinander stehenden Doppelsternen diese als getrennt. Bei den zu eng zusammenstehenden Doppelsternen, den Bedeckungsveränderlichen sieht man nur etwas, wenn sich diese einmal bedecken - daher die Bezeichnung. Aus der Sichtlinie von der Erde tritt ein schwächer leuchtender Stern vor den helleren und verfinstert diesen. Insgesamt sinkt die Helligkeit ab und steigt dann nach der Bedeckung wieder an. Beobachtet werden diese markanten Lichtschwächungen und das Minimum bestimmt. Die Bedeckung geht im allgemeinen recht schnell vor sich, so dass schon drei Stunden reichen können, um ein Ergebnis des Gesamtverlaufs zu erzielen. Es ist also Leben in dem Sternpunkt, was die Beobachter wirklich spannend finden. Wie bei der Beobachtung anderer Himmelsobjekte muss man, um wirklich etwas zu entdecken, dabei bleiben und das Beobachtete genau festhalten. Mit der
zugehörigen Kenntnis der Physik hat man bei der Beobachtung im Hinterkopf was
passiert: Zwei ganz eng beieinander stehende Sterne agieren miteinander, manche berühren sich. Masse strömt von einem zum anderen Stern. Was da alles passieren kann ...
Aber längst nicht alle Veränderliche sind Doppelsterne. Auch Einzelsterne zeigen starke Helligkeitsvariationen durch Pulsation oder in Verbindung mit abgestoßenen dünnen Staubwolken. Vieles in der Physik der Sterne ist inzwischen geklärt, manches versteht man noch nicht, Neues kommt ständig dazu. Nur die Beobachtung kann zu weiteren Erkenntnissen führen. Extrem variantenreich sind die eruptiven Veränderlichen. Hier ist kein Ergebnis vorhersagbar. Man steht bei der Beobachtung stets in der Erwartung eines Ausbruchs der Helligkeit aus einem zudem schwankenden Minimallicht. Und falls eine Nova entdeckt wird, muss man sogleich dabei sein, um zumindest den Abfall der Helligkeit beobachterisch zu sichern. Wie spannend und unterschiedlich die Veränderlichenbeobachtung ist, wird nachfolgend im Detail verdeutlicht. Wir folgen dabei Beispielen aus der allgemeinen Beobachtungspraxis der Bundesdeutschen Arbeitsgemeinschaft für Veränderliche Sterne e.V. (BAV).
Einfach so ... Wie alles anfing
von Hans-Günter Diederich
Eigentlich sollte es ja gar nicht anfangen, es war nicht vorgesehen und ergab sich einfach so aus zwei anderen Ideen. Und eigentlich bin ich immer noch kein richtiger ,,Veränderlichenbeobachter". Dennoch möchte ich über meinen persönlichen Weg zu den Veränderlichen Sternen berichten, denn egal, wie und wo man einsteigt, Veränderliche sind nicht langweilig, sondern teilweise äußerst lebhaft. Und man kann eine Menge mit ihnen erleben. In meinem ersten Astro-Urlaub wollte ich als blutiger Anfänger einfach alles sehen,
was es am Himmel gab und was sich da so tat, zumindest ein einziges erstes Mal. Zu den noch nicht beobachteten Objekten und Ereignissen gehörten damals ,,mein erster Kleinplanet" und ,,mein erster Sternausbruch" (Neuhochdeutsch: ,,outburst").
Mit den Kleinplaneten gab es zunächst Probleme, sie befanden sich einfach nicht an der Stelle des Himmels, die mir mein erstes Sternkartenprogramm anzeigte. In der dritten Nacht wechselte ich auf Guide 6, und innerhalb von fünf Minuten hatte ich
VdS-Journal Nr. 9
meinen ersten Kleinplaneten. Dieser Erfolg beflügelte mich, ich wurde übermütig und zeichnete seine Position und die von anderen Kleinplaneten jetzt jede Nacht in die ausgedruckte Karte und erhielt dadurch einige gerade aber auch gebogene Bahnkurven; das war einfach toll! Am Teleskop verfiel ich dann auf die verrückte Idee, mir einen im Vergleich zum Kleinplaneten schwächeren und einen helleren Stern auszusuchen, deren Magnitude im Sternkartenprogramm nachzusehen und daraus die Helligkeit des Kleinplaneten zu
SCHWERPUNKTTHEMA 5
schätzen, so ,,Pi mal Daumen". Ganz un-
bekümmert, ohne ,,Argelander", von dem
ich seinerzeit noch nichts wusste. Und
dann fragte ich Guide, welche Magnitude
das Programm dem Kleinplaneten spen-
dierte. Ich war einfach neugierig. Und jetzt
gab es eine Überraschung: Ich lag meistens
nicht mehr als 0,2 mag daneben. Ich konn-
te Helligkeiten schätzen! Einfach so.
Szenenwechsel: Mir war damals nicht
bekannt, was eine Zwergnova, Nova oder
Supernova ist und wie sie funktionieren.
Mich faszinierte einfach die Tatsache, dass
da ein Stern quasi aus dem Nichts auf-
tauchte, heller wurde und dann wieder ver-
schwand, also einen Ausbruch hatte. Wie Abb. 2:
sollte ich aber eine Nova oder Supernova Bedeckungsveränderlicher Z Vul, Grafik von H.-G. Diederich.
finden? Ich verfiel auf die Idee, jede Nacht
die Zwergnova SS Cygni zu beobachten, Es gibt Sterne bei denen geht alles viel Zeichnung. Dann kam die CCD-Kamera
von der im Internet zu lesen war: ,,Aus- schneller, die werden manchmal innerhalb und mit ihr die Möglichkeit, richtig zu
bruch längst überfällig".
von 18 Minuten dunkel und danach wieder messen, zu ,,photometrieren". Aber ohne
Und nach einigen Nächten war es dann hell. Einen solchen, etwas langsameren (Z die Kleinplaneten und den ,,ersten
plötzlich soweit: Erstmalig sah ich ein hel- Vul) hatte ich mir für eine Nacht zurecht Ausbruch" damals, wäre ich bis dahin
leres Lichtpünktchen an einer Stelle, wo gelegt und das erste Mal um 23 Uhr aufge- nicht gekommen. Einfach so ...
die Nächte zuvor nie etwas gewesen war: sucht. Der visuelle Eindruck ist in der lin-
Ausbruch! Und wie bei den Kleinplaneten ken Hälfte der Abbildung 2 wiedergege-
schätzte ich mit meiner ,,Schlichtmethode" ben. Ich widmete mich dann anderen
die Helligkeit der Zwergnova durch Ver- Dingen. Zur Zeit des Minimums von Z Vul
gleich mit einem schwächerem und einem um 3 Uhr suchte ich ihn wieder auf ... und
helleren Stern aus der Nachbarschaft. fand ihn nicht mehr! Das war merkwürdig
Heimgekehrt saugte ich mir aus dem und ärgerlich zugleich. Schließlich merkte
Internet die Schätzungen und Messungen ich, was los war: Ich hatte ihn die ganze
von erfahrenen Beobachtern und Profis Zeit direkt vor meiner Nase, aber das
und stellte fest, mein Schätzwert lag nahe Sternfeld nicht wiedererkannt. Es ent-
dran. Erstaunlich, ich hatte erstmalig die sprach nicht mehr dem Kartenbild und sah
Helligkeit eines Veränderlichen geschätzt, ganz anders als noch um 23 Uhr aus. Der
einfach so.
helle Stern war zu einem unbedeutenden
Ich wollte es aber bei den Schätzungen Lichtpünktchen geworden (Abb. 2, rechte
nicht belassen und begann, mir kleine Seite). Das hinterließ damals einen großen
Skizzen zu fertigen (Abb. 1).
Eindruck.
Sobald es klar wurde, fuhr ich in den Und es blieb nicht dabei. Ich fand den
Odenwald, baute mein Teleskop auf und Kontakt zur FG Veränderliche in der VdS
schaute mir meinen Mirastern R Boo an. (BAV), lernte die Argelander-Methode
Dies geschah ohne größere Ansprüche. Mir kennen und anwenden, beobachtete visuell
ging es um das visuelle Erlebnis: Ich wollte mit eigenen Augen sehen, ob dieser
weitere Bedeckungsveränderliche und Mirasterne, dann meine erste Supernova.
Unser Titelbild:
Stern wirklich schwächer wurde, wie Die Dokumentation erfolgte als Text im Der Komet des Jahres 2002 war C/2002
behauptet wurde.
Beobachtungsbuch mal mit, mal ohne C1 (Ikeya-Zhang). Unser Titelbild zeigt
den wunderschönen Kometen am
Abend des 4. April 2002, als er am
Andromedanebel (M 31) vorbeizog.
Gerald Rhemann und Michael Jäger
(VdS-Medaillenträger des Jahres 1999)
nahmen diese Konstellation um 19:01,
19:08 und 19:16 UT mit einer Schmidt-
Kamera 190 / 255 / 423 mm auf. Die
drei Aufnahmen wurden 3,5 und 4,5
Minuten auf Ektachrome 100(120)
Diafilm sowie 5 Minuten auf TP 4415
Abb. 1:
(hyp.) belichtet, anschließend fertigten
Mira-Stern R Boo, Grafik von H.-G. Diederich.
unsere Autoren ein Komposit an.
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6 SCHWERPUNKTTHEMA
Das visuelle Schätzen der langperiodisch Veränderlichen (Miras, Halbregelmäßige, Eruptive, Cepheiden)
von Dietmar Bannuscher
Die Beobachtung veränderlicher Sterne ist gar nicht so schwer, wie gemeinhin angenommen wird. Dazu braucht der Sterngucker nur sein Auge (und bei schwächeren Sternen Feldstecher oder Teleskop).
Der Veränderliche wird ,,geschätzt", also seine Helligkeit zwischen zwei Vergleichssternen bekannter Helligkeit ,,gewogen", bzw. zu beiden in ein Verhältnis gesetzt. Aus einer kleinen Rechnung entsteht dann die derzeitige Helligkeit des veränderlichen Sterns (nach Pickering). So beginnt der Beobachter mit der Aufsuche und guckt sich in der Nähe des Veränderlichen zwei Vergleichsterne aus. Einer dieser Eichpunkte muss heller, der zweite schwächer als der zu schätzende Stern sein. Zu den langperiodisch veränderlichen Sternen gibt es Karten, in denen die meisten Sterne rund um den Veränderlichen mit Helligkeitsdaten versehen sind. Damit sind schnell die passenden Vergleichssterne nebst Helligkeitswerten gefunden. Eine Karte dieser Art kann der Leser in dem in dieser Ausgabe weiter hinten zu findenden Bericht ,,Der Mirastern W Dra" finden.
Nun wird der geneigte Betrachter den betreffenden Stern ,,wiegen", also schätzen. Und zwar wird er erkennen, dass der Veränderliche ggfs. sehr viel schwächer ist als der hellere Vergleichsstern und nur etwas heller als der schwächere, oder umgekehrt. Es kann auch sein, dass er von der Helligkeit her zwischen beide passen würde. Jetzt muss ein Verhältnis gebildet werden, z. B. 6:4 oder 2:8 oder 5:5. Dabei deutet die erste Ziffer immer das Verhältnis zum helleren Vergleichsstern an, die zweite das Verhältnis zum schwächeren. Je höher die Verhältniszahl, desto weiter weg (heller oder schwächer) ist der Veränderliche dann zu dem entsprechenden Vergleichsstern. Mit etwas Übung funktioniert die Methode recht gut, die ersten Versuche könnten mit Cep gemacht werden. Diesen Stern sollte man mit einem Feldstecher anschauen, er wird an wenigen Tagen hintereinander immer andere Helligkeiten zeigen. Aufsuchkarten zu diesem Stern gibt es unter anderem auch im ,,Himmelsjahr 2002".
VdS-Journal Nr. 9
Abb. 1: Lichtkurve von R UMa, Grafik von D. Bannuscher.
Da die Magnitude der Vergleichssterne bekannt ist, kann der Beobachter nun die Helligkeit des Veränderlichen ausrechnen. Er teilt die Helligkeitsdifferenz der Vergleichsterne durch 10 und nimmt dann mit der ersten Verhältniszahl mal. Diesen Helligkeitswert muss er nun zu der Magnitude des helleren Vergleichsterns hinzuzählen. Der resultierende Wert zeigt
Wir zeigen die Rechnung einmal an einem Beispiel:
· Heller Vergleichsstern XX, Mag. 12,0 mag
· Schwacher Vergleichsstern YY, Mag. 13,0 mag
· Geschätzte Verhältniszahl des Veränderlichen 3:7
(er ist also näher am hellen Vergleichsstern, etwas schwächer als dieser, aber deutlich heller als der schwächere Vergleichsstern)
Rechnung: 13,0 - 12,0 = 1 1 : 10 = 0,1 0,1 x 3 = 0,3 12,0 + 0,3 = 12,3 Helligkeit des Veränderlichen: 12,3 mag
dann die Helligkeit des Veränderlichen an. Natürlich geht die Rechnung auch auf, wenn mit der Verhältniszahl des schwächeren Vergleichsterns gearbeitet wird, der entsprechende Helligkeitswert muss nur von der Magnitude dieses Sterns dann abgezogen werden.
Durch die unterschiedlichen Helligkeiten der Vergleichssterne (0,5 mag Unterschied wird empfohlen, ist aber durch die nun mal gegebenen Sternhelligkeiten oft nicht möglich, der Unterschied ist normalerweise größer, auch mal kleiner) entstehen bei der Rechnung (s. Kasten) oftmals Werte mit zwei Stellen hinter dem Komma. Dazu sollte noch gesagt werden, dass die Genauigkeit der visuellen Schätzung bei einem geübten Beobachter durchaus 0,1 mag betragen kann, aber auch nicht mehr. Somit ist die zweite Stelle hinter dem Komma rein rechnerisch und man sollte sich angewöhnen, diese dann zu runden. Dem gewünschten Ergebnis, nämlich dem Zeitpunkt des Maximums oder Minimums, schadet es nichts, er wird ja erst im Laufe der Zeit sichtbar. Die erreichte Höhe oder Tiefe gemessen in Magnitude wird dann ebenfalls mit einer Stelle hinter dem Komma genau genug anzugeben sein.
SCHWERPUNKTTHEMA 7
Das Schätzen von kurzperiodisch Veränderlichen
(Bedeckungsveränderliche, RR-Lyrae-Sterne, W-Vir-Sterne)
von Dietmar Bannuscher
Das Schätzen der kurzperiodisch Veränderlichen entspricht fast dem der langperiodischen. Die Sterne werden demnach auch mit anderen Sternen verglichen. Allerdings sind in den Karten (BAV-Karten zu mehr als 249 kurzperiodisch veränderlichen Sternen) keine Magnituden für die Vergleichssterne ausgewiesen. Die Karten enthalten Aufsuchfelder in verschiedener Vergrößerung, so dass der Veränderliche möglichst mit ,,Starhopping" gefunden werden kann. Die letzte Detailkarte zeigt dann das Sternfeld rund um den veränderlichen Zielstern. Nun stand der Astronom F.W.A. Argelander vor ca. 150 Jahren vor einem ähnlichen Problem. Neben der Bonner Durchmusterung beschäftigte er sich auch mit der Veränderlichenbeobachtung. Zu seiner Zeit gab es noch keine gut festgelegten Helligkeiten aller Sterne, also dachte er sich eine Methode aus, wie der Helligkeitsabfall oder -anstieg gegenüber Vergleichssternen darzustellen wäre. Er verglich den Veränderlichen auch mit einem helleren und einem schwächeren Nachbarstern. Er legte die im Kasten 1 dar-
Abb. 1: Lichtkurve von RW Caucri
gestellte Einteilung fest (bitte beachten, dass hierbei ein sehr intensives Betrachten und Vergleichen der Helligkeiten voraus geht). Wie der Sterngucker diese Ein-
Die Stufenschätzungsmethode
Stufe 0 Erscheinen mir beide Sterne a und V (Vergleichsstern und Veränderlicher) immer gleich hell oder möchte ich den einen, bald den anderen ein wenig heller schätzen, so nenne ich sie gleich hell.
Stufe 1 Kommen mir auf den ersten Anblick zwar beide Sterne gleich hell vor, erkenne ich aber bei aufmerksamer Betrachtung und wiederholtem Übergang von a zu V und V zu a entweder immer oder doch nur mit sehr seltenen Ausnahmen a für eben bemerkbar heller, so nenne ich a um eine Stufe heller als V.
Stufe 2 Erscheint der eine Stern stets und unzweifelhaft heller als der andere, so wird dieser Unterschied für zwei Stufen angenommen.
Stufe 3 Eine auf den ersten Anblick ins Auge fallende Verschiedenheit gilt für 3 Stufen.
Stufe 4 Endlich bedeutet Stufe 4 eine noch auffallendere Verschiedenheit.
teilung in moderner Form schriftlich festhält, ist weiter unten angegeben. Der Beobachter vergleicht erst den helleren Stern mit dem Veränderlichen und legt eine Stufe zwischen beiden fest. Danach guckt er sich die Unterschiedlichkeit zum schwächeren Vergleichsstern an, und stuft den Veränderlichen entsprechend ein. Da keine Sternnamen auf den Karten angegeben sind, bezeichnet man die Vergleichssterne nach dem Alphabet in der Reihenfolge ihrer Helligkeit. Da bei den Veränderlichen durchaus hohe Amplituden vorhanden sind, braucht man normalerweise drei bis fünf Vergleichssterne. Der Veränderliche wird mit V bezeichnet. Zur Erinnerung sei gesagt, dass die Beobachtung des Maxi- oder Minimums eines kurzperiodisch Veränderlichen in der Regel in einer Nacht stattfindet. Man muss also innerhalb von wenigen Stunden zwischen allen Vergleichssternen hin- und herpendeln. Eine Beobachtungsreihe könnte z. B. so aussehen (bitte beachten: der hellere Vergleichsstern steht immer vor, der schwächere immer hinter dem V):
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8 SCHWERPUNKTTHEMA
21:10 Uhr 21:30 Uhr 21:45 Uhr 22:00 Uhr 22:15 Uhr 22:30 Uhr 23:00 Uhr 23:15 Uhr
a0V2b a1V1b a2V0b b1V3c b3V0c b2V1c b1V3c a2V0b
Mit der Uhrzeit und den Daten, die noch umzurechnen sind, kann eine Lichtkurve erstellt werden! Dafür müssen die Schätzwerte aber noch in einer bestimmten Art und Weise umgerechnet werden, so dass
aus den Stufen relative Helligkeitswerte entstehen (die Vergleichssterne müssen zueinander in Beziehung gesetzt werden und erst dann kann man den Veränderlichen im Verhältnis dazu aufzeichnen).
Anhand der vorliegenden Beispielwerte kann der Beobachter schon erkennen, dass der Stern zunächst schwächer wurde (er näherte sich erst b und dann c an), hernach aber wieder zu a aufgestiegen ist. Die Beobachtung von kurzperiodisch veränderlichen Sternen ist vor allem deshalb interessant, weil der Beobachter den Lichtwechsel ,,live" innerhalb weniger
Stunden erlebt. Da eine ausführliche Darstellung der Umrechnung den Rahmen dieses Artikels sprengen würde, verweist der Autor auf früher an gleicher Stelle erschienene Beiträge [1, 2]. Für weitergehende Fragen stehen er und die BAV gerne zur Verfügung.
Literaturhinweise [1] VdS-Journal Herbst 1999, 71,
,,Die Argelander Stufenschätzung" [2] VdS-Journal Sommer 2000, 84,
,,Auswertung visueller Lichtkurven"
Lichtkurvenerstellung leicht gemacht
- Kleine Anleitung zur Erstellung von Lichtkurven
von Dietmar Bannuscher
Das Erstellen von Lichtkurven (LK) scheint recht schwer zu sein, ist es aber in Wirklichkeit nicht. Letztendlich geht es darum, die Helligkeitsveränderung des Sterns innerhalb einer gewissen Zeit zeichnerisch festzuhalten. Mit der LK kann dann der Zeitpunkt des Maxi- oder Minimums eines Veränderlichen bestimmt werden. Anhand von einem erfundenen und sehr vereinfachten Beispiel möchte ich den Weg zu einer LK darstellen. Natürlich wird eine echte Beobachtung nicht so gerade und passende Werte erbringen, der Ablauf ist aber der gleiche. Die weiter unten angegebenen Schritte eignen sich sowohl für langperiodisch als auch für kurzperiodisch veränderliche Sterne.
Den Helligkeitsverlauf über die Zeit stellt sich am besten in einem Koordinatensystem dar, in dem links die Helligkeitswerte und unten die Zeit aufgetragen sind (Abb. 1). Die BAV verwendet für Ihr Archiv der visuellen Beobachtungen gerne
Datum Datum Datum Datum Datum Datum
16.11.01 06.12.01 26.12.01 15.01.02 04.02.02 24.02.02
10,5 mag JD 2452230 10,0 mag JD 2452250 9,5 mag JD 2452270 9,0 mag JD 2452290 9,5 mag JD 2452310 10,0 mag JD 2452330
Tab. 1: Stern XYZ And
ein DIN A6-Format (Postkartengröße) in Millimeterpapier, der Beobachter kann ebenso gut für sich seine Lichtkurven mit einem Tabellenkalkulations- oder einem Statistikprogramm herstellen. Das Beispiel wird in Form eines BAV-Formates präsentiert. Unser Beispiel soll die im Kasten aufgeführten Beobachtungswerte erbracht haben (es wurde ein langperiodischer Stern beobachtet). Nun werden die Helligkeitswerte als Punkte so ins Koordinatensystem eingetragen, dass sie mit ihren JD-Werten übereinstimmen. An dem Punktverlauf kann der Zeichner schon die Lichtkurvenform erahnen (Abb. 2).
Abb. 1: BAV-Format für die Eintragung visueller Beobachtungen an Veränderlichen Sternen.
VdS-Journal Nr. 9
Abb. 2: Die Achsen sind beschriftet, die geschätzten Helligkeitswerte eingetragen.
SCHWERPUNKTTHEMA 9
Als nächsten Schritt kann der Beobachter alle Punkte mit einer Linie verbinden. Hier im Beispiel ist dies recht leicht, bei einer echten Beobachtung werden die Werte mehr streuen, so dass die Linie zum Teil zwischen zwei nahe beieinander stehenden Punkten durchlaufen muss. Auch sollte sie schön geschwungen sein und nicht eckig oder zackig ausgeführt werden. Die Veränderung der Sterne ist eher gleichmäßig, dies sollte sich in der Kurvenform ausdrücken. Eventuell vorhandene Buckel oder Senkungen im An- oder Abstieg ergeben sich nur durch die gemachten Beobachtungen (es gibt Sterne, die dies tatsächlich bieten), denen ja die Kurve dann auch folgen wird. Eine zu eckige Kurve würde falsche Täler und Hügel zeigen. Es ist also eine ,,mittige" Linie möglichst gleichförmigen Verlaufs durch die Punkte zu legen.
Jetzt ist die Lichtkurve fertig und nun kann man an die Bestimmung des Maximums (oder Minimums) gehen. Dafür legt der geneigte Astronom Linien waagerecht über den oberen (oder unteren) Teil der Kurve (rote Linien). Allerdings sollte er diese Hilfslinien nicht einzeichnen, sondern durch ein Lineal die Mitte zwischen den gegenüberliegenden Kurvenanteilen ermitteln und mit einem Punkt kennzeichnen (blaue Punkte). Dies führt er mehrmals bis nahe an den Scheitelpunkt der Kurve durch. Hernach wird durch alle Mittelpunkte eine Linie eingezeichnet, die dann ganz oben (oder ganz unten) die Kurve schneidet. Am Schneidepunkt werden sowohl die Helligkeit als auch der Zeitpunkt abgelesen. Diese Werte stellen dann das Maximum (oder Minimum) dar (Abb. 3).
Zum Schluss sollte noch das Extremum oben in der Kurve festgehalten werden, ebenso die ermittelte Helligkeit (bei langperiodisch Veränderlichen). Mit ,,n" wird die Anzahl der Beobachtungspunkte angegeben. Ebenso sollte der Name und das Beobachtungsinstrument nicht fehlen. Eine Angabe zur verwendeten Karte ist immer hilfreich (Abb. 4).
Hier am Ende des Artikels sollen mit zwei ,,echten" LK nochmals die einzelnen Schritte ersichtlich werden, vor allem, was die geschwungene Kurvenform betrifft. Cyg (Abb. 5) ist ein Mirastern, also ein langperiodisch veränderlicher Stern, KU Aur (Abb. 6) ist ein Bedeckungsveränderlicher, demnach ein Kurzperiodischer.
Abb. 3: So wird der Zeitpunkt der Maximalhelligkeit ermittelt.
Abb. 4: Die ermittelten Ergebnisse werden zur Archivierung in das Diagramm eingetragen.
Abb. 5: Beispiel für tatsächlich durchgeführte Beobachtungen am Mira-Stern Cygni.
Abb. 6: Beispiel für tatsächlich durchgeführte Beobachtungen am Bedeckungsveränderlichen KU Aurigae.
VdS-Journal Nr. 9
10 S C H W E R P U N K T T H E M A
Ein Stern explodiert!
- CCD-Aufnahmen von veränderlichen Sternen
von Hans-Günter Diederich
später folgt dann die zweite Aufnahme im Ruhezustand. Genauso gut wäre es, das selbst aufgenommene ,,Nachher-Bild" durch ein fremdes ,,Vorher-Bild" aus dem Internet zu ersetzen. Dem Reiz dieser ,,Vorher-Nachher-Aufnahmen" kann ich mich einfach nicht entziehen. Es erinnert mich an ,,meine" allererste visuell im eigenen kleinen Teleskop beobachtete Supernova. Licht von einem einzelnen Stern aus einer fernen Galaxie: einfach faszinierend. Diese Faszination sollte sich jeder Sternfreund so oft wie möglich einfangen und bewahren.
Abb. 1: Ausbruch der Zwergnova HX Pegasi und derselbe Stern einige Monate nach dem Ereignis, Aufnahmen von H.-G. Diederich.
Die Schätzung bzw. Messung der Helligkeit von Veränderlichen, das Zusammenstellen der Ergebnisse in Form eines Diagramms (der ,,Lichtkurve") und deren Auswertung stellt einen wissenschaftlichen Beitrag dar und kann dem ,,ernsthaften" Beobachter und Auswerter Befriedigung verschaffen. Ich möchte hier aber zeigen, dass auch eine einfache unausgewertete Aufnahme als Erinnerungsfoto selbst Jahre später noch Freude bereiten kann. Astronomie als großes Abenteuer, das ist mein Thema. Und Veränderliche sind ein Teil davon, ein sehr dynamischer sogar. Von vielen Objekten sind Koordinaten und das genaue Aussehen bekannt. Der Reiz der eigenen Beobachtung besteht darin, diese Objekte aufzufinden und immer feinere Details zu erkennen. Das Objekt selber bleibt unverändert oder verändert sich so langsam, dass wir es kaum oder gar nicht bemerken. Aber dann gibt es Objekte, die sich nach Fahrplan oder auch nicht verändern, oder sogar plötzlich aus dem Nichts auftauchen und langsam wieder vergehen. Dann herrscht Aufregung, die Beiträge in den Mailing-Listen überschlagen sich und die VdS verschickt sogar einen Brief an alle Mitglieder. Dieses erleben wir im Bereich der Veränderlichen
VdS-Journal Nr. 9
immer wieder und ohne Vorwarnung: Ein Stern explodiert! Da will man dabei sein und selber sehen. Und ich plädiere dafür, solche Objekte sich nicht nur anzuschauen, sondern sie auch aufzunehmen - und zwar zweimal: das erste Mal sofort und das zweite Mal einige Wochen oder Monate später, wenn der Ausbruch vorbei ist und der veränderliche Stern nur noch sehr schwach leuchtet oder nicht mehr zu sehen ist. Die Abbildung zeigt als Beispiel den Ausbruch einer Zwergnova (rechte Seite) und das Aussehen des selben Sterns (genauer: Doppelsterns) einige Monate später. Der Beschriftung ist der jeweilige Aufnahmezeitpunkt zu entnehmen. Diese Angabe ist immer sehr wichtig, unbedingt vornehmen. Die Helligkeit wurde in diesem Fall selber photometriert. Mit einem CCD-Bildbearbeitungsprogramm ist dies keine Hexerei. Aber auch ohne Helligkeitsangabe ist es nicht schlimm: Die Aufnahmen sprechen für sich selbst. Erfahre ich von einem Ausbruch, sei es Zwergnova, Nova, Supernova oder Hypernova, setze ich das jeweilige Objekt an die erste Stelle in meinem ,,Tages"Programm und mache so bald wie möglich eine erste Aufnahme. Tage oder Monate
INSERENTENVERZEICHNIS
APM Telescopes, Saarbrücken
11
Astro Optik Philipp Keller,
Pentling
23
Astrocom, Gräfelfing
109
Astro-Shop, Hamburg
U2
Baader Planetarium,
Mammendorf
53
Dörr Foto-Optik-Video GmbH,
Neu-Ulm
33
Franckh Kosmos Verlags GmbH,
Stuttgart
93
Fujinon (Europe) GmbH,
Willich
105
Intercon Spacetec, Augsburg
67
Meade Instruments Europe,
Borken
91
O.S.D.V. Göttker/Pietsch
GmbH, Münster
U3
Spektrum der Wissenschaft
Verlagsgesellschaft mbH,
Heidelberg
153
Teleskop-Service Wolfgang
Ransburg, München
131
Vehrenberg KG,
Meerbusch-Osterath
U4
12 S C H W E R P U N K T T H E M A
Photometrie mit der CCD-Kamera
von Wolfgang Quester
CCD-Kameras sind nicht nur wunderbare Geräte, um Deep-Sky Objekte mit verhältnismäßig kurzen Belichtungszeiten abzubilden. Sie haben auch die Messtechnik der Amateure revolutioniert: Zunehmend werden sie für astrometrische und photometrische Zwecke verwendet. Ortsbestimmungen und Rotationslichtkurven von Asteroiden, Lichtkurven und Neuentdeckungen von Veränderlichen durch Amateure finden sich immer öfter in der Fachliteratur. Dabei ist die Photometrie die unbekanntere der beiden Messmethoden. Ihre Grundzüge sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden. Und falls Sie Fragen haben, können Sie sich gern an mich wenden.
Die Kamera Schon bei der Auswahl einer Kamera müssen Punkte beachtet werden, die die Messgenauigkeit und den Arbeitsaufwand bei der späteren Auswertung beeinflussen. Wichtig ist eine stabilisierte Kühlung des CCD-Chips. Dadurch ist gewährleistet, dass der Dunkelstrom während einer Beobachtungsnacht konstant bleibt und man sich auf wenige Dunkelbilder oder sogar nur eines am Anfang der Beobachtungen beschränken kann. Man kann sich dann auch eine Sammlung von Dunkelstrombildern für die verwendeten Belichtungszeiten und Chiptemperaturen zulegen, auf die man zurückgreift. Dunkelstrom und Ausleserauschen sollen gering sein, um einen möglichst großen Dynamikumfang der Bilder zu erhalten und das Auslesen der Bilder soll mindestens mit 12 bit erfolgen, 14 oder 16 bit sind bei guten CCD-Kameras üblich. Entscheiden sie sich für eine Kamera, die einen Chip ohne Anti-Blooming und ohne Interline-Strukturen enthält. Beides vermindert die lichtempfindliche Fläche der Pixel. Z. B. gibt die Firma SBIG an, dass Chips mit Anti-Blooming 30% weniger empfindlich sind als die ohne. Ratsam ist auch, einen Chip mit guter Blauempfindlichkeit zu wählen. Wählen sie die Größe der CCD-Pixel so, dass ein Stern mit ihrem Fernrohr auf mindestens zwei Pixel abgebildet wird. Die Brennweite meines 20 cm-Cassegrain habe ich von 1,80 m auf 1,28 m (f/6,4) verkürzt. Damit bin ich an der Grenze des Undersampling, weil ich üblicherweise 2 x 2 binne, d. h. vier originale Pixel werden zu
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einem ,,Superpixel" zusammengeschaltet. Das gibt Pixel von 2,8" Kantenlänge, bei durchschnittlich 5" Seeing, also gerade zwei Pixel pro Sternbildchen. Der Vorteil ist, dass dadurch die Kamera empfindlicher wird, allerdings wird der Sättigungsbereich der Pixel schneller erreicht. Meine Belichtungszeiten sind standardmäßig 1 Minute, selten 2 Minuten. Dann kann es passieren, dass die Sternbildchen etwas länglich werden, das tut der Photometrie aber keinen Abbruch. Für Planeten- und Mondaufnahmen werden heute auch gerne Webcams und Digitalkameras eingesetzt. Für genaue Messungen veränderlicher Sterne scheinen sie eher ungeeignet, für die Überwachung heller Sterne mögen sie geeignet sein.
Die Software Software, die mit CCD-Kameras geliefert wird, enthält i. a. nur einfache Funktionen zur Photometrie. Sie reichen aber aus, um erste Schritte auf diesem Gebiet zu wagen. Es gibt spezielle Programme für die Photometrie von Sternen auf CCD-Bildern, aber die möchte ich hier nicht besprechen. Dagegen finden sich raffinierte Programme zur Bildverarbeitung häufig schon in der Grundausstattung. Aber wenn die Aufnahmen photometrisch ausgewertet werden sollen, ist ihre ,,kosmetische" Bearbeitung schädlich. Nur Dunkelstromund Flatfield-Korrektur müssen angebracht werden. In vielen Fällen wird das Ergebnis einer Messung als Helligkeit in Größenklassen angezeigt. Man muss sich bewusst sein, dass das nur ein Rohwert ist, der mit Kataloghelligkeiten wenig zu tun hat. Wie daraus eine aussagekräftige Messung wird, soll uns in den nächsten Abschnitten beschäftigen.
Allgemeines Man kann davon ausgehen, dass mit visuellen Schätzungen eine Genauigkeit von etwa 0,1 Größenklassen erreichbar ist. Der Einsatz einer doch recht teuren CCDKamera lohnt sich nur, wenn diese Genauigkeit verbessert werden kann. Ziel der Messungen sollte sein, den mittleren Fehler der Einzelmessung auf unter 0,05 mag zu drücken. Ein Weg dahin ist, die Belichtung so lang zu wählen, dass die zu messenden Sterne einen genügenden Abstand vom Rauschpegel aufweisen. Um
+- 0,05 mag zu erreichen, darf der Rauschpegel höchstens 5 % des Signals betragen oder anders herum, das SignalRausch-Verhältnis muss besser sein als 20. Welche Belichtungszeit das bedeutet, muss jeder für sein Instrumentarium herausfinden. Die ersten Messungen mit einer neuen Kamera werden zumeist ohne Verwendung von Filtern gemacht. Die spektrale Empfindlichkeit der meisten heute erhältlichen Chips reicht vom blauen Licht bis in infrarote, für uns unsichtbare Wellenlängen. Das heißt, dass wir ohne Filter Helligkeiten im durch Optik und Chip vorgegebenen Spektralbereich messen. Das ist wirkungsvoll und liefert gute Ergebnisse bei der Verfolgung von RR-Lyrae-Sternen und Bedeckungsveränderlichen. Überwachung ihrer Perioden ist von astrophysikalischem Interesse und die Zeiten ihrer Maxima und Minima lassen sich aus CCDLichtkurven genau bestimmen. Ja, selbst bei der Suche nach den Ausbrüchen kataklysmischer Sterne oder Supernovae in fernen Galaxien kann so gearbeitet werden. Hierbei ist die frühe Entdeckung eines Ausbruchs und das Alarmieren der Fachwelt wichtig. Die Angabe von Helligkeiten in einem Standardbereich zur Darstellung der Lichtkurve steht demgegenüber im Hintergrund. Und auch die Rotationslichtkurven von Planetoiden lassen sich ohne Filter bestimmen. Ich möchte aber auf die Nützlichkeit eines IR-Sperrfilters hinweisen. Es bewirkt, dass Strahlung des nahen Infrarot (NIR, 700 nm) nicht zum Bild beiträgt. Für die Arbeit mit Refraktoren ist das unerlässlich, weil ihre Objektive für beste Fokussierung des sichtbaren Lichts ausgelegt sind. Längerwelliges Licht führt zur Unschärfe der Sternbildchen. Bei Reflektoren spielt dieser Grund im Allgemeinen keine Rolle, aber auch sie können Glaslinsen enthalten (Bildfeldkorrektor, Telekompressor). Ferner bewirkt die Lufthülle eine spektrale Aufspaltung des Lichtstrahls bei Messungen nahe dem Horizont. Sie wird durch Ausblenden des NIR verringert. Wichtig ist bei der Photometrie veränderlicher Objekte, dass auf jedem Bild außer dem veränderlichen mindestens zwei Vergleichssterne gemessen werden, deren Helligkeit und deren Farbindex sich nicht wesentlich von der des veränderlichen
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Objekts unterscheiden. Wenn ihre Helligkeitsdifferenz über die Dauer der Bildserie auf wenige hundertstel Größenklassen konstant ist, kann man davon ausgehen, dass auch die Differenz Veränderlicher minus Vergleichsstern diese Genauigkeit erreicht. Die Helligkeitsdifferenz in mag - z. B. Veränderlicher minus Vergleichsstern 1 - ist es, die zum Zeichnen der Lichtkurve über der Beobachtungszeit aufgetragen wird. Man nennt diese Art der Messung ,,differentielle Photometrie". Immer wieder stellt sich auch heraus, dass Vergleichssterne nicht konstant sind. Viele Veränderliche sind so auch von Amateuren entdeckt worden, z. B. V1489 Aql, V1490 Aql, V1492 Aql, V2181 Cyg.
Die Aufnahme Meine Beobachtungsnacht beginnt mit Aufnahmen zur Flatfield-Korrektur. Das Fernrohr ist fokussiert und das Filter, mit dem die Himmelsaufnahmen gemacht werden sollen, ist im Strahlengang. Nun wird das Fernrohr mit angesetzter Kamera auf ein gleichmäßig beleuchtetes Feld gerichtet. Das kann der Himmel während der Dämmerung sein, ein weißes Tuch, das von Lampen gleichmäßig beleuchtet wird, oder auch eine speziell angefertigte ,,Flatbox", die direkt auf das Fernrohr gesetzt wird. Wichtig ist, dass das Fernrohr auf eine Fläche mit überall gleicher Leuchtdichte schaut. Die Belichtung dieses Flatfields soll 30 % bis 50 % der vollen Ausbelichtung bewirken. Dann wird das Fernrohr mit Kamera auf das gewünschte Sternfeld gerichtet. Das kann mit der ,,GO TO" Funktion der Nachführung geschehen, aber auch mit dem Sucher. Für die Abbildung des Sternfelds brauchen wir keine lange Brennweite. Ein ,,Standardteleskop" mit 2 m Brennweite z. B. bildet ein Feld von 12' x 8' auf den Kodak Chip KAF 4001 ab. Das reicht, um beispielsweise einen im Sucher sichtbaren Stern auf den Chip einzustellen und sich dann mit Hilfe der kontinuierlich Bilder liefernden FocusFunktion der Kamera mittels ,,Starhopping" an die gewünschte Stelle zu bewegen. Auf dem Bildschirm sollten schließlich der Veränderliche und die beiden Vergleichssterne zu sehen sein. Die erste Aufnahme dient der Ermittlung der geeigneten Belichtungszeit. Die ausgewählten Sterne sollen gut belichtet sein. Wenn die richtige Belichtungszeit gefunden ist, können Serienaufnahmen beginnen. Im Abstand von wenigen Minuten gibt
der Verschluss den Lichtweg frei. So sammeln sich im Laufe einiger Stunden 50 oder mehr Bilder auf der Festplatte.
Methoden der photometrischen Messung Diese Menge von Bildern zu vermessen ist mit den meisten Programmen, die zu Kameras mitgeliefert werden, sehr unhandlich. Es gibt aber Programme, die das leisten. Bevor es ans Messen geht, muss von jeder Aufnahme der Dunkelstrom abgezogen werden, und die Aufnahmen müssen flatfield-korrigiert werden. Wie die FlatfieldKorrektur vor sich geht, steht in der Anleitung der Kamera. Die Helligkeitsmessung auf einem CCDBild geschieht im einfachsten Fall wie eine Messung am Himmel. Man nennt das Verfahren auch Blenden- oder Apertur-
Photometrie. Der Stern wird von einer kleinen Blende umfangen ( s. Abb. 1: 1A). Die Software summiert die Werte jedes in der Blende enthaltenen Pixel auf. Zu jedem Pixelwert trägt der Himmelshintergrund ebenfalls bei. Um die Himmelshelligkeit abzuziehen, muss die Blende an eine sternleere Gegend bewegt werden. Der dort gefundene Wert wird von der Messung ,,Stern + Himmelshintergrund" abgezogen. Das geschieht automatisch, denn die Programme fordern, dass die Messung des Himmelshintergrunds als erstes erfolgt. Beim Messen der Sterne wird dann der Hintergrund berücksichtigt. Die Messwerte werden als Rohhelligkeit in Größenklassen angezeigt. Die Rohhelligkeiten sind Werte, die aus internen Vorgaben der KameraFernrohrkombination bestimmt werden. Sie weichen generell von Kataloghelligkeiten ab. Das ist nicht verwunderlich,
Abb. 1: Schematische Darstellung fotometrischer Messungen, Erläuterungen im Text.
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Abb. 2: Screenshot von AIP4WIN. Das Feld zeigt den Bedeckungsveränderlichen XZ Andromedae (V) mit dem Vergleichsstern (C) und dem Kontrollstern (K). Daneben die Einstellmöglichkeiten des "Photometry Tool". Die Blendenkreise um die Sterne sind im Orginal blau, hier für besseren Kontrast weiß dargestellt.
denn Katalogwerte beziehen sich auf definierte Spektralbereiche z. B. des UBVSystems und auf die Sternhelligkeit außerhalb der Erdatmosphäre. Andererseits gibt es Programme, die das Intensitätsverhältnis zwischen zwei gemessenen Sternen anzeigen. Dies muss in Helligkeitsdifferenzen m umgerechnet werden mit der Formel
Sterne. Bei einer gut belichteten Aufnahme verteilt sich das Abbild der Sterne auf mehrere Pixel. Im Zentrum eines Sternbildes ist die Zählrate am höchsten, zum Rand hin fällt sie ab. Das Profil vieler Sternbilder wird gemittelt und als mathematische
Funktion, die PSF, ausgedrückt (s. Abb. 1: 2). Sie wird bei der Messung jedem Stern angepasst. Mit diesem Verfahren lassen sich sogar Sternhelligkeiten in Kugelsternhaufen messen. Es ist üblich in professionellen Photometrieprogrammen.
m = m1 - m2 = -2,5 · lg ( I1 / I2 ) (1)
In dieser Gleichung ist die Helligkeitsdifferenz negativ, wenn Stern 1 schwächer ist als Stern 2. Die Messung von Himmel und Stern kann gleichzeitig erfolgen, wenn um die Blende in der der Stern steht, eine Ringblende gelegt wird, in der der Himmelshintergrund gemessen wird (s. Abb. 1: 1B). Man sieht, dass dies nur in sternarmen Gegenden möglich ist. Jeder Stern in der Ringblende verfälscht das Ergebnis. Ein neueres Verfahren ist die Messung der Punkt-Spreizungs-Funktion (PSF) der
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Abb. 3: Photometrie von DM Cygni, Erläuterungen s. Text.
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Stern RT And OO Aql DM Cyg GR Tau X Tri
RA (2000) 23h11,2m 19h48,2m 21h21,2m 04h01,1m 02h00,6m
Dekl +53 Grad 02' +09 Grad 18' +32 Grad 11' +20 Grad 26' +27 Grad 33'
Helligkeit/mag Epoche0
8,6-9,5
2447803,5094
9,2-10,0
2450719,3894
10,9-12,0
2442582,4036
8,1-8,6
2444573,1163
8,9-11,9
2449641,540
Periode 0,62892942 0,50679062 0,41986151 0,42985067 0,9715293
Art Algol W UMa RR Lyr Algol Algol
Tab. 1: Für eine Beobachtung günstige Veränderliche für den Sommer und Herbst. Epoche 0 ist das Julianische Datum eines Maximums bzw. Minimums. Periode in Tagen.
Beim Photometrieren entsteht eine Tabelle mit Uhrzeit, Rohhelligkeiten der gemessenen Sterne oder ihrer Differenzen. Die Differenzen zwischen einem Vergleichsstern und dem Veränderlichen über der Zeit aufgetragen bilden die Lichtkurve aus der sich die Zeit des Minimums oder Maximums ableiten lässt. Bei Streuung der Messwerte kann man auch die mittlere Helligkeit zweier Vergleichssterne ausrechnen und die Differenz zum Veränderlichen gegen diese Basis bilden. Das glättet die Lichtkurve.
mums: 22:44:20 UT = JD 2.451.899,3641 geozentrisch. Wieder zeigen die Rauten die Differenz zwischen den Vergleichssternen. Trotz Wolkendurchzug ergab sich eine schöne Lichtkurve. Es ist eine Stärke der CCD-Photometrie, dass Messungen auch
möglich sind, wenn der Himmel nicht ganz klar ist. Abb. 5 zeigt eine Lichtkurve des Kleinplaneten (440) Theodora vom 25. Januar, gemessen von P. Frank. Der Kleinplanet wurde mit 30 (!) Sternen verglichen. Dabei konnte der mittlere Fehler bei den Vergleichsternen auf 0,009 mag gedrückt werden.
Literaturhinweise [1] Berry R., Burnell J., 2000: The Handbook
of Astonomical Image Processing. WillmanBell Inc. [2] Diederich, H-G., 2001: VdS-Journal II / 2001, 79 [3] Schirmer, J., 2001: VdS-Journal II / 2001, 80
Einige Beobachtungsvorschläge Die Sterne im Kasten stehen in den kommenden Wochen noch günstig. Sie sind ziemlich hell und Vergleichssterne stehen nahebei. Ihre Lichtkurven sind bekannt, so dass die eigenen Messungen gut mit denen anderer Beobachter verglichen werden können. Bei der Tab. 1 ist die Epoche 0 das Julianische Datum eines Minimums oder Maximums, die Periode ist in Tagen angegeben. Mira- oder andere rote Veränderliche stehen nicht auf der Liste. Sie sollten mit V- oder I-Filter beobachtet werden.
Abb. 4: Photometrie von X Trianguli, Erläuterungen s. Text.
Drei Ergebnisse Abb. 3 zeigt die Lichtkurve des RR-LyraeSterns DM Cygni gemessen am 8/9. September 1997 mit einer ST-7 ohne Filter am 20 cm-Cassegrain f/9. Die Belichtungszeit der Bilder betrug 60 Sekunden. Zeit des Maximums: 22:15 UT = JD 2.450.700,4273 geozentrisch. Auf jedem der 38 Einzelbilder wurden der Veränderliche und zwei Vergleichssterne gemessen. Oberhalb der Lichtkurve des Veränderlichen ist die Differenz zwischen den Vergleichssternen aufgetragen. Der mittlere Fehler einer Messung beträgt +- 0,02 mag. Abb. 4 zeigt eine Lichtkurve des Bedeckungsveränderlichen X Trianguli gemessen am 20./21. Dezember 2000 mit demselben Instrument f/6,4 und V-Filter bei 30 Sekunden Belichtungszeit. Zeit des Mini-
Abb. 5: Photometrie von Kleinplanet (440) Theodora, Erläuterungen s. Text.
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Der Mirastern W Dra
von Hartmut Goldhahn
Abb. 1: Visuelle Lichtkurve (1996-2001), die aus Beobachtungen von Mitgliedern der BAV und der französischen Organisation AFOEV erstellt wurde.
Eine Gruppe der Langsamen Veränderlichen sind die Mirasterne, benannt nach dem Prototyp o Ceti mit Namen Mira. Ihr besonderes Kennzeichen sind große Amplituden und ein im wesentlichen kontinuierlicher Lichtwechsel. Als Abgrenzung zu anderen Veränderlichen Sternen haben Mirasterne eine Amplitude von mindestens 2,5 mag. und eine Periode von 100 - 1.000 Tagen. Die Periodenlängen von Mirasternen sind nicht stabil. Nach Jahren, in denen die Periode annähernd konstant ist, kommt es zu Änderungen der Periodenlänge, die sowohl kontinuierlich als auch sprunghaft verlaufen können. Sie treten in unregelmäßigen Abständen auf und sind nicht vorhersagbar. Diese willkürlichen Variationen der Periodenlänge werden nicht durch physikalische Veränderungen in den Sternen verursacht. 1934 konnte der Theoretiker STERNE zeigen, dass die Periodenänderungen durch Fehlerakkumulation entstehen können. Das heißt, dass sich (B-R)-Diagramme durch einfache Würfelversuche reproduzieren lassen. Ausnahme sind drei Mirasterne (R Aql, R Hya, T UMi), die ihre Periode stetig mehr oder weniger regelmäßig verringern. Statistische Untersuchungen an diesen Sternen belegen, dass die Periodenänderungen einen physikalischen Ursprung haben und nicht durch willkürliche Streuungen erklärbar sind. Der Auslöser der Periodenverkürzung ist ein sogenannter
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Heliumflash, den Mirasterne mehrmals erleiden. Diese Änderungen in der Energieproduktion äußern sich nach außen
hin als eine mehrere Jahrzehnte andauernde Periodenverkürzung. Unter den Mirasternen, die seit vielen
Abb. 2: (B-R)-Diagramm berechnet mit den Elementen aus dem General Catalogue of Variable Stars (GCVS) 1985.
Abb. 3: B-R Diagramm für die Jahre 1960 bis 2001.
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IMPRESSUM
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Redaktionsliste). Der Redaktionsschluß für die nächste Ausgabe Nr. 10, Winter I / 2003 ist der 7. September 2002.
Mit dem Einsenden gibt der Autor sein Einverständnis zum Abdruck im ,,VdS-Journal für Astronomie". Das Copyright
obliegt den jeweiligen Autoren. Die abgedruckten Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Jahrzehnten regelmäßig beobachtet werden, nimmt W Dra eine Sonderstellung ein. W Dra ist der einzige bekannte Mirastern, dessen Periode sich seit seiner Entdeckung ständig vergrößert hat. Die aus BAV- [1] und AFOEV-Beobachtungen [2] zusammengestellte Lichtkurve der letzten Jahre ist in Abbildung 1 dargestellt. Aus vielen Jahren ergibt sich eine mittlere Helligkeit, die im Maximum 9,8 und im Minimum 14,5 Größenklassen beträgt. Der (M-m)-Wert beträgt 0,43, das heißt der Anstieg zum Maximum ist steiler als der Abstieg zum Minimum. Um Periodenänderungen grafisch darzu-
stellen, werden (B-R)-Diagramme verwendet. Die in Abbildung 2 dargestellte (B-R)Kurve mit den Maxima der letzten 80 Jahre wurde mit den Elementen aus dem GCVS 1985 (Max = 2.442.176 + 278,6*E) berechnet. Das Ergebnis dieser Rechnung ist eine Parabel. Wenn man eine (B-R)-Kurve der letzten Jahre (Abb. 3) betrachtet, findet man bestätigt, dass die Periodenverlängerung beendet ist. Eine weitere Möglichkeit, die Periodenentwicklung darzustellen, ist in Abbildung 4 zu sehen. Die Periodenlängen wurden über den einzelnen Epochen aufgetragen. Um 1920 lag die Periodenlänge von W Dra
bei etwa 260 Tagen und hat sich auf gegenwärtig etwa 280 Tage vergrößert. Die Ursache der langanhaltenden Periodenverkürzung ist noch weitgehend ungeklärt. Nach verschiedenen Modellen folgt einem Heliumflash eine sprunghafte Periodenverkürzung, wie bei den eingangs genannten Sternen. Untersuchungen zufolge soll nach einigen Jahrzehnten die Periode wieder kontinuierlich zunehmen. Möglicherweise ist W Dra ein solcher Mirastern, der sich nach einem Heliumflash vor einigen Hundert Jahren im Stadium der Periodenzunahme befand. Berechnungen zufolge dürfte das diesjährige
Abb. 4: Entwicklung der Periodenlänge von 1921 bis 2001.
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Maximum von W Dra mit dem Erscheinen dieses VdS-Journals zusammenfallen. Um die Periodenverkürzung zu bestätigen, sollte der Veränderliche weiterhin intensiv beobachtet werden. Anhand der Vergleichs-
sternkarte in Abb. 5 kann sich jeder an der Beobachtung beteiligen.
Eine monatlich aktualisierte Lichtkurve ist auf meiner Homepage [3] zu finden.
Literaturhinweise
[1] BAV Homepage http://thola.de/bav.html [2] AFOEV http://cdsweb.u-strasbg.fr/afoev [3] http://www.mirasterne.de
Abb. 5: Zu finden ist W Dra an folgender Position: Rektaszension (2000): 18h 05m 35s, Deklination (2000): +65 Grad 57,3'.
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Die Veränderlichentypen und einige Hinweise zur Beobachtung
von Dietmar Bannuscher und Werner Braune
Veränderliche Sterne gibt es viele und die Bandbreite ihrer Verschiedenheit ist Legion. Nichtsdestotrotz kann man diese Veränderlichen schon grob in zwei Klassen unterteilen: Einmal die Bedeckungssterne, deren Lichtschwankungen nicht durch physikalische Veränderungen in den Sternen selbst zustande kommen. Sie resultieren vielmehr aus der gegenseitigen Bedeckungen der Sternpartner in einem Doppelsternsystem, dessen Rotationsebene zufällig direkt auf die Erde zeigt. Anders die Physischen Veränderlichen, sie zeigen Veränderungen in ihrer Helligkeit, da in ihnen die Materie arbeitet, pulsiert, explodiert oder noch weitere Auswirkungen am Stern zeigt.
Bedeckungsveränderliche Doppelstern- oder gar Mehrfachsysteme gibt es im Weltall zuhauf. Wenn ihre Rotationsebene zur Erde hin orientiert ist, kann der Mensch die gegenseitige Bedeckung der Sterne im System verfolgen. Dies gilt eigentlich nur für spektroskopische Doppelsterne, die so nah beieinander stehen, dass ihre Doppelstruktur ausschließlich im Spektrum sichtbar ist. Die allermeisten Bedeckungssterne stehen eng beieinander, dadurch haben sie auch relativ kurze Perioden von wenigen Stunden bis zu mehreren Tagen. Bei eng verbundenen Systemen genügt sogar nur eine Teilbedeckung, um für den Erdbeobachter einen Helligkeitseinbruch zu bieten (natürlich muss die Rotationsebene schon etwas in Richtung Erde zeigen). Die Umlaufzeiten liegen bei BAV-Programmsternen im
Bedeckungsveränderlichenbereich zwischen 0,3 Tagen (also nur fast 7 Std.) und 6,5 Tagen. Deshalb spricht man hier auch von ,,Kurzperiodischen". Bedeckungssterne mit noch kürzerer Periode gibt es natürlich auch, genau wie die mit wesentlich längerer Periode. Interessant sind nun die gewonnenen Lichtkurven (LK), anhand deren Form und Verlauf auf die Verhältnisse in den Doppelsternsystemen geschlossen werden kann. Je nachdem, ob die Partner gleich- oder ungleichhell sind, ob der eine größer ist, ob einer Materie an den Partner abgibt, oder ob beide Sterne durch die Schwerkraft wie Melonen verformt sind, verändert sich die Lichtkurve und man kann einiges aus ihr herauslesen. Natürlich stehen den Profiastronomen photometrische Lichtkurven und Spektren zur Verfügung. Aber auch der Amateur wird seine Freude an den eigenen Ergebnissen durch das Wissen um die geometrischen Verhältnisse in den beobachteten Systemen noch steigern können. Die Vorhersagen der BAV enthalten neben den Sichtbarkeitsdaten auch Informationen über die Art der Bedeckung, die Höhe des Lichtwechsels (Amplitude), und natürlich auch die Periode. Ebenfalls ist die Dauer der Bedeckung und die Zeit der konstanten Minimalhelligkeit angegeben. Die Minima zeigen unterschiedliche Formen, einige sind spitz (Abb. 1), andere rund und weitere haben ein Minimalplateau, bevor sie wieder ansteigen. Daraus kann auch wieder auf die Verhältnisse im Sternsystem geschlossen werden.
Pulsierende Veränderliche RR-Lyrae-Sterne Verblüffend ist, dass die Pulsation von Einzelsternen auch zu visuell gut beobachtbaren Amplituden von über einer Größenklasse führt (Abb. 2). Dies ist bei den RRLyrae-Sternen der Fall, die wegen ihrer Pulsationsperioden von etwa einem halben Tag zu den kurzperiodischen Veränderlichen gehören. Ausgelöst durch Strahlungsänderungen schwingen Teile des Sterninneren, welche nicht weit unter der Oberfläche liegen, nach oben und unten. Dadurch wird der Stern größer und sogar in der Rückschwingung kleiner als vorher und ändert somit seine Helligkeit. Die Beobachtung des Lichtwechsels erfolgt wie bei den Bedeckungsveränderlichen, nur späht man hier nicht nach einem Minimum, sondern nach einem Maximum der Helligkeitsentwicklung. Dieses Vorgehen ergibt sich einfach daraus, dass hier das Maximum mit einem steilen Anstieg der Helligkeit und einem nachfolgenden etwas langsameren Abstieg viel besser zu erfassen ist als ein Minimum, welches bei diesen Sternen viel langsamer verläuft als gemeinhin bei einem Bedeckungsveränderlichen. Auch hier können die Lichtkurven unterschiedlich ausfallen, der eine Stern steigt schneller aus seinem Minimum als ein anderer. Auch sind die Maxima nicht unbedingt spitz, manche sind rundlich oder doppelt. Der Namensgeber dieser Sternklasse, RR Lyr, hat eine Periode von rd. 0,57 Tagen und erreicht sein Maximum ca. 2,5 Stunden nach dem Minimum. Dies ent-
Abb. 1: LK des Bedeckungsveränderlichen AB And, Markus Schabacher.
Abb. 2: LK des RR-Lyr-Stern, XZ Cyg, Dietmar Bannuscher.
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spricht 0,19 (19 %) der Periode. In den Vorhersagen der BAV wird diese sogenannte (M-m)-Zahl in Periodenanteilen angegeben, so dass sich der Beobachter ausrechnen kann, wie schnell der Stern nach seinem Minimum das Maximum erreicht. Da die Helligkeitsschwankungen bei RR Lyr zwischen 7,0 mag und 8,1 mag stattfinden, ist der Stern sogar ein Feldstecherobjekt. Eine weitere eigenständige Art der pulsierenden Sterne, die jedoch hier bei den RRLyr-Sternen erwähnt werden soll, stellen die Delta-Scuti-Sterne dar. Sie pulsieren noch schneller, brauchen von Maximum bis Maximum nur wenige Stunden. Ein schönes Beispiel ist CY Aqr, der innerhalb von ca. 10 Minuten aus dem Minimum in sein Maximum steigt. Die gesamte Periode beträgt 88 Minuten und dies bei einer Amplitude von fast einer Größenklasse!
Cepheiden Pulsationen von mehreren Tagen mit gut sichtbarem Lichtwechsel führen die Cepheiden aus. Sie sind nach Cephei benannt (3,48 - 4,37 mag, Periode rd. 5,37 Tage), dem ersten entdeckten Stern dieser Art. Da die Wissenschaftler von der Periode auf die absolute Helligkeit dieser Sterne schließen können, sind die Cepheiden als ,,Entfernungsbestimmer" für das Universum bekannt. Die Veränderlichkeit beruht bei diesen Sternen wie bei den RR-Lyrae-Veränderlichen auf Pulsation. Es sind Überriesen mit einer Größe von 10 bis zu 150 Sonnenradien. Die Perioden liegen zwischen 1 und 70 Tagen, die Amplitude beträgt 1 - 2 Größenklassen. Cepheiden können nicht binnen einer Nacht in ihrem vollen Lichtwechsel beobachtet werden, dafür ist die Periode zu lang bzw. ist die Helligkeitsänderung für eine ausreichende Erfassung selbst während der ganzen Nacht zu gering. Aufgrund dessen sollten
sie nur einmal pro
Nacht geschätzt wer-
den. Je nach Karten-
art kann der Beob-
achter dafür die
Pickeringmethode
oder die Argelander-
methode anwenden
(siehe dazu vorange-
stellte Artikel in die-
sem Heft). Mit der
Zeit entsteht so eine
Lichtkurve (Abb. 3),
die allerdings wegen Abb. 3:
der Periodenlänge LK des Delta-Cep-Sterns, RX Aur, Markus Schabacher.
und dem Wetter und
anderen Beobachtungshindernissen oft- den selben Weg, allerdings ohne in das
mals auf einen bestimmten Zeitraum redu- Mirastadium zu gelangen. Einige Mira-
ziert werden muss, d. h. die Schätzungen sterne zeigen im Spektrum Kohlenstoff
werden je nach ihrer Lage innerhalb der oder Stickstoff, sie sind besonders rot.
Periode sortiert und auf den bewussten Neben der BAV hält die AAVSO (die ame-
Zeitraum zurückgerechnet. Ein solches rikanische Veränderlichenorganisation)
Reduzieren ist nur durch die sprichwörtli- eine lange Liste mit Sternen und vor allem
che Gleichförmigkeit der Pulsation bei Karten zu diesen bereit. Die Amplituden
Cepheiden möglich. Für einen Versuch betragen mehrere Größenklassen und die
wird sich Cephei selbst sehr gut anbieten, Perioden liegen meist zwischen 200 - 500
er liegt zirkumpolar, eine Aufsuchkarte fin- Tagen (es gibt natürlich welche, die darüber
det sich in jedem Jahrbuch (z. B. Himmels- oder darunter liegen).
jahr 2002), und seine Helligkeitswerte lassen
sich sogar mit bloßem Auge erfassen.
Halbregelmäßige und RV-Tauri-Sterne
Diese beobachterisch den Mirasternen ver-
Mirasterne
wandten Veränderlichen besitzen oftmals
Sie wurden ausreichend in dem Artikel ,,W eine kürzere Periode und eine Amplitude
Dra" in diesem Heft besprochen, bzw. das von meist bis zu 2 Größenklassen oder
Beobachten dort und in den Schätz- mehr (Abb. 4). Interessant sind hier die
Artikeln erklärt. Grundsätzlich besitzen Verläufe der Lichtkurven. Bei den Halb-
Miras ca. eine Sonnenmasse und befinden regelmäßigen (Semiregulären) verlaufen
sich im asymptotischen ,,Riesenast" im sie je nach Periode und Amplitude flacher
Hertzsprung-Russel-Diagramm (HRD). und schneller als bei den Mirasternen.
Sie pulsieren und stoßen dabei auch viel Andererseits streut die Höhe der Maxima
Materie in den Raum ab. Dadurch bilden mehr als bei diesen, der Stern erreicht also
sie vermutlich Planetarische Nebel und öfters verschiedene Niveaus bei gleichblei-
werden dann zu Weißen Zwergen. Sterne bender Amplitude. Eine ganz besondere
mit mehreren Sonnenmassen durchlaufen Lichtkurve zeigen die RV-Tauri-Sterne.
Abb. 4: LK des Halbregelmäßigen Stern, Z UMa, Günther Krisch.
VdS-Journal Nr. 9
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Dem tiefen Minimum folgt ein Maximum. Danach kommt der Stern in ein flaches Minimum, wiederum von einem Maximum gefolgt. Erst dann stürzt der Veränderliche erneut in sein tiefes Minimum. Es muss gesagt werden, dass hier, im Gegensatz zu den Mirasternen, eine Beobachtung pro Woche nicht ausreichend für eine schön besetzte Lichtkurve ist. Aufgrund der doch weitgehend kürzeren Periode sollte der Beobachter schon zweimal in der Woche den Stern schätzen. Sehr schnell nähert man sich dann dem nächsten Minimum oder Maximum. In die genannte Gruppe fallen auch die unregelmäßig veränderlichen Sterne. Sie zeigen aber eher noch kleinere Amplituden mit oft unregelmäßigen Perioden. Aber gerade dies macht sie zu einer spannenden Sternengruppe, für Überraschung ist immer gesorgt.
Eruptive Veränderliche Veränderliche mit großen Helligkeitsamplituden haben wir schon mit den Mirasternen kennengelernt. Allerdings vollzieht sich diese Veränderung über Monate hinweg. Bei den eruptiven Sternen geht das viel schneller: Eine Explosion treibt die Helligkeit innerhalb von Stunden oder Tagen in beträchtliche Höhen. Jedoch bleibt das Maximum nicht lange erhalten, der Abstieg der Helligkeit erfolgt schnell,
je nach Eruptionstyp in unterschiedlicher Dauer.
Zwergnovae (U-Geminorum-Sterne) Wie der Name schon andeutet, erscheint hierbei ein ,,Neuer Stern", also leuchtet ein bis dahin eher schwacher oder nicht sichtbarer Stern plötzlich viel heller. Im Gegensatz zu den Novae ist die Amplitude nicht so groß, aber dafür leuchtet dieser Stern öfters auf. U Geminorum springt ca. dreimal im Jahr von 14,9 auf 8,2 mag. Andere wie SS Cygni (12,4 - 7,7 mag) leuchten ca. alle 50 - 60 Tage auf. Als Ursache wird ein Doppelsternsystem angenommen, in welchem ein Stern Materie an den Partner abgibt. Das Gas sammelt sich bis zu einem gewissen Grad in einem Gasring an und wird dann durch Aufheizung explosionsartig gezündet. Das Ganze passiert öfters im Laufe eines Jahres. Die Abstände sind abhängig von der Größe des sammelnden Begleiters und der Abgabemenge des Materieverlierers. So schnell der Helligkeitsausbruch gekommen ist, genauso rasch gelangt der Stern wieder zu seiner Ursprungshelligkeit zurück.
Novae Hierbei sammelt ebenfalls ein Partner in einem Doppelstern Materie auf, die der
Begleiter abgibt. Im Gegensatz zu den Zwergnovae reichert sich das Gas auf dem Stern selbst an und wird bei entsprechender Menge auf einen Schlag von Wasserstoff in Helium umgewandelt. Damit leuchtet das Sternsystem plötzlich viel heller als sonst, da die Amplituden meist 8 mag und mehr betragen, gibt es für die Vorgängersterne unmittelbar keine Angaben. Der Überraschungseffekt über einen solchen Ausbruch ist zumeist sehr groß (d. h., es geht so schnell), dass es trotz internationaler Alarmsysteme und unermüdlich systematisch suchender Amateure fast nie gelingt, die Novae im Anstieg zu beobachten. Nach dem Maximum beginnt ein zunächst schnellerer, dann immer langsamer werdender Helligkeitsabfall. Einige Novae sind schon zwei- oder dreimal aufgeleuchtet, in Abständen von meist Jahrzehnten oder Jahrhunderten. Auch liegen die Novae in der Ruhephase nicht immer jenseits der Amateurteleskope, in mittleren Geräten zeigt z. B. die ehemalige Nova GK Per immer wieder kleine, aber sichtbare Helligkeitsschwankungen (Abb. 6).
Supernovae Sterne, die als Supernovae explodieren, vernichten sich selbst. Massereiche Sterne wandeln sich zum Ende der Sternentwicklung nicht wie sonnenähnliche Sterne
Abb. 5: LK der Zwergnova SS Cyg aus Beobachtungen der BAV und des VSNET, Zusammenstellung Thorsten Lange.
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Abb. 6: LK der Nova 2001 # 2 Cyg - (V 2275 Cygni), Zusammenstellung Thorsten Lange.
nach Abgabe der äußeren Hülle in Weiße Zwerge, sondern ihre Kerne fallen mit Beendigung der Energieerzeugung in sich zusammen. Der Kollaps ist so kräftig (abhängig von der Masse, welche die Gravitationskraft bestimmt), dass die Materie unheimlich stark zusammengepresst wird. Millionen und Milliarden von Tonnen stürzen in Sekundenschnelle ineinander. Nach der enormen Kompression federt der Kern etwas zurück und schleudert die langsamer einfallenden äußeren Hüllen und Schichten ins Weltall hinaus. Energie in allen Wellenlängen wird ausgeworfen, unter anderem auch Licht. Der Stern erreicht Amplituden von 14 - 16 mag. Wichtig hierbei: die Supernova ist kein Veränderlicher wie die pulsierenden oder eruptiven Sterne, sie stellt das Ende eines Sterns dar. Der Name ,,Super"-Nova bezieht sich nur auf die Erscheinung des Helligkeitsverlaufs. Natürlich können auch Sterne in einem Doppelsternsystem als Supernova explodieren. Einmal, wenn sie sowieso massereich sind, unter Umständen aber auch als Weißer Zwerg, der soviel Materie von seinem Begleiter einfängt, dass die Massegrenze für den Kernkollaps erreicht wird und mit der stark erhöhten Masse die inneren Abstoßkräfte der Atomteilchen untereinander überwindet.
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Ähnlich wie bei den Novae kommt es zu einem zügigen und starken Helligkeitsanstieg, der erst schnell und dann immer langsamer abflaut. Anhand der Lichtkurve können die Astronomen zwischen einer Supernova eines Einzelsterns und der eines Weißen Zwerges in einem Doppelsternsystem unterscheiden.
R-Coronae-Borealis-Sterne Wer dachte, die Eruptiven Sterne bieten nur Helligkeitsexplosionen, kann mit den R-CrB-Sternen das Gegenteil beobachten. Bei diesen Veränderlichen sinkt die Helligkeit rapide in unregelmäßigen Abständen. Grund dafür sind riesige Rußwolken, die ein Roter Riese auswirft, wenn er an seiner Oberfläche viel Kohlenstoff zeigt. Diese Wolken können in kurzer Zeit den Stern bedecken und zu einem erheblichen Helligkeitseinbruch führen. Der Namensgeber R Coronae Borealis bietet normalerweise eine Helligkeit um 6 mag (von minimalen Schwankungen abgesehen), kann aber bei einer Verrußung bis auf 15 mag abfallen. Die Lichtkurve ist unregelmäßig eingeschnitten, manchmal mehrmals hintereinander, dann wieder für lange Zeit im Maximallicht (Abb. 7). Der Stern lässt sich gut mit einem Feldstecher überwachen, der Abstieg kann mit dieser
Optik auch anfänglich weiterverfolgt werden.
Zusammenfassung Der Artikel kann nur grobe, aber sicher für das Verständnis der verschiedenen Lichtwechselursachen ausreichende Informationen geben. Natürlich werden für alle aufgeführten Arten eine Menge weiterer Einteilungen vorgenommen, die sich auf eine etwas andere Physik oder auf das veränderte Verhalten der Lichtkurven beziehen. Die BAV hilft gerne mit Detailwissen weiter und kann dem geneigten Beobachter viele (Start-)Hilfen, weiterführende Broschüren und Auswertungsunterstützung anbieten. Selbst ein nur kurzer Blick in dieses vielleicht neue Gebiet kann viel Freude bereiten, denn: der Sternpunkt lebt!
Literaturhinweise [1] Hoffmeister, Richter, Wenzel, 1990:
Veränderliche Sterne, J. A. Barth, Leipzig [2] Murdin Paul, 1991: Flammendes Finale,
Birkhäuser Verlag, Basel [3] Kaler James B., 1994: Sterne und ihre
Spektren, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg [4] Kaler James B., 1994: Sterne, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg [5] Broemme, Braune, Fernandes, Hübscher, 1983: BAV-Einführung, Hrsg: BAV
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Abb. 7: LK des Prototyps R-Coronae-Borealis während mehrerer Minima, Frank Vohla.
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BAV - Bundesdeutsche Arbeitsgemeinschaft für Veränderliche Sterne e.V.
Adressen und Kontaktmöglichkeiten
Allgemeine Fragen und Beobachtungen: BAV, Munsterdamm 90, 12169 Berlin, Werner Braune, 2. Vorsitzender, E-Mail: braune.bav@t-online.de Internet: http://thola.de/bav.html
Sektionen:
Bedeckungsveränderliche: Kurzperiodische Pulsationssterne: Mirasterne: Halb- und Unregelmäßige: Kataklysmische und Eruptive: Auswertung und Publikation von Beobachtungen: CCD-Beobachtungen: Karten - AAVSO-Karten:
Helmut Busch, Nordstr. 18, 04746 Hartha Anton Paschke, Weierstr. 22b, CH-8630 Rüti, E-Mail: anton@paschke.com Hartmut Goldhahn, Schloßstr. 2, 01847 Lohmen, E-Mail: h.goldhahn@online.de Bela Hassforther, Ringstr. 27, 69115 Heidelberg, E-Mail: bela1996@aol.com Thorsten Lange, Plesseweg 77, 37120 Bovenden, E-Mail: tl@thola.de
Joachim Hübscher, Marwitzer Str. 37a, 13589 Berlin, E-Mail: joachim.huebscher@t-online.de Wolfgang Quester, Wilhelmstr. 96 - B13, 73730 Esslingen, E-Mail: wquester@aol.com Kerstin und Manfred Rätz, Stiller Berg 6, 98587 Herges, E-Mail: mraetz.herges@t-online.de
Erste Schritte in der Veränderlichenbeobachtung mit CCD, RW Cnc
von Josch Hambsch
Meine eigentlichen Interessensgebiete in der Astronomie sind die Astrofotografie und Beobachtung von Deep-Sky-Objekten und im Besonderen die sogenannten Hickson-Gruppen und Planetarischen Nebel. Aber seitdem ich eine feste Sternwarte habe und nicht jeder Abend sich zur Beobachtung oder Fotografie der lichtschwachen Objekte eignet, habe ich auch angefangen mir Veränderliche anzuschauen. Das freut insbesondere die Veränderlichenbeobachter innerhalb unseres Astronomieklubs hier in Mol, Belgien. Unser Klubmitglied Eric Broens ist dabei noch Vorsitzender der belgischen Veränderlichenbeobachter. Nachdem ich ein bisschen im Internet herumgesurft bin, wobei ich mir natürlich zuerst die Seiten der AAVSO angeschaut habe, stieß ich auf die Seite der deutschen Veränderlichenbeobachter (BAV). Speziell auf der Seite der kurzperiodischen Veränderlichen gab es eine Liste mit den Veränderlichen, von denen Beobachtungen erwünscht sind. Meine Wahl fiel auf den Veränderlichen RW Cnc im Sternbild Krebs mit einer Periode von 0,5472 Tagen. Ich beobachtete den Veränderlichen bisher in der Periode März - April 2002, in Nächten, die entweder durch den Mond
oder durch hochliegende Bewölkung nicht für die Deep-Sky-Fotografie brauchbar waren. Sterne lassen sich unter diesen Bedingungen jedoch ohne Probleme mit der CCD-Kamera aufnehmen. Als Beobachtungsgerät wurde ein 40 cmHypergraph bei f/8 zusammen mit einer ST8 NABG CCD-Kamera eingesetzt. Eine typische Aufnahme des Feldes des Veränderlichen und zweier Vergleichsterne ist in Abb. 1 zu sehen. Die Helligkeit von RW Cnc beträgt ca. 12 mag und die Helligkeitsschwankungen belaufen sich auf ca. 1,5
Magnituden. Die Aufnahmen wurden entweder 2 oder 3 Minuten belichtet und dann wurde ebenso lange gewartet bis zur nächsten Aufnahme. So entstanden Serienaufnahmen, die nach Korrektur von Biasund Dunkelbildaufnahmen zur Weiterverarbeitung in AIP4WIN aufbereitet wurden. Zuerst dachte ich, die Bearbeitung der vielen Aufnahmen wird mindestens so viel Zeit beanspruchen wie die Aufnahmen selbst und dies schreckte mich erst einmal ab. Als ich dann aber erfuhr, dass mit der Software AIP4WIN, die Photometrie von
Abb. 1: Typische Aufnahme des Feldes mit dem Veränderlichen (markiert) und zweier Vergleichssterne.
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Abb. 2: Momentaufnahme von AIP4WIN, nachdem eine Aufnahmeserie bearbeitet war.
Serienaufnahmen zum Klacks wird, beschäftigte ich mich intensiver mit dem Veränderlichen. Abb. 2 zeigt einen Screenshot von AIP4WIN, nachdem eine Aufnahmeserie bearbeitet war. Man sieht sofort die Lichtkurve des Veränderlichen im Vergleich zu den beiden Vergleichssternen. Nachdem ich meine ersten Ergebnisse an Eric zur weiteren Analyse geschickt hatte, bekam ich als Frage zurück, ob ich denn alles richtig machen würde. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass die beobachteten Maxima in der Höhe nicht gleich waren. Da weder ich noch Eric mit so etwas gerechnet hatten, waren wir erst einmal einige Zeit ratlos. Ich schaute mir noch einmal meine Aufnahmen an und Eric durchforstete das Internet. Meine Aufnahmen ergaben immer denselben Effekt unabhängig von der Wahl der Vergleichssterne. Eric wurde im Internet fündig, dass dieser Stern den sogenannten Blazhko-Effekt zeigte, eine sich ändernde Maximalhelligkeit. Nun erinnerte ich mich daran, das auch auf der BAV-Homepage gelesen zu haben. Nun war Eric Feuer und Flamme und ermunterte mich den Stern weiter zu photometrieren. Leider machte das Wetter nicht mehr mit und auch der Redaktionsschluss für diese Ausgabe des VdS-Journals kam dazwischen. Also unser bisheriges Ergebnis ist in der Lichtkurve in Abb. 3 zusammengefasst. Bisher haben wir eine
Variation der Maximalhelligkeit von ca. 1 Magnitude beobachtet. Im Minimum ergaben sich zwei unterschiedliche Verläufe. Wir werden in jedem Fall versuchen, diesen interessanten Veränderlichen weiter zu beobachten. Ich habe mir in der Zwischenzeit schon einige weitere Kandidaten aus den Beobachtungslisten der BAV herausgesucht. Und ich hoffe diese in den nächsten Monaten verfolgen zu können. Ich hoffe auch zumindest mit meinem Beitrag gezeigt zu haben, dass es auch für den Nicht-Veränderlichenbeobachter so wie mich interessant sein kann, in diesen Zweig
der Astronomie hineinzuschnuppern. Besitzer einer CCD-Kamera können so auch die weniger guten Nächte mit durchwachsenem Himmel nutzen. Ich würde mich auf Zuschriften von der Leserschaft freuen (am besten per E-Mail).
hambsch@pandora.be http://users.pandora.be/hambsch/
Abb. 3: Phasendiagram von RW Cnc, berechnet aus den Beobachtungen im Zeitraum März - April 2002. Auffallend die unterschiedlichen Maxima und Minima.
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,,Projekt Zwerggalaxien" angelaufen
von Peter Riepe und Wolfgang Steinicke
Im VdS-Journal I / 2002 wurde auf Seite 40 das Gemeinschaftsprojekt Zwerggalaxien der Fachgruppen Deep-Sky und Astrofotografie vorgestellt. Anlässlich der 4. Deep-Sky-Tagung vom 19.-21. April 2002 auf dem Eisenberg (siehe Beitrag in diesem Journal) haben sich Mitglieder dieser beiden Fachgruppen zusammengesetzt (Abb. 1, Abb. 2) und das Projekt vorstrukturiert. Dabei entstand die hier abgedruckte Objektliste mit 15 ausgesuchten Dwarfs. Diese wurden nach den im Kasten aufgeführten Kriterien festgelegt. Da viele Amateure inzwischen auch AstroExkursionen auf die Südhalbkugel unternehmen, sind auch Zwerggalaxien des Südhimmels mit in die Projektliste einbezogen.
Abb. 1: Während der diesjährigen Deep-Sky-Tagung auf dem Eisenberg legten aktive Mitglieder beider Fachgruppen die Zielobjekte des Projekts fest.
Kriterien zur Auswahl der Zwerggalaxien
a) Flächenhelligkeit - Welche Zwerggalaxien sind überhaupt erreichbar, im Hinblick auf Teleskop und Himmelsqualität?
b) Morphologie - Was kann visuell und fotografisch über Gestalt und Struktur ausgesagt werden?
c) Interstellare Materie - Können HII-Regionen und/oder Dunkelwolken nachgewiesen werden?
d) Sternentstehungsgebiete - Sind helle Assoziationen oder sogar Superstarcluster beobachtbar?
e) Sterne - Können nahe Dwarfs fotografisch möglicherweise in Einzelsterne aufgelöst werden?
Die ,,Projektzwerge" WLM Das Wolf-Lundmark-Melotte-System (WLM) ist eine irreguläre Zwerggalaxie, relativ hell und gefüllt mit zahlreichen nicht allzu hellen HII-Regionen. Sie sollte sich mit größeren Teleskopen in die hellsten Sterne auflösen lassen. Von der Deklination her steht WLM zwar ziemlich niedrig, kann aber auch von Deutschland aus beobachtet werden.
IC 10 IC 10 ist ein irregulärer Zwerg mit einigen mäßig hellen HII-Regionen und Dunkelwolken. Wie weit lassen sich die Außengebiete dieser sehr zerklüfteten Zwerggalaxie nachvollziehen?
Cam A Extrem lichtschwach ist Camelopardalis A (Cam A), eine erst 1999 gefundene irreguläre Zwerggalaxie der Lokalen Gruppe. Ihre Beobachtbarkeit (visuell bzw. fotografisch) ist sicherlich eine Herausforderung, und an Details ist wohl nicht zu denken.
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NGC 1569 Die ,,Starburst-Galaxie" NGC 1569 hat eine hohe Flächenhelligkeit, in ihr gibt es zwei Superstarcluster von etwa 15 mag. Mit welchen Teleskopen können diese Objekte nachgewiesen werden?
II Zw 40 Bei II Zw 40 handelt es sich um einen ,,Blue Compact Dwarf", zwei Galaxien kollidieren hier miteinander. Können Amateure Wechselwirkungsphänomene wahrnehmen, zumal das Objekt einen sehr kleinen scheinbaren Durchmesser besitzt?
NGC 2366 NGC 2366 besitzt eine langgestreckte Form sehr geringer Flächenhelligkeit, dazu aber zwei helle, extrem große HIIRegionen. Kann man sie sehen oder fotografieren, eventuell mit Filter?
Ho IX Holmberg IX, sehr nahe an M 81 und sehr lichtschwach, hat als magellanscher Zwerg eine sehr zerrissene Gestalt. Was kann hier
Abb. 2: Die Hotelleitung hatte die Gartenanlage unserem Dwarf-Projekt angepasst ...
an Details wahrgenommen werden?
NGC 3109 Nur von der Südhalbkugel aus lässt sich NGC 3109 bobachten. Diese langgestreckte Zwerggalaxie ist in unserer Liste das Objekt mit dem größten scheinbaren Durchmesser, ihre Flächenhelligkeit ist aber sehr gering.
NGC 3077 NGC 3077 zählt zu den amorphen Systemen mit hellem Kern. Interessant ist hier eine Untersuchung der unmittelbaren Umgebung, denn es gibt Sternentstehungsgebiete, die auf Gezeiteneffekte mit M 81 zurückgehen.
NGC 2475 Auch NGC 2475 gehört der M 81-Gruppe an, ist sehr groß, weist kleine, hellere HIIRegionen auf sowie eine unausgeprägte,
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Objekt
WLM IC 10 Cam A NGC 1569 II Zw 40 NGC 2366 Holmberg IX NGC 3109 NGC 3077 IC 2574 Leo II GR 8 UGCA 320 IC 5152 And VII
Zweitname
DDO 221 PGC 1305 [KK98] 041 PGC 15345 PGC 18096 DDO 42 DDO 66 DDO 236 PGC 29146 DDO 81 DDO 93 DDO 155 DDO 161 PGC 67908 Cas Dwarf
(2000)
00 01 58.2 00 20 17.3 04 25 16.3 04 30 49.0 05 55 42.8 07 28 47.6 09 57 32.0 10 03 06.7 10 03 20.7 10 28 21.2 11 13 29.2 12 58 40.4 13 03 16.8 22 02 41.9 23 26 31.0
-15 27 39 +59 18 14 +72 48 21 +64 50 53 +03 23 30 +69 11 39 +69 02 45 -26 09 32 +68 44 04 +68 24 43 +22 09 17 +14 13 03 -17 25 23 -51 17 44 +50 41 31
Typ
(')
IB(s)m dIrr Irr IBm starburst BCD HII Sbc IB(s)m Im SB(s)m I0 pec HII SAB(s)m dSph ImV IB(s)m sp IA(s)m dSph
11.5 _ 4.0 6.3 _ 5.1 3.7 _ 2.1 3.6 _ 1.8 0.56 _ 0.22 8.1 _ 3.3 2.5 _ 2.0 19.1 _ 3.7 5.4 _ 4.5 13.2 _ 5.4 12.0 _ 11.0 1.1 _ 1.0 8.0 _ 1.1 5.2 _ 3.2 2.5 _ 2.0
Vmag
11.0 11.8 14.8 11.9 15.5 11.4 14.3 10.4 10.6 10.8 12.6 14.7 13.8 11.1 12.9
FLH 20.36+-0.05 22.1+-0.4
22.53 (m)
23.84 (m)
23.6+-0.2(B) 22.64 (m)
24.0+-0.3 22.3+-0.2 24.41 (m) 22.61 (m)
D (kpc)
925 825
v = -104 v = 789 v = 100 v = 207 1250 v = 14 v = 57 205 1590 v = 744 1590 690
Gruppe LG M 31
M 81 NGC 3109
M 81 MW Vir/LG
LG (?) M 31
Liste zum Projekt ,,Zwerggalaxien". Koordinaten, Typ, scheinbarer Durchmesser und scheinbare Helligkeit sind [1] entnommen. Die Flächenhelligkeiten entstammen teils [2] und geben die mittlere FLH für den Zentralbereich an, teils [3] (mit ,,m" dahinter) für die mittlere FLH innerhalb der 25-mag-Isophote. Die Distanzen D (kpc) lieferte wieder [2]. Falls keine Distanzangabe zu finden war, wurde die heliozentrische Radialgeschwindigkeit in km/s eingesetzt. In ,,Gruppe" steht die Zugehörigkeit: LG = Lokale Gruppe, MW = Milchstraße.
Abb. 3: Holmberg I ist eine irreguläre Magellansche Zwerggalaxie der M81Gruppe mit extrem geringer Flächenhelligkeit. Aufnahme vom 4.3.2002, 300 mmNewton f/4,9 (LOMO), Belichtung 6 - 300 s ab 20:10 UT, Bildautor:
Josef Müller.
Abb. 4: Holmberg IV, eine Zwerggalaxie vom Typ IB(s)m. Ihr Balken verleiht dem Objekt den Eindruck einer Galaxie in Kantenlage, ähnlich wie bei der bekannten NGC 55 im Sculptor. Aufnahme vom 2.3.2002, 300 mm-Newton f/4,9 (LOMO), Belichtung 6 - 300 s ab 21:46 UT, Bildautor:
Josef Müller.
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sehr lichtschwache Spiralstruktur.
Leo II Leo II zählt zu den sphäroiden Dwarfs. Ihr scheinbarer Durchmesser ist zwar recht groß, aber die extrem geringe Flächenhelligkeit wird möglicherweise vielen Beobachtern Grenzen setzen. Wie wird diese Galaxie in unterschiedlich großen Teleskopen wahrgenommen?
GR 8 GR 8 ist ein kleines irreguläres System mit geringer Flächenhelligkeit. Was wird man hier erkennen können?
UGCA 320 Die spindelförmige UGCA 320 steht wie auch WLM in niedrigen Deklinationen. Markant ist die sehr flache Scheibe und mehrere Knoten im Zentrum.
IC 5152 IC 5152, wiederum ein sehr südliches Objekt, verfügt als Starburst-Galaxie über eine recht hohe Flächenhelligkeit.
And VII Andromeda VII schließlich dürfte - obgleich erst 1999 entdeckt - auch für Amateur-Teleskope eine der fotografisch gerade noch ,,machbaren" sphäroiden Zwerggalaxien in der M 31-Gruppe sein.
Kontaktadressen für das Projekt ,,Zwerggalaxien"
VdS-Fachgruppe Astrofotografie c/o Peter Riepe Lortzingstr. 5, 44789 Bochum pri@bfw-dortmund.de
oder VdS-Fachgruppe Deep-Sky Wolfgang Steinicke Gottenheimer Str. 18, 79224 Umkirch fgleitung@naa.net
Ob sich auch visuelle Beobachtungserfolge einstellen?
Mit diesem Fachgruppenprojekt sprechen wir nicht nur die Fachgruppenmitglieder an, sondern auch alle anderen Interessenten, die mitmachen möchten. Die DwarfBeobachtung ist sowohl visuell als auch fotografisch ein höchst vielseitiges Betätigungsfeld. Wer sich am Projekt beteiligen möchte, wende sich je nach seinem Arbeitsschwerpunkt (Fotografie, visuelle Beobachtung) an die Fachgruppenleitungen, damit der weitere Projektverlauf geplant werden kann. Bitte informieren Sie uns über Ihre teleskopischen und technischen Voraussetzungen. Anschriften finden Sie im Kasten. Die Projektdauer wird bis Mai 2004 veran-
schlagt. Was man fotografisch erreichen kann, zeigen Abb. 3 und Abb. 4. Beobachtungsergebnisse (Zeichnungen, Daten und Kommentierungen) bitte an die VdSFachgruppe Visuelle Deep-Sky-Beobachtung senden, Aufnahmen (Fotos / CCDFiles und Aufnahmedaten) bitte an die Fachgruppe Astrofotografie weiterreichen. Zu gegebener Zeit wird ein Bericht zum Thema ,,Die Beobachtung von Zwerggalaxien durch Amateure" folgen. Ihre Ergebnisse (visuelle Beobachtungen und fotografische Resultate) werden so weit wie möglich einbezogen. Übrigens: Wer über die 15 Projektgalaxien hinaus weitere Dwarfs beobachten möchte, erhält bei den Fachgruppen auch eine ausführliche Liste mit insgesamt 95 Objekten oder schaue auf die Homepage der Fachgruppe Astrofotografie: http://www.vds-astro.de/fg-astrofotografie/ Viel Erfolg bei der Zwergenjagd!
Literaturhinweise
[1] NASA Extragalactic Database, http://nedwww.ipac.caltech.edu/
[2] Mateo, M., 1998: Dwarf galaxies of the Local Group; Annual Rev. Astron. Astrophys. 36, 435
[3] LEDA-Datenbank: http://leda.univlyon1.fr/leda/cgi-bin/
Rauschreduzierung in CCD-Aufnahmen
von Dennis Möller
- Teil 1 -
Die Nachweisgrenze von lichtschwachen Objekten in astronomischen CCD-Aufnahmen ist durch ihr Signal-zu-RauschVerhältnis (im folgenden als S/NVerhältnis bezeichnet) gegeben. Dieser Zahlenwert legt quantitativ fest, wie deutlich sich ein Objekt vom stets verrauschten Hintergrund einer Aufnahme abhebt und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit keine zufällige Häufung erhöhten Signals benachbarter Pixel darstellt. Auch für das ästhetische Empfinden eines Bildes spielt das S/N-Verhältnis eine wichtige Rolle, in erster Linie allerdings mehr qualitativ als quantitativ. Die zentrale Frage, der sich jeder CCDFotograf ausgesetzt sieht, lautet: Wie hole ich das letzte aus meinen Aufnahmen heraus? Oftmals ist die Beobachtungszeit
knapp und man möchte nach Möglichkeit viele Aufnahmen in einer Nacht schaffen. Zudem sind die Himmelsbedingungen in Deutschland nicht die besten, und Streulicht reduziert den Kontrast zwischen Objekt und Himmelshintergrund. Dies kann nur in begrenztem Maße mit zusätzlicher Belichtungszeit oder speziellem Filtereinsatz ausgeglichen werden [1], [2]. Aber man kann noch mehr tun, als nur noch länger zu belichten. Nämlich die Theorie bemühen und schauen, mit welcher Aufnahmestrategie das Rauschen im Endresultat möglichst klein gehalten werden kann. Gleichzeitig kann analysiert werden, mit welcher Strategie wie viel Belichtungszeit gespart werden kann.
Der Begriff des Rauschens Als Rauschen bezeichnet man die zufällige Variation des registrierten Signals um einen mittleren Wert [3]. Nimmt man mit
einer CCD-Kamera (die in diesem Beispiel idealerweise keinen Dunkelstrom produziert, keine Empfindlichkeitsvariationen besitzt und selbst kein Rauschen erzeugt) eine gleichmäßig beleuchtete Fläche auf und betrachtet Pixel für Pixel die gemessene Intensität, wird man feststellen, dass die Werte trotzdem schwanken. Nachfolgende Aufnahmen, die unter gleichen Bedingungen angefertigt wurden, würden zudem zeigen, dass die gemessenen Intensitäten auch bei ein und demselben Pixel von Aufnahme zu Aufnahme variieren. Erklären lässt sich dieses Verhalten durch die Teilchennatur des Lichtes. Die Photonen einer Lichtquelle treffen den Detektor nicht in zeitlich geordneter Weise, also mit einer festen Anzahl pro Flächeneinheit, sondern mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit: Mal treffen pro Zeitund Flächeneinheit mehr Photonen den Detektor, mal weniger.
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Es liegt auf der Hand, dass die Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte Anzahl von Photonen bei gegebener Intensität innerhalb einer bestimmten Fläche zu detektieren, zunimmt, wenn länger belichtet wird. Oder andersherum ausgedrückt: Die Wahrscheinlichkeit, eine bestimmte Anzahl von Photonen innerhalb einer bestimmten Fläche und innerhalb eines bestimmten Zeitintervalls zu detektieren, steigt mit zunehmender Lichtintensität. Die Wahrscheinlichkeit nimmt zu, und damit die Unsicherheit - sprich: das Rauschen - ab. Mathematisch lässt sich das wie folgt ausdrücken. Sei S das gemessene Lichtsignal, so gilt für die Unsicherheit N (Noise = Rauschen) dieses Signals:
N=S
(1)
Detektiert ein Pixel eines CCD-Chips also 100 Photonen (S = 100), beträgt die Unsicherheit dieses Signals N = 100 = 10. Bei S = 1.000.000 Photonen beträgt N = 1.000. Was gibt dieses Rauschen N aber nun an? N ist ein Wahrscheinlichkeitsmaß. Es gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Pixel eine bestimmte Intensität detektieren. Wird beispielsweise eine zu messende Lichtintensität vorgegeben, bei der die Pixel im Mittel 100 Photonen detektieren (also Smittel = 100), so werden die einzelnen gemessenen Werte um diesen Mittelwert streuen - betragen beispielsweise mal 91 Photonen, mal 102 und ein ande-
res Mal auch 111 Photonen. Eine statistische Auswertung der Messwerte vieler Pixel (oder vieler Messungen) würde ergeben, dass die unterschiedlichen Intensitäten einer Poissonverteilung gehorchten. Die meisten Pixel hätten mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit in der Tat die 100 vorgegebenen Photonen detektiert. Die übrigen Pixel hätten mit geringeren Wahrscheinlichkeiten andere Photonenzahlen registriert. In jedem Falle entspräche die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Glockenkurve, deren Maximum bei 100 Photonen läge. Um dies an einem realen Beispiel festzumachen, zeigt die Abbildung 1 den stark vergrößerten Ausschnitt aus einem CCDBild. Die Intensität wurde so skaliert, dass die Intensitätsvariationen der 20 x 20 Pixel leicht zu erkennen sind. Die statistische Auswertung des Ausschnitts zeigt die Abbildung 2. Hier wurden Helligkeitsklassen über zehn Graustufen gebildet und die Anzahl der Pixel ermittelt, die in die einzelnen Klassen fallen. Diese Anzahlen wurde dann über die Helligkeitsklassen in einem Histogramm aufgetragen. Deutlich ist die glockenförmige Verteilung der Intensitätswerte zu erkennen. Zurück zu der Bedeutung von N: Der Zusammenhang zwischen N und dieser Verteilung ist nun, dass N der Standardabweichung s dieser Verteilung entspricht. Das heißt, 68 % aller gemessenen Werte liegen innerhalb des Intensitätsintervalls von (S +- N) Photonen, bezogen auf das Beispiel mit S = 100
Photonen also (100 +- 10) Photonen. Damit ist ein festes quantitatives und vereinheitlichtes Beurteilungskriterium gegeben, das zur Beschreibung des Rauschens herangezogen werden kann.
Das Signal-zu-Rausch-Verhältnis Das S/N-Verhältnis ist wie folgt definiert: S/N-Verhältnis = S / N. Wird für N die Gleichung (1) eingesetzt, folgt daraus
S / N = S / S = S
(2)
Obwohl mit zunehmendem Signal S auch der Absolutbetrag des Rauschens N ansteigt, bedeutet dies nicht, dass das Rauschen das Signal immer in gleichem Verhältnis beeinträchtigt. Denn das Rauschen entwickelt sich langsamer als das Signal, nämlich nur Wurzel-mal so schnell, entsprechend Gleichung (1). Der Abstand zwischen Signal und Rauschen wird mit ansteigendem Signal stetig größer. In Relation zueinander gebracht - wie in der Gleichung (2) - bedeutet dies: Bei einem Signal von S = 100 beträgt das S/N-Verhältnis 10, bei einem Signal von S = 1.000.000 beträgt das S/N-Verhältnis 1.000 und ist damit deutlich besser.
Rauschquellen Rauschquellen gibt es viele in der CCDTechnik. Eine dieser Quellen wurde gerade behandelt: das Rauschen des eigentlichen Lichtsignals, das durch die Teilchennatur des Lichtes zustande kommt, das Photonenrauschen. Weitere Rauschquellen sind
Abb. 1: Abbildungen 1a (links) und 1b (rechts): Rauschen eines 20 x 20 Pixel großen Feldes aus einer CCD-Aufnahme mit zugehöriger statistischer Auswertung über Helligkeitsklassen (Peter Riepe).
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das Verstärkerrauschen, das Dunkelstromrauschen, das Ladungstransportrauschen, das Quantifizierungsrauschen etc. Sie alle beeinflussen in mehr oder weniger starkem Maße das Rauschen in einer Aufnahme. Die einzelnen Rauschwerte Ni ergeben entsprechend nachfolgender Gleichung (3) das Gesamtrauschen Nges:
Nges = (N12 + N22 + ... + Nn2)
(3)
Die Kunst bei der Entwicklung neuer Detektoren, dem zugehörigen elektrischen
Design und dem Einsatz der fertigen Kamera ist es nun, die einzelnen Rauschanteile so klein wie irgend möglich zu halten. Und das endet nicht bei der Bildgewinnung... Wie das Rauschen nun in der Praxis verringert werden kann, wird in Teil 2 berichtet werden.
Literaturhinweise
[1] Witt, V., 2000: CCD-Aufnahmen ohne Leitstern - oder die Frage nach Belichtungszeit und Grenzgröße, Teil 1, VdS-Journal I-2000 (Sommer), 37
[2] Witt, V., 2001: CCD-Aufnahmen ohne Leitstern - oder die Frage nach Belichtungszeit und Grenzgröße, Teil 2, VdS-Journal I-2001 (Sommer), 57
[3] Buil, C., 1991: CCD-Astronomy, Construction and Use of an Astronomical CCD Camera, Willmann-Bell, Richmond, 43
Einstieg in die Fotografie von Milchstraßenfeldern
von Werner E. Celnik
- Teil 1 -
Abhängig vom Standort des Beobachters ist das Band der Milchstraße mehr oder weniger gut zu sehen. Dabei ist das Band stark strukturiert in helle Sternwolken und dunkle Staubgebiete. An sehr guten Standorten im Hochgebirge oder in den großen Wüstengebieten der Erde wird in der Nacht die Umgebung erkennbar heller beleuchtet, wenn die hellen Milchstraßenwolken im Sternbild Sagittarius (Schütze) über den Horizont treten. An Standorten in Stadtnähe ist der Beobachter schon glücklich, wenn er die hellsten Partien der Milchstraße überhaupt erahnen kann (Abb. 1). Dennoch: Versuche, die Milchstraße auf Film abzulichten, lohnen sich immer. Dieser Beitrag wendet sich an den Einsteiger in die Astrofotografie.
ganzen Sternbild Orion verbreiteten Nebelmassen, die Nebelregion im südlichen Ophiuchus und nördlichen Scorpius. Interessant sind aber auch Felder mit zahlreichen Sternhaufen, wie z. B. die offenen Sternhaufen M 6 und M 7 und die
Kugelhaufen M 22 und M 28 im Sagittarius, der Kugelhaufen M 13 im Hercules, der Doppelsternhaufen h und chi im Perseus, die Sternhaufen M 36, M 37 und M 38 im Auriga (Fuhrmann). Andere Felder dokumentieren die Struktur der
Welche Milchstraßenfelder sind interessant für die Fotografie? Wir beschränken uns auf die am Nordhimmel sichtbaren Partien. Am lohnenswertesten sind Felder mit hohen Helligkeitskontrasten, wie z. B. die hellen Sternwolken in den Sternbildern Cygnus (Schwan), Sagittarius, Scutum (Schild, Abb. 3), oder die großen dichten Dunkelwolken in den Sternbildern Ophiuchus (Schlangenträger) mit der ,,E-förmigen Dunkelwolke" (Abb. 4), Sagittarius oder Cepheus mit dem ,,nördlichen Kohlensack". Aber auch Felder mit großen Gasnebeln mit hohen Farbkontrasten, wie z. B. Lagunennebel (M 8) und Trifidnebel (M 20) im Sagittarius, die ausgedehnte Nebelregion mit dem Nordamerikanebel (NGC 7000) im nördlichen Cygnus, die im
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Abb. 1: In Stadtnähe stößt die Fotografie der Milchstraße schnell an Grenzen. Viel mehr ist aus diesem Bild wohl nicht mehr herauszuholen. W. E. Celnik und P. Riepe belichteten 2 Minuten auf ISO 160-Farbdiafilm bei Blende 1,4.
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Abb. 2: So könnte man mit auf einer Transparentfolie eingezeichneten Gesichtsfeldern der Kamera bei verschiedenen Brennweiten Milchstraßenaufnahmen planen, indem man die Folie auf das Blatt eines Himmelsatlasses legt (hier: Tirion 2000).
wobei x die Seitenlänge des Filmformates, f die Aufnahmebrennweite und q der der Seitenlänge entsprechende Winkel am Himmel sind. Welches Bildfeld für welches Milchstraßenfeld geeignet ist, hängt vom Motiv ab (Abb. 2). Wir wollen uns hier jedoch auf große
Tipp:
Die Gesichtsfelder, mit denen man fotografieren möchte, ausrechnen und mit einem Permanentfilzstift auf Transparentfolie zeichnen, im Maßstab des Himmelsatlasses. Die Folie mit den Gesichtsfeldern auf die Karte mit dem
Zielmotiv legen und das optimale Gesichtsfeld auswählen.
Himmelsfelder beschränken, denn für den Einsteiger ist die Fotografie mit kurzen Brennweiten (bis ca. 135 mm) zu empfehlen. Aufnahmen mit längerer Brennweite fallen leichter, wenn der Akteur einige Erfahrung gesammelt hat.
Milchstraße, wie z. B. die ganze Zentrumsregion um das Sternbild Sagittarius oder die Anti-Zentrumsregion um das Sternbild Perseus. Zur Identifizierung der verschiedenen Regionen nehmen wir einen guten großformatigen Himmelsatlas zur Hilfe, z. B. den Tirion 2000, doch sind auch andere großformatige Atlanten zur Planung geeignet.
Bedeutung von Filmformat und Brennweite In der Amateur-Astrofotografie heute üblich sind Kleinbild- (24 x 36 mm-) und Mittelformat- (6 x 6 cm oder 6 x 7 cm-) Kameras und Filme. Bei gleicher Brennweite zeigt ein Mittelformat-Foto gegenüber einem Kleinbild-Foto mehr Gesichtsfeld am Himmel, ausgedrückt in Winkelgraden. Die Seitenlänge des bei einer
bestimmten Brennweite abgebildeten
Himmelsfeldes kann errechnet werden aus
q = 2 · arctan ( 0,5 · x / f )
(1)
Geeignete Kameras Prinzipiell ist jede Kamera geeignet, die auf einem Stativ befestigt werden kann und Dauerbelichtungen, z. B. mit einem Drahtauslöser, erlaubt. Außerdem sollte sie einen Sucher zum Einstellen des Motivs
Brennweite / mm 28 30 50 80 135 180 200 300 500 1000 2000
Feld (Format 24x36mm) / Grad 46,4 x 65,5 43,6 x 61,9 27,0 x 39,6 17,1 x 25,4 10,2 x 15,2 7,6 x 11,4 6,9 x 10,3 4,6 x 6,9 2,75 x 4,12 1,38 x 2,06 0,69 x 1,03
Feld (Format 60x70mm) / Grad 94 x 102 90 x 99 61,9 x 70 41,1 x 47,3 25,1 x 29,1 18,9 x 22,0 17,1 x 19,9 11,4 x 13,3
6,9 x 8,0 3,44 x 4,01 1,72 x 2,01
Tabelle 1: Gesichtsfelder gängiger Kombinationen von Filmformat und Brennweite.
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Abb. 3: Das Milchstraßenfeld um das Sternbild Scutum herum, aufgenommen am 23.7.1987 ab 23:12 UT von S. Binnewies, W.E. Celnik und H. Fülling in der Sierra Nevada auf 3.250 m. Sie belichteten 90 Minuten mit Objektiv 1:2,8/35mm, bestückt mit einem kontraststeigernden Rotfilter, auf Kodak 103a-E Schwarzweiß-Negativfilm.
und eine Entfernungseinstellung am Objektiv besitzen. Demnach sind neben Spiegelreflexkameras auch Sucherkameras geeignet. Erstere gestatten erfreulicherweise das Wechseln des Objektivs. Digitalkameras sind weniger geeignet, da sie zurzeit noch eine zu schlechte Auflösung für Weitwinkelaufnahmen besitzen und zu starkes Rauschen zeigen.
Geeignetes Filmmaterial ,,Hilfe, welchen Film soll ich nehmen?!" Eine häufig gestellte Frage, nicht selten direkt in der Beobachtungsnacht an den Mitbeobachter gerichtet. Besser: vorher informieren und probieren. Ganz klar: DEN Astro-Film gibt es nicht. Das Zielmotiv bestimmt, ob ein Schwarzweiß- oder ein Farbfilm, ein Negativ- oder ein Diafilm eingesetzt werden sollte. Kommt es auf Wiedergabe hohen Kon-
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Tipp:
NIEMALS einen nicht zuvor in Ruhe ausprobierten Film bei körperlich und
psychisch ,,entbehrungsreicher" Astrofotografie einsetzen, außer
in Notfällen.
trastes an, greifen wir zum SchwarzweißFilm, für ,,schöne" Bilder zum Farbfilm. Schwarzweiß-Material lässt sich problemlos (auch im Feldeinsatz) selbst entwickeln und in der heimischen Dunkelkammer verarbeiten. Farbfilme geben wir bequem beim Dienstleister zur Entwicklung und Verarbeitung ab. Mit etwas Erfahrung können wir aber auch Farbmaterial selbst und unterwegs entwickeln. Für den Anfänger haben sich Farbdiafilme bewährt: Wir erhalten schnell ein Ergebnis, das wir leicht
beurteilen können. Während sich bei den SchwarzweißFilmen der Technical Pan 2415 von Kodak in hypersensibilisierter Form durchgesetzt hat (Mittelformat-Bezeichnung TP 6415, als Planfilm TP 4415), gibt es bei den Farbfilmen keine allgemeine Empfehlung. Negativfilme sind etwas weicher im Kontrast als Diafilme, eignen sich also für kontrastreiche Motive besser. Die Farbemulsionen werden von Herstellerseite jedoch in so kurzen Zeiträumen verändert, dass eine Empfehlung meist zu spät kommt. Ein schwieriges Problem bei Farbfilmen ist der Farbstich, der vor allem bei längerer Belichtungszeit extrem werden kann. Hier können wir mit Farbkorrekturfiltern experimentieren. Im Handel gibt es teure aber wirkungsvolle Filter zur Ausblendung des Streulichtes v. a. von Städten.
Tipp:
Farbfilme mit Grundempfindlichkeiten von ISO 200 bis ISO 400 sind i. a. lohnenswert zu testen. Ultrahochempfindliche Filme von ISO 1000 bis ISO 3200 sind für
spezielle Einsatzzwecke sinnvoll, weisen aber eine recht grobe Körnung auf.
Der Schwarzschild-Effekt
Filmemulsionen zeigen den so genannten
Schwarzschild-Effekt. Der besagt: Bei
Reduzierung der Lichtmenge auf die
Hälfte kann durch doppelt so lange
Belichtung NICHT dieselbe Schwärzung
in der Emulsion erzielt werden, sondern
nur weniger. Wir müssen demnach beim
Abblenden um eine Blendenstufe (z. B.
von 2,8 auf 4,0 (entsprechend einem Öff-
nungsverhältnis von 1:2,8 oder 1:4,0)
mehr als doppelt so lange belichten, um
wieder ein richtig belichtetes Bild zu
erhalten. Das wird ausgedrückt durch die
Formel:
t2 / t1 = ( B2 / B1 ) 2 / p
(2)
wobei t1 die als korrekt befundene Belichtungszeit bei einer bereits erprobten Blende B1 ist, t2 die gesuchte Belichtungszeit bei der neuen Blende B2 und p der Schwarzschild-Exponent. Im allgemeinen ist p kleiner als 1, was zur Verlängerung der Belichtungszeit über das Doppelte hinaus sorgt. Ein p von 0,9 ist ein exzellenter Wert, Farbfilme haben i. a. ein p von ca. 0,7 bis 0,8. Da wir in der Sternfeld- und Milchstraßenfotografie recht lang belichten müssen (je nach Blende und Empfindlichkeit bei dunklem Himmel einige Minuten bis Stunden), können sich beträchtliche Verlängerungsfaktoren ergeben. Einen Vorteil hat die Formel (2): Haben wir eine Belichtungszeit bei einer beliebigen Blende als korrekt ermittelt, können wir die Zeiten für andere Blende ausrechnen. Beispiel: Der Farbdiafilm Fujichrome Provia 100 besitzt einen außergewöhnlich hohen Schwarzschildexponenten in der Gegend von 0,89. Auf dem 3.150 m hohen Gornergrat in der Schweiz sind bei Blende 1,7 im Zenit 13 Minuten zu belichten. Bei Blende 3,5 nach der Schwarzschild-Formel jedoch nicht das Vierfache, 52 Minuten, sondern 66 Minuten.
Maximalbelichtungszeiten Mit längerer Belichtungsdauer können wir lichtschwächere Himmelsobjekte auf
den Film bannen. Die Grenze liegt an der Helligkeit des Himmels selbst. Sobald der Himmelshintergrund auf der Aufnahme deutlich erkennbar wird (je nach Geschmack darf es etwas mehr oder weniger sein, wobei Negativfilme besser leicht überbelichtet werden) ist die Maximalbelichtung erreicht. Diese muss für einen bestimmten Standort unter optimalen Bedingungen (kein Mond, klare Luft) experimentell ermittelt werden. Dazu fertigen wir eine Aufnahmeserie an, als erster Anhaltspunkt mit stehender Kamera auf einem Stativ, später dann mit Nachführung der Kamera auf den Sternenhimmel. Wir beginnen mit einer Belichtungszeit von 30 Sekunden und verdoppeln bei jeder nachfolgenden Aufnahme die Belichtungsdauer, z. B. bis zu 30 Minuten. Nach der Entwicklung suchen wir die für den betreffenden Standort optimale Aufnahme heraus. Ins Beobachtungsbuch notieren wir dann Standort, Blende, Film und optimale Maximal-Belichtungsdauer.
Im 2. Teil des Beitrages werden folgende Themen behandelt: die Nachführung, die Genauigkeit, der Standort und Tricks und Kniffe für bessere Bilder, und die ersten Schritte für den Einsteiger. Was für Sie, lieber Leser, nicht bedeuten soll, so lange mit dem Einstieg zu warten ...
Literaturhinweise [1] G.D. Roth (Hrsg.), 1989: Handbuch für
Sternfreunde, 4. Aufl., Springer Verlag [2] B. Koch (Hrsg.), 1995: Handbuch der
Astrofotografie, Springer Verlag [3] P. Riepe (VdS-Fachgruppe
Astrofotografie), 2000: Einführung in die Stellarfotografie, 3. Aufl.
Abb. 4 (nächste Seite): Stern- und Dunkelwolken in den Sternbildern Ophiuchus, Sagittarius und Scorpius, aufgenommen am 10.8.1983 ab 21:38 UT von W.E. Celnik, H. Fülling, P. Riepe und H.G. Weber in der Sierra Nevada auf 3.210 m. Sie belichteten 34 Minuten mit Objektiv 1:2,4/85mm auf ISO400-Farbdiafilm.
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Neues von der FG Amateurteleskope/Selbstbau
von Herbert Zellhuber
Nun ist die Fachgruppe auch im Internet mit einer Website vertreten. Neben allgemeinen Informationen zum Selbstbau und Literaturhinweisen sind viele Bilder zu verschiedenen Themen ausgestellt. Die Seite sollte noch ausgebaut werden. Gesucht werden Selbstbauer mit einer eigener Homepage, die ihr Instrumentarium darin vorstellen. Gerne geben wir die Links in unserer Selbstbauseite bekannt. Somit können Informationen leichter und direkt wei-
ter gegeben werden. Es werden weiterhin Bauanleitungen zu den verschiedensten Themen gesucht. Falls also jemand Baupläne weitergibt, wird auch hier darauf hingewiesen. Wer keine eigene Homepage hat, um sein Selbstbauteleskop auszustellen, dem kann die VdS eine Seite bereit stellen. Sie brauchen dazu nur die Bilder einschicken und den Text schreiben - alles andere machen wir. Wenden Sie sich bei Interesse an die FG-Leitung oder per E-
Mail an: zellix@t-online.de. Der Selbstbau von Amateurteleskopen bleibt weiterhin aktuell. Nicht nur beim Besuch eines Teleskoptreffens sieht man, dass viel gebaut wird. Auch bei den Lesern werden Selbstbauthemen gerne aufgenommen, was bei der Auswertung der VdSFragebogenaktion deutlich hervorging. Also: Schreibt weiterhin so schöne Beiträge! Viel Erfolg und Spaß beim Bauen.
Die Dimensionierung von Streulichtblenden bei Refraktoren
von Stefan Kunz
Mitte der siebziger Jahre begann ich mich mit Astronomie zu beschäftigen, hatte damals zwei Objektive - ein AS 80/1200 und ein C 80/500 - bei Carl Zeiss Jena gekauft und mir damit selbst zwei Fernrohre gebaut. Als Tubusmaterial fand jeweils Pertinax-Hartpapierrohr Verwendung (innen mit mattschwarzer Schultafelfarbe gestrichen), Okularauszüge wurden ebenfalls bei Zeiss in Jena besorgt. Was mich an meinen Fernrohren aber immer störte, waren die flauen Bilder und die Überstrahlungen, die besonders bei hellen Objekten (Mond, Jupiter, Venus) zu sehen waren. Ich konnte ja mein 80/1200
direkt mit dem Originalgerät von Zeiss vergleichen, das in unserer Sternwarte Zwickau-Planitz im Einsatz war. Ende der siebziger Jahre besuchte ich dann in Schneeberg ein Treffen sächsischer Amateurastronomen. Auf dieser Veranstaltung wurde auch über Streulichtblenden referiert und einfache Möglichkeiten zur Blendenbestimmung gezeigt. Es reicht nämlich in der Regel aus, einige wenige Blenden geschickt im Tubus anzuordnen und das Streulichtproblem ist gelöst.
Nach dem Symposium wieder zu Hause angekommen, verglich ich nochmals das
Zeiss 80/1200 mit meinem Gerät. Ein Blick in den Okularauszug zeigte deutlich den Unterschied: Das Zeiss-Gerät war eine pechschwarze Röhre, mein Fernrohrtubus dagegen, der ja nur mit mattschwarzer Farbe gestrichen war, leuchtete diffus durch Streulicht auf. Der Zeiss-Refraktor hatte Blenden, meine Geräte nicht. Ich machte mich also daran, für meine Teleskope Blenden zu konstruieren und hatte (und habe) mit den umgebauten Fernrohren viel Freude. Nachfolgend möchte ich die Methode der Blendenermittlung kurz vorstellen, damit der eine oder andere Sternfreund sie nachvollziehen
Abb. 1: Ein 80/1200-Refraktor mit einem voll ausgeleuchteten Bildfeld von 35 mm und einem Tubusinnendurchmesser von 100 mm.
Abb. 2: Das gleiche Fernrohr wie in Abb. 1, aber mit einem voll ausgeleuchtetem Bildfeld von 25 mm.
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und seine Fernrohr überprüfen oder verbessern kann. Das Ziel der Blendenanordnung lässt sich ganz einfach formulieren: Die Bereiche der Tubusinnenwand, die wir vom Okular aus sehen, dürfen kein Licht vom Objektiv bekommen, und die Teile der Tubusinnenwand, die durch das Objektiv angeleuchtet werden, dürfen vom Okular aus nicht zu sehen sein. Zuerst müssen wir uns darüber klar werden, wie groß das zu 100 % ausgeleuchtete Bildfeld sein sollte. Möchte man z. B. mit dem Teleskop fotografieren, ist auf genügende Ausleuchtung der Filmecken zu achten (z. B. hat 6x6-Format 78 mm, Kleinbild 43 mm Bilddiagonale), beobachtet man dagegen nur visuell, sollte man sich nach dem Durchmesser des Bildfeldes der vorhandenen Okulare richten. Eine geringere Ausleuchtung des Bildfeldrandes bei besonders langbrennweitigen Okularen kann einerseits ruhig hingenommen werden, andererseits ergibt sich das Maximum durch den freien Durchmessers des Okularauszuges. Wer also nur einen 1"Auszug hat, kann auch nur maximal 30mm voll ausleuchten. Der optimale Wert für einen Refraktor, der hauptsächlich für Beobachtung von Sonne, Mond oder Planeten benutzt wird, liegt etwa bei 25 mm voll ausgeleuchtetem Bildfeld. Für die Ermittlung von Lage und Innendurchmesser der Blenden bietet sich dann folgendes einfaches und graphisches Verfahren an, das ich anhand Abbildung 1 erläutern möchte (wer über die Möglichkeiten dazu verfügt, sollte Zeichnungen im Maßstab 1:1 anfertigen): Zu sehen ist ein 80/1200-Refraktor mit einem voll ausgeleuchteten Bildfeld von 35 mm und einem Tubusinnendurchmesser von 100 mm. Der Randstahl, der vom Objektiv zum Bildfeld geht (Strecke O-FB) und sein Gegenüber X stellen den Lichtkegel dar, den wir unvignettiert sehen wollen. Die einzubringenden Blenden sollen also nur diesen Lichtkegel durchlassen und alles andere Licht begrenzen.
Vorgehensweise zur Blendenermittlung Blende 1: Vom Objektivrand O zeichnen wir einen Strahl S1 unter 45 Grad Neigung (Praxiswert) zur gegenüberliegenden Tubuswand (Punkt T1). Wir erhalten Blende B1 im Schnittpunkt dieses Strahles mit dem Stahl X. Blende 2: Von Punkt T1 zeichnen wir einen Strahl zum gegenüberliegenden Bildfeldrand FB. Wir erhalten Blende B2 im Schnittpunkt dieses Strahles mit Strahl X.
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Abb. 3: Ein 80/500-Kometensucher. Auch hier sind 3 Blenden ermittelt worden bei einem Bildfeld von 35 mm Durchmesser.
Blende 3: Wir zeichnen einen Strahl S2 vom Objektivrand O zu der eben gefundenen Blende B2 und weiter bis zur Tubusinnenwand (T2). Von diesem Punkt T2 läuft ein Strahl zu Punkt FB (gegenüberliegender Bildfeldrand). Blende B3 ergibt sich im Schnittpunkt zwischen Strahl T2-FB mit Strahl X. Damit sind die wichtigsten Blenden bestimmt, die Abstände und die Innendurchmesser der Blenden B1 bis B3 können nun ausgemessen werden (Genauigkeit 1 mm genügt). Nun könnte man natürlich dieses Verfahren fortsetzen (Strahl an Blende 3 vorbei zum Tubus und von dort weiter zum Bildfeldrand ...), aber da der Tubus nun schon vom Okularauszughalter begrenzt ist, sollte man die Blende 4 etwas anders konstruieren: Man zeichnet einen Strahl vom Objektivrand zum Anfang des Okularauszuges (Punkt T3) und einen von dort zu Punkt FB. Wieder im Schnittpunkt mit Strahl X finden wir nun die Blende B4. Ob sich eine Blende B4 überhaupt sinnvoll konstruieren lässt, hängt sehr vom Bildfelddurchmesser und vom Tubus ab, wie wir aus Abbildungen 2 und 3 ersehen können. In Abbildung 2 ist das gleiche Fernrohr zu sehen, aber mit einem voll ausgeleuchtetem Bildfeld von 25 mm. Lediglich Blende 1 ist fast am gleichen Ort geblieben, Blende 2 wandert weiter vom Objektiv weg und Blende 3 liegt nun im Okularauszug. Je kleiner also das Bildfeld wird, um so mehr liegen die Blenden auseinander. Abbildung 3 zeigt einen 80/500-Kometensucher. Auch hier sind 3 Blenden ermittelt worden bei einem Bildfeld von 35 mm Durchmesser. Festzustellen ist auch folgendes: Um bei großen Bildfeldern nicht zu enge Blendenabstände (und damit zu viele Blenden) einbauen zu müssen, sollte der Tubusinnendurchmesser nicht zu knapp bemessen werden. Je größer er ist, um so besser lässt sich Streulicht mit weniger Aufwand abschatten. Einige Hinweise zur
praktischen Umsetzung: Damit die Blenden nicht selbst zur Streulichtquelle werden, sollten sie aus dünnem Material bestehen. Sie können durchaus aus Papier ausgeschnitten und anschließend mattschwarz gestrichen werden. Stabiler sind natürlich gedrehte und am Innendurchmesser scharf geschliffene Metallscheiben, die in einer Kerzenflamme angerußt werden sollten. Zur genauen Lagefixierung verwendete ich aus mattschwarzem Zeichenkarton gewickelte Pappröhren mit den genauen Längen, die zwischen Blenden ermittelt wurde. Diese werden einfach in den Tubus geschoben, die Blenden dazwischengepackt und lediglich zum Schluss noch eine Röhre bis zum Okularauszughalter zur Fixierung nachgeschoben. Damit nichts verrutschen kann, wird dieses Röhrenstück mit Allesklebers eingeklebt oder man wickelt es so, dass es sehr stramm einzuschieben geht. Die Blende im Okularauszug wurde eingeklebt. Eine andere Möglichkeit der Blendenbefestigung besteht darin, die Blenden auf dünnen Draht oder dünne Holzstäbchen (drei oder vier Stück) aufzuschieben und mit Kleber zu fixieren, so dass ein stabiles Gittergerüst entsteht. Man sollte darauf achten, dass sich die Gitterstäbe möglichst außen nahe der Tubuswand befinden, denn sonst sind sie vom Okular aus zu sehen. Außerdem sollten die Verbindungsstäbe geschwärzt werden. Das ganze Gittergerüst wird dann in den Tubus geschoben und durch ein paar Klebepunkte am Tubus gesichert. Man sollte dann evtl. noch eine schwarze Pappröhre von der letzten Blende bis kurz vor dem Okularauszug einschieben.
Meine Fernrohre habe ich vor über 20 Jahren umgebaut und durch das Einbringen der Blenden hat sich die Kontrastwiedergabe spürbar verbessert. Ich hoffe, interessierten Amateuren hiermit Anregungen zum eigenen Basteln gegeben zu haben.
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Wie es bei mir begann
- Eines der neuesten VdS-Mitglieder beschreibt seinen Einstieg in die Amateurastronomie
von Lutz Liebers
Der gestirnte Himmel, seine Erhabenheit, aber auch die Teilnahmslosigkeit der blausilbernen Pracht haben mich schon als Kind beeindruckt. 1985, am Wendekreis des Krebses, in der südalgerischen Sahara, erschlug mich der Schattenwurf der Milchstraße schier: Fett und sämig hing sie da, zum Greifen nahe und doch Tausende Lichtjahre entfernt. In solch menschenleeren Gebieten unseres unscheinbaren Planeten fragt man sich, fünf Tagesreisen von der letzten Asphaltstraße und Tankstelle entfernt, ob man dem Kosmos näher ist, oder der menschlichen Zivilisation mit ihrem emsigen Tagewerk und zweifelhaften Gewusel... Doch erst ein seltenes, kosmisches Ereignis war der Anstoß, mich ernsthaft der Astronomie zuzuwenden: Das Erscheinen Hale-Bopps 1997, dieses verwaschenen Schneeballs, der wochenlang am Himmel stand. Doch das sandfarbene WehrmachtsDienstglas 6x30, H/6400, mit unvergüteter Optik, von Vattern vor Leningrad gegen einen halben Laib Brot getauscht, rückte das Objekt meiner Begierde nur unzureichend ins Gesichtsfeld. Also dem Aufruf der Sternwarte Essen gefolgt, die in der Tageszeitung auf Beobachtungsmöglichkeiten hinwies. Und das war`s dann: Ein unvergesslich in Netzhaut und Hirn gebranntes Bild von einem scheinbar verletzlichen und äußerst filigranen Objekt, das wie ineinandergeschachtelte Glaskugeln aussah, mit einem weißen Kern in der Mitte, die leuchtenden Schalen, durch Wechselwirkungen des verdampfenden Eises mit dem Sonnenwind hervorgerufen, am ehesten dem glockenförmigen Körper einer Meeresqualle vergleichbar! Aber was ist das für ein Instrument, dieser Cassegrain mit sieben Metern Brennweite und 55 cm freier Öffnung? Mit zwölftausendfach größerer Lichtsammelfläche im Vergleich zum menschlichen Auge? Diese glänzende Scheibe am Boden des massiven Gittertubus beeindruckte mich irgendwie und erweckte gleichzeitig meine Neugier. Soviel war mir sofort klar: Es ist doch nur eine Scheibe aus Glas, aber mit einer hochpräzis eingeschliffenen Hohlfläche. ,,Parabolischer Hauptspiegel, hyperbolischer Gegenspiegel", die knappen Erklär-
Abb. 1: Ich musste diesen Foucault-Test durchführen, er verfolgte mich, bis nach einigen Abenden in meiner Werkstatt das Teil fertig war ...
ungen des Fachmanns inmitten der Schaulustigen, die alle auf den kurzen Blick durchs Okular warteten. Ach ja, die Kegelschnitte aus dem Matheunterricht der Oberstufe füllten sich nach fast dreißig Jahren plötzlich mit als Pennäler nie verstandener Berechtigung! Hier tat sich mir eine zweite fremde Welt auf, die der Astro-Optik, die mich als Ingenieur sofort erregte. In dem halben Jahr der zunächst probeweisen Mitgliedschaft schmökerte ich mich durch die Bibliothek der Walter-HohmannSternwarte Essen und erwarb mir einen ersten Überblick über die verschiedenen optischen Systeme. Als geradezu genial empfand ich die Korrektorplatte der Schmidt-Kamera, aufgestellt im Krümmungsmittelpunkt des Kugelspiegels, als auch den Kutterschen Schiefspiegler mit seiner Obstruktionsfreiheit und perfekten Achromasie. Entworfen und berechnet in dunklen Münchner Bombennächten des
Zweiten Weltkrieges, nur mit Rechenschieber und ohne Optikprogramm durchgeführt [1]. Und diesen Zwitter aus Linsen und Spiegeln, Medial genannt, um die Jahrhundertwende von Ludwig Schuppmann ausgeknobelt und von einer damaligen Optikgröße wie Ernst Abbe vorbehaltlos anerkannt. Und da war noch dieser Franzose, der dem blinden Stochern eines William Herschels nach der perfekten Oberfläche ein Ende setzte. Sollte es wirklich möglich sein, so quasi auf Mutters Küchentisch einen Tester aufzubauen, der die fehlerhafte Abweichung von der richtigen Krümmung vieltausendfach verstärken und sichtbar machen kann? Aber warum nicht, schließlich hatte dieser geniale Physiker auch eine Kugel im Pariser Pantheon am 60 m langem Seil zum Pendeln gebracht. Und er macht mit dem stündlichen, uhrwerksgenauen Umstoßen eines weiteren, großen Dominosteins auch heute manchen Zeitgenossen nachdenklich
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(im Treppenhaus des Deutschen Museums nachvollziehbar). Ich musste diesen Foucault-Test durchführen, er verfolgte mich, bis nach einigen Abenden in meiner Werkstatt das Teil fertig war (Abb. 1) und auch der Klemmhalter für zunächst einen beschichteten Sechs-Zoll-Spiegel (Abb. 2). Ansgar Korte gab ihn mir, sorgfältig verpackt, vertrauensvoll aus seiner Essener Schatzkiste heraus. Ich hatte mindestens drei Beschreibungen zum Foucault-Test gelesen, nicht nur die aus dem dreibändigen Standard-Werk ,,Amateur Telescope Making". Doch es dauerte eine ganze Weile, bis sich endlich mit dem richtigen Einblickwinkel entlang der Messerschneide der Blick in die leuchtende Scheibe und gleichsam weit ins Innere der Physik eröffnete... Goethes Zitat ging mir dabei durch den Kopf: Vom Berauben des Mantels der Natur, mit Hebeln und mit Schrauben... Nein, in diesem Falle irrt der Dichterfürst, ganz bereitwillig erschien dieses immens vergrößerte Bild der optischen Oberfläche mit dem unwirklich leuchtenden Rand und gab die
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Abb. 3: Wie wenig nur darf sich eine schrittmotorge-
steuerte M6Gewindespindel mit Steigung 1 mm am Tangentialarm mit Länge 400 mm drehen, um bei einem Gesichtsfeld von 0,5 Grad ein Objekt in Deklination vom
Rand ins Bildzentrum zu
rücken?
Abb. 2: ... und auch der Klemmhalter für zunächst einen beschichteten SechsZoll-Spiegel. Ansgar Korte gab ihn mir, sorgfältig verpackt, vertrauensvoll aus seiner Essener Schatzkiste heraus.
sonst unerkennbaren, winzigen Fehler preis. Und was war das? Die drei Einspannpunkte der Klemmung am Umfang des Spiegels ließ die nähere Glasoberfläche ,,Falten" schlagen: Drei kleine Riffelungen und Verwerfungen am Rande, hervorgerufen durch die punktförmige, radiale Krafteinleitung, ist das denn zu fassen? Jetzt war klar, warum die größeren Spiegelhalterungen so zahlreiche Auflagepunkte haben und ein Herr Dobson seine Spiegel gleich auf Blasenfolie bettet... Geradezu gespenstisch wurde es, als mein Töchterchen unter der Anordnung durchlief und dicke, schwarze Schlieren warmer Luft von ihrem Kopf aufstiegen! Dieser Effekt aufgrund unterschiedlicher Brechung der Luft mit inhomogener Temperaturverteilung ist eben nur dann zu beobachten, wenn das Bild aufgrund stark gerichteter Lichtstrahlen entsteht, die sich alle an der Kante der Messerschneide in einem winzigen Punkt durchdringen. Dann kam der ATT-2000, doch was Fertiges zu kaufen kam mir nicht in den
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Abb. 4: Wie stark muss man den Schrittmotor für die Stundenachse untersetzen, um Vibrationen auf das Teleskop zu vermeiden? Die erforderliche Schrittmotorsteuerung wurde vollständig in Hardware realisiert.
Abb. 5: Eine kleinere Drehbank und eine damals fabrikneue Fräsmaschine hatte ich schon Anfang der 90er Jahre angeschafft.
Sinn. Und so entdeckte ich auf dem Tapeziertisch eines Erfurter Händlers eine Linse, gefasst in einem Ring aus schwarzem Aluminium: ,,A. Jaegers, USA, 102 mm, f = 1.650 mm". Das war das ganze Datenblatt. Diesen FraunhoferAchromaten handelte ich auf DM 300,-
herunter. Zwei Tage später war er provisorisch auf eine Art Bügelbrettmontierung gesetzt. Eine Aluleiter und viel Klebeband dienten als Montierung, das Mikroskopokular, wohl russischer Herkunft, hatte ca. 20 mm Brennweite. Welch ein Erfolgserlebnis, den
Mond nun endlich zum ersten Mal ,,formatfüllend" vor Augen zu haben. Sofort war klar: Nur der Selbstbau kann dieses gute Gefühl erzeugen, diese tiefe Befriedigung, die von einem optischen Instrument ausgehen kann, das unter den eigenen Händen entstanden ist. Ich dachte an den Foucault-Test zurück und räsonierte weiter: Ein Teleskop mit selbstgeschaffener Optik, nur das kann es sein, die gekaufte Optik bringt es nicht, ,,nicht wirklich!" Doch weggeben wollte ich den Achromaten nicht, seine Öffnung ist groß genug, um damit ein brauchbares Fernrohr zu bauen, und um auf diese Weise erste Erfahrungen mit der Teleskoptechnik und ihren Eigenheiten zu sammeln. Es war ziemlich viel Arbeit, und die Komponenten teilweise recht teuer, z. B. die beiden Lambda/10-Planspiegel aus Göttingen, um den Strahlengang zweimal zu falten, überstiegen bei weitem den Kaufpreis des Gebrauchtobjektivs. Aber ich habe viel dabei gelernt, über Stabilitäten und Verwindungssteifigkeit. Und habe auch ein Gefühl für diese Technik erhalten, z. B. wie wenig sich eine schrittmotorgesteuerte M6-Gewindespindel mit Steigung 1 mm am Tangentialarm mit Länge 400 mm nur drehen darf, um bei einem Gesichtsfeld von 0,5 Grad ein Objekt in Deklination vom Rand ins Bildzentrum zu rücken (Abb. 3). Oder: Wie stark man den Schrittmotor für die Stundenachse untersetzen muss, um Vibrationen auf das Teleskop zu vermeiden (Tipp: Schwungscheibe auf das freie Rotorwellenende klemmen, oder Mikroschrittbetrieb). Die erforderliche Schrittmotorsteuerung (Abb. 4) wurde, um die aufwendige Entwicklung von Software zu umgehen, vollständig in Hardware realisiert: Störunempfindliche CMOS-Logik der 4000-Serie. Beim Zweitasten-TippBetrieb (RA +/- DEC +/-) kommt ein U/fUmsetzer-Schaltkreis zum Einsatz, der die Start/Stopp-Rampen-Fahrprofile für die Motore erzeugt. Die Frequenz zur siderischen Nachführung liefert der verbreitete Veteran: NE555-Timerbaustein. Der Schaltplan kann auf Anfrage herausgegeben werden. Das Spiegelschleifen soll unter dem Aspekt beginnen, ausschließlich reproduzierbare Ergebnisse zu erlangen. Und damit stand ich am Scheideweg zwischen SchleifBottich oder -Maschine, zwischen dem raschen, aber vielleicht ungewissen Zufallserfolg, oder der längeren, systematischen Vorbereitungsphase. So entschied mich für die Maschine, die nichts dem
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Zufall überlassen soll, außer dem Gewollten: Die bei Texerau beschriebene, und dem Handschleifen innewohnende, natürliche Zufallsvariation der Strichlänge. Diese Maschine ist jetzt zu ca. zwei Dritteln fertig, die Inbetriebnahme für Mitte 2002 vorgesehen. Wenn sie erfolgreich sein wird, möchte ich für interessierte VdS-Aktive einen Erfahrungsbericht veröffentlichen. Die Werkstatt geht auf meine beruflichen Aktivitäten in der Automatisierungstechnik zurück: Kundenspezifisch entworfene CCD-Zeilenkameragesteuerte Prüfautomaten im Schnittpunkt von Feinwerktechnik, Technischer Optik und Mikroelektronik kommen meinem Astro-Hobby sehr
zugute. Eine kleinere Drehbank und damals fabrikneue Fräsmaschine hatte ich Anfang der 90er Jahre angeschafft (Abb. 5). Die Linearführungen und Spindellager arbeiten noch sehr präzis, da fast ausschließlich Aluminium verarbeitet wurde. Wer darüber nachdenkt, sich am Gebrauchtmaschinenmarkt zu bedienen, sollte die Folge-Investitionen in Werkzeuge nicht unterschätzen. Es fängt mit dem notwendigen Maschinenschraubstock für die Fräse an, geht über Sätze von Drehstählen, Schrupp- und Schlichtfräsern und endet beim planen Anreißtisch und entsprechenden Messmitteln, wie Mikrometerschraube und elektronischem Messschieber. Bevor sich also jemand finanziell ins Unglück
stürzt, nur weil er sich vielleicht einmal einen individuellen Adapter drehen will, sollte er sich vertrauensvoll an mich wenden. Gern führe ich Dreh- und Fräsarbeiten für individuell selbstbauende Mitglieder durch, wobei ich mit einer nicht-professionellen Handskizze zurechtkomme. Notfalls tut es auch ein erhaltenes Muster.
Anschrift: Lutz Liebers Im Johannestal 64a, 46240 Bottrop Tel: 02041/479641 E-mail-Adresse: LutzLiebers@aol.com
Literaturhinweise [1] Kutter, A., 1953: Mein Weg zum
Schiefspiegler, Biberach a.d. Riss
Ein kleiner Spiegel ganz schnell geschliffen
von Rüdiger Heins
Viele Sternfreunde haben wohl schon mit dem Gedanken gespielt, sich einen Parabolspiegel selber zu schleifen. In der Vergangenheit gab es nur die Anleitung von Hans Rohr, welche für damalige Verhältnisse wirklich gut war und die viele Amateure zum eigenen Spiegel geführt hat. In dieser werden jedoch Techniken beschrieben, die eine Herstellung von Spiegeln sehr zeitaufwendig werden ließen. Das könnte auf potentielle Spiegelschleifer durchaus eine abschreckende Wirkung gehabt haben. In manchen Amateurkreisen hat das Spiegelschleifen den Ruf eines Jobs für jemand der ,,Vater und Mutter totgeschlagen hat". Das muss nicht so sein. Durch Internet und Mailinglisten gibt es inzwischen einen großen Informationsaustausch, der vieles relativiert. Seit einiger Zeit gibt es auch wieder eine schöne deutschsprachige Schleifanleitung von Martin Trittelwitz: ,,Spiegelteleskope selbst gebaut". Anlässlich des ITV 2002 führte ich zusammen mit Stathis Kafalis einen sogenannten Spiegelschleifmarathon durch. Ziel war es, dass möglichst viele Leute in möglichst kurzer Zeit einen 15 cm-Spiegel fertig stellen. Als Rohling diente eine Blumenvase (3,- DM) vom Flohmarkt - ja wirklich! Das seitlich eingebrachte Loch dürfte keinen großartigen Einfluss auf die zukünftige Abbildung haben und falls wirklich etwas daneben gehen sollte, könnte sie eben zur Hochpräzisionsvase erklärt werden. Der Grobschliff wurde auf einer vorgekrümmten und mit Unterlegscheiben (billige
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Abb. 1: Rüdiger Heins (links) und Stathis Kafalis (Mitte) führten zusammen beim ITV 2002 den Spiegelschleif-Marathon durch.
Karosseriescheiben aus Stahl) beklebten Schleifscheibe mit Karbo 60 durchgeführt. Das Öffnungsverhältnis war somit auf f/4 bis f/5 festgelegt. Schnell bildete sich um das merkwürdige Geschehen eine Menschentraube. Amateurastronomen sind eben auch neugierige Zeitgenossen. Inzwischen erklärte Stathis locker und kompetent was denn hier eigentlich so passiert. Es dauerte nicht lange und dann hieß
es: ,,Darf ich auch mal?" Somit war schon ein wesentliches Ziel des Schleifmarathons erreicht: Es ließen sich nämlich Leute zum Mitmachen motivieren, außerdem brauchte ich mich nicht weiter mit dem Grobschliff rumplagen. Dieser war dann nach einer halben Stunde mit dem Erreichen der Pfeilhöhe von 3 mm erledigt. Wie kann das denn angehen? Früher hat das doch so viele Stunden gedauert!
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aus der Profibranche. Die selbstklebenden Pads wurde einfach auf die Schleifschale geklebt und dann ordentlich mit Ceroxyd getränkt. Dieses Poliermittel ist sehr effektiv, ca. 4-6 mal schneller als das frühere Polierrot. Um sicher zu stellen, dass auch der Rand rechtzeitig auspoliert wird, erfolgten die Arbeiten überwiegend mit der Schleifschale in oberer Position. Auch die Poliertechnik ist wieder etwas anders als in früher beschriebenen Publikationen: Es wird recht schnell poliert und man kann auch ruhig viel Druck ausüben. Hierbei muss man jedoch darauf achten, dass
Druck nur senkrecht von oben erfolgt, ansonsten besteht die Gefahr einer abgesunkenen Kante. Nach insgesamt 2 1/2 Stunden war der Spiegel komplett auspoliert. Ungläubiges Staunen bei allen Beteiligten der erste Tag wäre geschafft. Anschließend wurde ein Foucault-Test durchgeführt. Hans-Georg Stein hatte hierzu sein Testgerät mitgebracht. Der Clou dieser Apparatur war, dass mit Hilfe einer digitalen Kamera der Test für viele gleichzeitig erlebbar war. Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, dass man mit so einer rela-
Abb. 2: Sooo schwierig ist das ja gar nicht, geht selbst mit Flaschenglas... (Aufnahme O. Guthier)
1. Glas wird auf Metall sehr schnell abgerieben
2. Der ,,Rohling" bestand aus weichem Glas
3. Die Schleifbewegungen wurden sehr schnell und mit viel Druck ausgeführt
4. Das Schleifmittel wurde sehr zügig erneuert, Standzeit ungefähr 1 Minute
Früher hat man sich an einer Charge, auch wenn das Karbo schon lange durch war, sozusagen ,,totgeschliffen". Wenn es nicht mehr knackt und knirscht, sofort neues Karbo drauf! Weiter ging es dann mit dem Feinschliff in gleicher bewährter Technik. Nun wurden Schleifschale und Spiegel vertauscht, um sicherzustellen, dass der Spiegel eine sphärische Form erreicht. Die Schleifschale riss man uns förmlich aus den Händen, jeder wollte es gerne einmal versuchen. Besonders hartnäckig in Erscheinung getreten war hier eine gewisse Dörte R. aus Kiel. Ihr Ehemann Ralf und ihre beiden Töchter wurden der Herstellung eines Spiegels ,,geopfert" und sich selbst überlassen - Glasfieber der schlimmsten Form! Nach zwei Stunden war der komplette Feinschliff erledigt. Es wurden die Körnungen K 120, 240, 500 und 9 m Microgrit WCA verwendet. Letztere wurde ohne viel Druck geschliffen, um in diesem Stadium die bestehende Kratzergefahr zu minimieren. Trotzdem gab's ein paar kleine Riefen; nicht so schlimm, Hauptsache die Kurve stimmt später. Die Vorpolitur erfolgte auf sogenannten Polierpads, Hilfsmittel
Abb. 3: Spiegelschleifen, eine echte Marathon-Disziplin. Und Spaß macht es auch noch! (Aufnahme O. Guthier)
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tiv einfachen Vorrichtung feinste Unregelmäßigkeiten der Spiegeloberfläche erkennen kann. Hier stellten wir dann fest, dass der Spiegel ein wenig abgesunkene Kante und einen Zentralberg hatte; nichts was einen aus der Fassung bringen könnte. Die Oberfläche erschien beim Testen recht rau, eine Folge der aggressiven Polierpads. Mit der nachfolgenden Pechpolitur würde die Rauigkeit recht schnell verschwinden. Am nächsten Morgen erfolgte die Herstellung einer streifenförmigen Pechhaut. Alles gelang auf Anhieb, kein Vorführeffekt trat auf. Hiermit sollte dann recht zügig der Zentralberg abgetragen werden, was dieser aber nicht so recht mitmachen wollte. Stathis hatte die zündende Idee und zauberte ein ca. 10 cm durchmessendes, sternförmiges Pechtool hervor, mit dem er auch schon an seinem 24-Zöller gearbeitet hatte. Damit konnte der Berg innerhalb kurzer Zeit abgetragen werden und wir konnten stufenlos in die Parabolisierung übergehen. Der Spiegel hat eine Brennweite von 650 mm. Die erforderliche Schnittweitendifferenz liegt somit bei 4,3 mm. In mehreren10-20 Minuten andauern-
den Polierrunden näherten wir uns immer mehr der geforderten Differenz an. Dieser Wert wurde mit einer Messuhr, die an den Foucaulttester adaptiert war, gemessen. Es erfolgte die Bestimmung der Differenz zwischen Mitte und Rand. Für einen Spiegel mit dem Öffnungsverhältnis von f/4,3 eigentlich zu wenig, aber man sollte das locker sehen, es muss ja nicht unbedingt das absolut perfekte daraus werden. Da der Spiegel unten lag und nur das Poliertool durch die Handwärme aufgeheizt wurde, konnte nach einer Polierrunde sofort geprüft werden. Nach insgesamt 2 Stunden auf Pech machte Dörte die letzten Striche. Anschließend hatte ich dann eine Schnittweitendifferenz von ca. 4,1 bis 4,2 mm gemessen. ,,Altmeister" Martin Trittelwitz machte eine Kontrollmessung und kam auf genau 4,3 mm. Der Spiegel wurde umgehend für fertig erklärt, was eigentlich recht überraschend kam. Im Foucaulttest zeigte sich eine schöne glatte Oberfläche und der Parabelwulst sah so aus, wie es sich gehörte. Die Kante blieb weiterhin ein wenig abgesunken, aber darüber kann man hinwegsehen, wenn man sie
einfach ausblendet. Diese Optik wird sicherlich eine brauchbare Abbildung ergeben. Mit der gezeigten Schleif- und Poliertechnik kann man sich das Leben als Spiegelschleifer wirklich leichter machen. Aber man sollte sich davor hüten, einen Spiegel in Rekordzeit herstellen zu wollen. Gerade die letzten Arbeitsschritte, die Beseitigung von Restfehlern und die Parabolisierung brauchen auch weiterhin recht viel Zeit und Geduld. Ein großes Dankeschön an alle Beteiligten, besonders an Stathis, der immer auf Ballhöhe war und viel Zeit geopfert hatte. Der Schleifmarathon war ein großer Erfolg. Aber das war noch nicht alles, es ging beim ITV noch weiter: Rafael Bugiel stiftete einen ganzen Haufen 10 cm Rohlinge sowie Schleif- und Polierpulver. Unglaubliche Szenen spielten sich vor dem Vereinsheim ab. Auf der Treppe und auf Bänken schrubbten eine ansehnliche Gruppe von Sternfreunde an ihren Rohlingen rum, durch nichts abzulenken. Mittendrin, na klar, Dörte...
SAM - ein Projekt wird erwachsen
von Karsten Hansky
Deutschland im September 2001, irgendein Abend mitten in der Woche, 20 Uhr MESZ. Ich lege den Lötkolben zur Seite und schalte erwartungsvoll das Netzteil ein. Es vergehen bange Sekunden, dann steht es fest: SAM lebt und ist gesund! SAM - das ist die Abkürzung für ,,Simple Aurora Monitor". Es handelt sich dabei um ein Magnetometer mit Fluxgate-Sensor, welches erlaubt, Schwankungen im Erdmagnetfeld mit einer Auflösung von 1-2 nT sicher zu erkennen. SAM ist ein unermüdlicher Helfer, der ständig das Magnetfeld der Erde überwacht und sich meldet, falls es erhöhte Chancen für Polarlichter gibt. Die Ursachen für SAM's Erschaffung liegen einige Jahre zurück. Mittlerweile hat er bereits einige Geschwister bekommen. Aber alles der Reihe nach: Meine Hobbys sind Amateurfunk und Astronomie. Zwischen beiden gibt es mehr Überschneidungen als man auf den ersten Blick vermutet. Die Sonnenaktivität bestimmt die Ausbreitung der Kurzwellen. Über die sporadische E-Schicht der Ionosphäre gelingen auf UKW Verbindungen über 2.000 - 3.000 km, der Ionisations-
Abb. 1: Gesamtansicht des Prototyps mit Sensorgehäuse und Netzteil.
kanal verglühender Meteoriten reflektiert hochfrequente Funkwellen und ermöglicht Funkverbindungen bis 2.000 km. Sogar der Mond wird als Reflektor genutzt. Nicht zuletzt wirken sich auch Polarlichter auf die Funkausbreitung aus. Während die Kurzwellenkommunikation über dem Polarlichtoval zum Erliegen kommt, bietet
sich auf UKW die Möglichkeit, die ionisierten Gebiete als diffusen Reflektor für Weitverbindungen zu nutzen. Man spricht in diesem Fall von Radio-Aurora. Dabei sind Frequenzen bis zu 432 MHz nutzbar, wobei die Hauptaktivität bei 144 MHz liegt. SAM's Geschichte beginnt im Sommer 1992.
Juni 1992 Ich kaufe mir ein UKW-Funkgerät. Ich hatte von anderen Funkamateuren über die faszinierenden Möglichkeiten von RadioAurora und anderen Ausbreitungsphänomenen gehört und wollte natürlich auch davon profitieren. Die nächsten Monate und Jahre passierte immer wieder dasselbe. Ich bekam erzählt, was für eine phantastische Radio-Aurora ich am Abend zuvor verpasst hätte. Es dauerte nicht lange und der erste Frust stellte sich ein.
März 1995 Ich schalte mein Funkgerät ein und höre zischende Signale im Telegrafiebereich.
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Endlich - Radio-Aurora! Der Abend vergeht wie im Fluge, ich höre verschiedene Funkamateure aus Skandinavien. Eine Funkverbindung gelingt mir nicht, denn meine Sendeleistung ist zu gering. Ich bin frustriert.
Herbst 1995 Ich finde zur Astronomie. In diversen Zeitschriften wird von Polarlichtsichtungen berichtet. Neid macht sich breit.
1997 Ich habe aufgerüstet. Eine Endstufe für das Funkgerät und eine bessere Antenne sollen es richten. Jetzt kann die nächste RadioAurora kommen. Leider schalte ich das Gerät immer zur falschen Zeit ein. Der Frust wird immer stärker.
27. August 1998 Ich habe endlich Erfolg gehabt. Mir sind die ersten Funkverbindungen über RadioAurora gelungen. England, Schottland, Litauen, Schweden und Frankreich sind dabei. Ein Gefühl des Triumphes macht sich breit. Leider zeigt der Blick aus dem Fenster nur Wolken.
9. November 1998 Es steht eine Funkverbindung mit Schottland im Logbuch. Später erfahre ich, dass den ganzen Nachmittag über eine kräftige Radio-Aurora vorgeherrscht hatte. Warum habe ich nur so spät eingeschaltet? Vor meinem Fenster ziehen dicke Wolken vorüber und bei mir kommt wieder Frust auf.
1999 Der Frust schaukelt sich auf. Ich habe sowohl alle visuellen als auch alle RadioAurora-Ereignisse verpasst. Eine Recherche im Internet führt zum Schluss: Ein eigenes Magnetometer muss her! Es gibt zwar viele Informationsquellen im Internet, aber was nützt eine Warnung, wenn der PC zwei Tage ausgeschaltet ist.
2000 Erfolgserlebnisse wechseln mit Frust. Ich schaffe einige Funkverbindungen über Radio-Aurora, eine Polarlichtsichtung gelingt mir aufgrund des Wetters nicht. Einmal vergesse ich aus dem Fenster zu schauen und lese am nächsten Tag, dass ein eindrucksvolles Polarlicht zu sehen war.
November / Dezember 2000 Ich werde im Internet auf die Firma Speake und Co. aus Großbritannien aufmerksam, die preiswerte Fluxgate-Sensoren für
Technische Daten
· Messbereich: ca. +/- 20.000 nT · Auflösung: 1-2 nT · Ausgabe der Messwerte auf beleuchtetes LC-Display (4 x 20 Zeichen) · Ausgabe der Messwerte auf RS-232 Schnittstelle · Ausgabe der Messwerte auf zwei Analogausgänge (0 ... 5 V oder - 2,5 ... + 2,5 V) · Anschluss eines zweiten Sensors zur Messung einer anderen
Magnetfeldkomponente möglich (wird im Moment noch nicht von der Software unterstützt) · Echtzeituhr · potentialfreier Schaltausgang für Alarmfunktion · potentialfreier Eingang · Parametrierbarkeit der Software über RS-232 Schnittstelle · Versorgungsspannung: 12 V DC · Stromaufnahme: 60 ... 70 mA
Magnetfeldmessungen herstellt. Der Sensor liefert ein TTL-Signal, dessen Frequenz eine Funktion der magnetischen Flussdichte ist. Ich überlege nicht lange und bestelle einen Sensor. Mindermengenzuschlag, Versandkosten und Bankgebühren erhöhen den Preis um 50 %. Aber egal - jetzt schlage ich Murphy ein Schnippchen und bekomme jedes Polarlichtereignis mit. Bevor der Boden gefroren ist, vergrabe ich den Sensor im Garten in 80 cm Tiefe.
Januar 2001 Der Sensor ist an einer einfachen Auswertelektronik angeschlossen. Die Anzeige ist noch nicht sehr aussagekräftig. Dennoch lässt sich der Tagesgang des Erdmagnetfeldes verfolgen. Die nächsten Wochen passiert nichts.
31. März 2001 Es ist passiert! Der Zeiger zuckt in kurzen Abständen auf und ab. Ich schalte das Funkgerät ein. Auf UKW sind viele Stationen aus Skandinavien zu hören. Der Blick zum Himmel zeigt 8/8 Bewölkung. Ich bin begeistert, denn der Sensor hat funktioniert. Trotzdem muss eine bessere Elektronik her.
Nächtliche Träume Glücklicherweise lernte ich einige Monate vorher Dirk Langenbach kennen, der damals elektronische Baugruppen für meine Firma entwickelte. Ein erstes Gespräch ergab die Übereinstimmung unserer Hobbys. Ich erzählte Dirk von meinem Sensor und es dauerte nicht lange, bis er eine Idee für die Elektronik hatte. Ein Gerät mit Mikrocontroller und LC-Display sollte es werden. Die Messwerte werden über eine serielle Schnittstelle nach außen gegeben. Ein Analogausgang wäre auch
nicht schlecht. Es vergingen noch einige Wochen. Dirk versorgte mich großzügig mit Bauelementen, vielen Tipps und Schaltplänen. Ich wälzte Datenblätter und träumte nachts von Mikrocontrollern, Echtzeituhren und der Ansteuerung von LC-Displays. Nach und nach baute ich den Prototypen auf einer Lochrasterplatine auf. Als serielle Schnittstelle, Echtzeituhr und das Display funktionierten, blieb nur noch eines zu tun - der Sensor musste angeschlossen und die Software zur Frequenzmessung geschrieben werden.
September 2001 war es dann soweit. Ich konnte SAM in Betrieb nehmen. Von diesem Zeitpunkt an lieferte SAM 24 Stunden am Tag Messwerte. Natürlich wurde SAM von einer Reihe Kinderkrankheiten befallen. Diese wurden bis zum Oktober beseitigt.
15. Oktober 2001 Ich beschloss SAM an den PC anzuschließen und die Messwerte eine Woche lang zu speichern um anschließend Magnetogramme daraus zu erstellen. Ich wurde mit einem heftigen Magnetsturm am 22. Oktober belohnt (Abb. 2). Die Gegenüberstellung meiner Messwerte mit denen des geomagnetischen Observatoriums Magnetsrode (Braunschweig) ergab eine hervorragende Übereinstimmung. Die angestrebte Auflösung von 1-2 nT wurde erreicht.
Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Ich stellte das Projekt im Polarlichtforum vor (www.meteoros.de/forum.htm). Dort finden sich viele der aktiven Polarlichtbeobachter. Die Resonanz auf unser Projekt war sehr gut. Die ersten Fragen zwecks Nachbau wurden an uns herange-
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Abb. 2: Magnetsturm am 22.10.2001 mit Polarlichtsichtungen in ganz Deutschland.
Abb. 3: Ein ruhiger Tag, die Spitze gegen 07:30 UTC konnte als Schubkarre meines Nachbarn identifiziert werden. Es ist eine Temperaturdrift von 30 nT über den Tag hinweg zu erkennen.
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tragen. Im Ergebnis haben Dirk und ich beschlossen, aus dem Ganzen ein Bastelprojekt zu machen und entsprechende Unterlagen zu erarbeiten. Dirk überarbeitete die Schaltung und entwarf das Platinenlayout. Im März 2002 stellten wir das Projekt auf dem Bundeskongress des AATiS (Arbeitskreis für Amateurfunk und Telekommunikation in der Schule - www.aatis.de) in Goslar vor. Die Resonanz war überwältigend. Wir starteten eine Umfrage im Polarlichtforum und hatten am Ende 25 Interessenten, die ein Magnetometer bauen wollten. Da viele Nichtelektroniker darunter waren, haben wir beschlossen Komplettbausätze zusammenzustellen. Dirk erarbeitete eine Baumappe und seine Frau Marcela lötete ein Gerät nach den Angaben dieser Baumappe zusammen. Danach verbrachten Dirk und Marcela viele gemeinsame Stunden beim Eintüten der Bauelemente. Am 2. Mai schleppten beide einen Kubikmeter Kartons zum Postamt. Währenddessen hatte ich alle Hände voll zu tun um die Software zu optimieren und die Dokumentation zu erarbeiten. Mittlerweile hat SAM mehrere Geschwister bekommen. Einige kreative Köpfe sind dabei das Problem der Temperaturdrift des Sensors zu lösen. Es wird bereits an einer komfortablen Auswertesoftware gearbeitet. Dank der Kreativität der Anwender ist SAM auf dem besten Wege, erwachsen zu werden. Einige Hürden gibt es dabei noch zu meistern. Dazu zählt vor allem die Temperaturdrift des Sensors. Vom Frust verpasster Polarlichtereignisse ist allerdings nichts mehr geblieben. Ich habe zwar immer noch kein Polarlicht gesehen. Das liegt aber nicht an verpassten Gelegenheiten sondern am Wetter. Wer Interesse hat ein eigenes Magnetometer zu bauen, findet alle notwendigen Informationen auf meiner Homepage (www.qsl.net/dl3hrt). Aufgrund des immensen Aufwandes werden wir keine weiteren Komplettbausätze mehr zusammenstellen. Wir helfen jedoch bei der Beschaffung der Spezialbauteile (Platine, Mikrocontroller, Display, Sensor usw.). Speziell bei den Sensoren und den Displays lassen sich durch Sammelbestellungen beträchtliche Kosteneinsparungen erzielen. Die anderen Bauteile sind preiswert im Versandhandel zu bekommen. Die Gesamtkosten des Projektes liegen im Bereich eines LV-Okulares von Vixen.
SAM ist uns ans Herz gewachsen und wir sind gespannt, wie sich das Projekt weiterhin entwickeln wird. Falls jetzt jemand denkt, dass ich mich die letzten Monate nur mit SAM beschäftigt habe: Wir bekommen im Dezember ein Kind. Sam werden wir es aber nicht nennen.
Abb. 4: Testaufbau auf gefräster Platine.
"Ikea ... Zang!!!"
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46 F A C H G R U P P E > A T M O S P H Ä R I S C H E E R S C H E I N U N G E N Seltenes Halophänomen von Claudia und Wolfgang Hinz
Abb. 1: 22 Grad -Ring, umschriebener Halo und Horizontalkreis, der durch die Sonne verläuft.
Abb. 2: 22 Grad -Ring, sehr heller oberer Teil des umschriebenen Halos, Horizontalkreis und Wegeners Gegensonnenbogen.
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Abb. 3: Horizontalkreis und Wegeners Gegensonnenbogen, der sich in der Gegensonne kreuzt.
Abb. 4: Vollständiger 22 Grad -Ring und umschriebener Halo, Horizontalkreis sowie der Infralateralbogen (unten rechts).
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Abb. 5: Simulation des Halophänomens von Mark Vornhusen mit dem Programm HALO 3.0.
Abb. 6: An derartigen Kristallen entsteht Wegeners Gegensonnenbogen.
Am 4. April 2002 wurden um die Mittagszeit in Teilen Nordwestdeutschlands sehr helle und seltene Haloerscheinungen beobachtet. Sichtungsmeldungen gingen aus Bielefeld, aus Damme (ca. 100 km nordwestlich von Bielefeld) und aus dem niederländische Deventer bei der Sektion Halobeobachtungen (SHB) des AKM ein. Fotografisch wurde das Ereignis von Martin Liebermann in Bielefeld dokumentiert. Vollständig ausgeprägt waren der 22 Grad -Ring mit beiden Nebensonnen, der umschriebene Halo sowie der Horizontalkreis zu sehen. In Bielefeld zeigte sich noch der rechte Infralateralbogen. Das Besondere war aber das Auftreten der Gegensonne und des noch selteneren Wegeners Gegensonnenbogens.
In der 16jährigen Beobachtungsreihe der SHB sind ca. 80.000 Haloerscheinungen erfasst. Der Wegeners Gegensonnenbogen trat bisher nur 14 mal auf. In der Ausgeprägtheit wie am 4.4. sind bisher nur 4 Sichtungen registriert. Die Gegensonne wurde 84 mal gesehen und von den 1.165 beobachteten Horizontalkreisen waren nur 106 vollständig. Aber auch von den über 32.000 22 Grad -Ringen waren nur etwa 14 %
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vollständig und bei den ca. 3.000 umschriebenen Halos nur 9 %.
Das Wetter an diesem Tag wurde von einer hochreichenden Antizyklone bestimmt, dessen Bodenzentrum über Finnland lag. An ihrer Südflanke setzte sich von Osten her zunehmend kältere Festlandsluft durch, doch im Nordwestdeutschlands herrschte noch die abfließende warme Festlandsluft vor, dessen Hebungsprozesse zur Ausbildung dieser Zirrenfelder führte.
Es muss sich also um ein kleines lokales Zirrenfeld mit den entsprechenden Kristallen gehandelt haben, welches von West nach Ost wanderte. Seltsamerweise scheinen die Eiskristalle auf ihrem ca. 200 km langen Weg nach den Niederlanden kaum an Qualität verloren zu haben.
Der Wegeners Gegensonnenbogen wird durch nahezu ideal horizontal ausgerichtete Säulenkristalle hervorgerufen (Abb. 6). Der Bogen wird undeutlich, sobald die Kristalle etwas von der horizontalen Lage abweichen. Die Lichtstrahlen treten in eine Prismenfläche ein, werden an der Basisfläche reflektiert und verlassen den Kristall an der übernächsten Prismenfläche.
Ausführliche Darstellungen aller Haloarten sowie Informationen zu weiteren atmosphärischen Erscheinungen mit sehr vielen Bildbeispielen finden Sie auf den Internetseiten des Arbeitskreises Meteore / FG Atmosphärische Erscheinungen: http://www.meteoros.de/
Hinweise
Bilder von Martin Liebermann, Barlachstr.13, 33613 Bielefeld Halosimulation von Mark Vornhusen mit dem Programm Halo 3.0
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Aus dem Pixelkästchen ...
Seit geraumer Zeit bieten sich zur chemischen Fotografie der Objekte des Sonnensystems drei Alternativen an: sog. WebCams, handelsübliche Digitalkameras oder Camcorder.
Während die Digitalkamera im PreisLeistungsvergleich zur Zeit eigentlich keine Vorteile zu den wesentlich günstigeren Webkameras bietet - von der Unabhängigkeit zum Computer einmal abgesehen - ist die WebCam als Einstieg in die digitale Himmelsfotografie die Kamera schlechthin. Zahllose Bildbeispiele beweisen das!
Dass der Einsatz der Kameras nur auf Kurzzeitbelichtungen, für Bilder von Sonne, Mond und Planeten beschränkt ist, also nicht für Deep-Sky Aufnahmen, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Das Softwareangebot zum Aufaddieren vieler nicht perfekter Web-Kamerabilder zu einem brauchbaren Endergebnis ist groß und zufriedenstellend.
Etwas mühsam ist manchmal das Handling, denn der bei den meisten Systemen mitgelieferte Treiber erfüllt nicht die gewünschten Erwartungen hinsichtlich der manuellen Bedienung zur Steuerung der
Bildparameter. Ein Experimentierfeld wird der Einsatz der Kamera wohl noch eine Zeit lang bleiben, ist doch der Markt hinsichtlich Produktinformationen über Hard- und Software undurchsichtig und restriktiv. Die WebCam
Liebe Mitglieder,
auf der CCD-Tagung in Kirchheim/ Thüringen wurde die Leitung der VdSFachgruppe CCD-Technik an Herrn Dr. Dennis Möller übergeben. Hans-Joachim Leue hat diese Funktion die letzten Jahre über gewissenhaft ausgeübt und vielen Amateuren mit Rat und Tat zur Seite gestanden. An dieser Stelle möchte sich der VdS-Vorstand im Namen aller Mitglieder der VdS ganz herzlich für sein Engagement bedanken. Mit Dennis Möller nimmt ein Naturwissenschaftler die Fachgruppenleitung in die Hand. Der promovierte Physiker befasst sich beruflich mit der Entwicklung und Anwendung computergestützter Messsysteme für die Automobilindustrie. In seiner Freizeit beschäftigt er sich mit der Herstellung von Optiken und der Hard-
ist eben ein Massenprodukt und damit wie alles auf dem Computersektor den sich ständig ändernden Marktbedingungen unterworfen.
Ihr Hans-Joachim Leue
und Softwareentwicklung von CCD- und CMOS-Kameras. Eine kompetente Betreuung der Fachgruppe CCD-Technik und fachgerechte Beratung für interessierte Amateure ist also gewährleistet.
Anfragen an die Fachgruppe CCDTechnik richten Sie bitte an: Dr. Dennis Möller Sonnenstieg 3, 37085 Göttingen e-mail: moeller-d@gmx.de
Abschließend möchten wir auf darauf hinweisen, dass sich die Fachgruppe CCDTechnik an dem Projekt ,,Zwerggalaxien" der Fachgruppen Astrofotografie und Deep-Sky beteiligen wird (s. dazu den Bericht von P. Riepe und W. Steinicke in dieser Ausgabe des VdS-Journals).
QuickCam Webkamera im Einsatz am Teleskop
von Uwe Ritter
Tauglichkeit von Webkameras an Teleskopen Es ist Winter. Die Minusgrade sind gerade richtig für Webkameras. Sie haben bei normaler Umgebungstemperatur einen hohen Rauschanteil, was sich störend bei nächtlichen Himmelsaufnahmen bemerkbar macht. Hier sind, wie schon mehrfach in der Fachliteratur berichtet wurde, CCDSensoren vorteilhafter als die billigeren CMOS-Sensoren. Eine niedrige SensorenTemperatur wirkt sich also positiv auf die Bildqualität aus, da der Dunkelstrom mit abnehmender Temperatur sinkt. Je kälter der Bildaufnehmer ist, desto besser werden die Bilder. Eine Kühlung der Sensoren, beispielsweise mit thermoelektrischen Kühlelementen, macht außerdem von den Umgebungsbedingungen unabhängig. Sie
Abb. 1: WebCam-Beispiel: Jupiter.
scheidet im vorliegenden Fall herstellungsbedingt jedoch aus. Man sollte befürchten, dass die Lichtempfindlichkeit der Bildelemente für
astronomische Anwendungen nicht ausreicht, werden doch Daten angegeben, die von 1 Lux bis 200 Lux Resthelligkeit reichen. Bei vielen Webkameras, wie der verwendeten QuickCam Pro 3000 von Logitech, treffen die Befürchtungen aber nicht zu. Man findet meist nur wenige bzw. gar keine Herstellerangaben über technische Details, auch nicht im Internet. Meine ersten Versuche mit der QuickCam zeigten, dass man durchaus zufriedenstellende Ergebnisse zumindest von Sonne (natürlich mit geeignetem Sonnenfilter), vom Mond und von den Planeten (Abb. 1) erreichen kann, wenn man die relativ geringe Auflösung der CCD-Chips toleriert. Sie geht meist bei Webkameras nicht über 640 x 480 Pixel hinaus. Die mitgelieferte Treibersoftware ist bezüglich der
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Austausch des Okulars gegen die Kamera, die ja in den Okularschacht gesteckt wird, hat man ein scharfes Bild auf dem Monitor (Abb. 2). Das Objekt selbst noch ins Bildfeld zu bekommen, ist manchmal schwieriger, kann aber aus der Ferne beobachtet werden. Arbeitet man im Fokusbetrieb, dann erhält man u. U. eine Vergrößerung, die größer ist als die sinnvolle maximale Vergrößerung des Teleskops. Das führt dann zu einem nicht ganz klaren Bild, welches aber immer noch besser ist als ein Bild im Okularbetrieb. Der Bildausschnitt ist wegen der höheren Vergrößerung wesentlich kleiner, das Auffinden des Beobachtungsobjektes gestaltet sich schwieriger. Die weiteren Überlegungen gelten der Befestigung der Kamera am Teleskop. Und hier war das Ziel, den Aufwand kostenseitig als auch arbeitsmäßig in Grenzen zu halten.
Abb. 2: QuickCam Pro 3000 am ETX von MEADE.
Einstellung von Belichtungszeiten wenig flexibel. Logitech bietet aber einen Treiber zum Herunterladen aus dem Internet an, der besser geeignet ist und wenigstens Belichtungszeiten von 1/5 Sekunde bis abwärts zu sehr kurzen Belichtungszeiten erlaubt. Auch Empfindlichkeit, Kontrast und Helligkeit, sowie weitere Kameraeinstellungen lassen sich mit diesem Treiber flexibel einstellen.
Betrieb der Kamera Wer kein Notebook besitzt, sondern nur eine stationäre Computeranlage, muss sich Gedanken machen, wie er seine Webkamera als Astrokamera einsetzen und betreiben kann. Teleskop und Rechner liegen, wie in meinem Fall, oft weit auseinander. Die Kamera, die über den USB-Port des Rechners anzuschließen ist, benötigt Kabellängen von mehr als 5 Meter, die möglichst nicht überschritten werden sollten. Bei einer Webkamera lassen sich aber auch ein paar Meter mehr ohne Qualitätsverlust verkraften. Die Kabellänge der QuickCam Pro 3000 ohne neue Signalaufbereitung beträgt etwa 8 Meter. Man sollte hierbei etwas experimentieren, um herauszubekommen, was noch verantwortet werden kann. Braucht man mehr als die ,,erlaubten" 5 Meter, bietet der Fachhandel aktive Verlängerungskabel an, die weitere 5 Meter
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zulassen. Aktive Verlängerungskabel enthalten eine autarke Signal- und Spannungsaufbereitung. Mit ihnen sind auf diese Weise leicht 25 Meter zu überbrücken, vielleicht auch mehr. Das letzte Kabel kann dann ein normales Verlängerungskabel sein. Über die maximal erreichbaren Längen liegen dem Verfasser keine Erfahrungen vor. Leider sind aktive Verlängerungskabel sehr teuer. Man sollte auch darauf achten, dass sich an jedem Ende ein Stecker bzw. eine Buchse vom Typ A befindet. Üblich sind in Computerläden die Kombination Typ A an einem Ende, am anderen Typ B. In allen Fällen wird ein sorgfältiger Preisvergleich empfohlen. Die Preisunterschiede sind enorm. Und hier sind die großen Elektromärkte nicht unbedingt die preiswertesten Anbieter. Der Monitor steht oft auch weit entfernt vom Teleskop. Eine Beurteilung des Kamerabildes wird damit schwierig. Wie stellt man scharf und welcher Bildausschnitt wird aufgenommen? Man kann sich so helfen, dass man den Monitor im Blick behält und mit Hilfe eines Fernglases versucht, das Bild auf dem Monitor scharf zu stellen. Besser wäre es jedoch, wenn man zumindest die Bildschärfe nicht kontrollieren muss. Dazu wurde ein OkularAdapter angefertigt, mit dem sich das Bild im Okular scharf stellen lässt. Nach
Realisierungsvorschlag Das beschriebene Konzept wurde für ein ETX 90 von MEADE umgesetzt, lässt sich aber leicht auch bei anderen Teleskopen realisieren. Es werden Teile benötigt, die im Okularschacht befestigt werden können sowie Verbindungsstücke zwischen dem Okularschacht und der Kamera. Die Baumärkte und der Fachhandel bieten Metall-Rohrelemente mit einem Durchmesser von 32 mm oder 1 1/4" aus dem Sanitärbereich. Daraus lässt sich das Einsatzstück in den Okularschacht anfertigen. Man sollte darauf achten, dass keine Grate und Späne übrigbleiben, die das Teleskop beschädigen könnten. Kunststoffteile, die aus dem Sanitärbereich für Wasserleitungen verwendet werden, insbesondere Übergangsstücke zum Anpassen von Rohrdurchmessern, eignen sich als Halterung für den kugelförmigen Kamerakopf der QuickCam (Abb. 3).
Abb. 3: Rohrübergangsstück als Basis für den Kamera-Adapter.
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Für den Okulareinsatz wird aus dem 32 mm-Metallrohr ein Stück der Länge von ca. 30 mm herausgeschnitten und entgratet. Aus einem Kunststoffrohr-Übergangsstück schneidet man ein Stück aus dem schmaleren Rohrstück so heraus, dass man den konischen Übergang zum erweiterten Querschnitt mit einbezieht. Auf diesem konischen Teil wird später der Originalkamerakopf der Webkamera aufgeschraubt. Der Innendurchmesser des schmaleren Kunststoffrohrs muss nun von 36 mm auf 32 mm verengt werden, damit das Metallrohrstück fest sitzen kann. Dazu wird ein ca. 10 mm langes Stück des Kunststoffrohres mit kleinerem Durchmesser verwendet, aus dem vom Umfang ein Segment herausgeschnitten wird. Das Stück lässt sich danach in das Kunststoffrohrstück einlegen. Der Innendurchmesser ist dadurch auf 32 mm verringert. Der zurechtgekürzte Okulareinsatz aus dem Sanitärrohr kann nun eingesetzt, und wenn man will, mit Silikonmasse zusätzlich befestigt werden. Das konische Stück des Kameraträgers schraubt man mit drei Schrauben am Kunststoffgehäuse der Kamera fest (Abb. 4). Am besten justiert man Kameraachse und Okularachse, indem man das Bild der laufenden Kamera am Monitor beobachtet. Das Kameraobjektiv wird bei fokaler Arbeitsweise vor der Montage des KameraAdapters entfernt. Der Bildsensor ist mit einer IR-Filterscheibe abgedeckt und ist somit auch gegen Staubpartikel geschützt. Zum Schutz der freiliegenden IR-Filterscheibe, die man vorsichtig mit geeigneten Mitteln reinigen kann, und zum Aufbewahren der Kamera, kann man den Deckel eines Filmdöschens verwenden. Auf dieselbe Weise, wie der KameraAdapter hergestellt wurde, geht man beim Bau des Okularadapters vor. Man benötigt dazu nur den schmalen Teil des Übergangsrohres (Innendurchmesser 36 mm). Die ungefähr benötigte Länge bestimmt man experimentell folgendermaßen: Man ersetzt das Okular durch die Kamera auf dem selbstgebauten Kameraträger und stellt danach das Bild auf dem Monitor scharf. Am Teleskop wird nun nichts mehr verändert. Jetzt tauscht man die Kamera wieder gegen das Okular aus und zieht es aus dem Schacht soweit heraus, bis man das Objekt wieder scharf sehen kann. Man merkt sich, wie weit das Okular herausgezogen werden musste. Um diesen Betrag muss der Adapter das Okular gegenüber der Originalposition anheben, damit die
Abb. 4: Fertige Kamera mit Adapter.
Abb. 5: Okular mit Zwischenadapter. Scharfstellung von Okular und Kamera übereinstimmt. Die Länge des Okularadapters ist so zu bestimmen, dass das Okular ungefähr 20 mm aus dem Kunststoffrohr herausschaut. Den exakten Abstand stellt man durch einen Ringeinsatz geeigneter Höhe (für das 26 mm Okular des ETX 90 sind es 32 mm) ein. Der Ring wird wie bei der Durchmesseranpassung am Kameraträger ausgeschnitten und in das Adapterrohr geschoben. Er stellt den
richtigen Abstand zum Okular ein (Abb. 5). Die Kosten liegen ohne Verlängerungskabel bei 10-20 EURO. Wie reinigt man am besten die IRSperrfilterscheibe, die zwischen Kameralinse (wurde entfernt) und Bildaufnehmerchip liegt? Hier hilft ein Strohhalm zum Absaugen der Staubpartikel. Zum Reinigen der Scheibe sollte man ein sanftes Reinigungsmittel bzw. Waschbenzin und ein Wattestäbchen verwenden.
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ASTRONOMICAL IMAGE PROCESSING und ASTROART: ein Vergleich
von Rainer Schulze
ASTROART (AA) ist nur wenig teurer als ASTRONOMICAL IMAGE PROCESSING (AIP), das zusammen mit dem sehr guten gleichnamigen Buch ausgeliefert wird [1]. Da beide Programme auch für dieselben Anwendungen gedacht sind, wird sich mancher fragen, welches der beiden das bessere ist. Anhand von einigen Abläufen, die fast bei jeder Bildbearbeitung auftauchen, möchte ich die Programme (AIP4WIN in der Version 1.4.1, AA in der Version 2) vergleichen.
Der Programmaufruf AIP meint, daß der Anwender 10 Sekunden braucht, um zu merken, daß er AIP aufgerufen hat. So lange lässt das Programm (bei einem 200 MHz-Rechner) das Eingangsbild stehen. AA ist der Ansicht, daß man in weniger als 3 Sekunden Bescheid weiß und schaltet weiter. AIP weist so unfreiwillig gleich am Anfang darauf hin, daß bei ihm alle Rechenvorgänge ein bisschen länger dauern werden als bei seinem Konkurrenten.
Die Anfangskontrolle der Bilder Bevor man in die Bildverarbeitung einsteigt, sollte man das Rohmaterial sichten und die schlechten Bilder aussortieren. AA schafft es, jedes aufgerufene Bild gleich richtig skaliert auf dem Bildschirm wiederzugeben. AIP kennt zwar auch die automatische Streckung der Pixelwerte über den Abbildungsbereich, man muss aber dessen Anfangs- und Endwert mit Reglern eingeben (Abb. 1). Die Einstellung kann man für eine spätere Verwendung abspeichern. Bei vielen Bildern passen aber weder die voreingestellten noch die abgespeicherten Werte, und so muß man dann häufig nachregeln. Die Regler haben leider nur kurze Regelbahnen und die unangenehme Eigenschaft, dass sie auf dem Bild so lange keine Veränderung bewirken, wie man die Maustaste gedrückt hält. Erst nach deren Loslassen tritt die Bildänderung ein mit dem Ergebnis, daß man meist feststellen muß, danebengeregelt zu haben. Durch die Kürze der Regelbahnen bewirken bei kleinen Werten schon kleine Verschiebungen große Ände-
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gramm durch eine Gegenspiegelung. Doch nun kommt der Haken: Die Korrekturen erfolgen nur auf dem Display, die Datei selbst bleibt unverändert. Das sorgt für Überraschungen, wenn man die Bilder mit einem weiteren Programm verarbeiten oder zeigen will. Die Dateien werden erst mit den Befehlsfolgen Transform/Resample/ Square Pixels/Apply und Transform/Flip geändert. Bei dem nicht unwichtigen Korrigieren der Seitenverhältnisse ist AA dem AIP überlegen: Man kann in AA einstellen, wie die Helligkeitswerte der hinzuzufügenden Pixel interpoliert werden. Wählt man die Gauss-Funktion, dann bleiben die Sternabbildungen selbst bei Vergrößerungen rund.
Abb. 1: Streckung der Pixelwerte bei AIP.
rungen im Bild, und man ist gezwungen, mit den Aufwärts/Abwärts-Tasten zeitaufwendig die Darstellung zu optimieren. Nach der Durchsicht der Bilder kann man in AA alle aufgerufenen Bilder mit zwei Klicks verschwinden lassen, bei AIP muß jedes Bild einzeln weggeklickt werden. Das ist besonders nach der Durchsicht von Serien nervig.
Die Vorbehandlung (Preprocessing) Wie hat man in AIP vorzugehen, wenn man zum Beispiel die Bilder einer Aufnahmeserie eines Deep-Sky-Objekts zu einem Summenbild addieren will? Zunächst ist die Art des Vorgehens festzulegen. Nehmen wir an, wir hätten neben der Reihe von Aufnahmen des eigentlichen Objekts auch Darkframes, Flatframes und Darkflats hergestellt, dann wählen wir Option Calibrate/Standard (Abb. 2).
Und nun beginnt eine Tortur: Zunächst werden die Darkframes eingelesen, indem
Eine Besonderheit von AIP soll hier nicht unerwähnt bleiben. Das Programm läßt sich so einstellen, dass z. B. von Kameras mit nichtquadratischen Pixeln, wie z. B. der Cookbook, die Bilder gleich im richtigen Seitenverhältnis wiedergegeben werden. Bei der Cookbook kommt noch hinzu, dass deren Bildausgabe im FITSFormat die Bilder spiegelt. Auch das korrigiert das Pro-
Abb. 2: Kalibrierung in AIP.
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man auf die Schaltfläche <Select Dark Frames> klickt. Mehrere Darkframes kann man aber nur dann einlesen, wenn sie in einem Ordner unmittelbar hintereinander stehen. Stehen sie an verschiedenen Stellen, weil man zwei unterschiedlich benannte Gruppen gebildet hat, eine vor und eine nach den eigentlichen Aufnahmen des Objekts, dann bleibt einem nichts anderes übrig, als mit dem Windows-Explorer einen Hilfsordner anzulegen, in den nur diese Darkframes eingelesen werden, so daß sie anschließend als Block in AIP eingegeben werden können. Ist das geschehen, kann das Master-Darkframe gebildet werden. Dann ist <Select Flat Frames> zu drücken. AIP kommt nicht auf die Idee, daß die Flatframes im selben Verzeichnis stehen könnten wie die Darkframes, sondern bietet erstmal den Ordner an, in dem die Flatframes der vorigen Bildbearbeitung zu finden sind. Also ist der Ordner zu wechseln und zu hoffen, daß diesmal alle einzulesenden Dateien hintereinander aufgereiht sind. Sonst ...
Nun ist dem Programm mitzuteilen, daß man beabsichtigt, Darkflats von den Flatframes abzuziehen. Dann kann man <Select Flat-Darks> drücken und wieder wird ein Ordner aus früheren Tagen angeboten. Zum Abschluß ist das Master-Flatfield zu bilden. Hat man alle Eingabehürden erfolgreich genommen, kann man das Fenster wegklicken.
Der zweite Abschnitt beginnt: Die Befehlsfolge Multi-Image/Auto-Process/ Deep Sky öffnet ein neues Fenster (Abb. 3). Zunächst sind die Dateien mit dem eigentlichen Motiv einzulesen und wieder öffnet sich ein historischer Ordner und nicht etwa der gerade vorher aufgerufene. Nun kann man nur hoffen, daß diesmal alle einzulesenden Dateien hintereinander im Ordner stehen, sonst muß man wieder mit einem Hilfsordner arbeiten. In das Kästchen <Calibrate Image> ist unbedingt ein Häkchen zu setzen, denn sonst wird von den zu addierenden Bildern kein MasterDarkframe abgezogen und kein MasterFlat berücksichtigt. <2xResample> kann bei kleinen Dateien die Justiergenauigkeit erhöhen, andererseits aber bei größeren Dateien zu der Fehlermeldung führen, dass die Datei zu groß geworden ist. Sehr gut ist die Möglichkeit, das Übereinanderjustieren der Einzelbilder mit zwei Sternen durchzuführen. Manuelles und automatisches Übereinanderlegen erfolgen mit Hilfe von kreisförmigen Justierfeldern, deren Größe
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Abb. 3: Preprocessing in AIP. Abb. 4: Preprocessing in AA.
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man wählen kann. Von den Erweiterungsoptionen würde ich gegebenenfalls nur das Feld <Square up Pixels> wählen und alle anderen Schritte erst am aufsummierten Bild durchführen.
AA geht in diesem Abschnitt der Vorbehandlung wesentlich geschickter vor (Abb. 4). Unter Tools/Preprocessing öffnet sich ein Fenster mit acht Unterfenstern. Die linken beiden dienen dazu, die gewünschten Dateien anzuzeigen. Jetzt kann man sie einzeln oder gebündelt einfach per Drag &Drop in die restlichen sechs Fenster verteilen, die Motive in das Image-Fenster, die Darkframes in das entprechend beschriftete Fenster usw. Sind keine Flats vorhanden, werden einfach keine eingetragen und bei der Rechnung keine berücksichtigt. Master-Darks werden automatisch gebildet, sobald mehr als zwei eingetragen sind, usw. In den Karteikarten <Options> und <Operations> kann man dann eintragen, wie man den weiteren Ablauf gestalten will. Hervorzuheben ist hier die manuelle Methode des Übereinanderlagerns. Mit einem roten Kreuzcursor lassen sich in einem stark vergrößerten Teilbild die einzelnen Dateien subpixelgenau übereinanderlegen und schlechte Bilder gleich aussortieren. Leider kann man an dieser Stelle kein Überlagern mit zwei Sternen durchführen, so daß keine Felddrehungen berücksichtigt werden können (das ist in diesem Programm nur mit Coregister möglich).
Die Unscharfe Maske In AIP öffnet sich nach dem Aufruf der Unscharfen Maske ein Fenster mit zwei Mini-Schiebereglern (Abb. 5). Radius und
Kontrast lassen sich verändern. An dem dargestellten Bild ändert sich wieder zunächst nichts. Erst nach Apply beginnt das Programm mit der Berechnung.
Nach einer dreiviertel Minute kann man das Ergebnis in einem neuen Bild betrachten. Wenn man danebengeregelt hat, und das ist zunächst der Regelfall, muß man wieder eine dreiviertel Minute warten, bis das nächste, hoffentlich bessere Ergebnis vorliegt. Wie kann es nur angehen, daß PHOTOSHOP den gleichen Vorgang in Echtzeit schafft? Dafür kann man in AIP sechs Typen von Unscharfen Masken anwählen. Die ersten drei bringen leichte Unterschiede, die letzten drei sind für die normale Bildschärfung nicht verwendbar, sie erzeugen mehr oder weniger reliefartige Veränderungen.
AA braucht für die Berechnung der Unscharfen Maske (Abb. 6) statt der dreiviertel Minute nur zwei Sekunden (für das gleiche Bild), wäre also in diesem Fall gut zwanzigmal so schnell. Statt Radius und Contrast gibt es bei AA die Regler Sigma und Coeffizient und das wichtige Feld <Adaptive>. Setzt man den Haken in dieses Feld, dann vermeidet man automatisch die Bildung der dunklen Ringe, die sich sonst bei Anwendung der Unscharfen Maske um die Sterne bilden. In AIP kann man den hässlichen Effekt nur durch
Jonglieren mit dem Radius der Unscharfen Maske verhindern ... und das dauert. Leider regelt AIP im Gegensatz zu AA auch nicht die unteren und oberen Schwellwerte der Skalierung nach, so daß das geschärfte Bild sich leicht völlig verändert und erst durch eine zeitaufwendige Neujustierung wieder hergestellt werden muß.
Das Schärfungsfilter In AIP wird ein Schärfungsfilter mit Enhance/Convolution Filters/Sharpen aufgerufen. Für die Schärfung von Sternaufnahmen ist es unbrauchbar: Es produziert die bekannten hässlichen schwarzen Ringe. Mit dem entprechenden Filter von AA würde das gleiche passieren, aber hier gibt es zusätzlich noch das sehr wirksame Hochpassfilter (Abb. 7).
Abb. 6: Unscharfe Masken in AA.
Das Hochpassfilter von AA hat neben dem Regler für die Stärke die Kästchen <Adaptive> und <FFT> (Fast Fourier Transformation). Bei Sternaufnahmen muss wieder <Adaptive> zur Vermeidung der schwarzen Ringe gewählt werden, wogegen <FFT> bei Planetenaufnahmen eine hochwirksame Filterwirkung ergibt. In AIP gibt es die Möglichkeit, mit dem Butterworth-Filter zu schärfen (Abb. 8). Hier muß man wieder mit dem Pass-Radius jonglieren, um zu verhindern, daß die Sterne nach dem Schärfen schwarze Ringe
Abb. 7: Hochpass-
filter in AA.
Abb. 5: Unscharfe Maske in AIP.
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Abb. 9: Gradation in AA.
Abb. 10: Gradation in AIP.
Abb. 8: Butterworth-Filter in AIP.
tragen. Nach dem <Apply Filter> ändert sich zunächst wieder am Ausgangsbild nichts, erst nach zwei (!) Minuten ist das geschärfte Ergebnis zu sehen.
Da man damit selten gleich nach dem ersten Anlauf zufrieden ist, artet die Aktion zu einer langwierigen Angelegenheit aus.
Die Optimierung der Helligkeitswerte In der Regel läßt sich das Ergebnis der automatischen Skalierung noch verbessern, indem man die unteren und oberen Endpunkte verändert und den Kurvenverlauf (die Gradationskurve) zwischen diesen Punkten dem Motiv anpasst. In AA geht das einfach in Echtzeit, z. B. mit den langen Schiebereglern (Abb. 9). In AIP sind die Endwerte wieder ,,blind" einzustellen (Abb. 10). Danach ist <Auto Scale> zu drücken, und nach <Preview> ist das Ergebnis in einem kleinen Nebenfenster zu begutachten. Erst nach einem <Apply> wird ein verändertes Normalbild aufgebaut. Nicht selten muß man dann feststellen, daß dieses nicht den Erwartungen entspricht (die kleine Darstellung läßt nur eine ungefähre Beurteilung zu), und die Aktion ist zu wiederholen.
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Fazit Das Arbeiten mit AIP ist mühsam und bringt keine besseren Ergebnisse im Vergleich zu AA. AA ist in seinen Funktionen leichter zu durchschauen und damit zielsicherer und einfacher zu handhaben, außerdem ist es teilweise erheblich schneller. Ich habe eine Zeitlang die beiden Programme parallel benutzt, mit AIP artete die Arbeit öfters zur Geduldsprobe aus, mit AA konnte ich stets zügig vorankommen. Ich habe den Eindruck, daß AIP seine DOS-Vergangenheit bisher nicht abschütteln konnte.
Ich bin sehr an der Meinung anderer Anwender der beiden Programme interessiert, besonders dann, wenn sie der Ansicht sind, daß sie mit ASTRONOMICAL IMAGE PROCESSING besser arbeiten können als mit ASTROART.
Literaturhinweise
[1] Celnik, W.E., 2001: Rezension ,,Handbook of Astronomical Image Processing", VdS-Journal I / 2001(Sommer), 155
,,Wieso hat der denn seinen Refraktor so asymmetrisch montiert, dass er sogar noch ein Extra-Gegengewicht angebracht hat, Kos???"
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Selbstbau-CCD-Astrokamera für jedermann
von Matthias Rimkus
- Teil 2 -
Im ersten Teil des Beitrages [1] behandelte der Autor die CCD-Sensor-Grundtypen und verglich die Spektrale Empfindlichkeit des Auges mit der verschiedener CCDSensoren. Prinzipielle Überlegungen zum Dunkelstrom, dem Ausleserauschen und der Messelektronik führten in die Technik einer CCD-Kamera ein. Hinweise zur Spannungsversorgung und zur Temperaturregelung mittels Peltier-Kühlung rundeten die Einführung ab. Hier nun der zweite Teil des Beitrages.
Die Entwicklung des MR_084/085 CCD-Kamera Bausatzes Das Ziel der Entwicklung war eine flexible Kameraelektronik und Mechanik, die schnell auch an andere CCD-Chips angepasst werden kann. Die Baugruppen von Kameras wie Spannungsversorgung, Datenübertragung, Messtechnik, PeltierKühler sind immer sehr ähnlich, deshalb wurde auf maximale Performance dieser Baugruppen geachtet. So ist z. B der Messverstärker besser als unbedingt erforderlich. Ein erstes Ergebnis dieser Entwicklung ist, das die Kameraelektronik mit geringen Modifikationen für den ICX084 mit 659 x 494 Pixeln und den ICX085 mit 1300 x 1030 Pixeln verwendbar ist. Die Modifikationen erfordern jedoch für jeden CCD-Chip eine eigene Platine. Auch am Timing für den Chip muss einiges angepasst werden. Um Geld zu sparen, wurde die Entwicklung mit dem preiswerteren ICX084 begonnen, da bei einer Entwicklung immer wieder einmal Bauteile sterben, und wer will gleich Sensoren im Wert von ein paar Tausend Mark zerstören. Inzwischen gibt es für des ICX085 eine verbesserte Version ICX285 mit höherer spektraler Empfindlichkeit. Da das Design noch aussteht, werde ich natürlich mit dem ICX285 Chip eine Megapixel Kamera bauen.
Die Elektronik der MR_084/085 CCDKamera Das Konzept der MR_084 Kamera sieht vor, alle Elektronikkomponenten inklusive CCD-Sensor auf einer einseitig bestückten Platine zu vereinigen. Um mit der vorgege-
Abb. 7: Platine der MR_084 CCD-Kamera.
ben Platinengröße von 96 x 160 mm auszukommen, ist der Einsatz einer gemischten Bestückung aus SMD-Bauteilen (surface mounted device) und diskreten Bauteilen notwendig. Da der Abstand zwischen den Bauteilepins teilweise nur 0,5 mm beträgt, kommt eine Bestückung durch den Hobbyelektroniker nicht mehr in Frage. Auch die Frage der Bauteilebeschaffung ist nicht einfach zu lösen, da einige der hochwertigen Bauteile nicht als Einzelkomponenten verkauft werden. Aus diesen Gründen wird die Platine fertig bestückt und getestet ausgeliefert. An den fertigen Print sind nur noch die Verbindungen für Eingangsspannung, Lüfter, Peltier-Kühler und Temperatursensor anzulöten.
Abb. 8: Kühlfinger
Spannungsversorgung Hier wird die 12V-Eingangsspannung gefiltert, gegen überhöhte Eingangsspannungen und Verpolung geschützt. Anschließend werden zwei mal +5 V, sowie über Ladungspumpen und Spannungsregler +15 V und -7,5 V erzeugt. Ein über den Druckerport regelbarer Schaltregler erzeugt die Stromversorgung für das Peltier-Element.
PC-Druckerinterface Hier werden die ein- und ausgehenden Signale zwischen PC und Kamera gefiltert und begrenzt.
DSP-Signalprozessor Als Besonderheit gegenüber den meisten Kameras besitzt die MR_084 einen eigenen Prozessor. Damit lässt sich das Timing des CCD-Chips unabhängig vom PC gestalten. Da der PC unter Windows kein echtes Multitasking besitzt, kann das Kameraprogramm jederzeit durch Windows unterbrochen werden. Dies führt bei Kameras ohne Prozessor zu Ungenauigkeiten bei kürzeren Belichtungszeiten und lässt den Dunkelstrom bei längeren Unterbrechungen stark ansteigen.
Es wird nicht wie sonst üblich der CCDSensor direkt über die Druckerportleitungen angesteuert, sondern der PC
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Abb. 9: Steuerprogramm MR_PC mit Bild des Ringnebels.
überträgt Befehle über die Druckerportleitungen an den Signalprozessor, die dieser dann ausführt. Gleichzeitig können die Ergebnisdaten bei der Übertragung zum PC komprimiert und damit schneller übertragen werden.
A/D Wandler und Messverstärker Zum Einsatz kommt ein serieller 16 bit A/D Wandler, der durch den DSP gesteuert wird. Um das CCD-Sensor-Ausgangssignal an den Eingangsbereich des A/DWandlers anzupassen, dient der Messverstärker. Der Messverstärker ist als ,,dual slope integrator" aufgebaut. Durch die Integration während der Reset- und der CCD-Signalphase wird Rauschen während der Messzeit ausgefiltert und es ist nur eine Messung des Ergebnisses im ,,double correlated sampling mode" notwendig. Dies halbiert die Messzeit pro Pixel.
CCD-Sensor und Pegelwandler Die vom DSP kommenden Signale (0 und 5 V) werden über Pegelwandler an die Erfordernisse des CCD-Sensors angepasst (-7,5 V, +15 V, +22 V). Der CCD-Sensor wird über die Pegelwandler angesteuert und führt die Befehle Bild löschen,
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Bildaufnahme, Bildpunke auslesen und schieben aus.
Die Mechanik der MR_084/085 Kamera Das Konzept der Kameramechanik sieht vor, dass Kamerakopf und Kühlereinheit fest mit der Platine verbunden werden. Dadurch ist die Kamera auch ohne Gehäuse schon betriebsfertig und es können Inbetriebnahmemessungen an der offenen Kamera bei geschlossener Kühlkammer vorgenommen werden.
Kamerakopf Der Kamerakopf besteht aus insgesamt vier Drehteilen. Zwei Teile bestehen aus einem Epoxydharz/Glaskugel-Gemisch mit geringer Wärmeleitfähigkeit, die anderen aus Aluminium. Den Abschluss des Kamerakopfes bildet ein Adapter mit einem T2-Gewinde, so dass verschiedenste Okularauszüge angeschlossen werden können. Standardmäßig wird ein Adapter für 1 1/4"-Okularauszüge mitgeliefert. Als Frontfenster dient ein vergütetes Glas.
Peltier-Kühlereinheit Um einen geringen Leistungsbedarf bei maximaler Kühlleistung zu ermöglichen,
wird ein zweistufiges Peltier-Element eingesetzt. Um die Wärmeverluste gering zu halten, sind die Wände der Kühlkammer aus Kunststoff und nicht wie bei anderen Kameras aus Metall. Um die durch das zweistufige PeltierElement erzeugte Wärme abzuführen, dient ein speziell für Peltier-Elemente entwickelter Kühlkörper mit Lüfter. Es hat für seine Baugröße einen sehr geringen Wärmewiderstand von 0,4 K / W und erwärmt sich im Betrieb nur um etwa 3 Grad.
Gehäuse Der Gehäuseboden kann mit einem Ring mit dem Kamerakopf verschraubt werden. Die restlichen Teile des Gehäuses werden dann am Gehäuseboden verschraubt. Das Gehäuse ist somit nur eine Hülle um die Platine.
Das Programm zur MR_084 Das Programm zur MR_084 besteht aus einem auf dem Kameraprozessor laufenden Programm-Teil und einem WindowsProgramm, das auf dem PC läuft. Das Programm für den Kameraprozessor ist fest in einem EPROM untergebracht und sorgt für die Interpretation und Ausführung
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Abb. 10: Kamera für ,,first light"-Aufnahme.
Aktueller Stand der Dinge Nach einer Vielzahl von Messungen und Optimierungen sah die Kamera am 25.08.01 ,,first light". Zur Bildaufnahme diente ein 56/130 mm Objektiv auf einer fixen Montierung. Bei einer Belichtungszeit von 1 Sek. konnten 10,5 mag erreicht werden. Extrapoliert auf ein C8 sollte 19 mag in cirka 7 Min. erreicht werden.
Zu Redaktionsschluss gelang mir noch die im Programmfenster abgebildete Aufnahme vom Ringnebel in der Leier. Sieben Bilder zu je 30 Sekunden Integrationszeit mit einem 4-Zoll-Refraktor wurden mit Astroart aufaddiert. Seeing 4,8 mag, Bildauflösung 1,2" / Pixel, Grenzgröße ca. 17,5 mag.
der vom PC kommenden Befehle. Durch die Komprimierung der Bilddaten während der Übertragung hat die Kamera die schnellste Bildladezeit aller mir bekannten Kameras mit Druckerport.
Das Programm des Kameraprozessors Der Grundgedanke für einen eigenen Kameraprozessor lag in der Beschleunigung der Datenübertragung zum PC. Da die Steuerung über den Druckerport sehr langsam ist und gegenüber der ,,Cookbook"-Kamera viel mehr Signale zu steuern sind, wäre die Bildübertragung sehr langsam geworden. Gerade für die Megapixelkamera finde ich Bildladezeiten von über einer Minute nicht akzeptabel. Insbesondere besteht durch einen eigenen Kameraprozessor die Möglichkeit, die zu übertragenden Daten zu komprimieren und dadurch die Übertragung zu beschleunigen. Im Laufe der Entwicklung ergaben sich weitere Vorteile wie die exakte Einhaltung der Belichtungszeit oder ein sehr kleiner Dunkelstrom.
Das Programm MR_PC unter Windows Das PC-Programm bietet alle Basisfunktionen zur Bildaufnahme und Bildspeicherung. Alle Bilddaten werden grundsätzlich im FITS-Format gespeichert und geladen. Das Programm trägt die wichtigsten Bilddaten wie Datum, Uhrzeit, Belichtungszeit, CCD-Temperatur automatisch im FITS-Header ein. Diese Angaben können von Hand ergänzt werden. Durch FITS ist die Kompatibilität der Bilder zu allen
Bildverarbeitungsprogammen gegeben. Das Programm enthält bewusst keine Bildverarbeitungsoperationen, da es sinnvoller ist, eine ausgefeilte externe Bildverarbeitungssoftware zu verwenden als das Rad zum zehnten Mal zu erfinden. Alle wichtigen Kameraparameter sind ohne Untermenüs direkt auf der Programmoberfläche einstellbar. Ein Blick auf das Programmbild zeigt alle Funktionen.
Kameradaten
Kamera
MR_084
Pixel
659 x 494
Sensor
ICX084
Chipgrösse
5,1 mm x 3,7 mm
Pixelgrösse
7,4 µm
Full well (e)
40.000
Dark current (-100C) 0,01e typ.
Max. Quantenausb. 50 %
Kühlleistung
Delta 40 Grad
Ausleserauchen (e) 10-12 typ.
Binning
1, 2, 3 fach
Temperaturregelung Ja
Antiblooming
Ja
Verschluss
elektronisch
Bildladezeit Vollbild 4 s
A/D Wandler
16 bit
Belichtungszeit
0,01 ... 6.500 s
Gewicht
700 g
Abmessungen (mm) 110 x 170 x 90
Interface
parallel
Alle Baupläne, Messungen, Hintergrundinformationen sowie die neuesten Bilder sind auf meiner Homepage (unter: http://home.t-online.de/home/mrimkus/ astrmain.htm) einsehbar. Die Baupläne sind als Fotoserie mit kommentierendem Text gehalten. Für Hobbymechaniker sind auch alle Maßzeichungen der mechanischen Teile vorhanden. Der obligatorische Grundbausatz Mechanik umfasst alle EMV-relevanten Bauteile wie Gehäuse, Lüfter, Peltierelemente und muss in jedem Fall erworben werden. Der Komplettsatz Mechanik beinhaltet alle mechanischen Teile fertig bearbeitet. Die Mechanikteile müssen mit der Kameraplatine nur noch richtig zusammengesetzt werden. Der Elektronikbausatz beihaltet die komplett aufgebaute Kamera-Platine, das Netzteil, das Druckerkabel sowie eine CD mit Bauanleitung und Kamerasteuerprogramm. Zur Fertigstellung sind an der Platine noch einige Kabel für Lüfter, Peltierelement, Temperatursensor und Spannungsversorgung anzulöten. Wer sich das alles nicht zutraut, kann auch die komplett aufgebaute Kamera erwerben. Sternfreunde ohne Internetzugang sollten sich direkt an mich wenden, um die CD mit der Bauanleitung zu bekommen. Tel.: 07621/169651.
Literaturhinweise
[1] Rimkus, M., 2002: Selbstbau-CCDAstrokamera für Jedermann, Teil 1, VdS-Journal I / 2002 (Frühjahr), 48
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Leoniden 2001 -
Auswertungen von visuellen und Videobeobachtungen
von Sirko Molau und Rainer Arlt
In den letzten beiden VdS-Journalen sind bereits erste Beobachtungsberichte zu den Leoniden 2001 und schöne Schnappschüsse vom Meteorsturm veröffentlicht worden. In diesem Beitrag soll es weniger um ,,pretty pictures" sondern vielmehr um die Auswertung von visuellen und Videobeobachtungen gehen. Haben sich die Leoniden 2001 wie vorhergesagt verhalten oder gab es große Überraschungen? Was haben wir bisher aus den Beobachtungen gelernt und was steckt vielleicht noch in den gesammelten Daten?
Rückblick Schauen wir zunächst auf die Leonidenprognosen zurück, die vor dem Maximum 2001 veröffentlicht wurden. Allgemein kann man zwei Gruppen von Prognosen unterschieden. In die erste Kategorie fallen die sogenannten Dust-Trail-Modelle. Sie beruhen auf der Erkenntnis, dass die Staubteilchen den Kometenkern zwar in alle Richtungen verlassen, im Laufe der Zeit jedoch nicht gleichmäßig auseinanderdriften sondern einen sehr langen und schmalen Schlauch von Staubteilchen, einen sogenannten Dust-Trail, bilden. Da der Mutterkomet gravitativen Störungen unterworfen ist, erzeugt er bei jedem Periheldurchgang einen neuen Trail an einem etwas anderen Ort. Zudem sind die Trails selber sowohl gravitativen als auch nichtgravitativen Störungen (Strahlungsdruck durch die Sonne, Yarkovski-Effekt) unterworfen. Die Kunst der Meteorsturmvorhersage besteht nun darin zu berechnen, wo genau sich die Trails zur heutigen Zeit befinden, wie hoch ihre Meteoroidendichte ist und wann ihnen die Erde wie nahe kommt. Die Dust-Trail-Modelle wurden zwar
schon Mitte der achtziger Jahre von sowjetischen Astronomen publiziert [1], erfuhren jedoch erst Ende der 90er Jahre den großen Durchbruch, als man die Leonidenausbrüche mit ihrer Hilfe plötzlich nahezu minutengenau vorhersagen konnte. Vor dem Leonidenmaximum 2001 gab es drei verschiedene Prognosen, die auf den ersten Blick ähnlich waren. Am 18. November sollte gegen 10 Uhr UT ein Leonidensturm über Nordamerika (hervorgerufen durch den 7 Umläufe alten Dust-Trail) und ein zweiter gegen 18 Uhr UT über Ostasien (hervorgerufen durch die 9 und 4 Umläufe alten Trails) zu beobachten sein. Im Detail unterschieden sich die Modelle aber doch (Tabelle 1). McNaught und Asher [2], die mit ihren Vorhersagen zum Leonidensturm 1999 für das Revival der Dust-Trail-Modelle sorgten, prognostizierten das amerikanische Maximum knapp an der Grenze zu einem Meteorsturm, wohingegen das asiatische Maximum um eine ganze Größenordnung stärker ausfallen sollte. Das Modell von Lyytinen et al. [3], das im letzten Jahr die besten Ratenvorhersagen geliefert hatte, ähnelt dem von McNaught und Asher. Zusätzlich wurden jedoch weitere nichtgravitative Effekte bei der Evolution der Dust-Trails einbezogen. Das resultierte in bis zu 30 Minuten abweichenden Maximumszeiten und einem stärkeren amerikanischen und schwächeren asiatischen Peak. Auch hier wurde jedoch die höchste Aktivität in Asien erwartet. Nachdem Jenniskens aus den Leonidenbeobachtungen der letzten Jahre eine systematische Verschiebung der Dust-Trails senkrecht zur Erdbahn abgeleitet hatte, veröffentlichte er eine weitere Prognose [4] mit wieder leicht veränderten Maximums-
zeiten. Bei ihm sollte der 7 Umläufe alte amerikanische Trail deutlich stärker als die beiden asiatischen Trails abschneiden. Erst die Überlagerung der 9 und 4 Umläufe alten Trails ließ bei dieser Vorhersage etwa gleiche Zenitraten an beiden Orten erwarten. Ein grundsätzlich anderes Modell wurde von Brown und Cooke verwendet [5]. Hier werden nicht Dust-Trails als Ganzes verfolgt sondern gezielt die Ausstoßbedingungen der Meteoroide am Kometenkern modelliert und die Bahnen von Millionen von Teilchen über Jahrhunderte hinweg integriert. Insgesamt scheint die Zahl der simulierten Teilchen aber noch immer deutlich zu klein für präzise Meteorsturmvorhersagen zu sein. Während DustTrails im wesentlichen eindimensionale Gebilde sind, muss bei dieser Art der Simulation der gesamte dreidimensionale Raum mit Teilchen gefüllt werden. Bei kleinskaligen Strukturen wie im Fall der Meteorstürme bleiben dann nur wenig simulierte Teilchen übrig. Man muss ein recht grobes Raster wählen, was die spitzen Maxima der Meteorstürme verschmiert. Das dürfte der Grund dafür sein, dass die Prognose wie schon in den letzten Jahren nur wenig mit dem beobachteten Aktivitätsprofil gemein hatte.
Leonidenbeobachtungen Im Arbeitskreis Meteore (AKM)/ VdS-FG Meteore wurden insgesamt drei Expeditionen nach Asien geplant und durchgeführt. Eine etwa fünfzehnköpfige Gruppe von zum großen Teil versierten Meteorbeobachtern zog es am weitesten nach Osten zum Bohyunsan-Observatorium in Südkorea. Eine fast doppelt so große Gruppe von Sternfreunden, denen es mehr um das
Dusttrail
7 Uml.
9 Uml. 4 Uml.
McNaught/Asher
UT
ZHR
09:55
800
17:24
2000
18:13
8000
Lyytinen et al.
UT
ZHR
10:28 2000
18:03 2600 18:20 5000
Jenniskens
UT
ZHR
10:09 4200
17:08 1800 17:55 2700
visuelle Beob.
UT
ZHR
10:39 1620
11:03 1610
18:16 3430
Videobeobachtungen
UT
ZHR
10:43
ZHRAm
11:02
ZHRAm
18:14
2,3 x ZHRAm
Tab. 1: Dust-Trail-basierte Vorhersagen zum Leonidenmaximum 2001 (aus [2], [3] und [4]) und Ergebnisse von visuellen und Videobeobachtungen.
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Abb. 1: Aktivitätsprofil aus weltweiten visuellen Leonidenbeobachtungen am 18. November 2001. Die stündliche Zenitrate (ZHR) entspricht der Anzahl der Meteore, die ein Beobachter unter optimalen Bedingungen (Radiant im Zenit, Grenzgröße 6,5 mag) pro Stunde sehen würde. Die minimale Intervallänge für einen Datenpunkt beträgt drei Minuten.
Erlebnis eines Meteorsturms als um systematische Beobachtungen ging, reiste an zwei Beobachtungsorte in Ostchina, und eine dritte Gruppe aus etwa fünf aktiven Meteorbeobachtern hatte sich wie schon 1998 im Khurel-Togoot-Observatorium nahe der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator eingefunden. Wie bereits in [6] berichtet wurde, herrschte an allen Beobachtungsorten in der entscheidenden Nacht optimales Wetter, so dass die Beobachter voll auf ihre Kosten kamen. Weitere Sternfreunde reisten allein oder in kleinen Gruppen nach Australien, den USA und andere Orte. Auch sie waren in den meisten Fällen erfolgreich. Bereits kurz nach der Beobachtung war klar, dass tatsächlich zwei Meteorstürme zu etwa den vorhergesagten Zeiten aufgetreten waren. Die maximalen Raten waren vergleichbar mit dem Leonidensturm von 1999, auffällig war jedoch der große Anteil heller Meteore (zum Teil mit minutenlangen Nachleuchtschweifen ähnlich wie in der berühmten ,,Feuerkugelnacht" von 1998). Die enorme Zahl atemberaubender Earth Grazer war selbst für gestandene Meteorbeobachter ein Novum. Es handelt sich dabei um Leoniden, die bei tiefem Radiantenstand nahezu streifend in die Atmosphäre eintreten, sekundenlang sichtbar sind und über den halben Himmel fliegen. Welches der oben genannten Modelle
jedoch am besten zu den Beobachtungen passte, konnte zunächst nur grob abgeschätzt werden. Erst eine genaue Analyse von visuellen und Videobeobachtungen lieferte die exakten Maximumszeitpunkte und einen direkten Vergleich der beiden Meteorstürme.
Visuelle Beobachtungen Wenn man ein komplettes Bild von der Aktivität eines Meteorstroms aus visuellen Beobachtungen erhalten möchte, ist es wenig sinnvoll, sich nur auf wenige Beobachter (z. B. die des Arbeitskreises Meteore) zu beschränken. Selbst wenn man die visuelle Grenzgröße der Beobachter kennt und die Meteorzahlen daraufhin korrigiert, ist jede einzelne Beobachtung mit beträchtlichen subjektiven und zum Teil systematischen Fehlern behaftet (unterschiedliche Beobachtungsrichtung, unterschiedliches Wahrnehmungsvermögen der Beobachter für Meteore, wechselnde Konzentration während der Beobachtung, usw.). Das zeigt sich darin, dass die Zenitraten einzelner Beobachter zum Teil erheblich voneinander abweichen. Aus diesem Grund ist es wichtig, möglichst viele Beobachter weltweit, die alle nach demselben Verfahren beobachten, in die Auswertung einzubeziehen, so dass sich die Fehler Einzelner herausmitteln. Die von der internationalen Meteororgani-
sation IMO gesammelten visuellen Beobachtungsberichte wurden von Rainer Arlt und Mitstreitern einer genauen Analyse unterzogen [7]. Insgesamt umfasste die Auswertung Daten von weltweit 177 Beobachtern - darunter auch die des AKM - mit insgesamt 137.146 Leoniden. Abbildung 1 zeigt das resultierende Aktivitätsprofil.
Die wichtigsten Ergebnisse Der Populationsindex r, der angibt, um welchen Faktor die Gesamtzahl der Meteore bei einer Verbesserung der Grenzgröße um eine Magnitude ansteigt, betrug etwa 1,7 vor und nach den Stürmen und 2,1 während der beiden Maxima. Das heißt, der visuelle Eindruck der Beobachter, dass vor und nach dem Maximum besonders viele helle Meteore sichtbar waren, während der Maximumszeiten jedoch schwächere Meteore dominierten, konnte bestätigt werden. Ein rWert um zwei ist typisch für große Meteorströme mit vielen hellen Meteoren, während bei den sporadischen Meteoren mit r-Werten um drei kaum helle Meteore dabei sind. Die Auswertung der amerikanischen Beobachtungen erwies sich als schwierig, weil einzelne Beobachter das Ergebnis der Analyse stark beeinflussten. Nachdem entsprechende Korrekturen eingeführt wur-
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Abb. 2: Aktivitätsprofil aus Leonidenbeobachtungen mit drei bildverstärkten Meteorkameras am 18. November 2001. Die Zahl der Leoniden wurde auf die Beobachtungsrichtung der Kameras (Höhe, Abstand zum Leonidenradiant) und ihre Grenzgröße hin korrigiert. Die Skalierung der Ordinate ist willkürlich und entspricht nicht der visuellen ZHR. Die Intervallänge beträgt 5 Minuten bei 2,5 Minuten Versatz.
den, konnten in den Daten zum amerikanischen Meteorsturm zwei Maxima festgestellt werden (10:39 und 11:03 UT). Beide erreichten Zenitraten von knapp über 1.600. Während zunächst noch unsicher war, ob das Doppelmaximum real ist, konnte es später durch Videobeobachtungen bestätigt werden. Von den asiatischen Beobachtern lag mehr und konsistenteres Beobachtungsmaterial vor. Hier ergab sich ein Hauptmaximum um 18:16 UT mit maximalen stündlichen Zenitraten von über 3.400. Das kombinierte Maximum aus den zwei asiatischen Dust-Trails hatte also das amerikanische Maximum um einen Faktor 2,3 überboten. Während das Hauptmaximum durch den 4 Umläufe alten Dust-Trail dominiert sein sollte, fand Arlt auch ein Vormaximum um 18:02 UT, das er dem 9 Umläufe alten Trail zuschrieb. Diese Interpretation konnte jedoch von den Videobeobachtungen nicht bestätigt werden.
Videobeobachtungen Bildverstärkte Videokameras haben den Vorteil, dass sie objektiver als visuelle Beobachter sind. Die Beobachtungsbedingungen sind so genau bekannt, dass systematische Fehler weitestgehend ausgeschlossen werden können. Dafür zeichnen sie häufig weniger Meteore als visuelle Beobachter auf (schlechtere Statistik) und
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außerdem sind viel weniger Videosysteme im Einsatz. Hinzu kommt, dass die Meteorkameras sehr stark untereinander variieren. So kann man zwar mit einer Kamera ein gutes Aktivitätsprofil gewinnen - der Vergleich der Daten zweier Kameras an unterschiedlichen Beobachtungsorten (Amerika/Asien) ist jedoch schwierig. Aus diesem Grund haben sich Sirko Molau und Mitstreiter bei einer ersten Auswertung von Videodaten [8] auf zwei besondere Datensätze beschränkt. Der eine stammt von den zwei identischen bildverstärkten Meteorkameras des AKM, die zusammen 701 Leoniden aufgezeichnet hatten. Eine der Kameras wurde von Hannoveraner Sternfreunden in den USA betrieben, die andere von Aachener Sternfreunden in China. Der zweite Datensatz stammt von einem japanischen Beobachter, der an Bord einer Linienmaschine von Los Angeles nach Taipeh flog und zwei bildverstärkte Videokameras betrieb. Er konnte sogar beide Meteorstürme mit derselben Kamera aufzeichnen. Wir konzentrierten uns auf die Daten der Weitwinkelkamera, die insgesamt 7.939 Leoniden aufzeichnete. Trotz dieser optimalen Randbedingungen gestaltete sich die Auswertung der Videobänder schwierig, da Randbedingungen wie die Beobachtungsrichtung oder leicht verschiedene Grenzgrößen einen deutli-
chen Einfluss auf das Aktivitätsprofil haben. Erst nach umfangreichen Meteorsimulationen, mit denen die ,,Empfindlichkeit" der Kameras für Leoniden in Abhängigkeit von der Uhrzeit bestimmt und die Meteorzahlen entsprechend korrigiert wurden, ergab sich ein konsistentes Bild: Im Gegensatz zu den visuellen Beobachtungen wird ein viel kleinerer Populationsindex von r = 1,35 während der beiden Maxima gefunden, d. h. in den Videodaten kommen deutlich mehr helle Meteore vor als man von den visuellen Beobachtungen erwarten würde. Diese Diskrepanz ist zur Zeit noch nicht verstanden, Fehler bei der Analyse können jedoch weitestgehend ausgeschlossen werden. Vielleicht weichen die aus Videodaten ermittelten Meteorhelligkeiten aufgrund eines anderen spektralen und temporalen Verhaltens systematisch von visuell geschätzten Helligkeiten ab. Für den amerikanischen Sturm wurden ebenfalls zwei spitze Maxima gefunden (10:43 und 11:03 UT), die nur wenige Minuten von den visuellen Peaks abweichen. Das asiatische Maximum trat in den Videodaten in perfekter Übereinstimmung mit den visuellen Ergebnissen um 18:14 auf. Die stündliche Zenitrate (ZHR) lässt sich
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aus den Videobeobachtungen nicht direkt ableiten, wohl aber die relative Stärke der Meteorstürme über Amerika und Asien. Während es zunächst so aussah, als ob das asiatische Maximum mehr als dreifach so stark wie das amerikanische war, ergab sich letztes Endes ein etwas anderes Bild. Nachdem der Populationsindex neu bestimmt wurde, ergab sich ein Verhältnis von 2,3, was wiederum exakt mit den visuellen Ergebnissen übereinstimmt. Der Flugzeugdatensatz zeigt ein weiteres Vormaximum um 17:39 UT. Eine Verbindung mit dem 9 Umläufe alten DustTrail ist aber aufgrund der kurzen Dauer des Vormaximums sehr unwahrscheinlich. Die beiden korrigierten Aktivitätskurven sind in Abbildung 2 dargestellt. Eine detaillierte Auswertung weiterer Videoaufnahmen, in der die Aktivitätsprofile auf periodische Schwankungen und andere Feinstrukturen hin untersucht werden, steht noch aus.
Bewertung der Leonidenprognosen Zunächst einmal kann man sagen, dass der Leonidensturm 2001 die Dust-TrailModelle erneut bestätigt hat. Alle Vorhersagen wichen höchstes eine gute Stunde von der Beobachtung ab - von solchen Genauigkeiten hätte man vor Jahren nur träumen können. Von den drei oben genannten Prognosen war auch 2001 wieder die von Lyytinen et al. am zuverlässigsten. Was die Peakzeit angeht, lieferte sie für beide Stürme die genaueste Vorhersage.
Man kann also davon ausgehen, dass die zusätzlichen nichtgravitativen Effekte im Modell von Lyytinen die Evolution der Dust-Trails besser beschreiben. Auch die Ratenprognosen von Lyytinen waren wieder am besten. Für den amerikanischen Meteorsturm trifft die Vorhersage sehr gut zu, während das Modell von McNaught/Asher weit darunter und das von Jenniskens weit darüber liegt. Beim asiatischen Sturm ist die Sache etwas komplizierter, da man die beiden Trails nicht sicher voneinander unterscheiden kann. Es bleibt also offen, wie groß der Anteil jeder der beiden Dust-Trails am beobachteten Maximum war. Klar ist, dass die ZHR in Asien um mehr als einen Faktor zwei höher war als in Amerika. Geht man von einer exakten Überlagerung der beiden Trails aus, lagen alle Prognosen mehr oder weniger zu hoch. Jenniskens ist in diesem Fall am dichtesten am beobachteten Wert, liegt jedoch im Verhältnis zwischen dem amerikanischen und dem asiatischen Trail weit daneben, so dass die von ihm abgeleitete Verschiebung der Dust-Trails durch unsere Beobachtungen nicht bestätigt werden kann. Bleibt abzuwarten, wie sich die Prognosen für das Leonidenmaximum 2002 verändern, wenn die Modelle an die Beobachtungsergebnisse von 2001 angepasst werden. Wo man die besten Chancen auf klaren Himmel hat, beschreibt Hartwig Lüthen in folgendem Beitrag.
Literaturhinweise
[1] Kondrat'eva, E.D., Reznikov, E.A., 1985: ,,Comet Tempel-Tuttle and the Leonid Meteor Swarm", Sol. Syst. Res., Vol. 19, 96
[2] McNaught, R.H., Asher, D.J., 2001: ,,The 2001 Leonids and Dust Trail Radiants", WGN, IMO Journal, 29-5, 156
[3] Lyytinen, E., Nissinen, M., and van Flandern, T., 2001: ,,Improved 2001 Leonid Storm Predictions from a Refined Model", WGN, IMO Journal, 29-4, 110
[4] Jenniskens, P., 2001: "Model of a OneRevolution Comet Dust Trail from Leonid Outburst Observations", WGN, IMO Journal, 29-5, 165
[5] Brown, P., Cooke, B., 2001: ,,Model Predictions for the 2001 Leonids and Implications for Earth-orbiting Satellites", Mon. Not. R. Astron. Soc., L19
[6] Rendtel, J., Molau, S., Arlt, R., 2002: ,,Die Leoniden 2001", SuW 41, 63
[7] Arlt, R., Kac, J., Krumov, V., Buchmann, A., Verbert, J., 2001: ,,Bulletin 17 of the International Leonid Watch: First Global Analysis of the 2001 Leonid Storms", WGN, IMO Journal, 29-6, 187
[8] Molau, S., Gural, P.S., Okamura, O., 2002: ,,Comparison of the `American' and the `Asian' 2001 Leonid Meteor Storm", WGN, IMO Journal, 30-1/2, 3
Leonidenstürme 2002: Nutzen Sie Ihre letzte Chance!
von Hartwig Lüthen
Ähnlich wie 2001 werden wir auch in diesem November Leonidenstürme beobachten können. Nach dem Dust-Trail-Modell (Abbildung 1) passieren wir am 19. November 2002 zwei Trails: Gegen 4:00 UT werden wir die 1767 vom Kometen ausgestoßenen Partikel treffen (derselbe 7 Umläufe alte Trail, der 2001 über Amerika beobachtet wurde), und gegen 10:29 UT durchquert die Erde den Dust-Trail von 1866 (den 4 Umläufe alten Trail, der 2001 in Asien zu sehen war). Zu beiden Zeitpunkten werden kurze, heftige Meteorstürme mit Raten von einigen tausend Meteoren pro Stunde erwartet. Natürlich kann man sie nur nachts sehen, und das
auch nur, wenn der Leonidenradiant über dem Horizont steht. Daher sind die Sichtbarkeitsgebiete für die Meteorstürme recht begrenzt. Dies war in den vergangenen Jahren Grund für vielfältige Reiseaktivitäten. Und es lohnte sich: 1998 eine Feuerkugelnacht in der Mongolei, 1999 und 2001 Meteorstürme in Teneriffa bzw. Korea. Dieses Jahr sitzen wir Europäer in der ersten Reihe. Das Maximum des 7 Umläufe alten Dust-Trails ist von Mittelund Westeuropa bestens zu sehen. Die Beobachtung des zweiten Maximums erfordert eine Reise nach Nord- oder Mittelamerika.
Phasen hoher Meteoraktivität bieten die Leoniden nur alle 33 Jahre. Der Komet passierte die Sonne im Jahre 1998, und die diesjährigen Dust-Trail-Passagen sind die letzten, die Sturmraten bewirken können. Schlimmer noch: Bei der nächsten Rückkehr des Kometen im Jahre 2032 gehen wir wohl leer aus. Möchten Sie also dieses Jahr Ihre vorerst letzte Chance zur Beobachtung eines Leonidensturms nutzen?
Feuerwerk in der Vollmondnacht Ein Wermutstropfen ist die Mondphase. Nur einen Tag nach den Meteorstürmen ist Vollmond! Der helle Himmel wird die Beobachtung sehr erschweren. Geht die
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Ort
Wetterchance [%]
Berlin
28
Sierra Nevada 48
Haute Provence 46
Mallorca
43
Tozeur
(Tunesien) 65
Agadir
(Marokko) 84
Teneriffa
84
Radiantenhöhe [ Grad ] Mondhöhe [ Grad ] Zeitreserve [h:m]
54
13
0:34
54
24
1:24
58
16
0:53
58
19
1:03
63
14
0:36
42
35
1:44
42
35
2:10
Tab. 1: Bedingungen zur Sichtbarkeit der Leoniden in Europa und Nordafrika. Als Maximumszeit wurde der 19.11.2002, 4:00 UT angenommen. Die Wetterchance ergibt sich aus einer Analyse von Satellitenbildern. Angegeben sind auch die Radiantenhöhe und die Höhe des Vollmondes in Grad sowie der Zeitraum zwischen berechnetem Maximum und dem Beginn der astronomischen Dämmerung (Sonne 18 Grad unter dem Horizont).
Ort
Wetterchance [%] Radiantenhöhe [ Grad ] Mondhöhe [ Grad ] Zeitreserve [h:m]
Mount Palomar 81
42
39
2:29
Kitt Peak
83
46
36
2:04
Big Bend
82
54
28
1:28
Santa Fe
78
49
20
1:44
Nevada
57
42
38
2:29
Denver
(Colorado) 61
50
30
1:46
Indianapolis 63
62
16
0:34
Puebla (Mexiko) 84
55
23
0:57
Tab. 2: Bedingungen zur Sichtbarkeit der Leoniden in Nordamerika. Als Maximumszeit wurde der 19.11.2002, 10:30 UT angenommen. Sonstige Angaben wie in Tab. 1.
Sterngrenzhelligkeit um eine Größenklasse zurück, vermindert sich die Zahl der gesehenen Meteore auf die Hälfte bis ein Drittel. Glücklicherweise steht der Mond weitab vom Radianten. Man sollte ihn im Rücken haben, eventuell hinter einem Gebäude verdeckt, um direkte Blendung auszuschließen. In jedem Fall ist das Aufsuchen eines dunstfreien, hoch gelegenen Beobachtungsplatzes anzuraten. Wo findet man im Schmuddelmonat November einen kristallklarem Sternenhimmel? Um diese Frage zu beantworten, habe ich wieder einmal Hunderte von Satellitenbildern ausgewertet. Hierbei wurde geschätzt, welche Chance für die Beobachtung eines Leonidensturms an dem jeweiligen Beobachtungsort besteht (0 % = völlig chancenlos, 100 % = klare Sache). Untersucht wurde das Zeitintervall vom 12. bis 22. November aus drei oder mehr Jahrgängen der Satellitenbilder, und für jeden Ort wurden die Zahlenwerte dann gemittelt. Zusätzlich wurde mit Guide 8.0 die Radiantenhöhe und die Höhe des
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Vollmonds zu den Maximumszeitpunkten bestimmt. Die Ergebnisse ergaben fünf mögliche Strategien für den Beobachter:
Zuhause bleiben Mitteleuropa liegt in einer Westwindzone, und im November jagt ein Tiefdruckgebiet das nächste. Ein typisches Wetterbild zeigt Abbildung 2. Auch die seltenen Zwischenhochs bringen wenig, weil sie zur Nebelbildung neigen. 1999 und 2000 versuchten einige Astroamateure mit unterschiedlichem Erfolg, in Mitteleuropa die Leonidenmaxima zu beobachten. Leider ist die Chance für klares Wetter für einen gegebenen Standort nur sehr gering. Für Berlin beträgt sie nach Auswertung der Satellitenbilder nur 28 %. Und selbst dieser Wert ist mit Sicherheit zu optimistisch geschätzt, da auf IR-Satellitenbildern Nebelbänke kaum sichtbar sind. Fazit: Strategie 1 bietet die geringsten Erfolgsaussichten. Beim Leonidensturm 1999 hatten jedoch einige Kieler Sternfreunde Glück damit.
Cruising Um dem schlechten Wetter zu Hause auszuweichen kann man versuchen, mit dem Auto mehr oder minder gezielt ein Aufklarungsgebiet anzusteuern. Wolkenprognosen findet man im Internet bei http://theyr.com/cg/cny/EUR oder bei http://www.dwd.de/forecasts/deufrm.htm. Ein aktuelles Wetterbild liefert z. B. http://www.wetterzentrale.de. Ein Problem ist, dass man nach Beginn der Fahrt in der Regel von weiteren Internetinformationen abgeschnitten ist. Um einen dunstfreien Himmel zu erhaschen, ist ein hoch gelegener Beobachtungsplatz sicherlich nützlich. Strategie 2 ist bereits gut erprobt: Beim Maximum 2000 fuhren etliche Sternfreunde internetgesteuert den Nordrand des Harzes an, wo sie trotz Mond zumindest Teile des Meteormaximums sehen konnten.
Spontanflug ins Mittelmeergebiet Um den mitteleuropäischen Wolken zu entgehen, verfolgten AKM-Beobachter den Leonidensturm von 1999 in Teneriffa, Jordanien und Südspanien. Als die Wetterprognose für Deutschland zum Verzweifeln war, aber Südspanien klares Wetter versprach, buchte die letztgenannte Gruppe am Vortag einen Flug nach Malaga, nahm sich dort einen Mietwagen und flog zwei Tage später nach erfolgreicher Beobachtung zurück. Leider bietet sich diese Strategie 2002 nur eingeschränkt an. Die Fronten über Mitteleuropa ziehender Tiefdruckgebiete reichen nämlich häufig noch in den Mittelmeerraum hinein. Zudem bilden sich oft über dem westlichen und/oder dem östlichen Mittelmeer stabile Schlechtwettergebiete. Die Chancen für klaren Himmel liegen daher in Südspanien, Südfrankreich oder Mallorca nur bei 40 - 50 % (Tabelle 1). Das ist zwar deutlich besser als in Deutschland, aber eben nicht wettersicher. Anders als 1999 wird man bei starker Bewölkung über dem westlichem Mittelmeerraum nicht nach Osten ausweichen können, weil es dort zum Maximumszeitpunkt schon hell ist. Geeignete hoch gelegene Beobachtungsplätze befinden sich z. B. in der südspanischen Sierra Nevada oder in der südfranzösischen Haute Provence (letztere ist von Süddeutschland aus auch gut mit dem Auto an einem Tag zu erreichen).
Nordafrika und Kanarische Inseln Das Wetter direkt an der nordafrikanischen Mittelmeerküste unterscheidet sich kaum von dem der europäischen. Jeder Kilometer nach Süden Richtung Sahara verbessert
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Abb. 1: Weg der Erde (durchgezogene blaue Linie) durch das System der Dust-Trails des Kometen Tempel-Tuttle im Jahr 2002. Die Querschnitte der Trails sind durch die farbigen Ellipsen angedeutet. Die Erde passiert fast zentral die 7 und 4 Umläufe alten Dust-Trails von 1866 und 1767. Zum Zeitpunkt dieser Passagen ist mit Meteorstürmen zu rechnen.
aber die Wetterchancen. Von der touristischen Infrastruktur kommen Tunesien und Marokko in Frage. In Tunesien ist es schwierig, weit genug nach Süden zu kommen. Selbst am Wüstenrand bei Tozeur ist die Chance nur im 60 %-Bereich und häufig ist hier der Himmel dunstig. 1999 hatte eine französische Gruppe dort mit Wolken zu kämpfen. Besser ist die Statistik an der marokkanischen Küste. Im Atlasgebirge kann man eventuell sogar hoch gelegene Standorte finden. Ob man da nachts mit Mietwagen herumfahren sollte, muss jedoch jeder selber wissen. Von den Kanaren käme vor allem Teneriffa in Betracht. Die gut erschlossene Hochfläche der Canadas ragt oft über die Wolken und bietet in 2.000 - 2.500 m Höhe häufig einen völlig dunstfreien Himmel. Auch hier der November einer der schlechtesten Monate des Jahres. Gute Wetterchancen ergeben sich dennoch durch topographische Effekte (z. B. konnten wir die Leoniden 1999 dort trotz insgesamt schlechter Großwetterlage im Wolkenschatten des 3.700 m hohen Vulkans Teide sehen). Mobil sein lohnt sich also.
Abb. 2: Typisches METEOSAT-Infrarot-Wetterbild (17.11.1997, 6:00 UT) von Europa und Nordafrika. Westeuropa und große Teile des Mittelmeergebiets sind bewölkt. Teile Deutschlands und Polens sind offenbar wolkenfrei, aber eine genaue Betrachtung des Bildes macht es wahrscheinlich, dass Nebelbänke über der Region liegen (Nebel ist auf IR-Bildern kaum sichtbar). Teneriffa und Süd-Tunesien sind wolkenfrei, während vereinzelte Wolken in der Region um Agadir (Marokko) sichtbar sind.
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Abb. 3: Typisches GOES-Infrarot Wetterbild der amerikanischen Region (15.11.1998, 17:45 UT). Eine Reihe in Tab. 2 aufgeführte Orte sind als kleine Quadrate markiert. Während die Staaten im Nordwesten von einem Schlechtwettergebiet überquert werden, ist der Himmel über Südkalifornien, Arizona, New Mexico dem westlichen Texas und Teilen des mittleren Westens klar.
Rechtzeitig nach Westen fliegen Eine andere Möglichkeit ist eine Beobachtung des zweiten Maximums in Nord- oder Mittelamerika, bei dem nach aktuellen Vorhersagen mit noch höheren Zenitraten zu rechnen ist. Auch weite Teile der USA liegen in einer Westwindzone. Fronten kommen aber in größerem Abstand herein als in Mitteleuropa, und das Klima im Landesinneren ist kontinentaler (Abbildung 3). Generell sind Standorte weit im Süden und Südwesten der USA, wo Ausläufer nur noch selten durchziehen, am wettersichersten. Dort können allerdings auch episodenartige Einbrüche von Bewölkung aus SW oder S vorkommen, weshalb noch südlicher gelegene Beobachtungsplätze (Mexiko) wenig zusätzliche Sicherheit bringen (Tabelle 2). Vorzuziehen sind auch hier hoch gelegene Beobachtungsplätze. Sternwarten wie Mount Palomar, Kitt Peak und das McDonald Observatorium liegen in einer Zone mit ca. 80 %iger Wettersicherheit.
Ein geeigneter Zielflughafen für eine Leonidenexpedition nach Amerika wäre z. B. Phoenix. Hier ist man schon in der richtigen Region. Je nach Wetter kann man Richtung Big Bend Nationalpark (Texas) oder ins südliche Arizona oder New Mexico fahren. Hoch gelegene, dunstfreie Plätze gibt es an vielen Stellen. Bei von Süden oder Südwesten aufkommender Bewölkung sollte man allerdings auf der Hut sein und in Erwägung ziehen, nach Norden auszuweichen. Internetcafes sollten eine gute Möglichkeit zur Einschätzung der Lage bieten.
Fazit Der voraussichtlich letzte Leonidensturm unseres Lebens ist allemal eine aufwendige Beobachtungsaktion wert. Die Bedingungen im Jahr 2002 werden allerdings durch den Vollmond eingeschränkt. Wo auch immer Sie das Ereignis verfolgen, vom heimischen Balkon, von einem Autobahnparkplatz oder von den Höhen
der Sierra Nevada, Teneriffas oder des Colorado-Plateaus: Viel Glück! Wir vom Arbeitskreis Meteore würden uns freuen, wenn Sie uns nach erfolgreicher Beobachtung ihre Ergebnisse zukommen lassen, denn einfache visuelle Beobachtungen sind für die Bestimmung des Aktivitätsprofils enorm wichtig. Damit die Beobachtung sinnvoll ausgewertet werden kann, benötigen wir neben den üblichen Angaben (Beobachtungsort, Datum und Zeit) lediglich ihre visuelle Sterngrenzgröße und die Zahl der beobachteten Leoniden/Nichtleoniden in kurzen Zeitintervallen (1-2 Minuten während des Meteorsturms).
Beobachtungsberichte gehen an: Jürgen Rendtel Seestraße 6 14476 Marquardt e-Mail jrendtel@aip.de
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Komet C/2002 C1 (Ikeya-Zhang)
von Andreas Kammerer
Der Kometenstar am Frühlingshimmel war ohne Frage C/2002 C1 (IkeyaZhang). Genau fünf Jahre nach HaleBopp stand wieder ein mit bloßem Auge sichtbarer ,,Schweifstern" am Himmel - und noch dazu in der gleichen Himmelsregion. Allerdings ist ein Vergleich mit Hale-Bopp etwas übertrieben. Während
war er in einem Teleskop eher enttäuschend, zeigte er doch außer dem extrem hellen false nucleus so gut wie keine Strukturen - was aber zum Teil ebenfalls ein Ergebnis der geringen Horizonthöhen gewesen sein könnte. Mitte Februar war die Zahl der astrometrischen Positionen so groß geworden,
Abb. 1: Helligkeit und Komadurchmesser von Ikeya-Zhang.
ersterer unübersehbar am Himmel stand musste man - sehr dunkle Standorte ausgenommen - bei Ikeya-Zhang schon genauer hinschauen, um ihn nicht zu übersehen. Dies lag allerdings nicht allein an der deutlich geringeren Helligkeit, sondern auch an den geringen Horizonthöhen, die in den Tagen des Perihels die 10 Grad -Marke kaum überschritten. Im Fernglas war er hingegen ein sehr schönes Objekt, das zeitweise an Komet Hyakutake ,,en miniature" erinnerte, mit einer dominierenden zentralen Kondensation und einem deutlichen Schweif, der zeitweise Strukturen aufwies. Hingegen
dass definitiv eine elliptische Bahn ermittelt werden konnte mit einer Umlaufszeit zwischen 400 und 500 Jahren. Der Vergleich der Bahnelemente ließ S. Nakano die Vermutung äußern, dass Komet Ikeya-Zhang mit dem Kometen des Jahres 1532 (Fracastor) identisch sein könnte. Weitere astrometrische Beobachtungen bis Anfang April erbrachten dann eine Umlaufszeit von etwa 365 Jahren und einen vorangegangenen Periheltermin von 1660,2 +- 0,1, womit er mit dem Kometen 1661 (Hevelius) ziemlich eindeutig identifiziert werden konnte. Spektroskopische
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Beobachtungen von Anfang März wiesen die Natrium-Emissionslinie nach, die erstmals beim Kometen Hale-Bopp festgestellt wurde. Beobachtungen mit dem 1,5 m-Catalina-Reflektor am 3., 4., 5., 9., 10. und 26. März (jeweils gegen 2:30 UT) und mit einem 28 cm-Reflektor am 9. März (19:45 UT) zeigten Staubschalen innerhalb von 30" auf der Sonnenseite des Kerns. Die Schalen deuteten auf die Existenz von zwei diskreten Jets hin. John Bortle untersuchte die Sichtbarkeit des Kometen 1661 (sowie die eines Kometen aus dem Jahr 1273, bei dem es sich eventuell ebenfalls um Ikeya-Zhang gehandelt haben könnte) genauer und stellte fest, dass der Komet nach dem Perihel außergewöhnlich lange sichtbar blieb. Er äußerte daraufhin die Vermutung, dass der Komet eventuell eine deutlich asymmetrische Helligkeitsentwicklung aufweist, mit einem Maximum zwischen T+10d und T+15d und einem sehr langsamen Helligkeitsrückgang. Unter diesen Umständen würde sich eine maximale Helligkeit zwischen 2,0 und 1,5 mag ergeben (The Astronomer, März 2002). Bis Ende Mai gingen 225 Beobachtungen von 18 Beobachtern bei der Fachgruppe Kometen ein; des weiteren wurden in der Auswertung 830 internationale Beobachtungen berücksichtigt (Abb. 1). Die Helligkeitsentwicklung verlief vor dem Perihel etwas steiler als danach; zudem war der Komet nach dem Perihel etwa eine halbe Größenklasse heller als davor. Die Unterschiede sind allerdings nicht so groß, als dass man von einer deutlichen Asymmetrie sprechen könnte. Formelmäßig sieht die Entwicklung wie folgt aus:
vor dem Perihel: m = 6,9 mag + 5 lg + 9,8 lg r (1)
nach dem Perihel: m = 6,3 mag + 5 lg + 8,0 lg r (2)
Damit ergibt sich eine maximale Helligkeit von 3,3 mag um den 27. März. Vergleicht man diese Werte mit den indirekt bestimmten (und damit relativ ungenauen) Parameterwerten für den Kometen des Jahres 1661 (m0 = 4,6 mag / n = 4), so ergibt sich eine Diskrepanz von immerhin 2 Größenklassen. Ein solcher Unterschied zwischen zwei aufeinander folgenen Periheldurchgängen ist recht überraschend, bedenkt man die lange Umlaufzeit des Kometen, aber zumindest für ,,alte" periodische Kometen kein unbekanntes Verhalten. Ob es sich nun um einen alten periodischen Kometen handelt oder die Quellen falsch interpretiert worden sind, ist bislang nicht entschieden. Bedenkt man die Zahl der in den letzten zehn Jahren gefundenen fragmentierten Kometen, so könnte man auch spekulieren, ob der Komet Ikeya-Zhang nicht vielleicht nur ein vorauslaufendes Fragment eines größeren Kometen ist (die Bahnrechnungen sprechen ja diesbezüglich nicht unbedingt dagegen) ... Der Komadurchmesser war bei diesem Kometen nicht leicht zu schätzen. Zum einen wegen der geringen Höhe, zum anderen wegen der Schwierigkeit, diese vom Schweif zu unterscheiden. Während der Zeiten als der Komet einen hellen Schweif aufwies musste auf jeden Fall der Querdurchmesser verwendet werden. Die Schätzungen zeigen einen über längere
Zeit stabilen scheinbaren Durchmesser um die 5' (Abb. 1). Erst ab dem Perihel stieg dieser erkennbar an - was zum Teil auf die abnehmende Erddistanz zurückzuführen ist - und erreichte in der ersten Maiwoche sein Maximum von knapp 20'. Der absolute Komadurchmesser nahm mit Annäherung an die Sonne hingegen stetig ab, von anfangs 320.000 km auf nur noch 220.000 km Mitte April. Danach vergrößerte er sich wieder und lag Ende Mai erneut bei etwa 320.000 km. Ein Merkmal dieses Kometen war sein dominierender false nucleus, gegen den die Koma in den ersten Wochen sehr blass wirkte. Zu dieser Zeit war die Koma nur mäßig kondensiert (DC 3-4), doch verdichtete sie sich in der Folge stetig. Im zweiten und dritten Märzdrittel erreichte sie ihre maximale Verdichtung (DC 8), weshalb der Komet mit dem bloßen Auge eher wie ein Stern mit Schweif wirkte. Ab April ging der DCWert wieder zurück und lag Ende Mai bei DC 4. Schweifsichtungen wurden ab Mitte Februar gemeldet. Anfang März wurde der Schweif, dann 1,5 Grad lang, im Fernglas deutlich. Zur Zeit des Periheldurchgangs war er auf 4 - 5 Grad angewachsen. Doch wie bei den meisten Kometen nahm die Schweiflänge danach noch einige Zeit weiter zu und erreichte in der ersten Aprilwoche einen maximalen Wert um 7 Grad (11 Mill. km); einzelne Beobachter schätzten Schweiflängen bis knapp 10 Grad . Der Schweif war anfangs nach Osten gerichtet, drehte sich in der Folge langsam im Uhrzeigersinn und erreichte in der ersten Aprilwoche Nord. In den folgenden Wochen drehte er sich weiter und wies Ende Mai in südliche Richtung.
Mein Ikeya-Zhang
von Werner E. Celnik
,,... der soll hell sein!" hieß es. ,,Wirklich hell." ,,Wie hell?" ,,So an die 3 mag." ,,Wahnsinn! Der hellste Komet seit HaleBopp '97!" Das Telefongespräch handelte vom Kometen C/2002 C1 (Ikeya-Zhang), am 1. Februar 2002 mit einer Helligkeit von knapp 8,5 mag entdeckt. Anfang März lief er durch seinen sonnennächsten Bahnpunkt, Mitte bis Ende März sollte er wegen Erdnähe die 3 mag-Grenze nahezu erreichen. Endlich eine Woche frei, und schönes Wetter dazu. Leider ist von der letzten
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Astro-Exkursion zum Gornergrat das Fadenkreuzokular defekt. Ein neues ist kurzfristig nicht zu bekommen. Also heißt es wie so oft: Improvisieren. Mit einer zehntel Umdrehung ,,passt" eine andere Okularhülse dran. Das muss halten. Montierung, Säule, Teleskope (das Teleskop hatte ich doch tatsächlich mal vergessen ...) und die Koffer mit der Beobachtungsausrüstung eingepackt und los. Aber wohin? Die schnelle Wahl fällt auf die Hocheifel. Vom zu hellen Heimatort Rheinberg am Niederrhein ,,nur" 180 km entfernt. Ein
Aufstellungsort mit freier Sicht nach Nordwest bis Nordost muss her. Ungewohnt, weil sonst immer freier Blick nach Süden nötig ist. Der Komet geht bei Dämmerungsende schnell hinunter zum Nordwest-Horizont, kriecht bei unterer Kulmination am Nord-Horizont entlang und gewinnt bis zur Morgendämmerung wieder an Höhe. ... Es ist Anfang April und die Nächte sind noch bitterkalt. Bei der jetzt vierten und vorerst letzten Ikeya-Zhang-Exkursion innerhalb einer Woche sind endlich der wärmende Schal und Handschuhe dabei. Also doch noch lernfähig ... Der Komet bewegt sich laut Ephemeride so schnell, dass entweder die Belichtungen sehr kurz gehalten werden müssen, oder aber indirekt auf den Kometenkopf nach-
geführt werden muss. Ich entscheide mich für die zweite Alternative, denn die angestrebten Aufnahmebrennweiten liegen zwischen 180 bzw. 300 mm (6x6-Format) und 1.880 mm (Kleinbildkamera am 220mm-Schmidt-Cassegrain), die Blenden demzufolge zwischen 4,0 bzw. 5,6 und 9,2. Ich finde einen erhöhten Platz an einem abgelegenen Waldweg (nur mit AllradAntrieb zu erreichen, aber Befahren gestattet), direkt neben einer Reihe gewaltiger Windkraft-Rotoranlagen. Die sind auch recht aktiv, denn hier oben bläst ein kräftiger Nordost-Wind. Au wei, genau aus Aufnahmerichtung. Das wird unangenehm, denn das Auto kann keinen Windschatten geben, weil es dann im Weg stehen würde. Der Himmel ist immerhin so dunkel, dass mit bloßem Auge ein einige Grad langer Schweif zu erkennen ist. Mit dem 7x50Feldstecher ein prächtiger Anblick: Die Koma richtig grün, ein schmaler Gasschweif zieht sich über mindestens 6 Grad nach Norden. Knoten und Wellen darin. Toll! Jetzt aber die Aufnahmen ... Erst die kurzen Belichtungen. 15 Minuten, 30 Minuten. Jetzt bleibt noch eine gute Stunde bis Dämmerungsbeginn. 60 Minuten belichten, bei 1,88 m Brennweite. Als Leitrohr dient ein 80/900 mm achromatischer Refraktor perfekter Definition, der zwecks Einstellung eines passenden Leitsternes in Deklination schwenkbar ist. Am Okularende ist das Fadenkreuzokular über einen Schieber in Rektaszension verschiebbar. Der Nachführstern hat etwa 5,5 mag, hell genug. Das notdürftig reparierte Okular so drehen (vorsichtig, sonst fällt es auseinander ...), dass ein Faden genau in die Bewegungsrichtung des Kometen zeigt. Ausrechnen: Aha, den Leitstern mit einer Geschwindigkeit von 6,5 Minuten pro Teilstrich auf dem Faden laufen lassen, entgegen der Bewegungsrichtung des Kometen vor dem Hintergrund der Sterne. Dann wird exakt auf den Kometenkopf nachgeführt. Verflixt, wieso geht die Fadenkreuzbeleuchtung nicht!? Zuhause ging's doch noch! Also doch das Okular noch einmal zerlegen. An allen Anschlüssen etwas zuppeln. Geht wieder. Und noch mal von vorn einstellen... Die Zeit läuft langsam aber sicher davon. In einer knappen Stunde wird es hell. Noch einmal superschnelle Kontrolle der beiden Kameras (jetzt muss der Fokus aber stimmen, und die Blende, und gespannt ist
Abb. 1: Komet C/2002 C1 (Ikeya-Zhang) mit im Cyanlicht schimmernder grünlicher Koma und den ersten 35 Bogenminuten des bläulichen gefächerten Gasschweifes und des gelblichen diffusen Staubschweifes, aufgenommen am 7.4.2002 ab 1:38 UT mit Schmidt-Cassegrain-Teleskop 220/1880 mm, 60 Minuten belichtet auf Ektachrome 200 Farbdiafilm, W.E. Celnik führte mit einem Leitfernrohr indirekt auf den Kometenkopf nach. Aufnahmeort: Hocheifel.
auch). Ist der Stern noch im Okular an der richtigen Stelle? Und los. Auf die Knie! Das Okular steht nur knapp 70 cm hoch über dem Boden. Nun Ruhe bewahren, alle 30 Sekunden auf die Uhr sehen und den Stern am Faden mit der Nachführkorrektur möglichst gleichmäßig entlang laufen lassen... Hoffentlich ist's die richtige Richtung. Wenn nur der eisige Wind nicht wäre... Nach 40 Minuten neben den heulenden Windrotoren melden sich protestierend meine Kniegelenke. Ruhe, Durchhalten!
Nach einer Stunde endlich geschafft. Die Dämmerung hat gerade begonnen. Vorsichtig hoch kommen und räkeln. Es geht wieder. Wieder zwei Aufnahmen ,,im Sack". Alles wieder einpacken geht schneller. Dabei ein Blick auf das Thermometer: -7 Grad C. Aber wenigstens war es trocken. Jetzt noch 180 km nach Hause. Nach der Filmentwicklung ein Freudenschrei! Sauber auf den Kometen nachgeführte Aufnahmen mit langen SternStrichspuren, strahlenförmigen Strukturen
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und Verbiegungen im Gasschweif und einem breit gefächerten Staubschweif. Und der Fokus stimmt auch. Na ja, der Perfektionist in mir meldet sich: hätten noch ein paar Minuten mehr sein können. Aber ich bin zufrieden. Auswerten werde ich die Bilder wohl nicht, aber sie sind eine gute Gedächtnisstütze für die Erinnerungen an diesen schönen Kometen. Die Anstrengungen haben sich gelohnt. Denn wer weiß schon, wann der nächste helle Komet kommt ...
Abb. 2 (rechts): Strichspuraufnahme des Kometenschweifes von C/2002 C1 (Ikeya-Zhang) in der Abenddämmerung im Nordwesten, aufgenommen von Werner E. Celnik am 5.4.2002 ab 21:28 UT mit Objektiv 1:1,7/50 mm (Blende 2,8), 10 Minuten belichtet auf Fujichrome 100 Farbdiafilm. Aufnahmeort: Hocheifel.
Abb. 3 (links): Komet C/2002 C1 (Ikeya-Zhang) mit 7,5 Grad abgebildeter Schweiflänge und der Andromedanebel M 31 in den Wolken in der Abenddämmerung im Nordwesten, aufgenommen von Werner E. Celnik am 2.4.2002 ab 19:35 UT mit Teleobjektiv 1:2,8/180 mm (Blende 4,0), 30 Minuten belichtet auf Fujichrome 100 Farbdiafilm (6x6). Aufnahmeort: Hocheifel.
Abb. 4 (rechts): Komet C/2002 C1 (Ikeya-Zhang) mit 8 Grad Schweiflänge nahe am Andromedanebel M 31, aufgenommen von Werner E. Celnik am 5.4.2002 ab 19:55 UT mit Teleobjektiv 1:4,0/300 mm (Blende 5,6), 45 Minuten belichtet auf Fujichrome 100 Farbdiafilm (6x6). Aufnahmeort: Hocheifel.
Abb. 5 (ganz rechts): Komet C/2002 C1 (Ikeya-Zhang)mit 7 Grad langem Gasschweif, aufgenommen von Werner E. Celnik am 7.4.2002 ab 2:45 UT mit Teleobjektiv 1:4,0/300 mm (Blende 5,6), 25 Minuten belichtet auf Fujichrome 100 Farbdiafilm (6x6). Aufnahmeort: Hocheifel.
Das Ikeya-Zhang Album
Abb. 1: 02.03.2002, 18:31 UT
Abb. 2: 03.03.2002, 18:18 UT
Abb. 3: 03.03.2002, 18:38 UT
Abb. 4: 03.03.2002, 18:39 UT
Liebe Leserinnen, Liebe Leser,
mehr als 70 Aufnahmen und Zeichnungen des wunderschönen Kometen Ikeya-Zhang von insgesamt 33 Beobachtungstagen vom 1.3. bis zum 26.6.2002 haben die Redaktion erreicht! Eine großartige Beteilung der Amateure an unserem Journal. Die allermeisten Bilder kamen als Dateien auf Disketten oder CD-ROMs zu uns, insgesamt mehr als 1,3 Gigabyte an Daten. All dies und die Begeisterung der Einsender (und auch der Redaktionsmitglieder) war Grund genug, diese Sonderseiten in dieser Ausgabe des VdS-Journals einzurichten, das so einen deutlich größeren Umfang erreicht als zuvor üblich.
Allen Einsendern, auch denen, deren Aufnahmen wir hier aus Platzgründen leider nicht berücksichtigen konnten, danken wir im Namen unserer Leser ganz herzlich für ihre Beteiligung. Freuen Sie sich wie wir an diesen schönen Eindrücken eines Ereignisses, das man erlebt haben muss!
Ihr Redaktionsteam
Abb. 5: 05.03.2002, 18:17 UT Abb. 6: 08.03.2002, 18:27 UT
Seite 72
Abb. 1: Komet Ikeya-Zhang am 2.3.2002 um 18:31 UT, Schmidt-Kamera 150 / 200 / 350mm, 9 Min. belichtet auf TP2415 Film (hyp.). Aufnahme von David Bender.
Abb. 2: Komet Ikeya-Zhang am 3.3.2002 um 18:11 und 18:22 UT, LRGB-Komposit aus zwei Aufnahmen mit Schmidt-Kamera 190 / 255 / 435mm, jeweils 4 Min. belichtet auf TP4415 Film (hyp.) und Fuji NPH 400(120) Farbfilm. Ort: Puchenstuben / NÖ, Aufnahme von Gerald Rhemann. (vgl. mit Abb. 3).
Abb. 3: Komet Ikeya-Zhang am 3.3.2002 um 18:31 und 18:41 UT, LRGB-Komposit aus zwei Aufnahmen mit Schmidt-Kamera 190 / 255 / 435mm, jeweils 4 Min. belichtet auf TP4415 Film (hyp.) und Fuji NPH 400(120) Farbfilm. Ort: Puchenstuben / NÖ, Aufnahme von Gerald Rhemann. Vgl. mit Abb. 2: Innerhalb einer halben Stunde löste sich der Gasschweif, der im Feldstecher über 2,5 Grad Länge gebogen wirkte.
Abb. 4: Komet Ikeya-Zhang am 3.3.2002 um 18:39 UT, 10 Min. belichtet mit einer Flat-FieldCamera 1:3,5/500mm auf Kodak Ektachrome 100 Farbdiafilm. Aufnahme von Georg Zeitler.
Abb. 7: 10.03.2002, 18:45 UT Abb. 8: 12.03.2002, 18:30 UT
Abb. 10: 27.03.2002, 19:03 UT
Abb. 9: 18.03.2002, 18:45 UT
Abb. 11: 26.03.2002
Abb. 13:
Abb. 12: 22.03.2002, 19:10 UT
Abb. 14:
Seite 73
Abb. 5: Komet Ikeya-Zhang am 5.3.2002 um 18:11 und 18:21 UT mit vielen Schweifstrahlen, LRGB-Komposit aus zwei Aufnahmen mit Schmidt-Kamera 190 / 255 / 435mm, 5 Min. belichtet auf TP4415 Film /hyp.) und 3,5 Min. auf Fuji NPH 400(120). Ort: Stixendorf / NÖ, Aufnahme von Gerald Rhemann.
Abb. 6: Komet Ikeya-Zhang am 8.3.2002 um 18:20 und 18:31 UT. Komposit aus zwei Aufnahmen mit Schmidt-Kamera 190 / 255 / 435mm, jeweils 4 Min. belichtet auf TP4415 Film (hyp.) und Fuji NPH 400(120). Ort: Eberwaldhöhe / NÖ, Aufnahme von Gerald Rhemann.
Abb. 7: Komet Ikeya-Zhang am 10.3.2002 um 18:45 UT, 10 Min. belichtet mit Schmidt-Kamera 170 / 300mm auf Kodak Ektagrafik Film und 3+4 Min. auf Ektachrome 100S Farbdiafilm (LRGB-Komposit), Ort: Rönkhausen / Sauerland. Aufnahme von Norbert Mrozek.
Abb. 8: Komet Ikeya-Zhang am 12.3.2002 um 18:21 und 18:31 UT, Komposit aus drei Aufnahmen mit Hypergraph 340mm f / 3,1 im Primärfokus, 2 x 8 Minuten und 1 x 9 Minuten belichtet auf Ektachrome 100(120). Ort: Stixendorf / NÖ, Aufnahme von Gerald Rhemann.
Abb. 15: 28.03.2002 Abb. 16: 29.03.2002
Abb. 17: 29.03.2002
Seite 74 Abb. 9: Komet Ikeya-Zhang am 18.3.2002 um 18:45 UT, 4 Minuten belichtet mit Schmidt-Kamera 150 / 200 / 350mm auf TP2415 Film (hyp.). Ort: Bräsen, Aufnahme von David Bender. Abb. 10: Komet Ikeya-Zhang am 27.3.02 um 19:03 UT, 20 x 45 Sek. belichtet am 120mm Refraktor f /5 mit Starlight Xpress MX916 CCD_Kamera (1x1-Binning) und IR-Sperrfilter, Ort: Wilsenroth / Westerwald, Aufnahme von Andreas Rörig. Abb. 11: Komet Ikeya-Zhang am 26.3.2002, 2 x 15 Sek. belichtet am 100 / 500mm Refraktor (Sternwarte Stuttgart) mit ST-6 CCDKamera, Aufnahme von Silvia Kowollik. Abb. 12: Komet Ikeya-Zhang am 22.3.2002 um 19:10 UT, Zeichnung des Kometenkopfes am Newton-Spiegelteleskop 540mm f / 5, bei 962x und Binokular, Komadurchmesser 3,6 Bogenminuten, Ort: Stumpertenrod, Zeichnung von Walter Kutschera. Abb. 13: Komet Ikeya-Zhang am 28.3.2002 mit kernnahen Strukturen. In Richtung Sonne ist eine helle Staubschale ausgebildet. Ein schwacher Strahl ist vom Kern ausgehend in Schweifrichtung zu sehen. Aufnahme von HansJoachim Leue mit einer Cookbook 245 CCDKamera am 8 Zoll Schmidt-CassegrainTeleskop (Brennweite 1,2 m). Ort: Hambergen.
Abb. 19: 01.04.2002
Abb. 18: 31.03.2002, 19:30 UT
Abb. 14: Komet Ikeya-Zhang am 29.3.2002 mit kernnahen Strukturen. Die Staubschale vom Vortag ist verschwunden. Dafür zeigt sich ein heller, kommaförmiger Jet. Aufnahme von Hans-Joachim Leue mit einer Cookbook 245 CCD-Kamera am 8 Zoll Schmidt-CassegrainTeleskop (Brennweite 1,2 m). Ort: Hambergen.
Seite 75
Abb. 15: Komet Ikeya-Zhang am 28.3.2002, 3 x 30 Sek. belichtet am 100 / 500mm Refraktor (Sternwarte Stuttgart) mit ST-6 CCD-Kamera, Aufnahme von Otto Farago, Bildbearbeitung von Martin Gödecke.
Abb. 16: Komet Ikeya-Zhang am 29.3.2002, 3 x 20 Sek. belichtet am 100 / 500mm Genesis-Refraktor (Sternwarte Stuttgart) mit ST-6 CCDKamera, Aufnahme von Silvia Kowollik, Bildbearbeitung von Martin Gödecke.
Abb. 17: Komet Ikeya-Zhang am 29.3.2002 um 19:25 UT, 5 und 6 Min. belichtet mit 170 / 300mm Schmidt-Kamera auf Ektagrafik Film und 90 Sek. auf Ektachrome 100S Farbdiafilm, bei Mondlicht, LRGB-Komposit, Ort: Rönkhausen / Sauerland, Aufnahme von Norbert Mrozek.
Abb. 20: 03.04.2002, 20:01 UT
Abb. 21: 04.04.2002, 19:34 UT Abb. 22: 04.04.2002
Abb. 23: 05.04.2002, 19:55 UT Abb. 24: 05.04.2002, 20:32 UT Abb. 25: 06.04.2002, 3:04 UT
Abb. 26: 07.04.2002 Abb. 27: 07.04.2002 Abb. 28: 07.04.2002, 19:30 UT
Abb. 29: 07.04.2002
Abb. 30: 08.04.2002, 2:50 UT Abb. 31: 09.04.2002, 4:30 UT
Abb. 32: 13.04.2002, 1:17 UT
AAbbbb.. 3333:: 2211..0044..22000022,, 22::1111 UUTT
Abb. 34: 22.04.2002, 20:24 UT
Abb. 35: 22.04.2002, 21:33 UT
Abb. 36: 29.04.2002
Abb. 37: 29.04.2002, 20:53 UT
Abb. 38: 30.04.2002
Abb. 39: 30.04.2002, 21:41UT
Abb. 40: 08.05.2002, 21:18 UT Abb. 41: 09.05.2002, 0:50 UT
Abb. 42: 15.05.2002, 22:30 UT Abb. 43: 16.05.2002, 0:00 UT
Abb. 46: 26.06.2002, 21:23 UT
Abb. 44: 31.05.2002, 21:16 UT Abb. 45: 14.06.2002, 23:16 UT
Seite 76
Abb. 18: Komet Ikeya-Zhang am 31.3.2002 um 19:30 UT, 9 Minuten belichtet mit SchmidtKamera 150 / 200 / 350mm auf TP2415 Film (hyp.), Ort: Bräsen, Aufnahme von David Bender.
Abb. 19: Komet Ikeya-Zhang am 1.4.2002, 6 x 30 Sek. in der Dämmerung belichtet ohne Filter am 125mm AK-Refraktor, Effektivbrennweite 1,3 m, mit APOGEE AM13 CCD-Kamera, Ort: Wirges, Aufnahme von Bernd FlachWilken.
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Abb. 20: Komet Ikeya-Zhang mit Andromedanebel (M 31) am 3.4.2002 um 20:01 UT, 12 Min. belichtet auf Fuji NPH 400 mit Objektiv 1:4,0 / 300mm, Ort: Schweinitz, Fläming, Aufnahme von Uwe Wohlrab und Marcus Richert.
Seite 78
Abb. 21: Komet Ikeya-Zhang und Andromedanebel (M 31) am 4.4.2002 um 19:34 UT, 10 Min. belichtet mit Schmidt-Kamera 150 / 200 / 350mm auf TP 2415 Film (hyp.). Ort: Bräsen, Aufnahme von David Bender.
Abb. 22: Komet Ikeya-Zhang am 4.4.2002 um 19:51 und 22:02 UT jeweils 4,5 Min. belichtet mit Schmidt-Kamera f /2,3/495 mm auf TP6415 hyp. und Kodak E200 Film, Ort: Hochvogesen/F., Aufnahme von Otto Guthier.
Seite 79
Abb. 23: Komet Ikeya-Zhang am 5.4.2002 um 19:55 UT, 4 Min. belichtet mit 170 / 300mm Schmidt-Kamera auf TP2415 Film (hyp.) und 4 Min. auf Ektachrome 100S Farbdiafilm, LRGB-Komposit, Ort: Rönkhausen / Sauerland, Aufnahme von Norbert Mrozek
Abb.24: Komet Ikeya-Zhang am 5.4.2002 um 20:32 UT, 15 Min. belichtet mit Deltagraph 250 / 830mm auf Fuji NPH 400, Ort: Schweinitz, Fläming, Aufnahme von Uwe Wohlrab und Marcus Richert.
Abb. 25: Komet Ikeya-Zhang am 6.4.2002 um 3:04 UT, 5 Min. belichtet mit 170 / 300mm Schmidt-Kamera auf Ektachrome 100S Farbdiafilm. Ort: Rönkhausen / Sauerland, Aufnahme von Norbert Mrozek
Seite 80
Abb. 26: Komet Ikeya-Zhang am 7.4.2002, 10 x 15
Sek. ohne Filter belichtet am SDUFIIRefraktor, Effektivbrennweite 400mm, mit APOGEE AM13 CCD-Kamera, bei sehr diesigem Wetter in der Dämmerung, Ort: Wirges, Aufnahme von Bernd Flach-Wilken.
Abb. 27: Komet Ikeya-Zhang am 7.4.2002, um 2:37 und 2:53 UT jeweils 6,5 Min. belichtet mit Schmidt-Kamera f /2,3/495 mm auf Kodak E200 und TP6415 hyp. Film, Ort: Odenwald, Aufnahme von Otto Guthier.
Abb. 28: Komet Ikeya-Zhang am 7.4.2002 um 19:30 UT, Komposit aus zwei Aufnahmen mit je 10 Min. Belichtungszeit auf Ektachrome 100 Film mit Objektiv 1:1,8 / 85mm (Blende 4,0). Ort: Kleinwalddorf, Aufnahme von Georg Zeitler.
Seite 81
Abb. 29: Komet Ikeya-Zhang am 7.4.2002, 4 Min. belichtet auf Ektachrome 100 VS mit 600 mm Cassegrain-Teleskop (Volkssternwarte Frankfurt) im Primärfokus bei f / 3,3. Aufnahme von Christoph Lichtblau.
Seite 82
Abb. 30: Komet Ikeya-Zhang am 8.4.2002 um 2:50 UT, 5 Min. belichtet mit 170 / 300mm Schmidt-Kamera auf TP 2415 (hyp.) und 4 Min. auf Ektachrome 100S Farbdiafilm, LRGB-Komposit. Ort: Rönkhausen / Sauerland, Aufnahme von Norbert Mrozek.
Abb. 31: Komet Ikeya-Zhang am 9.4.2002 um 4:30 UT, LRGB-Komposit von 2 je 10 Min. belichteten Aufnahmen auf TP 2415 Film (hyp.) und Ektachrome 200 Farbdiafilm (Push 1) mit Refraktor 160 / 530mm. Ort: Nord-Schwarzwald, Aufnahme von Rainer Mannoff.
Seite 83
Abb. 32: Komet Ikeya-Zhang am 13.4.2002 um 1:10 und 1:18 UT, 2 x 7 Min. belichtet mit Schmidt-Kamera 250 / 450 mm auf Ektachrome 100 S Farbdiafilm. Aufnahme von Michael Jäger, der unter besten Himmelsbedingungen in 1.000 m Seehöhe oberhalb einer dichten Nebeldecke beobachtete.
Abb. 34: Komet Ikeya-Zhang am 22.4.2002 um 20:24 UT, 10 x 60 Sek. belichtet mit Objektivbrennweite 180 mm und AUDINE CCD-Kamera, Aufnahme von Konrad Horn.
Abb. 35: Komet Ikeya-Zhang am 22.4.2002 um 21:33 UT, 25 x 60 Sek. belichtet mit Refraktor 100 / 500mm und AUDINE CCD-Kamera, Aufnahme von Konrad Horn
Seite 85
Abb. 36: Komet Ikeya-Zhang am 29.4.2002, 2 x 30 Sek. belichtet am 100 / 500mm Refraktor (Sternwarte Stuttgart) mit ST-6 CCDKamera, Aufnahme von Silvia Kowollik,
Abb. 37: Komet Ikeya-Zhang am 29.4.2002 um 20:53 UT, zwei Aufnahmen wurden an einer FlatField-Camera 1:3,5 / 500mm auf Ektachrome 100 Film 12 und 10 Min. belichtet und zu einem Komposit zusammengefügt. Ort: Kleinwalddorf, Aufnahme von Georg Zeitler.
Abb. 38: Komet Ikeya-Zhang am 30.4.2002, 3 x 30 Sek. belichtet am 7-Zoll-Refraktor (Brennweite 1,5 m, Sternwarte Stuttgart) mit ST-6 CCD-Kamera. Aufnahme von Silvia Kowollik.
Abb. 39: Komet Ikeya-Zhang am 30.4.2002 um 21:29 und 21:43 UT, LRGB-Komposit aus zwei Aufnahmen mit Schmidt-Kamera 190 / 255 / 435mm, 7 Min. auf Kodak Farbdiafilm 100(120) und 11 Minuten auf TP 4415 Film (hyp.) belichtet. Aufnahme von Gerald Rhemann und Michael Jäger.
Seite 86
Abb. 40: Komet Ikeya-Zhang am 8.5.2002 um 21:18 UT, 10 Min. belichtet auf TP 2415 Film (hyp.) mit Schmidt-Kamera 150 / 200 / 350mm. Ort: Bräsen, Aufnahme von David Bender.
Abb. 41: Komet Ikeya-Zhang passiert den Kugelsternhaufen M 92 am 9.5.2002 um 0:50 UT, LRGB-Komposit von zwei Aufnahmen 5 und 6 Minuten belichtet auf Ektachrome 100 S Farbdiafilm und einer 6 Min. belichteten Aufnahme auf TP 2415 Film (hyp.). Aufnahmegerät: Schmidt-Kamera 170 / 300mm, Ort: Rönkhausen / Sauerland, Aufnahme von Norbert Mrozek.
Seite 87
Abb. 42: Komet Ikeya-Zhang und der Kugelsternhaufen M 13 am 15.5.2002 um 22:30 UT, LRGB-Komposit von zwei Aufnahmen 6 und 5 Minuten belichtet auf Ektachrome 100 S Farbdiafilm und einer 6 Min. belichteten Aufnahme auf TP 2415 Film (hyp.). Aufnahmegerät: Schmidt-Kamera 170 / 300mm, Ort: Rönkhausen / Sauerland, Aufnahme von Norbert Mrozek.
Abb. 43: Komet Ikeya-Zhang am 16.5.2002 um 0:00 UT, 2 x 8 Min. belichtet mit SchmidtKamera 250 / 450 mm auf Ektachrome 100 S Farbdiafilm. Aufnahme von Michael Jäger.
Seite 88
Abb. 44: Komet Ikeya-Zhang am 31.5.2002 um 21:16 UT, 25 x 60 Sek. belichtet mit Objektivbrennweite 180 mm und AUDINE CCDKamera (2 x 2 Binning), Aufnahme von Konrad Horn.
Abb. 45: Komet Ikeya-Zhang am 14.6.2002 um 23:16 UT, 20 x 60 Sek. belichtet mit Objektivbrennweite 180 mm und AUDINE CCDKamera, Aufnahme von Konrad Horn.
Abb. 46: Komet Ikeya-Zhang neben dem Kugelsternhaufen M 5 am 26.6.2002 um 21:23 UT, 20 x 60 Sek. belichtet mit Objektivbrennweite 180 mm und AUDINE CCD-Kamera, Aufnahme von Konrad Horn.
Seite 84
Abb. 33: Komet Ikeya-Zhang passiert den Gasnebel IC 1396 am 21.4.2002 um 2:11 UT, Norbert Mrozek belichtete mit einer SchmidtKamera 170 / 300mm 6 Min. auf Ektachrome 200 und 7 Min. auf Ektachrome 100 S Farbdiafilm und erstellte ein Komposit. Ort: Rönkhausen / Sauerland.
,,Komisch ... die letzten Abzüge haben alle einen Braunschleier, Mos!" ,,Hm ... das Fixierbad riecht nach Kognac!"
90 F A C H G R U P P E > K O M E T E N
Der ,,falsche Nukleus" und die Koma von Komet Ikeya-Zhang
von Hans G. Diederich
Die Aufnahme entstand am 10.4.2002 um 5:20 MDT (Mountain Daylight Time = 9:20 UT) mit einem 16 Zoll SchmidtCassegrain-Teleskop, Fokalreduktor und ST-9E CCD-Kamera. Die Integrationszeit beträgt 60 Sekunden. Der Komet und sein Schweif konnten während der Aufnahme mit bloßem Auge gesehen werden. Der falsche Nukleus ist nicht punktförmig sondern erscheint als ein kleines gleichmäßig helles Scheibchen. Die ihn umgebende innere Koma ist ein klein wenig zur Sonne verrückt. Die großen Halbachsen der einzelnen Isophoten unterscheiden sich im Positionswinkel um bis zu 30 Grad . Die Bildbearbeitung erfolgte mit der Software MaxIm CCD unter Einsatz der Methoden lineares und nicht-lineares Histogramm-Strecken, Pseudofarben, Farbauszüge und Vergrößern.
Abb. 1 (rechts oben): Montage aus verschiedenen Bildbearbeitungsstufen unter besonderer Berücksichtigung des ,,falschen Nukleus", der im mittleren oberen Teilbild in genau der selben Positionierung dargestellt ist wie im linken oberen Bild.
Abb. 2 (oben): Die eingezeichneten Achsen von zwei verschiedenen Isophoten unterscheiden sich um ca. 30 Grad .
Abb. 3 (rechts): Mit nichtlinearem HistrogrammStrecken erzeugt. Der ,,falsche Nukleus" ist bei der gewählten Einstellung noch nicht erkennbar.
VdS-Journal Nr. 9
92 F A C H G R U P P E > K L E I N P L A N E T E N
NEOs im Sonnensystem
von Gerhard Lehmann
Kleinplaneten und Kometen werden nach der Lage im Sonnensystem, aber auch nach ihrer Zugehörigkeit zu Familien in verschiedene Gruppen eingeteilt. Bekannt ist, dass sich viele Kleinplaneten zwischen Mars und Jupiter um die Sonne bewegen. Sie werden neudeutsch Mainbelter, die sich wiederum in verschiedene Familien unterteilen lassen, genannt. Der erste 1801 von G. Piazzi (1746-1826) entdeckte Kleinplanet Ceres ist ein solcher. Der Erde näher als die Mainbelter kommen die NEOs - aber was sind das eigentlich für Objekte im Sonnensystem? Ein Near-Earth Object (NEO) ist ein Kleinplanet oder ein Komet, dessen
Die Amors sind der Erde sehr nahe kommende Kleinplaneten, welche sich aber noch innerhalb der Marsbahn um die Sonne bewegen. Ihre große Bahnhalbachse ist größer als 1 AE, aber die Perihelentfernung schwankt zwischen 1,017 AE und 1,3 AE. Der Namensgeber dieser Familie ist (1221) Amor, welcher am 12. März 1932 von E. Delporte in Uccle [2] entdeckt wurde. Es sind 776 Amors (Stand: 7.5.2002 [1]) bekannt. Die Apollos schneiden die Bahn der Erde. Ihre große Bahnhalbachse ist größer als 1 AE, aber die Perihelentfernung ist kleiner als 1,017 AE. Der Namensgeber dieser Familie ist (1862) Apollo, welcher am 24.
Abb. 1: Bahnen der Kleinplaneten Aten, Amor und Apollo.
Perihelentfernung kleiner als 1,3 AE [1] ist. Damit ist ihre Lage im Sonnensystem eingegrenzt. Aber schon frühzeitig erkannte man, dass es innerhalb dieser Objekte verschiedene Familien gibt. Diese werden im folgenden kurz erläutert. Kometen mit einer Perihelentfernung von weniger als 1,3 AE und einer Umlaufzeit von weniger als 200 Jahren gehören zu den NEOs. Sie werden als Near-Earth Comets (NECs) bezeichnet. Es sind 47 NECs (Stand: 7.5.2002) bekannt. Die zu den NEOs gehörenden Kleinplaneten werden auch als Near-Earth Asteroids (NEAs) bezeichnet. Sie unterteilen sich in drei Familien (Abb. 1).
VdS-Journal Nr. 9
April 1932 von K. Reinmuth in Heidelberg [2] entdeckt wurde. Es sind 952 Apollos (Stand: 7.5.2002 [1]) bekannt. Die Atens schneiden ebenfalls die Bahn der Erde. Ihre große Bahnhalbachse ist größer als 1 AE, aber ihre Aphelentfernung ist größer als 0,983 AE. Der Namensgeber dieser Familie ist (2062) Aten, welcher am 7. Januar 1976 von E.F. Helin auf dem Mount Palomar [2] entdeckt wurde. Es sind 146 Atens (Stand: 7.5.2002 [1]) bekannt. Tabelle 1 beschreibt in Kurzform die Merkmale der zu den NEOs gehörenden Objekte. Auf ihren Weg um die Sonne können eini-
ge NEAs der Erde gefährlich nahe kommen. Deshalb werden alle die, welcher der Erde näher als 0,05 AE kommen, als Potentially Hazardous Asteroids (PHA) bezeichnet. Als erster kann (1862) Apollo gelten, denn er erfüllt dieses Kriterium. Es sind 428 PHA (Stand: 7.5.2002 [1]) bekannt.
Familie Merkmal NECs q < 1,3 AE und P < 200 a Amors a > 1,0 AE und 1,017 < q < 1,3 AE Apollos a > 1,0 AE und q < 1,017 AE Atens a < 1,0 AE und Q > 0,983 AE
Abbildung 1, welche mit dem Programm EasySky [3] von Matthias Busch erstellt wurde, zeigt für den September 2002 die
Bahn der Namensgeber der drei NEAFamilien. Die Beobachtung der NEOs ist für den engagierten Amateurastronomen eine lohnenswerte Aufgabe. Insbesondere werden astrometrische Positionsbeobachtungen benötigt, um die Bahnelemente zu verbessern und letztendlich eine eventuelle Gefahr für die Erde einschätzen zu können. Wer sich daran beteiligen möchte, findet auf den Internet-Seiten des Minor Planet Center unter http://cfa-www.har vard.edu/cf a/ps/ mpc.html, aber auch auf denen der VdSFG ,,Kleine Planeten" unter http://www. kleinplanetenseite.de/viele Hinweise.
Literaturhinweise
[1] NASA's NEO Program site at Jet Propulsion Laboratory: http://neo.jpl.nasa.gov/
[2] Schmadel, L., 1999: Dictionary of Minor Planet Names, 4th Edition, Springer
[3] EasySky: http://www.easysky.de/
a1
Erlebnis Astronomie
Die neuen Himmelsjahre sind da!
Auch 2003 muss kein Sternfreund im Dunkeln tappen: Das Himmelsjahr ist der unverzichtbare Begleiter durch die Welt von Sonne, Mond und Sternen. Hier gibt es für jeden etwas und für alle den Überblick: Wo finde ich die Venus, oder wann ist der rote Planet Mars günstig zu beobachten? Welche Sterne leuchten am frühsommerlichen Abendhimmel? Auf solche und viele andere Fragen gibt das Himmelsjahr Antworten - mit klar gegliederten Monatsübersichten, einfachen Tabellen und vielen Abbildungen.
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94 F A C H G R U P P E > K L E I N P L A N E T E N
2002 EL6 - ein Kleinplanet macht Stress
von Andre Knöfel
Im Urlaub kann man schon etwas erleben finden, denn mit 15 mag war es ein sehr
- manchmal auch Unglaubliches ...
heller Kleinplanet.
Anfang März 2002 plante ich einen länge- Damit waren alle erreichbaren Objekte der
ren Astro-Urlaub an der Sternwarte im erz- NEOCP abgearbeitet. Als nächstes stand
gebirgischen Drebach. Ich fand einen ein im Jahre 1999 in Drebach entdeckter
frisch gereinigten 50 cm-Spiegel vor und Kleinplanet auf dem Plan: 1999 RU32.
am Okularauszug hing ein
unscheinbarer eckiger Kasten
- eine CCD-Kamera der
Firma Finger Lakes Instru-
mentation (FLI) - eine vorü-
bergehende Leihgabe der
Firma Baader. Bei der
Kamera handelte es sich um
das Modell IMG1024S mit
einem SITe 1.024 x 1.024
Pixel-Chip. Dieser erwies
sich allerdings für das Instru-
ment als zu groß, so dass sich
Abschattungen und Verzer-
rungen am Rand zeigten.
Daher wurde per Software
die Fläche auf 725 x 725
Pixel reduziert und damit die
Voraussetzungen zur späteren
Auswertung der Bilder mit
Astrometrica32 geschaffen.
Bei meinen Gast-Beobach-
tungen in Drebach haben es
mir vor allem die Klein- Abb. 1:
planeten angetan. So beob- CCD-Kamera
achtete ich einige neu ent-
deckte Amor- und Apollo-
Kleinplaneten und diverse Kleinplaneten Dieser Kleinplanet war letztmalig im
aus dem Hauptgürtel (Mainbelter), die Dezember 2000 beobachtet worden und
bereits einige Zeit nicht beobachtet wur- konnte problemlos aufgefunden werden.
den.
Nun waren die schon seit längerer Zeit
Die Nacht vom 9. auf den 10. März 2002 nicht beobachteten Mainbelter 2000 WW,
versprach wolkig zu werden - abends reg- 2000 XD33 und 1999 AX4 an der Reihe.
nete es etwas. Gegen 2:00 MEZ wollte ich 2000 XD33 war dabei ein sehr interessan-
ins Bett und machte noch einen tes Objekt - er wurde vor 10 Monaten
Kontrollblick: stark windig aber klar! Der letztmalig beobachtet und war ein Objekt
Vorteil eines Astrourlaubes ist es, dass mit nur einer Opposition und einem
man im Prinzip fast neben dem Fernrohr Bahnbogen von rund 180 Tagen. Der
schläft, so dass ich recht schnell aufnah- Kleinplanet war relativ langsam (0,23"/
mebereit war.
min) und auf den Aufnahmen nicht einfach
Als erstes nahm ich mir ein Objekt der auszumachen. Zu meiner Freude bewegte
NEO Confirmation Page [1], kurz sich aber ein weiteres Objekt auf der
NEOCP, vor. Diese Internet-Seite listet Aufnahme! Eine Suche mit dem Minor
neue, aber noch nicht bestätigte erdnahe Planet Checker [3] ergab, dass in diesem
Kleinplaneten auf. Das erste Objekt war Areal kein zusätzlicher Kleinplanet erwar-
sehr leicht zu finden und wie sich später tet wurde.
herausstellte (MPEC 2002-E39 [2]) war Nun muss ich an dieser Stelle ehrlich
Drebach die erste Station, die den zugeben, dass mich meine Aufenthalte in
Kleinplaneten 2002 EB3 nach der Drebach etwas verwöhnt haben. Bei eini-
Entdeckung beobachtete. Auch das zweite germaßen guten Beobachtungsbeding-
Objekt (später 2002 EA3) war leicht zu ungen habe ich schon in meinem Hinter-
VdS-Journal Nr. 9
kopf die Erwartungshaltung einen neuen Drebacher-Kleinplaneten zu finden, denn immerhin konnte ich in den letzten Jahren in Drebach acht neue entdecken. Deswegen hielt sich der Jubel und die Euphorie in Grenzen. Eher genoss ich es in
stiller Freude. Weder Bahn noch Geschwindigkeit machten mich irgendwie stutzig. Für mich war es die übliche Neuentdeckung in Drebach, die in der nächsten Nacht offiziell gemacht werden sollte. Die Nacht vom 10. zum 11. März 2002 war komplett klar. In der ersten Nachthälfte beobachteten Gerhard Lehmann von der Sternwarte Drebach und ich Objekte der NEOCP, sowie aktuelle Amor- und ApolloKleinplaneten. Gerhard musste allerdings bald nach Hause, denn nicht jeder hat Urlaub. Das verdächtige Objekt der vorhergehenden Nacht mit der von mir vergebenen vorläufigen Bezeichnung PDAK09 kam inzwischen weit genug über den Horizont, so das ich es suchen und auch problemlos finden konnte. Natürlich wurden die Aufnahmen sofort vermessen und an das Minor Planet Center [4] geschickt. Noch immer war PDAK09 für mich ein ganz normaler Kleinplanet und ich erwartete eine Reaktion des MPC nicht vor dem kommenden Abend. Etwas verwirrt war ich, das Tim Spahr vom MPC bereits nach sechs Minuten mailte:
Betreff: Datum:
Von: An:
looks like an unusual object Sun, 10 Mar 2002 17:46:03 - 0500 (EST) tim@cfaps6.harvard.edu AKNOEFEL@minorplanets.de
PDAK09 K02E02O
Demnach bekam der Kleinplanet PDAK09 die Bezeichnung 2002 EO2. Also ein neuer Kleinplanet! Aber wieso sieht das wie ein ungewöhnliches Objekt aus? Auch Reiner Stoss von der Sternwarte in
F A C H G R U P P E > K L E I N P L A N E T E N 95
Heppenheim war erst einmal ratlos - er vermutetet eine hohe Exzentrizität! Nun gut - das bedeutete doch, das ich an diesem Objekt unbedingt dranbleiben sollte. Weil die Wettersituation etwas unsicher war, bat ich Markus Griesser von der Sternwarte im schweizerischen Winterthur um Mithilfe für den Fall, dass die kommende Nacht in Drebach bewölkt sein würde. Bevor die Nacht heranbrach, geschah aber etwas sehr ungewöhnliches: Der neue Kleinplanet stand plötzlich unter der alten Bezeichnung PDAK09 auf der NEOCP! Also vielleicht sogar ein erdnaher Kleinplanet? Wenn ich jetzt schreibe, dass mein Interesse geweckt war, ist das maßlos untertrieben. Die Bedingungen in der Nacht vom 11. zum 12. März 2002 waren sehr schlecht - es zogen immer mehr Zirren auf, so dass ich den neuen Kleinplaneten nicht beobachten konnte. Allerdings hatte Reiner weitere Beobachtungen von Tim Spahr am Whipple Observatory auf dem Mt. Hopkins erhalten und meinte, dass es sich um ein NEO handeln könnte. Das wäre natürlich der Hammer - einen NEO in Drebach entdecken! Inzwischen kamen Beobachtungen aus Ondrejov und Modra hinzu. Reiner Stoss errechnete damit eine Apollo-Bahn. Ein NEO - das war jetzt so gut wie sicher! Der 12. März 2002 verstrich, das Objekt
war noch immer auf der NEOCP - wie es schien fieberte nicht nur ich mit, wie die im Laufe des Tages eintreffenden E-Mails von Kleinplanetenbeobachtern in Heppenheim, Essen und Winterthur zeigten. Der 13. März kam und PDAK09 stand immer noch auf der NEOCP und wurde immer wieder einmal aktualisiert. Langsam wurde es unerträglich. Dann, um 19:28 UT war es soweit, das MPEC 2002-E44 [5] erschien. PDAK09 war nun in 2002 EL6 umbenannt worden und ein NEO! Spitze! Wahnsinn! Aber was war das? Drei unscheinbare Buchstaben über den Bahnelementen veranlassten mich eine etwas stabilere Sitzposition einzunehmen. PHA? Ich konnte meinen Augen nicht trauen. 2002 EL6 war also nicht nur ein NEO vom Apollo-Typ, sondern wurde auch noch als potenziell gefährlich (Potentially Hazardous Asteroid - PHA) eingestuft. Noch an diesem Abend fand in der Drebacher Sternwarte eine spontane Feier statt, bei der 2002 EL6 begossen wurde! Das Amateure Kleinplaneten entdecken, ist nichts ungewöhnliches. Ein ,,AmateurNEO" ist allerdings schon sehr selten! Einem Lottogewinn gleicht allerdings die Entdeckung eines PHA! Von den etwa 400 bekannten PHAs wurden bis zu diesem Zeitpunkt nur drei von Amateuren entdeckt. Anfang 1998 konnte R.A. Tucker in
Abb. 2: Entdeckungsaufnahme von 2002 EL6 vom 10. März 2002.
Tucson zwei und Ende 1998 T. Urata in Nihondaira einen PHA auffinden. Seitdem wurden solche Asteroiden ausschließlich von professionellen automatischen Surveys (an der Spitze LINEAR) entdeckt. Somit war 2002 EL6 erst der vierte von Amateuren entdeckte PHA! Im Laufe des nächsten Tages wurde die lokale Presse über diese Entdeckung informiert und am Freitag stand ein kurzer Artikel in der Chemnitzer ,,Freien Presse". An diesem Tag ging auch eine dpaMeldung heraus - mit für mich unerwarteten Folgen. In den nächsten Tagen gaben sich Reporter, Fotografen und ein Fernsehteam die Klinke in die Hand. So viel Rummel hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Die letzten Urlaubstage verliefen daher nicht mehr ganz so ruhig. Vielleicht war es Glück, dass auch das Wetter nicht mehr so mitspielte, so dass nicht noch zusätzlich Beobachtungsstress hinzukam. Für mich war es ein spannender Urlaub mit ,,DER" großen Überraschung. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei meinen Drebacher Gastgebern und allen mitfiebernden Beobachterkollegen in der Ferne für die direkte und indirekte Unterstützung bedanken!
Literaturhinweise
[1] NEO Confirmation Page: http://cfawww.harvard.edu/iau/NEO/ToConfirm.html
[2] MPEC 2002-E39: http://cfa-www.harvard. edu/iau/mpec/K02/K02E39.html
[3] Minor Planet Checker: http://scully.harvard.edu/~cgi/CheckMP
[4] Minor Planet Center: http://cfa-www.harvard.edu/cfa/ps/mpc.html
[5] MPEC 2002-E44: http://cfa-www.harvard. edu/iau/mpec/K02/K02E44.html
[6] Liste der ,,Potentially Hazardous Asteroids (PHAs)": http://cfa-www.harvard.edu/iau/ lists/Dangerous.html
VdS-Journal Nr. 9
96 F A C H G R U P P E > S P E K T R O S K O P I E
Spektroskopie für Einsteiger mit dem Baader-Gitter
Teil 2: CCD-Beobachtungen
von Martin Federspiel
Nachdem im vorangegangenen Teil (VdSJournal für Astronomie I / 2002 [7]) über Erfahrungen bei visuellen Beobachtungen mit dem Baader-Gitter berichtet wurde, stehen jetzt Versuche zur Spektroskopie mit CCD-Kameras im Mittelpunkt. Beobachtungsobjekte für Einsteiger werden vorgestellt.
CCD-Spektrografie mit dem BaaderGitter Die Beobachtung von Spektren wird dann richtig interessant, wenn man die Spektren auch aufnehmen kann. Fotografisch oder mit CCD-Kamera festgehaltene Spektren haben vor allem zwei Vorteile: Sie zeigen mehr Details und lassen sich qualitativ und quantitativ auswerten. Hier soll über Erfahrungen berichtet werden, die die Sternfreunde Breisgau e.V. mit dem Baader-Gitter in Kombination mit einer ST-7 und einer ST-8 CCD-Kamera gesammelt haben.
eine Verbreiterung auf mindestens 200 Pixel bei gutem Signal/Rausch-Verhältnis wünschenswert. Die mit einer CCD-Kamera aufgenommenen Spektren zeigen schon am Bildschirm viel mehr Einzelheiten als bei visueller Beobachtung. Hinzu kommt, dass die CCD-Kamera im roten und infraroten Wellenlängenbereich bis 10.000 Å (1 µm) empfindlich ist und damit einen wichtigen Teil des Spektrum erschließt, der der visuellen Beobachtung weitgehend verborgen ist (z. B. einige Linien der Paschen-Serie des Wasserstoffs oder das infrarote Kalzium-Triplett). Am blauen Ende des Spektrums ergibt sich durch das BlazeVerhalten des Gitters und die spektrale Empfindlichkeit des CCD-Chips eine steile Flanke in der Intensitätsverteilung. Um 4.000 Å sind zwar noch einige Einzel-
heiten zu sehen (besonders mit der relativ blauempfindlichen ST-8E), aber die von fotografischen Prismenspektren gewohnte Linienfülle im Blauen bleibt verborgen. CCD-Spektren haben den großen Vorteil, dass sie im Computer qualitativ und quantitativ bearbeitet werden können. Dazu sind eine Reihe von leistungsfähigen und kostenlosen Programmen erhältlich, von denen hier nur wenige genannt seien: Visual Spec [1] für Windows sowie die professionellen Bildverarbeitungspakete MIDAS [2] und IRAF [3], die unter Unix/Linux natürlich auch die Auswertung von Spektren erlauben. Typische Bildverarbeitungsschritte in der Spektroskopie sind neben der Dunkelstrom- und Hintergrundkorrektur die Mittelung der spektralen Information über die räumliche Bildkoordinate, die Wellenlängenkali-
Der instrumentelle Aufbau ist ähnlich wie bei der visuellen Beobachtung sehr simpel: Das Gitter befindet sich in seiner Halterung kurz vor dem Primärfokus des Teleskops. Die CCD-Kamera wird ohne Okular wie zu Fokalaufnahmen am Teleskop angebracht. Die Zylinderlinse kommt hier nicht zum Einsatz; statt dessen wird das Gitter so orientiert, dass der Spektralfaden genau in Deklinationsrichtung verläuft. Das Spektrum wird dann auf dem CCD-Chip dadurch aufgeweitet, dass die Nachführung in Rektaszension je nach Sternhelligkeit verlangsamt oder ganz abgestellt wird. Der Chip einer ST-8 Kamera ist gerade so groß, dass ein Spektrum vollständig Platz findet; beim nur halb so großen ST-7 Chip sind mindestens zwei Aufnahmen (roter und blauer Teil mit Überlappungsbereich) nötig. Es kann im 2 x 2 Binningmodus der Kamera gearbeitet werden, da die spektrale Auflösung wegen der Anordnung des Gitters im konvergenten Strahlengang und wegen des Seeings stark reduziert ist. Die Belichtungszeiten liegen je nach Sternhelligkeit bzw. Verbreiterungsgeschwindigkeit zwischen 30 Sekunden und mehreren Minuten. Für die Bildverarbeitung ist
VdS-Journal Nr. 9
Abb. 1: Beispielspektren von Sternen verschiedener Temperatur, aufgenommen mit dem Baader-Gitter und einer ST-8E Kamera an einem Celestron 8. Auffälligstes Merkmal in allen Spektren ist das A-Band bei 7.600 Å, das durch Sauerstoff in der Erdatmosphäre hervorgerufen wird. Der heiße Bedeckungsveränderliche Lyrae (oben) zeigt Emissionslinien, die von einer Akkretionsscheibe um die eine Systemkomponente stammen, während bei Wega die Balmer-Serie des Wasserstoffs in Absorption maximal ausgeprägt ist. Bei den kühlen Roten Riesensternen Aldebaran und Beteigeuze dominieren Titanoxid-Banden das Spektrum.
F A C H G R U P P E > S P E K T R O S K O P I E 97
Abb. 2: Die Spektren aus Abb. 1 im Intensitäts-Wellenlängen-Diagramm. Einige wichtige Linien sind identifiziert. Die Kurven geben nicht die wahre Intensitätsverteilung im Sternspektrum wieder, sondern enthalten noch die spektrale Empfindlichkeitsfunktion der Kamera und die Blaze-Charakteristik des Gitters. Rechts unter dem Spektraltyp ist die ungefähre Oberflächentemperatur des Sterns in Kelvin angegeben ( T [Kelvin] = T [ Grad Celsius] + 273 ).
bration, die Identifikation von Linien, die Umrechnung eines Spektrums in wahre relative oder gar absolute Intensitäten, die Bestimmung des Verlaufs des Kontinuums und die Vermessung von Linienbreiten.
Beispielspektren Abb. 1 zeigt fünf Spektren, die mit dem Baader-Gitter an einem Celestron 8 mit einer ST-8E Kamera aufgenommen wurden. Die Spektren sind nach Oberflächentemperatur sortiert: Oben steht der relativ heiße B-Stern, Lyrae, unten der kühle Rote Riese Beteigeuze. Auffälligstes Merkmal aller Spektren ist das sogenannte A-Band bei 7.600 Å, das durch die
Absorption des Sauerstoffs in der Erdatmosphäre hervorgerufen wird. Darüber hinaus sind in den Spektren je nach Temperatur weitere charakteristische Linien zu erkennen, wie z. B. die BalmerLinien des Wasserstoffs bei Wega. Diese auffälligen spektralen Signaturen können zur Wellenlängenkalibration herangezogen werden. Wie bei einem Gitter zu erwarten, ist die Wellenlänge in jedem Spektrum eine hinreichend lineare Funktion des Ortes in Richtung der Dispersion. Wegen der spaltlosen Anordnung kann die Wellenlänge nicht mit einer Spektrallampe kalibriert werden. In Abb. 2 sind die Spektren von Abb. 1 in
einem Intensitäts-Wellenlängendiagramm dargestellt. Einige wichtige Linien sind markiert. In beiden Abbildungen fällt auf, wie sich das Intensitätsmaximum mit zunehmender Temperatur immer mehr in den blauen Teil des Spektrums verschiebt. Die hier gezeigten Intensitäten sind allerdings noch nicht in wahre Intensitäten umgerechnet, sondern spiegeln noch die spektrale Empfindlichkeitskurve des CCD-Chips und das Blaze-Verhalten des Gitters wider.
Anwendungen für das Baader-Gitter Für welche Projekte eignet sich das Baader-Gitter? Schon aus den wenigen hier gezeigten Spektren wird deutlich, dass eine einfache Spektralklassifikation (ohne Leuchtkraftklassen, d. h. die Unterscheidung zwischen Zwerg- und Riesensternen) in die üblicherweise benutzten HarvardKlassen OBAFGKM möglich ist. So hat der Autor aus ST-7 Aufnahmen einen kleinen Spektralatlas [4] erstellt, in dem man die Änderungen spektraler Signaturen mit abnehmender Temperatur sehr schön verfolgen kann. In einigen Fällen sind sogar Riesen- und Zwergsterne zu unterscheiden (vgl. z. B. die Spektren von Deneb und Sirius). Auch die Spektren einiger heller Vertreter besonderer Sterntypen lassen sich mit dem Baader-Gitter dokumentieren: Die hellere Komponente des visuellen Doppelsterns, Lyrae z. B. ist ein Bedeckungsveränderlicher, dessen eine Komponente von einer Akkretionsscheibe aus heißem Gas umgeben ist. Dieses Gas macht sich durch Emissionslinien von Wasserstoff und Helium im Spektrum bemerkbar (s. Abb. 1 und 2), deren Stärke je nach Bedekkungsphase des Systems variiert. Weitere Beispiele für lohnende Beobachtungsobjekte mit Besonderheiten im Spektrum sind Wolf-Rayet-Sterne, S-Sterne, veränderliche Sterne mit zeitlicher Änderung des Spektraltyps (z. B. Mira, R Leonis) oder Sterne mit heißer Hülle, die u. a. H in Emission zeigen (z. B. Cas, Tau). Die Anwendung des Baader-Gitters hat aber auch seine Grenzen, wenn es ohne Spalt im konvergenten Strahlengang verwendet wird. Wegen zu schlechter spektraler Auflösung und fehlender Vergleichslichtquelle können keine Radialgeschwindigkeiten gemessen werden. Außergewöhnliche Linienprofile wie z. B. bei PCygni-Sternen werden nicht aufgelöst. In dichteren Feldern der Milchstraße können wegen Überlappung kaum schwächere Sterne aufgenommen werden.
VdS-Journal Nr. 9
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Fazit Das Baader-Gitter ist ein relativ kostengünstiges, kleines Zusatzinstrument, das die einfache Beobachtung und Fotografie von Sternspektren gestattet. Es ist vor allem pädagogisch sehr wertvoll: Neulinge können so mit dem für die Astrophysik so überragend wichtigen Gebiet der Spektroskopie vertraut gemacht werden. Selbst einfache ,,wissenschaftliche" Projekte sind mit dem Baader-Gitter machbar. Wer dann tiefer in die quantitative Spektroskopie einsteigen möchte, kann überlegen, ob er sich einen kleinen Spektrographen baut - evtl. sogar mit einem Baader-Gitter neuerer Generation als dispersivem Element. Neugierig geworden? Wollen auch Sie sich intensiver mit der Spektroskopie beschäfti-
gen? Ein guter Einstieg kann zum Beispiel das Buch ,,Sterne und ihre Spektren" von James B. Kaler sein [5]. Hier werden die physikalischen Grundlagen und die Geschichte der Spektroskopie sowie die wichtigsten spektroskopischen Eigenschaften der Sterne allgemeinverständlich dargestellt. Wer Beratung und Kontakt zu Gleichgesinnten möchte, ist bei der VdSFachgruppe Spektroskopie gut aufgehoben [6].
Literaturhinweise [1] Visual Spec (Verarbeitung digitaler
Spektren unter Windows), http:// valerie.desnoux.free.fr/vspec/download.html [2] MIDAS (Bildverarbeitung - auch Spektren unter Unix/Linux), http://www.eso.org/projects/esomidas
[3] IRAF (Bildverarbeitung - auch Spektren unter Unix/Linux): http://iraf.noao.edu
[4] Federspiel, M., 1997, Amateurspektroskopie mit dem BaaderGitter und einer CCD-Kamera, Rundbrief der VdS-Fachgruppe Spektroskopie Nr. 13
[5] Kaler, James B., 1994: Sterne und ihre Spektren, Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, Berlin, Oxford
[6] VdS-Fachgruppe Spektroskopie im Internet: http://pollmann.ernst.org, Kontakt: Ernst Pollmann, Charlottenburger Strasse 26c, 51377 Leverkusen, Tel. 0214/91829, E-Mail: ernstpollmann@aol.com
[7] Federspiel, M., 2002: Spektroskopie für Einsteiger mit dem Baader-Gitter, Teil 1: Visuelle Beobachtungen, VdS-Journal I / 2002 (Frühjahr), 70
Koordinierte Zusammenarbeit zwischen den VdS-Fachgruppen
,,Veränderliche" (BAV) und ,,Spektroskopie"
von Ernst Pollmann, Bernd Hanisch, Werner Braune und Joachim Hübscher
Allgemeines Die seit der BAV-internen Diskussion (Mai/Juni 2001) verstrichene Zeit bot nun ausreichend Gelegenheit, die verschiedenen Aspekte einer koordinierten Zusammenarbeit zwischen den VdS-Fachgruppen (FG) ,,Veränderliche" und ,,Spektroskopie" konstruktiv auszugestalten. Den Autoren dieser Zeilen ist daran gelegen, die nachfolgenden Themenvorschläge (Tab. 1 und 2) im Sinne einer koordinierten FG-Zusammenarbeit als individuelle Auswahlempfehlung verstanden zu wissen, weswegen wir zwei Beweggründe hervorheben möchten: · Förderung des Gemeinschaftsgedankens
als Zielsetzung der VdS · Zusammenführung der
Fähigkeitspotentiale der VdS-FGs ,,Veränderliche" und ,,Spektroskopie" Die mentale Förderung und Unterstützung dieser Ansätze in beiden Fachgruppen ist seitens der jeweiligen Fachgruppenleitung von enormer Wichtigkeit, weshalb die Palette spektroskopisch/photometrisch relevanter Beobachtungsobjekte in den nachfolgenden Tabellen vielfältig ausgestaltet ist, um Gruppen wie Einzelbeobachtern eine individuelle Auswahl des Mitwirkens zu ermöglichen. Die Verknüpfung von Photometrie und
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Spektroskopie bei der Beobachtung und Erforschung stellarer Objekte - gemeint sind hier Veränderliche Sterne im weitesten Sinne - ist in der Fachastronomie eine Selbstverständlichkeit schlechthin. In diesem Sinne bildet sie die Grundlage der Motivation, um auf Amateurebene in bescheidenem Maße wissenschaftsrelevante Ergebnisse zu erarbeiten. Nach Jahren vergeblicher Anregungen wird nun die Initiative zu einer Zusammenarbeit von Spektroskopikern und Veränderlichenbeobachtern mit einer umfassenden Wunschliste zur Mitwirkung vorgelegt. Um Ansatzpunkte für einer fruchtbare Zusammenarbeit zu finden, werden zunächst einige grundsätzliche Betrachtungen zu Wünschen und Realitäten der Beobachtungsausrichtung in beiden Bereichen diskutiert. · Die FG Spektroskopie hat
Beobachtungsmöglichkeiten im Bereich heller Sterne, die FG Veränderliche möchte gern Spektren von schwachen Sternen (ggfs. aus aktuellen Beobachtungs- und Forschungsansätzen). · Mit der visuellen Beobachtung heller Veränderlicher haben wir einen beobachterisch gleichen Rahmen im Bereich der Sterne mit größeren Amplituden und ggfs. auch für spektroskopische Belange
ausreichender Genauigkeit. Hierzu finden sich in Tab. 2 die BAV-seitig gut verfolgten Bedeckungssysteme Lyr, Per sowie Cep, deren Bearbeitung für die spektroskopischen Belange allerdings etwas umgestellt werden müsste. Bei den Mirasternen sollten die Spektroskopiker selbst Sterne festlegen, bei denen sie eine visuelle Verfolgung für ausreichend halten. Die Bedeckungsveränderlichen der Tabelle 1 werden nur in aktuellen Fällen der Bedeckung von beiden Fachgruppen intensiv beobachtet. Hier kommen im aktuellen Fall sicher auch genaue CCD-Messungen der BAV ins Spiel. Der Lichtwechsel von VV Cep wird wegen des halbregelmäßigen Verhaltens einer Komponente weiter visuell und möglicherweise auch per CCD überwacht. Bei den Be-Sternen sind nur CCDBeobachtungen brauchbar. Diese kann es aber nur bei Sternen geben, die hierfür BAV-seitig z. Zt. beobachterisch geeignet sind: Im ca. 24' großen Beobachtungsfeld sollte zumindest ein Vergleichsstern etwa gleicher Helligkeit und möglichst gleichem Spektraltyp stehen. Um diese Sterne herauszufinden, wird die vorliegende Tabelle seitens der Autoren noch überarbeitet werden. Alles andere ist dann eine
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Frage der attraktiven Darstellung dieses Projektes, da BAV-CCD-Beobachter schwache Sterne präferieren und solche mit nur einer Messung pro Nacht nur selten beobachten. Schon deshalb haben wir bei hellen Miras keine Resonanz. Bei einem CCD-Einsatz mit normalen Fotoobjektiven und ggf. Filtern gäbe es eine völlig neue Perspektive mit einem Gesichtsfeld von etwa 5 Grad und messbaren Helligkeiten bis ca. 9 mag. Überlegenswert wäre aber ebenso, eine Anleitung für Spektroskopiker zur eigenen Helligkeitsbestimmung gleich bei der Spektrengewinnung zugeben, um echte Synchronität zu gewährleisten. Dieser Weg müsste aber erst erprobt werden.
Warum Be-Sterne beobachten? Aus rein spektroskopischer Sicht zeichnen sich Be-Sterne durch folgende, für Amateurinstrumente sichtbare Merkmale aus: · Linienstatus: Absorptionen werden zu
Emissionen und umgekehrt (B-Stern · Be-Stern) · Linienprofile (Be-Sterne · Hüllensterne) und Liniensymmetrien (Messung von Symmetrievariationen, insbesondere an H) · Emissionen und Absorptionen verstärken oder schwächen sich ab (Bestimmung der Äquivalentbreite) · Radialgeschwindigkeitsveränderungen · Variation der UBV-Helligkeiten Die beschriebenen Effekte sind oft unregelmäßig und deshalb zeitlich nicht vorhersagbar, die spektralen Veränderungen korrelieren oft mit den UBV-Helligkeiten. Das Datenmaterial ist aber oft sehr lückenhaft. Die spektroskopische Beobachtung erfordert nicht in jedem Fall eine aufwendige oder teure Ausrüstung. So ist die reine Feststellung des Linienstatus (Emission: ja oder nein) bereits mit Objektivprismenspektrographen und fotografischer Detektion möglich. Ebenso ist das Verfolgen von Linienprofilen - zumindest im blauen Spektralbereich - auch noch mit Objektivprismenspektrographen mittlerer Dispersion (ab 50 Å/mm) möglich. Die Messung von Äquivalentbreiten erfordert wegen der Detektorlinearität immer den Einsatz von CCD-Kameras.
Objekte Cas CMi And Her Dra Per Tau MX Per Per Cyg Ori Aqr V832 Cyg Cas QR Vul 28 Tau BK Cam EW Lac Cep CrB
Charakter Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern Be-Stern
Vmin 3,0 2,92 3,78 3,87 4,01 4,11 2,88 4,09 4,23 4,5 4,59 4,7 4,88 4,62 4,8 5,5 4,89 5,48
Vmax 1,6 2,84 3,58 3,8 3,82 3,96 3,17 4,0 3,96 4,28 4,4 4,42 4,49 4,5 4,6 4,77 4,78 5,22 3,15 4,1
Psc 48 Lib 66 Oph 66 Cyg 16 Peg And 12 Vul Cyg 25 Cyg Gem 31 Peg Cas 48 Cam 17 Tau 23 Tau Tau 48 Per 11 Cam 25 Ori 47 Ori Oph 4 Aql 59 Cyg 105 Tau Sco CMa Aur Aur VV Cep
Be-Stern 4,53 Be-Stern 4,9 Be-Stern 4,64 Be-Stern 4,43 Be-Stern 5,08 Be-Stern 4,25 Be-Stern 4,95 Be-Stern 4,53 Be-Stern 5,19 Be-Stern 4,15 Be-Stern 5,01 Be-Stern 3,40 Be-Stern 4,84 Be-Stern 3,70 Be-Stern 4,18 Be-Stern 2,87 Be-Stern 4,04 Be-Stern 5,08 Be-Stern 4,95 Be-Stern 4,57 Be-Stern 2,60 Be-Stern 5,0 Be-Stern 4,74 Be-Stern 5,89 Be-Stern 2,3 Be-Stern 3,9 Bed.Veränd. 3,97 3,7 Bed.Veränd. 3,8 2,9 Bed.Veränd. 5,3 4,8
Spektrum Kommentar Frequenz
B0.5IV
1)
mehrfach/Mo
B8V
1)
1/Monat
B5+B2e
1)
1/Monat
B9V
1)
1/Monat
B5IV
1)
1/Monat
B0.5IV+sdO 1)
1/Woche
B2III
1)
1/Woche
B3V
1)
1/Monat
B4V
1)
1/Monat
B2 V
1)
1/Monat
BIIIe
1)
1/Monat
B1Ve
1)
1/Monat
B1ne
1)
1/Monat
B5III
1)
1/Monat
1)
1/Monat
B8V
1)
1/Monat
1)
1/Monat
B3IV
1)
1/Monat
B2III
2)
1/Monat
B5
Vor 20 Jahren
1/Monat
Be-Stern
wann wieder?
B6III
1)
1/Monat
Be
1)
1/Monat
B2V, e
1)
1/Monat
B2V, ne
1)
1/Monat
B3V
1)
1/Monat
B8V
1)
1/Monat
B2V
1)
1/Monat
B5IV
1)
1/Monat
B3IV
1)
1/Monat
B6III
1)
1/Monat
B2V
1)
1/Monat
B3Vp
1)
1/Monat
1)
1/Monat
B6III
1)
1/Monat
B7III
1)
1/Monat
B7III
1)
1/Monat
B3V, e
1)
1/Monat
B3V
1)
1/Monat
B1V, ep
1)
1/Monat
B3III, e
1)
1/Monat
B0V
1)
1/Monat
B5
1)
1/Monat
B0
1)
1/Monat
B2V, e
1)
1/Monat
B0
1)
1/Woche
B3
1)
1/Woche
K0
Periode=972 d
F5
Periode=9892 d
M2I+B6II
Periode=7690 d
Tabelle 1: Objektbezogene Projektvorschläge. Vmin und Vmax bezeichnet die minimale und maximale visuelle Helligkeit (in mag), Spektrum den Spektral- und Leuchtkrafttyp und Frequenz die gewünschte Beobachtungshäufigkeit. Kommentar: 1) Spektroskopisches und photometrisches Langzeitmonitoring zur Aufklärung der zirkumstellaren Aktivitäten und Mechanismen, 2) 40 Jahre lang keine H-Emission (vor 1990); H derzeit etwa 20 % über dem Kontinuum; Frage: Ist Cep ein normaler Be-Stern? Daher: Spektroskopie- und Photometrie-Langzeitmonitoring notwendig.
VdS-Journal Nr. 9
100 F A C H G R U P P E > S P E K T R O S K O P I E
Objekte P Cyg
Typ LBV-Stern 1)
Helle rote Überriesen Mira-Veränderliche
Beispiel: 61 Her weitere 2) bekannt/interessant Pulsationsvariab.
Lyr
Bedeckungsstern
Per Cep
Bedeckungsstern Pulsationsvariab.
V
Spektrum
4,9
B2
3)
3)
3)
3)
3,3 - 4,4 B3
2,1 - 4,4 B8 3,5 - 4,4 F5/G5
Kommentar
var. Radialgeschwindigkeiten var. H-Emission; UBV-Photometrie; Langzeitmonitoring photometr. und spektrosk. Variabilität Natur globaler/lokaler Oberflächenereignisse besser verstehen
Variabilität der H,,,-Emissionen sowie der TiO- und C2-Banden; simultane Photometrie/Spektroskopie Einsteiger-Demo-Objekt, Langzeitmonitoring der Radialgeschwindigkeiten Si-Linien bei 635-636 nm Einsteiger-Demo-Objekt, Radialgeschwindigkeiten Einsteiger-Demo-Objekt (Spektrumveränderl.)
Tabelle 2: Helle Objekte von weiterem Interesse deren Lichtkurven aktuell gut beobachtet werden. V bezeichnet die visuelle Helligkeit (in mag). 1) LBV = Leuchtkräftige Blaue Veränderliche (siehe einschlägige Literatur), 2) weitere Sterne können im ,,Bedarfsfall" konkret benannt werden (Literatur vorhanden), 3) siehe einschlägige Literatur. Entsprechende Literaturhinweise sind bei den Autoren nachzufragen.
Streifende Sternbedeckungen zum Quadrat
- oder: was verbindet Nordholz mit Itzing im Jahre 2002?
von Eberhard H. R. Bredner
... zum Quadrat!? Was soll denn das nur beschreiben?? - more action, more fun oder nur viel mehr Frust?? Da bei der Vorausberechnung eines astronomischen Ereignisses zurzeit leider die Wettersituation (noch) nicht vorhergesagt werden kann, soll ,,zum Quadrat" auch eine besondere Beobachtungssituation hervorheben. Der Reiz seltener astronomischer Ereignisse kann Scharen von Amateurastronomen in Bewegung setzen, wir erinnern uns an Exkursionen zu Sonnenfinsternissen. In Mitteleuropa oft weniger erfolgreich - die Sonnenfinsternis 1999 war je nach Standort verregnet, bewölkt oder auch traumhaft! Viele Amateure heulten damals mit dem Himmel um die Wette oder knirschten gewaltig mit den Zähnen - hatten wir doch die ganzen 90er Jahre auf diese Finsternis hingearbeitet. Ähnliches galt für viele von uns für die letzten Saturn-Bedeckungen usw., usw., usw. ... Auch die Beobachtung einer totalen Sternbedeckung zu einem immer festgelegten Zeitpunkt ist nur möglich, wenn genau zu diesem Punkt wirklich alle Bedingungen stimmen. Totale Bedeckun-
VdS-Journal Nr. 9
gen beobachtet man zu Hause oder bei schlechtem Wetter eben auch nicht. Möglich ist die Beobachtung von jährlich etwa 1.500 Ereignissen bei Sternhelligkeiten bis zur 10. Magnitude. Das ist ein Anhaltswert für die Beobachtung mit einem 20-cmSpiegelteleskop, mit mehr ,,Öffnung" werden die Nächte noch kürzer - schläfrige Amateure nehmen einfach kleinere Fernrohre, ,,müssen" dann weniger beobachten. Will man sich gar an einer der viel selteneren streifenden Sternbedeckungen beteiligen - dabei wird der Stern nicht völlig (also total) sondern zeitlich nur kurz durch die oberen Spitzen der Mondrandgebirge am nördlichen oder südlichen Mondpol verdeckt - wird man eigentlich immer mit seinen Geräten ,,verreisen" müssen. Die Ähnlichkeit mit einer Sonnenfinsternis-Expedition ist überraschend. Dieser Beitrag will Sie nun auf 2 mal 2 streifende Sternbedeckungen hinweisen, die in den kommenden Wochen bis zum Erscheinen des nächsten Journals beobachtet werden können, unter allem Vorbehalt. Die von Dr. Eberhard Riedel
(IOTA/ES) berechneten Bedingungen für den 30. September und 13. Dezember bieten die seltene Gelegenheit, jeweils an EINEM Tage an EINEM Ort ZWEI streifende Bedeckungen zu beobachten - deshalb zum Quadrat. Und dies gerade in der Nähe des Ortes Itzing südwestlich Monheim am Schnittpunkt (A) und Nordholz südwestlich Sulingen bei (B) wie die Grafik deutlich hervorhebt. In (A) beziehungsweise (B) schneiden sich jeweils ZWEI Grenzlinien, die Verbindung aller möglichen Beobachtungsorte einer streifenden Bedeckung. Während des eigentlichen Ereignisses steht die Kette der Beobachter in der Nähe (!) der Punkte (A) bzw. (B), senkrecht zur Grenzlinie; das aktuelle Mondrandprofil ist dabei zwingende Grundlage für die Wahl der Stationen. Nahe dem Punkt (A), Itzing, wird Montag, 30. September, die erste streifende Bedeckung in die frühen Morgenstunden fallen, die zweite in den Abend. Wenn sich alles wie gewünscht entwickelt, könnten die beteiligten Amateure nach der morgendlichen Bedeckung tagsüber in
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wendige Vorbereitungen treffen und auf der Web-Seite ,,www.iotaes.de" etwa vier Wochen vorher erste Informationen veröffentlichen, drei Tage vorher erfährt man dort genauere Einzelheiten zu Treffpunkt / Übernachtungsmöglichkeit usw., einen Tag vorher werden wir den Wetterbedingungen entsprechend die Beobachtung starten, unter Vorbehalt starten oder eventuell auch absagen. Wer sich beteiligen möchte, kann sich so ausreichend zeitig über geplante (!) Einzelheiten informieren und seine Mitwirkung planen. Direkte Nachfragen zu diesem Ereignis sind aber jederzeit möglich über secretary@iota-es.de.
Wenn es was wird, wird es für alle ein unvergessliches Erlebnis. Und das könnte dann die Verbindung von Itzing und Nordholz sein.
Abb. 1: Das Kreuz markiert den Punkt: Nahe den Orten Itzing (A) und Nordholz (B) sind an einem Tag jeweils zwei streifende Sternbedeckungen beobachtbar; (A): am 30.9.2002 und (B): am 13.12.2002.
aller Ruhe diese auswerten und als direkt betroffene Gruppe das Thema einmal grundlegend bearbeiten und so die abendliche Beobachtung vorbereiten. Betroffen sind die Sterne 37 Geminorum (5,7 mag) und 77 k Geminorum (3,6 mag) bei einem zu etwa 40 % beleuchteten Mond, auch für kleinere Fernrohre ein optischer Genuss. Nahe dem Punkte (B), Nordholz, werden am Freitagabend, 13. Dezember (hier ist doch wohl niemand abergläubisch), nur knapp drei Stunden auseinanderliegend ZWEI streifende Bedeckungen zu beob-
achten sein, eine eingehende Vorbereitung am Nachmittag wäre also empfehlenswert. Bei stabiler Wetterlage bietet sich dort eine wirkliche Delikatesse, die auch eine weitere Anreise rechtfertigt. Beteiligt sind die Sterne 26 Ceti (6,1 mag ) und 29 Ceti (6,4 mag) bei einem schon zu 70 % beleuchteten Mond, von der Beobachtungstechnik her anspruchsvoller, ein größeres Fernrohr wird erforderlich sein, es lohnt aber wirklich den Aufwand. Die VdS - Fachgruppe Sternbedeckungen (IOTA/ES) wird für beide Ereignisse not-
,,Nein, nein, nein ... Herr Wachtmeister ... das ist unsere Sternwarte. Wir haben nur den Schlüssel
vergessen!!!"
VdS-Journal Nr. 9
102 F A C H G R U P P E > D E E P - S K Y
Deep-Sky Kataloge, die neue Uranometria und andere Geschichten
von Wolfgang Steinicke
Einleitung Dieser Artikel ist die schriftliche Fassung meines auf der diesjährigen Deep-Sky Tagung (s. Tagungsberichte) gehaltenen Vortrags. Thema ist die neue Uranometria nebst Katalog, dem Deep Sky Field Guide (DSFG). Insbesondere werden Umfang und Datenqualität diskutiert. Angesichts der großen Zahl an NGC/IC-Objekten lohnt ein Vergleich mit den Ergebnissen des internationalen NGC/IC-Projekts [1], [2]. Es wird sich einmal mehr der Satz bestätigen: ,,Jeder Atlas ist nur so gut wie seine Datenbasis". Wobei dies gleichermaßen für Atlanten, wie für ,,Planetariumsprogramme" (hier ausgespart) gilt.
Deep-Sky Objekte in Himmelsatlanten und die Frage ,,Was ist eine gute Datenbasis?" Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Entwicklung der Atlanten. Während man sich früher auf Messier- und prominente NGC-Objekte beschränkte, wurden später (Becvar, Tirion) auch andere Kataloge
berücksichtigt. Ein Exot ist sicherlich der Atlas des Smithsonian Astrophysical Observatory (SAO); der gesamte NGC/ICKatalog wird (mit all seinen Fehlern!) dargestellt. Der erste große, moderne Atlas war die 2-bändige Uranometria. Sie basiert auf dem verlässlichen Sky Catalogue II, nutzt aber auch den - um es deutlich zu sagen - miserablen Revised New General Catalogue (RNGC), ist also insgesamt recht fehlerhaft. Besser ist der Millenium Star Atlas, der den Third Reference Catalogue of Bright Galaxies (RC3) benutzt. Beide Atlanten wurden, zusammen mit der neuen Uranometria, kürzlich in [3] vorgestellt. Die Anforderungen an eine gute Datenbasis können in drei Kriterien zusammengefasst werden (vgl. auch [1]):
1. Korrekte Abbildung des Himmels Die Daten sollen die Situation am Himmel fehlerfrei und innerhalb der gewählten Definitionen (siehe 2.) vollständig wiedergeben.
2. Objektklassen und Definitionen Die Objektklassen des optischen Spektralbereichs sollen enthalten sein: Offene Sternhaufen, Kugelsternhaufen, Galaktische Nebel, Dunkelnebel, Planetarische Nebel, Galaxien, Quasare und Galaxienhaufen. Falls innerhalb einer Klasse eine Auswahl getroffen wird, müssen sinnvolle Kriterien definiert (und eingehalten) werden, z. B. Helligkeit, Größe.
3. Bezeichnung Eindeutige und historisch korrekte Bezeichnungen sind gefordert. Traditionell beginnt man mit dem Messier- und NGC/IC-Katalog, die verschiedene Objektklassen enthalten. Danach kommen Spezialkataloge [1], z. B. UGC, CGCG, MCG, ESO, PGC (Reihenfolge bei Galaxien). Es muss sicher sein, dass z. B. ein CGCG-Objekt nicht bereits im UGC oder gar im NGC/IC enthalten ist. Falls man dies ignoriert, wird es u. U. zweimal an verschiedenen Positionen dargestellt. ,,Haufen identischer Objekte" können so
Atlas Schurig-Götz Beyer-Graff Becvar SAO-Atlas Tirion, Sky Atlas 2000 Uranometria Millenium Star Atlas Uranometria II
Jahr 1925 (5. Aufl.) 1950 1964 1969 1981 1987 1997 2001
Objektanzahl
500 Deep-Sky 300 Galaxien
1000 Deep-Sky 700 Galaxien
2000 Deep-Sky 1500 Galaxien
Alle 13226 NGC/IC-Objekte!
2500 Deep-Sky 1800 Galaxien
8900 Deep-Sky 6700 Galaxien
10000 Deep-Sky 8000 Galaxien
29674 Deep-Sky 25674 Galaxien
Datenbasen Messier, NGC
Messier, NGC
Messier, NGC, IC, PK
NGC, IC
Becvar-Katalog, Burnham, Webb Sky Catalogue II (1985), RNGC (1977) Sky Catalogue II (1985), RC3 (1991)
Megastar
Bemerkung
keine Label Katalog: Becvar (1964) alte Positionen auf 1950.0, keine Label Katalog: Sky Atlas Companion (2000) Katalog: DSFG (1993)
Katalog: DSFG II (2001)
Tab. 1: Eine Auswahl von Atlanten in historischer Folge (die Objektanzahl gibt die Zahl aller Deep-Sky Objekte sowie speziell der Galaxien).
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entstehen (wie bei einigen Programmen mit ungeprüft zusammengewürfelten Katalogen). Korrekte Identifizierungen (,,cross identifications") sind notwendig.
Die neue Uranometria im Vergleich mit den Daten des NGC/IC-Projekts Die neue Uranometria wurde 2001 vom Verlag Willmann-Bell mit großem Werbeaufwand eingeführt. Verantwortlich für den Inhalt: Perry Remaklus (Verlagsinhaber), Murray Cragin (verantwortlich für den DSFG) und Emil Bonanno (Entwickler des Programms Megastar). Es sind fast 30.000 Objekte enthalten (Tab. 1), das dreifache der ersten Auflage. Angekündigte Merkmale: enthält alle NGC-Objekte, ferner alle Galaxien heller als B = 15 mag bzw. größer als 1,5'; korrekte Identifikation; vollständige Daten (mit Megastar/RealSky geprüft). Berater waren u. a. Brian Skiff (Lowell Observatory), Harold Corwin (NED), Steve Gottlieb (NGC/IC-Projekt) und Brent Archinal (USNO) - allesamt Experten in Bezug auf Deep-Sky Daten (vgl. [1]). Da NGC- und IC-Objekte den Kern der Datenbasis bilden, ist es interessant den Bezug zur momentan besten Quelle für NGC/ICDaten herzustellen: dem NGC/IC-Projekt, mit Ergebnissen aus mehr als 25 Jahren Arbeit. Die führenden Mitarbeiter sind Harold Corwin, Malcolm Thomson, Steve Gottlieb, Brian Skiff, Brent Archinal, Steve Coe, Jenni Kaye und Wolfgang Steinicke. Mein Beitrag ist der ,,Revised New General and Index Catalogue" (s. auch [4]), der alle korrigierten Daten zusammenfasst. Auf die historisch korrekte Zuordnung der Objekte wird, anhand der Originalbeobachtungen, großen Wert gelegt. Eine große Zahl von Fehlern wurden festgestellt - sowohl in den Quellen, als auch in modernen Katalogen (meist
wurde kritiklos abgeschrieben) - und korrigiert. Ich habe alle Objekte (nahezu 14.000) auf dem Digital Sky Survey (DSS) geprüft und neu vermessen. Der Prozentsatz der ungeklärten Fälle liegt derzeit bei 1,3 % (NGC) bzw. 4,5 % (IC). Vor dem Erscheinen der neuen Uranometria berichtete Murray Cragin auf der amerikanischen Mailingliste ,,amastro" über die Datenqualität sowie über die beteiligten Experten. Da hier auch Kollegen aus dem NGC/IC-Projekt genannt wurden, war ich zunächst überzeugt, dass unsere Arbeit berücksichtigt wurde. Ich war aber nicht konsultiert worden, da bleiben die Amerikaner lieber unter sich. So fragte ich nach, ob tatsächlich alle NGC-Objekte enthalten sind. Dies würde entweder eine massive Verwendung der Projektergebnisse bedeuten oder die Autoren hätten die ganze Arbeit in kürzester Zeit wiederholen - das Rad quasi neu erfinden - müssen, kaum denkbar bei der großen Anzahl an (gelösten) ,,Puzzles". Außerdem hätte man bei unterschiedlicher Lösung bessere Argumente präsentieren müssen. In der Antwort wurde zunächst eingeschränkt, dass ,,natürlich nicht alle" NGCs enthalten sind, sondern nur die ,,existierenden". Ferner wurde das Projekt nur in Einzelfällen konsultiert, die Objekte seien aber alle mit RealSky geprüft und es wurde der ,,best shot" genommen. Dies erinnert an die - äußerst bedenkliche - Vorgehensweise des RNGC. Frei nach dem Motto: Der nächste/hellste Kandidat wird schon der historisch korrekte sein. Zur Verteidigung wurde darauf verwiesen, dass die ,,major players" konsultiert worden sind, woraufhin ich bei Harold, Malcolm und Steve nachgefragt habe. Antwort: Sie konnten nichts Wesentliches beitragen, weil Willmann-Bell keine digitalen Daten zur Verfügung gestellt hat!
Wie soll man aber eine so große Datenmenge analog prüfen? So blieb es nur bei Strichproben. Steve hat z. B. die ,,klassischen Problemfälle" geprüft und ist gleich auf mehrere Duzend Fehler gestoßen. Etwas beunruhigt (und an der Datenqualität zweifelnd) fragte ich Perry Remaklus, ob ich die digitalen Daten zur Prüfung haben könne. Ich bekam natürlich keine Daten. Die Publikation stand kurz bevor und man wollte offenbar das (finanzielle) Risiko einer Verzögerung nicht eingehen. Nun gab es für mich zwei Möglichkeiten, entweder das Ganze vergessen oder den DSFG ,,von Hand" prüfen. Aus Neugier entschied ich mich für letzteres, vor allem um die Datenbasis an ihren eigenen Ansprüchen zu messen. Ich entwickelte eine geeignete Strategie - und wurde reichlich fündig! Verärgert fragte ich mich, warum wir uns die ganze Arbeit gemacht haben. Dann, wenn es darauf ankommt, wird sie einfach ignoriert! Ich habe mich zunächst auf die Prüfung der NGC/ICGalaxien beschränkt. Hier nun das Ergebnis, frei nach dem Motto: ,,Es gibt nichts was es nicht gibt".
1. Identifikationsfehler (335 Fälle) Ist ein Objekt als NGC/IC-Galaxie eingetragen, so treten zwei Arten von Fehlern auf:
a) Das Objekt ist tatsächlich eine Galaxie, befindet sich aber am falschen Ort. An der korrekten Position (der Pfeil in Abb. 1 zeigt darauf) kann nun im DSFG stehen: eine andere NGC/IC-Galaxie (die oft identisch ist, z. B. NGC 3479 = NGC 3502), eine andere Galaxie (dann muss umbenannt werden, z. B. MCG -2-29-3 = NGC 3541) oder gar keine Galaxie (NGC 6461).
b) Das Objekt ist keine Galaxie, sondern ein (mehrere) Stern(e) oder ,,not found"
Abb. 1: Drei Beispiele für Identifikationsprobleme (s. Text).
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Abb. 2: Probleme mit der Existenz von Objekten (s. Text).
(Abb. 2). Ein komplexes Beispiel: NGC 5527 ist falsch positioniert und gehört an den Ort von NGC 5524. Beide sind aber nicht identisch, sondern auch NGC 5524 muss verschoben werden und ist in Wirklichkeit ein Doppelstern! Das Objekt an der NGC 2643-Position ist nicht NGC 2643 (sondern IC 2390). Der historische Ort ist weiter südlich. Dort gibt es aber kein Objekt (Beobachtungsfehler?).
Eine andere Variante ist: Ein NGC-Objekt ist an der korrekten Position als Galaxie eingetragen, es wird aber keine NGCBezeichnung benutzt (Beispiel in Abb. 3).
Abbildung des Himmels (Kriterium 1) ist nicht gegeben. Es sind zwar alle Objektklassen vorhanden, die Vollständigkeit bzgl. der gegebenen Definitionen (Kriterium 2) ist jedenfalls bei Galaxien nicht erfüllt. Identifikationen sind historisch nicht korrekt (Kriterium 3). Zwar wurden einige Fehler des klassischen NGC/IC korrigiert, dafür treten aber leider neue auf. Die Chance einen (im Rahmen des Möglichen) sauberen Katalog zu präsentieren wurde verpasst. Ich habe Willmann-
Bell meine Ergebnisse (zunächst qualitativ) präsentiert. Nach ersten Zweifeln - hier wurde mir ein Gefühl von Majestätsbeleidigung suggeriert - und eher hilflosen Versuchen, die Ergebnisse des NGC/IC-Projekts anzuzweifeln, machte sich Entsetzen breit. Man war um Schadensbegrenzung bemüht und es wurde Besserung gelobt. Korrekturen kann es erst bei der nächsten Auflage geben - nach dem letzten Intervall wird das aber erst 2015 der Fall sein! Solange muss sich der Sternfreund mit dem bestehenden (teuren) Werk begnügen, immer im Zweifel: sind die Daten des Objekts korrekt? Trotz der Fehler: Die neue Uranometria ist insgesamt eine riesiges Werk in dem eine Menge Arbeit steckt - vielleicht haben wir hier den letzten großen gedruckten Atlas vor uns?
Literaturhinweise
[1] Steinicke, W., 2000: Digitale Deep-Sky Daten, visuelle Beobachtung und das NGC/IC-Projekt, VdS-Journal I/2000 (Sommer), 49
[2] siehe: http://www.ngcic.org [3] Stoyan, R., 2002: Duell der Atlanten, inter-
stellarum 21, 66 [4] siehe: http://www.klima-luft.de/steinicke
2. Vollständigkeitsprobleme (ca. 200 Fälle) Es gibt zwei Varianten: Eine existierende NGC-Galaxie ist nicht enthalten. Eine ICGalaxie ist nicht enthalten, obwohl die Definitionen (Helligkeit, Größe) erfüllt sind. Beispiele: NGC 4223 (V = 12,1 mag), NGC 6993 (V = 13,1 mag), IC 5011 (V = 11,7 mag).
3. Bezeichnungs-/Datenprobleme, Druckfehler (mehr als 150 Fälle)
Beispiele (auch nicht-NGC/IC): NGC 5742 hat einen Positionswinkel (PA = 112 Grad ) obwohl ,,rund" (0,1' x 0,1'); MCG 5-21-1 ist ,,länglich" (2,6' x 0,7'), ein PA aber fehlt; bei UGC 1739 ist a < b (0,4' x 1,2'); NGC 672 ist mit V = 18,1 mag angegeben (korrekt 14,6 mag); der Sternhaufen King 2 gar mit V = 19,8 mag (korrekt 12,5 mag).
Kritisches Fazit Etwa 10 % aller NGC/IC-Galaxien sind fehlerhaft - das ist bei dem gestellten Anspruch eindeutig zuviel! Weitere Galaxien bzw. Objektarten wurden erst stichprobenartig geprüft. Eine korrekte
VdS-Journal Nr. 9
Abb. 3: Bezeichnungsproblem: CGCG 502-84 ist eigentlich NGC 553.
Überirdisch fernsehen. Die Spezialgläser von Fujinon.
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Fritz Zwicky und die kompakten Galaxien
von Klaus Wenzel
Idee und Katalogisierung Anfang der 60er Jahre durchmusterte Fritz Zwicky, ein Schweizer Astronom am Mt. Palomar-Observatorium, Kalifornien, gemeinsam mit einigen Kollegen, den Palomar Observatory Sky Survey (POSS) systematisch nach Galaxien und Galaxienhaufen für einen neuen, großen Katalog, den ,,Catalogue of Galaxies and Clusters of Galaxies" (CGCG). Bei dieser Durchmusterung fielen Zwicky einige sehr kompakte Galaxien auf, die auf dem POSS fast nicht von Sternen zu unterscheiden sind. Zwicky vermutete eine neue Klasse von Galaxien und katalogisierte diese Objekte zunächst in verschiedenen Listen, die mehr oder weniger privat an Kollegen verteilt wurden. Zwicky unterteilte die kompakten Objekte in 3 Typen:
· mäßig kompakt: Durchmesser 4" bis 10", auf Aufnahmen der 18-ZollSchmidtkamera noch deutlich von Sternen zu unterscheiden,
· kompakt: Durchmesser 2" bis 4", mit der großen 48-Zoll-Schmidtkamera noch deutlich von Sternen zu unterscheiden,
· äußerst kompakt: Durchmesser kleiner als 1", nur noch mit dem 200-ZollTeleskop von Sternen zu unterscheiden.
wurde bereits von Wolfgang Steinicke vorgestellt [2]. 1971 fasste Zwicky, gemeinsam mit seiner Frau Margrit, alle bisherigen 7 Listen mit etwa 3.700 Einträgen zu einem Katalog zusammen, dem ,,Catalogue of Selected Compact and Posteruptive Galaxies". Etwa ein Jahr nach Zwickys Tod veröffentlichten W. Sargent und C.T. Kowal, zwei frühere Mitarbeiter, eine achte Liste im Astronomical Journal [3] mit bisher unveröffentlichten Objekten, an denen Zwicky zuletzt gearbeitet hatte.
Möglichkeiten aus der Sicht des visuell beobachtenden Amateurs Aus der Sicht des Amateurs bietet dieser Katalog mit Koordinaten, Helligkeiten und Beschreibungen von Zwicky, eine fast unerschöpfliche Quelle an interessanten Beobachtungsobjekten aller Schwierigkeitsgrade. Neben klassischen wechselwirkenden Galaxiengruppen (NGC 383Gruppe = 4ZW 38), kompakten, teilweise auch sehr hellen Einzelgalaxien (NGC 5713 = 8ZW 447), befinden sich auch Quasare (2ZW 136), BL-Lacertae-Objekte (3C 371 = 7ZW 768) [4] oder
Seyfertgalaxien (BW Tau = 2ZW 14) [4] in diesem Katalog. Dass sich bei einer solchen Vielzahl von Objekten auch einige Fehler bzw. unklare Identifizierungen einschleichen, versteht sich fast von selbst. Ein prominentes Beispiel ist der berühmte Egg-Nebel (4ZW 67), ein Planetarischer Nebel im Schwan, der von Fritz Zwicky irrtümlich für 2 kompakte Galaxien gehalten wurde. Über einige weitere dieser unklaren Fälle, bei denen es sich vermutlich um Verwechslungen mit Feldsternen bzw. vorgelagerte Sterne handelt, möchte ich hier berichten. Alle folgenden visuellen Beschreibungen wurden mit dem 12,5Zoll-Newton meiner Dachsternwarte in Wenigumstadt unter einem mittelmäßigen deutschen Landhimmel (fst 5,5 - 6,0 mag) durchgeführt. Die Daten der Objekte sind in Tabelle 1 aufgelistet.
3ZW 5 Dieses Objekt in den Fischen ist auch im Principal Catalogue of Galaxies als PGC 1445 enthalten. Zwickys Beschreibung zu diesem Objekt lautet: ,,Blue elliptical compact [or blue double star], total mp = 15.2
Zwicky vermutete, dass kompakte extragalaktische Objekte durch Kollision von Galaxien entstehen können [1]. Die Galaxien verlieren durch die veränderten Schwerkraftverhältnisse ihre äußeren Bereiche, Spiralarme und Gaswolken. Zurück bleiben nur noch die kompakten Kerne. Aus diesem Grund nahm Zwicky auch sogenannte pekuliäre und eruptive Galaxien in seine Listen auf, da es sich hierbei um Galaxien handelt, die durch Wechselwirkung massiven Störungen (herausgeschleuderte Spiralarme oder ,,jets") unterworfen sind. Diese Objekte können vermutlich als Vorläufer der kompakten Galaxien angesehen werden. Zwicky katalogisierte seine Objekte zunächst in Listen mit einer kurzen Koordinatenbezeichnung. So bezeichnete er zum Beispiel das erste Objekt der ersten Liste als 1ZW 0051+12 (1ZW steht demnach für die erste ZwickyListe). Später wurden die Koordinatenbezeichnungen weggelassen und durch eine laufende Nummer ersetzt, also 1ZW 1. Dieses Objekt, ist übrigens ein Quasar und
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Abb. 1: Großes Bild: CCD-Aufnahme von 3ZW 5 (rechte Markierung) und 3ZW 6 (linke Markierung) mit 5"-Refraktor und ST-7 (W. Düskau). Kleine Bilder oben links: (I) Die POSS I-Aufnahme von 3ZW 6 zeigt deutlich ein diffusen ,,jet" nördlich des Sterns, (II) auf der POSS II-Aufnahme ist (wie auch auf Düskaus` Bild) davon nichts zu sehen (Feld jeweils 2,5' x 2,5').
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mag". Zwicky vermutete also, dass es sich hier eventuell auch um einen Doppelstern handeln könnte. In der Tat erscheint dieses Objekt auf den hochaufgelösten Aufnahmen des POSS II zweigeteilt. Eine Rotverschiebung, die die Identität klären könnte, ist mir nicht bekannt. Visuell ist 3ZW 5 noch direkt zu erkennen und zeigt im Vergleich mit ähnlich hellen Sternen eine deutlich flächige Erscheinung. Von der Zweiteilung war allerdings nichts zu erkennen. Das Objekt erscheint stellar auf der CCD-Aufnahme von Wolfgang Düskau (Abb. 1).
3ZW 6 Dies ist wahrhaft mysteriöses Objekt (PGC 1467), nur wenige Bogenminuten südöstlich von 3ZW 5 gelegen. Zwickys Beschreibung (,,Star and very red disrupted galaxy; or jet from star, ,,Star" mp = 11.5 mag") zeigt schon die Problematik, dass hier ein heller Stern eine Rolle spielt. In der Tat sieht es auf dem POSS I so aus (vgl. Abb. 1), als sei hier ein Stern auf eine entfernte Galaxie projiziert. Schaut man sich dann die neueren, besser aufgelösten Aufnahmen des POSS II an (vgl. Abb. 1), muss man feststellen, dass von der vermeintlichen Hintergrundgalaxie keine Spur mehr zu finden ist. Visuell ist ein 11 mag helles, stellares Objekt (Stern) sichtbar. Mehr ist auch auf der CCD-Aufnahme von Wolfgang Düskau (Abb. 1) nicht zu erkennen. Was auch immer auf der POSS I-Aufnahme neben dem Stern zu sehen ist (vielleicht ein Plattenfehler?), bleibt wohl ein Rätsel.
4ZW 41 Dieses Objekt befindet sich wenige Bogenminuten östlich von Andromedae (Mirach). Zwicky gibt hierzu folgende Beschreibung: ,,Fairly blue spherical compact, faint red jets NE, SW, mp = 14.6 mag". Die Jets sind auf dem POSS I recht deutlich, auf dem POSS II jedoch so gut wie nicht sichtbar (vgl. Abb. 2). Bisher wurde keine Rotverschiebung gemessen. In seiner 1970 veröffentlichten Arbeit über einige ausgewählte Zwicky-Objekte berichtet Sargent [5], dass das Spektrum ähnlich dem eines normalen Sterns erscheint. Er vermutete, dass hier ein galaktischer Stern genau auf eine Hintergrundgalaxie projiziert ist. Auf der POSS II-Aufnahme sieht der Stern leicht diffus aus, dies ist jedoch deutlich weniger ausgeprägt, als auf dem älteren POSS I. Visuell erscheint das Objekt direkt, überraschend einfach, und bei allen
Abb. 2: Großes Bild: CCD-Aufnahme von 4ZW 41 (Markierung) mit 5" Refraktor und ST7. Kleine Bilder oben links: (I) Die POSS I-Aufnahme zeigt zwei ,,jets" im NE und SW, (II) auf der POSS II-Aufnahme ist (wie auch auf Düskaus` Bild) davon nichts zu sehen (Feld jeweils 2,5' x 2,5').
Vergrößerungen (170 - 312fach) völlig stellar. Die geschätzte visuelle Helligkeit dürfte etwa bei 13,5 mag liegen. Auch auf den CCD-Aufnahmen von Wolfgang Düskau (Abb. 2) bleibt das Objekt bei Belichtungszeiten zwischen einer und fünfzehn Minuten absolut stellar. Die Identität als Galaxie ist hier also ebenfalls fraglich.
8ZW 71 Im Sternbild Löwe befindet sich eines der Objekte, die erst nach Zwickys Tod von Sargent und Kowal aus dessen Nachlass aufgearbeitet wurden [3]. Die Beschrei-
bung hierzu: ,,Neutral compact, or star and galaxy, mp = 10.2 mag". Auf den POSSAufnahmen (I + II) erscheint in der Tat ein Stern mit kleinen diffusen, knotigen Ausläufern (Abb. 3), von denen allerdings visuell erwartungsgemäß nichts zu sehen ist. Die visuelle Helligkeit des stellaren Objekts schätzte ich aufgrund meiner Beobachtung auf 11 mag.
2ZW 75 Bei diesem Objekt im Herkules handelt es sich ziemlich sicher um eine Galaxie, die nahezu zentral von einem Stern überlagert
wird (Abb. 4). Zwicky beschreibt das Objekt als ,,Large sharply defined neutral spherical disc compact (or star and galaxy), mp = 13.5 mag". Er liefert zu diesem Objekt, das er 1965 etwas eingehender unter-
Abb. 3: POSS II-Aufnahme (2,5' x 2,5') der Galaxie 8ZW 71 mit deutlich sichtbaren ,,jets" und hellem, kompakten Kern.
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Abb. 4: POSS II-Aufnahme (5' x 5') der Galaxie 2ZW 75, die von einem hellen Stern nahezu zentral überlagert wird.
Abb. 5: POSS II-Aufnahme (5' x 5') der ,,starburst"-Galaxie 2ZW 83, die von einem Stern nordwestlich überlagert wird.
suchte, auch eine Fluchtgeschwindigkeit von 10.075 km/s, womit die extragalaktische Natur eigentlich gesichert ist. Sargent stellte jedoch bei seiner Untersuchung des Spektrums eine große Ähnlichkeit mit galaktischen Sternen fest. Er vermutete deshalb, wie schon vorher Zwicky, dass sich hier ein Stern genau in der Sichtlinie der Galaxie befindet [5]. Diesen Eindruck hatte ich bei meiner visuellen Beobachtung auch. Ein stellarer, direkt sichtbarer, hellerer Kernbereich (Stern) etwa 13,5 mag wird von einem nur indirekt sichtbaren, relativ großen, lichtschwachen, diffusen Halo eingehüllt.
2ZW 83 Im Adler finden wir dieses Objekt (Abb. 5), bei dem sich Zwicky's Originalbeschreibung sehr gut mit meiner visuellen Beobachtung deckt: ,,Neutral spherical compact, mp = 15.2 mag, with star (mp = 14 mag) superposed at NW edge". Die Galaxie ist außerdem eine StarburstGalaxie, also ein Sternsystem mit einer besonders hohen Sternentstehungsrate, die in einem entsprechenden Katalog von R. Coziol und Kollegen von 1998 enthalten ist [6]. Genau auf der Nordwestkante der Galaxie liegt ein Vordergrundstern, der natürlich die Beobachtung etwas beeinträchtigt. Visuell konnte ich indirekt, südlich des Sterns ein kleines, diffuses Anhängsel erkennen. Der Stern selbst ist direkt sichtbar. 4ZW 64
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Hier haben wir es mit einem optischen Doppelstern zu tun, der sogar den Einzug in den Uppsala General Catalogue of Galaxies (UGC) geschafft hat. Das Objekt, bereits von John Herschel vor 1840 gefunden (h 1557), wurde quasi von Fritz Zwicky 1966 auf dem POSS wiederentdeckt (Abb. 6). Er beschrieb das Paar wie folgt: ,,Pair of exceedingly compact blue spherical galaxies (or stars), D = 15" SSWNNE, each mp = 10.5 mag". Zwicky vermutete hier also zwei extrem kompakte, blaue, kugelförmige Galaxien. Er war sich aber nicht sicher und hielt auch zwei Sterne für möglich. Die Fehlidentifikation wurde im UGC von P. Nilson übernommen, deshalb tauchen die Sterne hier unter der Bezeichnung UGC 11608 und 11609 auf. In den PGC schlich sich dieser Fehler aber offensichtlich nicht ein. Aufgrund von Eigenbewegungen und Parallaxe wurde schnell klar, dass es sich hier nicht
um extragalaktische Objekte handeln konnte. Da beide Sterne unterschiedliche Parallaxen und Eigenbewegungen aufweisen, haben wir es nicht mit einem echten Doppelsternsystem, sondern nur mit einem optischen Paar zu tun. Die beiden Sterne (10,5 u. 10,8 mag) stehen also nur zufällig in unserer Blickrichtung hintereinander und haben zur Zeit einen Abstand von 12" (PA 205 Grad ). Der südwestliche Stern ist im Henry-Draper-Sternkatalog (HD), der um die Jahrhundertwende erstellt wurde. Der etwas hellere nordöstliche Stern seltsamerweise nicht. Bei meiner visuellen Beobachtung, konnte ich zwei, etwa gleich helle Sterne deutlich getrennt beobachten. Unmittelbar westlich befindet sich ein weiterer ähnlich heller Stern, der mit dem Doppelstern ein kleines Dreieck bildet. Es ist absolut keine diffuse Erscheinung zu erkennen.
Objekt Bezeichnung Koordinaten (2000)
3ZW 5 3ZW 6 4ZW 41 8ZW 71 2ZW 75 2ZW 83 4ZW 64
PGC 1445 PGC 1467 PGC 4284 PGC 30378 UGC 10635 PGC 64705 UGC 11608/9
00h22m30,3s +25 Grad 32'21" 00h22m53,2s +25 Grad 30'15" 01h11m44,5s +35 Grad 41'22" 10h22m36,4s +13 Grad 43'15" 16h58m01,9s +38 Grad 13'10" 20h26m55,8s -02 Grad 16'40" 20h39m25,0s +27 Grad 15'09"
Tab. 1: Daten zu den Objekten.
Sternbild Vis. Hell. (mag)
Fische Fische Andromeda Löwe Herkules Adler Füchschen
15,2 11,5 14,6 10,2 13,5 15,2 / 14 10,5 / 10,8
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Abb. 6: Der optische Doppelstern 4ZW 64. Die POSS IAufnahme (5' x 5') zeigt zwei leicht diffuse Objekte, weshalb Zwicky hier eine Paar extrem kompakter Galaxien vermutete.
Literaturhinweise
[1] Zwicky, F., 1964: Kompakte und sehr kompakte Sternsysteme, Die Sterne 40, 129
[2] Steinicke, W., 1999: Im Quasarfieber, Interstellarum 14, 24
[3] Zwicky, F., Sargent, W., Kowal, C., 1975: Eights list of compact galaxies, Astron. J. 80, 545
[4] Wenzel, K., 1999: Veränderlich und Extragalaktisch, Interstellarum 15, 35
[5] Sargent, W., 1970: A spectroskopic survey of compact and peculiar galaxies, Astrophys. J. 160, 405
[6] Coziol, R., et. al., 1998: The pico dos dias survey of Starburst-Galaxies, Astrophys. J. Suppl. 119, 239
Dies war ein kleiner Ausflug in einen hochinteressanten Deep-Sky Katalog, der eine Vielzahl an lohnenden Objekten zu bieten hat. Die meisten der oben beschriebenen Objekte sind schon in weit kleineren
Teleskopen relativ einfach zu beobachten. Die nicht gerade spektakulären visuellen Erscheinungen werden durch ihre Geschichte, die sie zu erzählen haben, aufgewertet.
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Untersuchung einer ,,superthin" Galaxie mit einem Modell
von Hans-Günter Diederich
Abb. 1: UGC 7321 im Haar der Berenice, aufgenommen mit 16"-SCT, Fokalreduktor, ST9E CCD-Kamera und 6.000 s Integrationszeit.
Extrem schmale Galaxien, ohne Bulge (engl. für ,,zentrale Verdickung") und von der Seite (edge-on) gesehen, waren von Wolfgang Steinicke in der DeepskyMailing-Liste vorgestellt und in [1] beschrieben worden. Als ,,unterentwickelte" Systeme zeigen sie kaum Sternentstehung. Es sind einfache Scheiben, die wenig interstellare Materie besitzen und daher kaum eine interne Extinktion (Lichtschwächung durch Gas und Staub) aufweisen. Die Sterndichte, und damit die Flächenhelligkeit, sind relativ gering. Aus dieser Liste nahm ich UGC 7321 auf (Abb. 1). Diese Galaxie ist wirklich sehr schmal. Das Achsenverhältnis (Verhältnis Länge zu Breite) kann zu 16 bestimmt werden. In [1] wird ein Wert von 15,4 angegeben. Aus dem dreifach vergrößerten Bild entsteht eine Isophotendarstellung, in der Orte gleicher Helligkeit durch Linien verbunden werden (Abb. 2). In der Tat ist kein Bulge zu sehen: Keine hellere Kugel schaut ober- und unterhalb der schmalen Scheibe in der Mitte der Galaxie hervor. Die Helligkeit in der Mitte könnte ein Vordergrundstern sein, oder etwa ein Nukleus (ohne Bulge)? Mir kommt jetzt allerdings ein neuer Gedanke. Da diese
Galaxie so einfach strukturiert aussieht, könnte ich einmal versuchen, ein Helligkeitsprofil hindurch zu legen und mit einem Modell zu arbeiten, das von einer bulgelosen Galaxie ausgeht. Profil der echten Galaxie und das der Modellgalaxie ließen sich dann vergleichen und aus der Ähnlichkeit beider bzw. aus den Unterschieden entsprechende Schlüsse auf den inneren Aufbau von UGC 7321 ziehen. Mit Modellen arbeiten die Profis bereits seit Jahrzehnten. Ohne Modelle wüssten wir heute noch nicht, wie ein Stern funktioniert, sich entwickelt, wie sich eine Galaxie dreht, wie zwei Galaxien miteinander kollidieren und verschmelzen und wie sich das Weltall entwickelt hat
Abb. 2: UGC 7321 in Isophotendarstellung.
und weiter entwickeln wird. So etwas möchte ich einmal selber versuchen und sehen, was dabei herauskommt. Zugegeben, UGC 7321 ist als ,,superthin" Galaxie auch besonders benutzerfreundlich. In Abbildung 3 ist das gezackte Helligkeitsprofil im unteren Diagramm dargestellt. Die Zacken sind die Folge der recht schwachen Galaxie, deren CCD-Aufnahme nicht ohne störendes Rauschen zustande kam. Die orangefarbene Linie stellt den mittleren Verlauf dar. Er sieht in der Tat ganz anders aus als bei den meisten Galaxien. Bei denen nimmt die Helligkeit von außen nach innen immer schneller zu, das Profil wird immer steiler und mündet in der Mitte der Galaxie, dort wo sich der Nukleus befindet, in eine nadelfeine Spitze. Das Profil von UGC 7321 sieht allerdings ganz anders aus. Nach linearer Zunahme der Helligkeit biegt das Profil in eine geschwungene Kurve um, die an eine umgedrehte Badewanne erinnert und an ihrem Scheitelpunkt waagerecht verläuft. Und jetzt kommt das Modell. Ich stelle mir unsere Modellgalaxie als selbstleuchtende, gleichmäßig mit Helligkeit belegte, kreisrunde flache Scheibe vor. So wie eine extrem flache, leuchtende ,,Keksdose". Diese Dose schaue ich mir wie UGC 7321 von der Seite an. Wie sieht das Helligkeitsprofil dieser Modellgalaxie aus, wenn sich im Inneren kein Bulge befindet und das Licht ungehindert von innen nach außen gelangen kann (also keine Absorption durch Staub und Dunkelwolken vorliegt)? Man könnte sich einen Kreis auf Millimeterpapier zeichnen und die Anzahl von Kästchen bestimmen, die sich zwischen vorderem und hinteren Rand befinden, wenn man sich von links nach rechts bewegt. Diese Zahlenwerte als Diagramm auftragen ergäben das Helligkeitsprofil
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Abb. 3: Gemessenes Profil von UGC 7321 und Modellprofil.
unserer Modellgalaxie. Diese Kurve ließe sich aber auch mit einer Tabellenkalkulation errechnen. Ich wähle die zweite Methode und erhalte mit etwas Schulmathematik die Formel
y = x · tan ( arccos x )
(1)
Wie gesagt, es geht auch ohne Mathe-
matik. In Abbildung 3 ist diese Kurve, das Helligkeitsprofil für die leuchtende ,,Keksdose", unsere Modellgalaxie, zur Hälfte oben rechts dargestellt. Und jetzt wird es spannend: Wieweit stimmen beide Profile, das von UGC 7321 und das der ,,Keksdose" überein? Worin unterscheiden sie sich?
Die umgekehrte Badewannenkurve von UGC 7321 weist große Ähnlichkeiten mit dem Profil der Modellgalaxie auf. Damit liegt zusätzlich zum visuellen Erscheinungsbild eine weitere Bestätigung für das Fehlen eines Bulge vor. Aber das Modell ist nicht vollständig, denn in den äußeren Bereichen, zwischen (1) und (2) und zwischen (3) und (4) nimmt die Helligkeit von UGC 7321 linear zu bzw. ab. Es wäre ja auch seltsam, wenn eine Galaxie an ihrem Rand schlagartig, so wie die ,,Keksdose", aufhören und nicht allmählich auslaufen würde. Das Modell müsste jetzt um ein weiteres Element ergänzt werden, um auch den schwachen Randbereich von UGC 7321 realitätsnah zu modellieren. Man könnte auch ein Programm schreiben, das automatisch die Modellparameter in Abhängigkeit von den festgestellten Abweichungen anpasst und so der Wirklichkeit immer näher käme. Diesen Schritt möchte ich hier nicht unternehmen. Ziel war es, die prinzipielle Vorgehensweise des Arbeitens mit Modellen zu demonstrieren. Und vielleicht fühlt sich der eine oder andere Sternen- und Galaxienfreund animiert, seine CCD-Aufnahmen entsprechend zu untersuchen.
Literaturhinweise
[1] Steinicke, W., 2000: ,,Superthin Galaxies" Objekte, scharf wie eine Rasierklinge, VdS-Journal II/2000 (Winter), 71
Back to the sixties
von Manfred Kleisa
In diesem Aufsatz möchte ich die MessierGalaxien der Sechzigerreihe vorstellen, welche sich in den Sternbildern Jungfrau, Löwe, Haar der Berenice und Jagdhunde befinden. Hier begegnen uns gleichzeitig die unterschiedlichsten Spiraltypen der Galaxienklassifikation nach Hubble. Weitere Beobachtungen findet man auf meiner Homepage [1].
det sich eine Dunkelzone, darauf folgend der östliche äußere Spiralarm, welcher im Norden westlich einknickt. In dessen südlichem Bereich beobachtete ich zwei bis drei stellare Aufhellungen, ebenso wie im nördlichen inneren Spiralarm. Die Helligkeitskonzentrationen (Knoten) in den Spiralarmen lassen hier mehrere große HII-Regionen vermuten.
M 61 (NGC 4303) Am 5. Mai 1779 wurde diese face-onGalaxie (Abb. 1) vom Typ SAB(rs)bc I-II von B. Oriani entdeckt. Die 65 Millionen Lichtjahre entfernte Balkenspirale gehört zum Virgohaufen. Der Balken verläuft nord-südlich mit einem konzentrierten, nahezu stellaren Kern. Die Helligkeitsverteilung im Balken ist unterschiedlich (,,gemottelt"). Östlich des Balkens befin-
M 63 (NGC 5055) M 63 (Abb. 2), eine SA(rs)bc II-III Galaxie mit dem Eigennamen ,,sunflower"-Galaxie, wurde am 14. Juni 1779 von P. Mechain entdeckt. Hier zeigt sich eine Spirale in schräger Aufsicht. Die Spiralarme liegen bei diesem 35 Millionen Lichtjahre entfernten Objekt sehr dicht um den hellen Kernbereich. Die Helligkeit fällt zu den äußeren Spiralarmen abrupt
ab. Es befinden sich keine hellen HIIRegionen im äußeren Halo. Die Ausdehnung dieser Galaxie beträgt dabei immerhin 12,6` x 7,2`. Bei mittlerer Vergrößerung zeigt sich eine granulatartige Struktur, welche in der Tat an die Blüte einer Sonnenblume erinnert.
M 64 (NGC 4826) M 64 (Abb. 3) im Haar der Berenice ist die bekannte ,,black eye"-Galaxie, die von J. E. Bode am 4. April 1779 entdeckt wurde. Den Namen erhielt sie durch ein nordöstlich des hellen Zentrums liegendes Staubband, welches ausgeprägt in seiner Breite den Eindruck eines Auges vermittelt. M 64 ist vom Typ (R)SA(rs)ab II-III und befindet sich 24 Millionen Lichtjahre entfernt innerhalb der M 94-Galaxiengruppe. In einer Nacht mit guter Trans-
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Abb. 1: Zeichnung von M 61 in der Jungfrau (18"-Dobson).
Abb. 2: Zeichnung von M 63 in den Jagdhunden (18"-Dobson).
parenz lässt sich der westliche große Halo sehr weit in den Raum beobachten, was auf Fotos wiederum nicht oder kaum zu sehen ist. Hier liegt ganz klar der Vorteil der visuellen Beobachtung. Im östlichen Bereich des Halos sind Teile von Spiralarmen sichtbar. Die Ausdehnung beträgt 10,0` x 5,4`.
M 65 (NGC 3623) M 65 (Abb. 4, links) wurde am 1. März 1780 von P. Mechain entdeckt und gehört zum bekannten Leo-Triplett, die wiederum zur 31 Millionen Lichtjahre entfernten Leo I-Galaxiengruppe gehört (nicht zu verwechseln mit der Zwerggalaxie Leo I in der Lokalen Gruppe). Die Galaxie vom Typ SAB(rs)a II sehen wir leicht edge-on. Südlich des hellen homogenen Kernbereichs befindet sich ein schwacher Vordergrundstern. Nördlich des Kerns ist der Halo etwas kräftiger in der Helligkeit.
Das auf DSS-Bildern sichtbare, westliche Staubband kann visuell mit 18" nicht erfasst werden. Dessen Existenz wird lediglich durch eine etwas diffusere Abgrenzung des westlichen Halos angezeigt. Die Ausdehnung liegt bei 9,8` x 2,9`, was dem edge-on-Charakter dieser Galaxie entspricht. Bei schwach gewählter Vergrößerung (ca. 100x) kann M 65 in einem Gesichtsfeld mit den beiden anderen Mitgliedern des Tripletts, M 66 und NGC 3628, gesehen werden.
M 66 (NGC 3627) M 66 (Abb. 4, Mitte) ist mit einer Ausdehnung von 9,1` x 4,2` das ästhetischste Objekt des Leo-Tripletts. Diese ebenfalls am 1. März 1780 von P. Mechain entdeckte Galaxie (Typ SAB(s)b II), vermittelt bei hoher Vergrößerung und der damit verbundenen Detailauflösung einen irregulären Eindruck. Ein heller Kern mit
nordsüdlich ausladenden ,,Flügeln" ist das auffälligste Merkmal. Südöstlich des Kerns nahm ich bei 420x ein schwaches stellares Glimmen wahr, welches ich aber mit keiner zur Verfügung stehenden Datenquelle identifizieren konnte. Der Galaxienhalo weist eine ungleichmäßige Helligkeitsverteilung auf, eine Folge der reichhaltig vorkommenden HII-Regionen. Details können hier bei hoch gewählter Vergrößerung (420x) sichtbar gemacht werden.
NGC 3628 Die dritte Galaxie des Tripletts (Abb. 4, rechts) wurde zwar nicht von Messier verzeichnet (W. Herschel entdeckte sie 1784), weil sie etwas schwächer ist als ihre beiden bekannten Begleiter, sollte wegen Ihrer Bekanntheit und Schönheit aber nicht außen vor bleiben. Diese edge-on Galaxie des Typs Sb pec spIII ist Ost-West elon-
Galaxie
M 61 M 63 M 64 M 65 M 66 NGC 3628
Koordinaten (2000)
12h21m54.9s 13h15m49.2s 12h56m43.7s 11h18m55.9s 11h20m15.0s 11h20m16.9s
Sternbild
+04 Grad 28`25" +42 Grad 01`49" +21 Grad 40'52" +13 Grad 05`37" +12 Grad 59`30" +13 Grad 35`20"
Ura
V (mag)
Jungfrau
238
Jagdhunde
76
Haar der Berenice 149
Löwe
191
Löwe
191
Löwe
191
Größe (´)
9,7 8,6 8,6 9,3 9,0 9,5
v (km/s)
6,5 x 5,8 12,6 x 7,2 9,2 x 4,6 9,8 x 2,9 9,1 x 4,2 14,8 x 3,0
Tab. 1: Daten der Galaxien aus [2] (Ura = Karte in der Uranometria I, V = visuelle Helligkeit, v = Radialgeschwindigkeit).
1567 504 408 808 728 845
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giert. Südlich verläuft ein ausgeprägtes Dunkelband. Die Helligkeitsverteilung ist sehr unregelmäßig. Die Enden der Galaxie sind diffus und nicht klar abgrenzbar, besonders im westlichen Teil. Südlich des Staubbandes befindet sich ein 12,5 mag Stern. Ein weiteres schwaches stellares Glimmen, mit einer geschätzten Helligkeit von ca. V = 15,3 mag, nimmt man im direkten Zentrumsbereich (,,bulge") wahr.
Literaturhinweise
[1] Homepage: http://www.astrozeichnungen.de
[2] NASA Extragalactic Database (NED): http://nedwww.ipac.caltech.edu
Abb. 3 (links): Zeichnung von M 64 im Haar der Berenice (18"-Dobson).
Abb. 4 (unten): Zeichnungen des Leo-Tripletts (18"-Dobson): M 65, M 66 und NGC 3528.
Rechnergestützte Beobachtung
von Wolfgang Strickling
einer Sonnenfinsternis
Abb. 1: Der Rechner mit eingesteckter Erweitungsbox.
Bei einer Sonnenfinsternis mussten sich die Beobachter bisher entscheiden, ob sie die Finsternis nur genießen und dann weitgehend auf Fotos verzichten wollen, oder ob sie zu Ungunsten des visuellen Erlebnisses ein umfangreiches Fotoprogramm durchführen möchten. Da es aber mittlerweile Computer und elektronische Fotoappa-
rate gibt, die festgelegte Programme selbstständig abarbeiten können, habe ich mich schon 1999 entschlossen, nicht nur hinter der Kamera zu sitzen und alles durch den Sucher zu erleben, sondern vor allem die Finsternis zu genießen und - mit Hilfe der Elektronik - trotzdem nicht auf Fotos zu verzichten. Im Internet kursieren bereits Bauanleitungen für automatische Kamerasteuerungen, z. B. von
Abb. 2: Die Wettersensoren. Der Thermosensor befindet sich abgeschattet unter einer Platte, der Helligkeitssensor darüber. Links das Windrad.
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Abb. 3: Mein Equipment für die Fotografie in Simbabwe. Der Organiser war an einem Stativbein fixiert, automatisch ausgelöst wurden die beiden rechten Kameras.
Nigel Evans [1] oder Nick Quinn [2] für den Psion® Organiser 3 und von Glenn Schneider für Apple-Computer [3]. Einige Kameras können sogar voreingestellte Bildsequenzen automatisch ablaufen lassen. Beispielsweise lassen sich bestimmte Nikon-Kameras über eine Datenrückwand oder eine PC-Schnittstelle programmieren. Da ich aber nicht nur einen einzigen Fotoapparat automatisch steuern wollte, sondern mehrere Kameras und gleichzeitig auch meteorologische Messungen automatisch registrieren wollte, schieden die obigen Lösungen aus. 1999 habe ich deshalb ein Beobachtungs- und Fotoprogramm mit einem Notebook-PC realisiert [4]. Für die Sonnenfinsternis am 21.6.2001 wollte ich jedoch aus Gewichtsgründen und wegen meines geringen Vertrauens in eine gesicherte Stromversorgung vor Ort kein Notebook nach Simbabwe mitnehmen, was im Nachhinein betrachtet auch ganz gut war... Statt dessen bot sich ein batteriebetriebener, programmierbarer Handheld-Rechner
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an. Ein solches Gerät, der Psion Organiser II, lag schon seit über 10 Jahren in meiner
Abb. 4: Grafik der kompletten Messungen.
Schublade und wartete auf seinen ultimativen Einsatz (Abb. 1). Seine Rechenleistung und Speicherkapazität war für die geplante Aufgabe absolut ausreichend. Was ich neben der Programmsteuerung noch brauchte, war etwas Hardware um die Kameras und Sensoren mit dem rückseitigen Geräteanschluss verbinden zu können. An meine Hardware-Erweiterungsbox kann ich nun zwei Kameras sowie Kabelfernbedienungen für Kameras und Programmsteuerung anschließen. Nach kleiner Veränderung der Software wären auch weitere Fotoapparate anzusteuern. Außerdem sind Sensoren für die Helligkeit, Windgeschwindigkeit und Temperatur anschließbar.
Die Rechnerperipherie 1) Helligkeitssensor Als Sensor diente der Chip ,,TSL230", der die Lichtintensität in eine Frequenz umsetzte. Er war unter einer Lichtstreukuppel montiert und konnte in seiner Empfindlichkeit durch Veränderung der aktiven Chipfläche um den Faktor 10 und 100 verstellt werden. Zusätzlich konnte die Ausgangsfrequenz durch 2, 10 und 100 geteilt werden, so dass schon durch einfache Ansteuerung eine Anpassung des Ausgangssignals um den Faktor 10.000 ermöglicht wurde. Das Ausgangssignal selbst konnte Werte zwischen weniger als einem Hz und etwa 1 MHz betragen, so dass sich ein extrem hoher Dynamikbereich des Sensors ergab. Die gemessenen Frequenzen wurden in Abhängigkeit
Abb. 5: ,,Computer Aided Eclipse": Komposit der Totalität aus 9 Aufnahmen mit 500 und 1.000 mm Brennweite.
von der Empfindlichkeitseinstellung umgerechnet, auf Lux normiert und abgespeichert. Die Genauigkeit betrug ca. +- 20 %.
2) Temperatursensor Die Temperaturregistrierung in Bodennähe hat der Chip LM 75 mit einer Auflösung von 0,5 K vorgenommen. An der Mastspitze war der genauere DS 1621 mit höherer Auflösung (besser als 0,1 K) untergebracht. Beide Chips hingen an einem Zweidrahtbus, dem I2C-Bus, der bei Bedarf auf bis zu 8 Temperatursensoren und weitere Peripherie zu erweitern wäre.
3) Windsensor Als Anemometer kam ein dreiflügeliges Windrad zum Einsatz. Die Drehgeschwindigkeit wurde über eine Lichtschranke mit einer Genauigkeit von ca. 20 % gemessen. Der Sensor sprach ab etwa 2 m/s Windgeschwindigkeit an. Am Exkursionsort waren alle Sensoren bis auf den BodenTemperatursensor auf einem 4-5 m hohen Mast montiert.
4) Kameras Zur Verfügung standen eine Pentax Z1 und eine Pentax A3. Beide Apparate verfügten über einen motorischen Filmtransport und
waren über einen Kabelauslöser anzusteuern. Die Z1 ließ sich extern über den Kabelauslöser in der manuellen Einstellung ,,B" im Bereich von 1/250 Sekunde und länger auslösen. Für kurze Belichtungszeiten unter 1/3 Sekunde war jedoch die vorherige Aktivierung des Messwerkes über das zweite Kabel des zweistufigen Auslösers notwendig. Meine zweite Kamera, die Pentax A3, konnte in der ,,B"-Einstellung allerdings nur Aufnahmen mit Belichtungszeiten von 1/10 Sekunde und länger machen. Über einen Rückkanal wurde von dem Organiser ermittelt, ob eventuell eine Aufnahme von Hand über die Kamera ausgelöst worden war. Der Zeitpunkt wurde, wie bei automatischen Aufnahmen oder eingegebenen Kommentaren auch, im Speicher protokolliert. In der partiellen Phase wurde alle 5 Minuten eine Spiegelreflexkamera ausgelöst. Zur Sicherheit wurde 15 Sekunden vor jedem Bild noch ein Signalton ausgegeben.
Die Messungen Der Organiser hatte rund um die Uhr ein Tagesprofil der meteorologischen Messwerte erstellt. Um Batteriestrom zu sparen,
schaltete sich das Gerät nach jeder Messung automatisch ab und wurde vor der nächsten Messung vom internen Timer wieder gestartet. Messungen, Protokolle und Kommentare wurden gespeichert und später zur weiteren Auswertung über den Parallelport in einen PC übertragen. Die Wettermessungen wurden außerhalb der Finsternis alle 10 Minuten, in der partiellen Phase alle 5 Minuten, um die Totalität alle 2,5 Minuten und in den zentralen fünf Minuten etwa alle 20 Sekunden gemacht. Eine aus dem Messwerten erstellte Grafik zeigt Abbildung 4. Man erkennt deutlich den starken Abfall der Temperatur um mehr als sieben Grad, am Boden sogar um 15 Grad, und den Helligkeitsknick während der Totalität auf einen Wert von 2,8 Lux. Die genauen Messerwerte können über meine Internetseite abgerufen werden [6].
Die Softwaresteuerung des Gerätes Der gesamte Ablauf wurde von einem Haupt- und verschiedenen Unterprogrammen gesteuert. Nach dem Aufruf der Software wurde in der ersten Zeile des Displays die Uhrzeit kontinuierlich angezeigt. In der zweiten Zeile wurden abwechselnd die letzten Wettermesswerte
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Abb. 6: Am PC erstellte Reihenaufnahme der Finsternis.
oder die Zeit bis zur Mitte der Finsternis und bis zum nächsten Foto angezeigt. Der voreingestellte Programmablauf konnte beeinflusst werden:
Diamantring Um den Diamantring zu fotografieren, wurde mit der Kabelfernbedienung zur Zeit des zweiten und dritten Kontaktes eine Sequenz mit je 6 Aufnahmen im Zweisekundenabstand gestartet. Das Gerät ging hierzu 3 Minuten vor der Finsternismitte in Bereitschaft zur Aufnahme der Diamantringsequenz.
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Totalität Nach der Diamantringsequenz ging das Programm in Bereitschaft zur Aufnahme der Totalitätssequenz. Über die Fernbedienung wurde dann die einprogrammierte Belichtungsreihe für die Totalität gestartet, so dass ich mit den zwei Kameras und unterschiedlichen Brennweiten viele fein abgestufte Aufnahmen der Korona ohne weiteres Zutun erhalten habe. Auf diese Weise entstanden 10 Aufnahmen von 1/250 Sekunde bis 4 Sekunden mit 1.000 mm Brennweite und 9 Aufnahmen
von 1/10 Sek. bis 8 Sek. bei 500 mm Brennweite. Diese Belichtungsreihen waren ideal, um sie z. B. mit dem PC weiter zu einem Komposit zu verarbeiten, das den enormen Kontrast der Korona gut ausgleicht (s. Abb. 5) und dem visuellen Eindruck der Korona wesentlich näher kommt als Einzelaufnahmen. Beide Sequenzen konnten durch ein ,,Not-Aus" mit der Fernbedienung auch wieder gestoppt werden.
Vorteile der automatischen Kamerasteuerung Für den Fall von Wolken konnte die automatische Kameraauslösung unterdrückt werden. Das habe ich 2001 zum Glück nicht benötigt, 1999 war dieses Merkmal aber sehr wichtig! Die Finsternis konnte zu Trainingszwecken simuliert werden. Dieser Punkt war zur Vorbereitung des Finsternisablaufes zu Hause sehr hilfreich. Als Einziges musste ich mich während der Totalität um Filter und Objektivdeckel kümmern und eine Kamera von 1/1.000 s für den Diamantring auf ,,B" für das Totalitätsprogramm und wieder zurück schalten. Durch den automatischen Ablauf der Diamantringsequenz und des knapp 1,5minütigen Totalitätsprogramms blieb mir viel Zeit um die Finsternis visuell zu genießen oder mich um andere Kameras, Video etc. zu kümmern. Trotzdem war es möglich, ein anspruchsvolles fotografisches Programm zu realisieren. Ein weiterer Vorteil der rechnergestützten Kameraauslösung war, dass während der partiellen Phase keine Aufnahme verpasst wurde. Ohne eine solche Einrichtung wäre mir das mit Sicherheit passiert, wodurch z. B. Reihenaufnahmen wie Abb. 6 vereitelt worden wären. Vor allem nach dem ein-drucksvollen Erlebnis der Totalität war ich derart eingenommen, dass solche ,,Routinetätigkeiten" wie regelmäßige Fotos der partiellen Phase schnell in Vergessenheit gerieten. Deshalb möchte ich mein Equipment auch für partielle Finsternisse und Mondfinsternisse nicht missen. Im Softwarepaket meines Organisers sind nicht nur die Sonnenfinsternis-Software, sondern auch andere Programmdateien enthalten. Sie können für Testzwecke oder
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andere Anwendungen benutzt werden, beispielsweise für Reihenaufnahmen, langbelichtete Astrofotos oder andere Bildsequenzen wie die Meteorüberwachung. Eine genaue Beschreibung der Hardwareerweiterung, Schaltpläne und Software habe ich im Internet veröffentlicht [5]. Einigermaßen geschickte Elektronikbastler können sich die Hardware sicher anhand des Schaltplanes nachbauen. Die Geräte und Zubehör gibt es auch heute noch zum Preis von ca. 10 engl. Pfund über die Internet-Auktion der PsionOrganiser Homepage [7] gebraucht zu kaufen. Dort sind auch vorzügliche techni-
sche Dokumentationen mit allen Details über die Programmierung des Gerätchens veröffentlicht.
Literaturhinweise
[1] Bauanleitung von Nigel Evans für den Psion Organiser 3, http://www.star.ucl.ac.uk/~hwm/evans.htm
[2] Bauanleitung von Nick Quinn für den Psion Organiser 3, http://www.nquinn. demon.co.uk/autoeclipsecamera.html
[3] Bauanleitung von Glenn Schneider für Apple-Computer, http://balder.prohosting.com/stouch/UMBR
APHILE.html [4] Draeger, A., 2001: Koordinierte
Sonnenfinsternisbeobachtung, letzter Teil. Sonne 97, 6 [5] Technische Details zu Hard- und Softwareerweiterung meines Organisers, http://home.t-online.de/home/Dr.Strickling/ sofi_org.htm [6] Mein Beobachtungsbericht der Sonnenfinsternis 2001 mit Fotos, Videos und allen Mess-werten zum Download, http://home.t-online.de/home/Dr.Strickling/ 2k1_obs.htm [7] Psion® Organiser II Homepage: http://members.surfeu.at/org2/org2.htm
Aktuelles vom SONNE-Relativzahlnetz
von Andreas Zunker
Die Sonnenflecken-
Relativzahl ist eine
reine Zählgröße,
ihre Bestimmung ist
daher einfach und
kostet nicht viel Zeit
(siehe
Kasten
,,Test"). Im Zeitalter
von Satelliten wie
SOHO ist die
Fleckenzählung
zwar von eher gerin-
gem wissenschaftli-
chem Wert, aber
man hat ja nach
Abb. 1:
dem Start der ersten
Monatsmittel der Relativzahlen des SONNE-Netzes
We t t e r s a t e l l i t e n
1977-2001, geglättet nach der P17-Methode.
auch nicht mit den
Temperaturmessun-
gen aufgehört. So
Das SONNE-Relativzahlnetz der VdS- eine langjährige Reihe muss fortgeführt
Fachgruppe Sonne dokumentiert die werden, schon zu Vergleichszwecken.
Aktivität unseres Zentralgestirns anhand Außerdem kann ein Satellit ausfallen, ein
der Sonnenflecken-Relativzahl Re, die gut funktionierendes Amateur-Netz nicht!
1848 von Rudolf Wolf eingeführt wurde.
Die Reihe der Relativzahlen ist damit die Es macht ja einfach auch Spaß, die Ent-
längste ununterbrochene wissenschaftliche wicklung der Fleckengruppen von Tag zu
Beobachtungsreihe. Dazu haben zu allen Tag, Woche zu Woche und Monat zu
Zeiten Amateurastronomen einen wichti- Monat zu verfolgen! Wird diese tolle,
gen Beitrag geleistet!
komplex aufgebaute Gruppe noch wach-
Der Grund: Profi-Sonnenbeobachter gab sen? Wird jene aktive Region, die gerade
und gibt es nur wenige, und auch ihnen am Westrand der Sonne verschwindet, in
spielt das Wetter oft einen Streich...
zwei Wochen wieder am Ostrand auftau-
Amateure gibt es viele, und sie sind chen, wie wird sie dann aussehen? Was tut
gleichmäßig auf der ganzen Welt verteilt. sich wohl auf der ,,Rückseite" der Sonne ... ?
Nur so können wetterbedingte Fehltage Die regelmäßige Bestimmung der
vermieden werden, beim SONNE-Netz ist Relativzahl ist für viele Amateure der
das schon seit 1980 der Fall!
Einstieg in die Sonnenbeobachtung, oft
werden parallel Zeichnungen oder Fotos angefertigt. Später kommen dann anspruchsvollere Objekte hinzu, wie z. B. Fackeln, Lichtbrücken oder Protuberanzen, die Fleckenzählungen sollten aber trotzdem weitergeführt werden! Im Jahr 2001 betrug das Jahresmittel der Sonnenfleckenrelativzahl Re 117,6 (gegenüber 119,1 in 2000). Diese nur geringe Differenz weist schon darauf hin, dass die Sonnenaktivität in 2001 nochmals recht hoch war. Die 107 Beobachter trugen 13.758 auswertbare Beobachtungen zusammen. Allen Beobachtern ein großes Dankeschön für ihre fleißige Mitarbeit im vergangenen Jahr!!! Das Eintippen der Beobachtungsdaten erledigten auch im vergangen Jahr wieder Ernst-Günter Bröckels, Andreas Bulling, Martin Dillig, Franky Dubois, Manfred Holl, Felix Hormuth und Andreas Zunker. Herzlichen Dank für diese wichtige Tätigkeit! Einige Beobachter entlasteten uns, indem sie ihre Daten wieder selbst eintippten und uns per E-Mail zur Verfügung stellten. Vielen Dank auch dafür! Das Jahr 2001 war das 25. Jahr des SONNE-Relativzahlnetzes! Blicken wir zurück: Im Juni 1977 rief die Bremer Sonnengruppe zur zentralen Sammlung der Relativzahl-Beobachtungen auf, ein einheitliches Formblatt wurde präsentiert. Im Februar 1978 veröffentlichte Rainer Kayser (Hamburg) dann die erste Quartalsauswertung. Ab 1979 übernahm Klaus Reinsch (Berlin) die Auswertung. Im Jahre 1981 führte er (auf der Basis
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Abb. 2: Monatsmittel der Relativzahlen (Re) des SONNE-Netzes 1996-2002, geglättet nach der P17-Methode (ReP17).
Abb. 3: Monatsmittel der Relativzahlen (Re) des SONNE-Netzes, 1. Maximum des 23. Zyklus Rot, 2. Maximum Blau.
einer Untersuchung von Erich Karkoschka) das neue Auswertungsverfahren ein, das bis heute unverändert verwendet wird. Anfang der 80er Jahre kamen viele neue Beobachter, auch aus dem Ausland, hinzu. In den Jahren 1992/93 wurden die Daten von Georg Piehler (Frankfurt a.M.) ausgewertet, seit 1994 durch die Andreas Zunker (Ludwigsburg) und Andreas Bulling (Tübingen). In den vergangen 25 Jahren trugen 615 Beobachter 318.617 Einzelbeobachtungen zusammen. Ein Riesen-Dankeschön geht an die WFSSonnengruppe in Berlin. Mehr als 20 Jahre lang war sie auch die ,,Poststelle" des SONNE-Netzes, ohne die dessen erfolgreiche Arbeit nicht möglich gewesen wäre! Vielen Dank, liebe Berliner !!! Ab 2002 ändert sich die Kontaktadresse unserer Fachgruppe und damit auch die Adresse für die Einsendung der Relativzahl-Listen:
Andreas Bulling, SONNE-Relativzahlnetz c/o Sternfreunde im FEZ e.V. An der Wuhlheide 197, D-12459 Berlin (E-Mail: relativzahl-daten@vds-sonne.de)
Zum Schluss noch eine kurze Information zur aktuellen Sonnenaktivität, anknüpfend an das VdS-Journal ,,Sommer 2000" (S. 15-17). Die geglätteten Monatsmittel des SONNE-Netzes erreichten im Juni 2000 ein Maximum bei 124,1 und sanken dann auf 105,3 ab (Februar 2001). Der nun folgende Anstieg ist mittlerweile schon wieder bei 122,4 angekommen, und die Kurve flacht kaum ab. Das ist auch nicht verwunderlich, denn die Sonnenaktivität war in den ersten Monaten dieses Jahres immer noch recht hoch.
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Dies wird besonders deutlich, wenn man beide Maxima überlagert. Es zeigt sich, dass die Monatsmittel beim zweiten Maximum nach dem (zu erwartenden) Maximum deutlich höher liegen als beim ersten. Daher ist zu erwarten, dass das zweite Maximum etwas höher (und flacher) und damit zum Hauptmaximum wird. Dies wäre ein absolutes Novum bei einem Zyklus dieser Höhe. Immerhin hat es der aktuelle Zyklus bereits in die TOP-10 der 23 bisher (mittels der Relativzahl) dokumentierten Zyklen geschafft, ist also überdurchschnittlich. Momentan wagt kaum ein ,,Experte" eine Prognose, und Profis und Amateure verfolgen gespannt die Entwicklung. Sie können mit dabei sein! Nie war Sonnenbeobachtung spannender und faszinierender als im aktuellen Maximum. Beobachten Sie mit!
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10 Jahre VdS-Sternwarte Kirchheim
von Otto Guthier
Am 9. Juni 2002 traf sich der VdSVorstand zu einer Sitzung an der VdSSternwarte in Kirchheim. Einen Tag zuvor fand ein weiteres Treffen mit den Fachgruppenreferenten und Redakteuren unseres Journals in Rudisleben bei Kirchheim statt. Grund war das 10jährige Jubiläum der Vertragsunterzeichnung und Kooperation mit der Volkssternwarte Kirchheim e.V.. Für unsere Leser und Mitglieder möchten wir hier einen kleinen Rückblick wagen: Das Projekt Feriensternwarte der VdS war in den 70er und 80er Jahren ein zentrales Thema unserer Vereinigung, ohne das Vorhaben aber realisieren zu können. Anfang der 90er Jahre eröffnete sich durch die Wiedervereinigung neue Perspektiven, denn in der ehemaligen DDR hatte die Astronomie einen hohen Stellenwert und gut ausgerüstete Volkssternwarten. Schon wenige Monate nach der Wende wurden Kontakte zu Dr. Jürgen Schulz, dem Leiter der Volkssternwarte Kirchheim geknüpft. In Kirchheim, rund 20 Kilometer von Erfurt entfernt, hatte der agile Sternfreund und promovierte Physiker zusammen mit seinen Mitstreitern eine gut ausgerüstete Volkssternwarte errichtet. Die ersten Kontakte führten zu einer engen Zusammenarbeit. Auf der VdS-Tagung 1991 unterbreitete Dr. Jürgen Schulz der Mitgliederversammlung den Vorschlag, Kirchheim als Feriensternwarte der VdS nutzen zu können. Vorher hatten sich die Mitglieder in einer Umfrage zum Thema Feriensternwarte für einen Standort ausgesprochen, der bequem erreichbar sein sollte. Damit waren die Projekte Aniane / Südfrankreich und Orbetello / Italien, die vom Vorstand geprüft wurden, nicht mehr das Ziel. Die Mitgliederversammlung nahm mit großem Interesse das Angebot an. In wenigen Wochen wurde vom Vorstand der VdS ein Vertrag ausgearbeitet, der die Kooperation mit Kirchheim und die Nutzung der Anlage als Feriensternwarte regeln sollte. Am 20. Juni 1992 wurde der Vertrag durch Dr. Jürgen Schulz und dem erst seit wenigen Wochen im Amt befindlichen Vorsitzenden der VdS, Otto Guthier, unterzeichnet. Kirchheim ist in all den Jahren zu einer Erfolgsstory geworden. Seit der Vertragsunterzeichnung haben nahezu 1.800 Gastbeobachter mit über 4.380 Personentagen
Abb. 1: Vorstände treffen sich: Auf der Sitzung des VdS-Vorstandes am 9.6.2002 in der VdSSternwarte / Volkssternwarte Kirchheim kam zum Tagesordnungspunkt ,,10 Jahre VdS-Sternwarte" der Vorstand der Volkssternwarte Kirchheim e.V. hinzu.
an der Kirchheimer Sternwarte Aufenthalte verbracht und viele Beobachtungen durchgeführt.
Aus Anlass des Jubiläums überreichte der Vorstand dem Leiter der Sternwarte, Dr. Jürgen Schulz, ein Präsent der VdS, eine
große drehbare Sternkarte. Auf der Vorstandssitzung haben die Kirchheimer Sternfreunde ihre Vorstellungen für die weitere Zusammenarbeit zum Ausdruck gebracht. Gemeinsam werden wir über die zukünftige Ausgestaltung und den weiteren Ausbau der Sternwarte beraten. Der Vorstand und die gesamte VdS bedankt sich bei den Sternfreunden für die großartige Zusammenarbeit in den 10 Jahren. Die VdS wünscht zum 25jährigen Jubiläum der Volkssternwarte Kirchheim e.V., das am 14. September 2002 begangen wird, den Kirchheimer Sternfreunden alles Gute und weiterhin viel Erfolg.
Abb. 2: Dr. Jürgen Schulz, der Vorsitzende der Volkssternwarte Kirchheim e.V., packt das Geschenk der VdS zum 10jährigen Jubiläum der Zusammenarbeit aus: eine große drehbare Sternkarte.
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Beobachtungen an der VdS-Sternwarte Kirchheim
von Jürgen Schulz und Tobias Pfaff, Volkssternwarte Kirchheim (VdS-Sternwarte)
,,Mit der Errichtung einer Feriensternwarte der VdS an der Volkssternwarte Kirchheim soll allen VdS-Mitgliedern die Möglichkeit gegeben werden, an leistungsfähigen Teleskopen mit modernsten Zusatzgeräten zu beobachten ..."
Abb. 1: Aufnahme der Sonne im H-Licht am 2.11.2000, Komposit aus zwei Aufnahmen: Oberfläche 1/125 s / Rand 1/4 s, Ort: Sternwarte Kirchheim (Thür.), Kamera: KBSpiegelreflex mit TP2415 Film, Filter: DayStar 0,5 Å, Optik: AS 200 / 3.000mm, Aufnahme von Peter Große und Tobias Pfaff.
Am 20. Juni 1992 wurde mit der Unterzeichnung des ,,Vertrags über eine VdS-Sternwarte" durch den VdS-Vorsitzenden Otto Guthier und den Leiter der
Volkssternwarte Kirchheim Dr. Jürgen Schulz ein Experiment gestartet, mit dem die VdS Neuland betrat. In der Präambel des Vertrags wird das Ziel klar formuliert:
Uns war von Anfang an klar, dass die Attraktivität des Projektes entscheidend von der technischen Ausstattung der Sternwarte abhängen würde. Die großen Kirchheimer Instrumente auf ihren stabilen Montierungen - obwohl zum größten Teil in Privatbesitz - wurden in vollem Umfang zur Verfügung gestellt und bildeten eine gute Grundlage, die es in enger partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen den Vorständen unserer Vereine auszubauen galt. Fokus der Kirchheimer Sternfreunde sind dabei die Entwicklung der Infrastruktur (Unterbringung der Beobachter) sowie die ständige Verbesserung der optisch-mechanischen Qualität und Bedienerfreundlichkeit unserer großen Teleskope. Letzteres ist von großer Bedeutung, da die Gastbeobachter nach Einweisung und Training völlig selbständig mit den
Abb. 2: Eruptive Sonnenprotuberanz am 25.5.2001 um 16:30 UT (ca.), Ort: Sternwarte Kirchheim (Thür.), Kamera: Digitalkamera HP C5000, freihändig hinter Okular, Filter: DayStar 0,5 Å, Optik: AS 200 / 3.000mm. Aufnahme von Tobias Pfaff.
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Abb. 3: Die Galaxie M 64 am 16.1.2002 um 4:36 UT, Ort: Sternwarte Kirchheim (Thür.), Kamera: ST8e CCD-Kamera, ohne Filter, Optik: Newton 500 / 2.500mm, Belichtungszeit:10 x 60 Sek., 2 x 2 binning, Aufnahme von Michael Hensel.
Abb. 4: Die Galaxie NGC 2403 am 16.1.2002 um 0:40 UT, Ort: Sternwarte Kirchheim (Thür.), Kamera: ST8e CCD-Kamera, ohne Filter, Optik: Newton 500 / 2.500mm, Belichtungszeit: 15 x 60 Sek., 2x2 binning, Aufnahme von Michael Hensel.
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Abb. 5: NGC 3628 am 15.1.2002 um 1:49 UT, Ort: Sternwarte Kirchheim (Thür.), Kamera: ST8e CCD-Kamera, ohne Filter, Optik: Newton 500 / 2.500mm, Belichtungszeit: 5 x 60 Sek. und 3 x 120 Sek., 2 x 2 binning, Aufnahme von Michael Hensel.
Abb. 6: NGC 4565 am 15.1.2002 um 5:16 UT, Ort: Sternwarte Kirchheim (Thür.), Kamera: ST8e CCD-Kamera, ohne Filter, Optik: Newton 500 / 2.500mm, Belichtungszeit: 15 x 60 Sek., 2 x 2 binning, Aufnahme von Michael Hensel.
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Abb. 7: NGC 4631 am 16.1.2002 um 2:17 UT, Ort: Sternwarte Kirchheim (Thür.), Kamera: ST8e CCD-Kamera, ohne Filter, Optik: Newton 500 / 2.500mm, Belichtungszeit: 15 x 60 Sek., 2 x 2 binning, Aufnahme von Michael Hensel.
Instrumenten umgehen müssen, verrichten doch alle Kirchheimer Vereinsmitglieder ihre Arbeit ehrenamtlich und müssen tagsüber ihrem Broterwerb nachgehen. Neben ungezählten Arbeitsstunden wurden - mit Unterstützung von Kommune und Freistaat Thüringen, der Sparkasse Arnstadt und privater Spender - mehr als 60.000 Euro an Kirchheimer Vereinsmitteln aufgebracht. Mit Zuschüssen, gezielter Projektförderung, Werbung und Gewinnung von Sponsoren trägt die VdS ihren Teil zum Erfolg bei, der sich in der Auslastung der VdS-Sternwarte niederschlägt: In den zehn Jahren haben ca. 1.800 Amateure mit über 4.380 Aufenthaltstagen die Feriensternwarte genutzt. Es würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, wollten wir sämtliche Sponsoren nennen, die zur Verbesserung der technischen Ausstattung beigetragen haben. Allen sei an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt. Selbst die kleinste Spende bringt uns voran und kommt allen Gastbeobachtern zugute. Die Fortschritte lassen sich am besten mit gelungenen Beobachtungen belegen. Wir wollen hier kurz über zwei Highlights
berichten, die von besonderer Bedeutung für unsere Gäste sind.
Das DayStar-Filter Das DayStar-Filter ist eine Dauerleihgabe der Autoren des ,,Handbuchs für Sonnenbeobachter" und dient dem Studium der Sonne im H-Licht. Dank seiner hohen Güte und einfachen Bedienbarkeit gestattet es auch ausgemachten Deep-SkyFreaks faszinierende Beobachtungen der zeitweise stürmischen Prozesse auf der Oberfläche unseres Heimatsterns. Die sehr geringe Bandbreite von 0,5 Ångstrøm ermöglicht auch dann noch die Beobachtung von Protuberanzen, Fackeln und Filamenten, wenn Zirrusbewölkung und Dunst den klassischen Protuberanzenansatz versagen lassen. Somit ist auch bei weniger optimalen Wetterverhältnissen ein praktisches Astronomieprogramm möglich. Um visuell und fotografisch die komplette Sonne beobachten zu können, haben wir unseren Zeiss-AS-Refraktor 200/3000mm als H-Optik ausgewählt. Das Wärmeschutzfilter von DayStar reduziert die Eingangsöffnung auf 100 mm, so dass wir das erforderliche Öffnungsverhältnis von
1:30 ohne zusätzliche telezentrische Brennweitenverlängerung erreichen. Damit vermeiden wir komplizierte Umbauten - einfach die Filter ansetzen, und schon kann die Beobachtung beginnen. Konstruktive Optimierungen sowie eine detaillierte graphische Anleitung zur Installation verschiedener Zusatzgeräte machen die Arbeit mit dem Filter selbst für Ungeübte problemlos möglich. Visuelle Beobachtungen sind besonders eindrucksvoll mit unseren 2"-Okularen bei Vergrößerungen von 37x ... 180x. Für die klassische Fotografie wurden Adapter für KB-Kameras (M42x1) und eine 6x6Kamera (Pentacon six) gedreht. Abbildung 1 zeigt ein digital bearbeitetes Komposit aus zwei Fokal-Aufnahmen mit TP2415 Film. Selbstverständlich sind auch Momentaufnahmen mit modernen digitalen Fotoapparaten (Abb. 2) oder gekühlten CCD-Kameras möglich. Von hohem didaktischen und ästhetischen Wert sind Zeitrafferfilme eruptiver Protuberanzen. Wir nutzen in Kirchheim sowohl digitale Camcorder (Sony TRV 900 E, Sony TRV 110 E D8) als auch eine WebCam Connectix Quickcam s/w für diese Zwecke. Hierzu wurden spezielle
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Adapter gefertigt, die einen schnellen Austausch gegen die Okulare gestatten. Während die digitalen Videos über eine Capture-Karte im PC durch Auswahl jedes x-ten Einzelbildes ,,beschleunigt" werden müssen, gestattet die Software der Web Cam bereits bei der Aufnahme die Festlegung des Zeitintervalls zwischen zwei gespeicherten Bildern der Sequenz. In der Praxis hat sich ein Abstand von 5 ... 10 Sekunden als günstig erwiesen. Für Interessenten sei auf unsere Homepage http://www.ster nwar te-kirchheim. coolstar.de verwiesen, wo man die Entwicklung einer Protuberanz im Zeitraffer sehen kann.
Video- und PC-Netz Natürlich lassen sich WebCam und Camcorder auch zur Abbildung anderer heller Objekte einsetzen. So wurde die Saturnbedeckung durch den Mond im letzten September mit beiden Methoden dokumentiert. Vorteile des Camcorders liegen sowohl in der einfachen Justierung der effektiven Vergrößerung resp. des Bildfeldes über die Zoomfunktion der Kamera als auch in der problemlosen Signalübertragung über weite Strecken via koaxialem Videokabel. Unsere Sternwarte ist komplett vernetzt, so dass wir von jedem Teleskop Videosignale in den
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Abb. 8: Komet C/2002 C1 (Ikeya-Zhang) am 16.5.2002 um 22:20 UT, Ort: Sternwarte Kirchheim (Thür.), Kamera: ST8e CCD-Kamera, ohne Filter, Optik: Astro Physics Traveller f/4,5, Belichtungszeit: 10 x 60 Sek., 2 x 2 binning, Aufnahme von Michael Hensel.
Vortragsraum auf den Großbildschirm leiten können, was besonders für Besuchergruppen den großen Vorteil der gleichzeitigen Beobachtung hat und parallel die Aufzeichnung mittels Videorecorder ermöglicht. Bei unserer Webcam wurde das Objektiv entfernt. Damit wird die effektive Vergrößerung allein von der Brennweite des verwendeten Teleskops bestimmt. Als sehr vorteilhaft hat sich die problemlose Softwaresteuerung des Kontrastes erwiesen. Leider ist die zulässige Kabellänge für die Verbindung der meisten CCD-Kameras mit ihrem Steuerrechner auf wenige Meter limitiert. Über geeignete Remote-Programme und ein schnelles Datennetz lässt sich der ,,Vorort-PC" am Teleskop aber auch über einen zweiten Rechner fernsteuern. Wir nutzen diese Option z. B. zur Live-Übertragung von Deep-Sky-Bildern, die mit unseren gekühlten CCD-Kameras gewonnen werden. Angenehmer Nebeneffekt: Der Beobachter kann in einem geheizten Raum sitzen und stört das lokale Teleskop-Seeing nicht.
Deep-Sky-CCD Als Ergänzung zu einer OES-Kamera AlphaMaxi mit KAF400e-Chip konnten dank EU-Förderung im letzten Jahr eine ST-8E und eine STV von SBIG gekauft
werden. Letztere wurde von der VdS cofinanziert und steht deshalb unseren Gastbeobachtern zur Verfügung. Die STV ist hauptsächlich für die automatische Teleskopnachführung konzipiert, kann aber auch als gekühlte Videokamera mit der Möglichkeit langer Belichtungszeiten sowie als klassische CCD-Kamera eingesetzt werden. Zur Illustration, was mit heutigen CCDKameras an der VdS-Sternwarte erreicht wurde, mögen die Abbildungen 3 bis 8 dienen, die von unserem Gastbeobachter Michael Hensel aus Berlin aufgenommen wurden. Sie stellen sicher noch nicht das Optimum dar. Verbesserungen der Teleskopoptik sind schon angedacht, und auf dem Feld der Bildbearbeitung gibt es auch noch Reserven.
Resümee und Ausblick Zehn interessante Jahre VdS-Feriensternwarte liegen hinter uns. Dank der guten Zusammenarbeit mit dem VdSVorstand konnte einiges erreicht werden, was sich in der hohen Nachfrage widerspiegelt. Es soll aber nicht verschwiegen werden, dass es auch Probleme gibt, die wir nur gemeinsam lösen können. Dazu zählt die chronische Unterfinanzierung, die bisher durch die unentgeltliche Arbeit der Kirchheimer Sternfreunde kompensiert wird. Das ist aber aus verschiedenen Gründen auf Dauer nicht durchzuhalten. Mindestens ebenso problematisch für die aktiven Kirchheimer Beobachter ist die begrenzte Verfügbarkeit der großen Teleskope infolge ihrer Nutzung durch die Gäste sowie der daraus resultierende häufige zeitaufwendige Umbau. Hier kann nur ein Kraftakt der VdS zur Aufstellung eines eigenen attraktiven großen Teleskops Abhilfe schaffen.
,,Scheiße ... The Eagle has landed!!!"
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Aufbau einer neuen Fachgruppe - Die FG ,,Computerastronomie"
von Heiko Garrelts
Schon seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit der Idee, mich mehr im Bereich Computerastronomie zu engagieren. Den ersten Fortschritt machte diese Idee, als Werner E. Celnik die Teilnehmer des Seminars auf dem Gornergrat (an dem auch ich teilnahm) darauf aufmerksam machte, dass die Fachgruppe ,,Rechnende Astronomie" nach dem Tod von Dr. Klaus Güssow verwaist ist und nun versucht wird, die Arbeit mit neuen Schwerpunkten weiterzuführen. Daraufhin habe ich begonnen, ein Konzept für eine mögliche neue Fachgruppe zu erarbeiten. Nachdem im letzten VdS-Journal bereits ein Aufruf an Interessierte stand, möchte ich die vorläufigen Ideen nun allen Mitgliedern vorstellen.
Die Fachgruppe Computerastronomie soll dabei die Arbeit der ehemaligen Fachgruppe ,,Rechnende Astronomie" weiterführen und um den Bereich Computer erweitern. Trotz des Namens soll die Fachgruppe auch weiterhin Berechnungen mit Taschenrechner und ,,per Hand" unterstützen. Vielleicht hat ja jemand noch einen besseren Namensvorschlag für die Fachgruppe, der dies deutlicher macht.
werden. Dort können dann die endgültigen Einzelprojekte beschlossen und die Fachgruppe offiziell gegründet werden.
Projekte
Hier einige mögliche Einzelprojekte: · Erklärung der Unterschiede und Funktionen verschiedener Astroprogramme als
Kaufhilfe (mit Bezugsquellen) · Beratung bei der Auswahl geeigneter Hardware · Testberichte der Software im VdS-Journal und anderen astronomischen Zeitschriften · Entwicklung von mathematischen Lösungswegen bei astronomischen Aufgaben · Hilfestellung von Schülern (Facharbeit / Jugend Forscht) · Hilfe bei der Umsetzung in Computerprogramme (mit verschiedenen Programmier-
sprachen) · Erstellung von freier und plattformunabhängiger astronomischer Software aus allen
Bereichen (z. B. Planetariumsprogramm, Bildbearbeitung, Lexikon und elektronisches Beobachtungsbuch) · Aufbau einer neuen Website oder Erweiterung der VdS-Seite mit interaktiven Elementen (z. B. Mitgliederbereiche zum selbständigen Hochladen von Bildern und Texten, Online-Version des astronomischen Lexikons und als Plattform für Gemeinschaftsprojekte) · Erstellung einer VdS CD-ROM mit den erstellten Programmen und der Website · Aufbau eines über das Internet steuerbaren Teleskops
Arbeitsschwerpunkte Die Arbeit könnte sich in folgende Schwerpunktbereiche gliedern: 1. Beratung von Amateuren bei Fragen zu
astronomischer Software und der dazu benötigten Hardware. 2. Hilfe bei der Berechnung astronomischer Probleme und Umsetzung in Computerprogramme. 3. Erstellung eigener astronomischer Software und Internetapplikationen.
Wer Interesse an der Mitarbeit hat, oder einfach nur Anregungen oder Kritik zu dieser neuen Fachgruppe abgeben möchte, kann mir gerne eine E-Mail unter hgarrelts@web.de schreiben. Ich werde auch eine Mailingliste einrichten, so dass erst einmal unverbindlich Ideen gesammelt werden können. Weitere Ideen habe ich in einem Planungsdokument zusammengefasst, welches als Grundlage zur Diskussion dienen könnte. Danach sollte ein Treffen für alle, die sich an der neuen Fachgruppe beteiligen wollen, ausgemacht
,,So habe ich mir halt den Bau einer Kuppel gespart!!!" VdS-Journal Nr. 9
126 S E R V I C E
M wie Messier
von Torsten Güths
Der französische Astronom Charles Messier lebte in den Jahren 1730 bis 1817. Er stellte ab 1758 die wohl heute noch populärste Listung von nichtstellar erscheinenden Himmelsobjekten zusammen. Sie diente ihm als echte Arbeitsunter-
besonders für Astronomieeinsteiger und Anwender kleinerer Fernrohre, für die einige Messierobjekte bereits eine Fülle von Details aufweisen können.
Im VdS-Journal wollen wir Sie mit dieser
Teleskop
Fernglas 8 x 56 Newton-Teleskop 114 mm Newton-Teleskop 195 mm Ritchey-Chretien-Teleskop 406 mm
Vergrößerungen
V = 8 V = 45, 100, 180 V = 56, 97, 135, 241 V = 114, 263, 379, 455, 683, 898
Tab. 1: Verwendete Teleskope und Standardvergrößerungen.
Teleskop
1/2003 2/2003 3/2003 1/2004 2/2004
Messierobjekte
M36 Aur, M37 Aur, M38 Aur, M45 Tau M51 CVn, M63 CVn, M101 UMa M5 Ser, M10 Oph, M12 Oph M32 And, M33 Tri, M110 And M95 Leo, M96 Leo, M105 Leo
Tab. 2: Die nächsten Objekte in dieser Rubrik.
lage, um bei der Suche nach Kometen nicht irrtümlich einen der fixen Nebel mit einem neuen Kometen zu verwechseln. Der heutige Messierkatalog umfasst 110 Objekte, von denen einige bereits dem bloßen Auge zugänglich sind. Mit einem guten Fernglas werden immerhin schon die Hälfte sichtbar. Somit eignen sie sich
Rubrik anregen, ihre eigenen Objektbeschreibungen einzureichen! In dieser Folge unserer ,,M"-Serie sind Berichte von Gerhard Scheerle, Günter Igel, Andreas Dumm und einige vom Verfasser enthalten. Vielen Dank den Einsendern!
Für seine Beobachtungsbeschreibungen
gibt Herr Scheerle an: ,,Als Grenzgröße im Zenit kann bei allen Beobachtungen von 6,0 mag ausgegangen werden. Alle Zahlenangaben wie Helligkeiten, Durchmesser und Sternzahlen sind von mir persönlich geschätzte Werte und nicht aus der Literatur entnommen. Da ich die Beobachtungen über Jahre hinweg unabhängig voneinander gesammelt habe, kommen auch voneinander abweichende Angaben vor."
Die verwendeten Instrumente und Standardvergrößerungen sind in Tabelle 1 angegeben. Tabelle 2 nennt die nächsten Objekte in dieser Rubrik.
Bitte schicken Sie Ihre Beobachtungseindrücke zu diesen Objekten direkt an den Verfasser dieser Rubrik, Stichwort ,,Messierobjekte". Einsendeschluss für die nächste Ausgabe ist der 1.9.2002. Vergessen Sie bitte nicht, die Beobachtungsumstände anzugeben: zumindest die Grenzgröße mit bloßem Auge, die Öffnung Ihrer benutzten Instrumente und die eingesetzten Vergrößerungen. Eine Dateiform wie Word97 oder älter (doc, txt, wpd) wäre gut.
Wieder eine neue Anschrift: Torsten Güths Am Pfahlgraben 45 61239 Ober Mörlen - Langenhain oder: torstengueths@ipfb.net (möglichst maximal 200 KB Dateigröße)
,,Ich versteh' das nicht, Mos, unsere Anzeige war doch okay. Wir suchen zwei Sternbegeisterte junge Damen, die sich auch mal eine Nacht um die Ohren schlagen würden!?" ,,Tja, Kos, sie
sagte, die Sterne stünden günstig für eine lange Disco-Nacht!!!"
VdS-Journal Nr. 9
Erratum
Leider ist in der letzten Ausgabe (VdSJournal I / 2002 (Frühjahr) im Abschnitt ,,Impressionen" auf Seite 138 ein Bild vom ,,Spiegelteam" falsch abgedruckt worden. Wir bitten um Entschuldigung. Das Bild ist in dieser Ausgabe nochmals (und diesmal hoffentlich korrekt) zu finden: ganzseitig im Abschnitt ,,Impressionen". Red.
S E R V I C E 127
M 53, NGC 5024, Haar der Berenike (Coma Berenices)
Objekttyp:
Kugelsternhaufen
Entfernung:
65.000 Lichtjahre
Reale Ausdehnung: 238 Lichtjahre
Leuchtkraft:
330.000 (Leucht-
kraft in Sonnen)
Hellster Stern:
13,8 mag
Scheinbare Helligkeit: 7,5 mag
Winkelausdehnung: 12,6'
Koordinaten:
RA 13h12,9m
Dekl 18 Grad 10'
Historisches
Dieser entfernte Kugelhaufen wurde von
Johann Elert Bode im Februar des Jahres
1775 entdeckt. Messier fand ihn unabhän-
gig von der Erstentdeckung und er wurde
der dreiundfünzigste Eintrag in seiner
Liste von kometenähnlichen Objekten.
Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag) Auge: Unbeobachtbar. (Gerhard Scheerle, Günter Igel) Fernglas 8x56: Eine kleine und relativ helle diffuse Fläche. (Gerhard Scheerle) Fernglas 20x80: Im diesem Fernglas als auffälliger runder Nebel sichtbar. (Andreas Dumm) 11 cm Öffnung: Eine 10` große und 7,2 mag helle runde diffuse Fläche, die allgemein körnig erscheint. Darin scheinen andeutungsweise die hellsten 2 Einzelsterne 12,2 - 12,4 mag aufzuleuchten. (Gerhard Scheerle) 20 cm Öffnung: Sehr helle und 8` große diffuse Fläche mit 1 Einzelstern 13,0 mag und andeutungsweise weiteren 5 - 10 Einzelsternen ab 13,5 mag. (Gerhard Scheerle) 23 cm Öffnung: Im Neun-Zoll-Maksutov bei 5,3 mag Grenzgröße und 78facher Vergrößerung ein gut sichtbarer, nicht aufgelöster Nebel von mittlerer Helligkeit, der gut vom Hintergrund abgehoben ist. Er scheint ein klein wenig von NNO nach SSW elongiert zu sein. Bei 124x sind vielleicht indirekt 2 bis 3 Lichtpünktchen zu sehen, ansonsten ist er puderzuckerartig. Bei 148x ist im nördlichen Bereich, vielleicht auch schon etwas außerhalb, ein etwas hellerer Stern indirekt sichtbar. Auch im SSW sein ein Einzelstern aufzublinken. Selbst bei 221x wirkt M 53 nicht aufgelöst, allerdings ist der Einzelstern im Norden eindeutig zu
sehen. Der vorher im SSW vermutete Einzelstern scheint eher eine etwas abgegrenzte Region oder ein aus dem Kugelhaufen herauskommender Zipfel zu sein. Im SSO des Objekts ist eine Pfeilspitze aus 3 Sternen, die nach SSO deutet, wobei der Stern an der Spitze der schwächste ist. Im SW und außerdem am Gesichtsfeldrand im NW ist jeweils noch ein Sternchen zu sehen, ansonsten bis auf einige wenige Winzlinge nur Leere. (Günter Igel) 25 cm Öffnung: Erscheint bei hoher Vergrößerung teilweise aufgelöst und sein Anblick erinnert an den von M 13 im 4,5" Kaufhausreflektor betrachtet. (Verfasser) 40 cm Öffnung: Es ist eindeutig ein 7,4 mag heller Kugelsternhaufen, in dem etwa 40 Einzelsterne
Abb. 1: Aufnahme von Andreas Engelhardt mit SCT 12" f/4 und MX916 (30 min.).
Abb. 1: Aufnahme von Rolf Löhr mit SCT 12" f/10 und ST-6 (300s).
12,2 - 14,6 mag in einer sehr hellen diffusen Fläche aufleuchten. Der Durchmesser beträgt 6`. Den hellsten Stern habe ich ein anderes Mal auf nur 13,0 mag geschätzt, wobei die übrigen Sterne 14,0 mag und schwächer erschienen. (Gerhard Scheerle) Fotografie: Für die sinnvolle Fotografie von M 53 müssen wir Brennweiten ab 1.000 mm einsetzen. Es zeigt sich dann das für Kugelhaufen typische Gewimmel von Sternen. Doch auch ab 300 mm Brennweite sehen wir die ersten Strukturen, die auf seine Natur hinweisen. Eine kürzer belichtete Aufnahme löst das Zentrum auf, voll ausbelichtete Aufnahmen geben die Randpartien eindrucksvoll wider. Bei kürzeren und lichtstarken Brennweiten sind feinkörnige Filme empfehlenswert, die das letzte an Schärfe bringen können.
VdS-Journal Nr. 9
128 S E R V I C E
M 60, NGC 4649, Jungfrau (Virgo)
Objekttyp:
Galaxie, E2
Entfernung:
65 Mio. Lichtjahre
Reale Ausdehnung: 135.000 Lichtjahre
Flächenhelligkeit: 12,8 mag/arcmin2
Scheinbare Helligkeit: 8,8 mag
Winkelausdehnung: 7,1' x 6,1'
Koordinaten:
RA 12h43,7m
Dekl 11 Grad 33'
Historisches
M 60 ist eine ,,Zufallsentdeckung" währ-
end der Beobachtung des Kometen von
1779. Der glückliche Astronom hieß
Johann Gottfried Köhler und entdeckte die
Galaxie am 11. April dieses Jahres.
Messier fand M 60 vier Nächte später. Der
schwache Schimmer nordwestlich von
M60 ist NGC 4647, eine Spiralgalaxie
(Abb. 3).
Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag) Auge: Unbeobachtbar. (Gerhard Scheerle, Günter Igel) Fernglas 8x56: Als deutliches Nebelfleckchen auszumachen, wenn man die genaue Position kennt. (Gerhard Scheerle)
11 cm Öffnung: Eine runde und strukturlose diffuse Fläche 8,6 mag hell mit 4' Durchmesser. Bei optimalen Sichtbedingungen ist im Randbereich die Galaxie NGC 4647 auszumachen, deren Größe ich auf 2' und die Helligkeit auf 10,8 mag schätze. (Gerhard Scheerle)
18 cm Öffnung: Sie erschien mir auffallend hell, mit einer helleren Kernregion versehen. Die Spiralgalaxie NGC 4647 war im Kontrast dazu nur als sehr diffuse, ausgedehnte Wolke erkennbar. Sie wird regelrecht von M 60 überstrahlt! (Thorsten Güths)
22 cm Öffnung: Bei 5,3 mag Grenzgröße ist M 60 bei 33x gleichzeitig mit der Galaxie M 59 im Okular zu sehen. Beide Galaxien haben einen hellen Kern, zeigen aber sonst keine Strukturen. M 59 erscheint etwas diffuser. (Andreas Dumm)
9-Zoll-Maksutov: Bei 5 mag Grenzgröße und 78x ist M 60
VdS-Journal Nr. 9
Abb. 3: Aufnahme von Bernd Flach-Wilken mit 400 mm-Hypergraph f/8 und Apogee AM 13.
eine nicht allzu auffällige Galaxie von schwacher bis mittlerer Helligkeit. Sie hat einen hellen Kern, der leicht diffus ausläuft. In dem ganz leicht elongierten Kern scheint ein winziger Einschnitt vorhanden zu sein. Vielleicht handelt es sich dabei aber um die Galaxie NGC 4647, die nur 4' entfernt liegen soll, von mir aber nicht entdeckt werden konnte. (Günter Igel)
40 cm Öffnung: Eine runde und strukturlose diffuse Fläche 8,6 mag hell mit 2,5' Durchmesser, wobei es sich aber wohl nur um den Kernbereich handelt. Knapp neben M 60 fällt die Galaxie NGC 4647 ins Auge, deren Größe
ich auf 2' x 2' und deren Helligkeit ich grob auf 13,0 mag schätze. (Gerhard Scheerle) Fotografie: M 60 erscheint selbst als ein recht eintöniges Objekt. Durch die direkte Nachbarschaft zu NGC 4647 und der etwas weiter gelegenen M 59 und einiger weiterer Galaxien wirken bereits Aufnahmen ab 300 mm Brennweite interessant. Sie sollten aber mit der Belichtungszeit an die Grenzen gehen, die Ihr Himmel hergibt. Ab 1.000 mm Brennweite werden bereits Einzelheiten in einigen umgebenden Galaxien sichtbar, M 60 selbst bleibt strukturlos.
S E R V I C E 129
M 67, NGC 2682, Krebs (Cancer)
Objekttyp:
Offener
Sternhaufen
Entfernung:
2.250 Lichtjahre
Reale Ausdehnung: 19 Lichtjahre
Anzahl Sterne:
200
Hellster Stern:
9,7 mag
Scheinbare Helligkeit: 6,9 mag
Winkelausdehnung: 29'
Koordinaten:
RA 08h51,6m
Dekl 11 Grad 49'
Historisches
Dieser Sternhaufen wurde von Johann
Gottfried Köhler vor dem Jahr 1779 ent-
deckt. Messier nahm ihn im April des
Jahre 1780 in seine Unterlagen auf. Er ist
einer der ältesten bekannten Offenen
Sternhaufen. Man schätzt sein Alter auf
3,5 bis 5 Mrd. Jahre.
Objektbeschreibungen unter guten Bedingungen (Grenzgröße ungefähr 6 mag) Auge: Wohl zu lichtschwach für die bloßen Augen. (Gerhard Scheerle, Günter Igel)
Fernglas 8 x 56: Als recht helle (7,0 mag) und 0,3 Grad große diffuse Fläche mit 1 Einzelstern 8,2 mag zu sehen, der am Nordost-Rand sitzt. (Gerhard Scheerle)
Fernglas 16 x 70: Im 16 x 70 bei 5,3 mag Grenzgröße ein nicht allzu auffälliger Nebel von schwacher bis mittlerer Helligkeit, der von NW nach SO elongiert ist. Der längliche Nebel ist im SO deutlich heller und läuft nach NW diffus aus. Er kann nicht aufgelöst werden, wirkt aber leicht granuliert. (Günter Igel)
11 cm Öffnung: Ein schöner Sternhaufen, in dem 74 Einzelsterne 8,4 - 12,0 mag zu zählen sind. Der hellste Stern 8,4 mag sitzt am Nordost-Rand, die übrigen Einzelsterne sind 10,0 mag und schwächer. Die Gesamthelligkeit schätze ich auf 6,6 mag. (Gerhard Scheerle)
22 cm Öffnung: Bei 5,5 mag Grenzgröße erschien M 67 als schöner, fast runder Haufen bestehend aus ca. 30 - 40 gleichmäßig hellen Sternen. Im nördlichen Teil des Haufens befindet sich ein hellerer Stern. (Andreas Dumm)
Abb. 1: Aufnahme von Rolf Löhr mit SCT 12" f/10 und ST-6 (300s).
9-Zoll-Maksutov: Bei 124x und 5 mag Grenzgröße ist er ein lohnenswerter Sternhaufen, der völlig aufgelöst wirkt bei noch etwas grießigem Hintergrund. Er ist hell und gut abgehoben. Der Sternhaufen ist unregelmäßig von NO nach SW elongiert und hat ein lockeres, nur leicht verdichtetes Zentrum. Auffällig ist ein heller Einzelstern im Nordosten. Weiterhin etwa 25 heller Sterne und deutlich mehr schwache. Um M 67 herum befindet sich rundherum ein breiter ,,Burggraben", in dem sich im NW ein hellerer und 2 schwächere Sterne befinden, die eine Dreierreihe von NW nach SO bilden. Die Sterndichte in der Umgebung des Sternhaufens ist gering. (Günter Igel)
40 cm Öffnung: Ein wahrhaft prächtiger Sternhaufen. In einem Feld von 24` Durchmesser sind sagenhafte 334 Einzelsterne 8,0 bis 14,4 mag zu zählen! Der hellste Stern ist 8,0 mag, die übrigen ab 9,8 mag. In der Mitte ist der Haufen gleichmäßig und dicht mit Sternen besetzt. (Gerhard Scheerle)
Fotografie: Brennweiten ab 300 mm sind ausreichend, um M 67 als Sternhaufen aufzunehmen. Empfehlenswert sind Brennweiten von
750 bis 1.300 mm. Dann können Sie im Kleinbildformat M 67 eindrucksvoll auflösen und dennoch markant herausgelöst von einer sternenärmeren Umgebung abbilden. In Sky&Telescope 3/1989, wurden einige der Sterne von M 67 mit ihren photometrischen Helligkeiten angegeben. Sie können hiermit gut die erreichte Grenzgröße auf Ihrer Fotografie oder Ihre visuelle Grenzgröße im Fernrohr ermitteln.
,,Ich habe die ganze Nacht mit dem Bino beobachtet, anscheinend war der Augenabstand falsch eingestellt!"
VdS-Journal Nr. 9
130 S E R V I C E
Ein eigener Horizont
von Rainer Schulze
Nun ist endlich das von vielen erwartete Programm GUIDE 8 verfügbar. Es ist wiederum gegenüber der Vorversion deutlich erweitert worden, bietet alles, was der engagierte Astroamateur von einem etablierten Programm erwartet, es rechnet päzise und bildet exakt ab und das auch dann noch, wenn nur winzige Himmelsausschnitte bildschirmfüllend dargestellt werden; bei Mondformationen geht die Auflösung bis in den Bogensekundenbereich. Da das Programm in der Bedienbarkeit ebenfalls deutlich komfortabler geworden ist, kenne ich zurzeit kein Argument, das für die Wahl eines anderen Kartenprogramms sprechen könnte. Das ebenfalls bekannte Programm TheSky (Version 5D), mit dem ich lange gearbeitet habe, hat mich des öfteren mit falschen Darstellungen getäuscht. Inzwischen soll das Programm auch zuverlässiger geworden sein, aber nur in der englischen Version. Die ist mittlerweile (im April 2002) um 6 Upgrades weiter als die deutsche und ist dieser generell vorzuziehen, denn bei der deutschen sind nur die Begriffe und Texte der Programmoberfläche übersetzt worden. Sucht man nun zu einem Begriff Hilfe, dann muß man also den entsprechenden englischen genau kennen, denn andernfalls ist es nicht möglich, den interessierenden Themenbereich in dem englisch gebliebenen Hilfetext zu finden. Programmoberfläche und Hilfetexte sollten sinnvollerweise in derselben Sprache verfaßt sein. Das ist bei GUIDE der Fall. Hier schaltet man Oberfläche und Hilfetexte einfach auf die Sprache um, die man haben möchte. Beide Programme kennen die Möglichkeit, die Silhouette des örtlichen Horizontes einzugeben, so daß man feststellen kann, ob ein Objekt zu einem bestimmten Zeitpunkt sichtbar ist oder ob es von einem Gebäude oder einem Baum verdeckt sein wird. Sinnvoll ist das Anlegen eines eigenen Horizontes natürlich nur, wenn man über eine stationäre Beobachtungsstation oder einen festen Beobachtungsplatz verfügt. Beide Programme brauchen dazu dieselben Daten. Während man diese aber in TheSky mühselig in einem besonderen Fenster einzeichnen muß, nimmt GUIDE diese einfach als ASCII-Datei auf. Im Folgenden soll nun ein einfaches Verfahren vorgestellt werden, wie man zu
VdS-Journal Nr. 9
den notwendigen Azimut- und Höhenwerten kommt, aus denen die Horizontdatei bestehen muß, wie diese zu gestalten und in das Programm einzubinden ist. Die hier vorgestellte Vorgehensweise setzt voraus, daß das Fernrohr auf einer eingenordeten parallaktischen Montierung sitzt, die über justierte Teilkreise verfügt. Das Hilfsprogramm und GUIDE setzen in Richtung Nord den Azimut = 0 und zählen dann über Osten hoch. In Richtung Süd sollte das Fernrohr so geschwenkt werden, daß der Teilkreis für den Stundenwinkel auf Null steht. Mit dieser Teilkreiseinstellung sollten mit Hilfe des Fernrohrs oder seines Suchers so viele Punkte der Umgebungssilhouette erfaßt werden wie möglich. Zu notieren sind Deklination und Stundenwinkel der angepeilten Punkte. Es kann ohne weiteres passieren, daß ein Stundenwinkel abnimmt, obwohl der Azimut zunimmt. Man braucht aber keine Hemmungen zu haben, auch solche Wertefolgen zu akzeptieren. Muß das Fernrohr umgeschlagen werden, sind die abgelesenen Stundenwinkel mit 12h zu addieren. Das kann natürlich auch später geschehen. Man sollte sich aber sicherheitshalber notieren, von welcher Stelle an die Korrektur erfolgen muß. Nun kommt das kleine Hilfsprogramm zum Zug. Es verlangt die Eingabe der geografischen Breite des Beobachtungsplatzes, der Deklinationen und der Stundenwinkel der erfassten Punkte. Die geografische Breite und die Deklinationsangaben werden als Dezimalbruch in Grad eingegeben, die Stundenwinkel in Stunde(n) und Minute(n), Format HH.mm. Es wird eine Datei erzeugt, die in GUIDE gegen die originale <horizon.dat> ausgetauscht wird. Achtung: bei GUIDE8 wird die <horizon.dat> vom Setup fälschlicherweise in den Text-Ordner abgelegt. Sie gehört aber unmittelbar in den GUIDE8-Ordner! Dorthin gehört natürlich auch unsere eigene Horizontdatei! Diese ,,persönliche" Horizontdatei wird vom Hilfsprogramm zunächst einmal automatisch im Windows-Ordner <C:\Eigene Dateien\> unter <horizon.dat> gespeichert. Ich nehme an, daß dieser Ordner in jedem Windows-Rechner an der angegebenen Stelle vorhanden ist. Wenn nicht, müßte er vorübergehend angelegt werden. Die Datei ist anschließend in den
GUIDE8-Ordner zu verschieben. Da sich die Original-Horizontdatei in dem Unterordner <Text> von GUIDE8 befindet, kann sie dort verbleiben, ohne umbenannt werden zu müssen. Bei den Eingaben der Datenpaare ist darauf zu achten, daß sie kontinuierlich im Uhrzeigersinn oder gegen ihn erfolgen und daß der Azimut von Norden über Süden und wieder nach Norden hin ansteigt. Zur Kontrolle werden die errechneten Werte auf dem Bildschirm wiedergegeben. Werden dabei unsinnige Angaben angezeigt, wie z. B. negative Höhen, wird ein Teilkreis falsch abgelesen worden sein, oder die unter Umständen notwendige 12h-Korrektur des Stundenwinkels ist vergessen worden. Der letzte einzugebende Punkt ist der vor dem Ausgangspunkt liegende. Das letzte Zahlenpaar muß dem ersten entsprechen, wenn keine Lücke entstehen soll. Es wird von dem kleinen Hilfsprogramm selbsttägig angehängt. Ist bei einigen Eingaben zunächst unbemerkt ein Fehler gemacht worden, muss man nicht von vorne anfangen. Man misst einfach die betreffenden Punkte der Umgebungssilhouette noch einmal nach, verschiebt die fehlerhafte Datei in einen Ablage-Ordner einer Textverarbeitung, wiederholt mit den neuen Werten noch einmal mit dem Hilfsprogramm die Rechnung und notiert sich die Ergebnisse. Dabei wird zwar jedesmal überflüssigerweise eine neue, unvollständige <horizon.dat> erzeugt, aber das macht nichts. Die ursprüngliche und nur zu korrigierende befindet sich ja in dem Ablage-Ordner der Textverarbeitung und wird mit dieser auch aufgerufen (es handelt sich um eine ASCII-Datei). Die falschen Werte werden durch die richtigen ersetzt und die Datei wird wieder im ASCII-Format abgespeichert. Der Name <horizon.dat> muß beibehalten werden. Die Farbe der Umgebungssilhouette wird durch das Kommando < hor 1 16 1 > festgelegt. Bei meinem alten DOS-Rechner ergibt das Grün (R=1, G=16, B=1), bei meinem Windows-Rechner ergibt sich ein besseres Bild, wenn ich G=25 setze. Ich habe diese Farbe gewählt, weil bei mir fast ausschließlich Bäume die Sicht begrenzen. Man kann die Farben ändern, indem man die Datei mit einem Textprogramm aufruft, die RGB-Werte ändert und anschließend wieder wie oben angegeben
S E R V I C E 131
Abb. 1: Horizontprofil in GUIDE 8.
abspeichert. Die Horizontangaben müssen mit <hend> abgeschlossen werden, die ganze Datei mit <end>. Das kleine
Hilfsprogramm erledigt diese abschließenden Schritte selbsttätig. Ist in GUIDE8 die Option <Horizont-
Objekte> eingeschaltet, wird nun die Fläche, die zwischen der selbst entworfenen Umgebungslinie und der Horizontlinie der Karte entstanden ist, mit transparentem Grün aufgefüllt. Wenn man will, kann man noch den <Boden> zuschalten. Dann wird zusätzlich die Fläche zwischen der Horizontlinie und dem unteren Bildschirmrand mit Farbe versehen (s. Abbildung). Will jemand über das für den Beobachter Notwendige hinausgehen und ein reich strukturiertes Panorama seiner Umgebung entwerfen, so geht das auch. Anregungen dafür mag sich der Betreffende aus den verschiedenen Horizontdateien im Ordner <Text> von GUIDE8 holen. Wer an der Angelegenheit interessiert ist, möge sich wegen des Hilfsprogramms an mich wenden. Meine E-mail-Adresse lautet: <Raischu@t-online.de>. Ich maile dem Betreffenden das kleine DOS-Hilfsprogramm dann zu.
URL www.teleskop-service.de Mail info@teleskop-service.de
132 S E R V I C E
Das Jahr 2001 im astronomischen Wetterrückblick
von Thomas Kaltenbrunner
Es soweit: Das erste volle Jahr liegt hinter uns ,,Astro-Wetter-Aktiven". Und auch wenn wahrscheinlich jeder Hobbyastronom des Abends fluchend wieder ins Haus stapft, wenn plötzlich doch noch schwere Regenwolken aufgezogen sind, so nutzt diese Gelegenheit doch nur eine kleine Minderheit, um sie auch als Beobachtung zu werten und anderen zur Verfügung zu stellen. Denn ,,die Nacht ging gar nix" - so lapidar es klingen mag - enthält doch eine wertvolle Aussage über Ihren Standort: Es war bewölkt und astronomische Beobachtungen waren nicht möglich. Wir haben ein Jahr lang diese Aussagen mit unserem 0-1-2-System (siehe Kasten) gesammelt und wollen dem Leser hier zwei von unzähligen Auswertungsmöglichkeiten zeigen. Die Deutschlandkarte in Abbildung 1 ist eine mögliche Visualisierung der 0-1-2Daten und zeigt dem Sternfreund, in welchen Gebieten Deutschlands sich besonders gut (blau) oder aber besonders schlecht (rot) beobachten lässt. Noch sind die Lücken größer als die erfassten Bezirke, doch schon bietet sich dem Betrachter ein erstes Bild von im Wesentlichen gleich guten Bedingungen in ganz Deutschland. Über einen Gürtel besonders guter Wetterbedingungen quer durch die Mitte Deutschlands und leicht überdurchschnittliche Klarheit an der Ostsee lässt sich hier erst spekulieren. Vielmehr bescherte diese Karte einigen AstroWetter-Aktiven eine ganz andere ,,Erkenntnis": Nämlich, dass sie deutschlandweit entgegen ihrer anfänglichen Vermutungen ganz gut im Schnitt liegen. Grob gesagt: Fast jede fünfte Nacht ist durchgehend klar und rund jede dritte Nacht kann der deutsche Amateur astronomisch verwerten. Nur leider reduziert sich dieses ,,Zeitkontingent" in der Praxis drastisch: Die einen beobachten nur abends, die anderen nur morgens. Somit bleibt noch rund jede vierte Nacht, die zur gewünschten Zeit auch wirklich klar ist. Der zweite große Auswahlfaktor dürfte wohl der Mond sein, dem diese Statistik bewusst keine Rechnung trägt, um keine der nachfolgenden Gruppen auszuschließen: Während Hobby-Sterngucker vom Anfänger mit seinem ersten
VdS-Journal Nr. 9
Feldstecher bis zum
Spezialisten der
Selenografie die
Sichtbarkeit des
Mondes regelrecht
herbeisehnen, sind
die mondhellen
Nächte den Deep-
Sky-Beobachtern
und meisten Astro-
fotografen ein
Gräuel. Sieht man
von einigen weni- Abb. 1:
gen Sternfreunden Prozentsatz klarer Nächte in Deutschland.
ab, auf deren astro-
nomisches Streben
der Mond nur wenig Einfluss ausübt, so hen kann, lässt die Grafik doch eine klare
halbiert sich die Zahl nutzbaren Nächte Grundtendenz erkennen, die erneut der
also erneut. Damit bleibt letztlich prak- alten Mär von den klaren Winternächten
tisch jede achte Nacht, oder knapp eine pro entgegentritt. In die sechs sommerlichen
Woche, wirklich nutzbar. Dies ist natürlich Monate Mai bis Oktober fallen mit 60 %
nur als Anhaltswert
anzusehen und
unterliegt, wie
Abbildung 2 zeigt,
starken jahreszeitli-
chen Schwank-
ungen. Als weiteres
Beispiel für die
Auswertungen der
0-1-2-Daten wurde
hier nach Monaten
aufgeschlüsselt, was
die über das Jahr
ungleiche Verteil-
ung der klaren
Nächte sichtbar
macht. Deutlich
bevorzugt waren wir
Astronomen 2001
im ,,Wonnemonat
Mai" mit beinahe
51 % theoretisch
nutzbarer Nächte,
während
der
September mit
weniger als 15 %
letztes Jahr ein
absolutes Regen-
loch darstellte. Auch
wenn man nach
einem Jahr noch Abb. 2:
keine universell gül- Schwankender Prozentsatz klarer Nächte im Laufe eines
tigen Schlüsse zie- Jahres.
S E R V I C E 133
aller klaren Nächte anderthalb mal so viele wie in den Zeitraum von November bis April. In wie weit sich diese Tendenzen im Jahr 2002 bestätigen lassen oder zu verwerfen sind, bleibt abzuwarten. Dass sie aber bestätigt oder verworfen werden können, dazu können Sie mit Ihrer Hilfe beitragen, indem Sie vom unbewussten Astro-WetterBeobachter (,,die Nacht ging gar nix") zum Astro-Wetter-Aktiven werden. Beobachtungen werden erbeten an:
Wollen auch Sie ,,Astro-Wetter-Aktiver" werden?
So einfach geht's: Jeden Tag brauchen Sie nur eine 0, 1 oder 2 notieren: ,0': höchstens 1/8 des Nachthimmels
war klar ,1': zwischen 1/8 und 7/8 waren klar ,2': mindestens 7/8 des Nachthimmels
war klar War also z. B. die Nacht vom 31.12. auf den 1.1. teilweise bewölkt, so schreiben Sie: 01.01.: 1
Astro-Wetter-Aktion Thomas Kaltenbrunner Gamskogelstraße 11 83334 Inzell (TKAstro@t-online.de)
Für Ihre Mithilfe danken wir im voraus!
Astrofotografie mit der Handnachführung
von Jürgen Behler
Abb. 1: Handnachführungseinrichtung mit Spiegelreflexkamera, auf einem Fotostativ montiert. Aufnahme von Jürgen Behler.
Wer den Sternhimmel mit fest stehender Kamera fotografiert, darf bei einem Normalobjektiv meist nicht mehr als 15 Sekunden, bei einem Weitwinkelobjektiv nicht über 30 Sekunden belichten, ohne dass die Sterne oval oder strichförmig abgebildet werden. Natürlich werden bei solch kurzen Belichtungszeiten nur relativ helle Sterne auf dem Foto sichtbar, von Gasnebeln (außer den allerhellsten) ganz zu schweigen. Um schwächere Objekte abzubilden, muss länger belichtet werden und der Fotoapparat zwangsläufig den Sternen nachgeführt werden. Dazu ist aber nicht unbedingt ein Fernrohr mit viel Ausrüstung nötig. So habe ich vor einigen Jahren eine mechanische Handnachführung gebaut, die nur wenige 100 Gramm schwer ist und auf einem einfachen Fotostativ befestigt wird [1]. Ein ähnliches Gerät wird z. B. auch in [2] und [3] beschrieben. Abbildung 1 zeigt so eine Handnachführung. Damit liegen Belichtungszeiten von ca. 10 Minuten im Bereich des Möglichen. Allerdings können diese langen Belichtungszeiten nur bei sehr guten Bedingungen ausgenutzt werden, z. B. im Gebirge oder anderswo weitab störender Beleuchtungen. Eine Testreihe verschiedener Belichtungszeiten hat für meinen Wohnort (Geseke, nördlich des Sauerlandes, 20.000 Einw.) eine optimale Belichtungszeit von nur 3 Minuten für Normal- und Weitwinkelobjektiv ergeben, selbst wenn ich außerhalb der Stadt auf freiem Feld fotografiere. Bei längeren Belichtungszeiten ertrinken die schwachen Objekte in der zunehmenden Himmelsaufhellung. Aber schon bei diesen Belichtungszeiten wird einiges an DeepSky-Objekten wie z. B. der Cirrusnebel
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Abb. 2: Sternbilder Schwan und Leier, Aufnahme am 13.10.2001 mit Objektiv 1:2,0 / 35mm, 3 Minuten belichtet auf Kodak Elite 400 Film. Vordergrund aufgehellt mit Elektronenblitz. Ort: Geseke, Aufnahme von Jürgen Behler.
Abb. 4: Sommermilchstraße in den Sternbildern Schütze und Schild am 13.8.1999, 5 Minuten belichtet mit Objektiv 1:2,8 / 50mm auf Kodak Panther 1600 Film, Ort: Tiefenbachgletscher / Österreich, Aufnahme von Jürgen Behler.
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oder Barnard's Loop sichtbar. Ein nicht unwesentlicher Faktor ist dabei der von mir hauptsächlich verwendete Astrofilm Kodak Ektachrome 200 professional, den ich hier besonders hervorheben will. Dieser Film zeichnet sich durch eine besonders gute Rotempfindlichkeit und einen günstigen Schwarzschildeffekt aus.
Die Abbildungen 2, 3 und 4 zeigen den Unterschied der Filme Elite 400, Ektachrome 200 und Kodak Panther 1600. Weitwinkelaufnahmen mit 3 Minuten Belichtungszeit haben aber noch einen weiteren ungeahnten Vorteil. Indem Landschaften mit in den Vordergrund der Fotos einbezogen werden, entstehen ästhetische Bilder des Sternhimmels, die ausdrucksstarke Stimmungen, z. B. der Jahreszeiten, wiedergeben können, wie es die Abbildungen 5 und 6 zeigen. Die starke Aufhellung am Horizont dieser Bilder ist der Flughafen Paderborn/Ahden. Durch Bäume oder Landschaft im Vordergrund wird der Bezug zur Erde geschaffen, während Fotos, die nur den Sternhimmel zeigen, oft technisch, ohne Reiz, wirken. Die Belichtungszeit von 3 Minuten ist kurz
Abb. 3: Sternbild Schwan, aufgenommen am 9.11.2001 in Geseke. 3 Minuten belichtet mit Objektiv 1:2,8 / 35mm auf Kodak E 200 prof. Film, Aufnahme von Jürgen Behler.
Abb. 5: Jupiter im Sternbild Zwillinge und Saturn im Sternbild Stier am 9.11.2001, aufgenommen in Geseke mit Objektiv 1:2,8 / 28mm, 3 Minuten belichtet auf Kodak E 200 prof. Film, Vordergrundaufhellung mit Elektronenblitz, Aufnahme von Jürgen Behler
Abb. 6: Jupiter im Sternbild Zwillinge und Saturn im Sternbild Stier am 4.1.2002, aufgenommen in Geseke mit Objektiv 1:2,8 / 28mm, 3 Minuten belichtet auf Kodak E 200 prof. Film, Vordergrundaufhellung mit Elektronenblitz, Aufnahme von Jürgen Behler.
genug, um z. B. im Vordergrund befindliche Bäume nur geringfügig zu verwischen, so wie es auch Wind verursachen kann, der die Äste bewegt. Einen weiteren schönen Effekt gibt es, wenn der Vordergrund angeleuchtet wird. Das kann z. B. mit einem Autoscheinwerfer, einer Taschenlampe, oder einem Blitzgerät geschehen, wobei dieses die geeignetste Beleuchtungsquelle ist. Wegen der kurzen Leuchtzeit wird der Vordergrund scharf angebildet. Ein kurioser Effekt entsteht, wenn der Blitz am Ende der Belichtung abgegeben wird. Dies ist bei Abbildung 2 so geschehen. Dann sieht es so aus, wie wenn der Vordergrund, hier die Bäume, einen Schatten auf den Sternhimmel werfen würde. Dieser ,,Schatten" ist aber nichts anderes als der unbeleuchtete Baum während der restlichen Belichtung, der sich durch die Nachführung etwas auf dem Bild verschoben hat. Auch die richtige Positionierung des Vordergrundes in bezug auf die Sterne ist
wichtig. Hier muss der Fotograf einen entsprechenden Spürsinn entwickeln und die Kameraaufstellung sorgsam durchführen. Manchmal reicht eine Positionsänderung von nur 1 Meter nach rechts oder links oder eine etwas andere Kameraneigung, um ein Bild richtig in Szene zu setzen oder um es unschön aussehen zu lassen. Aber auch der persönliche Geschmack des Fotografen fließt in die Gestaltung der Bilder mit ein. Und so ist möglicherweise nicht jedes Bild, das für den einen toll aussieht, dies auch für jemand anderen.
Ein unschätzbarer Vorteil ist die Mobilität der Handnachführung. Da sie so leicht ist und nur auf einem Fotostativ befestigt wird, lässt sich das Gerät sehr schnell und quasi überall aufstellen, wenn es nötig ist, auch mal mitten auf einem Acker. Das kann dann schon mal matschige Füße bedeuten. Ein genügend genaues Ausrichten auf den Polarstern ist in wenigen Sekunden vollzogen und das Einstellen der Kamera auf ein Zielsternbild dauert auch
nicht viel länger. Deshalb ist es ohne weiteres möglich, nach jedem gemachten Foto einen neuen Standort mit einem neuen Vordergrund aufzusuchen und man ist dennoch in der Lage, innerhalb einer Nacht einen kompletten Film zu belichten. Ich benutze sehr gerne die Handnachführung zur Astrofotografie. Sie ist ein gutes Hilfsmittel, wenn man mal eben ein paar Bilder machen möchte, ohne dafür gleich eine schwere Ausrüstung mitnehmen zu müssen.
Literaturhinweise
[1] Behler, J., 1996: Nachführung ohne Fernrohr, SuW 10/1996, 767
[2] Paech, W., Baader, T.. 2000: Tipps und Tricks für Sternfreunde, SuW-Taschenbuch, 106
[3] Schröder, K.P., 2000: Astrofotografie für Einsteiger, Franckh-Kosmos Verlag, 28
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Eine Reise zum Mittelpunkt unserer Galaxis
von Hans-Günter Diederich
Das Sternbild Sagittarius übt, soweit ich zurückdenken kann, eine geheimnisvolle, mythische Wirkung auf mich aus. Dort liegt das Zentrum unserer Galaxis, der Milchstraße, erkennbar durch eine helle kugelförmige Anhäufung von Sternen (engl. ,,bulge"), die unseren Blicken weitgehend durch Staubwolken entzogen ist. Dort drinnen befinden sich weit interessantere Objekte als davor: ein Molekülwolkenring, junge nur im Infraroten sichtbare nur wenige Millionen Jahre alte Sternhaufen (engl. ,,cluster") und der berühmte ,,Pistolenstern", der vielleicht über 200 Sonnenmassen schwer ist. Aber ganz drinnen verbirgt sich ein Schwarzes Loch, das sich allerdings im Gegensatz zu den zentralen Schwarzen Löchern anderer Galaxien im Ruhezustand befindet, und so
kaum in Erscheinung tritt. Es ,,hungert", weil zurzeit keine Materie hineinfällt und von ihm unter Energieabstrahlung aufgesogen werden kann. Ich möchte sie nun zu einer virtuellen Reise zu diesem Schwarzen Loch, der Radioquelle Sagittarius A* (gesprochen ,,Sagittarius A Stern") einladen. Die ersten Bilder entstanden mit einem 50-mmKleinbildobjektiv und die letzten mit einem 16-Zoll-SCT mit Fokalreduktor. Zum Einsatz kamen als CCD-Kameras die ST-7 bzw. die ST-9E (Abb. 1). Viele Dunkelwolken sind für diesen Bereich charakteristisch. Beherrscht wird das Feld durch den großen Dunkelnebel ,,The Pipe". Das Zentrum der Milchstraße befindet sich in der Mitte der unteren Bildhälfte (Abb. 2). Diese Aufnahme ent-
stand mit 360 s Belichtungszeit. Hier haben wir uns bereits dem Zentrum
ein kleines Stück genähert (Abb. 3). Es befindet sich innerhalb des roten Kastens ... Nach einer Drehung bietet sich uns ein neuer Anblick. Die eingezeichneten Objekte Quintuplet-Cluster und ArchesCluster sind fast nur im Infraroten sichtbar. Aber wir lassen uns auf unserer Reise nicht von ihnen ablenken sondern stürzen weiter auf das Zentrum zu (Abb. 4). Ein kleines gelbes Quadrat markiert die Position von Sagittarius A*. Ab dieser Aufnahme reicht die Kleinbildoptik nicht mehr aus, das große Teleskop kommt zum Einsatz, mit 1.200 s Belichtungszeit. Die Koordinaten von Sgr A* - gewonnen aus dem Internet (Simbad) - reichen zur Navigation ebenfalls nicht mehr: Zu viele Sterne ballen sich hier zusammen, immer weniger von ihnen sind im Sternkartenprogramm überhaupt eingetragen. Um uns nicht zu verirren, müssen wir jetzt aus dem Internet den Aladin-Server bemühen, der als Hintergrundbild DSS-Aufnahmen ver-
Abb. 1: Zentrumsbereich im Schützen (50mm-Kleinbildobjektiv mit ST-7).
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Abb. 2: Blick in Richtung Zentrum der Milchstraße mit dem Dunkelnebel ,,The Pipe" (50mm-Kleinbildobjektiv und ST-7).
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Abb. 3: Objekte im Zentrumsbereich (Ausschnitt aus Abb. 2).
Abb. 4: Sgr A* im Zentrum der Milchstraße.
wendet. Und noch einen Schritt geht es weiter ... Und jetzt ist die Reise wirklich zuende (Abb. 5). Noch befinden wir uns ausreichend weit vom Schwarzen Loch entfernt. Wer näher heran will, findet im Internet Aufnahmen von Sternen, die dem Schwarzen Loch so nahe sind, dass sie es mit extrem hohen Geschwindigkeiten umkreisen, sich jedes Jahr an erkennbar anderer Stelle befinden und es so den Fachastronomen ermöglichten, die Masse des Schwarzen Loches zu bestimmen. Vielleicht werden sie eines Tages von ihm verschlungen. Dann könnten auch wieder zwei kräftige Jets entstehen, unsere Galaxis nach beiden Seiten verlassen und sich weit in den intergalaktischen Raum
ausbreiten ... Sie werden nach den Gründen fragen, warum ich versucht habe, das unsichtbare Objekt Sgr A* ,,aufzunehmen". Ich wollte dessen Position dokumentieren und bewusst einmal auf die Bogensekunde genau dorthin schauen, wo sich dieses Monster befindet, auch wenn weder meine Augen noch der CCD-Chip es je werden sehen können ... Einfach so, weil es Spaß macht. Vielleicht hat Ihnen diese Reise gefallen und Appetit gemacht zu einer Wiederholung mit eigener Technik oder zu Reisen in andere Bereiche unserer Milchstraße.
Abb. 5: Aufnahme mit 16"-SCT und ST-9E.
Abb. 1: Lichtecho um V838 Mon, Aufnahme vom 14.4.2002 mit 16"-SCT und ST-9E, von HansGünter Diederich.
Lichtecho der Nova V838 Monocerotis
von Hans-Günter Diederich
V838 Mon hatte ich zum ersten Mal am 2.2.2002 mit CCD in seinem bisher stärksten Ausbruch aufgenommen [1]. Als erneut im vsnet [2] über ihn berichtet wurde, kam er wieder ins Beobachtungsprogramm und wurde am 14.4.2002, diesmal mit einem 16Zoll-SCT, Fokalreduktor, ST-9E (12 x 4 s) aufgenommen. Im kombinierten Bild (Abb. 1) sind nach einigen Schritten Bildbearbeitung zu erkennen:
(1) der Stern, (2) ein ihn konzentrisch umgebender
Nebel, (3) eine dunkle Zwischenzone (oben im
Bild) und (4) ebenfalls oben (im S) eine äußere schwach strukturierte, helle Kugelschale.
Diese Nebel und naturgemäß auch die Zwischenzone waren am 2.2.2002 noch nicht zu sehen gewesen. Laut dem vsnet handelt es sich um ein ,,Lichtecho" des großen Ausbruchs vom Februar dieses
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Jahres, das jetzt als Reflexionsnebel sichtbar wird. Die schnell abnehmende Helligkeit des Stern erleichtert die Beobachtung des Lichtechos. Inzwischen soll in diesem Nebelkomplex durch die nachlassende Helligkeit von V838 Mon sogar ein ,,Loch" zu erkennen sein.
Am 4.5.2002 berichtet das vsnet von HSTAufnahmen, die mindestens 11 annähernd
kreisförmige konzentrische Ringe bzw. Bögen zeigen, die entstehen, wenn das Licht vom großen Ausbruch nacheinander auf verschiedene Schichten interstellarer Materie trifft und diese ,,schneidet". Es sei aber durchaus denkbar, dass einige der Bögen mit kleineren Radien auf Materie zurück zu führen seien, die V838 Mon bei hypothetischen früheren Ausbrüchen ausgestoßen hat.
Literaturhinweise
[1] Diederich, H.-G.,2002: Ein extrem heller Ausbruch von V838 Monocerotis, VdSJournal I/2002 (Frühjahr), 105
[2] Internationale Mailingliste über Veränderliche Sterne: http://vsnet.kusastro. kyoto-u.ac.jp/vsnet
Staunen? - oder: Geht eine astronomische Kunst verloren?
Eine kleine Betrachtung von Gerhard Herzog
Vor kurzem fielen mir bei ,,Aufräumarbeiten" alte Mondfotografien in die Hände. In machen Dingen zwar sehr unzulänglich, aber meine Gedanken gingen zurück zu der Freude, sie überhaupt zustande gebracht zu haben.
Spinnerei? Auf die Gefahr hin, jetzt als Spinner abgetan zu werden, es muss einmal gesagt werden: In der Ausgabe des VdS-Journals I/2001, S. 135, stieß ich im Bericht des Vorstands zur Mitgliederentwicklung der VdS auf folgende Textstelle: ,,Rund 30 % gaben auch die VdS als Grund an, von der sie sich mehr Leistungen oder eine andere Leistung wünschten." Es geht um die ausgetretenen Mitglieder unserer Vereinigung. Weiter wird ausgeführt: ,,... dass über 80 % sich als Anfänger oder gelegentliche Beobachter (,Spazierengucker') bezeichneten, ..." Diese Sätze geben wahrhaftig zu denken. Schauen wir uns die - unzweifelhaft in gewissem Sinne gelungenen bisherigen Ausgaben des ,,Journals" doch einmal genauer an!
Daten und Staunen Was finden wir? Unmassen am wissenschaftlicher Präsenz, an - gewiss an sich wertvollem - Wissen, aber (mit wenigen rühmlichen Ausnahmen [1]) fast nichts, was die ,,Faszination Himmel" gerade für junge oder jung gebliebene Neumitglieder so reizvoll macht. Wo bleiben denn die enthusiastischen Berichte über die Freude, z. B. einen Doppelstern zum ersten Male getrennt zu haben. Trocken steht statt dessen dann im Journal: ,,24.05.2001 22:15 Uhr UT: Epsilon Bootis: RaleighKriterium erfüllt, 8"-SC (f/4,5) ...", eine beispielgebend erfundene Bildunterschrift.
Ich bin ein bekennender ,,Spazierengucker", habe schon als Gymnasiast vor mehr als 25 Jahren mit einem kleinen Refraktor (60 mm, f/10) begonnen, hatte aber nie die Gelegenheit, neben Schule, dann Beruf und Familie mehr daraus werden zu lassen. Ich glaube beruhigt sagen zu können, dass ich mich am Himmel einigermaßen auskenne und (jetzt kommt es!) staune noch immer bei jeder kleinen Beobachtung.
Bestes Beispiel Am 3.11.2001 bedeckte der Mond den Planeten Saturn. Als (man verzeihe mir das Fremdwort - es werden auch an dieser Stelle teilweise unnötigerweise schon viel zu viele benutzt) ,,Highlight" in den Jahres-/Halbjahresübersichten überall angekündigt, war ich in der glücklichen Lage, das Ereignis in voller Länge (Wochenende - sehr bequeme Zeit) zu beobachten. Wir alle wissen, dass sich der Mond rasch am Himmel bewegt, aber richtig klar wird dies dem kleinen Menschen erst, wenn der eben noch so prächtige, mit sehr hoher Ringöffnung selbst schon äußerst spannend zu betrachtende Planet einfach so - binnen ca. einer Minute - hinter dem voll beleuchteten Mondrand verschwindet. Dann die Spannung: Man weiß ja, dass sich der Saturn (etwas abhängig natürlich vom Beobachtungsort) ungefähr eine Stunde später am unbeleuchteten Mondrand wieder zeigen muss. Was kann man da nicht alles tun, mit Hilfe von bloßem Auge und Feldstecher! Ich zum Beispiel ,,gehe" in solchen Fällen gerne ,,am Himmel spazieren". So auch bei dieser Gelegenheit. Auf eine in der Nähe des angefahrenen Beobachtungsplatzes gele-
gene Bank habe ich mich auf den Rücken gelegt und mit meinem Feldstecher nach dem großen Andromedanebel und dem doppelten Sternhaufen h und chi im Perseus Ausschau gehalten. Diese Objekte waren, bedingt durch den noch recht vollen Mond und hoch liegende Eiswolken mit bloßem Auge nicht auffindbar. Aber welchen Spaß ich hatte, als ich die Objekte lokalisierte, brauche ich wohl kaum noch zu erwähnen.
Verlorenheit - Bescheidenheit Ganz allgemein finde ich, dass wir uns in einem Netz von ,,Spezialistenwissen" verloren haben. Ich einer anderen Formulierung: Manche von uns tun so, als ob sie das ,,Hochhaus Astronomie" nicht von unten - vom Eingang her - betreten hätten, sondern sich (befördert mit einem Hubschrauber) auf dem Dach am Lifthäuschen hätten absetzen lassen. Dies ist schlicht und einfach, so verbreitet - und zu meinem Leidwesen muss ich dies speziell bei organisierten Amateurastronomen öfter feststellen - es auch sein mag, ein Grundfehler. Niemand sei daran gehindert, im Umgang mit seinesgleichen sich über relativistische und andere Gleichungen erschöpfend auszulassen, aber wenn ein Anfänger in der Reihe steht, ist dies das beste Mittel, ihm den Spaß an unserem schönen Zeitvertreib zu vermiesen!
Fragendes Staunen Nach dem (siehe u. a. ,,Eine kleine Geschichte der Zeit" von Stephen Hawking) unsere theoretische Physik (noch) nicht in der Lage ist, eine Vereinheitlichung der Theorien zu allen vier uns bekannten Grundkräften der Natur (s. ebenda) zu lie-
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Abb.1: Mond im Ersten Viertel am 10.6.1998 um 18:39 UT, 1/60 Sekunde belichtet bei 2,4 m Brennweite, mit handelsüblicher Spiegelreflexkamera auf Fujichrome Super HG (ISO 33), nachvergrößert. Aufnahme von Gerhard Herzog in Bad Krozingen.
fern, wäre es an der Zeit, dass wir, die wir mit Sicherheit in der überwiegenden Mehrheit nicht an die Geisteskräfte des Titanen Stephen Hawking heranreichen, etwas mehr Bescheidenheit in unseren öffentlichen ,,Auslässen" walten ließen. Zu Ende gedacht stellt sich das Problem doch so dar: Wir haben allerspätestens seit dem Beginn der industriellen Revolution keinen einheitlichen Plan unserer Welt mehr in unseren Köpfen. Einen Plan, der eineinhalb Jahrtausende unsere Geschichte in Europa von den Ideen eines Aristoteles, den Gedanken eine Thomas von Aquin geprägt war. Ein Weltbild, das in der Lage war als ,,universal" zu gelten. Einer der letzten (wenn nicht gar der letzte, derer), die als Universalgelehrte gelten konnten, war der Mathematiker, Philosoph, Theologe, Physiker und Staatsmann G. W. Leibnitz (1646 - 1716). Was einen solchen Geist auszeichnete, war grundlegend etwas, das der große Philosoph Kant einmal sinngemäß als ,,fragendes Staunen" bezeichnet hat. Damit ist - so glaube ich - etwas sehr Wesentliches gesagt: Nur derjenige, der staunen kann, ist in der Lage wirklich zu lernen und zu verstehen. Dessen Geist
wird nicht nur Gleichungen daherbeten, sich nicht in Selbstüberhebung von Gleichgesinnten geringeren Wissens abzugrenzen suchen, sondern er wird offen sein für Fragen, offen sein im Umgang, in seinen öffentlichen Äußerungen. Erinnern wir uns an einen Satz, der von einem weiteren Riesen unserer Wissenschaftsgeschichte stammen soll: Isaac Newton (1643 - 1727) soll gegen Ende seines Lebens die Bemerkung gemacht haben: ,,Ich weiß nicht, wie ich der Welt erscheine, aber, wenn ich mein Leben betrachte, so komme ich mir vor wie ein Knabe, der am Meeresufer spielt und sich damit belustigt, dass er dann und wann einen glatten Kiesel oder eine schöne Muschel findet, während der große Ozean der Forschung noch vor ihm liegt!" Denken bedeutet also zuvördertst nicht das ,,Daherbetenkönnen" von Techniken und Gleichungen, sondern in erster Linie: Die Fähigkeit zu besitzen, staunen zu können.
Staunen können Ich wünschte mir, zurück kommend auf unser ,,Journal", ein wenig mehr Freude an der ,,schönen Muschel" zu finden. Möglich, dass mein Begehren am besten
durch die (an sich lateinisch abgefasste) Grabinschrift für Isaac Newton in der Westminster Abbey ausgedrückt wird, die folgendermaßen lautet: ,,Hier ruht der Ritter Isaac Newton, welcher durch fast göttliche Geisteskraft der Planeten Bewegung gestaltet, der Kometen Bahnen, der Gezeiten Verlauf, durch seine eigene Mathematik als erster bewies. Die Verschiedenheit der Lichtstrahlen, die darauf beruhenden Eigenschaften der Farben, von denen niemand vorher nur ahnte, erforschte er. Er war der Natur, des Altertums, der Heiligen Schrift fleißiger, scharfsinniger Erklärer. Die Majestät Gottes verherrlichte er in seiner Wissenschaft. Die Schlichtheit des Evangeliums zeigte er durch seinen Wandel. Mögen die Sterblichen sich freuen, dass er unter uns lebte."[2] Was bleibt noch mehr zu sagen?
Literaturhinweise
[1] Celnik, W.E., 2001: Zuhause, VdS-Journal II/2001 (Winter), 101
[2] Zitiert nach: Gaebert, H.W., 1972: Der große Augenblick der Astronomie, Loewes Verlag Ferdinand Carl Bayreuth (1. Aufl.), 211
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Orionnebel mit Filtern beobachtet
von Hans-Günter Diederich
Abb 1: M 42 in H (links die unbearbeitete Aufnahme, rechts bearbeitet mit Pseudofarben und Farbauszug).
Einleitung Viele Sternfreunde besitzen Interferenzfilter zur visuellen und CCD-mäßigen Beobachtung von Emissionsnebeln. Die Fachastronomen gehen allerdings einen Schritt weiter und leiten aus den Intensitätsverhältnissen in verschiedenen Wellenlängenbereichen Aussagen über die astrophysikalischen Eigenschaften ihrer Objekte ab. Hier geht es darum, dies ansatzweise nachzuvollziehen, mit Amateurmitteln.
Seit anderthalb Jahren versuche ich, die vorhandene Ausrüstung durch immer neue Kombinationen der Einzelteile maximal auszunutzen. Der intensivierte Umgang mit allgemein zugänglicher Fachliteratur, Daten und Fotokarten, zu erreichen über das Internet, führte dazu, die eigenen CCD-Aufnahmen ,,tiefer" auszuwerten, als das bisher der Fall war. Einen vergleichbaren allerersten Versuch hatte ich am Planetarischen Nebel NGC 7662 (Blue Snowball) unternommen [1].
Für die visuelle Beobachtung war bereits vor mehreren Jahren ein OIII-Filter gekauft worden, gefolgt von einem HFilter für CCD-Aufnahmen von Emis-
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sionsnebeln mit Kleinbildobjektiven. Ein Infrarot-(IR-)Filter kam hinzu, um besondere Strukturen in Spiralgalaxien zu untersuchen, und schließlich ein ,,Red-Continuum-Filter", um durch gezielten Abzug der Kontinuumstrahlung der Sterne in HAufnahmen deren Kontrast zu steigern. Als Objekt für diese Versuche bot sich der Orionnebel an. Er ist einerseits sehr hell und großflächig (und damit auch für kleiner Instrumente gut geeignet), andererseits ist an ihm ,,alles dran", was das Herz des Sternfreundes begehrt (Sterne, Staub, emittierendes Gas und weitere interessante Objekte) (Abb.1).
Infrarotaufnahme - ein Misserfolg Knapp neben dem Trapez befinden sich zwei interessante, nur im IR sichtbare Objekte: das Kleinman-Low-Objekt (KLObjekt) und das Becklin-NeugebauerObjekt (BN-Objekt). Das KL-Objekt ist ein ,,Cluster" von Protosternen, in dessen Zentrum sich ein gerade erst entstehender Stern befindet, der möglicherweise eine 30mal größere Masse als unsere Sonne aufweist. Das BN-Objekt ist ein sehr junger Stern vom Spektraltyp B. Die im Internet auf verschiedenen Websites bereitgestellten Aufnahmen ließen
den Wunsch aufkommen, einmal selber zu versuchen, diese beiden Objekte nachzuweisen. Dies konnte natürlich nur im IR gelingen. Die Empfindlichkeit der von mir benutzten CCD-Kameras reicht noch ein kleines Stück in den nahen IR-Bereich hinein. Um nur IR-Strahlung zu empfangen, wurde ein IR-Filter eingesetzt, das unterhalb von 780 nm nichts durchlässt. Sowohl das KL- als auch das BN- Objekt wurden nicht detektiert. Es handelt sich also um einen eindeutigen Misserfolg. Aber aus dem Fehlen entsprechender Amateurbeobachtungen in Internet, Magazinen und Mailing-Listen kann ja nicht zwingend auf die Unmöglichkeit solcher Vorhaben geschlossen werden. Vieles wird ja von den Sternfreunden gar nicht erst probiert.
M 42 als Reflektionsnebel (Red-Continuum-Filter) Dieses Filter hat seinen schmalen Durchlassbereich neben dem vergleichbar schmalen H-Filter in einem Bereich des Spektrums, der frei von Emissionslinien ist. Der übliche Einsatzzweck ist wie bereits oben vermerkt die Kontraststeigerung in H-Aufnahmen. Der geringe Anteil der Kontinuumstrahlung von
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Sternen, der das H-Filter passiert und schwache in H emittierende Strukturen überdeckt, wird durch das Abziehen des Red-Continuum-Bildes von der HAufnahme beseitigt.
In meiner Aufnahmenserie wurde die RedContinuum-Aufnahme allerdings nicht zur Korrektur erstellt, sondern ich wollte wissen, wie M 42 im am Staub reflektierten Licht seiner hellen Sterne aussieht. Die Abbildung 2 zeigt den Orionnebel ohne emittierendes Gas, eben als Reflektionsnebel.
Strukturen im Intensitätsverhältnis OIII zu H In der Fachliteratur ist gelegentlich die Aussage zu finden, dass das Verhältnis der Linienintensitäten von OIII zu H als Maß für den Anregungszustand eines Emissionsnebels verwendet wird. Da ich kein H-Filter zur Verfügung hatte, kam ich auf den Gedanken, dies einmal mit OIII- und H-Filter zu versuchen. Der Ausgang war ungewiss, aber ,,probieren geht über studieren".
Die gängigen CCD-Bildbearbeitungsprogramme bieten die Möglichkeit, eine Aufnahme durch eine andere zu teilen. Es würde sich also (von Bild kann ja nach dieser Operation nicht mehr gesprochen werden) eine flächenmäßige Darstellung der Himmelsebene ergeben, in der die Helligkeit der Darstellung nichts mehr mit hell und dunkel zu tun hätte, wohl aber mit dem Intensitätsverhältnis von zwei bzw. drei Emissionslinien, über der Fläche aufgetragen und als unterschiedliche Grauwerte kodiert. Damit wäre dann eine Karte des Anregungsgrades des Gasgehalts im Orionnebel entstanden.
Ich war gespannt wie schon lange nicht mehr und fieberte der abschließenden Bildbearbeitung entgegen. Was würde dabei herauskommen? Wäre das irgendwie relevant? Wären Strukturen in dieser Karte erkennbar? Und wenn ja, in welcher Beziehung würden diese Strukturen zu ,,normalen", im Schwarz-Weiß-Bild sichtbaren Strukturen stehen? Das war mal wieder so richtig ,,Abenteuer Astronomie"! Das Ergebnis ist in Abbildung 3 dargestellt. Die unterschiedlichen Grauwerte der Karte sind in der Abbildung mit Pseudofarben kodiert worden. Der Erregungsgrad nimmt mit zunehmender Entfernung zum Trapez langsam ab. Selbst hinter der ,,Barriere" (1), wo die Helligkeit in übli-
chen Aufnahmen erheblich niedriger als davor ist, hat sich der Anregungsgrad nicht wesentlich geändert. Alleine an diesem Detail ist bereits zu erkennen, dass es sich nicht um ein pseudofarben-bearbeitetes Bild sondern um eine Karte handelt, die etwas ganz anderes darstellt.
Der höchste Anregungsgrad findet sich in drei eng begrenzten Strukturen (1 bis 3), die nicht alle mit aus herkömmlichen Aufnahmen bekannten Strukturen korrelieren. An der ,,Barriere" (1) tut sich allerdings etwas, das astrophysikalisch hinterfragt werden müsste. Interessant ist ebenfalls, dass im Red-Continuum-Filter (Abb. 2) die Barriere gar nicht zu erkennen ist. Was hier passiert, hat also ausschließlich etwas mit dem ionisierten Gas zu tun.
Dieses Ergebnis ist dennoch nicht wissenschaftlich verwertbar. Es wurde keine Kalibrierung (zusätzlich zu bias, dark und flat) vorgenommen. Statt mit H und OIII (die wellenlängenmäßig benachbart sind) verwendete ich H und OIII (der Einfluss der wellenlängenabhängigen Extinktion wurde nicht herausgerechnet). Ebenso stellte sich heraus, dass mein OIII-Filter mehr als nur OIII durchlässt. Dies fiel allerdings erst auf, als dieses Filter tagsüber - also völlig atypisch - einmal angeschaut wurde. Es müssten bei Folgeuntersuchungen also qualitativ höherwertige Filter zum Einsatz kommen. Dann wäre es reizvoll, sich über die Astrophysik, welche die hier gezeigten Strukturen bewirkt, nachzudenken.
Fazit Auf der Habenseite bleibt folgendes festzuhalten: Es ist bei diesen Versuchen etwas Neues, Unerwartetes heraus gekommen. Es lohnt sich, ausgetretene Pfade zu verlassen und einfach mal etwas spielerisch auszuprobieren, die Teile der eigenen Ausrüstung zu kombinieren und gerade mit gefilterten CCD-Aufnahmen zu experimentieren. Dieses Astro-Abenteuer zu erleben, hat einfach Spaß gemacht. Ich möchte jeden Sternfreund animieren, es mir gleich zu tun. M 42 ist DAS ideale Objekt, selbst für Öffnungen von 7 Zoll oder weniger. Und es gibt noch viele andere ausgedehnte Emissionsnebel, die wir in ähnlicher Weise untersuchen könnten. Die Aufnahmen stammen alle vom Autor und entstanden im Urlaub an einer privaten Sternwarte mit einem 16-Zoll-SCT und einer ST-9E. Die Integrationszeiten betrugen 60 s bis 240 s. Für die Diskussion
Abb. 2: M 42 als Reflektionsnebel im emissionslinienfreien roten Licht seiner Sterne, das am Staub des Nebels reflektiert wird. Die Aufnahme erfolgte mit einem Red-Continuum-Filter.
Abb. 3: Intensitätsverhältnis OIII zu H in M 42 (Das OIII-Bild wurde durch das H-Bild geteilt, das Ergebnis mit Pseudofarben dargestellt).
in der Deepsky-Mailing-Liste bedanke ich mich. Literaturhinweise [1] Diederich, H.G., 2001: NGC 7662 - The
Blue Snowball - Unterschiedliche Ringgeometrie bei Aufnahmen mit OIIIund Zentralsternfilter, Magellan 2/2001
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Der Vorstand stellt sich vor
Liebe Mitglieder, die von der Mitgliederversammlung im 2-Jahres-Rhythmus gewählten Vorstandsmitglieder unserer Vereinigung tauchen zwar hier und da auf den großen oder auch lokalen astronomischen Veranstaltungen in Deutschland und Umgebung auf, aber viele von Ihnen werden die Personen und ihre ,,Köpfe" nicht kennen, die sich hinter den Namen verbergen. Es ist zwar wünschenswert, dass die einzelnen Vorstandsmitglieder anlässlich von Veranstaltungen zu Ihnen als VdS-Mitglied kommen, die tägliche Arbeit im Beruf und die Vorstandsarbeit in der Freizeit lassen es vielfach jedoch nicht zu, noch mehr Zeit für Reisen aufzubringen. Wir bitten dafür um Verständnis und werden versuchen zukünftig die Präsenz vor Ort weiter zu verbessern. Deshalb dieser Beitrag, damit sie uns etwas besser kennen lernen können. Herzliche, sternfreundliche Grüße Ihr Vorstandsteam
Vorsitzender: Otto Guthier, Heppenheim Jahrgang 1953 (Gründungsjahr unserer VdS). Als 16-jähriger fand ich Interesse an der Astronomie. Im Jahr 1969 führte mein Weg über den astronomischen Arbeitskreis Heppenheim zu den Sternen; zwei Jahre später gehörte ich zu den Gründungs-
der Weinbranche tätig, verheiratet und Vater von drei Kindern.
Schatzmeister: Thomas Kessler, Lüneburg Schatzmeister seit der letzten Mitgliederversammlung. Schon seit mehreren Jahren
Berlin inne. Nach dem Einstieg in die Datenverarbeitung leitete er bis 1997 das Referat für Datenmanagement der Kindernothilfe e.V. Seitdem ist er selbständig tätig als Dozent für Datenverarbeitung, Kommunikation/Rhetorik und Astronomie, und als Autor mehrerer astronomischer Bücher. Sein Spezialgebiet in der Amateur-Astronomie ist die Astrofotografie mit kurzen Brennweiten. W.E. Celnik trat 1984 als Leiter der Fachgruppe Astrofotografie in die VdS ein, wurde 1987 in Bochum als Vorsitzender in den Vorstand gewählt und gab die Position 1992 an Otto Guthier ab. Nach einer zweijährigen Unterbrechung hat er seit 1995 das Amt des Schriftführers inne.
Oliver Jahreis, Bingen Naturwissenschaftliche Experimente beschäftigten mich schon in frühester Kindheit. Irgendwann entdeckte ich, dass die Astronomie alle Disziplinen der
Otto Guthier, Vorsitzender
Thomas Kessler, Schatzmeister
Werner E. Celnik, Schriftführer
mitgliedern der Starkenburg-Sternwarte. Der Eintritt in die VdS erfolgte 1970, doch aus Entäuschung über die damalige Entwicklung verließ ich 1977 die Vereinigung. In Kontakt kam ich erst wieder, als mich im Jahre 1985 Dr. Rainer Beck - damals VdS-Vorstandsmitglied - ansprach und fragte, ob ich nicht die geplante HalleyExkursion der VdS mit organisieren wollte. Der Rest der Geschichte ist rasch erzählt: Der Wiedereintritt erfolgte 1987 auf der VdS-Tagung in Bochum. Zwei Jahre später wurde ich auf der Mitgliederversammlung in Berlin mit der Aufgabe ,,Feriensternwarte der VdS" in den Vorstand gewählt. Im Jahre 1992 übernahm ich das Amt des Vorsitzenden von Dr. Werner Celnik. Astronomie gehört zu meinem Leben, sie bedeutet mir sehr viel. Eigentlich interessieren mich alle Bereiche dieses schönen Hobbys, nur die Kometen haben mir es seit dem prachtvollen Anblick von Komet Bennett (1969i) im Jahr 1970 angetan. Von Beruf bin ich als Geschäftsführer in
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bringt er seine beruflichen Erfahrungen als Steuerberater in die ehrenamtliche Vorstandsarbeit ein; zunächst in beratender Funktion, später als kooptiertes Vorstandsmitglied. In der Reihenfolge der derzeitigen Mitglieder ist er die Nummer 244 und damit im Vorstand das Mitglied mit der längsten ununterbrochenen Vereinszugehörigkeit. Amateurastronomisch ist er mehr allgemein interessiert.
Schriftführer: Dr. Werner E. Celnik, Rheinberg Mit dem Geburtsjahr 1953 (ebenfalls so alt wie die VdS) zählt der derzeitige Schriftführer der VdS heute zu den älteren Vorstandsmitgliedern. Er begann mit der Amateur-Astronomie 1966, studierte in Bochum Physik und Astronomie und promovierte 1983 mit einer Arbeit über den Rosettennebel. Nach weiteren vier Jahren als Wissenschaftlicher Assistent hatte er bis 1991 die wissenschaftliche Leitung der Wilhelm-Foerster-Sternwarte e.V. in
Oliver Jahreis
Silvia Otto
Wissenschaft vereint und begann mich dafür zu interessieren. Vor fünf Jahren wurde ich eigentlich nur Mitglied bei der VdS um SuW billiger zu beziehen, wie viele andere leider auch. Dann bekam ich plötzlich einen Brief von Uwe Reimann über das Jugendlager zur Sonnenfinsternis Violau99. WOW, da will ich mitmachen! Verdammt, ich bin zu alt! Das war meine wechselwarme Gefühlsregung. Zum Glück wurden auch Arbeitsgruppenleiter gesucht. Kein Problem, habe ich schon für andere Vereine gemacht und mein ganzes freiwilliges ökologisches Jahr damit verbracht Umweltprojekte mit Schulklassen zu machen. In Violau begann ich zum erstenmal zu verstehen was die VdS eigentlich ist und dass man da ja doch einiges auf die Beine stellen kann. Nach der Sofi wollten viele Teilnehmer wieder ein Jugendlager haben. Für Iris Fleischer, Susanne Hoffmann und mich war der Entschluß schnell gemacht, wir organisieren ein neues Jugendlager! Danach haben
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wir zwei weitere sehr erfolgreiche Jugendlager vollbracht. Als Jugendreferent werde ich neue Projekte für die VdSJugend auf den Weg bringen. Im VdS-Vorstand sehe ich eine meiner Aufgaben darin, die Kommunikation mit unseren jungen Mitgliedern zu verbessern und viel mehr neue Mitglieder in der unteren Altersklasse zu werben. Ich bin gelernter Großhändler. Meine Kreativität und mein Wissen über Marketing werden sicher hilfreich sein. Zuletzt muss ich einfach sagen: Die VdS verändert sich gerade grundlegend und dabei möchte ich mitmachen!
Silvia Otto, Waldsee Ich bin 36 Jahre alt. Als Dipl.-Betriebswirt BA arbeite ich in der Softwareentwicklung. Seit über 10 Jahren bin ich Mitglied bei der VdS und seit 4 Jahren im Vorstand. Wie kommt man als Frau zur Astronomie? Der Sternenhimmel hatte
Wolfgang Steinicke
Peter Völker
mich schon immer fasziniert. Zum Abschluss des 10. Schuljahres erhielt ich eine Sternkarte und den DTV Atlas Astronomie. Das hat mich motiviert die Sternkarte auszuprobieren und die Sternbilder zu finden. In den Projektwochen zum Abschluss des Schuljahres wurde ein
Astronomiekurs angeboten. Einen Tag fuhren wir nach Stuttgart ins Planetarium, wo ich auf Sterne und Weltraum und darüber auf die VdS stieß. Dann wuchs der Wunsch nach einem Teleskop. Schließlich konnte ich mir dann in der 13. Klasse ein selbst verdientes 4"-Newton-Teleskop leisten. Über das IAYC kam ich zum ersten Mal in Kontakt mit anderen Astronomen (in meiner Nähe gab es keine Sternwarte). Nach dem Studium tauschte ich den 4"Newton gegen ein 8"-SC, mit dem ich heute noch von meiner Dachterrasse aus beobachte. Die erste große Astronomiereise ging mit der VdS 1991 zur Sonnenfinsternis nach Mexiko. Bei der nächsten Sonnenfinsternis in Chile entstand eine kleine Gruppe, mit der ich dann 1996 einen Traum ,,Astronomie in Nambia" wahr machen konnten. Über zahlreiche Veranstaltungen, Tagungen und weitere Reisen konnte ich viele Kontakte knüpfen. Die nächste Reise geht zur Sonnenfinsternis nach Australien.
Wolfgang Steinicke, Umkirch Mein Interesse für die Astronomie reicht ins Jahr 1962 zurück. Bereits früh habe ich mich für die (visuelle) Beobachtung mit verschiedensten Instrumenten interessiert, aber auch für die physikalische Natur der Objekte, was mich schließlich zum Studium der Physik geführt hat. Seit 1976 gehöre ich der VdS an und bin ebenfalls seit dieser Zeit aktiv bei den Sternfreunden Breisgau e.V. tätig. Meine Interessen liegen hauptsächlich im Bereich ,,Deep-Sky" (visuelle Beobachtung, Daten, Projekte, Geschichte der Objekte) und ich leite die VdS-Fachgruppe ,,Visuelle Deep-Sky Beobachtung". International bin ich am NGC/IC-Projekt beteiligt und auch Mitglied der englischen Webb-Society.
Ein weiteres Betätigungsfeld ist die Öffentlichkeitsarbeit (Kurse, Tagungen, Vorträge, Publikationen). Ich bin Redakteur des VdS-Journals und arbeite auch an der Zeitschrift Interstellarum mit. Meine Aufgabenbereiche innerhalb des VdS-Vorstands umfassen den Pressedienst, Publikationen und die Kontakte zu Volkssternwarten/Planetarien.
Peter Völker, Berlin Studium zum Beruf des Trickfilmzeichners. Derzeit tätig als Produzent von Kino-Werbe- und Trickfilmen, Filmgrafik in der Post Produktion, Storyboards und Soundtracks. Eigenes Studio, computergesteuerter Tricktisch 16 und 35mm, zwei Schneidetische, Tonstudio stereo, analog und digital, Endfertigung in DOLBY SR. Seit 40 Jahren Amateurastronom. 1967/68 bereits in der Redaktion der VdS-Nachrichten im Team von Edgar Mädlow. Von 1971 - 2002 Kontaktadresse der VdSFachgruppe Sonne, seit 1977 25 Jahre lang im Rahmen des Mitteilungsblattes der Amateursonnenbeobachter ,,SONNE". Mitherausgeber: 1982 und 1989 ,,Handbuch für Sonnenbeobachter", 1995 ,,Solar Astronomy Handbook" in den U.S.A. und 1999 ,,Die Sonne beobachten" im SuWVerlag. Co-Autor: 1989 ,,Handbuch für Sternfreunde", 1994 ,,Compendium of Practical Astronomy" in den U.S.A., seit 1995 in ,,Ahnerts Kalender". 30 Jahre lang Bestimmung der Sonnenfleckenrelativzahl, aber auch der Fackelund Protuberanzenaktivität. Für die letztgenannten Gebiete Entwicklung von Zählverfahren zu deren statistischer Erfassung (Stichwort: Protuberanzenrelativzahl). Planetenbeobachtung mit Zeichnungen von Mars, Jupiter und Saturn sowie binokulare Deep-Sky-Beobachtung.
Komet im Vorgarten!
Über so etwas Spektakuläres kann ich heute an dieser Stelle zwar nicht berichten, aber wenn Sie auch in Zukunft von allen Mitgliedsleistungen, u. a. von unserem Schnell-Zirkular, dem VdS-Journal und dem ermäßigten Abonnement der Zeitschrift Sterne und Weltraum und/oder Star Observer profitieren möchten, habe ich hier einige wichtige Tipps für Sie:
· Sie sind umgezogen? Dann geben Sie uns Ihre neue Anschrift schnellstens
bekannt. Dazu können Sie den folgenden Coupon ausschneiden und per Post an uns senden oder Sie faxen uns. Wenn Sie Zeitschriften im Abonnement über die VdS beziehen, geben Sie die Anschriftenänderung bitte ausschließlich an uns! Wir informieren dann automatisch die Verlage.
· Sie haben uns eine Einzugsermächtigung erteilt und Ihre Bankverbindung hat sich geändert? Informieren Sie die
Geschäftsstelle bitte auch mit folgendem Coupon schriftlich. Ansonsten erbitten wir Zahlungen auf unser Konto 11745 bei der Sparkasse Starkenburg, Heppenheim, BLZ 509 514 69. Zur Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwandes bitte immer mit Angabe Ihrer Mitglieds-Nr.
· Sie möchten Sterne und Weltraum und/oder Star Observer über die VdS zu ermäßigten Abo-Preisen beziehen? Wenn Sie die Zeitschrift/en noch gar nicht im Abonnement beziehen, genügt es, wenn Sie uns schriftlich mitteilen, ab wann das Abo über uns beginnen soll. Wir veranlas-
VdS-Journal Nr. 9
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sen dann alles Weitere. Wenn Sie schon Direkt-Abonnent sind, prüfen Sie bitte, zu welchem Termin Ihr Abonnement-Vertrag auslaufen kann und kündigen Sie diesen selbst beim Verlag. Dann teilen Sie uns den Start-Termin für Ihr Abo über die VdS mit. Wenn Sie zur Abwicklung weitere Fragen haben, rufen Sie uns an oder mailen Sie uns. Wir helfen Ihnen gerne weiter.
· Sie möchten SuW und/oder Star Observer ab 1.1. des nächsten Jahres abonnieren bzw. zum 31.12. diesen Jahres kündigen? Teilen Sie uns dies bitte schriftlich bis zum 15.11. mit!
· Sie sind Student(in), Schüler(in) oder Auszubildende(r) und möchten auch in Zukunft die Mitgliedschaft zum ermäßigten Beitrag fortsetzen und die reduzierten Abo-Preise erhalten? Dann beachten Sie bitte folgendes: Wir können den reduzierten Beitrag nur dann gewähren, wenn uns von Ihnen eine Immatrikulations-, Schul- oder Ausbildungsbescheinigung vorliegt. Diese Bescheinigung benötigen wir auch für den Nachweis gegenüber den Verlagen beim reduzierten Bezug von Sterne und Weltraum und/oder Star Observer. Für die korrekte Rechnungserstellung muss uns Ihre Bescheinigung unaufgefordert bis spätestens 15.10. eines jeden Jahres für das Folgejahr vorliegen. Eine nachträgliche Rechnungsänderung im Frühjahr erfordert einen enormen Zeit- und Kostenaufwand, sowohl bei uns als auch beim Verlag und ist nicht mehr möglich! Sollten wir Ihre
Bescheinigung zum genannten Termin nicht haben, so verlieren Sie im Folgejahr Ihren Anspruch auf den ermäßigten Beitrag! Neumitglieder reichen uns die Bescheinigung bitte zum Beginn der Mitgliedschaft ein.
· Wir finden es schade, falls Sie unsere Vereinigung verlassen möchten! Aber wenn Sie fest entschlossen sind, beachten Sie bitte, dass der Austritt zum Jahresende nur mit einer dreimonatigen Frist möglich ist, d. h. Ihre Kündigung muss laut Satzung spätestens am 30.9. bei uns vorliegen. Nur zur Erinnerung: Eine Mitgliedschaft ist auch ohne Bezug einer Zeitschrift möglich!
Und so erreichen Sie uns: VdS-Geschäftsstelle Vorsitzender Am Tonwerk 6 64646 Heppenheim
E-Mail Vorsitzender: vds-astro@t-online.de Tel.-Nr. 0 62 52/78 71 54 E-Mail Geschäftsstelle: service@vds-astro.de Fax-Nr. 0 62 52 / 78 72 20
Wenn es für Sie gut läuft, dann sind auch wir zufrieden.
Für Ihre Unterstützung herzlichen Dank!
VdS-Geschäftsstelle Charlotte Wehking
Wolfgang Steinicke in den Vorstand (,,committee") der Webb Society gewählt
Auf dem ,,Annual General Meeting 2002" der Webb Society in Oxford wurde unser Vorstandsmitglied und Deep-Sky-Fachgruppenleiter Wolfgang Steinicke in das Committee der Britischen Webb-Society gewählt. Eine große Ehre!
Die Webb-Society ist eine weltweite DeepSky Organisation aus Amateuren und Profis. Sie hat ihren Sitz in Cambridge, UK, und derzeit 350 Mitglieder. Sie wurde 1967 von Kenneth Glyn Jones (Autor des Standardwerks ,,Messier`s Nebulae & Star Cluster") zu Ehren von Reverend Thomas W. Webb gegründet. T.W. Webb (18071885) war z. B. Autor des ersten richtigen Deep-Sky Buches: ,,Celestial Objects for Common Telescopes".
Präsident der Gesellschaft ist Bob Argyle (Institute of Astronomy, Cambridge University). Es gibt insgesamt vier ,,Sections" mit ,,Director": Double Stars (Bob Argyle), Galaxies (Steve Gottlieb), Southern Sky (Jenny Kay), Nebulae & Clusters (Wolfgang Steinicke; Nachfolger von Steve Hynes, Autor des Standardwerks ,,Planetary Nebulae")
Die Webb-Society gibt wie die VdS ein
Antwort Vereinigung der Sternfreunde e. V. Am Tonwerk 6 64646 Heppenheim
Gibt es Neuigkeiten? Sagen Sie es uns!
Hat sich Ihre Anschrift geändert, oder haben Sie die Bank gewechselt? Bitte informieren Sie uns über Änderungen. Vielen Dank! Schicken Sie einfach den ausgefüllten Coupon per Post oder per Fax an: 6252/787220.
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BLZ
Ich ermächtige die Vereinigung der Sternfreunde hiermit widerruflich, zu entrichtende Zahlungen für Mitgliedsbeiträge und evtl. Abo-Beträge SuW bei Fälligkeit von o.g. Konto im Lastschriftverfahren abzubuchen. Der Kontoinhaber ist mit dem o. g. Mitglied identisch.
Datum, Unterschrift
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astronomisches Magazin heraus, den Deep-Sky Observer. Es erscheint zurzeit 4 Mal pro Jahr. An anderen Publikationen sind erschienen: ,,Deep Sky Obervers Handbook" (9-bändiges Standardwerk), ,,Visual Atlas of Double Stars" (Argyle), ,,Visual Atlas of the Large Magellanic Cloud" (Kay), ,,Extragalactic Objects Discovered as Variable Stars" (Steinicke).
Die Homepage der Webb-Society: http://www.webbsociety.freeserve.co.uk
Red.
Abb. 1: AGM 2002: V.l.n.r. Bob Argyle, Wolfgang Steinicke, Owen Brazell. Owen war Gast auf der DST 2002 (s. Bericht in dieser Ausgabe).
Aufregung um mysteriöses Himmelsspektakel
- die Feuerkugel vom 6. April über den bayrischen Alpen.
von Otto Guthier
Es ist Sonntag früh, kurz nach 2:00 Uhr. Die Nacht ist klar. Müde erhebe ich mich aus meinem Bett. Der 3 mag helle Komet Ikeya-Zhang lässt grüßen!
Die Gerätschaften verstaut, mache ich mich auf den Weg zum Beobachtungsplatz im Odenwald. Ich sitze im Auto in Begleitung meiner 10"-Schmidt-Kamera. Die 3-Uhr-Nachrichten beginnen mit einer Meldung, dessen Inhalt mich aufhorchen lässt: ,,Mysteriöse Leuchterscheinung am Samstagabend über Südbayern. Die grellen Nachtlichter sind für Experten völlig unerklärlich; der Absturz eines NASASatelliten ist als Ursache nicht auszuschließen." Die Meldung wurde alle Stunde im Nachtprogramm des Hörfunks wiederholt.
Nach einer erfolgreichen Beobachtungsnacht und kurzem Schlaf interessierte ich mich für die Meldungen im Internet. Der Titel ,,Ufos über Bayern - Experten ratlos" (dpa-Meldung vom 7.4.02) schockte mich und beschleunigte meinen Puls. ,,So ein
Abb. 1: Aufnahme der Feuerkugel vom 6. April 2002. Station 45 Streitheim,
Martin Mayer.
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Experten uneins über Ursache Geheimnisvolle Lichter über Bayern
Am bayerischen Himmel sind am späten Samstagabend mysteriöse Lichterscheinungen beobachtet worden. Wie die Polizei mitteilte, meldeten sich besorgte Bürger bei den Polizeidienststellen in Augsburg, Rosenheim, Passau und Weilheim. Nach Angaben einer Sprecherin des Münchner Flughafens, wurde auch im Bereich der Südbahn eine Lichterscheinung beobachtet. ,,Es gab mehrere Blitze und sogar die Fenster haben geklirrt", beschrieb ein Polizeisprecher das ungewöhnliche Ereignis.
Experten: Komet oder ,,Feuerball-Bolide"?
Experten waren uneins über die Deutung des mysteriösen Phänomens. So vermutete der Deutsche Wetterdienst in Offenbach, es habe sich um einen Kometen gehandelt. Er schloss auch einen Zusammenhang mit dem Kometen ,,Ikeya-Zhang" nicht aus. Er sei zur Zeit regelmäßig in der Morgendämmerung zu sehen. Ein Mannheimer Ufo-Experte ging von einem ,,Feuerball-Boliden" aus. Dabei handele es sich um eine Art ,,megagroßen Bruder der Sternschnuppe", der in flacher Bahn in die Erdoberfläche eingetreten und dann in mehrere Einzelteile zerbrochen sei, sagte Werner Walter. Solche Erscheinungen seien keinesfalls selten, betonte der Experte.
dpa
Abb. 2: So stand`s im Internet: dpa-Meldung vom 7.4.2002, geladen um 12:40 Uhr.
Danach stand bis in die frühen Abendstunden das VdS-Telefon nicht mehr still. Viele namhafte Fernseh- und Radiostationen wollten nähere Informationen haben. ARD, ZDF und RTL konnten wir die Aufnahme von Martin Mayer per EMail übermitteln, die dann auch in den Abendstunden über`s Fernsehen flimmerte. Gegen 21:00 Uhr informierte mich Timm Rotter über einen angeblichen Meteoritenfund im Erdinger Moos, der wie sich herausstellte, ein Flop war!
Am darauffolgenden Tag, das war Montag der 8. April, hatten die Zeitungen den spektakulären Fall zum Thema. Einen kleinen Querschnitt wollen wir unseren Lesern und Mitgliedern an dieser Stelle nicht vorenthalten. Aufatmen. Nach UFO-Hysterie, Satel-
Quatsch", dachte ich mir und las dann folgenden Text (Abb.2). Umgehend rief ich Dieter Heinlein, Koordinator des DLR-Feuerkugelnetzes [1] und VdS-Mitglied, in Augsburg an. Er konnte die Leuchterscheinung bestätigen und hatte gerade die ersten zwei Aufnahmen der Meteorkamera-Station 45 Streitheim von Martin Mayer, vielen Sternfreunden auch als ,,Violau-Mayer" bekannt, und Station 85 Tuifstädt geborgen. Nach Entwicklung und Prüfung der Filme wollten wir eine Pressemitteilung herausgeben, Licht in die unsinnige Darstellung in der Öffentlichkeit bringen. Kurze Zeit später klingelte das Telefon, am anderen Ende VdS-Mitglied Walter Frank aus München, der am Südufer des Starnberger Sees in seiner Privatsternwarte CCD-Aufnahmen eines Veränderlichen in der besagten Zeit aufgenommen hatte und Zeuge der spektakulären Lichterscheinung wurde. Auch einen Knall, rund 3 Minuten nach dem Aufleuchten, hatte er vernommen. Alles deutete auf einen gewaltigen Boliden hin, der in den späten Abendstunden in die Atmosphäre eintauchte. Vielleicht war sogar mit einem Meteoritenfall zu rechnen. Weitere Meldungen gingen per E-Mail an die VdS-Geschäftsstelle, von denen wir hier einige abdrucken. Zwischenzeitlich hatte ich einige Sternfreunde in Süddeutschland angerufen, die alle um die gleiche Zeit (22:11) das Spektakel beobachtet hatten. In der Mittagszeit rief Timm Rotter vom dpa-Büro München an. Sein Interesse galt der seltsamen Leuchterscheinung des Vortages. Ich versprach zurück zu rufen,
VdS-Pressemitteilung III / 2002 vom 7. April 2002
,,Leuchterscheinung über Süddeutschland"
Über eine mysteriöse Leuchterscheinung am späten Samstagabend wurde heute im Rundfunk und im Internet berichtet. Als Ursache für diese Lichterscheinung wurde der Wiedereintritt und das Verglühen von Teilen eines Satelliten oder eine Feuerkugel genannt. Nach einem Bericht unseres Leiters des Feuerkugelnetzes /1, Herrn Dieter Heinlein (Augsburg) ist der Absturz von Weltraummüll und das Verglühen eines Satelliten auszuschließen. Auf zwei Aufnahmen des von der DLR /2 betriebenen Feuerkugelnetzes ist die Flugbahn eines sehr hellen Meteors, auch Feuerkugel genannt, zu erkennen. Es handelt sich dabei nach Informationen von Herrn Heinlein um einen kilogrammschweren Meteor, der über dem Ammersee in die Atmosphäre eintauchte und für diese Leuchterscheinung sorgte. Die Flugbahn verlief in süd-südwestliche Richtung. Unsicher ist derzeit noch, ob ein Materieteil dieses Meteors auf die Erde niedergegangen ist.
1/ Feuerkugelnetz des DLR: Meteoritenortungskameras, die den Nachthimmel fotografieren und solche Feuerkugeln erfassen. Herr Dieter Heinlein ist der Leiter der VdS-Fachgruppe Meteore, der diese Kameras betreut und für die Auswertung zuständig ist. 2/ DLR: Zentrum für Luft und Raumfahrt unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Gerhard Neukum, Institut für Weltraumsensorik und Planetenerkundung. 3/ VdS: Vereinigung der Sternfreunde e.V.: mit 4.000 Mitgliedern Deutschlands größte Vereinigung von Hobbyastronomen. Kontaktadresse: Vereinigung der Sternfreunde e.V. Am Tonwerk 6 D-64646 Heppenheim E-Mail: vds-astro@t-online.de
sobald von Dieter Heinlein ein zuverlässiger Bericht vorlag. Die Bestätigung des Niedergangs eines größeren Meteors ließ nicht lange auf sich warten. Es war einer der hellsten Boliden, der von den Stationen des DLR-Feuerkugelnetzes bisher festgehalten wurde. Schnell verfasste ich eine Pressemitteilung, die ich mit Dieter Heinlein und Professor Walter Flury von der ESOC in Darmstadt absprach und an dpa weiterleitete. Auch an die anderen Adressen unseres von Jost Jahn aufgebauten und inzwischen von Wolfgang Steinicke betreuten Pressedienstes ging die kurze Mitteilung raus.
liten-Crash und einer möglichen Kometenkollision sowie abergläubischen Meldungen waren Dieter und ich froh dieses Spektakel als ein durchaus normales, aber seltenes Ereignis erklären zu können. Dies war nur durch die Mitarbeit von Martin Mayer und den Betreuern des DLRFeuerkugelnetzes erst möglich geworden! Ich danke allen Sternfreunden, die durch ihre Berichte und Aufnahmen zu einer schnellen Aufklärung beigetragen haben.
Literaturhinweise
[1] Heinlein, D., 2001: Das Feuerkugelnetz der DLR, VdS-Journal II/2001 (Winter), 50
VdS-Journal Nr. 9
Unsere Mitglieder berichteten:
Feuerkugel am Samstagabend
Hier die Daten unserer Beobachtung:
Eine helle Kugel und einige abbrechende Fragmente, keine
und kein Nachleuchten.
Zeitpunkt:
22h20m00s +- 15s MESZ
Dauer:
4 +- 1s
Helligkeit:
-15 mag
Anfang:
RA 13 D 7
Ende:
RA 11 D -8
Farbe:
orange
Beobachtungsort: Buchloe, 10 43 58 Ost, 48 1 2 N
Geräusche
Werner Hasubick, Buchloe
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Hallo VdS-Team, ich wohne in einem kleinen Dorf in der Nähe von Schwäbisch Hall (Baden-Württemberg). Gegenüber von unserem Haus war am letzten Samstag Abend ebenfalls eine ,,Leuchterscheinung" zu sehen. Das ganze sah einfach aus wie eine Rakete, die wohl zu spät ,,explodiert" ist, und gerade funkensprühend nach unten stürzt. Wir dachten dabei nicht an etwas aus dem Weltraum, da die Idee mit der Feuerwerksrakete zu logisch erschien. Erst durch einen Zeitungsartikel wurden wir darauf aufmerksam. Vielleicht hilft das ja irgendwie weiter.
Gruß, Jörg Zimmermann
Abb. 3: Zeichnung des Feuerkugelereignisses von Frank Walter.
Eine ,,mysteriöse" Lichterscheinung
über Garmisch-Partenkirchen haben wir auch gesehen. Auf dem Heimweg durch die Ludwigstrasse in Richtung Maxstadtstrasse hörten wir in Höhe der
Telefonzelle ein von links kommendes zischendes Geräusch und sahen einen relativ großen Feuerball (weiß, gelb, grün) mit nach sich ziehendem Schweif
über unsere Köpfe hinweg ziehen, der die Straße in unserem Umfeld erhellte. Genau gesagt, es war eine flackernde, nur wenige Sekunden dauernde
Vollmondlichthelle. Ich sagte noch, eine Riesenrakete verabschiedet uns von GAP, da wir Sonntag unseren Urlaub beendeten. Die Feuerkugel fiel Richtung
Erdoberfläche, einzelne Partikel aus dem Schweif verlierend. Sekunden später hörten wir einen dumpfen, aber deutlich vernehmbaren Knall, der uns an
einen Düsenjäger erinnerte, der in der Ferne die Schallmauer durchbricht. Da ich zu DDR-Zeiten in Klasse 12 Astronomie unterrichtete, war der Gedanke
existent, es handle sich um einen Meteoriten, der in der Atmosphäre nicht verglühte und auf die Erdoberfläche niedergefallen ist. Für uns bleibt es ,,der
Stern von Garmisch-Partenkirchen" (Zeit des Geschehens: etwa 22:25 Uhr)
Mit freundlichen Grüßen
Heide und Siegfried Heinke
Beobachtungszeit und Ablauf der Erscheinung: Der Himmel ist wolkenlos, die Atmosphäre klar, gutes Seeing. Ca. 21:20 MEZ bemerke ich eine sehr starke Beleuchtung meiner Arbeitsumgebung in der Sternwarte. Die Gegenstände erscheinen in kalten, weißen Licht, ähnlich dem bei einem starken Blitz. Am südlichen Himmel sehe ich ein extrem helles und großes Objekt. Es wirkt kreisförmig flächig. Seinen Durchmesser schätze ich nachträglich in meiner Erinnerung auf ca. 1/20 Monddurchmesser (dabei bin ich mir jedoch sehr unsicher). Sein Licht ist stark gelb bis orange. Das Objekt flackert, zeigt kurz aufeinander folgende Helligkeitsausbrüche, die Beleuchtung der Landschaft flackert im gleichen Maß. Um den gelblichen Zentralbereich des Objektes bemerke ich einen weißlichen komaartigen Ring und davon ausgehend einen Schweif, dessen Länge ich auf ca. 15 - 20 Grad schätze. Der Schweif ist nicht nebelartig diffus, sondern gliedert sich deutlich in einzelne getrennte Leuchtspuren. Diese Leuchtspuren erscheinen gegenüber dem Kernbereich ebenfalls mehr weiß als gelb / orange. In ihnen leuchten mehrfach kleine Punkte hell auf, der Schweif erscheint dadurch auch flackernd. Das Objekt bewegt sich ungefähr von Alpha Leo kommend in südwestlicher Richtung, südlich von Alpha CMi fällt es steiler in Richtung Erde und verschwindet sehr schnell. Der Schweif folgt immer der Bewegungsrichtung (siehe Skizze). Ich schätze die Zeitdauer vom ersten bemerkten Helligkeitsausbruch bis zum Verschwinden der Erscheinung auf 3-5 Sekunden (auf keinen Fall länger). Ein ,,Stehenbleiben" oder ,,Nachglühen" der Erscheinung kann ich nicht feststellen. Ca. 21:23 Uhr MEZ ist für ca. 2 Sekunden ein leises aber deutliches donnerartiges Geräusch zu hören (dunkel, rollend). Beobachtungsort: Privatsternwarte St. Heinrich / Starnberger See, 47 Grad 49´ nördl. Breite, 11 Grad 20´ östl. Länge
Frank Walter, München
Abb. 4: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 8.4.2002.
VdS-Journal Nr. 9
Abb. 5: Bild, 8.4.2002
Abb. 6: Nordbayerischer Kurier, 8.4.2002
Abb. 7: Rheinische Post, 8.4.2002
VdS-Journal Nr. 9
Abb. 8: Nordbayerischer Kurier Bayreuth, 8.4.2002
Abb. 9: Frankfurter Rundschau, 8.4.2002
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Per aspera ad astra - mein Weg zu den Sternen
von Günter Loibl
- Teil 1 -
Der VdS-Vorstand bat mich, ich möge aus meinem langen astronomischen Leben einmal etwas erzählen. Diesem Wunsch möchte ich gerne nachkommen, zumal ich mit dem Erreichen des 65. Lebensjahres doch eine gewisse Zäsur in meinem Leben verspüre.
Der Anfang Der Beginn meines Weges zu den Sternen lag in einer dunklen Zeit. Es war im Jahr 1944. Alliierte Bomber drohten, auch meine Heimatstadt Zwickau in Sachsen heimzusuchen. Wegen der Flugabwehr vermieden die Flieger die hellen Tagstunden. In der Nacht musste am Boden jeder verräterische Lichtschein durch die Verdunklung der Fenster vermieden werden. Sollte sich doch hin und wieder ein Schimmer ins Freie verirrt haben, war die Trillerpfeife des patrouillierenden ,,Blockwartes" mahnendes Signal. In solch klaren Nächten fernab jedweder Lichtverschmutzung erhob ich an meines Vaters Hand zum ersten Mal bewusst meine Augen zum sternenübersäten Firmament. Welch eine Pracht! Und das mitten aus der Großstadt heraus. Weitere Bilder tauchen auf. Als ,,Einstiegsdroge" kamen meine Bücher hinzu. Besonders angetan hatte es mir der väterliche und heute schon ziemliche zerlederte ,,Volksbrockhaus", ein Lexikon aus damaliger Zeit für den unbetuchten ,,Volksgenossen". Meine Blicke blieben vor allem bei der Bildseite über die Himmelskunde (Abb. 1) hängen. Neben den Himmelskörpern begeisterten mich die abgebildeten großen Teleskope. Aber besonders faszinierte mich das kleine Bildchen (siehe Pfeil) mit der Mondoberfläche. Unglaublich, das man diese Krater und Berge erkennen sollte. Wenn ich doch jemals durch ein Fernrohr blicken dürfte und diese eigenartige fremde Welt bewundern könnte, waren oft meine Gedanken und Gefühle dieser Zeit.
Das Brillenglasfernrohr Und tatsächlich kam ein Zufall diesem Wunsch zu Hilfe. Im Jahr 1946 las ich einen Aufsatz in der damaligen Schülerzeitung ,,Wie baue ich ein astronomisches Fernrohr?". Nun ging es richtig los! In der überschwänglichen Erwartung, all die schönen Bilder aus den inzwischen
Abb. 1: Bildtafel aus dem ,,Volksbrockhaus" von 1935.
VdS-Journal Nr. 9
150 V D S > V O R O R T
Abb. 2: ,,Holztellermontierung" mit 100-mm-Spiegel und 52 / 540-mm-Refraktor.
Abb. 3: Rudolf Brandt an seinem Fernrohr.
Fadenzähllupen begann die Geschichte des Selbstbaus von Fernrohren. Um es kurz zu machen: Die Episode mit diesen ,,Brillenglasfernrohren" war ziemlich enttäuschend.
Das erste ,,richtige" Teleskop
Inzwischen kam ich auf die
Oberschule. Durch Physik-
unterricht und Fachliteratur
fand ich die Lösung des
Scheiterns der ersten Rohre mit
nicht farbenreinen Linsen. Wie
nun weiter? Auch hier kam mir
ein Glücksumstand zu Hilfe. In
unserem Bereich befand sich
der Renommierbetrieb VEB
Carl Zeiss Jena. In meiner
Unbedarftheit schrieb ich dort-
hin. Tatsächlich kam ein
Schreiben mit den Unterlagen
Abb. 4:
zum Selbstbau eines kleinen
160 / 1.600-mm-Newton-Teleskop, im Hintergrund Fernrohrs, bestehend aus einem
80 / 1.200-mm-Refraktor.
verkitteten achromatischen
Objektiv von 52 mm
erworbenen oder ausgeliehenen Astro- Durchmesser und 540 mm Brennweite.
nomiebüchern selbst zu sehen, machte ich Dazu kamen noch ,,lose" Linsen zum
mich auf den Weg. Ich klapperte die Selbstbau zweier Okulare. Dieses
Augenoptiker der Stadt ab, auf der Suche Sortiment war der Vorläufer des bekannten
nach ,,Linsen mit langen Brennweiten". Bastelsatzes. Nach meiner Erinnerung
Mit den erworbenen Brillengläsern und sollte alles 67,- Mark kosten. Eine für
VdS-Journal Nr. 9
mich unerschwingliche Summe! Es dauerte eine Jahr, bevor ich auch mit Hilfe meiner Eltern das Geld zusammen hatte. 1952 bekam ich dann diese Basteloptik. Von einem alten Kantor in der Nähe borgte ich mir das Buch von Niklitschek ,,Die Sternwarte für Jedermann". Für mich war das die Anleitung zum Bau eines erschwinglichen Fernrohrs. Alles war aus Holz gefertigt. Ich benötigte nur die Hilfe eines Drechslers für die ,,Nudelholz-Achse" (Deklinationsachse) und den beiden Holztellern für die Bewegung in Stunde. Diese Art von ,,Holztellermontierung" kann man in Abbildung 2 bewundern.
Sonneberg Ich erfuhr von der Sternwarte Sonneberg, die neben der wissenschaftlichen Arbeit auch immer ein Herz für Sternfreunde hatte. Ich schrieb dorthin und bekam einen überaus freundlichen und aufmunternden Brief von Herrn Dipl.Opt. Rudolf Brandt, meinem späteren Freund und Weggefährten durch die spätere dunklere Zeit (Abb. 3). Bei öfteren Besuchen der Sternwarte Sonneberg lernte ich auch Prof. Dr. Cuno Hoffmeister und Dr. Paul Ahnert kennen, die mir später ihre Hilfe, zwar vergebens, anboten.
V D S > V O R O R T 151
Abb. 5: Die Gartensternwarte in Zwickau.
Abb. 6: 255 / 1.943-mm-Teleskop mit Wilke-Spiegel und Astro-Kamera, ZEISS-Tessar f = 400 mm, 1:4,5.
Die Gartensternwarte Trotz der Notzeit durfte ich ein Fleckchen des elterlichen Gartens zum Aufstellen meiner Fernrohre benutzen. Erwarb ich mir doch einen kleinen Spiegel von 100 mm Durchmesser und hing ihn an die beschriebene Holztellermontierung, zusammen mit meinem ,,Zweizöller" aus dem Bastelsatz. Der Spiegel erwies sich als Elaborat eines Anfängers der Spiegelschleifkunst, war somit völlig unbrauchbar und wurde von mir verworfen. Also wandte ich mich erst einmal meinem kleinen Fernrohr wieder zu. Mit diesem eroberte ich mir den Himmel, gemäß dem Grundsatz von Rudolf Brandt: ,,Ein jedes Fernrohr hat seinen Himmel!" Ich werde dieses kleine Teleskop immer in Ehren halten! Jeder Sternfreund weiß um die Tatsache, hat man erst einmal Blut geleckt, verlangt
man nach immer mehr. Zum Glück hatte ich sehr verständnisvolle und trotz der Tatsache, dass zuhause Schmalhans immer Küchenmeister war, mich unterstützende Eltern. Also wurde wieder mächtig gespart. 1954 hielt ich meinen ersten wirklich vollkommenen Spiegel von 160 mm Durchmesser und 1.600 mm Brennweite ehrfurchtsvoll in den Händen. Er stammte aus der bewährten Werkstatt von Ingenieur Alfred Wilke, Berlin-Finkenkrug. Spiegel wie Fangspiegel kosteten damals 330,Mark. Diese relativ kleinen aber hervorragenden Spiegel wurden später in immer bessere Tuben eingebaut und von selbstgebauten Montierungen getragen (Abb. 4) und begleiteten mich auf weiteren Stationen meines ruhelosen späteren Lebens. Wir sind aber erst in den Jahren 1954/55.
Für mich bedeute das das Abitursjahr. Mein Vater war inzwischen zum Fernrohrbastler ,,aufgestiegen". Zusammen mit ihm baute ich die Gartensternwarte von 3,50 m x 3,50 m mit Schiebedach (Abb. 5). Darin wurde zunächst das 160-mm-Spiegelteleskop aufgestellt, welches ich nach den Plänen von Anton Staus, einem Münchner Maschinenbau-Professor, gebaut hatte. Hier ein Wort speziell an die Leser der ,,alten BRD": Bände könnte man füllen mit interessanten und hochbrisanten, weil hart an der Legalität sich befindenden Unternehmungen bezüglich der bis zum Jahre 1990 in der DDR herrschenden Mangelzustände! Aber einen winzigen Vorteil hatten wir dabei doch. Gemäß dem Bonmot Erich Honeckers ,,Aus unseren Betrieben ist noch viel mehr herauszuholen" wurde in diesen viel ,,so nebenbei" für den privaten Bereich ,,gepfuscht".
Der große ,,Wilke-Spiegel" und das Astro-Tessar Im Laufe meines inzwischen aufgenommenen Studiums verdiente ich mir während der Semesterferien im Mielewerk in Bielefeld die horrende Summe von 400,- DM, die ich sofort in Berlin-West in 1.600,- (Ost-)Mark umtauschte. Dafür konnte ich ein wirklich großes Teleskop bauen. 1958 erwarb ich von der Firma Wilke einen 255-mm-Spiegel mit 1.943 mm Brennweite für ein zu bauendes NewtonTeleskop. Zuvor erstand ich von einem Hallenser Optiker ein Zeiss Tessar 1:4,5, f = 400 mm zum Selbstbau einer AstroKamera. Beide Geräte hängte ich an eine noch wesentlich stabilere Montierung (Abb. 6) und baute alles in die Gartensternwarte ein. Ein wahres Unikum war das Nachführtriebwerk (Abb. 7). Es bestand aus einem alten Grammophontriebwerk mit Vorgelegegetriebe. Als schweres Fallgewicht diente ein Stück Lokomotivenachse und erinnerte mich ständig daran, dass mein Vater 40 Jahre lang den schweren Job eines Lokheizers der Reichsbahn ausübte. Meine Mutter ist in dieser Hinsicht gleich mit zu erwähnen. Musste sie doch all unsere Basteleien mit immer schwerer wiegenden Teilen in ihrer Küche aushalten! Fernrohr und Kamera funktionierten wunderbar. Was ich mit dem bescheidenen Nachführuhrwerk mit meiner AstroKamera mitten aus einer Großstadt noch damals erreichte, soll Abbildung 8 belegen. Die Milchstraße mit Nordamerika-
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Abb. 9: Walther Löbering im Jahr 1962.
VdS-Journal Nr. 9
Abb. 7 (oben): Triebwerk des Spiegelteleskops.
Abb. 8 (links): Milchstraße mit Nordamerikanebel, Aufnahme 1958 von Günter Loibl, Belichtungszeit 3 Stunden.
nebel wurde dabei auf einer 21/10 Agfa-Platte 3 Stunden lang belichtet. Heute einfach undenkbar!
Walther Löbering Das Jahr 1962 brachte mich beruflich auf die Reise. Meine erste Station war Plauen im Vogtland. Aus der Lektüre der Zeitschriften ,,Astronomische Nachrichten", ,,Die Himmelswelt" und ,,Die Sterne" wusste ich vom legendären Jupiterbeobachter Walther Löbering in Fasendorf bei Plauen. Löbering ist bis zum heutigen Tag der wohl unbestrittene Nestor deutscher Jupiterbeobachtung geblieben. Nicht von ungefähr erhielt er 1954 die Leibnitz-Medaille der Akademie für seine Leistungen. Drei Jahre Zusammenarbeit verbanden uns. Waren es die gemütlichen Kaffeestunden jeweils mittwochs, kamen die
günstigen Nachtstunden der gemeinsamen Beobachtung hinzu. Eine unvergessliche Zeit! Die Abbildung 9 zeigt Löbering anlässlich eines Besuches auf meiner Zwickauer Sternwarte. Trotz Verlust seines Auges beobachtete dieser Mann mit Zähigkeit ,,seinen" Planeten, wobei ihm die dritte Morgenstunde im Winter nicht zu früh und die vierte nicht zu kalt war. Nach seinem Wegzug ,,nach dem Westen", zu seiner Tochter hinterließ er mir seinen 280-mm-Cassegrain-Reflektor, Literatur und vor allem seine zahllosen wertvollen Zeichnungen und Positionsbestimmungen, die ich vor einigen Jahren in jüngere Hände mit moderner Computertechnik im Rahmen des ,,Jupos"-Projektes zur Auswertung übergab.
In der nächsten Ausgabe des VdS-Journals geht es weiter mit diesem spannenden Bericht des zähen Sternfreundes Günter Loibl ... Wir erfahren von seiner Odyssee von Erfurt über Molsdorf nach Espenfeld, seinen Kampf mit Funktionären, Ideologien und Licht. Was wird dabei herauskommen?
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Jubiläumstagung der VdS-Fachgruppe Spektroskopie
von Ernst Pollmann
Wohl jede Fachgruppe
Kopernikus-Gymna-
der VdS sieht ihren
sium und der Stern-
Jahrestagungen jeweils
warte des Astrono-
mit ganz einem beson-
mischen Arbeitskreises
derem Interesse entge-
Freigericht (bei Hanau)
gen. Dies nicht ohne
eine Heimstatt vorzu-
Grund angesichts des-
finden, in der dies alles
sen, was sich oftmals
in unübertroffener
in der Zeit dazwischen
Weise möglich ist. So
an Geschehnissen und
auch bei der diesjähri-
Bedürfnissen ereignet
gen Jubiläumstagung
bzw. ansammelt. Die
vom 3.-5.5.2002 anläs-
Fachgruppe SPEK-
slich des 10jährigen
TROSKOPIE macht in
Bestehens unserer
dieser Hinsicht keine
Fachgruppe, wobei
Ausnahme. So kommt Abb. 1:
vielen Tagungsteil-
es also u. a. darauf an, Gruppenfoto der Tagungsteilnehmer der Jubiläumstagung im Hörsaal der
nehmern der großarti-
Rahmenbedingungen Sternwarte des Kopernikus-Gymnasiums und Astronomischen Arbeitskreises ge Erfolg aus dem
zu schaffen, in denen in Freigericht. (Bildautor: Hugo Kalbermatten).
Jahre 1998 am glei-
sowohl die sachbezo-
chen Ort sehr lebhaft in
genen wie auch gesellschaftlichen Kompo- werden können.
Erinnerung war. Mit etwa 40 Tagungs-
nenten einer Tagung optimal umgesetzt Wir können uns glücklich schätzen, im gästen war diese Jubiläumstagung so gut
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besucht wie keine andere zuvor. Dies hat zwei Gründe: Zum einen ist es ohne Zweifel der Veranstaltungsort selber, und zum anderen mit Sicherheit das gestiegene Interesse an der Astrospektroskopie. Im Sinne der Beziehungspflege innerhalb der FG wurde nach alter Sitte freitagabends im Restaurant ,,Zum Freigericht" Wiedersehen gefeiert und die Gelegenheit für die Knüpfung neuer Kontakte genutzt. Dabei ist besonders zu erwähnen, dass auch die weit angereisten Tagungsgäste auch der Schweiz und Österreich, denen bis dahin die Existenz der FG nur leidlich bekannt war, sich schnell in unserem Kreise aufgehoben fühlten. Trotz strömenden Regens fand sich am Samstag um 10:00 Uhr die Schar der Teilnehmer zum eigentlichen Tagungsbeginn ein, so dass nach der offiziellen Begrüßungszeremonie der Themenreigen im Physik-Hörsaal mit einem Beitrag von K.H. Winkler (Neumarkt) zum Thema ,,Eigenbau und Demonstration eines Spektrografen mit Teilspiegeloptik" eröffnet wurde. Herr Winkler hob darin die von ihm entwickelte Technik der Teilspiegeloptik hervor, deren geometrische Anordnung zunächst zur Erfassung diskreter Abschnitte des gesamten visuellen Spektralbereich führt, die jedoch danach in übereinanderpositionierter Form zusammen auf einem CCD-Chip zur Abbildung kommen. Dr. Michael Steffen (Seevetal) vermittelte dem Auditorium mit seinem Beitrag einen Überblick zur Anwendung eines Objektivprismenspektrografen auf der Basis eines Maksutov-Spiegelobjektives. Spektrografen dieses Typs sind in größerer Zahl in den Jahren 2000 bis 2001 von Mitgliedern der FG angeschafft worden, wobei Dr. Steffen als bisher einziger dem FG-Kreis seine Arbeiten mit diesem Gerät über verschiedene Schritte der Spektralklassifikation vorstellte. Mein Programmbeitrag befasste sich mit Anwendungsbeispielen aus der eigenen spektroskopischen Beobachtungspraxis der letzten zwanzig Jahre auf der Basis dreier, bei den Amateuren gängigen Spektrografentypen. Meine Arbeiten mit Objektivprismenspektrografen, Prismenspektrografen im Teleskopfokus und klassischem spaltlosem Gitterspektrografen umfassten die Bereiche der Spektralklassifikation, spektroskopischen Veränderlichenbeobachtung und Linieprofilbeobachtungen an Be-Sternen. Weniger leicht verdauliche Kost beinhaltete der Vortrag von Johannes Hädicke und
VdS-Journal Nr. 9
Patrick Ott (Kell am See). Ihre Themen ,,Sternenleben, Sternaufbau und Spektralanalyse" führten zu heftigen Wortmeldungen und Zwischenfragen, deren wohlmeinendes Ziel der Sachverhaltsverdeutlichung wiederum ein hohes Maß an Unverständnis seitens einiger weniger sachkundiger Zuhörer zur Folge hatte. Kritische Stimmen zum Inhalt des Vortrages blieben somit nicht aus, gleichwohl aber die Qualität des Beitrages vor allem durch die verunsichernden Fragestellungen beeinträchtigt worden ist. Herr Bernd Hanisch (Lebus) präsentierte ein ,,Be-Stern-Programm zum Mitmachen". Seine vieljährigen fotografischspektroskopischen Beobachtungen an BeSternen veranlassten Herrn Hanisch vor allem anlässlich einer schon länger zurückliegenden Beobachtungsaufforderung seitens der Landessternwarte Heidelberg zur Ausarbeitung eines Beobachtungsangebotes an die FG SPEKTROSKOPIE. Fotografische Spektren von Be-Sternen seines ,,Mitmach-Programms" liefern auf einfachste Weise das Erkennen/Verschwinden von Gashüllen um Be-Sterne. Der ,,Erfahrungsbericht zum Umgang mit dem Programm CCD" von Ferdinand Knappmann (Bochum) zeigte neben einigen interessanten Punkten vor allem die unkomplizierte Anwendung des Programms beim Spektrenreduktionsschritt ,,Rückzentrierte Spektrenmittlung". Zu späterer Stunde (ab 18:20 Uhr) versuchte Herr Günter Gebhard (Neumarkt) in diesem Kontext wesentliche grundlegende Schritte der Spektrenreduktion unter Anwendung des Programms MIDAS zu verdeutlichen. Leider rückte das abendliche Gemeinschaftsessen zeitlich immer näher mit der bedauerlichen Konsequenz, dass dieser Vortrag zum Leidwesen einiger Hochinteressierter abgebrochen werden musste. Dr. Berthold Stober (Glan-Münchweiler) berichtete am Sonntagmorgen dem personell deutlich geschmälerten, aber nichtsdestoweniger mental erfrischten Hörerkreis einen vielgelobten Vortrag über seinen ,,Weg zur Spektroskopie und Erfahrungen beim Bau eines Littrow-Spektrografen", in dem in erfrischender Weise die Hochs und Tiefs beim Einstieg in die Sternspektroskopie durch Anwendung eines Selbstbauspektrografen deutlich geworden sind. Gleichwohl bewiesen seine präsentierten Beobachtungsergebnisse an Be-Sternen aber auch einmal mehr, dass Beharrlichkeit im Experiment letztlich doch von
Erfolg gekrönt wird. Ein aus meiner Sicht sehr wichtiger Beitrag von Hans-Günter Diederich (Darmstadt) befasste sich mit Fragen der ,,Nachwuchsförderung in der FG Spektroskopie und im Astronomischen Jugendlager 2002". Herr Diederich wies in didaktisch geschickter Weise auf die Belange der spektroskopischen Nachwuchsförderung wie auch auf die Defizite des bisherigen Umgangs mit diesem Thema in unserer FG hin. Die anschließende Diskussion darüber wie auch zu verwandten Themen verdeutlichten einmal mehr, wie wenig ausgeprägt das dahingehende Engagement im Kreis der eingefleischten Beobachter in unserer FG tatsächlich ist. Umsomehr ist den Bemühungen Herrn Diederichs Hochachtung zu zollen, in puncto Jugendarbeit quasi als Einzelkämpfer erforderliche Schritte zu unternehmen. Im Foyer des Hörsaals beachtenswerte Posterdarbietungen zum Thema Eigenbeobachtung, ausgestellte Selbstbauspektrografen einiger FG-Mitglieder, sowie eine Rechnerpräsentation zum Thema Astrospektrografen, der stets frische Kaffee und von Mitgliedern des Astronomischen Arbeitskreises Freigericht selbstgebackener Kuchen verhalfen der Veranstaltung zu einem von allen Tagungsbesuchern hochgeschätzten Ansehen. Das gemeinschaftliche festliche Abendessen am Samstag im Waldhotel ,,Hufeisenhof", wie auch der anschließende Festvortrag von Prof. Dr. Grewe (Uni Darmstadt) zum Thema ,,Science Fiction und moderne Physik" stellten gewissermaßen den gesellschaftlichen Höhepunkt der Rahmenbedingungen dieser Jubiläumstagung dar. In feierlich gepflegter Atmosphäre stellten unsere Freigerichter Gastgeber zum zweiten Mal wieder ihr Feingefühl bei der Gestaltung des Rahmens unserer Jahrestagung unter Beweis. Wir können uns glücklich schätzen, der Einladung des Oberstufenleiters des Kopernikus-Gymnasiums, Herrn Sommer, in vier Jahren dort wieder Gast zu sein, folgen zu dürfen. Frau Dr. Angela Stoffregen, Mitglied unserer FG und Lehrerin am KopernikusGymnasium, sei an dieser Stelle ausdrücklich und ganz herzlich für ihre Bemühungen gedankt, die Administration des Gymnasiums wie auch der Sternwarte für unsere Wünsche und Vorstellungen wieder einmal gewonnen zu haben.
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Die 4. Deep-Sky Tagung vom 19. - 22. April 2002
von Wolfgang Steinicke
Zum vierten Mal Deep-Sky auf dem Eisenberg: Kann man da schon von einer Tradition sprechen, gar stolz sein, oder ist es dazu noch zu früh? Jedenfalls hat sich hier ein Treffen der visuellen Beobachter und Astrofotografen (repräsentiert durch die zugehörigen VdS-Fachgruppen) etabliert, das für den deutschsprachigen Raum wohl ohne Konkurrenz ist. Kritisch sollte man aber die Teilnehmerzahl betrachten. Waren es in den ersten beiden Jahren über hundert, so hatte sich die Zahl im letzten Jahr halbiert. Diesmal kamen 58 Teilnehmer (siehe Statistik am Ende). Hat sich die Lage stabilisiert, kann man von einer gewissen Sättigung sprechen? Vielleicht zeigt sich hier auch ein allgemeiner Trend der Astroszene: Weg von den vielen Treffen (mit Ausnahme der großen Ereignisse: ATT, ITV), hin zu mehr Individualität, bedingt durch das Internet und eine Vielzahl von Magazinen. Man muss mit seiner Zeit und seinem Geld haushalten und kann nicht alles machen. Früher war das Angebot bescheidener und die Kommunikation beschwerlicher, so wurde jede Gelegenheit zum Treffen genutzt, heute gilt das offensichtlich nicht mehr. Nun gut, soweit meine persönliche Analyse. Der Trend bietet aber auch Vorteile, insbesondere für die DST. Bereits bei der DST2000 war es durch die überschaubare Teilnehmerzahl leicht möglich mit jedem in Kontakt zu kommen - das wurde allgemein als positiv vermerkt. Etwas Stress gab es aber durch die große Zahl an Vorträgen und Workshops. In zwei parallelen Sessions kam es zu zeitlichen Überschneidungen, man musste sich notgedrungen entscheiden, und ein Wechsel war
Abb. 1: Unsere ausländischen Referenten: Owen Brazell (links) und Han Kleijn.
kaum möglich. Diesmal war das Angebot an Vorträgen geringer, so dass nur eine Schiene angeboten wurde. Jeder konnte alles mitbekommen, sicher ein Gewinn! Trotzdem bleibt zu bemängeln, dass sich nur wenige bereitgefunden haben, einen Vortrag zu halten, so mussten einige Referenten zweimal ran oder es gab recht ähnliche Themen (viel Südhimmel). Eine größere Auswahl täte hier gut, aber: Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Da muss sich jeder fragen, ob er nicht einen kleinen Beitrag leisten möchte - insbesondere einfache Themen kommen sehr gut an! Eine weitere Neuerung waren ausländische Referenten: der Kanadier Owen Brazell, Vorstandsmitglied der englischen Webb Society, und Han Kleijn aus den Niederlanden (Abb. 1).
Ein Freitag mit Hindernissen Vor den Eisenberg mit seiner lockeren, ruhigen Atmosphäre hatte der Autogott den Anfahrtsstress gelegt. Für meine Frau und mich bedeutete das sieben Stunden (!) Fahrt auf überfüllten Autobahnen: Stau und noch mal Stau am Freitag Nachmittag. Das wir dabei noch Owen am Frankfurter Flughafen abgeholt haben, fällt kaum ins Gewicht. Die letzten 100 km im Schritttempo waren besonders übel. Ich war fast soweit zu sagen: Nie wieder Eisenberg! Und wir waren nicht die einzigen Staugeschädigten an diesem Freitag. Zum Glück hat die Mannschaft gewartet und wir bekamen nach 20 Uhr noch was zu essen. Danach die verzögerte Tagungseröffnung, von Suppe und Würstchen nervlich wieder etwas ins Gleichgewicht gebracht. Der Eröffnungsvortrag, traditionell von den Astrofotografen gehalten, kam diesmal von Rainer Sparenberg: ,,Astrofotografie südlicher Objekte". Rainer zeigte erstklassige Mittelformatdias, die auf der Farm Tivoli/Namibia entstanden sind: Landschaft, Sonnenuntergänge, das Instrument (Bernd Schröters 16"Hypergraph) und natürlich jede Menge beeindruckender Großfeldaufnahmen des südlichen Sternenhimmels. Neben den Standardobjekten wie Omega Centauri gab es auch weniger bekanntes zu sehen, wie Dunkelwolken im Ophiuchus [1]. Der Rest des Abends war dem Kontakt gewidmet. Angesichts des (stets) schlechten Eisenberg-Wetters blieb man im Warmen und genoss die angebotenen Getränke bis weit nach Mitternacht ...
Abb. 2: Gruppenbild der DST2002.
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Samstag, wie immer der Hauptkampftag Pünktlich um 10 Uhr startete mein Vortrag über ,,Deep-Sky Kataloge, die neue Uranometria und andere Geschichten". Ein heikles Thema, denn es ging hauptsächlich um fehlerhafte Daten und deren Folgen (siehe hierzu den gleichnamigen Artikel in dieser Ausgabe). Im nächsten Vortrag berichteten Josef Müller, Ronald Stoyan und Klaus Veit über ,,Die Holmberg Zwerggalaxien" [2]. Dazu passend stellte anschließend Peter Riepe das neue ,,Projekt Zwerggalaxien der Fachgruppen Astrofotografie und Deep-Sky" vor. Nach den guten Ergebnissen des ersten gemeinsamen Projekts ,,Wechselwirkende Galaxien" soll es diesmal um ,,Zwerge" gehen (siehe Artikel von P. Riepe und W. Steinicke in dieser Ausgabe). Nach dem Mittagessen startete Dennis Möllers Workshop über das ,,Rauschen in CCD-Aufnahmen", für alle Astrofotografen eine Fundgrube an praxisorientierten Informationen (siehe Beitrag in diesem Heft). Parallel fand im Nebenraum die Sitzung der FG Deep-Sky statt, zu der sich 12 Mitglieder trafen. Es ging hauptsächlich um organisatorische Fragen, wie etwa das Deep-Sky-Buch. Hier wurde nach dem Ausscheiden von Jürgen Lamprecht eine neue Aufgabenverteilung festgelegt. Während der Kaffeepause wurde das obligatorische Gruppenfoto geschossen (Abb. 2), bei dem sich zum Glück die Sonne kurz blicken ließ. Es ging weiter mit einem Vortrag von Han Kleijn über das Planetariumsprogramm ,,Hallo Northern Sky". Han hat es selbst geschrieben und es ist kostenlos im Internet verfügbar (www. hnsky.org). Eine der vielen Funktionen hat besonders beeindruckt: Man kann gescannte Zeichnungen (oder Astrofotos) mit wenigen Referenzsternen einpassen und im Hintergrund darstellen, wie er am Beispiel von Frank Richardsens Zeichnung von Holmberg IX (bei M 81) vorführte. Weiter ging es mit Anton Malina`s ,,Outback Astronomie". Anton zeigte, wie man mit einfachen Mitteln (feststehende Kamera) ansprechende Aufnahmen des australischen Himmels machen kann. Nach der häufig gebotenen High-EndKost eine wohltuende Abwechslung, was auch entsprechend honoriert wurde. In der absoluten Profiliga spielt das von Rainer Sparenberg gezeigte, 45-minütige DVDVideo ,,Namibia - Traumland für Amateurastronomen". Hier konnte man noch einmal Namibia mit all seinen touristischen und astronomischen Attraktionen in Bild und Ton genießen!
VdS-Journal Nr. 9
Abb. 3: Owen beim Vortrag, direkt unter dem Sternbild ,,Nördliches Geweih".
Owen Brazell und die Webb Society Für den zentralen Vortrag am Samstag Abend konnten wir Owen Brazell von der Webb Society gewinnen (Abb. 3). Owen sprach zum Thema ,,The Webb Society and the State of Deep-Sky Observing in the United Kingdom". Sein Englisch war gut zu verstehen, denn er bemühte sich, auf unsere Bitte hin, langsam und deutlich zu sprechen (Ronald Stoyan übersetzte abschnittsweise ins Deutsche). Er gab einen interessanten Einblick in die englische Amateurszene. Im Gegensatz zu Deutschland konkurrieren verschiedene überregionale Verbände, wobei es leider wenig Kontakte gibt: typisch englische Clubatmosphäre. Die Webb-Society (www.webbsociety. freeserve.co.uk) wurde von 1967 von Kenneth Glyn Jones gegründet. Ziel war, die Arbeiten von Reverend Thomas W. Webb (1807-1885), einem Pionier der Deep-Sky-Beobachtung zu aktualisieren und das Thema allgemein populär zu machen. Dies ist sicherlich gelungen, denn mittlerweile kann man auf eine Fülle von Publikationen zurückblicken, so z. B. das 9-bändige ,,Deep-Sky Observers Handbook" oder der vierteljährlich erscheinende ,,Deep-Sky Observer", für den Owen redaktionell zuständig ist. Die Webb Society ist in mehrere Sektionen unterteilt, die von Vorstandsmitgliedern (,,Officers") geleitet werden: Double Stars (Bob Argyle, UK, gleichzeitig Präsident), Galaxies (Steve Gottlieb, USA), Southern Sky (Jenny Kay, Australien) sowie
Nebulae & Clusters (Wolfgang Steinicke). Einmal jährlich wird für die ca. 350 Mitglieder (Amateure und Profis) das ,,Annual General Meeting" (AGM) in England abgehalten. Unter der Leitung von Bob Argyle wird das Organisatorische zügig abhandelt (Rekord waren 5 Minuten), anschließend gibt es 4 Vorträge, unterbrochen vom Lunch und der traditionellen 3 Uhr-Tea Time. Viele von Owens Gedanken kamen uns bekannt vor. Insbesondere die Problematik, dass es zwar viele große Teleskope gibt, die Besitzer aber kaum in Erscheinung treten und wenig publizieren. Bevorzugt wird das Internet mit seinen Mailinglisten, ein sehr flüchtiges Medium. Vieles, was früher persönlich, per Brief oder in Magazinen verbreitet wurde, geht heute verloren. Es ist sehr schwer, die Fülle der digitalen Informationen zu bewerten, das Wesentliche zu konservieren und langfristig nutzbar zu machen. Viele, die ohne Anleitung hier eintauchen und ihr teures Gerät nutzen wollen, geben frustriert auf. Vielleicht kommt bald wieder eine Rückbesinnung? Der Vortrag gab viel Anlass zur Diskussion.
Abschied am Sonntag bis zum nächsten Mal! Wie so oft, wurde das Wetter am Sonntag schön: Einfach ignorieren und den Raum für die Vorträge abdunkeln. Den Anfang machte Uwe Pilz mit dem neuen FGProjekt ,,Die offenen Sternhaufen des Nordhimmels". Wer 10 Jahre fleißig beobachtet, kann alle 400 Haufen schaffen! Doch die Sache ist keineswegs abschreckend: Man benötigt nur ein kleines Teleskop und auch keinen extremen Himmel - der Erfolg ist somit vorprogrammiert. Wer den Frust bei der Beobachtung von Nebeln kennt, findet hier lohnende Ziele, und auch reichlich Neuland (es müssen ja nicht alle 400 sein). Uwe hat einen detaillierten Beobachtungsplan zusammengestellt [3]. Peter Riepe und Rainer Sparenberg referierten anschließend über ,,Proxima Centauri, unser allernächster Nachbar". Neben den astrophysikalischen Eigenschaften dieses bemerkenswerten Zwergsterns wurde auch gezeigt, wie man aus Aufnahmen die Eigenbewegung bestimmen kann. Zum Abschluss der Tagung führte Rainer Töpler seine kunstvollen Zeichnungen von Objekten des Südhimmels vor, beobachtet mit kleiner Öffnung (4-Zöller). Darunter waren sowohl bekannte helle Galaxien wie M 83, NGC 300, NGC 253 oder NGC 55, als
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auch schwächere ausgedehnte Galaktische Nebel. Rainer war von der Pracht des Südhimmels sichtlich beeindruckt - also auf nach Namibia! Ob man dort mit 4" ebenfalls Spiralarme in 12-mag-Galaxien wahrnimmt, ist eine spannende Frage. Noch vor dem Mittagessen der Tagungsrückblick, für alle die Gelegenheit zu Lob oder Kritik. Insgesamt gab es ein sehr positives Echo. Bemängelt wurden die recht kurzen Pausen zwischen Vorträgen. Ebenso hätte die Auswahl der Astrofotografie-Vorträge etwas abwechslungsrei-
cher sein können. Zum Schluss (im Kasten) noch ein wenig (kommentierte) Statistik.
Literaturhinweise [1] Riepe, P., Sparenberg, R., 2002:
Die Dunkelwolken im südlichen Schlangenträger, VdS-Journal I/2002 (Frühjahr), 15 [2] Siehe: Interstellarum 22, S. 50 [3] http://piu58.bei.t-online.de
58 Teilnehmer, davon: · 6 Frauen (10 %) - Das ist viel zu wenig, aber leider in der Astroszene normal. Verstehe ich aber
trotzdem nicht! · 37 VdS-Mitglieder (64%) - ok. Der Rest hat die VdS-Journale mitgenommen (was auch
gewünscht war!). · 27 FG-Mitglieder (47 %) - dabei haben bisher 211 den Fragebogen ausgefüllt. Wo sind die 184
anderen FG-Mitglieder? Da ist eindeutig noch enormes Potential! · 12 Vortragende (21%) - also 1/5 aktive Teilnehmer. Finde ich nicht schlecht.
Die 26. SONNE-Tagung in Bollmannsruh
von Thomas Wolf, mit Abbildungen von Thomas Grünberger
Am 9. Mai 2002 war es wieder einmal so weit. Nach 25 Jahren des Mitteilungsblattes fand an diesem Tag die 26. SONNE-Tagung in Bollmannsruh am Beetzsee bei Berlin ihren Anfang. Zu diesem Jubiläum kündete schon das Programm einige Rückblicke auf vergangen Höhepunkte, Hindernisse und Erfolge der engagierten Amateurastronomen an. Was dabei an Vorträgen und Veranstaltungen geboten wurde, begann am Himmelfahrtstag, als die ersten Gäste anreisten.
Himmelfahrtsdonnerstag, 9. Mai 2002 Redaktionssitzung zum Fachgruppenblatt Neben den alljährlichen Themen, wie dem Finanzbericht, der Suche nach dem nächsten Tagungsort, der Diskussion um die Fortführung das Datenblattes und dem VdS-Journal, wurde die vollständige Übergabe einzelner Teilbereiche bestätigt und Möglichkeiten zur Begeisterung von jungen Menschen für die Astronomie, vor allem zur Sonne, erörtert. Noch während der Sitzung öffnete das Tagungsbüro.
Besuch der Sonnenobservatorien in Hurbanovo, Debrecen und Gyula Im August 2001 besuchten Michael Delfs und Martin Dillig diese Sternwarten. Ersteres Sonnenobservatorium befindet sich in der Slowakei innerhalb eines kleinen Parks mit mehreren Sternwarten. Die Referenten berichteten von ihren Erkundungen der Anlage, des installierten Coelostaten mit einem Spiegel von 50 cm Durchmesser und einem kleineren Fernrohr, welches sich nicht weit entfernt befand und zur Spektroskopie genutzt wird. In einem weiteren Gebäude, darunter eines aus dem 19. Jh., befanden sich weitere kleinere Geräte. Auf dem Weg von
Abb. 1: Die Teilnehmer der 26. SONNE-Tagung vor dem Brachymedialfernrohr in Rathenow.
einer Kuppel zur nächsten begegnete ihnen die Statue des Nicolaus Kopernikus. Die anderen Observatorien befanden sich in Ungarn, eines davon in einem botanischen Garten. Das Teleskop hierzu wurde 1882 errichtet. Der installierte Koronograf beobachtet sowohl im Weißlicht, als auch im H-Bereich. Der zweite Anlaufpunkt befand sich auf einem Wasserturm, dort wo einst ein Cafe sein Dasein fristete. Nun wird von dort aus die Sonne ins Visier genommen und die Fläche der Sonnenflecken mit Hilfe des PC vermessen, wovon sich die Reisenden einen Überblick verschafft hatten. Ein überraschender Besuch aus der VdSSternwarte in Kirchheim durch den Leiter Dr. Jürgen Schulz erfolgte im Vortragsraum und rundete den Abend gebührend ab. Leider konnte er nur kurze Zeit verwei-
len. So bedankte er sich für den von den Autoren des Handbuches für Sonnenbeobachter zur Verfügung gestellten Daystar-Filter und lud zur Beobachtung ein.
Freitag, 10. Mai 2002 Schwarze Sonne über dem Schwarzen Kontinent Im Juni 2001 machte sich eine 140köpfige Gruppe in Richtung Zimbabwe auf, um das Land, die Tiere und Natur kennen zu lernen, vor allem aber die totale Sonnenfinsternis zu erleben und auf Filmmaterial zu bannen. Dr. Wolfgang Strickling, der an der Reise teilgenommen hatte, präsentierte seine Eindrücke mittels Video. Von einführenden Landeserkundungen, über den ersten und zweiten Kontakt bis hin zu fliegenden Schatten
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fand sich alles detailgetreu und ausführlich kommentiert wieder (s. dazu auch seinen Bericht in dieser Ausgabe)
Sonnenfinsternis in Lusaka / Sambia Thomas Grünberger begab sich zum Beobachten der Sonnenfinsternis des letzten Jahres auf eine abenteuerliche Reise. Innerhalb von 30 Stunden reiste er zunächst mit der Bahn nach Wien, bestieg dort ein für diese Aktion gemietetes Flugzeug, landete am Morgen des 21.6. in Lusaka, wo sich die Gruppe in der Nähe des Flughafens auf die Totalität vorbereitete. Diese trat später bei bestem Himmel ein. Der Referent flog nachher sofort mit allerhand Dias im Gepäck zurück und erreichte seinen Ausgangspunkt nach erneuter Zugfahrt völlig erschöpft, aber zufrieden.
Unser Weg zur Sonnenfleckenposition Mit einer 3köpfigen Gruppe, darunter der Referent Dr. Otto Vogt, begann 1970 in Tübingen die Vermessung von Sonnenfleckenpositionen unter aufwendigen Bedingungen, mit transportablen Kleinteleskopen ohne automatische Nachführung. Erst im Laufe der Jahre entwickelten sich auswertbare Ergebnisse und schließlich unterstützten Fotografie und die Computerrevolution die Arbeit. Dies konnte aber nicht verhindern, dass 1985 aus privaten Gründen vorerst das Ende eintrat. Doch ab 1992 konnten parallel zum Kiepenheuer-Institut die Beobachtungen wieder aufgenommen werden.
Sonnenflecken - spannender denn je Das Maximum der Sonnenaktivität ist vorbei - oder doch nicht? Nach dem lokalen Höhepunkt im Sommer 2002 steigt die Rate erneut erwartungsvoll an. Andreas Zunker erläuterte bisherige Statistiken und spornte zu Vermutungen über das weitere Geschehen an.
Lichtbrückenauswertung 2001 Heiko Bromme bestätigte anhand der Lichtbrückenhäufigkeit die erhöhte Sonnenaktivität. Weiterhin kündigte er an, dass die Auswertungen für Zeitschriften in Zukunft mehr leserorientiert veröffentlicht werden.
Das Sonne-Jahr 2001 Ein Jahr im Leben der Sonne beleuchteten Anke Hamann und Manfred Heinrich mit ihrer digitalen Videokamera aus verschiedenen Perspektiven. Im Zusammenschnitt zeigten sie unser Zentralgestirn im sichtbaren, H-, und Kalziumlicht.
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Exkursion nach Rathenow Mit dem Bus ging es zunächst zur Ausstellung ,,200 Jahre optische Industrie Rathenow", wo die Grundlagen zur Massenanfertigung von hochwertigen Linsen gelegt und Produktionsmethoden im Laufe der Zeit verfeinert wurden. Alles begann mit der Herstellung von Brillengläsern, sowie später mit der Massenproduktion von Gestellen und Zubehör in großer Vielfalt durch den Begründer J.H.A. Duncker. Nach und nach kamen Geräte zur Augenuntersuchung, Lupen und Sehhilfen, Theatergläser, Feldstecher, Fernrohre und Mikroskope hinzu, die sich in dieser Ausstellung wiederfanden. Ein Höhepunkt war die Optik des Leuchtturms von Warnemünde, der noch heute seine Aufgabe erfüllt. Die Rückfahrt führte am Rathenower Brachymedialfernrohr vorbei. Um 1950 wurde das mit 20,80 m Brennweite von dieser Bauart weltgrößte Teleskop durch Edwin Rolf erschaffen. Es ist parallaktisch montiert und befindet sich im Freien. Nach dem Tod seines Erbauers 1991 wurde es unter Denkmalschutz gestellt und wenige Jahr später restauriert. Nun befindet es sich auf dem Geländer der Gesamtschule.
Ringförmige Sonnenfinsternisse - die verkannte Augenweide Daniel Fischer begeisterte mit ausgefallenen Aufnahmen der letzten zehn Jahre aus verschiedenen Ländern, wie einer untergehenden Sonnensichel in Costa Rica. Zur 1999er Finsternis in Australien riskierte er sogar Schnappschüsse im streifenden Bereich der Ringförmigkeit ohne Filter und bannte somit eindrucksvoll die Chromosphäre und die innere Korona auf Film.
Feinstrukturen der Protuberanzen mit CCD verfolgen Dr.-Ing. Richard Robitschek zeigte durch seine eindrucksvollen Bilder, wie es selbst mit kleinen Geräten dem Amateurbeobachter möglich ist, auswertbare Ergebnisse zu erzielen. Mit Hilfe eines Protuberanzenansatzes und einer CCDKamera erfasste er zunächst die Objekte und bearbeitete sie am PC nach.
Spektroskopie der Sonne Dr. Michael Steffen erläuterte die Grundlagen der Spektroskopie und den Aufbau der Messapparaturen, bei denen durch Lichtleitkabel, die auf die Sonne gerichtet oder in den Strahlengang eines Teleskops eingeführt sind, das Licht gesammelt und aufgespalten wird. Daraus
lassen sich Rückschlüsse auf die Elemente, Temperatur und Mikrobeschleunigungen des beobachteten Gebiets ziehen, in deren Auswertungen Erkenntnisse über Rotationsbestimmung und Magnetfeldern liegen.
Hauptvortrag: ,,Sonnenbeobachtung in Hurbanovo" + ,,Feinstrukturen um Poren" Dieser erste Fachvortrag im Programm vom slowakischen Gastreferenten Ivan Dortovic gliederte sich in zwei Teile. Im ersten erklärte er die Instrumente und Techniken, mit denen spektroskopische Beobachtungen im Slowakischen Zentralobservatorium durchgeführt und damit Rückschlüsse auf Plasmageschwindigkeiten gezogen werden. Danach verdeutlichte er anhand von Bildmaterial und in englischer Sprache die Vorgänge um Poren auf der Sonne, die immer noch Rätsel aufgeben.
Videoabend Peter Völker präsentierte in einer Überarbeitung eines alten Films über Protuberanzen von 1956 die Frühzeit dieser Beobachtung.
Workshop Lichtbrücken Trotz zurückhaltender Meinungen am Anfang gegenüber der scheinbar anspruchsvollen Lichtbrückenbeobachtung zeigte sich in diesem kleinen Einführungskurs, der zur Begeisterung zu diesem Thema diente, dass die Resonanz doch größer als erwartet ist und dass schon der Einsteiger nach wenigen Minuten in der Lage war auf dem projizierten Bild Lichtbrücken auszumachen. Vielleicht erfreut sich dieser interessante Bereich noch wachsender Begeisterung?
Samstag, 11. Mai 2002 Redaktionssitzung SONNEonline + Einführung in die Sonnenbeobachtung Parallel zum Einführungs-Workshop versammelte sich die Redaktion, um über Verbesserungsmöglichkeiten und Einbeziehung eines breitere Publikums im Internet zu diskutieren.
Aufnahmen des Jahres Der Samstag stand nun im Zeichen des 25jährigen Jubiläums. So präsentierte Wolfgang Lille, der selbst Filtersystem für das Objekt Sonne baut, Fotografien von Protuberanzen, der Sonnenoberfläche und einer Totalen Sonnenfinsternis.
Impressionen der SoFi in Sambia Den Anreiz für Dr. Rainer Beck sich in diese fernen Gefilde zu begeben, entstand
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aus der missglückten Sonnenfinsternis von 1999. Auch wenn dieses Mal das Wetter mitspielte, so musste er doch feststellen, dass genau wie damals in Europa durch die Medien Panik verbreitet wurde. Dennoch ließ er sich von seinem Hauptaugenmerk der Beobachtungen der noch rätselhaften ,,Fliegenden Schatten" und der Polarisation des von der Korona stammenden Lichts nicht abbringen. Dabei unterstützte ihn die schon weit verbreitete Technik der Videokamera. Abschließend stellte er Hypothesen zur Entstehung der Fliegenden Schatten auf.
Abb. 2: Prof. Mattig bei seinem Vortrag.
Videobeobachtung mit dem Unigraphen Vor zwei Jahren stellte Harald Paleske seinen selbstgebauten Unigraphen vor. Vor einem Jahr konnte er sich Erfinder eines neuen Filtersystems zur Protuberanzenbeobachtung nennen. Nun zeigte er, wie schon mit einfachen, kostengünstigen Mitteln, wie einer S/W-Videokamera und entsprechenden Filtern sensationelle Aufnahmen gelingen können und präsentierte erste Ergebnisse.
25 Jahre SONNE-Relativnetz Andreas Zunker und Dr. Klaus Reinsch warfen eine Blick zurück auf die Anfänge der Fachgruppe. Vor 25 Jahren begann mit dem ersten SONNE-Heft der Aufruf zur zentralen Sammlung und Auswertung der Relativzahlen. Damals erfolgte dies noch über die Archivierung von riesigen Papierstapeln in Bremen. Später kamen Programme auf Lochkarten hinzu, deren Aufbewahrung auch nicht einfacher war. Schließlich vereinfachten Magnetbänder und Disketten die Auswertungen. Nun ist dieses Beobachternetz das weltweit größte Asebinbe.r3A: rt. DDeier SGOrNillNabEenimd.Wandel der Zeiten
Dr. Klaus Reinsch zeigte noch einmal seine persönlichen Erfahrungen und Eindrücke der letzten Jahre, die er mit der Sonnenbeobachtung und Auswertung von Daten gewonnen hat, auf. 25 Jahre SONNE - das war's! All die Jahre der Mühen und Erfolge sind schwer in Worte zu fassen. Darum erstellte Peter Völker ein Video, in dem noch einmal alle Tagungen und Höhepunkte Revue passierten und sich so mancher Teilnehmer
Abb. 4: Ehrung einiger langjähriger Mitarbeiter von SONNE. mit guten Erinnerungen wieder entdeckte. Auch an die schwierigen Anfangszeiten von SONNE, damals noch Handarbeit, erinnerte der Film. Hauptvortrag: ,,Bevor die Sonnenbeob-
Abb. 5: Peter Völker bekommt vom VdSVorstand einen Präsentkorb und ein Sonnenfinsternisfoto (aufgenommen von W.E. Celnik) überreicht. achtung zur Sonnenphysik wurde" Die Anfänge der Amateurbeobachtung liegen noch nicht weit zurück. Aber was war vorher, was taten die Wissenschaftler während dieser Zeit? Antworten auf diese Fragen gab Prof. Dr. Wolfgang Mattig im
zweiten Fachvortrag. Die Grundlagen dessen waren in der Mitte des 19. Jahrhunderts bei Heinrich Schwabe, dem Entdecker des Fleckenzyklus und Rudolf Wolf, dem Begründer der Relativzahl zu finden. Durch die Errichtung von Observatorien forcierte sich die Beobachtung auch auf Ionosphäre, Magnetfelder und andere Bereiche in kontinuierlicher Überwachung. Diese Routine endete, als die Zusammenarbeit mit Amateuren und internationalen Instituten begann.
Grillabend und Jubiläumsfeier Mit guter Laune, den Glückwünschen des VdS-Vorstandes und musikalischer Begleitung wendete sich die Tagung ihrem Ende zu. Es wurde all denjenigen gedankt, die dafür sorgten, dass man auf so viele Jahre zurückblicken kann. Vor allem den langjährigen Mitarbeitern von SONNE, aber auch den neuen Verantwortlichen, wie der Kontaktadresse Steffen Janke und dem Kassenführer Thomas Grünberger wurde weiterhin viel Erfolg gewünscht. Als daraufhin Peter Völker, die ehemalige Kontaktadresse und langjähriger Verantwortlicher, als Bill Haley zur Band auf die Bühne trat und in die Gitarrensaiten griff, erreichte die Feier ihren Höhepunkt. Die nächste Tagung, dann in Bremen, wird mit dem Highlight einer partiellen Sonnenfinsternis ausgerichtet.
Abb. 6: Die alte und die neue Kontaktadresse: Peter Völker mit Frau (li.) und Steffen Janke mit Freundin (re.).
VdS-Journal Nr. 9
Abb. 1: Das Bild des Pelikannebels im Sternbild Schwan ist ein Ausschnitt aus einem Komposit von 4 Einzelaufnahmen im Formal 6 cm x 8 cm, die jeweils 90 Minuten mit einem 15-Zoll-Astrografen f / 5,2 und RG 63 - Rotfilter auf Technical Pan Film (hyp.) belichtet wurden. Aufnahme vom ,,Spiegelteam" (Volker Wendel, Roland Eberle, Stefan Eisenhauer).
R E Z E N S I O N E N + H I N W E I S E 161
Das beschleunigte Universum
Die Expansion des Alls und die Schönheit der Wissenschaft, von Mario Livio, 256 S., EUR 29,90, Kosmos Verlag Stuttgart, 2001
Ein gutes und wichtiges Buch über die moderne Kosmologie, geschrieben von einem führenden Wissenschaftler am Space Teleskop Science Institute, dem Mekka der experimentellen Kosmologie. Livio ist aber auch ein Experte was Kunst in jeder Form angeht. In dieser Kombination erscheint sein Thema ,,Schönheit der Wissenschaft" zwingend. Er hat bedeutende Vorbilder, z. B. den Geiger Einstein oder den Pianisten Heisenberg, für die ,,Schönheit" und ,,Einfachheit" (Reduktionismus) wesentliche Merkmale - und auch Kriterien - fundamentaler physikalischer Theorien darstellen. So wurde durch die Allgemeinen Relativitätstheorie mit einem Schlag eine Verbindung von Materie und Geometrie deutlich, die niemand erwartet hatte. Leider gelang Einstein zeitlebens nicht die Vereinheitlichung von Gravitation und Elektromagnetismus. Hier hatte er sich, ohne es zu ahnen, das schwierigste aller Probleme ausgesucht. Livio beleuchtet sein Thema anhand von vielen Beispielen, angereichert mit Anekdoten aus Kunst und Wissenschaft. Dabei ist er in der Lage, die moderne Physik und Astronomie ebenso ,,schön" zu präsentieren. Er belässt es aber nicht bei einem Bericht, sondern steuert neue, grundlegende Ideen bei (wie Allan Sandage in seinem Vorwort hervorhebt). So weist der Autor noch auf ein drittes Element hin, das eine fundamentale Theorie erfüllen sollte, das ,,kopernikanische Prinzip". Es verbietet eine Vorzug-
stellung des Menschen und seines raumzeitlichen Ortes im Universum. Geschickt führt er uns hierbei zur vordersten Front der Kosmologie. Begriffe wie ,,Inflation", ,,beschleunigte Expansion" und ,,Quantenvakuum" werden - soweit das überhaupt möglich ist - veranschaulicht, dabei stets mit einem (unerwarteten) Seitenblick auf die Ästhetik der Werke von Kandinsky oder Shakespeare. Ausgesprochen ,,hässlich" findet er Theorien, die die genannten Prinzipien nicht erfüllen, die etwa besondere ,,Feinabstimmungen" erfordern, um die Welt zu beschreiben. Leider, und dies beunruhigt ihn sehr, besitzt gerade die Kosmologie, in ihrer Verbindung vom
Mikro- und Makrokosmos, solche Züge. Es ist ein Rätsel, warum die ,,kosmologische Konstante" genau den richtigen Wert hat, um unser Universum so zu gestalten, wie wir es erleben. Livio diskutiert hier das ,,anthropische Prinzip", empfindet es aber nur als einen unbefriedigenden Ausweg, der letztlich nichts erklärt. Er hofft auf eine fundamentale Theorie, die die Werte der Naturkonstanten zu erklären vermag. Eine solche Theorie, letztlich die Quantengravitation (als Stringtheorie?), wird dann zweifellos ,,schön" sein. Dass der Weg dahin schwer ist, macht Livio uns allen anschaulich klar - schließlich unterscheiden sich derzeit Rechnung und Beobachtung von mal eben um den Faktor 10123. Die Schönheit steht im Zentrum des Buches. Weniger schön sind die doch zahlreichen Schreibfehler. So ist die Protonenmasse ,,1836-mal größer" als die Elektronenmasse (S. 221), korrekt wäre 1836-mal. Auf S. 243, genau da, wo es dem Autor am wichtigsten wird (hier geht es um das ,,ästhetische kosmologische Prinzip"), ist zu lesen, dass ,,Theorien [...] gemäß unserer Definition die Kriterien der Symmetrie, der Einfachheit und des verallgemeinerten kosmologischen Prinzips erfüllen müssen". Hier wird unnötig Verwirrung gestiftet (Hat der Lektor vor lauter Prinzipien den Überblick verloren?), denn es muss natürlich ,,des verallgemeinerten kopernikanischen Prinzips" heißen!
Wolfgang Steinicke
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162 V O R S C H A U
Terminkalender
August 2002
Sa 31.8.2002, ab 12:00
VdS-Regionaltreffen der Volkssternwarte Bonn e.V.
Ort:
Volkssternwarte Bonn, Poppelsdorfer Allee 47,
53115 Bonn
Info:
Volkssternwarte Bonn e.V. und Paul Hombach,
E-Mail:
Hombach@volkssternwarte-bonn.de
Ort: Veranstalter: Info:
Rossberg bei Reutlingen-Gönningen Sternwarten Albstadt, Reutlingen, Tübingen gegen mit 1,10 DM frankierten Rückumschlag Sternwarte und Planetarium, Hartmannstr. 140, 72458 Albstadt-Ebingen
Oktober 2002
September 2002
Mi 4. - So 8.9.2002
6. Bayerisches Teleskopmeeting (BTM)
Ort:
Osterberg bei Pfünz im Altmühltal
Info:
Uli Zehndbauer, Stauferstr. 27,
D-85051 Ingolstadt
Tel.:
01 79 / 5 05 90 94
Fr 6.9. - So 8.9.2002
2. Internationales Heide-Teleskoptreffen IHT
Ort:
Camp Reinsehlen bei Schneverdingen
Veranstalter: astrogarten
Info+Anmeldung: Astrograten, Nils Kloth, Eickenscheidtstr. 3,
45886 Gelsenkirchen, Tel. 0 09 / 1 70 16 19,
01 73 / 4 17 84 29
Fr 6.9. - So 8.9.2002
2. Teleskopmeeting der Astronomischen IG Passau
Ort:
Gasthof Sonnenalm, Geiersberg bei Hauzenberg
Veranstalter: Astronomische Interessengemeinschaft Passau
Info+Anmeldung: Tel. 01 71 / 8 80 20 39
Fr 13. - Sa 14.9.2002
25 Jahre Volkssternwarte Kirchheim (10 Jahre VdS-Sternwarte)
Ort:
Volkssternwarte Kirchheim bei Erfurt
Veranstalter: Volkssternwarte Kirchheim
Fr 13. - Sa 14.9.2002
3. Herzberger Teleskoptreffen
Ort:
Freitag: Planetarium,
Samstag: Bahnsdorfer Weinberg
Info+Anmeldung: herzberg@lausitz.net
Fr 4.10. - So 6.10.2002
18. ITT Kärnten
Ort:
Emberger Alm, Kärnten, Österreich
Info:
Wolfgang Ransburg, Wasserburger Landstr. 18 a,
D-81825 München, Tel./Fax: 089/425531,
E-Mail: wolfi@itt-astro.de
Fr. 11.10. - So 13.10.2002
Ostdeutsche Sterntagung 2002
Ort:
FEZ-Wuhlheide Berlin
Info:
Björn Clemens, c/o Sternfreunde im FEZ e.V.,
An der Wuhlheide 197, 12459 Berlin,
Fax: 0 30 / 53 07 14 45, E-Mail: info@ost.sifez.de
Sa 19.10.2002
21. Bochumer Herbsttagung der Amateur-Astronomen
(BoHeTa) Vorträge, Posterbeiträge, Infostände
Ort:
Ruhr-Univerität Bochum, Hörsaal HMA 10
Info:
Peter Riepe, Lortzingstraße 5, 44789 Bochum
Sa 26.10.2002
Norddeutsches Astrofototreffen
Ort:
Volkssternwarte Hannover
Info:
www.sternwarte-hannover.de
Sa 26.10. - Sa 2.11.2002
Seminar ,,Praktische Astronomie - eine Einführung"
mit praktischen Beobachtungen
Ort:
Kulm-Hotel Gornergrat, Zermatt, Schweiz
Veranstalter: Otto Guthier, Dr. Werner E. Celnik
Info+Anmeldung: Otto Guthier, Am Tonwerk 6,
64646 Heppenheim,
E-Mail:
vds-astro@t-online.de
Fr 20.9. - So 22.9.2002
BAV-Tagung der Veränderlichenbeobachter
Ort:
Museum und Planetarium Osnabrück,
Niedersachsen
Veranstalter: BAV
Info:
BAV, Werner Braune, Münchener Str. 26,
10825 Berlin, Tel. 0 30 / 7 84 84 53,
E-Mail: braune.bav@t-online.de
Fr 27.9. - So 29.9.2002 9. Schwäbisches Amateur- und Fernrohrtreffen SAFT 2002
November 2002
Sa 30.11.2002
7. HATT - Astronomischer Gebraucht- und Neuwarenmarkt
Ort:
Aula der Realschule, Grünstraße,
D-45525 Hattingen
Veranstalter: Sternwarte Hattingen
Info:
Ingo B. Schmidt, Schonnefeldstr. 23,
D-45326 Essen, Tel. 02 01 / 8 33 60 82 oder
01 74 / 8 13 12 34,
(Anmeldung nur für Aussteller erforderlich)
Bitte beachten Sie auch die aktuellen Termine auf der VdS-Homepage: www.vds-astro.de
Und das lesen Sie u. a. im nächsten Heft ...
· Einstieg in die Fotografie von Milchstraßenfeldern (Teil 2) · Leoniden-Meteorschauer 1998 und 1999 auf dem
Gornergrat · Richtung Südost - (nicht nur) der Sternschnuppen wegen · 40.000 km zur SoFi nach Sambia · Beobachten auf La Palma · Dunkelkammertechnik für H-Aufnahmen · LRGB-Aufnahmen mit der CCD-Kamera
· Rauschreduzierung in CCD-Aufnahmen (Teil 2) · Erfassung und Vermessung lichtschwacher Punktquellen · Sterne großer Eigenbewegung · Vorschau: Venus vor der Sonnenscheibe · Per Aspera Ad Astra (Teil 2) · Die Kepler-Sternwarte · und und und ...
VdS-Journal Nr. 9
V O R S C H A U 163
Vorschau auf astronomische Ereignisse 2002/2003
von Werner E. Celnik
August 2002
23.
Vollmond, 0:29 MESZ
24.
7-Iris (7,7 mag) in Opposition im Wassermann
29.
Mond bedeckt 38 Arietis (5,2 mag), Ende ca. 3:20
MESZ
2-Pallas (9,5 mag) 3,5 Bogenminuten östl. Kappa
Delphini (5,2 mag), 23:00 MESZ
31.
Letztes Viertel, 4:31 MESZ
September 2.
5. 7. 13.
14.
17. 19.
20. 21. 22. 28. 23. 24. 25.
26. 29.
30.
2002 Mond 4,3 Grad nordöstl. Saturn, 1:00 MESZ Ende Bedeckung des Sternhaufens M 35 d. d. Mond, Zwillinge, ca. 2:30 MESZ Mond bedeckt 5 Geminorum (5,8 mag), ca. 2:30-3:25 MESZ Jupiter 1 Grad südl. Sternhaufen Praesaepe (M 44) im Krebs, 4:30 MESZ Neumond, 5:10 MESZ Erstes Viertel, 20:08 MESZ Mond bedeckt Theta Ophiuchi (3,2 mag), ca. 21:2022:20 MESZ Uranus 5,3 Bogenminuten südl. My Capricorni (5,2 mag), 22:00 MESZ 15-Eunomia (8,0 mag) in Opposition im Pegasus Algol (beta Persei): Minimum, 6:05 MESZ Algol (beta Persei): Minimum, 2:54 MESZ Mond bedeckt Tau1 Aquarii (5,7 mag), ca. 23:00-0:10 MESZ Algol (beta Persei): Minimum, 23:42 MESZ Mond bedeckt Tau2 Aquarii (4,0 mag), ca. 0:40-1:55 MESZ Vollmond, 15:59 MESZ Algol (beta Persei): Minimum, 20:31 MESZ 18-Melpomene in Opposition (7,8 mag), Walfisch Herbstanfang, 6:55 MESZ Mond bedeckt Xi Arietis (5,5 mag), ca. 21:45-22:45 MESZ streifende Sternbedeckung d. d. Mond: 31 Arietis (5,6 mag), Nordpol, Grenzlinie = Rheine-Celle, ca. 6:00 MESZ 1-Ceres (7,7 mag) 2,7 Bogenminuten nördl. 32 Ceti (6,6 mag), 4:30 MESZ Letztes Viertel, 19:03 MESZ Neptun (7,9 mag) 2,0 Bogenminuten südl. SAO 163811 (7,1 mag) im Steinbock, 22:00 MESZ, ebenso 30.9. Mond 2,4 Grad nördl. Saturn, 3:00 MESZ streifende Sternbedeckung d. d. Mond: SAO 78828 (7,4 mag) in den Zwillingen, Nordpol, Grenzlinie = Luxemburg-Frankfurt-Gotha-Leipzig, ca. 4:30 MESZ streifende Sternbedeckung d. d. Mond: 37 Geminorum (5,8 mag) in den Zwillingen, Nordpol, Grenzlinie = Colmar-Tübingen-Regensburg, ca. 5:40 MESZ
Oktober 1.
2.
5. 6. 7. 9. 10. 12.
13.
15. 18.
2002 Mond bedeckt Kappa Geminorum (3.6 mag), ca. 1:251:44 MESZ, streifende Bedeckung am Nordpol, Grenzlinie = Bern/CH-Ulm-Görlitz Mond 4 Grad nördl. Jupiter, 6:00 MESZ Kleinplanet 18-Melpomene in Oppositionsstellung (7,8 mag) im Walfisch Mond 3,5 Grad nördl. Mars, 6:00 MESZ Mond 6 Grad nördl. Merkur, 6 :00 MESZ Neumond, 13:17 MESZ Algol (beta Persei): Minimum, 4:34 MESZ Kleinplanet 1-Ceres in Oppositionsstellung (7,6 mag) im Walfisch Algol (beta Persei): Minimum, 1:23 MESZ Merkur 2,8 Grad südl. Mars, 7:00 MESZ Mond bedeckt Sigma Sagittarii (2,0 mag), Taghimmel, ca. 17:30-18:24 MESZ Algol (beta Persei): Minimum, 22:12 MESZ Erstes Viertel, 7:33 MESZ Merkur in größter westlicher Elongation (18 Grad ), Morgenhimmel Algol (beta Persei): Minimum, 19:00 MESZ Mond bedeckt 30 Psc (4,3 mag), Beginn ca. 20:37 MESZ
streifende Sternbedeckung d. d. Mond: 33 Psc (5,0
mag), Nordpol, Grenzlinie = Trier-
Siegen-Paderborn-Hannover-Celle-Rostock, ca. 23:00
MESZ
21.
Vollmond, 9:20 MESZ
23.
Kleinplanet 1-Ceres 1,5 Grad nördlich des Planetar. Nebels
NGC 246
26.
Mond 3,5 Grad nördl. Saturn, 7:00 MESZ
Mond 7 Grad östl. Saturn, 22:00 MESZ
27.
Algol (beta Persei): Minimum, 5:15 MEZ
streifende Sternbedeckung d. d. Mond: 57 Geminorum
(5,0 mag), Nordpol, Grenzlinie = Lindau/Bodensee-
Regensburg-Prag, ca. 22:00 MEZ
29.
Letztes Viertel, 6:28 MEZ
30.
Mond 4 Grad nördl. Jupiter, 0:00 MEZ
Algol (beta Persei): Minimum, 2:04 MEZ
31.
Venus in unterer Konjunktion zur Sonne, 13:00 MEZ
November 1. 3. 4. 11.
19. 20. 22.
24. 26. 27.
2002 Algol (beta Persei): Minimum, 22:53 MEZ Mond 7 Grad östlich Mars, 6:00 MEZ Algol (beta Persei): Minimum, 19:42 MEZ Neumond, 21:34 MEZ Mond bedeckt 35 Capricorni (5,8 mag), Beginn ca. 18:28 MEZ Erstes Viertel, 21:52 MEZ Algol (beta Persei): Minimum, 3:46 MEZ Leoniden-Meteorschauer Maximum, ca. 5:00 MEZ Vollmond, 2:34 MEZ Halbschatten-Mondfinsternis Algol (beta Persei): Minimum, 0:36 MEZ Mars 3 Grad nördl. Spica (alpha Virginis), Morgenhimmel Mond 4,4 Grad nördl. Saturn, 7:00 MEZ Mond 4,5 Grad nordöstl. Saturn, 19:00 MEZ Algol (beta Persei): Minimum, 21:24 MEZ Mond 4,2 Grad nördl. Jupiter, 7:00 MEZ Mond bedeckt eta Leonis (3,5 mag), Ende ca. 3:30 MEZ Letztes Viertel, 16:46 MEZ Algol (beta Persei): Minimum, 18:13 MEZ
Dezember 1.
4.
6. 9. 10.
11. 12. 14. 15. 17.
18.
19.
21.
22. 23. 26.
27. 30.
2002 Mond 3 Grad nördl. Mars, 7:00 MEZ Mond 5 Grad nordwestl. Venus, 7:00 MEZ Neumond, 8:34 MEZ Totale Sonnenfinsternis in Südafrika und Australien Venus 1,5 Grad östl. Mars, 6:00 MEZ Algol (beta Persei): Minimum, 5:29 MEZ Mond bedeckt 69 Aquarii (5,7 mag), Beginn ca. 18:40 MEZ Mond bedeckt tau Aquarii (4,0 mag), Beginn ca. 20:26 MEZ Erstes Viertel, 16:48 MEZ Algol (beta Persei): Minimum, 2:19 MEZ Algol (beta Persei): Minimum, 23:08 MEZ Mond bedeckt xi Arietis (5,5 mag), Beginn ca. 16:32 MEZ Saturn in Oppositionsstellung, 18:00 MEZ Algol (beta Persei): Minimum, 19:57 MEZ Mond bedeckt omega Tauri (4,9 mag), Beginn ca. 3:21 MEZ Mond 2 Grad nördl. Saturn, 17:00 MEZ Vollmond, 20:10 MEZ Mond bedeckt kappa Geminorum (3,6 mag), Beginn ca. 19:30 MEZ Winteranfang, 2:14 MEZ Mond 6 Grad nordöstl. Jupiter, 21:00 MEZ Mond bedeckt ny Virginis (4,0 mag), Ende ca. 6:48 MEZ Merkur in größter östl. Elongation (20 Grad ), Abendhimmel Letztes Viertel, 1:31 MEZ Mond 2 Grad nordöstl. Mars, 5:00 MEZ Mond 3 Grad südl. Venus, 7:00 MEZ
Januar 2003
2.
Neumond
10.
Erstes Viertel
11.
Venus in größter westl. Elongation (47 Grad ),
Morgenhimmel
VdS-Journal Nr. 9
164 H I N W E I S E
Name
Vorname
Arlt Bannuscher Behler Bender Braune Bredner Celnik Eisenhauer Eberle Diederich Farago Federspiel Flach-Wilken Garrelts Gödecke Goldhahn Grünberger Guthier Güths Hambsch Hanisch Hansky Heins Hensel Herzog Hinz Hinz Horn Hübscher Jäger Kaltenbrunner Kammerer Kleisa Knöfel Kowollik Kunz Kutschera Lehmann Leue Lichtblau Liebers Loibl Lüthen Mannoff Molau Möller Mrozek Pfaff Pollmann Quester Rhemann Richert Riepe Rimkus Ritter Rörig Schulz Schulze Steinicke Strickling Thomas Wendel Wenzel Wohlrab Wolf Zeitler Zellhuber Zunker
Rainer Dietmar Jürgen David Werner Eberhard H. R. Werner E. Stephan Roland Hans Günter Otto Martin Bernd Heiko Martin Hartmut Thomas Otto Torsten Josch Bernd Karsten Rüdiger Michael Gerhard Claudia Wolfgang Konrad Joachim Michael Thomas Andreas Manfred Andre Silvia Stefan Walter Gerhard Hans-Joachim Christoph Lutz Günter Hartwig Rainer Sirko Dennis Norbert Tobias Ernst Wolfgang Gerald Marcus Peter Matthias Uwe Andreas Jürgen Rainer Wolfgang Wolfgang Axel Volker Klaus Uwe Thomas Georg Herbert Andreas
VdS-Journal Nr. 9
Straße
Friedensstr. 5 Burgstr. 10 Aloys Feldmann Str. 7 Dorfstr. 36a Münchener Str. 26 Ginsterweg 14 Graudenzer Weg 5 Hanse-Lucke 4 Rheinstr. 22 Inselstr. 16 Freytagweg 50 a Benzhauserstr. 21 Bahnhofstr. 55 Am Pelzershamm 4
Schloßstr. 2 Pickauer Dorfweg 13 Am Tonwerk 6 Am Pfahlgraben 45 Oude Bleken 12 Am Bahnhof 8a August-Bebel-Str. 14 Adolf-Köster-Damm 54 Hattwichstr. 33 Propsteiweg 3 Irkutsker Str. 225 Irkutsker Str. 225 Heiligenberger Str. 107 Marwirtzer Str. 37 a Seibererstr. 225 Gamskogelstr. 11 J.-G.Breuer Str. 28 Pickartzend 7 b Sarrbrücker Str. 8 Adolf-Gesswein-Str. 6 Postfach 11 26 Ulrichsteinerstr. 24 Persterstr. 6h Bergstr. 13 Kurt-Schumacher-Str. 1 Im Johannestal 64a Espenfeld Nr. 39 a Behnstr. 13 Geroldsäckerweg 41 Weidenweg 1 Sonnenstieg 3 Rodersiepen 11
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14109 56249 59590 06862 10825 59229 47495 64395 68642 64287 70565 79232 56422 26419
Ort
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01847 01877 64646 61239 B-2400 15326 06712 21035 16548 79189 09119 09119 88682 13589 A-3610 83334 76275 41812 40476 71636 06471 36325 09430 27729 65760 46240 99310 22767 76139 52074 37085 58135
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